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Plenarsitzung

des Bundesrates

Stenographisches Protokoll

 

948. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

Dienstag, 20. Dezember 2022

 

 

 

 

Großer Redoutensaal


Stenographisches Protokoll

948. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

Dienstag, 20. Dezember 2022

Dauer der Sitzung

Dienstag, 20. Dezember 2022: 14.00 – 22.37 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Wehrgesetz 2001, das Heeresdiszipli­nargesetz 2014 und das Heeresgebührengesetz 2001 geändert werden (Wehrrechtsänderungsgesetz 2023 – WRÄG 2023)

2. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Zivildienstgesetz 1986 geändert wird

3. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das AMA-Gesetz 1992 geändert wird

4. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Einrichtung eines Covid-19-Lagers und über die Verfügung über Bundesvermögen bei Abgabe aus diesem Lager geändert wird

5. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungs­ge­setz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialver­siche­rungsgesetz, das Allgemeine Pensionsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das COVID-19-Zweckzuschuss­gesetz, das Bundesgesetz, mit dem zur Abdeckung des Bedarfes zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie Ermächtigungen zur Verfügung über Bundesvermögen


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erteilt werden, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948 und das Gesundheitstelematik­gesetz 2012 geändert werden

6. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Gesundheits- und Krankenpflege­gesetz geändert wird

7. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird

8. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Zahnärztegesetz und das Zahnärzte­kammergesetz geändert werden (Fachzahnarzt-Kieferorthopädie-Gesetz – FZA-KFO-G)

9. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Ärztegesetz 1998 geändert wird (Ärztegesetz-Novelle 2022)

10. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundespflegegeldgesetz geändert wird

11. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Nachtschwerarbeitsgesetz und Artikel V des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 473/1992 geändert werden

12. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Kriegsopferversorgungsgesetz 1957, das Opferfürsorgegesetz, das Impfschadengesetz, das Verbrechensopfergesetz und das Heimopfer­rentengesetz geändert werden

13. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bauern-Sozialversicherungsgesetz geändert wird

14. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungs­gesetz geändert wird

15. Punkt: Bundesgesetz über eine Fachstelle zur Wahrnehmung der Interessen von Verbraucherinnen und Verbrauchern sowie von Menschen


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mit Behinderungen in der Normung (Fachstelle-Normungsbeteiligung-Gesetz – FNBG)

16. Punkt: Bundesgesetz, mit dem ein Filmstandortgesetz 2023 erlassen wird und das Filmförderungsgesetz und das KommAustria-Gesetz geändert werden

*****

Inhalt

Bundesrat

Absehen von der 24-stündigen Frist für das Aufliegen der gegenständlichen schriftlichen Ausschussberichte gemäß § 44 Abs. 3 GO-BR ............................     21

Unterbrechung der Sitzung ....................................................................................  112

Wortmeldung des Bundesrates Stefan Schennach betreffend Abwesenheit des Bundeskanzlers Karl Nehammer, MSc ..........................................................  113

Personalien

Verhinderungen ......................................................................................................     16

Bundesregierung

Schreiben des Bundeskanzleramtes betreffend Aufenthalt eines Mitglieds der Bundesregierung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union ........................................................................................................................     20

Vertretungsschreiben ............................................................................................     21

Nationalrat

Beschlüsse und Gesetzesbeschlüsse ...................................................................     21

Ausschüsse


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Zuweisungen ...........................................................................................................     16

Dringliche Anfragen

der Bundesrät:innen Günther Novak, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend „Einführung eines Gas- und Strompreisdeckels – wann ist es endlich soweit, Herr Bundeskanzler?“ (4064/J-BR/2022) ...........  112

Begründung: Günther Novak .................................................................................  113

Staatssekretärin Claudia Plakolm ..........................................................................  121

Debatte:

Andrea Kahofer ........................................................................................................  131

Ing. Isabella Kaltenegger .........................................................................................  135

Günter Pröller ...........................................................................................................  137

Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross ............................................................................................  141

David Egger-Kranzinger ..........................................................................................  148

Dr. Johannes Hübner ...............................................................................................  153

Mag. Sascha Obrecht ..............................................................................................  157

Andreas Arthur Spanring ........................................................................................  162

Entschließungsantrag der Bundesrät:innen Günther Novak, Kolleginnen und Kollegen betreffend „dringend notwendige Inflationsanpassung von Kilometergeld, Diäten, Nächtigungsgeldern und Zulagen im Steuerrecht“ – Ablehnung ..............................................................................................  159, 165

der Bundesrät:innen Christoph Steiner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend „Türkis-Grün zerstört das österreichische Gesundheitssystem“ (4065/J-BR/2022) ..................................................................................................  165

Begründung: Andreas Arthur Spanring .................................................................  166

Bundesminister Johannes Rauch ............................................................................  177


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Debatte:

Marlies Steiner-Wieser ............................................................................................  186

Dr. Karlheinz Kornhäusl ..........................................................................................  196

Andreas Arthur Spanring (tatsächliche Berichtigung) .........................................  206

Mag. Sascha Obrecht (tatsächliche Berichtigung) ...............................................  207

Ingo Appé .................................................................................................................  207

Claudia Hauschildt-Buschberger ............................................................................  212

MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky .......................................................................  216

Markus Leinfellner ...................................................................................................  222

Günter Kovacs ..........................................................................................................  227

Michael Bernard .......................................................................................................  229

Christoph Steiner .....................................................................................................  234

Andrea Michaela Schartel .......................................................................................  239

Entschließungsantrag der Bundesrät:innen Marlies Steiner-Wieser, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend „Pflegeprämie muss auch in Salzburg und allen anderen Bundesländern 2.000 Euro netto betragen!“ – Ablehnung ..  192, 243

Verhandlungen

Gemeinsame Beratung über

1. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 15. Dezember 2022 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wehrgesetz 2001, das Heeresdis­ziplinar­gesetz 2014 und das Heeresgebührengesetz 2001 geändert werden (Wehr­rechtsänderungsgesetz 2023 – WRÄG 2023) (1772 d.B. und 1875 d.B. sowie 11163/BR d.B.) ............................................................................................     23

Berichterstatter: Martin Preineder ........................................................................     23

2. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 15. Dezember 2022 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Zivildienstgesetz 1986 geändert wird (1771 d.B. und 1823 d.B. sowie 11137/BR d.B.) ...............................................     23


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Berichterstatter: Dr. Karlheinz Kornhäusl ............................................................     24

Redner:innen:

Bernhard Hirczy .......................................................................................................     24

Daniel Schmid ..........................................................................................................     28

Markus Leinfellner ...................................................................................................     31

Staatssekretärin Claudia Plakolm ..........................................................................     35

MMag. Elisabeth Kittl, BA .......................................................................................     37

MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky .......................................................................     41

Bundesministerin Mag. Klaudia Tanner .................................................................     43

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 1, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ......     45

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 2, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ......     45

3. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 13. Dezember 2022 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das AMA-Gesetz 1992 geändert wird (1792 d.B. und 1860 d.B. sowie 11146/BR d.B.) ..................................................................     45

Berichterstatter: Otto Auer ...................................................................................     45

Redner:innen:

Nicole Riepl ...............................................................................................................     46

Elisabeth Wolff, BA ..................................................................................................     48

Michael Bernard .......................................................................................................     50

Dipl.-Ing. Dr. Maria Huber .......................................................................................     55

Bundesminister Mag. Norbert Totschnig, MSc ......................................................     57

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ..............................     61

Gemeinsame Beratung über


BundesratStenographisches Protokoll948. Sitzung, 948. Sitzung des Bundesrats vom 20. Dezember 2022 / Seite 7

4. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 14. Dezember 2022 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Einrichtung eines Covid-19-Lagers und über die Verfügung über Bundesvermögen bei Abgabe aus diesem Lager geändert wird (2960/A und 1885 d.B. sowie 11153/BR d.B.) .......................................................................................................     61

Berichterstatterin: Claudia Hauschildt-Buschberger ...........................................     62

5. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 14. Dezember 2022 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungs­gesetz, das Allgemeine Pensionsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfall­versicherungsgesetz, das COVID-19-Zweckzuschussgesetz, das Bundes­gesetz, mit dem zur Abdeckung des Bedarfes zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie Ermächtigungen zur Verfügung über Bundesvermögen erteilt werden, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948 und das Gesundheitstelematikgesetz 2012 geändert werden (3020/A und 1886 d.B. sowie 11154/BR d.B.) ..........................................................................     61

Berichterstatterin: Claudia Hauschildt-Buschberger ...........................................     62

6. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 14. Dezember 2022 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz geändert wird (1887 d.B. sowie 11155/BR d.B.) ...............................................     62

Berichterstatterin: Claudia Hauschildt-Buschberger ...........................................     62

7. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 14. Dezember 2022 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geän­dert wird (2961/A und 1890 d.B. sowie 11156/BR d.B.) .........................     62

Berichterstatterin: Claudia Hauschildt-Buschberger ...........................................     62

Redner:innen:

Ingo Appé .................................................................................................................     64


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Claudia Hauschildt-Buschberger ............................................................................     68

Markus Steinmaurer ................................................................................................     70

Mag. Franz Ebner .....................................................................................................     72

Martin Preineder ......................................................................................................     74

Bundesminister Johannes Rauch ............................................................................     76

Christoph Steiner .....................................................................................................     77

Entschließungsantrag der Bundesrät:innen Ingo Appé, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Anerkennung für die Leistung der Gesundheitsberufe durch Auszahlung eines beitrags- und steuerfreien Entgeltbonus zum Ausdruck bringen“ – Ablehnung ..............................................................  65, 90

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 4, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ......     89

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 5, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ......     89

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 6, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ......     89

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 7, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ......     90

Gemeinsame Beratung über

8. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 14. Dezember 2022 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Zahnärztegesetz und das Zahnärzte­kammergesetz geändert werden (Fachzahnarzt-Kieferorthopädie-Gesetz – FZA-KFO-G) (2962/A und 1888 d.B. sowie 11157/BR d.B.) ...........................     90

Berichterstatterin: Claudia Hauschildt-Buschberger ...........................................     91


BundesratStenographisches Protokoll948. Sitzung, 948. Sitzung des Bundesrats vom 20. Dezember 2022 / Seite 9

9. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 14. Dezember 2022 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ärztegesetz 1998 geändert wird (Ärzte­gesetz-Novelle 2022) (3014/A und 1889 d.B. sowie 11158/BR d.B.) ............     90

Berichterstatterin: Claudia Hauschildt-Buschberger ...........................................     91

Redner:innen:

Ingo Appé .................................................................................................................     92

Claudia Hauschildt-Buschberger ............................................................................     93

Marlies Steiner-Wieser ............................................................................................     95

Dr. Karlheinz Kornhäusl ..........................................................................................     97

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 8, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ......  100

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 9, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ......  100

Gemeinsame Beratung über

10. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 14. Dezember 2022 betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundespflegegeldgesetz geändert wird (2717/A und 1824 d.B. sowie 11129/BR d.B. und 11138/BR d.B.) .......  100

Berichterstatterin: Claudia Hauschildt-Buschberger ...........................................  101

11. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 14. Dezember 2022 betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Nachtschwerarbeitsgesetz und Artikel V des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 473/1992 geändert werden (2997/A und 1821 d.B. sowie 11139/BR d.B.) ..................................................  100

Berichterstatterin: Claudia Hauschildt-Buschberger ...........................................  101

Redner:innen:

Andrea Kahofer ........................................................................................................  102

Claudia Hauschildt-Buschberger ............................................................................  107


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Klara Neurauter .......................................................................................................  109

Andrea Michaela Schartel .......................................................................................  243

Entschließungsantrag der Bundesrät:innen Andrea Kahofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Versorgungssicherheit mit Medikamenten jetzt herstellen!“ – Ablehnung ......................................................................  106, 245

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 10, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ......  245

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 11, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ......  245

Gemeinsame Beratung über

12. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 14. Dezember 2022 betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Kriegsopferversorgungsgesetz 1957, das Opferfürsorgegesetz, das Impfschadengesetz, das Verbrechens­opfer­gesetz und das Heimopferrentengesetz geändert werden (3013/A und 1825 d.B. sowie 11140/BR d.B.) ..........................................................................  246

Berichterstatterin: Claudia Hauschildt-Buschberger ...........................................  246

13. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 14. Dezember 2022 betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Bauern-Sozialversicherungsgesetz geändert wird (2966/A und 1826 d.B. sowie 11141/BR d.B.) .........................  246

Berichterstatterin: Claudia Hauschildt-Buschberger ...........................................  246

14. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 14. Dezember 2022 betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird (3012/A und 1827 d.B. sowie 11142/BR d.B.) .........................  246

Berichterstatterin: Claudia Hauschildt-Buschberger ...........................................  246


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Redner:innen:

Korinna Schumann ..................................................................................................  247

Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross ............................................................................................  252

Andrea Michaela Schartel .......................................................................................  255

Dr. Andrea Eder-Gitschthaler .................................................................................  256

Entschließungsantrag der Bundesrät:innen Korinna Schumann, Dr. Karl-Arthur Arlamovsky, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Gewalt gegen Frauen – Forderung einer einheitlichen Definition des Begriffs ‚Femizid‘ zur verbes­serten kriminalstatistischen Erfassung und Prävention von geschlechts­moti­vierten Frauenmorden“ – Ablehnung .................................................  250, 258

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 12, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ......  258

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 13, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ......  259

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 14, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ......  259

15. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 14. Dezember 2022 betref­fend ein Bundesgesetz über eine Fachstelle zur Wahrnehmung der Interessen von Verbraucherinnen und Verbrauchern sowie von Menschen mit Behinderungen in der Normung (Fachstelle-Normungsbeteiligung-Gesetz – FNBG) (1752 d.B. und 1870 d.B. sowie 11143/BR d.B.) ..................  259

Berichterstatterin: Claudia Hauschildt-Buschberger ...........................................  260

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ..............................  260

16. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 15. Dezember 2022 betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem ein Filmstandortgesetz 2023 erlassen wird


BundesratStenographisches Protokoll948. Sitzung, 948. Sitzung des Bundesrats vom 20. Dezember 2022 / Seite 12

und das Filmförderungsgesetz und das KommAustria-Gesetz geändert werden (1790 d.B. und 1891 d.B. sowie 11166/BR d.B.) .................................  260

Berichterstatter: Marco Schreuder ........................................................................  261

Redner:innen:

Günter Pröller ...........................................................................................................  261

Marco Schreuder ......................................................................................................  263

Mag. Christian Buchmann .......................................................................................  266

Staatssekretärin Mag. Andrea Mayer ....................................................................  268

Eva Prischl ................................................................................................................  270

MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky .......................................................................  272

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ..............................  275

Eingebracht wurden

Antrag der Bundesrät:innen

Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen betreffend Finanzierung des Projekts „MBA – Muttersprachliche Beratung für Arbeitsmarktstabilität“ (Nachfolgeprojekt von „Soziales Burgenland“, muttersprachliche Beratung im ÖGB Burgenland) (361/A(E)-BR/2022)

Anfragen der Bundesrät:innen

MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky, Mag. Sascha Obrecht, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Bezüge der Staatssekretär:innen (4063/J-BR/2022)

Günther Novak, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Einführung eines Gas- und Strompreisdeckels – wann ist es endlich soweit, Herr Bundeskanzler? (4064/J-BR/2022)


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Christoph Steiner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Türkis-Grün zerstört das österreichische Gesundheitssystem (4065/J-BR/2022)

Mag. Sascha Obrecht, MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky, Kolleginnen und Kolle­gen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Zeitplan für die Kund­machung der Registerzählung (4066/J-BR/2022)

Günther Novak, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Einführung eines Gas- und Strompreisdeckels – wann ist es endlich soweit, Herr Bundeskanzler? (4067/J-BR/2022)

Mag. Daniela Gruber-Pruner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Ent­wicklungen bei der Kinderimpfung (4068/J-BR/2022)

Anfragebeantwortungen

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch auf die Anfrage der Bundesrät:innen Marlies Steiner-Wieser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Diphtheriefälle in der Flüchtlingsunterkunft Bergheim (3741/AB-BR/2022 zu 4035/J-BR/2022)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Bundesrät:innen Markus Leinfellner, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Verschiebung von Spitalsbehandlungen in steirischen AUVA-Krankenanstalten (3742/AB-BR/2022 zu 4034/J-BR/2022)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Bundesrät:innen MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky, Kolleginnen und Kollegen betreffend Betrauung des Staatssekretärs im BMF (3743/AB-BR/2022 zu 4037/J-BR/2022)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Bundesrät:innen Marlies Steiner-Wieser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Diphtheriefälle in der Flücht­lingsunterkunft Bergheim (3744/AB-BR/2022 zu 4036/J-BR/2022)


BundesratStenographisches Protokoll948. Sitzung, 948. Sitzung des Bundesrats vom 20. Dezember 2022 / Seite 14

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Bundesrät:innen Mag. Sascha Obrecht, Kolleginnen und Kollegen betreffend Wochengeldfalle ist europarechtswidrig – Ansprüche Schwangerer sichern! (3745/AB-BR/2022 zu 4039/J-BR/2022)

des Bundesministers für Arbeit und Wirtschaft auf die Anfrage der Bundes­rät:innen Mag. Sascha Obrecht, Kolleginnen und Kollegen betreffend Wochengeldfalle ist europarechtswidrig – Ansprüche Schwangerer sichern! (3746/AB-BR/2022 zu 4038/J-BR/2022)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Bundesrät:innen Christoph Steiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Verschiebung von Spitalsbehandlungen in burgenländischen AUVA-Krankenanstalten (3747/AB-BR/2022 zu 4045/J-BR/2022)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Bundesrät:innen Christoph Steiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Verschiebung von Spitalsbehandlungen in Vorarlberger AUVA-Krankenanstalten (3748/AB-BR/2022 zu 4047/J-BR/2022)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Bundesrät:innen Christoph Steiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Verschiebung von Spitalsverhandlungen in tiroler AUVA-Krankenanstalten (3749/AB-BR/2022 zu 4049/J-BR/2022)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Bundesrät:innen Andreas Arthur Spanring, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Verschiebung von Spitalsbehandlungen in niederöster­reichischen AUVA-Krankenanstalten (3750/AB-BR/2022 zu 4046/J-BR/2022)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumenten­schutz auf die Anfrage der Bundesrät:innen Christoph Steiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verwendung von in ihrer Haltbarkeit nachträglich


BundesratStenographisches Protokoll948. Sitzung, 948. Sitzung des Bundesrats vom 20. Dezember 2022 / Seite 15

verlängerten Impfdosen-Folgeanfrage (3751/AB-BR/2022 zu 4042/J-BR/2022)

der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Bundesrät:innen Michael Bernard, Kolleginnen und Kollegen betreffend weiteren Ausbau der Nordautobahn A5 bis Drasenhofen (3752/AB-BR/2022 zu 4050/J-BR/2022)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Bundesrät:innen Marlies Steiner-Wieser, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Verschiebung von Spitalsbehandlungen in Salzburger Krankenanstalten (3753/AB-BR/2022 zu 4048/J-BR/2022)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Bundesrät:innen Mag. Bettina Lancaster, Kolleginnen und Kollegen betreffend Daseinsvorsorge in Gefahr – Herr Finanzminister, was tun Sie für die Städte und Gemeinden in der Teuerungskrise? (3754/AB-BR/2022 zu 4052/J-BR/2022)

des Bundesministers für Arbeit und Wirtschaft auf die Anfrage der Bundes­rät:innen Michael Bernard, Kolleginnen und Kollegen betreffend Obergrenze für den Spritpreis in Österreich (3755/AB-BR/2022 zu 4051/J-BR/2022)


 


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14.00.38 Beginn der Sitzung: 14 Uhr

Vorsitzende: Präsidentin Korinna Schumann, Vizepräsident Bernhard Hirczy, Vizepräsident Günther Novak.

14.00.40*****


Präsidentin Korinna Schumann: Sehr geehrte Bundesrätinnen und Bundesräte! Ich eröffne die 948. Sitzung des Bundesrates.

Das Amtliche Protokoll der 947. Sitzung des Bundesrates vom 30. November 2022 ist aufgelegen und wurde nicht beanstandet.

Als verhindert gemeldet sind die Mitglieder des Bundesrates Dominik Reisinger, Horst Schachner und Barbara Tausch.

Einlauf und Zuweisungen


Präsidentin Korinna Schumann: Hinsichtlich der eingelangten und verteilten Anfragebeantwortungen,

eines Schreibens des Ministerratsdienstes des Bundeskanzleramtes betreffend den Aufenthalt eines Mitglieds der Bundesregierung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union

verweise ich auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung gemäß § 41 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Bundesrates, die dem Stenographischen Protokoll dieser Sitzung angeschlossen wird.

Ebenso verweise ich hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen im Sinne des § 19 Abs. 1 der Geschäftsordnung auf diese gemäß § 41 Abs. 1 der Geschäftsordnung im Sitzungssaal verteilte Mitteilung, die dem Stenographischen Protokoll dieser Sitzung angeschlossen wird.


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Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A. Eingelangt sind:

1. Anfragebeantwortungen

(Anlage 1) (siehe auch S. 13)

2. Aufenthalt eines Mitgliedes der Bundesregierung in einem anderen Mitgliedsstaat der Europäischen Union

Schreiben des Ministerratsdienstes betreffend den Aufenthalt von Frau Bundes­ministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie Leonore Gewessler, BA von 19. bis 21. Dezember 2022 (früh) in Belgien, wobei ihre Angelegenheiten im Bundesrat Herr Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch wahrnehmen wird (Anlage 2)

B. Zuweisungen

1. Gesetzesbeschlüsse (Beschlüsse) des Nationalrates

(siehe Tagesordnung)

2. Vorlagen der Bundesregierung oder ihrer Mitglieder

Bericht des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Dreijahresprogramm der österreichischen Entwicklungspolitik 2022 bis 2024 (III-799-BR/2022)

zugewiesen dem Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten

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Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung


Präsidentin Korinna Schumann:Weiters eingelangt ist ein Schreiben des Minis­terratsdienstes des Bundeskanzleramtes betreffend den Aufenthalt von Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft Mag. Norbert Totschnig, MSc vom 20. abends bis 22. Dezember 2022 in Israel und Libanon bei gleichzeitiger Beauftragung von Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft Mag. Dr. Martin Kocher mit seiner Vertretung.

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Eingelangt sind und den zuständigen Ausschüssen zugewiesen wurden jene Beschlüsse des Nationalrates, die Gegenstand der heutigen Tagesordnung sind.

Die Ausschüsse haben ihre Vorberatungen abgeschlossen und schriftliche Ausschussberichte erstattet.

Absehen von der 24-stündigen Aufliegefrist


Präsidentin Korinna Schumann: Es ist mir der Vorschlag zugekommen, von der 24-stündigen Aufliegefrist der gegenständlichen Ausschussberichte zu den vorliegenden Verhandlungsgegenständen Abstand zu nehmen.

Hiezu ist eine Mehrheit von mindestens zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen erforderlich.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die mit dem Vorschlag der Abstand­nahme von der 24-stündigen Aufliegefrist der gegenständlichen Aus­schuss­berichte einverstanden sind, um ein Handzeichen. – Das ist einstimmig. Der Vorschlag ist mit der nach § 44 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundes­rates erforderlichen Zweidrittelmehrheit angenommen.


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Ich habe die zuvor genannten Verhandlungsgegenstände auf die Tagesordnung der heutigen Sitzung gestellt.

Wird zur Tagesordnung das Wort gewünscht? – Ich sehe, das ist nicht der Fall.

Behandlung der Tagesordnung


Präsidentin Korinna Schumann: Aufgrund eines mir zugekommenen Vorschlags beabsichtige ich, die Debatten über die Tagesordnungspunkte 1 und 2, 4 bis 7, 8 und 9, 10 und 11 sowie 12 bis 14 jeweils unter einem zu verhandeln.

Erhebt sich dagegen ein Einwand? – Das ist nicht der Fall.

Ankündigung von Dringlichen Anfragen


Präsidentin Korinna Schumann: Bevor wir in die Tagesordnung eingehen, gebe ich bekannt, dass ein Verlangen im Sinne des § 61 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates auf dringliche Behandlung der schriftlichen Anfrage der Bundesräte Günther Novak, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Einführung eines Gas- und Strompreisdeckels – wann ist es endlich soweit, Herr Bundes­kanzler?“ an den Herrn Bundeskanzler vorliegt.

Im Sinne des § 61 Abs. 4 der Geschäftsordnung verlege ich die Behandlung an den Schluss der Sitzung, im Einvernehmen mit den Fraktionen auf 17 Uhr.

Bevor wir in die Tagesordnung eingehen, gebe ich weiters bekannt, dass mir ein Verlangen im Sinne des § 61 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates auf dringliche Behandlung der schriftlichen Anfrage der Bundesräte Christoph Steiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Türkis-Grün zerstört das öster­reichische Gesundheitssystem“ an den Herrn Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz vorliegt.


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Im Sinne des § 61 Abs. 4 der Geschäftsordnung erfolgt die Behandlung im Anschluss an die Dringliche Anfrage der Bundesräte Günther Novak, Kolleginnen und Kollegen.

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Wir gehen nun in die Tagesordnung ein.

14.04.311. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 15. Dezember 2022 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Wehrgesetz 2001, das Heeresdisziplinargesetz 2014 und das Heeresgebührengesetz 2001 geändert werden (Wehrrechtsänderungs­gesetz 2023 – WRÄG 2023) (1772 d.B. und 1875 d.B. sowie 11163/BR d.B.)

2. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 15. Dezember 2022 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Zivildienstgesetz 1986 geändert wird (1771 d.B. und 1823 d.B. sowie 11137/BR d.B.)


Präsidentin Korinna Schumann: Wir gelangen nun zu den Tagesordnungs­punkten 1 und 2, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Berichterstatter zu Punkt 1 ist Herr Bundesrat Martin Preineder, Berichterstatter zu Punkt 2 ist Herr Bundesrat Karlheinz Kornhäusl. – Ich ersuche um die Berichte.


14.05.07

Berichterstatter Martin Preineder: Geschätzter Bundesrat! Ich bringe den Bericht des Landesverteidigungsausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 15. Dezember 2022 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wehrgesetz 2001, das Heeresdisziplinargesetz 2014 und das Heeres­gebührengesetz 2001 geändert werden.


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Der Bericht liegt in schriftlicher Form vor, ich komme daher gleich zur Antragstellung.

Der Ausschuss stellt nach Beratung der Vorlage einstimmig den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.


Präsidentin Korinna Schumann: Vielen Dank.


14.05.48

Berichterstatter Dr. Karlheinz Kornhäusl: Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Frau Ministerin! Verehrte Frau Staatssekretärin! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über den Beschluss des Nationalrates vom 15. Dezember 2022 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Zivildienst­gesetz 1986 geändert wird.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor.

Es geht im Wesentlichen um die Positionierung des Heerespersonalamtes vor allem für die Entscheidung über die Zuerkennung von Entschädigungen oder Fortzahlungen, Wohnkostenzuschüssen et cetera.

Der Ausschuss für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz stellt nach Beratung der Vorlage einstimmig den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben. – Danke.


Präsidentin Korinna Schumann: Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Bernhard Hirczy. – Bitte, Herr Bundesrat.


14.06.44

Bundesrat Bernhard Hirczy (ÖVP, Burgenland): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Bundesminister! Geschätzte Frau Staatssekretärin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen hier im Hohen Haus! Werte Zuseherinnen und Zuseher vor den Bildschirmen! Wir beginnen die Plenarwoche mit zwei sehr wichtigen Themenpunkten, und für mich ist es eine große Freude, dazu


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sprechen zu dürfen. Es sind wichtige Meilensteine und vor allem sind es richtige Schritte für unser österreichisches Bundesheer, um es entsprechend modern und einsatzfähig halten zu können, damit es auf die Risiken und Krisen vorbe­reitet ist, denen wir tagtäglich gegenüberstehen.

Ich möchte an dieser Stelle daher ein Danke an alle Soldatinnen und Soldaten sowie an alle Zivilbediensteten aussprechen, die tagtäglich ihren Einsatz versehen und sich für unsere Republik einsetzen. (Beifall bei ÖVP und Grünen, bei Bundesrät:innen der SPÖ sowie des Bundesrates Arlamovsky.)

Wir alle kennen die Auswirkungen vom 24. Feber, wir spüren die Auswirkungen, es sind unfassbare Auswirkungen, es sind Schicksalsschläge, die unseren Kontinent betreffen. Wir sehen die Fernsehbilder, und ich denke, dass diese Geschehnisse einen Bewusstseinsbildungsprozess gestartet haben, den wir natürlich auch für unser Bundesheer nützen müssen, um auf derartige Situati­onen entsprechend vorbereitet zu sein.

Ich möchte hier den Personalgewinnungsprozess positiv erwähnen, welcher derzeit vom Bundesheer vorangetrieben wird. Ich denke, diesbezüglich werden die richtigen Schritte gesetzt.

Gleichzeitig bekommen unsere Grundwehrdiener sowie auch die Zivildiener die notwendige finanzielle Anerkennung zuerkannt – auch das sind Schritte in die richtige Richtung.

Vor circa einem Monat haben wir hier im Parlament über diverse Budget­beschlüsse diskutiert, und ich darf auch diese Zahlen noch einmal in Erinnerung rufen, denn es sind wirklich gewaltige, gigantische Zahlen, die aus meiner Sicht die richtige Sprache sprechen. Es geht hier um zusätzliche 5,3 Milliarden Euro bis zum Jahr 2026, das bedeutet 16 Milliarden Euro für das österreichische Bun­desheer. Es gibt somit ein klares Bekenntnis, einen klaren Budgetpfad, der bis 2032 fortgesetzt wird. Dies ist eine richtungsweisende und notwendige Trend­wende in puncto finanzieller Ausstattung unseres Bundesheeres. Es werden die


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Mittel in die notwendige Ausrüstung investiert, es werden Rahmenbedingungen geschaffen und vor allem wird auch darauf geachtet, dass unsere Kasernen auf einen modernen Stand ausgebaut werden.

All das sind wichtige Bereiche, in denen ich unsere Frau Ministerin in der Verantwortung sehe, wo sie Schritte setzt, wo sie Taten sprechen lässt und wo sie einen klaren erfolgreichen Weg für unser Land, für unsere Republik und für die Sicherheit verfolgt. Daher möchte ich mich bei dir, liebe Frau Minister, sehr, sehr herzlich für diese Schritte bedanken. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesrät:innen der Grünen.)

Anschaffungen und Geld sind natürlich wichtig, es geht um Geräte, aber es geht auch um die Menschen, um das Personal, welches diese Geräte bedient, und es geht daher um kompetente Soldatinnen und Soldaten.

Mit diesem Beschluss des Wehrrechtsänderungsgesetzes treffen wir Rege­lungen, die genau dort ankommen, wo sie hingehören, nämlich: an die Basis des Bundesheeres. Es geht um die Soldatinnen und Soldaten, egal ob Miliz oder Kader, und vor allem auch um die Grundwehrdiener, konkret um die Unterstüt­zung der Grundwehrdiener mit einer Besoldung in Höhe von 500 Euro. Und ich möchte darauf verweisen, dass es auch Wohnkostenbeihilfe, Verpfle­gung und auch das Klimaticket als zusätzliche Benefits gibt.

Ich möchte auch den Themenbereich Zivildiener positiv erwähnen und mich hier auch bei der Staatssekretärin entsprechend bedanken. Rund 14 000 Zivildiener sind in Österreich aktiv, das sind circa 45 Prozent der Wehrdiensttauglichen. Davon gehen rund 40 Prozent in Rettungsorganisationen – ich darf hier das Rote Kreuz und den Arbeiter-Samariter-Bund positiv erwähnen –, ein Viertel geht in den Sozialbereich oder auch in den Bereich der Behindertenhilfe und knapp 12 Prozent gehen in die Altenbetreuung. Vor all diesen Menschen habe ich großen Respekt, denn diese jungen Menschen bringen sich für unsere Republik ein, und das ist keine Selbstverständlichkeit.


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Es geht auch um den Themenkomplex Krankenhäuser und Kindergärten. Auch dort leisten unsere Zivildiener Großartiges.

Auf den Punkt gebracht: Ohne Zivildiener wäre es in Österreich schwierig, das Sozialsystem, so wie wir es kennen, so wie wir es gewohnt sind, aufrecht­zuerhalten. Ein besonderer Dank gilt natürlich auch jenen jungen Personen, die sich dort einbringen und ihren Dienst für die Republik leisten. (Beifall bei der ÖVP.)

Es ist ein aus meiner Sicht sehr wichtiger Dienst. Daneben gibt es auch das – großes Schlagwort – Ehrenamt, und da sind die Synergien sehr eng miteinander verflochten: einerseits der Dienst für die Republik und gleichzeitig auch das Ehrenamt, welches doch eine wichtige Säule in unserer Republik ist. Wir gewin­nen auch Menschen, die neben ihrer Tätigkeit als Zivildiener ehrenamtlich in Vereinen und Institutionen im Bereich der Pflege, im Bereich des Sozialen tätig sind und die dort auch erhalten bleiben. Und das ist ein großer Mehrwert, den ich unterstreichen möchte.

Ebenso gehen dann rund 5 bis 6 Prozent der Menschen vom Zivildienst auch beruflich in diesen Bereich. Wir wissen, es ist nicht überall so einfach, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu gewinnen, und wenn wir auf diesem Weg Freiwillige, Ehrenamtliche gewinnen, die dort ihre Tätigkeit verrichten, dann haben wir damit auch einen großen Schritt gesetzt.

Ich darf mich daher für all die Maßnahmen, die sie vorantreibt, bei der Frau Staatssekretärin sehr herzlich bedanken und möchte mit einem persönlichen Aspekt schließen, denn das ist mir persönlich auch wichtig:

Am Heiligen Abend besuche ich in meinem Bezirk Jennersdorf die Blaulicht­organisationen, auch die Pflegeeinrichtungen. Es ist ein einfacher Besuch, aber es ist eine kleine nette Geste am Jahresende, um auf das abgelaufene Jahr zurückzublicken. Bei dieser Gelegenheit kann man eben über Themen, Aspekte und Visionen ein bissel philosophieren und natürlich auch darüber diskutieren,


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was die Menschen bewegt. Wenn man dort dabei ist – egal ob es um den Bereich der Polizei, um die Feuerwehr geht, ob es um den Rettungsdienst oder auch um Pflegeeinrichtungen geht – und wenn dann auch junge Menschen, egal ob Zivildiener oder sonstige Ehrenamtliche, dabei sind und über ihre Erfah­rungen berichten, dann geht einem das Herz auf. Da merkt man einfach, mit welcher Leidenschaft diese Menschen dabei sind.

Daher möchte ich am Beginn dieser Plenarwoche mit zwei Sitzungstagen die Gelegenheit nützen, von dieser Stelle aus frohe Weihnachten zu wünschen, aber ich wünsche mir für unsere Republik, dass es uns gelingt, genau in diesem Komplex die Menschlichkeit an erster Stelle zu lassen, und dass wir, wenn wir da und dort bei den Menschen sind, genießen und spüren dürfen, wie motiviert und engagiert junge Menschen sind und einen Beitrag für unsere Republik leisten. – Ein herzliches Dankeschön und frohe Weihnachten! (Beifall bei der ÖVP, bei Bun­desrät:innen der Grünen sowie des Bundesrates Novak.)

14.13


Präsidentin Korinna Schumann: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Daniel Schmid. – Bitte, Herr Bundesrat.


14.13.59

Bundesrat Daniel Schmid (SPÖ, Tirol): Geschätzte Präsidentin! Werte Frau Ministerin! Werte Staatssekretärin! Sehr geehrte Kolleg:innen! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Galerie und via Livestream! Zur umfassenden Landesverteidigung gehört nach Artikel 9a der österreichischen Bundesver­fassung die militärische Landesverteidigung, welche dem österreichischen Bundesheer obliegt. Diese ist nicht nur die Kernaufgabe des Bundesheers, sondern auch ein wesentlicher Bestandteil unserer Neutralität, nur leider hat dies mit der Wirklichkeit nicht mehr viel zu tun, denn das Bundesheer kann seinen verfassungsmäßigen Auftrag, das Land militärisch zu verteidigen, nicht mehr erfüllen.


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Es wäre schon vor Jahren geboten gewesen, die Bedingungen für unsere Streitkräfte so zu gestalten, dass das Heer die verfassungsmäßige Aufgabe, eben die militärische Landesverteidigung, auch erfüllen kann. Stattdessen wurde das Bundesheer über Jahrzehnte systematisch kaputtgespart. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesrät:innen der fpö.)

Lag das Heeresbudget 2004 noch bei 0,8 Prozent des BIP – und das war wenig! –, so lag es mit 24. Februar 2022, an jenem Tag, an dem Russland den Krieg gegen die Ukraine begonnen hat, bei lediglich 0,6 Prozent des BIP. Sehr geehrte Damen und Herren, an diesem Tag wurde endlich erkannt – leider –, welchen Wert die militärische Landesverteidigung hat. Es soll nun bis zum Jahr 2026 das Verteidigungsbudget schrittweise auf 1 Prozent des BIP angehoben werden, wobei festzuhalten ist, dass diese Zahlen behübscht sind, denn in dieses 1 Prozent sind beispielsweise auch die Pensionsansprüche hineingerechnet. So bleiben real lediglich 0,87 Prozent übrig. Damit sind wir wieder beim Jahr 2004.

Wir als Sozialdemokratie begrüßen die Aufstockung des Heeresbudgets, aber wir stellen fest, die Zahlen hören sich besser an, als sie in der Realität sind.

Es wurde auch der Aufbauplan Bundesheer 2032 erstellt, wodurch das Heer in den kommenden zehn Jahren wieder die notwendige Fähigkeit für die militärische Landesverteidigung gewinnen soll – auf die Umsetzung auf Basis des bescheidenen Budgets darf man gespannt sein.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich war selbst als Berufssoldat Unteroffizier beim Bundesheer und später dann in der Miliz organisiert. Dass ich wie viele andere meiner ehemaligen Kameradinnen und Kameraden beim Heer das Handtuch geschmissen habe, war einer außerordentlichen Frustration geschul­det, welche unter anderem auf der chronischen Unterfinanzierung fußte.

Wie soll man ein derart finanziell ausgehungertes Heer noch sinnvoll unterhal­ten? Und vor allem: Wie motiviert man die Österreicherinnen und Österreicher, sich für den Militärdienst zu entscheiden? – Jetzt komme ich zum


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Wehrrechtsänderungsgesetz: Die vorgesehenen Änderungen, die mit dem Wehrrechtsänderungsgesetz beschlossen werden, können nur ein erster Schritt sein, wenn es darum geht, motivierte Soldatinnen und Soldaten für das Heer zu gewinnen und zu halten. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Vereinfachung des Personalgewinnungsprozesses einerseits und die gezielte Nachjustierung bei finanziellen Anreizen andererseits dienen zwar der Perso­nalgewinnung sowie der Attraktivierung der Miliz, jedoch wird das nicht ausreichen, um genügend Milizsoldaten anzuwerben. Dafür bedarf es zusätzlicher Maß­nahmen.

Die Anhebung der Bezüge der Grundwehrdiener ist ebenfalls ein wichtiger Faktor, um wehrpflichtige Österreicher für den Dienst beim Bundesheer zu motivieren, denn sie bilden eine wichtige Basis, aus der künftig Kader- und Milizsoldaten rekrutiert werden können. Wobei zu sagen ist: Die Erhöhung der Grundvergütung auf das Mindestsicherungsniveau wird nicht wirklich erreicht; auch fallen die zusätzlichen knapp 138 Euro mehr an Bezug während der Heranziehung zu einem Einsatz meines Erachtens bescheiden aus.

Die Anpassung der Regelung zur Wohnkostenbeihilfe, damit für jegliche entgelt­liche Mitbenutzung einer Wohnung grundsätzlich ein Anspruch auf Wohn­kostenbeihilfe besteht, ist sehr zu begrüßen. So kommen auch jene Wehrpflich­tigen in den Genuss der Beihilfe, welche beispielsweise auch Untermieter in einer Wohngemeinschaft sind oder unter bestimmten Voraussetzungen auch bei ihren Eltern leben.

Mit der Erhöhung der Vergütung für den Grundwehrdienst beschließen wir heute zugleich die wichtige Reform des Zivildienstgesetzes, womit die Bezüge für Zivildiener ebenfalls erhöht werden. Das ist gut und das ist richtig so. Ich möchte mich an dieser Stelle ausdrücklich bei allen Grundwehr- und Zivildienern sowie bei den Milizsoldat:innen und den Kader- und Zivilbediensteten für ihre wichtige Arbeit im Sinne unserer Gesellschaft bedanken. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Bundesrät:innen von ÖVP und Grünen.)


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Zusammenfassend möchte ich festhalten: Den Maßnahmen zur Erreichung des Ziels zufriedener Wehrpflichtiger im Grundwehrdienst kann ich durchaus etwas abgewinnen, es ist ein richtiger Schritt in die richtige Richtung. Von dem angestrebten Ziel, mit der erforderlichen Anzahl an Milizsoldaten eine verfas­sungskonforme Auftragserfüllung zu gewährleisten, sind wir meines Erachtens noch weit entfernt, denn es braucht schon viel mehr als die dafür vor­gese­henen Änderungen im Wehrrechtsänderungsgesetz. Wir werden sehen, wohin der Aufbauplan Bundesheer 2032 unsere Streitkräfte bringen wird, aber ja, auch diese Maßnahmen für die Gewinnung von Milizsoldaten begrüße ich letzt­endlich.

Und bitte: Vergessen wir nicht den Kader, denn auch da gehören dringend Rahmenbedingungen geschaffen, welche die Motivation der Chargen, Unteroffiziere und Offiziere steigern und diese auch langfristig im Militärdienst halten.

Abschließend möchte ich sagen: Der Grundwehrdienst und die Miliz sind ein wichtiger Bestandteil unserer Demokratie, denn sie garantieren, dass in unseren Streitkräften ein Querschnitt der österreichischen Bevölkerung vertreten ist, und das ist wichtig und das ist gut so. Somit ist jegliche Form der Attraktivie­rung, mag sie auch noch so bescheiden ausfallen, welche die Motivation unserer Soldatinnen und Soldaten stärkt, zu begrüßen. Daher werden wir als Sozialdemo­kratie dem Wehrrechtsänderungsgesetz zustimmen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)

14.22


Präsidentin Korinna Schumann: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Markus Leinfellner. – Bitte. (Ruf bei der ÖVP: Jetzt kommt: „Totalversagen“!)


14.22.58

Bundesrat Markus Leinfellner (FPÖ, Steiermark): Frau Vorsitzende! Frau Bun­des­minister! Frau Staatssekretärin! Hohes Haus! Geschätzte Zuhörer auf der Galerie und zu Hause! Liebe Österreicher! Ja, es ist ohne Zweifel ein Schritt in


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die richtige Richtung, den Sold der Grundwehrdiener zu erhöhen. Das Monats­gehalt, den Sold eines 18-jährigen Burschen in der Höhe von 500,28 Euro der Mindestsicherung gleichzusetzen grenzt aber schon etwas an Verhöhnung. Da kann man jetzt schon rechnen, wie man möchte, wenn man jetzt sagt, das Frühstück beim Heer wird mit 1 Euro abgegolten, das Mittagessen mit 2 Euro und das Abendessen, das ja meistens eine Kaltverpflegung ist, auch mit 1 Euro, dann ergibt das 4 Euro am Tag, bei 30 Tagen sind das 120 Euro, das heißt man kommt auf 620 Euro.

Frau Bundesminister, da muss ich schon sagen: 620 Euro mit der Mindestsiche­rung gleichzusetzen, das ist, glaube ich, nicht das, was sich ein 18-Jähriger erwartet oder wünscht. (Zwischenbemerkung von Bundesministerin Tanner.) – Man kann die Strom- und die Heizkosten nicht wirklich einrechnen, denn sonst müsste man es ja beim Kollektivvertrag in einer Firma auch abziehen, und es wohnt auch inzwischen niemand mehr dort. (Beifall bei der FPÖ.)

Diese Rechenkünste: Ich habe es wirklich probiert, ich habe diese Rechnung nicht zusammengebracht; ich komme nicht auf die Mindestsicherung. Ja, die Wohnkostenbeihilfe ist natürlich ein Schritt in die richtige Richtung, es war dringend notwendig, das anzugleichen. Ob das Klimaticket jetzt gut investiertes Geld ist, das möchte ich bezweifeln, denn wenn bei uns in der Steiermark jemand aus Graden, das ist in der Gemeinde Köflach, in Gratkorn Dienst versieht, da kann man ihm schon ein Klimaticket geben, er wird aber nicht in den Dienst kommen und auch nicht vom Dienst nach Hause. (Heiterkeit und Beifall bei der FPÖ.)

Ich weiß nicht, ob nicht für den öffentlichen Dienst die Freifahrtscheine, die es früher gegeben hat, eine günstigere und bessere Variante waren. Vielleicht sollte man sich aber auch hier Entschädigungsmodelle überlegen, um Grundwehr­diener wirklich hinsichtlich des Weges in den Dienst oder vom Dienst finanziell zu unterstützen.


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Aber ja, Frau Bundesminister, es ist ja nicht das Einzige: Bei den Grundwehr­dienern haben wir einen Schritt in die richtige Richtung gemacht, aber wir vergessen – oder: Sie vergessen – da auf unsere Offiziere und auf unsere Unteroffiziere, denn da haben wir wirklich noch sehr, sehr viel Luft nach oben, gerade im Bereich der Offiziere. Offiziere haben ein abgeschlossenes Studium an der Militärakademie, haben den Titel eines Bachelors, finden sich aber in § 85 Abs. 1 Gehaltsgesetz nicht wieder, und da sind sie die Einzigen. Jeder andere im öffentlichen Dienst findet sich mit dem abgeschlossenen Bachelorstudium in diesem § 85 wieder. Ich kann es nicht verstehen, warum unsere Akademiker, unsere Offiziere noch immer schlechter besoldet werden als alle anderen mit einem Bachelorstudium. Da haben wir wirklich noch Luft nach oben, und ich glaube, Sie kennen auch meinen Antrag, den ich vor eineinhalb Jahren einge­bracht habe. Passiert ist inzwischen nichts, das ist das Problem. Diese Menschen müssen auch einmal entsprechend ihren Fähigkeiten entlohnt werden. (Beifall bei der FPÖ.)

Frau Bundesminister, bei den Offizieren ist es aber auch noch nicht aus, es ist ja auch bei den Unteroffizieren dasselbe. Im Jahr 2017 hat Bundesminister Doskozil einen wesentlichen Schritt gesetzt – einen Schritt in die richtige Rich­tung –, er hat nämlich die Unteroffiziere nach der Ausbildung an der Heeresunteroffiziersakademie endlich C-wertig gemacht und angeglichen. (Beifall bei Bundesrät:innen der FPÖ und bei der SPÖ.)

Ich glaube, das war etwas, was sich unsere Unteroffiziere nach einer mehr als einjährigen Ausbildung wirklich verdient haben. Eines hat man aber dann in den Jahren danach bis heute nicht geschafft, nämlich die Stabsunteroffiziere dem­entsprechend zu besolden. Heute ist es nämlich so: Der Wachtmeister verdient beim Bundesheer nach einer einjährigen Ausbildung gleich viel wie der Stabs­unteroffizier, der die doppelte Zeit an Ausbildung genossen hat, und diese Angleichung haben wir bis heute noch nicht geschafft. Man wollte damals an das Exekutivdienstschema angleichen, um den D-Beamten C-wertig zu machen. Im


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Exekutivdienstschema – Sie kennen es – gibt es den E2a- und den E2b-Bediens­teten. Bei uns hat es den MBO2 und den MBO1 gegeben. Man hat den MBO2 gestrichen und hat inzwischen nur mehr den MBO. Das Besoldungs­schema ist vereinheitlicht worden, und die Ausbildung lohnt sich inzwischen nicht mehr.

Ja, da müssen wir wirklich etwas machen, wir müssen diese Stabsunteroffiziers­ausbildung wieder dementsprechend anerkennen, auch im Gehalt muss sich das niederschlagen. Es kann ja bitte nicht sein, dass Menschen, die völlig unter­schied­liche Aufgaben haben – der Gruppenkommandant, der ehemals D-wertige Unter­offizier, hat die Verantwortung über acht Menschen, der Zugskom­man­dant, der eine Stabsunteroffiziersausbildung genossen hat, hat die Verantwor­tung über 40 Menschen in seinem Zug, wenn es ein Dienstführender ist, vielleicht sogar über Hunderte Menschen in seiner Kompanie –, gleich bezahlt werden. Das ist eine wirkliche Ungerechtigkeit, Frau Bundesminister.

Ich kann Ihnen nur sagen: Wenn es darum geht, unsere Soldaten, unsere Grund­wehrdiener, unsere Chargen, unsere Unteroffiziere, unsere Offiziere, besser­zustellen, auch finanziell besserzustellen, dann haben Sie unsere vollste Unterstüt­zung. Dass wir aber da noch viel Luft nach oben haben, ich glaube, das wissen Sie selbst.

An dieser Stelle darf ich mich auch bei allen Bediensteten des Bundesheeres, Grundwehrdienern, Offizieren, Unteroffizieren, Zivilbediensteten, für ihren Einsatz im heurigen Jahr bedanken. Ich weiß, dass sie Großartiges geleistet haben, und darf auch von dieser Stelle aus allen Soldaten, Unteroffizieren, Offizieren und Zivilbediensteten frohe Weihnachten wünschen. – Vielen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

14.29


Präsidentin Korinna Schumann: Zu einer Stellungnahme zu Wort gemeldet hat sich Frau Staatssekretärin Claudia Plakolm. – Bitte, Frau Staatssekretärin.



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14.29.50

Staatssekretärin im Bundeskanzleramt Claudia Plakolm: Geschätzte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Mitglieder des Bundesrates! Liebe Zuseherinnen und Zuseher der heutigen Sitzung! Ich freue mich sehr, dass ich seit Mitte des Jahres nicht nur für die Jugend in Österreich, sondern auch für den Zivildienst zuständig bin und dass wir es in so kurzer Zeit geschafft haben, diese Novelle des Zivildienstgesetzes im Ausschuss – und das möchte ich betonen – ein­stim­mig zu verabschieden. Das ist nicht nur eine wesentliche Veränderung, sondern auch eine wesentliche Verbesserung für viele junge Burschen in unserem Land.

Es ist vorhin schon gefallen: Über 14 000 junge Männer stellen sich allein im heurigen Jahr dem Zivildienst und damit über neun Monate in den Dienst derjenigen, die in Österreich auf Hilfe und Betreuung angewiesen sind – dafür auch mein herzlichstes Dankeschön, da darf ich mich den Vorrednerinnen und Vorrednern ganz herzlich anschließen. Mir ist aber ganz klar, dass diese warmen Worte und das Dankeschön allein keine Miete und keinen Sprit bezahlen werden, und genau aus diesem Grund war es Verteidigungsministerin Klaudia Tanner und mir sehr, sehr wichtig, dass wir diese erste Erhöhung – die erste deutliche Erhöhung, die es jemals beim Grundwehrdienst und beim Zivildienst gegeben hat – insbesondere in diesen Krisenzeiten ganz einfach durchführen, damit junge Burschen gerade in Zeiten wie diesen auch eine handfeste Unterstützung haben. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesrät:innen der Grünen.)

Bisher hat die Grundvergütung bei Grundwehrdienern und Zivildienern 363 Euro im Monat betragen. Wir erhöhen das Ganze auf 500 Euro – und erhöhen so erstmalig in der Geschichte der Republik derart deutlich –, dazu kommt jetzt auch noch eine Inflationsanpassung mit Jahresbeginn, also insgesamt wird die Grundvergütung dann 536 Euro und 10 Cent betragen. Damit erleichtern wir es jungen Burschen, ihren Alltag besser zu bestreiten, weil es schon einen wesentlichen Unterschied macht, ob man 173 Euro im Monat mehr zur Verfü­gung hat oder eben nicht. Das ist ein ordentliches Geld im Leben eines jungen Menschen: Über die neun Monate Zivildienst gerechnet sprechen wir da von


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einem Plus von 1 550 Euro, und – die nächste Zahl muss man sich, glaube ich, auf der Zunge zergehen lassen – das ist ein Plus von 47,7 Prozent, das sind also fast 50 Prozent mehr Grundvergütung für Grundwehrdiener und Zivildiener. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesrät:innen der Grünen.) Das hat es noch nie gegeben, schon gar nicht unter den Vorgängerministern, die dafür zuständig waren.

Klar ist auf jeden Fall aber auch: Der Zivildienst ist und bleibt ein Staatsdienst, keine Frage. Das spiegelt sich auch in der Grundvergütung sehr, sehr klar wider. Wir sind aber sehr, sehr stolz drauf, dass wir jedes Jahr sehr, sehr fleißige junge Burschen für den Grundwehrdienst und für den Zivildienst begeistern können und dass sie auch so eine wesentliche Hilfe in unserem Land, egal in welcher Lage auch immer, leisten.

Es macht einen wesentlichen Unterschied, ob man am Ende des Zivildiensts 1 500 Euro mehr hat oder nicht, und genau aus diesem Grund möchte ich viel­leicht auch noch mit ein paar Zahlen belegen, welche Leistung unsere Zivildiener in unserem Land über diese neun Monate erbringen: Der Zivildienst bringt in Österreich ökonomisch und sozial positive Wirkungen in einem Ausmaß von rund 1 Milliarde Euro pro Jahr, und insgesamt leisten unsere Zivildiener pro Jahr 13 Millionen Stunden, überwiegend im Rettungsdienst, in der Pflege und auch in der Betreuung.

Da ich in der Bundesregierung auch für das Thema Ehrenamt zuständig bin, ist es mir ein besonderes Anliegen, dass der Zivildienst auch immer als Türöffner fürs Ehrenamt gesehen wird. 30 Prozent der Zivildienstleistenden bleiben auch nach diesen neun Monaten in ihrer Zivildiensteinrichtung ehrenamtlich tätig. Das ist etwas, auf dem wir auch in Zukunft sehr, sehr stark aufbauen müssen. Österreich ist ein Land, das nur mit Ehrenamtlichen funktioniert. Wir sind sehr stolz auf unsere vielfältige Vereinskultur, dass Blaulichtorganisationen großartige Arbeit im ganzen Land leisten, und dafür sind die Zivildiener, die dann ehren­amtlich dabei bleiben, auch ein wesentlicher Faktor. Darüber hinaus, finde ich, ist


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der Zivildienst auch ein Türöffner für junge Burschen, in Berufsfelder einzu­steigen, die sehr, sehr weiblich geprägt sind, etwa in Pflege und Betreuung, in die Sozialberufe.

Ich möchte mich abschließend noch einmal bei den Oppositionsparteien bedan­ken, insbesondere für den konstruktiven Austausch im Vorfeld dieser Novelle und vor allem auch für den einstimmigen Beschluss, den wir im Ausschuss des Nationalrates haben fällen können. Wir schaffen es auf der einen Seite, dass wir Doppelstrukturen in der Verwaltung vermeiden, und auf der anderen Seite, dass wir die jungen Burschen auch rechtzeitig – noch rechtzeitiger, wenn man so will, als bisher – vor der Einberufung informieren, sodass sie auch zur richtigen Zeit die Entscheidung treffen können, ob es dann zum Grundwehrdienst beim Bun­desheer oder zum Zivildienst geht. – Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.) Ich freue mich heute über die Beschlussfassung, und ich denke, alle Grundwehr­diener und Zivildiener tun das ebenso. (Beifall bei der ÖVP.)

14.34


Präsidentin Korinna Schumann: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Kittl. – Bitte, Frau Bundesrätin.


14.34.59

Bundesrätin MMag. Elisabeth Kittl, BA (Grüne, Wien): Sehr geehrte Frau Präsi­dentin! Liebe Staatssekretärin! Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste hier und vor den Bildschirmen! Ja, beim Wehrrechtsänderungs­gesetz geht es darum, das Leben der Grundwehrdiener besser abzusichern, aber es geht vor allem auch darum, ihrem Einsatz eben durch höhere Bezüge mehr Wertschätzung entgegenzubringen. Wir erinnern uns an ihre Unterstützung in der Hochzeit der Pandemie.

Wir brauchen die Zivil- und Grundwehrdiener als Stütze der Gesellschaft. Daher geht es vor allem auch darum, einen finanziellen Anreiz dafür zu bieten, dass mehr Menschen den Grundwehrdienst absolvieren, aber auch die Möglichkeit sehen, den Zivildienst zu machen oder sich bei der Miliz zu engagieren.


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Weil wir eben von Geld gesprochen haben: Ich fand es sehr spannend, dass Herr Kollege Schmid von der SPÖ sagt, das Heer ist in den letzten Jahrzehnten komplett kaputtgespart worden. – Ich erinnere die SPÖ: Sie war jahrzehntelang in Regierungsbeteiligung und bei Budgetverhandlungen dabei. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Die Maßnahmen sind – wir haben es heute schon gehört –: Die Grundvergütung, die jahrzehntelang eben nicht angehoben worden ist, wird auf einen ordent­lichen, auf einen weit ordentlicheren Satz erhöht. Dank dem Verfassungsgerichts­hof soll nun auch jeder Grundwehrdiener oder in Ausbildung Stehende, wenn er für eine Wohngelegenheit bezahlt, egal ob es ein Zimmer, eine Wohngemein­schaft oder eine eigene Wohnung ist, Anspruch auf Wohnkostenbeihilfe haben.

Weiters kommen zusätzlich zur Grundvergütung – ja, das sind die 500 bezie­hungs­weise 536 Euro – noch Zuschüsse für Versicherungen, für Verpflegung, für Familien- und Partnerunterhalt und, ja, das Klimaticket dazu. Wenn Sie einmal in die Züge schauen, Herr Kollege von der FPÖ: Da sitzen sehr viele Grundwehr­diener und nutzen eben diese Fahrkarten. Das sind gesamt um die 1 000 Euro und mehr im Monat, und ja, das ist mehr, als derzeit die Mindestsicherung aus­macht.

Ein weiterer Anreiz zur Aufstockung der Miliz ist die Freiwilligenprämie, die der Grundwehrdiener, wenn er sich zur Miliz meldet, nun schon ab Beginn des Grundwehrdienstes bekommt, also zwei Monate früher als bisher, und auch das sind mehrere Hundert Euro mehr.

Auch bei der Eignungsprüfung – und das finde ich sehr spannend, das ist etwas, das nicht viel kostet, aber große Auswirkungen hat – wird angesetzt: Wenn sich Personen erst später für eine Karriere beim Bundesheer entscheiden, also eine sogenannte Nachhollaufbahn einschlagen, können sie auch außerhalb des Wehrdienstes – und ohne dass es Rechtswirkungen auslöst – diese Eignungs­prüfung beim Heerespersonalamt ablegen. Das ist eine enorme Erleichterung und eine Wegnahme einer Hürde für Spätberufene.


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Auch bei der Zivildiensterklärung wollten wir etwas mehr, aber die militärische Planbarkeit hat nun nur eine kleine, aber auch eine wichtige Erleichterung gebracht. Diese Zivildiensterklärung kann bis spätestens zwei Tage vor Erhalt des Einberufungsbefehls abgegeben werden, aber es muss jetzt ver­pflichtend eine Vorabinformation über den Einberufungsbefehl und eben über die Möglichkeit der Zivildiensterklärung verschickt werden, damit diese Frist nicht so leicht versäumt wird. Das ist gut so, und ich danke Kollegen Hirczy vor mir und auch der Frau Staatssekretärin, dass das Engagement der Zivildienenden auch tatsächlich so gewürdigt wird.

Bei diesem Werben ums Heer bin ich selbst aber natürlich ein bisschen in der Zwickmühle, denn ich sehe eine unserer Aufgaben heute, da der Krieg so nahe ist, darin, dass wir extrem aufpassen müssen, dass wir nicht in eine militarisierte Gesellschaft hineinrutschen. Wir wollen ja eigentlich weg von einem Gesellschaftssystem, in dem sich patriarchale Strukturen, Militär und Kampfes­lust wechselseitig aufstacheln, und wir wollen eigentlich hin zu einer Gesellschaft, die von Friedensbewegtheit und von Gleichstellung getragen ist und in der unser Heer seinen Fokus nicht auf militärische Einsätze oder Verteidigung legt, sondern auf Katastrophenschutz, Friedensgewinnung und Friedenserhalt.

Kollegin Eder-Gitschthaler hat im Ausschuss dankenswerterweise nach dem Frauenanteil beim Heer gefragt: Er hat sich von der 4-Prozent-Marke vor zwei Jahren leider noch nicht sehr weit entfernt. Derzeit sind es 4,5 Prozent Soldatinnen – auch wenn das eine Steigerung von 10 Prozent ist – und 12,7 Pro­zent Frauen im zivilen Bereich. Das ist leider auch nicht sehr herzeigbar, und deswegen würde ich hier gerne ein bisschen auf das Thema Frauen und Bundes­heer eingehen.

Auf der Website des Bundesheers, vor allem bei den Karrieremöglichkeiten, sieht man endlich auch Frauen, und das ist gut so, man sollte sie aber auch in Führungspositionen, als Vortragende oder als Expertinnen sehen. Das wäre noch besser, denn so kleine Interventionen stellen oft einen unvermutet großen


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Anreiz für junge Frauen dar, Stichwort Rolemodel. Aber auch offensichtliche Maßnahmen wie – ich komme später noch darauf zurück – im Frauenförde­rungsplan vorgesehen, so offensichtliche Maßnahmen wie die bevorzugte Einstellung von Frauen und das tatsächliche Zurückgreifen auf das Wissen von weiblichen Expertinnen sind ein wichtiger Punkt, genauso wie das Zurver­fügungstellen von Kinderbetreuungsplätzen und andere Work-Life-Balance-Maßnahmen. Das ist nicht nur gut für Frauen beim Heer, es ist auch gut für die Männer.

Vor allem ist es aber gerade beim Heer so wichtig – dort, wo eben Militarismus mit Männlichkeit und damit mit patriarchalen Strukturen gleichgesetzt wird. Der Ort – das Heer – ist durchaus perfekt dafür, da Männer und Frauen, wir haben es heute schon gehört, mit den unterschiedlichsten sozialen und kulturellen Hintergründen beim Herr zusammengewürfelt werden. Gerade an einem so testosterongeprägten und durch und durch hierarchischen Ort können Gleich­stellungsmaßnahmen am besten fruchten.

Es bedarf aber auch endlich der Verhinderung von sexuellen Übergriffen, vor allem bei der Ausübung von Machtpositionen, was beim Heer natürlich sehr naheliegend ist. Auch da haben wir noch viel vor uns, vor allem auch, um sexu­elle Belästigung aus dem Heer, aber auch aus der Gesellschaft zu verbannen (Zwischenrufe der Bundesräte Spanring und Steiner), und sexuelle Belästigung ist noch eines der gelindesten Vergehen in der gewaltvollen Verbrechensreihe gegen Frauen, die bis hin zum Femizid reicht. Wir wissen: Österreich hat da leider eine erschreckende Vorreiterrolle inne. (Zwischenruf der Bundesrätin Steiner-Wieser.)

Gewalt beginnt bei der Abwertung, und die wollen wir hinter uns lassen. Auch beim Bundesheer müssen wir dorthin kommen, dass Frauen und Männer gleichwertige Subjekte sind (neuerlicher Zwischenruf der Bundesrätin Steiner-Wieser) und nicht die einen von den anderen als Objekte, die den Män­nern zur Verfügung oder zu Diensten stehen, angesehen oder so behandelt werden. Ich sehe das Bundesheer als perfekten Ort dafür, das aufzubrechen.


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2020 wurde der Frauenförderungsplan veröffentlicht, der mehr Frauen und mehr Gleichstellung ins Heer bringen soll. Im Ausschuss haben wir gehört, er liege Ihnen, Frau Ministerin, sehr am Herzen. Das freut mich außerordentlich. Er sieht vor, dass nach zwei Jahren, also Anfang 2023, nächstes Jahr, über die Umsetzung des Implementierungsplans berichtet wird. Darauf bin ich neugierig, darauf freue ich mich, und ich hoffe sehr, dass wir mithilfe der Sensibilisierung für Gleichstellung im Heer einen großen Puzzlestein zur gesellschaftlichen Gleichstellung von Frauen und Männern hinzufügen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)

14.43


Präsidentin Korinna Schumann: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Arlamovsky. – Bitte, Herr Bundesrat.


14.43.16

Bundesrat MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky (NEOS, Wien): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Werte Frau Staatssekretärin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben heuer schon viel über Budgeterhöhungen gehört, auch Budgeterhöhungen beim Heer, über neue Waffensysteme, Renovierungen in Kasernen. Das sind alles wichtige Dinge, das Wichtigste am Bundesheer sind aber die Menschen, die Soldatinnen und Soldaten, die dort Dienst versehen. Daher sind die Verbesserungen in der Besoldung, auch in der Grundvergütung für die Zivildiener, wichtig und überfällig. Diese fordern wir NEOS auch schon lange.

Es endet aber nicht beim Geld. Die Werte wie Demokratie und Rechtsstaat­lichkeit müssen aktiv vorgelebt werden. Der derzeit laxe Umgang mit rechtsextremen Ausrutschern im Bundesheer sendet da leider die falschen Signale.

Ja, die Aufwertung des Grundwehrdienstes ist mit dieser Novelle einmal angegangen worden – wir NEOS begrüßen das –, eine Baustelle bleiben aber die Auslandseinsätze. Wir sagen immer, wenn man uns sicherheitspolitisches


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Trittbrettfahren vorwirft: Unser Beitrag zur internationalen Sicherheit sind die Auslandseinsätze. Jetzt kann man diskutieren, ob eine UNO-Friedensmission wirklich als Beitrag zur Verteidigung Europas ausreicht, vor allem, wenn wir nur dort mitmachen, wo es nicht so heiß hergeht. Der überstürzte Abzug vom Golan ist vielen Soldatinnen und Soldaten noch in peinlicher Erinnerung.

Ungeachtet dieser Diskussion: Wir haben derzeit, Stand Bundesheerwebsite von dieser Woche, 793 Männer und Frauen im Auslandseinsatz. Die Sollzahl wäre 1 100. (Zwischenbemerkung von Bundesministerin Tanner.) Es wird immer schwieriger, Soldatinnen und Soldaten für das Ausland zu interessieren, und auch dort müssen wir ansetzen. Wenn es fast gleich lukrativ ist, an einem der vielen Assistenzeinsätze im Inland teilzunehmen, ist es halt angenehmer, eine Botschaft zu bewachen und am Abend nach Hause zu gehen, als viele Monate im Ausland, weit weg von der Familie, zu verbringen. Das heißt, wir brauchen eine Verbesserung der Auslandsbezüge, vor allem aber müssen die ohnehin verfassungswidrigen endlosen Assistenzeinsätze im Inland aufhören.

Frau Bundesministerin, es kann nicht sein, dass Sie mit den Schultern zucken und sagen, ein Ersuchen zu einem Assistenzeinsatz sei eine Weisung, da könne man nichts machen. (Zwischenbemerkung von Bundesministerin Tanner.) Es ist zwar rich­tig, Sie können im Notfall kein Veto zu einem Einsatz anzetteln, aber einen Endloseinsatz zur Botschaftsüberwachung oder zum Grenzschutz einfach so innezuhaben, so hinzunehmen – da müssen Sie als Ministerin einmal auf die Verfassung pochen und für das Heer aufstehen! (Bundesministerin Tanner schüt­telt den Kopf.)

Wir nehmen mehr Geld in die Hand, um den Wehrdienst zu attraktiveren, und das ist auch gut so, es gibt aber auch Dinge wie diese Assistenzeinsätze, wo es einfach eine politische Führung benötigt, um das Bundesheer wieder attraktiver zu machen. Gerade im Hinblick auf den strategischen Kompass, der ja gemein­same europäische Einheiten vorsieht, die natürlich ständig im Ausland trainieren müssen, ist es notwendig, die Rahmenbedingungen herzustellen, die unseren


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Soldatinnen und Soldaten wieder Anreize geben, sich international zu engagie­ren. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)

14.46


Präsidentin Korinna Schumann: Frau Bundesministerin Mag. Klaudia Tanner hat sich zu einer Stellungnahme zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Bundesministerin.


14.46.28

Bundesministerin für Landesverteidigung Mag. Klaudia Tanner: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Staatssekretärin! Sehr geehrte Mitglieder des Bun­desrates! Sehr geehrte Damen und Herren hier im Saal und zu Hause vor den diversen Geräten! Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht – das Ende eines Jahres bietet immer die Gelegenheit, das Jahr zu rekapitulieren. Wenn man daran denkt, was passiert ist, was alles passiert ist, was insbesondere am 24. Februar passiert ist, dann weiß man, dass das ein Jahr war, das tatsächlich von einer Zeitenwende geprägt war oder geprägt ist, und wenn wir uns die Risikobilder anschauen, die die Expertinnen und Experten meines Hauses erstellt haben, dann müssen wir fast Sorge haben, dass uns die verschiedenen Risiken und damit auch die Herausforderungen auch in kommenden Jahren treffen werden.

Dennoch, sehr geehrte Damen und Herren, kann man dem allen etwas Positives abgewinnen, insbesondere dann, wenn man an das österreichische Bundesheer denkt. Alle Institutionen nämlich, ja, auch die Politik, haben an Vertrauen verloren, einzig das österreichische Bundesheer hat einen unglaub­lichen Vertrauenszuwachs erlebt, weil die Soldatinnen und Soldaten, die Zivilbediensteten meines Ressorts immer zur Stelle waren, sei es im Kampf gegen die Pandemie, sei es, ja, bei der Botschaftsbewachung, bei den sicherheitspolizeilichen Assistenzeinsätzen an der Grenze. Wenn man gerade hier im Haus Einigkeit erkennen konnte, dann hat sich diese in einer dreimaligen Budgeterhöhung gezeigt – schon vor dem 24. Februar! Das haben Sie ermöglicht und dafür ein ganz großes Dankeschön. (Beifall bei der ÖVP.)


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Das eine ist das Budget und das andere – jawohl – sind die Menschen, die im Zentrum stehen müssen. Was hilft uns all die Gerätschaft, in die wir dank Ihrer Entscheidung für das Landesverteidigungs-Finanzierungsgesetz nach einem genauen Aufbauplan bis 2032 investieren können, ja müssen, wenn wir nicht das entsprechend gut ausgebildete Personal haben? Und die Basis für unsere Soldatinnen und Soldaten, sei es jetzt im Stand oder in der Miliz, sind unsere Grundwehrdiener.

Ich danke Ihnen jetzt schon für diese Entscheidung, die ja im Ausschuss auch schon einhellig gefallen ist, dass unseren Grundwehrdienern, die uns Zeit ihres Lebens schenken, erstmals nach beinahe zehn Jahren auch die entsprechende finanzielle Zustimmung zuteilwird – ein wichtiger Schritt, wie ich glaube, ein Meilenstein, den wir setzen können.

Ich sage es ganz offen: Ich freue mich über diese Einigkeit – und das hat kein Bundesrat meiner Fraktion gesagt, sondern (in Richtung SPÖ) einer von Ihnen: Sicherheit darf eines nicht haben: ein parteipolitisches Mascherl. (Bundesrat Schennach: Daniel Schmid heißt er! Für die Zukunft!) Ich danke Ihnen dafür, dass Sie bewiesen haben, dass es nicht notwendig ist, diesem Thema ein Mascherl umzuhängen. Ich danke Ihnen für die Zusammenarbeit im zu Ende gehenden Jahr und wünsche Ihnen und Ihren Lieben frohe Weihnachten und alles Gute fürs neue Jahr. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie des Bundesrates Novak.)

14.50 14.50.28


Präsidentin Korinna Schumann: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Ich sehe, das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung, die über die gegenständlichen Tagesord­nungs­punkte getrennt erfolgt. – Bitte nehmen Sie Ihre Plätze ein.


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Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 15. Dezember 2022 betreffend ein Wehrrechtsänderungsgesetz 2023.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist einstimmig. Der Antrag ist somit ange­nommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 15. Dezember 2022 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Zivildienst­gesetz 1986 geändert wird.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

14.51.323. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 13. Dezember 2022 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das AMA-Gesetz 1992 geändert wird (1792 d.B. und 1860 d.B. sowie 11146/BR d.B.)


Präsidentin Korinna Schumann: Wir gelangen nun zu Punkt 3 der Tagesordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Otto Auer. – Bitte um den Bericht.


14.51.52

Berichterstatter Otto Auer: Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Minister! Frau Staatssekretärin! Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste hier und zu Hause! Ich bringe den Bericht über den Beschluss des Nationalrates vom 13. Dezember 2022 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das AMA-Gesetz 1992 geändert wird.

Die Regelung des Agrarmarketingbeitrages, der hauptsächlich zur Absatzför­derung und zur Erklärung der landwirtschaftlichen Produktion eingesetzt wird


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und somit einen wesentlichen Beitrag zur Absicherung der Familienbetriebe und der regionalen Eigenversorgung leistet, ist ein großer Schritt in die richtige Richtung. Die Unterlagen dazu haben Sie erhalten, ich komme daher zur Antrag­stellung.

Der Ausschuss für Land-, Forst- und Wasserwirtschaft stellt nach Beratung der Vorlage mehrstimmig den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.


Präsidentin Korinna Schumann: Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Riepl. – Bitte, Frau Bundesrätin.


14.53.00

Bundesrätin Nicole Riepl (SPÖ, Kärnten): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Minister – schön, dass Sie hier sind! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Heute geht es um den Gesetzesbeschluss, mit dem das Beitragssystem zum AMA-Marketing neu geregelt werden soll.

Der erste große Kritikpunkt unsererseits ist die Vorgangsweise, das Eiltempo, mit dem dieses Gesetz durch die Begutachtung gebracht wurde. Bei einem solch wichtigen Gesetz, in dem es um die Landwirtschaft, um die Bäuerinnen und Bauern in unserem Land, um Existenzen geht, ist das nicht in Ordnung. Sie als ÖVP treten da nicht für die Interessen der Bäuerinnen und Bauern ein. Hier geht es um etwas! Vergessen wir bitte nicht, was diese Bevölkerungs­gruppe für uns alle leistet! Die Landwirte und Landwirtinnen haben es sich verdient, dass dieses Gesetz nicht in einer Ruckzuckaktion durchgepeitscht wird, sondern dass man sich ernsthaft damit auseinandersetzt. (Beifall bei der SPÖ.)

Generell ist die AMA oder das AMA-Gütesiegel wirklich zu hinterfragen. Seit über 20 Jahren herrscht in diesem Betrieb Stillstand, es ist keine Weiter­entwicklung ersichtlich, kein Eingehen auf Nachhaltigkeit, Tierwohl, ökologische und Umweltthemen wie Pestizide und gentechnikfreie Landwirtschaft. Das AMA-Gütesiegel hat die Aufgabe, österreichische Produkte zu vermarkten. Die


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Konsumentinnen und Konsumenten erwarten sich von dem rot-weiß-roten Siegel 100 Prozent Qualität, das bedeutet: nachvollziehbare Herkunft der Produkte, ausgezeichnete Qualität in der Herstellung – sprich: dem Tier geht es gut, es kann ohne Stress und Gewalt leben – und unabhängige Kontrollen. (Beifall bei der SPÖ.)

Da frage ich mich schon: Wie kann es sein, dass alle paar Monate ein neuer Skandal in die Öffentlichkeit kommt, und zwar in Betrieben, die mit AMA-Gütesiegel ausgestattet sind und dennoch in keiner Weise den Qualitätskriterien entsprechen? Da werden Tausende Tiere auf engstem Raum gehalten, auf Spaltenböden und nicht ordentlich mit Wasser und Nahrung versorgt. Wie kann das passieren, wenn doch so viel kontrolliert wird? Da gilt es sehr wohl erst einmal die eigenen Hausaufgaben zu machen und das Image der AMA wieder­herzustellen, bevor hier so ein Gesetz durchgepeitscht wird. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir dürfen nicht außer Acht lassen, dass landwirtschaftliche Betriebe sehr wohl – wie andere Betriebe – auch extrem von der Teuerung betroffen sind. Gerade hier aber geht die ÖVP her und beglückt die Bäuerinnen und Bauern mit einer neuen Steuer, was für mich nicht nachvollziehbar ist.

Beschäftigen Sie sich endlich mit den wichtigen Themen, nämlich dem Bauern­sterben in Österreich und der dringend notwendigen Unterstützung für Klein- und Nebenerwerbslandwirte! Machen Sie etwas gegen die Teuerung! Spritpreise, Strompreise, die Kosten für Dünge- und Futtermittel – alles ist extrem gestiegen. Unsere Landwirte bekommen aber keine Lohnerhöhung, son­dern sind Bittsteller bei den Förderungen, und wir wissen, dass hauptsächlich Großbetriebe von der Verteilung profitieren. Wir treten da seit 35 Jahren am Stand, anstatt uns endlich hin zu einer modernen Landwirtschaftspolitik weiter­zu­entwickeln, die ökologisch, nachhaltig und sinnvoll ist.

Wir stimmen diesem Gesetz daher nicht zu.


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Ich wünsche Ihnen frohe Weihnachten und einen guten Rutsch ins neue Jahr. (Beifall bei der SPÖ.)

14.57


Präsidentin Korinna Schumann: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Wolff. – Bitte, Frau Bundesrätin.


14.57.20

Bundesrätin Elisabeth Wolff, BA (ÖVP, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Wer von Ihnen achtet beim Einkauf im Supermarkt auf den Kauf heimischer Lebensmittel? (Bundesrät:innen von ÖVP, SPÖ und Grünen heben die Hand. – Bundesrat Buchmann: Selbstverständlich!)

Beim Einkauf im Supermarkt ist der Wunsch der Kunden oft, regionale Speisen beziehen zu können, und ein Garant hierfür ist das AMA-Gütesiegel. (Rufe bei der SPÖ: Nein! Nein! Nein! – Bundesrat Steiner: Definitiv nicht!) 94 Prozent der Bevölkerung vertrauen diesem und schätzen es. Daran sieht man die breite Wir­kung des Gütesiegels. Beim Fleisch zum Beispiel kann man sicher sein: Sobald es mit dem rot-weiß-roten AMA-Gütesiegel versehen ist, stammt es von einem Tier, das in Österreich geboren, aufgezogen, geschlachtet und ver­arbeitet wurde.

Wir novellieren mit dem heutigen Beschluss das AMA-Gesetz, ein Gesetz, das schon nach dem Beitritt Österreichs zur EU maßgeblich dazu beigetra­gen hat, die Verunsicherung der heimischen Bäuerinnen und Bauern zu mildern, und wesentliche Grundsätze definiert hat. Aufbauend darauf wurde das AMA-Gütesiegel entwickelt, um unsere heimischen Produkte zu bewerben und den Absatz zu fördern. Wo das AMA-Gütesiegel drauf ist, ist Österreich drin.

Es ist also ein sehr erfolgreiches Konzept, in dem nun aber auch die eine oder andere Änderung vollzogen wird. Bisher waren die Mitgliedsbeiträge der AMA produktbezogen. Das bedeutet, die Bäuerinnen und Bauern haben die


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Beiträge über die Produkte bezahlt. Die Beiträge kamen dabei hauptsächlich aus der Milchwirtschaft. Auf Empfehlung des Rechnungshofes kam es dazu, dass man das System überdacht hat. Daher wird von einem produktbezogenen Bei­tragssystem auf ein Zweisäulensystem gewechselt. Somit werden sowohl produktbezogene als auch flächenbezogene Aspekte berücksichtigt. Der Beitrag für Milch und Fleisch wird gesenkt, während ein Flächenbeitrag erhoben wird, um auch die Ackerkulturen miteinzubinden. Es kommt also im Großen und Gan­zen zu einem ausgeglicheneren System.

Die AMA-Marketingbeiträge wurden seit ihrer Einführung im Jahr 1995 inhaltlich und in ihrer Höhe bis heute weitestgehend unverändert fortgeführt. Mit meinem Bundesratskollegen Silvester Gfrerer habe ich auch ein paar Gespräche geführt. Er würde sagen: Das einzig Beständige ist die Veränderung. Und: Wer nicht wirbt, der stirbt. Das sind vielleicht zwei einfache Sprüche, aber sie sind einfach auch wahr. Deswegen ist es wichtig, dass wir das AMA-Gütesiegel immer wieder anpassen und zur Vermarktung unserer heimischen Lebensmittel auch nutzen.

Das bisherige Budget wird sich mit der durch diese Gesetzesänderung gegebenen Umstellung von 19 Millionen Euro um rund ein Drittel erhöhen. Wenn man sich zum Beispiel anschaut: Die drei größten Supermarktketten Österreichs haben ein Marketingbudget von 480 Millionen Euro, und jeder kennt das Ja!-Natürlich-Schweinderl. Das AMA-Gütesiegel hingegen ist das einzige Instru­ment, das aus bäuerlicher Hand stammt und somit unsere Lebensmittel­produktion realistisch darstellt, ohne es, wie andere Werbeträger das tun, zu romantisieren.

Ein weiterer Punkt, den wir angehen, ist, dass wir zukünftig auch Brot und Gebäck in das AMA-Gütesiegelsystem mitaufnehmen. Es wird nun erstmalig die Herkunft des Getreides bis zum Anbau zurück verfolgbar sein. Bisher wurde ab der Mühle gemessen, von wo das Getreide herkommt, ab sofort kann man wirklich an der gesamten Wertschöpfungskette entlang zurückverfolgen, von wo das Getreide in unserem Gebäck herkommt. Wir können dann also auch sicher sein, dass es zu 100 Prozent aus Österreich kommt.


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Bei rund 50 Kontrollen am Tag in Österreichs Betrieben, wie heute auch schon angesprochen wurde, ist es also nicht nur ein Dahergerede, dass wir beste österreichische Qualität im Supermarkt haben, sondern es wird auch nach strengsten Standards und regelmäßig kontrolliert.

Eines möchte ich zum Schluss noch sagen: Ich denke, wir haben in der Politik schon die Verpflichtung, die Versorgungssicherheit in unserem eigenen Land sicherzustellen. Grundvoraussetzung dafür ist, dass wir unsere eigene Landwirt­schaft fördern und stärken, nicht runtermachen und schlechtreden. Mit der AMA-Marketing leisten wir einen enormen Beitrag dazu, der auch in Zahlen bestätigt wird. Ich wiederhole: 94 Prozent schätzen und vertrauen dem AMA-Gütesiegel. Deswegen lade ich alle Parteien heute hier ein, mit uns mitzu­stim­men, damit es zum Schluss nicht heißt: Er stirbt, weil er nicht wirbt. – Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

15.02


Präsidentin Korinna Schumann: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Bernard. – Bitte, Herr Bundesrat.


15.02.06

Bundesrat Michael Bernard (FPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herren Minister! Sehr geehrte Kollegen des Bundesrates! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Galerie und vor den Bildschirmen! Unter dem Titel der bestmöglichen Bewerbung der qualitativ hochwertigen Lebens­mittel, welche unsere österreichischen Bäuerinnen und Bauern tagtäglich produ­zieren, soll durch ein effizientes und leistungsstarkes Marketing der Absatz gesteigert werden. Mit der Novelle soll in Zeiten, in denen die Regionalität an Bedeutung zunimmt, in denen das Thema Herkunft bei der Kaufentscheidung der Konsument:innen an Bedeutung zunimmt, eine Stärkung des Marketings erfolgen.

Der Grundsatzgedanke, dass Marketing sicher auch eine wesentliche Rolle bei der Kommunikation von landwirtschaftlichen und lebensmittelrelevanten


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Aspekten und der Förderung des Absatzes von landwirtschaftlichen Erzeug­nissen in Österreich und somit auch beim Verkauf von AMA-Gütesiegel­produkten im Lebensmittelhandel und in der Gastronomie spielt, wurde von uns Freiheitlichen schon immer unterstützt.

Die Kostenexplosion für die Bevölkerung, aber auch für unsere heimische Landwirtschaft ist ein schwerwiegendes und sehr ernsthaftes Problem. Die Aufwendungen steigen massiv, und geplante Investitionen müssen verschoben werden. Unsicherheiten und neue Aufgaben sind ein ständiger Begleiter.

Für eine Bundesregierung, die Landwirtschaftspolitik mit Hausverstand betreiben würde, wie es wir Freiheitliche einfordern, wäre es die Aufgabe, die Arbeit der Landwirte zu unterstützen und zu vereinfachen. Nur leider fehlt der Hausverstand dieser Bundesregierung und des Landwirtschafts­minis­ters, der zum Beispiel lieber nach Israel oder in den Libanon fährt, bevor er sich um die Anliegen der österreichischen Landwirte, bei denen ich mich für die Produktion der hochwertigen Qualitätsprodukte bedanken möchte, kümmern würde. (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrätin Eder-Gitschthaler: Wieso? Er ist eh da! Er ist eh da!)

Wie untragbar dieser Landwirtschaftsminister der ÖVP für den Bauernstand handelt und wie wichtig ihm die Anliegen sind, sieht man daran, dass anstatt der vorgesehenen sechs Wochen nur sechs Arbeitstage zur Begutachtung des Gesetzentwurfes, der auf Grundlage einer Empfehlung des Rechnungshofes erfolgte, gegeben wurden.

Die Forderungen des Rechnungshofes, auf die nicht eingegangen wurde, waren zum Beispiel: Abrechnungen mit Kooperationspartnern sollten künftig nicht mehr pauschal, sondern aufgeschlüsselt nach Leistungspositionen in nachvoll­ziehbarer Weise vorgenommen werden, oder zum Beispiel auch im Zusam­menhang mit dem Genussfestival wären der Verwendungszweck der Mittel und die geforderten Leistungen in den Vereinbarungen zu konkretisieren und auf die


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Erfüllung von Formalerfordernissen beim Abschluss der Vereinbarungen zu achten.

Die Einsetzung eines Compliancebeauftragten einschließlich der Beschreibungen seiner Aufgaben sollte an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kommuniziert, das Organigramm entsprechend angepasst und die Errichtung einer Anlaufstelle für anonyme Hinweise vorangetrieben werden. Aufbauend auf die durch­geführte Risiko- und Schwachstellenanalyse sollten konkrete Complianceziele formuliert werden. In der Verhaltensrichtlinie sollten alle compliance­relevanten Themen, insbesondere auch das Thema Nebenbeschäftigungen, aufgenommen und damit ein umfassender Verhaltenskodex geschaffen werden, und so weiter.

All dies wurde nicht berücksichtigt, stattdessen verschafft die Bundesregierung der AMA zusätzliche finanzielle Mittel, ohne damit einhergehend auch, wie vom Rechnungshof empfohlen, die Compliance gesetzlich zu verbessern. Man könnte von einer sogenannten Blackbox AMA-Marketing sprechen.

Insgesamt entstehen für die Landwirte durch die Ausweitung der Beitragspflicht jährlich 9 Millionen Euro an Mehrkosten. Betroffen sind 90 000 Landwirte. Entsprechend dem Gesetzentwurf der schwarz-grünen Bundesregierung sollen daher alle Landwirte unter die Agrarmarketingbeitragspflicht fallen, welche über mindestens 1,5 Hektar landwirtschaftliche Fläche verfügen. Das heißt, dass zu den bereits bestehenden produktbezogenen Beiträgen nun auch ein Basisbetrag auf die landwirtschaftlichen Flächen hinzukommt. Der Betrag soll künftig 5 Euro pro Hektar betragen, wobei es bei den produktbezogenen Beiträgen zu einer kleinen Senkung kommen soll, pro Tonne Milch soll beispielsweise der Betrag von 3 Euro auf 2,20 Euro und pro Schlachtrind von 3,70 Euro auf 2,70 Euro gesenkt werden. Diese Ersparnis ist jedoch ein Tropfen auf den heißen Stein, denn tatsächlich kommt es mit dieser Gesetzesänderung zur Einführung einer versteckten Grundsteuer zulasten unserer hart arbeitenden Landwirte. (Beifall bei der FPÖ.)


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Das ist eine schwarze ÖVP-Politik im Bund, aber auch im Land. Auf der einen Seite verteilen Sie Almosen, auf der anderen Seite greifen Sie tief in die Taschen hinein. Auch ein freiheitlicher Antrag im Nationalrat wurde abgelehnt, in dem wir forderten, dass das AMA-Gesetz dahin gehend geändert wird, dass im Verwal­tungsrat der AMA je ein Vertreter der im Hauptausschuss vertretenen Parteien des Nationalrates sitzen soll. Zwar kontrolliert der Rechnungshof die AMA, jedoch zeigen diese Berichte in der Vergangenheit schon mehrfach Unregel­mäßigkeiten auf und dass es zu Interessenkonflikten gekommen ist. Durch Einbeziehung aller Parteien könnte man daher Kontrolle und auch mehr Trans­parenz schaffen.

Durch die Ablehnung unseres Antrages sowie durch die Einführung neuer Gebühren für die AMA-Marketingbeiträge zeigt natürlich die ÖVP wieder ihr wahres Gesicht. Wir Freiheitliche werden weiterhin Landwirtschaftspolitik mit Hausverstand Seite an Seite mit den österreichischen Bauern einfordern und dem vorliegenden Belastungsgesetz und damit verbunden der Fortsetzung des ÖVP-Grünen-Bauernstandvernichtungsprogramms eine klare Absage erteilen. (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrat Preineder: In Niederösterreich ... in der Land­wirtschaftskammer!)

Zum Schluss meiner Rede möchte ich nur ein Beispiel der ÖVP-Ankündigungs­politik im Bereich Landwirtschaft bringen. Am 30.4.2022 titelte eine Tages­zeitung: „Mehr Rot-weiß-rot auf dem Teller! Künftig wissen wir, von welchen Bauern wir Milch, Eier und Fleisch kaufen.“ Bundeskanzler Karl Nehammer und die damalige Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger verpflichteten sich in dem Artikel gegenüber den Österreicherinnen und Österreichern unmissver­ständlich zur Einführung einer Herkunftskennzeichnung zu Beginn des Jahres 2023: „‚Hersteller und Unternehmen müssen auf der Verpackung von verarbeiteten, verpackten Lebensmitteln die Herkunft angeben. Das gilt etwa für Wurstwaren, Käse oder Mayonnaisen‘, bringen Ministerin Elisabeth Köstinger


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und Kanzler Karl Nehammer auf den Punkt, was im Regierungsprogramm ver­einbart war und jetzt gesetzlich verpflichtend umgesetzt“ werden hätte sollen.

Auch in einer Presseaussendung des Ministeriums verkündete man unzweideutig: „Nach der Notifikation bei der Europäischen Kommission soll die verpflichtende Herkunftskennzeichnung [...] ab 2023 in Kraft treten.“

Eine umfassende Herkunftskennzeichnung sollte es laut Regierungsprogramm aber eigentlich schon längst geben; in diesem haben ÖVP und Grüne eine verpflichtende „Herkunftskennzeichnung der Primärzutaten Milch, Fleisch und Eier in der Gemeinschaftsverpflegung (öffentlich und privat) und in verarbeiteten Lebensmitteln ab 2021“ vereinbart. Bald zwei Jahre später fehlen die versprochenen Verordnungen für die Herkunftskennzeichnung in der Gemein­schaftsverpflegung und bei verarbeiteten Produkten noch immer.

Das Versprechen, mit 2023 die verpflichtende Herkunftskennzeichnung in Kraft zu setzen, wird gebrochen. Will man im Verlauf des nächsten Jahres tatsächlich eine Herkunftskennzeichnung einführen, müsste man ehestmöglich die notwendigen Verordnungen der EU zur Notifikation übermitteln. Bei einem abgeschlossenen Begutachtungsverfahren wäre das umgehend möglich.

Die FPÖ fordert seit Jahren eine lückenlose Herkunftskennzeichnung von Lebensmitteln, die unter anderem folgende Punkte erfasst: strenge Auslegung der EU-Primärzutatenverordnung, Herkunftskennzeichnung jener Produkte, die nur wenig verarbeitet sind, insbesondere auch für den tierischen Bereich, Herkunftskennzeichnung von Fleisch, Eiern und Milch in Großküchen. Ferner muss es auch eine bessere Unterstützung für freiwillige Kennzeichnungssysteme geben.

Wir Freiheitlichen werden zum Wohle der Bevölkerung auch in diesem Punkt weiter darauf drängen, dass diese Bundesregierung endlich zu arbeiten beginnt. Besser wäre es aber, zum Wohle der Bevölkerung, da Sie auch in diesem


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Bereich versagen, endlich den Weg zu Neuwahlen freizumachen und so anschließend auch die Herkunftskennzeichnung durch einen freiheitlichen Bundeskanzler mit seiner Regierungsmannschaft zur Umsetzung zu bringen. (Beifall bei der FPÖ sowie Bravoruf des Bundesrates Steiner. – Bundesrätin Grimling: Wart ihr nicht in der Regierung mit denen?)

15.11


Präsidentin Korinna Schumann: Ich darf Herrn Bundesminister Totschnig und Herrn Bundesminister Rauch herzlich im Bundesrat begrüßen. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie bei Bundesrät:innen der SPÖ.)

Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Huber. – Bitte, Frau Bundesrätin.


15.12.03

Bundesrätin Dipl.-Ing. Dr. Maria Huber (Grüne, Steiermark): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Herren Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen und liebe Zusehende, die Sie unserer Debatte hier folgen! Mit dieser Novelle des AMA-Gesetzes reformieren wir heute das System der Agrarmarketingbeiträge; das haben wir heute schon gehört.

Welche Aufgaben hat die AMA-Marketing aber eigentlich im Wesentlichen? Die erste Aufgabe – über diese ist hier schon sehr viel diskutiert worden – ist die Bewerbung landwirtschaftlicher Produkte und landwirtschaftlicher Leistungen. Die zweite Aufgabe der AMA-Marketing ist die Entwicklung von Gütesiegeln und deren Kontrolle, und die dritte Aufgabe ist die rollierende Agrarmarkt­analyse.

Was sind jetzt die wesentlichen Eckpunkte der vorliegenden Novelle, und ich glaube, hier hat es schon die eine oder andere Unklarheit auch bei den Kolleginnen und Kollegen der Opposition gegeben. (Bundesrat Schennach: Aber geh! – Heiterkeit der Rednerin sowie der Bundesrätin Grimling.) In Zukunft wird es sowohl Flächen- als auch Produktbeiträge geben. Zeitgleich mit der Einführung der Flächenbeiträge werden die Produktbeiträge gesenkt, je nach Marketingbedarf der Branche unterschiedlich stark.


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Und einen Punkt möchte ich hier in puncto Flächenbeiträge auch aufklären: Es ist nicht so, dass alle Flächen mit demselben Betrag bewertet werden, sondern Biodiversitätsflächen, Stilllegungsflächen und Almen werden mit einem deutlich reduzierten Betrag vorgeschrieben, das heißt, für eine Ackerfläche zahlt man 5 Euro pro Hektar und für ein Almgebiet beispielsweise nur 1 Euro pro Hektar. Das ist also schon ein deutlicher Unterschied, das möchte ich hier schon klarstellen.

Durch den Flächenbeitrag – das haben wir auch schon gehört – wird erstmals auch der Getreidesektor miteinbezogen, und damit schaffen wir es, die Finanzie­rung der AMA-Maßnahmen auf eine breitere Basis zu stellen. Genau das war ja auch eine Empfehlung des Rechnungshofes, die jetzt hier umgesetzt wird.

In der Vergangenheit gab es einen sehr großen Budgetüberhang, fast 80 Prozent kamen aus dem Fleisch- und Milchsektor. In Zukunft wird das etwas zurück­gedrängt werden. Das heißt, wir werden so ungefähr bei 60 Prozent liegen und erreichen damit auch ein besseres Gleichgewicht zwischen pflanzlichen und tierischen Produkten. Wir nähern uns damit ein kleines Stückchen der Ernährungs­pyramide an. Wir bewerben nicht mehr ausschließlich tierische Produkte, sondern auch pflanzliche Produkte wie Brot und Gebäck, und das ist gut so.

Warum braucht es überhaupt ein eigenes AMA-Marketing? – Auch das wurde ja hier schon sehr kontrovers diskutiert. In Österreich wird der Lebensmittel­einzelhandel im Prinzip von drei großen Playern dominiert. Wir haben im Lebens­mitteleinzelhandel die größten Verkaufsflächen pro Kopf in Europa, und was das heißt, sollte uns allen eigentlich klar sein. Das heißt Verdrängungswettbewerb, und dieser geht eindeutig zulasten unserer österreichischen Bäuerinnen und Bauern, die dieser Marktmacht ausgeliefert sind. Daher braucht es ein von der österreichischen Landwirtschaft gelenktes Gegengewicht in Form eines eigenen Agrarmarketings für österreichische Produkte mit rot-weiß-rotem AMA-Gütesiegel.


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Ein Punkt, der mir aber schon auch sehr wichtig ist, und das möchte ich hier deutlich ansprechen, ist: Wenn es um das AMA-Gütesiegel geht, dann müssen wir bei den Tierschutzkontrollen auch sehr genau hinschauen. (Bundesrätin Steiner-Wieser: Dann müsst ihr sie aber auch verschärfen und auch ... bestrafen!) Da müssen wir reagieren und da dürfen wir auch nicht wegschauen, denn wir dürfen das Vertrauen, das die Konsumentinnen und Konsumenten in das AMA-Güte­siegel setzen, nicht leichtfertig verspielen. Kollegin Wolff hat das ja vorhin schon erwähnt: 94 Prozent schätzen das AMA-Gütesiegel und vertrauen diesem– auf diese Zahl müssen wir achten!

Allerdings – und mir als Konsumentin ist es auch sehr wichtig, das an dieser Stelle zu sagen – haben auch wir Konsumentinnen und Konsumenten es in der Hand, wie Landwirtschaft in Österreich funktioniert, das heißt, auch wir haben es bei unserem täglichen Einkauf in der Hand, zu entscheiden, welche Produkte wir kaufen.

Abschließend hier auch noch ein Appell, gerade in der Vorweihnachtszeit: Kaufen wir bewusster, kaufen wir regionaler, kaufen wir mehr Lebensmittel in Bio­qualität (Bundesrätin Grimling: Wer es sich leisten kann!) und vor allem, und das ist mir wirklich sehr, sehr wichtig, genießen wir diese bis zum letzten Bissen und werfen wir sie nicht in den Müll! – Herzlichen Dank. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

15.16


Präsidentin Korinna Schumann: Zu einer abschließenden Stellungnahme hat sich Herr Bundesminister Totschnig zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Bundesminister.


15.17.06

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft Mag. Norbert Totschnig, MSc: Sehr geehrte Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Bundesrätinnen und Bundesräte! Zur bestmöglichen Bewerbung der qualitativ hochwertigen Lebensmittel unserer Bäuerinnen und Bauern braucht es ein effizientes und leistungsstarkes Marketing, vor allem in


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Zeiten, in denen die Regionalität bei Produkten an Bedeutung zugenommen hat und auch die Herkunftskennzeichnung bei der Kaufentscheidung der Konsu­mentinnen und Konsumenten an Bedeutung zunimmt.

Das Agrarmarketing spielt darüber hinaus eine wesentliche Rolle bei der Kom­munikation von landwirtschaftlichen und lebensmittelrelevanten Aspekten sowie zur Förderung und zur Steigerung des Absatzes von landwirtschaftlichen Produkten, denn gerade in Zeiten, in denen die Wettbewerbssituation zunimmt, in denen es immer wichtiger wird, am Markt zu differenzieren, braucht es ein klares Erkennungszeichen und natürlich auch die entsprechenden finanziellen Mittel.

Mit dem AMA-Gütesiegel ermöglichen wir einen mehrfachen Multiplikatoreffekt in der Wertschöpfung für die landwirtschaftlichen Produkte, wenn wir das in Relation zum eingesetzten AMA-Marketingbeitrag sehen. Wir sehen das vor allem bei der Vermarktung im Lebensmitteleinzelhandel oder in der Gastro­no­mie.

Es ist das Thema Transparenz angesprochen worden: Das AMA-Gütesiegel ist eines der transparentesten Gütesiegel, die es gibt. Ich möchte dazu die Maßnahmen anführen, die wir in den vergangenen Jahren gesetzt haben, um diese Transparenz und diese Offenheit zu unterstreichen: Es gibt einen jähr­lichen Bericht an die Europäische Kommission bezüglich des Mitteleinsatzes; es gibt einen jährlichen Bericht an den Nationalrat bezüglich der Aktivitäten der AMA-Marketing; jährlich gibt es natürlich die unterschiedlichen Kontroll­instanzen im Aufsichtsrat, im Kontrollausschuss oder durch die Bilanzprüfung. Darüber hinaus gibt es eine Implementierung des für Non-Profit-Unternehmen empfohlenen Wirkungsmodells und schließlich eine laufende Abtestung der Marketingmaßnahmen durch unabhängige Institute. Die AMA-Marketing wird also laufend mit Sorgfalt geprüft und erbringt höchste Transparenzstandards.

Um diese Erfolgsgeschichte fortschreiben zu können, ist eine zukunftsorientierte Weiterentwicklung des AMA-Gütesiegels durch eine Weiterentwicklung des


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Agrarmarketingbeitragssystems notwendig. Damit sichern wir die stärkste Marke für die bäuerlichen Betriebe, für die bäuerlichen Familienbetriebe in Österreich ab.

Ich komme zu den Neuerungen, die durch diese Novelle ermöglicht werden. Wir haben das schon von einigen Kolleginnen und Kollegen hier gehört. Erstens wird das AMA-Marketingbeitragssystem auf eine neue und breitere Grund­lage gestellt, damit wird eine fairere Mittelaufbringung erreicht. Wir folgen damit – das ist schon angeführt worden – einer Empfehlung des Rechnungs­hofes aus dem Jahr 2016. Konkret: Wir werden erstmals alle landwirt­schaft­lichen Nutz­flächen und damit die gesamte landwirtschaftliche Produktion in das Marke­ting­beitragssystem miteinbeziehen. Das ist ein notwendiger Schritt, auf den man seit vielen Jahren gewartet hat, und jetzt endlich wird das umge­setzt.

Wichtig war uns dabei eine ausgewogene Verteilung der Agrarmarketingbeiträge innerhalb der Landwirtschaft auf Basis des neuen allgemeinen Flächen­beitrags – wir haben es von Kollegin Dr. Huber gehört – und der produktbezogenen Beiträge; es ist ein Mehraufkommen von 9 Millionen Euro genannt worden. Es ist, wenn man es mit dem gesenkten Produktaufkommen gegenrechnet, ungefähr ein Drittel mehr gegenüber dem bisherigen Aufkommen. Wir reden da von 6,5 Millionen Euro. Man muss aber immer dazusagen– und das ist ganz wichtig –: Die Agrarmarketingbeiträge wurden seit ihrer Einführung im Jahr 1995 nicht angepasst. Das heißt, in den letzten 27 Jahren hat es da natür­lich einen massiven Wertverlust gegeben. Um weiterhin wirklich effektiv Werbung betreiben zu können und das Gütesiegel zu bewerben, braucht es eine Anpassung, die wir damit durchführen.

Mit der Novelle wird – zweitens – auch eine Ausweitung der Marketingmaß­nahmen gemeinsam mit den einzelnen Sektoren möglich, und zwar durch die Etablierung von Marketingmaßnahmen, beispielsweise über die Einbindung des Getreidesektors in das Marketingsystem, die Betonung der Leistungen der Almwirtschaft und die Stärkung des Marketings für Almerzeugnisse. Weiters


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geht es um den Ausbau der Qualitäts- und Herkunftssicherung, ein stärkeres Hervorheben der Bedeutung der Landwirtschaft für die Lebensmittel­ver­sor­gungssicherheit, den Ausbau des AMA-Gütesiegels auch für weitere Bereiche, beispielsweise die breite Etablierung des AMA-Gütesiegels für Brot und Backwaren, sowie eine vermehrte Kommunikation der vielfältigen Leistungen der Landwirtschaft für Umwelt, Natur, Klima und Tierwohl.

Mit dieser AMA-Novelle ermöglichen wir ein modernes Agrarmarketing, das die Leistungen unserer Bäuerinnen und Bauern in den Vordergrund rückt, und zwar so, wie sie es sich verdienen.

Darüber hinaus ist mit der Novelle auch eine Verwaltungsvereinfachung durch eine Vereinfachung in der Beitragseinhebung möglich. Es wird beispielsweise auf den jährlichen Mehrfachantrag abgestellt, um eine zusätzliche Meldung der landwirtschaftlichen Flächen zu vermeiden, oder eine Gegenrechnung der zu leistenden Agrarmarketingbeiträge, soweit möglich, mit den auszuzahlenden Förderungen. Das System der Beitragseinhebung und -abwicklung wird damit vereinfacht und Verwaltungslasten werden reduziert.

Ich komme zum Schluss und möchte hier auch den vergangene Woche bekannt gewordenen Fall in der Steiermark ansprechen. Es ist klar zu sagen, die Zustände in diesem steirischen Hühnermastbetrieb sind natürlich untragbar. Die AMA-Marketing hat sofort mit Schwerpunktaktionen und Spotaudits reagiert. Es ist klar, dass zudem die engmaschigen und risikobasierten Kontrollen verschiedener Stellen besser vernetzt werden müssen. Wir setzen weitere Schritte, damit ein derartiges Fehlverhalten bestmöglich verhindert wird.

Meine Damen und Herren, die vorliegende Novelle ist Ergebnis eines langen und umfassenden Abstimmungsprozesses mit der Interessenvertretung und den Branchen, die zukünftig in das Agrarmarketingbeitragssystem einzahlen. Ich danke an dieser Stelle allen für die konstruktive Diskussion, für die konstruktive Debatte – auch dem Koalitionspartner für den erfolgreichen Abschluss der Novelle. Das AMA-Gütesiegel, meine Damen und Herren, ist die zentrale Marke


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für die Landwirtschaft in Österreich, und wir stärken damit die bäuerliche Marke in der Landwirtschaft in Österreich.

Ich ersuche abschließend um Ihre Zustimmung. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesrät:innen der Grünen.)

15.24 15.24.11


Präsidentin Korinna Schumann: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Ich sehe, das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung. – Bitte nehmen Sie Ihre Plätze ein.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

15.24.454. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 14. Dezember 2022 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Einrichtung eines Covid-19-Lagers und über die Verfügung über Bundesvermögen bei Abgabe aus diesem Lager geändert wird (2960/A und 1885 d.B. sowie 11153/BR d.B.)

5. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 14. Dezember 2022 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Allgemeine Pensionsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungs­gesetz, das COVID-19-Zweckzuschussgesetz, das Bundesgesetz, mit dem zur Abdeckung des Bedarfes zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie Ermächtigungen zur Verfügung über Bundesvermögen erteilt werden, das


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Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948 und das Gesund­heitstelematikgesetz 2012 geändert werden (3020/A und 1886 d.B. sowie 11154/BR d.B.)

6. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 14. Dezember 2022 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz geändert wird (1887 d.B. sowie 11155/BR d.B.)

7. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 14. Dezember 2022 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird (2961/A und 1890 d.B. sowie 11156/BR d.B.)


Präsidentin Korinna Schumann: Wir gelangen nun zu den Tagesordnungs­punkten 4 bis 7, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Berichterstatterin zu den Punkten 4 bis 7 ist Frau Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger. – Ich bitte um die Berichte.


15.25.40

Berichterstatterin Claudia Hauschildt-Buschberger: Ich bringe den Bericht des Gesundheitsausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 14. Dezember 2022 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Einrichtung eines Covid-19-Lagers und über die Verfügung über Bundesvermögen bei Abgabe aus diesem Lager geändert wird.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher gleich zur Antragstellung.

Der Gesundheitsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage mehrstimmig den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.


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Ich bringe den Bericht des Gesundheitsausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 14. Dezember 2022 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversiche­rungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Allgemeine Pensions­gesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das COVID-19-Zweckzuschussgesetz, das Bundesgesetz, mit dem zur Abdeckung des Bedarfes zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie Ermächtigungen zur Verfügung über Bundesvermögen erteilt werden, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertrags­bedienstetengesetz 1948 und das Gesundheitstelematikgesetz 2012 geändert werden.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher gleich zur Antragstellung.

Der Gesundheitsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage mehrstimmig den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Ich bringe den Bericht des Gesundheitsausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 14. Dezember 2022 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz geändert wird.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher gleich zur Antragstellung.

Der Gesundheitsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage mehrstimmig den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Ich bringe den Bericht des Gesundheitsausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 14. Dezember 2022 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird.


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Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher gleich zur Antragstellung.

Der Gesundheitsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage mehrstimmig den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.


Präsidentin Korinna Schumann: Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Appé. – Bitte, Herr Bundesrat.


15.27.53

Bundesrat Ingo Appé (SPÖ, Kärnten): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer! Ich darf mit Tagesordnungspunkt 4 beginnen, mit der Änderung des Bundesgesetzes über die Einrichtung eines Covid-19-Lagers und über die Verfü­gung über Bundesvermögen bei Abgabe aus diesem Lager.

Das Covid-19-Lager-Gesetz wird bis 30.6.2023 verlängert und die Kosten­tragung über den Covid-19-Krisenbewältigungsfonds wird auch für das Jahr 2023 festgelegt. Weiters wird die Gruppe der Bedarfsträger um wichtige Einrichtungen erweitert. Daher ist dies eine grundsätzlich sinnvolle Maßnahme und erhält von uns die Zustimmung.

Unter Tagesordnungspunkt 5 erfolgt eine Verlängerung einer Vielzahl von Covid-19-Regelungen bis 30.6.2023. Teilweise werden da Regelungen verlän­gert, die wir scharf kritisiert haben, wie zum Beispiel die Kosten für die Beratung über Covid-Medikamente oder die Tests bei den Allgemeinmedizinern. Außerdem sind diese ständigen Verlängerungen nicht mehr tragbar. Daher erfolgt hier unsererseits keine Zustimmung zu diesem Tagesordnungspunkt.

Betreffend Tagesordnungspunkt 7, Änderung des Allgemeinen Sozialver­sicherungs­gesetzes: Damit soll die Möglichkeit der Nutzung des E-Rezeptes erweitert


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werden. Diese Erweiterung der Anwendung des E-Rezeptes ist für die Patien­tinnen und Patienten eine sehr sinnvolle Maßnahme und zum Vorteil derselben. Daher stimmen wir diesem Antrag ebenfalls zu. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich komme nun zum letzten noch offenen Punkt, zu Tagesordnungspunkt 6, der das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz betrifft: Die Verlängerung der Ausnahmebestimmungen zur Durchführung unterstützender Tätigkeiten bei der Basisversorgung auch ohne Absolvierung des entsprechenden Ausbildungs­moduls bis 30.6.2023 ist ebenfalls zu begrüßen, da diese Maßnahme aufgrund des akut herrschenden Personalmangels den derzeitigen Zustand nur ver­bessern kann; wir stimmen diesem daher zu.

Ich möchte aber im Rahmen dieses Tagesordnungspunktes einen Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Bundesrät:innen Ingo Appé, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Anerken­nung für die Leistung der Gesundheitsberufe durch Auszahlung eines beitrags- und steuerfreien Entgeltbonus zum Ausdruck bringen“

Die Regierung und Sie, Herr Bundesminister, haben am 12. Mai des heurigen Jahres die angeblich größte Pflegereform des vergangenen Jahrzehnts verkündet und 20 Maßnahmen angekündigt, die auch noch heuer hätten umgesetzt werden sollen. (Bundesrat Schennach: Nicht nur 800 Euro!) Wie so oft blieb es aber bei vielen dieser Maßnahmen nur bei Ankündigungen.

Bei der Präsentation der Pflegereform Mitte Mai stellten Sie, Herr Bundes­minister, einen durchschnittlichen Bonus in der Höhe eines Monatsgehalts in Aussicht, und es sollte sich um einen „spürbaren Nettoeffekt“ handeln – dies sagten Sie damals. Ich möchte aus diesem Anlass auch kurz einen Artikel vom 16.12.2022 aus der „Kleinen Zeitung“ zitieren, in dem festgestellt wird, dass schlussendlich von den 2 000 Euro nach Abzug aller Nebenkosten angeblich


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1 200 Euro für das Pflegepersonal übrig blieben. (Bundesrat Schennach: Eine katholische Zeitung sagt immer die Wahrheit!)

In diesem Artikel wird eine Kabeg-Mitarbeiterin zitiert, die mit dem Dezember­gehalt diesen Bonus nun erhalten hat, und die Gutschrift ist leider noch weiter geschmolzen. (Bundesrat Schennach: Meistens nur 800!) Sie sagt: „‚Mir wurde richtig schlecht, als ich den Lohnzettel gesehen habe. Aus den versprochenen 2000 netto wurden 1600 Euro brutto und dadurch rückten meine Kollegen und ich in eine höhere Steuerklasse. Statt wie üblich rund 930 Euro wurden mir dieses Monat über 2000 Euro abgezogen. Von der Prämie sind 840 Euro geblie­ben‘, sagt Astrid Kastner, die als Diplomkrankenschwester im Klinikum Klagenfurt beschäftigt ist. Vollbeschäftigt. ‚Wer 50 Prozent angestellt ist, kommt nur auf 375 Euro Bonus. Bei den Vollbeschäftigten schwankt der Bonus zwischen 800 und 840 Euro‘, so Kastner, die die Zahlen mit ihrem Lohnzettel belegte.“ (Bundesrat Schennach: So schaut’s aus!)

Wie sich herausgestellt hat, war dieser Pflegebonus eigentlich nur eine Mogel­packung, und für diese Mogelpackung ist der Bund verantwortlich, der mehr versprochen hatte, als er schließlich einhielt. Das Land Kärnten hat für die Auszahlung der Prämie 18 Millionen Euro vorgestreckt. Im ersten Quartal 2023 soll dies vonseiten des Bundes refundiert werden. Auch die anderen Bundes­länder haben diese Vorgangsweise gewählt, damit die Kolleginnen und Kollegen in der Pflege nicht auf der Strecke bleiben.

Herr Bundesminister, wälzen Sie die Versäumnisse des Bundes und den Schwar­zen Peter bitte nicht auf die Länder ab! Reparieren Sie diesen Lapsus gemeinsam mit dem Herrn Bundesminister für Finanzen, unsere Unterstützung dafür können wir garantieren! (Beifall bei der SPÖ.)

Die Regierung hat aber auch bei dieser Maßnahme wieder einmal nicht verstanden, dass die Versorgung der Menschen im Gesundheitssystem nur durch einen Behandlungsprozess, an dem alle Gesundheitsberufe und alle zuarbei-


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tenden Tätigkeiten beteiligt sind, erfolgen kann. Insbesondere bei den Gesund­heits­berufen zeigt die Praxis, dass eine Abgrenzung von Tätigkeiten nicht möglich ist und die Berufsgruppen eng zusammenarbeiten. Nur dadurch ist eine erfolgreiche Behandlung der Patienten gewährleistet. Eine Abgrenzung im Sinne des Entgelterhöhungs-Zweckzuschussgesetzes ist somit überhaupt nicht gerechtfertigt. (Vizepräsident Hirczy übernimmt den Vorsitz.)

Alle im Gesundheitssystem tätigen Berufsgruppen sind am Behandlungs- und Betreuungsprozess beteiligt, alle Berufsgruppen leiden unter Personalmangel, alle waren durch Corona von höchster Arbeitslast betroffen und sind es noch immer. (Bundesrat Schennach: Richtig!) Was ebenfalls bei allen Berufs­gruppen gleich vorkommt, ist, dass sich die Tätigkeitsbereiche überschneiden, wie zum Beispiel die Arbeit am und für den Menschen, die Kommunikations- und Beziehungsarbeit, der Erfolg für Patient:innen durch die Zusammenarbeit, die Verabreichung von Arzneimitteln und die Versorgung in Notfällen.

Anhand einiger Beispiele möchte ich dies noch eingehender erörtern: OP-Assistenz und OP-Pflege zeichnen für überschneidende Aufgaben verantwort­lich, wie etwa Lagerung oder Patientenidentifikation. Physiotherapie und Pflege haben die Mobilisation oder die Wiedererlangung von Beweglichkeit gemeinsam durchzuführen. Die Gemeinsamkeiten von Ergotherapie und Pflege finden sich in der Wiedererlangung und Förderung von Aktivitäten des täglichen Lebens wieder. Ebenso geht es bei der Diabetesberatung um gemeinsame Tätigkeiten von Diätologie und Pflege. Auch Hebammen üben pflegerische Tätigkeiten aus – und diese Liste könnte man noch lange fortsetzen.

Ebenso schmerzlich erscheint es, dass zahlreiche Gruppen, die seit Jahren im System Pflege ihr Bestes geben und dieses mit am Laufen halten, nicht im Entgeltbonus mitbedacht werden. (Beifall bei der SPÖ.)

Die unterfertigten Bundesrätinnen und Bundesräte stellen daher nachfolgenden


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Entschließungsantrag

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Soziales, Gesund­heit, Pflege und Konsumentenschutz und der Bundesminister für Finanzen werden aufgefordert, den Entgelterhöhungszuschuss für das Pflegepersonal für das Jahr 2022 – so wie es für den Teuerungsbonus vorgesehen ist, steuer- und beitragsfrei zur Auszahlung zu bringen und den Bezieher*innenkreis auf alle Gesundheitsberufsgruppen zu erweitern, die für den Behandlungsprozess und die Aufrechterhaltung des Systems Pflege erforderlich sind.“

*****

Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

15.37


Vizepräsident Bernhard Hirczy: Der von den Bundesräten Ingo Appé, Kollegin­nen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „Anerkennung für die Leistung der Gesundheitsberufe durch Auszahlung eines beitrags- und steuerfreien Entgeltbonus zum Ausdruck bringen“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger. – Bitte, Frau Bundesrätin.


15.37.32

Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger (Grüne, Oberösterreich): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Wir befinden uns im dritten Pande­mie­winter, was wir aber in Bezug auf das Infektionsgeschehen erleben, unter­schiedet sich von den bisherigen Situationen. Hatten wir es 2020 und auch 2021 hauptsächlich mit Covid-19-Infektionen zu tun, erleben wir jetzt zusätzlich eine Influenzawelle und Kinder leiden derzeit sehr unter RSV-Infektionen.


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Der Winter ist demnach ein denkbar schlechter Zeitpunkt, um die vielfältigen Coronagesetze im Gesundheitsbereich auslaufen zu lassen. Darum beschließen wir heute noch einige Verlängerungen bis Juni 2023, denn es gibt momentan durchaus viele Hinweise darauf, dass uns die Pandemie im kommenden Jahr nicht mehr als Pandemie begleiten wird, sondern dass wir endgültig in die endemische Phase übergehen. Auch die WHO spricht davon, dass dieser pandemische Zustand voraussichtlich 2023 endlich ein Ende finden wird. Wir wählen aber den vorsichtigen Weg und schauen uns das Ganze noch bis Ende Juni, bis 30.6.2023, an. Im besten Fall brauchen wir die wenigsten dieser Bestimmungen dann wirklich in der Praxis, oder noch besser: gar keine mehr. Bis 30.6. sollten wir aber zumindest vor­bauen und achtsam sein.

Welche Maßnahmen betrifft das nun im Konkreten? – Es betrifft die Möglichkeit zur Freistellung aufgrund eines Covid-19-Risikoattests, den Kostenersatz für ärztliche Honorare für Covid-Impfungen aus dem Krisenfonds, die Möglichkeit zur Abgabe von Antigentests in Apotheken, die Abgabe von Covid-Medika­menten über Apotheken und hausärztliche Apotheken. Für Pensionsbezie­her:innen, die aus Gründen der Pandemiebekämpfung ihre gesundheitsberufliche Erwerbstätigkeit neu aufnehmen, entfällt die vorzeitig bezogene Alterspension weiterhin nicht.

Weiters betrifft es die Zweckzuschüsse an die Länder für Abgaben im Zusam­menhang mit der telefonischen Gesundheitsberatung, den Impfstellen und den administrativen Aufwand für Testungen, die Verfügung über die Beschaffung von Covid-19-Impfstoffen, die zentrale Beschaffungsmöglichkeit von Covid-19-Heilmitteln, die Verlängerung des Fernrezeptes. Das bedeutet, die Zugriffs­mög­lichkeit für Apotheken auf E-Medikation durch bloße Eingabe der Sozialversiche­rungsnummer – eben ohne das Stecken der E-Card – wird bis zum 30.6. verlängert, weil es leider so ist, dass einige Apotheken noch nicht final auf die tauglichen Geräte umgestellt haben.


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Neu hinzu kommt: Wir novellieren das Gesundheitstelematikgesetz, da wird das E-Rezept auch noch um die sogenannten Privatrezepte erweitert. Wichtig ist aber an dieser Stelle gleich zu erklären: Privatrezepte sind nicht das, was ein Privatarzt oder eine Wahlärztin ausgestellt hat, sondern da geht es eben um nicht von der Sozialversicherung übernommene, aber verschreibungspflichtige Medikamente, die bis jetzt ganz klassisch über das Papierrezept abgewickelt werden mussten. Diese werden jetzt durch diese Novellierung ins E-Rezept mitaufgenommen. Das ist eine große Erleichterung und eine Aufwertung des E-Rezeptes.

Ich denke, das ist in Summe ein guter Maßnahmenmix, der sich auf der einen Seite durch Vorsicht auszeichnet, auf der anderen Seite aber sinnvolle neue Maßnahmen inkludiert. Ich ersuche daher um Zustimmung. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

15.41


Vizepräsident Bernhard Hirczy: Danke, Frau Bundesrätin.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Markus Steinmaurer. – Bitte, Herr Bundesrat.


15.41.45

Bundesrat Markus Steinmaurer (FPÖ, Oberösterreich): Herr Vizepräsident! Herr Minister! Liebe Kollegen und Kolleginnen im Bundesrat! Werte Zuseher und Zuseherinnen vor den Bildschirmen, auf der Galerie und im Internet! Die FPÖ-Bundesratsfraktion wird TOP 4 ablehnen, und ich darf Ihnen kurz erläutern, warum wir diesem Tagesordnungspunkt unsere Zustimmung verweigern wer­den.

Ich weiß nicht, wie Sie, werte Mitglieder der Regierungsfraktionen im Bundesrat, das den Österreicherinnen und Österreichern erklären wollen: Auf der einen Seite beschließen Sie heute die Verlängerung des Bundesgesetzes über die Ein­richtung eines Covid-19-Lagers, in dem 20 Millionen Dosen Impfstoff gelagert


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werden – noch dazu wurden Millionen Dosen verschenkt –, und auf der anderen Seite schaffen Sie wieder Impfdosen im Wert von 300 Millionen Euro an. Das wird wohl niemand in diesem Land verstehen. (Beifall bei der FPÖ.)

Wenn Sie, liebe Zuseher, glauben, das ist ein Scherz, dann muss ich Sie ent­täu­schen. So werden durch die Bundesregierung Hunderte Millionen Euro verbrannt, Steuergeld, das wir in einer Zeit höchster Inflation und Teuerung dringend für die Österreicherinnen und Österreicher benötigen würden. Da machen wir als Bundesratsfraktion sicherlich nicht mit. Sie verlassen mit diesem Beschluss die Einhaltung der Grundsätze der Sparsamkeit, Wirtschaftlich­keit und Zweckmäßigkeit – das ist weder richtig noch gerecht.

Zu TOP 5: Dieser Punkt beinhaltet nur eine Verlängerung der Covid-Maß­nahmen vom 31. Dezember 2022 bis 30. Juni 2023. Da ich zu Punkt 4 ausführlich unseren Standpunkt berichtet habe und sich unser Standpunkt diesbezüglich sicher nicht ändern wird, stimmen wir diesem Tagesordnungs­punkt nicht zu. (Beifall bei der FPÖ.)

Bei Tagesordnungspunkt 6 geht es wieder nur um Verlängerungen. Die Pan­demie ist zu Ende, deshalb brauchen wir keine Verlängerungen mehr!

Liebe Bundesregierung, dem Pflegepersonal – egal ob Pfleger oder Diplomkran­kenpfleger – wurde eine Einmalzahlung versprochen, geworden ist es dann nicht einmal die Hälfte. Anstatt sich mit Verlängerungen zu beschäftigen, halten Sie, liebe Bundesregierung, bitte Ihre Zusagen ein! (Bundesrat Steiner: Richtig!)

Zu Punkt 7: Das E-Rezept hat als Teil eines elektronischen Verwaltungssystems der gesetzlichen Sozialversicherung das papierschriftliche Rezept abgelöst – ganz nach dem Motto: Das Rezept läuft, nicht der Patient. Wir haben aber diesbezüglich noch Bedenken. Ihr Antrag wird als Modernisierungs- und Digitalisierungsschritt verkauft, wir Freiheitliche haben aber Bedenken hinsicht­lich Datenschutz sowie Ärzten und Ärztinnen, die über keine E-Card-Anbindung verfügen. Daher wird Punkt 7 abgelehnt. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

15.45



BundesratStenographisches Protokoll948. Sitzung, 948. Sitzung des Bundesrats vom 20. Dezember 2022 / Seite 72

Vizepräsident Bernhard Hirczy: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Franz Ebner. – Bitte, Herr Bundesrat.


15.45.13

Bundesrat Mag. Franz Ebner (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Ja, vieles deutet darauf hin, dass die Covid-19-Pandemie im kommenden Jahr endgültig in die endemische Phase übergehen wird. Das ist eine gute Nachricht. (Bundesrat Steiner: Guten Morgen!)

Das Virus hat sich dahin gehend verändert, dass wir damit leben können, und auch unser Gesundheitssystem scheint künftig damit fertigzuwerden. Aus diesem Grund versucht die Bundesregierung, einen guten Übergang vom Pan­demiezustand in den Normalzustand zu schaffen. Allerdings werden wir dabei nicht unvorsichtig, und das ist auch klug, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Wir befinden uns jetzt in dieser Übergangsphase, und anstatt alles von heute auf morgen über Bord zu werfen, müssen wir noch mit etwas Vorsicht und auch Voraussicht ins kommende Jahr gehen und weiter auf Sicht fahren. Wir beobachten daher die Entwicklungen bis Ende Juni 2023 weiter und verlängern einige Maßnahmen temporär, wie zum Beispiel das COVID-19-Lagergesetz. Das ist deshalb wichtig, weil es eine Rechtsgrundlage für die Bewirtschaftung des Bundeslagers über das heurige Jahr hinaus braucht, um (Bundesrat Steiner: Um Impfstoffe zu verschenken!) Schutzausrüstungen und medizinische Produkte weiterhin vorrätig zu haben und Güter auch weiterhin nach Zeitablauf unentgelt­lich an Pflegeeinrichtungen, Krankenanstalten und so weiter abgeben zu können.

Wir verlängern auch die Bestimmung, dass im Falle von Personalmangel Pflege­personal in Ausbildung eine Basisversorgung übernehmen darf. Es ist ja bekannt, dass der Pflegebereich unter Personalknappheit leidet – das war auch schon vor der Pandemie so –, daher ist es auch sinnvoll, wenn Menschen, die in der


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Basisversorgung arbeiten, die Ausbildung noch nicht ganz abgeschlossen haben müssen. Das hilft einerseits den zu Betreuenden und entlastet andererseits auch das Personal.

Ebenso wird es weiterhin Gratisimpfungen im niedergelassenen Bereich und Wohnzimmertests in den Apotheken geben. Dieses Angebot muss ja nicht in Anspruch genommen werden, aber es kann in Anspruch genommen werden.

Gleichzeitig laufen aber nicht mehr benötigte Maßnahmen aus, wie erst ver­gangene Woche die 3G-Regelungen in den Alten- und Pflegeheimen sowie in den Krankenhäusern – und auch das ist gut so.

Das heißt: Weiterhin benötigte Maßnahmen werden – wohlgemerkt mit Ablauf­datum – verlängert und nicht mehr benötigte Maßnahmen werden abgeschafft. Das ist ein guter Mittelweg, meine sehr geehrten Damen und Herren, den es in der aktuellen Übergangsphase von der Pandemie zur Endemie braucht.

Darüber hinaus – Kollegin Hauschildt-Buschberger hat das auch angesprochen – novellieren wir das Gesundheitstelematikgesetz, und das ist aus meiner Sicht ein ganz, ganz wichtiger Punkt, der auch auf der Höhe der Zeit ist. Mit der Covid-19-Pandemie hat auch das E-Rezept in Österreich Einzug gehalten. Wenn man es so bezeichnen will, ist es eines der wenigen positiven Resultate und ein wirklich gutes Beispiel dafür, welche Vereinfachungen Digitalisierung bringen kann, denn für die Patientinnen und Patienten bedeutet das E-Rezept einen Fortschritt, der ihnen viele Wege erspart, allerdings gab es bisher gewisse Ein­schränkungen. Künftig – und das ist eine weitere große Erleichterung – werden auch Medikamente ins E-Rezept aufgenommen, die zwar verschreibungs­pflichtig sind, aber nicht von der Krankenkasse übernommen werden, wie zum Beispiel Fiebersäfte für Kinder oder auch Verhütungsmittel. Diese mussten bisher noch über das klassische Papierrezept abgewickelt werden.

Der Schlüssel für dieses E-Rezept ist sinnvollerweise die E-Card. Auf der E-Card ist sozusagen nicht das Rezept gespeichert, sondern die E-Card bildet einen


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Schlüssel, damit sowohl die Ärzte als auch die Apotheker das E-Rezept abwickeln können. Das ist deshalb eine sinnvolle Maßnahme, weil alle Menschen über eine E-Card verfügen und auch Gruppen, die weniger mit digitalen Medien zu tun haben, da explizit nicht ausgeschlossen sind.

Es wird meines Erachtens wie schon gesagt ein guter Mittelweg in der aktuellen Phase der Pandemiebekämpfung begangen. Das bringt Sicherheit für den Fall der Fälle und gleichzeitig keine unnötigen Maßnahmen und Einschränkungen. Es bleibt der Leitspruch: So wenige Maßnahmen wie möglich, so viele wie not­wendig. Ich denke, das ist vernünftig, das ist ein guter Mittelweg. In diesem Sinne ersuche ich um Ihre Zustimmung. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

15.51


Vizepräsident Bernhard Hirczy: Vielen Dank, Herr Bundesrat.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Martin Preineder. – Bitte, Herr Bundesrat.


15.51.11

Bundesrat Martin Preineder (ÖVP, Niederösterreich): Geschätzter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben vier Tagesordnungspunkte, die sich direkt oder indirekt mit der Pandemie, mit Covid beschäftigen, unter einem zu behandeln, und es ist sicher leichter, eine Krise im Nachhinein – hoffen wir, dass wir von einem Nachhinein reden können – zu beurteilen, als just in time damit umzugehen.

Herr Kollege Steinmaurer, ich glaube, man kann im Nachhinein schon sagen, dass wir zu viel Impfstoff eingekauft haben und es nicht sparsam ist, was da passiert ist, aber man hätte vielleicht auch sagen können, man hat zu wenig eingekauft – und wer übernimmt dann dieses Risiko? (Bundesrat Spanring: 50 Mil­lionen! In anderen Ländern wirst du eingesperrt! In anderen Ländern bist du ein­gesperrt! – Zwischenruf der Bundesrätin Steiner-Wieser.) Das heißt, Sparsamkeit gegen Sicher­heit und Gesundheit aufzuwiegen muss man sich eben überlegen,


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und in Österreich haben eben Sicherheit und Gesundheit einen entsprechenden Stellenwert.

Ja, es sind vier Themenbereiche zu besprechen, beispielsweise betreffend die Lagerbewirtschaftung (neuerlicher Zwischenruf der Bundesrätin Steiner-Wieser), die Verleihung von Gütern an Bedarfsträger und auch den Bundesnotvorrat, der bewirtschaftet wird, und ich glaube, es ist auch gut, dass das in eine Verlän­gerung geht.

Tagesordnungspunkt 5 ist ein sehr breiter Bereich, und dort sieht man eben, welche Bereiche mit Maßnahmen bedacht wurden und wo es notwendig war, auch entsprechend zu lenken, nämlich im Bereich der Gratisimpfung, der Gratistests (Bundesrat Spanring: Du kaufst ja auch nicht ...! – Zwischenruf der Bundesrätin Steiner-Wieser), im Bereich, wie wir mit Risikogruppen umgehen. Es war auch wichtig, das Personal dort etwas zu unterstützen, indem Pensionisten arbeiten durften, ohne dass die Pension eingeschränkt wurde. Es gibt Telefon­beratung. Die Kosten, die die Länder und die Gemeinden durch die Testung hatten, werden entsprechend ersetzt. Es gibt die zentrale Beschaffung, die Freistellung bei Erkrankungen (neuerlicher Zwischenruf der Bundesrätin Steiner-Wieser) und – was heute auch schon angeführt wurde – das E-Rezept.

Es wäre – da kann man sagen, manchmal bringen Krisen auch Chancen – wahr­scheinlich nicht so schnell gekommen, wie es jetzt gekommen ist, nämlich dass ein Rezept elektronisch verwaltet wird. Ich habe das selbst erlebt, ich habe mich fast gewundert, wie einfach das geht, als ich bei meiner Hausärztin war. Sie hat mir gesagt: Du kriegst jetzt ein Rezept!, und als ich die Ordination verlassen habe, habe ich mir gedacht: Ui, ich habe jetzt kein Rezept bekommen. Ich bin wieder zurückgegangen und habe gefragt: Wo ist mein Rezept? – Antwort: Dein Rezept ist auf deiner E-Card. – Damit hätte ich zu jeder Apotheke fahren können, und jede Apotheke hätte mir mit dieser E-Card mein Rezept ausgestellt und damit auch die Medikamente gegeben.


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Dieses E-Rezept wird auch, und das betrifft Tagesordnungspunkt 7, entsprechend weiterentwickelt und noch breiter aufgestellt, damit es auch entsprechende positive Entwicklungen bei solchen Dingen gibt.

Bei Tagesordnungspunkt 6 geht es darum, dass Pflege- und Betreuungspersonal auch mit noch nicht abgeschlossener Ausbildung entsprechend eingesetzt werden kann.

Alle diese Bereiche werden wir verlängern, weil es eben gilt, Risiko und Sicher­heit abzuwägen. Es war – und ich hoffe: es war – die schwerste Krise, die die Zweite Republik erlebt hat. Ich danke all jenen, die im Gesundheitsbereich tätig waren und dort die wirklich sehr starken Herausforderungen entsprechend bewältigt haben.

Ich bitte um Ihre Zustimmung bei diesen vier Gesetzesvorlagen. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

15.55


Vizepräsident Bernhard Hirczy: Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Johannes Rauch. – Bitte, Herr Minister.


15.55.12

Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Sehr geschätzter Herr Präsident! Mitglieder des Bundesrates! Bei den Tagesordnungspunkten 4 bis 7 geht es im Wesentlichen darum, dass wir ein Gesetz betreffend ein Covid-19-Lager, das mit Jahresende ablaufen würde, bis 30.6 verlängern, und Ähnliches gilt für einen Teil der anderen Instrumente, die wir haben.

Grundsätzlich ist festzuhalten – es wurde schon gesagt –, dass wir uns ja in einem Übergang befinden. Das praktiziere ich schon seit Längerem. Ich darf in Erinnerung rufen, im Sommer – gegen dann noch eher heftigen Widerstand – die verpflichtende Quarantäne abgeschafft zu haben, als von Einzelnen die Pro­gnose gestellt worden ist, das würde uns alles auf den Kopf fallen und gehe sich


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nicht aus. – Natürlich ist es sich ausgegangen, weil ich einfach auch den europäischen Quervergleich gezogen habe: Was machen andere mit welcher Auswirkung? Selbiges gilt für die Nichtwiedereinführung der Maskenpflicht im Herbst – auch da war die Debatte eine große –, und dasselbe gilt auch für die Abschaffung der 3G-Regel in Alten- und Pflegeheimen und in Spitälern.

Das heißt, wir sind dabei, einen Übergang zu gestalten, brauchen aber noch, damit wir auch die rechtlichen Rahmenbedingungen schaffen können, die notwendig sind, um vom COVID-19-Maßnahmengesetz in den Normalzustand zu kommen, diese Übergangsphase bis 30.6., auch in Anbetracht dessen – das ist gesagt worden –, dass wir im heurigen Winter eine dreifache Krankheitslage haben: mit Covid, mit Influenza und mit den RSV-Infekten.

Das ist der Plan, so werden wir vorgehen. Jeder Monat, den wir es früher schaffen, ist auch gut. Wir haben den Variantenmanagementplan, entlang dessen wir vorgehen, und jetzt geht es einfach darum, sozusagen die Leitplanken bis 30.6. zu schaffen und diesen Übergang ordentlich zu gestalten. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

15.57


Vizepräsident Bernhard Hirczy: Danke, Herr Minister.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Christoph Steiner. – Bitte, Herr Bundesrat.


15.57.32

Bundesrat Christoph Steiner (FPÖ, Tirol): Es wird hier ganz locker-lässig über ein paar Millionen Steuergeld auf oder ab dahingeredet. Es sei schon noch erlaubt, zu dem COVID-19-Lagergesetz noch zwei, drei Dinge zu sagen, weil ich glaube, dass, wenn es um so viele Millionen Steuergeld geht, die Bürger schon wissen sollen, wofür es verwendet wird.

Mit dem COVID-19-Lagergesetz, Herr Minister, werden Sie heute von ÖVP, Grünen und SPÖ ermächtigt – wieder ohne Rechenschaft bei uns hier


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abzulegen –, die Impfstoffe zu verschenken, zu verscherbeln, zu verjubeln (Zwischenruf des Bundesrates Novak), zu verschachern – egal an wen, egal wohin. Sie brauchen keine Rechenschaft mehr abzulegen, an wen das geht, wie viel kassiert wurde, was der Schaden für den Steuerzahler war – völlig egal!

Worum geht es jetzt? – Wir haben derzeit 20 Millionen – das muss man sich vorstellen: 20 Millionen! – Impfdosen auf Lager – auf Lager! 27 Millionen haben wir in der Vergangenheit schon verjubelt, verschenkt, verschachert, verscher­belt, wohin auch immer – ich weiß es nicht. 27 Millionen haben wir verschachert. Und was machen wir jetzt? – Jetzt haben wir noch einmal Impfdosen um 300 Millionen Euro neu dazubestellt, obwohl das Graffel in ganz Österreich ja gar keiner mehr haben will. Kein Mensch will das noch haben! Das haben wir jetzt neu dazubestellt.

Was würden wir mit dem Geld im Gesundheitswesen denn nicht alles machen können, Herr Gesundheitsminister? – Überall kracht es: In allen Krankenhäusern, in den Bezirkskrankenhäusern brennt der Hut, bei den Landärzten brennt der Hut, im Pflegebereich brennt der Hut. Im Budget haben Sie für den Gesundheits­bereich gekürzt, aber Impfdosen um 300 Millionen Euro bestellen wir nach, die wir dann in ein Lager geben – und der Herr Minister kann sie dann verschenken, wenn sie keiner mehr braucht. Und das alles ohne jegliche Transparenz.

Woher kommt das jetzt? Warum machen wir das? – Ich glaube eh nicht, dass das der Minister einfach aus voller Überzeugung machen will, weil Sie alle von dem Kurs ja schon ein bisschen abgehen. Das kommt daher, weil wir ja die super­tollen geheimen Verträge mit Brüssel haben, und in diesen steht drinnen, dass wir verpflichtet sind, wieder Impfdosen zu kaufen. (Zwischenruf der Bundesrätin Zwazl.) Deshalb kaufen wir wieder diese Impfdosen um 300 Millionen Euro. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Bundesrates Köck.)

Das heißt, 20 Millionen sind auf Lager, die gerade beim Ablaufen sind oder schon abgelaufen sind. Einige wurden schon wieder verlängert oder werden


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noch verlängert. Ich habe nämlich wieder so ein tolles Schreiben von Ihnen mit (ein Schriftstück in die Höhe haltend), in dem es wieder um die Verlängerung geht.

Das heißt, wir haben insgesamt bis dato für 650 Millionen Euro an Steuergeld Impfungen gekauft, die wir jetzt dann verschenken werden, die aber auch keiner mehr haben will, auch nicht diejenigen, denen wir sie schenken würden, denn die brauchen sie auch nicht mehr. Das heißt, das Schlimme ist, es wird in den Bereichen, die die Impfung betreffen, die den ganzen Covid-19-Wahn betreffen, nur so mit Steuergeld um sich geschleudert, wobei man das Geld im Gesund­heitswesen selber, sprich bei der Behandlung, bei der Versorgung, bei der Primärversorgung, bei der Erstversorgung, im Rettungswesen, im kompletten Pflegewesen, weit dringender brauchen würde. Überall kracht es! Sie werden sich heute ja noch bei unserer Dringlichen erklären, Herr Minister.

Und was alles aufgeführt worden ist! Was alles aufgeführt worden ist! Es gibt den Bericht der Kinder- und Jugendanwaltschaft Tirol. Wir kennen die Kinder- und Jugendanwaltschaft ja überall, die gibt es in jedem Bundesland, und in Tirol hat es jetzt den Bericht (ein Exemplar des genannten Berichtes in die Höhe haltend) gegeben.

Herr Minister, ich sage Ihnen eines: Diesen Bericht zu lesen – ich weiß nicht, ob Sie aus einem Bundesland einen Bericht bekommen haben, aber ich hoffe schon und ich gehe stark davon aus – ist ganz, ganz schwere Kost. Wer sich vorge­nommen hat, diesen Bericht zu lesen – es gibt ihn in jedem Bundesland –, den bitte ich: Lest ihn wirklich durch! Da drinnen wird nämlich ganz klar und deutlich, erstens, was man mit den Kindern in dieser Zeit aufgeführt hat, und zweitens wird mehrmals darauf hingewiesen, dass die Kinder Schäden davongetragen haben – auch mit Zitaten von Kindern, die in der Kinder- und Jugendanwalt­schaft ganz frei von der Leber weg berichtet haben, wie es ihnen ergangen ist und wie es ihnen jetzt geht. Über ganz, ganz viele Seiten geht es um Corona, Herr Minister, und vielleicht lesen Sie sich das einmal durch, für die nächste Zeit dann, wenn Sie wieder in Versuchung kommen, Gesundheitsverordnungen und Gesundheitsmaßnahmen im Schulbereich zu etablieren – damit man diesen


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Bericht dann vielleicht im Hinterkopf hat. Ich lese nur kurz einen Absatz vor – ich zitiere –:

„Die Maskenpflicht an Schulen bewegte sehr viele Eltern. Die durchgehende Verpflichtung zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes bildet aus kinder­rechtlicher Sicht nicht das gelindeste Mittel, um die Ausbreitung des Virus zu minimieren. Eine Reduktion des Ansteckungsrisikos hätte durch einen Sitzplan mit fix zugeteilten Sitzplätzen erfolgen können, welcher in allen Unterrichtsfächern soweit als möglich eingehalten wird. Es wurde versucht“ – das ist das Traurigste an dem Ganzen – „die Bundesregierung auf die aus Sicht der Kinder- und Jugendanwaltschaft widersprüchlichen Rechtsgrundlagen hinzuweisen.“ – Es hat nicht gefruchtet! – „Ebenso war für uns nicht nachvoll­ziehbar, weshalb Schülerinnen und Schüler als einziger Gruppe keine Alternativen wie Mindestabstand, Trennwände oder sonstige für berufstätige Erwachsene vorgesehene Ausnahmen angeboten wurden.

Es wurden Unterstützungen und Schutzschirme in allen möglichen Bereichen eingeführt, aber eine Zielgruppe schien hier wohl vergessen worden zu sein: jene der Kinder und Jugendlichen. Das nahmen sowohl die Kija“ – Kinder- und Jugendanwaltschaft – „Tirol als auch die Kijas Österreich zum Anlass, um in Form von Stellungnahmen als auch Presseaussendungen und Pressekonferenzen darauf hinzuweisen und eine Unterstützung für diesen Bereich einzufordern“.

Leider Gottes, Herr Minister, leider Gottes ist nichts passiert. Es wird auch in diesem Bericht auf das Nichtpassieren eingegangen. Das ist nicht etwas, das der Steiner erfunden hat, sondern das ist nur das, was da herauszulesen ist. Ich sage euch: Wer das durchliest und vielleicht ein bisserl ein Gespür für die Kinder hat und sieht, was denen da in den letzten Jahren angetan worden ist, wer ein bisschen Verantwortung für sein Abstimmungsverhalten hier herinnen tragen möchte, der kann wahrscheinlich, glaube ich, nicht mehr gut schlafen – das sage ich euch auch. (Beifall bei der FPÖ.)


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Ich zitiere jetzt nicht aus dem Bericht, was die Kinder den Zuständigen in der Kinder- und Jugendanwaltschaft Tirol berichtet haben, denn dann wird uns schlecht. Eines aber noch, da schreiben sie über „Kinderrechte in der Pandemie“, und das sollte uns allen, insbesondere aber den handelnden Personen auf der Regierungsbank, in diesem Fall Ihnen, Herr Minister, zu denken geben – verges­sen Sie das nie wieder! –: „Der Internationale Tag der Kinderrechte steht heuer unter keinen besonders guten Vorzeichen. Gerade in der aktuellen Corona-Krise wird sichtbar, in wie vielen Bereichen“ – und jetzt kommt es – „die Rechte von jungen Menschen noch nicht ausreichend umgesetzt sind bzw. wie massiv“ die bestehenden Rechte „verletzt werden.“

Herr Minister Rauch, eines ist klar: nie wieder so einen Wahnsinn für unsere Kinder! (Beifall und Bravorufe bei der FPÖ.)

Deshalb ist für uns eines ganz klar, glasklar: zurück in den Normalbetrieb und keine Verlängerung des Krisenmodus, keine Verlängerung, Herr Minister, des Ausnahmezustandes! – Ihr aber macht mit den Beschlüssen heute wieder genau das Gegenteil, ihr macht ja mit diesem Wahnsinn munter weiter und tut so, als wäre nichts gewesen. (Bundesrat Preineder: Es hat keiner gesagt, dass nichts war!) Da haben wir ja wieder einen schönen Zettel (ein Schriftstück in die Höhe haltend) – ihr kennt den alle schon – vom Bundesamt für Sicherheit im Gesund­heitswesen. Da informiert der Herr Minister wieder alle Ärztinnen und Ärzte in ganz Österreich: „Wichtige Information des Bundesamtes für Sicherheit im Gesundheitswesen über die Verlängerung der Haltbarkeit von 15 Monaten auf 18 Monate von COVID-19 Vaccine“.

Ihr kennt es noch, früher ist da gestanden, welcher Impfstoff es ist, der verlän­gert wird. Jetzt hat sich der Minister gedacht: Nein, sonst haut mir das der Steiner wieder um die Ohren! Jetzt schreiben wir nur noch hin: „Chargen­bezeich­nung“, also „CV00001“, „CV00002“, „CV00003“. – Kein Problem: Ich habe es mir rausgegoogelt, es sind die üblichen verdächtigen Impfstoffe, also auch dieses Täuschungsmanöver ist ein wenig schwierig, Herr Minister. (Heiterkeit bei Bundesrät:innen der FPÖ.) Ich sage nur eines: Valneva ist auch wieder drauf. Der


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Valneva-Impfstoff läuft ja jetzt ab und wird wieder verlängert, obwohl 98 Prozent des lagernden und ausgelieferten Valneva-Impfstoffs in Österreich noch nicht einmal verimpft sind, und wir bestellen wieder Dosen um 300 Millionen Euro. Das ist ja wahnsinnig, das ist irre! (Zwischenruf der Bundes­rätin Zwazl.)

Kein Mensch kommt ja bitte auf die Idee – kein Mensch! –, Herr Minister (Zwischenruf bei der ÖVP), einen abgelaufenen Grippeimpfstoff, also einen von der Vorsaison, im nächsten Jahr zu verimpfen. Warum kommt kein Mensch drauf? – Ja, weil es nichts bringt! Der Grippeimpfstoff von diesem Jahr wird natürlich im nächsten Jahr nichts bringen, weil der Grippevirus mutiert ist. Deswegen gibt es schon seit Bestehen des Grippeimpfstoffes jährlich ange­passte Impfchargen und Impfungen. Bei der Coronaimpfung ist das aber anscheinend völlig wurscht, da verlängern wir auf Teufel komm raus, und sie wird nach wie vor wahrscheinlich sensationell wirken, Herr Minister (Beifall bei der FPÖ), aber das glauben halt auch nur noch Sie und ein paar Ihrer Bundesräte hier herinnen – wobei diese hinter vorgehaltener Hand ja auch schon sagen: Ich lasse mich nicht mehr impfen! (Bundesrat Schennach: Mander, jetzt isch Zeit! – Bundesrat Bader: Das wirst gerade du wissen!)

Es geht aber weiter, und zwar mit einem Brief, den ihr hier herinnen ja beschlossen habt, nämlich dem Auffrischungserinnerungsbrief (ein Schriftstück in die Höhe haltend). Da kommt zu mir in der Gemeinde ein 86-jähriger Herr mit diesem Zettel und sagt (Bundesrat Schennach: Du verschießt deine Munition!): Du bist ja da unten und du hast den Minister oft einmal neben dir sitzen, bitte übergib ihm den, ich brauche diesen Zettel nicht! – Dieser Herr ist 86 Jahre alt und hat sich leider Gottes in den Impfwahn treiben lassen. Ich sage jetzt nicht, was der für eine Tortur an Nebenwirkungen durchgemacht hat (Ruf bei der SPÖ: Geschwächtes Immunsystem!), aber der war kurz vor knapp, also der war wirklich dem Jenseits weit näher als hier bei uns – und dann trauen Sie sich, diesem Herrn noch so einen Zettel zuzuschicken. Wissen Sie, der war auf 180, wenn ich es jetzt sanft ausdrücke. Dann hat er mir den Zettel - - (Bundesrat Schennach:


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Aber er ist eh schon 80!) – Geh, tua amol zualosn, Herr Schennach, und nicht blöd über Sachen reden (Rufe bei der ÖVP: Hallo! – Zwischenrufe bei der SPÖ), die sich wahrheitsgemäß zugetragen haben. (Beifall bei der FPÖ.)


Vizepräsident Bernhard Hirczy: Bitte an die Redezeit denken!


Bundesrat Christoph Steiner (fortsetzend): Zuhören! (Bundesrat Schennach: Ich wollte nur sagen, dass du dein Pulver verschießt!)

Der hat mir den Zettel gegeben und gesagt, den kann sich der Minister - - Ich spreche jetzt diese Worte nicht aus, die dieser 86-jährige Herr verwendet hat, aber ihr könnt euch alle denken, was der Herr Minister mit diesem Zettel machen soll. Dieser Herr wird sich kein einziges Mal mehr impfen lassen, Herr Minister.

Das hört aber nicht auf: Sie sagen ja immer, das war alles so toll und so super, es ist nicht diskriminiert worden und es ist ja überhaupt nichts passiert in diesem Land. Interessanterweise hat es vor Kurzem eine tolle Studie von einem öster­reichi­schen Wissenschaftler gegeben. Ich weiß schon, es wird nicht gerne darüber geredet, deswegen lese ich jetzt vor, was da drinnen steht.


Vizepräsident Bernhard Hirczy: Bitte zum Schlusssatz kommen! (Bundesrätin Steiner-Wieser: Es gibt keine Redezeitbeschränkung!)


Bundesrat Christoph Steiner (fortsetzend): Herr Präsident, es gibt keine Rede­zeitbeschränkung. Sie können jetzt noch 25-mal versuchen (Zwischenrufe bei der FPÖ), mich zu unterbrechen. Ich werde meine Rede hier beenden, so wie ich es will. (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrätin Zwazl: Komm, lies vor!) Ob Sie mir jetzt dazwischenreden oder nicht, ist Ihre Geschichte, aber Sie können es ja weiterhin probieren. (Zwischenruf bei der ÖVP.)

Ich versuche es noch einmal, Herr Präsident. Ich zitiere: „Die Beobachtung, dass geimpfte Personen diejenigen diskriminieren, die nicht geimpft sind, dass es aber


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keinen Nachweis für das Gegenteil gibt, steht im Einklang mit Arbeiten zur Psychologie der Kooperation.“ (Ruf: Sinnlos!)

Und jetzt kommt es: „Eine in Nature veröffentlichte Studie mit dem Titel ‚Discriminatory Attitudes Against the Unvaccinated During a Global Pandemic‘ zeigt, dass Menschen, die gegen Covid-19 geimpft sind, eine negativere Einstellung gegenüber Ungeimpften haben als Ungeimpfte gegenüber Geimpf­ten. Die Ergebnisse der Studie basieren auf der Auswertung der Aussagen von mehr als“ – und jetzt kommt es – „15.000 Personen aus 21 Ländern. Die Autoren Alexander Bor [...]“ – von der Universität in Wien – „Frederik Jorgensen und Michael Bang Peterson (Universität Aarhus) kommen zu dem Schluss, dass dieses Verhalten das Pandemiemanagement behindern und in einigen Ländern zu einer stärkeren Spaltung der Gesellschaft führen könnte [...]“ als in anderen.

Dann geht es weiter, das ist sehr interessant, das können Sie alles nachlesen: „Die Untersuchung ergab, dass geimpfte Personen gegenüber ungeimpften Personen ebenso stark oder sogar noch stärker diskriminierend eingestellt“ sind. „Die Autoren der Studie schlagen vor“ – das ist jetzt für Sie wieder wichtig, Herr Minister –„dass die Behörden bei der Bewältigung großer sozialer Krisen“ – wie eben zum Beispiel der Covid-19-Geschichte –„vermeiden sollten, starke Feindseligkeit zwischen den Bürgern zu schüren.“ (Beifall und Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Das bringt uns jetzt schon zu dem Punkt: Genug ist nämlich genug, es ist jetzt genug gespalten, es ist jetzt genug gehetzt. Nur noch zur Erinnerung, was passiert ist (Zwischenruf des Bundesrates Krumböck): „Die Zügel [...] straffer ziehen“ (Bundesrätin Steiner-Wieser: Ungemütliche Weihnachten!), sagte der Herr Minister. Als er Kanzler war – jetzt ist er ja wieder Außenminister, davor war er Kanzler –, hat Herr Schallenberg gesagt, die „Zügel [...] straffer  ziehen“, und hat uns allen vor ungefähr einem Jahr von dieser Stelle aus ungemütliche Weih­nachten gewünscht. Ich sage euch, ich habe als Ungeimpfter noch nie so schöne Weihnachten gehabt wie letztes Jahr, aber das wird Herrn Schallenberg relativ wurscht sein (Beifall bei der FPÖ), denn er wurde dann, nachdem er kurz Kanzler


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war, ja wieder auf den warmen Außenministersessel gesitzt und darf ja wieder (Bundesrätin Zwazl – erheitert –: Gesitzt?) – also hingesetzt (Zwischenruf bei der FPÖ) – auf Steuerzahlerkosten um die Welt reisen und überall seine Geschichtln erzählen. (Bundesrat Preineder: Das ist der Job vom Außenminister!)

Dann haben wir noch Folgendes gehabt, und das ist jetzt interessant für alle in Niederösterreich, denn die haben eine Landeshauptfrau, die sich allen Ernstes hingestellt und gesagt hat: „Die Ungeimpften sind eine [...] Belastung für die Geimpften [...].“ – Diesen Satz muss man sich einmal vorstellen, das muss man sich – als Landeshauptfrau! – überhaupt trauen, zu sagen. Das war ein Skandal! (Beifall bei der FPÖ.)

Dann haben wir noch eine Ministerin gehabt, die dann bei Herrn Nehammer in Ungnade gefallen ist, Frau Landwirtschaftsministerin Köstinger – oder war es Frau Edtstadler?; ich weiß es ja eh schon nicht mehr, denn es ist in dieser Zeit so viel Wahnsinn geredet worden –, die gesagt hat, Politiker in Österreich hätten „Blut an den Händen“. (Zwischenruf des Bundesrates Schennach. – Bundesrätin Steiner-Wieser: Das war die Köstinger!)

Dann hat sich Frau Edtstadler noch allen Ernstes hingestellt und gesagt, Unge­impfte werden sich, wenn die Impfpflicht in Kraft ist, in Österreich unrechtmäßig aufhalten. – Na wenn diese Obergscheite nur bei den illegalen Migranten, die alle ins Land gelassen werden (Zwischenruf bei der FPÖ), so streng wäre, dann wäre uns geholfen. (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrätin Zwazl: ... noch zwei Dring­liche!)

Zu dem Covid-19-Lagergesetz bleibt eigentlich nicht mehr viel zu sagen, außer: Hören Sie auf mit dem Covid-Wahnsinn und arbeiten Sie – im Besonderen Sie, Herr Gesundheitsminister – für unser Gesundheitssystem! Wir werden uns damit aber um 17, 18 oder 19 Uhr noch weiter auseinandersetzen. (Zwischenruf des Bundesrates Schennach.)


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Zum Bundespflegegeldgesetz: Herr Minister, das ist alles andere als ein großer Wurf. Wie immer bei dieser Regierung, im Besonderen bei Ihnen, seit Amts­antritt zu beobachten: große Ankündigungen versus Realität. Das haut bei Ihnen nicht hin! Vor zwei Jahren habt ihr alle ganz fleißig – hier herinnen, auf den Balkonen, überall – dem Gesundheitspersonal applaudiert. Was ist außer dem Applaus übrig geblieben? – Nichts! Es ist nichts übrig geblieben. Nur: Von dem Applaus können sich die Pfleger und die Arbeitskräfte im Gesundheitsbereich nichts kaufen.

Dann haben Sie versprochen: Jetzt kommt der große Wurf, 2 000 Euro für das Gesundheitspersonal, für alle im Gesundheitsbereich wurden versprochen. Übrig bleiben jetzt, je nachdem wie die Arbeitsgeschichte gelagert ist, 600 bis 800 Euro netto. Das ist also – für die, die rechnen können – eine relativ große Differenz auf 2 000 Euro, und nicht alle Angestellten im Gesundheitsbereich bekommen das. Diese Frechheit kommt ja noch obendrauf, dass ja nicht einmal alle diese mickrigen 600 bis 800 Euro wert sind, wobei Sie ja 2 000 Euro versprochen hätten, Herr Minister. Das ist das Traurige!

Sich dann noch so hinzustellen und das so zu verkaufen, dass pflegende Angehörige jetzt einen so tollen Pflegebonus bekommen: Das klingt ganz gut, aber bei näherer Betrachtung, Herr Minister, ist es eine Pflanzerei. Wissen Sie warum? – Entweder Sie haben es absichtlich gemacht oder aufgrund von Unwissenheit, ich bin mir bei Ihnen nicht sicher, aber den Pflegebonus bekom­men nur jene Personen, die pflegen und mit der zu pflegenden Person im selben Haushalt leben. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Ja, wissen Sie, wie oft es der Fall ist, dass ein Neffe, ein Enkel oder sonst jemand pflegt, aber nicht im selben Haushalt lebt? (Beifall bei der FPÖ.) Das ist eine bodenlose Frechheit, der bekommt gar nichts! Der lebt ja vielleicht nicht absichtlich nicht im selben Haushalt. Vielleicht sind die Begebenheiten einfach so, dass es gar keinen Platz gibt, um beim zu Pflegenden einzuziehen.

Dann kommt noch der Wahnsinn, das ist großartig verkauft worden: 1 500 Euro Pflegebonus! – Das sind läppische 125 Euro im Monat (Ruf bei der FPÖ: 4 Euro


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am Tag!), 4 Euro am Tag! Ja, was soll denn das? Das ist eine Pflanzerei! Und es bekommt sie nicht einmal jeder! Das ist ja ein Wahnsinn! (Beifall bei der FPÖ.) Es muss uns ja bewusst sein, was gerade in Österreich passiert. Wir haben momentan 950 000 zu Pflegende. Wenn wir die pflegenden Angehörigen nicht hätten und alle ihre Angehörigen ins Pflegeheim schicken würden, na dann würde ich mir anschauen, Herr Minister, wie schnell das dann gehen würde, dass es nicht 125 Euro im Monat sind, die jemand, der jemanden zu Hause pflegt, bekommt, sondern dass ein ordentliches Gehalt gezahlt wird, denn das ist ein Knochenjob. (Beifall bei der FPÖ.) Wir müssen dankbar für jeden einzelnen pflegen­den Angehörigen sein, den es in Österreich gibt.

Was ist passiert? Was ist das Hauptproblem in der Pflege? – Das ist ja nach­weislich so passiert: Mit eurer Ankündigung des Impfzwangs und mit eurem 3G-Wahnsinn in den Krankenhäusern, in den Pflegeheimen, in den Spitälern haben zig Pflegekräfte den Hut draufgehauen, die machen jetzt irgendwo in der Industrie etwas anderes und gehen uns jetzt ab. Die gehen uns in der Pflege ab. Das war ausgebildetes Fachpersonal, bitte schön, die wir, nicht wir, die Sie mit Ihrem Impfzwang aus dem Beruf gejagt haben. (Beifall und Zwischenruf bei der FPÖ.)

Was ist noch weiter passiert? – Es gibt genügend Fälle, ihr werdet das wissen: Diplomkrankenschwestern haben den Dienst quittiert und sind in Impfstraßen und Teststraßen gegangen. Ja, wissen Sie, warum? – Wenn man von 8 Uhr bis 16 Uhr in der Teststraße Dienst versehen hat, hat man mehr verdient, als wenn man Nachtdienst im Krankenhaus oder im Pflegeheim versehen hat. Und das ist wohl der Oberwahnsinn gewesen, was da passiert ist! (Beifall bei der FPÖ.)

Herr Minister Rauch, die 3G-Regel ist nicht gefallen, weil Sie erkannt haben, dass es sie nicht mehr braucht. Die 3G-Regel in den Krankenhäusern ist nur deshalb gefallen, weil Ihnen die Ärzte und die Pfleger so einen Druck gemacht haben, weil sie gesagt haben: Nicht mehr mit uns! Keine vierte Impfung!


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Jetzt haben Sie noch im Sinn, ad hoc und ganz schnell eine sechste Urlaubs­woche einzuführen. Eine sechste Urlaubswoche für Angestellte im Gesundheits­bereich ist zu begrüßen, aber, Herr Minister Rauch, Sie machen das unkoordi­niert, so wie Frau Gewessler ihre Klima- und Energiepolitik betreibt – darauf kann ich jetzt aber nicht eingehen. (Bundesrat Schennach: Das musst du uns schon erklären!) Was passiert dann? – Wir haben gerade erklärt bekommen, wir haben zu wenig Pflegekräfte, wir haben zu wenig Gesundheitspersonal. Wie soll denn ein Dienstplan in einem Krankenhaus geschrieben werden, wenn es eine sechste Urlaubswoche gibt? Das ist unmöglich, da bleiben die Dienstpläne leer, Herr Minister Rauch. Das geht nicht ad hoc, das muss man in eine Übergangsphase überführen, da muss man schauen, dass man genug Personal hat, und erst dann kann man eine sechste Urlaubswoche einführen.

Sie haben auch noch die tolle befristete Gehaltserhöhung erklärt. Dazu muss man sagen: Eine befristete Gehaltserhöhung ist befristet und noch dazu ist diese Gehaltserhöhung steuerpflichtig. Herr Minister Rauch, das ist wieder ein Versprechen ohne Realitätsbezug, wieder haben Sie etwas versprochen, das Sie nicht halten werden. Mir wäre am liebsten, Sie treten zurück und es kommt jemand, den man wirklich beim Wort nehmen kann.

Ich gebe Ihnen jetzt den Bericht der Kinder- und Jugendanwaltschaft Tirol, lesen Sie ihn durch und sorgen Sie dafür, dass mit den Kindern bei uns im Land nie wieder so umgegangen wird wie in den letzten zwei Jahren! – Danke. (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrat Steiner überreicht Bundesminister Rauch den genannten Bericht. – Zwischenruf der Bundesrätin Schartel.)

16.21 16.21.47


Vizepräsident Bernhard Hirczy: Ich weise darauf hin, dass wir die Mandatare an die freiwillige Redezeitbeschränkung erinnern. Wir bedanken uns bei jenen, die sich auch daran halten. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen sowie des Bundesrates Arlamovsky. – Die Bundesrät:innen Schartel und Steiner: Es gibt keine Redezeit­beschränkung!)


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Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? (Ruf bei der ÖVP: Nein, jetzt kommt die Dringliche!) – Dies ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen. (Neuerlicher Zwischenruf des Bundesrates Steiner.)

Wir kommen zu den Abstimmungen, die über die gegenständlichen Tages­ordnungspunkte getrennt erfolgen. – Bitte nehmen Sie Ihre Plätze ein.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 14. Dezember 2022 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Einrichtung eines Covid-19-Lagers und über die Verfügung über Bundesvermögen bei Abgabe aus diesem Lager geändert wird.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 14. Dezember 2022 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz und weitere Gesetze geändert werden.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 14. Dezember 2022 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz geändert wird.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu


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erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

Es liegt ein Antrag der Bundesräte Ingo Appé, Kolleginnen und Kollegen auf Fassung einer Entschließung betreffend „Anerkennung für die Leistung der Gesundheitsberufe durch Auszahlung eines beitrags- und steuerfreien Entgelt­bonus zum Ausdruck bringen“ vor. Ich lasse über diesen Entschließungsantrag abstimmen.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Entschließungs­antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Dies ist die Stimmenminderheit. Der Antrag auf Fassung der gegenständlichen Entschließung ist somit abgelehnt.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 14. Dezember 2022 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

16.24.418. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 14. Dezember 2022 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Zahnärztegesetz und das Zahnärztekammergesetz geändert werden (Fachzahnarzt-Kieferorthopädie-Gesetz – FZA-KFO-G) (2962/A und 1888 d.B. sowie 11157/BR d.B.)

9. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 14. Dezember 2022 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Ärztegesetz 1998 geändert wird (Ärztegesetz-Novelle 2022) (3014/A und 1889 d.B. sowie 11158/BR d.B.)



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Vizepräsident Bernhard Hirczy: Wir gelangen nun zu den Tagesordnungs­punkten 8 und 9, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Berichterstatterin zu den Punkten 8 und 9 ist Frau Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger. – Ich bitte um die Berichte.


16.25.10

Berichterstatterin Claudia Hauschildt-Buschberger: Ich bringe den Bericht über den Beschluss des Nationalrates vom 14. Dezember 2022 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Zahnärztegesetz und das Zahnärztekammergesetz geändert werden.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher gleich zur Antragstellung.

Der Gesundheitsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage einstimmig den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Ich bringe den Bericht über den Beschluss des Nationalrates vom 14. Dezember 2022 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ärztegesetz 1998 geändert wird.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher gleich zur Antragstellung.

Der Gesundheitsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage mehrstimmig den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.


Vizepräsident Bernhard Hirczy: Danke, Frau Bundesrätin.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Ingo Appé. – Bitte, Herr Bundesrat.



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16.26.07

Bundesrat Ingo Appé (SPÖ, Kärnten): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bun­desminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Ich werde versuchen, zu den nächsten beiden Tagesordnungspunkten nicht viel zu reden, aber doch viel zu sagen. (Heiterkeit und Beifall bei Bundes­rät:innen der SPÖ sowie Beifall bei Bundesrät:innen von ÖVP und Grünen.)

Bezüglich Zahnärztegesetz und Zahnärztekammergesetz: Dieses Gesetz wurde bereits einmal beschlossen, konnte jedoch aufgrund der Nichtzustim­mung einiger Länder nicht in Kraft treten. Grund dafür waren die Regelungen betreffend Ausbildungsstätten. Das sollte anders geregelt werden als bei den Humanmedizinern. Dies wurde nun repariert, und daher stimmen wir dieser Vorlage zu.

Zum zweiten Gesetzentwurf: Der Antrag enthielt ursprünglich sinnvolle Verwal­tungsvereinfachungen für die grenzüberschreitende notärztliche Versorgung. Im Nationalratsausschuss wurde ein 39 Seiten umfassender Abänderungsantrag eingebracht. Er regelt insbesondere die Ausbildungsstätten, das wurde aufgrund einer höchstgerichtlichen Entscheidung notwendig. Darüber hinaus wurden aber noch zahlreiche andere Bestimmungen geändert.

Der gesamte, umfangreich geänderte Entwurf wurde natürlich wieder nicht in Begutachtung geschickt. Diese Vorgangsweise ist abzulehnen und daher erfolgt von unserer Seite keine Zustimmung. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

16.27


Vizepräsident Bernhard Hirczy: Danke, Herr Bundesrat.

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger. – Bitte, Frau Bundesrätin. (Bundesrat Schennach: Das kannst du jetzt nicht schönreden!)



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16.27.53

Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger (Grüne, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Wir diskutieren jetzt eigentlich zwei Gesetzesbeschlüsse, die auch ein bisschen aufzeigen, wie klein­teilig das österreichische Gesundheitswesen ist. Wie Sie sich alle erinnern, liebe Kolleginnen und Kollegen, haben wir das Fachzahnarzt-Kieferorthopädie-Gesetz hier im Bundesrat schon vor der Sommerpause einstimmig beschlossen. Aufgrund der Nichtzustimmung von drei Bundesländern – Kollege Appé hat es gerade gesagt, es waren Wien, Kärnten und das Burgenland – konnte dieses beschlossene Gesetz nicht kundgemacht werden. Heute werden wir daher erneut den Fachzahnarzt für Kieferorthopädie auf den Weg bringen.

Warum erneut? – Wir erinnern uns: Zuerst hat man sich im Nationalrat mittels Entschließung einstimmig dazu verpflichtet, diese Art des Facharztes einzu­führen. Dann wurde im Gesundheitsausschuss des Nationalrates einstimmig ein entsprechender Entwurf aus dem Gesundheitsministerium beschlossen. Dann wurde im Plenum des Nationalrates – wiederum einstimmig – ein entsprechen­der Beschluss gefasst. Dann haben wir hier im Bundesrat, es war am 29. Juni, den entsprechenden Beschluss nochmals einstimmig bestätigt.

Was ist danach passiert? – Drei Tage vor Ende der Einspruchsfrist der Bundesländer betreffend diese Gesetzesmaterie war es plötzlich so, dass drei Bundesländer wie schon erwähnt einen Einspruch angemeldet haben, zwei davon sogar ohne jegliche Begründung. Das ist der Grund, warum wir diesen Gesetzentwurf heute nochmals beschließen müssen.

Ich glaube, so ehrlich und so transparent sollten wir schon sein und sagen, warum wir das heute noch einmal machen. Dabei ist es gar nicht so sehr um das Inhaltliche gegangen, sondern es ist einzig und allein darum gegangen, dass ein Bundesland offensichtlich momentan eine Auseinandersetzung mit der Ärzte­kammer hat.


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Aber gut, wir werden das heute hoffentlich wieder einstimmig beschließen, und ich gehe davon aus, dass dieses Mal alle Bundesländer mit an Bord sind und wir endlich in der Frage dieses Facharztes in Europa ankommen. In fast allen anderen europäischen Ländern gibt es diese Facharztausbildung nämlich schon, nur hier in Österreich gibt es sie bis dato nicht.

Der zweite Beschluss betrifft das Ärztegesetz. Ja, das ist richtig, das haben wir gestern auch im Ausschuss gehört, der entsprechende Abänderungsantrag ist nur etwas mehr als 24 Stunden vor der Sitzung des Gesundheitsausschusses des Nationalrates übermittelt worden. Der Abänderungsantrag hat tatsächlich fast 40 Seiten. Das sind 26 Seiten Erläuterungen und 14 Seiten Gesetzestext und Gesetzesmaterie. (Bundesrat Schennach: Ziemlich seriöse Vorgangsweise!)

Warum ist das Ganze – jetzt komme ich nämlich dazu, Herr Kollege Schennach – so umfangreich? – Weil diese Novellierung sehr kleinteilig und detailliert ist, und weil es darum geht, wie wir in Zukunft die Ausbildungsstätten und die Ausbil­dungsordnung in den einzelnen Bundesländern wieder möglichst einheitlich organisieren werden. Hätten wir das nicht so detailliert gemacht, dann wäre es passiert, dass eben ab 1. Jänner die Ausbildung im Extremfall in den neun Bundesländern in neunmal verschiedener Art und Weise umgesetzt worden wäre.

In der Sache ist dieses Gesetz genau das, was wir eigentlich alle miteinander haben wollen. (Beifall bei Bundesrät:innen von Grünen und ÖVP.) Wir setzen gemeinsame, einheitliche Standards für die österreichische Medizinerinnen- und Medizinerausbildung, wir setzen Qualitätsstandards, und wir schauen auch, dass die Kompetenzen für die Medizinerinnen und Mediziner dementsprechend klar, detailliert im Gesetz ihren Niederschlag finden. Daher ersuche ich um breite Zustimmung. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)

16.31


Vizepräsident Bernhard Hirczy: Danke, Frau Bundesrätin.


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Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Marlies Steiner-Wieser. – Frau Bundesrätin, ich erteile Ihnen das Wort. Bitte sehr.


16.32.01

Bundesrätin Marlies Steiner-Wieser (FPÖ, Salzburg): Herr Vizepräsident! Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir behandeln bei den Tagesordnungs­punkten 8 und 9 zwei wesentliche Gesetzesänderungen. Was die Änderungen des Fachzahnarzt-Kieferorthopädie-Gesetzes anbelangt, wird eigentlich eine langjährige Forderung von uns Freiheitlichen endlich umgesetzt. Selbstverständ­lich werden wir dem unsere Zustimmung erteilen.

Was wir nicht unterstützen, sind die Änderungen im Ärztegesetz. Abgesehen davon, dass es ein Wahnsinn ist, dass ein Gesetz ohne Begutachtung auf den Weg geschickt wird, gibt es von unserer Seite auch inhaltliche Kritikpunkte dazu.

Es wird mit der heutigen Beschlussfassung ein weiteres Gesetzesflickwerk geschaffen. Anstatt dass man bundesweit einheitliche Regelungen schafft, wird es nämlich in Zukunft einen Wildwuchs von Regelungen geben, je nach Bundesland. Der Spielraum für die einzelnen Bundesländer betreffend Interpreta­tionen und Auslegungen ist ja sehr groß, und das wird am Ende des Tages zu mehr Verwirrung führen, statt dass wir eine gute Lösung haben. Einer ordent­lichen Qualitätssicherung ist das nicht gerade dienlich.

Herr Minister, Sie sollten sich eigentlich einerseits darum kümmern, dass die Arbeitsbedingungen für die Ärzte, das Pflegepersonal und die Mitarbeiter verbessert werden, andererseits haben Sie aber auch dafür Sorge zu tragen, dass die medizinische Versorgung für die Bevölkerung optimiert und auch in Zukunft garantiert wird.

Was wir momentan vorfinden, ist ja eine Katastrophe. Unser Gesundheits- und Pflegesystem bricht zunehmend zusammen. Wir werden heute bei der Dring­lichen Anfrage an Sie noch ein bisschen heftiger darüber diskutieren. Was wir momentan vorfinden, ist eine Politik des Stillstandes. Die schwarz-grüne


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Regierung erkennt zwar die Probleme, weigert sich aber, diese Probleme zu lösen. Lieber betreibt man eine Vogel-Strauß-Politik, steckt den Kopf in den Sand.

Was ich überhaupt nicht verstehe, ist, dass man in solch einer Situation alle guten Vorschläge von uns Freiheitlichen und auch von allen anderen Opposi­tions­parteien einfach abwürgt, vom Tisch fegt. Diese wurden im Ausschuss auf den Sankt-Nimmerleins-Tag vertagt und versenkt. So werden wir in Österreich sicherlich nicht weiterkommen, weder im Bereich der Pflege, noch gegen den Ärztemangel und schon gar nicht im Bereich einer Leistungshar­monisierung. (Beifall bei der FPÖ.)

Herr Minister, kümmern Sie sich auch darum, dass Sie Ihr Versprechen einhal­ten und den Mitarbeitern im Gesundheits- und Pflegebereich den versprochenen Bonus in Höhe von 2 000 Euro in voller Höhe auszahlen! Anstatt Millionen in sinnlose Impfkampagnen zu stecken, sollte den Mitarbeitern im Gesundheits- und Pflegebereich der nötige Respekt und die nötige Wertschätzung entgegen­gebracht werden.

Was Ihre Impfkampagnen anbelangt, sind wir mittlerweile schon zur Lach­nummer Nummer eins in Amerika, in den USA geworden. (Ruf bei der ÖVP: In Amerika! – Bundesrat Schennach: In Salzburg, ist wichtig!) Nicht nur, dass diese Werbungen geschmacklos sind. Ich zeige Ihnen hier ein Video, das mir meine Cousine aus Oregon geschickt hat und das auch von einem Lungenfacharzt aus den USA verbreitet wird. (Die Rednerin hält ein Smartphone in die Höhe. – Bundes­rat Schennach: Nein, das können wir nicht sehen! Bitte auf die Videowall! – Bundes­rat Schreuder: Na ist klar! Siehst du das? – Bundesrat Schennach: Ja, ich seh’s eh! – Ruf bei der SPÖ: Ich kannʼs nicht sehen!)

Dieses Video ist eine geschmacklose Werbung unseres Gesundheits- und Sozial­ministers, da wird mit der Spritze Werbung gemacht. (Bundesrat Schennach: Videowall, Videowall!) Da wird eine Ungeimpfte in einem Taxi entführt, weil sie ungeimpft wird (Bundesrat Schreuder: Sie wird umgeimpft! – Heiterkeit und weitere


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Zwischenrufe bei Grünen und SPÖ) und daher zwangsweise, so scheint es, zu einer Impfung abtransportiert wird. Was soll das für ein Bild machen?

Im Video steht noch ein Text dabei, dass das aus der Stadt Wien ist oder aus Österreich (Zwischenrufe bei SPÖ und Grünen – Bundesrat Schreuder: ... Österreich! – Bundesrat Schennach: In Wien tun wir das nicht!), dazu ein englischer Text von einem amerikanischen Lungenfacharzt. Die glauben, dass die ganzen braunen Manderln hier in Österreich wieder herumhüpfen, verursacht durch Gesundheitsminister Rauch. – Vielen Dank dafür, dass wir zur Lachnummer in Amerika wurden! (Beifall bei der FPÖ. – Ruf bei der SPÖ: ... Salzburg! – Bundesrat Schennach: Aber in Wien wird so was nicht gemacht! – Ruf bei der SPÖ: Wir sind besser!)

16.36


Vizepräsident Bernhard Hirczy: Danke, Frau Bundesrätin.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dr. Karlheinz Kornhäusl. – Bitte, Herr Bundesrat. (Bundesrat Schennach: Vielleicht machen Sie es in der Steiermark!)


16.36.27

Bundesrat Dr. Karlheinz Kornhäusl (ÖVP, Steiermark): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Nach dieser Büttenrede mit Themenverfehlung möchte ich jetzt ganz kurz zu den eigentlichen Punkten dieses Tagesordnungspunktes kommen. (Uh-Rufe bei der FPÖ.)

Täglich grüßt das Murmeltier: Dieses Thema Zahnärztegesetz (Bundesrätin Steiner Wieser: Facharzt Zahnarzt!), Facharzt für Kieferorthopädie, hatten wir schon im Nationalrat und im Bundesrat. Wie schon gesagt wurde, haben kurz vor Ende der Einspruchsfrist drei Bundesländer das leider ohne Begründung – zumindest zwei davon, das ist auch mutig – wieder zurückgeworfen, sodass es heute wieder hier ist, dem Vernehmen nach wird das aber heute auch vom


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Bundesrat durchgewunken (Bundesrat Schennach: Wieder!) – wieder durchgewunken.

Zwei Punkte bezüglich Ärztegesetz möchte ich noch hervorheben. Das eine ist etwas zutiefst Positives, nämlich die grenzüberschreitenden Notarztdienste. Da geht es letzten Endes um nichts anderes als um eine Erleichterung der Möglichkeit, Notarztdienste vor allem in den Grenzregionen in den Bundeslän­dern Salzburg, Tirol, Vorarlberg und Oberösterreich zu absolvieren. Das ist etwas, das wir im Sinne der notärztlichen Versorgung nur begrüßen können.

Dann wäre da ein Punkt, der mir persönlich wichtig ist, weil er mich schon seit vielen, vielen Jahren begleitet. Es ist das Thema mit den Ausbildungsstätten und den Ausbildungsstellen. Ja, wir haben das im Ausschuss diskutiert, und ja, ich habe die Kritik bezüglich dieser de facto nicht vorhandenen Begutachtungsfrist gehört und verstehe sie natürlich auch.

Ich erzähle es aber auch hier noch einmal: Ich selber war über acht Jahre in der Ausbildungskommission der Österreichischen Ärztekammer tätig. (Bundesrat Schennach: Sehr gut!) Das ist jene Kommission, die sich einmal im Monat trifft, um zu schauen, an welchen Ausbildungsstätten welche Ausbildungsstellen in welcher Qualität geschaffen werden können. Da geht es um die Anzahl der Fachärztinnen und Fachärzte, da geht es um die Patientenzahlen, darum, wie viele Operationen, wie viele Behandlungen, wie viel Diagnostik wo betrieben wird. Das ist ein relativ komplexes Prozedere.

Der VfGH hat beschlossen, dass das nur in Abstimmung mit den Bundesländern passieren kann, und deshalb hat diese ganze Misere begonnen, weil etwas, das eigentlich gut funktioniert hat, in Zusammenarbeit mit den Ärztekammern plötzlich einen neuen Spin bekommen hat.

Dieses Thema ist sehr diffizil und sehr tiefgreifend. Herr Professor Kierein, den ich seit vielen Jahren kenne und in seiner Tätigkeit und Professionalität schätze, hat uns das im Gesundheitsausschuss entsprechend zu erklären versucht: Man


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ist hier über ein Jahr engmaschigst mit zwei Playern zusammengesessen, die ja bekannt dafür sind, nicht immer ganz einfach zu sein, vor allem wenn es um das Miteinander geht, nämlich der Ärztekammer und den Ländern, damit eben jetzt dieser Kompromiss so auf dem Tisch liegt.

Wir brauchen das deshalb heute in diesem Plenum, weil ansonsten, würden wir es nicht beschließen – und ich wiederhole mich jetzt, wenn ich sage, dass da die Länder und die Ärztekammer an Bord sind –, ab 1.1.2023 die Ausbildungss­tättenverwaltung an die Bundesländer gehen würde. (Bundesrat Schennach: Wir beschließen’s ja eh! – Bundesrätin Grimling: Na wir nicht! – Ruf bei der SPÖ: Na wir nicht, aber - -!) Und Frau Kollegin Hauschildt-Buschberger hat es bereits gesagt: Das ist nichts, was wir wollen und was wir brauchen, dass wir nämlich am Ende des Tages, vielleicht ein bisschen überspitzt formuliert, neun unterschiedliche Modelle ärztlicher Ausbildungsqualität haben. (Zwischenruf der Bundesrätin Grimling.)

Ich wiederhole mich: Ja, ich verstehe die Kritik an der nicht vorhandenen Begutachtungsfrist, ich würde Sie aber trotzdem bitten, vielleicht noch einmal in sich zu gehen, denn das ist etwas, das auch mit Ihren Bundesländern - - (Bundesrätin Grimling: Nein, sicher nicht!) – Lassen Sie mich nur kurz ausreden, es ist ja nichts Bösartiges, was ich jetzt sage! – Das ist auch etwas, das mit den Ländern Wien, Kärnten und Burgenland besprochen wurde (Bundesrätin Grimling: Nicht damit immer kommen!), und ich denke, was für diese drei Bundes­länder und die politisch Verantwortlichen in diesen drei Bundesländern gut und richtig ist, das sollte auch für uns im Bundesrat, als Länderkammer gut und richtig sein. – Herzlichen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Bundesrat Schennach: Burgen­land! – Bundesrätin Grimling: Die Begutachtungsfrist ist nicht eingehalten worden, aus, Ende, und wir sind da beim Bund und nicht ...!)

16.40 16.40.52


Vizepräsident Bernhard Hirczy: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.


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Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung, die über die gegenständlichen Tagesordnungs­punkte getrennt erfolgt. – Bitte nehmen Sie Ihre Plätze ein.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 14. Dezember 2022 betreffend ein Fachzahnarzt-Kieferorthopädie-Gesetz.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 14. Dezember 2022 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ärztege­setz 1998 geändert wird.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

16.42.10 10. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 14. Dezember 2022 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundespflegegeldgesetz geändert wird (2717/A und 1824 d.B. sowie 11129/BR d.B. und 11138/BR d.B.)

11. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 14. Dezember 2022 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Nachtschwerarbeitsgesetz und Artikel V des Bundes­gesetzes BGBl. Nr. 473/1992 geändert werden (2997/A und 1821 d.B. sowie 11139/BR d.B.)



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Vizepräsident Bernhard Hirczy: Wir gelangen nun zu den Tagesordnungs­punk­ten 10 und 11, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Berichterstatterin zu den Tagesordnungspunkten 10 und 11 ist Frau Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger. – Ich bitte um die Berichte.


16.42.45

Berichterstatterin Claudia Hauschildt-Buschberger: Herr Präsident! Ich bringe den Bericht über den Beschluss des Nationalrates vom 14. Dezember 2022 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundespflegegeldgesetz geändert wird.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher gleich zur Antragstellung.

Der Ausschuss für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz stellt nach Beratung der Vorlage mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Ich bringe auch den Bericht über den Beschluss des Nationalrates vom 14. Dezember 2022 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Nachtschwer­arbeitsgesetz und Artikel V des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 473/1992 geändert werden.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher gleich zur Antragstellung.

Der Ausschuss für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz stellt nach Beratung der Vorlage mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.


Vizepräsident Bernhard Hirczy: Danke, Frau Bundesrätin.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Andrea Kahofer. – Bitte, Frau Bundesrätin.



BundesratStenographisches Protokoll948. Sitzung, 948. Sitzung des Bundesrats vom 20. Dezember 2022 / Seite 102

16.43.50

Bundesrätin Andrea Kahofer (SPÖ, Niederösterreich): Hohes Präsidium! Werter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen im Bundesrat! Werte Zusehe­rinnen und Zuseher hier und zu Hause! Herr Minister, Sie können sich sicherlich an den 12. Mai erinnern – wir auch: Es war der Tag einer Bundesratssitzung, es war aber auch der Tag, für den in Wien und in ganz Österreich Großdemons­trationen des Pflegepersonals angekündigt waren, die dann auch stattfanden. Sie, Herr Minister, waren damals gerade einmal zwei Monate im Amt, und natürlich war es Ihnen wichtig, da gleich ein Zeichen zu setzen. Sie haben damals eine große Pflegereform angekündigt, ich weiß es noch, mit dem Zettel der Medienmitteilung in der Hand. (Bundesrat Schennach: Genau!)

Diese Pflegereform, die Sie angekündigt haben, war damals nur als Idee und in Ansätzen vorhanden. Der eine oder andere Ansatz ist vielleicht nicht schlecht, aber es ist auf jeden Fall keine Reform, sondern einmal ein ganz kleiner Anfang in einem Bereich, der eine große Reform benötigt. (Beifall bei der SPÖ.)

Jetzt behandeln wir Beschlüsse und Gesetzesänderungen, die eine Reform und Verbesserungen bringen sollen und die vor allem das Ziel haben, mehr Menschen in diese fordernden und schweren Pflegeberufe zu bringen und auch zu halten.

An dieser Stelle möchte ich nicht nur all jenen Danke sagen, die während der Coronapandemie in diesen Gesundheits- und Pflegeberufen gearbeitet haben, sondern allen, die in diesen Berufen arbeiten, denn sie sind fordernd und schwer. Der Dank gilt allen! (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn Sie aber das Ziel erreichen wollen, mehr Menschen in diese Berufe zu bringen, muss ich auch gleich dazusagen: Mit dem Pflegebonus erreichen Sie das nicht – damit erreichen Sie nur eine Spaltung, denn nach Berufsgruppen zu differenzieren war ein ganz massiver, schwerer Fehler. Das System ist nur quali­tativ hochwertig aufrechtzuerhalten, wenn alle die gleiche Wertschätzung und Anerkennung erfahren: der OP-Assistent genauso wie die OP-Schwester und


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der OP-Pfleger, der interne Transportmitarbeiter genauso wie der Küchenmitarbeiter. Mit Ihrem Pflegebonus erhöhen Sie die Motivation ganz bestimmt nicht!

Das Land Niederösterreich schlägt nun in die gleiche Kerbe und verteilt die 500 Euro – zwar steuerfrei, was Sie nicht geschafft haben, Herr Minister – wieder an die gleichen Berufsgruppen. Die Personalvertreter:innen sprechen ganz eindeutig davon, dass da Demotivation und Unmut entstehen. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich darf Ihnen vorlesen, was eine Personalvertreterin eines niederösterreichi­schen Krankenhauses in einer Stellungnahme an eine Zeitung ausgeführt hat:

„Auf diese Problematik von den BezirksBlättern angesprochen, erklärte Krankenhaus-Betriebsrätin [...]: ‚Verständlich ist, dass sich viele Kolleginnen und Kollegen anderer Berufssparten [...] als Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zweiter Klasse behandelt fühlen. Außer Frage steht, dass egal ob es der Bereich der Hebammen, jener der medizinischen Assistenzberufe, Serviceassis­tentIn­nen‘“ – und so weiter – „ist, einen wesentlichen Teil zur Versorgungssicherheit [...] beitragen.‘“

Es sei ein „Brief aller Betriebsräte des Landes NÖ, des Zentralbetriebsrates [...] und der Gewerkschaft öffentlicher Dienst an Minister Rauch“ ergangen: „‚In diesem Brief haben wir darauf hingewiesen, dass weder wir, noch unsere Kolleginnen und Kollegen Verständnis für Einschränkungen [...] haben.‘ [...] Diese Ungleichbehandlung schaffe Demotivation und Unmut.“

Leider wurde jedoch dieser Brief bis heute nicht beantwortet. (Bundesrat Schennach: Ei, ei, ei!)

Herr Minister, diese Menschen leisten schwere Arbeit – finden Sie es ein Zeichen der Anerkennung und Wertschätzung, dass Sie ihre Anfrage nicht beantworten? (Bundesrat Schennach: Das stimmt!)


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Kommen wir zum Nachtschwerarbeitsgesetz, das wir unter diesen beiden Tagesordnungspunkten ebenfalls behandeln: Es wäre schön, wenn – nach dem Vorbild der Nachtschwerarbeitsregelung, die von der SPÖ angeregt wurde – auch bei der Schwerarbeiterregelung unser Vorschlag aufgegriffen werden würde. Vielleicht wird auch das einmal Realität, so wie das mit dem Zeitguthaben für Nachtstunden umgesetzt wurde.

Das mit der sechsten Urlaubswoche ist eine sehr unsichere Sache, denn Menschen in Berufen, die sich nicht einmal fünf Urlaubswochen nehmen können, weil kein Personal da ist, werden sich auch keine sechste nehmen können. Da braucht es eine Reform und nicht die Ankündigung einer Reform, dann wird es gehen. (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn dann der Experte im Ausschuss oder auch ein Kollege hier im Bundesrat, ein Arzt, meinen: Na ja, das wird normalerweise so gemacht, dass zuerst der Sonderurlaub eingetragen wird und der andere Urlaub dann stehen bleibt! , dann kann es das nicht sein, da braucht es klare Regelungen. (Zwischenruf des Bundesrates Schennach.)

Zum nächsten Punkt, dem Bundespflegegeldgesetz: Herr Minister Rauch, haben Sie schon einmal zu Hause einen pflegebedürftigen Angehörigen betreut? – Ich habe es getan. Meine Schwester hat es ebenfalls getan, sie ist ausgebildete Krankenschwester. Wissen Sie, was das bedeutet? Haben Sie eine Ahnung, wie es ist, wenn man jemanden zu Hause pflegt, was das an physischer und psychischer Belastung bedeutet, auch wenn es nur Pflegestufe 3 und nicht einmal 4 ist, man aber nicht die Ausstattung wie in einem Krankenhaus oder Pflegeheim hat? Es ist ein Hohn: 1 500 Euro im Jahr, wenn man ein Jahr durchgehend gepflegt hat, und ich wünsche niemandem, dass der Angehörige zwei Tage vor Ablauf dieses Jahres stirbt, denn dann bekommt man nichts! (Beifall bei SPÖ und FPÖ.)

Haben Sie eine Ahnung, was es bedeutet, rund um die Uhr, 24 Stunden am Tag, einen demenzkranken Menschen zu pflegen, der nachts nicht schlafen kann,


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wenn Sie jedes Mal, wenn Sie das Haus verlassen, darüber nachdenken müssen, welche Gefahr lauert? (Bundesminister Rauch: Hab ich gemacht!) – Nein, ich glaube nicht, dass Sie daran denken! (Bundesminister Rauch: Ich habe es gemacht!) Ich kann Ihnen auch - - Sie kommen dann eh dran! (Bundesrätin Schumann: Ja, dann ...! – Bundesrätin Hahn: Dann sollten Sie es ja wissen!) Der Angehörige muss außerdem im selben Haushalt leben. (Bundesrat Steiner: Das habe ich ja schon gesagt!)

Wenn sich ein Angehöriger im Haushalt eines Mindestpensionisten oder einer Mindestpensionistin anmeldet, die rezeptgebühren- und GIS-befreit ist, dann fallen diese Befreiungen weg, und das können Sie dann mit den 1 500 Euro im Jahr aufrechnen. Das kann so nicht funktionieren! (Bundesrätin Schumann: Das war die Wöginger-Idee!)

Bei Pflegestufe 3 ist man körperlich schon so schlecht beisammen, dass man mehr Pflege braucht. Wissen Sie, ich glaube, es wäre wichtig, dass Sie mit denen reden, die das tun, worüber Sie glauben, entscheiden und Gesetze vorschlagen zu müssen!

Das ist wirklich keine Reform. Das ist nichts, womit Sie sich schmücken können. Das ist für pflegende Angehörige einfach nur eine Verhöhnung! Mehr kann ich dazu nicht sagen. (Beifall bei der SPÖ.)

Es ist auch volkswirtschaftlich nicht sinnvoll, denn die pflegenden Angehörigen, die mit weniger als 1 500 Euro Einkommen – denn mehr dürfen sie nicht verdienen – schon in ihrem Hauptberuf arbeiten und danach noch pflegen, wer­den bald selbst Therapie brauchen; und das Geld für diese Therapien haben wir auch nicht, weil nämlich Schwarz-Blau mit der Umstrukturierung der Sozialversicherung, mit dem Zerstören der Selbstverwaltung, die Patien­tenmilliarde nicht erreicht hat – es steht weniger Geld zur Verfügung. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Bundesrates Steiner.)


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Jetzt haben wir auch noch die Situation, dass wir teilweise Medikamente nicht bekommen, 537 Medikamente sind derzeit nicht verfügbar. Okay, dann gehen eh schon Stunden drauf, um von Apotheke zu Apotheke zu fahren, ob man sie vielleicht doch irgendwo bekommt, und deshalb möchte ich jetzt auch noch den Entschließungsantrag einbringen, mit dem Sie aufgefordert werden, sicher­zustellen, dass Österreich die Produktion ins Inland verlegt, dass wir Medika­mente hier vor Ort in guter Qualität erzeugen und dass diese auch verfügbar sind.

Ich bringe folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Bundesrät:innen Andrea Kahofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Versorgungssicherheit mit Medikamenten jetzt herstellen!“

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft“

– in diesem Fall, aber Sie dürfen es Ihrem Kollegen ans Herz legen –

„wird aufgefordert, die Produktion von Medikamenten und Wirkstoffen, wieder nach Europa und Österreich zurückzuholen. Die Regierung ist aufgefordert, hier eine staatliche Initiative zu starten. Es gilt, auf regionale Produktion mit höchsten Qualitätsstandards – sowohl im Bereich der Produkte, als auch im Sinne und zum Schutz der ArbeitnehmerInnen – zu setzen.“

*****

Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

16.53



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Vizepräsident Bernhard Hirczy: Der von den Bundesräten Andrea Kahofer, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „Versorgungssicherheit mit Medikamenten jetzt herstellen!“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger. – Bitte, Frau Bundesrätin.


16.54.16

Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger (Grüne, Oberösterreich): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Mit den heute zu beschließenden Ände­rungen des Bundespflegegeldgesetzes und des Nachtschwer­arbeitsgesetzes werden wir weitere Punkte des Pflegereformpaketes umsetzen.

Wie schon gehört soll die sechste Urlaubswoche ab dem vollendeten 43. Lebens­jahr für Pflegekräfte unabhängig von der Dauer der Betriebszuge­hörigkeit eine zusätzliche Entlastung für Dienstnehmerinnen und Dienstnehmer darstellen. Anspruchsberechtigt sind Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege, Pflegefachassis­tent:innen und Pflegeassistentinnen und -assistenten.

Wo sie arbeiten, ob im Krankenhaus, im Pflegeheim oder in der mobilen Betreuung, spielt dabei keine Rolle. Wie wir bereits gestern im Ausschuss gehört haben, ist diese sechste Urlaubswoche als Entlastungswoche zu verstehen, als Anreiz, durch mehr Freizeit länger im Pflegeberuf zu arbeiten, und dieser Schritt ist ein wirklich wichtiger in Bezug auf die Entlastung der Pflegekräfte.

Zu Kollegin Kahofer möchte ich noch sagen: Es gibt diesbezüglich genaue Regelungen, wie uns auch der Experte gestern im Gesundheitsausschuss gesagt hat, nämlich: Diese Entlastungswoche ist wie ein Sonderurlaub zu sehen und als Erstes in Abzug zu bringen. Sollte das nicht passieren, greifen dort Rege­lungen. (Zwischenruf der Bundesrätin Kahofer.) Es wird Verwaltungsstrafen für die


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Betriebe geben, die das nicht so machen. (Bundesrätin Hahn: Aber bei Personal­mangel hilft mir das nicht! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Das ist ein weiteres zentrales Projekt der Bundesregierung, und es ist wichtig und gut, dass wir das heute beschließen. – Ich muss ein bissel schneller reden, weil die Dringliche dann anfängt. (Bundesrätin Schumann: Das geht sich schon noch aus! Nicht hetzen, geht sich alles aus!)

Ein weiteres zentrales Projekt der Bundesregierung ist der sogenannte Ange­hörigenbonus, und dieser trägt dem Umstand Rechnung – es wurde heute auch schon erwähnt –, dass circa 800 000 Menschen in Österreich sich tagtäglich um die Pflege und Betreuung ihrer Angehörigen und ihnen nahestehender Personen kümmern. Ja, es ist richtig, oftmals reduzieren sie dafür ihre eigene berufliche Tätigkeit oder müssen diese sogar ganz aufgeben. Dieser Bonus gebührt ab dem Jahr 2023 in der Höhe von 750 Euro und in der Folge dann jährlich in der Höhe von 1 500 Euro.

Die Vollziehung ist durch die PVA sichergestellt, sofern die gepflegte Person einen Anspruch auf Pflegegeld der Stufe 4 hat. Auch in dieser Angelegenheit ist sicher noch nicht die allerbeste Lösung für die pflegenden Angehörigen gefunden worden, und es wird auch in Zukunft noch ein Nachschärfen brauchen.

Wirklich entscheidend ist aber, dass mit diesem Angehörigenbonus erstmals eine Entlohnung für bisher unentgeltliche Carearbeit, die zumeist von Frauen geleis­tet wird, geschaffen wird, denn ohne das Zutun der pflegenden Angehörigen würde sich die Krise im Pflegebereich leider nochmals verschärfen, und daher ist der heute zu beschließende Bonus ein wichtiger Schritt im System.

Und, Kollegin Kahofer, es ist keine Verhöhnung! (Bundesrätin Kahofer: Doch!) Auch ich kann mich ganz gut daran erinnern: Vor 20 Jahren habe ich die demenzkranke Großmutter meines Ex-Mannes versorgt, und damals hat es gar nichts gegeben, nämlich noch nicht einmal eine Versicherung (Zwischenrufe bei der SPÖ), und wir gehen endlich Schritte, die notwendig sind, um das System zu


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reformieren. Das passiert jetzt, und etwas zu kritisieren, das endlich passiert, halte ich nicht für sinnvoll! (Beifall bei den Grünen.)

Insofern setzen wir heute mit diesen Beschlüssen Schritte, die jetzt passieren und die wichtig sind, und gehen den Weg weiter. – Danke. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

16.58


Vizepräsident Bernhard Hirczy: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Klara Neurauter. – Bitte, Frau Bundesrätin. Ich informiere darüber, dass es bereits 16.58 Uhr ist.


16.58.32

Bundesrätin Klara Neurauter (ÖVP, Tirol): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich tummle mich. Ich möchte nur als tatsächliche Berichtigung zu Frau Kahofer sagen: Der Angehörigenbonus wird auf nichts angerechnet. (Bundesrätin Schumann: Das hat sie ja nicht gesagt! – Bundesrätin Steiner-Wieser: Das ist keine tatsächliche Berichtigung!)

1 Milliarde Euro für die Pflege – das ist ein Reformpaket mit 20 Maßnahmen; lange gefordert und von dieser Regierung Schritt für Schritt umgesetzt. (Beifall bei ÖVP und Grünen.) 1 Milliarde Euro für eine erste wichtige Etappe! Der Herr Sozialminister und auch unser Klubobmann im Nationalrat haben gesagt, dass wir natürlich daran weiterarbeiten, aber wie meine Vorrednerin dankens­werter­weise schon gesagt hat: Es ist ein erster Schritt, und man muss beginnen. Sie hätten so lange Zeit gehabt! (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Bundesrätin Schumann: Geh, hör auf! – Zwischenruf der Bundesrätin Grimling. – Bundesrat Schreuder: Das tut ihnen weh!)

Ich danke neben dem Herrn Sozialminister auch dem Herrn Finanzminister dafür, dass er das Geld zur Verfügung stellt und dass dieses Thema Priorität hat. (Bundesrat Schreuder: Je mehr Sie sich aufregen, desto rechter hat sie!) Auch das ist


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großartig und einmal zu bedanken. Man kann immer alles als zu wenig, als zu langsam, als zu spät, als zu schlecht kritisieren, aber anzufangen ist das Wichtige. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesrät:innen der Grünen.)

Ich möchte nur zwei, drei Einzelheiten aus dem großen Paket herausgreifen, weil die ganz untergehen. Die ÖGK hat zum Beispiel 30 Millionen Euro für vollfinan­zierte Psychotherapie zur Verfügung gestellt. (Bundesrätin Grimling: Die haben ja keine Therapeuten! – Zwischenruf der Bundesrätin Hahn.) Die Regierung hat für Psychotherapien für die Jugendlichen für das letzte und das kommende Jahr 36 Millionen Euro angerechnet. (Bundesrätin Kahofer: Zu wenig!) Es wird also auf vielen Gebieten etwas getan, und alles schlechtzumachen, das finde ich einfach nicht richtig. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe der Bundesrätinnen Schumann und Grimling.)

Der Bund unterstützt die Länder, die Umsetzungen werden durch die Gemein­den und die Trägerorganisationen erfolgen, die übrigens alle positiv zu dieser Reform stehen. (Bundesrätin Kahofer: Geh! – Zwischenruf der Bundesrätin Schumann.) Da wird eine Ausbildungsoffensive gestartet: neue Pflegeschulen, Ausbildungsstipendien von 1 400 Euro monatlich, Gehaltsaufbesserungen.

Der sogenannte Bonus ist ja kein Bonus. Er wird ja jedes Jahr ausbezahlt werden. Auch deswegen wird er der Pensionsbezahlung unterliegen.

Die Pflegelehre wird realisiert – auch das ist eine gute Nachricht. (Bundesrätin Schumann: Aber nicht für die Gewerkschaft!)

Die Entlastungswoche ab dem 43. Lebensjahr wird auch nicht schon von heute auf morgen überall durchsetzbar sein, aber sie ist rechtlich vorgesehen. Sie wird ihren Weg gehen. Die 2 Stunden Guthaben für die Nachtdienste werden ebenfalls zu viel, viel Zustimmung führen. (Bundesrätin Kahofer: Ja, dank der SPÖ!)

Damit ist die Pflegereform aber nicht abgeschlossen. Wichtig ist auch, für die pflegenden Angehörigen zu sprechen. Die stoßen immer wieder an ihre Grenzen,


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das ist richtig. (Bundesrätin Hahn: Das gibt’s im Burgenland! – Bundesrätin Kahofer: Die 1 500 Euro im Jahr dann ...!)

Die Pensionisten und Pensionistinnen sind in diesen Angehörigenbonus aber auch eingeschlossen. Wie ich schon gesagt habe: Er wird für nichts angerechnet. Für uns ist wichtig, alles zu tun, um die Pflege daheim zu stärken. (Bundesrätin Kahofer: Dann schau ins Burgenland! – Bundesrätin Grimling: Es ist 17 Uhr!) Das ist menschlich, das wünschen sich auch die Angehörigen. Die Senioren wollen so lange wie möglich selbstbestimmt in ihrer eigenen, vertrauten Umgebung bleiben.

Daher sage ich nur eines: Serviceleistungen ausbauen, auch die 24-Stunden-Hilfen noch besser fördern (Bundesrätin Hahn: Schau ins Burgenland! – Bundes­rätin Grimling: 17 Uhr hat es geheißen!), die Qualität sichern, den weiteren Ausbau von Tagesstätten gewährleisten, mehr Kurzzeitpflegeangebote, kostenfreie Pflegekurse, kostenfreie Gesprächstermine und Beratungen. (Bundesrätin Kahofer: Warum macht ihr es dann nicht?) Ich möchte auch die vielen Selbsthilfe­gruppen erwähnen - -


Vizepräsident Bernhard Hirczy: Bitte zum Schlusssatz kommen, da wir die Uhrzeit von 17 Uhr erreicht haben. (Bundesrätin Schumann: Nein, die Rede unterbrechen! – Bundesrätin Grimling: Die Rede muss unterbrochen werden!)


Bundesrätin Klara Neurauter (fortsetzend): Ich kann meine Rede wirklich mit dem Satz schließen, dass hier das Richtige begonnen worden ist. Bitte arbeiten wir zusammen, dass es gut weitergeht! (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Bundesrat Schennach: Aber geh! – Bundesrätin Grimling: Ja, ja, jetzt schon wieder!)

17.03


Vizepräsident Bernhard Hirczy: Es ist 17 Uhr. Ich unterbreche nunmehr die Verhandlung zur Tagesordnung (Bundesrätin Schumann: Und die Sitzung!) und die Sitzung.


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Wir unterbrechen die Sitzung, da die Frau Staatssekretärin erst in 2, 3 Minuten eintreffen wird. (Bundesrätin Grimling: Die Frau Staatssekretärin! Die brauch’ ich nicht! – Bundesrätin Schartel: Der Kanzler kommt, hat’s geheißen!)

17.03.51*****

(Die Sitzung wird um 17.03 Uhr unterbrochen und um 17.04 Uhr wieder aufge­nommen.)

17.04.37*****


Vizepräsident Bernhard Hirczy: Ich nehme nunmehr die unterbrochene Sitzung wieder auf und darf Frau Staatssekretärin Claudia Plakolm recht herzlich bei uns im Hohen Haus begrüßen. (Beifall bei der ÖVP.)

17.04.48Dringliche Anfrage

der Bundesrät:innen Günther Novak, Kolleginnen und Kollegen an den Bundes­kanzler betreffend „Einführung eines Gas- und Strompreisdeckels – wann ist es endlich soweit, Herr Bundeskanzler?“ (4064/J-BR/2022)


Vizepräsident Bernhard Hirczy: Wir gelangen nunmehr zur Verhandlung über die Dringliche Anfrage der Bundesräte Günther Novak, Kolleginnen und Kollegen an den Herrn Bundeskanzler.

Da die Dringliche Anfrage allen Mitgliedern des Bundesrates zugegangen ist, erübrigt sich eine Verlesung durch die Schriftführung.

Ich erteile Herrn Bundesrat Günther Novak als erstem Anfragesteller zur Begründung der Anfrage das Wort. (Bundesrätin Schumann – in Richtung Bundes­rat Schennach weisend –: Zur Geschäftsordnung! – Bundesrat Schennach: Zur Geschäftsordnung!)

Zur Geschäftsbehandlung ist Fraktionsvorsitzender Schennach zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Fraktionsvorsitzender.

*****



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17.05.21

Bundesrat Stefan Schennach (SPÖ, Wien) (zur Geschäftsbehandlung): Wir haben dieser einstündigen Verschiebung der Aufrufung der Dringlichen Anfrage vor allem deswegen zugestimmt, da wir doch davon ausgegangen sind, dass bei einer so wichtigen Frage der Bundeskanzler persönlich Zeit dafür hat. Wir sind über diese Vorgangsweise jetzt etwas verwundert und möchten hiermit unseren Pro­test zur Kenntnis bringen. (Beifall bei der SPÖ.)

17.05

*****


Vizepräsident Bernhard Hirczy: Danke für die Wortmeldung.

Ich erteile nun Günther Novak das Wort. – Bitte, Herr Vizepräsident. (Bundesrätin Grimling: Dann gilt das, was der Herr Bader sagt, auch nicht! Das ist ein Leger! Nie mehr!)


17.06.01

Bundesrat Günther Novak (SPÖ, Kärnten): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Damen und Herren auf der Galerie und zu Hause, die Sie vor dem Fernsehgerät sitzen! Der Grund, warum wir diese Dringliche Anfrage betreffend einen Gas- und Strompreisdeckel heute hier einbringen, ist ganz einfach, dass der Energiemarkt verrücktspielt. Die Preise am Strom- und Gasmarkt explodieren, schaden Menschen, schaden der Wirtschaft und vor allem der Industrie.

Die SPÖ hat seit dem Sommer mehrfach Lösungsvorschläge auf den Tisch gelegt. Leider Gottes wurden sie nicht angenommen, nein, nicht einmal angehört. Konkret will unsere SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner, dass die EU-Mitgliedstaaten gemeinsam Gas einkaufen und zu einem gestützten Preis von 50 Euro pro Megawattstunde an Menschen, Wirtschaft und Industrie


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weitergeben. (Bundesrat Steiner: Das lassen wir gescheiter! Beim Impfstoff hat das auch nicht funktioniert!)

Wir wissen, dass die Megawattstunde noch im August 340 Euro gekostet hat, und wir wissen, was gestern auch in dieser Hinsicht passiert ist. Wenn wir um 50 Euro einkaufen, dann spart sich Österreich für die Zukunft in etwa 21 Mil­liar­den Euro. Sollte der Vorschlag EU-weit nicht umgesetzt werden – dazu wird es ja wahrscheinlich auch kommen –, muss die Regierung das SPÖ-Modell, wie wir es uns vorstellen, auf nationaler Ebene umsetzen.

Die hohen Energiepreise gehören zu den Hauptpreistreibern der aktuellen Rekordinflation, der Teuerung, wie wir wissen. Das ist nicht nur eine Folge des Krieges, vielmehr ist es so, dass die Art und Weise, wie die Preise für Strom und Gas festgesetzt wurden, einfach nicht mehr funktionieren.

Die Preise an den Börsen werden künstlich beeinflusst und in die Höhe getrie­ben. Der europäische Strom- und Gasmarkt funktioniert einfach nicht mehr. Das sagen alle Experten, die wir kennen, oder alle maßgeblichen Experten. Für uns als SPÖ ist klar: Dieser Preismechanismus, der sich gegen Menschen und gegen die Wirtschaft richtet und den Wohlstand gefährdet, muss gestoppt werden. (Beifall bei der SPÖ.)

Es braucht einen strukturellen Markteingriff. Das Geschäftsmodell der Speku­lation muss einfach zerstört werden. Das sagen ausgewiesene Experten. Es ist nicht mehr fünf vor zwölf, es ist im Grunde genommen fünf nach zwölf. Ein starker Eingriff in den Markt ist dringend notwendig, um die Wirtschaft, die Industrie, Arbeitsplätze und den sozialen Frieden zu schützen. Das sollten wir uns vor Augen halten.

Die SPÖ schlägt deshalb vor, vorübergehend europaweit Höchstpreise für Strom und Gas politisch festzulegen und dieses Meritorderprinzip endlich auszuhebeln, und zwar so lange, bis das Energiesystem neu aufgestellt, krisensicher gemacht und effizient ist. (Beifall bei der SPÖ.)


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Was ist aber gestern auf EU-Ebene passiert? Wir haben es ja alle mitbekommen; es wird noch nicht auf Bundesebene, sondern im Hintergrund darüber geredet. Es war die zwölfte Auflage gestern. Ich glaube, ich bin auch so oft hier gestan­den – nein, so oft nicht – und habe, so wie andere Kolleginnen und Kollegen von allen Parteien, die hier sitzen, auch, darauf aufmerksam gemacht, dass dort doch endlich Entscheidungen fallen sollten. In dieser zwölften Auflage hat man sich schlussendlich darauf geeinigt, einen Deckel einzusetzen, wenn der Preis von 180 Euro an drei Tagen in Folge überschritten wird. Der kann dann in Anspruch genommen werden, wobei natürlich auch darauf geschaut wird, dass ein Preis von 35 Euro über dem LNG-Weltmarktbereich nicht überschritten wird.

Was hat unsere Bundesministerin gemacht? – Frau Gewessler hat sich zurückgehalten, sie hat nicht mitgestimmt. Ich muss schön langsam sagen: Zu Tode gefürchtet ist auch gestorben! (Beifall bei Bundesrät:innen der SPÖ.) Schließlich muss man doch irgendwann entweder Ja oder Nein sagen oder zu diesem Thema selbst neue Vorschläge einbringen. Vielleicht könnt ihr dann unsere Eindrücke, die wir versuchen zu vermitteln, dort weiterbringen.

Zur Angst vor der Ausweitung auf weitere Gasbörsen, wie auch immer, dass es dort unter Umständen dann zu Verwerfungen kommt: Das ist schon möglich, aber das ist halt in der Wirtschaft so gegeben. Tatsache ist, so glaube ich, dass selbst die Experten auf EU-Ebene nicht glauben, dass dieser Gaspreisdeckel irgendwann einmal in Anspruch genommen wird – und das ist meiner Meinung nach die Hilflosigkeit dieser Regierung.

Schauen Sie nur, gestern ist auch darüber gesprochen worden, dass der Zeitraum für UVPs für die gesamte europäische Wirtschaft nicht so lange ausgedehnt und ausgeweitet werden muss, wie das derzeit der Fall ist, und dass die regionalen Bereiche beziehungsweise die Bundesbereiche aufgefordert werden, den kürzer anzusetzen. Was ist allerdings passiert? – Die UVP wird schon über ein Jahr lang zwischen Grünen und der ÖVP, also von dieser Regierung, verhandelt. Es ist nicht möglich, dabei zu einer Einigung zu kommen, weil die ÖVP einfach wieder Angst hat, dass eine solche der Wirtschaft unter Umständen schadet.


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(Bundesrätin Schumann: Genau!) Den Grünen kann sie unter Umständen auch schaden; ja, die NGOs werden natürlich auch nicht so erfreut sein. (Bundesrätin Zwazl: Was, was, was?)

Wie werden wir jedoch dieses EAG, also das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz, in den nächsten zehn Jahren umsetzen, wenn wir nicht davon weggehen? Wir wissen zum Beispiel, dass es bei einem Elektrizitätswerk in Vorarlberg seit acht Jahren eine UVP gibt, die bis heute noch nicht abgeschlossen ist. – Da schauen wir 2030 leider Gottes, wie man so schön sagt, traurig aus der Wäsche.

Es ist ja auch so: Das Klimaschutzgesetz, das Energieeffizienzgesetz, das Erneuerbare-Wärme-Gesetz, auch das alles habt ihr nicht umgesetzt, weil ihr euch nicht einig seid. Ich kann euch nur sagen: Tretet zurück und gebt den Österreichern und Österreicherinnen die Möglichkeit, neu zu wählen! (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesrät:innen der FPÖ. – Zwischenruf des Bundesrates Köck.)

Schauen Sie, wie auch immer, sogar die Landeshauptleutekonferenz hat einen Beschluss gefasst, nämlich den Energieschutzschirm für Wirtschaft und Arbeit sowie für alle Haushalte zur Abfederung der hohen Energiekosten – auch das ist eingebracht worden. Unser Landeshauptmann in Kärnten, Peter Kaiser, hat noch mit eingebracht, dass die Stromnetze österreichweit evaluiert werden, auf einen Preisstandard gebracht werden und dass schlussendlich dann nicht nur 60 Prozent, sondern 100 Prozent der Mehrkosten übernommen werden – da eine solche Maßnahme auch gegen den beschleunigten Anstieg der Energie- und Gaspreise und so weiter wirken kann.

Meine Damen und Herren, Sie brauchen in der Regierung nur in den eigenen Reihen zu schauen. Schauen Sie in den eigenen Reihen! Euer Wirtschafts­minister, mittlerweile ist er Chef der Wirtschaftskammer, Herr Mahrer, hat schon 50 Mal gesagt: Liebe Freunde in der Regierung, macht endlich etwas, weil sonst die Wirtschaft explodieren wird! (Bundesrätin Zwazl: Hast schon einmal gesagt!) Das hat er schon oft genug gesagt. (Zwischenruf des Bundesrates Buchmann.) Ich weiß genau, wann es kommen wird. (Zwischenruf des Bundesrates Gross.) Wir


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wissen es ganz genau, wann es kommen wird (Zwischenruf der Bundesrätin Zwazl): Es wird genau vor der Wahl in Niederösterreich kommen, da wird wieder 1 Milliarde Euro zur Verfügung gestellt werden! (Beifall bei der SPÖ.) Dann wird man versuchen, dieses Ergebnis zu beeinflussen.

Was sagt denn der Wirtschaftskammerpräsident? Er hat absolute Zahlen für die Medien bereitgestellt. Eine Bäckerei: Stromkosten seit „2020 von“ 7 360 „auf 87.500 Euro gestiegen, jene von Gas von“ 2 173 auf 21 000 Euro gestiegen – viermal so viel, dreimal so viel! (Bundesrat Schennach: Wahnsinn!) „Ein Lebens­mittelmarkt zahlt für Gas statt 1382 nun 13.670 Euro“ – zehnmal so viel! „Ein 200-Betten-Hotel“ – und im Tourismus bin ich ja mehr oder weniger zu Hause; das kann nur ein Wellnesshotel, ein größeres Hotel, ein Tophotel sein – zahlt „statt 41.978 Euro jetzt“ 415 000 „Euro Gaskosten“, unvorstellbar! (Bundesrätin Schumann: Unglaublich, unglaublich! ) Die Stromkosten steigen von 99 000 auf 503 000 Euro.

Meine Damen und Herren, liebe Freunde aus der Regierung, wo seid ihr? Wo seid ihr denn seit dem Sommer? Wollt ihr den Menschen nicht helfen? (Bundesrat Köck: Red einmal mit Michael Ludwig ...! Michael Ludwig!) Wollt ihr jenen Menschen nicht helfen (Bundesrätin Schumann: Nein, da brauchen wir nicht ... Ludwig ...!), denen ihr eigentlich verpflichtet seid? (Beifall bei der SPÖ.) Leider Gottes passiert das nicht!

Ihr müsstet euch einfach nur (Bundesrat Köck: Wien Energie!) das deutsche Modell anschauen. (Bundesrätin Schumann: Ihr bringt die Wirtschaft in Schwierig­keiten ohne Ende, wirklich! – Bundesrätin Grimling: Ich find’ das super, dass er über die Wien Energie redet ... aus Niederösterreich kommt!) Schaut euch das deutsche Modell an, dann könnt ihr davon lernen! Im Bundestag wurde letzte Woche die Strompreisbremse beschlossen, sie wurde auch im Bundesrat schlussendlich, ich glaube vor ein paar Tagen, mitbeschlossen.

Was sagt das aus? Angesichts der gestiegenen Energiepreise beschließt der Bundestag die Preisbremsen für Gas und Strom, und zwar kann diese


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Strompreisbreme ab Jänner greifen. Der Bundestag beschloss mit den Stimmen dieser Koalition, dass die Haushalte und die Unternehmen in dieser Energiekrise entlastet werden, und im „Gegenzug werden die derzeit hohen Erlöse von Energieproduzenten teilweise abgeschöpft, um die Hilfen mitzufinanzieren. Parallel dazu sollen die Erneuerbaren Energien stärker gefördert werden, um den Ausbau voranzutreiben“.

Eine Verordnung soll Verfahren von EAG-Projekten verkürzen, aber das ist in Österreich nicht möglich, denn was macht unser Bundesminister für Finanzen? – Er nimmt die 33 Prozent her, die von der EU vorgeschlagen werden, und die setzt er ein. Diese Firmen haben inzwischen Milliarden Euro umgesetzt (Bundesrätin Zwazl: ... aber sie müssen ja! – Bundesrätin Schumann: Geh! – Bun­desrätin Grimling: ... keine Ahnung von irgendwas!), haben Milliarden mehr an Erlösen gehabt! (Bundesrat Köck: Verspekuliert! – Zwischenrufe der Bundesrätinnen Schumann und Grimling.) Das alles könnte man dort einsetzen.

Und dann sieht man, wenn man es sich im Fernsehen anschaut, wie Herr Strugl, der Vorstand vom Verbund, sich windet und meint: Wir sind doch börsenorien­tierte Unternehmen, wir müssen in den nächsten zehn Jahren 15 Milliarden Euro investieren! – Das ist ja alles in Ordnung, das passt ja alles, aber ich bin der Meinung, dass denen gerade derzeit das Geld weggenommen werden sollte, um es jenen zur Verfügung zu stellen, denen es wirklich schlecht geht. Ihr seid aber nicht einmal in der Lage, die UVP-Regeln in die richtige Richtung zu bringen, und auch nicht, aus dieser Situation heraus mit den erwirtschafteten Erlösen politische Maßnahmen umzusetzen. (Beifall bei der SPÖ.)

Kommen wir nun zu den Zahlen – und das ist ja die ganze Krux der Geschichte –: „Dabei werden die Kosten für 80 Prozent des Vorjahresverbrauchs auf 12 Cent pro Kilowattstunde für Haushalte und Gewerbe begrenzt.“ – Wenn das in Österreich der Fall wäre, dann wäre man dankbar, dann müsste man nicht die Zahlen vorlesen, die ich vorhin vorgelesen habe. „Für verbrauchte Mengen darüber hinaus gilt der höhere Marktpreis“, wie beim Strom auch.


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Beim „Strom soll der Deckel bei 40 Cent liegen“ – aber brutto, bitte schön! Da sind die Netzentgelte mit dabei. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Bader: Wir sind in Österreich, wir sind in Österreich!) – Ja, weil nur der Strom netto berechnet wird und nicht die Netzentgelte und alles dazugenommen wird – das ist es! (Beifall bei der SPÖ.) Ihr nehmt es immer so, wie ihr es braucht. Da liegt ihr bei 36 Cent. Also bitte nachdenken, was ihr sagt! – „Die Preisbremsen sollen bis April 2024 gelten.

Für die rund 25.000 großen Verbraucher der Industrie soll ebenfalls von Januar ein Preis von 7 Cent für 70 Prozent des Gas-Verbrauchs und von 13 Cent beim Strom gelten.“ – Das ist einfach ein Konkurrent und Mitbewerber an der Grenze, der uns in Zukunft umbringt.

Ich weiß schon, lieber Kollege Bader – weil du jetzt so in Saft gehst, und wahrscheinlich folgt demnächst Kollege Gross (Heiterkeit bei Bundesrät:innen der SPÖ) –, ihr werdet dann herauskommen und sagen: Wir haben so viele Pakete geschnürt und den Bewohnern und der Industrie beziehungsweise den KMUs in Österreich zur Verfügung gestellt! – Es ist aber zu wenig. (Zwischenruf des Bundesrates Köck.) Sie haben keine Chance, als Mitbewerber auf dem Markt zu bestehen. Das ist zu wenig. (Beifall bei der SPÖ.)

In Zukunft wird es auf jeden Fall notwendig sein, nicht nur einzelne Taten zu setzen, sondern die Industrie, das Kleingewerbe und vor allem jene, die Einfamilienhäuser haben, über eine gewisse Zeit hinweg kontinuierlich – so, wie es in Deutschland möglich ist – zu unterstützen, sonst werden wir demnächst dumm aus der Wäsche schauen.

Bei dieser Situation möchte ich noch einmal auf die Gewinner zurückkommen und das bei dieser Gelegenheit noch einmal sagen: Von dem Höhenflug der Energiepreise – ich weiß, das bringt euch in Saft – profitieren die Unternehmen der Öl-, Gas- und Strombranche heuer mehr denn je. Krisenbedingt streifen sie hohe Gewinne ein, die in dieser Situation vom Staat zur Gegenfinanzierung und


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als Entlastungshilfen vor allem für Haushalte und Firmen verwendet werden könnten. Wie gesagt: Man müsste einfach davon nur mehr nehmen.

Bitte sagen Sie nicht immer wieder, dass es in Deutschland 50 Prozent Haus­halte gibt, die mit Gas heizen, und in Österreich nur 25 Prozent! Das vermischen Sie nämlich auch wieder. Die 50 Prozent in Deutschland heizen nicht nur mit Gas, sondern da sind alle alternativen Heizmöglichkeiten miterfasst worden.

Für viele Haushalte und Betriebe, die auf Gas angewiesen sind, sind die der­zeitigen Gasrechnungen einfach nicht mehr zu bezahlen. Das ist so. Das schmälert nicht nur die Kaufkraft, meine Damen und Herren, sondern es ist so, dass das zu einer Energiearmut führt, und es schadet der Wettbewerbs­fähigkeit. Es führt auch zu einer ärmer werdenden Bevölkerung – das muss man bei dieser Gelegenheit auch sagen – bis weit in die Mittelschicht und treibt Wirtschaftstreibende – und das sage ich, so wahr ich hier stehe; das habe ich beim letzten Mal auch gesagt – in Zukunft in den Ruin, falls Sie nicht reagieren. (Beifall bei der SPÖ.) Glauben Sie mir: Es wird so sein, wenn das so weiter­geht.

Wenn die Regierung jetzt nicht handelt, dann ist es wahrscheinlich zu spät, und was es bedeutet, wenn es zu spät ist, das wissen Sie auch: Arbeitslosigkeit, Leute, die im Wirtschaftsbereich aus Betrieben entlassen werden. Ich möchte das Szenario nicht noch weiter ausführen.

Tatsache ist, Frau Staatssekretärin: Sie haben von uns die Hausaufgabe bekommen – eigentlich der Herr Bundeskanzler –, uns mitzuteilen, wann diese Betriebe, wann diese Einfamilienhausbesitzer, wann die KMUs für die Zukunft unterstützt werden. Ich denke, dass demnächst irgendwann das Christkind noch 1 Milliarde Euro oder vielleicht 2 Milliarden Euro herausziehen wird, aber schlussendlich müssen wir mit den Wirtschaftsbetrieben gegenüber unseren Nachbarstaaten konkurrenzfähig bleiben.


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Betreffend jene kleinen Betriebe und jene Leute wird immer wieder gesagt: Ja, Maria, das sind so wenige, es sind nur ein paar Prozent, die Gas verwenden, es sind nur 400 000 in Wien! – Das kann man ja schon als Wienbashing sehen, wenn der Herr Bundesminister für Finanzen und auch der Herr Bundeskanzler sagen: Das ist überhaupt nicht vergleichbar! Da brauchen wir nichts zu tun! Wir werden schon für die Wirtschaft etwas machen! – Ja, dieser Glaube fehlt mir.

Vielleicht gibt es ein Weihnachtswunder, aber dann müsst ihr es schnell machen, so wie die Deutschen: Die versuchen jetzt, das Inkrafttreten von allem, was für März beschlossen worden ist, auf Jänner zu verlegen. Setzen Sie etwas um, was Geld, was die finanzielle Situation anbelangt, damit wir in Österreich konkur­renzfähig sind und jene Leute, die in einer kleinen Wohnung zu Hause sind, nicht nachdenken müssen, ob sie etwas zu essen kaufen oder den Gashahn aufdrehen können! (Beifall bei der SPÖ.)

17.25


Vizepräsident Bernhard Hirczy: Zur Beantwortung der Anfrage hat sich Frau Staatssekretärin im Bundeskanzleramt Claudia Plakolm zu Wort gemeldet. Ich erteile ihr das Wort.


17.25.45

Staatssekretärin im Bundeskanzleramt Claudia Plakolm: Herr Vizepräsident! Geschätzte Mitglieder des Bundesrates! Ich darf heute ein zweites Mal bei Ihnen sein, um stellvertretend für unseren Bundeskanzler die Dringliche Anfrage der SPÖ betreffend Einführung eines Gas- und Strompreisdeckels zu beantworten.

Die Inflation hat mit 11 Prozent im Oktober des heurigen Jahres einen histo­ri­schen Höchstwert erreicht, den höchsten Wert seit 70 Jahren. Es gibt zwei Hauptgründe dafür, dass die Inflation mittlerweile im zweistelligen Bereich ist. Das ist zum einen die Energiekostenkrise, das sind die drastisch gestiegenen Energiekosten seit Beginn des Krieges in der Ukraine, und zum anderen ist es die Lieferkettenproblematik, die sich gerade seit Beginn der Coronapandemie sehr,


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sehr stark international festgesetzt hat. Eine Folge davon ist eben auch die gestiegene Inflation.

Die Folgen der Preissprünge sind mittlerweile in allen Bereichen des Lebens spürbar, und es ist eine enorme Herausforderung für viele Österreicherinnen und Österreicher, insbesondere auch für die Betriebe und in der ganzen Europäischen Union, mit dieser Energiekostenkrise, mit diesen enormen Preis­sprüngen zurechtzukommen. Deswegen bin ich der Opposition, insbe­sondere der SPÖ-Fraktion hier im Bundesrat, für diese Dringliche Anfrage sehr, sehr dankbar, weil sie mir noch einmal die Möglichkeit gibt, einer breiten Öffentlich­keit die zahlreich gesetzten Maßnahmen der Bundesregierung darzustellen. (Bundesrätin Schumann: Na geh! Na geh! Themenverfehlung, Frau Staatssekre­tä­rin! – Bundesrätin Grimling: Ja! – Bundesrat Schennach: Na geh, bitte!) Gleichzeitig möchte ich bei dieser Dringlichen Anfrage auch die Gelegenheit wahrnehmen, einen Ausblick auf noch geplante Vorhaben und Maßnahmen und auch auf die Dinge, die sich aktuell in Verhandlung befinden, zu geben.

Auch für den Vergleich mit Deutschland bin ich in diesem Zusammenhang sehr, sehr dankbar, weil sich Österreich im direkten Vergleich mit Deutschland absolut nicht verstecken muss. (Bundesrat Schennach: Aber die Regierung da schon!) Ganz im Gegenteil: Österreich hat zur Unterstützung von Wirtschaft und Privathaus­halten bereits knapp 40 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. (Bundesrat Schennach: Wo ist er denn, der Herr Nehammer? Wo versteckt er sich denn? – Bun­desrätin Schumann: Wo ist denn der Herr Bundeskanzler?) Jetzt wissen wir, dass für die Relation zu den deutschen Nachbarn immer als Faustregel gilt, mit zehn zu multiplizieren. In Relation haben wir da deutlich mehr als unsere deutschen Nach­barn unternommen. (Ruf bei der SPÖ: Na, das darf aber nicht wahr sein!) Zudem haben wir mit dem Energiekostenzuschuss 1 bereits mehrere Millionen Euro in Auszahlung gebracht, während die deutschen Nachbarn erst im März, also am Ende des ersten Quartals 2023, die Auszahlungen des Energiekostenzuschusses tätigen werden. (Ruf bei der SPÖ: Ja, natürlich! – Bundesrat Schennach: Es ist Weihnachten und nicht Fasching!)


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Als Reaktion auf die Teuerungswelle haben wir als Bundesregierung bereits viele umfassende und schnell wirkende Maßnahmen gesetzt (Bundesrätin Grimling: Ja? Welche?), und das aus vielen Gründen: zum einen, um die Folgen für die Betrof­fenen abzufedern, zum anderen, um soziale Verwerfungen und auch einen Einbruch der Wirtschaftsleistung zu verhindern. Zusätzlich zu den finanziellen Hilfen haben wir auch bereits strategische Maßnahmen gesetzt und sind da nach wie vor dahinter. Dazu gehört beispielsweise das Anlegen der strategischen Gasreserve zur Sicherstellung der Energieversorgung, und allein dafür wurden zusätzlich 3,95 Milliarden Euro bereitgestellt. (Vizepräsident Novak übernimmt den Vorsitz.)

Ich möchte exemplarisch kurz einige finanzielle Unterstützungen, die wir als Bundesregierung in hohem Maße im vergangenen Jahr 2022 gesetzt haben, darstellen: Ganz zu Beginn der Teuerungswelle haben wir mit dem ersten Entlastungspaket geholfen, lange bevor Deutschland und auch andere EU-Län­der das getan haben. Neben dem Energiegutschein gab es auch spezielle Unterstützung für besonders vulnerable Gruppen. Auch die Ökostrompauschale und der Förderbeitrag wurden ausgesetzt.

Es folgte das Entlastungspaket Nummer 2 mit der Erhöhung des Pendler­pauschales und auch des Pendlereuros, mit dem Senken der Energieabgaben und auch der Lohnnebenkosten.

Im Herbst haben wir den größten und, ja, wohl auch den historischsten Entlastungsschritt, auch einen sehr, sehr nachhaltigen Schritt, gesetzt, der sich über viele Jahrzehnte in der Struktur und auch im Budget widerspiegeln wird: die Abschaffung der kalten Progression. Diese allein hat ein Gesamtvolumen von 19 Milliarden Euro, so viel hat zuvor selten eine Steuerreform insgesamt zustande gebracht. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesrät:innen der Grünen.)

Zusätzlich wurden die Familien- und Sozialleistungen valorisiert, und zu den Familien- und Sozialleistungen haben wir auch eine Sonderfamilienbeihilfe in Höhe von 180 Euro ausbezahlt.


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Da im Zuge dieser Dringlichen Anfrage die Wirtschaft sehr oft angesprochen wurde, möchte ich sagen, dass auch da viele Maßnahmen gesetzt wurden: Zum einen war das der Energiekostenzuschuss für energieintensive Unternehmen (Zwischenruf der Bundesrätin Kahofer), um gerade auch die steigenden Energie­kosten in der Wirtschaft, bei den Arbeitgebern abzufedern. Damit werden 30 Prozent der Mehrkosten von Strom, Gas und Treibstoffen bezuschusst und kleine Betriebe auch pauschal entlastet. Das ist uns als einem der ersten Länder in der Europäischen Union gelungen. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Schreuder.)

Wir haben aber immer gesagt und auch immer angekündigt, dass es weitere Unterstützungen, insbesondere auch für Unternehmen, brauchen wird, um das Durchschlagen genau des Wettbewerbsnachteils, von dem Sie gesprochen haben, zu verhindern. Wir sind auf einem guten Weg, eine Lösung zustande zu bringen, und hoffen auf einen raschen Beschluss.

Geschätzte Damen und Herren, die gestiegenen Preise, die zweistellige Inflation und viele Krisen der letzten Jahre haben uns allen sehr viel abverlangt, aber insbesondere wir als Bundesregierung haben in den letzten Monaten sehr viel unternommen, um die Folgen der Inflation bei den Österreicherinnen und Österreichern, bei den Betrieben, bei der Wirtschaft so gut es geht abzufedern. Deshalb können Sie sicher sein und sich darauf verlassen, dass wir in Zukunft auch dafür sorgen werden (Bundesrätin Grimling: Dann sind wir verlassen!), dass Österreich bestmöglich durch die Krisenzeiten kommt (Bundesrat Schennach: Das glauben Sie ja selber nicht! – Bundesrätin Grimling: Das glauben Sie aber jetzt selber nicht, Frau Staatssekretärin, was Sie da ...!) und dass wir die Österreicherinnen und Österreicher bestmöglich durch diese schwierige Zeit begleiten werden. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Schreuder. – Bundesrätin Grimling: Da sind wir verlassen!)

Ich darf jetzt auch zur Beantwortung Ihrer Anfrage kommen. Da die Fragen eine Bandbreite an Zuständigkeiten betreffen, darf ich gleichzeitig um Verständnis bitten, dass aus Gründen der sachlichen Unzuständigkeit des


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Bundeskanzleramtes nach dem Bundesministeriengesetz nicht alle bis ins letzte Detail beantwortbar sind. (Bundesrätin Grimling – erheitert –: Darum ist er nicht gekommen! Aha, jetzt wissen wir, warum er nicht gekommen ist!)

Zu den Fragen 1 bis 3 sowie 32 und 33:

Wir in der Bundesregierung haben immer gesagt, dass es auch über das Jahres­ende hinaus Hilfsmaßnahmen zur Abfederung der Teuerung brauchen wird. Grundsätzlich werden von der Bundesregierung aktuell drei Maßnahmen ausgearbeitet: zum Ersten der Heizkostenzuschuss in Höhe von 500 Millionen Euro, der im Bundesministerium für Finanzen verhandelt wird, zum Zweiten der Energiekostenzuschuss 2 und ein Pauschalmodell für Unternehmen und zum Dritten ein Hilfspaket zur Unterstützung von Obdachlosen, das im Zuständig­keits­bereich des Sozialministeriums liegt. (Beifall bei der ÖVP.)

Zum Energiekostenzuschuss 2 sind wir gerade in sehr intensiven Verhandlungen, denn es ist klar, dass unsere Betriebe keinen Wettbewerbsnachteil gegenüber deutschen Unternehmen haben dürfen. Die Details dazu werden wir zeitnah präsentieren, hoffentlich planmäßig und noch vor Weihnachten.

Eines darf an dieser Stelle auch nicht unerwähnt bleiben: Wir haben, wie ich vorhin in meinem Statement angeführt habe, als eines der ersten Länder in der EU einen Energiekostenzuschuss auf den Weg gebracht. Die entsprechende deutsche Maßnahme greift voraussichtlich erst im März oder im April 2023. (Die Bundesrät:innen Grimling, Schennach und Schumann: Aber die greift rückwirkend! Rückwirkend! – Bundesrat Schennach: Ich glaube, Sie haben keine Ahnung davon!) Anders als in Deutschland ist ein Teil unserer Unterstützung bereits bei den Betrieben angekommen.

Zu den Fragen 4 und 5:

Hierzu möchte ich auf den zuständigen Finanzminister verweisen, der klar dazu Stellung bezogen hat, dass wir keine Gaspreisbremse, wie es sie in Deutschland gibt, andenken. (Bundesrätin Schumann: Ja, leider!) Wesentlich ist, dass die


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Situationen in Österreich und in Deutschland nicht eins zu eins vergleichbar sind, weil in Deutschland Erdgas in der Raumwärme eine wesentlich größere Rolle spielt. (Ruf bei der SPÖ: Stimmt nicht!) Dort werden 49 Prozent der Haushalte mit Gas beheizt, in Österreich sind es nur 23 Prozent. (Bundesrat Schennach: Das ist falsch! – Rufe bei der SPÖ: Stimmt nicht! Falsch! – Bundesrat Schennach: Das ist nachhaltig falsch! – Bundesrätin Grimling: Welche Statistik haben Sie? – Bundesrätin Schumann: Wenn man die Fernwärme wegrechnet, geht das!)

Insgesamt gibt es, was die Nutzung von Gas fürs Heizen betrifft, in Österreich große regionale Unterschiede. Das Ziel ist deshalb, dass wir die österreichischen Haushalte weiterhin wirksam unterstützen und dass auch die österreichischen Unternehmen keinen Wettbewerbsnachteil erfahren.

Zur Frage 6:

Deutschland ist unser wichtigster Handelspartner, und wir schauen natürlich sehr genau auf die deutschen Maßnahmen (Bundesrätin Grimling: Das glauben wir aber nicht!), um eben keinen Wettbewerbsnachteil für unsere Betriebe in Österreich entstehen zu lassen.

Beim deutschen Modell sind aber noch sehr, sehr viele Fragen offen, vor allem hinsichtlich des europäischen Beihilfenrechts.

Zu den Fragen 7, 8 und 9:

Das steht alles derzeit noch in Verhandlung, jedoch steht die Standortsicherung bei all unseren Fördermaßnahmen – vom Energiekostenzuschuss über die Investitionsprämie bis hin zur Transformationsoffensive – immer im Vorder­grund. Unser Ziel muss immer sein, Wertschöpfung und Wohlstand in unserem Land zu halten. (Bundesrätin Schumann: Ja, dann tut was!)

Zu den Fragen 10 und 11:

Diese Fragen betreffen keine Zuständigkeit des Bundeskanzleramtes, weshalb mir hierzu leider keine Informationen vorliegen.


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Zu den Fragen 12 bis 15:

Zu diesen Fragen verweise ich auf die fachlich zuständigen Ministerien: das Ministerium für Finanzen und das Ministerium für Arbeit und Wirtschaft. Ziel der Bundesregierung ist es, die finanzielle Mehrbelastung infolge der hohen Energiepreise und allgemein aufgrund der hohen Inflation für private Haushalte und auch für Unternehmen bestmöglich abzufedern.

Während es vor allem für vulnerable Gruppen und für die breite Mittelschicht temporäre Entlastungsmaßnahmen gab – vor allem in Form von Einmal­zah­lungen (Bundesrätin Schumann: Ja, genau!) –, enthält der umfassende Maßnahmenmix auch Instrumente mit klar inflationsdämmender Wirkung.

Zu den Fragen 17 und 18:

Die Gesamtkosten bis 2026 belaufen sich auf 39,5 Milliarden Euro.

Ich bitte um Verständnis, dass in der Kürze der Zeit keine detaillierte jährliche Aufstellung bis 2027 erstellt werden konnte, verweise in diesem Zusammenhang aber auf das Bundesfinanzrahmengesetz und auf das zuständige Finanzministerium.

Zur Frage 19:

Fakt ist, dass der Bund die Städte und Gemeinden in den letzten Krisen massiv unterstützt hat; man denke zurück an die Coronakrise, man denke an die aktuelle Teuerung.

Den aktuell vorliegenden Daten zufolge stiegen die Ertragsanteile in den Gemeinden gegenüber dem Vorjahr um 1,8 Milliarden Euro, was ein Plus von 15 Prozent bedeutet. Wir wissen dennoch sehr, sehr gut um die Herausfor­derungen, vor denen unsere Kommunen stehen, und stellen im Rahmen des Kommunalinvestitionsgesetzes auch im kommenden Jahr eine weitere Milliarde Euro als Anschubfinanzierung für kommunale Investitionen zur Verfügung. (Bundesrätin Schumann: Genau, mit Kofinanzierung!)


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Zur Frage 20 darf ich auf den Finanzminister verweisen, der fachlich zuständig ist.

Zu den Fragen 21 bis 28 verweise ich darauf, dass diese gemäß der Auskunft der zuständigen Ministerien nach jetzigem Datenstand noch nicht beantwortbar sind.

Zur Frage 29:

Die Bundesregierung hat sich auf europäischer Ebene aktiv für einen Gas­preisdeckel eingesetzt, welches Gas auch immer zur Stromerzeugung genutzt wird, also für das sogenannte iberische Modell. Dazu ist es notwendig, dass die Europäische Kommission rasch einen Vorschlag gemäß dem iberischen Modell gestaltet. Bisher sind diesbezüglich leider keine Fortschritte erzielt worden, wir machen aber weiterhin Druck auf die Europäische Kommission, damit diese einen entsprechenden Entwurf vorlegt.

Zur Frage 30:

Die gestern erfolgte politische Einigung zum Marktkorrekturmechanismus wird von uns zur Kenntnis genommen. Aus Sicht des Klimaschutzministeriums sind die Auswirkungen dieses Mechanismus auf die Märkte, auf die Preise und auch auf die Versorgungssicherheit noch schwer abzuschätzen, und aus genau diesem Grund hat sich die zuständige Bundesministerin Gewessler der Stimme ent­halten.

Zur Frage 31:

Die Bundesregierung befindet sich logischerweise in engem Austausch mit internationalen Partnern, um die Versorgungslage langfristig abzusichern, als Beispiel dafür darf ich den Besuch des Bundeskanzlers in Kroatien vor wenigen Tagen erwähnen.


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Zu den Fragen 34, 35 und 36:

Wir setzen uns auf europäischer Ebene seit Monaten für eine Entkopplung des Strompreises vom Gaspreis sowie für konkrete Maßnahmen, um die Gaspreise zu senken, ein. (Ruf bei der SPÖ: Hört, hört! – Bundesrätin Schumann: ... zweimal dagegengestimmt!)

Niemand kann nachvollziehen, warum der Strom aus Wasserkraft so viel teurer geworden ist, nur weil Putin am Gashahn dreht. Da das Preissetzungsverfahren europäisch reguliert ist, kann eine Lösung aber nur auf europäischer Ebene angestrebt werden.

Österreich setzt sich dabei schon lange für eine einheitliche und nachhaltige Lösung ein, um eine wirkungsvolle Entkoppelung des Strompreises vom Gaspreis zu erreichen. Nationale Alleingänge bringen in einem gemeinsamen Binnenmarkt aber mehr Nachteile als Vorteile.

Zur Frage 37:

Wir sorgen mit einer integrierten Standortpolitik für die Stärkung des Wirt­schafts­standortes Österreich. Wir genießen hohe Lebensqualität, haben eine stabile und aktive Arbeitsmarktpolitik und – das sei auch einmal gesagt – wir haben in unserem Land derzeit die niedrigste Arbeitslosigkeit seit 14 Jahren. (Rufe bei der SPÖ: Aber eine verarmende Bevölkerung! – Bundesrätin Grimling: Die können überhaupt nichts dafür!) Zudem ist Österreich ein starker Forschungs- und Produktionsstandort.

Unser Land ist von einer Unternehmervielfalt geprägt, die von Start-ups über Kleinstunternehmen bis hin zu KMU und Industriebetrieben reicht, und alle gemeinsam sorgen für die Sicherung eines guten Wirtschaftsstandortes.

Als Bundesregierung setzen wir mit verschiedenen Unterstützungen Maßnah­men für den Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit in Österreich und innerhalb Europas. (Bundesrätin Grimling: Dann ist ja alles bestens! – Bundesrätin Hahn: Ein


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Hoch auf die ...! – Bundesrätin Grimling: Ja, Gott sei Dank haben wir die!) Das passiert unter anderem auch mit der Klima- und Transformationsoffensive, die österreichische Unternehmen bei der Transformation unterstützt und für die wir im gegenwärtigen Budget bis 2030 5,7 Milliarden Euro eingeplant haben. (Bundesrätin Schumann: Nichts von einer Arbeitsplatzgarantie!) Damit gelingt gerade in der Wirtschaft, in den Unternehmen der Wandel hin zu einer zukunfts­fähigen Wirtschaft. (Beifall bei der ÖVP.)

Zur Frage 38:

Es stimmt, dass die Maßnahmen gegen die Teuerung eine enorme Belastung für unser Budget sind, und auch wenn wir die Auswirkungen der Inflation nicht zu 100 Prozent kompensieren und abfedern können, können wir es uns gleichzeitig nicht leisten, dass wir nicht helfen. Deswegen braucht es einerseits Hilfe in Krisenzeiten und andererseits auch den Blick auf die notwendige Budgetkon­solidierung in der nahen Zukunft. Der Weg einer nachhaltigen Fiskalpolitik schafft uns die Sicherheit, auf künftige Krisen vorbereitet zu sein. (Bundesrätin Schuman: Stehsatzrede!)

Zur abschließenden Frage 39:

Ich möchte außerdem nicht unerwähnt lassen, dass die historische Vermögen­steuer 1993 von einem SPÖ-Finanzminister wieder abgeschafft wurde, und zwar mit der Begründung, dass sie teuer in der Einhebung und bescheiden in den Erträgen war. (Bundesrätin Schuman: Aber die Grünen würden es sich wünschen!) Es handelt sich hierbei um eine Scheindebatte, denn die Preise sinken für nieman­den (Bundesrätin Grimling: Scheindebatte?! – weitere Zwischenrufe bei der SPÖ): Für keine einzige Familie, für keinen Pensionisten und für kein einziges kleines oder mittleres Unternehmen werden die Preise sinken, wenn jemand anderer mehr Steuer zahlt. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP. –Bundesrätin Grimling: Das war eine Scheinbeantwortung!)

17.41


Vizepräsident Günther Novak: Wir gehen nunmehr in die Debatte ein.


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Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß § 61 Abs. 7 der Geschäftsordnung die Redezeit eines jeden Bundesrates mit insgesamt 20 Minuten begrenzt ist.

Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Andrea Kahofer. Ich erteile ihr das Wort.


17.42.02

Bundesrätin Andrea Kahofer (SPÖ, Niederösterreich): Hohes Präsidium! Werte Frau Staatssekretärin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuhörer:innen vor den Bildschirmen und auf der Galerie! Bumm, ich weiß gar nicht wirklich, wo ich beginnen soll. Das war harter Tobak, muss ich sagen. Beginnen wir einmal damit – und ich möchte das noch einmal festhalten –, dass es wirklich ein Affront ist, dass eine Dringliche Anfrage verschoben wird, weil der Herr Bundeskanzler persönlich sein Kommen angekündigt hat, und diese Verschiebung dann darin endet, dass er nicht hier ist. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Steiner: Da seid ihr selber schuld! – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Sie haben vorhin von 1993 gesprochen. Ich glaube, genau das ist das Problem dieser Regierung, das Problem der ÖVP: Ihr lebt in der Vergangenheit! – Wir wollen Politik für die Gegenwart und wir wollen die Zukunft gestalten, und nicht ständig Ausreden in der Vergangenheit suchen. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Preineder: Mit Schulden, wie immer!) Diese Regierung kann und soll handeln. Ob sie es kann, weiß ich nicht, ob sie es will, auch nicht.

Aber jetzt zum Thema: Gestern habe ich schon fast geglaubt, es kommt eine Lösung. Gestern habe ich schon fast geglaubt, vielleicht brauchen wir keine Dringliche Anfrage, weil die EU das Problem löst, was diese Regierung auf nationaler Ebene ja nicht zustande bringt. Aber auch wenn bald Weihnachten kommt, diese Hoffnung wurde zerstört, denn das, was gestern passiert ist, hat nichts mit den Endverbraucherpreisen zu tun. Diese Entscheidung wird den Menschen im Alltag, im Leben in keiner Weise helfen. Wenn wir das diskutieren, nützt es keinem. Das, was nützen würde, ist, dass diese Regierung endlich bereit ist, wirklich etwas zu tun, und es dann auch tut, jetzt und für die Zukunft.


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Wenn Sie Ihre Maßnahmen jetzt so hoch loben, dann gehen Sie bitte hinaus zu den Menschen! Beginnen wir bei den Privathaushalten! (Beifall bei der SPÖ.) Beginnen wir dort, wo sich Menschen wirklich täglich entscheiden müssen, was sie essen, ob sie essen, ob sie heizen! Es ist mir jetzt wirklich passiert – und das ist keine Geschichte –, dass ich im Supermarkt gestanden bin und eine ältere Dame gefragt habe: Stehen Sie bei der Wursttheke, ich will mich nicht vor­drän­gen? – Diese Wursttheke liegt genau neben dem Brotverkauf. Wissen Sie, welche Antwort ich bekommen habe? –Die Antwort war: Nein, ich überlege noch, ob ich mir 1 Kilo Brot kaufe oder ein halbes Kilo Brot, denn wenn ich 1 Kilo Brot kaufe, geht sich die Wurst nicht mehr aus! – Wissen Sie, wie die Menschen teilweise leben?

Das kann es nicht sein. Die Inflation wird in ganz enormer Weise von den Energiepreisen getrieben, und ein Klimabonus von 500 Euro kann da nichts retten! (Beifall bei der SPÖ.)

Neben den älteren Menschen betrifft das vor allem auch Kinder, ist es vor allem auch die Kinderarmut, die so enorm ansteigt. Ich bin ehrenamtlich tätig; ich weiß nicht, wie viele von Ihnen hier ehrenamtlich tätig sind, ich weiß nicht, ob Sie, Frau Staatssekretärin, in irgendeiner Form ein Ehrenamt ausüben und bei einer Tafel helfen oder in einem Markt. Ich kann Ihnen sagen, dass mir die Tränen kommen, wenn ich sehe, wie viele Menschen und welche Menschen anstehen, um bei der Tafel Lebensmittel zu bekommen. Wir reden wirklich davon, dass die Armut in der Mittelschicht – in der sogenannten Mittelschicht; ich weiß gar nicht mehr, wie man die definieren soll und ob es die überhaupt noch gibt – angekommen ist. Die Kinderarmut nimmt so stark zu!

Das Land Niederösterreich hat den Strompreisrabatt eingeführt, 80 Prozent des Stromverbrauchs gefördert. Ich will das nicht schlechtreden, es ist ein wichtiger Schritt, aber darf ich Ihnen sagen, wie es all jenen geht, die aufgrund dessen, dass sie klimafreundlich unterwegs sein wollten, schon jetzt ihre Öl- und Gasheizungen getauscht und sich eine Wärmepumpe hingestellt haben?


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Der durchschnittliche Energieverbrauch ist da nämlich kein Maßstab mehr, und die müssen jetzt ganz tief in die Tasche greifen.

Dann gibt es die, die da hochtrabend meinen: Dann müssen sie halt eine Foto­voltaikanlage machen! – Erstens einmal, jetzt eine zu bekommen, zweitens einmal, die zu bezahlen – das kostet Geld, das kann sich kaum jemand mehr leisten (Zwischenruf des Bundesrates Preineder) –, das geht sich nicht mehr aus. Ich glaube nicht, Herr Kollege Preineder, dass es angebracht ist, da in irgendeiner Form den Kopf zu schütteln.

Zuvor haben Sie, Frau Staatssekretärin, über die Vielfalt unserer Unternehmen gesprochen, von den Einpersonenunternehmen über die Kleinunternehmen bis hin zu den großen Betrieben. Glauben Sie wirklich, dass die Betriebe mit den Maßnahmen der Regierung ihre Probleme lösen können? – Nein, sie können es nicht! (Beifall bei der SPÖ.)

Das geht sich genauso wenig aus, denn – und ich bin Unternehmerin – der Energiekostenzuschuss ist zum großen Teil noch nicht ausbezahlt. Und weil die Richtlinien so toll sind, wurde jetzt sogar ein Zeitfenster nachgeöffnet, weil sich die meisten gar nicht angemeldet haben, weil sich ja fast keiner mehr auskennt, wie man was angehen soll. Ihr macht das so toll, dass die Unternehme­rinnen und Unternehmer gar nicht mehr wissen, wie sie zu diesem Geld kommen können – und wenn, dann brauchen sie Unterstützung von professio­nellen Beraterinnen und Beratern – Steuerberatern, Wirtschaftstreuhändern –, und die müssen sie auch wieder bezahlen. Das alles ist so fern der Realität, und was es ganz bestimmt nicht ist: Es ist nicht hilfreich!

Sie gefährden Arbeitsplätze, Sie gefährden den Wirtschaftsstandort, Sie gefähr­den die Wertschöpfung. Das ist es, was in Wahrheit das ganz große Problem ist: Ihr Nichthandeln gefährdet unser Land, die Menschen in diesem Land und die Wirtschaft in diesem Land. (Beifall bei der SPÖ.)


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Wenn Sie meinen, Deutschland würde sich mit Österreich in dem Fall doch nicht messen können, müssen Sie die echten Zahlen verwenden. Sie sagen, dass 49 Prozent der Haushalte in Deutschland mit Gas heizen und nur 23 Prozent in Österreich. Auch Pellets und auch Fernwärme – stellen Sie sich vor! – brauchen in der Produktion Gas, und wenn man das zusammenrechnet, dann sind wir wieder am gleichen Punkt und dann ist der Vergleich sehr wohl wieder gegeben.

Es braucht jetzt schnelle Lösungen! Schauen wir uns am Land um – es sitzen die Vertreter der Bundesländer hier, und Sie wissen es aus Ihrem Umfeld –: Wie viele Betriebe haben schon den Schlüssel umgedreht, wie viele Bäcker, wie viele Fleischhauer, weil der Energieverbrauch für die Kühlhäuser zu hoch ist, weil sie das nicht mehr stemmen können? Es betrifft auch die Gemeinden – die Hallen­bäder, die geheizt werden müssen, die Bibliotheken, die Büchereien und die Vereinslokale: Sie alle sind betroffen. Nach der Covid-Krise herrscht jetzt die große Energiekrise, und geholfen wird einfach viel zu spät. Die Hilfe nützt nichts mehr, wenn der Betrieb schon geschlossen ist, wenn die Menschen nicht mehr können, wenn sie aufgeben. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich bin davon überzeugt, dass vor der Niederösterreichwahl wieder ein Paket präsentiert werden wird. Es wird sich erst nach der Wahl herausstellen, wie zielgerichtet und wirksam es ist. Das wird nämlich vorher noch nicht deutlich sein. Es darf nicht noch einmal das Gleiche passieren wie mit den Covid-Förderungen. Es darf nicht sein, dass sie an keinerlei Arbeitsplatzgarantie, an keinerlei Wirtschaftsstandortgarantie gebunden sind, dass Geld in alle Rich­tungen ausgegeben wird, ohne Sicherheiten zu schaffen. (Beifall bei der SPÖ.)

Die SPÖ fordert schon lange einen echten Gaspreisdeckel, der beim End­verbraucher wirksam wird. Das sind 50 Euro pro Megawattstunde, wobei dann die Differenz zum Einkaufs-, zum Handelspreis für die Erzeuger, die Kraftwerke und die Produzenten subventioniert wird. Das wäre eine echte Hilfe für die Wirtschaft, das wäre eine echte Hilfe für die Menschen. Das bringt etwas. Alles andere sind wunderschöne, von Ihnen präsentierte Worthülsen, aber keine echten Standorthilfen, keine echten Maßnahmen gegen Armut, keine echten


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Maßnahmen dagegen, dass in Österreich der Wohlstand zerstört wird und die Mittelschicht schon längst dabei ist zu verschwinden. (Beifall bei der SPÖ.)

Springen Sie endlich über Ihren Schatten! Nehmen Sie Vorschläge an, auch wenn sie von der Opposition kommen. (Bundesrat Schennach: Das schaffen sie nicht!) Sie lehnen Vorschläge aus Prinzip ab, wenn sie von der Opposition kommen. Das ist keine Politik für die Menschen und für das Land.

Ich möchte Ihnen zum Abschluss besinnliche Weihnachten wünschen, und mit besinnlich meine ich: Besinnen Sie sich! Besinnen Sie sich darauf, was Ihre Aufgabe ist. Sie haben Macht in Ihre Hände bekommen, Sie haben Verantwor­tung auf Ihre Schulten bekommen. Werden Sie der Verantwortung für dieses Land und die Menschen gerecht! Besinnen Sie sich, wofür Sie stehen müssen, wofür wir stehen müssen, und das ist nicht Macht- und Parteipolitik. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

17.53


Vizepräsident Günther Novak: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Ing.in Isabella Kaltenegger. – Bitte.


17.54.00

Bundesrätin Ing. Isabella Kaltenegger (ÖVP, Steiermark): Herr Präsident! Geschätzte Frau Staatssekretärin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Ja, ich denke, das ist ein Bereich, über den es gut ist zu diskutieren. Ich bedanke mich, dass wir heute wieder Gelegenheit bekommen, bei dieser Anfrage wirklich klarzulegen, was schon alles passiert ist und wohin die Reise geht. Wir sind uns auch wirklich einig darin, dass es im letzten Jahr sehr, sehr große Herausforderungen im Energiebereich gegeben hat. Darin sind wir uns einig, ja, da brauchen wir nicht zu streiten. Von Kollegen Novak und von Frau Kollegin Kahofer sind viele Probleme dargelegt worden, die stimmen, ja – man braucht ja nicht alles schlechtzureden.


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Worin ich Ihnen aber nicht recht gebe, ist darin, was angeblich alles nicht getan worden ist. Ich werde Ihnen darstellen, was alles schon getan wurde. Die Bundesregierung ist sich sehr wohl ihrer Verantwortung bewusst. (Bundesrätin Grimling: Das haben wir heute eh schon gehört!) – Ja, das werden wir öfter hören, denn Sie wollen es ja auch immer wieder aufs Neue wissen, und anscheinend sickert das ja nicht ganz durch. (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrätin Schumann: Aber es wird dadurch nicht besser, auch wenn es von der Frau Staatssekretärin kommt!)

Es gibt – da haben Sie auch mitgestimmt; es gibt viele Bereiche, in denen Sie mitgestimmt haben, weil wir eine Zweidrittelmehrheit brauchen, und dafür, dass Sie die Vorschläge gutgeheißen haben, bedanken wir uns auch – eben ein gut funktionierendes EAG, und schon 1 Terawatt Strom durch PV-Anlagen ist über die EAG-Förderstelle gelaufen.

Wir haben viele Regelungen zur Gaseinlagerung, Gasspeicherung getroffen; das alles wurde schon wieder vergessen. Die Gasspeicher waren zu Beginn der Heizsaison bis zu 90 Prozent gefüllt. Dieses Jahr ist es auch gelungen, die Abhän­gigkeit von russischem Gas von 80 Prozent auf 20 Prozent zu reduzieren. Es wurden 7,5 Milliarden Euro für die Klima- und Transformationsoffensive in die Hand genommen. Aufgrund einer EU-Verordnung haben wir auch die Gewinn­abschöpfung für Öl- und Gasfirmen beschlossen. Wir haben den Energie­kosten­zuschuss für energieintensive Unternehmen beschlossen. Da laufen, und Sie alle wissen das, ganz intensive Verhandlungen für einen weiteren Ausbau. Es gibt einen EU-Rahmen, der gelockert wurde, und da gibt es jetzt mehr Möglichkeiten, die wir alle noch weiter umsetzen werden. Das alles wissen Sie!

450 Millionen Euro sind zur Unterstützung der Heizkostenzuschüsse der Länder freigegeben. Die Strompreisbremse für Haushalte, das ist immer noch nicht wirklich durchgesickert, gilt seit 1. Dezember. 2 900 Kilowattstunden werden automatisch, ohne Antrag mit 10 Cent verrechnet. Ich meine, das ist ja alles nicht nichts, wie Sie meinen. (Zwischenruf bei der SPÖ.)


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Ich verstehe, dass die Opposition natürlich viel schlechtreden will, das ist ja auch normal und das ist auch zu respektieren, und wir freuen uns auch, wenn Sie fleißig mitarbeiten – Sie haben eben auch viele Dinge mitbeschlossen –, unsere Aufgabe ist es aber, eine solide Arbeit zu leisten, praxistaugliche und verant­wortungsvolle Lösungen zu finden.

Sie wissen ganz genau, dass jetzt in Kürze, und das wurde auch schon angekün­digt, ein weiteres Maßnahmenpaket – Sie haben Taten gefordert, das ist eine Tat – präsentiert werden wird. Ich bin rot angezogen, leider nicht der Weihnachts­mann, aber der Gabentisch ist schon voll gedeckt (Bundesrat Steiner: In Österreich ist es nicht der Weihnachtsmann, sondern das Christkind!), es wird nämlich bald weitere Lösungsvorschläge für unsere Wirtschaft und Industrie geben.

Das ist dringend notwendig, das wissen wir, wir wollen aber nicht in den Markt eingreifen, sondern wir wollen den Betrieben bei der Bewältigung ihrer Energieprobleme helfen. Das ist unsere Aufgabe, damit wir auch weiterhin beinahe Vollbeschäftigung haben können und damit wir diese Krise gut überwinden. Die Vorschläge werden in Kürze auf dem Tisch liegen, und ich hoffe, Ihnen schmeckt dann das Weihnachtsessen besser. (Beifall bei der ÖVP.)

17.58


Vizepräsident Günther Novak: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Kollege Günter Pröller. – Bitte, Herr Bundesrat.


17.58.14

Bundesrat Günter Pröller (FPÖ, Oberösterreich): Herr Vorsitzender! Frau Staatssekretärin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Damen und Herren auf der Galerie und vor den Bildschirmen! Ja, geschätzte Kollegin Kaltenegger, Sie können jetzt hundert Mal aufzählen, was Sie alles gemacht haben, Fakt ist, Österreich ist in einer Situation, in der sich Männer und Frauen überlegen müssen, wie sie sich die monatlichen Fixkosten leisten kön­nen. Das ist es, was erkennbar ist, da können Sie sagen, was Sie wollen. Es


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ist zu wenig! (Beifall bei der FPÖ und bei Bundesrät:innen der SPÖ. – Bundesrat Schennach: Aber bei der Isabella gibt es einen reichhaltigen Gabentisch!)

Das sind nicht Männer oder Frauen, die nichts tun, sondern das sind die, die fleißig sind, die arbeiten gehen und nicht über ihre Verhältnisse leben. Obwohl Österreich einer der reichsten Länder ist (Bundesrätin Schumann: Eines!), hat es sich in den letzten Jahren dramatisch verändert. Es ist die Finanzkrise gewesen, dann war der Coronawahnsinn, dann das Asylchaos, die Energiekrise und die Riesenteuerungswelle. Die Preise auf den europäischen Energiemärkten sind in den letzten Monaten extrem gestiegen und wirklich nicht mehr leistbar. Das trifft längst nicht mehr nur die Menschen, die bereits vor der Krise von Armut betroffen waren, sondern das bedroht die Mittelschicht. Auch die Industrie, Großbetriebe, Klein- und Mittelbetriebe kämpfen mit den Energiepreisen. Das gefährdet letztendlich Arbeitsplätze, vor allem aber den sozialen Frieden in Österreich und in Europa.

Viele Menschen haben derzeit große Sorgen und sogar Angst, dass Sie sich das tägliche Leben nicht mehr leisten können. Das liegt aber nicht nur an den Krisen, sondern auch daran, wie Sie und die Europäische Union mit den Krisen umgehen, also an Ihrer Politik. (Beifall bei der FPÖ.)

Geschätzte Damen und Herren, es wurde schon angesprochen: Für die gestrige Einigung der Energieminister auf einen Gaspreisdeckel brauchte die EU ein Dreivierteljahr, und sie braucht dann ein weiteres Vierteljahr, bis er in Kraft tritt. Das Ziel, nämlich eine Senkung des Gaspreises für den Endverbraucher, wurde nicht erreicht, vielmehr drohen Versorgungsengpässe und damit eine weitere Preisexplosion. Aus meiner Sicht ist daher ein Waffenstillstand in der Ukraine dringend notwendig. Die Staatengemeinschaft sollte alles tun, einen Waffen­stillstand zu begünstigen, und zwar nicht durch Drohungen, sondern durch Gesten des Vertrauens und des guten Willens, die die Voraussetzung für einen Dialog schaffen und den Weg zu Verhandlungen endlich öffnen. Suchen Sie Verbündete in Europa! Steigen Sie aus diesen Sanktionen aus! Das ist die einzige nachhaltige Antiteuerungsmaßnahme. (Beifall bei der FPÖ.)


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Alles andere, was Sie bis jetzt auf den Weg gebracht haben oder bringen, ist ein Tropfen auf den Teuerungsstein, der nicht nachhaltig wirkt. Anstatt Steuern zu senken, eine Gaspreisbremse einzuführen, setzen Sie noch auf einen hausge­machten Inflationsturbo, eine CO2-Steuer, geschätzte Damen und Herren. Es ist umso dringender, dass Sie, liebe Claudia, weitere Maßnahmen ergreifen, die gerade jenen Menschen zugutekommen, die mit ihren Einkommen nicht mehr auskommen.

Auch wenn die Regierung immer wieder behauptet, alles zu tun, um den Men­schen zu helfen: Frau Staatssekretärin, diese Sorgen und Ängste der Menschen sind Hilferufe. Bei der letzten Enquete hat die Leiterin der Caritas-Sozial­beratungsstelle in Wien die Situation klar und deutlich dargestellt: Die Zahl der Menschen, die sich zwischen August und Oktober 2022 an Caritas-Sozial­beratungsstellen gewandt haben, ist um 35 Prozent gestiegen – in Wien um über 50 Prozent. Dreimal so viele Menschen wie 2021 suchten zum ersten Mal Unterstützung bei der Caritas. Gründe dafür sind ein geringer Verdienst und die Ausgaben, die plötzlich da sind, wie derzeit vor allem die Energiekostenabrechnungen.

In allen existenziellen Bereichen steigt der Bedarf nach Hilfe, ob es Preise für Lebensmittel oder Mieten sind – da sind die Preise um mehr als 10 Prozent gestiegen –, und auch die Strom- und Heizkosten stiegen um ein Vielfaches. Da nehme ich auch die SPÖ Wien in die Pflicht. Gerade dann, wenn Sie, werte SPÖ-Bundesräte (Bundesrätin Schumann: Innen!), Unterstützung von der Regierung fordern, könnten Sie in der Wiener Politik als Vorbild vorangehen und helfen, aber stattdessen erhöhen auch Sie in Wien die Gebühren. (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrätin Schumann: Wir werden die Gaspreisbremse einführen!)

Ein Teil unserer Gesellschaft kann sich das Alltägliche schlichtweg nicht mehr leisten und ist zu massiven Abstrichen bei Grundbedürfnissen, bei Essen und Heizen, oder bei der Unterstützung und Förderung seiner Kinder gezwungen.


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Die Bundesregierung hätte es in der Hand, etwas ins Positive zu verändern, aber – den Eindruck habe ich – die Regierung hat ganz offensichtlich die Dramatik nicht verstanden, so wie auch bei der Flüchtlingspolitik. Überall, wo man hinsieht: Totalversagen der Regierungspolitik.

Meine Damen und Herren, viele Haushalte, die auf Gas angewiesen sind, erhalten derzeit die Gasrechnungen, die neuen Vorschreibungen – und die können nicht bezahlt werden. Es sind schon einige Beispiele genannt worden. Ein Familienvater hat mir das geschickt: Er hat 400 Euro gezahlt, und jetzt muss er 1 300 Euro im Monat in einem Einfamilienhaus bezahlen. Es ist also unvorstellbar, wie das möglich sein soll. Daher ist es dringend notwendig, eine Gaspreisbremse so wie zum Beispiel in Deutschland auch in Österreich einzuführen. Sie bietet Planbarkeit für die Industrie, Klein- und Mittelbetriebe, aber vor allem für Privathaushalte. Man kann nicht sagen: Na ja, es sind ja nur 25 Prozent! – 25 Prozent stehen wirklich vor diesem Problem, dass sie sich die Gasrechnungen nicht mehr leisten können. Daher: Überlegen Sie sich das und versuchen Sie, eine Lösung im Sinne der Bevölkerung zu finden!

Geschätzte Damen und Herren! Viele Familien müssen genau in diesen Tagen vor Weihnachten überlegen, ob sie ihren Kindern Weihnachtsgeschenke kaufen können. Jedes vierte Kleinkind in Österreich ist armutsgefährdet – und das im reichsten Land der Welt. (Bundesrätin Steiner-Wieser: Ehemals reichsten!) Jetzt geht es um die vielen Menschen in diesem Land, die Angst davor haben, dass auch sie in die Armut abrutschen, die tatsächliche Angst davor haben, dass es ihren Kindern einmal schlechter gehen wird. Keiner in Österreich soll Existenz­ängste haben!

Sehr geehrte Damen und Herren, die ganze Bundesregierung hat ein massives Glaubwürdigkeitsproblem. Die Vertrauenswerte sind im Keller, es sind die schlechtesten Werte, die eine Regierung jemals hatte. Die Menschen brauchen wieder Zuversicht und Hoffnung. Wir brauchen eine Regierung, die wieder für Sicherheit, Ordnung, stabile Verhältnisse und vor allem für die Menschen da ist.


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Daher lautet mein Weihnachtswunsch: Rücktritt der Regierung, rasche Neuwahlen, je früher, desto besser. (Beifall bei der FPÖ.)

18.05


Vizepräsident Günther Novak: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross. – Bitte.


18.05.53

Bundesrat Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross (Grüne, Vorarlberg): Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer! Jetzt habe ich schon ein bisschen schmunzeln müssen: FPÖ und stabile Verhältnisse, das ist ja wirklich ein Widerspruch in sich. Das zu fordern muss man sich ja trauen. (Heiterkeit und Beifall bei Grünen und ÖVP. – Bundesrätin Schumann: Dasselbe könnte man jetzt über die Grünen aber auch sagen! Was ist mit den Grünen und ihren Werten und so? – Bundesrat Pröller: Das Überzeugtsein! Das Überzeugtsein! Jetzt erklär mir einmal, warum die Grünen ...! Die größten Kriegstreiber sind die Grünen! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Selbstverständlich braucht es Unterstützungsmaßnahmen in allen Segmenten, um die stark und vor allem schnell gestiegenen Energiekosten zu dämpfen, beim Strom (Zwischenrufe der Bundesrät:innen Hübner und Steiner-Wieser) – ja, es gefällt Ihnen nicht, aber mit dem müssen Sie zurechtkommen –, beim Gas, bei der Wärme, bei Treibstoffen, bei Abgaben, die damit verbunden sind, und so weiter. (Bundesrat Ofner: Mach dir keine Sorgen, du musst bald mit nix mehr zurechtkommen! Dafür sorgen die Wähler!) – Sie sind ja super im Austeilen, aber solche Mimosen, wenn einmal irgendwelche Kritik kommt. (Heiterkeit des Redners. – Bundesrätin Hahn: Ja spürt ihr euch auch noch?!) Es ist echt fantastisch. (Heiterkeit bei Bundesrät:innen von Grünen und ÖVP. – Bundesrätin Schumann: Applaudieren bei der Scheindiskussion bei der ...! – Zwischenruf der Bundesrätin Steiner-Wieser.)

Es braucht sogar noch mehr. Selbstverständlich braucht es Maßnahmen, um die Versorgung vor allem mit dem Krisengut Gas zu sichern. Selbstverständlich


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braucht es Maßnahmen, um endlich aus der Abhängigkeit herauszukommen. All das gehört zusammen, und es geschieht – und zwar erfolgreich und intensiv, sage ich.

Seit 30 Jahren kämpfen die Grünen dafür, aus den fossilen Energieträgern auszusteigen. Da hätte übrigens auch die SPÖ etwas dazu beitragen können. (Bundesrätin Schumann: Ja, ich weiß eh ...! – Bundesrat Schennach: Wir machen genug!) In diesen 30 Jahren haben Sie viele Regierungen gestellt, über viele Jahre viele Kanzler gestellt, es hat Sie aber nie interessiert, sich aus der Abhängigkeit herauszubewegen. (Bundesrätin Schumann: Darum sind wir in Wien umweltschutz­technisch so gut beieinander, wie wir sind, nicht?!) – Ja, es ist halt so, denn es ist ja keine Neuigkeit, dass es mit Sicherheit eine falsche Spur war, in diesem Ausmaß auf fossile Energieträger zu setzen. Das bezahlen wir jetzt bitter. (Bundesrat Hübner: Jetzt dürfen wir mit dem ... reisen! – Heiterkeit bei der FPÖ.)

Für die Betroffenen ist nicht entscheidend, welche Strategie gewählt wird, sondern es ist entscheidend, dass sie wirkt – und das tut es. (Bundesrätin Hahn: Was wirkt bitte?) Ich erinnere ungereiht und auszugsweise, weil es sonst zu lange dauern würde, daran, was alles bereits gemacht worden ist. (Bundesrätin Schumann: Ja, dann ist ja alles gut! – Bundesrätin Hahn: Also die Leute können sich das alles leisten! Wir haben keine Armutsgefährdung!) Eine ganze Reihe von Teue­rungsausgleichen im Sinne von Soforthilfen, vor allem für einkommens­schwache Gruppen, hat es gegeben. Sofort heißt übrigens schnell, das ist ja nicht so unwichtig.

Zum Beispiel wurde die Erneuerbaren-Förderpauschale auf null gesetzt. Der Erneuerbaren-Förderbeitrag wurde auf null gesetzt. Alleine das sind übrigens 500 Millionen Euro pro Jahr. Die Energieabgaben wurden massiv reduziert, also um 90 Prozent. Es gibt einen Klimabonus mit 500 Euro pro Person. Nach­weislich ist das sogar sozial überkompensierend. Das ist sehr erfreulich, also einmal keine traurige Botschaft, sondern das ist eine gute Botschaft, dass genau diese Leute sehr stark davon profitieren. (Bundesrätin Schumann: Sollen die Leute zufrieden sein! – Bundesrätin Hahn: Zufrieden und dankbar!) Eine Familie mit


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zwei Kindern kriegt dann zum Beispiel in Summe 1 500 Euro. Das ist schon etwas. (Bundesrätin Hahn: Irgendwie leben die auf einem anderen Stern, glaube ich!)

Die Pendlerpauschale wurde um 50 Prozent angehoben. Der Pendlereuro wurde vervierfacht. Wir haben vor Kurzem eine Strompreisbremse in der Dimension von 4 Milliarden Euro beschlossen. (Bundesrätin Hahn: Wenn ich ein Vielfaches für den Strom zahlen muss, bringt mir das gar nichts!) Das heißt, alles, das über – jetzt muss ich selber nachdenken, wo die Grenze ist – 7,5 Cent oder so etwas geht, wird abgefangen. (Bundesrat Leinfellner: Komischerweise hat’s da vorher ... Regie­rungsbeteiligung nicht gebraucht und trotzdem haben die Leute ... gehabt!)

Zu den Energiekosten: Es gibt einen Energiekostenzuschuss für Betriebe mit 1,3 Milliarden Euro.

Das wird nicht der letzte Zuschuss sein, das haben wir heute schon gehört. Die Debatten laufen bereits, da wird es noch mehr geben. Teils, auch das wird konstatiert – nicht von uns, sondern in Analysen –, sind die Beträge im Zuge der Maßnahmen im Energiebereich, bei den Energiekosten, sogar höher als die in den Haushalten entstandenen Mehrkosten. In Vorarlberg hat das dazu geführt, dass Strompreise gesunken sind.

Ganz aktuell werden die steigenden Netzkosten – das werden wir morgen noch debattieren – mit 260 Millionen Euro abgefangen. Wir werden mit dem Energiekrisenbeitragsgesetz zur Finanzierung beitragen. Das ist ja auch ein ganz wichtiger Bestandteil, den wir morgen debattieren werden: dass über einen weiten Bereich die Energiehändler mit hohen Preise sozusagen nichts mehr ver­dienen. Das ist ein wichtiger Punkt und ein wichtiges Signal, weil es preisdämp­fend wirkt, weil es keinen Sinn mehr macht, das künstlich zu erhöhen.

Die Krisensicherung im Erdgasbereich, vor allem betreffend die Wärme, war extrem erfolgreich. Ich möchte das in Erinnerung rufen. Niemand muss sich fürchten, dass diesen Winter kein Gas da sein wird, um Räume zu wärmen.


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(Bundesrat Pröller: Aber leisten kann man es sich nicht!) In Höchstgeschwindigkeit wurden Krisenregelungen erlassen, zum Beispiel zum Entzug nicht genutzter Speichermengen, zur Direkteinspeicherungsmöglichkeit von Energieversor­gungs­unternehmen. Wir hatten Anfang dieses Jahres de facto noch leere Speicher. Vor einem Monat hatten wir einen Speicherstand von 95 Prozent! Das hätte niemand für möglich gehalten. Es sind jetzt noch 86 Prozent.

Wir haben durch diese Maßnahmen wesentlich zu sinkenden Gaspreisen bei­getragen. Vor drei Monaten waren diese bei 290 Euro, vor circa einem Monat, bevor es richtig kalt geworden ist, waren wir bei 40 Euro, jetzt sind es 120 Euro. Das wäre ohne die in einer unglaublichen Geschwindigkeit, die uns niemand zugetraut hätte, gesetzten Maßnahmen alles nicht denkbar. (Beifall bei den Grü­nen und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)

Die Abhängigkeit von russischem Gas ist binnen einem Dreivierteljahr von 80 auf 20 Prozent gesenkt worden. Ich meine, das muss man hinkriegen, und das dürfte man auch einmal zugeben, auch das stünde der Opposition nicht schlecht an. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP. – Bundesrätin Schumann: Genau! ...!)

Niemals wurde über viel längere Zeiträume hinweg so viel getan, um Abhängig­keiten zu reduzieren, um rauszukommen und damit auch die Preiseskapaden zu reduzieren. Wir haben – nur einige wenige Beispiele – 700 Millionen Euro für Raus aus Öl und Gas zur Verfügung. Es hat ja nie annähernd so viel Geld gegeben, und jede Wärmepumpe zum Beispiel, die installiert wird, reduziert den Gas­verbrauch. Es gibt sogar, auch das werden viele vergessen haben, einen Steuer­absetzbetrag – für thermische Sanierungen 8 000 Euro, für eine Wärmepumpe 4 000 Euro – zusätzlich zu den Förderungen, zu den Investförderungen. 3 Mil­liarden Euro gibt es für den Transformationsfonds für die Industrie – 3 Milliarden Euro! –, und das ist schon wichtig, weil alleine die Transformation letztlich die Abhängigkeit reduziert, und nur so kommt man aus diesen Preiseskapaden auch wirklich raus.


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Es gibt eine Gemeindemilliarde für Maßnahmen zur Reduktion des Energie­ver­brauchs und zur Nutzung erneuerbarer Energieträger. Auch das sind ganz, ganz wichtige Maßnahmen und das ist sehr viel Geld, um genau diese Preisab­hängig­keiten zu reduzieren. Wir haben 190 Millionen Euro jährlich zusätzlich für Energieeffizienzmaßnahmen für die Haushalte. Das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz wirkt, die Nachfrage ist fantastisch. Sie ist so riesig, dass man sie nicht einmal mehr befriedigen kann und die Lieferanten nicht mehr nachkommen. Darüber werden wir aber morgen noch sprechen.

Ganz ehrlich: Was mich immer ein bisschen ärgert – also nicht mich persönlich, das ist ja nicht so wichtig, aber im Sinne der Wirkung nach außen –, ist, immer so zu tun, als ob nichts geschehe, als ob es nichts gäbe. Das verunsichert und ist einfach nicht wahr! Und es ist einfach unredlich, tut mir leid, das muss man einmal deutlich sagen. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)

Wenn – das haben auch wir immer gesagt – es weitere Maßnahmen braucht, wird es sie geben, und es braucht unzweifelhaft weitere Maßnahmen, natürlich! (Bundesrätin Hahn: Ja wo sind sie? Wann? Wie? – Zwischenruf des Bundesrates Schennach.) Die Gaspreise sind stark gestiegen, aber nicht nur sie. Alle Energie­träger sind preislich in die Höhe gegangen, weil die Nachfrage stark angezogen hat. Das betrifft Pellets, das betrifft Fernwärme und so weiter.

Und jetzt steht, in der Thematisierung durch die SPÖ, als Maßnahme der Gas­preisdeckel im Raum, wobei es ja kein Gaspreisdeckel ist – das muss man ja dazusagen –, sondern es wird einfach mit extrem viel Geld abgeschnitten. Ein Gaspreisdeckel wurde gestern – das kommt dem viel näher – im Energieminis­ter:innenrat beschlossen. Allerdings ist er mit 180 Euro pro Megawattstunde zugegeben vorsichtig, weil es schon wichtig ist, dass die Versorgungssicherheit ganz oben steht – ich mag mir die Debatten gar nicht ausmalen, die es gäbe, wenn wir Versorgungsengpässe hätten. Nur: Das hat die Regierung hingekriegt.


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Das darf man, finde ich, auch einmal anerkennen. Ich habe es ja vorhin zitiert, wie voll die Speicher jetzt sind und wie massiv die Abhängigkeit von russischem Erdgas reduziert werden konnte. (Bundesrat Schennach: Mutig!) – Ja, das war mutig (erheitert), ich gebe Ihnen völlig recht, Herr Kollege (Bundesrätin Schumann: So kennen wir die Grünen in der Opposition! Immer dankbar sein und anerkennen! – Bundesrat Schennach: So ein Bild zu verwaschen hier! – Bundesrätin Schumann: Das ist schon unglaublich! Immer haben wir die Grünen so gekannt, dass man gesagt hat: Bitte seid dankbar in der Opposition!), und diese Debatten, wenn das nicht gelun­gen wäre, mag ich mir gar nicht ausdenken.

Ja, man kann eine Gaspreisbremse, wie Sie das fordern, politisch vertreten, aber entscheidend ist gar nicht so sehr das Instrument, ganz ehrlich. Entscheidend ist die Wirkung (Bundesrat Schennach: Aha!), und ein großer Nachteil des von Ihnen vorgeschlagenen Deckels ist übrigens, dass so ein Deckel das wundert mich ein bisschen – keine soziale Treffsicherheit aufweist (Bundesrätin Kittl: Genau!) und Gas für viele billiger macht, die es nicht billiger bräuchten, und damit für dieje­nigen, die es nicht bräuchten (Bundesrat Leinfellner: Der Klimabonus war ...!) – das ist zum Glück die Mehrheit (Bundesrätin Schumann: Selbst die Deutschen haben ein Anreizsystem zum Sparen! – Zwischenrufe bei der FPÖ) –, Anreize reduziert, Effizienzmaßnahmen umzusetzen und den Verbrauch zu senken. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Das ist einfach das falsche Instrument!

Vor Ihrem Vorschlag, jetzt quasi das deutsche Modell einfach so zu übernehmen, möchte ich ein bisschen warnen, weil das eine Spirale auslöst. (Bundesrat Schennach: Eine Spirale!) Es löst eine Spirale nach oben aus, dann in Konkurrenz zu Deutschland. Das kann sich Österreich vielleicht sogar leisten, viele Länder können sich das aber nicht leisten. Das ist bis zu einem gewissen Grad auch egoistisch, und ich teile das, auch wenn das in Deutschland Kolleginnen und Kollegen sind, nur sehr bedingt.

Übrigens – das sagen die Wirtschaftsforscher –: Es ist kein Standortnachteil. Wegen einer Maßnahme, die für ein Jahr fixiert ist, verlagert kein Betrieb den Standort. Das ist einfach eine Mär. (Bundesrätin Schumann: Danke! Das ist ja nicht


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wahr! – Bundesrat Schennach: Was ist denn das für eine Voodooökonomie? – Bundesrätin Schumann: Das darf ja nicht wahr sein! – Bundesrat Schennach: Voodoo! – Bundesrätin Schumann: Mhm!)

Ich erinnere mich noch an die heftige Kritik der Kolleginnen und Kollegen von der SPÖ, was Treffsicherheiten betrifft, und diese ist ja berechtigt, sage ich ganz offen. À la longue muss es gelingen, andere Teuerungsmaßnahmen durchgehend sozial zu staffeln, davon bin ich fest überzeugt (Bundesrat Schennach: Aha!), und jetzt fordern Sie eine Pauschalmaßnahme, die unfassbar viel Geld kosten würde, zig Milliarden kosten würde. (Bundesrätin Schumann: Aber keine Arbeitsplatz­garantie! Danke, Herr Kollege!) – Sie sollten sich entscheiden, was Sie vertreten.

Wichtig ist, dass das Heizen für diejenigen bezahlbar bleibt, die sich schwertun, das zu finanzieren, und ich traue mich einfach, es so zu sagen: Das funktioniert doch tatsächlich!

Wir sind hier im Bundesrat – und das ist ja eine gemeinsame Verantwortung mit den Ländern – und die Länder zahlen, das darf man positiv hervorheben, durchwegs Heizkostenzuschüsse aus. Auch die Stadt Wien hat ja wieder einen eingeführt, und zwar in einer guten Höhe.

Diese – und das macht es ja spannend, das ist ein spannendes Instrument; es hat mich gewundert, dass es niemand von Ihnen angesprochen hat – sind nicht abhängig vom Energieträger, bedienen also nicht nur Haushalte, die mit Gas heizen, und was besonders wichtig ist, weil die Kosten überall gestiegen sind: Die Heizkostenzuschüsse sind sozial treffsicher, weil sie einkommensabhängig sind. Und es funktioniert, weil es zu diesen Heizkostenzuschüssen überall in den Ländern Abwicklungssysteme gibt.

Es ist daher ein kluger Weg, finde ich, diese Schiene zu nutzen, und der Bund stellt nun – das werden wir auch morgen noch einmal debattieren – für die Aufstockung der Heizkostenzuschüsse der Länder 450 Millionen Euro zur Verfügung. Rein rechnerisch, das kann man jetzt einmal umlegen, könnten


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damit alle Haushalte im untersten Einkommensdrittel – also relativ großzügig – mit 330 Euro unterstützt werden.

Beispiel Vorarlberg, ausnahmsweise einmal ein bisschen Lokalkolorit: Da wurde der Heizkostenzuschuss zufällig auf genau diese 330 Euro angehoben, und das wären gemeinsam mit den Bundesmitteln fürs Heizen noch einmal 660 Euro dazu.

Ich erinnere noch einmal an den Anfang meines Beitrags: Das ist selbstver­ständlich im Zusammenspiel mit den anderen Entlastungen und Zahlungen zu sehen. Das ist ja nicht die einzige Maßnahme, ganz und gar nicht, und ich meine, das kann sich sehen lassen.

Ich verstehe schon, dass sich die Opposition positionieren will (Bundesrätin Schumann: Die hat sich bereits positioniert!), aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist niemandem geholfen, sich einzugraben. (Bundesrätin Schumann: Sehr richtig, Herr Gross! Sehr richtig!) Unterstützen Sie doch den skizzierten Zugang! Wichtig ist doch, dass es Hilfen gibt und dass sie zu den Menschen gelangen, die sie am dringendsten brauchen. (Bundesrat Schennach: Genau! So muss einmal die Regierung eine Erkenntnis haben!) Das ist auf jeden Fall ganz genau unser Anlie­gen. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP. Bundes­rat Schennach: Ihr müsst handeln! Die ÖVP muss unendlich dankbar sein, dass ...!)

18.20


Vizepräsident Günther Novak: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat David Egger-Kranzinger. – Bitte.


18.20.38

Bundesrat David Egger-Kranzinger (SPÖ, Salzburg): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Staatssekretärin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Zuseherinnen und Zuseher vor den Bildschirmen! Kollege Gross, wenn Sie diese Hülle und Fülle an Maßnahmen nennen – Sie haben das jetzt ja in einem Plädoyer runtergelesen –, frage ich mich allen Ernstes, warum dann Betriebe,


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nicht nur in meinem Ort, sondern im ganzen Bundesland Salzburg, mit denen ich ins Gespräch komme, auf mich zukommen und mir sagen, ja, sie überlegen, den Betrieb zuzusperren, weil sie es sich nicht mehr leisten können: die Backstube, die Gärtnereien das Glashaus. (Bundesrätin Eder-Gitschthaler: 100 Freistromtage von der Salzburg AG für KMUs! Das hat der Herr Landeshauptmann organisiert!) Warum kommen so viele Bürgermeisterinnen und Bürgermeister auch von der ÖVP her und sagen, dass sie sich das Heizen und den Betrieb der Schwimm­bäder nicht mehr leisten können und dass sie überlegen, das leider zuzusperren? Auch die ÖVP-Bürgermeisterinnen und -Bürgermeister klagen über diese unglaubliche Teuerung.

Ich frage mich wirklich, warum diese Hülle und Fülle an Maßnahmen – ich verstehe natürlich diese Lobhudelei innerhalb der Bundesregierung – nicht bei denen wirkt, die es wirklich brauchen. Auch wenn ich mich in Lehen vor den Interspar – fast ein Einkaufszentrum – stelle und mir Pensionistinnen und Pensionisten unter Tränen sagen, dass sie in einer kalten Wohnung sitzen, stellt sich die Bundesregierung allen Ernstes hier her und sagt: Heile Welt, alles in Ordnung! – So ist es aber nicht, da muss man aufwachen! (Beifall bei SPÖ und Grünen. Zwischenruf des Bundesrates Schennach.)

Danke, Frau Staatssekretärin, dass Sie zwei enorm wichtige Punkte ange­sprochen haben, nämlich einerseits die Inflation. Das hat ein bisschen so geklungen, als wäre das ein Naturgesetz und in Stein gemeißelt. Das Gegenteil ist der Fall. Die Inflation ist von Menschenhand, genauer gesagt, von Regierungshand gemacht. (Bundesrat Preineder: Die ist nicht nur in Österreich!)

Da komme ich gleich zum zweiten Punkt, zu diesen 47 Milliarden Euro, die Sie, glaube ich, genannt haben: Rekordförderungen in Zeiten von Corona. Die wären da und dort ja auch ganz gut aufgehoben gewesen, aber da frage ich mich schon. Mit 47 Milliarden Euro sind wir Spitzenreiter bei den Coronahilfen gewesen, aber das merkt man irgendwie bei der Inflation gerade nicht. Griechenland steht besser da, Frankreich steht besser da, Malta steht besser da. (Bundesrätin


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Steiner-Wieser: Die ganze Welt! – Ruf bei der FPÖ: Die ganze Welt steht besser da!) Da kann man ruhig so weitermachen: Die Schweiz steht besser da.

Wer waren denn die großen Profiteure von den 47 Milliarden Euro? – Es waren die Freunde von ÖVP-Ex-Kanzler Kurz: Es war der Gastronom Martin Ho mit 2,8 Millionen Euro an Förderungen, René Benko mit seinem Firmenimperium in der Höhe von 10 Millionen Euro, Novomatic in der Höhe von 2 Millionen Euro. (Bundesrat Kornhäusl: Hannes Androsch!) Ich kenne keinen österreichischen Haushalt, der solche Förderungen bekommen hat wie die Freunde der ÖVP. (Bundesrat Preineder: Die beschäftigen auch nicht so viele Leute!) Keinen einzigen! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Da muss ich ganz ehrlich sagen – Sie wollen ja hoffentlich nicht den Rechnungs­hof infrage stellen –, die Wahrheit ist, die Cofag und die Förderungen, die ausgeschüttet worden sind, sind schwer kritisiert worden. Es war total intranspa­rent, hat es geheißen. Sie haben die Konzerne gefördert, die Dividenden an die Aktionäre ausgeschüttet haben! Sie haben nichts für die vielen in diesem Land getan. Sie haben für die Krankenpfleger:innen applaudiert, aber etwas gezahlt haben Sie den Milliardären in diesem Land. (Beifall bei der SPÖ. Ruf bei der ÖVP: Frag einmal den ..., was er verdient!)

Ja, es gibt eine Bremse, es gibt eine halbherzig angezogene Handbremse, es gibt ein Deckelchen da, ein paar Förderungen dort – Herr Gross hat sie alle aufge­zählt –, aber ehrlich gesagt, ohne den Zettel hätten wir wahrscheinlich diesen Überblick überhaupt nicht gehabt. Wenn ich draußen in der Straßenbahn oder im Zug – egal in welchem Bundesland – jemanden frage, ob er einen Überblick über die Förderungen hat: Ich glaube, da braucht man mittlerweile ein Hoch­schulstudium. Diese Bundesregierung hat es nicht geschafft, einen einheit­lichen Fördermaßnahmenkatalog für die Österreicherinnen und Österreicher zu schaffen.

Was passiert jetzt? – Der Durchblick fehlt, es ist ein Förderdschungel, ein Förderwirrwarr, das nicht treffsicher ist, das nicht ankommt. Man sagt, dass


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jeder Topf seinen Deckel oder sein Deckelchen findet. Das ist vielleicht ganz nett für jemanden, der Liebeskummer hat, aber den Menschen in unserem schönen Österreich ist dadurch nicht geholfen.

Wir haben schon im April darauf hingewiesen, dass man zielgerichtete Maßnah­men braucht. (Bundesrat Preineder: Schnell muss es sein! Schnell! Schnell haben wir das gemacht!) Die FPÖ ist Gott sei Dank auf diesen Zug aufgesprungen, die Industriellenvereinigung hat das unterstützt, die Landeshauptleute – quer­feldein über ganz Österreich verteilt: Drexler, Stelzer – sind aufgesprungen, die Wirtschaftskammer ist aufgesprungen, um die Wettbewerbsfähigkeit weiterhin zu halten oder nicht zu verlieren – es geht um Arbeitsplätze in Österreich.

Es hat aber gedauert und gedauert, und diese Bundesregierung hat nichts getan. Seien wir uns ehrlich, die war in der Regierungshängematte. Man hat darauf gewartet, dass die EU jetzt eine halbherzige Lösung liefert. (Bundesrat Preineder: Ihr habt sie dauernd vor den EU-Ausschuss zitiert und Dringliche Anfragen gestellt!) Die Regierung – da muss ich schon korrigieren – hat es nicht vorangetrieben, einen Gaspreisdeckel auf europäischer Ebene einzuführen. (Bundesrätin Eder-Gitschthaler: Das kann sie ja gar nicht!) Die Regierung hat es nicht vorangetrieben, dass Meritordersystem auszusetzen. Ich meine, Sie sind in der Regierung. Dann tun Sie es! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich möchte jetzt nicht alles schlechtreden. Dieser auf europäischer Ebene eingeführte, vielleicht einmal greifende Gaspreisdeckel von 180 Euro die Megawattstunde ist eher der Notanker im Extremfall – so ehrlich muss man sein –, aber dadurch wird kein einziges Lebensmittel billiger – dadurch wird die Butter nicht billiger –, der Treibstoff nicht billiger und die Stromrechnung, wenn Sie zu Hause sitzen und den Fernseher aufdrehen, wird dadurch auch nicht billiger. In Wahrheit kommt dieser Deckel nicht an, er bringt nichts. Und ich kenne niemanden, der diese Hülle und Fülle an Maßnahmen kennt und zu Hause im Geldbörsel spürt.


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Damit kommen wir zur Scheinwelt der Grünen: Jeder kann sich eine Fotovoltaik­anlage aufs Dach montieren. (Zwischenruf der Bundesrätin Steiner-Wieser.) Jeder hat natürlich das nötige Kleingeld, um den Ölkessel oder die Gasheizung zu tauschen. (Bundesrat Preineder: 14 Prozent gefördert ...!) Nur ein paar Zahlen: Es gibt über 400 000 Gasheizungen in Wien, über 200 000 in Niederösterreich, über 100 000 in Oberösterreich. Jeder vierte Haushalt heizt mit Gas, die brauchen diese Entlastung. (Bundesrat Schennach: Das verstehen sie nicht! Das verstehen sie einfach nicht!) Die können das nicht von heute auf morgen tun.

Ich kenne viele Bekannte aus meinem Heimatort, Pensionistinnen und Pensionis­ten, die haben sich vor 50, 60 Jahren mit ganz viel Fleiß und wahrscheinlich blutigen Händen das Einfamilienhäusl hingestellt, einen Ölkessel eingebaut, und die können sich – trotz jeder Förderung – nicht von heute auf morgen einfach so ruckzuck ein neues Heizsystem für ihr Zuhause leisten. Das ist nicht die Lebensrealität der Menschen. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Bundesrates Kornhäusl.)

Wenn ich aus den Reihen der ÖVP höre, dass wir nicht die Pensionistinnen und Pensionisten in diesem Land vertreten müssen: Ja wer hat denn dieses Land aufgebaut? Wer unterstützt sie denn dabei? Wenn mir eine Pensionistin erzählt, dass sie sich am Ende des Monates, Kollege Kornhäusl, entscheiden muss, ob sie sich noch Fleisch kaufen kann oder nur Kartoffeln, sollte es bei der Regierung einmal klick machen.

Welche Auswirkung hat das denn auf diejenigen, die schon vor zehn Jahren auf Wärmepumpe umgestellt haben? – Unglaublich hohe Stromkosten! Für die, die schon auf Pellets umgestellt haben und natürlich etwas dazu beitragen wollten, ist das jetzt wieder mit extrem hohen Kosten verbunden. Sie haben die Entkop­pelung des Meritordersystems richtigerweise angesprochen. Bitte setzen Sie sich dafür ein! (Bundesrat Schennach: Sie haben ja dagegengestimmt!) Setzen Sie es um, wenn Sie das heute schon in den Raum stellen.


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Sie haben die Erbschaftssteuer kurz angesprochen. 1993 bin ich, glaube ich, gerade eingeschult worden. (Ruf bei der ÖVP: So wird das nichts mit Salzburg! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP. – Zwischenruf des Bundesrates Schennach.) Ich darf Sie an die jüngere Geschichte erinnern: Da hat Johanna Mikl-Leitner, die niederösterreichische Landeshauptfrau, eine Solidarabgabe für Superreiche gefordert. Meine Unterstützung hat die Landeshauptfrau von Niederösterreich bei dieser Maßnahme. (Beifall bei der SPÖ.)

Es ist für mich weniger verwunderlich, dass die Motivation von Grün und von Schwarz zur Entlastung der vielen in diesem Land nicht so hoch ist. Es ist für mich schon ein bissel verwunderlich, dass Ihr Regierungskollege, der Finanz­minister, der Robin Hood der Superreichen, den Großaktionären noch ein Weihnachtspackerl unter den Christbaum legen möchte (Bundesrätin Schumann: Ja, genau!) – mit der Abschaffung der Wertpapier-KESt. (Beifall bei der SPÖ.)

18.30


Vizepräsident Günther Novak: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bun­desrat Dr. Johannes Hübner. – Bitte. (Bundesrat Schennach – in Richtung Bundesrat Egger-Kranzinger weisend –: Ein Neuanfang für Salzburg! – Bundesrätin Schumann: Ja, so schaut’s aus! Das ist unsere Hoffnung! – Bundesrat Schennach: Aber nicht der Kollege Hübner! – Heiterkeit bei Bundesrät:innen der SPÖ.)


18.30.57

Bundesrat Dr. Johannes Hübner (FPÖ, Wien): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Staatssekretär! Lieber Kollege, Sie sind schon sehr heiter. (Bundesrat Schennach: Nein, es gab ein Missverständnis!) – Ja, ja. Ja, gut. Na ja, es ist ja insoweit heiter – oder sagen wir einmal: ehrlich –, dass bisher kein einziger Wiener SPÖ-Bundesrat das Wort ergriffen hat. Das finde ich sehr in Ordnung und sehr richtig. (Beifall bei der FPÖ. – Rufe bei der SPÖ: Das kommt schon! Das kommt schon noch! – Bundesrätin Grimling: Nur nicht zu früh freuen! – Bundesrat Schennach: Wir haben gewartet, dass Sie sich da rauswagen!)


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Der Kollege (in Richtung Bundesrat Obrecht weisend) kommt nach mir, den sehe ich schon, aber sonst hätte ich ja fast sagen müssen, man hätte mit einem Redebeitrag aus der ersten Bank den Bock zum Gärtner gemacht oder – Ent­schuldigung, SPÖ, bei Sozialdemokraten wird das gegendert – Geißen und Böcke zum Gärtner gemacht. So wäre es korrekt, ja. (Heiterkeit und Beifall bei Bundesrät:innen der FPÖ. – Bundesrätin Grimling: Zum Thema! Und jetzt schauen wir, wer da in der ÖVP über den Witz lacht!)

Das sage ich aber nicht und kann ich auch nicht sagen, weil Sie geschwiegen haben (Bundesrätin Hahn: Geht es dann zum Thema auch wieder?) und Redner von Ländern hier am Rednerpult standen, die sich nicht so mit Unehre bekleckert haben. Nur zur Erinnerung, liebe Wiener: Wer hat die Kosten für die Fernwärme um 93 Prozent, wer hat die für Mieten, wer hat die für Abwasser, Wasser (Rufe bei der SPÖ: Das Lamento kennen wir schon! – Bundesrat Schennach: Alles bekannt!) und so weiter erhöht? Wer hat die Strom- und Gaspreise um 200, 300, 400 Pro­zent, je nach Tarif, erhöht? – Das waren die städtischen Wiener Energiebe­triebe.

Da verstehe ich, dass man sich hier, wenn es um Gaspreisdeckel und Energie­preisdeckel geht, Gott sei Dank nicht zu Wort meldet. Dafür kriegen Sie eine Auszeichnung von mir, eine kleine weihnachtliche Auszeichnung. (Bundesrätin Grimling: Vom Herrn Dr. Hübner brauchen wir das!)

So, jetzt aber zum Kern der Sache: Fangen wir einmal mit dem Strom an! Das Wort Meritorder ist ja mehrfach gefallen, nur: Was heißt das, Meritorder, dieses System, Frau Kollegin, betreffend das Sie sagen, das alles kann nur auf euro­päischer Ebene gelöst werden, denn eine nationale Lösung wäre jedenfalls weniger als eine europäische? Was bedeutet das? – Meritorder heißt, es werden ständig Anbote an die Stromabnehmer, an die Stromgroßabnehmer von den Produ­zen­ten erstellt, und die kommen nach ihrer Billigkeit, nach ihrem Merit, zum Zug – also der Billigste und so weiter, und das letzte Stückerl wird letztendlich vom Teuersten gewonnen.


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Jetzt sollte man glauben, es gibt wahrscheinlich eine Preisregelung, dass jeder nach Anbot bezahlt wird, aber: Nein, es ist vorgesehen, dass alle nach dem teuersten Anbot bezahlt werden. Dieses System hat lange Zeit einigermaßen funktioniert, weil die Anbote wenig differenziert sind. Jetzt aber, da der Markt völlig zusammengebrochen ist und gestört wird, jetzt wird von den Strom­erzeugern großflächig abgecasht – anders kann man es nicht sagen.

Schätzen Sie einmal, Kollege Schennach, wie viel Prozent des österreichischen Stroms – jetzt lassen wir einmal Wien von der Schaufel (Bundesrätin Grimling: Von der Schaufel?) – mit Gas produziert wird! Schätzen Sie einmal! Oder wollen Sie nicht? Dann müssen Sie nicht schätzen. Die Frau Staatssekretärin wird es wissen. Es sind, wenn die Wasserkraftwerke richtig funktionieren, wenn es nicht sehr trocken und kalt ist, 10 Prozent. Wenn es sehr kalt ist und sehr, sehr lang nicht regnet, sind es bis zu 20 Prozent. Das ist das Maximum, also bis zu höchstens 20 Prozent. Im Schnitt sind es 13, 14 Prozent, die mit Gas erzeugt werden. Da sollte man glauben: Selbst wenn sich der Gaspreis verdreifacht, dann könnte sich der Strompreis – wenn man berücksichtigt, dass ja im Elektrizitäts­preis nicht nur das Rohstoffmittel vorhanden ist, sondern dass da auch die Leitung und die Administration bezahlt werden – vielleicht um 20 oder 25 Pro­zent, aber nicht um 200, 300, 400 Prozent erhöhen.

Wir erleben in diesem Bereich also ein eklatantes Marktversagen, und was ich nicht verstehe, Frau Staatssekretär Plakolm, ist, dass Sie da großartig herum­reden und nicht sagen: Es handelt sich da um eine skandalöse Situation, wo auf den Kosten der Abnehmer – gleich, ob es Gewerbetreibende, Industrielle, Private, Pensionisten oder Millionäre sind – ein Riesengeschäftsmodell ent­wickelt wurde, dem seit zehn Monaten niemand in die Parade fährt.

Es wird nur gesagt: Wir sollten, wir müssten. – Die Europäische Union macht nichts! Diese sogenannte Gaspreisbremse mit 180 Euro pro Megawattstunde ist ja auch ein Witz, wenn der Marktpreis derzeit bei 110, 112 Euro liegt. Wir liegen mit dieser Bremse ja um 25 Prozent über dem Marktpreis! Es passiert also gar nichts. Daher meine Frage – ich weiß nicht, ob Sie sich noch einmal zu Wort


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melden –: Wieso macht Österreich hier nichts und versteckt sich hinter dem Stehsatz, eine nationale Lösung könne nur schlechter als eine europäische sein? – Jede Lösung ist besser als eine Nulllösung oder keine Lösung! (Beifall bei der FPÖ sowie der Bundesräte Egger-Kranzinger, Obrecht und Schmid.)

Und, liebe Kollegen von den Grünen oder was immer, ja, man kann natürlich mit einer gigantischen Bürokratie ständig Gelder und Almosen verteilen und irgendwelche Bonusse ausschütten und dergleichen. Das kann man machen, wenn man verbergen will, dass man nicht bereit ist, dem Problem auf den Grund zu gehen. Warum Sie das machen, weiß ich nicht. Ich weiß auch nicht, warum es die Frau Staatssekretärin macht, aber sie wird wahrscheinlich Vorgaben haben, die sie zu erfüllen hat. Warum es aber die Bundesregierung nicht macht, warum es niemand in der Regierung zur Sprache bringt, verstehe ich nicht. Und warum es selbst die SPÖ nur verschämt irgendwo als Frage 17 bringt und nicht als zentrales Element einer Anfrage und Kritik, verstehe ich auch nicht.

Ich würde es verstehen, wenn es von der SPÖ Wien käme, ich verstehe es aber nicht, wenn es von anderen Bundesländern kommt. (Bundesrätin Prischl: Wien ist die lebenswerteste Stadt der Welt! – Bundesrätin Hahn: Nach wie vor die lebens­werteste Stadt!) Der Kollege aus Salzburg hat es dankenswerterweise aufs Tapet gebracht – immerhin. Also das ist einmal die erste Forderung, und wenn jemand das nicht angeht und das nicht beim Namen nennt, dann braucht er nicht herumzureden, dass er gegen die Teuerung vorgeht.

Natürlich ist die Teuerung im Kern eine Energieteuerung – ganz klar! –, die jetzt in allen Bereichen durchscheint, und die wird natürlich durch Almosen und Geschenke, durch Schmerzmittel nicht gelindert. Sie wird gefühlsmäßig bei einigen gelindert, aber inflationär nicht.

Die Situation betreffend den Gaspreis ist ja ähnlich skandalös. Da geht es ja nicht darum, dass es auf dem Weltmarkt einen Gasmangel gibt, dass Gas ein Mangel­produkt ist, nein, das ist ein rein west- und nordeuropäisches Thema. Alle anderen


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Kontinente und Länder haben das nicht. Gas ist ein Überschussprodukt! Die bekannten Reserven, die es weltweit gibt, reichen für 285 Jahre und wachsen derzeit pro Jahr – pro Jahr! – um zehn, 20 Jahre.

Es ist nur die Frage, woher man es holt, wie ökologisch man es holt und wie teuer man es holt. Wenn ich sage: Ich drehe die Pipelines ab oder ich sprenge die Pipelines in die Luft oder schaue zu, wie meine eigenen Pipelines in die Luft gesprengt werden und vergieße dann Krokodilstränen darüber, dass ich das Gas um den zehnfachen Preis verflüssigt aus Katar, aus dem Oman oder den USA kaufen muss!, dann, Entschuldigung, kann man mir als Verantwortlichem nicht helfen.

Daher, liebe Freunde und Kollegen: Kehren wir bei diesem Thema endlich zur Ehrlichkeit und zu den Wurzeln zurück! Behandeln wir die Dinge so, wie sie sind! Behandeln wir Fakten als Fakten, verschweigen wir sie nicht, relativieren wir sie nicht, verharmlosen wir sie nicht!

Wenn wir das nicht können, liebe Kollegen, dann sind wir gezwungen, die Regie­renden und die Verantwortlichen auszutauschen. Es ist zwar ein Stehsatz der Opposition, Neuwahlen und Regierungswechsel zu verlangen, aber in diesem Fall disqualifiziert sich eine Regierung von A bis Z, sodass mir nichts anderes übrig bleibt, als mich Kollegen Pröller vollinhaltlich anzuschließen: Da kann es nur mehr Neuwahlen geben. – Vielen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

18.38


Vizepräsident Günther Novak: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundes­rat Mag. Sascha Obrecht. – Bitte, Herr Bundesrat.


18.38.59

Bundesrat Mag. Sascha Obrecht (SPÖ, Wien): Herr Vizepräsident! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Kollege Hübner hat sich ein bissel zu früh gefreut, als er meinte, dass kein Wiener Sozialde­mo­krat hier rauskommt. Jetzt bin ich da. Ich hoffe, ich habe Ihnen den Tag


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verschönert (Heiterkeit und Beifall bei Bundesrät:innen der SPÖ – Bundesrat Schennach: Hübner ist glücklich! Hübner: Glücklich jetzt, ja?), aber ich würde eigentlich ganz gern auf das Bezug nehmen, was die Staatssekretärin auf diese Anfrage geantwortet hat, denn darum ging es bei dieser Anfrage ja eigentlich.

Sie hat einmal einerseits eine Zahl in den Raum gestellt, die immer von der Bundesregierung in den Raum gestellt wird, nämlich die 40 Milliarden Euro an Förderungen. Das ist leider immer und immer wieder ein Taschenspieler­trick:

Allein 7 Milliarden Euro davon waren im Gesundheitsressort und sind nie tatsächlich an Unternehmen geflossen, sondern haben Kosten abgedeckt.

Ein Großteil dieser 33 Milliarden, der größte nämlich – 13 Milliarden: 10 Milliar­den an Kurzarbeitshilfe, 2 Milliarden Härtefallfonds – sind nach wie vor im Dunkeln. Wir wissen auch nicht, wer die bekommen hat. Es steht der Verdacht im Raum, dass da überfördert wurde. Insofern: Diese Zahl bringen Sie immer wieder, aber wir wissen nach wie vor nicht, ob dieses Geld tatsächlich auch eine Wirkung hatte, und zwar an den richtigen Stellen.

Dann will ich noch auf etwas anderes hinweisen: Die Staatssekretärin hat noch zusätzlich den Vergleich mit Deutschland in den Raum gestellt, nämlich dass der deutsche Gaspreisdeckel nicht mit Österreich vergleichbar sei, denn in Öster­reich betrifft das „nur 23 Prozent“ der Haushalte. (Bundesrat Schennach: Ja, das war die Frau Staatssekretärin!) Die Aussage an sich muss man sich auf der Zunge zer­gehen lassen: Nur 23 Prozent der Haushalte heizen mit Gas, deswegen ist es wurscht! (Bundesrat Preineder: Die anderen heizen ja auch ...!) Das ist die Aussage der Frau Staatssekretärin. (Beifall bei der SPÖ.)

Diese 23 Prozent, das ist eine Million der Haushalte, davon 440 000 alleine in Wien, brauchen dringend Unterstützung. Und wenn Kollege Adi Gross sagt, dass es den Menschen wurscht ist, welche Strategie man nimmt, es komme nur


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darauf an, ob sie wirkt oder nicht, dann stimme ich ihm ausnahmsweise sogar vollkommen zu. Das Problem ist aber, die Regierungsvorschläge wirken nicht. Woran mache ich das fest? – Wenn Sie in die Volkshilfe Favoriten kommen würden, dann würden Sie sehen, dass die Menschen Winterhilfspakete brauchen, und zwar in einem Ausmaß, das es dort noch nie gegeben hat. Wenn Sie der Caritas-Sozialberatung bei der Enquete zugehört hätten, dann wüssten Sie, dass die Menschen nicht wissen, wo sie das Geld fürs Essen herbekommen (Beifall bei der SPÖ), und dann kann man nicht davon reden, dass es funktioniert! Das kann man nicht.

Man kann schon sagen, dass es viele Maßnahmen gegeben hat, die unter­stützt haben, das würde ich gar nicht infrage stellen – es gab einen Strompreis­deckel, ja, das kann ich auch durchaus zugestehen –, Sie werden aber wohl auch die Realität anerkennen, dass es Menschen in diesem Land gibt, die es gerade extrem schwer haben und nicht wissen, wie sie über die Runden kommen.

Ich habe deswegen auch einen Entschließungsantrag mitgebracht, der vielleicht eine Maßnahme setzen könnte, um der Inflation zu begegnen:

Entschließungsantrag

der Bundesrät:innen Günther Novak, Kolleginnen und Kollegen betreffend „dringend notwendige Inflationsanpassung von Kilometergeld, Diäten, Nächtigungsgeldern und Zulagen im Steuerrecht“

Und zwar wolle der Betriebsrat - - (Heiterkeit und Bravoruf bei der SPÖ.)

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Finanzen, wird aufgefordert, dem Nationalrat und dem Bundesrat umgehend ein Gesetz zur Beschlussfassung vorzulegen, mit dem die Sätze für das Kilometergeld entsprechend wie folgt angehoben werden:“


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Für Pkw von momentan 42 auf 60 Cent, für Motorfahrräder und Motorräder von 24 auf 35 Cent, für Fahrräder von 38 auf 50 Cent, für Mitfahrer:innen von 5 auf 10 Cent.

„Zudem soll sichergestellt werden, dass auch Diäten, Nächtigungsgelder und Zuschläge, beispielsweise für Sonntags-, Nacht- und Feiertagsarbeit sowie Schutz-, Erschwernis- und Gefahrenzulage sowie Überstundenzuschläge ent­sprechend der Inflationsentwicklung zumindest wie folgt angepasst werden:“

Werbungskostenpauschale von 132 auf 300 Euro, Tagesdiäten Inland von 26,40 auf 40 Euro, Nächtigungsdiäten Inland von 15 auf 25 Euro, Veranlagungs­freibetrag von 730 auf 1 500 Euro, Freigrenze Jahressechstel von 2 100 auf 2 500 Euro und Zulagen/Zuschläge von 360 auf 580 Euro.

*****

(Beifall bei der SPÖ.)

Diesen Vorschlag machen wir nicht zum ersten Mal, den haben wir schon öfters eingebracht. Das wäre eine Maßnahme, mit der sie einmal Arbeitnehmer:innen unter die Arme greifen könnten, denn eine Sache, die auch wieder heraus­gekom­men ist, ist Folgende: Es sind noch Maßnahmen geplant, und zwar will man Unternehmen unterstützen (Bundesrat Preineder: Wie wollt ihr denn arbeiten oder wollt ihr nirgends arbeiten? Ich glaube, wir brauchen schon Unternehmen, wo die Leute was verdienen!), in dem, wie sie mit den hohen Gaskosten umzugehen haben – die Unternehmen! Dagegen bin ich auch gar nicht, den Unternehmen muss man auch unter die Arme greifen, aber man muss auch den Privathaus­hal­ten unter die Arme greifen. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Bundesrates Buchmann.)

Es kann nicht sein, dass am Ende, im Jänner, kurz vor der Niederösterreichwahl ein Paket beschlossen wird, bei dem dann auf einmal herauskommt, dass Unternehmen ein Viertel der Kosten von den Privathaushalten zahlen. Und


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darauf scheint es hier hinauszulaufen. Das haben wir in der Vergangenheit immer wieder erlebt.

Zum Abschluss komme ich noch zu Folgendem: Meine sehr geehrten Damen und Herren, meine lieben Österreicherinnen und Österreicher! Die Bundes­regie­rung hat eine politische Entscheidung getroffen. Die politische Entscheidung war, Ihnen mit Ihren Gaspreisen nicht zu helfen. (Bundesrat Buchmann: Das stimmt ja nicht!) Sie frieren, weil die Bundesregierung nicht helfen wollte. (Beifall bei SPÖ und FPÖ.) Sie hat es auch heute wieder gesagt: Es ist kein Thema, hier zu helfen!

Liebe Österreicherinnen und Österreicher, Sie haben auch die Möglichkeit, eine Entscheidung zu treffen, nämlich am Wahlzettel, und Sie können dafür sorgen, dass diese Bundesregierung mit nassen Fetzen aus dem Ballhausplatz getrieben wird, genau dorthin, wohin sie hingehört, nämlich ganz weit weg. (Beifall bei SPÖ und FPÖ. – Zwischenruf des Bundesrates Preineder.)

18.44


Vizepräsident Günther Novak: Der von den Bundesräten Günther Novak, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „drin­gend notwendige Inflationsanpassung von Kilometergeld, Diäten, Nächti­gungsgeldern und Zulagen im Steuerrecht“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor. – Wünscht noch jemand das Wort? (Bundesrat Spanring hebt die Hand.)

Herr Spanring hat sich zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Bundesrat. (Bundesrätin Zwazl: Wieder eine Spontanrede! – Ruf bei der ÖVP: Geh bitte, der hat wieder eine Spontanrede! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP. – Der Vizepräsident gibt das Glockenzeichen.)



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18.44.54

Bundesrat Andreas Arthur Spanring (FPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Frau Staatssekretär! Herr Minister! Ich finde die Aufregung immer so lustig. Die ÖVP ist schon ganz nervös, aber das wird schon einen guten Grund haben. (Rufe bei der ÖVP: Nein! – Bundesrat Preineder: Eher gelangweilt, Herr Kollege!) Wissen Sie, Herr Köck, was der Unterschied zwischen Ihnen und mir ist? – Ich kann das. Ich kann hier herauskommen und etwas zu einem aktuel­len Thema sagen, Sie nicht. Sie brauchen irgendetwas Vorgefertigtes, das unterscheidet uns. (Beifall bei der FPÖ. Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Herr Gross, zu Ihnen, weil Sie vorhin herausgegangen sind: Erstens bin ich so froh, dass ich Sie heute gesehen habe, Sie haben so ein munteres Gemüt, so ein liebliches Gemüt (Bundesrat Schreuder: Das stimmt!), da freut es mich auch. Vor allem habe ich mir heute Sorgen gemacht, weil es draußen so kalt ist, und Ihrer Politik nach, so wie Sie da herinnen immer reden, kleben sie wahrscheinlich sonst immer, zwischen den Bundesratssitzungen, auf den Straßen. Wenn Sie das aber genauso erfolgreich machen wie Ihre Politik, dann brauche ich mir als passionierter Autofahrer nicht viele Sorgen zu machen, denn Sie kleben wahr­scheinlich immer auf Radwegen. (Heiterkeit und Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Bundesrates Preineder.  Ruf: Besser am Radl als am Sessel kleben, ich sag es dir!) Aber egal! Zu den - - (Heiterkeit des Bundesrates Steiner sowie des Redners.) –Ja, zu den - - (Bundesrat Steiner: Aber das passt zum Adi! – Bundesrat Schreuder: Sehr lustig, sehr lustig! Wir haben uns zu Tode gelacht!)– Ja, ich finde es eh lustig. Au weh!


Vizepräsident Günther Novak: Wenn wir uns wieder beruhigt haben, dann können wir fortfahren!


Bundesrat Andreas Arthur Spanring (fortsetzend): Meine Damen und Herren, zu den Energiekosten: Wir haben ein grundsätzliches Problem, wenn wir immer über die hohen Energiekosten reden. Es probiert immer jeder, die Symptome zu bekämpfen, aber die Wahrheit ist, wir müssen einmal die Ursache bekämpfen.


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(Zwischenruf der Bundesrätin Kittl.) Auf diese Idee kommt von dieser Regierung natürlich niemand und leider, muss ich sagen, kommt man auch in der Euro­päischen Union nicht auf die Idee, dass man die Ursachen bekämpft, sondern man bekämpft immer nur die Symptome. (Zwischenrufe der Bundesrät:innen Kittl und Köck.)

Wie macht man das? – Indem man hergeht und Milliarden von Steuergeld ausgibt – ich bin ja der SPÖ richtig dankbar, und im Gegensatz zur ÖVP meine ich das ernst, dass ihr heute diese Dringliche Anfrage gemacht habt, weil sie richtig und wichtig war –, und diese Milliardenhilfen zeigen eines – wir haben es vorhin von der SPÖ gehört und es ist richtig –: Es kennt sich niemand mehr aus. Und jetzt denken wir einmal daran, wie es in der Coronazeit mit den Maßnah­men war! Es hat sich niemand mehr ausgekannt. Das ist die pure Absicht dieser Regierung (Beifall bei der FPÖ – Zwischenruf des Bundesrates Preineder), damit da niemand mehr durchblickt.

Nur: Sie schaffen damit ein großes Problem. Wenn Sie das machen, dann gibt es eine Planungsunsicherheit – nicht nur bei den Privaten, die um ihre Existenz, um das Überleben Angst haben, sondern eine Planungsunsicherheit für alle Firmen. Denen geht ebenfalls die Düsen, dass sie vielleicht nächstes Jahr nicht mehr bestehen können. Das bedenken Sie nicht!

Ich weiß schon, was jetzt kommen wird. Die Niederösterreichwahl ist ange­sprochen worden. – Herr Kollege (in Richtung Bundesrat Obrecht), du hast vollkommen recht. Ich sehe das so wie du und ich bin mir bei einem ganz sicher: dass Mikl-Leitner noch anrufen wird und sagen wird: So, lieber Karl Nehammer, und jetzt schaust du, dass du noch eine Milliardenförderung raushaust! – Und genau das wird passieren. Wir werden vor Weihnachten noch erfahren, dass diese ÖVP wieder irgendeine Milliardenförderung raushaut (Bundesrat Preineder: Ja sollen wir den Leuten jetzt helfen oder nicht?), und wir dann Mitte des Jahres 2023 draufkommen – nachdem Mikl-Leitner vielleicht wieder im Amt sitzt; ich hoffe nicht, aber vielleicht doch wieder –, dass das, was jetzt wieder versprochen wird, heiße Luft war und nicht mehr. Und genau darum geht es.


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Das ist reine Showpolitik, was da von der ÖVP betrieben wird. (Beifall bei der FPÖ sowie der Bundesräte Obrecht und Schmid.)

Zum Thema Ursachenbekämpfung, denn das ist eigentlich der Grund, warum ich herausgekommen bin: Jetzt haben wir ja mitbekommen, dass wir Gas aus Katar bekommen – also die Wahrheit ist, wir bekommen in Österreich unter Volllast für 10 Minuten Gas aus Katar; das ist eine andere Geschichte (Bundesrat Schennach: Aus den USA!) –, aber dadurch, dass ja dieser Korruptionsskandal in der Europäischen Union mit Eva Kaili (Bundesrat Kornhäusl: ... Sozialisten!) statt­gefunden hat oder noch immer stattfindet, hat die EU gesagt, die katarischen Interessenvertreter haben jetzt keinen Zugang mehr. Daraufhin hat Katar gesagt: Na gut, dann drehen wir der EU das Gas ab! Ja, jetzt haben wir ein Problem, nicht? Man hat es sich mit den Russen verscherzt, von dort werden wir kein Gas mehr kriegen, jetzt kriegen wir aus Katar auch kein Gas mehr.

Bitte, Frau Gewessler, ich hoffe sie sitzt schon in irgendeinem Privatjet in Richtung zu irgendeinem Despoten oder vielleicht nach Nordkorea zu Kim Jong-un (Heiterkeit des Bundesrates Steiner) – ich weiß ja nicht, zu irgendeinem Menschenrechtsfreund halt – und schaut, ob wir von dort Öl oder Gas herkrie­gen; ich weiß übrigens nicht, ob es in Nordkorea Öl oder Gas gibt, aber es ist mir auch wurscht. Das ist lächerlich, was Sie da alles aufführen. Lächerlich! (Beifall bei der FPÖ.)

Kollege Pröller hat vorhin richtigerweise gesagt: Wir müssen endlich wieder an den Verhandlungstisch zurückkehren. Wir müssen wirklich mit diesen Knie­schusssanktionen aufhören und versuchen, dass wir hier wieder ein normales Leben führen können! (Bundesrätin Steiner-Wieser: Genau!)

Liebe Freunde hier herinnen, ich kann mich erinnern: Bei der letzten Sitzung sind die Damen hier im Bundesrat mit angezogenen Jacken gesessen, weil es so kalt war. (Zwischenruf der Bundesrätin Kittl.) Frieren für den Frieden – ich meine, seid mir nicht böse: Das ist lächerlich, das ist wirklich lächerlich, was ihr da macht! Das ist reine Showpolitik, das bringt niemandem etwas.


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Weil wir bei Korruption und Katar sind: Vielleicht ist es dem einen oder anderen entgangen: Wissen Sie, wer noch in Katar war und sich dort mit den Scheichs getroffen hat? (Bundesrat Schennach: Ja, der Kurz!) – Sebastian Kurz, aber es gilt die Unschuldsvermutung. (Heiterkeit und Beifall bei der FPÖ.)

18.50 18.50.41


Vizepräsident Günther Novak: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Es liegt ein Antrag der Bundesrät:innen Günther Novak, Kolleginnen und Kolle­gen auf Fassung einer Entschließung betreffend „dringend notwendige Inflationsanpassung von Kilometergeld, Diäten, Nächtigungsgeldern und Zulagen im Steuerrecht“ vor. Ich lasse über diesen Entschließungsantrag abstimmen.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Entschließungsantrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenminderheit. (Bundesrätin Schumann: Eh klar!) Der Antrag auf Fassung der gegenständlichen Entschließung ist somit abgelehnt. (Bundesrat Schennach: Aber sehr knapp! – Heiterkeit bei der ÖVP.) – Ja, ich habe meinen eigenen Antrag abgelehnt.

18.51.37Dringliche Anfrage

der Bundesrät:innen Christoph Steiner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend „Türkis-Grün zerstört das österreichische Gesundheitssystem“ (4065/J-BR/2022)


Vizepräsident Günther Novak: Wir gelangen nunmehr zur Verhandlung über die Dringliche Anfrage der Bundesräte und Bundesrätinnen Christoph Steiner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz.


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Noch einmal: Herzlich willkommen, Herr Bundesminister Johannes Rauch, bei uns hier im Sitzungssaal! (Beifall bei den Grünen, bei Bundesrät:innen der ÖVP sowie des Bundesrates Schennach.)

Da die Dringliche Anfrage allen Mitgliedern des Bundesrates zugegangen ist, erübrigt sich eine Verlesung durch die Schriftführung.

Ich erteile Herrn Bundesrat Andreas Arthur Spanring als Anfragesteller zur Begründung der Anfrage das Wort. – Bitte, Herr Bundesrat. (Bundesrat Spanring tritt mit einem Buch in blauem Einband an das Redner:innenpult. – Bundesrat Schennach: He, das blaue Buch!)


18.52.15

Bundesrat Andreas Arthur Spanring (FPÖ, Niederösterreich): Herr Vorsitzender! Herr Minister! Kollegen im Bundesrat! Sehr geehrte Damen und Herren vor den Bildschirmen und auf der Galerie! Und auch ein herzliches ungegendertes Grüß Gott an die Kollegen von der SPÖ! (Heiterkeit bei der FPÖ und bei Bundesrät:innen der ÖVP.) Leider ist es so – ich habe es beim letzten Mal angesprochen–: Der ORF ist schon wieder nicht da, wir kennen das schon, der Bildungsauftrag des ORF ist anscheinend eine reine Fehlanzeige. Bisher habe ich mich immer gewun­dert, warum das so ist; nach dem, was jetzt vor Kurzem aufgekommen ist, ist es mir klar: Wahrscheinlich sind sämtliche ORF-Redakteure gerade in Niederöster­reich bei Johanna Mikl-Leitner bei der Befehlsausgabe, damit sie wissen, was sie morgen bringen dürfen und was nicht.

Nun aber zu unserer Dringlichen Anfrage: Herr Gesundheitsminister, wo soll ich anfangen? Die grüne Gesundheitspolitik ist eine Politik des Versagens, und sie ist eine Politik, die den Menschen in Wahrheit nicht hilft, sondern unsere Lands­leute krank macht und im Stich lässt. Man muss es leider in dieser Deutlichkeit aussprechen. (Beifall bei der FPÖ.)

Eines gleich vorweg: Schuld daran tragen nicht die überlasteten Ärzte, Schuld daran trägt nicht das überlastete Pflegepersonal und auch kein sonstiges


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Personal, das im Gesundheitswesen tätig ist, sondern schuld an diesem katastro­phalen Zustand ist einzig und allein das politische Versagen dieser schwarz-grünen Regierung in Kooperation mit den von SPÖ und ÖVP geführten Bundes­ländern. (Beifall bei der FPÖ.)

Tagtäglich lesen wir in den Zeitungen Horrormeldungen aus dem österreichi­schen Gesundheitssystem, insbesondere aus den Krankenanstalten. Fast täglich hören wir solche Meldungen im Radio und auch im Fernsehen. Und das Schlimmste – und da entspricht das leider auch der Realität –: Bald wird jeder jemanden kennen, der irgendwo in einer Krankenanstalt etwas sehr Negatives erlebt hat. Drei Jahre und drei grüne Gesundheitsminister hat es gebraucht, um ein zugegeben auch schon vorher, nämlich über die letzten 15 Jahre, immer weiter zusammengespartes Gesundheitssystem nun tatsächlich an den Rand des Kollapses zu bringen.

Von Wolfgang Mückstein hört man Gott sei Dank nichts mehr. Rudi Anschober hingegen war leider erst gestern wieder medial vertreten. Herr Anschober, der Minister außer Dienst von den Grünen, rät jetzt wieder zu Masken im Innenraum. Die Politik hat ihn überlastet, aber jetzt aus der zweiten Reihe ist er leider wieder mutig. Da muss ich wirklich sagen: Bitte, liebe Medien, geben Sie so einem Schwurbler keine Bühne mehr! Er hatte seine Chance sogar als Gesund­heitsminister, und er hat kläglich versagt. (Beifall bei der FPÖ.)

Herr Anschober, falls Sie zuschauen: Sie dürfen immer und überall 24 Stunden am Tag, auch wenn Sie alleine sind, Maske tragen und Sie dürfen sich auch jeden Tag dreimal impfen lassen, aber bitte lassen Sie uns mit Ihren Torheiten in Ruhe! Wir haben inzwischen nach drei Jahren genug davon. (Beifall und Bravoruf bei der FPÖ.)

Jetzt haben wir mit Minister Rauch den dritten grünen Gesundheitsminister – und es hat sich nichts verbessert. Wobei: Das stimmt nicht ganz, eines muss ich sagen, Herr Minister – damit Sie sehen, auch wir können positive Dinge erkennen und auch würdigen –: In einem Punkt möchte ich eine Lanze für Sie


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brechen. Als vor einigen Wochen wieder all die Coronahysteriker ihr Comeback gefeiert haben, da waren Sie es, der hier zumindest kurzzeitig auf die Bremse getreten ist und auch kalmierend eingewirkt hat. Das ist mein voller Ernst, das rechne ich Ihnen positiv an, das wäre unter Anschober und unter Mückstein sicher ganz anders gewesen. Die beiden Coronafanatiker hätten die Angst-und-Panik-Politik von Sebastian Kurz ohne Rücksicht auf Verluste umgesetzt. Leider – das muss ich auch sagen –, Herr Minister, das war es dann schon wieder mit den positiven Dingen, die ich über Ihre bisherige Performance sagen kann.

Das Gesundheitssystem ist nachhaltig geschädigt. Daran hat natürlich diese schwarz-grüne Regierung und die schwarz-grüne Coronapolitik einen großen Anteil, um nicht zu sagen, Sie haben damit den Zerstörungsturbo gezündet. Ihre überzogene, evidenzlose und unverhältnismäßige Politik in dieser Zeit hat nicht nur die Gesellschaft gespalten, am Arbeitsmarkt und in der Wirtschaft schwere Kollateralschäden hinterlassen, nein, Sie haben mit Ihrer Politik auch das Gesundheitssystem organisatorisch, finanziell und vor allem personell an den Abgrund gebracht. (Beifall bei Bundesrät:innen der FPÖ.)

Ganz aktuell hat ja der jüngste Anschlag dieser Regierung auf das österreichische Gesundheitssystem stattgefunden. Ihre Budgeterstellung samt Beschlussfassung im Nationalrat kommt einer Bankrotterklärung des Gesundheitssystems gleich. Damit hungern Sie die Gesundheitsversorgung weiter aus, währenddessen Sie wieder Milliarden für die Impfstoffbeschaffung und weitere Coronamaßnahmen wie Testungen und dergleichen bereitstellen. Ich sage Ihnen das in meinen eigenen Worten, was ich persönlich davon halte: So eine Politik ist verrückt, so eine Politik ist verantwortungslos und gemeingefährlich, so eine Politik gehört in Wahrheit besachwaltet. Und das sehen wir an unzähligen Beispielen. (Beifall bei der FPÖ.)

Bei der Krankenanstaltenfinanzierung des Bundes für 2023 gibt es eine Steigerung von lediglich 5,7 Prozent. Das ist lächerlich, das ist genauso lächerlich wie die 1 500 Euro im Jahr für pflegende Angehörige. Lediglich 25 Millio­nen Euro sollen im Jahr 2023 für die Primärversorgung, sprich im niedergelassenen


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Bereich, also für Allgemeinmediziner und Fachärzte aufgewendet werden. Im Vergleich dazu sind Milliarden für Coronamaßnahmen geplant, während man dieses Geld in Wahrheit in der echten Gesundheitsversorgung bräuchte. Damit lässt sich aber wahrscheinlich nicht so gut Geld verdienen wie mit Corona – nicht wahr, liebe Regierung?

Obwohl noch circa 20 Millionen Impfdosen in Österreich auf Lager liegen und wahrscheinlich auf ihre Vernichtung warten, sollen wieder 300 Millionen Euro für den Ankauf neuer Covid-19-Impfstoffe ausgegeben werden. Wir haben viele Millionen Impfdosen ganz einfach verschenkt, weil wir ja so ein reiches Land sind – so ein reiches Land! Und so, wie es scheint, sind wir immer dann reich, wenn es darum geht, dass wir irgendetwas woandershin schenken. Wenn wir das Geld für die eigenen Leute brauchen, ist komischerweise kein Geld da. Das muss mir einmal jemand erklären. (Beifall bei der FPÖ.)

Herr Minister Rauch, ich habe Sie in der letzten Bundesratssitzung ange­sprochen, aber ich glaube, da waren Sie nicht da: Sie haben echt ein Glück, dass Sie in Österreich und nicht in Kirgistan Minister sind (Bundesrätin Zwazl: Also was soll denn das?), denn der kirgisische Gesundheitsminister wurde verhaf­tet, und ich sage Ihnen auch, warum: Die Staatsanwaltschaft wirft dem Gesundheitsminister Korruption, Bestechung und Amtsmissbrauch vor (Bundes­rat Kornhäusl: Aber jetzt musst aufpassen, gell!), weil er 2,5 Millionen Impfstoffe gekauft hat – ich zitiere –, die niemand brauche.

Herr Minister Rauch, würde unsere Justiz so rigoros arbeiten, dann würden Sie sich in der JA Wien Josefstadt schon einen Haftraum mit Herrn Anschober und Herrn Mückstein teilen. (Beifall bei der FPÖ sowie Bravoruf des Bundesrates Ofner.)

Ich kann Sie beruhigen, meine Damen und Herren, das war jetzt eine glatte Falschinformation von mir, quasi Fakenews, Sie wären natürlich nicht in einem Haftraum, weil Komplizen in Untersuchungshaft voneinander getrennt werden (Heiterkeit bei der FPÖ), Stichwort Verabredungsgefahr. Ich bin froh, dass sich die ÖVP dann immer aufregen kann, aber ihr müsst euch mit der Justiz ja


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besonders gut auseinandersetzen, vor allem in Zukunft. (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrätin Zwazl: Ja, halt! Halt!)

Und noch eine Wahnsinnigkeit findet sich im Budget 2023 wieder: Diese Regierung hat sich eine sogenannte Überschreitungsermächtigung in der Höhe von 2,5 Milliarden Euro für Covid-19-Maßnahmen einräumen lassen. Da kann man dann wieder ordentlich Steuergeld an gute Freunde verteilen, so wie wir es vorher schon gehört haben, wie es auch in der Vergangenheit zur Genüge passiert ist. (Präsidentin Schumann übernimmt den Vorsitz.)

Sogar in der Analyse des Budgetdienstes kommen Sie schlecht weg. Zusam­mengefasst kann man sagen: Anstatt dass Sie das Geld in die Gesundheits­versorgung umschichten, halten Sie es weiter für unnötige Coronamaßnahmen vor.

Herr Minister, ebenfalls katastrophal ist, dass Sie, obwohl es unzählige Rück­meldungen aus den Krankenanstalten aus inzwischen allen Bundesländern gibt, auf stur stellen und nichts machen (Zwischenrufe der Bundesräte Kornhäusl und Preineder), schlimmer noch, es werden sogar ganz eindeutig Patientenrechte verletzt. Was machen Sie, Herr Gesundheitsminister? – Wieder nichts. Sie lassen zu, dass Wien tatsächlich dazu aufruft, sogenannte Gastpatienten, also quasi Nichtwiener, nicht mehr zu behandeln.

Keine Angst also, liebe Gutmenschen, mit Gastpatienten sind eh wir Nieder­österreicher oder Burgenländer und so weiter gemeint, für alle anderen aus aller Welt wird natürlich weiterhin bestens gesorgt. Nur die Österreicher, die nicht aus der Bundeshauptstadt kommen, sollen zukünftig weggeschickt werden, weil das Gesundheitssystem in Wien krankt. Das Wiener Gesundheitssystem krankt, obwohl Hacker und Ludwig in Wien die strengsten Coronaregeln von ganz Österreich haben. Das Schlimme daran: Wir haben ganz einfach nicht mehr die Zeit, um darauf zu warten, dass diese Herrschaften da drüben im Rathaus munter werden und erkennen, dass es vielleicht genau diese Politik ist, die krank macht und die die Mitarbeiter aus dem Gesundheitssystem vertreibt.


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Dazu passt für mich auch so gut die Definition von Wahnsinn frei nach Albert Einstein: Immer wieder das Gleiche tun und andere Ergebnisse erwarten.

Was machen Sie, Herr Minister Rauch? – Nichts. Sie schauen zu. Wenn wir reden, schauen Sie weg – ich verstehe es, und Ihr Schweigen deute ich als Zustimmung.

Van der Bellen fliegt in der Weltgeschichte herum – ein Bundespräsident, der keine Budgethoheit hat – und verschenkt 230 Millionen Euro für irgendeinen dubiosen Klimafonds, in dem sich irgendwelche Leute bedienen, was niemand von uns kontrollieren kann. Gleichzeitig sagen 83 Prozent der Wiener Ärzte: Wir können die Patienten nicht mehr ordnungsgemäß versorgen! – Dies in Österreich, meine Damen und Herren! Fällt Ihnen da irgendetwas auf? – Da sind wir wieder beim reichen Land.

Fakt ist: Die Situation im Gesundheitsbereich war natürlich vor der Coronakrise bereits angespannt, doch anstatt dass Sie die Coronazeit als Chance genutzt hätten, um das Gesundheitssystem zu sanieren – das Geld wurde in dieser Zeit ja von Ihnen abgeschafft, Sie können sich erinnern: koste es, was es wolle!, 50 Mil­liarden Euro und mehr; da war alles wurscht –, haben Sie wegen der Belastung durch die Coronaregeln und durch den Druck in Richtung Coronaimpfung die schlechte Situation noch einmal erschwert und viele Beschäftigte im Gesund­heitsbereich zum Aufgeben gezwungen.

Herr Minister Rauch, während Sie sich das Versorgungschaos im Gesundheits­bereich schönreden – genau das machen Sie –, ignorieren Sie mit Absicht die Warnung unzähliger Ärzte. Das machen Sie mit Absicht, denn sonst müssten Sie sich doch Ihr Versagen eingestehen.

Wenn Sie es mir nicht glauben, dann glauben Sie es vielleicht der Bundes­kurie der angestellten Ärzte der Österreichischen Ärztekammer. Diese spricht eine ganz klare Warnung vor einem Kollaps der Gesundheitsversorgung in den Spitälern aus. Sie wurden von der Bundeskurie sogar dazu aufgefordert, die


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Augen vor den Problemen nicht zu verschließen. Was aber haben Sie, Herr Minister Rauch, wieder einmal getan? – Nichts haben Sie gemacht, nichts!

Genau aus diesem Grund hat die Bundeskurie dann sogar neun konkrete Beispiele aufgezeigt, aus jedem Bundesland eines, dass Abteilungen geschlossen werden mussten und die Patientenversorgung nicht mehr entsprechend den medizinischen Erfordernissen und den gebotenen Qualitätskriterien gewährleis­tet ist oder war:

Im Burgenland war die ambulante Versorgung an der Abteilung für Innere Medizin im Krankenhaus Kittsee temporär nicht möglich. In Kärnten fehlen mindestens 50 Spitalsärzte. In Oberösterreich, in Gmunden wartet man als Patient über ein Jahr auf eine notwendige Krampfadernoperation. In Salzburg fehlen laut Aussage der Salzburger Landeskliniken offiziell 50 Fachärzte. In der Steiermark gibt es in der Urologie im LKH Hochsteiermark, also in Leoben, 500 Patienten auf der Warteliste für eine urologische Operation. In Tirol war bereits im Sommer dieses Jahres die Geburtshilfestation im Bezirkskrankenhaus Schwaz für elf Tage komplett geschlossen. In Vorarlberg gibt es selbst in Feldkirch wegen Pflegemangel einzelne Stationsschließungen, vor allem im Bereich der Psychiatrie. In Wien waren im November 2022 insgesamt 91 Spitalsärztejobs offen. In Niederösterreich, in meinem Bundesland, gibt es OP-Sperren im Landesklinikum Korneuburg im Bereich der Orthopädie und Traumatologie aufgrund von Personalmangel.

Meine Damen und Herren, das sind nicht alle Beispiele, das ist nur ein ganz kleiner Auszug dessen, was sich da draußen in Österreich im Gesundheitsbereich gerade abspielt, in einem angeblich so reichen Land. Wir schaffen es nicht einmal, eine ordentliche Gesundheitsversorgung für unsere Landsleute sicherzu­stellen. Schämen Sie sich, meine Damen und Herren von ÖVP und Grünen! Schämen Sie sich! (Beifall bei der FPÖ.)

Es dauert immer seine Zeit, aber wie auch bei Corona – es ist jetzt nur ein bisschen schneller gegangen – gibt es aktuell Ärzte, die sich an die Öffentlichkeit


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trauen und offen darüber berichten, was in den Spitälern so abgeht. (Bundesrat Preineder: Corona hat es aber nicht gegeben!) Ich habe hier einen Auszug aus einem Artikel aus dem „Kurier“ vom 14.12.2022, in dem ein Arzt Folgendes sagt:

„‚Ich musste mir zum ersten Mal überlegen: Bei wem drehe ich das Beatmungs­gerät ab, wenn ich es für einen Notfall brauche?‘ In diesen Worten schildert ein Arzt [...] die Situation auf einer Intensivstation in einem Wiener Gemeindespital dem KURIER. Am vergangenen Wochenende sei eingetreten, was am Beginn der Corona-Pandemie befürchtet wurde: die Triage. Die Entscheidung, wem im Notfall geholfen werden kann und wem nicht.

In einer Nacht habe der Arzt neun Rettungswägen abweisen müssen. ‚Weil kein Intensivbett mehr frei war.‘ [...]

Auch andere Szenen, die der Mediziner wiedergibt, würde man in Österreich nicht für möglich halten: ‚Auf einer anderen Station lag eine Dame in einem Gangbett, der es offensichtlich schlecht ging. Also habe ich bei den Kollegen nachgefragt.‘

Die Patientin dürfe gehen, so die Antwort. ‚Das ist ein Code für: Wir warten, bis sie stirbt und machen es ihr so schmerz- und stressfrei wie möglich.‘“ – Darauf­hin sagt der Arzt: – „‚Sterben ist in Ordnung, aber nicht in einem Gangbett. Nicht in Österreich.‘“ (Beifall bei der FPÖ.)

Weiter aus dem Artikel: „Das Pflegepersonal habe lange Zeit viel ausgehalten, sei nun aber am Ende. Zu zahlreichen Kündigungen kämen aktuell auch vermehrte Krankenstände hinzu. Ein Rundruf der Wiener Ärztekammer ergab, dass sich die Situation auch auf den Intensivstationen der anderen Kliniken immer weiter zuspitzt. Die Stationen seien voll, teilweise auch wegen gesperrter Betten.“ – Und was macht Herr Minister Rauch derweilen? – Nichts.

Als Niederösterreicher muss ich Ihnen sagen, dass bereits vor einem Jahr in vielen Krankenhäusern mit einem akuten Personalmangel zu kämpfen war. Die Landarztgarantie, die Frau Mikl-Leitner bei der Landtagswahl 2018 versprochen


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hat, hat es zwar gegeben, die war aber nichts weiter als heiße Luft, denn heute, fünf Jahre später, gibt es weniger Kassenarztstellen als noch vor fünf Jahren. Es ist also besser, wenn da etwas versprochen wird, dass es dann nicht umgesetzt wird, weil es dann meistens negativ ausgeht.

Solche Versprechen vor der Wahl kennen wir leider zur Genüge. Diese sind unehrlich, diese sind unglaubwürdig und verantwortungslos, aber das ist so typisch für diese ÖVP. Ich kann Ihnen da nur eines ins Stammbuch schreiben – das ist einer meiner Lieblingssprüche –: Gebrochene Versprechen sind gesprochene Verbrechen.

Passend dazu habe ich auch ganz aktuelle Zahlen aus dem Bezirk Gänserndorf. Gänserndorf ist mit über 100 000 Einwohnern der fünft- oder sechstgrößte Bezirk, also einer der einwohnerstärksten Bezirke in Niederösterreich. Zu Weih­nachten gibt es im gesamten Bezirk Gänserndorf einen einzigen Notarzt und zu Silvester gibt es keinen einzigen Notarzt. Gänserndorf muss trotz seiner Größe als einziger Bezirk ohne Spital auskommen. Dadurch ist die medizinische Versor­gung im Bezirk Gänserndorf ganz einfach nicht gewährleistet.

Wenn jetzt tatsächlich die Wiener Spitäler die sogenannten Gastpatienten, die natürlich allesamt Sozialversicherung zahlen, ablehnen, dann schaut es in diesem Bezirk sehr düster aus. Genau deswegen kämpft vor allem unser Landtagsabge­ordneter Dieter Dorner seit vielen Jahren für ein Krankenhaus in Gänserndorf, um die medizinische Versorgung dort einfach zu verbessern und sicherstellen zu können. Und was macht Mikl-Leitner derweilen? – Das Gleiche wie der Herr Minister, nämlich nichts.

Wenn ich schon bei Niederösterreich bin, Herr Minister, dann habe ich noch einen Punkt, der Niederösterreich betrifft, aber im Besonderen auch Sie, den ich gerne mit Ihnen besprechen würde. Er steht nicht in der Anfrage drinnen, aber vielleicht haben Sie auch noch die Zeit und die Information, dass Sie etwas dazu sagen können.


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In der Organisation und Strukturentwicklung des österreichischen Gesundheits­systems sind der ÖSG, also der Österreichische Strukturplan Gesundheit, sowie damit zusammenhängend der RSG, der Regionale Strukturplan Gesund­heit, und Vereinbarungen gemäß der Bundesverfassung von ganz entschei­dender Bedeutung. Diese Instrumente und weitere Gesetze regeln das Wirken im Gesundheitswesen in ganz Österreich.

Sie als zuständiger Bundesminister haben auch dafür zu sorgen, dass diese Gesetze und Vereinbarungen eingehalten werden. Sie haben zu prüfen, ob die festgelegten und vereinbarten Regelungen eingehalten beziehungsweise vertragskonform umgesetzt werden.

Gemäß unserer Bundesverfassung ist es so – und das ist damit ein Staats­vertrag –, dass auf Basis des ÖSG jedes Bundesland einen RSG vorzulegen hat. In diesem RSG ist dann die standortgenaue Planung von Gesundheits­leistungen und Gesundheitseinrichtungen laut der ÖSG-Vorgabe vorzunehmen.

Alle Bundesländer haben diese Vereinbarung eingehalten. Und jetzt raten Sie einmal, in welchem Bundesland dieser RSG fehlt! (Ruf bei der ÖVP: In deinem!) – In Niederösterreich, richtig. Alle haben ihn, bis auf Niederösterreich. Nieder­österreich hat im Dezember 2018 einen ersten Teil vorgelegt und damals schriftlich zugesagt, dass ein zweiter, abschließender Teil des RSG nachgereicht wird. Jetzt haben wir das Jahr 2022, es ist kurz vor 2023, und bis heute ist Frau Mikl-Leitner den zweiten Teil schuldig geblieben – und Sie als zuständiger Bundesminister schauen wieder tatenlos zu.

Wenn ich mir das Ganze so überlege, dann kann ich in Wahrheit nur zum Schluss kommen, dass die ÖVP Niederösterreich Sie und Ihre Vorgänger wohl in gleicher Manier in der Geiselhaft hält wie den ORF Niederösterreich beziehungsweise dessen Landesdirektor.


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Herr Minister, ich weiß nicht, ob Ihnen das klar ist, aber Sie begehen durch die Nichteinforderung des RSG Niederösterreich, zweiter Teil, jeden Tag Amts­missbrauch. (Beifall bei der FPÖ.) Sie können mich ja eines Besseren belehren, vielleicht haben Sie ihn ja sogar schon eingefordert. Fakt ist, Sie sind auf Basis unserer Gesetze dazu verpflichtet, eine Vorlage des RSG Niederösterreich, zweiter Teil, einzufordern oder notfalls andere Maßnahmen zu setzen. Weder das eine noch das andere habe ich bisher von Ihnen mitbekommen.

Herr Minister, ich habe auch Ihre Auftritte in den Medien mitverfolgt. Bei diesen kündigten Sie marketingmäßig neue Maßnahmen im Gesundheitssystem an, denen Sie offensichtlich gar nicht gewachsen sind, denn sonst wäre die Situation derzeit nicht so, wie sie ist. Ich sage Ihnen etwas anderes: Erledigen Sie bitte lieber zuerst einmal die Hausaufgaben, die jetzt anstehen, und dieser gibt es viele.

Noch einmal, Herr Minister Rauch: Ich fordere Sie hier und heute an dieser Stelle auf, endlich die Gesetze der Republik einzuhalten, danach zu handeln und umgehend den niederösterreichischen zweiten Teil des RSG zu verlangen. (Beifall bei der FPÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren, damit muss dann auch Niederösterreich endlich Farbe bekennen, und Mikl-Leitners Versagen in der niederösterreichi­schen Gesundheitspolitik wird damit sichtbar. Sie helfen ihr in Wahrheit gerade, das unter der Decke zu halten. Ich habe Sie hier und heute auf diesen Umstand und auch auf den Verfassungsbruch hingewiesen, und ich versichere Ihnen, Herr Minister Rauch, ich werde schon sehr bald nachfragen, ob Sie etwas und was Sie gemacht haben.

Alles, was ich hier und heute vorgebracht habe, all diese Fakten können Sie nicht mehr schönreden, Sie können diese auch nicht verharmlosen, Sie können diese nicht leugnen, und Sie können diese schon gar nicht ignorieren.


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All das, was ich hier und heute vorgebracht habe, wäre in Wahrheit Grund genug für Sie, als Gesundheitsminister zurückzutreten. All das wäre für die gesamte Regierung Grund genug, geschlossen zurückzutreten, und all das wäre für Mikl-Leitner Grund genug, sofort zurückzutreten, sich bei der Bevölkerung zu entschuldigen und endlich Politiker ans Ruder zu lassen, die Politik im Sinne der Österreicher machen. (Beifall bei der FPÖ.)

19.17


Präsidentin Korinna Schumann: Zur Beantwortung hat sich Herr Bundesminister Rauch zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Bundesminister.


19.17.46

Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Sehr geschätzte Frau Präsidentin! Geschätzte Mitglieder des Bundesrates! Ich bin ja aufgerufen, jetzt innerhalb meiner doch begrenzten Zeit auf 131 Fragen einzugehen. Ich werde versuchen, das dann in der gebotenen Kürze auch zu machen, zunächst aber ein paar einleitende Bemerkungen zum Gesundheitssystem.

Man kann schon festhalten, dass ja, bevor Grüne in der Regierungsverant­wortung waren, eine ganze Reihe anderer Politiker in Verantwortung war, unter anderen eine Parteikollegin von Ihnen, die – und das kann ich Ihnen sagen – in der kurzen Zeit, in der sie im Gesundheitsministerium tätig war, dort eine Verwüstung angerichtet hat. Sie hat eine Verwüstung angerichtet! (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Bundesrat Steiner: Polemisch! Polemisch!)

Sie hat das Personal abgebaut. Sie hat dafür gesorgt, dass gewachsene Struk­turen in der Organisation des Hauses kaputtgeschlagen wurden. (Bundesrat Steiner: Polemik!) Sie hat versprochen, eine Krankenkassenreform auf die Reihe zu bekommen, mit dem Versprechen, 1 Milliarde Euro Einsparung zu lukrieren. (Bundesrat Steiner: Grüne Umsetzung! Gratuliere!) Diese Milliarde habe ich


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vergeblich in allen Schubladen des Ministeriums gesucht – sie ist nicht vorhan­den. Das ist blankes Scheitern, Scheitern in Reinkultur. (Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) – Ja, Sie können dazwischenschreien, das wird aber nichts nützen.

Wir haben drei Jahre gebraucht, um jetzt einigermaßen dort aufzuräumen, wir haben versucht, Personal aufzustocken. (Bundesrat Steiner: Ja, der Mückstein, oder?) – Ja, Sie können lachen – es ist so!

Wir haben währenddessen eine Pandemie gemanagt und sind jetzt im Zuge der Finanzausgleichsverhandlungen, an denen im Übrigen alle Länder beteiligt sind, dabei, die Strukturen so zu reformieren, dass im Gesundheitssystem a) Effizienzen gehoben werden und b) die Probleme dort behoben werden, wo sie sind.

Wir haben im niedergelassenen Bereich, das ist richtig, die Situation, dass die Kassenärztinnen und Kassenärzte wenig attraktive Arbeitsbedingungen haben, und deshalb gibt es eine Entwicklung, dass immer mehr von den Absolventinnen und Absolventen der Medizinuni in die Wahlarztpraxis gehen.

Das hat zur Folge, dass aufgrund dieses Mangels, den wir im niedergelassenen Bereich – vor allem am Land – haben, Menschen darauf angewiesen sind, entweder Wahlärzt:innen zu konsultieren oder in die Ambulanzen zu gehen. Folge: Die Spitalsambulanzen sind überlastet, die Länder beklagen sich darüber, dass sie, die die Spitäler finanzieren, über die Spitalsambulanzen ein Defizit abdecken müssen, und fordern deshalb mehr Geld. Das kann aber nicht die Lösung sein; meine Lösung lautet: Der ambulante Bereich im niedergelassenen Bereich muss gestärkt werden. Die Gespräche dazu laufen, auch mit der Ärztekammer, und die werden auch im Finanzausgleich eine Rolle spielen.

Zweiter Punkt: Wenn es darum geht, im österreichischen Gesundheitssystem an den Schrauben zu drehen, bei denen dies notwendig ist, dann müssen wir darüber sprechen, die Vorsorge zu stärken und auch die Rehabilitation zu stärken. Wir haben in Österreich ein System, das genau zwei Zustände kennt: gesund


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oder krank. Alles, was Vorsorge betrifft, wird nicht finanziert, weil es ein anderes Feld ist, Nachsorge detto. Das geht sich in meinen Augen nicht aus. Es muss eine Durchgängigkeit von der Vorsorge über die Heilbehandlung bis hin zur Reha­bilitation geben.

Nächster Punkt: Die OECD hat unlängst einen Bericht über den Vergleich der Gesundheitssysteme in ganz Europa vorgelegt. Da kann man sehr schön auch die Zahlen ablesen, wie das österreichische Gesundheitssystem aufgestellt ist. Wir in Österreich geben sehr viel Geld für Gesundheit aus, das ist richtig. Die Pro-Kopf-Ausgaben sind hoch, wir sind bei der Spitalsdichte, bei den Spitalsbetten im Spitzenfeld, wir sind, was die ausgebildeten Medizinerinnen und Mediziner angeht, auch im Spitzenfeld, wir sind bei bestimmten Operationen und auch bei den teuren Medikamenten im Spitzenfeld. Das hat aber damit zu tun, dass die Medikamentenbeschaffung in Österreich immer noch so funktioniert, dass die Landesspitäler alle glauben, sie können es selbst am besten, was dazu führt, dass die Kosten enorm hoch sind. Gemeinsame Medikamentenbeschaffung wäre also ein Teilbereich, der angegangen werden müsste.

Nächster Punkt – die Finanzierung: Sie wissen, die Finanzierung ist im öster­reichischen Gesundheitssystem ein Dreigestirn der Zuständigkeit zwischen Sozialversicherung, den Bundesländern und dem Bund, und diese Dreiteiligkeit der Finanzierung führt zu Komplexitäten und zu Schwierigkeiten, weil jeweils der eine dem anderen ausrichten will, er möge doch das jetzt bitte bezahlen. Mein Appell gestern zum Start der Finanzausgleichsverhandlungen: Leute, das geht sich so nicht mehr aus! Entweder gelingt es jetzt, da zu strukturellen Reformen zu kommen – im besten Fall zu einer Finanzierung aus einer Hand –, oder wir werden jedenfalls Finanzierungsschwierigkeiten haben.

Warum ist das so? – Die Krankenkassen beklagen sich darüber, dass ihnen die Beitragsgrundlage wegbricht, weil weniger Erwerbstätige im Berufsleben stehen und weniger Beiträge abliefern, aber die Kosten im System steigen. Das ist evident. Die Untersuchungen zeigen uns – der demografische Wandel ist da –,


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dass wir in den nächsten zehn, 15 Jahren aufgrund der Überalterung der Bevöl­kerung deutlich mehr Gesundheitsausgaben haben werden. Die werden von etwa 20 Milliarden Euro pro Jahr auf 40 Milliarden Euro in 15 Jahren steigen. Das ist evident. Das heißt, es wird die Frage zu beantworten sein, wie die Finan­zierung aufgestellt wird und wie die Zuständigkeiten sind – ich komme dann in den Antworten darauf zu sprechen. Die geteilte Zuständigkeit zwischen Bundes­ländern, der Sozialversicherung und dem Bund führt dazu, dass es in sehr vielen Fragen Ineffizienzen gibt.

Kurzum: Es ist jedenfalls so, dass wir jetzt für die Finanzausgleichsverhandlungen diese Quervergleiche auf den Tisch gelegt haben. Die Zahlen werden abge­glichen, es wird dann mit den Landesverantwortlichen darüber gesprochen, was ihre Einschätzungen sind, und die Botschaft ist eine schlichte: Es kann nicht nur darum gehen, mehr Geld ins System hineinzuschütten, sondern es muss auch darum gehen, zu strukturellen Reformen zu kommen, um insgesamt das System zu verbessern.

Der Finanzausgleich ist die einzige Chance, die wir haben, um da den Hebel anzusetzen – andere Möglichkeiten haben wir nicht –, denn da müssen sich naturgemäß Bund und Länder und letztlich auch die Sozialversicherung zusam­mensetzen und darüber reden, wie die Verträge ausgestaltet werden. Ziel­setzung jedenfalls: ein einheitliches System der Versorgung vom Bodensee bis zum Neusiedler See, gleichermaßen zugänglich, gute Medizin für alle, und auch die Qualitätsunterschiede, die wir in manchen Bereichen haben, sind zu beseitigen.

Zur Beantwortung der Fragen:

Also bei den Fragen 1 bis 13 geht es insgesamt – bei allen Fragen – um den Personalnotstand in den Spitälern. Dazu muss ich Ihnen sagen – aber das werden Sie als Länderkammer ohnehin wissen –: Die Ausführungsgesetzgebung und Vollziehung im Bereich der Krankenanstalten liegt bei den jeweiligen


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Bundesländern, und somit auch die konkrete Ausschreibung und die Besetzung von Stellen des gesamten Gesundheitspersonals.

Weil ja oft beklagt wird, wir hätten nicht den Überblick, was die aktuellen Zahlen angeht: Die Länder sind nicht verpflichtet – nicht verpflichtet! – dazu, Meldun­gen über fehlendes Personal an den Bund zu richten. Dessen ungeachtet sind wir natürlich dabei, uns im ständigen Austausch mit den Landeskrankenanstalten ein Bild darüber zu machen, wie sich die konkreten Situationen darstellen, um einen Überblick zu haben.

Selbstverständlich unterstütze ich die Bemühungen zur Sicherstellung der Ver­sorgung. Wir stehen wie gesagt im ständigen Austausch mit den Landeskranken­anstalten, mit den Referentinnen und Referenten in den Bundesländern, mit der Ärztekammer, auch mit den Pflegeeinrichtungen oder Pflegevertretungen, um da die Situationen zu verbessern.

Die Pflegemilliarde wurde schon angesprochen – und heftigst kritisiert –: Da ist es schlicht und einfach so, dass wir als Bund in Vorlage gegangen sind, obwohl die Zuständigkeit bei den Ländern liegt, und für die Jahre 2022 und 2023 insgesamt 570 Millionen Euro zur Verfügung stellen, um die Löhne zu verbes­sern – und das ist genau die Absicht.

Die heurige Auszahlung der Prämie ist eine Notmaßnahme, weil es die Länder aufgrund der Vielfältigkeit der unterschiedlichen Träger und Kollektivverträge nicht geschafft haben, da zeitgerecht zu einer kollektivvertraglichen Lösung zu kommen, das wird im nächsten Jahr der Fall sein. Das werden normale Gehaltsbestandteile, jeden Monat auszahlbar, sozialversicherungspflichtig, pensionsbegründend und selbstverständlich auch steuerpflichtig, weil sie als Gehaltsbestandteil, und zwar auf Dauer, angedacht und geplant sind. Die Fort­setzung der Finanzierung – auch gestern Abend schon angesprochen – soll über den Finanzausgleich jedenfalls sichergestellt werden.


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Den Gehaltszuschuss für 2022 habe ich genannt. Die Entlastungswoche, die zusätzliche Urlaubswoche ab dem Alter von 43 Jahren und 2 Stunden Zeitgut­schrift pro Nachtdienst werden dazukommen. Die Ausbildung wird deutlich attraktiver, damit sich wieder mehr Menschen dazu entscheiden, in den Pflege­beruf einzusteigen.

Es gibt den Ausbildungszuschuss mit 600 Euro monatlich und das Pflege­stipendium mit 1 400 Euro monatlich. Das hat schon dazu geführt, dass die Nachfrage nach der Pflegeausbildung deutlich gestiegen ist.

Wir werden darüber hinaus 2023 die rechtlichen Grundlagen für den Facharzt beziehungsweise die Fachärztin für Allgemein- und Familienmedizin schaffen. Dieser wird das heute vielfach kritisierte österreichische Gesundheitssystem ebenfalls nachhaltig verbessern.

Die Fragen 14 bis 17, 26 bis 29, 49 bis 51 sowie 71 bis 73 betreffen Spitals­stand­orte, sind also alles Fragen, die darauf abstellen, wie es mit den Krankenanstalten ausschaut. Betreffend die Kriterien für Schwerpunkt­krankenanstalten und fach­richtungsbezogene Abteilungen muss angemerkt werden, dass das Kranken­anstalten- und Kuranstaltengesetz – kurz KAKuG – hier nicht auf eine bestimmte Anzahl von Betten abstellt. Die Beurteilung, ob die jeweiligen Kriterien vorliegen, obliegt außerdem den Ländern im Rahmen ihrer Vollzugstätigkeit beziehungs­weise ‑zuständigkeit.

Zu den Fragen 18 bis 20 und 30 bis 32 – es gibt dann eine Reihe von Fragen im weitesten Sinn zum Thema Bürgerservice –:

Seit meinem Amtsantritt sind 37 518 Anfragen im Bürger:innenservice einge­langt. Die Fragen werden nach Kategorien sortiert, zugeordnet und entweder direkt aus dem Service heraus beantwortet beziehungsweise, wenn die Antwort komplexer ist, an die zuständige Fachsektion weitergegeben. Von den einge­brachten Anfragen wurden de facto fast alle Anfragen schon beantwortet.


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Eine kurzfristig durchgeführte Recherche – die konnten wir heute noch in aller Geschwindigkeit machen – hat sechs Anfragen in meiner Amtszeit ergeben, die sich mit den angefragten Themen auseinandersetzen. Davon sind drei allgemeine Anfragen aufgrund von Medienberichten, und drei Anfragen sind in eine Richtung gegangen, bei der die Bürgerinnen und Bürger ihre Sorgen in einer Art und Weise schildern, die unter den Begriff besorgniserregend einzustufen ist: zwei Patientenmeldungen über verschobene OP-Termine und eine Meldung einer Krankenhausangestellten betreffend die Überforderung des Personals.

Das Ministerium hat hinsichtlich verschobener OP-Termine und Überlastung des Personals keine direkte Zuständigkeit. Die Anfragenden wurden an die Länder und die Träger verwiesen.

Zu den Fragen 21 bis 26 – also die ganze Reihe von Fragen betreffend Gefähr­dungsanzeigen, Amtsmissbrauch –:

Gefährdungsanzeigen sind ein Instrument, mit dem öffentliche Kranken­anstal­tenträger dem Bund mitteilen, dass sie ihren Versorgungsauftrag nach dem Gesetz nicht mehr erfüllen können und daher die Versorgung nicht mehr sichergestellt werden kann. Im Rahmen der Covid-19-Pandemie wurde davon lediglich einmal – im Zusammenhang mit der Versorgung durch die Salzburger Landeskliniken – Gebrauch gemacht.

Dem Bund kommt im Krankenanstaltenwesen lediglich die Grundsatzgesetz­gebung zu, den Ländern die Ausführungsgesetzgebung und die Vollziehung. Darüber hinaus fallen die dienstrechtlichen Angelegenheiten in den Zuständig­keitsbereich der Krankenanstaltenträger der Bundesländer und nicht in jenen des Bundes.

Bei der Thematik der Gefährdungsmeldung handelt es sich um eine organi­sations- und dienstrechtliche Fragestellung. Wenn aufgrund von Perso­nal­engpässen und/oder Organisationsmängeln die Einhaltung der ärztlichen und der pflegeri­schen Berufspflicht nicht mehr möglich ist, müssen organisatorische


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Vorkehrungen für entsprechende Gefährdungsmeldungen getroffen werden. Diese Vorkehrungen müssen im Organisationsrecht verankert sein und sind nicht Gegenstand des Berufsrechts.

In diesen Fragen wird auch ein möglicher Amtsmissbrauch durch mich in den Raum gestellt. Die Dringliche Anfrage lässt zwar offen, worauf sich der Vorwurf des Amtsmissbrauchs eigentlich beziehen soll. Es ist zwar von – unter Anfüh­rungszeichen – „Notfallsanzeigen“ die Rede, aber die angeführten Bestimmungen – also § 49 Ärztegesetz oder § 4 Gesundheits- und Krankenpflegegesetz – treffen keine Regelungen für derartige Anzeigen.

Der Amtsmissbrauch setzt die Befugnis voraus, im Namen des Bundes im hoheitlichen Bereich Amtsgeschäfte vorzunehmen oder rechtswidrig zu unterlassen. Die Angelegenheiten der Heil- und Pflegeanstalten fallen jedoch unter Artikel 12 des Bundes-Verfassungsgesetzes. Daher ist die Gesetz­gebung über die Grundsätze Bundessache, die Erlassung von Ausführungsgesetzen und die Vollziehung Landessache. Da die Vollziehung in die Zuständigkeit der Länder fällt, hat der Gesundheitsminister in diesem Bereich keine konkreten unmittel­baren hoheitlichen Befugnisse und kann sie daher auch nicht missbrauchen.

In der Dringlichen Anfrage werden einige Kriterien, die im KAKuG definiert sind, angeführt. Zur besseren Verständlichkeit möchte ich diese kurz erläutern.

Zum Kriterium der Schwerpunktkrankenanstalten: Schwerpunktkranken­anstalten sind allgemeine Krankenanstalten, die zumindest über Abteilungen für gewisse Sonderfächer verfügen müssen. In solchen Schwerpunktkranken­anstalten hat jedenfalls ein Facharzt beziehungsweise eine Fachärztin des betreffenden Sonderfachs dauernd in der Anstalt anwesend zu sein. Von einer ständigen Anwesenheit kann abgesehen werden, wenn stattdessen eine Rufbereitschaft eingerichtet ist. Zudem muss ich darauf hinweisen, dass im KAKuG hinsichtlich der erwähnten Abteilungen nicht auf eine bestimmte Anzahl an Betten abgestellt wird.


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Zum Kriterium fachrichtungsbezogene Organisationsform: Gemäß KAKuG können neben Abteilungen bettenführender Einrichtungen auch fach­richtungsbezogene reduzierte Organisationsformen als Organisationseinheiten vorgehalten werden, zum Beispiel dislozierte Wochenkliniken oder Tageskliniken.

Zu den Kriterien Patient:innenrechte und transparentes Wartelistenregime: Gemäß KAKuG hat die Landesgesetzgebung die Träger von Krankenanstalten zu verpflichten, bestimmte Patient:innenrechte – wie Informationsrechte, Recht auf Krankengeschichte oder Recht auf Seelsorge – vorzusehen. Darüber hinaus hat die Landesgesetzgebung ein transparentes Wartelistenregime in pseudony­misierter Form insbesondere für elektive Operationen einzurichten, sofern die jeweilige Wartezeit vier Wochen überschreitet.

Zum Kriterium Qualitätssicherung: Nach KAKuG haben die Bezirksverwaltungs­behörden die Einhaltung der sanitären Vorschriften in den Krankenanstalten zu überwachen. Werden in einer Krankenanstalt die erwähnten sanitären Vor­schriften verletzt, so hat der Landeshauptmann beziehungsweise die Landeshaupt­frau dem Rechtsträger die Beseitigung der Missstände aufzutragen. Bei Nichtbefolgung kann die teilweise oder gänzliche Weiterführung des Betriebs einer Krankenanstalt untersagt werden.

Zu den Fragen 82 bis 118:

Gastpatienten beziehungsweise Heimpatienten: Weder das KAKuG noch das Sozialversicherungsrecht kennt die Begriffe Gastpatient oder Heimatpatient. Zwar zielt die Gewährung von Anstaltspflege primär auf eine Behandlung in einer Krankenanstalt im Bundesland des Wohnsitzes oder Beschäftigungsortes ab, eine Beschränkung dieses Anspruchs ist aber gesetzlich nicht normiert.

Die Fragen bezüglich der konkreten Zahlen behandelter Patient:innen kann ich ohne entsprechende Datenauswertung nicht beantworten. Die Auswertung wird schriftlich nachgereicht. – Danke schön. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

19.35



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Präsidentin Korinna Schumann: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Steiner-Wieser. – Bitte, Frau Bundesrätin.


19.36.25

Bundesrätin Marlies Steiner-Wieser (FPÖ, Salzburg): Frau Präsidentin! Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ja was soll ich jetzt sagen, Herr Minister Rauch? (Bundesrat Kornhäusl: Danke! – Bundesrätin Kittl: Danke für die Beantwortung der Fragen!) – Wir Freiheitlichen haben diese Dringliche Anfrage an Sie gestellt, damit wir Antworten bekommen.

Das Gesundheitssystem bricht ja zunehmend zusammen. Dann haben wir – Sie haben gesagt, es sind 130 – 131 Fragen an Sie gerichtet. Diese Informationen, die Antworten auf diese Fragen wären eigentlich das Salz in der Suppe für Ihren Arbeitsbereich. Deshalb hofften wir doch – wir haben Ihnen, glaube ich, genü­gend lange Einarbeitungszeit gegeben –, dass Sie diese Fragen hätten beantworten können.

Es war aber typisch. Es war wirklich typisch, Sie haben von eigenen Unzuläng­lichkeiten abgelenkt und sofort einige Dinge auf Ministerin Hartinger-Klein geschoben. (Bundesrat Schennach: Na ja, das ist ja recht ...! – Ruf: Alles richtig gemacht!) Eines kann ich Ihnen ganz sicher sagen, Herr Minister Rauch: Sie hat, das stimmt, die Umstrukturierung begonnen, jawohl, aber, das kann ich Ihnen versichern, Frau Minister Hartinger-Klein hat keine einzige Mitarbeiterin im Gesundheitsbereich gekündigt. (Beifall bei der FPÖ.)

Sie hat vielleicht im Ministerium umstrukturiert, aber ihr sind im Bereich der Pflege und im medizinischen Bereich wenigstens keine Mitarbeiter weggelaufen, wie der schwarz-grünen Bundesregierung. (Beifall bei der FPÖ.) Hartinger-Klein hat dafür Legisten im Haus eingestellt. Hartinger-Klein hat, das war wichtig, darauf hat sie Wert gelegt und darauf legen wir Freiheitlichen auch großen Wert, die Personalauswahl nicht nach Parteibuchwirtschaft getroffen, wie es bei der ÖVP und bei den Grünen üblich ist. (Bundesrat Köck: Na, überhaupt nicht! ... war das überhaupt nicht der Fall!)


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Ja, Herr Köck von der ÖVP, Sie stehen ja da an vorderster Front. Sie sind ja in Niederösterreich bekannt für das, was Sie da aufführen. (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrat Köck: ... was ihr da aufgeführt habt!) Da redet der Richtige, Herr Köck. (Neuerlicher Zwischenruf des Bundesrates Köck.) Herr Köck von der ÖVP, in Niederösterreich bekannt für seine Machenschaften, bekannt sind Sie. Sie können sich aber gerne hierherstellen und können gerne zum Gesundheits­bereich mitreden. (Bundesrat Steiner: Bravo, Marlies!)

Was die Antworten betrifft: Sie waren mir jetzt ein bissel zu schnell fertig, Sie haben ja nicht einmal alles beantwortet, Herr Minister. (Zwischenruf des Bundesrates Kornhäusl.) Sie haben 1 bis 13 weitergeschoben: also Ausführung, Vollziehung liegt beim Land. Sie haben 14 bis 17, 26 bis 29 abgewürgt, ans Land abgeschoben. Sie haben gesagt, die Auszahlung der Prämie für die Pfleger:innen im Gesundheitsbereich war eine Notauszahlung. – Na das wird den Mitarbeitern helfen, wenn Sie das sagen. – 18 bis 20, 30 bis 32: Die Frage zum Bürgerservice war halbwegs beantwortet. 21 bis 26, Gefährdungsanzeigen, waren mangelhaft beantwortet und so weiter.

Die restlichen Antworten auf die Fragen bis zur Zahl 131 haben wir heute nicht erfragt. Eigentlich waren das nur reine Worthülsen, was da zum Besten gegeben wurde. Die Fragen sind unvollständig beantwortet, das ist ärgerlich und grenzt schon an Pflanzerei, denn nicht nur wir hier haben das Recht auf eine umfang­reiche Aufklärung, sondern die Bürger. (Beifall bei der FPÖ.) Die Bürger, die Menschen haben es sich verdient, dass sie aufgeklärt werden. Die Bürger wollen wissen, wie es mit diesem Gesundheitssystem in diesem Land weitergeht. Das ist ein Sittenbild, es ist ja wirklich ein Sittenbild, wie der grüne Gesundheitsminister die Anfragen beantwortet.

Wir haben ja mittlerweile den dritten Gesundheitsminister, wir haben ja da schon ein bisschen Erfahrung hier im Hohen Haus. Wir haben ja mittlerweile den dritten Gesundheitsminister binnen drei Jahren, und mit keinem einzigen ist es


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im Land besser geworden – ganz im Gegenteil: Seit ihr Grünen in der Bundes­regierung seid, geht es in Österreich ja nur mehr bergab – es geht in Österreich ja nur noch bergab! (Beifall bei der FPÖ.)

Als euer Parteivorsitzender, der Vizekanzler, im Jänner 2020 vollmundig von sich gab: Sie werden Österreich in ein paar Jahren nicht mehr wiedererken­nen!, habe ich das damals für einen schlechten Scherz gehalten. (Zwischenruf bei der FPÖ.) Jetzt, fast drei Jahre später muss ich feststellen, dass das ja bittere Realität wurde. Überall dort, wo die Grünen die Finger im Spiel haben, mündet es ins Chaos. (Beifall bei der FPÖ.)

Unsere Sprache wird durch Gendern und Co zunehmend verhunzt (Heiterkeit des Bundesrates Gross), es wird uns vorgeschrieben, wie wir zu leben haben, es wird alles reglementiert, und das sogar hinein bis in den persönlichsten Lebensbereich der Menschen. Mich würde es wirklich nicht wundern, Herr Minister, wenn die Grünen uns in Zukunft irgendwann einmal unseren täglichen Toilettenpapier­verbrauch vorschreiben werden. (Beifall bei der FPÖ.)

Mit Geboten, Verboten und Überwachung möchte man das österreichische Volk unterdrücken und gefügig machen. Diese Art von Politik ist mit meinem freiheitlich-sozialen Herzen nicht vereinbar (Bundesrat Gross: Das macht nichts!) und erinnert mich eher an ganz dunkle Zeiten in Österreich. Es ist fürchterlich, was die Grünen mit unserem Land gemacht haben. (Beifall bei der FPÖ.)

Die ÖVP als Koalitionspartner und als Kanzlerpartei unterstützt das alles ja auch noch, ja noch schlimmer: Sie stimmt bei diesen ganzen Unsinnigkeiten auch noch zu. Das heißt, die ÖVP ist eigentlich gar keinen Deut besser.

Herr Minister, im Gesundheitsbereich ist es nicht fünf vor zwölf, es ist bereits fünf nach zwölf. Kollege Spanring hat es heute schon gesagt: Tagtäglich hören wir Horrormeldungen aus dem österreichischen Gesundheitssystem. Im Gesundheitsbereich ist der Sparstift so weit angesetzt worden, dass mittlerweile ganze Abteilungen gesperrt werden mussten, ja sogar ganze Spitäler.


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Wenn ich mir da mein Heimatbundesland Salzburg anschaue, in dem ja die Landesregierung die Handschrift der ÖVP und der Grünen hat (Bundesrätin Eder-Gitschthaler: Und NEOS!): Das Gesundheitssystem in Salzburg ist kaputtgespart (Bundesrätin Eder-Gitschthaler: Ah geh!) und durch kurzsichtige Personalpolitik ausgehöhlt worden, was das Personal anbelangt.

Das fällt uns jetzt gerade auf den Kopf, weil in der Landesklinik über 150 Betten gesperrt werden mussten und uns 50 Fachärzte in den Salzburger Landes­kliniken fehlen. Während kein Geld mehr für den Gesundheitsbereich da ist, werden für die Sanierung des Großen Festspielhauses 300 Millionen Euro ausgegeben und verpulvert. (Bundesrätin Eder-Gitschthaler: Das ist sehr pole­misch! – Rufe und Gegenrufe zwischen den Bundesrät:innen Eder-Gitschthaler und Spanring.) 300 Millionen Euro für den Luxus (Ruf bei der FPÖ: Das sind Prioritä­ten!), 300 Millionen Euro für die ÖVP-Haslauer-Reichenspiele: Das sind Prestigeobjekte. (Beifall bei der FPÖ.)

Die Menschen, die Bürger würden es brauchen. Das Gesundheitssystem gehört aufrechterhalten. Aber bei den Bürgern und bei den Mitarbeitern im Gesundheitssystem wird gespart. Ich sage es ganz klipp und klar: Das ist eine Schande erster Güte und schäbig für Österreich und seine Menschen. (Beifall bei der FPÖ.)

Wegen der mangelnden Wertschätzung den Mitarbeitern im Gesundheits­bereich gegenüber – ich habe es ja dem Minister zuerst schon gesagt – läuft das Personal in Scharen davon. Ich darf da wieder einmal an eure verfehlte Coronapolitik erinnern. (Zwischenruf des Bundesrates Schwindsackl.) Ihr zwingt die Menschen nach wie vor dazu, dass sie sich impfen lassen. Ihr zwingt die Menschen nach wie vor dazu, dass sie Maske tragen. (Bundesrat Krumböck: Wo denn? – Rufe und Gegenrufe zwischen Bundesrät:innen von ÖVP und FPÖ.)

Als wir jetzt hier gesessen sind, habe ich eine E-Mail bekommen, eine von vielen, und zwar von einer Dame, die ich nicht persönlich kenne, aber ich sage einmal


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recht herzlich grüß Gott, denn sie ist wahrscheinlich via Livestream bei uns zugeschaltet. Sie hat vorhin eine E-Mail geschickt:

Sehr geehrte Frau Steiner-Wieser, bitte kann jemand von euch heute im Bundesrat die Ungleichbehandlung beim Pflegepersonal anreden! Es ist nicht verständlich, warum man im Behindertenbereich keine Maske mehr benötigt, aber in Altenheimen, im Krankenhaus und bei Ärzten schon. Auch im Behindertenbereich gibt es alte und kranke Personen. Es muss endlich Schluss mit dem Maskenzwang sein. Wer will, kann diese ja freiwillig tragen.

(Beifall bei der FPÖ.)

Es ist nicht mehr auszuhalten. Stundenlang mit Maske zu arbeiten ist nicht mehr verhältnismäßig, und es ist nicht mehr nachvollziehbar. Bitte sprechen Sie dies an! Keiner kann sich vorstellen, wie es ist, stundenlang mit Maske arbeiten zu müssen. Es ist nicht mehr zu schaffen. – Zitatende.

Die nächste Dame – ich decke den Namen ab (ein Schriftstück in die Höhe haltend) –, die wahrscheinlich ihren Job an den Nagel hängen wird! Vielen Dank dieser schwarz-grünen Regierung für eure Verbohrtheit, für eure Sturheit! (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf bei der ÖVP.)

Das Einzige nämlich, was ihr mit eurer Zwangsbeglückung erreicht, ist eben, dass die Mitarbeiter im medizinischen Bereich kündigen und der Pflegenotstand und der medizinische Notstand noch größer werden. Corona und die gesetzten Maßnahmen haben nicht nur in der österreichischen Gesellschaft, am Arbeits­markt und in der Wirtschaft Schäden hinterlassen, sondern auch im österreichi­schen Gesundheitssystem. Organisatorisch ist es ausgehöhlt worden, finanziell und personell habt ihr es an den Abgrund getrieben.

Die Hilferufe – wir haben es heute schon mehrfach gehört – hört man aktuell aus allen Bundesländern, und was macht die schwarz-grüne Bundesregierung? – Na ja, statt endlich einmal einzusehen, dass ihr auf eine falsche Coronapolitik gesetzt habt, statt endlich einzusehen, dass Corona schon lange vorbei ist,


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werden für das Jahr 2023 um weitere 300 Millionen Euro Covid-Impfstoffe eingekauft. Obwohl wir immer noch auf 20 Millionen Dosen sitzen, werden diese neu eingekauft – wahrscheinlich verrotten die irgendwo, weil sie eh schon abgelaufen sind. Das ist eine Politik für die Pharmaindustrie, aber nicht für die Menschen und für die Bürger in diesem Land. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf bei den Grünen.)

Des Weiteren findet man in diesem Budget eine Überschreitungsermächtigung von 2,5 Milliarden Euro für weitere Coronamaßnahmen für das Jahr 2023. Ja was soll denn das jetzt sein? Das ist ja der helle Wahnsinn. Corona ist vorbei! (Zwischenruf des Bundesrates Schennach.) Das hat sogar die grüne Bundesrätin Hauschildt-Buschberger bei den Tagesordnungspunkten 4 bis 7 selbst hier heraußen gesagt (Bundesrätin Hauschildt-Buschberger: Bullshit!) – 4 bis 7, bitte im Protokoll nachlesen! Die grüne Bundesrätin Hauschildt-Buschberger hat selbst gesagt, die Pandemie ist zu Ende (Bundesrat Schennach: Vielleicht hat sie vorher Schnaps getrunken!); vielen Dank, jetzt haben wir es endlich auch hier.

Es gibt eine Inflationsrate von 11 Prozent und die Österreicher können sich das Leben nicht mehr leisten, aber die schwarz-grüne Bundesregierung pulvert nächstes Jahr immer noch das Geld für den sinnlosen Coronaschmarrn hinaus. Es ist nicht notwendig, die Menschen haben ganz andere Sorgen als euer Nahe­verhältnis zur Pharmaindustrie.

In Kenntnis all dieser Zahlen, die ich hier jetzt vorgelesen habe, ist es ja wirklich ein Treppenwitz, dass die versprochene Bonuszahlung von 2 000 Euro nicht in voller Höhe bei den Mitarbeitern im Pflege- und Gesundheitsbereich ange­kom­men ist. (Bundesrätin Kittl: Geh bitte! Lauter Unterstellungen!) Die Bonusschmäh­ankündigung ist daher eine reine Farce. Laut dem Intranet – ich habe es dem Herrn Minister schon einmal gesagt – der Salzburger Landeskliniken kriegen die Mitarbeiter 1 580 Euro brutto statt der angekündigten 2 000 Euro.

Ja, die Menschen werden von euch schlichtweg für dumm verkauft. Die Pflege- und Gesundheitsberufe wurden wieder einmal an der Nase herumgeführt. Das


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ist mir ein Rätsel: Wie will man Menschen für einen Beruf begeistern, nämlich dass sie dann auch im Beruf bleiben, wenn die schwarz-grüne Regierung denen ständig auf der Nase herumspringt?! Wie will man Menschen für den Beruf gewinnen und wie will man schauen, dass sie dann auch im Beruf bleiben? Na, mit dieser Politik werden wir das nicht schaffen. (Beifall bei der FPÖ.)

Herr Minister, kümmern Sie sich darum, dass Sie Ihr Versprechen einhalten und den Mitarbeitern im Gesundheits- und Pflegebereich den versprochenen Bonus auszahlen, und zwar brutto für netto! Der Bonus muss überall, in ganz Österreich, für jeden Mitarbeiter gleich sein. Daher bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Bundesrät:innen Marlies Steiner-Wieser, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Pflegeprämie muss auch in Salzburg und allen anderen Bundes­ländern 2.000 Euro netto betragen!“

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Soziales, Gesund­heit, Pflege und Konsumentenschutz und der Bundesminister für Finanzen, wird aufgefordert eine Regierungsvorlage dem Nationalrat zuzuleiten, die folgende arbeits- und sozialpolitische Forderungen im Bereich der Pflege unmittelbar umsetzt:

- Eine Novelle des Entgelterhöhungs-Zweckzuschussgesetz – EEZG, damit eine steuer- und abgabenfreie Auszahlung der 2.000 Euro an Pflegeprämie für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Pflege“ – steht so da – „im Dezember 2022 erfolgen kann

- Die gesetzliche Verankerung der Abgaben- und Steuerfreiheit für Pflegeprä­mien für 2023 und die Folgejahre


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- Diese Abgaben- und Steuerfreiheit hat für alle Bundesländer zu gelten, und sich auch auf Zusatzprämien der Länder bzw. Gemeinden und Pflegeheimträger zu erstrecken.“

*****

Statt Millionen in sinnlose Impfkampagnen zu stecken, sollten Sie diesem Antrag zustimmen, um den Menschen im Gesundheits- und Pflegebereich den nötigen Respekt und die nötige Wertschätzung entgegenzubringen. (Beifall bei der FPÖ.)

Die Österreicher brauchen jeden Cent, damit sie über die Runden kommen. Die Mieten stehen vor der nächsten Indexierung, die Lebensmittelpreise steigen noch weiter, die Preise von Gas, Diesel und Heizöl sind exorbitant hoch und der Strom wird auch noch teurer werden.

In einer Situation, in der die Menschen finanziell eh schon fast nicht mehr über die Runden kommen, ich muss ja schon fast grinsen (Ruf bei der ÖVP: Das wäre das erste Mal!), kommt die grüne Gewessler auf die Schnapsidee, eine CO2-Steuer einzuführen. Wieder einmal muss der Steuerzahler das Ganze berappen und wieder einmal wird den Österreichern das Geld aus dem Geldbörsel und auch fast schon das Weiße aus den Augen rausgenommen. Ihr betreibt grünen Fanatismus, und das ist schäbig! (Beifall bei der FPÖ.)

Anstatt dass Frau Gewessler sich hinter die österreichische Bevölkerung stellt und schaut, dass die Bürger finanziell entlastet werden, unterstützt und verteidigt sie lieber die radikalen Klimaterroristen, die das Land mit ihren Aktionen tyrannisieren und mittlerweile schon einen enormen Schaden hinterlassen haben. Das ist unglaublich! (Beifall bei der FPÖ.)

Die Menschen finden kein Auskommen mehr mit ihrem Einkommen – und werden dann mit einem Bonus, mit einer kleinen Einmalzahlung, die eigentlich viel zu spät kommt, abgespeist. Sie wird oft zum Abdecken des Kontos oder für Stromnachzahlungen verwendet und ist ein Tropfen auf den heißen Stein. Wir


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brauchen nachhaltige Hilfen mit einer Dauerhaftigkeit und Kontinuität, damit wir wieder zu unserer alten Normalität zurückkommen können, in der jeder Österreicher mit dem, was er verdient, auch auskommt, seine Fixkosten zahlen kann und in der man sich wieder einen Wohlstand erarbeiten kann. (Beifall bei der FPÖ.)

Wenn nicht sofort eine Notbremsung eingeleitet wird, wird das ganz, ganz dramatisch und bitter enden. Die Österreicher werden euch nie vergessen und verzeihen, was ihr in den letzten drei Jahren angestellt habt. (Bundesrat Preineder: Die werden Ibiza auch nicht vergessen!) Glaubt es mir, ich werde sie permanent daran erinnern. Anscheinend haben die Grünen und die ÖVP da ein bisschen einen Gedächtnisverlust.

Es gehören, wir haben es heute schon gehört, auch endlich die Sanktionen gegen Russland gestoppt. Wisst ihr eigentlich, was es bedeutet, wenn wir kein Gas und kein Öl mehr haben? – Es laufen keine Maschinen mehr, es gibt einen Produk­tionsstopp, wir werden viele Arbeitslose mehr haben, es laufen keine Heizungen mehr, wir werden frieren, es laufen keine Herde mehr, somit werden wir nichts mehr kochen können. Diese Sanktionen, die ihr angestellt habt, sind ein Bumerang, sie treffen nicht Russland, sie treffen ausschließlich uns Österreicher. (Beifall bei der FPÖ.) Stopp diesen unsinnigen Sanktionen!

Es ist mir aber schon klar, was für eine Ideologie bei den Grünen dahintersteckt: Hungern und frieren für den Frieden! Es sollte nicht jeden Tag Schnitzel sein, oder wie hat Frau Maurer gesagt? (Bundesrätin Hauschildt-Buschberger: Genau!) – Ja, frivol und beschämend ist das! Frivol und beschämend ist das! Das ist eine Verhöhnung der österreichischen Bevölkerung, die nach einem schrecklichen Krieg jahrzehntelang gearbeitet hat (Bundesrat Schennach: Essen Sie jeden Tag Schnitzel?) – jahrzehntelang hat es gedauert, bis dieses Land wieder aufgebaut werden konnte (Bundesrat Schennach: Aber nicht mit Schnitzeln!), bis wir diesen Wohlstand erreicht haben. Das ist frivol, das ist eine Verhöhnung! (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrat Schennach: Aber mit Schnitzeln ist es nicht aufgebaut worden! –


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Zwischenruf der Bundesrätin Grimling. – Bundesrat Schennach: ... Sie redet die ganze Zeit von Schnitzeln!)

Herr Minister, eine weitere Angelegenheit, um welche Sie sich kümmern sollten – ich beziehe mich auf einen ganz aktuellen Bericht des Salzburger Landes­rechnungshofes –: Der Salzburger Landesrechnungshof stellte bei einer Prüfung grobe Mängel und einen Bruch der Leistungsvereinbarung in den Spitälern Zell am See, Mittersill beziehungsweise Ritzensee fest. Es wurden dort Operationen an die Privatklinik Ritzensee – unzulässig war das! – weitergegeben. Es werden Patienten auf Kosten der öffentlichen Hand in die Privatklinik Ritzensee gebracht, sie werden dort operiert, um dieses Privatspital zu finanzieren, und der Steuerzahler muss das berappen.

Der Rechnungshof hat darüber hinaus auch noch festgestellt, dass Ärzte, die während ihrer Arbeitszeit in der öffentlichen Krankenanstalt in der Privatklinik operierten, ein Gehalt vom Spital erhalten haben und zusätzlich noch Honorar­noten geschrieben haben. Die haben also doppelt verdient. Zahlen und berappen müssen das wiederum die Steuerzahler - -


Präsidentin Korinna Schumann: Frau Bundesrätin, ich darf Sie darauf hinweisen, dass Ihre Redezeit in Kürze endet.


Bundesrätin Marlies Steiner-Wieser (fortsetzend): Das ist ein ungeheuerlicher Skandal, und Sie, Herr Minister, wissen – oder ich hoffe, dass Sie es wissen –, dass Sie für die Kontrolle – es steht da so schön: alle „Sozialversicherungsträger unterliegen der Kontrolle des Rechnungshofes und der Aufsicht des zuständigen Ministeriums“ – aller Sozialversicherungsträger zuständig sind. Bitte kümmern Sie sich um den Salzburger Fall! Das ist ein ungeheuerlicher Skandal! Eigentlich wundert es mich nicht wirklich, weil überall, wo ÖVP und Grüne draufsteht, Korruption und Chaos drinnen ist. (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrat Schennach: Jetzt wiederholen sich die Sätze!)

Eure Coronamaßnahmen, eure Russlandsanktionen, sie wirken – -



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Präsidentin Korinna Schumann: Bitte um den Schlusssatz, Frau Bundesrätin! – Danke.


Bundesrätin Marlies Steiner-Wieser (fortsetzend): Es wird tatsächlich unge­mütliche Weihnachten geben, vor allem für kleine Kinder, die mit traurigen Augen vor dem Christbaum stehen werden, weil für sie kein Packerl unter dem Christbaum liegt, weil die Eltern es sich einfach schlicht und ergreifend nicht mehr leisten können. – Danke. (Anhaltender Beifall bei der FPÖ.)

19.56


Präsidentin Korinna Schumann: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Kornhäusl. – Bitte, Herr Bundesrat.


19.56.57

Bundesrat Dr. Karlheinz Kornhäusl (ÖVP, Steiermark): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren, die eventuell noch via Livestream zugeschaltet sind! Ich muss schon sagen, das ist wirklich starker Tobak, den man da über sich ergehen lassen muss. Da kommt mir eines in den Sinn, nämlich dass Gewalt bei der Sprache beginnt. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Bundesrätin Schartel: Die Wahrheit ist den Menschen zumutbar! – Bundesrat Steiner: Blut an den Händen! Blut an den Händen! – Bundesrätin Steiner-Wieser: Ungemütliche Weihnachten!)

Wenn man sich solche Anschuldigungen anhören muss, wenn Sie zum Beispiel dem Bundesminister Straftaten unterstellen, ihm sagen, er gehöre eigentlich ins Gefängnis, dann muss ich sagen: Schämen Sie sich dafür! (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesrät:innen der Grünen. – Bundesrat Ofner: Ihr habt das in ganz Österreich angerichtet!) Das ist eine Schande für dieses Haus, das ist dieses Hauses nicht würdig!

Auch Kollege Obrecht, den ich in den Diskussionen wirklich schätze, hat sich leider heute hergestellt und gesagt: Daschlogt sie und jagt sie mit dem nassen Fetzen davon! (Die Bundesrät:innen Steiner und Steiner-Wieser: Bravo! – Rufe bei


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der SPÖ: Nein, hat er nicht! – Zwischenruf des Bundesrates Appé.) – So in diese Richtung. (Beifall bei Bundesrät:innen der FPÖ.) Da muss ich ganz ehrlich sagen: Auch das ist dieses Hauses nicht würdig! (Beifall bei der ÖVP. – Ruf bei der SPÖ: Was legst du ihm da jetzt in den Mund? – Ruf bei der FPÖ: Eure Korruption ist nicht würdig! – Bundesrat Appé: „Daschlogt sie“ hat er nicht gesagt! – Bundesrätin Grimling: Das hat er doch nie gesagt! – Ruf bei der FPÖ: Die ÖVP-Korruption ist dieses Hauses nicht würdig, Herr Kollege! Eure Falschheit!)

Er hat gesagt: Jagt sie mit dem nassen Fetzen davon!, oder so irgendetwas. (Bundesrat Schennach: Nein, nein! – Bundesrat Appé: Aber nicht daschlogn! – Ruf bei der SPÖ: Warum unterstellst du irgendwelche Dinge, die er nicht gesagt hat?) – Jagt sie mit dem nassen Fetzen davon! (Ruf bei der SPÖ: Nein! – Bundesrätin Grimling: Da möchte ich jetzt das Protokoll sehen! Das hat er nicht gesagt! – Bundesrat Schennach: Dafür wirst du dich heute hier noch entschuldigen!) – Ja, wir können das Protokoll - - (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Kollege Obrecht hat gesagt: Jagt sie mit dem nassen Fetzen davon! (Ruf bei der FPÖ: Bravo!) – Das können wir nachlesen. (Beifall bei Bundesrät:innen der FPÖ. – Bundesrat Schennach – die Hand hebend –: Zur Geschäftsordnung! – Bundesrätin Grimling: Zur Geschäftsordnung! – Bundesrat Ofner: Wiederhol’ es noch ein paarmal! – Zwischenruf der Bundesrätin Steiner-Wieser.)

Eines muss man noch dazusagen: Das Ganze spielt uns als Politik nicht in die Karten. Dazu gibt es eine rezente Hajek-Umfrage, die erst vor wenigen Tagen in einem großen österreichischen Blatt veröffentlicht wurde (Ruf bei der SPÖ: Die besagt, dass die ÖVP in der Steiermark auf dem dritten Platz ist!), wo der Politik leider Gottes aufgrund genau solcher Auftritte (Bundesrätin Schartel: Aufgrund von eurer Korruption! – Ruf bei der ÖVP: Horcht einmal zu!) ein schlechtes Image attestiert wird. (Neuerlicher Zwischenruf der Bundesrätin Schartel.) Jetzt sage ich Ihnen etwas – und dann wird die Aufregung wahrscheinlich verstummen –: Wissen Sie, was der Beweis dafür ist, Frau Kollegin? – Die Opposition schneidet in dieser Hajek-Umfrage am schlechtesten ab! (Bundesrat Leinfellner: Dann geht wählen!) Sie ist diese Woche veröffentlicht worden. (Ruf bei der FPÖ: Wann gehen


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wir wählen? Neuwahlen! – Bundesrätin Schartel: Neuwahlen! – Ruf bei der ÖVP: Was ist mit denen?) Ich kann sie Ihnen dann vorbeibringen. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir sind gewählt worden, um zu arbeiten und um Verantwortung zu über­nehmen. (Bundesrat Steiner: Du nicht! Wir nicht!) Die Freiheitliche Partei musste das zum Glück selten bis nie. Was passiert, wenn sie es tut? – Das sehen wir jetzt in Graz, wo bereits mehrere Verfahren laufen. Ich bin gespannt, was herauskommt. Es sind Hunderttausende Euro irgendwo, in irgendwelchen Kanä­len der Freiheitlichen Partei verschwunden und keiner weiß, wo sie sind, einer beschuldigt den anderen. (Bundesrat Steiner: Was hat das mit der Regierung zu tun? – Bundesrat Ofner: Für euch werden wir eigene Gefängnisse bauen müssen!) Das ist die Welt der Freiheitlichen Partei!

Wenn Kollege Steiner sagt: Was hat das damit zu tun?, muss ich sagen: Das frage ich mich die ganze Zeit bei euren Copy-and-paste-Reden, in denen wir 17-mal dasselbe hören, mit einer Themenverfehlung nach der anderen. (Zwischenruf des Bundesrates Ofner.) Da frage ich mich – und so geht es wahrscheinlich den meisten Kollegen in meinem Klub und im grünen Klub, aber auch bei der Sozialdemokratie –: Was hat das mit dem Thema zu tun? (Bundesrätin Kittl: Ja!) Da würde ich also wirklich bitten, vor eurer eigenen Tür zu kehren. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Bundesrat Steiner: Die Bürger fragen sich das ...! Sie fragen sich das den ganzen Tag! Glaub mir das!)

Kommen wir aber zum Thema dieser Dringlichen Anfrage zurück, die auch ein buntes Sammelsurium an circa 130 Fragen enthält – das muss man sich einmal einfallen lassen (Bundesrätin Steiner-Wieser: 131! – Zwischenruf der Bundesrätin Schartel) –, gespickt mit ein paar Asylthemen, das braucht die Freiheitliche Partei, ohne die ist sie es nämlich nicht. (Bundesrätin Schartel: ... das Asylthema habt ihr ...!) Danke vielmals, Herr Bundesminister, für die profunde Beant­wortung der Fragen (Ruf bei der FPÖ: Was?) hier und heute.

Ich muss deshalb ein bisschen schmunzeln, weil heute immer wieder der Vorwurf gekommen ist, die Bundesregierung lässt die Bundesländer im Stich, wir


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lassen die Bundesländer hängen. Ich muss deshalb schmunzeln, weil das so sehr dieser fast schon kindlich naiven Vorstellung der Freiheitlichen Partei entspricht. Dabei ist der Begriff kindlich da eigentlich fehl am Platz, weil Kinder nicht so bösartig und garstig sein können, wie Sie das hier heute sind oder wie Sie das generell sind.

Ihre naive Welt, wie Politik funktioniert (Bundesrat Leinfellner: Von den gan­zen ...!), schaut nämlich so aus, dass Sie hergehen und sagen: Nehmen wir einfach die ganzen Millionen aus der Covid-Pandemiebekämpfung! – Da ist übrigens alles belegt. Ich weiß nicht, ob Sie diesen Bericht kennen. (Der Redner hält ein mehrseitiges Schriftstück in die Höhe.) Ich glaube, nicht. (Bundesrat Steiner: Cofag! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Es gibt einen ausführlichen Bericht darüber, dass der Bund da jeden Cent den Ländern, den Gemeinden (Bundesrat Steiner: Cofag!), den Sozialversicherungen zurückerstattet hat und alles übernommen hat. (Bundesrat Steiner: Cofag!) Ich kann Ihnen diesen Bericht dann gerne überreichen. (Bundesrat Steiner: Es reicht die Cofag! – Bundesrat Schennach: Was übrig geblieben ist, hat der Herr Hörl gekriegt, oder? – Zwischenruf bei den Grünen.)

In Ihrer naiven Vorstellung kann der Bund einfach so hergehen und sagen: Liebe Länder, da habt ihr ein paar Hundert Millionen Euro aus der Covid-Pandemie­bekämpfung, die brauchen wir nicht mehr.

Nur sage ich Ihnen etwas, Herr Kollege Steiner: Das funktioniert so nicht. (Bundesrat Steiner: Weil?) Wissen Sie, warum es nicht funktioniert? (Bundesrat Steiner: Weil das Geld ...!) – Weil es nicht gesetzeskonform ist (Bundesrat Steiner: Dann schaffen wir ein Gesetz!) und weil die Bund-Länder-Finanzierung klaren Gesetzen unterliegt. (Bundesrat Steiner: Dann schaffen wir ein Gesetz, ein neues Gesetz!) Ich habe auch das (ein mehrseitiges Schriftstück in die Höhe haltend) für Sie mitgebracht. Das ist ein Staatsvertrag, Kollege Steiner, da geht es um 15a-Vereinbarungen: Bundesrecht konsolidiert: Organisation und Finanzierung des


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Gesundheitswesens (Bund – Länder), § 0, mit 1. Jänner 2017 in Kraft getreten. (Bundesrat Steiner: ... Gesetz ändern! Was hindert Sie daran? Ändern!)

Und hier: Gesamte Rechtsvorschrift für die Zielsteuerung-Gesundheit (Bund – Länder), sie ist mit 1. Jänner 2017 in Kraft getreten, ein Staatsvertrag, der immer wieder novelliert wurde. (Bundesrat Steiner: Ändern!)

Passen Sie jetzt gut auf, denn das ist Ihnen anscheinend nicht gesagt worden: Am 7. Dezember hat der Bund gemeinsam mit allen Ländervertretern die Unterschrift gesetzt, und gestern, am 19. Dezember, ist die 15a-Vereinbarung im Bundesgesetzblatt veröffentlicht worden. Das werden Sie noch nicht gesehen haben (Bundesrat Steiner: Ach so!) – das habe ich von Ihnen übernommen, das Herumwacheln, Ihnen fallen die Zettel ja oft hinunter –, aber da drinnen steht die Finanzierung des Gesundheitswesens durch Bund und Länder, und das wurde gestern im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. So viel zu Ihrer Welt, wie man irgendwelche Millionen in der Gegend hin und her schiebt.

In dieser Bund-Länder-Vereinbarung, Kollege Steiner, Kollege Spanring, ist auf Punkt und Beistrich bis zur vierten Kommastelle alles geregelt, wie die Finanzströme, die Finanzierungsströme zwischen Bund und Ländern funktio­nieren. Das geht über die Primärversorgung, das geht weiter zur Prävention, das betrifft die Spitäler, das betrifft Innovationsprojekte.

Und da heute auch Niederösterreich angesprochen worden ist: Ich verstehe ja, dass Herr Spanring nervös ist, er steckt als Landesgeschäftsführer der Freiheit­lichen Partei mitten im Wahlkampf. – Was Sie betreffend den RSG Nieder­österreich nicht gesagt haben oder hier unterschlagen haben, ist, dass der RSG in Niederösterreich erst diese Woche Gegenstand im Zusammenhang mit der Landeszielsteuerung war. Wieso haben Sie das nicht erzählt, Herr Spanring? – Weil Sie es nicht wissen. (Bundesrat Spanring: Und was ist rausgekommen?) Nur dürfen Sie sich dann nicht herausstellen und über Niederösterreich irgendwelche Unwahrheiten behaupten, die nicht stimmen! (Beifall bei der ÖVP und bei


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Bundesrät:innen der Grünen. – Bundesrat Spanring: Was ist rausgekommen, Herr Kollege? Wo ist der RSG, zweiter Teil?)

Wenn Sie, was dem Wahlkampf geschuldet ist, jammern, wie schlecht die Versorgung in Niederösterreich ist, dann nenne ich nur zwei Zahlen: In Niederösterreich gibt es 27 Spitalsstandorte. Zum Vergleich: In Dänemark mit seinen fast 6 Millionen Einwohnern gibt es 32 Spitalsstandorte. (Zwischenruf der Bundesrätin Schartel.) Aber die 27 Spitalsstandorte in Niederösterreich sind Ihnen immer noch zu wenig. Sagen Sie die Wahrheit und arbeiten Sie nicht nur mit Angst- und Hassparolen! (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesrät:innen der Grünen. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Jetzt kommen wir einmal zur Ruhe. Wenn Sie mir jetzt zuhören, dann werden Sie auch vernehmen, dass ich Ihnen durchaus recht gebe, wenn Sie sagen, dass wir da und dort große Herausforderungen haben. Ja, wir haben natürlich auch Baustellen im Gesundheitssystem. Bitte, das wegzureden wäre politisch verant­wortungslos. Sie können mir glauben, weil ich, wie Sie ja wissen, tagtäglich im Gesundheitssystem arbeite und mit den Kolleg:innen dort rede, wie auch in den Altersheimen und in unseren Pflegeeinrichtungen.

Ja, da haben wir natürlich strukturelle Probleme. Ich bin auch nicht jemand, der sagt, dass Corona an allem schuld ist, dass davor alles perfekt war. Das war es natürlich nicht. Corona hat diese Schicht, die da vielleicht drüber war, wie ein Wind weggefegt und hat all die Probleme jetzt zutage gefördert. Ich bin auch kein Politiker, der sich hinstellt und sagt, alles ist gut und bis nächsten Montag ist das alles erledigt. Das wäre töricht, weil das ja nicht geht.

Was wir aber sagen können, was ich sagen kann und was diese Bundesregierung und dieser Bundesminister jeden Tag tun, ist, zu schauen, dass wir kurzfristig, mittelfristig und langfristig alles tun und Projekte umsetzen, damit wir dieses Gesundheitssystem in Österreich, das eines der besten auf der ganzen Welt ist – das wird hoffentlich niemand hier herinnen bestreiten –, auf Schiene halten und noch besser machen, als es schon ist. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)


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Ich möchte einen Punkt jetzt herausheben, nämlich die Pflegereform. Dafür steht insgesamt in den nächsten beiden Jahren 1 Milliarde Euro zur Verfügung. 570 Mil­lionen Euro davon fließen in die Grundgehälter der Pflege.

Und weil das heute schon gekommen ist – von den Freiheitlichen, da erwarte ich es mir nicht anders, aber auch von der Sozialdemokratie –, nämlich dieses Thema steuerfreier Bonus: Es war doch immer die Sozialdemokratie, die in allen Kollektivvertragsverhandlungen oder Gehaltsverhandlungen gesagt hat: Wir wollen keine Boni, sondern das Geld muss Gehaltsbestandteil sein! (Zwischenruf der Bundesrätin Schartel.) – Genau das machen wir jetzt mit den 570 Millionen Euro, dass das nämlich ein Gehaltsbestandteil und somit pensionswirksam und wirksam für sämtliche Versicherungsleistungen wird. (Heiterkeit der Bundesrätin Grimling.)

Zum ersten Mal geht die Sozialdemokratie her – und ich frage mich da wirklich, wo da jetzt die Gewerkschafter in ihren Reihen sind (Bundesrat Schennach – auf Präsidentin Schumann deutend –: Hinter dir!) – und sagt: Nein, das brauchen wir nicht, kein Gehaltsbestandteil, einmal ein Nettobonus ist uns lieber! – Das ist doch entgegen der Linie, die Sie sonst immer vertreten. Wir machen jetzt das, was Sie immer fordern, und plötzlich passt es nicht. Warum? –Weil es ein grüner Minister und ein ÖVP-Kanzler sind. Das ist der einzige Grund. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesrät:innen der Grünen. – Bundesrätin Grimling: Das ist doch lächer­lich!) Sonst sehe ich keinen Grund, warum Sie sich herstellen und sagen können, das sei alles nichts.

Jetzt können Sie von mir aus sagen, und das wäre ja noch legitim: Wir hätten gerne den einen oder anderen Hunderter mehr gehabt! – Gut, das kann man da im Rahmen der Finanzausgleichsverhandlungen machen. Das steht dem Bund und den Ländern frei. Herzugehen und zu sagen: Nein, ein Gehaltsbestandteil soll es nicht sein!, das verstehe ich aber nicht. (Bundesrätin Grimling: Hat nie wer gesagt! Ist ja nicht gesagt worden!)


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Kommen wir aber noch einmal zu unserem Gesundheitssystem: Ich habe vorhin gesagt, ja, wir haben Baustellen, wir haben Probleme. Ich will das auch gar nicht schönreden, so wie es oft gemacht wird, indem man immer nur von Heraus­forderungen spricht. Das sind natürlich große Herausforderungen, aber wir haben gemeinsam mit Schweden, Deutschland und der Schweiz eines der besten Gesundheitssysteme der Welt, mit der niederschwelligsten Versorgung. (Bundes­rätin Steiner-Wieser: In Österreich ...!)

Bitte, Frau Kollegin, in welchem Land ist es denn möglich, dass Sie wie bei uns 24 Stunden am Tag, 365 Tage im Jahr (Bundesrat Steiner: In Wien nicht mehr!) auf die Universitätsklinik in Graz, Wien, Innsbruck oder sonst wo hingehen können? (Bundesrat Steiner: In Wien nicht mehr!) Wo ist es denn möglich? – Das ist sonst nirgends möglich. (Bundesrätin Steiner-Wieser: Nein, das stimmt nicht! In Salzburg ...!)

Nehmen wir aber ein paar andere Beispiele heraus (Bundesrat Schennach: Istanbul!), die Sie alle kleinreden und auf die ich und, ich hoffe, auch einige andere hier im Raum zu Recht stolz sind: Wir haben in Österreich gemeinsam mit Schweden die höchste und die beste Überlebensrate von Brustkrebs in ganz Europa. Ist das unserem, wie Sie sagen, schlechten Gesundheitssystem geschul­det? – Ich sage Ihnen etwas: Das ist ein Schlag ins Gesicht aller Frauen, die hier unseren Ärztinnen und Ärzten und Pflegefachkräften vertrauen. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesrät:innen der Grünen. – Bundesrätin Schartel: Nein, nein, nein ...!) Das ist unserer perfekten Früherkennung geschuldet, das ist unseren perfekten Behandlungspfaden geschuldet. (Bundesrätin Schartel: ... Mammo­grafie!)

Gehen wir aber in andere Bundesländer: Die neurochirurgische Versorgung in Wien und Innsbruck ist etwas, worauf wir zu Recht stolz sein können, etwas, bei dem die ganze Welt auf uns schaut.


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Die Replantationschirurgie in Salzburg, in Linz und in Innsbruck: Die ganze Welt schaut auf uns! (Bundesrätin Steiner-Wieser: Das sind Spezialoperationen, was ist mit ganz normalen?)

Ich komme wieder zurück nach Niederösterreich: Med-Austron. Frau Kollegin, ich weiß nicht, ob Ihnen das etwas sagt, es ist ein Beispiel für Innovation. Die ganze Welt schaut auf dieses Technologie- und medizinische Zentrum, das modernste Krebstherapien mit Ionenbestrahlung anbietet. Sie stellen sich aber ans Rednerpult und sagen, das wäre eine schlechte Gesundheitsversorgung. Schämen Sie sich dafür! (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrätin Steiner-Wieser: ... Kinder- und Jugendpsychiatrie ... Triage?)

Jetzt darf ich in mein eigenes Bundesland kommen: Ja, es gibt in der Steiermark genauso Probleme und Herausforderungen wie in allen Bundesländern – wie auch in allen Ländern Europas und allen Ländern auf der ganzen Welt übrigens. Sie stellen sich ja hier ans Rednerpult und tun fast so, als wäre überall alles Friede, Freude, Eierkuchen, nur in Österreich würde quasi alles in Trümmern liegen.

Wir haben, um nur ein paar Punkte anzuführen, in der Steiermark mittlerweile die Anzahl der Notarzthubschrauber auf drei Stück erhöht, zwei davon sind nachtflugtauglich und 24 Stunden im Einsatz.

Das Land Steiermark gibt jetzt 10 Millionen Euro für ein Stipendium in Koope­ration mit der Medizinischen Universität Graz aus, um insgesamt 300 Jungmedi­zinerinnen und Jungmediziner im Land zu halten.

Wir haben die Ausbildungsstellen in vielen Fächern aufgestockt, ganz besonders in der Psychiatrie. Weil das immer wieder angesprochen wird: Ja, das ist die nächste Pandemie, die auf uns zurollt, nämlich die der psychiatrischen Erkran­kungen! (Bundesrätin Schartel: Wer hat sie verursacht?!)

Da muss man jetzt Vorsorge treffen, und das tun wir. Das tun wir in der Steiermark und das tun wir in ganz Österreich. Die Lehrpraxisförderung wurde


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aufgestockt; es gibt einen eigenen kinderärztlichen Bereitschaftsdienst; wir haben im Murtal eine Frauenambulanz eingerichtet.

Frau Kollegin Schartel, ich schaue jetzt bewusst Sie als steirische Landsfrau an: Das ist alles schlecht? Ist das alles schlecht, was ich jetzt aufgezählt habe? (Bundesrätin Schartel: Nein, das haben wir ja nicht kritisiert, ...! – Bundesrat Köck: Qua, qua, qua!) – Ja, aber dann trennt uns ja eh nichts, Frau Kollegin Schartel! (Ruf bei der SPÖ: Oh ja! – Ruf: Uns trennt viel!)

Dann trennt uns ja eh nichts (weitere Rufe: Oh ja! Oh ja! – Ruf bei der SPÖ: Da ist ein Fluss dazwischen!), dann einigen wir uns darauf, dass viele Dinge recht gut funktionieren – na ja, also uns trennen schon Welten, aber vielleicht einigen wir uns zumindest in diesem Zusammenhang. (Zwischenruf bei der FPÖ.)

Vielleicht können wir uns einfach eingestehen, dass es Dinge gibt, die sehr gut funktionieren, dass diese Pandemie (Bundesrätin Steiner-Wieser: Die ist zu Ende!) ein Katalysator für Reformen war, die – und da gebe ich Ihnen recht – wahr­scheinlich schon längst überfällig waren, aber besser zu spät als nie!

Wir sind uns außerdem auch einig, dass es natürlich Herausforderungen und Baustellen gibt, die wir angehen müssen. Ich würde Sie aber wirklich bitten: Tun wir das gemeinsam, so wie wir es in der Steiermark immer gelebt haben, in Partnerschaft zwischen der Volkspartei und der steirischen Sozialdemokratie. Machen wir es nicht gegeneinander, denn am Ende des Tages steht immer das Wohl der Patientinnen und Patienten im Vordergrund. (Beifall bei der ÖVP sowie der Bundesrätin Hauschildt-Buschberger. – Bundesrat Schennach: Ich habe gedacht, von der Schartel trennt dich nichts – jetzt will er wieder mit uns!)

Ich richte diesen Appell an Sie alle, dass wir diese Herausforderungen, die es gibt, gemeinsam angehen mögen. Ich bin der tiefen Überzeugung, dass Gesundheitspolitik viel zu wichtig ist, als dass man damit hier politisches Klein­geld wechseln sollte. Das ist meine tiefe Überzeugung. Noch einmal mein abschließender Appell: Gehen wir es gemeinsam an, die Herausforderungen zu


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lösen: jene, die schon überfällig sind, und jene, die wir brauchen, um das System zukunftsfit zu machen und zu halten!

Machen wir es gemeinsam mit der Bundesregierung, machen wir es gemeinsam mit den Verantwortungsträgern in unseren Bundesländern! – Ich sage Danke für die Aufmerksamkeit und wünsche Ihnen alles Gute. Bleiben Sie gesund! (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

20.14


Präsidentin Korinna Schumann: Der von den Bundesrät:innen Marlies Steiner-Wieser, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „Pflegeprämie muss auch in Salzburg und allen anderen Bundesländern 2.000 Euro netto betragen!“ ist ausreichend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Bundesrat Spanring zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Bundesrat.


20.14.34

Bundesrat Andreas Arthur Spanring (FPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Bundesrat Kornhäusl hat in seiner Rede behauptet, ich hätte die Würde des Hauses verletzt, indem ich gesagt hätte, Minister Rauch gehöre eingesperrt. (Bundesrätin Kaltenegger: Ja!) – Das ist falsch.

Ich berichtige tatsächlich, ich habe gesagt: Wenn unsere Justiz genauso rigoros wie die kirgisische arbeiten würde, dann wäre Herr Minister Rauch in der JA Wien Josefstadt. (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrat Schennach: Die kirgisische ist aber nicht schlecht!)

20.15


Präsidentin Korinna Schumann: Ebenfalls zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Bundesrat Obrecht zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Bundesrat. (Bundesrat Steiner: ... fast alle Bundesräte aufstehen und tatsächlich berichtigen, wenn wir so eine gute Rede ...!)



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20.15.17

Bundesrat Mag. Sascha Obrecht (SPÖ, Wien): Frau Präsidentin! Kollege Kornhäusl hat des Weiteren auch behauptet, ich hätte gesagt, die Bundesregierung gehöre erschlagen. – Das ist faktisch unrichtig. (Bundesrat Kornhäusl: Dafür habe ich mich entschuldigt, das war ein Fehler!)

Er hat sich dafür auch schon entschuldigt, das nehme ich natürlich wohlwollend zur Kenntnis.

Ich berichtige dennoch tatsächlich: Ich habe nur gesagt, die Bundesregierung solle „mit nassen Fetzen“ aus ihrem Amt gejagt werden, und dazu stehe ich auch. (Beifall bei SPÖ und FPÖ.)

20.15


Präsidentin Korinna Schumann: Zu Wort gemeldet ist nun Herr Bundesrat Appé. – Bitte, Herr Bundesrat.


20.15.54

Bundesrat Ingo Appé (SPÖ, Kärnten): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Kollege Kornhäusl, unsere Forderung nach einer Nettoprämie ist dem geschuldet, dass der Herr Bundesminister gesagt hat, er wolle eine spürbare Nettoprämie in Höhe von 2 000 Euro ausschütten – wir fordern das eigentlich nur ein. Es ist schön, wenn du jetzt sozialdemokratische Werte verteidigst, aber wir haben das nicht in dieser Richtung deponiert. (Beifall bei der SPÖ.)

„Türkis-Grün zerstört das österreichische Gesundheitssystem“, lautet das Thema dieser Dringlichen Anfrage. Wie schaut die Realität für Otto Normalverbraucher am Land aus? – Er hat den Eindruck, dass es einen Notstand beim Pflegepersonal gibt, es gibt einen Notstand bei der Ausbildung der Mediziner, es gibt einen Notstand bei den praktischen Ärzten am Land, es gibt einen Notstand bei Fach­ärzten – betreffend die Kinderärzte haben wir hier in diesem Haus schon öfter Entschließungsanträge eingebracht, da ist alles eitel Wonne und auf einem guten


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Weg, wie wir danach in den Ausschüssen gesehen haben, also brauchen wir da nichts zu tun –, es gibt einen Notstand bei den Apotheken, es gibt einen Notstand bei der Versorgung mit Medikamenten, und es gibt einen Notstand bei Pflegeheimen.

Es gibt also Probleme im Gesundheitswesen, und das hat auch der Herr Bundes­minister bestätigt. Stark belastete Spitäler und Pflegeheime suchen hände­ringend nach Personal, die Menschen müssen lange Wartezeiten für Termine in Kassenordinationen in Kauf nehmen und jetzt auch noch Medikamenten­engpässe hinnehmen, die durch Produktionsausfälle und Lieferschwierigkeiten verursacht wurden.

Diese Probleme sind nicht neu, aber durch die Pandemie wurden sie noch massiv verschärft. Mittlerweile müssen auch wieder Behandlungen und Operationen verschoben werden, zudem bleibt Spitalsärzten häufig keine andere Wahl, als die Patienten aus Kapazitätsgründen vorzeitig zu entlassen, was der Gesundheit und der Genesung auch nicht zuträglich ist.

Selbst wenn es gelingt, den Pflegeberuf durch bessere Bezahlung, Erweiterung der Kompetenzen und flexiblere Arbeitszeitmodelle attraktiver zu gestalten, wird es Jahre dauern, den durch die älter und kränker werdende Bevölkerung steigenden Bedarf zu decken.

Eine Entspannung der Lage in den Spitälern, denke ich, ist also auf absehbare Zeit nicht zu erwarten, ebenso wenig eine Trendumkehr bei den nieder­gelassenen Kassenärzten. Die seit mehreren Jahren sinkende Zahl der Kassen­ärzte und die steigende Zahl der Wahlärzte haben dieses Dilemma mitverursacht.

Die Ärztekammer und auch die Sozialversicherung werden schließlich aber kein Interesse an mehr Kassenärzten haben, dies aus folgenden Gründen: Sie müssten viel höhere Honorare bezahlen, damit sich die Hunderten zusätzlichen Ordinationen lohnen würden, und die können sie sich natürlich nicht leisten.


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Die Ärzte müssten sich also den gleich groß bleibenden Kuchen teilen, was wiederum das Motiv der Ärztekammer dafür ist, den Status quo da nicht wirklich zu bekämpfen.

Wenn wir jetzt schon beim Status quo der Sozialversicherungen sind: Der Herr Minister hat ja schon angesprochen, dass es mit der Patientenmilliarde schon ein Grab gibt, dass ein massives Loch ins Gesundheitswesen gegraben wurde. Aus dem Grund, liebe FPÖ, ist eigentlich das Thema dieser Dringlichen Anfrage – wenn wir jetzt bei der WM bleiben – ein Eigentor. Denn wer hat die Zerstörung des Gesundheitswesens in massiver Art und Weise vorangetrieben? (Bundesrat Schennach: Frau Hartinger!) – Das war Frau Hartinger-Klein, und auch wenn hier Versuche stattfinden, sie reinzuwaschen, geht das leider ins Leere. (Beifall bei der SPÖ.)

Es war geplant, die Zahl der Spitäler zu reduzieren, somit auch das Betten­ausmaß. Die Zerschlagung bestehender Strukturen im Gesundheitsministerium hat der Herr Bundesminister ebenfalls schon angesprochen, und wie gesagt, die Patientenmilliarde war, wie der Rechnungshof jetzt festgestellt hat, eigentlich nur ein Schmäh. Wie schreibt „Profil“: „Ex-Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), sein blauer Vize Heinz-Christian Strache und die frühere FPÖ-Sozialministerin Beate Hartinger-Klein können froh sein, dass sie nicht mehr im Amt sind.“ Denn der Leuchtturm stellt eine massive Gefahr für jeden Kapitän dar, der sich jetzt mit dem Gesundheitswesen auseinandersetzen muss. Versprochen wurden gleiche medizinische Leistungen für alle und Einsparungen in der Verwaltung, die Kurz und Strache wie gesagt als Patientenmilliarde vermarktet haben. Nur: Diese Patientenmilliarde existiert nicht (Bundesrat Schennach: Im Gegenteil!), und dies ist auch in einem 157-seitigen Rohbericht des Rechnungshofes nachzulesen. Also das ist jetzt nicht irgendetwas, was wir uns aus den Fingern saugen.

Aus Sicht des Rechnungshofes war das Milliardenziel von ÖVP und FPÖ aus dem Jahr 2018 von vornherein unrealistisch, und daher der Terminus Schmäh. Der Personalstand bei den Sozialversicherungsträgern hat sich trotz der Fusion erhöht. Die IT-Kosten sind stark gestiegen, wobei das nach Schätzungen des


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Sozialministeriums der größte Posten gewesen wäre, um Einsparungen zu erzielen, und in der Realität schaut das so aus, dass die Kosten zwischen 2018 und 2020 um 21 Prozent, sprich 35,5 Millionen Euro, gestiegen sind.

Es gibt keine Synergien, kein Controlling und offenbar kaum Kommunikation zwischen Politik und den Sozialversicherungsträgern. Und was wurde aus den Verbesserungen für die Patienten? Hatten die Patienten eigentlich etwas von dieser Kassenreform? – Dazu fällt die Bilanz der Prüfer sehr nüchtern aus. Die unterschiedlichen Leistungen zwischen den Berufsständen – Beamten, Angestellten und Selbstständigen – wurden laut Rechnungshof überhaupt nicht reduziert.

Das zentralste Versprechen ist weit von der Realität entfernt, wie der Rech­nungs­hof kritisiert: Einen bundeseinheitlichen Gesamtvertrag im ärztlichen Bereich gibt es bis heute nicht. Vor der Fusion der Österreichischen Gesundheitskasse verhandelten die neun Gebietskrankenkassen ihre Leistungskataloge mit den Landesärztekammern neunmal einzeln aus. Diese Verträge gelten heute noch. Patienten aus Vorarlberg bekommen andere Leistungen von der Krankenkasse ersetzt als Patienten im Burgenland, und Ärzte bekommen für dieselbe Leistung in unterschiedlichen Bundesländern unterschiedliche Honorare. Einheitliche Leistungen sind in weiter Ferne.

Was noch schlimmer ist: Diese Reform hat die ÖGK noch ärmer gemacht. Insgesamt wurde die finanzielle Basis der Österreichischen Gesundheitskasse durch die Sozialversicherungs-Organisationsgesetze von Türkis-Blau geschwächt, weil Unternehmen durch die Reform weniger Lohnnebenkosten einzahlten und weil der Privatkrankenanstalten-Finanzierungsfonds, Prikraf, mit ÖGK-Geldern um 14,7 Millionen Euro jährlich erhöht wurde. Bis 2021 verursachten diese Maßnahmen jährlich Mehrausgaben und Mindereinnahmen im Gesamtwert von 144 Millionen Euro, urteilt der Rechnungshof.

Konkret hätte das Sozialministerium etwa auf die Einrichtung eines Kontroll­gremiums für Sozialversicherungsträger und den Dachverband bestehen sollen.


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Ein solches war geplant, aber gesetzlich nicht vorgesehen und wurde daher trotz eines Gebarungsvolumens von fast 70 Milliarden Euro jährlich nicht umgesetzt. Mit der Fusion fielen wichtige Kontrollinstanzen bei den Sozialversicherungs­trägern weg.

Nur so am Rande, weil Kollege Steiner diesbezüglich heute mit hoch erhobenem Finger referiert hat: „Auch die Politik mischte gehörig mit: Rahmenverträge für Beratungsleistungen wurden etwa vom Sozialministerium unter Beate Hartinger-Klein (FPÖ) ohne Einbindung der Fachabteilungen vergeben. Bei der ÖGK wurde ein Beratungsunternehmen tätig, dessen Stundensätze um 80 Prozent höher waren als jene des Beratungsunternehmens der SVS. Die zugrunde liegende Rahmenvereinbarung schloss Hartinger-Klein ohne Preisvergleiche ab.“

Ein Schmankerl am Rande: „Unterlagen, die die Entscheidungsfindung ihres damaligen Büros beschreiben könnten, wurden im Staatsarchiv für 25 Jahre als ,Privatakten‘ versiegelt.“ (Heiterkeit des Bundesrates. Himmer. – Bundesrat Schennach: Im Ernst? Das geht?)

Es ist daher notwendig, den Umbau und die Reform der Sozialversicherungs­träger voranzutreiben. Es ist höchste Zeit, aus den Fehlern der Vergangenheit zu lernen. Der Rechnungshofbericht macht klar: Das populistische Versprechen von Türkis-Blau ist endgültig geplatzt. Wir brauchen jetzt eine Reparatur, damit wir wieder auf das Niveau von vor der Fusion gelangen und das Versprechen der Leistungsangleichung realisiert wird.

Es ist eine Angleichung der Leistungen der ÖGK-Versicherten auf das Niveau der Beamten und Selbstständigen erforderlich. Es ist notwendig, die Verwaltung der ÖGK wieder in die Hände der Versicherten zu geben. Es ist notwendig, mehr Kompetenzen für die Landesstellen und kürzere Entscheidungswege bei Leistungen und Beschwerden herbeizuführen, und es ist notwendig, dass ein funktionierendes Kontrollgremium für diese Träger installiert wird. Denn eines ist klar: Am Ende zahlt der Patient drauf, weil Politik, Ärztekammer und die ÖGK die Kontrolle verloren haben. Verantwortliche handelten vielfach fahrlässig. Die


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Kassen kommt es billiger, wenn Patienten in Spitalsambulanzen ausweichen, weil dort Leistungen pauschaliert abgerechnet werden, und die Länder bleiben mit den Gemeinden auf diesen Kosten sitzen.

Unser Gesundheitssystem benötigt rasche Reformen: zuallererst einen neuen Kassenvertrag abseits der Massenabfertigung und auch höher honoriert, im Gegenzug aber zumindest mit einer 40-Stunden-Praxisöffnung samt verpflich­tender Abdeckung der Randzeiten mit anderen Ärzten. Primärver­sor­gungszentren werden mit Spitalsträgern die Versorgung der ländlichen Regionen sicherstellen müssen, und versorgungsrelevante Wahlärzte sollen sich, wie Wahlärzte selber vorschlagen, mit Diensten und Kassentagen für Kassenpatienten in das soli­darisch finanzierte Gesundheitssystem einklinken. So zeigen sie auch, warum sie eigentlich diesen Beruf ergriffen haben: nämlich um Patientinnen und Patienten zu helfen.

Dies sind die Probleme unseres Gesundheitssystems, Herr Minister. Kommen Sie in die Gänge und aktivieren Sie den Notfallplan! – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

20.28


Präsidentin Korinna Schumann: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Hauschildt-Buschberger. – Bitte, Frau Bundesrätin.


20.29.01

Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger (Grüne, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Bevor ich mit meiner Rede beginne, möchte ich mich wirklich bei den Kollegen Appé und Kornhäusl bedan­ken, die hier vorne gestanden sind und ohne Polemik die Fakten angesprochen haben. Ich denke, nur so kommen wir am Ende zu einer Problemlösung und zu sinnvollen Diskussionen.


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Mir ging es nämlich heute Morgen zum Beispiel so, dass ich die Titelseite der „Kronen Zeitung“ mit der Schlagzeile „So krank ist unser Gesundheitssystem“ gesehen habe, und da ist mir eigentlich schon klar gewesen: Das wird heute das Thema der Dringlichen Anfrage der FPÖ sein; denn nur Schlagzeilen zu machen ist ja eigentlich die Masche. Damit kommen wir aber in der wirklichen Problemlösung nicht weiter.

Ja, sicher ist es im Parlamentarismus gewünscht und natürlich auch legitim, lebendige Diskussionen zu führen und die Dinge auch anzusprechen. Tatsächlich stelle ich mir aber in der letzten Zeit immer öfter die Frage, ob es angesichts der multiplen Krisen weltweit und insbesondere derzeit in Europa nicht besser wäre, wirklich konstruktiv an Lösungen zu arbeiten und nicht ständig und immer wieder – und das ist wirklich schon ermüdend – mit Dreck zu schmeißen und uns so im Tun zu lähmen. (Beifall bei den Grünen. – Bundesrätin Steiner-Wieser: Na, Hauptsache ihr habt es machen können!)

Wenn ich mir die 131 Fragen, die wir in der Anfrage finden, im Detail ansehe, wiederholt sich da so einiges. Die Beantwortung wird uns in der Problemlösung auch nicht wirklich weiterbringen.

In ganz Europa stehen die Gesundheitssysteme vor sehr großen Herausforde­rungen. Die Pandemie hat das Brennglas auf die Probleme gerichtet und die Fehler aus der Vergangenheit nun sehr deutlich gemacht. Dafür nun einen Minister, der seit 8. März im Amt ist, verantwortlich zu machen, halte ich schon für äußerst tollkühn. (Vizepräsident Hirczy übernimmt den Vorsitz.)

Auch ich muss es ansprechen: War es nicht die Gesundheitsministerin Hartinger-Klein, die 1 Milliarde Euro an Einsparungen durch die Zusammenlegung der Sozialversicherungsanstalten versprochen hat und schlussendlich 215 Millio­nen Euro Mehrkosten verursacht hat? (Bundesrat Ofner: Wenn eine Partei so unfähige Gesundheitsminister hat, wie ihr sie habt, darf man nichts sagen!)


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Das ist ja auch ganz interessant: Die angebliche Einsparung, also das Verhindern von Missbrauch der E-Card, wenn ein Foto des Patienten auf derselben ist, hat schlussendlich wahrscheinlich zu Kosten von 32 Millionen Euro geführt. (Beifall bei den Grünen. – Bundesrat Schennach: Aber die ÖVP war schon Teil der Koalition!)

Bis heute ist die Verwaltung damit beschäftigt, E-Cards laufend mit tauglichen Fotos zu versehen (Bundesrat Spanring: Blödsinn!), während es doch ganz einfach gewesen wäre, einfach einen Ausweis zu verlangen, was übrigens das Gesetz bei einer ärztlichen Behandlung sowieso vorsieht. (Bundesrat Spanring: Wir wissen, dass das nie gemacht worden ist!)

Da möchte ich gleich zu dem Passus in der Anfrage überleiten, wo auf die ausständigen Gelder von 80 Millionen Euro Schulden durch die Behandlung von Tourist:innen hingewiesen wird, die übrigens – so steht es ja eh auch in der Anfrage – eh zu 100 Prozent erstattet werden.

Ja wie soll das denn in der Praxis funktionieren? Soll sich die Patientin, der Patient nach einem Unfall beim Skifahren in das Heimatland begeben und sich dort operieren lassen oder vielleicht die Rechnung im Krankenhaus gleich in bar bezahlen? – Entschuldigung, aber das ist wirklich, wirklich absurd. (Zwischenruf der Bundesrätin Schartel. – Bundesrat Steiner: Das ist in Italien ganz normal!)

Es ist ja recht interessant: Ich hatte heute vor genau zehn Jahren einen Unfall im Ausland, und ich hatte meine Europäische Krankenversicherungskarte mit. Dort steht eine Nummer drauf. Die habe ich im Krankenhaus bekannt gegeben und wurde dort gut behandelt. Ich gehe davon aus, dass dieses Krankenhaus im Ausland genauso lange auf die Bezahlung gewartet hat, aber das Geld dann auch bekommen hat, so wie das in Österreich eben der Fall ist.

Na ja, damit bin ich auch schon in Europa: Überall in Europa sind die Gesund­heitssysteme am Prüfstand. Als Beispiel kann ich da – darüber haben wir heute auch schon gesprochen – den derzeitigen Medikamentenmangel nennen.


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Ich habe heute in der Früh zufällig deutsches Radio gehört. Da wurde über die Situation in Deutschland, Frankreich, Tschechien und Polen gesprochen, und man höre und staune: Allein Österreich wurde als positives Beispiel hervorge­ho­ben, nämlich mit einer großen Handlungskompetenz unter dem Motto – so wurde es gesagt – Österreich first, weil Österreich schon den Schritt eingeleitet hat, einen Exportstopp für 249 Medikamente zu verhängen.

Weil es mir persönlich wichtig ist, möchte ich noch zwei Dinge ansprechen – der Herr Minister hat es schon gesagt, meine Vorredner haben es gesagt –: Es ist ja tatsächlich so, dass im Gesundheitsbereich das System so aufgebaut ist, dass viele Dinge in Länderkompetenz liegen. Wir haben es auch heute bei den TOPs 8 und 9 gesehen. Da hat der Gesundheitsminister tatsächlich nur sehr wenig Einfluss auf die Situation, weil eben die Vollziehung genau bei den Ländern liegt. Auch da gibt es jetzt bereits einen Vorstoß des Ministers, wie wir gerade gehört haben.

Weil in der Anfrage wieder Sachen vermischt worden sind – natürlich Gesund­heit, Krankheit und Asyl –, möchte ich aus jahrelanger Erfahrung Folgendes anmerken – und das zu betonen ist mir auch noch einmal wichtig –: Menschen, die über keinen dauerhaften Aufenthaltsstatus verfügen, werden im Rahmen einer akut notwendigen Behandlung selbstverständlich versorgt, weil sie eben diese Behandlung dringend benötigen und weil sie an ihren temporären Aufenthalt in Österreich gebunden sind. Erst wenn der Aufenthalt in Österreich dauerhaft bestätigt ist, kommt es zu einer längerfristigen Behandlung wie einer Chemotherapie oder Ähnlichem.

Jetzt ein Schlusssatz – ich halte mich kurz, es wurde heute schon so viel gesprochen –: Wir brauchen Veränderung in unserem Gesundheitssystem. Daran wird mehr als intensiv gearbeitet. Vielleicht ist es vonseiten der FPÖ möglich, sich in dieser Richtung konstruktiv einzubringen. Das wäre doch einmal ein Vorsatz für das neue Jahr. – Danke. (Beifall bei den Grünen. – Bundesrat Spanring:  Ha! Ha!)

20.35



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Vizepräsident Bernhard Hirczy: Als Nächster ist Herr Bundesrat Dr. Karl-Arthur Arlamovsky zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Bundesrat.


20.35.36

Bundesrat MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky (NEOS, Wien): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Durch die Coronapandemie wird bei vielen Missständen im Gesundheitsbereich genauer hingeschaut.

Sterbende in Gangbetten: Solche Skandalmeldungen bringen viele Klicks. Sie sind aber kein neues Phänomen, sondern kommen immer wieder vor – auch ganz unabhängig davon, ob gerade Pandemie ist.

Dabei ist Panik der Feind nachhaltiger Reformen. Immerhin sollten diese nicht als PR-Aktion, sondern als langfristiger Plan angegangen werden. Wo es diese Reformen bräuchte? – Gehen wir es Schritt für Schritt oder Baustelle für Baustelle durch! Wir haben sieben Baustellen identifiziert.

Baustelle eins: das Ministerium, das oft nicht mitreden darf. Langfristige Änderungen sind nicht nur durch PR-Politik unwahrscheinlich, sondern auch wegen der Verfassung, denn in Österreich ist Gesundheitspolitik in vielen Bereichen Ländersache. Nicht nur das: Die Verfassung gibt auch die Autonomie der Krankenkassen und der Kammern vor, in diesem Fall als Verhandlungs­partner der Ärztekammer.

Durch diese Autonomie ist es dem Bund de facto unmöglich, den anderen Stellen eine Maßnahme im Vollzug vorzugeben, oder anders gesagt: Das Gesundheitsministerium kann im Bereich Gesundheitspolitik nur begrenzt mitreden.

Wenn man sich die Geschichte des Gesundheitssystems ansieht, gibt es aber trotzdem Wellenbewegungen. Bis zu den 1980er-Jahren gab es zum Beispiel Gemeindeärztinnen und -ärzte. Diese waren einerseits niedergelassen und insofern Kassenärztinnen und -ärzte. Andererseits waren sie oft bei der


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Gemeinde angestellt, haben als Schulärzte Untersuchungen durchgeführt, waren bei den Gesundheitsämtern und für die Totenbeschau zuständig.

Im Vergleich dazu diskutieren wir heute unabhängig vom Fach über den Mangel an Kassenärztinnen und -ärzten. In der Schule sind kaum welche zu finden, und selbst die Totenbeschau macht durch den Mangel an Ärzten mittlerweile Schlagzeilen.

Wie wir genau in diese Situation gekommen sind, lässt sich kaum rekonstruieren. Eine Antwort findet sich möglicherweise in der sogenannten Ärzteschwemme. In den 1990er-Jahren gab es so viele Medizinabsolventinnen und -absolventen, dass viele jahrelang zwischen Studienabschluss und Turnusausbildung warten mussten. Wer eine bestimmte Fachrichtung lernen wollte, musste beste Kon­takte haben, um an einen Ausbildungsplatz zu kommen. Selbst wer im Turnus schon einmal auf der richtigen Fachstation war, konnte danach nicht unbedingt diese Fachausbildung machen.

Baustelle zwei: Wer darf was im Gesundheitssystem? – Möglicherweise spielt der Generationenwechsel in der Pflege auch eine Rolle, denn ähnlich zu den Gemeindeärztinnen und -ärzten gab es Gemeindeschwestern, die wie die mobile Pflege unterwegs waren. In Krankenhäusern durfte Pflegepersonal selbst Infusionen anhängen, wechseln oder ähnliche Aufgaben erledigen, bis das nicht mehr erlaubt war.

Mittlerweile dürfen nur Ärztinnen und Ärzte Infusionen legen. Jeder Wund­­verband braucht eine ärztliche Unterschrift, und selbst wer von einem Medikament zu einem Analogon wechselt, weil das Originalpräparat gerade nicht verfügbar ist, begibt sich in eine rechtliche Grauzone.

Diese Unmenge an administrativem Aufwand ist in Krankenhäusern dazuge­kommen. Durch den Wechsel in den Ausbildungsordnungen, den Gene­ra­tio­nen­wechsel und die niedrige Anzahl von Medizinabsolventinnen und -absolventen,


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die den Arztberuf in Österreich tatsächlich aufnehmen, konnte dieses System so nicht mehr gehalten werden.

Seit Jahren ist deshalb von Problemen in der Pflege die Rede. Seit Anfang des Jahrtausends wird immer wieder von widrigen Arbeitsbedingungen berichtet. Mehrere Minireformen und Änderungen der Ausbildung in der Pflege wurden gemacht. Mit der Pflegereform des Jahres 2022 wird auch endlich erlaubt, dass Pflegekräfte solche Aufgaben selbst erledigen dürfen.

Absurd ist, dass das als große Reform verkauft wird, denn jeder in der Praxis weiß, dass Pflegekräfte seit Jahren selbst Infusionen legen. Beim Reformvor­schlag 2015 war die Erlaubnis dafür noch undenkbar.

Seit damals dürften von Pflegekräften aber immerhin Produkte wie Windeln für Erwachsene verschrieben werden – „dürften“ im Konjunktiv, denn wegen einer fehlenden zweiten Gesetzesänderung ist das in der Praxis immer noch nicht möglich. Dabei wäre genau so etwas im Bereich, in dem das Gesundheitsminis­terium trotz Föderalismus und Verwaltungsautonomie ansetzen könnte.

Baustelle drei: zu wenig Zusammenarbeit zwischen den Berufen. Die Zusam­menarbeit zwischen den Gesundheitsberufen zu koordinieren wäre auch ein Job für das Ministerium. Kann ein Physiotherapeut Einlagen verschreiben? Kann eine Hebamme nach einer Geburt selbst ein Rezept für eine Wundsalbe schreiben, wenn eine Frau durch das Stillen entzündete Brustwarzen bekommt? Darf eine Pflegekraft selbst eine Wundkontrolle vornehmen? – Für solche Kompetenz­verschiebungen gibt es unzählige Beispiele. Bereitschaft dazu gibt es allerdings keine, denn die Ärztekammer hat meist die stärkere Verhandlungsposition. Immerhin üben Ärztinnen und Ärzte neben den Apothekerinnen und Apothekern den einzigen Gesundheitsberuf aus, der eine eigene Kammer als Vertretung hat. Die meisten anderen Berufe sind erst seit wenigen Jahren akademisiert; und viele kritisieren noch immer den Drang, die Ausbildung zu erschweren und an Universitäten oder Fachhochschulen zu streben. (Ruf bei der FPÖ: Das stimmt!)


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Baustelle Nummer vier: keine Anreize für Kassenplätze. Gerade derzeit im Winter häufen sich wieder die Nachrichten von Gangbetten, vollen Krankenhausambulanzen und dem Mangel an niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten, besonders für Kinder. Seit vielen Jahren gibt es deshalb eine Debatte darüber, wie man Kassenstellen wieder attraktiver machen könnte – eine Debatte, in der es absolut keinen Sinn ergibt, vom Gesundheitsminister Maßnahmen zu fordern. Die Selbstverwaltung der Krankenkassen bedeutet schließlich, dass der Minister der Versicherung so gut wie gar nichts ansagen kann; er kann ihr zwar gesetzlich Aufgaben übertragen lassen, und über die gesetzlichen Regelungen der Lohnnebenkosten bestimmt der Bund auch die Einnahmen der Versicherungsträger, aber was genau eine Versicherung mit ihrem Geld macht, wie die Honorare für Ärztinnen und Ärzte gestaltet sind, darauf hat das Ministerium kaum Einfluss.

Die Erstattung ist immer von den Leistungen der einzelnen Ärztinnen und Ärzte abhängig, das heißt: Kasse und Landeskammer verhandeln, wie viel welche Behandlung oder Untersuchung wert ist – und dafür erhält eine Ärztin, ein Arzt dann eine bestimmte Summe; wie Praxis, Personal oder neue Geräte für modernere Untersuchungen bezahlt werden, müssen diese aber selbst regeln. Wohl deshalb hat sich immer mehr eingebürgert, dass Ärztinnen und Ärzte ihre Patientinnen und Patienten vielfach durchwinken, die gleichen Dinge ver­schreiben und wenig Zeit für die Anamnese oder persönliche Gespräche bleibt – die werden nämlich nicht erstattet. Ob eine Ärztin, ein Arzt im Gespräch zum Beispiel draufkommt, dass Schlafprobleme einen psychischen Hintergrund haben und wie dieser behandelt werden sollte, ist deshalb stark davon abhängig, ob es überhaupt die Möglichkeit und die Bereitschaft gibt, sich die Zeit für solche Gespräche zu nehmen, oder ob die Zahl der Patientinnen und Patienten wichti­ger ist. Das ist nicht ideal, wenn man vom alten Berufsethos ausgeht, dass ein Arzt immer zuerst ein offenes Ohr hat.

Eine andere Regelung hat Kassenstellen allerdings noch viel unattraktiver gemacht; dieser zufolge muss man nämlich ein bestimmtes Pensum an


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Patientinnen und Patienten haben, hat Vorgaben für Öffnungszeiten und durch die Kasseneinnahmen nur einen vorgegebenen finanziellen Spielraum. Als Wahlarzt – also als Ärztin oder Arzt ohne Kassenvertrag – kann man verlangen, was man will. Die Patientinnen und Patienten bekommen, wenn sie die Honorarnote bei der Kasse einreichen, 80 Prozent des Kassensatzes – nicht 80 Prozent der Honorarnote – erstattet. Zusätzlich haben die Wahlärztinnen und Wahlärzte keine Vorgaben für Öffnungszeiten, können leichter nebenbei dazuverdienen und haben insgesamt einfach weniger Auflagen – das ist also weitaus attraktiver als eine Kassenstelle.

In Summe haben wir dadurch ein Problem bekommen: dass viel mehr Menschen Wahlärztinnen und Wahlärzte sind, denn auch Krankenhäuser werden eher selten als attraktive Arbeitsplätze gesehen. Für die Patientinnen und Patienten bedeutet das einen gefühlten Mangel, obwohl es in Österreich auf die Bevöl­kerung hochgerechnet so viele Ärztinnen und Ärzte gibt wie in kaum einem anderen Land.

Baustelle fünf: Die Krankenhäuser sind unattraktiv. Die Gesundheitsministe­rinnen und -minister wissen das seit Jahren, aber das führt zur nächsten Baustelle, denn auch die Krankenhäuser sind Landesangelegenheit – das bedeutet, das Ministerium kann auch ihre Ausgestaltung nicht vorschreiben. Durch das Verteilungsproblem hat man in den Krankenhäusern aber nicht auf Personal verzichten können, weshalb Österreich die – wohlgemerkt seit 2004 geltende – EU-Arbeitszeitvorschrift für Krankenhäuser noch immer nicht um­gesetzt hat. Dadurch sind österreichische Krankenhäuser natürlich als Arbeits­plätze unattraktiver als die Konkurrenz im Ausland, immerhin gibt es eine höhere Wochenarbeitszeit – dies ist ein Punkt mehr, der gegen die Ärztetätigkeit in Österreich spricht.

Baustelle sechs: die komplizierte Finanzierung. Viele dieser Probleme hängen an der Finanzierung; niedergelassene Ärztinnen und Ärzte sind eben von abrechenbaren Leistungspositionen getrieben; und auch in Krankenhäusern geht es darum, welche Leistungen erbracht wurden und wie diese bezahlt werden.


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Andere Länder schauen verstärkt darauf, dass ihre Bürgerinnen und Bürger gar nicht krank werden. In Österreich hingegen gibt es kaum Leistungen, die zur Prävention beitragen, das gesamte Gesundheitssystem ist auf Behandlung ausgelegt.

Ein ähnliches Problem: Auch pflegerische Leistungen zählen nicht, deshalb ist es auch so schwierig, die Wertigkeit von Pflege zu ändern. Dazu kommt, dass die Finanzierung der Pflege auf Bund, Länder und Versicherungen aufgeteilt ist und jede Stelle im System das Gefühl hat, für die Verantwortung und die erwarteten Leistungen zu wenig Geld zu haben.

Die ÖGK beispielsweise würde Impfungen als Präventionsmaßnahme schon übernehmen, sie kann das aber eigenen Angaben zufolge mit dem vorhandenen Budget nicht. Die Länder könnten in den Ambulanzen in Krankenhäusern den Mangel an niedergelassenen Kassenärzten ausgleichen, aber dafür wollen sie einen höheren Beitrag der Versicherungen zur Krankenhausfinanzierung. Der Gesundheitsminister soll am Schluss für alles die Verantwortung übernehmen und Gegenmaßnahmen setzen, weiß aber nicht einmal, wie viele Gefährdungs­meldungen es in Österreichs Krankenhäusern gibt.

Der große Hebel sollen nun die Verhandlungen zum Finanzausgleich zwischen Bund, Ländern und Gemeinden sein. Unklar ist allerdings, wie genau sich das auswirken soll. Erste Berichte zum Start der Verhandlungen sprechen von einer – unter Anführungszeichen – Neuordnung im Gesundheitssystem. Die Bundesländer wollen allerdings nicht nur mehr Geld, sondern auch mehr Verantwortung. Berücksichtigt man aber, dass es gerade im Gesundheitsbereich ohnehin so wenige Durchgriffsmöglichkeiten für den Bund gibt, würde das eine weitere Zersplitterung fördern. Langsam gibt es also zumindest ein steigendes Bewusstsein, dass die Finanzierung neu sortiert werden muss – ob so eine Neuordnung aber helfen würde, das Gesundheitswesen zu vereinheitlichen und die aktuellen Probleme zu lösen, ist zumindest nach derzeitigem Informations­stand noch sehr fraglich.


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Zuletzt Baustelle sieben: Der einzige Ausweg sind nämlich Strukturreformen. Bei dieser, aber auch bei vielen anderen Baustellen im Gesundheitswesen sehen wir: Überall gibt es komplizierte Konstruktionen, in denen niemals eine Stelle allein schuld ist. Die Versicherungsträger, Kammern, Ärztinnen und Ärzte, Kranken­häuser, die Pflege, die Länder, das Ministerium, sie alle können allein wenig durchsetzen; aber weil sie bei einer Lösung verlieren können, gibt es wenig Anreiz, etwas zu ändern.

Um diese Baustellen nachhaltig zu schließen, braucht es Strukturreformen – ein sprödes Wort und etwas, das nicht sofort Ergebnisse bringt, aber gerade wenn es um die Zuständigkeiten, Kompetenzen und Abrechnungswege im Gesund­heitssystem geht, wären sie dringend nötig. Reformen, die auch in zehn Jahren noch wirken, sind allerdings in der Politik selten, immerhin ist beim Eintreten einer Wirkung niemand der damals Verantwortlichen noch da, der die Lorbeeren einheimsen könnte – und darum wirkt es auch weiterhin eher unwahrscheinlich, dass die anderen soeben aufgezählten Baustellen in nächster Zeit geschlossen werden. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

20.47


Vizepräsident Bernhard Hirczy: Danke, Herr Bundesrat.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Markus Leinfellner. – Bitte. (Bundesrat Novak: Sechs Mal 20 Minuten!)


20.47.34

Bundesrat Markus Leinfellner (FPÖ, Steiermark): Herr Vorsitzender! Herr Minister! Hohes Haus! Geschätzte Zuseher auf der Galerie und zu Hause! Liebe Österreicher! (Bundesrat Novak: Schaut ja keiner mehr zu!) Karlheinz Kornhäusl, heute muss ich dir wirklich einmal recht geben: Wir haben ein gutes Gesund­heitssystem, vielleicht das beste Gesundheitssystem. Die Frage ist allerdings schon: Wer kann dieses gute Gesundheitssystem in Österreich überhaupt noch nützen? Ist das wirklich der Kassenpatient oder ist das der Patient mit Zusatz­versicherung, die sich viele ja nicht mehr leisten können?


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Ich kann nur von mir selbst reden: Als damals noch nicht zusatzversicherter Patient hätte es in Wien sechs Wochen gedauert, um zu einer Operation zu kommen – und es war als nicht zusatzversicherter Patient absolut unmöglich, überhaupt ein Spitalsbett zu bekommen. Das ist das Gesundheitssystem, das wir haben, diese Zwei- oder Dreiklassenmedizin. Herr Gesundheitsminister, ich glaube, Sie wären gut beraten, nicht Millionen für irgendwelche sinnlosen Anschaffungen und Maßnahmen beim Fenster hinauszuwerfen, sondern dieses Geld tatsächlich in die Gesundheit zu investieren, denn da hätten alle etwas davon. (Beifall bei der FPÖ.)

In Bezug auf diese Gesundheitsreform der Zukunftspartnerschaft, oder wie sich das in der Steiermark auch immer nennt, kann ich dir nicht so ganz recht geben – denn das ist wirklich sprichwörtlich in die Hose gegangen. Ich kann nur sagen: Die Geburtenstation in Voitsberg ist zugesperrt worden, es hat nichts Adäquates gegeben. (Bundesrat Kornhäusl: ... Deutschlandsberg ... nicht adäquat, Deutsch­landsberg?!) Die in Deutschlandsberg ist nicht nur nicht adäquat, sie ist schlicht und ergreifend im Winter 1,5 Stunden entfernt. Da kann ich auch aus Erfahrung sprechen: Mein Sohn ist zum Beispiel im Rettungsauto auf die Welt gekommen, und nicht in der Geburtenstation im Spital in Voitsberg, weil es sich auf dieser Strecke einfach nicht ausgegangen ist. Na Gott sei Dank hat es keine Kompli­ka­tionen gegeben, weil da genau ein Zivildiener mit einem Rettungssanitäter mitfährt! Wenn es da zu Komplikationen kommt, dann, muss ich sagen, geht das schon auf die Rechnung dieser Landesregierung, dieser Zukunftspartnerschaft. Dass das jetzt wirklich eine Qualitätsverbesserung gewesen ist, wage ich zu bezweifeln. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich wage aber auch zu bezweifeln, dass es tatsächlich eine Qualitätsverbes­serung ist, dass man den Voitsberger, wenn er sich jetzt in Voitsberg verletzt, von Voitsberg nach Graz zum Röntgen und nach Wagna zur Befundung schickt, damit man ihn danach wieder zurück nach Voitsberg führt. Ob das die große Qualitätsverbesserung in der Steiermark gewesen ist? – Na, ich kann es mir nicht vorstellen, und die Bevölkerung sieht es inzwischen auch nicht so. Da ist


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wirklich viel Luft nach oben, da ist viel Verbesserungsbedarf gegeben. Ich sage, das war nicht ein Schritt nach vorne, sondern das waren drei Schritte zurück. (Beifall bei der FPÖ.)

Über das Spital in Schladming und die Sinnhaftigkeit des Leitspitals Liezen möchte ich jetzt gar nicht weiter reden, aber das würde auch noch dazupassen. Ich möchte aber nicht meine ganze Redezeit für die Steiermark aufbrauchen, weil ich ja dem Gesundheitsminister auch noch ein paar Dinge zu sagen hätte.

Das sage ich auch: Diese Bundesregierung hat in den letzten drei Jahren keine besonders gute Leistung abgeliefert. Man könnte ja fast von einem Total­versagen sprechen.

Die Maßnahmen, die in den letzten drei Jahren gerade in Bezug auf die Corona­politik gesetzt wurden, beginnen jetzt schön langsam zu wirken. Jetzt, da wieder die Influenza umgeht, da die Leute mehr krank sind, als sie es vorher gewesen sind, jetzt beginnen Ihre sinnlosen und völlig überzogenen Maßnahmen wirklich zu wirken.

Sie haben die Menschen zu Hause eingesperrt und damit Freiheit und Gesundheit gegeneinander ausgespielt. Sie haben den Menschen eine völlig sinnlose Maskenpflicht aufoktroyiert, Babyelefanten in die Köpfe der Bevölkerung hineingemalt, Sportanlagen geschlossen. Die Trainingsmöglich­keiten, die Freizeitgestaltungsmöglichkeiten haben Sie unseren Öster­reichern genommen.

Schwimmbäder haben Sie zugesperrt. Sie haben nicht nur die Sportmög­lich­keiten genommen, sondern Sie haben die Kinder auch um ihre Schwimmkurse gebracht. Es waren Millionen Schwimmstunden, die nicht stattfinden konnten. Das kommt jetzt nicht von mir, sondern Experten des Kuratoriums für Ver­kehrssicherheit sagen, dass dieser Entfall der Schwimmstunden möglicherweise Leben kosten wird. Na, das haben Sie geschafft. (Beifall bei der FPÖ.)


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Sie gaukeln der Bevölkerung vor, Leben schützen zu wollen. In Wahrheit gefährden Sie das Leben unserer Österreicher. Sie können es nicht. Vielleicht wollen Sie es ja wirklich, vielleicht war das ja ehrlich gemeint. (Bundesrat Köck: Und die Erde ist doch eine Scheibe!) Dann muss ich aber sagen, Sie können es nicht. Wenn Sie es aber nicht können und mit diesen Aufgaben überfordert sind, dann sind Sie hier links und rechts von mir wirklich fehl am Platz.

Sie haben Skilifte geschlossen und den Österreichern ihren beliebtesten Wintersport genommen. Sportveranstaltungen konnten nicht stattfinden, Wettkämpfe konnten nicht stattfinden. Sie haben den Nachwuchssportlern jegliche Möglichkeit genommen, besser zu werden.

Als Gipfel der Sauerei – verzeihen Sie mir diesen Ausdruck, Herr Präsident, aber ich finde einfach keinen anderen dafür – hat man dann auch noch eine völlig sadistische Impfpflicht in diesem Land eingeführt, die Bevölkerung gespalten, das Land gespalten, Ängste geschürt, Menschen zur Nadel getrieben.

Heute müssen Sie selbst erkennen, dass wir Freiheitliche von Beginn an recht hatten. (Beifall bei der FPÖ.) Heute stellen sich alle hierher und sagen: Na, hinterher ist leicht reden! – Nein, wir Freiheitliche haben es Ihnen, dieser Bundesregierung, der ÖVP, den Grünen, von Beginn an gesagt, das ist nicht hinterher. Lesen Sie unsere eingebrachten Anträge einmal durch! Wir haben es von Beginn an gesagt.

Mit all diesen Maßnahmen haben Sie das Immunsystem unserer Österreicher geschwächt. Heute sehen Sie es: Mit einer einfachen Grippe liegen unsere Österreicher wochenlang im Bett, weil das Immunsystem durch die völlig überzogenen und sadistischen Maßnahmen, die diese Bundesregierung gesetzt hat, geschwächt ist. (Beifall bei der FPÖ.)

Diese Triage, von der Sie immer gesprochen haben: Na, heute gibt es sie. Heute stehen die Betten in den Spitälern, in den Psychiatrien, in denen man schon keine Leute mehr aufnehmen kann, draußen auf den Gängen: überfüllte Spitäler.


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Sie hätten das verhindern können, aber Sie haben genau das in den letzten drei Jahren mit diesen völlig wahnsinnigen Maßnahmen herbeibeschworen.

Diese Bundesregierung hat auf allen Ebenen versagt.

Ich habe es bereits zu Beginn gesagt: Sie haben Gesundheit und Freiheit gegeneinander ausgespielt. Sie haben den Menschen ihre Freiheit genommen, aber damit haben Sie ihnen Jahre später auch ihre Gesundheit genommen. (Beifall bei der FPÖ.)

Sie haben Milliarden Euro beim Fenster hinausgeworfen, nicht für das Gesundheitssystem – das würden wir ja begrüßen –, sondern zur Abfederung der Maßnahmen, die diese Bundesregierung gesetzt hat. Sie haben Hunderte Millionen Euro für völlig wirkungslose Impfungen beim Fenster hinausge­schmissen und den Menschen in unserem Land diesen Labormüll auch noch aufgezwungen, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Ich erinnere nur daran: Die Zügel enger ziehen! – Man kann es Ihnen nicht oft genug sagen. – Weihnachten für Ungeimpfte wird ungemütlich werden! Die Ungeimpften sind schuld an den hohen Infektionszahlen! Die Ungeimpften werden sich widerrechtlich in Österreich aufhalten! – Man könnte diese Liste ja endlos fortsetzen.

Während Sie aber Ihre Lebensgefährder bei den Österreichern, bei den fleißig arbeitenden Menschen in Österreich gesucht haben, Babyelefantenabstände kontrolliert haben, 3G-, 2G-, 2,5G-, 1G-Regeln eingeführt und kontrolliert haben, Milliarden Euro für diesen Schwachsinn beim Fenster hinausgeworfen haben, haben Sie eines geschafft, nämlich Tausende Impfschäden in Österreich herbeizuführen. Das waren nicht Menschen, die sich freiwillig impfen lassen wollten, sondern das waren Menschen, die es einfach sattgehabt haben, eingesperrt zu sein, permanent in Konflikt zu sein. Sie haben die Menschen in diesem Land ja wahnsinnig gemacht. Ja, das haben Sie zu verantworten.


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Sie haben Milliarden Euro für diesen Coronawahnsinn beim Fenster hinaus­geschmissen. Nach all diesen sinnlosen Ausgaben darf ich Sie fragen: Gibt es inzwischen auch nur ein einziges Krankenhausbett mehr in Österreich? – Na, ganz im Gegenteil: Es gibt weniger Betten als je zuvor, meine Damen und Herren. (Zwischenruf des Bundesrates Spanring.) Gibt es inzwischen mehr Ärzte oder mehr Pflegepersonal in Österreich? – Das kann ich auch für Sie beantworten: Nein, es gibt weniger Ärzte und weniger Pflegepersonal als je zuvor.

Ich kann nur sagen, diese Bundesregierung hat auf allen Ebenen versagt. Zum bereits dritten Gesundheitsminister will ich gar nicht mehr viel sagen. Wenn Sie es ehrlich gemeint haben, die Gesundheit zu schützen – ich habe es auch zu Beginn gesagt –, dann können Sie es nicht. Ich kann nur sagen: Genug ist genug. Treten Sie zurück! (Beifall bei der FPÖ.)

20.58


Vizepräsident Bernhard Hirczy: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Günter Kovacs. – Bitte, Herr Bundesrat.


20.59.04

Bundesrat Günter Kovacs (SPÖ, Burgenland): Herr Vizepräsident! Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Der Titel der heutigen Dringlichen Anfrage der Freiheitlichen lautet: „Türkis-Grün zerstört das österreichische Gesundheits­system“. Ich ergänze: und Blau hat damit vor einigen Jahren begonnen. (Beifall bei der SPÖ.) Das möchte ich hier ganz klar festhalten.

Es hat sogar der Herr Minister vorhin erwähnt, was vor Jahren passiert ist. (Zwischenruf der Bundesrätin Steiner-Wieser.) Die Zerschlagung der Gebietskran­kenkassen war die Ursache. Sie können mir da glauben. Ich war selbst 30 Jahre bei der Burgenländischen Gebietskrankenkasse beschäftigt. Ich weiß, was das in den letzten Jahren bedeutet hat, wie es da in den letzten Jahren zugegangen ist


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Man hat den Bundesländern die Selbstverwaltung, die dann vorliegt, wenn der Staat einen Teil seiner Verwaltung jenen Personen überträgt, die unmittelbares Interesse haben, weggenommen. Man hat das Ganze zentralisiert, und heute beschwert man sich darüber. Oft werden hier Enqueten zum Thema Stärkung des ländlichen Raums veranstaltet (Zwischenruf der Bundesrätin Schartel), sehr oft von der ÖVP, aber man hat genau das Gegenteil von der Stärkung des ländlichen Raums gelebt.

Herr Dr. Kornhäusl – er ist jetzt leider nicht hier –, ich muss Ihnen schon sagen: Ich frage mich, wie man das alles so schönreden kann. Wir haben in Österreich einen Ärztemangel, wir haben in Österreich einen Mangel in den Spitälern, wir können keine Patienten aufnehmen, weil es oft eben keine Plätze oder, wie Kollege Leinfellner gesagt hat, lange Wartezeiten gibt. Wir haben in Österreich ein Pflegeproblem, und wir haben vor allem im ländlichen Raum, in den Gemeinden ein Ärzteproblem. Sie reden also von etwas, was nicht ist, und es ist für mich eigentlich unfassbar, dass man das noch schönreden kann.

Natürlich kann man sagen: Wir haben das beste System. Wir reden uns selbst ein, dass wir immer noch das weltweit beste System haben. Da frage ich mich aber schon, ob die Experten der ÖGK sich alle irren, ob sie alle falsch liegen, wenn sie sagen, dass es schlecht ist. Es gibt keine Vertragsvereinbarungen, weil man nicht imstande ist, im Nationalrat einen Beschluss zu fassen, der es zum Beispiel möglich macht, dass Ärzte am Wochenende Bereitschaftsdienst machen müssen – ich sage: müssen –, wenn sie einen Vertrag mit der ÖGK haben.

Man müsste diesen Beschluss im Nationalrat nur fassen, dann wäre das Ganze nicht auf die Kurie der Ärztekammer verschoben. Die ist natürlich die Stan­desvertretung der Ärzte und man kann ja nicht erwarten, dass die Standesver­tretung der Ärzte gegen die Ärzte arbeitet, wenn diese sagen, sie wollen zu diesen Konditionen am Wochenende keinen Bereitschaftsdienst machen.

Ich kann Ihnen aus Erfahrung sagen – Kollege Arlamovsky hat es vorhin auch gesagt –: In den Neunzigerjahren gab es eine Schwemme von Ärzten. Ich gehe


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noch weiter zurück in die Siebziger- und Achtzigerjahre: Auch da gab es sehr viele Ärzte. Die gab es aber aus dem Grund, dass die Rahmenbedingungen gestimmt haben. Die Rahmenbedingungen haben gestimmt: Die Gebietskran­kenkassen und die Sozialversicherungen waren sehr, sehr stark aufgestellt, die Sozialdemokratie hat die Minister gestellt, und da war – unter Anführungs­zeichen – „die Welt noch in Ordnung“.

Vor einigen Jahren – ich habe es vorhin erwähnt und ich erwähne es jetzt noch einmal – hat man dieses System zerschlagen. Man hat 1 Milliarde Euro versprochen, von der für die Patienten nichts übrig geblieben ist, man hat keine gleichen Verhältnisse für die Angestellten, die Beamten, man hat eigentlich nichts geschafft.

Herr Minister, ich habe genau aufgepasst, was Sie vorhin gesagt haben: Sie haben kritisiert, dass Sie nach der Amtszeit von Frau Hartinger-Klein das ganze Ministerium haben aufräumen müssen, dass da vieles, vieles passiert ist.

Sie haben aber jetzt als Minister ja vielleicht die Möglichkeit, auf Ihre Regierung einzuwirken, um dieses System wieder umzudrehen, um eventuell wieder eine Gebietskrankenkassa, eine Selbstverwaltung möglich zu machen und es nicht so zu zentralisieren, wie es momentan ist. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich glaube, das wäre dringend, dringend notwendig. In diesem Sinne möchte ich mich für die Aufmerksamkeit bedanken. – Frohe Weihnachten! Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

21.03


Vizepräsident Bernhard Hirczy: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Michael Bernard. – Bitte, Herr Bundesrat.


21.03.45

Bundesrat Michael Bernard (FPÖ, Niederösterreich): Herr Präsident! Herr Minister! Kollegen im Bundesrat! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Galerie und vor den Bildschirmen! Die Überschrift ist: Versagen der


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Bundesregierung in allen Bereichen. Es muss ja mittlerweile für die türkis-schwarz-grüne Bundesregierung und die handelnden Minister zum Kraftakt werden, in wirklich allen Bereichen zu versagen!

Das Versagen im Bereich Verkehrspolitik zeigt sich im täglichen Stauchaos aufgrund des Verhinderns von Straßenprojekten. Das Versagen im Bereich Sicherheitspolitik, Grenzpolitik zeigt sich am eskalierenden Asylchaos mit mehr als 100 000 Asylwerbern. Das Versagen im Bereich Sozialpolitik zeigt sich daran, dass mittlerweile zwei Millionen Österreicher massiv armutsgefährdet sind. Nun geht es aber um das Versagen im Bereich Gesundheit.

Bevor ich zum Versagen der Bundesregierung im Bereich Gesundheit komme, möchte ich kurz etwas zum Versagen und zu den leeren Versprechen der niederösterreichischen Landeshauptfrau Mikl-Leitner im Bereich Gesundheit sagen. (Bundesrat Schwindsackl: Wahlkampf! Wahlkampf!) Mit ihrer soge­nannten Landarztgarantie hat sie es geschafft, die unbesetzten Kassenarztstellen von fünf im Jahr 2017 auf 31 im Jahr 2022 zu steigern. Im Jänner 2019 äußerte sich Mikl-Leitner das letzte Mal öffentlich zu ihrer Initiative und erklärte in einem Interview mit dem ORF Niederösterreich: Die Landarztgarantie greift. – Die vielen leer stehenden Ordinationen sind aber der traurige Gegenbeweis. Es stellte sich heraus, dass ihr Versprechen größtenteils falsch war.

Die Bilanz des niederösterreichischen Ärztekammerpräsidenten Harald Schlögel zur Garantie fällt daher eindeutig aus: Es war vorhersehbar, dass das Projekt scheitern würde, denn die Situation im niedergelassenen Raum ist komplex und wurde leider nicht richtig eingeschätzt. Wohnortfremde Ärzte für eine Garantie einzusetzen hat nicht funktioniert.

Nun zurück zu Ihnen, Herr Minister: Egal, ob es um den Bereich der Pflege oder um jenen der Intensivkrankenschwestern geht, Sie machen falsche Personal­politik. Diese Problematik möchte ich kurz anhand eines Beispielfalls, welcher sich vorige Woche in einem Weinviertler Spital zugetragen hat, schildern: Eine Person lag im Intensivbett. Gleichzeitig wurden zwei ältere Damen mit der


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Rettung eingeliefert, da sie sich die Hüfte gebrochen hatten, und konnten nicht notoperiert werden, da nach der OP ein Intensivbett inklusive Intensiv­kran­ken­schwester benötigt worden wäre. Es liegt also nicht an der immer wieder strapazierten fehlenden Bettenanzahl, sondern es liegt am fehlenden Personal.

Laut Aussage des Personals wurde dann gewartet und anschließend jene ältere Dame operiert, die die nächsten Stunden überlebt hatte. In dieses Gesundheits­system, das Sie, Herr Minister, mit Ihren zwei Vorgängern maßgeblich zerstört haben, haben diese zwei älteren Damen ihr Leben lang einbezahlt. Und Kollege Kornhäusl spricht von der Naivität der Freiheitlichen, wenn wir diese Miss­stände aufzeigen.

Sie als zuständiger Minister versagen aber zum Beispiel auch im Bereich der Kinderfachärzte. Sagen Sie nicht, dass Sie das nicht wissen, Herr Minister! Sie haben am 16. Mai 2022 eine Anfrage beantwortet, und damit auch Nach­folgendes bestätigt.

Wie bereits im November in einigen Bezirksmedien in meinem Heimatbezirk Mistelbach veröffentlicht und auch mit dem Ombudsmann der ÖGK besprochen, kündigt die einzige Kinderfachärztin im gesamten Bezirk Mistelbach den Vertrag mit der ÖGK. Wie wir im Zuge der Recherche von der Arztpraxis erfah­ren haben, erfolgte diese Kündigung keinesfalls leichtfertig oder gar über­raschend. Bereits im vergangenen Jahr wurden Probleme, wie zum Beispiel Überlastung, an die ÖGK gemeldet, seither wurde bis zum Beginn unserer Recherche im Juli 2022 aber nichts unternommen, um den bestehenden Vertrag mit der gegenwärtigen Ärztin zu halten. Bei der Recherche und im Telefonat mit dem Ombudsmann erfuhren wir auch, dass die ÖGK einen zweiten Kinderarzt für unsere Region suchen wolle beziehungsweise diese Stelle ausschreiben wolle. Dies wurde aufgrund des Drucks der Bevölkerung mit unserer Unterstüt­zung im November – bis zum Auslaufen des Vertrages ist nur mehr ein Monat Zeit – endlich getan.


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In meinem Heimatbezirk Mistelbach ist die Bevölkerungszahl um 0,56 Prozent auf genau 76 082 angewachsen. Im Jahr 2022 sind erfreulicherweise – Kinder sind ja unsere Zukunft – 5 243 Buben und 4 906 Mädchen gemeldet, die aber, wie beschrieben, ab 1. Jänner 2023 ohne Kinderfacharztversorgung auskommen müssen. Um die Versorgungssicherheit im Bereich Kinderfachärzte wieder herzustellen und Bestehendes abzusichern, benötigt es daher einen Maßnah­­menmix und die Festlegung von gesetzlichen Rahmenbedingungen zur Neuverhandlung eines besser dotierten ÖGK-Vertrages mit der derzeit noch behandelnden Kinderfachärztin. Es braucht außerdem die Verhandlung mit den Kinderfachwahlärzten zum Einstieg in einen ÖGK-Vertrag, kurzfristige Vertre­tungsfachärzte, wie es auch für die Erwachsenen angedacht ist, die Öffnung der Kinderabteilung im Landeskrankenhaus Mistelbach, und zwar nicht nur für Akutfälle, bis die Situation geklärt ist, sowie eine verpflichtende zehnjährige Tätigkeit als Vertragsfacharzt für Ausländer, die in Österreich studieren und damit österreichische Studienplätze blockieren.

Herr Minister, wir Freiheitlichen fordern Sie zum Wohle der Bevölkerung auf, endlich Maßnahmen zu setzen und zu veranlassen, die ein ordnungsgemäß funktionierendes Gesundheitssystem sicherstellen. Herr Minister, der ORF überträgt heute ja auch wieder nicht, es wäre aber für die Bevölkerung und für mich als Freiheitlichen, als stolzen Familienvater, als Großvater sehr wichtig, dass darüber berichtet wird, wie es mit unserem Gesundheitssystem aussieht und wie Sie mit dem von meinem Kollegen Steiner übergebenen Kinder- und Jugend­bericht aus den Ländern, der die von Ihnen mitverschuldeten Missstände darstellt, umgehen, indem Sie ihn auf den Tisch knallen.

Herr Minister, mir bleibt nur eines zu sagen: Genieren Sie sich! Entschuldigen Sie sich bei unseren Kindern und unserer Bevölkerung für das, was Sie ihnen angetan haben. Zeigen Sie Charakter und treten Sie anschließend zurück! (Beifall bei der FPÖ.)

Nun noch einmal zurück zur Versager-Landeshauptfrau und ihrer Landarzt­garantie: Als die Landeshauptfrau ihre Garantie präsentierte, waren


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niederösterreichweit gerade einmal drei Kassenpraxen länger als ein Jahr unbesetzt. Fünf Jahre später stehen 20 Ordinationen seit über einem Jahr leer, Tendenz stark steigend. Zur Bilanz der Aktion befragt, ließ Mikl-Leitner eine Zeitungsanfrage unbeantwortet und verwies auf die Landesgesundheitsagentur. Dort hieß es, mit der Maßnahme habe man für fünf Gemeinden temporär Ärzte gestellt. Derzeit seien jedenfalls alle Landarztgarantiefälle beendet, und es gebe auch keine offenen Aufträge mehr, sagt die Landesgesundheitsagentur. Die Aktion laufe aber doch noch.

Wenigen Gemeinden wurde geholfen. Laut Information der Ärztekammer Niederösterreich bekamen bestenfalls zwei Gemeinden zwischenzeitlich einen Spitalsarzt für ihre leerstehenden Praxen vermittelt, nämlich Gresten-Land, Scheibbs und Mauer bei Amstetten. In den Tätigkeitsberichten des Landes­gesundheitsfonds scheint im Zusammenhang mit der Garantie nur eine Ordination auf. Andere Gemeinden, die für die Garantie im Gespräch waren, machten schlechte Erfahrungen. Selbst in Bezirkshauptstädten, etwa in meiner eigenen, in Mistelbach, fehlen Kassenärzte. Trotzdem bekam die Stadt anstelle eines Spitalsarztes eine Absage. Weil das Land in der Gemeinde eine Klinik betreibt, sei die Versorgung sowieso gesichert, hieß es in dem Schreiben an den ortsansässigen Bürgermeister.

Nun, ich kann Ihnen einen Vorteil der Bevölkerung von Niederösterreich nennen. Wissen Sie, worin dieser besteht? – Ich verrate es Ihnen: Die Gesundheitspolitik, die im Verantwortungsbereich der niederösterreichischen Landesregierung liegt, kann am 29.1.2023 bei der Neu- beziehungsweise Abwahl des bestehenden Systems endlich auf Schiene und in Ordnung gebracht werden. Bundespolitisch wird es wahrscheinlich aufgrund des eingesetzten Klebstoffs leider noch ein wenig länger dauern. (Beifall bei der FPÖ.)

21.12


Vizepräsident Bernhard Hirczy: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bun­desrat Christoph Steiner. – Bitte, Herr Bundesrat.



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21.13.03

Bundesrat Christoph Steiner (FPÖ, Tirol): Herr Vizepräsident! Ich werde es ganz kurz und knackig machen: Drei Jahre grüne Gesundheitsminister en suite, drei verschiedene Gesundheitsminister, und das System, das nicht das beste war, ist jetzt ganz kaputt. Traurigerweise ist die ÖVP immer mit dabei. (Beifall bei der FPÖ.)

Große Pressekonferenzen, keine Taten, nichts dahinter, ganz, ganz viel heiße Luft. – Wenn man jetzt zynisch wäre, könnte man sagen: Wenn man die heiße Luft für die Bewältigung der selbst verursachten Energiekrise verwenden würde, wäre die auch behoben!, aber die zynische Geschichte lassen wir jetzt einmal weg. Herr Minister, wenn ich jetzt Ihre Beantwortung der Dringlichen Anfrage, in der Sie 80 Prozent der Fragen nicht beantworten konnten, weil Sie nicht zuständig sind, mit Ihren wunderbaren Pressekonferenzen vergleiche, die Sie immer geben, in denen Sie alles vollmundig verkünden, frage ich mich, wozu Sie diese Pressekonferenzen machen. Da behaupten Sie dann wieder, es gibt 2 000 Euro netto auf die Kralle. Jetzt sagen Sie: Nein, wir sind ja nicht zuständig, das war nur ein Vorschuss an die Länder, und jetzt müssen die Länder es machen. – Sagen Sie einfach in der Pressekonferenz einmal die Wahrheit, dann ersparen Sie sich ganz, ganz viel Theater im Nachhinein, Herr Rauch! (Beifall bei der FPÖ.)

Es bleibt nicht viel übrig, und es ist ganz, ganz schwierig. Sie können es einfach nicht, Herr Rauch! Sie haben mit Gesundheit in Ihrem Berufsleben noch nie etwas zu tun gehabt. Das ist ja kein Problem, das ist ja nicht dramatisch. Als Sie dann aber von Werner Kogler, der ja Ihr Chef war, gefragt wurden, ob Sie nicht der dritte Gesundheitsminister werden wollen, hätten Sie sich halt vorher überlegen müssen, ob das mit Ihrem Wissen über Gesundheit und Gesundheits­politik vereinbar ist oder nicht. Es ist nicht vereinbar! Man sieht es auch heute wieder. Die Regierung hat versucht, das Ganze kleinzureden, zu verteidigen. Diese Regierung ist quasi erledigt. Ein Politiker außer Dienst, ein Nationalrats­abgeordneter und Klubobmann außer Dienst, hat hier am Rednerpult einmal


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gesagt: Ein totes Pferd zu reiten, ist ungeheuerlich! Diese Regierung ist tot. Hören Sie auf mit der Schändung dieses toten Pferdes! Ein totes Pferd reitet man nicht – um das Zitat noch einmal zu verwenden. (Beifall bei der FPÖ.)

Die Krankenkassenverträge sind ein großes Problem, und, Herr Minister, da sind halt schon Sie am Zug bei der Österreichischen Gesundheitskasse. Ich erinnere daran, wie es einem Kassenarzt geht: Der Kassenarzt hat 2 bis 3 Minuten Zeit, um ein Erstgespräch, eine Anamnese durchzuführen und eine Befundung, eine Diagnose zu stellen. Das ist schier unmöglich, Herr Minister, das geht nicht! Wir brauchen ordentliche Kassenverträge, damit die Leute ordentlich versorgt werden. Das wäre einmal eine Hauptaufgabe, das mit der Österreichischen Gesundheitskasse auszuverhandeln. Das wäre Ihre Aufgabe, und das wäre dann schnellstmöglich umzusetzen. Dafür bräuchte es gar nicht viel Geld, Herr Minister, aber Sie wollen das Geld ja gar nicht in die Hand nehmen.

Was ich Ihnen aber zum Vorwurf mache, ist etwas, bei dem Sie als Grüne immer als Erste mit dabei sind – als ich das gelesen habe, habe ich gedacht, ich lese nicht ganz richtig –: Für unsere Leute haben wir kein Geld im Gesundheits­system, aber für Animateure – also Leute, die man vom Cluburlaub kennt – für Trau­matisierte, für eure traumatisierten jungen Burschen, die geflüchtet sind, haben wir Geld. Es gibt Animateure für die jungen, traumatisierten Burschen, damit denen am Tag nicht langweilig wird. Für das haben wir Zigtausende von Euro übrig, aber nicht für unsere Österreicher im Gesundheitssystem. Auch das ist grüne Politik! (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrat Schreuder: Das ist ja unglaublich!)

Es tut mir halt leid, aber die ÖVP ist immer mit dabei. – Ja, das ist unglaublich! Herr Kollege Schreuder, das ist unglaublich: Kein Geld für die Österreicher, aber Animateure für die jungen Burschen, die dann unsere Frauen und Kinder nicht in Ruhe lassen; aber das ist eine andere Diskussion.

Dann haben wir heute von Herrn Minister Rauch gehört, dass er als Gesund­heitsminister in seinem Ministerium eigentlich keine Zuständigkeiten hat und das auf die Länder abwälzt. Dann zahlt es halt der Steuerzahler im Land, gut. Aber


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was macht dann das Land? – Das Land wälzt es auf die Gemeinden ab, wie es halt bei den Bezirkskrankenhäusern der Fall ist. Was passiert dann, wenn die Gemeinde nicht mehr finanzieren kann, weil sie kein Geld hat, und die Gefahr droht, dass man die Bezirkskrankenhäuser – nicht nur Abteilungen, sondern ganze Krankenhäuser – schließen muss? – Na, dann wird sich jede Gemeinde überlegen, ob sie nicht bei den Gebühren anziehen muss. Und auch das trifft halt wieder den Steuerzahler. Das scheint aber alles kein Problem zu sein. Der Gesundheitsminister wälzt es auf die Länder ab, die Länder dann wieder auf die Gemeinden, und so geht es halt dahin.

Man sieht halt, ihr habt kein Gespür. Ihr habt kein Gespür für das aktuelle Problem, ihr habt in der Coronapolitik kein Gespür gehabt, und ihr habt bei der Teuerung kein Gespür. Als Frau Kollegin Steiner-Wieser heute angesprochen hat, wie schlimm es ist, wenn Leute nicht wissen, ob sie etwas einkaufen oder heizen oder den Kindern Geschenke kaufen sollen, und dass das Angst hervor­ruft, hat ein Bundesrat aus den ÖVP-Reihen reingeschrien – ich sage jetzt nicht, welcher –: Also eure Angst möchte ich haben! – So viel zum Gefühl, so viel zur Empathie für Leute, denen es wirklich schlecht geht.

Es hat einmal einen Spruch gegeben – ich zitiere den jetzt, ich weiß aber leider nicht mehr genau, wo der herkommt –, nämlich: Eure Armut kotzt mich an! – So kommt mir das vor, wenn ein Bundesrat aus den ÖVP-Reihen bei so einem Thema, bei dem es um so sensible Geschichten geht, dass eine Familie nicht weiß, ob sie heizen, den Kindern ein Geschenk kaufen oder den Kühlschrank füllen soll, herausschreit: Eure Angst möchte ich haben! – So viel zu eurer Empathie, die ihr einfach nicht habt, und das ist traurig. Ja, eigentlich fehlen mir die Worte, wenn man so etwas herausschreien muss. (Beifall bei der FPÖ.)

Dann kommt zu allem Überfluss noch Kollege Kornhäusl mit der Bund-Länder-Vereinbarung und erklärt uns, dass die gestern veröffentlicht worden ist, alles so supertoll ist und wir das ja nicht wissen.


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Es ist ganz blöd gewesen, dass ich genau dann da drüben vorbeigegangen bin, als Kollege Kornhäusl von seinen Mitarbeitern erklärt bekommen hat, wann das veröffentlicht worden ist, wie das veröffentlicht worden ist. (Heiterkeit der Bun­desrätin Schartel.) Wir machen das ohne Mitarbeiter, wir wissen ohne Mitarbeiter, wann etwas veröffentlicht worden ist. Herr Kollege Kornhäusl, seien Sie froh, dass Sie so takte Mitarbeiter haben im Klub, denn sonst würden Sie die Hälfte gar nicht wissen! (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Bundesrates Kornhäusl.)

Ich freue mich ja schon, wenn Herr Kollege Kornhäusl dann Fraktionsvorsit­zender wird. Das wird dann ganz interessant. Mit dem Landesrat ist es ja nichts geworden, aber zumindest werden wir dann Fraktionsvorsitzendenkollegen. (Bundesrat Kornhäusl: Aus dir wird nie was!) Ich will jetzt Herrn Bader nicht zu sehr nahetreten: Natürlich habe ich mit dir gut zusammengearbeitet oder werde ich mit dir weiterhin gut zusammenarbeiten. Ich freue mich natürlich aber dann auch auf die Zeit mit Herrn Kornhäusl. Gewählt ist er noch nicht, aber man hört ja, er wird es bald einmal sein und er freut sich schon sehr darauf.

Dann stellt sich Kollege Kornhäusl hierher und sagt, es ginge hier herinnen um die Würde des Hauses und im Besonderen gehe es ihm von der ÖVP um die Würde des Hauses. (Ruf bei der ÖVP: Themenverfehlung!) – Nein, Kollege, das ist keine Themenverfehlung, sondern das ist eine Replik auf den Redner vorher. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.) Das muss man können oder nicht. Das ist keine vorgefertigte Rede, sondern eine Replik und keine Themen­verfehlung. Das ist ein Riesenunterschied, aber vielleicht lernst du das ja noch nach fünf Jahren Bundesrat, sodass du das dann auch einmal kannst.

Auf alle Fälle stellt sich Kollege Kornhäusl hier heraus und sagt, die Würde des Hauses sei ihm ein Anliegen. (Bundesrat Preineder: Seit 11.11. ...!) Bitte, das muss man sagen: Herr Kollege Kornhäusl ist Bundesrat der ÖVP, und wenn sich ein ÖVPler, jemand von der korruptesten Partei Österreichs, hier herausstellt und von der Würde des Hauses spricht, dann ist für mich alles gesagt. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf der Bundesrätin Schwarz-Fuchs.)


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Dann haben wir ein kleines Problem mit der Wahrheit gehabt, Herr Kornhäusl, und mit dem Verdrehen der Tatsachen: Sie haben hier heraußen ein Beispiel mit Mammografien gebracht, einem Bereich, in dem die Vorsorge in Österreich gut ist. Das hat niemand kritisiert. Die technischen Voraussetzungen in fast allen – in fast allen, mit ein paar wenigen Ausnahmen – Krankenhäusern, egal für welche Diagnostik und für welche Diagnosestellungen, sind in Österreich wunderbar. (Bundesrätin Steiner-Wieser: Na!)

Es geht aber nicht um die technischen Voraussetzungen, es geht auch nicht um die Gerätschaften, sondern es geht um den Personalnotstand, um die Personen, die diese Geräte bedienen müssen. Es nützt mir nämlich nichts, wenn ich das beste Gerät der Welt im Krankenhaus stehen habe, aber kein Personal habe, das dieses Gerät bedient. (Bundesrat Kornhäusl: Hör mir zu!) Darum geht es, Herr Kollege Kornhäusl, und verdrehen Sie nicht die Tatsachen! (Beifall bei der FPÖ.)

Das Beste war ja dann, als Frau Kollegin Hauschildt-Buschberger, unsere Gesundheitsexpertin von den Grünen, das Foto auf der E-Card angesprochen hat, dass das ja ein Skandal sei, dass jetzt ein Foto auf der E-Card drauf ist. Da war die ÖVP im Übrigen der gleichen Meinung wie wir. Aus welchem Grund gibt es ein Foto auf der E-Card? – Das Foto war wichtiger denn je, denn mit der E-Card ist in gewissen Communitys Missbrauch getrieben worden. Da hat es in einer Community für 25 bis 30 Personen eine E-Card gegeben. Die anderen 25 Personen waren in Österreich überhaupt nicht registriert, aber mit der einen E-Card ist jeder von ihnen hingegangen und hat sich einmal auf Kosten des österreichischen Steuerzahlers behandeln lassen. Deshalb gibt es jetzt also ein Foto auf der E-Card: damit es diesen Missbrauch nicht mehr gibt. (Beifall bei der FPÖ.)

Herr Minister, Sie stellen sich dann her und sagen ganz polemisch von der Regierungsbank aus über die vor drei Jahren angefangene Kassenreform, die ja nicht von uns abgeschlossen worden ist – eine Kassenreform, die richtig und ordentlich war! (Bundesrätin Schumann: Na, geh bitte! Ihr habt die Kassa ruiniert!) –, dass es ein Wahnsinn war, die zu machen. Umgesetzt hat diese Reform nicht ein


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freiheitlicher Minister, sondern diese Reform wurde von Schwarz-Grün umgesetzt. Wenn Sie überall Ihre unfähigen Leute hinsetzen, die dann nicht fähig sind, diese Reform ordentlich durchzuführen, können wir nichts dafür, aber ihr habt dann wieder ein paar von euren Leuten versorgt. (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrat Novak: So kann man es auch sehen!)

21.24


Vizepräsident Bernhard Hirczy: Ich möchte die Worte aufgreifen und an die Würde des Hauses erinnern, wobei ich bitte, Ausdrücke aus dem Sammelsurium der Vorredner, wie Gruppierungen und Menschen, die als korrupt bezeichnet werden (Bundesrat Steiner: Ich habe die Partei als korrupt bezeichnet!), die Worte mies für gewählte demokratische Vertreter, aber auch „heiße Luft“ zu über­denken und wie gesagt die Würde im Zusammenhang mit der Wortwahl entsprechend zu achten. (Bundesrat Steiner: Heiße - -! Na, jetzt geht es aber oft schon, bitte! Jetzt darf ich gar nichts mehr sagen!)

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Andrea Michaela Schartel. – Bitte, Frau Bundesrätin.


21.24.55

Bundesrätin Andrea Michaela Schartel (FPÖ, Steiermark): Wo fangen wir an, wo hören wir auf? Herr Vizepräsident! Herr Gesundheitsminister! Liebe Kollegen! Es ist schon einiges und sehr vieles zu dieser Thematik gesagt worden, und trotz­dem habe auch ich das Bedürfnis, einige Worte zu sagen. Zum Beispiel – Kollege Steiner hat es ja auch schon erwähnt –: Herr Kovacs hat gesagt, die ganze Problematik, die wir jetzt im Gesundheitsbereich haben, sei der seinerzeitigen Strukturreform der ehemaligen Sozialministerin Beate Hartinger-Klein geschuldet. (Bundesrätin Schumann: Richtig! – Zwischenruf des Bundesrates Kornhäusl.)

Ich finde es in dem Fall aber spannend, dass das betroffene Unternehmen selbst, nämlich die ÖGK, am 7.2.2022 in seinem Geschäftsbericht auf der ersten Seite unter dem Titel „Das Großprojekt: Die neue Gesundheitskasse“ stehen hat (eine


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Kopie in die Höhe haltend): Es „ist gelungen. 7,4 Millionen [...] Österreicher bekommen mehr Leistung und ein breiteres Angebot.“ (Bundesrätin Schumann: Das glaube ich, weil ihr die Arbeitgeber in die Vertretung geholt habt!) – Ja, wer hat denn jetzt gelogen? Die ÖGK oder - - (Widerspruch bei der SPÖ.) – Ich weiß, warum die SPÖ darauf so negativ reagiert: weil ihr wieder ein paar Funktionäre weniger in irgendeine Behörde schicken könnt! (Beifall bei der FPÖ.) Das ist der Grund, warum ihr so böse darauf seid. Das Ganze macht nämlich Sinn! (Bundesrätin Schumann: Die Arbeitgeber bestimmen über die Arbeitnehmerbeiträge! Gratuliere! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Herr Kornhäusl, wir haben in gar keiner Weise die Art unseres Gesundheits­systems mit all seinen tollen Möglichkeiten kritisiert. Was wir heute kritisieren und was wir als dringend änderungsbedürftig empfinden, ist, dass die Politik, egal ob in den Ländern oder auch auf Bundesebene, die vielen, vielen Hilferufe der Ärzte, des Pflegepersonals, all der Rettungssanitäter und rundherum nicht hört und überhört. Das ist der Grund, warum wir diese Dringliche Anfrage heute brauchen. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Bundesrates Kornhäusl.)

Eines sage ich Ihnen auch, weil Sie vorhin die Brustkrebsvorsorge als Beispiel genommen haben: Die Brustkrebsvorsorge, mit der wir Gott sei Dank diesen Krebs – dank Früherkennung – sehr gut im Griff haben (Bundesrat Kornhäusl: Ja, Gott sei Dank!), hat nichts mit dem Gesundheitssystem zu tun, sondern in erster Linie damit, dass die Frauen ein so gutes Selbstbewusstsein in Bezug auf ihren Körper haben und diese Mammografien freiwillig machen. (Bundesrat Kornhäusl: Gott sei Dank, seien wir froh!) Der Vater Staat zahlt das nur alle zwei Jahre, und wenn man 70 Jahre alt ist, dann hat man überhaupt kein Recht mehr auf eine Mammografie auf Kassenkosten – das sind die Tatsachen. (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrat Köck: Das ist schlimm!)

Frau Kollegin Hauschildt-Buschberger hat als Vorwurf gesagt: die FPÖ und ihre Schlagzeilenpolitik. – Ich habe hier eine APA-Meldung vom 12. Mai, die vom Gesundheitsminister sozusagen zur Verfügung gestellt wird, die eine tolle Schlagzeile hat: „Beschäftigte erhalten zwei Jahre Gehaltsbonus“, aktualisierte


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Neufassung. – Das ist auch eine Schlagzeige, die in der Umsetzung leider überhaupt nicht gelungen ist.

Auch wenn ihr von den Regierungsparteien alle herauskommt und immer wieder betont, es sei ein Gehaltsbestandteil, muss ich euch wieder eines Besseren belehren. Warum? – Es gibt bei uns in Österreich ein Einkommensteuergesetz und ein Sozialversicherungsgesetz. Das Einkommensteuergesetz sagt eindeutig aus, dass jeglicher Bezug, den ich zusätzlich zu einer Arbeitsleistung erhalte, ein sonstiger Bezug ist. Das heißt natürlich, es kann alleine von der gesetzlichen Lage her kein Gehaltsbestandteil sein. Weil es ein sonstiger Bezug ist, trägt er das Schicksal, dass er leider ziemlich hoch versteuert wird, weil es eben diese Sechstelregelung gibt.

Von der Sozialversicherung her hätten wir ja unter Umständen noch eine Chance gehabt, dass er dann als laufender Bezug Gültigkeit gehabt hätte. Leider steht aber in der Regelung, dass er wahrscheinlich wiederholenden Charakter hat. Dazu sagt das ASVG: Das ist leider eine Sonderzahlung und kann deshalb nie und nimmer ein Gehaltsbestandteil sein. – Deshalb wäre es gescheiter gewesen, zu sagen, wir machen von mir aus eine befristete Zulage, eine besondere Zulage und zahlen das zwölfmal im Jahr, denn dann wäre es ein Gehaltsbestandteil gewesen und dann hätten die Menschen wirklich etwas davon gehabt. (Beifall bei der FPÖ.)

Wissen Sie, ich habe in letzter Zeit bedauerlicherweise sowohl selbst und auch bedingt durch die Krankheit meines Mannes sehr viele Ärzte aufsuchen müssen. Es gibt sehr, sehr vieles, wo man dann eigentlich an den kleinen Dingen merkt, dass es hinten und vorne fehlt. Eine ganz große Katastrophe ist die Geschichte mit den Krankentransporten. Wissen Sie, wie viele Stunden, wirklich Stunden, kranke Menschen, Menschen, die gerade eine Bestrahlung gehabt haben, Menschen, die eine Chemotherapie haben, in Krankenhäusern sitzen und warten müssen, weil wir bedauerlicherweise nicht das Personal haben, das notwendig wäre, damit diese Menschen menschenwürdig in einer normalen Zeit wieder nach Hause kommen können? Wissen Sie, was eine Bestrahlung bedeutet? – Die


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macht einen Menschen fertig. Dieser Mensch ist müde und pickt dann irgendwo im Ambulanzsaal und wartet verzweifelt darauf, dass er endlich nach Hause in sein Bett kann und sich ausruhen kann. Das sind die Dinge.

Wenn Sie zum Beispiel in der Steiermark einen Krankentransport brauchen und nicht schon halb, sage ich jetzt, gehbehindert sind, haben Sie gar kein Recht auf einen Krankentransport, außer Sie finden wieder einen privaten, und ein privater Transport kostet dann unter Umständen auch wieder mehr. Das sind die Dinge, wo ich sage, man muss einfach handeln. Warum kann man zum Beispiel nicht intern, innerhalb der Krankenhäuser einfach selbst diese Transporte organisie­ren? Warum kann man das nicht so aufstellen? Warum braucht man eine Rettung, damit man von der Pulmologie zum Röntgen fahren kann? Erstens würde das wieder Jobs schaffen, zweitens wären es wieder die eigenen Leute, und ich glaube, dass das effizienter wäre. Das sind so die Dinge.

Noch einmal, Sie vermitteln einfach als Regierung gesamt ernsthaft den Eindruck – ich habe dieses Empfinden –: Es ist egal, wer um Hilfe ruft, ob es Menschen sind, weil sie verzweifelt sind, nicht mehr wissen, wo vorne und hinten ist, ob es das Personal im Krankenhaus und im Pflegebereich ist, Sie machen es wie die drei Affen: nichts hören, nichts sehen und nichts reden. (Beifall bei der FPÖ sowie Bravoruf des Bundesrates Steiner.)

21.32

21.32.32


Vizepräsident Bernhard Hirczy: Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Dies ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Es liegt ein Antrag der Bundesrät:innen Marlies Steiner-Wieser, Kolleginnen und Kollegen auf Fassung einer Entschließung betreffend „Pflegeprämie muss auch in Salzburg und allen anderen Bundesländern 2.000 Euro netto betragen!“ vor. Ich lasse über diesen Entschließungsantrag abstimmen.


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Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Entschließungs­antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenminderheit. Der Antrag auf Fassung der gegenständlichen Entschließung ist somit abgelehnt. (Zwischenruf der Bundesrätin Steiner-Wieser. – Bundesrat Steiner: Der Pflegebonus wäre das gewesen ...!)

21.33.20Fortsetzung der Tagesordnung


Vizepräsident Bernhard Hirczy: Ich nehme die Verhandlungen über die Tages­ordnung wieder auf.

Wir setzen die Verhandlungen über die Tagesordnungspunkte 10 und 11 fort.

Zu Wort gelangt Frau Bundesrätin Andrea Schartel. – Bitte, Frau Bundesrätin.


21.33.43

Bundesrätin Andrea Michaela Schartel (FPÖ, Steiermark): Bei diesen beiden Tagesordnungspunkten ist natürlich ein wesentlicher Punkt, dass es bei der Pflegereform um diese Entlastungswoche geht.

An und für sich ist es ja richtig und gut, dass man signalisiert und einmal aner­kennt, dass diese Menschen wirklich eine besonders große Herausforderung und schwere Arbeit haben. Wenn man sich dann aber im Detail mit dem Gesetz auseinandersetzt, kommt man leider wieder drauf, dass es doch nicht so optimal ist. Das heißt, es ist wieder einmal gut gemeint, aber in der Umsetzung total daneben.

Warum sage ich das? – In § 3a des Gesetzes steht nämlich drinnen, dass diese Entlastungswoche auf die normalen Urlaubsansprüche laut Urlaubsgesetz nicht angerechnet werden darf. Sollte es aber aufgrund von Gesetzen, Verordnungen, Dienstordnungen, kollektivvertraglichen Regelungen bei Dienstnehmern zu Urlaubsansprüchen kommen, die schon über die fünf Wochen, sprich 30 Werk­tage, hinausgehen, dann wird diese Entlastungswoche, diese Ersatzwoche sehr wohl gegengerechnet. Warum ist das so wichtig? – Wenn ich zum Beispiel den


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SWÖ-KV hernehme, der schon seit längerer Zeit eigentlich diese Regelung hat, dass aufgrund der Betriebszugehörigkeit zusätzlich zum Urlaubsgesetz Anspruch auf mehr Urlaub besteht, dann wird das auf diese Entlastungswoche ange­rechnet.

Jetzt wissen wir alle, dass wir momentan das größte Problem in der Pflege vor allem damit haben, dass die Personalressourcen sehr knapp sind. Jetzt frage ich mich, wie es dann möglich ist, dass jemand zusätzlich zu seinem normalen Gebührenurlaub noch diese Entlastungswoche überhaupt in Anspruch nehmen kann. Dann hat der Gesetzgeber gesagt: Ja, es kann sein, wir machen eine Übergangsfrist von drei Jahren. Sollte diese Entlastungswoche nicht konsumiert werden, dann darf der Arbeitgeber, ohne dass es schädlich ist, diese Entlastungs­woche abgelten. Jetzt habt man dann das Problem: Wenn man zum Beispiel in den SWÖ-KV hineinfällt, kriegt man nicht die ganze Entlastungswoche abgegolten, weil man ja mit dem gegenrechnen muss, was im Kollektivvertrag steht. Wenn man zum Beispiel zehn Jahre in einem Betrieb ist, dann stehen einem automatisch schon 34 Werktage zu, also können maximal zwei Tage, sprich 16 Stunden bei Vollbeschäftigung, entlastet werden.

Das sind immer Dinge, wo ich sage, das Problem, das wir momentan haben, ist, dass diese Vernetzung in vielen Bereichen wichtig wäre. Was mich zum Beispiel wahnsinnig stört, ist, dass die Familienministerin immer erklärt hat, dafür ist sie nicht zuständig, der ist dort zuständig, der ist da zuständig, und eigentlich sind die Dinge komplex. Das heißt, ich würde dringend raten, sich das vielleicht noch einmal gemeinsam mit dem Arbeitsrecht anzuschauen, damit das, was man eigentlich machen wollte, dann in Wirklichkeit herauskommt.

Das Gleiche ist es mit diesen 2 Stunden Guthaben. Das finde ich supertoll, nur frage ich mich: Wann sollen das die Menschen, die das wirklich machen, jemals in ihrer Berufslaufbahn konsumieren können? (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrat Steiner: Bravo, Michaela!)

21.37 21.37.24



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Vizepräsident Bernhard Hirczy: Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Dies ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung, die über die gegenständlichen Tagesordnungs­punkte getrennt erfolgt. – Bitte nehmen Sie die Plätze ein.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 14. Dezember 2022 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundespflege­geldgesetz geändert wird.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

Es liegt ein Antrag der Bundesrät:innen Andrea Kahofer, Kolleginnen und Kollegen auf Fassung einer Entschließung betreffend „Versorgungssicherheit mit Medikamenten jetzt herstellen!“ vor. Ich lasse über diesen Entschließungsantrag abstimmen.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Entschließungs­antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Dies ist die Stimmenminderheit. Der Antrag auf Fassung der gegenständlichen Entschließung ist somit abgelehnt.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 14. Dezember 2022 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Nachtschwer­arbeitsgesetz und Artikel V des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 473/1992 geändert werden.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.


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21.38.5812. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 14. Dezember 2022 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Kriegsopferversorgungsgesetz 1957, das Opferfür­sorgegesetz, das Impfschadengesetz, das Verbrechensopfergesetz und das Heimopferrentengesetz geändert werden (3013/A und 1825 d.B. sowie 11140/BR d.B.)

13. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 14. Dezember 2022 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Bauern-Sozialversicherungsgesetz geändert wird (2966/A und 1826 d.B. sowie 11141/BR d.B.)

14. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 14. Dezember 2022 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird (3012/A und 182 d.B. sowie 11142/BR d.B.)


Vizepräsident Bernhard Hirczy: Wir gelangen nun zu den Tagesordnungs­punkten 12 bis 14, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Berichterstatterin zu den Punkten 12 bis 14 ist Frau Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger. – Ich bitte um die Berichte, Frau Bundesrätin.


21.39.34

Berichterstatterin Claudia Hauschildt-Buschberger: Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Arbeit, Soziales und Konsument:innenschutz über den Beschluss des Nationalrates vom 14. Dezember 2022 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Kriegsopferversorgungsgesetz 1957, das Opferfür­sorgegesetz, das Impfschadengesetz, das Verbrechensopfergesetz und das Heimopferrentengesetz geändert werden.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher gleich zur Antragstellung.


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Der Ausschuss für Arbeit, Soziales und Konsument:innenschutz stellt nach Beratung der Vorlage mehrstimmig den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Ich bringe auch den Bericht über den Beschluss des Nationalrates vom 14. Dezember 2022 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bauern-Sozialversicherungsgesetz geändert wird.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher gleich zur Antragstellung.

Der Ausschuss für Arbeit, Soziales und Konsument:innenschutz stellt nach Beratung der Vorlage mehrstimmig den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Ich bringe weiters den Bericht über den Beschluss des Nationalrates vom 14. Dezember 2022 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird.

Auch dieser Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, auch da komme ich gleich zur Antragstellung.

Der Ausschuss für Arbeit, Soziales und Konsument:innenschutz stellt nach Beratung der Vorlage mehrstimmig den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.


Vizepräsident Bernhard Hirczy: Danke, Frau Berichterstatterin.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Präsidentin Korinna Schumann. – Bitte, Frau Präsidentin.


21.41.07

Bundesrätin Korinna Schumann (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Werter Herr Bundesminister! Liebe etwaige


BundesratStenographisches Protokoll948. Sitzung, 948. Sitzung des Bundesrats vom 20. Dezember 2022 / Seite 248

Zuseherinnen und Zuseher! Es ist schon auf vielen Ebenen eine Malaise mit dieser Regierung, und es geht einfach zu viel daneben, das ist ganz eindeutig.

Ich bedauere sehr, dass Herr Bundesrat Kornhäusl jetzt nicht da ist (Bun­desrat Kornhäusl: Bin eh da! Ich lausche!) – ja wunderbar!, denn es sind schon einige Worte zum Pflegebonus zu verlieren, gerade aus Ihrer Sicht, da Sie selbst Spitalsarzt sind.

Es ist einfach das Problem der Ankündigungspolitik dieser Bundesregierung. Man kann sich nicht im Mai hinstellen (Bundesrat Kornhäusl: Warum?) und den Beschäftigten, die danach lechzen, dass sie endlich Anerkennung kriegen, dass sie eine bessere Bezahlung kriegen, sagen: Ihr kriegt 2 000 Euro!, und dann sagen: Aber jetzt ist es nicht so! Nein, es ist doch weniger, was bei Ihnen im Geldbörsel ankommt! – So kann man nicht Politik machen! (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Kornhäusl: Aber das 15. Monatsgehalt! Das 15. Monatsgehalt!)

Sie sind ein Opfer Ihrer eigenen Ankündigungspolitik, so schaut es ganz einfach aus, das ist das Problem. (Bundesrat Kornhäusl: Frau Präsidentin! Ein 15. Monats­gehalt, das ist ja nicht nichts, bitte! Wenn das zu wenig ist?!) Und noch eines, für Sie als Spitalsarzt (Zwischenrufe bei der ÖVP) – lassen Sie mich ausreden, hören S‘ mir zu, dann lernen Sʼ noch was! (Heiterkeit bei der SPÖ – Bundesrat Preineder: Sie aber auch!) –, jetzt für Sie als Spitalsarzt noch gesagt: Sie wissen ganz genau, für jeden – für jeden! – Patienten und jede Patientin brauchen wir die Pflegekräfte, brauchen wir die Kräfte des medizinischen Personals, wir brauchen aber auch ganz viele andere Personengruppen. Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie viele Leute aus den Küchen, aus der Verwaltung, wie viele Hebammen mir gesagt haben: Warum kriegen wir keinen Bonus? Wir sind in der Coronazeit da gewesen, haben uns auch der Ansteckung ausgesetzt. (Zwischenruf der Bundes­rätin Eder-Gitschthaler.) Ein Spital funktioniert auf vielen Ebenen, sie kriegen den Bonus nicht, und der Bonus hat einfach die Beschäftigten separiert. Das ist nicht gescheit, ganz einfach nicht gut gemacht! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Bundesrates Preineder.)


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Ich darf auch noch einen kurzen Satz zu Herrn Bundesrat Gross sagen: Es hat schon ein bissel was Verzweifeltes, wenn man der Opposition sagt, sie solle endlich akzeptieren und anerkennen. Das ist nicht die Aufgabe der Opposition! Wir können sagen, dass manches gut rennt, aber akzeptieren und anerkennen, und das aus dem Munde eines Grünen, das ist schon erstaunlich. Da ich Sie aus früheren Zeiten als starke oppositionspolitische Partei kenne, ist das ein bissel viel. (Beifall bei der SPÖ.)

Jetzt haben wir die drei Gesetze, die hier vorliegen, und wir können allen dreien leider nicht zustimmen: den ASVG-Änderungen nicht, weil im Abänderungs­antrag noch dazugekommen ist, dass die Daten, die Sozialversicherungsdaten, der Personen an Kreditinstitute im In- und im Ausland weitergegeben werden. – Sorry, da kann die Sozialdemokratie auf keinen Fall mit.

Zum zweiten Punkt möchte ich vorausschicken: Die Bäuerinnen und Bauern mit ihrer Leistung sind absolut anzuerkennen. Sie sind wichtig für das Land, sie sind wichtig für die Versorgung in unserem Land, sie leisten ganz, ganz Großartiges. Aber man muss aufpassen, dass man in den Systemen keine Ungerechtigkeiten schafft, und mit dieser Bauern-Sozialversicherungsgesetz-Änderung schaffen Sie eine Ungerechtigkeit. Das muss Ihnen bewusst sein.

Sie machen das bewusst, das ist mir klar, es ist Klientelpolitik, ist schon in Ordnung. Es muss aber klar sein: Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben betreffend ihre Sozialversicherungsbeiträge keine Chance, dass sie sie sozusagen für ein Jahr gestundet kriegen, sondern sie müssen sie auch rück­wirkend zahlen, und wenn sich bei ihnen etwas verändert  mit den Überstun­den, was auch immer , dann greift sofort die Sozialversicherung mit einer Änderung zu.  Also auch da können wir nicht zustimmen.

Und noch etwas ist passiert, und das ist besonders bedauerlich: Gerade die Bezie­herinnen und Bezieher von Opferrenten – das ist der dritte Gesetzesteil –wurden beim Teuerungsausgleich einfach vergessen, und das ist beschämend! Es ist keine große Gruppe, aber es sind Menschen, die Furchtbares erlebt haben.


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(Bundesrätin Eder-Gitschthaler: Ja, aber darum beschließen wir es ja!) – Ja, aber viel zu spät, Sie haben sie vergessen. (Bundesrätin Eder-Gitschthaler: Da könnt ihr ja mitstimmen!) Das ist das Problem einer Einmalzahlungspolitik, dass man dann halt nicht alles gut hineinbringt und dass man vergisst. (Bundesrat Kornhäusl: Im Burgenland hat es Einmalzahlungen gegeben! Dort ist ...!)

Diese Gruppe zu vergessen! Das sind die Menschen, die Impfschäden haben, das sind die Menschen, die Opfer geworden sind, das sind Verbrechensopfer, das sind Kriegsopfer, das sind wirklich Menschen in traumatisierenden und schwie­rigen Situationen, oft mit sehr kleinen Einkommen. Die haben Sie vergessen. Jetzt schießen Sie schnell nach, aber es ist ein Zeichen dafür, dass Sie kein umfas­sendes Denken für diese Gruppen haben. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich darf jetzt zu noch etwas kommen. Es waren gerade die 16 Tage gegen Gewalt an Frauen, und ich glaube, da gilt es, nicht nur in diesen 16 Tagen hinzuschauen, sondern da muss man einfach das ganze Jahr hinschauen und da muss man handeln.

Es ist unerträglich! Jede Form der Gewalt gegen Frauen, sei sie psychisch oder physisch, ist unerträglich, und es ist noch viel unerträglicher, wenn es zu Frauenmorden kommt.

Daher bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Bundesrät:innen Korinna Schumann, MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Gewalt gegen Frauen – Forderung einer einheitlichen Definition des Begriffs ,Femizid‘ zur verbesserten kriminal­sta­tistischen Erfassung und Prävention von geschlechtsmotivierten Frauenmorden“

Der Bundesrat wolle beschließen:


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„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Frauen, Familien, Integration und Medien im Bundeskanzleramt und Bundesminister für Inneres, wird aufgefordert schnellstmöglich eine rechtswirksame Definition für den Begriff ,Femizid‘ zu erarbeiten und dafür zu sorgen, dass ressortübergreifende Maßnahmen ergriffen werden, damit geschlechtsspezifische Motive bei Frauenmorden in Zukunft detailliert in der Kriminalstatistik aufscheinen und so essentielle Weichen für eine umfassendere Gewaltschutzpolitik in Österreich gestellt werden können.“

*****

Wir können uns als Politik nicht erlauben, wegzuschauen. Wir können uns als Politik nicht erlauben, kleine Handlungsschritte zu setzen, sondern wir müssen wirklich handeln. Jede Frau, die aufgrund eines Gewaltaktes ihr Leben lassen musste, ist eine zu viel, und jede Frau, die Gewalt erleben musste, ist eine zu viel, und da hoffe ich auf den gemeinsamen Kampf aller Bundesrätinnen und Bundesräte, damit man Gewalt nicht als Selbstverständlichkeit nimmt, sondern eher als Ausnahme. Wir müssen dagegen ankämpfen! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

21.47


Vizepräsident Bernhard Hirczy: Der von den Bundesräten Korinna Schumann, Dr. Karl Arlamovsky, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungs­antrag betreffend „Gewalt gegen Frauen – Forderung einer einheitlichen Definition des Begriffs ,Femizid‘ zur verbesserten kriminalstatistischen Erfassung und Prävention von geschlechtsmotivierten Frauenmorden“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross. – Bitte, Herr Bundesrat.



BundesratStenographisches Protokoll948. Sitzung, 948. Sitzung des Bundesrats vom 20. Dezember 2022 / Seite 252

21.48.10

Bundesrat Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross (Grüne, Vorarlberg): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Jetzt hat Kollegin Schumann ja eigentlich nicht über das Thema geredet (Bundesrätin Schumann: Ich hab alle drei Punkte besprochen! –Bundesrätin Grimling: Anscheinend hat er es nicht gehört!), sondern über andere Dinge, und unter anderem auch über meinen Beitrag zum vorvorletzten Tagesordnungspunkt.

Ich möchte jetzt noch etwas dazu sagen: Sie liegen da falsch, Frau Kollegin. Es geht überhaupt nicht darum – meine Güte –, hier herinnen irgendetwas nicht auszuhalten. Das halten wir schon aus, das ist gar kein Thema, aber das ist nicht der Kern der Sache.

Es geht um die Botschaften nach außen. Was ich ganz einfach, ich sage es jetzt ganz offen, ärgerlich finde und was mir auch wehtut, nicht für mich, sondern im Sinne der Botschaft nach außen, ist, dass Sie und Ihre Fraktion so tun, als geschehe nichts. Also: Es gibt so viele Maßnahmen, dass man den Überblick verliert!, und weiß ich was alles. Das Geld kommt aber an! (Zwischen­ruf der Bundesrätin Schumann.) Ich habe auch keine Mühe mit harten Debatten, aber ich finde es bis zu einem gewissen Grad halt unredlich, das so darzu­stellen, dass da keine Maßnahmen ankämen.

Das finde ich einfach nicht okay – nicht für uns, meine Güte, aber wegen der Botschaft, die nach draußen gesandt wird. Es stimmt halt nicht. Wir können über vieles diskutieren, über viele Maßnahmen streiten (Bundesrätin Schumann: Nein, wir müssen akzeptieren und annehmen, nicht?), aber es ist nicht so, dass diese Milliarden einfach so verpuffen. Das stimmt nicht, sie kommen an, sie kommen nachweislich an (Rufe bei der SPÖ: Wo? – Zwischenruf der Bundesrätin Schumann.  Bundesrätin Hahn: Wo kommen sie an?), da können Sie Institutionen fragen, die der SPÖ nahestehen und so weiter.

Ich wünsche mir einfach hier auch ein bisschen mehr Redlichkeit in der Kritik und im Umgang mit den gesetzten Maßnahmen, weil es nicht um uns hier


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herinnen geht, sondern um die Leute draußen – und da sollte man nicht Botschaften senden, die einfach nicht stimmen. (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Bundesrätin Grimling: Ich hab geglaubt, Sie wollten zum Thema sprechen!)

Aber zur Tagesordnung (Rufe und Gegenrufe zwischen Bundesrät:innen der SPÖ und Bundesrätin Kittl): Die Änderungen in den Gesetzen unter TOP 12 schließen eine unbeabsichtigte Lücke betreffend den Erhalt von Teuerungsausgleichs­maßnahmen für eine zahlenmäßig kleine (Bundesrätin Hahn: ... dann sollte man auch bei der Wahrheit bleiben!) – wer austeilt, muss auch ein bisschen einstecken können; sorry, das muss man schon auch aushalten –, aber wichtige, weil vulnerable - - (Bundesrat Schreuder – in Richtung Bundesrätin Hahn –: Genau! Das gilt aber für euch auch! – Bundesrat Schennach: Bei uns gibt’s nur die Wahrheit! – Bundesrat Schreuder: Nein!) – Können wir zur Tagesordnung kommen? Geht das?

Ich halte das auch nicht für unbedeutend, was wir jetzt beschließen, ehrlich gesagt. Es geht nicht um viele Menschen, aber es geht um eine wichtige Gruppe, es geht um eine vulnerable Gruppe von Menschen. Das sind beispielsweise Menschen, die Renten nach dem Kriegsopferversorgungsgesetz, dem Opferfür­sorgegesetz, dem Impfschadengesetz, dem Verbrechensopfergesetz bekommen, die aber gleichzeitig keine Leistung aus der Mindestsicherung oder aus der Sozialhilfe oder aus dem Pensionssystem beziehen, durch die sie entsprechen­den Antiteuerungszahlungen bekommen hätten. Diese Gruppe hat bislang nichts bekommen. (Bundesrätin Schumann: Ja, weil ihr sie vergessen habt!) Durch den heutigen Gesetzesbeschluss erhalten sie aber nicht nur die Antiteuerungsmaß­nahmen aus dem Vorjahr und von heuer, sondern auch die Direktzahlungen für 2023, und das ist schon ein wichtiger Punkt. Das ist wichtig und richtig im Sinne der Gerechtigkeit, zumal es sich um ein Versehen handelt, das jetzt rück­wirkend korrigiert wird.

Eine darüber hinausgehende Verbesserung ist, dass Menschen, die nach dem Opferfürsorgegesetz eine Rente vom österreichischen Staat erhalten, auch wenn sie keine österreichischen Staatsbürger:innen sind und im Ausland leben, in Hinkunft die Überweisungsgebühren nicht mehr selber tragen müssen. Das ist


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vielleicht ein symbolischer Akt, ja, aber zugleich sind allein solche Beiträge für manche Menschen und gerade für diese Gruppe, wo einfach jeder Euro zählt, wichtig. Ich bin sehr froh, dass wir dieses Versehen jetzt korrigieren können.

Bei einem weiteren Punkt, bei TOP 13, geht es um wichtige sozialpolitische Verbesserungen im Bauern-Sozialversicherungsgesetz. Es kann passieren, dass durch die neue Einheitswertfeststellung bei landwirtschaftlichen Betrieben, die im Laufe des kommenden Jahres erfolgen wird, Bäuer:innen rückwirkend aus der Sozialversicherung fallen, weil die Einheitswertfeststellung steuerrechtlich bereits mit 1. Jänner anzuwenden ist. Um solche unbeabsichtigten Härten zu vermeiden (Bundesrätin Schumann: Bei den Arbeitnehmern nicht, aber bei den Bauern schon!), wird jetzt eine entsprechende Übergangsbestimmung geschaffen, die auf jeden Fall – egal was passiert – eine Sozialversicherung bis Ende 2024 gesetzlich garantiert.

Einer der Hintergründe ist ja ein sehr ernster: Es entstehen jetzt Unsicherheiten bei der Einheitswertfeststellung, weil richtigerweise ein Temperatur- und Niederschlagsindex eingeführt wird. Durch die Klimaerhitzung, die bei uns ja besonders stark ist – ich erinnere daran: die Temperaturen sind bei uns um mindestens 2 Grad Celsius im Jahresmittel gestiegen, das ist wirklich massiv –, können sich die Einheitswerte verschieben, durch verschlechterte Ertragslagen verschlechtern; Sie haben sicher noch die Berichte über Trockenheiten im heurigen Sommer und dadurch verursachte austrocknende Böden und Ernte­verluste in Erinnerung. Auch dies ist ein – eigentlich unvermutet aufgetauchter – Hinweis, wie wichtig gerade für die Landwirtschaft forcierter Klimaschutz und ebenso Maßnahmen zu Klimawandelanpassung sind.

Ich denke daher, mit dieser Regelung erfolgt eine wichtige Korrektur, denn wir wollen nicht, dass Bäuerinnen und Bauern unverschuldet in Schwierigkeiten geraten, was ihre Versicherung betrifft. Zweifelsfrei, denke ich, ist das eine wünschenswerte, sozialpolitisch wichtige Korrektur, die breite Zustimmung verdient. – Danke. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

21.54



BundesratStenographisches Protokoll948. Sitzung, 948. Sitzung des Bundesrats vom 20. Dezember 2022 / Seite 255

Vizepräsident Bernhard Hirczy: Danke, Herr Bundesrat.

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Andrea Schartel. – Bitte, Frau Bundesrätin.


21.54.49

Bundesrätin Andrea Michaela Schartel (FPÖ, Steiermark): Herr Minister! Liebe Kollegen! Bezüglich der drei Tagesordnungspunkte wurde ja von meinen Vorrednern schon alles erläutert. Wie gesagt, es ist sehr wichtig, dass man jetzt auch an diese kleine Gruppe von Kriegsopfern denkt.

In diesem Zusammenhang hätte ich eine Anregung an den Herrn Minister. Dies betrifft auch eine sehr kleine Gruppe, weil es um die Wertschätzung von pflegenden Angehörigen geht.

Es gibt die Problematik, dass es doch vereinzelt noch vor allem Frauen gibt, die keine eigene Pension, kein eigenes Einkommen haben, aber sich sehr aufopfernd um die Pflege ihres Partners gekümmert haben. Dann kommt irgendwann der Moment, ab dem die häusliche Pflege medizinisch nicht mehr vertretbar ist, und man muss sich dann entscheiden, diesen Partner in ein Pflegeheim zu geben, was aber natürlich bedeutet, dass die Pension des Partners, das Pflegegeld und so weiter zur Gänze, was ja richtig ist, für die Betreuung im Pflegeheim aufgehen und diese Frauen dann eigentlich komplett ohne Einkommen dastehen.

Vielleicht könnte man auch an diese kleine Gruppe denken und eventuell auch hier eine Anerkennung in irgendeiner Art und Weise einführen, damit auch diese Menschen abgesichert sind. (Beifall bei der FPÖ.)

21.56


Vizepräsident Bernhard Hirczy: Danke, Frau Bundesrätin.

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler. – Bitte, Frau Bundesrätin.



BundesratStenographisches Protokoll948. Sitzung, 948. Sitzung des Bundesrats vom 20. Dezember 2022 / Seite 256

21.56.26

Bundesrätin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler (ÖVP, Salzburg): Herr Präsident! Herr Minister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren, wo immer Sie uns noch zuhören und zusehen! Ich war schon sehr gespannt auf die Ausführungen von Kollegin Schumann, weil ich im Ausschuss nicht gewusst habe, warum die SPÖ gegen diese drei Gesetzesvorhaben ist. Jetzt weiß ich es. Für die 180 Betroffenen mit der Opferrente tut es mir leid, dass wir nicht etwas Gemeinsames schaffen. Ich sage immer: Besser jetzt als nie!, denn die haben es sich wirklich verdient. Kollege Adi Gross hat es schon ausgeführt: Wo gehobelt wird, da fallen Späne! – und das ist halt passiert. Jetzt werden wir diese Lücke schließen – gut so! Das ist sehr wichtig für diese Personengruppe, die sich das auch sehr verdient hat.

Weil auch heute schon gesagt wurde, diese Regierung tut ja nichts, sieht nichts und hört nichts, habe ich jetzt nur kurz, weil wir gerade bei den Entlastungen sind, die Liste an Maßnahmen zusammengestellt:

Entlastungspaket im Frühjahr 2022: Einmalzahlung für Ausgleichszulagen­bezieher im März 2022 150 Euro; Einmalzahlung für Ausgleichszulagenbezie­her:innen im April 2022 150 Euro; Aussetzung von Ökostrompauschale und Ökostromförderbeitrag 2022 100 Euro; Senkung der Gas- und Elektrizitäts­ab­gabe 2022, zu berücksichtigen bei der Jahresabrechnung, 100 Euro; Energiegutschein, zu berücksichtigen bei der Jahresabrechnung, 150 Euro; Entlastungspaket im Sommer/Herbst: erhöhter Klimabonus im September 250 Euro; Teuerungsbonus im September 250 Euro; Einmalzahlung für Aus­gleichszulagenbezieher, vulnerable Gruppen im September 300 Euro; Einmalzahlung, prozentuell gestaffelt nach Höhe der Eigenpension, bis 500 Euro; Abschaffung der kalten Progression, zusätzliche Familienbeihilfe, Sonder­zahlung im August, Erhöhung des Familienbonus bis zum 18. Geburtstag von 1 750 auf 2 000 Euro und so weiter und so fort; Stromkostenbremse, Pflege­reform, Valorisierung der Sozialleistungen wie Kinderbeihilfe.


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Bei uns in Salzburg sind noch dazugekommen: 100 Freistromtage für Klein- und Mittelbetriebe und jetzt ganz neu eine Unterstützung für 2 900 Kilowatt­stunden Strom, der von der Salzburg AG bezogen wird, für Kunden mit Wärmepumpen und Stromheizung. Dies hat unser Landeshauptmann als Vorsit­zender des Aufsichtsrates der Salzburg AG verhandelt. Das ist doch nicht nichts, liebe Kolleginnen und Kollegen! (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Schreuder. – Bundesrat Kornhäusl: Gleich noch einmal vorlesen!)

Zu der Regelung betreffend die Bauern sei noch ein Wort gesagt: Wir haben die Argumentation von Kollegin Schumann auch im Ausschuss gehört. (Bundesrätin Schumann: Nein, haben wir nicht gehört! Stimmt nicht! – Bundesrat Schennach: Du warst gar nicht im Ausschuss, oder? – Bundesrätin Schumann: O ja, aber das hab ich nicht gesagt!) Der Experte hat uns ganz klar gesagt, auch bei den vorherigen Hauptfeststellungen war es so, dass das erst nachher wirksam geworden ist, also mit 2024. (Bundesrat Schennach: Das hat auch niemand anderer gesagt!) Das ist gelebte Praxis. Das ist nichts Neues, das wir jetzt machen (Bundesrätin Grimling: Das hat sie aber nicht gesagt! – Ruf bei der SPÖ: Wir sind ja nicht auf der Nudl­suppn - -!), sondern wir geben einfach Rechtssicherheit – Kollege Gross hat das schon gesagt –, und ich finde, das ist gut, das ist eine Wertschätzung für diese wichtige Personengruppe, die Großartiges für unser Land leistet. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Schreuder. – Bundesrätin Schumann: Bitte auch für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer! Bitte für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auch Wertschätzung!)

Der Experte hat das ganz klar gesagt. – Du hast das gefragt, das weiß ich noch genau. (Die Bundesrät:innen Schennach und Schumann: Wer ist „du“?)– Sascha Obrecht hat das gefragt, ja. (Heiterkeit bei der SPÖ. – Bundesrat Schennach: Also nicht die Frau Präsidentin?) – Nein, Sascha Obrecht hat das gefragt, er kann sich erinnern. Das ist gelebte Praxis, hat der Experte gesagt.

Zu Punkt 14: Bei der Änderung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes geht es um nichts Geheimnisvolles. Mit der Novelle reagieren wir auf zwei Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes und des OGHs, wir sorgen einfach


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für Rechtssicherheit. Darum können Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, wirklich getrost zustimmen. (Beifall bei der ÖVP.)

22.00 22.00.40


Vizepräsident Bernhard Hirczy: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Dies ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Ich darf die Staatssekretärin für Kunst und Kultur, Andrea Mayer, recht herzlich bei uns im Sitzungssaal begrüßen. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen sowie des Bundesrates Arlamovsky.)

Wir kommen zur Abstimmung, die über die gegenständlichen Tagesordnungs­punkte getrennt erfolgt. – Bitte nehmen Sie Ihre Plätze ein.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 14. Dezember 2022 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kriegsopfer­versorgungsgesetz 1957 und weitere Gesetze geändert werden.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

Es liegt ein Antrag der Bundesräte Korinna Schumann, Dr. Karl-Arthur Arlamovsky, Kolleginnen und Kollegen auf Fassung einer Entschließung betreffend „Gewalt gegen Frauen - Forderung einer einheitlichen Definition des Begriffs ‚Femizid‘ zur verbesserten kriminalstatistischen Erfassung und Prävention von geschlechtsmotivierten Frauenmorden“ vor. Ich lasse über diesen Entschließungs­antrag abstimmen.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Entschließungs­antrag zustimmen, um ein Handzeichen. (Oh-Rufe bei der SPÖ.) –Dies ist die


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Stimmenminderheit. Der Antrag auf Fassung der gegenständlichen Entschließung ist somit abgelehnt.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 14. Dezember 2022 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bauern-Sozial­versicherungsgesetz geändert wird.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 14. Dezember 2022 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

22.03.1215. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 14. Dezember 2022 betreffend ein Bundes­gesetz über eine Fachstelle zur Wahrnehmung der Interessen von Ver­braucherinnen und Verbrauchern sowie von Menschen mit Behinderungen in der Normung (Fachstelle-Normungsbeteiligung-Gesetz – FNBG) (1752 d.B. und 1870 d.B. sowie 11143/BR d.B.)


Vizepräsident Bernhard Hirczy: Wir gelangen nun zum 15. Punkt der Tages­ordnung.

Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger. – Ich bitte um den Bericht. (Vizepräsident Novak übernimmt den Vorsitz.)


22.03.30


BundesratStenographisches Protokoll948. Sitzung, 948. Sitzung des Bundesrats vom 20. Dezember 2022 / Seite 260

Berichterstatterin Claudia Hauschildt-Buschberger: Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über den Beschluss des Nationalrates vom 14. Dezember 2022 betreffend ein Bundes­gesetz über eine Fachstelle zur Wahrnehmung der Interessen von Ver­braucherinnen und Verbrauchern sowie von Menschen mit Behinderungen in der Normung (Fachstelle-Normungsbeteiligung-Gesetz – FNBG).

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher gleich zur Antragstellung.

Der Ausschuss für Arbeit, Soziales und Konsument:innenschutz stellt nach Beratung der Vorlage einstimmig den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben. 22.04.02


Vizepräsident Günther Novak: Es liegen dazu keine Wortmeldungen vor.

Wünscht jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung. – Bitte nehmen Sie Ihre Plätze ein.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

22.04.2616. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 15. Dezember 2022 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Filmstandortgesetz 2023 erlassen wird und das Filmförderungsgesetz und das KommAustria-Gesetz geändert werden (1790 d.B. und 1891 d.B. sowie 11166/BR d.B.)


Vizepräsident Günther Novak: Wir gelangen nun zum 16. Punkt der Tagesordnung.


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Berichterstatter ist Bundesrat Marco Schreuder. – Ich bitte um den Bericht.


22.04.49

Berichterstatter Marco Schreuder: Herr Präsident! Frohe Weihnachten, Herr Bundesminister! Frau Staatssekretärin! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Tourismus, Kunst und Kultur über den Beschluss des Nationalrates vom 15. Dezember 2022 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Filmstandort­ge­setz 2023 erlassen wird und das Filmförderungsgesetz und das KommAustria-Gesetz geändert werden.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher gleich zur Antragstellung.

Der Ausschuss für Tourismus, Kunst und Kultur stellt nach Beratung der Vorlage mehrstimmig den Antrag, gegen der vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.


Vizepräsident Günther Novak: Danke schön.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Günter Pröller. – Bitte, Herr Bundesrat.


22.05.32

Bundesrat Günter Pröller (FPÖ, Oberösterreich): Herr Vorsitzender! Frau Staatssekretärin! Werte Kollegen! Geschätzte Damen und Herren auf der Galerie und vor den Bildschirmen! Bei diesem Tagesordnungspunkt wird wie gesagt ein Filmstandortgesetz erlassen und das Filmförderungsgesetz geändert.

Ja, das Filmförderungsgesetz ist auch für uns Freiheitlichen im Grunde eine gute Gesetzesvorlage. Es ist gut, wenn es darum geht, österreichische Filmschaffende, Produzenten und Schauspieler zu unterstützen. Gut ist es auch, wenn es darum geht, den Standort Österreich auch als Drehort interessanter zu machen, und es ist auch gut im Sinne dessen, was ein Film über unsere Landschaft, über unsere Kultur und unsere Architektur vermitteln kann.


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Was jedoch negativ zu sehen ist, ist die Festlegung des Kreises der neuen Förderberechtigten. In der vorliegenden Fassung wird der Kreis der Förder­berechtigten auf österreichische Staatsbürger oder Filmschaffende mit ständigem Wohnsitz im Inland geändert. In den Erläuterungen sind einerseits Förderungswerber aus der EU, dem EWR und der Schweiz förderberechtigt, der ständige Wohnsitz in Österreich wird mit keinem Wort erwähnt. Es bleibt daher die Frage, ob das bewusst nicht erwähnt wurde oder schlicht und einfach vergessen wurde. (Bundesrat Schreuder: Bewusst!)

Die geplante Öffnung von Fördertöpfen für Drittstaatsangehörige lehnen wir ganz klar ab. Weiters liegen bis dato auch keine Förderrichtlinien vor. Es ist umso schwieriger, einem Fördergesetz zuzustimmen, wenn wir die Förderrichtlinien nicht kennen.

Weiters hat der Rechnungshof in der Begutachtung ganz klar darauf hinge­wiesen, dass es zu viele Anlaufstellen gibt, wo man diese Förderung erhält, nämlich österreichweit 19 an der Zahl. Der Rechnungshof empfiehlt eine Anlauf­stelle pro Gebietskörperschaft – alleine im Bund gibt es drei. Ich bin der Mei­nung, dass aus drei Förderstellen eine zu machen, sinnvoller wäre.

Zusammengefasst: Österreich ist ein Land großer Schauspieler, Oscar-Preisträger und hervorragender Filmkunst. Letzten Donnerstag, am 15. Dezember, stand bei der Verleihung des Landeskulturpreises Oberösterreich im Linzer Landhaus der Bereich Film im Mittelpunkt, die Welserin Sabine Derflinger, bekannt etwa durch die Serien „Tatort“ oder „Vorstadtweiber“, wurde mit dem Großen Kulturpreis des Landes Oberösterreich geehrt. – Ich darf ihr an dieser Stelle auch herzlich dazu gratulieren. (Beifall bei der FPÖ sowie der Bundesrät:innen Buchmann, Schreuder und Zwazl.)

Wie am Beginn der Rede erwähnt, begrüßen wir die Idee hinter dem Filmförderungsgesetz, jedoch können wir dieses Gesetz, solange es noch mit diesen Fehlern behaftet ist, nur ablehnen. (Beifall bei der FPÖ.)

22.08



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Vizepräsident Günther Novak: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Marco Schreuder. – Bitte.


22.08.35

Bundesrat Marco Schreuder (Grüne, Wien): Herr Präsident! Frau Staats­sekretärin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Brüder Lumière, so hießen die Erfinder des Films, haben 1896 auch das erste Mal in Österreich gedreht, und als sich dann im Wiener Prater die Österreicherinnen und Österreicher zum ersten Mal bewegte Bilder anschauen konnten, konnte man wahrscheinlich schon ahnen, dass das wirklich eine Revolution des Kunstschaffens, des kreativen Schaffens ist und da etwas geleistet wurde, was ziemlich viel verändern würde.

Was sie wohl kaum wissen konnten, ist, wie sich der Konsum des Films ändern wird und geändert hat. Angefangen hat es mit diesen Panoramen im Wiener Prater, als man durch einen Guckkasten geschaut hat, dann kamen die Kinos, dann kamen die Fernseher, dann kamen die Videotheken, dann kamen die DVDs, dann kam das Streaming und plötzlich sieht man Menschen in Straßenbahnen Filme schauen. Das hätten sich die Filmemacherinnen und Filmemacher in Österreichs bewegter Geschichte des bewegten Bildes vor einigen Jahren wahrscheinlich auch noch nicht vorstellen können.

Österreich hat ja eine sehr, sehr große, eine sehr bedeutende Filmgeschichte im Stummfilm. Die Höhepunkte des Filmschaffens in Österreich waren ja ganz eindeutig in den Dreißigerjahren, auch wenn die großen Regisseure der damali­gen Zeit dann fliehen mussten, weil es zum größten Teil Juden, österreichische Juden waren, die diese Filme drehten, und dann in Hollywood Erfolge hatten, weil ihnen das Österreich nicht mehr ermöglicht hat.

Es dauerte sehr lange – in Österreich hat man den Film noch sehr lange als eine kommerzielle Frage gesehen –, es dauerte bis 1980, als es das erste Mal ein Filmförderungsgesetz gab. Dieses bekommt eben heute eine sehr, sehr große und sehr bedeutende Novelle. Ich kann nur allen Beteiligten aus allen Ministerien und auch Ihnen, Frau Staatssekretärin, zu diesem wirklichen – ja, das


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kann man sagen – Gamechanger, zu dieser großen Neuerung des Filmförder­wesens in Österreich gratulieren, die tatsächlich bahnbrechend ist.

Österreich soll und kann auch als kleines Land gerade im internationalen Wett­bewerb – deswegen verstehe ich irgendwie die Ablehnung der Freiheitlichen Partei überhaupt nicht, ich kann auch die Aussage meines Vorredners nicht nachvollziehen; ich meine, wir werden zwar nicht Hollywood oder Indien wer­den, aber darum geht es jetzt auch nicht –schon eine bedeutende Rolle spielen und mit erhobenem Haupt seine Filmbranche präsentieren und fördern.

Die Wertschöpfung des Filmemachens in Österreich hat einen wirtschaftlichen Nutzen. Kulturell möchte ich das einmal überhaupt außer Frage stellen, was Kunst und Kultur betrifft, aber es hat ja auch einen wirtschaftlichen Nutzen, was wir hier tun. Wir haben es im Ausschuss gehört, Sie haben es auch gehört, Herr Kollege (in Richtung Bundesrat Pröller): 4 000 Frauen und 7 000 Männer sind im Filmbereich selbstständig tätig. Es gibt 100 Produktionsfirmen und zwölf Verleihfirmen, hinzu kommen Tausende von Arbeitsplätzen, denn dann gibt es ja noch eine ganze Reihe von Menschen, die beauftragt werden: die Visagist:innen, die Friseure, die Ausstatter, die Maler, und so weiter, und so weiter, und die Caterings, die man braucht. Wir haben es auch gehört, Sie haben es auch genau gehört: Jeden Euro – und deswegen ist das eine Investition –, den wir investieren, bekommen wir zweieinhalbfach durch die Wertschöpfung wieder zurück; das ist nämlich ein ganz wichtiger Punkt.

Jetzt kommt aber der wesentliche Punkt – und da verstehe ich die Freiheitliche Partei überhaupt nicht –: Es ist ganz wichtig, dass die großen internationalen Produktionen hierzulande auch drehen und filmen können. Herr Kollege, sind Sie nicht auch stolz, wenn ein HBO-Sender eine amerikanische Produktion in Wien dreht (Bundesrat Pröller: ... Förderrichtlinie!), wenn Kate Winslet hier in Wien dreht? Dahin gehend hat die Vienna Film Commission von der Stadt Wien hervorragende Arbeit geleistet, dass das hier gefilmt wird, eine riesige Wert­schöp­fungskette stattfindet und ganz, ganz viele Menschen eine Arbeit finden, weil wir sie fördern. Die kommen nur hierher, wenn man sie auch fördert. Und ja,


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die haben zwar keinen Wohnsitz in Österreich, aber patriotisch, wenn ich das einmal aus Ihrer Perspektive so sagen darf, ist das nicht, wenn Sie das hier ablehnen.

Diese neue Filmförderung basiert auf drei Säulen: das Österreichische Film­institut, also ÖFI plus ist das. Da gibt es Zuschüsse für österreichische, unabhängig produzierte Filme für das Kino. Die zweite Säule ist der Film­stand­ort Austria, also Fisa plus; da geht es um die Zuschüsse und Anreize für internationale Produktionen – die Sie ablehnen –, die aber vorwiegend in Öster­reich gedreht werden. Die werden dann vom AWS abgewickelt. Als dritte Säule gibt es dann Zuschüsse für TV- und Streamingproduktionen, weil natürlich jetzt sehr viele nicht mehr klassisch für das Kino produzieren, sondern eben zum Beispiel für Virtual Reality, zum Beispiel für Streamingangebote.

Ich möchte hier betonen, dass wir diese Förderungen wirklich nachhaltig für die Qualität des Filmstandortes Österreich nützen, mit ganz gezielten Maßnahmen, unter anderem auch in Bezug auf klimafreundliche Produktionen, die wir hier haben, und auch zur Stärkung von Frauen in der Branche. Das ist auch ein ganz wichtiger Punkt, den wir hier berücksichtigen. Man glaubt immer, die Film­branche ist so eine Branche, in der schon alles erreicht wurde. Wenn man dann genauer hinschaut, merkt man, auch in diesen Branchen muss man gezielte Förderungen haben – und wir werden darauf auch ein Augenmerk haben.

Die Filmbranche war sicher in der Pandemie eine sehr gebeutelte Branche. Zum Glück sind viele Produktionen nur verschoben worden und wir dürfen uns demnächst auf viele Starts freuen. Es gibt ja immer so diese Tendenz, dass Poli­tikerinnen und Politiker besonders bei Kulturpunkten irgendwelche Weih­nachtstipps geben, welche Bücher man kaufen soll oder welche Theatervor­stel­lungen man besuchen soll. Deswegen wäre mein Vorschlag für das nächste Jahr, für 2023: Beschenken Sie sich einmal selbst mit einem schönen Kinobe­such eines tollen Films, am besten einer österreichischen Produktion! Vielleicht gefällt Ihnen das neue Streamingangebot der Kinos in Österreich, die zu einer Flatrate Kino anbieten. Dann kann man um rund 22 Euro, glaube ich, im Monat


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in so viele Kinos so oft gehen, so oft man will. Das ist ein Geschenk, das kann man sich selber schenken. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)

22.16


Vizepräsident Günther Novak: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. Christian Buchmann. – Bitte.


22.16.11

Bundesrat Mag. Christian Buchmann (ÖVP, Steiermark): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Staatssekretärin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ja, Österreich ist in der Tat das Land der schönen Künste. Wir sind ein Standort für innovative Kreative, der viel davon profitiert, dass wir eine Vielfalt unserer Landschaft haben und dass wir die Gastlichkeit unserer Mitbürgerinnen und Mitbürger haben, wenn es darum geht, auch als Kulisse für Filmproduktionen in Österreich zu dienen.

Es wurde vom Vorredner sehr gut erläutert, was das Wesen dieser beiden Gesetzesnovellen und des neuen Filmstandortgesetzes 2023 ist. Ich brauche daher auf diese Details nicht einzugehen. Ich möchte nur verstärkend hinzufügen, dass natürlich mit diesen Novellen und mit diesem Gesetz Effekte verbunden sind: auf der einen Seite Wertschöpfungseffekte – es wurde auf den Multiplikator hingewiesen –, es sind damit aber auch Beschäftigungseffekte verbunden, sehr angestrebt auch Beschäftigungseffekte für die Frauen in diesem Filmbusiness.

Es sind damit auch touristische Effekte verbunden. Als einer, der über Jahre auch für die Tourismusentwicklung in einem Bundesland zuständig war, weiß ich, wie sehr diese Filmstandorte auch ganz gezielt angefahren werden, nicht nur von Busreiseunternehmen, sondern von vielen Menschen, die einmal an so einem Drehort dabei sein wollen oder sich dann, wenn die Filme gesendet wurden, diese Locations ansehen und damit nachhaltig auch für touristische Effekte in den Regionen sorgen.


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Diese Gesetze haben Auswirkungen auf vielerlei Menschen im Filmgeschäft – einige wurden schon angesprochen –, ich ergänze um die Produzenten, um die Schauspieler:innen, um die Kameraleute, um die Beleuchter und Beleuchte­rinnen, auch um die Regisseure, um alle, die im Bereich des Tons, der Musik oder auch der Animation tätig sind. Damit haben diese Gesetze tiefe Auswirkungen auf den Film- und Kreativstandort Österreich.

So sehr diese Gesetze aus meiner Sicht zu begrüßen sind, ist auch darauf hinzuweisen, dass diese Wirkungen aus diesem Filmförderungsgesetz auch noch durch Aktivitäten in den österreichischen Bundesländern unterstützt werden. Ich komme aus der Steiermark. Wir haben vor Jahren die Cinestyria Filmcommission and Fonds eingeführt und für die Kunstfilmproduktion die Cine Art, um damit einen besonderen Qualitätskunstfilmprozess einzuleiten.

Das hat tiefe Auswirkungen. Auf der einen Seite – und deswegen finde ich die Diskussion ein bisschen eigenartig, was internationale Produktionsförderungen betrifft – sind wir dann immer sehr stolz, wenn ein Blockbuster in Österreich produziert wird. Ich erinnere mich noch gut an die Diskussionen, die wir rund um eine James-Bond-Produktion im Ausseerland, den Film „Spectre“, hatten. Viele waren stolz darauf, dass so eine Produktion auch in Österreich stattfinden kann.

Diese Förderungen haben aber auch zur Folge, beispielsweise was die Cinestyria betrifft, dass damit auch Produktionen für den ORF und auch für das deutsche Fernsehen – ich erinnere an die Steirerkrimis, auf die wir sehr stolz sind, ich denke da an „Land der Berge“ mit sehr schönen Produktionen – gemacht werden können – denken Sie beispielsweise auch an die Erfolgsserie „SOKO Donau“ vulgo „SOKO Wien“, die ebenfalls einem Millionenpublikum Österreich und die Bundesländer näherbringt.


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Der internationale Standortwettbewerb ist in diesem Business ein ganz besonders wichtiger, weil es natürlich um die Multiplikation geht. Multiplikation bedeutet immer auch eine ganz besondere Wertschöpfung.

Ich möchte als einer, der auch auf Stadtebene einmal für diese Filmproduk­tionen Mitverantwortung getragen hat, darauf hinweisen, dass es aber nicht immer nur um die monetäre Förderung geht. Diese ist wichtig, um Projekte möglich zu machen, es geht aber auch darum, dass den Filmschaffenden signa­lisiert wird, dass sie mit ihrer Arbeit wertgeschätzt werden. Es geht dabei darum, dass den Filmschaffenden die Locations, die Qualität der Standorte – natürlich insbesondere in Ballungsräumen; Wien ist da aus meiner Sicht vorbildlich, auch meine Heimatstadt Graz macht einiges in diesem Bereich – nahegebracht werden und dass sie mit ihren Produktionen auch entsprechend angeleitet und willkommen geheißen werden, weil das auch wesentlich dazu beiträgt, dass Standortentscheidungen für österreichische Städte, für öster­reichische Gemeinden, für österreichische Locations fallen können.

Dieser Passus wurde im österreichischen Regierungsprogramm auch entsprechend verhandelt. Es wurde versprochen und ist mit diesen zwei Gesetzesnovellen und dem Filmstandortgesetz 2023 jetzt auch erfüllt, versprochen und gehalten. Das ist, glaube ich, ein guter Beitrag für eine aktive Standortpolitik. – Danke vielmals. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

22.22


Vizepräsident Günther Novak: Als Nächste zu Wort gemeldet hat sich Frau Staatssekretärin Mag. Andrea Mayer. – Bitte, Frau Staatssekretärin.


22.22.11

Staatssekretärin im Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport Mag. Andrea Mayer: Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Mitglieder des Bundesrates! Ich bin davon überzeugt, dass es eine Stärkung für Österreich als Filmstandort braucht und dass der heute zu beschließende Anreiz für Filmproduktionen das geeignete Instrument dafür ist.


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Der österreichische Film hat großes Potenzial, vor allen Dingen im kreativen Bereich – das ist evident. Unsere Kinofilme sind am internationalen Parkett so präsent wie aus kaum einem anderen Land und gewinnen renommierte Preise, wie kürzlich eben der Film „Corsage“ von Marie Kreutzer beim Europäischen Filmpreis in Reykjavík.

Diese Erfolge verzeichnen erfreulicherweise immer mehr auch junge, weibliche Talente. Das ist auch eine Leistung der österreichischen Filmförderung, die sehr umsichtig agiert und neue Talente erkennt. Wir haben daher das Budget des Österreichischen Filminstituts und auch die innovative Filmförderung in den letzten Jahren mehrfach erhöht.

Das heute zu beschließende Filmanreizmodell wird seit über zehn Jahren von den österreichischen Filmschaffenden gefordert; dies vor allem auch, weil ein Wettbewerbsnachteil gegenüber den Nachbarländern herrscht. Wir setzen nun diesen Schritt, und zwar als Gemeinschaftsleistung der Bundesregierung – nochmals vielen Dank an alle beteiligten Minister, Ministerinnen, Ministerien.

Wie funktioniert das neue Anreizmodell? – Filmproduktionen, egal ob Streaming, Fernsehen oder Kino, bekommen in Zukunft einen Zuschuss von 30 Prozent der Österreichausgaben zurückerstattet, plus weitere 5 Prozent, wenn die Filme ökologisch nachhaltig produziert werden. Dieser Green Bonus ist aktuell welt­weit einzigartig und wird dafür sorgen, dass der Großteil der in Österreich gedrehten Filme klimafreundlich umgesetzt wird.

Wir haben darauf geachtet, dass nicht nur internationale Streamingproduktionen in den Genuss des neuen Modells kommen, sondern dass der heimische Film gleichberechtigt berücksichtigt wird. Diese 30 Prozent beziehungsweise 35 Prozent gelten auch für alle österreichischen Kino- und Fernsehfilme und tragen damit zu einer Fortführung des Erfolgsmodells österreichischer Film bei.


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Das Ergebnis wird sich kulturell, aber auch wirtschaftlich niederschlagen. Mit dem Anreiz steigern wir die Wettbewerbsfähigkeit des Filmstandorts Österreich und bieten den ansässigen Filmunternehmen zusätzliche Erwerbsmöglichkeiten. Wir schaffen und erhalten qualifizierte Arbeitsplätze und verbessern die soziale Lage der Filmschaffenden.

Alles in allem handelt es sich bei dem zu beschließenden Gesetzespaket um die größte Reform in der österreichischen Filmförderung seit der Einführung derselben im Jahr 1981. Für die Zuschüsse für internationale und nationale Produktionen werden im Jahr 2023 insgesamt 37 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Wir betrachten dies als Investition, da sich der Förderauf­wand aufgrund der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung jedenfalls rechnen wird.

Sehr geehrte Damen und Herren, ich danke Ihnen für die Zustimmung zu diesem Gesetzespaket und darf Ihnen von meiner Seite aus frohe Weihnachten und erholsame Feiertage wünschen – alle guten Wünsche fürs neue Jahr, verbunden mit dem großen Dank für die gute Zusammenarbeit. – Vielen Dank. (Allgemeiner Beifall.)

22.26


Vizepräsident Günther Novak: Danke, Frau Staatssekretärin.

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Eva Prischl. – Bitte, Frau Bundesrätin.


22.26.37

Bundesrätin Eva Prischl (SPÖ, Niederösterreich): Hohes Präsidium! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Zu fortgeschrittener Stunde habe ich meine Rede jetzt ein bisschen gekürzt, weil Herr Kollege Schreuder schon sehr viel ausgeführt, eigentlich auch die Zahlen genannt hat. (Beifall der Bundesrät:innen Krumböck und Platzer.Danke schön für den Sonderapplaus.

Um aber ganz kurz in die Materie einzugehen: Ich war am 13.12.2022 im Hollywood Megaplex Kino Sankt Pölten – um hier auch ein bisschen Werbung


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zu machen – und habe mir einen Film der Sankt Pöltener Filmemacherin Anita Lackenberger angesehen, die in der Branche nicht unbekannt ist.

Sie hat mir erzählt, dass es für Filmemacher:innen eher schwierig ist, zu Geld zu kommen, wenn man eine Dokumentation oder überhaupt einen Film plant – ein mühsamer Weg, man muss bei vielen Türen anklopfen, beim ORF nachfragen, wie es mit Förderungen ausschaut. Das hat sie auch bei diesem Film getan und sie hat mir erzählt, dass man dann ungefähr 30 Prozent des Budgets – was Sie auch ausgeführt haben –an Förderung bekommt; bei kleineren Produktionen, wie der eben genannten – dieser Film, den auch ich in Sankt Pölten angesehen habe; es war „Magische Weihnachten“ –, entsprechend weniger.

Sie haben auch ausgeführt, dass das Filmförderungsbudget seit mindestens zehn Jahren nicht evaluiert wurde, und ich möchte vor allem darauf hinweisen, dass auch die Coronazeit für die Filmbranche eine sehr, sehr schwierige Zeit war.

Die österreichische Filmwirtschaft besteht aus Tausenden Unternehmungen, Filmschaffenden und vielen Menschen, die in diesem Bereich arbeiten. Kollege Schreuder hat es schon ausgeführt und wir haben es auch in der Ausschuss­sitzung gehört: 11 000 Betriebe, 100 Produktionsfirmen, zwölf Verleihfirmen und in etwa 64 000 Frauen und Männer sind da beschäftigt – 30 000 Frauen und 34 000 Männer genau, hat es geheißen.

Wir von der sozialdemokratischen Fraktion sind natürlich mit diesen Förde­rungen einverstanden. Wir freuen uns sehr, dass es Förderungen gibt. Das neue Förderungsprogramm soll jetzt diese Förderlücken schließen.

Es geht nicht nur um den Kinofilm, sondern es geht auch um TV-Filme, um Streamingangebote und auch um aktuelle Entwicklungen auf dem audiovisuellen Sektor.

Das Filmförderungsgesetz und das KommAustria-Gesetz wurden ebenso novelliert. Diese neuen Rahmenbedingungen sollen die Zukunft des österreichi­schen Films sichern, sie sollen Hoffnung auf eine nachhaltige Stärkung der


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Filmwirtschaft und auch auf die Durchführung von internationalen Produktionen hier am Standort in Österreich geben.

Diese Filmförderung soll in einem One-Stop-Shop zusammengeführt werden, was natürlich eine rasche Förderungsabwicklung ermöglicht.

Ein zukunftsweisender Schritt für die gesamte Filmbranche – und das betrachte ich sehr, sehr positiv – ist die Errichtung einer Filmproduktionshalle oder von Filmproduktionshallen in Wien Simmering am Hafengelände. Die Stadt Wien wird damit nicht nur als Drehort gestärkt, sondern auch als Tourismus­destina­tion, und das bringt Wertschöpfung und Arbeitsplätze. Ich muss sagen, das ist ein herrlicher und sehr positiver Beitrag, den wir heute hier besprechen, und ich finde das ganz, ganz toll. (Beifall bei der SPÖ sowie der Bundesrät:innen Eder-Gitschthaler und Tiefnig.)

Abschließend möchte ich allerdings schon – das wurde auch im Nationalrat schon gesagt – ein paar Ergänzungsvorschläge einbringen, die uns noch ein bisschen fehlen: Zum Beispiel war die Ausweitung der Filmförderung auch auf den europäischen Film eines der Themen, weiters der Start der Nachwuchs­offensive, eine angemessene, faire Bezahlung von Arbeitskräften und konkrete Ökologisierungsmaßnahmen. Aber wir stimmen natürlich diesen vorliegenden Gesetzesnovellen zu. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!

Ich darf mich anschließen: Vielleicht schauen Sie sich in den Weihnachtsferien einen Film an, und ich wünsche Ihnen allen schöne Weihnachten! – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Bundesrät:innen von ÖVP und Grünen.)

22.30


Vizepräsident Günther Novak: Als Letzter zu Wort gemeldet ist MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky. – Bitte, Herr Bundesrat.


22.30.54

Bundesrat MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky (NEOS, Wien): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich freue


BundesratStenographisches Protokoll948. Sitzung, 948. Sitzung des Bundesrats vom 20. Dezember 2022 / Seite 273

mich, dass ich zu diesem Tagesordnungspunkt als jemand reden kann, der mit dem Film oder mit der Filmwirtschaft besonders verbunden ist. Ich bin nicht nur förderndes Mitglied des Österreichischen Filmmuseums, ich habe auch als Statist, vor allem in meiner Studienzeit, an einer Hollywoodproduktion, an einem Haneke-Film mitgewirkt. (Beifall bei Bundesrät:innen von ÖVP, SPÖ und Grünen. – Bundesrat Schennach: Na gut, bei der Schwester!) Ich habe auch, als meine Schwester an der Filmakademie studiert hat, als Continuity bei einem Akademie­film mitgeholfen, bei dem Jessica Hausner Regie geführt hat, und vier Mitglieder meiner engeren Familie sind in der Filmwirtschaft beschäftigt. Meine Schwester ist Filmemacherin und Cutterin, mein Neffe macht Kamera. Also insofern interessiere ich mich sehr für das Thema.

Die Qualität des österreichischen Films ist unbestritten. Was die Filmwirtschaft betrifft, haben wir unser Potenzial in den letzten Jahren, Jahrzehnten aber leider nicht ausgeschöpft. Wir haben schon gehört, wir befinden uns in einem Wett­bewerbsmarkt, und die Filmproduktion in Nachbarländern, in anderen Ländern war bisher attraktiver. Deswegen ist es gut, dass es ein neues Filmförderungs­gesetz gibt, das den Standort stärkt. Wir stimmen da auch mit.

Es gibt einen Kritikpunkt, den wir haben, nämlich die konkrete Ausgestaltung des Förderungsmodells. Im europäischen Vergleich sind nämlich fast alle Förde­rungs­modelle Kombinationsmodelle zwischen Steuergutschriften und Förderun­gen. Hier in Österreich wird wieder der Weg gewählt, der fast immer gewählt wird, nämlich eine hundertprozentige Förderung zu vergeben.

Diejenigen von uns, die Anfang Juni in Luxemburg bei der Delegationsreise des EU-Ausschusses mit waren, wissen es: Bei unserem Gespräch bei der EIB, beim EIF, als es darum gegangen ist, welche Fördermöglichkeiten Österreich ausübt, kam der Vorschlag, dass wir nicht immer hundertprozentige Förde­rungen vergeben sollen, sondern auch Investitionsmodelle, Kombinations­mo­delle vor­sehen sollen, also Beteiligungsmodelle, die da effizienter sein können.


BundesratStenographisches Protokoll948. Sitzung, 948. Sitzung des Bundesrats vom 20. Dezember 2022 / Seite 274

Expertinnen und Experten empfehlen, ein Mischsystem anzudenken, weil die Steuergutschriften und Steueranreizsysteme zum Beispiel auch Geld von Investorinnen und Investoren nach Österreich bringen würden, die damit lang­fristige Investitionen in den Standort sichern würden. Das hätte auch den weiteren Vorteil, dass der Staat selbst weniger Fördergelder in die Hand nehmen muss, um den gleichen Effekt zu erreichen.

Bei der großen Hollywoodproduktion „The Gray Man“, einem Netflix-Action-Blockbuster, der teuersten Netflix-Produktion bisher mit 200 Millionen Dollar Budget – vielleicht hat den Film jemand von Ihnen gesehen –, spielt ein guter Teil davon in Wien, im Hundertwasserhaus und in den Straßen rundherum. Die Geschichte ist aber die, dass er nicht im Hundertwasserhaus gedreht wurde, sondern die Kulisse Hundertwasserhaus wurde in einem Studio nachgebaut. So etwas sollte vielleicht in Zukunft nicht passieren. (Bundesrat Schennach: Du solltest aber vielleicht auch eine Werbedurchsage für den fantastischen letzten Film deiner Schwester machen: „Robolove“! – Bundesrätin Zwazl: Ja, bitte!)

Also einer der letzten Filme – Kollege Schennach hat es angesprochen – meiner Schwester, sie macht Dokumentationen, heißt „Robolove“; für alle, die sich den Film anschauen möchten. (Beifall bei Bundesrät:innen von ÖVP, SPÖ und Grünen.)

Es gibt aber – wir haben es auch schon gehört – nicht nur diese eine gute Nachricht für den österreichischen Film, auch die Stadt Wien, die Fortschritts­koalition von SPÖ und NEOS, die es dort gibt, hat heuer zwei positive Maßnahmen für den Film gesetzt, eine letzte Woche: die Errichtung von zwei Produktionshallen in Simmering in der 7. Haidequerstraße, deswegen heißt das dort auch HQ7, mit rund 3 000 Quadratmetern Nutzfläche. 9 Millio­nen Euro werden da in die Filminfrastruktur investiert. Und Anfang des Jahres – es wurde schon verkündet – wurden 2 Millionen Euro für das Vienna Film Incentive bereitgestellt, um den Film in Wien zu fördern. (Beifall bei Bundesrät:innen der SPÖ.)


BundesratStenographisches Protokoll948. Sitzung, 948. Sitzung des Bundesrats vom 20. Dezember 2022 / Seite 275

Wir NEOS freuen uns, dass wir ein ordentliches Fördersystem bekommen, und trotzdem fehlt es, wie man im europäischen Vergleich sehen kann, zumindest zu einem Teil an einem Gegenfinanzierungsmodell. Deswegen hätten wir uns gewünscht, dass eine größere Debatte darüber geführt worden wäre, welche Modelle in Europa bestehen, welche gut funktionieren, dass man sich Best Practices abschaut, um ein Fördersystem zu bauen, das nicht nur zu 100 Prozent ein Fördergeldausschüttungssystem ist. Trotzdem ist das vorliegende Gesetz natürlich dutzendmal besser als das, was es bisher gab, und deswegen stimmen wir auch zu. – Vielen Dank. (Beifall bei Bundesrät:innen von ÖVP, SPÖ und Grünen.)

22.36 22.36.20


Vizepräsident Günther Novak: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung. – Bitte nehmen Sie Ihre Plätze ein.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

Die Tagesordnung ist erschöpft.

22.37.03 Einlauf


Vizepräsident Günther Novak: Ich gebe noch bekannt, dass seit der letzten beziehungsweise in der heutigen Sitzung insgesamt sechs Anfragen, 4063/J-BR/2022 bis 4068/J-BR/2022, eingebracht wurden.


BundesratStenographisches Protokoll948. Sitzung, 948. Sitzung des Bundesrats vom 20. Dezember 2022 / Seite 276

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Die Einberufung der nächsten Sitzung des Bundesrates ist bereits auf schriftlichem Wege erfolgt. Als Sitzungstermin ist morgen, Mittwoch, der 21. Dezember 2022, 9 Uhr, in Aussicht genommen.

Auch wir wünschen Ihnen, Frau Staatssekretärin, schöne Weihnachten und einen guten Rutsch ins neue Jahr.

Die Sitzung ist geschlossen.

22.37.44Schluss der Sitzung: 22.37 Uhr

 

 

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