
Plenarsitzung
des Bundesrates
965. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich
Freitag, 5. April 2024
Bundesratssaal
Stenographisches Protokoll
965. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich
Freitag, 5. April 2024
Dauer der Sitzung
Freitag, 5. April 2024: 2023: 9.00 – 23.36 Uhr
*****
Tagesordnung
1. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Gerichtsgebührengesetz geändert wird
2. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Lebenshaltungs- und Wohnkosten-Ausgleichs-Gesetz geändert wird
3. Punkt: Bundesgesetz,
mit dem das Bundesgesetz über die Förderung von Maßnahmen in
den Bereichen der Wasserwirtschaft, der Umwelt, der Altlastensanierung, des
Flächenrecyclings, der Biodiversität und der Kreislaufwirtschaft
und zum Schutz der Umwelt im Ausland sowie über
das österreichische JI/CDM-Programm für den Klimaschutz
(Umweltförderungsgesetz – UFG) geändert wird
4. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Finanzausgleichsgesetz 2024 geändert wird
5. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988 geändert wird
6. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Anerkennung des Österreichischen Roten Kreuzes und den Schutz des Zeichens des Roten Kreuzes (Rotkreuzgesetz – RKG) geändert wird
7. Punkt: Bericht betreffend EU-Jahresvorschau 2024
8. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz
über einen Energiekostenzuschuss für Unternehmen (Unternehmens-Energiekostenzuschussgesetz –
UEZG) geändert wird
9. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz geändert wird
10. Punkt: Abkommen zwischen der Regierung der
Republik Österreich
und der Regierung der Bundesrepublik Deutschland über die Zusammenarbeit
gegen nichtmilitärische Bedrohungen aus der Luft
11. Punkt: Bericht betreffend Jahresvorschau
2024 auf der Grundlage
des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Europäischen Kommission und des
Programmes des Rates
12. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das
Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz
geändert wird
13. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Energieeffizienzgesetz geändert wird
14. Punkt: Protokoll zu dem Übereinkommen von 1979 über weiträumige grenzüberschreitende Luftverunreinigung betreffend die Verringerung von Versauerung, Eutrophierung und bodennahem Ozon
15. Punkt: Entscheidung 2012/2 zur Änderung des Wortlauts und der Anhänge II bis IX des Protokolls von 1999 betreffend die Verringerung von Versauerung, Eutrophierung und bodennahem Ozon und Aufnahme der neuen Anhänge X und XI
16. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Altlastensanierungsgesetz, das Umweltförderungsgesetz und das Umweltkontrollgesetz geändert werden (ALSAG-Novelle 2024)
17. Punkt: Bericht betreffend EU-Jahresvorschau 2024 auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Kommission sowie des operativen Jahresprogrammes des Rates
18. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Luftfahrtgesetz geändert wird
19. Punkt: Änderungen
des Übereinkommens über den internationalen Eisenbahnverkehr
(COTIF) und der Anhänge E (CUI) und G (ATMF) sowie
die Einfügung des neuen Anhangs H (EST) zum Übereinkommen
20. Punkt: Bundesgesetz über die betriebliche Berufsausbildung in der Land- und Forstwirtschaft (Land- und forstwirtschaftliches Berufsausbildungsgesetz 2024 – LFBAG 2024)
21. Punkt: Protokoll
zur Änderung des Gründungsübereinkommens der Internationalen
Organisation für Rebe und Wein vom 3. April 2001 in Bezug auf
den Sitz der OIV
22. Punkt: Bericht
betreffend EU-Jahresvorschau 2024 gemäß Artikel 23f Absatz 2
B-VG iVm § 7 EU-InfoG, auf der Grundlage des Arbeitsprogramms
der Europäischen Kommission für 2024 und zum 18-Monatsprogramm des Rates
für 2023/2024
23. Punkt: Bundesgesetz über das Institute of Digital Sciences Austria (Interdisciplinary Transformation University)
24. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Denkmalschutzgesetz geändert wird
25. Punkt: Bericht betreffend EU-Jahresvorschau 2024
26. Punkt: Bundesgesetz, mit dem zur Lösung
haftungsrechtlicher Fragen
bei Bäumen das allgemeine bürgerliche Gesetzbuch geändert wird
(Haftungsrechts-Änderungsgesetz 2024 –
HaftRÄG 2024)
27. Punkt: Bundesgesetz, mit dem die Strafprozeßordnung 1975, das Jugendgerichtsgesetz 1988, das Finanzstrafgesetz und das Verwaltungsstrafgesetz 1991 geändert werden
28. Punkt: Bericht betreffend Jahresvorschau des BMJ auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Europäischen Kommission für 2024 sowie des Achtzehnmonatsprogramms des spanischen, belgischen und ungarischen Ratsvorsitzes
*****
Inhalt
Bundesrat
Trauerkundgebung anlässlich des Ablebens des ehemaligen Bundesratspräsidenten Ing. Gerd Klamt ............................................................................................................................. 23
Schreiben des Generalsekretärs für
auswärtige Angelegenheiten im Bundesministerium für europäische
und internationale Angelegenheiten gemäß Art. 50 Abs. 5
B-VG betreffend Erteilung der Vollmacht zur Aufnahme von Verhandlungen
über ein Abkommen über soziale Sicherheit zwischen der Republik
Österreich und der Republik Kosovo durch
den Bundespräsidenten .............................................................................................. 84
Verlangen auf Durchführung einer
namentlichen
Abstimmung .......................................................................... 316,
319, 322, 406, 461
Unterbrechung der Sitzung .................................................. 317, 320, 323, 407, 461
Personalien
Verhinderung ............................................................................................................... 23
Fragestunde (176.)
Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz ........................................ 24
Claudia Hauschildt-Buschberger (1962/M-BR/2024); Günther Ruprecht, Dominik Reisinger, Mag. Isabella Theuermann, MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky
Heike Eder, BSc MBA (1958/M-BR/2024), Doris Hahn, MEd MA, Christoph Steiner, Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross
Korinna Schumann (1955/M-BR/2024); Elisabeth Wolff, BA, Christoph Steiner, Simone Jagl
Andrea Michaela Schartel (1953/M-BR/2024); Sandra Lassnig, Michael Wanner, Marco Schreuder
Ferdinand Tiefnig (1959/M-BR/2024); Mag. Bettina Lancaster, Günter Pröller, Claudia Hauschildt-Buschberger
Elisabeth Grimling (1956/M-BR/2024); Barbara Prügl, Klemens Kofler, MMag. Elisabeth Kittl, BA
Christoph Steiner (1954/M-BR/2024); Sandra Böhmwalder, Mag.a Claudia Arpa, Marco Schreuder
Bernadette Geieregger, BA (1960/M-BR/2024); Horst Schachner, Markus Leinfellner, Simone Jagl
Günter Kovacs (1957/M-BR/2024); Klara Neurauter, Andreas Arthur Spanring, MMag. Elisabeth Kittl, BA
Johanna Miesenberger (1961/M-BR/2024); Stefan Schennach, Markus Steinmaurer, Dipl.-Ing. Dr. Maria Huber
Bundesregierung
Schreiben des
Bundeskanzlers Karl Nehammer, MSc betreffend Amtsenthebung des
Herrn Staatssekretärs Florian Tursky, MSc, MBA durch
den Bundespräsidenten .............................................................................................. 80
Schreiben des Bundeskanzleramtes betreffend Aufenthalt von Mitgliedern der Bundesregierung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union .............................. 81, 82
Vertretungsschreiben ................................................................................................. 83
Nationalrat
Beschlüsse und Gesetzesbeschlüsse ........................................................................ 88
Ausschüsse
Zuweisungen ................................................................................................................ 76
Dringliche Anfrage
der Bundesrät:innen Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend „Pensionen in Gefahr? Entkräften Sie diesen Mythos, Herr Minister!“ (4173/J-BR/2024) .................... 256
Begründung: Korinna Schumann ............................................................................. 257
Bundesminister Johannes Rauch ............................................................................... 267
Debatte:
Dr. Manfred Mertel .................................................................................................... 277
Dr. Andrea Eder-Gitschthaler .................................................................................... 281
Andrea Michaela Schartel .......................................................................................... 288
Marco Schreuder ........................................................................................................ 291
MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky .......................................................................... 299
Horst Schachner ......................................................................................................... 302
Mag. Franz Ebner ....................................................................................................... 306
Günter Kovacs ............................................................................................................ 310
Korinna Schumann ..................................................................................................... 313
Entschließungsantrag der Bundesrät:innen Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Abschaffung der ungerechten Aliquotierung der ersten Pensionsanpassung“ – Ablehnung (namentliche Abstimmung) ........................................................ 280, 316
Verzeichnis des Ergebnisses der namentlichen Abstimmung ............................. 318
Entschließungsantrag der Bundesrät:innen Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Einführung einer Schutzklausel bei der Aufwertung der Pensionskontogutschriften“ – Ablehnung (namentliche Abstimmung) ... 305, 319
Verzeichnis des Ergebnisses der namentlichen Abstimmung ............................. 321
Entschließungsantrag
der Bundesrät:innen Korinna Schumann, Kolleginnen und
Kollegen betreffend „Sicherung des Pensionssystems“ –
Ablehnung (namentliche Abstimmung) ........................................................ 315,
322
Verzeichnis des Ergebnisses der namentlichen Abstimmung ............................. 323
Verhandlungen
Gemeinsame Beratung über
1. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 20. März 2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gerichtsgebührengesetz geändert wird (3948/A und 2497 d.B. sowie 11446/BR d.B.) ........................................................................................................................................ 88
Berichterstatterin: Dipl.-Ing. Dr. Maria Huber .......................................................... 89
2. Punkt: Beschluss
des Nationalrates vom 20. März 2024 betreffend
ein Bundesgesetz, mit dem das
Lebenshaltungs- und Wohnkosten-Ausgleichs-Gesetz geändert wird
(3946/A und 2498 d.B.
sowie 11447/BR d.B.) ................................................................................................. 88
Berichterstatterin: Dipl.-Ing. Dr. Maria Huber .......................................................... 89
3. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 20. März 2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Förderung von Maßnahmen in den Bereichen der Wasserwirtschaft, der Umwelt, der Altlastensanierung, des Flächenrecyclings, der Biodiversität und der Kreislaufwirtschaft und zum Schutz der Umwelt im Ausland sowie über das österreichische JI/CDM-Programm für den Klimaschutz (Umweltförderungsgesetz – UFG) geändert wird (3950/A und 2499 d.B. sowie 11442/BR d.B. und 11448/BR d.B.) 89
Berichterstatterin: Dipl.-Ing. Dr. Maria Huber .......................................................... 89
Redner:innen:
Mag. Sascha Obrecht ................................................................................................... 90
Christoph Stillebacher .................................................................................................. 94
Michael Bernard ........................................................................................................... 98
Marco Schreuder ........................................................................................................ 105
Bundesminister Johannes Rauch ............................................................................... 109
Markus Leinfellner ...................................................................................................... 113
Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 1, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................... 115
Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 2, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................... 116
Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 3, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................... 116
Gemeinsame Beratung über
4. Punkt: Beschluss
des Nationalrates vom 20. März 2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das
Finanzausgleichsgesetz 2024 geändert
wird (3945/A und 2494 d.B. sowie 11441/BR d.B. und
11449/BR d.B.) ......... 116
Berichterstatter: Ernest Schwindsackl ..................................................................... 117
5. Punkt: Beschluss
des Nationalrates vom 20. März 2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem
das Einkommensteuergesetz 1988 geändert
wird (3949/A und 2496 d.B. sowie 11450/BR d.B.) ............................................ 116
Berichterstatter: Ernest Schwindsackl ..................................................................... 117
Redner:innen:
MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky .......................................................................... 118
Bernadette Geieregger, BA ........................................................................................ 121
Günter Kovacs ............................................................................................................ 126
Markus Steinmaurer ................................................................................................... 130
MMag. Elisabeth Kittl, BA ......................................................................................... 136
Barbara Prügl .............................................................................................................. 139
Mag. Bettina Lancaster .............................................................................................. 141
Bundesminister Dr. Magnus Brunner, LL.M. ............................................................. 143
Entschließungsantrag
der Bundesrät:innen Günter Kovacs, Kolleginnen und
Kollegen betreffend „Das Wohnpaket der Regierung senkt keinen
einzigen Preis – Österreich braucht ein Sofortpaket für
leistbares Wohnen“ – Ablehnung 129,
149
Entschließungsantrag der Bundesrät:innen Markus Steinmaurer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Auch der Bund muss liefern – Schaffung leistbaren Wohnraums durch die ARE“ – Ablehnung ........................................................................................................ 135, 150
Entschließungsantrag der Bundesrät:innen Mag. Bettina Lancaster, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Gemeindepaket für 2024 und 2025“ – Ablehnung ............... 142, 150
Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 4, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .......................................................... 149
Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 5, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .......................................................... 150
6. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 20.
März 2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über
die Anerkennung
des Österreichischen Roten Kreuzes und den Schutz des Zeichens des Roten
Kreuzes (Rotkreuzgesetz – RKG) geändert wird (3953/A
und 2500 d.B. sowie 11451/BR d.B.) ..................................................................... 150
Berichterstatter: Ernest Schwindsackl ..................................................................... 151
Redner:innen:
Barbara Prügl .............................................................................................................. 151
Horst Schachner ......................................................................................................... 153
Bundesminister Dr. Magnus Brunner, LL.M. ............................................................. 154
Günter Pröller ............................................................................................................. 156
Claudia Hauschildt-Buschberger ............................................................................... 157
Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .......................................................... 158
7. Punkt: Bericht des Bundesministers für Finanzen betreffend EU-Jahresvorschau 2024 (III-843-BR/2024 d.B. sowie 11452/BR d.B.) ............................................................. 159
Berichterstatterin: Bernadette Geieregger, BA ....................................................... 159
Redner:innen:
Mag. Sascha Obrecht ................................................................................................. 159
Christoph Stillebacher ................................................................................................ 162
Andrea Michaela Schartel .......................................................................................... 165
Dipl.-Ing. Dr. Maria Huber ......................................................................................... 166
Bernadette Geieregger, BA ........................................................................................ 169
Bundesminister Dr. Magnus Brunner, LL.M. ............................................................. 169
Annahme des Antrages der Berichterstatterin, den Bericht III-843-BR/2024 d.B zur Kenntnis zu nehmen ....................................................................................................................... 177
Gemeinsame Beratung über
8. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 20. März 2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über einen Energiekostenzuschuss für Unternehmen (Unternehmens-Energiekostenzuschussgesetz – UEZG) geändert wird (3538/A und 2471 d.B. sowie 11464/BR d.B.) .......................................................................................................... 177
Berichterstatterin: Bernadette Geieregger, BA ....................................................... 178
9. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 20. März 2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz geändert wird (2472 d.B. sowie 11465/BR d.B.) .......................................................................................................... 178
Berichterstatterin: Bernadette Geieregger, BA ....................................................... 178
Redner:innen:
Christian Fischer ......................................................................................................... 179
Dipl.-Ing. Dr. Maria Huber ......................................................................................... 182
Michael Bernard ......................................................................................................... 184
Mag. Christian Buchmann ......................................................................................... 188
Klemens Kofler ............................................................................................................ 190
Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 8, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................... 191
Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 9, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................... 192
10. Punkt: Beschluss
des Nationalrates vom 21. März 2024 betreffend ein Abkommen zwischen der
Regierung der Republik Österreich und
der Regierung der Bundesrepublik Deutschland über die Zusammenarbeit gegen
nichtmilitärische Bedrohungen aus der Luft (2286 d.B.
und 2483 d.B. sowie 11472/BR d.B.) ..................................................................... 192
Berichterstatterin: Sandra Lassnig ........................................................................... 192
Redner:innen:
Matthias Zauner ......................................................................................................... 193
Daniel Schmid ............................................................................................................. 195
Markus Leinfellner ...................................................................................................... 195
MMag. Elisabeth Kittl, BA ......................................................................................... 196
MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky .......................................................................... 197
Bundesministerin Mag. Klaudia Tanner ................................................................... 199
Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .......................................................... 201
11. Punkt: Bericht der Bundesministerin für Landesverteidigung betreffend Jahresvorschau 2024 auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Europäischen Kommission und des Programmes des Rates (III-836-BR/2024 d.B. sowie 11473/BR d.B.) 201
Berichterstatterin: Sandra Lassnig ........................................................................... 202
Redner:innen:
Markus Leinfellner ...................................................................................................... 202
Bundesministerin Mag. Klaudia Tanner ......................................................... 205, 216
Philipp Kohl ................................................................................................................. 206
Michael Wanner ......................................................................................................... 209
MMag. Elisabeth Kittl, BA ......................................................................................... 212
Annahme des Antrages der Berichterstatterin, den Bericht III-836-BR/2024 d.B zur Kenntnis zu nehmen ....................................................................................................................... 218
Gemeinsame Beratung über
12. Punkt: Beschluss
des Nationalrates vom 21. März 2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz geändert
wird (3952/A und 2468 d.B. sowie 11443/BR d.B. und
11466/BR d.B.) ......... 219
Berichterstatterin: Dipl.-Ing. Dr. Maria Huber ........................................................ 219
13. Punkt: Beschluss
des Nationalrates vom 21. März 2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem
das Bundes-Energieeffizienzgesetz geändert
wird (3951/A und 2469 d.B. sowie 11467/BR d.B.) ............................................ 219
Berichterstatterin: Dipl.-Ing. Dr. Maria Huber ........................................................ 219
Redner:innen:
Mag. Sandra Gerdenitsch .......................................................................................... 220
Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross ............................................................................................... 221
Bundesministerin Leonore Gewessler, BA ................................................................ 226
Markus Steinmaurer ................................................................................................... 229
Ing. Isabella Kaltenegger ............................................................................................ 230
Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 12, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................... 232
Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 13, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................... 232
Gemeinsame Beratung über
14. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 21.
März 2024 betreffend ein Protokoll zu dem Übereinkommen von 1979
über weiträumige grenzüberschreitende Luftverunreinigung
betreffend die Verringerung
von Versauerung, Eutrophierung und bodennahem Ozon (2464 d.B. und 2477 d.B. sowie 11457/BR d.B.) .......................................................................................................... 232
Berichterstatter: Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross ................................................................. 233
15. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 21.
März 2024 betreffend eine Entscheidung
2012/2 zur Änderung des Wortlauts und der Anhänge II
bis IX des Protokolls von 1999 betreffend die Verringerung von Versauerung,
Eutrophierung und bodennahem Ozon und Aufnahme der
neuen Anhänge X und XI (2465 d.B. und 2478 d.B. sowie
11458/BR d.B.) 233
Berichterstatter: Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross ................................................................. 233
Annahme des
Antrages des Berichterstatters zu Punkt 14, 1. gegen
den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben,
2. dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß
Art. 50 Abs. 2 Z 2 B-VG die verfassungsmäßige
Zustimmung zu erteilen und 3. gegen
den vorliegenden Beschluss des Nationalrates, gemäß Art. 50 Abs. 2
Z 4 B-VG den gegenständlichen Staatsvertrag durch Erlassung von
Gesetzen
zu erfüllen, keinen Einspruch zu erheben .............................................................. 234
Annahme des
Antrages des Berichterstatters zu Punkt 15, 1. gegen den vorliegenden
Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu
erheben, 2. dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß
Art. 50 Abs. 2 Z 2 B-VG die verfassungsmäßige
Zustimmung zu erteilen
und 3. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates,
gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 4 B-VG den
gegenständlichen Staatsvertrag durch Erlassung
von Gesetzen zu erfüllen, keinen Einspruch zu erheben ..................................... 235
16. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 21. März 2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Altlastensanierungsgesetz, das Umweltförderungsgesetz und das Umweltkontrollgesetz geändert werden (ALSAG-Novelle 2024) (2432 d.B. und 2479 d.B. sowie 11459/BR d.B.) .......................................................................................................... 237
Berichterstatter: Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross ................................................................. 237
Redner:innen:
Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross ............................................................................................... 237
Johanna Miesenberger ............................................................................................... 240
Bundesministerin Leonore Gewessler, BA ................................................................ 243
Mag. Bettina Lancaster .............................................................................................. 245
Michael Bernard ......................................................................................................... 248
Christoph Steiner ........................................................................................................ 249
Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .......................................................... 251
17. Punkt: Bericht der Bundesministerin für
Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie
betreffend EU-Jahresvorschau 2024 auf der Grundlage des
Legislativ- und Arbeitsprogramms der Kommission sowie des operativen
Jahresprogrammes des Rates
(III-837-BR/2024 d.B. sowie 11460/BR d.B.) ....................................................... 251
Berichterstatter: Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross ................................................................. 252
Redner:innen:
Michael Bernard ............................................................................................... 252, 325
Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross ............................................................................................... 326
Markus Stotter, BA ..................................................................................................... 331
Mag. Elisabeth Grossmann ........................................................................................ 334
Annahme des Antrages des Berichterstatters, den Bericht III-837-BR/2024 d.B. zur Kenntnis zu nehmen ....................................................................................................................... 335
18. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 21.
März 2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Luftfahrtgesetz
geändert wird (3872/A
und 2489 d.B. sowie 11445/BR d.B. und 11468/BR d.B.) .................................. 335
Berichterstatter: Markus Stotter, BA ....................................................................... 336
Redner:innen:
Mag. Christian Buchmann ......................................................................................... 336
Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross ............................................................................................... 338
Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .......................................................... 340
19. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 21.
März 2024 betreffend Änderungen des Übereinkommens über den
internationalen Eisenbahnverkehr (COTIF) und der Anhänge E (CUI)
und G (ATMF) sowie die Einfügung des neuen Anhangs H (EST) zum
Übereinkommen
(2406 d.B. und 2490 d.B. sowie 11469/BR d.B.) .................................................. 340
Berichterstatter: Markus Stotter, BA ....................................................................... 340
Redner:innen:
Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross ............................................................................................... 341
Silvester Gfrerer .......................................................................................................... 343
Daniel Schmid ............................................................................................................. 345
Michael Bernard ......................................................................................................... 349
Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .......................................................... 350
20. Punkt: Beschluss
des Nationalrates vom 20. März 2024 betreffend ein Bundesgesetz über
die betriebliche Berufsausbildung in der Land-
und Forstwirtschaft (Land- und forstwirtschaftliches Berufsausbildungsgesetz 2024 –
LFBAG 2024) (2446 d.B. und 2491 d.B. sowie 11453/BR d.B.) ......................... 350
Berichterstatterin: Johanna Miesenberger .............................................................. 350
Redner:innen:
Markus Steinmaurer ................................................................................................... 351
Silvester Gfrerer .......................................................................................................... 352
Mag.a Claudia Arpa .................................................................................................... 354
Simone Jagl ................................................................................................................. 356
Bundesminister Mag. Norbert Totschnig, MSc ........................................................ 357
Annahme des Antrages der Berichterstatterin, 1.
gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben
und 2. dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß
Art. 44
Abs. 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen ............................ 360
21. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 20. März 2024 betreffend ein Protokoll zur Änderung des Gründungsübereinkommens der Internationalen Organisation für Rebe und Wein vom 3. April 2001 in Bezug auf den Sitz der OIV (2434 d.B. und 2492 d.B. sowie 11454/BR d.B.) .......................................................................................................... 361
Berichterstatterin: Johanna Miesenberger .............................................................. 361
Redner:innen:
Elisabeth Wolff, BA .................................................................................................... 362
Dominik Reisinger........................................................................................................ 363
Bundesminister Mag. Norbert Totschnig, MSc ........................................................ 364
Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .......................................................... 365
22. Punkt: Bericht des Bundesministers für
Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft betreffend
EU-Jahresvorschau 2024
gemäß Artikel 23f Absatz 2 B-VG iVm § 7
EU-InfoG, auf der Grundlage des Arbeitsprogramms der Europäischen
Kommission für 2024 und
zum 18-Monatsprogramm des Rates für 2023/2024 (III-845-BR/2024 d.B.
sowie 11455/BR d.B.) .......................................................................................................... 365
Berichterstatterin: Johanna Miesenberger .............................................................. 366
Redner:innen:
Mag.a Claudia Arpa .................................................................................................... 366
Ferdinand Tiefnig ....................................................................................................... 370
Michael Bernard ......................................................................................................... 373
Simone Jagl ................................................................................................................. 378
Bundesminister Mag. Norbert Totschnig, MSc ........................................................ 381
Annahme des Antrages der Berichterstatterin, den Bericht III-845-BR/2024 d.B. zur Kenntnis zu nehmen ....................................................................................................................... 386
23. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 20. März 2024 betreffend ein Bundesgesetz über das Institute of Digital Sciences Austria (Interdisciplinary Transformation University) (2461 d.B. und 2493 d.B. sowie 11456/BR d.B.) ..................................................................... 387
Berichterstatterin: Barbara Prügl ............................................................................. 387
Redner:innen:
Doris Hahn, MEd MA ................................................................................................. 388
Mag. Franz Ebner ....................................................................................................... 392
Mag. Isabella Theuermann ........................................................................................ 395
Dipl.-Ing. Dr. Maria Huber ......................................................................................... 398
Bundesminister Dr. Martin Polaschek ...................................................................... 399
MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky .......................................................................... 401
Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben (namentliche Abstimmung) .......... 406
Verzeichnis des Ergebnisses der namentlichen Abstimmung ............................. 407
24. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 20.
März 2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Denkmalschutzgesetz
geändert
wird (2463 d.B. und 2484 d.B. sowie 11440/BR d.B. und
11470/BR d.B.) 409
Berichterstatter: Marco Schreuder .......................................................................... 409
Redner:innen:
Elisabeth Grimling ...................................................................................................... 410
Marco Schreuder ........................................................................................................ 412
Klara Neurauter .......................................................................................................... 414
Staatssekretärin Mag. Andrea Mayer ....................................................................... 417
Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .......................................................... 419
25. Punkt: Bericht des Bundesministers für
Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend
EU-Jahresvorschau 2024
(III-840-BR/2024 d.B. sowie 11471/BR d.B.) ....................................................... 419
Berichterstatter: Marco Schreuder .......................................................................... 419
Redner:innen:
Marco Schreuder ........................................................................................................ 420
Mag. Bernhard Ruf .................................................................................................. .. 422
Michael Wanner ......................................................................................................... 426
Günter Pröller ............................................................................................................. 426
Staatssekretärin Mag. Andrea Mayer........................................................................ 428
Andreas Arthur Spanring ........................................................................................... 429
Annahme des Antrages des Berichterstatters, den Bericht III-840-BR/2024 d.B. zur Kenntnis zu nehmen ....................................................................................................................... 430
26. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 21. März 2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem zur Lösung haftungsrechtlicher Fragen bei Bäumen das allgemeine bürgerliche Gesetzbuch geändert wird (Haftungsrechts-Änderungsgesetz 2024 – HaftRÄG 2024) (2462 d.B. und 2481 d.B. sowie 11461/BR d.B.) ............................................................................. 430
Berichterstatter: Christoph Stillebacher .................................................................. 431
Redner:innen:
MMag. Elisabeth Kittl, BA ......................................................................................... 431
Viktoria Hutter ........................................................................................................... 434
Dr. Manfred Mertel .................................................................................................... 436
Andreas Arthur Spanring ........................................................................................... 436
MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky .......................................................................... 438
Bundesministerin Dr. Alma Zadić, LL.M. ................................................................... 439
Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .......................................................... 441
27. Punkt: Beschluss
des Nationalrates vom 21. März 2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem
die Strafprozeßordnung 1975, das Jugendgerichtsgesetz 1988,
das Finanzstrafgesetz und das Verwaltungsstrafgesetz 1991
geändert werden (3822/A und 2482 d.B. sowie
11444/BR d.B. und 11462/BR d.B.) ....................................................................... 441
Berichterstatter: Christoph Stillebacher .................................................................. 442
Redner:innen:
Claudia Hauschildt-Buschberger ............................................................................... 442
Mag. Christine Schwarz-Fuchs .................................................................................. 443
Mag. Elisabeth Grossmann ........................................................................................ 447
Andreas Arthur Spanring ........................................................................................... 449
Mag. Harald Himmer ........................................................................................ 455, 460
Christoph Steiner ........................................................................................................ 457
Entschließungsantrag der Bundesrät:innen Andreas Arthur Spanring, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Herabsetzung der Strafmündigkeit“ – Ablehnung (namentliche Abstimmung) 450, 460
Verzeichnis des Ergebnisses der namentlichen Abstimmung ............................. 462
Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .......................................................... 460
28. Punkt: Bericht der Bundesministerin für Justiz betreffend Jahresvorschau des BMJ auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Europäischen Kommission für 2024 sowie des Achtzehnmonatsprogramms des spanischen, belgischen und ungarischen Ratsvorsitzes (III-834-BR/2024 d.B. sowie 11463/BR d.B.) ............................................................. 463
Berichterstatter: Christoph Stillebacher .................................................................. 464
Redner:innen:
Andreas Arthur Spanring ........................................................................................... 464
Claudia Hauschildt-Buschberger ............................................................................... 467
Mag. Christine Schwarz-Fuchs .................................................................................. 470
Mag. Elisabeth Grossmann ........................................................................................ 473
Bundesministerin Dr. Alma Zadić, LL.M. ................................................................... 474
Annahme des Antrages des Berichterstatters, den Bericht III-834-BR/2024 d.B. zur Kenntnis zu nehmen ....................................................................................................................... 474
Eingebracht wurden
Anfragen der Bundesrät:innen
Korinna Schumann,
Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt,
Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Wieso haben
Jugendliche in anderen Bildungsmaßnahmen als Schule und
Lehre keinen Anspruch auf das Jugendticket? (4167/J-BR/2024)
Korinna Schumann,
Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familie,
Integration und Medien betreffend Wieso haben Jugendliche in anderen
Bildungsmaßnahmen als Schule und Lehre keinen Anspruch auf
das Jugendticket? (4168/J-BR/2024)
Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Wieso haben
Jugendliche in anderen Bildungsmaßnahmen als Schule und Lehre keinen Anspruch auf das Jugendticket? (4169/J-BR/2024)
Korinna Schumann,
Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales,
Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend die
Finanzierung von Männerberatung im
Kontext von Gewaltprävention
(4170/J-BR/2024)
Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen an
die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien
betreffend die Finanzierung
von Männerberatung im Kontext von Gewaltprävention (4171/J-BR/2024)
Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend die Finanzierung von Männerberatung im Kontext von Gewaltprävention (4172/J-BR/2024)
Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Pensionen in Gefahr? Entkräften Sie diesen Mythos, Herr Minister! (4173/J-BR/2024)
Christian Fischer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister
für Arbeit und Wirtschaft betreffend Auszahlung des
Energiekostenzuschuss II an
Klein- und Mittelunternehmen (4174/J-BR/2024)
Anfragebeantwortungen
der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Bundesrät:innen Markus Leinfellner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Auflassung der GKB-Haltestelle Alling-Tobisegg (3838/AB-BR/2024 zu 4144/J-BR/2024)
des Bundesministers für
Inneres auf die Anfrage der Bundesrät:innen Markus Leinfellner,
Kolleginnen und Kollegen betreffend Personalengpass bei
steirischer Exekutive (3839/AB-BR/2024 zu 4145/J-BR/2024)
des Bundesministers für
Arbeit und Wirtschaft auf die Anfrage der Bundesrät:innen Mag. Sascha
Obrecht, Kolleginnen und Kollegen betreffend
Bundeskanzler-G’schichtl zur Diskreditierung des
Arbeitnehmer:innenschutzes (3840/AB-BR/2024 zu 4143/J-BR/2024)
des Bundesministers für
Arbeit und Wirtschaft auf die Anfrage der Bundesrät:innen Korinna
Schumann, Kolleginnen und Kollegen betreffend Durchlässigkeit des
Bildungssystems für Lehrabsolvent*innen
(3841/AB-BR/2024 zu 4147/J-BR/2024)
Beginn der Sitzung: 9 Uhr
Vorsitzende: Präsidentin Margit Göll, Vizepräsident Dominik Reisinger, Vizepräsident Mag. Franz Ebner.
Präsidentin
Margit Göll: Einen
wunderschönen guten Morgen! Ich eröffne
die 965. Sitzung des Bundesrates.
Das Amtliche Protokoll der 964. Sitzung des Bundesrates vom 14. März 2024 ist aufgelegen und wurde nicht beanstandet.
Als verhindert gemeldet ist Frau Bundesrätin Marlies Doppler.
Trauerkundgebung anlässlich des Ablebens des ehemaligen Bundesratspräsidenten Gerd Klamt
Präsidentin
Margit Göll: Meine sehr geehrten
Damen und Herren! Vor wenigen Tagen hat uns die traurige Nachricht erreicht,
dass der ehemalige Präsident
des Bundesrates Ing. Gerd Klamt verstorben ist.
Der österreichische
Bundesrat verliert mit dem ehemaligen Präsidenten Ing. Gerd Klamt
einen über alle Parteigrenzen hinweg geachteten Politiker, dem sein
Einsatz für sein Heimatbundesland Kärnten stets ein besonderes
Anliegen war.
Der österreichische Bundesrat dankt, der österreichische Bundesrat gedenkt seiner.
Ich darf Sie daher bitten, sich im stillen Gedenken zu einer Trauerminute von den Sitzen zu erheben. (Die Anwesenden erheben sich von ihren Sitzplätzen und verharren einige Zeit in stiller Trauer.) – Ich danke Ihnen. (Die Anwesenden nehmen ihre Sitzplätze wieder ein.)
Fragestunde
Präsidentin Margit Göll: Wir gelangen nun zur Fragestunde.
Ich darf Herrn Bundesminister für Soziales, Gesundheit,
Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch sehr herzlich bei uns im
Bundesrat
begrüßen. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen sowie
des Bundesrates Arlamovsky.)
Bevor ich jetzt, um
9.02 Uhr, mit dem Aufruf der Anfragen beginne, weise
ich darauf hin, dass ich die Fragestunde im Einvernehmen mit den beiden
Vizepräsidenten, um die Behandlung aller mündlichen Anfragen zu
ermöglichen, auf bis zu 120 Minuten erstrecken werde.
Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz
Präsidentin Margit Göll: Wir kommen nun zur 1. Anfrage, 1962/M-BR/2024, an den Herrn Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz.
Ich bitte die Anfragestellerin, Frau Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger, um die Verlesung der Anfrage. – Bitte.
Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger (Grüne, Oberösterreich): Guten Morgen, sehr geehrter Herr Minister! Meine Frage:
„Was tun Sie für den Kampf gegen die 2-Klassen-Medizin?“
Präsidentin Margit Göll: Herr Bundesminister, bitte.
Bundesminister
für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Schönen guten Morgen! Frau
Präsidentin! Geschätzte Bundesrätinnen und Bundesräte! Wir
haben im Bereich der Zweiklassenmedizin im Zuge des
Finanzausgleichs – das haben wir in diesem Haus auch
schon diskutiert – eine weitreichende Übereinkunft getroffen, um die Situation zu verbessern.
Unzweifelhaft ist es so, dass
wir in Österreich im Gesundheitssystem eine – wie soll ich es
nennen? –Fehlallokation haben. Es gibt im niedergelassenen
fachärztlichen und kassenärztlichen Bereich vor allem eine
Mangelerscheinung. Wir haben jetzt im Zuge des Finanzausgleichs zwischen Bund,
Ländern
und Sozialversicherung die 15a-Vereinbarung eingerichtet, in der es einfach
darum geht, die Leistungssituation, die Versorgungssituation zu
verbessern.
Das kann nur erreicht werden, wenn es einen niederschwelligen bedarfsgerechten Zugang zum Gesundheitssystem gibt, und das für alle, weil es mir ein wichtiges Anliegen ist, dass Gesundheit nicht abhängig davon sein darf, ob man in einem bestimmten Bundesland wohnt, einer bestimmten Einkommensklasse angehört oder eben nicht.
Die jüngsten
Maßnahmen, die in Wirksamkeit kommen, sind: die Schaffung von zusätzlichen
100 ärztlichen Vertragsstellen. Das läuft sehr erfreulich, kann
ich berichten, weil es für diese 100 Stellen mehr als
400 Bewerbungen gibt. Da gibt es auch eine Kontingentierung, eine
Aufteilung entsprechend dem Bevölkerungsschlüssel auf die Bundesländer,
damit nicht einzelne Bundesländer bevorzugt werden. Es wird auch eine
Reihung nach Bedarf geben. Also
dort, wo der fachliche Bedarf besonders groß ist, wird das natürlich
vorrangig behandelt.
Wir haben auch eine Flexibilisierung bei den Einzelverträgen verhandelt. Wurde eine Stelle mindestens zweimal erfolglos ausgeschrieben, besteht zur Aufrechterhaltung der Versorgung bis zum Abschluss eines Einzelvertrages die Möglichkeit, die Stelle für einige Stunden in der Woche zu besetzen. Das ist also eine deutliche Flexibilisierung auch in der Ausgestaltung.
Es gibt einen Startbonus für die Besetzung bestimmter Vertragsstellen für den Zeitraum vom 1. August 2023 bis zum 31. Dezember 2024 von maximal 100 000 Euro. Davon sind sowohl die seit Längerem unbesetzten Planstellen als auch die 100 zusätzlich geschaffenen Stellen umfasst.
Wir haben die klinisch-psychologische Behandlung durch Psychologinnen und Psychologen in der ärztlichen Hilfe gleichgestellt. Auch da wird die Situation deutlich verbessert.
Die Abrechnung der Wahlarzthilfe ist so festgelegt, dass
auch Wahlärztinnen und Wahlärzte, um eben einen Anreiz zu schaffen,
nicht automatisch in
die Wahlarztpraxis zu gehen, sondern sich sozusagen die Kassenstelle auszusuchen,
künftig verpflichtet werden, sich an Elga, an das E-Card-System
anzubinden. Wir gehen davon aus, dass das logischerweise dazu führen wird,
dass sich die Versorgung im kassenärztlichen Bereich verbessern wird.
Der Facharzt für Allgemeinmedizin – auch unlängst im Bundesrat behandelt – ist ein weiterer Baustein, der, wie ich glaube, dazu beitragen wird, die Versorgung insgesamt zu verbessern.
Grundsätzlich glaube ich,
um es noch zu erwähnen, dass insbesondere auch – wir werden
darauf vielleicht noch zu sprechen kommen – die Einrichtung und Ausweitung
der Primärversorgungseinrichtungen wesentlich dazu beitragen wird, dass
sich die Versorgung verbessert. Warum ist das so? – Es gab bis vor
der Novellierung des Primärversorgungsgesetzes 30 PVEs. Wir
haben dann einige Hürden abgeschafft, unter anderem die
Vetomöglichkeit der Ärztekammer. Seither hat sich die Anzahl der PVEs
massiv erhöht: Wir
stehen jetzt bei 60, 30 sind in der Pipeline, einige davon sind Kinder-PVEs.
Die PVEs sind deshalb für die Versorgung und auch für die Verbesserung
im
Hinblick auf ein Zurückdrängen der Zweiklassenmedizin so wichtig,
weil damit gewährleistet ist, dass die Öffnungszeiten deutlich
ausgeweitet sind. Das
heißt, ein Primärversorgungszentrum kann im Unterschied zu einer
Einzelpraxis eben nicht nur durch das
Angebot vieler Professionen, sondern auch durch
die Ausweitung der Öffnungszeiten ein deutlich weitreichenderes Angebot
bieten: ganztägig und auch an sechs, manchmal sieben Tagen die
Woche.
Präsidentin Margit Göll: Frau Bundesrätin, wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.
Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger (Grüne, Oberösterreich): Vielen Dank zuerst einmal für die umfangreiche Beantwortung und insbesondere für die vielen Maßnahmen, die jetzt ergriffen worden sind, die uns da jetzt ja wirklich nach vorne bringen.
Jetzt möchte ich aber
trotzdem noch ein bisschen spezifizieren: Sie
haben die 15a-Vereinbarung schon erwähnt, aber vielleicht können Sie
noch
ein paar Worte zu den konkreten Mitteln, die im Kampf gegen die Zweiklassenmedizin
vorgesehen sind, sagen.
Präsidentin Margit Göll: Herr Bundesminister, bitte.
Bundesminister
für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Wie Sie wissen, waren ja in der letzten
Finanzausgleichsperiode zwischen Bund, Ländern und Gemeinden etwa
300 Millionen Euro als zusätzliche Mittel ohne Zweckbindung im Spiel.
Jetzt sind es 1 Milliarde Euro plus zusätzlich pro Jahr für die
Gesundheit und etwa zusätzlich
1 Milliarde Euro plus für die Pflege. Konkret teilt sich das so auf,
dass für die Stärkung des niedergelassenen Bereichs die
Sozialversicherung überhaupt erstmals in der Geschichte
Steuermittel in der Höhe von 300 Millionen Euro pro Jahr bekommt, um
eben die Versorgung auszuweiten. Das sind
über die Laufzeit 1,5 Milliarden Euro zur Stärkung des
spitalsambulanten Bereichs. Für die Strukturreformen ist die
Staffelung während der Laufzeit so, dass wir 2024 mit 550 Millionen
Euro beginnen und sich das dann auf 656 Millionen Euro im Jahr 2028 steigert.
Zusätzlich gibt es Mittel für die Digitalisierung,
Telemedizin in der Höhe von 51 Millionen Euro jährlich. Es gibt
für die Gesundheitsförderung, das
ist ein Bereich, der bisher völlig unterbelichtet war, jährlich
60 Millionen Euro. Es gibt für ein nationales Impfprogramm, das wir
bisher nicht hatten, jährlich 19 Millionen Euro, und es gibt zur
Sicherung der Medikamentenversorgung 3 Millionen Euro pro Jahr.
Dazu kommt, dass, wie ich gesagt habe, die 100 neuen ärztlichen
Vertragsstellen dotiert und alimentiert werden.
Für den Startbonus stehen
10 Millionen Euro zur Verfügung. Für die klinisch-psychologische
Behandlung leistet der Bund 2024 einen Beitrag in der Höhe von 50 Millionen Euro und 2025 einen weiteren
Beitrag in Höhe von 25 Millionen Euro. (Bundesrätin Hauschildt-Buschberger:
Vielen Dank, Herr Minister!)
Präsidentin Margit Göll: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Günther Ruprecht zu Wort gemeldet. – Bitte.
Bundesrat
Günther Ruprecht (ÖVP, Steiermark):
Schönen guten Morgen, Herr Bundesminister! Frau Präsidentin! Meine
Frage geht auch in Richtung Primärversorgungseinheiten, und zwar betrifft
sie die Gründung von Primärversorgungseinheiten. Die
Ermöglichung von Kinder-PVEs ist ein guter und wichtiger Schritt in die
richtige Richtung. Wie stehen Sie zur Ermöglichung von PVEs auch für
andere medizinische Fächer, beispielsweise innere Medizin
oder auch Gynäkologie?
Präsidentin Margit Göll: Herr Bundesminister, bitte.
Bundesminister
für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Grundsätzlich sind wir ja auch deswegen
in der Lage, mit den PVEs so voranzuschreiten, weil es dafür
Fördermittel von der Europäischen Union gibt. Es wird im
Zuge der Abrechnung dieser Fördermittel auch eine Evaluierung der PVEs
geben – einmal so grundsätzlich dazu –, bei
der auch die Frage gestellt wird, wie das jetzt funktioniert. Wir haben ja
jetzt schon die Möglichkeit, dass PVEs die Gynäkologie oder auch die
Interne als ergänzende Fachrichtungen mitnehmen, wenn sie entsprechende
Vertragsgestaltungen mit den Fachgesellschaften oder den Fächern oder mit konkreten Anbietern haben – das findet statt.
Es findet statt, und das finde
ich auch gut, weil die PVEs eine Steuerwirkung in der Primärversorgung und
eine Verlagerung von Patientinnen und Patienten aus den
Ambulanzen hinaus in die PVEs entfachen sollen. Bereits jetzt arbeiten
Spitalsambulanzen mit PVEs zusammen und finden Zuweisungen statt,
um eben die Überlastung der Spitalsambulanzen hintanzuhalten.
Grundsätzlich: Die Gyn
kann mitarbeiten, aber sie kann noch nicht gründen, das ist richtig so.
Dafür bräuchte es eine Anpassung oder eine Veränderung
des Primärversorgungsgesetzes. Diese wird wohl entlang einer Evaluierung,
die es auch im Zuge der Rechtfertigung gegenüber der Europäischen
Union
geben wird, dann zum Jahresende hin stattfinden. (Bundesrat Ruprecht:
Vielen Dank, Herr Bundesminister!)
Präsidentin Margit Göll: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Dominik Reisinger zu Wort gemeldet. – Bitte sehr.
Bundesrat
Dominik Reisinger (SPÖ, Oberösterreich):
Sehr geehrter Herr Bundesminister! Geschätzter Bundesrat!
55 Prozent der heimischen Hausärzt:innen sind bereits
Wahlärzt:innen. Noch schlimmer ist es im Bereich der Fachärzt:innen:
Mit 1.1.2023 waren bereits 70 Prozent – das ist ein
sehr hoher Wert – als Wahlärzt:innen tätig. Auf der
anderen Seite ist die Zahl der unbesetzten Hausarztstellen innerhalb von nur
2,5 Jahren um
68 Prozent explodiert: 2020 waren es noch 62, bis 1.1.2023 ist die Zahl
auf 104 angestiegen.
Meine Frage ist daher: Was
unternehmen Sie, damit diese Flucht aus den Kassenverträgen durch die
Ärztinnen und Ärzte aufhört und Wahlärzt:innen
wieder ins Kassensystem zurückgeholt werden?
Präsidentin Margit Göll: Bitte, Herr
Bundesminister.
Bundesminister
für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Zu Ihrer Frage: Der Zustand ist richtig
konstatiert,
und die Gesundheitsreform hat ja die Zielsetzung, die Voraussetzung zu schaffen,
dass sich das verändert.
Da gibt es in meinen Augen zwei
ganz wesentliche Zugänge: Der eine
ist die Vertragssituation – die Attraktivität von Kassenstellen
zu stärken. Es ist auch Aufgabe der Sozialversicherung, jetzt die
Verhandlungen für einen einheitlichen Gesamtvertrag und einen
einheitlichen Leistungskatalog voranzutreiben. Diese Verhandlungen mit der
Ärztekammer laufen bereits seit Längerem – unzweifelhaft
muss logischerweise die Attraktivität von Kassenstellen angehoben
werden. Das hat auch damit zu tun, dass da mehr
Flexibilität hinein muss, man sich die Abgeltung anschaut und auch
Leistungen mit abgegolten werden, die jetzt nicht abgegolten sind, um dort die
Arbeitsbedingungen zu verbessern.
Der zweite Punkt ist schon auch, die – wie soll ich sagen – Spielregeln gleich zu gestalten. Das habe ich beispielsweise mit der verpflichtenden Diagnosecodierung, die für alle wird stattfinden müssen, und auch der Anbindung an Elga gemeint.
Es wird nur gelingen, diesen Zug in die Wahlarztpraxen zu
unterbinden, wenn es attraktiver wird, einen Kassenvertrag
anzunehmen – daran wird gearbeitet, Stichwort
Gesamtvertrag, Leistungskatalog, 300 Millionen Euro zusätzlich
für Stellen –, und wenn es auch die Möglichkeit gibt,
flexibler beispielsweise vom Spitalsbereich
in den kassenärztlichen Bereich umzusteigen. Das heißt, wenn
jemand im Spital beschäftigt ist – das ist, wie Sie wissen,
Länderzuständigkeit –, aber Interesse hat, in eine niedergelassene
Ordination zu gehen, dann ist das jetzt nur sehr schwer möglich und wird
dann oft in
einer Wahlarztpraxis stattfinden. Der Zugang ist jetzt, den Menschen im Spital,
die sich überlegen, eine Kassenordi aufzumachen, diese Möglichkeit
zu bieten: Teilzeit im Spital, Teilzeit in der Ordi, aber in einer
Kassenordination.
Das heißt, es muss auf allen Ebenen die Attraktivität gesteigert werden – und das tun wir –, in den kassenärztlichen Bereich zu gehen.
Präsidentin Margit Göll: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Frau Bundesrätin Mag. Isabella Theuermann zu Wort gemeldet. Ich bitte darum.
Bundesrätin
Mag. Isabella Theuermann (FPÖ, Kärnten):
Herr Bundesminister, ein Patient in Kärnten erhält noch
immer weniger Zuschüsse und Leistungen der ÖGK als zum Beispiel ein
Patient in Oberösterreich.
Warum blockiert die Regierung immer noch die Harmonisierung der
Sozialversicherungen?
Präsidentin Margit Göll: Bitte, Herr Bundesminister.
Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Darf ich um eine Präzisierung bitten? Inwiefern blockiert die Regierung die Harmonisierung der Sozialversicherungen?
Bundesrätin Mag. Isabella Theuermann (FPÖ, Kärnten): Weil ein Patient in Kärnten weniger Leistungen als ein Patient in Oberösterreich bekommt.
Präsidentin Margit Göll: Bitte, Herr Bundesminister.
Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Die Vertragsgestaltung ist Sache der Sozialversicherungen und der Ärztekammer, auch die Abgeltung der Leistungen. Diese Harmonisierung ist Verhandlungsgegenstand zwischen Sozialversicherung und Ärzteschaft. Bei der Harmonisierung der Leistungen ist, wie gesagt, die Aufgabe, einen einheitlichen Leistungskatalog und auch eine einheitliche Abgeltung zustande zu bekommen. Das ist jetzt Zielsetzung der Sozialversicherung.
Präsidentin Margit Göll: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Mag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky zu Wort gemeldet. – Bitte.
Bundesrat MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky (NEOS, Wien): Sehr geehrter Herr Bundesminister, Sie haben schon die Initiative plus 100 angesprochen. Wann ist mit mehr Informationen über die regionale Fächerverteilung dieser 100 zusätzlichen Kassenstellen zu rechnen?
Präsidentin Margit Göll: Herr Bundesminister, bitte.
Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Die Verteilung der Stellen auf die Bundesländer – das habe ich gesagt – erfolgt entlang des Bevölkerungsschlüssels. Ich könnte die Information nachliefern, müsste aber den aktuellen Stand bei der Sozialversicherung erfragen – das werde ich gerne machen.
Präsidentin Margit Göll: Wir gelangen nun zur 2. Anfrage, 1958/M-BR/2024.
Ich bitte die Anfragestellerin, Frau Bundesrätin Heike Eder, um die Verlesung der Anfrage.
Bundesrätin
Heike Eder, BSc MBA (ÖVP, Vorarlberg):
Guten Morgen,
Herr Minister! Wie ist denn der Stand der Umsetzung beim kürzlich
präsentierten Projekt zur Förderung der Inklusion von
Menschen mit Behinderungen in den Arbeitsmarkt – Stichwort Lohn
statt Taschengeld?
*****
Die schriftliche eingebrachte Anfrage, 1958/M-BR/2024, hat folgenden Wortlaut:
„Wie ist der Stand der Umsetzung beim
kürzlich präsentierten Projekt zur Förderung der Inklusion von
Menschen mit Behinderungen am Arbeitsmarkt, das einen
fairen ‚Lohn statt Taschengeld‘ vorsieht?“
*****
Präsidentin Margit Göll: Herr Bundesminister, bitte.
Bundesminister
für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Danke für die Frage. Auch dazu eine
etwas umfassendere Antwort zu Beginn, weil erstens das Thema wichtig
ist und zweitens auch ganz viel an Vorarbeiten geleistet worden ist: Grundlage
war, dass
wir zunächst einmal vom NPO-Kompetenzzentrum der
Wirtschaftsuniversität in Wien eine Studie haben erstellen lassen, um
einfach überhaupt einmal zu
wissen, wie die Auswirkungen dieser sehr komplexen Finanzierungsströme zwischen Bund, Ländern und Sozialversicherung
sind, wenn in den Tagesstrukturen selbst ein Lohn ausbezahlt
wird.
Die Bundesregierung hat dann in Abstimmung mit den
Bundesländern bei Lohn statt Taschengeld beschlossen, in einem ersten
wichtigen Schritt – da
muss ich gleich dazu sagen, wir als Bundesregierung sind oder ich bin
bemüht, Pilotprojekte auf den Weg zu bekommen und auch mit finanziellen
Anreizen in Vorlage zu gehen, obwohl die Zuständigkeit per
se bei den Bundesländern liegt; das gilt in vielen anderen Bereichen auch,
es ist auch bei der persönlichen Assistenz in etwa so gewesen,
bei der wir jetzt auf einem guten Weg sind, bei der eigentlich alle
Bundesländer bis auf Oberösterreich mitmachen,
die muss man noch überzeugen – 36 Millionen Euro zur
Verfügung zu stellen, um im Zuge von Pilotprojekten diese echte,
klassische Teilnahme von
Menschen zu ermöglichen.
Wir möchten allerdings auch, dass Menschen mit
Behinderungen sozusagen arbeitsmarktnahe und nicht vor allem in den
Einrichtungen diese Möglichkeit haben, denn die
UN-Behindertenrechtskonvention normiert das
auch: Deinstitutionalisierung ist ein wesentliches Ziel der UN-Behindertenrechtskonvention,
das heißt: hinaus aus den klassischen Einrichtungen, hinein in
die – unter Anführungszeichen –
„Normalität“ des Arbeitsmarktes.
Das ist unser Zugang, und
da gibt es eine ganz breit gefächerte Reihe von Möglichkeiten,
diese Beschäftigungen auch aufzunehmen: Das kann sein, dass Menschen in Einrichtungen quasi in einem eigenen
Segment beschäftigt
sind, aber geförderterweise für einen bestimmten Betrieb
arbeiten; das kann
über integrative Betriebe oder bestehende Arbeitsprojekte sein; das kann innerhalb eines Betriebes sein, wo dann die Förderung stattfindet.
Die Zielsetzung bleibt jedenfalls, dass das Modell des
klassischen Taschengelds – das
eine Ungleichbehandlung darstellt, das wissen wir – abgelöst
wird und
es eben durch einen Lohn ersetzt wird, der gleichzeitig natürlich
auch eine sozialversicherungsrechtliche, pensionsrechtliche Absicherung bedeutet.
Im Moment arbeiten wir an den
Förderkriterien – um das auch noch dazuzusagen –,
in Abstimmung mit den Interessenvertretungen, den Trägereinrichtungen in
den Ländern, und das Ergebnis dieser Förderrichtlinie soll sein, dass
eben gestaffelt nach Inklusion am Arbeitsmarkt die Förderung ausbezahlt
wird, immer mit der Zielsetzung: Integration steht vor allem anderen. Die Richtlinie
soll noch vor dem heurigen Sommer, also vor dem Sommer 2024,
in Kraft gesetzt werden.
Präsidentin Margit Göll: Ist eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.
Bundesrätin Heike Eder, BSc MBA (ÖVP, Vorarlberg): Herr Minister! Ich war in den letzten paar Wochen in einigen Einrichtungen in Vorarlberg unterwegs, unter anderem auch im Sunnahof in Tufers, dort werden diese Maßnahmen sehr positiv aufgenommen.
Wir haben in Vorarlberg ja einige Mustermodelle zur
Integration von Menschen mit Behinderung in den Arbeitsmarkt, wie zum Beispiel
Jobkombi,
IFS Spagat oder die Jobassistenz und viele andere auch.
Was uns Vorarlberger natürlich immer interessieren würde: Fallen diese Projekte, diese vielen Musterprojekte, dann auch in diese Förderrichtlinien?
Präsidentin Margit Göll: Bitte, Herr Bundesminister.
Bundesminister
für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Die kurze Antwort lautet: Ja. Es ist auch
so, dass wir
in den Bundesländern durchaus unterschiedliche Voraussetzungen vorfinden.
Darum ist es auch nicht ganz einfach, diese Förderkriterien so auszuarbeiten, dass
alle sich wiederfinden. Die Zielsetzung soll schon sein, dass möglichst
viele sich beteiligen können und bestehende Dinge mitgenommen
werden, weil es keinen Sinn hat, Dinge mit viel Geld neu zu erfinden oder neu
aufsetzen zu müssen, wenn schon welche da sind.
Die zitierten Beispiele, die ich selber kenne –
und Vorarlberg ist da ein Musterbeispiel –, fallen
natürlich hinein, weil sie ja im Sinne einer Integration,
einer umfassenden Beschäftigung bereits Möglichkeiten bieten und
jedenfalls in Vorarlberg bereits auch Kooperationen zwischen gemeinnützigen
Beschäftigungsprojekten, die AMS-finanziert sind, und klassischen
Behinderteneinrichtungen, wo es eben genau darum geht, die Gleichheit auch
in der Abrechnung und in der Bezahlung herzustellen, vorhanden sind.
Ich glaube,
dass das eine gute Voraussetzung ist und dass Vorarlberg gute Voraussetzungen
hat, das erfolgreich umzusetzen.
Präsidentin Margit Göll: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Frau Bundesrätin Doris Hahn zu Wort gemeldet. – Bitte sehr.
Bundesrätin
Doris Hahn, MEd MA (SPÖ, Niederösterreich): Frau Präsidentin! Geschätzter
Herr Minister! Im vergangenen August hat ja der UN-Fachausschuss mittlerweile
schon zum zweiten Mal den Umsetzungsstand in Österreich seit der
Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention 2008 kontrolliert und
er hat erneut – muss man leider sagen – und immer noch
teils wirklich gravierende Mängel in der Umsetzung festgestellt, nicht
zuletzt und leider
ganz besonders auch im Zusammenhang mit inklusiver Bildung und Bildungseinrichtungen,
aber auch in vielen anderen Bereichen.
Daher meine konkrete Frage: Wann und mit welchen Maßnahmen werden Sie die Empfehlungen der UN-Behindertenrechtskonvention endlich in Umsetzung bringen?
Präsidentin Margit Göll: Bitte, Herr
Bundesminister.
Bundesminister
für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Ich kann hier nur für meinen eigenen
Bereich reden,
das ist nicht der Bildungsbereich – und ich weiß sehr wohl
auch um die Defizite, die wir dort haben. Ich sage es an dieser Stelle, weil es
die Länderkammer
ist, auch mit einiger Deutlichkeit: Ich halte die Weigerung mancher
Bundesländer, die Sonderschulen abzuschaffen, für nicht mehr
adäquat und nicht
mehr zeitgemäß. Das muss man
einfach mit dieser Deutlichkeit auch sagen. Wenn wir es nicht schaffen,
dort – damit bin ich schon beim Bildungsbereich – die
Grundvoraussetzungen für Inklusion zu schaffen, dann werden wir
später auch scheitern.
In meinem Bereich haben wir entlang der Staatenprüfung
und des Berichtes, der abgeliefert worden ist, einen
detaillierten, auf jeden einzelnen Punkt eingehenden Fahrplan und eine
Vorgangsweise festgelegt, wie die Defizite abzubauen sind. Ich darf für
mich in Anspruch nehmen, die Budgets in den letzten beiden Jahren massiv
erhöht zu haben und insbesondere für den Behindertenbereich, mit
der persönlichen Assistenz, der Abschaffung der Arbeitsunfähigkeitsfeststellung
bis zum 25. Lebensjahr und jetzt auch mit Lohn
statt Taschengeld, massiv Projekte auf den Weg gebracht zu haben, die jedenfalls
den berechtigten Forderungen der UN-Behindertenrechtskonvention Rechnung
tragen.
Meine Haltung ist eine klare: Die UN-Behindertenrechtskonvention ist ein Staatsvertrag. Ein Staatsvertrag ist einzuhalten, es ist keine beliebige Vorschlagsgeschichte, an der man sich orientieren kann oder eben nicht.
Präsidentin Margit Göll: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Christoph Steiner zu Wort gemeldet. – Ich bitte darum.
Bundesrat
Christoph Steiner (FPÖ, Tirol): Frau
Präsident! Guten Morgen, Herr Minister! Sie haben jetzt einiges zu Lohn
statt Taschengeld erklärt, auch
zu den Verhandlungen mit den Bundesländern. Der Schritt ist positiv, das
einmal vorweg: Lohn statt Taschengeld ist wirklich eine sinnvolle Geschichte
und
auch überfällig, und dass das jetzt angegangen wird, ist ein guter, erster richtiger Schritt.
Mich würde aber
interessieren, wie weit Sie schon in den Verhandlungen mit den
Sozialversicherungsträgern sind, inwieweit dann auch künftig ein
Pensionsanspruch daraus entstehen kann oder könnte oder sollte, weil es
doch auch ein Ziel sein sollte, dass Menschen mit Behinderung auch gleich
einen Pensionsanspruch haben.
Präsidentin Margit Göll: Bitte, Herr Bundesminister.
Bundesminister
für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Das ist eine wichtige und
zugegebenermaßen offene Frage, das teile ich auch. Wir haben diese
Fragestellung nicht nur, wenn es darum
geht, Lohn statt Taschengeld abzusichern, sondern insgesamt. Auch bei der persönlichen
Assistenz wird es darum gehen, wie auch nach einem Pensionsantritt oder
nach Pensionierung die persönliche Assistenz sichergestellt werden kann.
Das ist eine offene Baustelle, das sage ich ganz offen, bei der es
darum geht, jetzt in den Verhandlungen mit den Sozialversicherungsträgern
zu Lösungen zu kommen, das auch zu finanzieren.
Das wird wohl eine
gemeinschaftliche Aufgabe sein. In meinen Augen
wird es dazu – aber das ist jetzt sozusagen noch ins Unreine
gesprochen – wohl eine 15a-Vereinbarung brauchen, ähnlich wie
bei der Gesundheitsreform,
um Sozialversicherungen, Bundesländer und Bund gemeinsam dahin zu bekommen,
die Absicherung, die Sie richtigerweise ansprechen, die es geben
muss, auch nach dem Pensionsantritt sicherzustellen.
Präsidentin Margit Göll: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross zu Wort gemeldet.
Bundesrat
Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross (Grüne, Vorarlberg):
Herr Minister! Noch eine Frage zur Erstellung der Förderkriterien
respektive Richtlinien: Wie sieht
es da mit dem Prozess aus, inwieweit ist da auch ein partizipativer Prozess geplant,
der auch die Institutionen oder auch die Betroffenen selbst mit
einbindet?
Präsidentin Margit Göll: Herr Bundesminister, bitte.
Bundesminister
für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Grundsätzlich gilt sowieso in allen
Bereichen, aber im Bereich der Menschen mit Behinderungen ganz
besonders – wir pflegen im Ministerium seit langem diesen
Grundsatz –: nicht ohne die Betroffenen. Das heißt, sie werden
natürlich eingebunden, partizipativ eingebunden. Da gibt es
eine eigene Arbeitsgruppe, die eingerichtet worden ist, und bei mir geht es generell,
wenn es um Menschen mit Behinderung geht, nie über die Köpfe
der Betroffenen hinweg, sondern immer nur mit Beteiligung. Dieser partizipative
Prozess ist aufgesetzt und wird auch durchgezogen.
Präsidentin
Margit Göll: Wir gelangen nun zur
3. Anfrage, 1955/M-BR/2024. Ich bitte die Anfragestellerin, Frau
Bundesrätin Korinna Schumann, um
die Verlesung der Anfrage.
Bundesrätin
Korinna Schumann (SPÖ, Wien): Sehr
geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Noch einmal
zum Thema Lohn statt Taschengeld: Die Frage wäre: Warum konnten Sie sich
innerhalb der Regierung nicht durchsetzen, die notwendigen Mittel für die
28 000 Beschäftigten
im Bereich der betreuten Werkstätten herauszuholen, um für sie einen
Lohn und eine sozialversicherungsrechtliche Absicherung zu ermöglichen?
*****
Die schriftlich eingebrachte Anfrage, 1955/M-BR/2024, hat folgenden Wortlaut:
„Warum können Sie sich innerhalb der Regierung
nicht durchsetzen, damit
die erforderlichen Mittel aufgebracht werden, um allen 28.000 Beschäftigte
in betreuten Werkstätten endlich einen Lohn und die volle
sozialversicherungsrechtliche Absicherung zukommen zu lassen?“
*****
Präsidentin Margit Göll: Herr Bundesminister, bitte.
Bundesminister
für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Da
müsste man, bei allem Respekt, Frau Bundesrätin,
wohl auch die Bundesländer fragen, warum sie nicht bereit sind, dort in
die Finanzierung einzutreten, weil es vor allem deren Zuständigkeit ist.
Ich kann mich nur bemühen, Anschubprojekte, Anschubfinanzierungen
zustande zu bekommen. Das tun wir, das haben wir gemacht und da sind die
Rückmeldungen im Unterschied zur persönlichen Assistenz, wo es
eine Mühsal war – das sage ich Ihnen ganz offen –,
alle Bundesländer ins Boot zu bekommen,
sehr gut. Da sind die Rückmeldungen aus allen Bundesländern: Ja, sie
wollen sich daran beteiligen. Da geht es ja schlicht darum, die vorhandenen
Fördertöpfe
zu kombinieren, zusammenzuspannen.
Es kann ja nicht so sein, dass der Bund dann in
Ersatzvorlage tritt und
die gesamte Finanzierung des Behindertenbereichs übernimmt, weil die
Länder da auch die Zuständigkeit haben.
Es geht schon auch darum, da
die Mittel zusammenzuspannen, was auch passiert. Dazu sind die
Bundesländer auch bereit. Wie ich schon zuvor ausgeführt habe:
Der Zugang ist schon auch, die Menschen aus den Einrichtungen hinauszubekommen.
Es ist also nicht die Zielsetzung, die 27 000 Menschen, die wir
jetzt in den Einrichtungen haben, dort zu belassen. Sie sollen tunlichst und
nach Möglichkeit hinaus, weil wir die Erfahrung gemacht
haben, dass dort unglaublich viel an Potenzial vorhanden ist. Wenn wir Menschen
mit Behinderungen nicht daran messen, was sie nicht können,
sondern daran, was sie können, dann geht das auch. Ich glaube, dass wir jetzt mit den Projekten auf einem guten Weg sind.
Wie gesagt: Die Förderrichtlinie dazu wird noch vor dem Sommer verabschiedet, und ich gehe davon aus, dass das wirklich eine Erfolgsgeschichte werden wird.
Präsidentin
Margit Göll: Frau Bundesrätin,
wird eine Zusatzfrage
gewünscht? – Bitte.
Bundesrätin Korinna Schumann (SPÖ, Wien): Völlig richtig, es ist wichtig, möglichst viele Menschen mit Behinderungen auf den ersten Arbeitsmarkt zu bringen.
Jetzt sehen wir ganz starke
Entwicklungen in der künstlichen Intelligenz,
in der Digitalisierung. Welche Maßnahmen werden denn aus Ihrem Ressort
getroffen, um da Chancen, aber auch Gefahren für Menschen mit
Behinderungen am Arbeitsmarkt zu identifizieren beziehungsweise die Betroffenen
zu unterstützen?
Präsidentin Margit Göll: Herr Bundesminister, bitte.
Bundesminister
für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Also das ist eine Frage, die nicht nur
Menschen mit Behinderung betrifft, sondern logischerweise den Arbeitsmarkt
insgesamt. Wir sind ja im Bereich der Digitalisierung schon dabei, die
Hürden möglichst abzubauen. Barrierefreiheit heißt auch in all
diesen Fragen der Digitalisierung, Menschen mit Behinderungen den Einstieg zu
ermöglichen, das heißt,
auch dort Fortbildungs-, Schulungsmöglichkeiten anzubieten, in den
Betrieben, in denen wir die Einflussmöglichkeiten haben, auch darauf zu
achten,
dass das passiert, dass Menschen mit Behinderungen die Schulungen bekommen,
die notwendig sind.
Was die von Ihnen angesprochenen möglichen Gefahren
angeht: Ja, das stimmt schon, künstliche Intelligenz darf nicht dazu
führen, dass es zu weiteren Exklusionsprozessen kommt, das heißt,
dass Menschen mit Behinderungen, weil Dinge in die digitale Welt oder in die
Welt der künstlichen Intelligenz
verlagert werden, dann ausgeschlossen sind.
Meine Einschätzung ist, dass Menschen mit Behinderungen
durchaus die Fähigkeit haben, sich in der digitalen Welt
zurechtzufinden. Man muss die
Angebote schaffen und die Ausbildungen dafür bereitstellen und muss auch
im betrieblichen Umfeld dafür sorgen, dass dort die Barrierefreiheit auch
gewährleistet ist.
Ich habe mich unlängst bei einem Besuch auch in
integrativen Werkstätten überzeugen können, was dort
mittlerweile für Menschen mit Behinderungen
geleistet und angeboten wird – das ist schon beispielhaft.
Präsidentin Margit Göll: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Frau Bundesrätin Elisabeth Wolff zu Wort gemeldet. – Bitte sehr.
Bundesrätin
Elisabeth Wolff, BA (ÖVP, Wien): Sehr
geehrter Herr Minister! Wir haben ja schon viel gehört zu
Lohn statt Taschengeld und mich würde konkret noch einmal interessieren,
welche nächsten Schritte zu Lohn
statt Taschengeld in den Werkstätten geplant sind.
Bundesminister
für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Wie gesagt, wir sind jetzt dabei, alle
Bundesländer ins Boot zu holen. Das dürfte gelingen, weil alle
signalisiert haben, sie möchten mit
dabei sein, weil es eben mit den 36 Millionen Euro auch eine attraktive
Bundesförderung gibt.
Es wird jetzt, wie auch schon angedeutet, die konkrete
Ausgestaltung der Förderrichtlinien ausgearbeitet, weil es eben darum
geht, zu überlegen: Welches Angebot ist
in einem Bundesland schon vorhanden? Kann dort angedockt
werden, ja oder nein? Welche Voraussetzungen müssen geschaffen werden?
Müssen möglicherweise Projekte in Bundesländern adaptiert werden,
um in diese Förderrichtlinie hineinzufallen? Das wird bis zum Sommer der
Fall sein und dann sind wir sozusagen startbereit.
Präsidentin Margit Göll: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Christoph Steiner gemeldet. – Bitte.
Bundesrat
Christoph Steiner (FPÖ, Tirol): Frau
Präsident! Herr Minister!
Da ja die SPÖ die gleichen Fragen stellt wie die ÖVP, hat sich meine
Zusatzfrage erledigt, weil schon mehrmals darauf eingegangen wurde, wie der
Verhandlungsstand mit den Bundesländern ist. Danke also für die
Beantwortung vorweg schon.
Präsidentin
Margit Göll: Zu einer Zusatzfrage
hat sich Frau Bundesrätin
Simone Jagl gemeldet. Ich bitte darum.
Bundesrätin
Simone Jagl (Grüne, Niederösterreich):
Herr Bundesminister! Jetzt haben wir schon gehört, dass es
36 Millionen Euro für Pilotprojekte in
Bezug auf Lohn statt Taschengeld geben wird. Wie hoch wären
die Kosten für eine komplette Systemumstellung?
Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Das war eine Frage, die wir im Zuge der an der Wirtschaftsuniversität beauftragten Studie zu ergründen und zu eruieren versucht haben. Das war deshalb notwendig, weil es wirklich komplexe Finanzierungsströme zwischen Bund, Ländern und Sozialversicherung gibt. Da hat sich gezeigt: Ohne Saldierungen würden den Ländern nach der Systemumstellung Mehrkosten von 390 Millionen Euro pro Jahr entstehen. Das ist die Gesamtsumme. Saldiert man die Verschiebungen, würden insgesamt Mehrkosten von rund 191 Millionen Euro pro Jahr entstehen. Diese Mittel würden zum Großteil den betroffenen Menschen mit Behinderung zugutekommen.
Präsidentin Margit Göll: Wir gelangen nun zur 4. Anfrage, 1953/M-BR/2024.
Ich bitte die Anfragestellerin, Bundesrätin Andrea Michaela Schartel, um ihre Anfrage. – Bitte.
Bundesrätin Andrea Michaela Schartel (FPÖ, Steiermark): Guten Morgen, Herr Minister! Wie wir alle wissen, hat die verfehlte und vor allem überzogene Coronapolitik den Österreichern in vielen Lebensbereichen negative Auswirkungen beigebracht. Ich denke da nur an das Ansteigen der psychischen Probleme bei Kindern und Jugendlichen in ihrem sozialen Umfeld.
Es wird aber auch immer mehr festgestellt, dass vor allem die Coronaimpfung gesundheitliche Schäden verursacht, und deshalb meine Frage:
„Wie viele Anträge auf Entschädigung wurden aufgrund von Schäden nach einer Covid-Impfung seit 2021 gestellt?“
Präsidentin Margit Göll: Herr Bundesminister, bitte.
Bundesminister für Soziales,
Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Das ist eine sehr präzise Frage, die auch sehr
präzise beantwortet werden kann. Bislang wurden
2 324 Anträge auf Entschädigung nach dem Impfschadengesetz
nach einer Covid-Impfung gestellt, und
ich kann auch gleich die Zahl dazusagen, wie viele Anträge insgesamt nach
Impfschäden gestellt worden sind: Es sind 2 396 Anträge.
Der Großteil der Anträge bezieht sich also auf die
Covid-Impfung.
Präsidentin Margit Göll: Frau Bundesrätin, wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.
Bundesrätin
Andrea Michaela Schartel (FPÖ, Steiermark):
Vor allem
für uns Freiheitlichen ist verantwortliche Politik, dass man zum Beispiel
zurückblickt, wenn man Entscheidungen trifft und, wenn man Fehler
gemacht
hat, dass diese eingestanden werden und man sich um Verbesserungen bemüht.
Deshalb meine Frage:
Sind Sie bereit, diesen sehr erfolgreichen Covid-Hilfsfonds von Niederösterreich auch bundesweit einzurichten?
Präsidentin Margit Göll: Herr Bundesminister, bitte.
Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Das ist eine Initiative der niederösterreichischen Landesregierung. Es ist dort auch im Regierungsprogramm abgebildet. In unserem Regierungsprogramm findet sich das nicht, und es ist auch nicht daran gedacht, so einen Fonds einzurichten.
Präsidentin Margit Göll: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Frau Bundesrätin Sandra Lassnig zu Wort gemeldet. Ich bitte darum.
Bundesrätin
Sandra Lassnig (ÖVP, Kärnten):
Frau Präsidentin! Herr Minister! Welche Impfungen werden, abgesehen von
der Covid-Impfung, nach
dem Impfschadengesetz noch entschädigt?
Präsidentin Margit Göll: Herr Bundesminister, bitte.
Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Nach dem Impfschadengesetz wird auch die bis zum Jahr 1980 vorgesehene Pockenimpfung entschädigt. Weiters sind in das Impfschadengesetz auch mit der Verordnung empfohlene Impfungen einbezogen. Dabei handelt es sich wie schon gesagt um die Covid-19-Impfung, die Diphtherie-, die FSME- und die Hepatitis-B-Impfung, die HPV-Impfung, Impfungen gegen Influenza, Masern, Meningokokken, Mumps, Keuchhusten, Pneumokokken, Pocken, Poliomyelitis, Rotavirusinfektion, Röteln, Tetanus.
Präsidentin
Margit Göll: Zu einer weiteren
Zusatzfrage hat sich Herr
Bundesrat Michael Wanner zu Wort gemeldet. – Bitte.
Bundesrat
Michael Wanner (SPÖ, Salzburg): Guten
Morgen, Herr Minister! Die Impfschäden sind das eine, wir sind uns aber
auch sicher und einig, dass
das Virus noch immer gefährlich ist. Das Virus kann Schäden, vor allem Langzeitschäden, hervorrufen.
Momentan werden Covid-Tests
nicht bezahlt. Es gibt Verhandlungen
zwischen dem Bund und den Krankenkassen, dass die Krankenkassen eventuell bei
Risikopatienten diese Kosten übernehmen. Faktum ist aber, dass
aufgrund des Auslaufens eines Gesetzes diese Kosten momentan nicht getragen
werden.
Jetzt meine Frage: Warum übernimmt,
obwohl wir wissen, dass dieses
Virus noch immer hier ist und gefährlich ist, der Bund die Kosten nicht
mehr oder ist nicht bereit, die
weiteren Kosten für Patienten, die beim Arzt
sind, bei denen geschaut werden muss, ob sie krank sind, zu
übernehmen?
Präsidentin Margit Göll: Herr Bundesminister, bitte.
Bundesminister
für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Das ist relativ einfach zu beantworten: Weil
wir
nach Abklingen der Pandemie alle Maßnahmen in das reguläre System
übergeführt haben, das heißt in die normale Abwicklung, wie
sie im Gesundheitssystem üblich ist.
Dann – das
weiß die Sozialversicherung – ist es Aufgabe der
Sozialversicherung, beispielsweise das Gratisanbieten der Tests in den
Arztpraxen mit der Ärztekammer zu verhandeln. Diese Verhandlung läuft
gerade. Meine letzten Informationen sind die, dass sie auch abgeschlossen wird.
Das heißt,
es wird zu einer Einigung zwischen der Sozialversicherung und der
Ärztekammer kommen, und damit ist auch gewährleistet, dass die
Testung jedenfalls
für Risikogruppen wieder gratis stattfindet.
Präsidentin Margit Göll: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Marco Schreuder zu Wort gemeldet. – Bitte sehr.
Bundesrat Marco
Schreuder (Grüne, Wien): Guten
Morgen, Herr Minister! Wir haben gerade die Zahlen gehört, wie viele
Anträge auf Entschädigung
nach einer Covid-Impfung bislang gestellt worden sind. Wie viele wurden eigentlich
nach einer gewissenhaften Prüfung bewilligt?
Präsidentin Margit Göll: Herr Bundesminister, bitte.
Bundesminister
für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Von den genannten etwas über
2 000 Anträgen –
also tatsächlich waren es 2 300 Anträge – wurden
412 Anträge auf Entschädigung nach dem Impfschadengesetz
nach einer Covid-Impfung bewilligt. Davon wurden 316 geschädigten Personen
eine einmalige Pauschalentschädigung zuerkannt. Weitere
78 Personen erhalten eine befristete oder
eine laufende Rentenzahlung.
Präsidentin Margit Göll: wir gelangen nun zur 5. Anfrage, 1959/M-BR/2024. Ich darf Herrn Anfragesteller Ferdinand Tiefnig um die Anfrage bitten.
Bundesrat
Ferdinand Tiefnig (ÖVP, Oberösterreich):
Sehr geehrter Herr Minister! Die Landwirtschaft hat durch den
Tiergesundheitsdienst auch immer mehr Kontrollen durch Tierärzte. Das
Problem im ländlichen Raum ist
aber, dass sich der Tierärztemangel durch das Altern der Tierärzte
und das Ausscheiden aus der beruflichen Funktion verschärft.
Welche Maßnahmen treffen Sie für die Zukunft, dass die tierärztliche Versorgung auch im ländlichen Raum gesichert bleibt?
*****
Die schriftlich eingebrachte Anfrage, 1959/M-BR/2024, hat folgenden Wortlaut:
„Welche kurz- wie auch langfristen Maßnahmen zur Sicherstellung einer ausreichenden tierärztlichen Versorgung auf dem Land treffen Sie?“
*****
Präsidentin Margit Göll: Herr Bundesminister, bitte.
Bundesminister
für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Vielleicht darf ich auch da ein bisschen
ausholen: Dass es zu einer Veränderung im Bereich der
Veterinärmedizin kommen wird,
wissen wir. Bereits im April 2019 wurde das in einer Studie des IHS zur
tierärztlichen Versorgung in Österreich, die von meinem Ressort
in Auftrag gegeben wurde, auch aufgezeigt. Das haben wir übrigens
gemeinsam mit der Tierärztekammer und mit der Vetmeduni gemacht.
Es ist unbestritten, und da trifft sich dann wohl die
Veterinärmedizin auch mit der Humanmedizin, dass im ländlichen Raum
derartige Defizite bestehen.
Die Herausforderungen liegen auch da darin, ein attraktives Umfeld
zu schaffen – auch für Tierärztinnen und Tierärzte.
Das betrifft sowohl ein entsprechendes Lohnniveau als auch die
Arbeitsbedingungen.
Da haben wir wirklich dasselbe Thema wie auch in der Humanmedizin.
Wir haben uns auch sehr früh dafür eingesetzt,
Initiativen gesetzt, um die Versorgung der Nutztierbestände
abzusichern. Bereits 2022 wurden mit
dem Tierarzneimittelkontrollgesetz die Neugestaltung der Bestimmungen zu den
Tiergesundheitsdiensten unter Einführung der verpflichteten Betriebsbesuche und
Betreuungsverhältnisse umgesetzt.
In der jüngsten Vergangenheit, 2021, wurde der
Rechtsrahmen, das Tierärztegesetz, dahin gehend geändert, dass
die Zusammenarbeit und die Gründung
von Gruppenpraxen oder Tierärzt:innengemeinschaften möglich geworden sind –
Sie sehen: auch da eine Parallele zur Humanmedizin –, und damit ist
es gelungen, der Forderung nach Angestelltendienstverhältnissen auch
in der Tierärzt:innenschaft gerecht zu werden.
Ganz aktuell haben wir
mit der Implementierung des neuen europäischen Tiergesundheitsrechtes
durch das im März hier im Bundesrat behandelte neue österreichische
Tiergesundheitsgesetz auch einen Meilenstein gesetzt.
Es wird jetzt die Zusammenarbeit zwischen Tierhaltern und Nutztierpraktikern weiter verstärkt, insbesondere mit Fokus auf Beratung und Betreuung.
Wir haben mit der Gründung des Vereins Tiergesundheit
Österreich 2023 einen Schritt gemacht. Da gibt es auch Förderungen
von Beratungsmodulen
für die Tierärzteschaft. Wir haben wiederholt auch gemeinsam mit den
Vertretern der Landwirtschaftskammern und der Tierärztekammern
über die Etablierung von Notdienstsystemen in den Bundesländern
diskutiert. Da wurden in den letzten Jahren –
bundesländerspezifisch sehr unterschiedlich –
Lösungen angeboten und eingerichtet.
Die Attraktivität des Arbeitsplatzes in der
Nutztiermedizin muss allerdings auch von den Arbeitgeber:innen durch
entsprechende Rahmenbedingungen
einfach verbessert und abgesichert werden.
Letzter Hinweis zur Zuständigkeit: Die Sicherstellung
der tierärztlichen Versorgung ist natürlich einmal mehr
grundsätzlich Aufgabe der Bundesländer
in Zusammenarbeit mit der österreichischen Tierärztekammer.
Präsidentin Margit Göll: Herr Bundesrat, wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.
Bundesrat Ferdinand Tiefnig (ÖVP, Oberösterreich): Herr Minister, Sie haben von der Attraktivierung des Berufes Tierarzt gesprochen. Welche Maßnahmen sollen kurz- und langfristig für die Attraktivierung des Berufes Tierarzt gesetzt werden?
Präsidentin Margit Göll: Bitte, Herr Bundesminister.
Bundesminister
für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Ich versuche, es kurz taxativ
aufzuzählen: die Novelle des Tierärztegesetzes 2021 und da wie
gesagt die Möglichkeit zur Schaffung von Gruppenpraxen; insbesondere
wichtig: bessere Work-Life-Balance, das gilt auch für den Bereich der
Tierärzt:innen, durch diese neue Form der Praxis. Wir
sind wie gesagt im Austausch mit der Tierärztekammer und der Vetmeduni, um auch mit den Bundesländern weitere Maßnahmen zu erarbeiten.
Es wird, kurz gesagt, nicht anders gehen, als dass sich die Attraktivierung des Berufes auch monetär abbildet. Das heißt, eine bessere Bezahlung wird der Schlüssel sein, um à la longue auch die Versorgung sicherzustellen. Sonst wird dort nicht – wie soll ich sagen? – das Ausweichen in die Wahlarztpraxis stattfinden, sondern dann wird halt die Kleintierpraxis das gängige Modell und das attraktivere Modell sein und nicht die Versorgung der landwirtschaftlichen Nutztiere.
Präsidentin Margit Göll: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Frau Bundesrätin Mag. Bettina Lancaster zu Wort gemeldet – Bitte.
Bundesrätin Mag. Bettina Lancaster (SPÖ, Oberösterreich): Herr Minister, Sie haben ein Tierschutzgesetz in die Begutachtung geschickt, und es sind weit über 800 Stellungnahmen zum Entwurf eingelangt.
Sind Sie bereit, diese Stellungnahmen einzuarbeiten und noch einmal eine Begutachtung zu starten?
Präsidentin Margit Göll: Bitte, Herr Bundesminister.
Bundesminister
für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Also nicht alle 800, um es gleich zu sagen;
alle
werden wir nicht einarbeiten.
Wir haben jetzt natürlich gesichtet und sortiert. 60
davon sind jedenfalls in der Substanz so gewichtig, dass sie einer tieferen
oder näheren Betrachtung unterzogen werden. Da wird jetzt der übliche
Prozess stattfinden, sozusagen eine Prüfung, was davon noch eingearbeitet
werden kann, soll. Eine
weitere Begutachtung ist nicht vorgesehen.
Präsidentin Margit Göll: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Günter Pröller zu Wort gemeldet. – Bitte.
Bundesrat
Günter Pröller (FPÖ, Oberösterreich): Herr Minister, der österreichische
Dachverband der über 100 österreichischen Hundeverbände
kritisiert die Ankündigung, wonach Teile des Gebrauchshundesports
verboten werden sollen.
Österreich zählt
neben Deutschland zu einer der erfolgreichsten Hundesportnationen
weltweit. Außerdem wird die Gebrauchshundeausbildung vor allem
als Zuchtselektion für Diensthunde von Polizei, Militär und
Rettungshundestaffel verwendet.
Warum wollen Sie den
Gebrauchshundesport in Österreich verbieten,
obwohl er in der Form EU- und auch weltweit anerkannt ist?
Präsidentin Margit Göll: Bitte, Herr Bundesminister.
Bundesminister
für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Das ist meine Lieblingsfrage bisher. (Heiterkeit
bei den Grünen sowie bei Bundesrät:innen von ÖVP und SPÖ.) –
Ernsthaft, denn mit dieser
Materie habe ich mich wirklich bis ins Detail auseinandergesetzt und habe am
Ende eine Lösung gefunden, mit der alle einverstanden sind; und zwar
sind die Stakeholder eingebunden worden, und wir haben explizit Regelungen
herausgenommen, mit denen sozusagen ein Totalverbot verankert
worden wäre.
Und man muss schon auch den
Hintergrund kennen: Es geht einfach nicht an, dass wir in Österreich
wiederholt Vorfälle haben, bei denen Hunde
Menschen Schaden zufügen, bis hin zum Tod. Das geht nicht an, und dagegen anzugehen und sozusagen eine Grundausbildung, ein
Grundverständnis –
wie habe ich mit einem Tier umzugehen? – zu verankern, auch
gesetzlich zu verankern, das war längst überfällig. Das ist mit
Augenmaß geschehen.
Es waren bei der
Präsentation des Gesetzes Vertreter der Diensthundestaffel der Polizei mit
dabei, die das begrüßt haben. Das heißt, es ist Sorge
dafür getragen worden, mit Augenmaß vorzugehen, damit alle auch
einigermaßen zufrieden sind, aber die Erreichung des Grundzieles,
des Schutzes
der Bevölkerung vor gefährlichen Hunden oder gefährlichen
Hundehaltern, gewährleistet ist. (Beifall bei den Grünen sowie bei
Bundesrät:innen
von ÖVP und SPÖ.)
Präsidentin Margit Göll: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Frau Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger zu Wort gemeldet. – Bitte sehr.
Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger (Grüne, Oberösterreich): Ich bedanke mich auch als Hundebesitzerin für die Aussage, die gerade getroffen worden ist, möchte jetzt aber noch einmal gerne auf die tierärztliche Versorgung zurückkommen.
Ich
persönlich – von meiner Empfindung her – lebe in
einem Gebiet, in dem wir sehr gute tierärztliche Versorgung haben. Meine
Frage zielt aber darauf
ab: Gibt es regionale Unterschiede in der tierärztlichen Versorgung?
Präsidentin Margit Göll: Bitte, Herr Bundesminister.
Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Ja, natürlich gibt es die.
Was ich sehe, ist –
ich nenne jetzt mein eigenes Bundesland, Vorarlberg, aber auch Tirol,
Salzburg –: In einigen Tälern und entlegenen Gebieten
haben wir natürlich Probleme bei der Nachbesetzung von
Tierärztestellen.
Das ist unzweifelhaft so, und ich beantworte dazu auch
regelmäßig parlamentarische Anfragen, auch nach konkreten Zahlen.
Für Detailauskünfte ist aber die Datenlage bisher nicht ausreichend,
weil eben Tierärzt:innen
ihren Beruf im gesamten Bundesgebiet ausüben können und dazu wirklich
keine validen Daten vorliegen. Wir sind jetzt dabei, für die Verbesserung
der Datenlage im Hinblick auf die Besetzung der Stellen gemeinsam mit den
Ländern, der Tierärztekammer und der Vetmeduni die Grundlagen zu
schaffen.
Präsidentin Margit Göll: Wir gelangen nun zur 6. Anfrage, 1956/M-BR/2024.
Ich bitte die Anfragestellerin
Elisabeth Grimling um die Verlesung ihrer
Anfrage.
Bundesrätin Elisabeth Grimling (SPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister!
„Werden Sie
die ungerechte und für die kommenden 10 Jahre auch frauendiskriminierende
Aliquotierung der ersten Pensionsanpassung noch in
dieser Legislaturperiode abschaffen?“
Präsidentin Margit Göll: Bitte, Herr Bundesminister.
Bundesminister für Soziales,
Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Die Frage der Abschaffung der Aliquotierung hat nicht nur
den Bundesrat, sondern auch den Nationalrat mehrfach beschäftigt. Es wurde
auch im Nationalrat so diskutiert, dass es da immer wieder auch
Vorstöße gegeben hat. Wir als Bundesregierung haben es jetzt
befristet gemacht.
Und: Nein, es ist nicht vorgesehen, jetzt eine generelle Abschaffung zu verankern.
Die Aliquotierung wurde
eingeführt, um Pensionsbezieherinnen und -beziehern mit unterschiedlichen
Stichtagen innerhalb eines Kalenderjahres ein
annähernd gleiches Lebenspensionseinkommen zu gewährleisten. Dass
dies damit tatsächlich der Fall ist, kann auch rechnerisch belegt werden.
Ob weitere Eingriffe für die einzelnen Jahre notwendig
sind, kann erst dann abschließend beurteilt werden, wenn die
Inflationsschätzung auch da ist.
Die haben wir noch nicht. Dazu muss ein Großteil der Inflationsraten des
Zeitraums vom August 2024 bis 2025 bekannt sein.
Die Abschaffung der
Aliquotierung ist ja auch von – weiß ich nicht
mehr –, ich glaube, der Arbeiterkammer eingeklagt worden. Es gibt
dazu ein Höchstgerichtsurteil, weil ja die Verfassungsmäßigkeit
der Aliquotierung infrage gestellt worden ist. Diese ist gegeben.
Präsidentin
Margit Göll: Frau Bundesrätin,
wird eine Zusatzfrage
gewünscht? – Bitte.
Bundesrätin Elisabeth Grimling (SPÖ, Wien): Herr Bundesminister, die Frage der lebenslangen Pensionsverluste bei hoher Inflation durch die um zwei Jahre verzögerte Aufwertung der Gesamtgutschrift im Pensionskonto ist nach wie vor ungelöst.
Werden Sie eine sogenannte
Schutzklausel als Dauerlösung für die Aufwertung im Pensionskonto
oder zumindest für den Pensionsjahrgang 2025 noch
in dieser Legislaturperiode zur Beschlussfassung vorlegen?
Präsidentin Margit Göll: Herr Bundesminister, bitte.
Bundesminister
für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Auch hier die Antwort: Wir haben das im letzten
Jahr gemacht und schon damals den Hinweis dazu geliefert: Wir werden uns die
Entwicklung sehr genau anschauen. Wir haben es offen gelassen und
auch angekündigt, es allenfalls im Jahr 2024 – also
heuer – zu machen, wenn
die entsprechende Datenlage dazu vorhanden ist.
Das ist in Prüfung und es
kann keine abschließende Antwort gegeben werden, weil es davon
abhängt, wie sich die Inflationszahlen darstellen und ob
das eingepreist wird oder nicht. Jedenfalls war angekündigt: Wenn es
notwendig ist, werden wir das tun.
Präsidentin Margit Göll: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Frau Bundesrätin Barbara Prügl zu Wort gemeldet. – Bitte.
Bundesrätin
Barbara Prügl (ÖVP, Oberösterreich): Schönen Vormittag,
Herr Minister! Ja, mich würde die verfassungsrechtliche Betrachtung
interessieren, Sie haben es ja schon etwas angesprochen, aber dennoch
die Frage: Wie hat der Verfassungsgerichtshof die Aliquotierung beurteilt?
Präsidentin Margit Göll: Herr Bundesminister, bitte.
Bundesminister
für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Der Verfassungsgerichtshof hat sich, wie ich
schon
kurz ausgeführt habe, mit der Verfassungskonformität der
Aliquotierungsregelung auseinandergesetzt und konnte die
verfassungsrechtlichen Bedenken vollumfänglich entkräften. Dieses
Erkenntnis ist auch ergangen. Im
Rahmen des dem Gesetzgeber eingeräumten Gestaltungsspielraums zur Erhaltung
der Kaufkraft von Pensionen ist dieses Modell der verzögerten
Anpassung zulässig. Das hat der VfGH so entschieden. Laut ständiger
Rechtsprechung des VfGH kann von Durchschnittsbetrachtungen
ausgegangen
und auf den Regelfall abgestellt werden. Dass dabei Härtefälle
entstehen, macht das Gesetz nicht gleichheitswidrig. Das ist das Erkenntnis des
Verfassungsgerichtshofes, und das habe ich so auch ausgeführt.
Präsidentin Margit Göll: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Klemens Kofler zu Wort gemeldet. – Bitte.
Bundesrat
Klemens Kofler (FPÖ, Niederösterreich):
Grüß Gott, Frau
Präsident! Grüß Gott, Herr Minister! Meine Frage: Wann wird die
Pflege durch pflegende Angehörige endlich auf die Pension angerechnet? Ich
meine
damit alle Pflegenden, nicht nur die, die in Pflegekarenz waren.
Präsidentin Margit Göll: Herr Bundesminister, bitte.
Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Wir haben bei der Pflegereform eins und bei der Pflegereform zwei eine Reihe von Verbesserungen für die pflegenden Angehörigen vorgenommen. Wir wissen, dass es noch Wünsche gibt, insbesondere bei der
Anrechnung von
Pensionszeiten oder der Anrechnung auf Pensionszeiten nachzubessern. Das
wird Gegenstand einer Evaluierung der jetzigen Schritte in den
Pflegereformschritten eins und zwei sein, wird aber in dieser Legislaturperiode
nicht mehr stattfinden, weil es dazu eine Auswertung der Evaluierung braucht,
die im Herbst erst vorliegen wird. (Bundesrat Kofler: Da wartet ihr
dann auf unsere Regierung!)
Präsidentin Margit Göll: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Frau Bundesrätin Mag. Elisabeth Kittl zu Wort gemeldet. – Bitte.
Bundesrätin
MMag. Elisabeth Kittl, BA (Grüne, Wien):
Guten Morgen,
Herr Minister! Die Frage geht in Richtung Pensionen und Inflation –
Frauen sind ja vor allem von geringen Pensionen betroffen und dadurch auch von
der Inflation. Welche Maßnahmen haben Sie in der Bundesregierung gesetzt,
um Pensionistinnen sozusagen vor der Inflation zu schützen?
Präsidentin Margit Göll: Herr Bundesminister, bitte.
Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Wir haben dazu Folgendes: die soziale Staffelung und Einmalzahlungen bei der Pensionsanpassung 2023, die außertourliche Erhöhung der Ausgleichszulage in den Jahren 2021 bis 2023, die generelle Erhöhung der Pensionen um 9,7 Prozent bei der Pensionsanpassung, die Einführung einer Schutzklausel bei der Aufwertung des Pensionskontos für neue Pensionist:innen 2024, die gesetzliche Aussetzung der Aliquotierung für die Jahre 2024 und 2025.
Generell konnte die Kaufkraft der Pensionistinnen auch in
dieser
Zeit der besonders hohen Inflation aufrechterhalten werden – auch
durch die Einmalzahlungen, die geleistet worden sind.
Präsidentin
Margit Göll: Wir gelangen nun zur
7. Anfrage, 1954/M-BR/2024, und ich darf den Anfragesteller, Herrn
Bundesrat Christoph Steiner,
um die Verlesung seiner Anfrage bitten.
Bundesrat
Christoph Steiner (FPÖ, Tirol): Herr
Minister, Sie wissen ja, die Coronazeit war eine wahnsinnig verrückte
Zeit. Es sind viele Sachen passiert, bei denen es hoffentlich auch die
Regierung mittlerweile so sieht, dass man
das anders machen wollen würde – hoffentlich sieht es die
Regierung mittlerweile auch so.
Es sind ja in dieser Zeit viele Wahnsinnigkeiten passiert,
unter anderem
auch die Beschaffung von Impfdosen in Mengen, die kein Mensch braucht. Jetzt
haben wir ja immer noch so viele Impfdosen zu vernichten, und daher
meine Frage:
„Wie viele Covid-Impfstoffdosen wurden seit 2021 insgesamt vernichtet?“
Präsidentin Margit Göll: Herr Bundesminister, bitte.
Bundesminister für Soziales,
Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Auf diese präzise Frage eine präzise Antwort:
17,8 Millionen Impfdosen wurden aufgrund der
Haltbarkeitsüberschreitung vernichtet. Die Kosten für die Entsorgung
dieser Impfstoffe hat
rund 129 000 Euro betragen.
Präsidentin Margit Göll: Herr Bundesrat, wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.
Bundesrat Christoph Steiner (FPÖ,
Tirol): Aufgrund der desaströsen
Covid-Politik haben wir ja jetzt auch einen – durchaus
mitverursachten – Notstand an Pflegern und an Ärzten. Daher
meine Frage: Wie viel ärztliches, medizinisches und Pflegepersonal hat aufgrund
der von der Regierung angedrohten und dann auch umgesetzten Impfpflicht ihren
so wertvollen Job in den Krankenhäusern und Alten- und Pflegeheimen
gekündigt?
Präsidentin Margit Göll: Herr Bundesminister, bitte.
Bundesminister für Soziales,
Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Da es keine Zahlen dazu gibt, aus welchen Gründen
Menschen ihr Beschäftigungsverhältnis kündigen, kann ich das
nicht präzise beantworten. Es lässt sich nur entlang der
Beschäftigungsstatistik nachverfolgen. Wir haben im Übrigen bei den
ärztlichen Berufen, bei den Gesundheits- und Pflegeberufen insgesamt einen
Zuwachs an Beschäftigten im System. Das heißt, die Anzahl der
Menschen, die dort diesen Beruf angetreten haben,
ist gestiegen.
Wir haben – um das
auch noch zu sagen; die Zahl ist bekannt – logischerweise im Bereich
der Pflege einen Bedarf von etwa 80 000 Personen zusätzlich
bis 2030. Dem versuchen wir entgegenzutreten, indem wir besser bezahlen, zusätzliche
Urlaubswochen anbieten, die Arbeitsbedingungen verbessern.
Das ist jetzt über die 15a-Vereinbarung und den Finanzausgleich abgesichert.
Wir versuchen, über die vermehrte Ausbildung und Attraktivierung der
Ausbildung gegenzusteuern – auch das läuft –, um den
Bedarf zu decken. Was uns auch beschäftigt, ist die Frage der Anwerbung in
Drittstaaten.
Präsidentin Margit Göll: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Frau Bundesrätin Sandra Böhmwalder zu Wort gemeldet. – Bitte.
Bundesrätin Sandra Böhmwalder (ÖVP, Niederösterreich): Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Bundesminister! Wie viele Todesfälle und schwere Krankheitsverläufe wurden in Österreich durch die Covid-19-Impfung vermieden?
Präsidentin Margit Göll: Herr Bundesminister, bitte.
Bundesminister
für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Dazu gibt es internationale Studien, die
sich der
Frage gewidmet haben: Welchen Impact hat das gehabt? Dazu gibt es auch Zahlen
zu Österreich:
Im Zeitraum vom 1.2.2021 bis 18.11.2021 wurden
österreichweit
etwa 19 000 Krankenhausaufenthalte, etwa 6 000 Aufenthalte
in Intensivstationen und etwa 6 100 Todesfälle vermieden.
Das sind die Zahlen,
die von den internationalen Studien, die dazu vorliegen, abgeleitet worden
sind.
Seitens der WHO wurden dazu umfangreiche Daten aus 34 europäischen Staaten evaluiert – ich treffe mich ja auch mit den Gesundheitsministern der EU-Mitgliedstaaten – und es wurde festgestellt, dass durch Covid-19-Impfungen insgesamt etwa 1,4 Millionen Todesfälle in Europa verhindert worden sind, davon allein in Österreich rund 25 000.
Die dritte Impfung hatte dabei die größte
Auswirkung auf die errechnete Reduktion, weil der überwiegende Anteil
der verhinderten Todesfälle die Altersgruppe der über
60-Jährigen, also die besonders Vulnerablen, betrifft. Dort ist zu beobachten gewesen, dass die
Krankheitsverläufe massiv abgemildert
werden konnten – und in letzter Konsequenz auch die Zahl der
Todesfälle.
Präsidentin Margit Göll: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Frau Bundesrätin Mag. Claudia Arpa zu Wort gemeldet. – Bitte.
Bundesrätin
Mag.a Claudia Arpa (SPÖ, Kärnten):
Schönen guten Morgen,
Frau Präsidentin! Herr Minister! Die Coronapandemie ist ja mit vielen
Fehlern und entstandenen Verwerfungen zu Ende gegangen. Die nächste
Pandemie kann bald wieder vor der Tür stehen. Wo sehen Sie denn die
größten Fehler und Versäumnisse bei der Bewältigung der
Coronapandemie, und haben Sie vielleicht schon eine Strategie für eine
mögliche zukünftige Pandemie?
Präsidentin Margit Göll: Herr Bundesminister, bitte.
Bundesminister
für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Die Frage nach den Fehlern, die gemacht
worden sind, beantworte ich persönlich immer so: Es ist
natürlich immer leichter, im Nachhinein zu urteilen, weil
man in der Situation selbst vieles noch nicht gewusst hat. Vieles an Wissen,
das wir heute über die Covid-Erkrankung haben, ist ja
durch wissenschaftliche Forschung und durch die Evaluierung, die wir in diesem Bereich gemacht haben, entstanden.
Was wir schon getan haben,
aufbauend auf den Erfahrungen nicht nur
in Österreich, sondern in Europa und auch weltweit, ist, zusammenzutragen,
welcher Mitgliedstaat der EU, welcher Staat welche Maßnahmen mit
welcher Wirkung gesetzt hat, um darauf aufbauend einen Pandemieplan zu erarbeiten –
diesen haben wir, er liegt vor –, um darin Handlungsanleitungen für einen
nächsten Fall zu verankern, der hoffentlich nicht kommen wird –
der Wahrscheinlichkeit nach wird es aber wohl so sein, dass Pandemien
weiter auftreten –, um zu klären:
Welche Maßnahmen sind in
Wirkung gekommen? Wo sind – unter Anführungszeichen –
„Fehler“ gemacht worden? War es adäquat, Massentestungen an Unsymptomatischen
in dieser Dimension abzuwickeln, mit Folgekosten von 4 Milliarden Euro,
oder ist es nicht besser, zielgerichteter zu testen?
War es adäquat, Schulen zu schließen oder die
Zugangsbeschränkungen zu Alten- und Pflegeheimen dermaßen
restriktiv zu handhaben? – Beide
Fragen würde ich persönlich in der Rückschau differenzierter
beantworten, weil wir gerade im Bereich der Schulen Bildungsdefizite
feststellen, die schwer aufholbar sind, und in Alten- und Pflegeheimen
Ähnliches.
Bis hin zur Kommunikation, zur
Medikamentenbevorratung, zur Impfstoffbevorratung, zur Abwicklung der
Impfungen ist also eine ganze Reihe von Erkenntnissen in diesen Pandemieplan,
auf den aufgebaut werden kann, eingeflossen, weil man ja davon ausgehen
muss, dass die Nächsten, die das
dann zu managen haben, nicht mehr dieselben sind, die das jetzt gemacht haben.
Präsidentin
Margit Göll: Zu einer weiteren
Zusatzfrage hat sich Herr
Bundesrat Marco Schreuder gemeldet. – Bitte.
Bundesrat Marco Schreuder (Grüne, Wien): Frau Präsidentin! Herr Minister! Wie viele Covid-Impfungen wurden eigentlich in Österreich – ich sage im Zusatz:
trotz der desaströsen FPÖ-Politik – verabreicht? Und: Wie viele Covid-19-Impfstoffe wurden eigentlich gespendet?
Präsidentin Margit Göll: Herr Bundesminister, bitte.
Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Diese Frage ist deshalb wichtig, weil sie auch mit der Impfschadendebatte und den entsprechenden Zahlen im Zusammenhang steht. Wenn man die Anträge, die gestellt worden sind, ins Verhältnis setzt – die Anzahl der genehmigten Verfahren habe ich schon dargestellt, etwa 2 000 –: Bis 31.3.2024 wurden in Österreich etwa 21 Millionen Covid-Impfungen verabreicht, im Impfpass dokumentiert, davon seit Anfang September 2023, also in der vergangenen Impfsaison, 615 000 Impfungen. Und wir haben insgesamt 9,7 Millionen Impfstoffdosen gespendet.
Präsidentin Margit Göll: Wir kommen zur 8. Anfrage, 1960/M-BR/2024. Ich bitte die Anfragestellerin, Bundesrätin Bernadette Geieregger, um die Verlesung ihrer Anfrage.
Bundesrätin Bernadette Geieregger, BA (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Es gibt jetzt ja auch Änderungen bei den HPV-Impfungen. Meine Frage:
„Welche Jahrgänge sollen bei der von Ihnen angekündigten Ausweitung der kostenlosen HPV-Impfung bis 30 Jahre konkret umfasst sein?“
Präsidentin Margit Göll: Herr Bundesminister, bitte.
Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Das ist – an dieser Stelle – meine zweite Lieblingsfrage, weil damit die Wichtigkeit der HPV-Impfung dokumentiert wird. Ich möchte das anhand eines Gesprächs, das ich mit der australischen Gesundheitsministerin hatte, deutlich machen.
Australien ist in dieser Frage
der HPV-Impfungen ein Vorbild, denn das gibt es dort nicht mehr! Australien hat
es mit einer Durchimpfungsrate von
90 Prozent geschafft, HPV komplett auszurotten. Eine HPV-Infektion zu
haben, die übrigens nicht nur – großer Irrtum in der
Gesellschaft – Frauen, sondern durchaus auch Männer betrifft,
bedeutet ziemlich üble Erkrankungen, Krebserkrankungen an bestimmten
Geschlechtsteilen.
Wir haben jetzt den ersten
Schritt gemacht, die HPV-Impfung bis 21 gratis anzubieten. Sie senkt
übrigens das Risiko um bis zu 90 Prozent, um das auch
noch dazuzusagen. Die geplante Ausweitung der kostenlosen HPV-Impfung bis zum
30. Geburtstag ist ein weiterer Meilenstein, finde ich. Die Grundsatzeinigung
wurde am 4.3.2024 durch die Zielsteuerungspartner erreicht; das ist ja eine
Angelegenheit, in der Bund, Länder und Sozialversicherung sich einigen
müssen.
Wir haben, um das auch noch
dazuzusagen, jetzt die Situation so, dass die HPV-Impfung für Personen
unabhängig vom Geschlecht vom vollendeten 9. bis
zum vollendeten 30. Lebensjahr empfohlen wird. Das ist diese
Stichtagsregelung. Derzeit sind bis zum 21. Geburtstag zwei Impfungen
empfohlen, danach
drei, und mit der Ausweitung des kostenfreien Impfangebotes ist geplant, das
Zweidosenschema bis zum 30. Geburtstag – das ist der
Stichtag –
auszuweiten.
Wir sind jetzt in den konkreten
Abstimmungsgesprächen, was die Ausgestaltung angeht. Meine Zielsetzung
oder mein Wunsch wäre es natürlich, die HPV-Impfung dauerhaft in
einem nationalen Impfprogramm zu verankern. Es ist jetzt für zwei Jahre finanziert.
Diese Ausweitung bis zum 30. Geburtstag ist
befristet, auch abgestimmt mit den Finanzierungspartnern in der Zielsteuerungskommission,
also Sozialversicherung, Länder und Bund. Eigentlich
gehört die HPV-Impfung langfristig in einem nationalen Impfprogramm verankert.
Präsidentin
Margit Göll: Frau Bundesrätin,
wird eine Zusatzfrage
gewünscht? – Bitte sehr.
Bundesrätin
Bernadette Geieregger, BA (ÖVP, Niederösterreich): Sie haben es schon angesprochen: Bisher war die
zweifache Impfung ja für alle
Personen bis 21 Jahre gratis. Wie bewerten Sie den bisherigen Erfolg
dieses Pakets?
Präsidentin Margit Göll: Herr Bundesminister, bitte.
Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Das lässt sich, obwohl ich es jetzt nicht dabei habe, relativ klar in Zahlen belegen. Wir hatten davor pro Jahr in etwa 55 000 HPV-Impfungen, und aufgrund des Angebotes, das jetzt bis 21 Jahre gratis machen zu können, haben wir diese Anzahl verdoppelt.
Das ist aber eine vorläufige Zahl, weil die Nachfrage nach wie vor steigt. Und bei einer einzigen Impfaktion, die die Stadt Wien gemeinsam mit den Studentenvertretungen an der Hauptuni gemacht hat, konnten an einem einzigen Vormittag 300 Impfungen abgegeben werden.
Präsidentin Margit Göll: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Horst Schachner zu Wort gemeldet. – Bitte sehr.
Bundesrat Horst Schachner (SPÖ, Steiermark): Frau Präsidentin! Herr Minister! Warum sind noch immer nicht alle empfohlenen Kinderimpfungen in das kostenlose Kinderimpfprogramm aufgenommen?
Präsidentin Margit Göll: Herr Bundesminister, bitte.
Bundesminister
für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Auch da ist die Auskunft: Es gibt jetzt
über den Finanzausgleich 19 Millionen Euro pro Jahr für
Impfungen und Impfprogramme. Es ist im
Zuge des Finanzausgleichs festgelegt worden, dass im nationalen Impfprogramm
jetzt die Influenzaimpfung beinhaltet ist – das war ohnehin eine
ziemliche Challenge, das hinzubekommen, weil über die Finanzierung
gestritten worden
ist –, die Covid-Impfung enthalten ist und die HPV-Impfung jetzt bis 30 in – wie soll ich sagen? – Schritten.
Über die weitere
Verankerung wird die Zielsteuerungskommission entscheiden, das heißt, es
wird eine Prioritätenreihung geben müssen, welche Impfungen in welche
Programme eingespeist werden, auch entlang des Austausches mit den
Fachgesellschaften, weil da ja eine Priorisierung vorgenommen werden muss.
Es gibt Wünsche, die Herpes-Zoster-Impfung zu verankern, es gibt
Wünsche, im Kinderimpfprogramm weitere Impfungen zu verankern.
Das wird jetzt auch entlang von Fachmeinungen der Fachgesellschaften gereiht
werden: Was hat den besten Impact und was muss entlang der Gefährlichkeit priorisiert
werden?
Präsidentin
Margit Göll: Zu einer weiteren
Zusatzfrage hat sich Herr
Bundesrat Markus Leinfellner zu Wort gemeldet. – Bitte.
Bundesrat
Markus Leinfellner (FPÖ, Steiermark):
Frau Vorsitzende! Herr Minister! Ich habe in einer meiner letzten
Anfragebeantwortungen die Auskunft bekommen, dass die
Krankenversicherungskosten für Asylwerber in
drei Jahren mehr als 100 Millionen Euro betragen.
Mich würde interessieren: Wie hoch sind die Kosten der HPV-Impfung nach dieser Ausweitung für Asylwerber?
Präsidentin Margit Göll: Herr Bundesminister, bitte.
Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Das kann ich Ihnen aus dem Stand nicht beantworten. Die Antwort muss ich nachliefern.
Präsidentin Margit Göll: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Frau Bundesrätin Simone Jagl zu Wort gemeldet. – Bitte.
Bundesrätin Simone Jagl (Grüne, Niederösterreich): Die Frage ist: Warum handelt es sich bei der angekündigten Maßnahme um eine Nachholimpf-
aktion, obwohl ja die Impfung bis jetzt schon bis 30 empfohlen wurde? (Die Rednerin versucht erfolglos, das zu hoch eingestellte Mikrofon entsprechend niedriger zu positionieren. – Heiterkeit bei der FPÖ. – Ein Mitarbeiter der Parlamentsdirektion kommt zu Hilfe.) – Aber ich wurde gehört. – Danke.
Präsidentin Margit Göll: Herr Bundesminister, bitte.
Bundesminister
für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Ja, ich habe sie gehört, ich kann die
Frage wiederholen: Warum handelt es sich bei den angekündigten
Maßnahmen um eine Nachholimpfaktion, obwohl die Impfung bis 30
empfohlen ist? – Es handelt sich um eine zeitlich begrenzte
Nachholimpfaktion für Personen bis zum 30. Lebensjahr,
da die Impfung prinzipiell für Kinder vom vollendeten 9. bis zum
vollendeten 12. Lebensjahr empfohlen ist. Am besten erfolgt die Impfung
wie gesagt
bei Kindern in diesem Alter.
Nach dem 31.12.2025 bleibt die
kostenlose HPV-Impfung bis zum 21. Lebensjahr bestehen,
unabhängig davon, ob die Ausweitung bis 30, die ich für
sinnvoll halte, in der Zielsteuerungskommission weiter vereinbar ist. Wie ich
ausgeführt habe: Ich hielte die dauerhafte Verankerung der HPV-Impfung in einem
nationalen Impfprogramm bis zum 30. Lebensjahr gesundheitspolitisch
jedenfalls für sinnvoll.
Präsidentin
Margit Göll: Wir kommen nun zur
9. Anfrage, 1957/M-BR/2024, und ich bitte Anfragesteller Bundesrat Günter
Kovacs um die Verlesung
seiner Anfrage. – Bitte sehr.
Bundesrat Günter Kovacs (SPÖ,
Burgenland): Herr Bundesminister, Sie haben
vorhin gesagt, die Tierfrage, die Hundefrage war Ihre Lieblingsfrage. Ich
komme jetzt zu einer Anfrage, die für Sie vielleicht nicht so toll ist,
dabei geht es nämlich um die Inflation, um die Auswirkungen der Inflation.
Sie wissen
es: Österreich ist momentan Europameister, aber leider im negativen Sinn;
die
Inflationsrate liegt momentan bei 4,3 Prozent, aber nicht nur die Inflation, sondern auch die Shrinkflation und Skimpflation betreffen uns jetzt.
Ich komme gleich zur Anfrage:
„Welche konkreten
Maßnahmen werden Sie in Folge des Antrags 3941/A(E) der Regierungsparteien
setzen, aufgrund dessen Sie, gemeinsam mit dem
BM für Arbeit und Wirtschaft überprüfen sollen, ‚ob es
tatsächlich vermehrt zur Verringerung der Füllmengen bei
gleichbleibenden Packungsgrößen
gekommen ist‘?“
Präsidentin Margit Göll: Bitte, Herr Bundesminister.
Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Zunächst: Diese Frage beschäftigt nicht nur Österreich, sondern alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union, bis hin zum amerikanischen Präsidenten, der sich darüber aufgeregt hat, dass in bestimmten Packungen von Süßigkeiten nun ein Drittel weniger Inhalt ist, und der das nicht versteht.
Wir haben uns auf Grundlage
eines Beschlusses, der im Parlament
gefasst worden ist, gemeinsam mit dem Wirtschaftsministerium sehr intensiv
damit beschäftigt. Wir haben die vorhandenen Daten dorthin geliefert.
Wir haben die Daten, die dem Verein für Konsumenteninformation aus dem
sogenannten Lebensmittel-Check vorliegen, detailliert aufbereitet; wir
ermöglichen diesen Lebensmittel-Check im Übrigen auch durch
Förderungen. Das Wirtschaftsministerium beschäftigt sich derzeit nach
meinem Wissensstand mit der Problematik, ich gehe also davon aus,
dass dazu in Bälde Regelungsvorschläge kommen werden.
Insgesamt ist zu dieser Thematik zu sagen, dass wir
über den Verein für Konsumenteninformation Unternehmen auch klagen,
das heißt, wenn wir Kenntnis über besonders krasse Fälle
von Shrinkflation erlangen. Ich persönlich
halte das für eine Irreführung von Konsumentinnen und Konsumenten.
Ich halte das auch für einen unzulässigen Inflationstreiber.
Versteckte Preiserhöhungen – darum geht es
nämlich – unter dem Deckmantel verkleinerter
Packungsgrößen vorzunehmen, was aber nicht auf den ersten Blick
ersichtlich ist, das kann nicht angehen. Eine Firma, die auch genannt werden
kann, die Firma Manner, ist über den VKI geklagt worden, und da hat
der VKI mit seiner Klage auch recht bekommen. (Bundesrat Kovacs:
Danke,
Herr Minister!)
Präsidentin Margit Göll: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? (Bundesrat Kovacs: Gerne!) – Bitte, Herr Bundesrat Kovacs.
Bundesrat
Günter Kovacs (SPÖ, Burgenland):
Neben dieser Shrinkflation gibt es ja noch die Skimpflation, die noch viel
schwieriger zu überprüfen ist. Da
geht es um die Verwendung minderwertiger Inhaltsstoffe zum Zweck der Einsparung
bei der Produktion von Lebensmitteln, beispielsweise bei Markenprodukten –
eine Einsparung auf Kosten der Konsument:innen.
Welche Maßnahmen werden Sie ergreifen, um gegen diese Skimpflation vorzugehen?
Präsidentin Margit Göll: Bitte, Herr Bundesminister.
Bundesminister
für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Diesbezüglich kann ich darauf
hinweisen, dass es am 19.4. einen informellen Rat der
EU-Verbraucher:innenminister geben wird. Dieser
Rat wird auch dazu dienen, sich dieser Frage zu widmen.
Das ist dasselbe Ärgernis: Die Verwendung
geringwertigerer oder billigerer Inhaltsstoffe ist eine Irreführung
der Konsumentinnen und Konsumenten.
Im Übrigen wird es dann bei der Anfrage 10 – jener
betreffend Lebensmittelkennzeichnung – eh noch Thema sein, bei
der es darum geht, zu Regelungen zu kommen, die auch
international durchsetzbar und durchführbar sind. Es ist sozusagen einmal mehr ein Appell an eine
proeuropäische Haltung, denn
wenn es nicht gelingt, diese Konsumentenschutzfragen auf europäischer
Ebene so zu regeln, dass sie grenzüberschreitend Gültigkeit haben,
dann werden
wir scheitern. Wir werden es nicht hinbekommen, das als Österreich
alleine durchzusetzen, und dahin gehen die Bemühungen.
Ich glaube, es braucht diese Regelungen. Ich glaube, es
braucht auch konkrete Richtlinienvorschläge der Europäischen
Kommission. Es wird ja oft gesagt,
es gibt eine zu hohe Regelungsdichte oder zu viele Vorschriften, aber da
braucht es sie, weil der Schutz der Konsumentinnen und Konsumenten im Vordergrund steht.
Präsidentin Margit Göll: Zu einer weiteren Zusatzfrage zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Klara Neurauter. – Bitte sehr.
Bundesrätin Klara Neurauter (ÖVP, Tirol): Herr Minister, Sie haben es schon angedeutet: Europa ist diesbezüglich wichtig, aber welche Bestrebungen gibt es konkret auf europäischer Ebene, um diesen Mogelpackungen entgegenzuwirken?
Präsidentin Margit Göll: Bitte, Herr Bundesminister.
Bundesminister
für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Wir haben das mit Spannung beobachtet: Es
gab dazu schon eine Debatte im Ausschuss für Konsumentenschutz, weil es
dazu auch
schon Anträge gegeben hat, sich das französische Modell genauer
anzuschauen. Frankreich hat einen nationalen Legistikvorschlag vorgelegt, der
aber auf europäischer Ebene sozusagen nostrifiziert oder genehmigt werden
muss. Die Frist für das Begutachtungsverfahren beziehungsweise die
Stellungnahmen dazu hat mit 28. März geendet. Ein
einziges Land, nämlich Polen, hat dazu Bedenken angemeldet, und nicht die
Kommission, was darauf hindeutet,
dass in der Kommission jedenfalls die Erkenntnis Platz gegriffen hat, die ich
vorher versucht habe darzulegen: dass es wohl einen Regelungsbedarf gibt.
Meine Einschätzung ist, dass dieses französische Modell, wenn es
tatsächlich zur
Wirkung kommt, eine Blaupause für einen Kommissionsvorschlag sein könnte, um die Dinge zu regeln.
Präsidentin Margit Göll: Zu einer weiteren Zusatzfrage zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Andreas Arthur Spanring. – Bitte.
Bundesrat Andreas Arthur Spanring (FPÖ, Niederösterreich): Guten Morgen! Herr Minister, neben Fakeverpackungen und Fakenews gibt es auch immer mehr Fakeshops – natürlich online. Im Jahr 2023 gab es nach einer sehr hohen Dunkelziffer deshalb mehr als 28 000 Anzeigen.
Meine konkrete Frage an Sie
ist: Welche Maßnahmen haben Sie als Konsumentenschutzminister in der
Vergangenheit gesetzt, um unsere Bürger vor
solchen Fakeshops zu schützen?
Präsidentin Margit Göll: Bitte, Herr Bundesminister.
Bundesminister
für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Wir haben dazu eine Meldestelle
eingerichtet, in der konkreten Fällen auch nachgegangen wird. Das
heißt, wenn dort Meldungen eingehen
und konkrete Hinweise auftauchen, insbesondere in den von Ihnen angesprochenen
Fällen, wird dem nachgegangen und, wenn notwendig, auch mit
strafrechtlichen Schritten vorgegangen.
Sie haben es völlig richtig dargestellt: Das ist ein
Phänomen, das inzwischen grenzüberschreitend Platz greift,
hinter dem organisierte Betrugsstrukturen stehen und bei dem wirklich auch
Abzocke betrieben wird. Das
Problem in diesen Fällen ist oft, dass wir, um das verfolgen zu
können – wie soll ich sagen? –, wissen müssen,
wo die Anbieter und die Server ihren
Standort haben, die dann oft außerhalb von Europa beheimatet sind. Das
ist in all diesen Fragen der Verfolgung von digitalen kriminellen,
halbkriminellen
oder schrägen Geschichten eine Schwierigkeit. Da wird ebenfalls auf
europäischer Ebene versucht, den großen Techkonzernen, die wir alle
kennen –
die ich jetzt nicht nenne, um nicht Werbung zu machen –, bestimmte Regeln vorzugeben.
Da ist die Europäische Union im Unterschied zu anderen
Staaten Vorreiter – die USA machen das gar nicht, denn sie
würden da sozusagen die eigenen Unternehmen irgendwie an die Leine
legen –, weil dann auch Klagen und Strafzahlungen durchgesetzt
werden. Wenn es einmal Platz greift, dass bestimmte Methoden auf
Tätigkeiten zurückzuführen sind, die eine mangelnde Regelung
haben, wird auch mit Strafzahlungen agiert. Es wird nur möglich sein, dem
entgegenzuwirken, wenn Europa eine Vorreiterrolle einnimmt und klar sagt: Wir
sind nicht bereit, diese Machenschaften zu akzeptieren!,
und, wenn es um Konsumentenschutz geht, auch versucht, grenzüberschreitend
beispielsweise das Klagerecht durchzusetzen. – Ich muss als
Konsument
in Österreich die Möglichkeit haben, mich einer Verbandsklage auf
europäischer Ebene anzuschließen, weil ich das sozusagen alleine mit
meinen Mitteln,
die ich habe, nicht durchsetzen kann.
Präsidentin Margit Göll: Zu einer weiteren Zusatzfrage zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Mag. Elisabeth Kittl. – Bitte sehr.
Bundesrätin MMag. Elisabeth Kittl, BA (Grüne, Wien): Herr Minister, Sie haben es zuerst schon ein bisschen beantwortet – ich würde gerne wieder auf Österreich zurückkommen: In Ihrem Namen hat der VKI eben Klagen gegen die Shrinkflation-Praktiken eingebracht. Vielleicht wollen Sie noch ein bisschen davon erzählen, wie der Stand der Verfahren dazu ist.
Präsidentin Margit Göll: Bitte, Herr Bundesminister.
Bundesminister
für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Ich habe schon das Beispiel der Firma Manner
genannt. Es gibt ein zweites Beispiel: Ende 2023 hat der VKI in meinem Auftrag
eine Klage
gegen die Firma Iglo eingebracht. Der Anlassfall war, dass der Inhalt eines
Tiefkühlproduktes reduziert worden ist, die Verpackung aber ident
ist, gleich
geblieben ist. Das heißt, es war dieselbe Verpackung, in der einfach
weniger drin war – mit Ausnahme der geänderten, sehr klein
gedruckten Füllmengenangabe in Gramm; ansonst gab es keine
sichtbare Veränderung. Das ist unserer Ansicht nach eine Irreführung
der Konsumentinnen und Konsumenten.
In diesem Fall ist mit einem Urteil in der zweiten Jahreshälfte dieses
Jahres zu rechnen.
Präsidentin Margit Göll: Wir gelangen nun zur 10. Anfrage, 1961/M-BR/2024.
Ich bitte die Anfragestellerin Bundesrätin Johanna Miesenberger um die Verlesung ihrer Anfrage. – Bitte sehr.
Bundesrätin
Johanna Miesenberger (ÖVP, Oberösterreich): Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Minister!
Landwirtinnen und Landwirte und auch
immer mehr Konsumentinnen und Konsumenten wünschen sich mehr Transparenz
und Nachvollziehbarkeit bei Lebensmitteln. Wie ist der aktuelle Umsetzungsstand
bei der verpflichtenden Herkunftskennzeichnung bei verarbeiteten
Lebensmitteln?
*****
Die schriftlich eingebrachte Anfrage, 1961/M-BR/2024, hat folgenden Wortlaut:
„Wie ist der Stand der Umsetzung im
Hinblick auf eine verpflichtende
Herkunfts-Kennzeichnung bei verarbeiteten Lebensmitteln im Sinne von mehr
Transparenz?“
*****
Präsidentin Margit Göll: Herr Bundesminister, bitte.
Bundesminister
für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Seit 1. September 2023 gilt, wie wir
wissen, die verpflichtende Herkunftskennzeichnung in der
Gemeinschaftsverpflegung. Das war der
erste Schritt, den wir gemacht haben, um da voranzukommen. Hinsichtlich der
Herkunftskennzeichnung bei verpackten Lebensmitteln ist es deutlich komplizierter,
da erwarten wir einen Vorschlag der Europäischen Kommission, der im Rahmen
der Farm-to-Fork-Strategie vorgelegt werden soll. Zwischenzeitlich
bemühen wir uns, in einem Projekt die Auswirkungen der Herkunftskennzeichnung
bei verpackten Lebensmitteln gemeinsam mit
den beteiligten Stakeholdern darzustellen.
Die Umsetzung der Herkunftskennzeichnung bei verarbeiteten und verpackten Waren stellt sich durch längere Lieferketten und mehr Verarbeitungsschritten natürlich deutlich komplizierter dar.
Bei unserem Projekt, das wir lancieren – das Projekt heißt Kennzeichnung, Herkunft und Nachhaltigkeit bei verpackten Lebensmitteln –, erfolgt die Erstellung von Handbüchern zur Umsetzung der Kontrolle von produkt- und prozessbezogenen Kennzeichnungselementen. Ab Sommer 2024 soll ein Pilotversuch, beschränkt auf einen Lebensmittelsektor und ausgewählte Lebensmitteleinzelhändler, starten.
Präsidentin Margit Göll: Frau Bundesrätin, wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.
Bundesrätin Johanna Miesenberger (ÖVP, Oberösterreich): Sie haben angesprochen, dass auf nationaler Ebene bereits gearbeitet und diskutiert wird. Welche Stakeholder, die Sie angesprochen haben, sind in die Diskussionen eingebunden?
Präsidentin Margit Göll: Bitte, Herr Minister.
Bundesminister
für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Ich teile natürlich den Zugang, den Sie
ansprechen: Transparenz ist eine Grundvoraussetzung, um auch als Konsumentin,
als Konsument eine adäquate Entscheidung treffen zu können und um
tunlichst auch zu Lebensmitteln zu greifen, die regional produziert sind, die
unter
fairen Bedingungen für die Tiere produziert sind, die auch nachhaltig
produziert
sind. Wir sind da mit den Stakeholdern der Wirtschaftskammer, der Landwirtschaftskammer und des Lebensmitteleinzelhandels in Gesprächen.
Was eine Herausforderung darstellt, das sage ich auch ganz
offen, ist die Herkunftskennzeichnung in der gesamten Gastronomie. Ich und
auch die Landwirtschaft würden das sehr begrüßen und wollen. Das
scheitert aktuell am Widerstand der Wirtschaftskammer, was ich nicht verstehe,
denn ich glaube, dass die Herkunftskennzeichnung in der Gastronomie ein
Asset sein könnte, um auch im Tourismus für die auf Qualität
orientierte heimische Gastronomie ein Vorzeigemodell zu produzieren. Da
braucht es aber
wie gesagt noch Überzeugungsarbeit in der Wirtschaftskammer.
Präsidentin Margit Göll: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Stefan Schennach zu Wort gemeldet. – Bitte sehr.
Bundesrat Stefan
Schennach (SPÖ, Wien): Frau
Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Ich weiß nicht, ob
Sie auch soeben ein Déjà-vu-Erlebnis
hatten, nämlich insofern, dass ausgerechnet jene Fraktion über
Herkunftsbezeichnungen nachfragt, die seit über zehn Jahren dieses
EU-Lieferkettengesetz bekämpft. Ich darf Sie daher, da es neben
den Herkunftsbezeichnungen ja auch ein großer Wunsch von Konsumenten und
Konsumentinnen ist, keine Produkte aus Kinderarbeit, aus Zwangsarbeit oder
ähnlichen Dingen zu erhalten, Folgendes fragen:
Werden wir eine Chance haben, dass wir dieses Lieferkettengesetz genauso wie die Herkunftsbezeichnung noch erleben werden?
Präsidentin Margit Göll: Bitte, Herr Bundesminister.
Bundesminister
für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Die Abstimmung zum Lieferkettengesetz hat im
Europäischen Parlament stattgefunden; das Abstimmungsverhalten der
einzelnen
Fraktionen setze ich als bekannt voraus. (Bundesrat Schennach: Aber
die Umsetzung!) Die Umsetzung wird auf nationalstaatlicher Ebene
stattzufinden
haben. Das wird in die vertrauensvollen Hände der nächsten Bundesregierung gelegt werden.
Präsidentin
Margit Göll: Zu einer weiteren
Zusatzfrage hat sich Herr
Bundesrat Markus Steinmaurer zu Wort gemeldet. – Bitte sehr.
Bundesrat Markus Steinmaurer (FPÖ, Oberösterreich): Herr Minister! Die Lebensmittelkennzeichnung ist für viele Österreicher wichtig, daher meine konkrete Frage an Sie:
Welche Vorkehrungen sind
getroffen worden oder haben Sie getroffen, um eine einheitliche,
nachvollziehbare Herkunftskennzeichnung für zur Gänze –
also zu 100 Prozent und nicht wie üblich ab
50 Prozent – in Österreich hergestellte und
produzierte erwerbbare Lebensmittel zu gewährleisten?
Präsidentin Margit Göll: Herr Bundesminister, bitte.
Bundesminister
für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Ich habe versucht, darzulegen, dass bei der
Frage
der Lebensmittelkennzeichnung zwischen verarbeiteten Produkten und verpackten
Waren zu unterscheiden ist. Bei den nicht verarbeiteten Produkten und nicht
verpackten Waren ist es einfacher, weil der Gestaltungsspielraum
eher auf der nationalen Ebene zu sehen ist. Ich meine, da sind wir auf
einem guten Weg.
Bei den verpackten Waren gibt es schon allein entlang der Frage,
was genau denn alles ausgewiesen sein muss, erhebliche Differenzen innerhalb
der europäischen Mitgliedstaaten, ganz zu schweigen von den
Interessenlagen der Lebensmittelindustrie oder der Verpackungsindustrie. Das
heißt, dort zu Regelungen zu kommen, die dann nicht Insellösungen
darstellen, sondern auch nachvollziehbar und für die Konsument:innen
transparent sind, ist eine
Aufgabe, die europäisch gelöst werden muss; daran wird in der
Europäischen Union und in der Europäischen Kommission gearbeitet.
In Europa stehen wir vor der
Europawahl, es wird eine neue Kommission, ein neues Parlament geben, aber diese
Frage wird auf jeden Fall in die
nächste Periode der EU-Kommission hineinreichen, da dort auch die
Erkenntnis Platz gegriffen hat, dass es diese Regelung brauchen wird. Das gilt
auch
in anderen Fällen, über die wir heute nicht gesprochen haben, wie in
der Pharmalegislative. Wenn es grenzüberschreitende multinationale
Interessenlagen gibt, bei denen auf der einen Seite die
wirtschaftlichen Interessen der verarbeitenden Betriebe – der
Lebensmittelindustrie, der Verpackungsindustrie – stehen, aber
auf der anderen Seite dann in den Mitgliedstaaten die Konsumentinnen und
Konsumenten davon betroffen sind, dann muss
eine gesamteuropäische Lösung Platz greifen, und diese ist jedenfalls
in Ausarbeitung.
Bundesrat
Markus Steinmaurer (FPÖ, Oberösterreich): In Österreich ist
es so – Sie haben es angesprochen –, dass sich die
Wirtschaftskammer und die Landwirtschaftskammer
nicht einig sind. Gibt es da konkrete Vorstellungen?
Präsidentin Margit Göll: Es gibt keine Zusatzfrage zur Zusatzfrage.
Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Frau Bundesrätin Dipl.-Ing.in Dr.in Maria Huber zu Wort gemeldet. – Bitte sehr.
Bundesrätin
Dipl.-Ing. Dr. Maria Huber (Grüne, Steiermark): Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Minister! Sie sind
zwar schon kurz auf die Herkunftsbezeichnungen in der Gastronomie und
darauf, dass Ihnen das sehr wichtig ist, eingegangen, aber vielleicht
können Sie noch einmal kurz ein paar Worte
dazu sagen, was Sie sich da wünschen würden.
Präsidentin Margit Göll: Herr Bundesminister, bitte.
Bundesminister
für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Das habe ich gesagt: Es gibt jetzt in der
Gemeinschaftsverpflegung diesen Vorstoß, der im Übrigen
erfolgreich ist, auch angenommen
und umgesetzt wird, und ich halte die Nachvollziehbarkeit und das Wissen darüber, woher etwas kommt, für diejenigen, die es anbieten – also für die Gastronomie, um es klar zu sagen –, nicht für eine Hürde oder für ein Hindernis, sondern für ein Asset. Da muss, wie ich eben ausgeführt habe, noch Überzeugungsarbeit geleistet werden, namentlich bei der Wirtschaftskammer. Ich weiß, dass die Landwirtschaft das will und jedenfalls dort auch die Bemühungen im Gang sind. Wir arbeiten mit großer Hartnäckigkeit daran, diese Überzeugungsarbeit zu leisten.
Präsidentin Margit Göll: Die Fragestunde ist nun beendet.
Ich bedanke mich bei Ihnen, Herr Minister, für die Beantwortung der Fragen, herzlichen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)
Einlauf und Zuweisungen
Vizepräsident Dominik Reisinger (den Vorsitz übernehmend): Hinsichtlich der eingelangten und verteilten Anfragebeantwortungen,
jenes Verhandlungsgegenstandes, der gemäß Art. 42 Abs. 5 Bundes-Verfassungsgesetz nicht dem Mitwirkungsrecht des Bundesrates unterliegt,
eines Schreibens des Bundeskanzlers betreffend Amtsenthebung
des Herrn Staatssekretärs Florian Tursky durch den Herrn
Bundespräsidenten
mit Entschließung gemäß Art. 78 Abs. 2 in Verbindung
mit Art. 74 Abs. 3 Bundes-Verfassungsgesetz,
der Schreiben des Ministerratsdienstes des Bundeskanzleramtes betreffend den Aufenthalt des Bundeskanzlers und weiterer Mitglieder der Bundesregierung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union sowie
eines Schreibens des Generalsekretärs für auswärtige Angelegenheiten im Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten gemäß Art. 50 Abs. 5 Bundes-Verfassungsgesetz
verweise ich auf die im
Sitzungssaal verteilte Mitteilung gemäß § 41 Abs. 1
der Geschäftsordnung des Bundesrates, die dem Stenographischen Protokoll
dieser Sitzung angeschlossen wird.
Weiters eingelangt ist ein
Schreiben des Ministerratsdienstes des Bundeskanzleramtes betreffend den
Aufenthalt von Herrn Bundesminister für europäische und
internationale Angelegenheiten Mag. Alexander Schallenberg
vom
1. bis 14. April 2024 außerhalb der EU bei gleichzeitiger
Beauftragung
von Herrn Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz
Johannes Rauch am 4. und 5. April 2024 mit seiner Vertretung
gemäß Art. 73 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz,
ein Schreiben des Ministerratsdienstes
des Bundeskanzleramtes betreffend den Aufenthalt von Herrn Bundesminister
für Arbeit und Wirtschaft
Prof. Dr. Martin Kocher von 3. bis 5. April 2024
in Montenegro bei gleichzeitiger Beauftragung von Herrn Bundesminister für
Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft Mag. Norbert Totschnig
mit seiner Vertretung gemäß Art. 73 Abs. 1
Bundes-Verfassungsgesetz sowie
ein Schreiben des Ministerratsdienstes des Bundeskanzleramtes betreffend den Aufenthalt von Bundesministerin für EU und Verfassung Mag.a Karoline Edtstadler am 4. und 5. April 2024 in Montenegro und Albanien bei gleichzeitiger Beauftragung von Frau Bundesministerin Mag.a Claudia Tanner mit ihrer Vertretung gemäß Art. 73 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz.
Ebenso verweise ich
hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren
Zuweisungen im Sinne des § 19 Abs. 1 der Geschäftsordnung
auf die gemäß § 41 Abs. 1 der Geschäftsordnung
im Sitzungssaal verteilte Mitteilung, die dem Stenographischen Protokoll
dieser Sitzung angeschlossen
wird.
Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:
A. Eingelangt sind:
1. Anfragebeantwortungen
(Anlage 1) (siehe auch S. 22)
2. Eingelangter Verhandlungsgegenstand, der gemäß Art. 42 Abs. 5 B-VG nicht dem Mitwirkungsrecht des Bundesrates unterliegt
Beschluss des Nationalrates vom 20. März 2024 betreffend ein Bundesgesetz betreffend Ermächtigung zur Veräußerung von unbeweglichem Bundesvermögen (2495 d.B.)
3. Schreiben des Bundeskanzlers betreffend
Amtsenthebung des Herrn Staatssekretärs Florian Tursky, MSc, MBA durch den Herrn Bundespräsidenten mit Entschließung gemäß Artikel 78 Absatz 2 in Verbindung mit Artikel 74 Absatz 3 des Bundes-Verfassungsgesetzes (Anlage 2)
4. Aufenthalt eines Mitgliedes der Bundesregierung in einem anderen Mitgliedsstaat der Europäischen Union
Schreiben des
Ministerratsdienstes betreffend den Aufenthalt von Bundesministerin für
Frauen, Familie, Integration und Medien MMag. Dr. Susanne Raab von
1.
bis 6. April 2024 (Anlage 3 und 3a Ergänzung)
Schreiben des Ministerratsdienstes betreffend den Aufenthalt von Bundeskanzler Karl Nehammer, MSc am 4. und 5. April 2024 (Anlage 4)
5. Unterrichtung gemäß Art. 50 Abs. 5 B-VG
Schreiben des Generalsekretärs für auswärtige Angelegenheiten im Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Vollmacht zur Aufnahme von Verhandlungen über ein Abkommen über soziale Sicherheit zwischen der Republik Österreich und der Republik Kosovo (Anlage 5)
B. Zuweisungen
1. Gesetzesbeschlüsse (Beschlüsse) des Nationalrates
(siehe Tagesordnung) sowie
2. Vorlagen der Bundesregierung oder ihrer Mitglieder
(siehe Tagesordnung)
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Vizepräsident Dominik Reisinger: Eingelangt sind und den zuständigen Ausschüssen zugewiesen wurden jene Beschlüsse des Nationalrates beziehungsweise jene Berichte, die Gegenstand der heutigen Tagesordnung sind.
Die Ausschüsse haben ihre Vorberatungen abgeschlossen und schriftliche Ausschussberichte erstattet.
Ich habe die zuvor genannten Verhandlungsgegenstände auf die Tagesordnung der heutigen Sitzung gestellt.
Wird zur Tagesordnung das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.
Behandlung der Tagesordnung
Vizepräsident
Dominik Reisinger: Aufgrund eines mir
zugekommenen Vorschlages beabsichtige ich, die Debatten über die
Tagesordnungspunkte 1 bis 3, 4 und 5, 8 und 9, 12 und 13 sowie 14 und 15
jeweils unter einem zu
verhandeln.
Erhebt sich dagegen ein Einwand? – Das ist nicht der Fall.
Wir gehen in die Tagesordnung ein.
Beschluss des Nationalrates vom 20. März 2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gerichtsgebührengesetz geändert wird (3948/A und 2497 d.B. sowie 11446/BR d.B.)
2. Punkt
Beschluss des Nationalrates vom 20. März 2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Lebenshaltungs- und Wohnkosten-Ausgleichs-Gesetz geändert wird (3946/A und 2498 d.B. sowie 11447/BR d.B.)
3. Punkt
Beschluss des
Nationalrates vom 20. März 2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem
das Bundesgesetz über die Förderung von Maßnahmen in den
Bereichen der Wasserwirtschaft, der Umwelt, der Altlastensanierung, des
Flächenrecyclings, der Biodiversität und der Kreislaufwirtschaft
und zum
Schutz der Umwelt im Ausland sowie über das österreichische
JI/CDM-Programm für den Klimaschutz (Umweltförderungsgesetz –
UFG) geändert wird (3950/A und 2499 d.B. sowie 11442/BR d.B.
und 11448/BR d.B.)
Vizepräsident Dominik Reisinger: Wir gelangen nun zu den Tagesordnungspunkten 1 bis 3, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.
Berichterstatterin zu den
Punkten 1 bis 3 ist Frau Bundesrätin
Dipl.-Ing.in Dr. Maria Huber gemeldet. Ich bitte um die
Berichterstattung.
Berichterstatterin
Dipl.-Ing. Dr. Maria Huber: Herr
Präsident! Ich
erstatte Bericht.
Ich bringe den Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 20. März 2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gerichtsgebührengesetz geändert wird.
Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme
daher gleich
zur Antragstellung:
Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am
3. April 2024 den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des
Nationalrates keinen Einspruch
zu erheben.
Weiters bringe ich Ihnen den Bericht des Finanzausschusses
über den Beschluss des Nationalrates vom 20. März 2024
betreffend ein Bundesgesetz,
mit dem das Lebenshaltungs- und Wohnkosten-Ausgleichs-Gesetz geändert
wird.
Der Bericht liegt Ihnen in
schriftlicher Form vor, ich komme daher gleich
zur Antragstellung:
Der Finanzausschuss stellt nach
Beratung der Vorlage am 3. April 2024 den Antrag, gegen
den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch
zu erheben.
Ich bringe Ihnen auch den
Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom
20. März 2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit
dem das Bundesgesetz über die Förderung von Maßnahmen in den
Bereichen der Wasserwirtschaft, der Umwelt, der Altlastensanierung, des
Flächenrecyclings, der Biodiversität und der Kreislaufwirtschaft
und zum Schutz der Umwelt im Ausland sowie über das österreichische
JI/CDM-Programm
für den Klimaschutz geändert wird.
Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher gleich zur Antragstellung:
Der Finanzausschuss stellt nach
Beratung der Vorlage am 3. April 2024
den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates
keinen Einspruch zu erheben.
Vizepräsident Dominik Reisinger: Danke für die Berichte.
Wir gehen in die Debatte ein.
Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Sascha Obrecht. Ich erteile ihm dieses.
Bundesrat
Mag. Sascha Obrecht (SPÖ, Wien):
Herr Präsident! Werter
Herr Sozialminister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Damen und Herren!
Da ich wieder Erstredner bin, möchte ich eingangs vielleicht mit etwas
Nettem beginnen und gehe dann zu etwas nicht so Nettem über.
Ich möchte vor allem auch
dem Gesundheitsminister links von mir eine Würdigung aussprechen
dafür, dass er sich einer Fragestunde gestellt hat. Das machen nicht viele
Minister dieser Bundesregierung und ist durchaus
positiv. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesrät:innen der
ÖVP. – Zwischenruf des Bundesrates Schennach.)
Ich glaube, das ist, wenn man
das als Mitglied der Bundesregierung macht, sehr herausfordernd, dennoch bietet
es uns die Möglichkeit, mehr Themen zu erörtern. Ich würde mir
das von anderen Mitgliedern der Bundesregierung auch wünschen –
das ist gleich ein Appell mitunter vielleicht an den Finanzminister, der
gleich kommen wird, dessen Anwesenheit bei dem Tagesordnungspunkt
eigentlich auch ganz gut passen würde, auch wenn die Gesetze,
über die wir sprechen, nicht in seine unmittelbare Vollziehung fallen. Das
ist mir schon bewusst.
Jetzt vielleicht zum nicht so
Netten: Worum geht es? – Es geht um das Wohnbaupaket der
Bundesregierung. Da stehe ich nicht an, zuzugeben, dass es da auch Licht gibt,
aber es gibt eben auch Schatten, und der Teil, den ich
zu besprechen haben, betrifft den Schatten, weil ich scheinbar vorzugsweise
Kontrareden halte.
Was genau ist der Schatten an
dem Vorschlag, den wir hier haben? – Wir reden seit gefühlt
einem Jahr, wenn nicht sogar länger davon, dass uns die Mieten davongaloppieren,
dass die Leute darunter leiden, und ich unterstelle – jetzt einmal
auch im Positiven gemeint – den Kolleginnen und Kollegen der
Volkspartei, dass sie Menschen in ihrem Umfeld haben, die sie darauf hinweisen,
dass es Leute in der Bevölkerung gibt, die sie darauf ansprechen und die
sagen: Wir leiden unter diesen Mieten.
Wir haben schon von der Fraktionsvorsitzenden der ÖVP gehört, dass die Salzburgerinnen und Salzburger darunter zu leiden haben, ich bin mir sicher, dass der Landesgeschäftsführer der ÖVP-Niederösterreich, der gleichfalls hier herinnen sitzt, das von Niederösterreicherinnen und Niederösterreichern auch
hören
wird; der Geschäftsführer des Oberösterreichischen Seniorenbundes, der wird
das von den Seniorinnen und Senioren natürlich auch hören. Es wird
ganz, ganz viele Menschen geben, die Sie darauf anreden. Das heißt,
ich gehe auch da wieder im guten Sinne davon aus, dass Sie gelegentlich zusammensitzen
und darüber reden: Ja, die Mieten steigen, die laufen wirklich
davon, die Leute leiden wirklich darunter!
Dann überlegen Sie, was
man dagegen machen könnte, und dann sitzt man in einem Kreis zusammen
und denkt sich: Was könnte man dagegen machen,
dass die Mieten steigen? Die Leute können sie sich nicht
leisten! – Dann ist Stille, und dann kommt jemand raus und
sagt: Die Leute könnten den Wohnraum doch kaufen! Die Leute
könnten ihn kaufen, und das könnte man fördern! Wenn sie sich
die Mieten für eine Wohnung nicht leisten können, dann
sollen sie sie einfach kaufen! So einfach ist das! (Beifall bei der SPÖ. –
Heiterkeit der Bundesrätin Schumann. – Zwischenruf des
Bundesrates Schennach.) –
Das ist dann die Lösung, und diesen Ansatz fördern wir heute auch
noch. Anstatt dass wir in die Mieten eingreifen, wird das auch noch
gefördert.
Wie macht das die
Bundesregierung tatsächlich? – Es gibt einen Freibetrag von
500 000 Euro: Wenn sich jemand so eine Wohnung leisten kann, kriegt
er 1,1 Prozent vom Steuerzahler geschenkt. 5 500 Euro gibt es
einfach einmal aus der Portokasse zurück für die Personen, die in der
glücklichen Lage sind,
sich so eine Wohnung leisten zu können. Ich kenne niemanden, der sie sich
leisten kann. Ich kenne tatsächlich niemanden – und ich
weiß auch nicht, wo
die Empörung herrührt, Frau Kollegin Kittl, weil gerade in Wien
wissen wir, dass sich ganz viele Menschen diese Summen sicher nicht leisten
können.
Der Skandal sind ja tatsächlich nicht nur die 500 000 Euro, der Skandal ist ja tatsächlich, dass das auch für Leute gilt, die Eigentum an Grundstücken erwerben, deren Wert bis zu 2 Millionen Euro in die Höhe geht. Selbst wenn sie ein Grundstück kaufen, das 2 Millionen Euro kostet, kriegen sie hintennach immer noch diese 5 500 Euro geschenkt.
Das heißt, wenn man sich eine Villa im
19. Bezirk, im Nobelbezirk, kauft – und ich habe vorhin
nachgeschaut –, die auch für 1,9 Millionen Euro zu haben
ist, was ich mir tatsächlich nicht leisten kann – vermutlich
auch niemand, den ich in meinem Umfeld kenne, und vermutlich auch die meisten,
die Sie kennen, können sich das nicht leisten –, wenn
also eine Person in Döbling diese 1,9 Millionen Euro hinlegt und
diese Villa im Nobelviertel kauft, schenkt
ihnen der österreichische Steuerzahler, weil wir das jetzt so
beschließen sollen, 5 500 Euro on top zurück. –
Das geht mir nicht ein! Anstatt dass wir in
die Mieten eingreifen, wird dieses Geld hergeschenkt.
Das ist leider ein Evergreen, der hier zu spielen ist, weil
das immer und immer wieder passiert: Wir nehmen Geld der Steuerzahler, der
Steuerzahlerinnen und finanzieren damit Wohlhabende und Leute,
die es ohnehin
nicht brauchen.
Wir leben in einer Zeit, in der die Kinderarmut steigt, in
der Altersarmut steigt, in der Menschen Probleme haben, ihre Mieten zahlen zu
können, in der die
Zahl der Delogierungen steigt, in der die Zahl der Personen mit einem Mietzinsrückstand
steigt, und trotzdem greift man nicht dort hin, sondern man ermöglicht
es, dass Personen, die Villen um 1,9 Millionen Euro in Döbling
kaufen, hintennach noch einmal ein Geschenk bekommen – und das halte
ich für
falsch und unmoralisch. (Beifall bei der SPÖ.)
Der Sozialminister hier links
von mir strudelt sich dann mit den Konsequenzen ab. Wir haben ganz viele
Menschen, die sich die Mieten nicht leisten
können, und jetzt erhöhen wir mit dem zweiten Gesetzesbeschluss im
Rahmen dieses Themenblocks die Wohnhilfe, weil die Leute diese
Unterstützung dringend brauchen. Da sind wir auch dafür, weil das
eine notwendige Maßnahme ist, aber – da kann ich André
Heller zitieren – das ist wie ein Luftröhrenschnitt, der
einem das Leben rettet, wenn eine Haselnuss im Hals steckt. Das ist eine
notwendige Maßnahme, aber niemand will diese Maßnahme. Wir
würden uns wünschen, dass sie nicht notwendig wäre. Und man
könnte das verhindern, man
könnte in die Mieten eingreifen. Man tut es nicht! Stattdessen
lässt man sie steigen, und dann müssen wir mit dem Geld der
Steuerzahler:innen diese Leute finanzieren, damit sie ihre Mieten zahlen
können. (Beifall bei
der SPÖ.)
Wer bekommt das dann? Wer
bekommt das Geld? – Natürlich wandert es vom Steuerzahler an
die Leute, die ihre Miete damit zahlen – es wandert also
letztendlich in die Taschen der Vermieterinnen und Vermieter, die es
tatsächlich gerade nicht brauchen. Das ist einfach ein falscher Zugang,
deswegen
können wir dem ersten Punkt nicht zustimmen.
Wir unterstützen natürlich die Erhöhung der
Wohnhilfe, weil sie notwendig ist. Wir würden uns aber einen Zustand
wünschen, in dem das nicht notwendig wäre. Es läge in
Ihrer Hand. Sie haben sich nicht dazu bereit erklärt, über das ganze
letzte Jahr hinweg nicht. Sie haben sich auch mit dieser Maßnahme
nicht dazu bereit erklärt. Ich will wirklich noch einmal das Bild verankern, das zeigt,
was Sie heute machen: Sie erklären sich bereit, dass jemand, der sich eine
Villa um 1,9 Millionen Euro leisten kann, 5 500 Euro
zurückbezahlt bekommt. Das ist Ihre Maßnahme. (Beifall bei der SPÖ.)
10.41
Vizepräsident Dominik Reisinger: Danke.
Als Nächster zu Wort gemeldet ist Bundesrat Christoph Stillebacher. Ich erteile dieses.
Bundesrat Christoph Stillebacher (ÖVP, Tirol): Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Sehr
geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Besucherinnen und Besucher! Ich
darf heute ebenfalls zu den Tagesordnungspunkten 1 bis 3 sprechen.
Die Punkte, wie wir schon von
meinem Vorredner gehört haben, betreffen hauptsächlich leistbares
Wohnen, aber auch die Förderung von klimaschonendem Konsumverhalten.
Die Ausgangslage und die
Probleme kennen wir zur Genüge, und, Herr Kollege Obrecht, natürlich
reden wir mit unseren Leuten, mit der Bevölkerung,
selbstverständlich. Wer mit den Leuten spricht, weiß, dass
Leistbarkeit von Wohnraum das große Thema schlechthin ist, und da sind
wir, glaube
ich, alle gleicher Meinung, keine Frage.
Wir als Regierungspartei wollen
dieser problematischen Entwicklung am Wohnungsmarkt entgegenwirken, und deshalb
gibt es dieses Wohnraumpaket. Mit dem Wohnraumpaket können circa
20 000 neue Wohnungen im
Eigentum und Mietbereich geschaffen und rund 5 000 Wohnungen saniert
werden. Wir ermöglichen damit mehr Eigentum und kurbeln gleichzeitig die Konjunktur
an – immer unter besonderer Berücksichtigung und Förderung
ökologischer und energieschonender Maßnahmen.
Konkret heißt das, wir
beschließen erstens eine zeitlich befristete Abschaffung der Grundbuch-
und Pfandrechteintragungsgebühren und unterstützen
die Bundesländer bei Zinsstützungen für Wohnbaudarlehen. Beides
hilft Bürgerinnen und Bürgern, die eine Immobilie kaufen wollen.
Zweitens beschließen wir die Aufstockung des Wohnschirmes um
60 Millionen Euro auf 125 Millionen Euro. Drittens beschließen
wir die Aufstockung des Reparaturbonus, der die regionale Kreislaufwirtschaft
unterstützt und klimaschonendes Verhalten fördert.
Konkret zum Tagesordnungspunkt 1: dem
Gerichtsgebührengesetz.
Mit dieser Novelle ermöglichen wir die temporäre Abschaffung der
Grundbucheintragungsgebühr und der Pfandrechteintragungsgebühr
beim Erwerb von Wohnungseigentum. Das hilft den potenziellen
Wohnungskäufern.
Konkret macht die Streichung der Grundbucheintragungsgebühr eine Ersparnis
von 1,1 Prozent aus. Die Streichung der Pfandrechteintragungsgebühr
bringt eine Ersparnis von 1,2 Prozent. (Beifall bei der
ÖVP.)
Das ergibt bei einem Eigenheim in Summe eine
Ersparnis von circa 11 500 Euro. Das
ist ein wichtiger Mosaikstein in dem Wohnraumpaket der Regierung,
um jungen Menschen und Familien den Erwerb von Eigentum zu erleichtern.
Zum Tagesordnungspunkt 2: dem
Lebenshaltungs- und Wohnkosten-Ausgleichs-Gesetz. Mit dieser Novellierung
erweitern wir den bereits bestehenden Wohnschirm um zusätzliche
60 Millionen Euro. Das heißt, wir
stocken für 2024 die Budgetmittel von 65 Millionen Euro auf
125 Millionen Euro auf. Das ist für mich persönlich
sozialpolitisch ein unglaublich wichtiger
und erfreulicher Vorschlag, der heute hier im Plenum zur Abstimmung gelangt.
Noch einmal kurz zusammengefasst: Der Wohnschirm
unterstützt die Mieterinnen und Mieter, die aufgrund von Mietschulden von
Wohnungsverlust und Delogierung bedroht sind. Der Wohnschirm hilft aber auch
Personen
mit geringen Einkommen, die von teuerungsbedingten Rückständen bei
der Zahlung von Energiekosten betroffen sind.
Ich darf an dieser Stelle auch an die Geschichte des
Wohnschirms erinnern. Seit dem Start des Wohnschirms im März des
Jahres 2022 konnte über 22 000 Personen, die ihre Miete
nicht mehr bezahlen konnten, geholfen werden. Weitere 58 000 Personen
wurden unterstützt, weil sie mit der Bezahlung
von Energiekosten in Rückstand geraten sind.
Abgesehen von den menschlichen Tragödien einer
Delogierung macht es volkswirtschaftlich Sinn, Leute nicht aus den Wohnungen
hinauszuschmeißen, nur weil sie kurzfristig mit der Miete im
Rückstand sind. Die Aufstockung
hilft uns, dieses Programm verstärkt weiterführen zu können,
damit stehen bis 2026 insgesamt 224 Millionen Euro zur Verfügung. Das
ist ein
sehr effizientes sozialpolitisches Instrument. (Beifall bei ÖVP
und Grünen.)
Zum Abschluss noch kurz zum Tagesordnungspunkt 3: dem Umweltförderungsgesetz. Mit diesem Umweltförderungsgesetz wollen wir erreichen, dass defekte Elektro- und Elektronikgeräte nicht weggeworfen werden. Mit dem
Reparaturbonus im
Speziellen haben wir einen Anreiz geschaffen, dass
defekte Geräte wieder repariert werden. Die Mittel für den
Reparaturbonus erhöhen wir daher um 50 Millionen Euro auf
133 Millionen Euro im
Jahr 2024. Der Reparaturbonus kommt sowohl der Bevölkerung als auch
den Betrieben zugute. Wir müssen von der Wegwerfgesellschaft in Richtung Kreislaufwirtschaft
kommen, und dazu brauchen wir die lokalen Klein- und Mittelbetriebe.
Ich selber wohne in Imst in
Tirol, und mit dem Reparaturbonus fördern wir die dortigen kleinen
Handwerksbetriebe sowie jene in ganz Österreich, die
solche Reparaturen überhaupt noch machen. Das ist lokale
Wertschöpfung, das ist Transformation der Wirtschaft hin zur
Klimaneutralität und Kreislaufwirtschaft. (Beifall
bei der ÖVP und bei Bundesrät:innen der Grünen.)
Programme wie der Reparaturbonus erleichtern es den Menschen, sich umweltfreundlicher zu verhalten, während gleichzeitig regionale Betriebe damit unterstützt werden, und das ist meiner Meinung nach genau das, was wir auch brauchen. Der Reparaturbonus ist daher ein extrem effizientes, sinnvolles Instrument.
Alles in allem werden mit diesen
Maßnahmen konjunkturelle Impulse gesetzt und erste wichtige Schritte, um
leistbaren Wohnraum zu schaffen und
auch den Zugang zum Eigentum zu erleichtern. Das ist auch Teil des
Österreichplans 2030 von unserem Bundeskanzler Karl Nehammer,
mit dem er die Eigentumsquote auf 60 Prozent steigern will. (Beifall bei der ÖVP.) Eines muss uns nämlich
schon klar sein: Eigentum muss wieder leistbar werden, denn es
schafft Sicherheit, Unabhängigkeit und ist auch ein wichtiger Teil der
Altersvorsorge. (Beifall bei der ÖVP.)
Die insgesamt mehr als
2 Milliarden Euro sind gut investiertes Geld für die Menschen
in unserem Lande, und daher bitte ich auch um Zustimmung für die
Tagesordnungspunkte 1 bis 3. – Danke vielmals. (Beifall bei der ÖVP und
bei Bundesrät:innen der Grünen.)
10.48
Ankündigung einer Dringlichen Anfrage
Vizepräsident Dominik Reisinger: Bevor der nächste Redner zu Wort gelangt, gebe ich bekannt, dass mir ein Verlangen im Sinne des § 61 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates auf dringliche Behandlung der schriftlichen Anfrage der Bundesräte Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Pensionen in Gefahr? Entkräften Sie diesen Mythos, Herr Minister!“ an den Herrn Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz vorliegt.
Im Sinne des § 61 Abs. 4 der Geschäftsordnung verlege ich die Behandlung an den Schluss der Sitzung, aber nicht über 16 Uhr hinaus.
Vizepräsident Dominik Reisinger: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Michael Bernard. Ich erteile ihm dieses.
Bundesrat
Michael Bernard (FPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr
Minister! Kollegen im Bundesrat! Sehr geehrte Damen und Herren
im Saal und vor den Bildschirmen! Wie bereits von den Vorrednern
erwähnt, geht es bei den drei Gesetzesänderungen um die
Änderung des Gerichtsgebührengesetzes, des Lebenshaltungs- und Wohnkosten-Ausgleichs-Gesetzes
und um die Änderung des Umweltförderungsgesetzes, mit der wir
den Zusagerahmen für die Förderschiene Kreislaufwirtschaft für das Jahr 2024 um
50 Millionen Euro erhöhen. Dadurch
soll die Ausweitung der Förderung für die Verlängerung
der Lebensdauer oder Steigerung der Nutzungsintensität von Produkten, des
sogenannten Reparaturbonusses, auf weitere Produktkategorien ermöglicht
werden.
Erfreulicherweise wurde die von mir an die Experten im Ausschuss gestellte Frage, ob es eine Aufstellung der ausbezahlten Mittel sowie der meist
reparierten Produkte gibt, wie folgt beantwortet: Seit Beginn des Förderungsprogramms sind – mit Stand März 2024 – über 900 000 Bonusse eingelöst worden, es wurden über 90 Millionen Euro ausbezahlt, es sind 3 650 Partnerbetriebe registriert. Die am häufigsten reparierten Geräte sind Smartphones, Geschirrspüler, Waschmaschinen, Laptops und Kaffeemaschinen.
Weiters zur Abstimmung gelangt heute die temporäre Abschaffung der Grundbucheintragungsgebühr und der Pfandrechteintragungsgebühr beim Erwerb von Wohnungseigentum, welche ebenfalls unsere Zustimmung findet. Es handelt sich bei diesen Abänderungen um Korrekturen, welche im Zuge der Grundbuchs-Novelle 2023 begutachtet wurden.
Ausführlich im Ausschuss besprochen wurde der Begriff
dringendes Wohnbedürfnis. Kurz zur Erklärung: Ein dringendes
Wohnbedürfnis besteht,
wenn der Eintragungswerber die neue Wohnstätte als Wohnung, als Haus
verwenden will und die bisherige Wohnstätte aufgibt. Es ist dafür
prinzipiell ausschlaggebend, ob beim Erwerb von Eigentum Grunderwerbsteuer zu
entrichten ist oder nicht, sprich: es stellt die zentrale Voraussetzung
der Begünstigung dar.
Auch ein Miteigentümer mit derselben Voraussetzung, nämlich der des Wohnbedürfnisses, kann begünstigt werden. Es ist egal, ob es sich bei der Liegenschaft um ein bereits bestehendes oder ein erst geplantes, ein zu errichtendes Gebäude handelt. Beim Kauf mehrerer Wohneinheiten gilt ausschließlich die Wohneinheit, die dem dringlichen Wohnbedürfnis des Eigentümers dient, als Objekt der Gebührenbefreiung.
Weitere Details sind zum Beispiel der nachträgliche Wegfall der Gebührenbefreiung, wenn innerhalb von fünf Jahren entweder das Eigentumsrecht aufgegeben wird oder das dringende Wohnbedürfnis wegfällt. Da wird die Gebühr dann nacherhoben. Tritt dieser Fall ein, ist dies dem Grundbuchsgericht oder der Vorschreibungsbehörde innerhalb eines Monats bekannt zu geben.
Für die Gebührenbefreiung der Eintragung eines
Pfandrechtes muss der gesicherte Betrag ausschließlich oder zumindest
über 90 Prozent zum Erwerb der Liegenschaft oder für die
Sanierung des darauf befindlichen Gebäudes verwendet werden. Das ist auch
eine der Voraussetzungen für eine treffsichere Gebührenbefreiung.
Diese Befreiung gilt nur für Rechtsgeschäfte, die nach
dem 31. März 2024 geschlossen werden.
Kritik üben wir Freiheitliche daran, dass diese
Gebührenbefreiung auf zwei Jahre befristet ist und die Bemessungsgrundlage
von 500 000 Euro zu niedrig angesetzt ist, da man beim Kauf eines
Grundstücks und dem Bau eines Eigenheimes mit den derzeitigen
Teuerungen auf einen Betrag von bis
zu 800 000 Euro kommt. (Beifall bei der FPÖ.)
Unserer Meinung nach sollte es eine generelle Ausnahme für Familien bei der Anschaffung des ersten Eigenheims geben. (Beifall bei der FPÖ.)
Nun komme ich zum Lebenshaltungs- und
Wohnkosten-Ausgleichs-Gesetz: In Zeiten wie diesen gibt es viele Gründe,
warum das Geld für die Miete nicht
mehr reicht. Nein, eigentlich gibt es nicht viele Gründe, warum sich die
österreichische Bevölkerung die Mieten nicht mehr leisten kann, es
gibt unserer Meinung nach nur zwei Hauptgründe, warum so viele Menschen in
Armut geraten, nämlich diese Bundesregierung aus ÖVP und den
Grünen. (Bundesrat Buchmann: Aber den Krieg haben wir nicht
angefangen!) Ausschließlich sie
tragen die Schuld an dem menschlichen Leid in unserem Land, sie
alleine – um das nicht in Vergessenheit geraten zu lassen. Aber auch
die SPÖ hat einen großen Anteil daran, weil sie bei den meisten
Gesetzen mitstimmt. (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrätin
Schumann: Wir sind aber nicht in der Regierung, ich
sag’s nur!)
Weil es so treffend ist, möchte ich jetzt mit einem
passenden Beispiel erklären, wie bürgernah die SPÖ ist, wie sie
auf die Bevölkerung schaut. Bürgermeister Stadler aus Sankt
Pölten schaut lieber auf seine Sozialistenfreunde als auf seine
Bürger. Coronastrafen werden in Sankt Pölten noch immer
nicht zurückgezahlt. (Bundesrätin Schumann: Was hat das mit
dem Wohnen zu tun?) Während die Bürger in den restlichen
572 Gemeinden Niederösterreichs bereits die
Wiedergutmachung der während der Coronajahre unrechtmäßig
verhängten Strafen erhalten haben, bleibt Sankt Pölten unter
Führung von Bürgermeister Stadler die einzige Gemeinde, die diesen
Schritt verhindert. (Bundesrat Schreuder: Das ist eine
Prorede! – Bundesrätin
Kittl: Zur Sache!)
Bürgermeister Stadler behauptet, dass die finanziellen
Mittel für die Portokosten für die Benachrichtigungen der Bürger
fehlen. (Die Bundesrät:innen Schmid
und Schumann: Was ist das für ein Tagesordnungspunkt?) Interessanterweise
scheinen solche finanziellen Beschränkungen nicht zu bestehen, wenn
es um
die Unterstützungen bestimmter Gruppen innerhalb der eigenen politischen
Gemeinschaft geht. (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrätin Schumann:
Ist das
fürs FPÖ-Fernsehen, oder was?)
Generell spielt ja unsere Bundesregierung den österreichischen
Musterschüler – Politmarionetten! –: Sie spielt
jedes politische Spiel der EU mit, als gäbe
es für unser Land keine andere Option. Sie scheinen nicht fähig zu
sein beziehungsweise sieht man keinen Willen eines Ansatzes, Ihren Hausverstand einzuschalten
und ein gewisses Maß an Verhandlungsgeschick an den politischen Tag zu
legen, um für unser Land das Beste, sei es in der Innenpolitik, aber
auch in der EU-Außenpolitik, zu verhandeln. (Bundesrat Buchmann:
So wie ihr beim Sky Shield!) Sie legen kein Veto ein, wenn es darum geht,
die österreichische Bevölkerung zu schützen, wie es andere
Regierungen tun.
Sie haben dank Ihrer laufenden EU-hörigen
Symptommaßnahmenpolitik der letzten Jahre angefangen, sowohl
budgetpolitische als auch gesellschaftspolitische Fehlentscheidungen
zu treffen: 2010 in der Finanzkrise, in der sogenannten Eurokrise
2015/2016, dann in der Asylkrise, welche noch immer andauert (Bundesrat
Schreuder: Zur Sache!), im Zuge derer Hunderttausende junge kulturfremde Männer – tickende
Zeitbomben – in unser Land eingedrungen
sind. Die werden jetzt auch mit diesem Wohnschirm - - (Bundesrat
Schmid: Was
redet denn der? – Bundesrat Schreuder: Es
geht um das Wohnpaket! Es geht
ums Wohnpaket!)
2020 bis 2022: „Koste es, was es wolle“! (Beifall
bei der FPÖ. – Bundesrat Schreuder: Hallo! Hallo!
Es geht ums Wohnpaket! – Bundesrat Buchmann: Hast du
das falsche Fach erwischt?) – Ich komme eh noch dazu!
Die Lockdownpolitik und ihre Folgen, die Höchstinflation - - (Bundesrat Buchmann: Hast du die Rede verwechselt?) – Nein, ich nicht, aber Sie! (Heiterkeit bei ÖVP, SPÖ und Grünen. – Ruf bei der ÖVP: Der hat ja noch keine gehalten!)
Das I-Tüpfelchen aller Krisen waren und sind die
laufenden Sanktionspakete, denen Sie als Musterschüler der EU
zugestimmt haben und denen Sie noch bis zum Ende Ihrer Regierungsperiode
zustimmen werden. Die
schweren Folgen davon spüren nicht die Russen – weder die
russische Bevölkerung noch Putin selbst –, sondern es hat
uns selbst getroffen. Sie sind
also die, die die multiplen Krisen schaffen und das dann der Bevölkerung
als eine Vielzahl von Herausforderungen verkaufen. Sie können uns doch
nicht weismachen, dass Sie nicht wahrnehmen, wohin Sie unser Land führen,
wohin uns die Reise aufgrund Ihrer zerstörerischen Politik geführt
hat.
Wenn Sie schon die Menschen mit ihren Sorgen nicht
wahrnehmen, weil Sie fern jeder Realität leben, und Ihnen die Sorgen der
Menschen fremd sind, dann
lesen Sie wenigstens die von Ihnen in Auftrag gegebenen Studien Ihres Ministeriums
zum Thema Armut. Ich beziehe mich auf drei Studien: Die Armutskonferenz-Studie
vom 10. November hat 30 000 Euro gekostet, die Studie „Lebensbedingungen, Armut und Einkommen in
Österreich“ vom Februar 2024
hat weitere Kosten von 30 500 Euro verursacht, die Studie
„Armutsfester Sozialstaat“, Sozialbericht 2024, hat knapp
100 000 Euro gekostet.
„So geht’s uns heute: die sozialen Krisenfolgen im dritten Quartal 2023“ – anhand dieser Studie möchte ich zum Thema Wohnen ein wenig erläutern: 21 Prozent der Befragten, steht in der Studie, gaben an, dass die Aufwendungen
für den Wohnraum für sie eine große finanzielle Herausforderung seien. 19 Prozent erwarteten Zahlungsschwierigkeiten bei der Miete, dem Wohnkredit, den Wohnnebenkosten oder den Betriebskosten.
Hochgerechnet haben 1,2 Millionen Menschen
Schwierigkeiten, mit ihrem laufenden Einkommen auszukommen. Deshalb ist es
nicht verwunderlich, dass die Termine bei Ihren 28 Wohnschirmberatungsstellen
in ganz Österreich
für Wochen, sogar Monate ausgebucht sind. Die Dunkelziffer der Menschen,
die Hilfe benötigen, ist wahrscheinlich noch viel höher, als Sie
offiziell angeben. Wenn man telefonisch nicht durchkommt, muss man ein E-Mail
schicken. Nicht jeder ältere Mensch – das haben wir eh im
Ausschuss auch besprochen –
hat die Möglichkeit dazu, ein E-Mail zu schicken. Die Hilfeleistung ist
aber an einen Beratungstermin geknüpft. Somit muss man sehr lange auf
einen
Termin warten. So werden die Österreicher zu Bittstellern. Geholfen wird
auch nur einmal im Jahr laut der Recherche, die Experten im Ausschuss haben
aber etwas anderes gesagt.
Auch gibt es Einkommensobergrenzen, welche sehr niedrig
angesetzt sind. So darf eine erwachsene Person nicht mehr als
1 392 Euro verdienen, um
die Hilfe des Wohnschirms in Anspruch zu nehmen. Herangezogen für die Berechnung
werden aber alle Einkommen inklusive Sozialleistungen, Unterhalt et cetera.
Weit haben Sie es mit Ihrer Politik gebracht, sodass vor allem Familien, Alleinerziehende und ältere Menschen vor Wohnungsdelogierungen stehen beziehungsweise ihre Wohnungen bereits verloren haben und sich verschulden, um die Energiekosten bezahlen zu können.
Anstatt in die Märkte, speziell in den Wohnungsmarkt
und in den Energiemarkt, korrigierend einzugreifen, lassen Sie es zu, dass die
Bürger immer ärmer
werden. Sie stellen sich dann als Messias hin und verteilen unter komplizierten
Vorgaben einen kleinen Teil dieses Geldes wieder zurück. (Beifall bei
der FPÖ.)
Die österreichische
Bevölkerung finanziert sich diesen Wohnschirm, der jetzt mit
60 Millionen Euro auf insgesamt 125 Millionen Euro für 2024
aufgestockt
wird, mit all den Teuerungen selbst. Bis 2026 werden es dann insgesamt 224 Millionen
Euro sein.
Wir werden trotz unserer Kritik
auch dieser Erhöhung zustimmen, weil mehr als 700 000 Menschen
in Österreich ihre Wohnung nicht mehr angemessen
warm halten können und 450 000 Personen Rückstände bei
Miete, Betriebskosten oder Kreditraten haben und sicherlich noch viel mehr
Menschen auf
dieses Geld angewiesen sind.
Sie vollziehen mit voller
Härte gegen den Willen der österreichischen Bevölkerung
eine kompromisslose ideologische Politik gegen Ihr eigenes Volk
und zerstören alles, was Generationen all die Jahrzehnte mit harter Arbeit
für nachkommende Generationen aufgebaut haben. Sie haben das aber
nicht für eine Generation fremder junger Männer aus völlig
fremden Kulturkreisen aufgebaut, welche seit 2015 völlig
unkontrolliert in unser Land
strömen. (Beifall bei der FPÖ.)
Wir werden sicherlich nicht
zulassen, dass diese auf unsere Kosten auf der Basis unseres hart erarbeiteten
Wohlstands ihr Leben finanzieren. Außerdem
war und ist das hart erarbeitete Geld der Österreicher in unserer
Staatskassa nicht dafür gedacht, an andere Länder verschenkt zu
werden. Die grüne Klimaministerin verschenkt allerdings im Namen des
Klimawandels zum Beispiel 35 Millionen Euro an den Globalen Süden,
ohne die Österreicher zu
fragen. – Die Bürger unseres Landes sind
es leid, sich ihr ganzes Leben von Ihrer wahnsinnigen ideologischen
EU-Agenda-Politik zerstören zu lassen.
(Beifall bei der FPÖ.)
Die Bürger werden sich in diesem Jahr aber mit dem politischen Werkzeug, das ihnen zur Verfügung steht, zur Wehr setzen, nämlich mit ihrer Wählerstimme. Möglichkeiten, diesem Irrsinn ein Ende zu setzen, gibt es ja in diesem Jahr genug. (Beifall bei der FPÖ.)
11.02
Vizepräsident Dominik Reisinger: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Marco Schreuder. Ich erteile ihm dieses.
Bundesrat
Marco Schreuder (Grüne, Wien): Herr
Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren!
Sehr geehrte Zuschauerinnen
und Zuschauer! Ich möchte nur auf etwas aufmerksam machen, weil die innenpolitische
Debattenkultur ja durchaus etwas vergiftet ist, was wir vor
allem auch der FPÖ zu verdanken haben: Das war jetzt eine Prorede, und die
FPÖ stimmt allen drei Tagesordnungspunkten zu. (Zwischenruf
der
Bundesrätin Schumann.) Ich wollte nur daran erinnern,
weil ja die Ablenkungsmanöver recht groß waren und es nicht
mehr um die Tagesordnungspunkte selbst gegangen ist. Darauf
aufmerksam zu machen ist mir schon wichtig.
Daran sieht man aber auch, wie absurd teilweise
innenpolitische Diskussion ist. Erlauben Sie mir, das hier schon
einmal zu sagen. Wenn hier Maßnahmen diskutiert werden, kann man
diese kritisieren. Man kann zu vielen
Punkten auch sagen: Nein, das wollen wir anders!, Nein, das finden wir nicht
gut!, und so weiter und so weiter. (Zwischenruf des
Bundesrates Spanring.)
All das ist in Ordnung. Wenn dann aber hier gesagt wird: Ihr vertretet
nicht die Bürger!, dann sage ich: Wir alle vertreten die
Bürgerinnen und Bürger in Österreich, nicht nur ihr! Ihre
Behauptung weise ich also auch einmal stark zurück! (Beifall bei
Grünen und ÖVP sowie bei Bundesrät:innen der SPÖ.)
Kollege Bernard hat gesagt: Die Bürgerinnen und
Bürger Österreichs werden sich zur Wehr setzen. – Ja, wir
alle sind die Bürgerinnen und Bürger.
Na klar, es kommen Wahlen, und dann gibt es andere Verhältnisse –
das ist immer so. Nie aber kann eine Partei allein behaupten, sie würde
die Bürger:innen vertreten. Never ever! (Beifall bei Grünen und
ÖVP sowie bei Bundesrät:innen
der SPÖ.)
Die jetzigen
Tagesordnungspunkte sind mir sehr wichtig, und daher möchte ich nun lieber
wieder auf diese eingehen. Es geht in diesem Zusammenhang
nämlich um eine ganze Reihe von Maßnahmen und Hilfen, die Menschen, die in Probleme kommen, helfen sollen und die auch die heimische Kreislaufwirtschaft unterstützen. Und das widerlegt durchaus das Narrativ, die Bundesregierung würde nichts machen.
Da geht es einerseits um die
Bauwirtschaft, andererseits um Hilfe für
Menschen in Not, denen eine Delogierung droht, und drittens geht es auch um die
Kreislaufwirtschaft und eine ökologische Komponente. Ich möchte
betonen – und das ist mir schon auch wichtig –,
wie vernetzt hier Dinge gedacht werden. Es entsteht ein
Maßnahmenkatalog, bei dem verschiedene Dinge mitgedacht werden.
Wir sind ja in der
Länderkammer, und wir alle wissen es und haben es gestern auch im
EU-Ausschuss sehr interessant im Hinblick auf Sanierungspläne diskutiert,
dass die Baubranche derzeit in einer Krise steckt und Schwierigkeiten hat. Das
wissen wir alle. Das Wirtschaftsforschungsinstitut beziehungsweise Wifo
prognostiziert der Baubranche in diesem Jahr eine Schrumpfung von ungefähr
4 Prozent. Das IHS sieht derzeit ungefähr
16 000 Arbeitsplätze
in der Baubranche gefährdet. Das ist Tatsache in einer Zeit –
das müssen wir auch festhalten –, in der
wir aber mehr Wohnungen brauchen. Wir
brauchen mindestens 10 000 Wohnungen pro Jahr.
Herr Kollege Obrecht und ich, wir beide kommen ja aus Wien.
Wien hat seit Ende 2023 wieder über zwei Millionen Einwohnerinnen und
Einwohner, und das hat Folgen. Wien ist in kurzer Zeit sozusagen um die
Größe der
Stadt Graz gewachsen. Die Metropole ist wieder so groß wie damals am Ende
der Habsburgermonarchie. (Bundesrat Schennach: Daher sozialer Wohnbau!) – Das ist
eine gute Zeit, auch wieder in den sozialen Wohnbau zu investieren,
absolut richtig, Herr Kollege Schennach! (Bundesrätin Schumann:
Haben wir immer getan!)
Daher beschließen wir auch dieses Baupaket. Damit kurbeln wir die Bauwirtschaft an, und es werden leistbare Wohnungen geschaffen. Das ist jetzt wichtiger denn je.
600 Millionen Euro fließen in einen Bereich, in
dem es in erster Linie um die Sanierung und um die Reparatur und nicht
unbedingt vorrangig um den
Neubau geht. Das ist beim Handwerkerbonus und beim Ökozuschlag für Sanierungsmaßnahmen
der Fall, ebenso beim Sonderprogramm aus dem Energieeffizienztopf des
Umweltförderungsgesetzes. Das ist auch
bei der Aufstockung des Reparaturbonus, wozu ich dann noch komme, der Fall. Und
das ist auch beim Ersatz des Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrags
so, der ja zeigt, dass die Mietpreisbremse wirkt, denn sonst müssten wir
den gemeinnützigen Wohnbauträgern diesen Betrag jetzt nicht
ersetzen. Das
heißt aber auch, dass wir in diesem Paket sehr Entscheidendes
berücksichtigen, dass wir nämlich Klimaschutz betreiben und vor allem
auf die Sanierung
setzen müssen, um nicht wiederum in Bodenversiegelung und Bodenverbrauch
abzurutschen.
Es sei auch angemerkt, dass die Idee der Sozialpartner mit
dem 100 000-Euro-Eigenheim-Bonus diesen Aspekt völlig ausgeklammert
beziehungsweise
nicht mitgedacht hat und insgesamt viel zu kurz gegriffen hat. Daher kann sich
dieses Paket wirklich sehen lassen, weil es auch diesen Aspekt des
Klimaschutzes und der Bodenversiegelung mit berücksichtigt.
Dieses Paket wird dann auch enorm helfen, wenn wir die
Leerstandsabgabe haben. Ich schaue jetzt auch ganz freundlich in Richtung
SPÖ: Ich habe
mich sehr gefreut, dass es hier eine signalisierte Zustimmung zur Leerstandsabgabe
gibt. Bei der Leerstandsabgabe wird sich nämlich die steuernde
Wirkung dieses Paketes erst recht zeigen. Da wird sich die ökologisch
gescheite Verdichtung noch besser entfalten können.
Aber auch in den Bereichen, in denen es um den Neubau geht,
wird es sehr
klare ökologische Standards geben. Auch
das sei hier explizit angemerkt.
Apropos Ökologie und Reparaturbonus – ich
habe gesagt, dass ich darauf noch zurückkomme –: Der
Reparaturbonus, den wir mit diesem Paket auch beschließen werden, ist
wirklich – wie auch von vielen Vorrednern erwähnt wurde – eine riesige Erfolgsgeschichte. Seit zwei Jahren
gibt es diesen,
und es wurden 900 000 Geräte mit diesem Reparaturbonus
repariert. 3 600 Betriebe in Österreich haben repariert.
Das ist tatsächlich wichtig, denn das
betrifft heimische Unternehmerinnen und Unternehmer, das ist Kreislaufwirtschaft
der Extraklasse! (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen
der ÖVP.)
Was tun Leute, die ihr Gerät nicht reparieren lassen? – Sie schmeißen es weg, und wenn wir Pech
haben, schmeißen sie es noch so weg, wie man es
nicht wegschmeißen soll, und kaufen sich ein neues Gerät, wovon wir
letztlich gar nichts haben, weil diese
Geräte teilweise in Übersee oder sonst irgendwo produziert
werden. Mit dem Reparaturbonus schaffen wir es jedoch, dass
österreichische Betriebe diese Geräte reparieren, anstatt dass sie
weggeworfen werden.
Wir erhöhen diese Zuschüsse, die derzeit etwa
100 Euro pro Reparatur betragen. Der Reparaturbonus wird von
80 Millionen noch einmal um
50 Millionen Euro aufgestockt, weil er so gut funktioniert. Das ist das Wichtige.
Zum Schluss erwähne ich noch eine wichtige soziale
Komponente dieser Beschlüsse: Wir beschließen die Aufstockung des
Wohnschirms um weitere 60 Millionen Euro auf 125 Millionen Euro im
Jahr 2024. Was tun wir
da? – Wir schützen Menschen vor einer Delogierung,
die aufgrund der gestiegenen Preise, etwa aufgrund der gestiegenen
Energiepreise, in Not geraten
sind. Das ist volkswirtschaftlich gescheit, denn nichts ist teurer als eine
Delogierung dieser Menschen, und mit dieser Hilfe helfen wir nicht nur den
Menschen in Not, sondern wir helfen auch unserer Volkswirtschaft.
Das ist eine positive Maßnahme, nämlich die Aufstockung von 60 Millionen Euro auf 125 Millionen Euro, und dieser Wohnschirm hat sich bewährt:
19 000 Menschen wurden bislang vor einer Delogierung geschützt. (Beifall bei Grünen und SPÖ.)
Meine Damen und Herren, da wird wirtschaftlich klug
gehandelt, da wird ökologisch klug gehandelt – mit klaren
Klimaschutzvorgaben –, da wird gut im Sinne der Kreislaufwirtschaft
gehandelt – Reparatur statt Müll –, es wird
sozial klug gehandelt. Wir täten nichts, heißt es oft –
ich finde, wir tun verdammt viel! – Danke schön. (Beifall
bei den Grünen. – Bundesrätin Lancaster: Ja,
aber das Falsche!)
11.10
Vizepräsident Dominik Reisinger: Zu einer Stellungnahme hat sich Herr Bundesminister Rauch zu Wort gemeldet. Ich erteile ihm dieses.
Bundesminister
für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Herr Präsident! Geschätzte
Bundesrätinnen und Bundesräte! Ich muss jetzt doch kurz, bevor ich
zum Wohnschirm komme, auf die Ausführungen
der FPÖ-Fraktion eingehen. Da ist ja der Eindruck erweckt worden, die
Bundesregierung hätte nicht nur nichts getan, sondern massiven Schaden
angerichtet: Natürlich ist das Gegenteil der Fall! Wenn ich
Ihnen jetzt aufzählen würde, was die Bundesregierung insgesamt an
Maßnahmen auf den Weg gebracht hat, um die Armut zu bekämpfen
und die Auswirkungen der Inflation, der Teuerung und der Energiekrise
abzuwenden, dann würde das den Rahmen sprengen. Das sind in Summe
40 Milliarden Euro! (Beifall bei den Grünen.)
Mit diesen 40 Milliarden Euro stehen wir im
internationalen Vergleich an zweiter Stelle nach Luxemburg, nur um das dazuzusagen.
Diese Maßnahmen kann
man kritisieren, aber es gibt bei der Kritik einen fulminanten Unterschied zwischen
den zwei Oppositionsparteien, nämlich der Oppositionspartei FPÖ auf
der rechten Seite und der SPÖ auf der linken Seite: Die SPÖ betreibt zumindest
im eigenen Wirkungsbereich, in jenen Bundesländern, in denen
sie etwas zu
sagen hat – Wien, Burgenland und Kärnten –, eine
sozial
orientierte Politik, während die FPÖ dort, wo sie in den
Landesregierungen sitzt, genau das Gegenteil tut! (Beifall bei den
Grünen. – Zwischenruf des Bundesrates Schreuder.)
Ich werde es Ihnen genauer ausführen: Wenn Sie die
soziale Notlage vieler Menschen in Österreich beklagen, dann muss man
festhalten, dass die Änderung des Sozialhilfe-Grundsatzgesetzes
durch Sie, durch Ihre Bundesregierung, das Einfallstor war, um das letzte
soziale Sicherungsnetz, das es in Österreich gibt,
löchriger zu machen! (Beifall bei den Grünen und bei
Bundesrät:innen
der SPÖ.)
Die Mindestsicherung war dieses letzte Auffangnetz, und das
ist jetzt
löchriger geworden.
Jetzt werde ich Ihnen erläutern, dass dort, wo Sie
Regierungsverantwortung haben – in Niederösterreich und in
Oberösterreich –, nicht einmal die Spielräume
ausgenützt werden, die es im Sozialhilfe-Grundsatzgesetz gäbe. Nicht
einmal die Spielräume, die vorhanden sind, werden in Niederösterreich und
in Oberösterreich ausgenützt, und das hat Konsequenzen: Es ist
nämlich so, dass in Oberösterreich die Wohnkostenpauschale nicht
umgesetzt ist, es gibt keine Ausnahme bei der Deckelungsregelung. Das
führt uns dann konkret zu wirklich massiven Fehlentwicklungen, dass
nämlich Menschen in einem Bundesland wie Oberösterreich bis zu
320 Euro weniger Leistung bekommen als in jenen Bundesländern, in
denen diese durch
das Gesetz vorgesehenen Spielräume genutzt werden.
Das halte ich für wirklich
unzumutbar: Dort, wo Sie die Möglichkeiten haben, stehen Menschen, die auf
Sozialhilfe beziehungsweise Mindestsicherung angewiesen sind, am Rand der
Gesellschaft, sie haben mit Erschwernissen zu kämpfen, im Unterschied zu
anderen Bundesländern. Sie legen diesen Menschen in Oberösterreich
auch zusätzliche Hürden in den Weg: Die müssen dort,
und ich halte das für Schikane, mehr Nachweise über Bewerbungen
bringen, um
Sozialhilfe zu bekommen, als das Arbeitsmarktservice von ihnen verlangt –
das sind zusätzliche Schikanen, die eingezogen werden. Dort, wo Sie
Regierungsverantwortung haben, drangsalieren Sie Menschen, die am Rande
der Gesellschaft stehen, und beklagen sich dann hier vollkommen unglaubwürdig
darüber, was das denn bedeute. Das ist einfach nicht fair! (Beifall
bei den Grünen
und bei Bundesrät:innen der SPÖ.)
Übrigens habe ich aus
meinem Herzen nie eine Mördergrube gemacht und auch gesagt, eine
Kindergrundsicherung wäre jedenfalls ein Programm, das in Österreich
umgesetzt gehört. (Beifall bei den Grünen und bei
Bundesrät:innen der SPÖ.) Die Mehrkosten, die uns aktuell
volkswirtschaftlich durch Kinderarmut entstehen, betragen
nämlich jährlich 17 Milliarden Euro – das besagt eine
Studie der OECD, keine Studie des Sozialministeriums. Wir leisten uns
den Luxus, Kinder zurückzulassen, obwohl wir angesichts der demografischen
Entwicklung jedes einzelne Kind dringend brauchen. (Beifall bei den
Grünen.)
Herr Bundesrat Obrecht, ich
schätze Sie als überaus kompetenten Bundesrat, der auch die Dinge auf
den Punkt bringt, aber jetzt werde ich Ihnen
einmal erläutern, wie sich die Zahlen in den beiden Feldern Energiekosten
und Wohnkosten darstellen.
Sie wissen so gut wie ich, dass der Verein für
Konsumenteninformation
zwei große österreichische Energieversorger geklagt hat, weil dort
Praktiken Platz gegriffen haben, die Konsumentinnen und Konsumenten massiv
benachteiligt haben. Wien Energie wird jetzt zurückzahlen, das Verfahren
gegen die EVN ist noch offen und anhängig. Es kann einfach nicht
sein – und
zwar egal, um welches Energieversorgungsunternehmen es sich
handelt –, dass Preiserhöhungen sofort, in der Sekunde, in
vollem Ausmaß und mit zum
Teil nicht gerechtfertigten Methoden – der VKI hat dagegen
geklagt – an Konsumentinnen und Konsumenten weitergegeben
werden, Preissenkungen
hingegen entweder gar nicht oder nur mit Verzögerung.
Das ist dieselbe Taktik, die die Banken – auch
die sind geklagt worden – bei Kontoüberziehungsgebühren
oder bei Habenzinsen auf Girokonten
anwenden. Ich halte das einfach für unvertretbar, dass große und
mächtige Einrichtungen – und das sind die Energieversorger, das
ist die österreichische Bankenwirtschaft ‑, wenn es
zum eigenen Vorteil ist, Konsumentinnen und Konsumenten so behandeln, als
wären diese nicht in der Lage, sich
zu wehren! Der Konsumentenschutz nimmt da seine Verantwortung wahr und tritt
solchen Praktiken entgegen.
Wir haben bei den über den Wohnschirm
unterstützten Energiekosten
und Wohnkosten folgende Situation: Wir haben insgesamt 216 Millionen Euro
zur Verfügung, und wir wenden im Wohnschirm – der auch für
Energiekosten da ist – mittlerweile für die
Abdeckung von Energiekostenrückständen mehr Geld auf, und zwar
deutlich mehr Geld auf, als für die Mieten! Wir decken
also deutlich mehr Kosten ab, die für Energieversorgung entstanden sind,
als für die Mieten. Ich halte das für untragbar und ich finde, die
österreichische Energiewirtschaft hätte einen Beitrag zu leisten,
unzumutbare Rückstände und Zahlungsverzüge so abzuwickeln, dass
es für die Konsumentinnen und Konsumenten machbar ist.
Wir steigen da jetzt mit Mitteln der öffentlichen Hand
ein: Wir haben, Stand heute, 63 000 Personen über den Wohnschirm
oder Energieschirm
unterstützt, was konkret dazu geführt hat, dass diesen Menschen nicht
Strom oder Gas abgedreht worden ist beziehungsweise dass sie nicht aus der
Wohnung hinausgeflogen sind. Die Verhinderung einer Delogierung ist allemal
kostengünstiger, als eine neue Wohnung organisieren zu müssen, die
Einrichtung bezahlen zu müssen, die Kaution bezahlen zu müssen und
ähnliche Dinge mehr.
Das ist eine volkswirtschaftlich simple Rechnung, und ich bin jetzt einfach an dem Punkt angelangt, das auch darzulegen: Das sind volkswirtschaftliche Nutzeffekte, die wir generieren, und was wir da investieren, ist nicht hinausgeworfenes Geld, sondern das sind Investitionen in die Absicherung. Das ist
ökonomisch sinnvoll und daher vertretbar, und deshalb ist es auch von der Bundesregierung beschlossen worden. (Beifall bei den Grünen.)
Noch etwas zur Abwicklung, weil
das wichtig ist. Es ist ja angesprochen worden, es gebe lange
Wartezeiten – übrigens stimmt das nicht, was Sie zu den
Einkommensgrenzen gesagt haben, das lässt sich leicht
klarstellen –: Ja, wir wissen,
es gibt Wartezeiten, aber es kommt niemand zu kurz. Wenn eine Delogierung ansteht,
wird diese Person vorgezogen, und es gelingt oft innerhalb von 48 Stunden,
eine Delogierung abzuwenden, weil Personen, die davon
betroffen sind, eben vorgereiht werden, um das zu verhindern. Delogierungen zu
verhindern ist also die oberste Devise, die beim Wohnschirm auch praktiziert wird.
An dieser Stelle möchte ich auch einmal ein
Dankeschön an alle aussprechen, die das abwickeln. Die Abwicklungsstellen,
von der Volkshilfe angefangen über
die Caritas bis zu allen anderen Einrichtungen, leisten da hervorragende
Arbeit, und denen gilt mein Dank. Sie sind konfrontiert mit den Menschen vor
Ort – wir tun unser Bestes, um die Rahmenbedingungen so zu gestalten,
dass sie gut arbeiten können, und wir stehen in ständigem Austausch
mit diesen Einrichtungen. Danke schön für die Arbeit, die dort
geleistet wird! (Beifall bei Grünen, ÖVP und SPÖ.)
11.19
Vizepräsident Dominik Reisinger: Danke sehr.
Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Markus Leinfellner. Ich erteile ihm dieses.
Bundesrat
Markus Leinfellner (FPÖ, Steiermark):
Herr Vorsitzender! Herr Bundesminister! Eigentlich wollte ich jetzt wirklich
nicht mehr herausgehen, aber der vorletzte Redebeitrag und der letzte
Redebeitrag haben es schon etwas
in sich gehabt.
Herr Bundesminister, wenn Sie behaupten, dass in den
Bundesländern, in denen wir in der Landesregierung sitzen, keine Politik
für die Menschen gemacht werden würde, muss ich Sie schon fragen: Wer
hat denn die Hacklerregelung abgeschafft, Herr Bundesminister? Wer war
das? – Das wart schon ihr
in der Bundesregierung, Herr Bundesminister! (Beifall bei der
FPÖ. – Zwischenruf der Bundesrätin Schumann.) So
schaut also die soziale Politik der ÖVP
und der Grünen aus, Herr Bundesminister. Vielleicht sollte man da
einmal vor der eigenen Haustür kehren.
Kollege Schreuder, jetzt bleibe ich gleich bei der sozialen
Politik, weil du
nämlich die Leerstandsabgabe als großen Wurf angesprochen hast:
Wisst ihr, wie die Leerstandsabgabe wirklich ausschaut? Wisst ihr, warum diese
Leerstandsabgabe gekommen ist? – Weil man nicht in der Lage war, in
touristischen Hochburgen – Schladming, Kitzbühel, im
Zillertal – diese ausländischen Investoren mit den
Anlegerwohnungen in den Griff zu bekommen und die irgendwie auszusackeln. Jetzt
hat man gesagt: Na gut, dann führt
halt aus den Kommunen heraus eine Leerstandsabgabe ein! Wen aber habt ihr damit getroffen, die großen
Immobilienhaie? – Keinen einzigen davon habt
ihr getroffen, keinen einzigen davon trifft es! (Beifall bei der
FPÖ.)
Ich kann jetzt nur von meiner Heimatgemeinde sprechen, wo
diese Abgabe umgesetzt wurde und wo jetzt die Briefe für das
Jahr 2023 hereingeflattert
sind: 9 Euro Leerstandsabgabe pro Quadratmeter sind zu bezahlen. Wisst ihr
aber, wen ihr getroffen habt? – Genau den kleinen Wohnungsbesitzer,
der von der Oma oder von der Uroma eine Wohnung vererbt bekommen hat, in der
keine Heizung ist! (Oh-Rufe bei der SPÖ.) – Na da kommt jetzt das
große Oh auch von der SPÖ: Ihr versteht das nicht, ihr wollt die
Richtigen treffen, bewirkt aber in Wahrheit genau das Gegenteil! Ihr trefft
genau die Leute, die nichts dafürkönnen! (Beifall bei der
FPÖ. – Bundesrätin Platzer: Die
Vermieter!)
Ihr trefft die Leute, die Wohnungen haben, die in einem so
desolaten Zustand sind, dass keine Heizung drinnen ist, kein Wasseranschluss
drinnen ist,
die schlicht und ergreifend nicht bewohnbar sind. Diese Leute sind nicht die
großen Millionäre, die jetzt 100 000 Euro und mehr in
die Hand nehmen
können, um diese Wohnung vermietbar zu machen. Ich mache euch einen Vorschlag:
Wenn jemand vermieten will und nicht vermieten kann, zahlt denen doch die
Miete! (Zwischenruf bei der SPÖ.) Ein jeder ist bereit zu
vermieten, niemand will einen Leerstand haben. Niemand will einen Leerstand haben – bis auf
eure großen Immobilienhaie, die ihr ausgenommen habt. Wer ist es
nämlich in den Kommunen und Regionen draußen? – Die
Genossenschaften, meine sehr geehrten Damen und Herren, und die
Genossenschaften hat man aber ausgenommen, weil dort nämlich genau eure
Leute drinnen
sitzen! (Beifall bei der FPÖ.)
Meine sehr geehrten Damen und Herren, einen Tipp kann ich euch noch geben: Wenn ihr Wohnungen wollt und einen Wohnungsmarkt für unsere Österreicher braucht, dann, Herr Bundesminister: Remigration! – Vielen Dank. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenrufe der Bundesrät:innen Schreuder und Schumann.)
11.22
Vizepräsident Dominik Reisinger: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.
Wünscht noch jemand das
Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte
ist somit geschlossen.
Wir kommen zur Abstimmung, die über die gegenständlichen Tagesordnungspunkte getrennt erfolgt. – Bitte nehmen Sie Ihre Plätze ein.
Wir gelangen zur
Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates
vom 20. März 2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das
Gerichtsgebührengesetz geändert wird, 3948/A
und 2497 d.B. sowie 11446/BR d.B.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und
Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des
Nationalrates keinen Einspruch
zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit.
Der Antrag ist somit angenommen.
Wir gelangen zur Abstimmung
über den Beschluss des Nationalrates vom 20. März 2024
betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Lebenshaltungs- und
Wohnkosten-Ausgleichs-Gesetz geändert wird, 3946/A und 2498 d.B.
sowie 11447/BR d.B.
Ich ersuche jene
Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den
vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch
zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmenmehrheit.
Der Antrag ist somit angenommen.
Wir gelangen zur Abstimmung
über den Beschluss des Nationalrates
vom 20. März 2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das
Umweltförderungsgesetz geändert wird, 3950/A und 2499 d. B.
sowie 11442/BR d.B. und 11448/BR d.B.
Ich ersuche jene
Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den
vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch
zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit.
Der Antrag ist somit angenommen.
Bevor wir zu den nächsten Tagesordnungspunkten kommen, darf ich Herrn Finanzminister Dr. Magnus Brunner recht herzlich bei uns im Bundesrat begrüßen. – Herzlich willkommen! (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen.)
Beschluss des Nationalrates vom 20. März 2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Finanzausgleichsgesetz 2024 geändert wird (3945/A und 2494 d.B. sowie 11441/BR d.B. und 11449/BR d.B.)
5. Punkt
Beschluss des Nationalrates vom 20. März 2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988 geändert wird (3949/A und 2496 d.B. sowie 11450/BR d.B.)
Vizepräsident Dominik Reisinger: Wir gelangen nun zu den Punkten 4 und 5 der Tagesordnung, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.
Berichterstatter zu den Punkten 4 und 5 ist Herr Bundesrat Ernest Schwindsackl. Ich bitte um die Berichte.
Berichterstatter
Ernest Schwindsackl: Herr
Präsident! Geschätzter Herr Bundesminister! Werte Damen und
Herren! Ich bringe den Bericht des Finanzausschusses über den
Beschluss des Nationalrates vom 20. März 2024 betreffend ein
Bundesgesetz, mit dem das Finanzausgleichsgesetz 2024
geändert wird.
Das Konjunkturpaket
„Wohnraum und Bauoffensive“ der Bundesregierung sieht unter anderem
einen Zweckzuschuss des Bundes an die Länder in Höhe
von 1 Milliarde Euro vor, damit diese die Schaffung zusätzlicher
leistbarer Eigentums- und Mietwohnungen fördern und die Sanierung vorantreiben können.
Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher zur Antragstellung:
Der Finanzausschuss stellt nach
Beratung der Vorlage einstimmig den Antrag, gegen den
vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch
zu erheben.
Weiters bringe ich den Bericht
des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom
20. März 2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem
das Einkommensteuergesetz 1988 geändert wird.
Die vorgeschlagenen Änderungen des
Einkommensteuergesetzes 1988 sehen zunächst eine erweiterte
Möglichkeit der beschleunigten Abschreibung
von Herstellungsaufwand vor, dabei sollen insbesondere ökologisch
ausgerichtete Nachverdichtungen begünstigt werden.
Dieser Bericht liegt Ihnen ebenfalls in schriftlicher Form
vor, ich komme
daher zur Antragstellung:
Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage
einstimmig den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des
Nationalrates keinen Einspruch
zu erheben. – Herzlichen Dank.
Vizepräsident Dominik Reisinger: Danke für die Berichte.
Wir gehen in die Debatte ein.
Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Karl-Arthur Arlamovsky. Ich erteile ihm dieses.
Bundesrat
MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky (NEOS, Wien):
Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und
Kollegen! Im Finanzausschuss war die Entscheidung einstimmig, aber nur
deswegen, weil ich dort kein Stimmrecht habe. (Bundesminister Brunner –
erheitert –: Ach so,
ich habe mich schon gewundert!)
Die zwei Punkte, die hier in einer gemeinsamen Debatte
zusammengefasst werden, möchte ich gern differenziert behandeln. Zuerst
zum Tagesordnungspunkt 4, dem Finanzausgleichsgesetz, das ist der
Kernpunkt des Wohn- und Baupakets: Wenn man sich anschaut, wie diese
Missstände – oder
die wahrgenommenen Missstände – angegangen werden sollen, dann
merkt man gleich, welche Inkonsistenzen da in der Gesetzgebung passieren.
Vor ein paar Monaten gab es den sogenannten Mietendeckel,
mit dem die Wertsicherung nicht nur von Mieten, sondern auch im
Genossenschaftsbereich, im Geltungsbereich des WGG, gedeckelt wurde. Am
stärksten begrenzt
wurde da im Genossenschaftsbereich, weil man damals gesagt hat, die
könnten es sich ja leisten. Die Wohnbaugenossenschaften hätten so
viel Rücklagen
und seien, wenn sie ihre Tätigkeit entfalteten, nicht darauf angewiesen,
eine Wertsicherung der Beiträge, also – unter
Anführungszeichen – der „Mieten“, vorzunehmen.
Worauf ist man aber jetzt draufgekommen beziehungsweise was ist
zumindest die Begründung, warum man jetzt diese Förderungen
beschließt? – Dass nämlich genau die
Wohnbaugenossenschaften
jetzt zusätzliche Gelder brauchen!
Jetzt werden Bundesmittel zu den Ländern geschoben,
damit insbesondere die Wohnbaugenossenschaften
investieren. – Also was jetzt? Entweder haben
diese genug Rücklagen, um ihre Tätigkeiten zu erfüllen,
oder nicht. Das ist eine Inkonsistenz!
Die zweite Inkonsistenz ist Folgendes: Es gibt ja einen
sogenannten Wohnbauförderungsbeitrag, der die Gehälter teurer
macht – beziehungsweise der die Lohnkosten teurer
macht –, der Bestandteil der Lohnnebenkosten ist,
der Bestandteil dessen ist, warum weniger Netto vom Brutto herauskommt. Dieser
Wohnbauförderungsbeitrag ist aber bekanntlich nicht zweckgewidmet. Wofür
wird er von den Bundesländern verwendet? – Offenbar nicht
für Wohnbauförderung.
Dieser Lösungsansatz, der jetzt da gewählt wurde,
ist genau der falsche.
Eine Möglichkeit wäre gewesen – was natürlich
aufgrund der verfassungsrechtlichen Umstände legistisch schwieriger
ist –, diesen Wohnbauförderungsbeitrag zweckzuwidmen.
So könnte er genau diese Zwecke erfüllen, die jetzt durch diese
Subventionen des Bundes an die Länder und in weiterer Folge an
die Wohnbaugenossenschaften erfüllt werden. Eine andere Möglichkeit
wäre gewesen, ihn zu streichen, damit die Lohnnebenkosten gesenkt werden,
damit mehr Netto vom Brutto herauskommt.
Was aber passiert, ist ein Kniefall vor den Bundesländern – das kann ich auch hier im Bundesrat sagen – und der Wirtschaftskammer. Die Zweckwidmung für mehr Wohnbau und/oder eine steuerliche Entlastung für die Häuslbauer wäre eigentlich das Mittel der Wahl gewesen.
Ich bin mit der Kritik oder der
Skepsis nicht allein – hier im Haus schon,
aber wenn man darüber hinausgeht, wenn man sich zum Beispiel die
Kritikpunkte des überparteilichen Budgetdienstes anschaut, stellt man
fest, es müssen diese Kritikpunkte unbedingt aufgegriffen
werden.
Erstens einmal das Timing
dieser Maßnahme: Diese Fördermaßnahmen laufen bis 2026. Das
ist natürlich nicht völlig unbegründet, weil für die
Planungssicherheit diese Projekte erst einmal anlaufen müssen, bis
das Geld überhaupt ausgegeben werden kann. Das dauert. Nur bis diese Baumaßnahmen
dann zum Beispiel im Jahr 2026 tatsächlich umgesetzt werden,
weiß man ja natürlich nicht,
wie die Konjunktur dann ausschauen wird. Das bringt wieder
die Gefahr mit sich, dass zu diesem Zeitpunkt dann die Konjunktur vielleicht in
einem Zustand ist, wo sie diese Mittel gar nicht braucht. Das wissen wir
nicht, das können wir nicht wissen, aber das ist das Risiko, dass das
Preisniveau im Jahr 2026 dadurch erhöht wird und die Inflation
angetrieben wird.
Der zweite Punkt ist: Diese
Mittel, die vom Bund jetzt an die Länder gegeben werden, sollen
natürlich Mittel der Länder nicht ersetzen, die es eh
schon gibt. Wie kann man das aber gewährleisten? Durch die
Maßnahmen, die hier getroffen werden, ist das nicht der Fall.
Zum zweiten Punkt, zu Tagesordnungspunkt 5: Er hat Vorteile und Nachteile, die man gegeneinander abwägen muss. Wir sind für die Maßnahmen, bei denen es in diesem Paket im Wesentlichen um das Einkommensteuergesetz geht, das damit geändert wird. Die steuerliche Entlastung bei der gewerblichen Vermietung in den ersten drei Jahren nach Fertigstellung 2024 bis 2026 unterstützen wir. Diese temporäre Entlastung führt auch zu einem Konjunktureffekt. Da geht es darum, dass man vorzeitig abschreiben kann, was insbesondere dann, wenn die Inflation höher ist, vorteilhafter ist. Die 1,5 Prozent, die ich heuer absetze, sind natürlich mehr wert als die 1,5 Prozent, die ich in 20 Jahren absetze. Ich kann dann 4,5 Prozent in den ersten drei Jahren
absetzen, was es in einer ähnlichen Form schon gibt; momentan
sind es 4,5 Prozent, 3 Prozent und so weiter. Wenn ich die
4,5 Prozent absetzen kann,
ist das positiv.
Aus unserer Sicht ist natürlich auch positiv, dass eine Koppelung an ökologische Standards vorgenommen wird, was für die Transformation Zukunftsinvestitionen mit sich bringt, und dass es eine Investition von Privaten ist, die dadurch gefördert wird, und es keine direkten staatlichen Investitionen sind.
Was wir an dieser Gesetzesänderung kritisch sehen, ist der Ökozuschlag für Wohngebäude, der für sich alleinstehend ja in Ordnung wäre – diese 300 Millionen Euro. In Kombination mit den in Kraft befindlichen Förderschienen sehen wir aber, dass in diesem Punkt leider das Argument der Überförderung überwiegt. – Vielen Dank.
11.33
Vizepräsident Dominik Reisinger: Danke.
Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Bernadette Geieregger. Ich erteile ihr dieses.
Bundesrätin
Bernadette Geieregger, BA (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe
Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuseher!
Die beiden Beschlüsse, die wir heute treffen werden, sind Teil des
großen Wohn- und Baupakets, 2 Millionen Euro, die gemeinsam mit den
Sozialpartnern verhandelt wurden. (Bundesrat Kovacs: Es sind
2 Milliarden! – Bundesrätin Schumann: Milliarden!)
Worum geht es? – Eigentum stärken, Wohnen
leistbar machen, ein Konjunkturpaket mit Treffsicherheit. Unsere
Bundesregierung investiert 2 Milliarden
Euro in den Wohnbau. Ziel ist es, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, die Bauwirtschaft
anzukurbeln, die Schaffung von Eigentum zu erleichtern und gleichzeitig
Wohnqualität im bestehenden Wohnbau zu verbessern.
Dieses Paket gliedert sich in fünf große Punkte, auf die ich jetzt auszugsweise eingehen möchte.
Erstens: mehr und leistbarer
Wohnraum. Für die Wohnraumförderung wird ein Zweckzuschuss von
1 Milliarde Euro bereitgestellt. 780 Millionen Euro
sind für die Förderung von
Neubaumiet- und -eigentumswohnungen und 220 Millionen Euro für
die Förderung der Sanierung durch gemeinnützige Bauvereinigungen
vorgesehen. Insgesamt schaffen wir durch die Wohnbauoffensive
20 000 leistbare Wohnungen und 5 000 werden saniert. (Beifall
bei ÖVP und Grünen.)
Der zweite Punkt: günstige
Wohnkredite für Familien. Wir sind ja hier
die Länderkammer. Der Bund unterstützt die Länder
zusätzlich mit einem Zweckzuschuss in Form einer Zinsunterstützung.
Die Länder haben dadurch die Möglichkeit, niedrig verzinste
Wohnbaudarlehen mit einem Maximalzinssatz
von 1,5 Prozent und von bis zu 200 000 Euro Kreditsumme zu
vergeben.
Drittens: die Aussetzung einiger
Nebengebühren für das Eigenheim. Das ist eine Maßnahme, von der
ich glaube, dass sie ganz besonders auch für junge Menschen
interessant ist. Zur Erleichterung des Eigentumserwerbs werden befristet auf
zwei Jahre die Grundbucheintragungs- und die Pfandeintragungsgebühr
bis zu einem Betrag von 500 000 Euro abgeschafft; das sind
übrigens 11 500 Euro.
Der vierte Punkt sind
steuerliche Anreize. Mit der befristeten erhöhten Absetzung für
Abnutzung von Wohngebäuden wird ein wichtiger Investitionsanreiz gesetzt.
Das bedeutet, dass innerhalb der ersten drei Jahre nach Fertigstellung
eines Gebäudes ein Abschreibungssatz von 4,5 Prozent zur
Anwendung kommt.
Der fünfte Punkt ist die Ausweitung des Wohnschirms. Der schon bestehende Wohnschirm hilft bei zu hohen Wohnkosten. Er kann Miet- oder Energie-
schulden übernehmen oder bei einem Umzug finanziell
unterstützen. Der Wohnschirm sorgt dafür, dass niemand seine
Wohnung verlieren muss, weil er
die Miete oder die Energiekosten nicht mehr zahlen kann.
Abschließend möchte ich auch ein bisschen auf die
Kritik der SPÖ eingehen, die ja heute auch noch einen Antrag stellen wird.
Die SPÖ stellt in den Raum,
es brauche ein echtes Wohnbaupaket – und das, was wir
heute hier beschließen, ist ein Konjunktur- und Wohnbaupaket.
Was bringt uns ein Wohnbaupaket, wenn es keine Firmen gibt, die diese
Projekte auch umsetzen? Es geht bei dem Paket vor allem auch um
Arbeitsplätze: 20 000 neue Wohneinheiten,
5 000 Sanierungen und die Absicherung von
20 000 Arbeitsplätzen.
War die SPÖ nicht immer eine Partei,
die es für wichtig empfunden hat, dass Menschen eine Arbeit haben?
Die Zeiten sind wohl vorbei. Da fehlt offenbar der Weitblick. (Beifall bei
der ÖVP.)
Wir als Regierungsparteien sind die negativen und
einseitigen Berichterstattungen über diverse Pakete und Projekte ja
schon gewohnt. Ich halte es aber
ehrlich gesagt schon für fatal, denn auf der Welt gibt es genügend
Gründe, um auch in Österreich besorgt zu sein. Da müssen wir uns
nicht auch noch
unser gutes Leben in Österreich schlechtreden. Das verstehe ich einfach
nicht. (Beifall bei der ÖVP.)
Die Realität ist folgende: Ich bin Bürgermeisterin
in Kaltenleutgeben, einer Gemeinde mit circa 3 400 Einwohnern. In
meiner Gemeinde vergeben wir circa 400 Gemeinde- und Genossenschaftswohnungen –
das sind sehr viele. Regelmäßig lässt mich die Situation in der
Gemeinde daran zweifeln, dass die Situation wirklich so prekär ist, wie
sie die SPÖ immer darstellt. Wir
haben aktuell eine Genossenschaftswohnung mit 63 Quadratmetern frei. Sie
ist barrierefrei, mit Balkon, die ist gegenüber von dem ehemaligen
Kurpark. (Bundesrätin Hahn: Was kostet sie?) –
511 Euro. (Bundesrätin Hahn: Frag einen Jungen, ob er sich
das leisten kann!) Jetzt dürfen Sie raten, wer sie haben
will. Niemand! Niemand will diese Wohnung haben. (Bundesrat
Kovacs: Unfassbar! Das ist unfassbar!) Wir müssen sie jetzt an
die Genossenschaft
zurückgeben, weil niemand auf unserer Liste, der sich für eine günstige Wohnung angemeldet hat, diese Wohnung haben will. (Bundesrat Kovacs: Unpackbar! – Zwischenruf des Bundesrates Spanring.)
Jetzt kann man natürlich vonseiten der SPÖ sagen:
Na, das ist wahrscheinlich ein Einzelfall. Nein, das ist es nicht! Ich hatte
dasselbe Thema erst vor einigen Wochen. (Bundesrat Spanring: Da muss
sich der Bürgermeister bemühen!) Und die Begründung
dafür, dass diese Wohnungen teilweise nicht genommen
werden – raten Sie einmal! –: Meine Möbel passen
dort nicht rein. (Bundesrat Kovacs: So überheblich, so arrogant!
Das gibt es ja nicht!) Es gibt auch
andere abstruse Ausreden, wo man sich dann wundert: Geht es jetzt wirklich
darum, eine leistbare Wohnung zu bekommen? (Bundesrätin Hahn: Kinderarmut gibt
es nicht? Altersarmut gibt es nicht?) Geht es jetzt wirklich darum, eine
leistbare Wohnung zu bekommen, oder geht es darum, dass man
eine Luxusimmobilie kriegt? Das verstehe ich einfach nicht. (Beifall bei der
ÖVP. – Bundesrat Kovacs: Weltfremd! – Bundesrätin
Eder-Gitschthaler: Die Kollegin berichtet aus der
Praxis! – Zwischenrufe bei SPÖ und FPÖ.)
Es geht ja auch darum, dass man Sozialwohnungen treffsicher
vergibt. Ich bin froh, dass zuvor Kollege Obrecht aus Wien gesprochen hat.
Treffsicher
sind die Vergaben der Wiener Gemeindewohnungen ja auch nicht. Es gibt einige
Fälle, die bekannt sind, wie Hannes Derfler, der ehemalige Bezirkschef aus
dem 20. Bezirk. Es ist wirklich zu hinterfragen, ob der in einer Gemeindewohnung
wohnen soll. (Bundesrätin Grimling: Der wohnt nicht dort! Der
ging aus dem 20. Bezirk!)
Ein ganz bekanntes Beispiel ist Peter Pilz, der 2015 bekannt
gegeben hat, dass er aus seiner Gemeindewohnung niemals ausziehen wird. (Bundesrat
Kovacs:
Das ist Ihr Koalitionspartner!) Wissen Sie, wie hoch 2015 die Miete
für 60 Quadratmeter war? – 147 Euro! (Bundesrat Kovacs:
Dann sagen Sie das Ihrem Koalitionspartner!) Also: Wie treffsicher ist die
Politik in Wien wirklich,
wenn solche Leute immer noch so eine günstige Wohnung haben? (Beifall
bei der ÖVP. –
Bundesrätin Grimling: Herr Derfler wohnt in keiner
Gemeindewohnung!)
Es gibt dann auch Vorschläge, zum Beispiel von der
Volkspartei in Wien, wie man dem entgegenwirken kann, zum Beispiel mit einem
Gehaltscheck. (Bundesrat Leinfellner: Bei den Grünen hat jetzt
keiner geklatscht, gell?) Da ist man dann dagegen, denn es braucht eine
Durchmischung. Na ja, braucht es
jetzt einen sozialen Wohnbau für die, die es sich nicht leisten
können, oder brauchen wir eine Durchmischung? Da, glaube ich, gibt es
noch einige Themen aufzuarbeiten. (Bundesrätin Grimling: Die Frau
Bürgermeisterin aus dem Speckgürtel gibt Ratschläge an Wien!)
Ja, die Inflation ist in Österreich höher als in
anderen Ländern der EU. Fakt ist aber auch, dass die Kaufkraft gestiegen
ist. Die Menschen können sich
trotz der Krise in Österreich etwas leisten. Ich sage nicht, dass nicht
für viele Menschen in Österreich die hohen Mieten auch zum Problem
geworden
sind, aber die meisten haben damit kein Problem. (Oh-Rufe bei der SPÖ.)
Diese Debatte halte ich insofern für scheinheilig (Bundesrätin Hahn:
Ich wäre
mit dem Wort scheinheilig vorsichtig! – Heiterkeit bei der SPÖ),
weil die SPÖ günstige
Wohnungen fordert und auch den Kampf gegen die zwei Kassen will.
Es gibt ja angeblich unterschiedliche Kassen. (Rufe bei der SPÖ:
Zwei Klassen! Klassen! – Bundesrat Kovacs: Klassen! Kassen
sind etwas anderes! –
Bundesrat Steiner: Klassen!) – Ja, ich wollte einen
Themenwechsel machen, keine Panik.
Abschließend möchte ich, da wir beim Thema Wien
sind, noch Folgendes sagen: Ich habe eine Freundin in Wien, sie kommt aus einer
SPÖ-Familie. Der
Papa ist Mitglied, hat unterschiedliche Freunde. Sie hat jetzt vor zwei Jahren
über die guten, guten Kontakte von ihrem Papa eine Wohnung
bekommen. Meine Freundin war immer so eine SPÖ- oder
Grünwählerin, hat sich immer so ein bisschen umgeschaut. (Bundesrat
Kovacs: Eine super Freundin!)
Dann habe ich sie gefragt, ob jetzt ihr Wahlverhalten einen Einfluss darauf
hat, und sie hat gesagt, natürlich wählt sie ab jetzt in Wien nur
mehr die SPÖ.
Mit welchen Mitteln da gekämpft wird, ist mir schleierhaft. (Ruf bei
der SPÖ: So was! Märchenstunde! – Weitere Zwischenrufe bei
der SPÖ.)
Ein großes Kompliment darf ich übrigens auch der
FPÖ aussprechen. Es ist offenbar wurscht, welches Thema auf der
Tagesordnung steht. Wir haben versucht, das zusammenzuschreiben: Sie reden
nicht zum Wohnpaket, sondern zur Impfpflicht, zu Corona, zur Teuerung,
Ausländer sind immer hoch im
Kurs. (Bundesrat Spanring: Euch muss man es leider öfter
erklären, ihr versteht es mit einmal ja nicht!) Kollege Bernard hat
heute in seiner Rede zum Abschluss
etwas vergessen, nämlich den Volkskanzler Kickl. Das ist mir eigentlich
abgegangen. (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrat Steiner:
Danke! Super! – Bravorufe bei
der FPÖ.)
Ich glaube, ich kann aber für alle Kolleginnen und
Kollegen in diesem Raum folgende Unterstützung anbieten, da ihr ja
immer dieselben Reden haltet:
Wir unterstützen euch gerne dabei, einmal neue Reden zu schreiben, denn
wir hören hier ständig dieselben Sachen. (Bundesrat Steiner:
Ja, bitte! Schreib
du uns die Reden bitte! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)
Ich bin beim Ende meiner Rede angekommen und freue mich
über eine breite Zustimmung zu diesem Gesetz. (Beifall bei der
ÖVP. – Bundesrat Steiner:
Ja, schreib du unsere Reden, dann haben wir auch endlich so gute, wie du heute
hältst! – Heiterkeit bei der FPÖ. – Bundesrat Steiner:
So richtig bachene!)
11.43
Vizepräsident Dominik Reisinger: Danke.
Als Nächster zu Wort gemeldet ist Bundesrat Günter Kovacs. Ich erteile ihm dieses.
Bundesrat
Günter Kovacs (SPÖ, Burgenland):
Herr Präsident! Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Frau
Bundesrätin Geieregger, ich muss wirklich sagen (Bundesrat Steiner:
Die schießt euch gleich ab! – Bundesrätin Eder-Gitschthaler:
Tolle Rede!): Ich habe wirklich schon vieles hier herinnen gehört. Sie
haben gerade die Sozialdemokratie verunglimpft, Sie haben die FPÖ verunglimpft,
Sie haben die Grünen mit Peter Pilz verunglimpft, weil er in
einer Gemeindewohnung wohnt (Ruf bei der ÖVP: Der ist nicht mehr
dabei!), und Sie haben in Wahrheit die eigene Partei kritisiert, denn wenn
das alles
stimmt, was Sie hier gesagt haben, mit diesen freien Wohnungen, mit diesen
tollen Mieten: Wofür machen wir dann das Paket eigentlich, Herr Minister? Haben
Sie sich das schon gefragt? Wir brauchen das Paket eigentlich gar nicht. Das
ist ja unfassbar! Es ist ja alles happy-peppy! (Beifall bei SPÖ
und FPÖ. – Zwischenruf des Bundesrates Steiner.)
Das ist schon ein bisschen peinlich, würde ich sagen;
insbesondere wenn wir uns die letzten Zahlen anschauen, die klar zeigen:
Österreich hat europaweit
die höchste Inflation! Die höchste Inflation europaweit
hat Österreich! Gestern hat es auf Puls 4 eine tolle Dokumentation
gegeben, die den Zustand gezeigt hat, was sich momentan abspielt, wie
Menschen ums Überleben in der Miete kämpfen, die sich kein
Eigenheim leisten können. Von der ÖVP wird
das heute so dargestellt, wie wenn das für jeden möglich wäre.
Ich sage euch: Das kann sich keiner mehr leisten. Ihr wisst es ganz genau! (Zwischenruf des Bundesrates
Steiner.)
Warum sich das keiner mehr leisten kann, hat einige
Gründe, und die Verursacher sitzen vor mir: Das waren in den letzten
Jahren die ÖVP und die
Grünen. Ihr habt die Menschen mit einer CO2-Steuer bestraft, Menschen,
die jeden Tag arbeiten gehen, habt ihr bestraft. Die Zinssätze sind
für die
Leute nicht mehr leistbar, die Leute können die Zinsen nicht mehr zahlen.
Es wurde nicht auf den Bankensektor eingewirkt, null auf den Bankensektor eingewirkt.
(Beifall bei SPÖ und FPÖ.)
Womit ich als Mensch wirklich das größte Problem habe, was in den letzten Jahren passiert ist, war die Abschaffung der Hacklerregelung. Kollege Leinfellner hat es vorhin gesagt: Ihr habt den Menschen 400, 500 Euro netto im Monat geraubt. (Beifall bei SPÖ und FPÖ.)
Glaubt mir eines: Das vergessen
die Leute nicht! Die Leute vergessen nicht, wie ihr sie behandelt habt, und das
wird in wenigen Monaten eh ein Ende
haben. Wir wissen ja, im September sind Wahlen und dann wird wirklich abgerechnet,
dann gibt es Tabula rasa, wie man so schön sagt. (Bundesrat
Steiner: Volkskanzler! Dann gibt es einen Volkskanzler!)
Noch eine Kleinigkeit, ein
kleines Bonmotscherl für die ÖVP und die Grünen: Wir haben
momentan einen Cofag-Untersuchungsausschuss, da bei der
Cofag Milliarden an Geldern verschoben worden sind. Wir wissen heute, dass
Milliardäre und Millionäre Geld oft ungeprüft bekommen haben.
Und wir
müssen kämpfen, dass sich Menschen in Zukunft vielleicht ein bisschen
Miete ersparen, ein bisschen eine Zinssatzersparnis haben. Es ist eigentlich
unfassbar, was ihr mit den Leuten in Österreich macht! (Beifall bei
SPÖ und FPÖ.)
Wir werden heute bei diesen
zwei Tagesordnungspunkten nur deshalb zustimmen – wir haben das
schon im Nationalrat gemacht und werden das auch heute machen –, da
es zumindest eine kleine Verbesserung ist. Ich muss
aber ganz ehrlich sagen: Wenn ich mir anschaue, welcher Personenkreis sich das
dann in Zukunft leisten kann, nämlich Menschen, die sich um bis zu
2 Millionen Euro eine Villa bauen und trotzdem noch eine
Gebührenersparnis bekommen – das wurde bei
Tagesordnungspunkt 1 auch schon erwähnt –, und
darüber nachdenke, erkenne ich ja, dass das genau der gleiche
Blödsinn ist, wie wenn man zum Beispiel einem Tesla-Fahrer eine
Förderung auszahlt. Das
Auto kostet 100 000 Euro, und dem gibt man eine Förderung, und dann
gebe ich einem, der eine Villa um 2 Millionen Euro bekommt, einen
Gebührennachlass. (Beifall bei SPÖ und FPÖ.)
Durch die KIM-Verordnung ist es ja für viele Menschen
gar nicht mehr möglich, dass sie überhaupt einen Kredit bekommen.
Frau Dr. Gitschthaler, das ist
ja nicht mehr möglich. Der geht hin zur Bank, der schafft das ja nicht:
40 Prozent darf er maximal von seinem Einkommen belasten (Zwischenruf
der Bundesrätin Eder-Gitschthaler), 20 Prozent
Eigenmittel muss er aufbringen – das ist ja alles nicht mehr
möglich.
Sehr, sehr viele Versäumnisse gibt es bei dieser
Regierung, und deshalb sage ich auch ganz klar, weil sich hier die ÖVP
immer selbst so lobt oder Frau Geieregger hier Lobhudelei betreibt:
Nicht wir sagen, dass die Regierung am Ende ist, die Bevölkerung sagt das:
Nur mehr 20 Prozent unterstützen euch,
Grün und Schwarz gemeinsam. Ärger geht es nicht mehr! (Beifall bei
der SPÖ.)
Ich bringe zu Tagesordnungspunkt 4 folgenden Antrag ein:
Entschließungsantrag
der Bundesrät:innen
Günter Kovacs, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Das Wohnpaket
der Regierung senkt keinen einzigen Preis – Österreich
braucht ein Sofortpaket für leistbares Wohnen“
Der Bundesrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat und dem Bundesrat eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die einen echten und sofortigen Teuerungstopp für die eigenen vier Wände bewirken kann. Die notwendigen Maßnahmen dazu umfassen insbesondere
- Das Einfrieren sämtlicher
Mieten (inklusive preisungebundener Mieten
und Geschäftsraumieten) bis Ende 2026 und eine drauffolgende,
jährliche Deckelung des Mietanstiegs bei maximal 2 %.
- Die Einführung eines Zinspreisdeckels
von maximal 3 % für alle bereits bestehenden Häuslbauerkredite bis zu
einem Darlehensvolumen
von 300.000 Euro.
- Die Einführung einer Übergewinnsteuer auf die historischen“ Rekordgewinne „der Banken zur Finanzierung des Preisstopp-Programms.“
*****
Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)
11.49
Vizepräsident Dominik Reisinger: Danke.
Der von den Bundesräten
Günter Kovacs, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte
Entschließungsantrag betreffend „Das Wohnpaket der Regierung senkt
keinen einzigen Preis – Österreich braucht ein Sofortpaket
für
leistbares Wohnen“ ist genügend unterstützt und steht demnach
mit in Verhandlung.
Als Nächster zu Wort
gemeldet ist Bundesrat Markus Steinmaurer.
Ich erteile ihm dieses.
Bundesrat Markus Steinmaurer (FPÖ, Oberösterreich): Herr Vizepräsident! Werter Minister! Geschätzte Zuseher hier im Saal und zu Hause! Werte Kollegen im Bundesrat! Das Wohnbaupaket ist grundsätzlich nicht schlecht, aber in Wahrheit ein Tropfen auf den heißen Stein.
Zudem hat es in einem ersten
Schritt ohnehin nur zur Verunsicherung beigetragen, da viele Bauherren ihre
Projekte angehalten beziehungsweise sogar rückgestellt haben, um
abzuwarten, was von der Bundesregierung da tatsächlich umgesetzt
wird. Umso wichtiger ist es, dass dieser Ankündigungspolitik zulasten der
Bauwirtschaft mit diesem Beschluss im Bundesrat ein Ende
gesetzt wird und Gesetze beschlossen werden, an denen sich die Rechtsunterworfenen
orientieren können.
Zeitgleich ist natürlich die Umsetzung noch fragwürdig und die Länder werden im Stich gelassen. Während die Bundesregierung sich von der bezahlten Medienöffentlichkeit feiern lässt, laufen die Telefone in den Wohnbauförderungsberatungsstellen in den Bundesländern heiß. Da braucht es endlich Klarheit.
Vor wenigen Wochen hat die Bundesregierung ein Wohnbaupaket verkündet. Mit dem laut Finanzministerium 2,2 Milliarden Euro schweren Maßnah-
menpaket soll mehr
leistbarer Wohnraum geschaffen werden, die Eigenheimquote soll erhöht
werden und die Auftragslage am Bau so angekurbelt
werden.
Schwerpunkte sind: Erstens:
10 000 Eigentumswohnungen und 10 000 Mietwohnungen
sollen entstehen. 5 000 Objekte sollen saniert und wieder
auf den Markt gebracht werden. Der Bund stellt dafür 1 Milliarde Euro
zur Verfügung.
Zweitens: Länder
können Darlehen bis 200 000 Euro zu maximalen Zinssätzen von
1,5 Prozent bereitstellen – entweder durch Zuschüsse zu
Mittelaufnahmen oder durch vergleichbare Zinszuschüsse bei
Bankdarlehen. Der
Betrag wurde mit 500 Millionen Euro begrenzt.
Drittens:
Grundbucheintragungsgebühr sowie Pfandrechteintragungsgebühr für
die ersten 500 000 Euro werden gestrichen. Dies gilt nur für
nach dem
31. März 2024 abgeschlossene Rechtsgeschäfte. Zudem soll das nur
auf zwei Jahre befristet beantragt werden können.
Viertens: Länder können Freizeitwohnungs-, Nebenwohnsitz- und Leerstandsabgaben einheben.
Fünftens: Der Wohnschirm wird von 65 Millionen auf 125 Millionen Euro aufgestockt, was zu begrüßen ist.
Sechstens: Bei der Absetzung
für Abnutzung, AfA, für Wohngebäude kann
bis 2026 das Dreifache beantragt werden.
Siebtens: Thermische Sanierung und Heizungstausch werden mit einem Zuschlag für die steuerliche Absetzbarkeit von 15 Prozent gefördert.
Achtens: Handwerksarbeiten bis zu 10 000 Euro werden mit 20 Prozent gefördert.
Neuntens: Gewerbliche Vermieter erhalten einen Zuschuss für thermische Sanierungen von Wohngebäuden.
Die wesentlichen Punkte sind die ersten beiden. Der erste
Punkt betrifft
den mehrgeschossigen Wohnbau. Der Bund stellt den Bundesländern
1 Milliarde Euro für die Errichtung von Eigenheimen und Mietwohnungen
im mehrgeschossigen Wohnbau – ausgenommen eingeschossige
Reihenhäuser – sowie für die Sanierung von Mietwohnungen
zur Verfügung. Die Mittel für den Neubau stehen sowohl
Gemeinnützigen als auch Gewerblichen zur Verfügung, die Mittel
für die Sanierung stehen nur den Gemeinnützigen zur Verfügung.
Die in den Medien kolportierten Ziele von je 10 000
zusätzlichen Eigentums- und Mietwohnungen sowie 5 000 Sanierungen
finden sich im Gesetz
weder in den Bestimmungen noch in den Erläuterungen. Wie kommt man
auf diese Zahlen, Herr Minister?
Tatsächlich, und das ist hier jedem klar, gibt es in den Bundesländern verschiedene Preisgestaltungen. Zum Beispiel ist in Oberösterreich der Wohnungserrichtungspreis ein anderer als in Tirol und Vorarlberg, daher können die Zahlen nicht stimmen.
Die Bedingungen betreffen insbesondere antispekulative
Bestimmungen
des WGG und die Pflicht zur Errichtung von Fotovoltaikanlagen.
Die 1 Milliarde Euro teilt sich wie folgt auf:
780 Millionen Euro werden für den Neubau bereitgestellt –
die eine Hälfte für Mietwohnungen und die
andere Hälfte für Eigentum inklusive Mietkauf –, und
220 Millionen Euro werden für die Sanierung von Mietwohnungen
bereitgestellt. Für Oberösterreich beträgt der Anteil
17,5 Prozent, somit 68,25 Millionen Euro für Mietwohnungen,
68,25 Millionen Euro für Eigentum und 38,5 Millionen Euro
für die Sanierung. Insgesamt entfallen
damit auf das Land Oberösterreich 136,5 Millionen Euro
für den mehrgeschossigen Neubau und 38,5 Millionen Euro für die
Sanierung von Mietwohnungen.
Ausbezahlt werden diese Mittel
in den Jahren 2024 mit 25 Prozent, 2025 mit 50 Prozent und 2026
mit 25 Prozent. Die Zweckzuschüsse werden vom
Land in jenem Jahr in Anspruch genommen, in dem der Förderwerber die Förderung zugesagt bekommt, also unabhängig vom Zeitpunkt der Zuzählung des Betrages. Diese Formulierung beinhaltet damit allerdings auch automatisch, dass alle bereits in Bau befindlichen oder fertiggestellten Bauvorhaben von dieser Förderung ausgeschlossen sind, da die Zusicherung immer nur vor Baubeginn erfolgen kann. Die ersten nach diesem Bundesgesetz geförderten Zusicherungen können somit erst nach Inkrafttreten im Jahr 2024 erfolgen.
Der zweite Punkt betrifft die Förderung von Eigenheimen. Alle nachstehenden Regelungen gehen nach unserer Interpretation davon aus, dass diese nur für den Neubau von Eigenheimen gelten, Eigentumswohnungen fallen also heraus.
Für den Erwerb gelten die oben dargestellten Regelungen des nicht rückzahlbaren Zuschusses und nicht die Regelung des mit 1,5 Prozent begünstigten Darlehens. Weiters gilt dies alles nur für neu zu errichtende Bauvorhaben und nicht für den Erwerb bereits bestehender oder in Bau befindlicher Bauprojekte.
Im Gegensatz zu
1 Milliarde Euro im mehrgeschossigen Wohnbau nimmt der Bund da nicht Geld
tatsächlich selbst in die Hand, sondern gibt Zinszuschüsse, um
Häuslbauern einen Zinssatz von 1,5 Prozent zu ermöglichen. Derartige
Anleihen mit zehnjähriger Laufzeit werden derzeit mit 2,87 Prozent
verzinst, der Bund muss da also eine Zinsdifferenz in der Höhe von
1,37 Prozent übernehmen und das Land könnte die mittels Anleihe
aufgenommenen
Mittel als Direktdarlehen an die Häuslbauer mit einem Zinssatz von
1,5 Prozent weitergeben.
Grundsätzlich wurden laut Wohnbaubilanz in Oberösterreich im Jahr 2022 1 335 Eigenheime und im Jahr 2023 759 Eigenheime gefördert. Förderungen von Eigenheimen gibt es allerdings im Wesentlichen in zwei Formen:
Zuschüsse zu den Darlehen der Hypo und einmalige, nicht rückzahlbare Zuschüsse; sie werden in der Regel dann in Anspruch genommen, wenn gar kein Darlehen aufgenommen wird.
Für die Förderung des Bundes sind nur jene
Bauvorhaben relevant, die mittels Zuschüssen zu Darlehen gefördert
werden. Dies waren im Jahr 2022
Darlehen für 732 Eigenheime und 2023 Darlehen für
308 Eigenheime. Der Schnitt der beiden Jahre lag also bei
520 Eigenheimen. Rechnet man
die 87,5 Millionen Euro Darlehensvolumen durch 200 000 Euro,
kommen 437,5 Eigenheime heraus. Das heißt, wir könnten in Oberösterreich
mit dieser Hilfe 438 Häuslbauer unterstützen, und das in den
nächsten drei Jahren.
Wir haben aber sogar in den schwächeren Jahren pro Jahr weit
höhere Förderzahlen.
Eine Beratung mit den Wohnbauzuständigen der
Bundesländer wäre die richtige und sinnvolle Vorgehensweise
gewesen – dieser Bundesregierung geht
es aber nur um Ankündigungen und Pressekonferenzen –, denn die
zuständigen Wohnbauabteilungen wissen
doch am besten, wo die zusätzlichen Unterstützungen
erforderlich sind. Leider arbeitet die Bundesregierung aber nur oberflächlich,
und dieses Wohnbauprogramm wird nicht fruchten, denn ein
ganz wesentlicher Punkt, die KIM-Verordnung, wurde nicht betrachtet. Um diese
Förderung beanspruchen zu können, muss erst ein Kredit
genehmigt werden, und das ist zurzeit für einen normal in Österreich
Arbeitenden unmöglich.
Eine Familie – die besteht grundsätzlich aus
Mutter, Vater, Kind (Oh-Rufe bei der SPÖ) – will ein Eigenheim errichten (Beifall
bei der FPÖ) und ist in der glücklichen Lage,
Unterstützung von der Familie zu bekommen. Allerdings bleiben immer noch
500 000 Euro übrig, und die 500 000 Euro sind das Problem. Aufgrund
der gesetzlichen, nur in Österreich geltenden KIM-Verordnung ist ein
Kredit für die 500 000 Euro nur mit einem monatlichen Einkommen
von 8 000 Euro möglich. Aber: Wer, welche junge Familie hat ein
Nettofamilieneinkommen von 8 000 Euro?!
Dieses Wohnbaupaket ist gut gemeint, aber halt schlecht
vorbereitet und vorbesprochen. Leider sind Befristungen und Begrenzungen enthalten.
Einen Abänderungsantrag im Nationalrat zu diskutieren und im Bundesrat
absegnen zu lassen und erst dann die Gespräche mit den Ländern zu
starten, das zeigt
einmal mehr, dass in dieser Bundesregierung nur reagiert statt agiert wird.
Damit ist diese Hilfe nur ein kleiner Tropfen.
Deshalb stelle ich folgenden Antrag:
Entschließungsantrag
der Bundesrät:innen Markus
Steinmaurer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Auch der Bund muss
liefern – Schaffung leistbaren Wohnraums durch
die ARE“
Der Bundesrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung und
insbesondere der zuständige Bundesminister für Finanzen werden
aufgefordert, in Unternehmenszielen und -strategie
sowie Geschäftspolitik der ARE Real Estate GmbH vorrangig die
Förderung leistbaren bzw. geförderten Wohnraumes
sicherzustellen.“
*****
Danke. (Beifall bei der FPÖ.)
12.01
Vizepräsident Dominik Reisinger: Danke.
Der von den Bundesräten Markus Steinmaurer, Kolleginnen
und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „Auch der
Bund muss
liefern – Schaffung leistbaren Wohnraums durch die ARE“ ist
genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.
Weiters zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Elisabeth
Kittl. Ich
erteile ihr dieses.
12.02
Bundesrätin MMag. Elisabeth Kittl, BA (Grüne, Wien): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseher:innen vor den Bildschirmen! Ja, das Bau- und Sanierungspaket sowie die Zweckzuschüsse sind milliardenschwere staatliche Investitionen, aber es sind Investitionen, die die Menschen schnell und nachhaltig entlasten und die Wirtschaft sofort beleben, denn das Paket bringt dauerhaft leistbaren und qualitativ hochwertigen Wohnraum, sichert gleichzeitig Arbeitsplätze und Einkommen ab und schafft sogar neue Arbeitsplätze. (Vizepräsident Ebner übernimmt den Vorsitz.)
Es ist eine Win-win-Situation für alle, für den Staat durch die Steuereinnahmen und auch für die Gemeinden bezüglich des Antrages. Es ist vor allem auch neben den Mitteln aus dem Zukunftsfonds, der immer gerne vergessen wird, ein zusätzliches großes Plus für die Gemeinden. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)
Inklusive der Darlehen, des Handwerkerbonus und der
Steuererleichterungen werden weit mehr als 2,5 Milliarden Euro
in den nächsten zwei Jahren, also bis 2026, in den Bau- und Wohnungsmarkt
investiert. Wir gehen
aber auch – das ist ein wichtiger Punkt, gerade für uns
Grüne – gegen die Abhängigkeit von russischem Gas,
also von fossilen Energieträgern, und
gegen die Klimakrise vor, indem diese Zweckzuschüsse des Baupakets, das
ist natürlich der Vorteil der Zweckzuschüsse, auch ökologische
Vorgaben
haben. Da geht es zum Beispiel um verdichteten Wohnbau, darum, nicht mehr Boden
zu versiegeln, aber es geht auch um Sonnenstromerzeugung auf
den Dächern von damit finanzierten Neubauten oder neuen Fenstern und
Dämmungen zur Energieeinsparung bei Sanierungen.
Wir haben es heute schon öfters gehört: Diese
20 000 neuen und
5 000 neu sanierten Wohnungen, die meisten davon sind gemeinnützige
Wohnungen, und die sind alle ökologisch und sozial, denn genau im
gemeinnützigen Bereich sind Mieten langfristig garantiert, und
das ist das Spannende, finde
ich, an dem Paket. Es ist auch ein Riesenboost, vor allem wenn man bedenkt, dass die Gemeinnützigen pro Jahr insgesamt circa 15 000 neue Wohnungen in ganz Österreich bauen – es sind nicht die ganzen 20 000 für Gemeinnützige, aber ein großer Teil –, dann ist das ein immenser Boost für mehr leistbares Wohnen.
Die steuerlichen Anreize und auch der Handwerker:innenbonus
eben für ökologisches Bauen
und Sanieren – wir haben es von Kollegen Arlamovsky schon
genau gehört, deswegen wiederhole ich es nicht mehr – betreffen
auch Zinshaus- und Wohnungseigentümer. Auch das ist wichtig. Wir haben es
auch vom Herrn Bundesminister gehört, dass genau die Energiekosten ja sehr
oft das Problem sind und gerade auch der Wohnschirm die Menschen bei den hohen
Energiekosten unterstützt. Genau diese steuerlichen Anreize
beugen dem vor und machen Energiekosten auch längerfristig niedriger oder
eigentlich sogar sehr langfristig niedriger.
Wenn wir bedenken, dass Energie, die im Gebäudesektor
verbraucht wird, einen Riesenanteil am Treibhausgaseffekt hat, ist dieser Renovierungsschub
eine extrem sinnvolle Maßnahme in der Dekarbonisierung, aber eben auch
für die Einsparung an laufenden Kosten.
Wichtig aber ist, dass die Länder diese
Zweckzuschüsse auch einsetzen –
ich schaue nach links –, es wird auch erwartet. Wien hat zum
Beispiel ein ganzes Drittel der eingenommenen Wohnbaugelder nicht für den
Wohnbau ausgegeben, obwohl der gemeinnützige Wohnbau so wichtig ist.
Daher ist eben die Zweckwidmung überlegt worden, weil gerade immer mehr
Menschen nach
Wien ziehen – wir haben es von Kollegen Schreuder gehört, wir
haben die Zwei-Millionen-Marke überschritten – und diese
Menschen auch mehr leistbaren Wohnraum brauchen.
Erfreulicherweise kündigt Wien nun eine
Wohnbauoffensive 2024 plus an, was ich natürlich auch auf das heutige
Wohnbaupaket, aber genauso auch auf
die Mittel des Zukunftsfonds zurückführen möchte, wobei Wien
insgesamt in
etwa einmal 250 Millionen Euro und 250 Millionen Euro
aus dem
Zukunftsfonds bekommen wird, da Wien ja gerade jetzt mehr günstigere
Mieten braucht. Ich hoffe, diese Zeitangabe in dem Wohnbauoffensivepaket 2024
plus bedeutet tatsächlich auch zeitnah und ist nicht ein vielleicht
populistischer Zug für die sowieso geplanten Wohnungen.
Was ich aber gerade betreffend Wien hervorheben möchte,
ist, dass gerade im gemeinnützigen Wohnbau – ich finde, das ist
ein sehr wichtiger Aspekt –
extrem hohe Qualität vorhanden ist und in hoher Qualität gebaut wird,
oft in weitaus höherer als im privaten Wohnbau. Daher ist dieser
gemeinnützige Wohnbau auch so wichtig. (Beifall
bei Bundesrät:innen von Grünen und SPÖ.)
Zu den Zinsen am Kreditmarkt, die gerade recht stark
gestiegen sind,
zwar noch immer nicht das Niveau von vor etwa 15 Jahren erreicht haben,
aber trotzdem im Vergleich zu vorher sehr stark gestiegen sind: Der Bund
übernimmt jetzt die Kosten der Länder, die über
1,5 Prozent anfallen, mit einem Volumen von 500 Millionen Euro.
Auch das ist ein wichtiger Punkt. Man
glaubt es nicht, aber auch genau diese Maßnahme bedeutet ein Mehr an
leistbarem Wohnen, da so finanzierte Wohnungen dem Spekulationsgewinn auf
die nächsten 25 Jahre entzogen sind und dann, wenn sie vermietet
werden, eine Mietzinsobergrenze haben. Das ist auch sehr wichtig.
Ein kurzer Schwenk noch zu dem Entschließungsantrag,
aber auch zu den Kollegen Kovacs und Obrecht: Auch Sie wollen einen
Zinspreisdeckel für alle,
auch für Villenbesitzer:innen oder Villenbauer:innen. Ich muss sagen, auch
damit, dass Sie immer wieder Mehrwertsteuersenkungen für alle fordern,
auch für Millionär:innen, widersprechen Sie sich meiner Meinung nach.
Ich denke, dass dieses Paket insgesamt ein
ausgeklügeltes, ein weitblickendes ist und auch ein von vielen
Expert:innen gelobtes Paket ist, denn es schafft Arbeitsplätze, es sichert
Einkommen, es sorgt für hochwertigen, ökologischen und leistbaren
Wohnraum und es macht Energie sauberer und günstiger.
Dieses Paket sorgt für mehr Lebensqualität für viele, viele
Tausend Menschen.
Ein bisschen traurig macht, dass nicht alle zustimmen. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)
12.09
Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Danke, Frau Bundesrätin.
Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Barbara Prügl. Ich erteile ihr dieses.
Bundesrätin Barbara Prügl (ÖVP, Oberösterreich): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Ja, das Wohnpaket ist ein absoluter Perspektivengeber, ein Lichtblick, möchte ich sagen – kein Schattenhäuschen, sondern ein wahrer Perspektivengeber. Das haben auch bereits sehr viele Vorrednerinnen und Vorredner betont.
Das bringt es auch auf den
Punkt: Es ist nämlich so, dass sich 93 Prozent der jungen
Menschen in Österreich einmal eigene vier Wände wünschen. Mit
dem Wohnbaupaket ist das jetzt auch möglich. Dem Traum der jungen Menschen,
die eine Familie gründen wollen, die sich entfalten wollen, die nicht von
der
SPÖ entmutigt werden, sondern sparen wollen, voll arbeiten, hart
dafür arbeiten wollen, um sich Eigentum
zu schaffen, geben wir wieder Perspektive. (Beifall
bei der ÖVP und bei Bundesrät:innen der
Grünen. – Bundesrätin Grimling: Ich kann zwar hart
arbeiten, aber ich schaff’ es nicht!)
Mehr als 2 Milliarden Euro
an Bundesmitteln werden in die Hand genommen, um Eigentumserwerb zu
unterstützen, um Wohnraum wieder leistbarer zu
machen und neue Wohnungen zu schaffen oder auch wiederherzustellen. (Bundesrätin
Grimling: Die Jungen können das nicht mehr!)
Wie schaut es konkret aus? – Drei Punkte dazu – wir haben es schon gehört, aber das sind einfach drei wesentliche Punkte, die immer wieder wiederholt werden sollten, damit wir, wenn wir morgen in der Früh aufstehen, gleich die drei Punkte dieses tollen Wohnpakets aufzählen können.
Erstens: Wir schicken die Nebengebühren in Auszeit. Das
haben wir schon gehört: Beim Kauf eines Eigentums fallen ab
1. April zwei Gebühren weg:
die Grundbucheintragungs- und die Pfandrechtseintragungsgebühr. Das gilt
für die ersten 500 000 Euro, da erspart man sich rund
10 000 Euro. Na ja,
gut, wenn man gerade beim Neu-Einrichten ist: Das hat immerhin etwa den Wert
einer Küche. (Neuerlicher Zwischenruf der Bundesrätin Grimling.)
Zweitens: Wir bieten den gestiegenen Kreditzinsen die Stirn.
Die Zinslandschaft – wir wissen es – hat sich in der
letzten Zeit massiv verändert:
von 1 Prozent auf 4 bis 5 Prozent Kreditzinsen. Das ist nicht wenig.
Ich möchte jetzt natürlich nicht vergessen: Wenn man mit Leuten
spricht, die zum
Beispiel in den Neunzigerjahren gebaut haben, sagen die, dass sie Zinsen von 8,
10 oder sogar 12 Prozent gehabt haben. Diese Zeit wollen wir nicht mehr. (Bundesrat
Kovacs: Das hilft jetzt ...!) – Ich weiß, aber
das hat es gegeben, man soll das nicht vergessen.
Doch ich weiß, 5 Prozent sind auch kein Pappenstiel, und deswegen setzen wir da mit den Zweckzuschüssen des Bundes an die Länder für günstige Wohnbaudarlehen richtig an. Das heißt im konkreten Beispiel: Wenn sich eine junge Familie ein Haus oder eine Eigentumswohnung kauft und dafür ein Wohnbaudarlehen aufnimmt (Bundesrat Schennach: Was ...?), dann zahlt diese Familie für eine Kreditsumme bis zu 200 000 Euro (Bundesrätin Grimling: Am Land!) nur maximal 1,5 Prozent Zinsen. Ein Landesdarlehen mit nur 1,5 Prozent Verzinsung, das ist wirklich eine gute Sache. Wohnraum zu schaffen ist dadurch wirklich wieder möglich.
Drittens: Wir holen verstaubte Bau- und Sanierungsprojekte
wieder aus
der Schublade heraus. Gemeinnützige Wohnbauträger haben nämlich
wegen unzureichender Landeswohnbaufördermittel so manche Projekte nicht
mehr verwirklichen können, und das wird
mit den Zuschüssen auch wieder machbar. Wir schaffen dadurch
20 000 neue Wohnungen –
10 000 Eigentumswohnungen auf Mietkaufbasis und
10 000 Mietwohnungen – und können damit
5 000 Wohnungen sanieren. (Beifall bei der ÖVP.)
Meine Damen und Herren, apropos Sanieren: Im Wohnbaupaket
gibt es außerdem noch einen weiteren Sanierungsbaustein bei
Mietwohnungen. Dieser umfasst 300 Millionen Euro und soll mit
steuerlichen Anreizen notwendige Sanierungen ermöglichen, etwa
thermisch-energetische Sanierungen oder
einen Heizkesseltausch. Das ist ökologisch und ressourcenschonend.
All diese genannten Bausteine des wirklich sehr
umfangreichen Wohnbaupaketes ermöglichen nicht nur einen Hausbau oder
einen Wohnungsbau,
sondern sie kurbeln auch die Baukonjunktur wieder an und sichern
definitiv – definitiv! – Arbeitsplätze. Wenn man in
seinem Freundeskreis im Umfeld sehr viele Bekannte hat, die im
Bau tätig sind, dann kann man sagen: Ich glaube, es geht wieder gut
weiter, und dein Arbeitsplatz kann gesichert werden! – Das ist auch
ein gutes Gefühl. (Beifall bei der ÖVP.)
Sehr geehrte Damen und Herren, bringen wir das große
Wohnbaupaket unter Dach und Fach! Es schafft leistbaren Wohnraum, neue
Eigentums- und Mietwohnungen, unterstützt den Eigentumserwerb und kurbelt
die Bauwirtschaft wieder an. Dieses Paket – ich möchte es
noch einmal sagen –
ist ein Perspektivenbringer, ja, klar. Die Beschlüsse dafür sind
für die jungen Familien, sind für die nächsten Generationen in
Österreich. (Beifall bei
der ÖVP.)
12.15
Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Danke, Frau Bundesrätin.
Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Bettina Lancaster. Ich erteile ihr dieses.
Bundesrätin
Mag. Bettina Lancaster (SPÖ, Oberösterreich): Herr Präsident! Herr Minister! Werte
Kolleginnen und Kollegen im Bundesrat! Werte Zuseherinnen und Zuseher
vor Ort und vor den Bildschirmen! Ich nutze die
Gunst der Stunde, Herr Minister, dass Sie hier sind, und möchte noch
einmal
auf den Finanzausgleich eingehen.
Als Bürgermeisterin ist es mir natürlich ein
zentrales, wichtiges Anliegen: Wie sieht die
Zukunft der finanziellen Ausstattung unserer Gemeinden aus? –
Es scheint so, dass der Finanzausgleich für den Bund, für die
Länder geglückt ist. Er ist aber für die dritte
Gebietskörperschaft, nämlich für die Gemeinden,
nicht geglückt.
Sehr viele Gemeinden stehen jetzt vor der Situation, dass
sie ihre Haushalte nicht ausgleichen können, dass sie zu Bittstellern
degradiert werden,
dass sie dort hingehen müssen, um die Daseinsvorsorge in ihren Gemeinden
aufrechterhalten zu können, nämlich zu schauen, dass
Elementarpädagogik funktioniert, dass – als
Schulerhalter – adäquate Schulgebäude da sind, dass die
Müllabfuhr funktioniert, dass die Trinkwasserversorgung funktioniert, dass
die Abwasserentsorgung funktioniert und dass wir,
wenn ein Bürger zu uns ins Bürgerservice kommt und reklamiert, dass
eine Straßenbeleuchtung nicht funktioniert, handeln können, dass wir
die
Techniker hinschicken können, dass wir das Geld in der Gemeindekasse haben,
dass wir das auch durchführen können. Zurzeit mangelt es überall.
(Beifall bei der SPÖ.)
Als das FAG unterzeichnet wurde, kurze Zeit
später – ich glaube, die Tinte war noch nicht trocken, wenn ich dieses Sprichwort anwenden
darf –, wurden
beim Gemeindebund auch schon Nachforderungen gestellt, weil man
weiß: Es geht sich nicht aus, sie können ihren Aufgaben nicht
nachkommen. Man
kann den Gemeinden, die den Bürgern am nächsten sind, nicht die
finanziellen Mittel wegnehmen oder nicht zur Verfügung stellen. (Beifall
bei der SPÖ.)
Daher bringe ich wieder folgenden Entschließungsantrag ein:
Entschließungsantrag
der Bundesrät:innen Mag. Bettina Lancaster, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Gemeindepaket für 2024 und 2025“
Der Bundesrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Finanzen, wird aufgefordert, mit Gemeindevertreter:innen in Gespräche über ein Gemeindepaket in Höhe von 1 Milliarde Euro als Soforthilfe ohne Auflagen für die Gemeinden für 2024 und 2025 einzutreten sowie das Kommunale Investitionspaket um zwei Jahre zu verlängern.“
*****
Ich ersuche um breite Zustimmung im Sinne unserer Gemeinden, im Sinne des ländlichen Raumes. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)
12.18
Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Danke, Frau Bundesrätin.
Der von den Bundesräten
Mag. Bettina Lancaster, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte
Entschließungsantrag betreffend „Gemeindepaket für
2024 und 2025“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit
in Verhandlung.
Als Nächster hat sich Herr Bundesminister Magnus Brunner zu einer Stellungnahme zu Wort gemeldet. Ich erteile ihm dieses.
Bundesminister
für Finanzen Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren
Bundesräte! Ich habe mir ja vorgenommen,
das Positive an den Redebeiträgen heute in den Vordergrund zu stellen, und
es waren auch von allen Fraktionen durchaus positive Meldungen und Redebeiträge
dabei.
Herr Bundesrat Steinmaurer hat sehr gut und klar
dargestellt, was die Inhalte sind – danke auch dafür, das war
wirklich eine Aufzählung aller Details,
die wir genau so wollten, weil es natürlich wichtig ist, genau auf diese
Druckpunkte auch entsprechend einzugehen.
Positiv ist natürlich auch, dass alle Fraktionen dieses Paket unterstützen – außer Herrn Bundesrat Arlamovsky, aber zumindest hat er die positiven Dinge dargestellt, er hat es differenziert betrachtet.
Vielleicht nur ein Punkt von Herrn Bundesrat Arlamovsky, auf
den ich inhaltlich eingehen möchte, die Zweckwidmung betreffend: Da haben
Sie einen
Punkt angesprochen, der durchaus zu diskutieren ist, ja. Und genau deswegen
haben wir bei diesem Teil des Pakets auch darauf geschaut, dass diese
Mittel eben zweckgebunden sind. Das gilt nicht für die Wohnbaumittel insgesamt –
das ist ein bissel schwierig, da brauchen wir eine Verfassungsmehrheit beziehungsweise
eine Verfassungsänderung –, aber bei diesen Mitteln, die jetzt
mit diesem Wohn- und Baupaket kommen, ist die Zweckwidmung dabei; also das
haben wir auch entsprechend aufgenommen.
Was ich auch sehr positiv finde: Herr Bundesrat Kovacs war
der erste – von dem ich es zumindest weiß, aber vielleicht
täusche ich mich jetzt – Vertreter
der Sozialdemokratie, der sich die Änderung der KIM-Verordnung
gewünscht hat. Das finde ich super. Ihr Kollege Kai Jan Krainer hat das im
Finanzausschuss des Nationalrates nämlich ganz anders
ausgeführt, der war gegen eine Änderung. Wenn ich das also richtig
verstanden habe, bist du auch für eine Erleichterung bei der
KIM-Verordnung. Habe ich das richtig verstanden? (Zwischenruf des
Bundesrates Kovacs.) Das wäre sehr positiv, das unterstütze
ich sehr – um das Positive herauszustreichen. (Beifall bei der
ÖVP und bei Bundesrät:innen der Grünen.)
Ich würde dich wirklich ersuchen, in der
Sozialdemokratie dafür Werbung
zu machen (Bundesrat Tiefnig: Im Burgenland ...! –
Bundesrätin Schumann: ... einfach die ÖVP, da habts
genug ...!), weil es, glaube ich, wichtig wäre, da noch
zu weiteren Erleichterungen zu kommen.
Die FMA ist übrigens eine unabhängige Behörde. Ich will ja heute wirklich nur das Positive darstellen, aber da kann die Bundesregierung wirklich nichts machen. Sie haben über EZB-Zinsen und die KIM-Verordnung geredet: Die hätte
man anders gestalten
müssen. – Es gibt unabhängige Behörden, unabhängige Institutionen.
Da gehört die Europäische Zentralbank Gott sei Dank dazu, da
gehört aber auch die Finanzmarktaufsicht, die FMA, dazu, die
für die Umsetzung der KIM-Verordnung zuständig ist.
Aber ja, ich sehe das auch so wie Herr Bundesrat Kovacs: Da
wäre sicher noch was drinnen und eine Erleichterung bei der KIM-Verordnung
durchaus
positiv. (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrätin Schumann:
Ja genau, und arbeiten
bis 68!)
Frau Bundesrätin Lancaster, das möchte ich auch
noch aufgreifen, weil es natürlich ein wichtiges Thema ist: Die
Gemeinden, die Vertreter des Gemeindebundes, waren – gemeinsam
mit Städtebund und Ländern und Bund – natürlich bei
den Finanzausgleichsverhandlungen dabei (Bundesrätin
Lancaster: Ja! – Bundesrätin Schumann: Ja eh!), haben
das mit einer Tinte, die, wie Sie es bezeichnet haben, „noch nicht
trocken“ war, als dann Forderungen gekommen sind, natürlich mit unterschrieben –
auch mit Tinte des Gemeindebundes; und selbstverständlich führen
wir diese Gespräche, die Sie in
Ihrem Antrag gefordert haben, dauernd.
Wir sind mit dem Gemeindebund selbstverständlich sowohl
auf Expertenebene als auch mit den Vertreter:innen des Gemeindebundes nicht in
täglichem –
das wäre übertrieben –, aber in dauerhaftem Austausch. (Neuerliche
Zwischenrufe bei der SPÖ.) Der Herr Präsident, der neu
gewählte Präsident, kommt, glaube
ich, gerade am Montag wieder zu mir, und da werden wir natürlich die Dinge
besprechen. (Bundesrätin Schumann: ... gute
Neuigkeiten!)
Vielleicht ein inhaltlicher Punkt: Ich glaube, dass es schon
wichtig ist, zuerst einmal abzuwarten, wie die Entwicklung der Ertragsanteile
ist, wenn man es sich im Detail anschaut. Ich kann Ihnen klar sagen, wir
haben – und das haben
wir, glaube ich, die letzten zweieinhalb Jahre schon gezeigt – die
Gemeinden noch nie im Stich gelassen (Ah-Rufe bei der SPÖ) –
ganz im Gegenteil!
(Beifall bei der ÖVP.)
Ganz im Gegenteil: So geschehen
mit dem Kommunalinvestitionspaket, das Sie angesprochen haben, das
durchaus – ich hoffe, Sie sehen es auch so –
von den Gemeinden positiv angenommen worden ist, wobei wir das Jahr 2024
bei Weitem noch nicht ausgeschöpft haben. Ich verstehe schon, 50 Prozent Kofinanzierungsnotwendigkeit
ist bei der momentanen Liquiditätssituation schwierig. – Ja,
darüber können wir natürlich auch reden: ob wir betreffend die 50 Prozent
vielleicht für das Jahr 2024 etwas zurückfahren. Das sind alles
Punkte, die ich selbstverständlich mit dem Gemeindebund auch
weiter besprechen werde, aber ich glaube schon, dass es aus
Seriositätsgründen wichtig ist, sich zuerst einmal die Entwicklung
der Ertragsanteile anzuschauen – das kann man mit Ende
April durchaus machen – und dann auch zu schauen, wie sich das
kommunale Investitionspaket entwickelt hat, wie
es angenommen wird und wo dann am Ende des Tages die Druckstellen sind. Diese
Gespräche finden also selbstverständlich auch statt.
Vom Inhalt des Pakets wurde
eigentlich auch schon sehr vieles dargestellt. Der Bau, der Wohnbau hat
natürlich eine enorme gesamtwirtschaftliche Bedeutung, weil er
einen ganz wesentlichen Beitrag zum Bruttoinlandsprodukt leistet: Nicht nur in
Österreich natürlich, sondern in ganz Europa schafft er eine Vielzahl
von Arbeitsplätzen. Es sind auch 350 000 Arbeitsplätze, die
davon betroffen sind, also natürlich nicht unmittelbar von der jetzigen
Situation. Insgesamt hat die reale Bruttowertschöpfung des Bausektors im
Vorjahr 19 Milliarden Euro betragen. Daran sieht man also schon die
Bedeutung, die dieser Bereich auch hat.
Wir haben ja im Finanzausgleich übrigens auch schon
Maßnahmen in diesem Themenbereich gesetzt: 300 Millionen
Euro werden gerade für Sanierungsmaßnahmen im Rahmen des
Zukunftsfonds zur Verfügung gestellt. Die Herausforderungen sind aber
natürlich weiter da: Wir sehen, dass
im Jahr 2023, insbesondere im letzten Quartal 2023, die Bauindustrie,
der industrielle Anteil um 10 Prozent nach unten gegangen ist. Das
ist eine
große Herausforderung, übrigens eben auch für die entsprechenden Arbeitsplätze.
Wir haben uns deswegen mit diesem Baupaket im Großen
und Ganzen vier Ziele gesetzt und diese verfolgt. Bundesrätin Geieregger
hat sehr gut dargestellt,
was diese vier Ziele eigentlich sind: nämlich jedenfalls die
Baukonjunkturunterstützung, das ist das eine. Da geht es wirklich
auch um die Sicherung des Einkommens von Tausenden Familien, die davon
abhängig sind; die 350 000 Arbeitsplätze und die
Bruttowertschöpfung des Bausektors insgesamt habe ich vorhin auch schon
erwähnt – also die Unterstützung der Konjunktur auf der
einen Seite.
Zweitens auch das Thema Eigentum und Eigenheim –
selbstverständlich, das ist wichtig – mit der Abschaffung der
Nebengebühren, das haben wir hier
schon diskutiert. Ehrlich gesagt wäre es mir lieber gewesen, wir
wären da noch einen Schritt weiter gegangen. Die Grunderwerbsteuer
hätten wir durchaus diskutieren können, wobei dann
natürlich die Gemeinden kommen und sagen: Uh, lieber
nicht! – Das war auch ein Wunsch der Gemeinden, das
nicht zu tun. Das muss man ehrlicherweise auch sagen, das verstehe ich aber
auch, weil daraus natürlich Mindereinnahmen für die Gemeinden entstehen. Ich will
damit also nur sagen: Es ist eine ständige Abwägung, welchen Teil man
umsetzt und durchführt und welchen, vielleicht auch in Absprache
mit den Gemeinden, dann eben nicht. Die Schaffung von Eigentum, Schaffung von
Eigenheimen war der zweite wesentliche Punkt.
Drittens – das wurde auch von Frau
Bundesrätin Geieregger erwähnt –:
das leistbare Wohnen, sich leistbaren Wohnraum zu schaffen. Und dann als
vierter Punkt – Frau Bundesrätin Kittl hat das
erwähnt –: die Qualität
des Wohnraumes zu verbessern, die Unterstützung auch an ökologische
Voraussetzungen zu knüpfen.
Insgesamt 2,2 Milliarden
Euro: Das ist viel Geld, ja, aber das ist aus meiner Sicht schon auch gut investiertes Geld, weil es
volkswirtschaftliche Auswirkungen
hat und gesamtstaatliche Effekte bringt, die durchaus positiv sind. Übrigens hat der Budgetdienst des Parlaments es sogar mit 2,5 Milliarden Euro berechnet. Da sind wir uns nicht ganz einig. Ich wäre jetzt nur von 2,2 Milliarden Euro ausgegangen, aber wenn der Budgetdienst sagt, dieses Paket ist sogar 2,5 Milliarden wert, ist das umso besser.
Was bei diesem Paket auch
notwendig war – zumindest sehen das die Expertinnen und
Experten in Österreich so –, ist, glaube ich, dass es sehr
treffsicher ist, also dass auf die Druckpunkte, die es
gibt – Konjunktur wurde erwähnt, leistbares Wohnen wurde
erwähnt –, auch entsprechend eingegangen
wird. Die Fragen, die wir uns natürlich auch gestellt haben, sind: Welchen
Effekt erzielen wir? Welche Mittel haben am Ende des Tages den
größten Effekt?
Da gibt es natürlich auch unterschiedliche Zugänge, aber wie gesagt,
wir haben das mit den Expertinnen und Experten auch abgestimmt, und am Ende
des Tages ist, glaube ich, ein durchaus ausgewogenes Maßnahmenpaket
herausgekommen.
Wie gesagt, wenn IHS und Wifo,
Badelt und alle das unterstützen – kommt
nicht jeden Tag vor –, ist das durchaus positiv zu sehen.
Übrigens hat
die Nationalbank das auch positiv gesehen, hat das auch mit Zahlen untermauert.
Es ist bei diesen Paketen schon wichtig, dass man die entsprechende
Unterfütterung mit Zahlen hat und die Wachstumseffekte, die so ein
Paket am Ende des Tages hat, auch dargestellt worden sind.
Ich werde jetzt nicht auf alle
Details eingehen. Die Abschreibungsmöglichkeiten, die konjunkturelle
Unterstützung wurden erwähnt. Der Handwerkerbonus
ist übrigens auch etwas Gutes für den Finanzminister, weil er auch im
Kampf gegen die Schwarzarbeit einen durchaus positiven Effekt hat.
Wir haben also versucht, das wirklich auch als großes
Ganzes zu sehen. Ich freue mich ja über die große
Unterstützung. Herrn Bundesrat Arlamovsky werden wir heute
vielleicht nicht mehr überzeugen, aber zumindest hat er es differenziert
betrachtet und wird doch ein großer Teil des Pakets insgesamt
sogar auch von ihm positiv gesehen.
Vielen Dank für die breite Zustimmung. Ich glaube, es ist wirklich sehr sinnvoll investiertes Geld, weil es um Konjunktur geht, weil es um leistbares Wohnen geht, weil es um Schaffung von Eigentum und eben um die Qualität des Wohnbaus geht. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesrät:innen der Grünen.)
12.29
Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Danke, Herr Bundesminister.
Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.
Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.
Wir kommen zur Abstimmung, die über die gegenständlichen Tagesordnungspunkte getrennt erfolgt. Bitte nehmen Sie Ihre Plätze ein.
Wir gelangen zur Abstimmung
über den Beschluss des Nationalrates
vom 20. März 2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Finanzausgleichsgesetz 2024
geändert wird.
Ich ersuche jene
Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den
vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch
zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit,
der Antrag ist somit angenommen.
Es liegt ein Antrag der
Bundesräte Günter Kovacs, Kolleginnen und Kollegen auf Fassung einer
Entschließung betreffend „Das Wohnpaket der Regierung
senkt keinen einzigen Preis – Österreich braucht ein
Sofortpaket für leistbares Wohnen“ vor. Ich lasse über diesen Entschließungsantrag
abstimmen.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte,
die diesem Entschließungsantrag zustimmen, um ein
Handzeichen. – Das ist die Stimmenminderheit.
Der Antrag auf Fassung der gegenständlichen Entschließung ist somit abgelehnt.
Es liegt ein Antrag der Bundesräte Markus Steinmaurer, Kolleginnen und Kollegen auf Fassung einer Entschließung betreffend „Auch der Bund muss liefern – Schaffung leistbaren Wohnraums durch die ARE“ vor. Ich lasse über diesen Entschließungsantrag abstimmen.
Ich ersuche jene
Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Entschließungsantrag
zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenminderheit.
Der Antrag auf Fassung der gegenständlichen Entschließung ist somit abgelehnt.
Es liegt ein Antrag der Bundesräte Mag. Bettina Lancaster, Kolleginnen und Kollegen auf Fassung einer Entschließung betreffend „Gemeindepaket für 2024 und 2025“ vor. Ich lasse über diesen Entschließungsantrag abstimmen.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Entschließungsantrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Auch das ist die Stimmenminderheit. Der Antrag auf Fassung der gegenständlichen Entschließung ist somit abgelehnt.
Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 20. März 2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988 geändert wird.
Ich ersuche jene
Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den
vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch
zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit.
Der Antrag ist somit angenommen.
Beschluss des
Nationalrates vom 20. März 2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem
das Bundesgesetz über die Anerkennung des Österreichischen
Roten Kreuzes und den Schutz des Zeichens des Roten Kreuzes (Rotkreuzgesetz -
RKG) geändert wird (3953/A und 2500 d.B. sowie 11451/BR d.B.)
Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Wir gelangen nun zum 6. Punkt der Tagesordnung.
Berichterstatter ist Herr Bundesrat Ernest
Schwindsackl. – Ich bitte um
den Bericht.
Berichterstatter
Ernest Schwindsackl: Herr
Präsident! Geschätzter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und
Kollegen! Ich bringe den Bericht über den Beschluss des Nationalrates vom
20. März 2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das
Bundesgesetz über die Anerkennung des Österreichischen Roten
Kreuzes und den Schutz des Zeichens des Roten Kreuzes
geändert wird.
Die Finanzverwaltung hat seit
Jahrzehnten die Auffassung vertreten, dass das Österreichische Rote Kreuz
und seine Landesverbände abgabenrechtlich
als Körperschaft des öffentlichen Rechts zu behandeln sind. Die
vorgeschlagene gesetzliche Änderung soll die Weiterführung der jahrzehntelangen
Verwaltungspraxis sicherstellen.
Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, und ich komme zur Antragstellung:
Der Finanzausschuss stellt nach
Beratung der Vorlage einstimmig den Antrag, gegen den
vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch
zu erheben. – Herzlichen Dank.
Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Danke für den Bericht.
Wir gehen in die Debatte ein.
Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Barbara Prügl. Ich erteile ihr dieses.
Bundesrätin
Barbara Prügl (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Lieber Herr
Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen
und Herren! Ja, das vorliegende Rotkreuzgesetz wirkt auf den ersten
Blick umfangreich, aber es handelt sich dabei lediglich um eine rechtliche Klarstellung,
und zwar:
Das Rote Kreuz hat sich stets als eine Körperschaft
öffentlichen Rechts verstanden, vor Kurzem stellte aber das
Bundesfinanzgericht fest, dass es für diese Verwaltungspraxis keine
zureichende gesetzliche Grundlage gibt.
Mit diesem Gesetzesvorschlag, der vorliegenden Änderung des Rotkreuzgesetzes,
stellen wir quasi den Status quo wieder her. Das Österreichische Rote
Kreuz und seine Zweigvereine sind damit gesetzlich und abgabenrechtlich eine
Körperschaft öffentlichen Rechts.
Ich möchte aber jetzt natürlich schon noch die
Gelegenheit nutzen, um auf die Ehrenamtlichen einzugehen: Ehrenamtlich
tätig zu sein ist einerseits eine persönliche Bereicherung und
andererseits stärkt es auch die Gesellschaft. Allein im Österreichischen
Roten Kreuz engagieren sich über 70 000 Freiwillige,
sei es jetzt im Rettungsdienst, in der Hospizbetreuung, bei Essen auf
Rädern, im Katastropheneinsatzdienst, bei Blutspendediensten, der
psychologischen Betreuung bei Unfällen oder beim Jugendrotkreuz. Viele junge
Menschen leisten beim Roten Kreuz auch ihren Zivildienst oder machen dort das
freiwillige
soziale Jahr.
Ich bedanke mich bei allen, die da mit Herz und vor allem auch mit viel Gespür dem Nächsten Hilfe leisten, die ihre Freizeit wertvoll und sinnvoll einsetzen.
Dass das Ehrenamt in Österreich einen wirklich hohen
Stellenwert hat, zeigen auch die vielen Gesetze, die wir in letzter Zeit zuwege
gebracht haben.
Das ist zum einen das Gemeinnützigkeitsreformgesetz – ab
1.1.2024 gibt es aufgrund der Ausweitung der vollen Spendenabsetzbarkeit mehr
finanzielle Unterstützung oder ist mehr finanzielle
Unterstützung möglich –, weiters wurden noch die Novelle
des Freiwilligengesetzes, die Freiwilligenpauschale und auch die
zusätzliche finanzielle Unterstützung für Rettungs- und
Zivilschutzorganisationen in Höhe von jährlich 22 Millionen Euro
beschlossen.
Sehr geehrte Damen und Herren, ehrenamtliches Engagement
verdient
vollste Wertschätzung, es gebührt dafür ein aufrichtiges
Dankeschön, es braucht aber auch rechtliche Sicherheiten. Diese geben wir
dem Österreichischen
Roten Kreuz mit dem vorliegenden Gesetzesbeschluss, und ich bitte um Ihre Zustimmung. –
Danke schön. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)
12.37
Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Vielen Dank, Frau Bundesrätin.
Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Horst Schachner. Ich erteile ihm dieses.
Bundesrat Horst Schachner (SPÖ,
Steiermark): Herr Präsident! Herr
Minister! Zu dem, was jetzt die Kollegin vor mir, Barbara Prügl, gesagt
hat, kann ich
nichts anderes mehr sagen, dazu kann ich nur sagen, dem kann man nur zustimmen.
Wir wollen das auch, dass auf diese Weise auf gesetzliche Beine
gestellt wird, dass man das Rote Kreuz gleich behandelt wie Wirtschaftskammer,
Arbeiterkammer und viele Religionsgemeinschaften – die sind ja alle
mehr
oder weniger Körperschaften öffentlichen Rechts –, und das
kann man eigentlich nur gutheißen. Deswegen wollte ich heute die
kürzeste Rede halten, aber
das wird sich wahrscheinlich nicht ganz ausgehen, weil ich auch zu unserem
jetzt anwesenden Minister ganz kurz etwas sagen möchte.
Du hast vor Kurzem einmal
gesagt, dass dir das taugt, dass in Dänemark die Leute bis 67 oder
bis 68 arbeiten. Dazu muss ich ganz ehrlich sagen: Das taugt
uns allen miteinander nicht! (Beifall bei der SPÖ.)
Es will nämlich niemand bis 67 oder bis 68 arbeiten, und das schaffen die Leute auch nicht. Wenn man nämlich vergleicht, wie Dänemark arbeitet und wie Österreich arbeitet, wie es da auch mit der Gesundheit und mit allem Drum und Dran ausschaut, dann muss man feststellen, dass es da nämlich ganz anders ausschaut. Aufgrund dessen, was da so rübergekommen ist – und das ist bei uns
auch so gesagt worden
beziehungsweise von unseren Leuten auch so
gesehen worden –, ist es ganz, ganz wichtig, das festzuhalten.
Deswegen haben wir heute auch eine Dringliche eingebracht,
bei der wir dann ausführlich darüber diskutieren werden, was das
bedeutet, wenn immer
wieder in den Raum gestellt wird und gesagt wird, wir müssen bis 67
arbeiten, weil wir uns gewisse Pensionen oder sonst irgendetwas nicht leisten
können. Das finde ich nicht in Ordnung (Bundesrat Steiner: Immigration!),
und deshalb gibt es ja heute noch eine Dringliche. Ich freue mich schon
darauf, dass ich dazu heute noch zu Wort kommen werde. (Bundesrat Steiner:
Immigration!)
Alles Gute und Glück auf! (Beifall bei der SPÖ.)
12.39
Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Danke, Herr Bundesrat.
Zu einer Stellungnahme zu Wort gemeldet hat sich Herr
Bundesminister Magnus Brunner. Ich erteile ihm das Wort. (Bundesminister Brunner –
in Richtung
des bereits am Redner:innenpult stehenden und nunmehr wieder auf seinen
Sitzplatz zurückkehrenden Bundesrates Pröller –: Bleib da,
bitte, ich bin gleich fertig!)
Bundesminister
für Finanzen Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Nur ein Satz, denn, Horst, du weißt, ich schätze
dich wirklich sehr (Bundesrätin Schumann:
Nein, nein, das ist nicht nur der Horst, nein, nein!), und zum Thema
insgesamt will ich auch nichts sagen, aber – eigentlich müsste
ich eine tatsächliche Berichtigung machen, aber das darf ich ja,
glaube ich, nicht (Bundesrätin Schumann: Also nicht für
Arbeiten bis 67?), aber ich werde mir in diesem Fall herausnehmen,
mich zu Wort zu melden –:
Worum ist es in Dänemark
gegangen? – Das ist nämlich schon wichtig. Neben dem
pragmatischen Zugang zur Frage: Wie schaffen wir die Klimaziele? –
CCS, CCU und solche Dinge, über all das kann man ja
diskutieren –, ist es auch,
ja, um das Sozialsystem insgesamt, um Migration, um das Pensionssystem gegangen.
Was macht Dänemark? Was
macht Dänemark anders als Österreich? Was macht Europa anders als
Österreich? Was macht vielleicht Europa gleich wie Österreich? Um
diese Dinge ist es - - (Bundesrätin Schumann: Weniger
Inflation!) – Bitte? (Bundesrätin Schumann: Weniger
Inflation!) – Ja; aber, Frau Kollegin Schumann, jetzt bleiben
wir einmal beim Thema! (Bundesrätin Schumann: Ja, furchtbar,
ich weiß!) Ich bemühe mich heute wirklich, sachlich zu bleiben,
aber das ist jetzt einfach wieder unsachlich. Ich bleibe jetzt beim
Kollegen Horst, der ein bisschen sachlicher ist als Sie. (Bundesrätin Schumann:
Oh, das tut mir aber leid, dass ich unsachlich bin! – Heiterkeit bei Bundesrät:innen der
SPÖ.) – Na ja, das ist halt leider so. (Beifall
bei der ÖVP und bei Bundesrät:innen der Grünen.)
Also, (in Richtung Bundesrat Schachner) Horst, da
geht es nicht um eine Anhebung eines Pensionsantrittsalters (Bundesrätin
Eder-Gitschthaler: Genau, sehr
richtig!), sondern es geht darum, wie wir beispielsweise Menschen, die
länger arbeiten möchten, im Arbeitsprozess und im Arbeitsleben
halten können.
Es geht darum, wie wir es endlich schaffen – und das ist eigentlich
der Punkt –, das faktische an das gesetzliche Pensionsantrittsalter
heranzubringen.
Da sind wir im europäischen Vergleich nicht so gut – wir sind
in einigen Dingen besser, in anderen Dingen noch nicht so gut –, und
genau das war der
Sinn der Reise. Also bitte bei den Fakten bleiben, das wäre mir sehr
angenehm. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP sowie der
Bundesrätin Jagl.)
12.41
Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Vielen Dank, Herr Bundesminister.
Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Günter Pröller. Ich erteile ihm das Wort.
12.41
Bundesrat Günter Pröller (FPÖ, Oberösterreich): Herr Präsident! Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseher hier im Saal und vor den Bildschirmen! Für uns ist auch klar: 45 Jahre sind genug. Bis 67 zu arbeiten kann ich mir überhaupt nicht vorstellen. Es ist auch die Hacklerregelung schon angesprochen worden. (Bundesrat Ruprecht: Dass ihr einmal aufpasst, was hier gesagt wird!) Leider Gottes wurde sie abgeschafft. (Beifall bei der FPÖ.)
Aber zum Thema, die Vorredner haben das schon erwähnt: Diese Änderung des Rotkreuzgesetzes ist eine Klarstellung, dass das eine Körperschaft öffentlichen Rechts und damit von den Abgaben befreit ist.
Wir alle, die
Österreicher, wissen, dass wir den vielen freiwilligen Helfern immer
wieder Danke sagen müssen und dass Wertschätzung hinübergebracht
werden muss. Es ist keine Selbstverständlichkeit, dass sich
Menschen – ob Mann oder Frau, ob Jugendliche – freiwillig
für die Gesellschaft einsetzen. Deshalb
ist eine Klarstellung unbedingt notwendig, weil ehrenamtliche Arbeit
eine wesentliche Stütze unserer Gesellschaft und keine Selbstverständlichkeit
ist. (Beifall bei der FPÖ sowie des Bundesrates Schwindsackl.)
Auch ich möchte mich recht herzlich
bedanken: bei allen Rettungsorganisationen, vor allem aber – in
meiner Heimatgemeinde Feldkirchen an der
Donau – beim Arbeiter-Samariter-Bund, bei der Wasserrettung, die
wirklich einen großen Beitrag für die Gemeinde leisten. Ein
Dankeschön an alle
haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiter, Zivildiener und sonstigen freiwilligen
Helfer in meiner Gemeinde und in ganz Österreich. (Beifall bei
der FPÖ,
bei Bundesrät:innen der SPÖ sowie des Bundesrates Tiefnig.)
12.42
Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Danke, Herr Bundesrat.
Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger. Ich erteile ihr das Wort.
12.42
Bundesrätin Claudia
Hauschildt-Buschberger (Grüne, Oberösterreich): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr
Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen!
Liebe Zuseherinnen und Zuseher! „Wir begegnen den Nöten der Menschen
jeden Tag mit der Kraft der Menschlichkeit. Dies wäre ohne den
unermüdlichen Einsatz unserer freiwilligen Mitarbeiter und
Mitarbeiterinnen nicht möglich“, so unser
Bezirksgeschäftsleiter des Roten Kreuzes des Bezirkes Vöcklabruck auf
der Website.
Das möchte ich
tatsächlich in meiner Rede als Erstes voranstellen: Es kann nicht oft
genug erwähnt werden, was freiwillig, ehrenamtlich tätige Menschen
für unsere Gesellschaft leisten. Bei uns im Bezirk Vöcklabruck bietet
das Rote Kreuz vielfältige humanitäre Leistungen für über
136 000 Einwohner:innen der 52 Gemeinden des
Bezirkes Vöcklabruck an, und das bewältigen 1 600 Mitarbeiter:innen
an insgesamt zehn Ortsstellen und weiteren Einrichtungen. Die meisten dieser
1 600 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind Freiwillige. Nur knapp
120 Mitarbeiter:innen sind hauptberuflich beim
Roten Kreuz tätig, alle anderen machen dies in ihrer Freizeit aus Liebe
zum Menschen.
Der Weg, um freiwillig tätig zu sein, erfordert oft noch eine zusätzliche Ausbildung, die neben dem Beruf absolviert wird, zum Beispiel – ich nenne immer gerne Beispiele – die Ausbildung zur Rettungssanitäterin, die meine Tochter übrigens, deshalb weiß ich es so genau, gerade neben ihrem Fulltimejob absolviert: 100 Stunden Theorie und 160 Praxisstunden und entsprechende Prüfungen, mit der Bedingung, dann zumindest einmal im Monat, insgesamt mindestens zwölfmal im Jahr freiwillig Dienst zu tun.
Noch ein weiteres Beispiel aus der Praxis sind die vielen
engagierten Lehrkräfte an den Schulen, die über die
Lehrbefähigung zur Abhaltung von Erste-Hilfe-Kursen verfügen. So ist
es nämlich den Schülerinnen und Schülern der 4. Klasse an
diesen Schulen möglich, zu einem günstigen Preis – derzeit
sind es
33 Euro – einen 16-stündigen Erste-Hilfe-Kurs zu erhalten, der dann auch für die Führerscheinprüfung verwendet werden kann.
Ich könnte jetzt tatsächlich noch sehr lange
über das breite Spektrum und
die Wichtigkeit unserer Hilfsorganisationen sprechen, angefangen
vom Besuchsdienst über die Hauskrankenpflege bis zur Suchhundestaffel.
Kollegin Prügl, du hast es schon erwähnt: sehr, sehr viele Dinge.
Es geht aber bei diesem Tagesordnungspunkt – und
das wurde jetzt schon dreimal erwähnt – um einen
Gesetzesbeschluss zum Roten Kreuz: nur eine
kleine Veränderung, eine technische Korrektur, die aber wichtig und
notwendig ist. Es geht darum, dass das Rote Kreuz, mit den gesamten
Landesverbänden und Bezirksstellen, von der
Finanzverwaltung in der Vergangenheit aufgrund seiner besonderen Stellung im
öffentlichen Leben als Körperschaft öffentlichen Rechts
behandelt wurde. Es handelte sich jedoch in der Vergangenheit – wenn
wir das heute verändern, ist es anders – um einen Verein im
Sinne des Vereinsgesetzes.
Ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts hat festgestellt,
dass es für diese gängige Verwaltungspraxis keine gesetzliche
Grundlage gibt. Jetzt stellen wir
die gesetzliche Verankerung der jahrzehntelangen Verwaltungspraxis her, sodass
es in Zukunft tatsächlich gesetzeskonform abgewickelt wird. Wir sind ja
alle dafür – dafür herzlichen Dank. (Beifall bei
Grünen und ÖVP sowie des Bundesrates Schmid.)
12.46
Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Vielen Dank, Frau Bundesrätin.
Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.
Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.
Wir gelangen zur Abstimmung. – Bitte nehmen Sie Ihre Plätze ein.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und
Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des
Nationalrates keinen Einspruch
zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit.
Der Antrag ist somit angenommen.
Bericht des Bundesministers für Finanzen betreffend EU-Jahresvorschau 2024 (III-843-BR/2024 d.B. sowie 11452/BR d.B.)
Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Wir gelangen nun zum 7. Punkt der Tagesordnung.
Als Berichterstatterin wurde mir Frau Bundesrätin
Bernadette
Geieregger genannt. – Ich bitte um den Bericht.
Berichterstatterin
Bernadette Geieregger, BA: Sehr geehrter
Herr Präsident! Lieber Minister! Ich darf den Bericht des
Finanzausschusses über den
Bericht des Bundesministers für Finanzen betreffend
EU-Jahresvorschau 2024 zur Kenntnis bringen.
Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher zur Antragstellung:
Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage mehrheitlich den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Danke für den Bericht.
Wir gehen in die Debatte ein.
Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Sascha Obrecht. Ich erteile ihm dieses.
Bundesrat Mag. Sascha Obrecht (SPÖ,
Wien): Herr Präsident! Werter
Herr Finanzminister! An dieser Stelle kann ich es kurz und schmerzlos machen:
Wir sind sehr froh, dass wir den Bericht diesmal in jenem Jahr im Plenum
haben, in dem der Bericht tatsächlich auch aktuell ist. Da gab es im
Vorfeld einen Konsens mit der ÖVP – das kann man ja positiv
hervorheben, dass ich als Finanzausschussvorsitzender das nicht
eigenhändig machen musste, sondern dass es da eine gemeinsame
Vorgehensweise gibt.
Inhaltlich zum Bericht: Wir
können den meisten Positionen des Finanzministers zustimmen
beziehungsweise finden wir auch die Projekte der Europäischen Kommission
gut. (Bundesrat Schreuder: Aber wo ist der Schatten?) –
Was den Schatten betrifft, den Kollege Schreuder anspricht, ist natürlich
der
Punkt, dass wir oftmals Stellungnahmen des Bundesministeriums für Finanzen
lesen, in denen steht, dass bestimmte Punkte in den Programmpunkten
kritisch gesehen werden, dass man Bedenken geäußert hat, dann aber
nicht konkret ausgeführt wird, was die Kritik genau ist.
Ich habe deswegen im Ausschuss
konkret eine Ihrer (in Richtung Bundesminister Brunner) Mitarbeiterinnen
gefragt, was denn zum Beispiel beim AI Act,
der Verordnung hinsichtlich künstlicher Intelligenz, ganz konkret die
datenschutzrechtlichen Bedenken seien. Das konnte sie mir damals nicht
sagen. Ich gebe die Frage jetzt an Sie weiter, obwohl ich weiß, dass es
natürlich viel verlangt ist, das ad hoc beizubringen. Es ist auch keine
Fragestunde,
Sie müssen das natürlich nicht beantworten. Wenn Sie es aber parat
haben, freuen wir uns natürlich, das heute zu hören.
Das ist der Grund, warum wir den Bericht jetzt einmal nicht zur Kenntnis nehmen – das ist vor allem die Begründung dafür.
Einen Kommentar erlaube ich mir noch zur Wiener-Wohnbau-Expertise der Kollegin Geieregger: Es ist natürlich logisch, wenn man in Niederösterreich direkt an der Stadtgrenze wohnt, dass man dann auf Wien schießt – leider. Wiener Wohnen und der Wiener Wohnbau sind internationale Vorzeigeprojekte. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrätin Schumann: Ja!)
Wenn Sie internationale Delegationen begleiten, werden Sie
merken, da wird nur über dieses Thema geredet. Tatsächlich war das
erst kürzlich bei mir
so. Es war eine niederländische Delegation – das waren keine
Freunde von uns, parteimäßig gesehen –, die nur wissen wollte,
wie es in Wien läuft.
In dem Fall von (in Richtung Bundesrätin Geieregger)
Ihrer Freundin, die Ihnen da ein Geheimnis anvertraut hat, das Sie jetzt hier
coram publico breitgetreten haben – wäre jetzt nicht
meine Vorgehensweise, wenn mir das jemand im Vertrauen sagt, aber das kann man
schon machen (Beifall bei der SPÖ) –,
war natürlich bewusst oder unbewusst eine gewisse Unschärfe drinnen.
Ich weise einfach zurück, dass das Wiener Wohnen betroffen hat. Das
glaube ich Ihnen schlussendlich nicht. Sie haben es auch nicht konkret gesagt,
das war ein wenig angedeutet. Aber das weise ich zurück.
Die Vergabe von Wohnungen bei Wiener Wohnen ist absolut
transparent. Sie brauchen ein Wiener Wohn-Ticket, ohne das kommen sie gar nicht
rein.
Sie werden gelistet, das ist einsehbar. Wir haben in Wien sogar vom Rechnungshof
eine Prüfung gehabt, der uns bescheinigt hat, dass das in Ordnung
ist. Ganz im Gegensatz zu dem Urteil – wenn man das zum Beispiel
vergleicht –, das über die Cofag vom Rechnungshof getroffen wurde.
Also das weise
ich einfach einmal zurück, diese Geschichte stimmt sicher nicht. (Beifall
bei der SPÖ.) Sollte es Wiener Wohnen betroffen haben, würde ich
Sie bitten,
dass Sie eine Sachverhaltsdarstellung bei der Staatsanwaltschaft einbringen.
Das wäre nämlich das, was man dann machen sollte. Also ich weise das
zurück,
das war ganz sicher nicht so, wie Sie das behauptet haben.
Ein Letztes noch, auch weil es
mir ein persönliches Anliegen ist, weil ich Ende des Monats Vater werde
und weil hier auch noch - - (Allgemeiner Beifall.) –
Warten Sie einmal ab, was ich sagen will, das wissen Sie ja noch gar nicht (allgemeine
Heiterkeit), nämlich zu dem Satz: Familie – das ist Vater,
Mutter,
Kind. Das kann man schon so sehen, ich sehe das natürlich anders. Ich
glaube, dass Familie bedeutet, dass das ein Ort ist, wo man ein Klima schafft,
in
dem sich Menschen lieben, zueinanderstehen und füreinander sorgen. (Beifall
bei
der SPÖ sowie bei Bundesrät:innen von ÖVP und Grünen. –
Bundesrat Schreuder: Absolut! – Zwischenruf der
Bundesrätin Geieregger.) – Das ist jetzt auch
keine Kritik an Ihnen. (Bundesrätin Miesenberger: Das ist nicht
von Kollegin
Geieregger gekommen! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) –
Ja, ja, ich habe
auch nicht sie erwähnt.
Das bedeutet für mich
auch, wenn mein Sohn sich später einmal dazu entschließen wird, dass
er einen Mann liebt, oder mit einem Mann eine Beziehung eingeht, dann wird
dieser Mann genauso Teil meiner Familie sein.
Wenn es eine Frau wird, ist es eine Frau. Das darf keinen Unterschied machen.
Wir sind nicht mehr im Jahr 1930, 1960, wie immer (Bundesrat Schreuder:
2009!), wir sind im Jahr 2024. Es ist mir einfach ein persönliches
Anliegen, das gesagt zu haben. Familie ist so viel mehr als dieses Bild. Familie –
das
können auch nur zwei Personen sein, die sich lieben, es können auch
zwei Männer sein, es können zwei Frauen sein.
Es ist einfach nicht mein Weltbild, das wollte ich gesagt
haben, nur damit es hier auch öffentlich gesagt wird. Und noch einmal, weil
jetzt Empörung da ist:
Ich habe jetzt einmal ausnahmsweise nicht die ÖVP kritisiert. (Beifall
bei der SPÖ sowie bei Bundesrät:innen von ÖVP und
Grünen. – Heiterkeit des Bundesrates Schreuder.)
12.52
Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Vielen Dank, Herr Bundesrat. Zu den bevorstehenden Vaterfreuden gratulieren wir natürlich alle sehr herzlich.
Ich darf an dieser Stelle Frau Staatssekretärin Kraus-Winkler bei uns im Bundesrat begrüßen. Herzlich willkommen! (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen.)
Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Christoph Stillebacher. Ich erteile ihm das Wort.
Bundesrat Christoph Stillebacher (ÖVP, Tirol): Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Herr Bundesminister! Frau Staatssekretärin! Hohes Haus! Werte Kolleginnen
und Kollegen! Ich darf
auch kurz zum Bericht unseres Finanzministers
Magnus Brunner über die EU-Jahresvorschau 2024 sprechen. Es gibt eine
ganze Reihe von Umsetzungszielen, die für das kommende Jahr seitens der
EU-Kommission in ihrer Jahresvorschau geplant sind beziehungsweise ja schon in
Umsetzung sind, weil wir ja das erste Quartal schon hinter uns haben.
Ich darf mich in den folgenden Minuten auf die aus meiner Sicht wichtigsten
Punkte in den Ausführungen des Finanzministers beschränken.
Grundsätzlich geht es um die Stärkung des
EU-Binnenmarkts. Das ist das übergeordnete Ziel Nummer eins. Das
bedeutet, dass alle finanztechnischen Maßnahmen in der EU-Jahresvorschau
darauf ausgerichtet sind. Damit der Binnenmarkt stärker werden kann,
ist es wichtig, die Kapitalmarktunion und
die Bankenunion zu vertiefen. Dazu sind konkrete einzelne Umsetzungsschritte in
Planung.
Die österreichische Position aus der Sicht des
Finanzministeriums zu diesen Umsetzungsplänen ist folgende: ein
wichtiger Punkt – es gilt, fiskalische Spielräume zu
schaffen. Was ist damit gemeint? – Man könnte es auch Resilienz
nennen, also dass wir bei unvorhergesehenen Entwicklungen am Finanzmarkt
nicht gleich in Schwierigkeiten geraten. Dazu hat die EU-Kommission eine Reihe
von Maßnahmen formuliert.
Unser Finanzministerium ist mit diesem Vorhaben
einverstanden und sieht das als sehr sinnvoll, hat aber die eine oder andere
Anmerkung dazu. Zum Beispiel tritt Österreich bei der Umsetzung
der Resilienzfähigkeit dafür ein, Auszahlungen an
Mitgliedstaaten konsequent an die Erfüllung dieser Maßnahme
zu knüpfen. Gleichzeitig, so eine weitere Forderung unseres
Finanzministeriums, soll der administrative Aufwand möglichst gering
gehalten werden. – So
weit gut nachvollziehbar und verständlich.
Finanzminister Brunner bekennt
sich weiterhin zur Unterstützung der Ukraine, so wie es auch in der
EU-Jahresvorschau vorgesehen ist. Was einen
eventuellen EU-Beitrittsprozess der Ukraine betrifft, ist Österreich
jedoch gegen
ein verkürztes Verfahren. Prinzipien, Kriterien und Prozesse
sind wie eben
bei allen anderen Beitrittskandidaten und ehemaligen Beitrittskandidaten genauso
für die Ukraine einzuhalten.
Was Maßnahmen zur Vertiefung der Kapitalmarktunion betrifft, sieht Österreich die geplanten Umsetzungsschritte durchwegs positiv. Das Finanzministerium setzt sich daher auf europäischer Ebene weiterhin für die Stärkung der Bankenunion durch die Harmonisierung im Binnenmarkt ein. Das betrifft Verbesserungen bei der Rechtssicherheit, Senkung von Verwaltungskosten und bessere Effizienz des Rechtsrahmens für Banken in Normal- und in Krisenzeiten. Damit sollen die Finanzmarktstabilität und die Kreditvergabekapazität von Banken sichergestellt werden.
Bemühungen um den digitalen Euro als Ergänzung zu Bargeld sieht das Finanzministerium ebenfalls positiv. Wichtig dabei zu erwähnen ist aber: eben nur unter der Voraussetzung, dass der digitale Euro lediglich als Ergänzung zur Verwendung von Bargeld verstanden wird. Die Wahlfreiheit zur Nutzung von Bargeld muss unbedingt gewahrt bleiben.
Bei der Bekämpfung von
Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung spricht sich Österreich gegen
eine Bargeldobergrenze aus. Es sieht aber danach aus,
dass diese Position nicht von den anderen Mitgliedstaaten unterstützt
wurde beziehungsweise wird. Um aufgrund der Wichtigkeit des Gesamtpaketes
zur Geldwäschebekämpfung letztlich trotzdem zustimmen zu können,
wurden seitens Österreichs entsprechende Ausnahmebestimmungen
durchgesetzt.
So weit die aus meiner Sicht wichtigsten Punkte aus dem Bericht unseres Finanzministers Brunner zur EU-Jahresvorschau 2024. Ich bitte, den Bericht zur Kenntnis zu nehmen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)
12.57
Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Vielen Dank, Herr Bundesrat.
Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Andrea Michaela Schartel. Ich erteile ihr das Wort.
12.57
Bundesrätin
Andrea Michaela Schartel (FPÖ, Steiermark): Herr Vorsitzender! Herr Bundesminister! Frau
Staatssekretärin! Die Kollegen vor mir haben ja schon erwähnt, dass
es jetzt um die EU-Jahresvorschau 2024 im Bereich des Finanzministeriums
geht. Wenn man diese zum Beispiel mit jener aus
dem Jahr 2023 vergleicht, muss man ehrlich gestehen, es sind im Wesentlichen
die gleichen Inhalte. Es hat sich das Layout des Deckblattes ein bisschen
verändert, es sind statt 29 jetzt 33 Seiten.
Ein wesentlicher Bestandteil dieser EU-Jahresvorschau ist eben der digitale Euro, der natürlich aus unserer Sicht doch sehr, sehr viele Gefahren in sich birgt. Die Stellungnahme des Ministeriums lautet dahin gehend, dass man die Umsetzung beziehungsweise die entsprechenden Richtlinien nur dann unterstützen werde, wenn gewährleistet ist, dass er als Ergänzung zum Bargeld fungiert. Gerade in diesem Bereich haben wir starke Zweifel, weil man rundherum natürlich schon merkt, dass größtes Interesse von bestimmten Gruppen, vor allem Lobbyisten, die dann das eine oder andere digitale Geld zur Verfügung stellen, besteht, dass das Bargeld abgeschafft wird.
Bargeld ist nicht nur eine Identität, das ist etwas
ganz, ganz Wichtiges. Warum? – Wir haben eine Generation, die sehr
viel dazu beigetragen hat, dass Österreich heute so dasteht, wie es
dasteht: nämlich die Generation der
sich jetzt in Pension befindenden älteren Menschen, und diesen
älteren Menschen ist es in vielen Bereichen einfach nicht
möglich, sich mit den digitalen Fortschritten entsprechend
auseinanderzusetzen, oder sie haben auch nicht die Mittel zur Verfügung.
Sie sind nach wie vor noch auf die herkömmlichen Dinge angewiesen. Es
ist zum Beispiel ein riesengroßes Problem für viele Menschen, vor
allem auch im ländlichen Bereich, dass die Bankomaten abgeschafft werden, es keine sogenannten
Bankangestellten mehr gibt, man mancherorts keine Erlagscheine mehr
einzahlen kann.
Da dieser heute schon mehrmals
positiv erwähnt wurde: Natürlich ist
der Handwerkerbonus etwas ganz, ganz Tolles, aber vor allem jene älteren
Menschen, die Geräte, die repariert werden müssen, zu Hause haben
und die auch die Einstellung haben, das gar nicht wegwerfen, sondern reparieren
lassen zu wollen, können diesen Bonus oft gar nicht beantragen, weil
ihnen die digitalen Mittel einfach nicht zur Verfügung stehen. (Beifall
bei der FPÖ. – Zwischenruf der Bundesrätin Kittl.)
Ich sehe noch eine Gefahr (Bundesrätin
Kittl: Aber die sehen nur Sie!) – das sind oft Dinge, die
man nicht sieht, die man nicht in der Hand hat und nicht spürt,
bei denen man leicht die Übersicht verliert –: Ein digitaler
Euro ist für manche in der Optik eigentlich etwas Unrealistisches, und
dadurch übersieht man
vielleicht irgendwie etwas und kann sich dadurch auch wieder
leichter verschulden.
Wie gesagt, die Position ist mir im Großen und Ganzen
zu wenig, denn ich bin davon überzeugt: Gibst du der EU den kleinen
Finger, hast du auf einmal
keine Hände mehr. (Beifall bei der FPÖ.)
13.00
Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Vielen Dank, Frau Bundesrätin.
Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Maria Huber. – Ich erteile ihr das Wort.
Bundesrätin
Dipl.-Ing. Dr. Maria Huber (Grüne, Steiermark): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter
Herr Minister! Frau Staatssekretärin! Werte Kolleginnen und Kollegen!
Liebe Besucherinnen und Besucher hier im Saal und liebe Zusehende! Wenn wir
über die EU-Jahresvorschau zum Thema Finanzen debattieren, dann
dürfen wir eines, glaube ich, dabei nicht vergessen: Einer der
Auslöser und Treiber von Inflation und Teuerung in Österreich und in
Europa ist der brutale und völkerrechtswidrige Angriffskrieg Russlands
gegen die Ukraine – ein Krieg, den Putin nicht zuletzt als
Energiekrieg führt.
Der größte Hebel, um aus dieser Abhängigkeit
herauszukommen, ist der Green Deal. Die grüne Transformation muss
vorangetrieben und noch viel
stärker durch soziale Maßnahmen ergänzt werden. In diesem
Zusammenhang ist es, glaube ich, auch sehr, sehr wichtig, dass der grüne
und gerechte
Übergang einer der Schwerpunkte der belgischen Ratspräsidentschaft
ist.
In weiterer Folge ist es absolut begrüßenswert,
dass Österreich auch eine Neufassung der Energiesteuerrichtlinie
unterstützt. Warum? – Energiebesteuerung ist ein
wichtiges Instrument zur Erreichung unserer Klimaziele. Die Energiebesteuerung
trägt dazu bei, dass die EU ihre Klima- und Umweltziele erreicht,
indem sie den Übergang zu sauberer Energie und klimaneutraler Industrie
fördert. Die geltende Energiesteuerrichtlinie begünstigt de facto
fossile Energieträger, daher ist die Überarbeitung der zuletzt vor
20 Jahren aktualisierten Energiesteuerrichtlinie ein wichtiger
Bestandteil des sogenannten Fit-for-55-Klimapakets der
Europäischen Kommission. Während der größte Teil dieses
Pakets bereits verabschiedet wurde, steckt die Energiesteuerrichtlinie jedoch
weiterhin fest.
Da es meine Vorredner:innen thematisiert haben, möchte ich auch noch ein paar Worte zum digitalen Euro verlieren: Im Juli 2021 hat die Europäische Zentralbank beschlossen, das Projekt digitaler Euro zu starten. Dabei geht es selbstverständlich nicht darum, das Bargeld zu ersetzen; Bargeld wird in seiner bisherigen Form selbstverständlich weiterhin erhalten bleiben, und ja, es ist unverzichtbar. Gleichzeitig sehen wir aber auch in Österreich einen rasanten Anstieg digitaler Zahlungen: Zuletzt machten digitale Zahlungen fast 40 Prozent aller Transaktionen aus.
Bei den aktuell genutzten digitalen Systemen besteht eine
sehr große Abhängigkeit von außereuropäischen Anbietern.
Dieses Oligopol sorgt unter anderem auch für hohe Gebühren im Handel.
Gerade der digitale
Euro bietet nun die Chance, beim Übergang zu digitalen Zahlungssystemen
vieles richtig zu machen. Daher ist es zu begrüßen, dass das
Eurosystem
beim digitalen Euro plant, die Infrastruktur für die Zahlungsabwicklung selbst
bereitzustellen. Warum? – So könnte zum Beispiel eine klare
Kostenobergrenze für Händlergebühren eingeführt
werden, und damit hätten
wir die Möglichkeit, dafür zu sorgen, dass digitale Zahlungen – quasi made in Europe – die günstigste Alternative werden.
Noch ein wichtiger Punkt: Auch bei der Verhinderung von
Geldwäsche
und Terrorismusfinanzierung ist auf EU-Ebene ein wichtiger Schritt gelungen,
denn es wird ein einheitliches EU-Regelwerk gegen Geldwäsche geben
und die Einhaltung der Regeln wird von einer neuen gemeinsamen EU-Behörde
überwacht werden. Diese soll die nationalen Aufsichtsbehörden
koordinieren und unterstützen.
Ich finde es in dem Zusammenhang bedauerlich, dass die
Bewerbung Wiens um den Sitz dieser neuen europäischen
Antigeldwäschebehörde nicht erfolgreich war. –
Herr Finanzminister, ich weiß, das ist keine Fragestunde, aber vielleicht
könnten Sie zu den Gründen, warum Wien diesbezüglich leider
nicht erfolgreich war, noch etwas sagen – das wäre, glaube ich,
ganz interessant.
Die Bargeldobergrenze von 10 000 Euro kommt nun, das haben wir schon gehört. Ich finde, anders als Kollege Stillebacher, dass das durchaus zu begrüßen ist. Eine solche Obergrenze hat für den Durchschnittsbürger oder die Durchschnittsbürgerin quasi keine wirkliche Auswirkung, aber – und das ist wirklich sehr wesentlich – sie erschwert die Geldwäsche gerade im Hochrisikobereich deutlich.
Abschließend: Trotz der mannigfaltigen
Herausforderungen, vor denen wir in Europa stehen, bietet die vorliegende
EU-Jahresvorschau viele gute Ansätze auf dem Weg hin zu
Klimaneutralität, Umweltschutz, digitaler Transformation und
wirtschaftlichem Wachstum verbunden mit sozialer Fairness
sowie Stärkung der Demokratie. All diese Punkte brauchen eine starke
Europäische Union, eine starke Europäische Union der
progressiven Kräfte und
keine Festung Europa der Verhinderer und Blockierer. – Vielen Dank. (Beifall
bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)
13.06
Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Vielen Dank, Frau Bundesrätin.
Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Bernadette Geieregger. Ich erteile ihr das Wort.
Bundesrätin
Bernadette Geieregger, BA (ÖVP, Niederösterreich): Ich bringe folgende Richtigstellung zum Bericht
des Finanzausschusses über den
Bericht des Bundesministers für Finanzen betreffend
EU-Jahresvorschau 2024 ein:
Die Antragsformel hat richtig zu lauten:
Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage den Antrag,
den Bericht des Bundesministers für Finanzen betreffend
EU-Jahresvorschau 2024
zur Kenntnis zu nehmen. (Bundesrat Gfrerer: Überzeugt! –
Heiterkeit bei der ÖVP.)
Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Vielen Dank für die Richtigstellung.
Als Nächster zu einer Stellungnahme zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Magnus Brunner. Ich erteile ihm das Wort.
Bundesminister
für Finanzen Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Herr Präsident! Sehr geehrte Frau
Staatssekretärin! Sehr geehrte Mitglieder des Bundesrates!
Herr Bundesrat Obrecht, ich gratuliere natürlich auch zum Vaterwerden Ende
des Monats!
Wir bemühen uns wirklich – danke für
den Hinweis –, natürlich so schnell wie möglich mit
solchen Berichten dran zu sein, weil es auch nur dann Sinn
macht, das hier zu besprechen. Wenn es zu spät dafür ist, macht es
nicht viel Sinn. – Danke für diesen Hinweis, wir bemühen
uns, das ist auch in
unserem Sinne.
Ja, Herr Kollege Obrecht, Frau Kollegin Huber, Fragestunde
ist es keine,
aber trotzdem versuche ich, auf die beiden Fragen einzugehen –
selbstverständlich.
Ich glaube – war es
eine Kollegin im Ausschuss oder ein Kollege im Ausschuss?, er oder sie (Ruf:
Sie!) –, sie konnte es nicht wissen, weil – das ist
eigentlich
meine Antwort – wir als
Finanzministerium bei solchen Vorhabensberichten schon immer versuchen,
auch die anderen Ministerien und Ressorts einzubeziehen. Wir als
Finanzressort haben uns zu diesem Thema KI und Datenschutz neutral
verhalten; Bedenken hatte das BMJ. Deswegen werde ich
gerne auf das BMJ zugehen und dann die Inhalte, warum es da Bedenken gab, gerne
zur Verfügung stellen. (Beifall des Bundesrates Tiefnig.) –
Danke
(Heiterkeit des Redners), wenigstens einer, der klatscht; danke, Ferdl. (Heiterkeit
bei der ÖVP.)
Insgesamt nur zwei, drei Punkte
zur Jahresvorschau: Gut ist, glaube ich,
dass wir das heute diskutieren, dass es auf der Tagesordnung steht, weil
einiges ansteht. Es stimmt nicht ganz, dass sich nur die Überschrift oder
das Deckblatt verändert haben,
im Gegenteil: Was die Inhalte betrifft, ist vieles anders. Ein paar
Dinge kann ich auch gerne ansprechen.
Belgische
Ratspräsidentschaft: Die Schwerpunkte sind äußerst
ambitioniert. Ich glaube, man bräuchte wirklich mehr Zeit, um im Detail
darauf einzugehen,
aber ich gehe auf ein paar Punkte ein, die Sie zum Teil angesprochen haben und
die, wie ich glaube, auch wichtig sind. Neben dem Kampf gegen den Klimawandel,
der natürlich weiterhin eine ganz entscheidende Rolle spielen wird und mit
dem Green Deal entsprechende Unterstützung erhalten hat, geht es
jetzt auch darum, ins Detail zu gehen.
Was meine ich
damit? – Beispielsweise wissen wir, dass es in Europa
unterschiedliche Zugänge zur Taxonomieverordnung gibt: Die einen wollen
bei der Taxonomieverordnung die Nuklearenergie dabeihaben, die anderen
wollen Gas dabeihaben, wir waren immer gegen beides. Mir geht es aber auch
darum, Dinge wirklich zu Ende zu denken. Wir haben deshalb auch offiziell einen Brief
dahin gehend geschrieben, ob man nicht überlegen sollte, kriti-
sche Rohstoffe, die für die Transformation, für den Ausbau der erneuerbaren Energien gebraucht werden, entsprechend in die Taxonomieverordnung miteinzubeziehen.
Also das klingt jetzt ein
bisschen technisch, aber ich glaube, das sind
Dinge, die man jetzt in dieser belgischen Präsidentschaft ganz konkret
einbringen muss, und wir werden das auch tun. Wir haben einen Brief an die
Präsidentschaft geschrieben, der auch von vielen anderen Mitgliedstaaten
unterstützt wird – Gott sei Dank werden es immer
mehr –, damit man eben
Dinge dann auch ganz konkret bis zum Ende durchdenkt – aber Danke
für diesen Hinweis mit der Transformation.
Das spielt natürlich
weiterhin eine wichtige Rolle, wie auch – und das ist
schon der Inhalt, der jetzt auch besonders zum Vorschein kommt – die
Wettbewerbsfähigkeit: die Wettbewerbsfähigkeit der
Europäischen Union, und
darum ist die Finanz- und Wirtschaftspolitik in den nächsten Monaten
wichtig – ja, Monaten, halt bis zur Europawahl, dann wird es
wahrscheinlich
schwierig und für die belgische Präsidentschaft nicht ganz so
einfach, weil natürlich ehrlicherweise von hinten ein bisschen Zeit
weggenommen
wird. Darum ist es bis zur Europawahl auch ganz entscheidend, da etwas Druck zu
machen.
Es ist auch entscheidend, dass wir alles werden tun müssen, um diese Wettbewerbsfähigkeit entsprechend zu steigern. Unsere Konkurrenz, die Konkurrenz unserer Wirtschaft sitzt ja nicht in München oder Nordrhein-Westfalen, wenn man ehrlich ist, sondern die sitzt in China und sitzt in den USA, und als Europäische Union darauf mehr einzugehen und die Wettbewerbsfähigkeit entsprechend zu unterstützen, ist, glaube ich, ganz entscheiden.
Zusätzlich müssen wir als Europäische Union
auch eine Antwort geben
auf die Fragen bezüglich beispielsweise Vorhaben der USA mit dem Inflation
Reduction Act. Ist unsere Antwort ein Subventionswettbewerb, den wir
führen werden? – Nein, ich hoffe nicht, sondern wir haben
andere Hausaufgaben zu machen: den Abbau der Überregulierung
beispielsweise, die ein
großer Wettbewerbsnachteil ist. Also in dem Zusammenhang für den
Standort Europa insgesamt die Rahmenbedingungen zu verbessern, das ist wichtig.
Auch die Kapitalmarktunion wurde angesprochen. Das ist
natürlich gleichfalls entscheidend, die Vertiefung der Kapitalmarktunion:
Das ist einerseits
in der Eurogruppe ein wichtiges Thema, aber auch im Ecofin-Rat wird das entsprechend
vorangetrieben.
Worum geht es da? – Nur ein paar Sätze dazu,
worum es konkret geht:
Da geht es um den Abbau von bürokratischen Hürden auf der einen
Seite – Hürden und Bürokratie, die es einfach gibt, die
leider immer zu sehr aufgeplustert wird, also darum, die abzubauen –
und vor allem darum, für kleine und mittlere Unternehmen
Möglichkeiten zu schaffen, wie sie wieder
zu mehr Liquidität kommen, also um die Bereitstellung von Risikokapital,
von Beteiligungskapital über die Grenzen hinweg für kleine und
mittlere Unternehmen – das ist Inhalt dieser
Kapitalmarktunion –, weil dadurch natürlich das
Wirtschaftswachstum auf europäischer Ebene auch entsprechend
angeregt wird und auch Arbeitsplätze gestützt werden.
Vielleicht nur noch zu ein paar Punkten – und nun
komme ich zu Horst zurück, der jetzt leider wieder draußen
ist –, weil es natürlich auch um die Vorsorge insgesamt
geht (Bundesrätin Schumann: Schon wieder?) und darum, was
sich die Menschen in Zukunft leisten können, weswegen ich auch so extrem
kämpfe. (Rufe bei der SPÖ: Was heißt schon wieder?) Auf
europäischer Ebene ist es natürlich auch ein Thema - - (In
Richtung Bundesrätin Schumann:) Wieso schüttelst du schon wieder
den Kopf? Ich habe das mit Horst ja positiv gemeint! (Bundesrätin Schumann:
Wieder! „Wieder draußen ist“!) – Das habe ich
nicht gesagt, um Gottes willen. (Bundesrätin Schumann: Oh ja!)
Er ist jetzt leider draußen. (Bundesrätin Schumann: Ja,
wieder draußen!) Um Gottes willen, sei
nicht so! Ich mag den Horst ja, ich will ihm um Gottes willen - - (Heiterkeit
bei der SPÖ. – Bundesrätin Schumann: Ja, na
schön! Das richten wir ihm aus!)
Aber zurück zum Thema:
Vorsorge ist total wichtig, und deswegen kämpfe ich auch auf
österreichischer Ebene für dieses Vorsorgedepot, und zwar
nicht nur, weil es so toll klingt, sondern weil es darum geht, Vorsorge
möglich zu machen, damit man sich eben später etwas leisten kann. Das
ist auch auf europäischer Ebene ein Punkt, der übrigens
interessanterweise von der Sozialdemokratie eingebracht wird –
also von Deutschland, aber auch von anderen Staaten, wie Dänemark,
gleichfalls sozialdemokratisch regiert.
Das wird eingebracht, und es
wird auch gefordert, dass wir Maßnahmen setzen, wie wir diese dritte
Säule, auch die private Vorsorge, steuerlich unterstützen können,
insgesamt unterstützen können, weil es nicht um Spekulation geht. In
unserem Vorschlag sind es zehn Jahre – es geht um eine Behaltefrist
von zehn Jahren! Das ist bei Gott keine Spekulation mehr, sondern es geht eben
darum, das Thema Vorsorge vor den Vorhang zu holen – mit dem angenehmen Nebeneffekt,
dass auch der Kapitalmarkt eine entsprechende Unterstützung haben kann und
wird. Deswegen geht es um einen längerfristigen Vermögensaufbau,
gerade damit man im Alter dann auch wieder mehr zur Verfügung hat.
Vielleicht auch nur ein Punkt zu den Fiskalregeln, die wir
in den letzten Monaten verhandelt haben. Das ist eigentlich auch etwas, das neu
ist – wo sich also
nicht nur das Deckblatt geändert hat, sondern das wirklich auch inhaltlich
neu ist – und das jetzt erst durch Beschlussfassung durch das
Europäische
Parlament abgeschlossen wird. Diese Fiskalregeln sind ganz entscheidend eben
für die Wettbewerbsfähigkeit auf der einen Seite, aber auch, wie du (in
Richtung Bundesrat Stillebacher) richtig gesagt hast, um sich Spielräume
für die Zukunft zu schaffen. Das gilt für uns national, das gilt aber
eben auch
für die europäische Ebene ganz besonders – nicht weil es
so toll klingt, sondern weil wir Spielräume brauchen werden: Es werden
wieder Krisen auf uns zukommen, und dann in der Zukunft entsprechende
Spielräume zu haben, ist, glaube ich, wichtig.
Jetzt ist diese Ausweichklausel, die wir hatten –
weil die Regeln aufgrund
der multiplen Krisen, die wir in Europa und auf der ganzen Welt erlebt haben,
außer Kraft gesetzt worden waren –, ausgelaufen, und da war
für uns zumindest klar, dass wir auch auf europäischer Ebene zu
dieser fiskalischen Nachhaltigkeit zurückkehren müssen, und
das haben wir Gott sei Dank, glaube ich, ganz gut hingebracht. Es geht um
ambitionierte Pfade, um Schuldenabbaupfade
auf europäischer Ebene, die wichtig sind, es geht um nachhaltige Budgets,
die entsprechend erstellt werden sollen, und es geht um Regeln, die klar,
transparent und auch messbar umgesetzt werden. – Diese zentralen
Forderungen,
die auch wir aufgestellt haben, haben wir
also Gott sei Dank durchsetzen können.
Weil der digitale Euro und Bargeld angesprochen worden sind,
vielleicht nur drei Sätze dazu – meistens werden es dann eh
mehr, aber ich probiere es einmal in drei
Sätzen –, vielleicht zum digitalen Euro zuallererst: Also
erstens – und das vorweg –: Die Details zum digitalen
Euro sind komplett offen. Es
wurden einmal von der EZB ein paar Ideen auf technischer Ebene ins Spiel gebracht,
aber auf politischer Ebene wurde das noch überhaupt nicht diskutiert. Das
kritisiere ich eigentlich auch an der Vorgehensweise, weil es mir schon recht wäre,
wenn man zuerst einmal politisch diskutieren würde, was der
digitale Euro soll, ob er etwas bringt oder nichts bringt, und dann die technische
Umsetzung macht – jetzt wurde es umgekehrt gemacht. Das finde ich
einen falschen Zugang; das wurde eben auf politischer Eben noch
nicht diskutiert.
Drei Dinge sind mir wichtig – du (in Richtung
Bundesrat Stillebacher) hast es angesprochen –: Das ist
einmal, darzustellen, ob es überhaupt einen Mehrwert eines
digitalen Euros gibt. Man kann über alles reden, immer – ich
bin da total offen! –, aber einen Mehrwert darzustellen wäre
als erster Punkt
schon einmal wichtig. Dieser Mehrwert wurde zumindest mir noch nicht entsprechend
dargestellt, darum kann ich jetzt inhaltlich auch noch nicht etwas dazu sagen.
Zweitens glaube ich, dass auch
wichtig ist, dass das eben nur als Ergänzung
und nicht als Ersatz zum Bargeld – aber ich glaube, da sind wir uns
eh alle einig – gesehen werden kann.
Drittens ist darüber hinaus
wichtig – das wurde noch nicht erwähnt –,
dass die Privatsphäre jedes Einzelnen auch weiterhin entsprechend
geschützt werden muss. Das sind, glaube ich, eine Grundvoraussetzung und
eine Grundbedingung, wenn über so etwas diskutiert wird.
In diesem Zusammenhang gibt es
klarerweise auch die Bargelddiskussion, auch die Diskussion über die
Bargeldobergrenze, die wir natürlich auch auf europäischer Ebene
geführt haben. Diese Obergrenze war ein Teil eines Gesamtpakets –
es wurde angesprochen: Geldwäschebekämpfung,
auch Terrorismusbekämpfung –, und das war Teil des Gesamtpakts
eben zur Bekämpfung von Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung.
Wir haben uns bei den
Verhandlungen – ohne aus dem Nähkästchen zu plaudern;
das ist zwar keine Fragestunde, aber trotzdem – prinzipiell immer
gegen diese Obergrenze ausgesprochen und wir konnten zumindest verhindern, dass
die Obergrenze deutlich niedriger ausgefallen ist. Also wir reden
jetzt von 10 000 Euro als Obergrenze; das Europäische Parlament
versucht, sie noch ein bisschen runterzubringen. Bei der Zehntausendergrenze
haben
wir uns dann am Schluss als Kompromiss sozusagen dafür ausgesprochen, eben
im Sinne eines Gesamtpakets, weil auch viele Maßnahmen zur Bekämpfung der Terrorismusfinanzierung,
zur Bekämpfung der Geldwäsche drinnen waren. Deswegen haben wir
diesem Kompromiss zugestimmt. Wichtig
bei dieser Obergrenze ist mir auch zu betonen, dass Geschäfte zwischen Privatpersonen
selbstverständlich davon unberührt bleiben, also für die
gilt das nicht. Da gibt es oft ein bisschen ein Missverständnis.
Um zur konkreten Frage Amla zurückzukommen: Das war ganz ehrlich gesagt ein interessanter Prozess, es hat ja zum ersten Mal sozusagen eine doppelte Mehrheit gebraucht: die eine auf der Ratsebene und dann auch noch die im Parlament.
Jetzt ist es so gewesen, dass der Rat nur einen Vorschlag
für ein Land gemacht hat. Im Parlament hat man darüber diskutiert,
und dann hat es halt ein
paar Stimmen für das Land gegeben – in dem Fall Wien;
natürlich haben auch wir Wien unterstützt –, ein paar
für das andere. Ich war selber oben beim Parlamentshearing, von anderen
Staaten waren die jeweiligen Bürgermeister dabei, nicht überall
die Finanzminister. Bei uns war ich dabei, der Bürgermeister war
selbstverständlich eingeladen, und wir haben das gemeinsam –
auch mit Peter Hanke – entsprechend vorangetrieben und
unterstützt.
Er konnte dann aus terminlichen Gründen leider nicht
dabei sein. Es war total spannend, weil es ein öffentliches Hearing im
Europäischen Parlament
war, bei dem es darum gegangen ist, den Standort und das Angebot darzustellen.
Ich erzähle es deswegen, weil am Ende des Tages unser
Angebot – zum
Beispiel finanzieller Natur, da wir ja ein Gebäude zur Verfügung
gestellt haben, aber auch Erleichterungen wie beispielsweise Klimatickets
für die Mitarbeiter:innen und so weiter – ein durchaus
attraktives Angebot war. Es wurde auch von allen Abgeordneten aller Fraktionen
im Europäischen Parlament als durchaus positiv
gesehen – nicht nur weil wir auch noch kleine Packungen
Manner-Schnitten verteilt haben. Das war nur ein angenehmer Nebeneffekt.
(Heiterkeit des Redners.)
Es wurde also durchaus positiv gesehen. Warum aber haben wir
es am Ende des Tages nicht bekommen? – Ganz klare Antwort: weil die
Großen gedealt
haben. Am Schluss haben die Großen gedealt, am Ende hat es Frankfurt
bekommen. Ich glaube, dass unser Angebot ein gutes war. Beim Fußball
spielt
man 90 Minuten, am Ende gewinnt Deutschland. Das ist ja Gott sei Dank beim
Fußball nicht mehr so (Heiterkeit des Redners), aber bei der Amla
war es so.
Es ist diskutiert worden, der Rat hat sich aber im Vorfeld schon auf einen Kandidaten geeinigt, das heißt, alle Ratsstimmen sind an Deutschland gegangen, dadurch war im Parlament am Ende des Tages eigentlich auch nichts mehr anderes möglich. – So viel dazu – ein offenes Wort –, warum wir die Amla nicht
bekommen haben. Wie gesagt, unser Angebot war, glaube ich, ein gutes, aber am Ende des Tages haben es sich ein paar Große leider ausgemacht.
Um auf den Vorhabensbericht zurückzukommen: Es geht in
der Europäischen Union auch viel um Wettbewerbsfähigkeit. Ich glaube,
das steht jetzt zur Diskussion. Wir stehen aber ein bisschen vor der
Herausforderung, dass dieses Semester aufgrund der Europawahl relativ kurz ist.
Trotzdem versuchen
wir gemeinsam mit dem belgischen Vorsitz, gemeinsam mit der
Eurogruppe – die Iren haben da mit Paschal Donohoe als Chef der
Eurogruppe den Vorsitz –
das Thema Kapitalmarkt voranzutreiben, um dadurch auch – und das ist
der Hintergrund – die Wettbewerbsfähigkeit zu
unterstützen. Wir dürfen in der Konkurrenzsituation mit anderen
Regionen auf dieser Welt nicht ins Hintertreffen kommen. –
Danke. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)
13.22
Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Vielen Dank, Herr Bundesminister.
Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor.
Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.
Wir gelangen zur Abstimmung. – Bitte nehmen Sie Ihre Plätze ein.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, den gegenständlichen Bericht zur Kenntnis zu nehmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit, der Antrag ist somit angenommen.
Beschluss des Nationalrates vom 20. März 2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über einen Energiekostenzuschuss für Unternehmen (Unternehmens-Energiekostenzuschussgesetz – UEZG) geändert wird (3538/A und 2471 d.B. sowie 11464/BR d.B.)
9. Punkt
Beschluss des
Nationalrates vom 20. März 2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem
das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz geändert wird
(2472 d.B. sowie 11465/BR d.B.)
Vizepräsident
Mag. Franz Ebner: Wir gelangen zu den
Punkten 8 und 9 der Tagesordnung, über welche die Debatten unter einem
durchgeführt
werden.
Berichterstatterin zu den Punkten 8 und 9 ist Frau Bundesrätin Bernadette Geieregger. – Ich bitte um die Berichte.
Berichterstatterin
Bernadette Geieregger, BA: Ich darf den
Bericht des Wirtschaftsausschusses über den Beschluss des Nationalrates
vom 20. März 2024 betreffend ein
Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über einen Energiekostenzuschuss
für Unternehmen geändert wird, zur
Kenntnis bringen.
Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher zur Antragstellung:
Der Wirtschaftsausschuss
stellt nach Beratung der Vorlage mehrheitlich den Antrag, gegen
den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen
Einspruch zu erheben.
Ich darf weiters den Bericht des Wirtschaftsausschusses
über den Beschluss des Nationalrates vom 20. März
2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem
das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz geändert wird, zur Kenntnis
bringen.
Der Bericht liegt ebenso in schriftlicher Form vor, ich komme daher zur Antragstellung:
Der Wirtschaftsausschuss
stellt nach Beratung der Vorlage einstimmig den Antrag, gegen den
vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen
Einspruch zu erheben.
Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Vielen Dank für die Berichte.
Wir gehen in die Debatte ein.
Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Christian Fischer. Ich erteile ihm das Wort.
Bundesrat Christian Fischer (SPÖ,
Niederösterreich): Herr
Vizepräsident!
Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Werte Kolleginnen und Kollegen im
Bundesrat! Liebe Zuseher:innen! Im Rahmen des Abänderungsantrages der
Regierungsfraktionen soll das Unternehmens-Energiekostenzuschussgesetz bis
Ende des Jahres verlängert werden. Die Frist für die Antragstellung
ist längst abgelaufen, ursprünglich sollte das Gesetz daher mit Ende
Juni 2024 außer Kraft gesetzt werden. Allerdings gibt es offenbar
Probleme bei der Abwicklung.
Im Abänderungsantrag wird unter anderem ergänzt, dass Kleinunternehmer, die von der USt-Befreiung Gebrauch gemacht haben, unter das Pauschalfördermodell fallen.
Des Weiteren: Es haben viele
Kleinunternehmer bei der Statistik Austria eine Zuordnung des erforderlichen
Codes für ihre Haupttätigkeit beantragt.
Dies ist die Voraussetzung für den Förderungserhalt. Da dieser aber
offensichtlich nicht rechtzeitig eingetragen werden konnte, soll dieser
Fehler im Nachhinein repariert werden, indem die Statistik Austria
ermächtigt wird, dem AWS diese Daten zur Verfügung zu stellen, sodass
das AWS die offenen
Anträge abwickeln kann.
Das Unternehmens-Energiekostenzuschussgesetz zeigt sich
einmal mehr als Bürokratiemonster. Es ist leider nicht durchdacht. (Beifall bei der SPÖ.)
Die Abgeordneten Matznetter und Wimmer haben mehrmals darauf
hingewiesen, leider hat die Regierung nicht auf unsere Abgeordneten
gehört.
Ansonsten würden wir diesen Abänderungsantrag zum Gesetzentwurf heute
nicht behandeln müssen.
Sehr geehrte Frau
Staatssekretärin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Wie ich bereits erwähnt habe, ist das Energiekostenzuschussgesetz ein
Bürokratiemonster. Ohne Hilfe eines Steuerberaters ist es für
Kleinunternehmer
schwer möglich beziehungsweise
unmöglich, einen Zuschuss zu beantragen. Zahlreiche betroffene
Unternehmer haben sich bei der Wirtschaftskammer beschwert, leider ohne
Erfolg.
Ein befreundeter Unternehmer hat
beim Hochladen des Förderantrages einen Fehler gemacht. Er hat den
unterschriebenen Antrag hochgeladen, leider fehlerhaft, da in die Spalte, in
die der Feststellungsbericht hinein sollte, irrtümlich eine andere Datei
hochgeladen wurde. Nach dem fehlerhaften Hochladen
der Datei bekam der Betroffene eine
Absendebestätigung, in der sinngemäß drinnen stand,
dass er verständigt werde, sofern im Zuge der Prüfung zusätzliche Informationen
oder Nachweise erforderlich seien.
Nach 30 Tagen kam folgendes Antwortschreiben des Austria Wirtschaftsservice:
Sehr geehrter Herr! Wir beziehen
uns auf den bei uns am 29.11.2023 eingelangten Förderantrag. Wir bedauern,
dass in diesem Fall aus folgendem Grund keine Förderung erfolgen kann:
Laut Richtlinienpunkt 11.2 ist
bereits im Zuge der Antragstellung ein vollständiger, durch die externe
Steuerberatung/Wirtschaftsprüfung/Bilanzbuchhaltung unterfertigter
Feststellungsbericht zu übermitteln.
Aufgrund der Nichteinhaltung
dieses Erfordernisses kommt es zu keinem aufrechten Förderungsvertrag
zwischen dem antragstellenden Unternehmen
und dem AWS.
Falls Sie noch Fragen zu unserer
Entscheidung haben, stehen wir Ihnen unter der Telefonnummer soundso oder unter
energiekostenzuschuss@aws.at gerne
zur Verfügung.
Wir würden uns freuen, wenn wir Sie bei
zukünftigen Projekten unterstützen können, und stehen Ihnen
diesbezüglich auch gerne beratend zur Seite.
Mit freundlichen Grüßen, Ihr Austria
Wirtschaftsservice. – Zitatende.
Es handelt sich im gegenständlichen Fall um eine Förderung in der Höhe von 15 000 Euro, liebe Kolleginnen und Kollegen, die der betroffene Unternehmer aufgrund eines Missgeschicks nicht erhalten hat. Laut AWS hat er auch keine Möglichkeit, einen zweiten, korrigierten Antrag nachzureichen.
Diese Vorgangsweise ist moralisch sehr bedenklich. Die SPÖ hat diesbezüglich bereits eine Anfrage gestellt. Insgesamt sind 23 934 Anträge an das AWS gestellt worden, davon wurden rund 250 Anträge abgelehnt. Betreffend diese Anträge gab es keine Zeit mehr für eine Nachbesserung.
Warum ist das passiert, Frau Staatssekretärin? – Die Regierung hat nach dem Beschluss des Gesetzes fast ein ganzes Jahr gebraucht, um die Richtlinie fertigzustellen. Sie wurde erst im Dezember 2023 verlautbart, die Unternehmen hatten also nur zwei bis drei Wochen Zeit, alles – die Richtlinie fasst über 100 Seiten – zu lesen und einen richtigen Antrag zu stellen.
Die EU hat diese Beihilfe nämlich nur bis Ende 2023 genehmigt. Es ist ein weiteres Beispiel für Ihren Regierungspfusch. (Beifall bei der SPÖ.)
Die Richtlinie hätte schon im Sommer 2023 oder
spätestens im Herbst 2023 fertig sein müssen. Dann hätte
man die Anträge nicht innerhalb von zwei bis drei Wochen stellen
müssen. Man hätte den Unternehmen die nötige Zeit
gegeben, und bei Antragsfehlern wäre Zeit geblieben, diese auch zu
korrigieren. Das wäre verantwortungsvolle Regierungsarbeit gewesen. Aber
dazu
war die Regierung, wie so oft, leider nicht imstande.
Es fallen die Klein- und Mittelbetriebe somit wieder durch
den Rost, und leider, wie befürchtet, profitieren vom Energiekostenzuschuss
überwiegend die
großen Unternehmen und erhöhen damit ihre Gewinne zulasten der
Steuerzahler.
Liebe Vertreter der Regierung! Es wäre viel zu tun. Wir
leiden noch immer unter einer extremen Teuerungswelle, die Inflationsrate in
Österreich ist
mit 4,2 Prozent doppelt so hoch wie der Durchschnittswert im Euroraum.
Es gibt nach wie vor Menschen, die nicht über die
Runden kommen.
Die Menschen leiden unter den stark steigenden Lebensmittelpreisen, die
20 Prozent über dem EU-Durchschnitt liegen. Brot und Getreideprodukte kosten
um 35 Prozent, Fleisch sogar um 50 Prozent mehr als in den anderen
EU-Ländern. Da spreche ich schon gar nicht von dem Mietenwahnsinn in
Österreich. In den letzten 15 Monaten gab es Mieterhöhungen von
über 25 Prozent.
Und was haben Sie gemacht? – Sie haben Maßnahmen beschlossen, die ins Leere gehen, Einmalzahlungen, die überhaupt nichts gebracht haben. Ein weiteres Beispiel ist die Reparatur des gegenständlichen Gesetzespfusches. (Beifall bei der SPÖ.)
Liebe Vertreter der Regierungsparteien, Sie reagieren nicht, wenn die Menschen unter die Räder kommen. Die Bevölkerung zahlt die Zeche. – Danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)
13.32
Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Vielen Dank, Herr Bundesrat.
Als Nächste ist Frau Bundesrätin Maria Huber zu Wort gemeldet. Ich erteile ihr das Wort.
Bundesrätin
Dipl.-Ing. Dr. Maria Huber (Grüne, Steiermark): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau
Staatssekretärin! Liebe Besucherinnen und Besucher hier bei
uns im Saal! Liebe Zusehende! Gute und faire Rahmenbedingungen insbesondere
für die vielen Klein- und Kleinstunternehmen in Österreich, das ist
mir wirklich ein sehr großes Anliegen. Deswegen kann ich zu
meinem Vorredner
nur sagen: Es geht um das Thema Energiekosten, ja, und die hohen Energiekosten
belasten vor allem natürlich auch die Kleinstunternehmen, die –
und
darum geht es tatsächlich in dem ersten Tagesordnungspunkt in dieser Debatte –
in dieses pauschale Fördermodell fallen. (Präsidentin Göll
übernimmt
den Vorsitz.)
Deshalb sind diese Änderungen, die wir hier heute im Energiekostenzuschussgesetz
beschließen, auch sehr, sehr wichtig und notwendig. Und ja, die
sind auch technisch notwendig, um den Energiekostenzuschuss als
Pauschalfördermodell für diese Unternehmen für das
Jahr 2023 auch tatsächlich abwickeln zu können.
Das heißt, es geht hier um diese Stufe, die nicht von
der EU vorgegeben wurde, sondern wirklich von der österreichischen
Regierung beziehungsweise
auch hier im Parlament von uns allen beschlossen wurde.
Warum ist für diese Gruppe der Klein- und
Kleinstunternehmen dieses pauschale Fördermodell sinnvoll, und warum
wurde es gewählt? – Gerade für die
sehr, sehr kleinen Unternehmen ist es wichtig, dass Förderungen einfach
und unkompliziert zu beantragen sind – und das sind sie in diesem
Fall tatsächlich. Diese
Betriebe beschäftigen weniger als zehn Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter – ich glaube, Kollege Fischer hat hier KMUs mit
dazugemischt –, und genau diese Unternehmen profitieren eben
besonders von jeglicher bürokratischer Erleichterung.
Wer zählt zu diesen Kleinstunternehmen? Das sollte man
in diesem Saal, glaube ich, auch immer wieder ansprechen. Das sind vielfach
unsere kleinen Handwerksbetriebe, die kleine Bäckerei am Hauptplatz
oder der kleine Greißler ums Eck. Das sind in den ländlichen
Regionen in der Tat wichtige Nahversorger gerade in den Ortszentren, die einen
Teil der Energiekosten geltend
machen können. Um genau diese Gruppe geht es hier.
Darüber hinaus beschließen wir heute auch einen
Energiekostenzuschuss für das Jahr 2023 für die Gruppe der neuen
Selbstständigen. Das sind die nicht verkammerten Freiberuflerinnen
und Freiberufler. Wen meine ich da? –
Das sind beispielsweise Physiotherapeutinnen und Physiotherapeuten, Logopäd:innen,
Psychotherapeut:innen, aber auch Kunst- und Kulturschaffende gehören hier
dazu. Es war sehr wichtig, auch diese Gruppe nicht zu vergessen (Beifall bei den Grünen und bei
Bundesrät:innen der ÖVP), weil beispielsweise
auch eine Physiotherapeutin, die ihr Studio beheizen muss,
natürlich unter erhöhten Energiekosten leidet. Diese Menschen
erhalten den Energiekostenzuschuss – und das finde ich
besonders gut – in Form von 410 Euro, und zwar ebenfalls
besonders einfach und unbürokratisch, nämlich einfach
als Gutschrift direkt auf ihr Sozialversicherungskonto.
Kurzum, auch hier wurde im Sinne der Betroffenen eine,
finde ich, sehr, sehr einfache Lösung gewählt. Ich bitte um
breite Zustimmung. – Vielen Dank.
(Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)
13.35
Präsidentin Margit Göll: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Michael Bernard. Ich erteile ihm dieses.
Bundesrat
Michael Bernard (FPÖ, Niederösterreich): Frau Präsidentin! Frau Staatssekretär!
Kollegen im Bundesrat! Sehr geehrte Damen und Herren
im Saal und vor den Bildschirmen! Wenn wir bei Filmaufnahmen wären, dann
würde es jetzt Pfusch, die Siebenundneunzigste heißen. Aber so, wie
die ÖVP den Bauernstand über die letzten 30 Jahre
von 360 000
auf 108 000 reduziert hat, macht sie jetzt munter mit den
österreichischen Wirtschaftstreibenden weiter.
Sie sind auch nach 30 Jahren Alleinherrschaft im
Wirtschaftsministerium drauf und dran, unsere Industrie, unsere Unternehmen,
unsere gesamte österreichische Wirtschaft komplett gegen die Wand zu
fahren. Ihre Politik ist ein toxischer Mix für alle Unternehmen in unserem
Land. Sie treiben die
Inflation durch Ihre Maßnahmen massiv an. Seit 70 Jahren,
möchte ich in Erinnerung rufen, gab es erstmals eine zweistellige
Inflationsrate, nämlich eine von 10,5 Prozent.
Sie schauen den extremen Preissteigungen einfach zu, ohne in den Markt einzugreifen, und belasten unsere österreichischen Unternehmen mit zusätzlichen Maßnahmen. In Erinnerung zu rufen ist zum Beispiel die CO2-Steuer.
Die massiven Übergewinne der Energiekonzerne, die Sie mit Ihrer Politik ermöglichen, befeuern ebenfalls die Inflation – laut den Studien 40 Prozent. Die steigenden Energiekosten lassen in der Wirtschaft die Alarmglocken schrillen. 43 Prozent der befragten Entscheidungsträger in österreichischen Unternehmen betrachten die hohen Energiekosten als größtes Risiko für das betriebliche Überleben.
Gleich nach den Energiepreisen folgen auf der Sorgeliste der österreichischen Firmen die steigenden Geschäftskosten. So geben 39 Prozent der Unternehmen an, dass die gestiegenen Kosten für ihre Unternehmen ein existenzielles Problem darstellen.
Zudem erklären 9 Prozent der Firmen in Österreich, in schwierigen Zeiten gegenüber Bedrohungen kaum widerstandsfähig oder gar nicht widerstandsfähig zu sein.
Viele österreichischen Unternehmen erreichen aufgrund hoher Energiepreise und gestiegener Geschäftskosten ihre Belastungsgrenze. Auch der Fachkräftemangel spielt eine nicht zu vernachlässigende Rolle.
Das belegt jetzt auch eine neue aktuelle Umfrage des
Energieinstitutes der Wirtschaft im Auftrag der Wirtschaftskammer. Befragt
wurden dafür
knapp 1 000 Betriebe quer durch die Branchen. Demnach sehen
83 Prozent den Anstieg der Energiekosten als problematisch oder sogar sehr
problematisch. Für die Versorgung mit Strom geben
72 Prozent Kostensteigerungen an, bei 22 Prozent kam es sogar zu
einer Verdopplung oder einem noch
größeren Anstieg.
Die Energieversorgung verteuert die Herstellungskosten, und das zusätzlich zu den stark gestiegenen Rohstoffpreisen. Die massiven Kostensteigerungen belasten die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Industrie, aber auch die Konkurrenzfähigkeit der Betriebe in den anderen Sparten stark. Dies gilt insbesondere für energieintensive Branchen wie Chemie und Stahlerzeugung.
Wichtigster Treiber
der Strompreisrallye ist die Preisexplosion bei Erdgas
und der rasante Anstieg der CO2-Kosten.
Die Rückmeldungen in der
Umfrage zeigen klar, wie hoch der Druck auf die österreichischen
Unternehmen ist. Von Erhöhungen bis zu 300 Prozent und
mehr ist da die Rede. Betriebe beklagen, dass sie die Kostensteigerungen auch
nicht mehr verkraften können. 58 Prozent der Befragten versuchen, die
hohen Energiepreise an Kunden weiterzugeben. Oft gelingt dies aber auch aus
unterschiedlichen Gründen – Wettbewerbsdruck, vertragliche
Verpflichtungen – nicht.
Ein lautes standortpolitisches Alarmsignal ist die Tatsache, dass in rund 20 Prozent aller Betriebe, aber sogar in über 40 Prozent der energieintensiven Industrie die Verlagerung von Produktionsaufträgen an Standorte in anderen Staaten eine Option ist, die geprüft wird, geplant wird oder sogar bereits umgesetzt wurde.
KTM, einer der wichtigsten Arbeitgeber in Oberösterreich, hat Anfang dieses Jahres bereits 300 Stellen abgebaut und wird dieses Jahr noch weitere 100 Stellen streichen. Das Unternehmen kooperiert mit Indien und China und verlagert seine Abteilungen in der Forschung dorthin – ja, genau dorthin, wo jeden Tag zwei neue Kohlekraftwerke in Betrieb gehen. Der Grund sind schwierige wirtschaftliche Rahmenbedingungen – gibt auch KTM an.
Die Minister dieser
Bundesregierung sind alle Musterschüler in der ersten Reihe der EU. Sie
stimmen nicht nur allem zu, sondern belasten mit Übererfüllungen von
EU-Regelungen unsere Wirtschaft. In Summe ausgedrückt kostet dies die
Unternehmen 500 Millionen Euro pro Jahr zusätzlich. Sie schaden mit
ihrem toxischen Verhalten der wirtschaftlichen Entwicklung, senken damit das
Bruttoinlandsprodukt, die Beschäftigung und den Konsum.
Würden sie ihr musterhaftes Verhalten beenden,
würde das BIP um 800 Millionen Euro höher ausfallen. (Beifall
bei der FPÖ.) Das würde auch ein Plus
von 20 000 Arbeitsplätzen bringen, auch das Nettoeinkommen der Beschäftigten würde insgesamt um 250 Millionen Euro zulegen.
Für 5 380 Unternehmen gibt es keine Rettung
mehr. So viele meldeten 2023 Insolvenz an. Das ist ein Plus von
13 Prozent gegenüber dem Vorjahr.
Aufgrund der schwachen Wachstumsprognosen für die Eurozone und aufgrund
der hohen Inflation, welche noch immer weit über dem Zielwert von
2 Prozent liegt, werden für 2024 weitere Firmenpleiten folgen,
nämlich mit einem Plus von 9 Prozent laut der neuen Studie.
Wirtschaftsinsider sprechen auch schon von einem Rekordjahr für Insolvenzen. Schon jetzt gab es im ersten Quartal 2024 laut der ersten Hochrechnung 1 691 Insolvenzen. Das entspricht 19 Firmenpleiten pro Tag. Besonders betroffen sind die Branchen Bau, Handel und Gastronomie.
Apropos Gastronomie: Ein bekanntes Café, Konditorei
Harrer, ein Traditionsunternehmen in Mattersburg, Burgenland,
schließt nach drei Generationen
den Betrieb für immer. Grund: Energiekosten, teure Rohstoffe.
Ich weiß nicht, ob Sie es noch wissen: Früher bezeichnete man das Wirtschaftsministerium auch als Ministerium für Handel und Wiederaufbau. Sie handeln auf keinen Fall für die österreichische Wirtschaft.
Im Herbst muss die nächste Regierung, wenn es das
österreichische Volk so möchte, einen raschen Wiederaufbau einleiten,
um all die Schäden, welche diese jetzige Bundesregierung aus
Schwarz-Grün unserer Republik Österreich
angetan hat, abzuwenden, um zu retten, was noch zu retten ist. (Beifall bei
der FPÖ.)
Wir lehnen diese Schuldenpolitik strikt ab! Anstatt
richtige, wirkende Maßnahmen zu
setzen, wird der Topf für den Energiekostenzuschuss von ursprünglich 1,3 Milliarden
Euro auf bis zu 8 Milliarden Euro erhöht und nach
dem Gießkannenprinzip an alle Unternehmen ausgeschüttet. Der
österreichische Steuerzahler soll jetzt für Ihre Fehlpolitik schon
wieder bezahlen.
Eines möchte ich noch kurz hinzufügen. Herr
Bundesminister Rauch ist
zwar nicht mehr im Saal, aber für alle Zuhörer und Zuseher: Wenn von
verantwortungsloser Politik gesprochen wird, muss ich sagen: Wenn man
21 Millionen Impfdosen verimpft, 17 Millionen Impfdosen nachher
entsorgt und vier Millionen Impfdosen verschenkt, dann ist das für
mich nicht nur verantwortungslos, sondern fahrlässig im Umgang mit
österreichischem Steuergeld. (Beifall bei der FPÖ.)
13.43
Präsidentin Margit Göll: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. Christian Buchmann. Ich erteile ihm dieses.
Bundesrat
Mag. Christian Buchmann (ÖVP, Steiermark): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Frau
Staatssekretärin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten
Damen und Herren! Lassen Sie uns vom Thema Impfdosen zu einem anderen kommen,
nämlich zur österreichischen Wirtschaft und
zu Maßnahmen, die der österreichischen Wirtschaft dienlich sein
sollen, dienlich sein werden und für jene, die schon in den Genuss dieser
Maßnahmen gekommen sind, bereits dienlich waren.
Putins Angriffskrieg auf die
Ukraine hat nicht nur unsägliches Leid für die betroffene
Bevölkerung in der Ukraine mit sich gebracht, hat nicht nur Milliardenwerte an
Infrastruktur zerstört, sondern hat auch zu massiven Verwerfungen auf den
Energiemärkten geführt. Diese Verwerfungen auf den
Energiemärkten haben dazu geführt, dass unter anderem in
Österreich die öffentlichen Haushalte, die privaten Haushalte,
die Bürgerinnen und Bürger und selbstverständlich auch
die Unternehmungen die Auswirkungen spüren. Die Unternehmerinnen und
Unternehmer quer durch alle Größenklassen spüren diese
Auswirkungen, und es wurde heute schon darauf hingewiesen, dass
insbesondere auch die kleinen Unternehmungen, die neuen Selbstständigen,
wie sie auch heißen, beispielsweise die Künstlerinnen und
Künstler, von diesen Auswirkungen betroffen sind. Deswegen ist es
gut, dass wir heute über Maßnahmen diskutieren,
wie wir auch diesen Menschen und diesen Bevölkerungsgruppen Unterstützung geben und die Auswirkungen dieses Angriffskriegs entsprechend abfedern können. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesrät:innen der Grünen.)
Die österreichische
Bundesregierung hat sich zum Ziel gesetzt, den Wirtschaftsstandort zu
stärken und die Wettbewerbsfähigkeit sicherzustellen. Frau
Staatssekretärin, danke dafür, dass da viele Maßnahmen gesetzt
wurden, die wir auch immer wieder im Hohen Haus diskutieren. Dazu gehört
auch der Energiekostenzuschuss und die Energiekostenpauschale.
Und wie es bei Förderungen so
ist, gibt es manchmal auch Sonderfälle, die es abzuwickeln gilt. Es gibt
Problematiken. Es wurden manche davon von
den Vorredner:innen mehr oder weniger richtig dargestellt. Im Zuge dieser Abwicklungen
sind falsche oder auch nicht verfügbare Daten zu Sonderfällen angewachsen,
die es jetzt zu korrigieren gilt, und das wird mit diesen heute zu fassenden
Beschlüssen auch entsprechend gemacht.
Das hat Gründe, warum diese
Sonderfälle entstanden sind. Wir sind gemeinsam in der Europäischen
Union. Es gibt einen sehr komplexen Beihilfenrahmen,
den es zu berücksichtigen gilt, wobei auch gewisse Fristigkeiten einzuhalten sind.
Wir haben in unserem Land eine sehr diversifizierte Unternehmer- und
Unternehmensstruktur. Wir können stolz darauf sein, dass wir die
großen Unternehmungen haben, dass wir die industriellen Unternehmungen haben,
dass wir aber auch sehr, sehr viele kleine und Kleinstunternehmungen neben den
mittelständischen Unternehmungen haben. Sie alle leiden unter den
Auswirkungen der Situation auf den Energiemärkten.
Wenn wir hier in manchen Maßnahmen diesen
Unternehmungen und damit auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in diesen
Unternehmungen
durch Unterstützungsmaßnahmen dienlich sein können, dann
sollten wir diese Maßnahmen nicht nur analysieren, Kollege Bernard,
sondern wir sollten
dann auch die Beschlüsse fassen, dass diesen Unternehmungen
tatsächlich Mittel zugeführt werden können, damit sie ihre
Aufgabenbereiche entsprechend umsetzen können. (Beifall bei der
ÖVP und bei Bundesrät:innen der Grünen.)
Meine sehr geehrten Damen und Herren, es gäbe zu der
Abwicklung dieser Förderpakete viel Technisches zu sagen. Ich erspare
uns das, weil es tatsächlich manche technischen Novellen sind,
die wir hier durchführen müssen. Ich sage nur: Mit diesen heute zu
fassenden Beschlüssen sorgen wir für
mehr Gerechtigkeit. Das ist auch eine Aufgabe der Politik, wie ich sie
verstehe. Wir erweitern damit den Begünstigtenkreis gegenüber der
ursprünglichen Fassung dieser Gesetze in Richtung der schon
angesprochenen Künstlerinnen und Künstler, der neuen
Selbstständigen und vieler Branchengruppen
und wir machen es möglich, dass diese Maßnahmen unmittelbar in Kraft
treten und damit ihre Wirksamkeit entfachen. Es gibt also aus meiner Sicht
keinen Grund, diesen Novellen nicht zuzustimmen. (Beifall bei der ÖVP
und bei Bundesrät:innen der Grünen.)
13.49
Präsidentin Margit Göll: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Klemens Kofler. Ich erteile ihm dieses.
Bundesrat Klemens Kofler (FPÖ,
Niederösterreich): Sehr geehrte
Frau Präsident! Sehr geehrte Frau Staatssekretär! Sehr geehrte
Kollegen im Bundesrat!
Liebe Freunde hier und zu Hause! Grüß Gott! Worum geht
es? – Personen in der Gruppe der neuen Selbstständigen sollen
den Energiekostenzuschuss eben
auch bekommen. Das ist eine Einmalzahlung von 410 Euro, also keine
finanzielle Großtat, aber es wird damit eine Ungerechtigkeit beseitigt.
Wir stimmen
dem zu.
Die eigentliche Frage ist aber: Warum braucht man einen
Energiekostenzuschuss? Warum ist er überhaupt notwendig? Es
müssen ja die Ursachen der gestiegenen Energiepreise bekämpft werden,
und das liegt eben an
den Landesenergieversorgern: Die geben nämlich die sinkenden Preise nicht
weiter.
Jetzt kommt die Regierung in ihrer gewohnt gönnerhaften Art und Weise daher und gibt Peanuts zurück, bekämpft aber die eigentliche Krise nicht. Die Energieversorger haben immer noch Millionengewinne.
Die Riesengewinne und die Inflation zeugen eben davon, dass
diese Bundesregierung von Grün und Schwarz absolut danebengehaut hat.
Wir merken
von den Förderungen auch nichts. Vor einer Stunde war noch Bundesminister
Rauch bei uns und hat erzählt, dass sie ja gar nicht untätig sind.
Sie
hätten 40 Milliarden Euro gegen die Krise investiert,
40 000 Millionen Euro, also eine irre Summe. – Nur: Wir
merken nichts davon. Wo ist das Geld? Wo
sind die 40 Milliarden Euro? (Beifall bei der FPÖ.)
Das muss also die falsche Vorgangsweise sein. Man wirft ja der Regierung oft Untätigkeit vor, und da denke ich immer, vielleicht wäre das gar nicht so schlecht: Geht bis zu den Neuwahlen im Herbst auf Urlaub! Die Grünen gehen zu Fuß zum Neusiedler See – ohne Schuhwerk, wegen dem ökologischen Fußabdruck –, die Schwarzen fahren mit der Eisenbahn wohin, in der zweiten Klasse, ihr sollt ja einmal neue Leute kennenlernen. (Heiterkeit, Beifall und Bravoruf bei der FPÖ sowie Heiterkeit bei der SPÖ.) Euer Minister fährt mit dem BMW, das kann er ja besonders gut, das haben wir ja schon nachgemessen.
Ja, in diesem Sinne heißt es warten auf Volkskanzler Kickl. (Beifall und Bravoruf bei der FPÖ.)
13.51
Präsidentin Margit Göll: Ich darf Frau Bundesministerin Klaudia Tanner hier bei uns im Bundesratssaal herzlich begrüßen. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen.)
Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.
Wünscht noch jemand das Wort? – Dies ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.
Wir kommen zur Abstimmung, die über die gegenständlichen Tagesordnungspunkte getrennt erfolgt. – Bitte nehmen Sie Ihre Plätze ein.
Wir gelangen zur Abstimmung
über den Beschluss des Nationalrates
vom 20. März 2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Unternehmens-Energiekostenzuschussgesetz
geändert wird.
Ich ersuche jene
Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den
vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch
zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit.
Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.
Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 20. März 2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz geändert wird.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.
Beschluss des Nationalrates vom 21. März 2024 betreffend ein Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Bundesrepublik Deutschland über die Zusammenarbeit gegen nichtmilitärische Bedrohungen aus der Luft (2286 d.B. und 2483 d.B. sowie 11472/BR d.B.)
Präsidentin Margit Göll: Wir gelangen nun zum 10. Punkt der Tagesordnung.
Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Sandra Lassnig. – Ich bitte um den Bericht.
Berichterstatterin Sandra Lassnig: Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Ich bringe den Bericht des Landesverteidigungsausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 21. März 2024 betreffend ein Abkommen
zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Bundesrepublik Deutschland über die Zusammenarbeit gegen nichtmilitärische Bedrohungen aus der Luft zur Kenntnis.
Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher gleich zur Antragstellung:
Der Landesverteidigungsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage einstimmig den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Präsidentin Margit Göll: Vielen Dank.
Wir gehen in die Debatte ein.
Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Matthias Zauner. Ich erteile ihm dieses.
Bundesrat Matthias Zauner (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau
Bundesministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen
und Herren! Es geht heute um den Abschluss eines Abkommens
mit der Bundesrepublik Deutschland, wie es das unter anderem auch schon mit der
Schweiz gibt, in dem es darum geht, dass sich die Länder gegenseitig
dann unterstützen, wenn es eine potenzielle Bedrohung durch ein
Luftfahrzeug gibt, das nicht militärisch ist.
Was bedeutet das? – Es besteht zum Beispiel kein Kontakt zwischen einem zivilen Luftfahrzeug und der Flugsicherung. Dieses Luftfahrzeug wird dann dementsprechend von Abfangjägern begleitet, und dann kommt es dazu, dass sich das Flugzeug der Grenze nähert, und dann gibt es eigentlich keine Möglichkeit mehr, dieses Flugzeug weiter zu verfolgen.
Dieses Abkommen regelt das jetzt. Das heißt, wir begleiten das Flugzeug weiter in den deutschen Luftraum oder umgekehrt, die Deutschen begleiten die-
ses Luftfahrzeug weiter in den österreichischen Luftraum, bis unsere Luftstreitkräfte oder eben die deutsche Luftwaffe eintreffen, um diese Eskortierung weiter zu übernehmen.
Sehr geehrte Frau
Bundesministerin, ich darf mich sehr herzlich für die wirklich intensiven
Informationen und den intensiven Austausch im Ausschuss
durch den Herrn Generalmajor und durch die zuständige Beamtin im Ressort
bedanken. Wir Bundesrätinnen und Bundesräte wurden meiner Meinung
nach wirklich vollumfassend über dieses Regelwerk informiert und auch
darüber, dass nicht nur dieses Abkommen mit Deutschland heute hier im
Bundesrat beschlossen wird, sondern dass wir auch Verhandlungen mit anderen
Nachbarstaaten führen, um dieses sinnvolle Abkommen zu
beschließen.
Ich darf aber die Gelegenheit
auch wahrnehmen, seitens der ÖVP-Fraktion den Soldatinnen und Soldaten und
den Zivilbediensteten des österreichischen Bundesheeres ein herzliches
Dankeschön für ihren Einsatz für die Sicherheit in der Republik
zu sagen. Ich darf einmal mehr auch darauf hinweisen, dass
es aktuell gelungen ist, das wirklich höchste Verteidigungsbudget in
der Geschichte der Zweiten Republik aufzustellen. Ich darf mich auch bei allen
Fraktionen im Haus bedanken, dass das hier einstimmig beschlossen
wurde, um eine taugliche Armee zu gewährleisten.
Wir investieren nicht nur in
Waffen und Gerät, sondern vor allem auch ins Personal. Wir haben
einen Zuwachs bei den Unteroffizierinnen und Unteroffizieren und –
als Gemeinderat der Garnisonsstadt Wiener Neustadt, wo die Theresianische
Militärakademie steht, freut mich das natürlich ganz besonders – auch
bei den Offizierinnen und Offizieren. Zum ersten Mal seit zehn Jahren ist es im
Rahmen dieser Mission Vorwärts auch gelungen, den Sold
für die Grundwehrdiener anzuheben. (Beifall bei der ÖVP.)
Alles in allem tut sich also viel beim Bundesheer, und dieses Abkommen mit der Bundesrepublik Deutschland ist ein weiterer Schritt zu mehr Sicherheit für Österreich. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)
13.57
Präsidentin Margit Göll: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Daniel Schmid. Ich erteile ihm dieses.
Bundesrat Daniel Schmid (SPÖ,
Tirol): Werte Präsidentin! Sehr
geehrte Frau Ministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte
Zuseherinnen und Zuseher! Kollege Zauner hat mehr oder minder schon
erklärt, worum es sich bei diesem Abkommen handelt. Ich werde darauf nicht
näher eingehen. Wir
von der Sozialdemokratie sehen das ganze Abkommen als einen positiven Schritt
für die Vertiefung der Beziehungen zwischen Österreich und
Deutschland –
und natürlich auch für die nationale Sicherheit.
Dieses Abkommen zwischen der Republik Österreich und
der Bundesrepublik Deutschland ist ein wichtiger sicherheitspolitischer
Schritt, der unsere Souveränität und – ich möchte
betonen – auch unsere Neutralität unterstreicht. Daher werden
wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten diesem
Beschluss des Nationalrates zustimmen. – Danke. (Beifall bei der
SPÖ und bei Bundesrät:innen der ÖVP. – Bundesrätin
Eder-Gitschthaler: Na bitte!)
13.59
Präsidentin Margit Göll: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Markus Leinfellner. Ich erteile ihm dieses.
Bundesrat Markus Leinfellner (FPÖ,
Steiermark): Frau Vorsitzende! Frau
Bundesminister! Hohes Haus! Liebe Österreicher! Ich glaube, es ist schon
sehr viel zu diesem Abkommen gesagt worden – und ja: Es ist wichtig.
Die Zusammenarbeit bei der Bekämpfung von nicht militärischen
Bedrohungen aus der Luft ist wesentlich. Die Sicherheit für unsere
Bürger muss gewährleistet
sein, und es ist natürlich ein Schritt in die richtige Richtung.
Das Abkommen darf aber nicht dazu führen, dass wir
Österreicher in unserer Autonomie, in unserer Entscheidungsfreiheit
irgendwie eingeschränkt
werden, und ja: Es braucht natürlich eine transparente Überwachung und auch eine Kontrolle all dieser Aktivitäten, die in diesem Abkommen enthalten sind.
Im Großen und Ganzen ist es ein guter und richtiger
Schritt. Man kann über alles lange reden, aber ich glaube, es ist alles
gesagt. – Vielen Dank. (Beifall bei
der FPÖ.)
13.59
Präsidentin Margit Göll: Weiters zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Mag. Elisabeth Kittl. Ich erteile ihr dieses.
Bundesrätin
MMag. Elisabeth Kittl, BA (Grüne, Wien):
Frau Präsidentin!
Sehr geehrte Frau Ministerin! Liebe Kollegen und Kolleginnen! Diese Vereinbarung
ist einer von vielen Schritten in der europäischen Zusammenarbeit,
die unsere eigene, aber auch die kollektive Sicherheit Europas stärkt. Sie
ist auch ein klares Signal für die enge Partnerschaft und das Vertrauen
zwischen
den Mitgliedstaaten und im Besonderen natürlich zu unseren Nachbarstaaten.
Gerade in Zeiten der globalen Unordnung in einer multipolaren Welt
braucht es eine starke Europäische
Union, eine Union der Zusammenarbeit – auch und gerade in der
Sicherheitspolitik.
Die Verschiebung der geopolitischen Machtzentren bringt
für uns als quasi altes Machtzentrum viel Ungewissheit, und Ungewissheit
macht unsicher. In so
einer Zeit der Unsicherheit haben radikale Kräfte ein leichteres Spiel,
noch mehr Unsicherheit zu schüren: sei es durch Desinformation, durch
Verschwörungsmythen oder leider auch durch Attentate, wie wir gerade
in Moskau gesehen haben. Wir sehen das, wenn wir an die russischen
Geheimdienstaktivitäten denken, aber auch an all die russischen
Trolle in den sozialen Medien oder an Putins Drohreden und antiwestliche
Propaganda.
Spätestens der russische
Einmarsch in die Ukraine – und die Selbstverständlichkeit,
mit der die Ukraine als Teil Russlands angesehen wird – zeigt uns,
dass das ein permanenter und gefährlicher Angriff auf die
europäischen Werte
und auf internationale Übereinkommen ist. Die Zusammenarbeit in Europa ist daher extrem wichtig, um auf der Stärke und dem Wissen von uns vielen aufzubauen.
Auch das heute behandelte
Abkommen zielt auf so eine gute Zusammenarbeit ab: Es zielt auf Klarheit und
Verwaltungsvereinfachung in der Sicherung
der Lufthoheit durch das österreichische Bundesheer ab. Gegenstand des Abkommens –
das ist ein wichtiger Punkt – sind nicht militärische Bedrohungen, sondern
es handelt sich um Fälle, in denen bei Flugzeugen der Funkkontakt
ausfällt, und leider bergen auch diese das Potenzial eines
Terrorangriffs.
Das Abkommen erleichtert also
die Zusammenarbeit, dazu nur ein kurzer Punkt, der uns auch im Ausschuss
erklärt wurde: Solche Fälle von Comloss, also
dem Verlust der Kommunikation mit dem Flugobjekt, kommen in Österreich
sehr oft vor – die Abfangjäger starten sogar jede Woche, um
einen solchen Ausfall aufzuklären.
Das Abkommen erleichtert die Zusammenarbeit in solchen Fällen. Ein solches haben wir bereits mit der Schweiz abgeschlossen, und wie wir im Ausschuss gehört haben, sind wir auch in Verhandlungen mit unseren Nachbarn Italien und Tschechien. In diesem Sinne danke ich für die breite Zustimmung und für die gute Zusammenarbeit mit Deutschland. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)
14.03
Präsidentin Margit Göll: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky. Ich erteile ihm dieses.
Bundesrat MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky (NEOS, Wien): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Die Nacheile ist natürlich in Ordnung, und wir NEOS würden gerne überhaupt mehr europäische grenzüberschreitende Luftraumüberwachung und
Luftraumverteidigung sehen, wie das jetzt zum Beispiel bei Sky Shield zum Glück der Fall ist. (Zwischenruf des Bundesrates Steiner.)
Das Abkommen über die Nacheile zeigt aber auch die
strategischen Lücken: Worum geht es da? – Wir dürfen
nacheilen, aber eben nur bei nicht militärischen Bedrohungen, und
keinesfalls darf Waffengewalt angewendet werden. Es
geht da also de facto um Polizeiarbeit.
Wenn jemand keine Bewilligung für das Fliegen in diesem Luftraum hatte, wenn der Transponder nicht eingeschaltet ist, wenn das Funkgerät auf die falsche Frequenz eingestellt ist, dann schauen wir nach. Das ist Polizeiarbeit, diese Luftraumüberwachung – das machen wir aber mit extrem teuren Kampfflugzeugen, die 60 000 Euro pro Flugstunde kosten. Das ist im Vergleich ein Vielfaches dessen, was zum Beispiel die alten ausgemusterten Saab 105 gekostet haben, die die Polizeiarbeit genauso gut erledigen konnten. Diese Eurofighter Typhoon sind eben deswegen so teuer, weil sie keine Polizeiflugzeuge sind, sondern Kampfflugzeuge.
Ein Beispiel: Letztes Jahr bei der Operation
Dädalus – der Luftraumüberwachung rund um das Treffen von
Davos in der Schweiz, das ist zwei Gemeinden
von der österreichischen Grenze entfernt – wurden Paragleiter
und Sportflieger – unter Anführungszeichen –
„abgefangen“, um 60 000 Euro pro
Flugstunde!
Jetzt werden Sie als Nächstes sagen: Wir planen ohnehin mit neuen Jets in einer anderen Kategorie als die Eurofighter Typhoon und mit Trainingsflugzeugen, mit denen wir dann unter anderem auch Luftraumüberwachung billiger betreiben können. Das ist zwar schön und gut, aber warum gibt es die noch nicht? – Weil wir kaufen, ohne zu planen!
In genau dieser Situation befinden wir uns jetzt gerade wieder. Das Verteidigungsbudget wird erhöht, das ist per se in Ordnung. Das Geld wird in Beschaffung investiert, das ist auch per se in Ordnung. Aber die Österreichische
Sicherheitsstrategie, die dieser Beschaffung zugrunde liegen sollte, liegt
irgendwo herum, weil sich die Regierung nicht über diesen oder jenen Punkt
einigen kann. Das ist unverantwortlich und führt zu Resultaten, wie wir
sie heute in der Luftraumüberwachung haben: Kampfflugzeuge, die
Propellerflugzeuge abfangen müssen, weil wir nichts Kleineres
zur Hand haben, weil wir keine Strategie hatten und daher falsch beschafft
haben. Das wird uns wegen
der schwarz-grünen Streitereien wieder passieren. (Bundesrat
Steiner: In sechs Monaten haben wir ... ! Volkskanzler!)
Frau Bundesminister, es wäre gut, wenn Sie das
angeblich fertige Konzept
der Sicherheitsstrategie endlich vorlegen, damit darüber diskutiert werden
kann und damit es beschlossen werden kann. Darauf zu sitzen, weil Sie sich mit
dem Koalitionspartner nicht einigen konnten, und gleichzeitig viel Geld
für Material auszugeben, das dann vielleicht gar nicht zu dieser
neuen Strategie
passt, können wir uns in der heutigen gefährlichen Zeit einfach nicht
leisten. – Vielen Dank. (Bundesrat Steiner: In sechs
Monaten haben wir’s!)
14.06
Präsidentin Margit Göll: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesministerin Klaudia Tanner. – Bitte sehr.
Bundesministerin für Landesverteidigung
Mag. Klaudia Tanner: Sehr
geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren des Bundesrates!
Ich
freue mich wirklich, heute hier zu sein, da wir – so hoffe ich, wenn
Sie diesem Abkommen Ihre Zustimmung erteilen – einen weiteren sehr
wichtigen
Schritt für die Sicherheit der Österreicherinnen und
Österreicher setzen, was nicht militärische Bedrohungen im Luftraum
anbelangt.
Die Frau Bundesrätin hat
es schon angesprochen, diese Fälle eines sogenannten Comloss kommen in
etwa 50- bis 60-mal im Jahr vor, und das macht es
dann notwendig – weil insbesondere wir als neutraler Staat
selbstverständlich
unseren Luftraum schützen müssen –, dass unsere Eurofighter aufsteigen und diese Flugobjekte aus dem Luftraum begleiten.
Mit diesem Abkommen werden wir zum einen schneller und zum anderen werden wir sehr viel effizienter. Deutschland ist natürlich ein ganz wichtiger militärisch-strategischer Partner und es ist unser direktes Nachbarland: Wenn Sie diesem Abkommen Ihre Zustimmung erteilen, dann wird unser Luftraum ein Stück weit sicherer.
Ich möchte mich gegen
eines verwahren, sehr geehrter Herr Bundesrat: Sie alle gemeinsam haben dem
Landesverteidigungs-Finanzierungsgesetz Ihre Zustimmung erteilt, das
bedeutet, dass das Budget für das österreichische Bundesheer
Jahr für Jahr steigen wird, und das ist ganz, ganz dringend notwendig.
Wir haben, und das wissen Sie, einen sehr genauen Plan dazu: Wir haben einen
sehr genauen Aufbauplan, der über diese Legislaturperiode hinausgeht, der
bis zum Jahr 2032 und darüber hinaus reicht. Es wird
selbstverständlich
alles fußend auf dem jeweils aktuellen Risikobild beschafft, und das ist
gut so. Unsere zuständigen Verantwortlichen leisten da tatsächlich
Großartiges,
wenn Sie betrachten, wie weit wir in diesem Aufbauplan schon vorangekommen
sind.
Wenn wir in der Luft bleiben, dann brauchen Sie sich nur unser Hubschrauberpaket anzuschauen: 36 Hubschrauber werden wir über ein Government-to-Government-Geschäft auf transparente Art und Weise beschaffen.
Sie sehen, wenn Sie unseren Soldatinnen und Soldaten
begegnen, die
neuen Uniformen und – wenn auch noch nicht überall, aber auch
das geht voran – die neuen Feldstiefel. Das heißt, wir sind
genau nach Plan
unterwegs, um das österreichische Bundesheer zu einer modernen Armee zu
machen und diejenigen, die sich für unser aller Sicherheit einsetzen,
gut auszustatten. (Beifall bei ÖVP und Grünen. –
Bundesrat Steiner: Dass diese Regierung jemals einen Plan gehabt hat,
halte ich für ein Gerücht!)
Ich glaube, gerade in Bezug auf das Verteidigungsressort
brauche ich Ihnen, sehr geehrte Damen und Herren, nicht zu erklären, was
in der Vergangenheit
nicht geschehen ist. Man hat militärische Sicherheit als etwas
Selbstverständliches angesehen,
aber jetzt müssen wir erkennen – nach mittlerweile über
zwei Jahren –, dass der Krieg auf diesen Kontinent
zurückgekehrt ist, dass es einen Kriegs- und Krisenherd nach dem anderen
gibt.
Nicht zuletzt machen es auch Ereignisse wie zum Beispiel
jetzt in der Steiermark notwendig, dass das Bundesheer in
Assistenzeinsätzen tätig wird, wenn es
etwa um das Löschen von Waldbränden geht. Gott sei Dank ist das so.
Vielleicht ist Sicherheit nicht alles, aber ohne Sicherheit ist alles nichts. Ich bin sehr froh, dass das mittlerweile alle über die Parteigrenzen hinweg erkannt haben, und daher freue ich mich wirklich sehr, wenn Sie diesem Abkommen Ihre Zustimmung erteilen. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)
14.10
Präsidentin Margit Göll: Vielen Dank.
Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.
Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall. Die Debatte ist somit geschlossen.
Wir gelangen nun zur Abstimmung. – Bitte nehmen Sie Ihre Plätze ein.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.
Bericht der Bundesministerin für Landesverteidigung betreffend
Jahresvorschau 2024 auf der Grundlage des Legislativ- und
Arbeitsprogramms
der Europäischen Kommission und des Programmes des Rates
(III-836-BR/2024 d.B. sowie 11473/BR d.B.)
Präsidentin Margit Göll: Wir gelangen nun zum 11. Punkt der Tagesordnung.
Berichterstatterin ist Frau
Bundesrätin Sandra Lassnig. – Ich bitte um
ihren Bericht.
Berichterstatterin
Sandra Lassnig: Frau Präsidentin!
Ich bringe den Bericht des Landesverteidigungsausschusses über den Bericht
der Bundesministerin
für Landesverteidigung betreffend Jahresvorschau 2024 auf der
Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Europäischen Kommission
und des Programmes des Rates.
Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher gleich zur Antragstellung:
Der
Landesverteidigungsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage den
Antrag, den Bericht der Bundesministerin für
Landesverteidigung betreffend Jahresvorschau 2024 auf der Grundlage des
Legislativ- und Arbeitsprogramms der
Europäischen Kommission und des Programmes des Rates zur Kenntnis
zu nehmen. – Danke.
Präsidentin Margit Göll: Wir gehen in die Debatte ein.
Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Markus Leinfellner. –Bitte.
Bundesrat Markus Leinfellner (FPÖ, Steiermark): Frau Vorsitzende! Frau Bundesminister! Hohes Haus! Liebe Österreicher! Eingangs darf ich hinten im Saal eine Besuchergruppe ganz besonders begrüßen, nämlich unseren ehemaligen Kollegen Bundesrat außer Dienst Peter Samt mit der Steirischen Jugendakademie. – Herzlich willkommen bei uns! (Allgemeiner Beifall.)
Frau Bundesminister, bevor ich
auf den eigentlichen Tagesordnungspunkt eingehe: Sie haben gesagt, in der
Vergangenheit sei sehr vieles kaputtgespart worden, aber eines darf
ich Ihnen schon sagen: Die Finanzminister in der Geschichte der Zweiten
Republik waren schon Ihre Parteikollegen und
nicht unsere! Das waren also durch die Bank ÖVPler. (Zwischenbemerkung
von Bundesministerin Tanner.)
Es gibt mittlerweile ein sehr,
sehr großes Budget, aber wir haben uns ja
das letzte Mal ausführlich darüber unterhalten, wo es überall
noch fehlt und krankt. Ja, Sie sind auf einem guten Weg, aber es fehlt noch
sehr, sehr
viel bei der Truppe. Ja, man muss das zur Verfügung stehende Geld auch
ausgeben, das ist ja in der Vergangenheit nicht immer so geglückt,
das heißt, es
wäre schon das eine oder andere auch möglich gewesen. Wenn wir zum
Beispiel in der Beschaffung einmal voll besetzt wären, dann wäre es
auch dort
möglich, etwas mehr zu beschaffen und etwas mehr für die
Truppe sicherzustellen.
Es hat für mich auch so
geklungen, als hätten wir derzeit den höchsten Personalstand,
aber ich war jetzt doch das eine oder andere Mal beim Bundesheer unterwegs, und
jeder Kommandant, mit dem ich spreche, sagt mir, dass es von Jahr zu Jahr ein
riesengroßes Delta gibt, weil sie vor Ort weniger Leute
haben. Ich glaube schon, dass es in der Zentralstelle vielleicht mehr Leute geworden
sind, aber draußen bei der Truppe, wo wir sie wirklich brauchen
würden, kommen sie nicht an. (Beifall bei der FPÖ.)
Lassen wir das einmal so stehen, jetzt aber zum eigentlichen
Tagesordnungspunkt: Ich darf gleich vorausschicken, um die Spannung nicht
zu groß
zu halten, dass wir diesem Tagesordnungspunkt nicht zustimmen werden. In dieser
EU-Jahresvorschau sind wieder Maßnahmen zur Unterstützung
der Ukraine enthalten: finanzielle Unterstützung, humanitäre
Unterstützung und, ja, militärische Unterstützung. (Bundesrat
Himmer: ... mit Russland abgesprochen, nicht?)
Frau Bundesminister, es helfen
halt auch der größte rhetorische Spagat und die schönste
politische Formulierung nichts, wenn es im Endeffekt wieder um Waffen- und
Munitionslieferungen für die Ukraine geht. Genau da müssen wir entschieden
dagegen sein: Mit Waffengewalt werden wir diesen Krieg
nicht beenden, und es ist auch ganz sicher nicht in unserem Interesse, Waffen
für die Ukraine sicherzustellen! (Beifall bei der FPÖ.)
Frau Bundesminister, ich
erinnere nur an die Vergangenheit, als man diesen Spagat ja auch schon gemacht
hat: Man hat den Fonds zur Förderung
der Munitionsproduktion in Europa gegründet, in den auch Österreich
fleißig einzahlt, nämlich in Millionenhöhe. Wer braucht denn
diese Munition
aktuell? – Österreich braucht sie nicht, Deutschland braucht
sie auch nicht! Da sind wir jetzt genau bei dieser Finanzierung von Dingen
durch die Hintertür, wo wir uns ja eigentlich heraushalten.
Das, meine sehr geehrten Damen
und Herren, ist nicht im Interesse Österreichs. Wir haben eine lange Tradition der Neutralität, und mit diesen
Eskalationen,
mit diesen Waffenlieferungen, mit diesen Munitionslieferungen sind
wir in Bezug auf die Ukraine auf dem falschen Weg. Der richtige Weg sind der
Dialog, die Diplomatie und die Förderung einer Verständigung in der
Zusammenarbeit, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Bundesrat Schreuder:
Sag das dem Putin!)
Ja, unsere Sicherheits- und Verteidigungspolitik muss stets
in Einklang mit der Neutralität und mit dem Frieden stehen, meine sehr
geehrten Damen
und Herren. – Vielen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)
14.16
Präsidentin Margit Göll: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesministerin Klaudia Tanner. – Bitte sehr.
14.16
Bundesministerin
für Landesverteidigung Mag. Klaudia Tanner: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr
geehrte Damen und Herren Bundesräte! Sehr geehrte Besucher –
in diesem Fall, glaube ich, alles Herren – aus der Steiermark! Herr
Bundesrat Leinfellner, Ihr Redebeitrag macht es jetzt notwendig,
dass ich dazu etwas sage. (Bundesrat Leinfellner: Ich bin gespannt!)
Wir sind ja beim Tagesordnungspunkt, der die Jahresvorschau betrifft, und ich stelle meinen Ausführungen voran: Lesen hilft, auch was diesen Tagesordnungspunkt anbelangt. Sie wissen selbstverständlich genau, dass wir zwar militärisch neutral sind, dass wir aber auf der anderen Seite nicht gleichgültig sind! (Bundesrat Steiner: Brauchst nicht so schreien, wir verstehen dich schon!)
Dieser Punkt in der Jahresvorschau beinhaltet nichts anderes
als humanitäre Unterstützung, die in der einen oder anderen
Region notwendig ist. (Beifall bei ÖVP und Grünen. –
Zwischenruf des Bundesrates Steiner.) – Ich glaube,
Herr Bundesrat, wir sollten viel mehr noch unsere Soldatinnen und Soldaten, die
tagtäglich – auch am heutigen Tag – in
17 verschiedenen friedenserhaltenden Missionen tätig sind,
vor den Vorhang holen. Sie wissen genau, was da an großartiger Arbeit geleistet wird. (Bundesrat Steiner –
auf Bundesrat Leinfellner zeigend –: Das ist
einer davon!) – Das ist mir sehr wohl bekannt!
Wenn nun die personelle Situation des österreichischen
Bundesheeres angesprochen wird: Selbstverständlich beinhaltet unser
Aufbauplan 2032 plus auch eine personelle Komponente! Es wurde schon von
einem Ihrer
Kollegen angesprochen, dass wir erstmalig nach über zehn Jahren den Sold
für die Grundwehrdiener erhöht haben: Warum haben wir das gemacht,
und warum ist das zehn Jahre hindurch nicht geschehen? – Die
Grundwehrdiener und ihre Entscheidung
für den Dienst an der Waffe, für das österreichische Bundesheer
sind die Grundlage für unsere Berufssoldaten und auch für die
Milizsoldatinnen und -soldaten. Denen haben wir jetzt zumindest
eine erste Anerkennung gezollt, und ich glaube, diesen Weg sollten
wir fortsetzen.
Wir haben mit vorigem
Jahr – ein Jahr ist es jetzt her – den freiwilligen Grundwehrdienst
für Frauen ins Leben gerufen: Das ist 25 Jahre lang niemandem aufgefallen,
wie schwer es Frauen in der Vergangenheit gemacht wurde. Wir haben sie nicht zu
den sechs Stellungsstraßen in Österreich einrücken lassen –
auch das haben wir korrigiert, und wir haben 13 Prozent mehr Soldatinnen,
wenn wir die Jahre 2022 und 2023 vergleichen. (Beifall bei
der ÖVP sowie des Bundesrates Schreuder.)
Sie haben
selbstverständlich recht, dass wir uns alle mehr darum bemühen
müssen, den Wehrwillen zu heben und zu steigern. Ich hatte heute
ein sehr positives Erlebnis: Unsere großartigen Informationsoffiziere
sind an verschiedenen Schulen unterwegs, heute an einer HTL hier in Wien,
und sie informieren darüber, welche Karrierewege man beim
österreichischen Bundesheer einschlagen kann, sei es uniformiert oder auch
in Zivil.
(Zwischenruf des Bundesrates Steiner.)
Ich glaube, es wird eine gemeinsame gesamtgesellschaftliche
Aufgabe sein, dass wir uns dem Risikobild entsprechend aufstellen, auch
personell. Ich glaube,
dazu kann jeder und jede etwas tun. – Danke schön. (Beifall
bei ÖVP und Grünen.)
14.19
Präsidentin
Margit Göll: Zu Wort gemeldet ist
Herr Bundesrat Philipp Kohl.
Ich erteile ihm dieses.
Bundesrat Philipp Kohl (ÖVP, Burgenland): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseher und Zuseherinnen! Im Arbeitsprogramm der Europäischen Kommission für 2024 geht es im Wesentlichen um die Umsetzung, Stärkung und Implementierung von bereits bestehenden Initiativen. Ein zentraler Bestandteil davon ist die effektive Durchsetzung der Handlungsstränge, die in einem sicherheits- und verteidigungspolitischen Grundlagendokument, dem sogenannten strategischen
Kompass, festgelegt sind. Ebenso sind der Ausbau und die Intensivierung
von Kooperationen mit Drittstaaten und internationalen
Organisationen vorgesehen. Hier möchte ich die dritte gemeinsame
Erklärung zur EU-Nato-Kooperation erwähnen, die eine Ausweitung
neuer sicherheitskritischer Bereiche
wie Widerstandsfähigkeit, neue und disruptive Technologien, Verteidigung
und Raumfahrt beinhaltet.
Des Weiteren sollen Partnerschaften weiter ausgebaut werden
und im Zusammenhang dieser Kooperationen auch die neuen europäischen
Strategien zur Förderung intelligenter, sauberer und sicherer Verbindungen
im
Digital-, Energie- und Verkehrssektor sowie die Gesundheits-, Bildungs- und
Forschungssysteme auf der ganzen Welt weiter gestärkt und sektorale
Strategien und Aktionspläne umgesetzt werden. Beispiele dafür sind
die Strategie für ein internationales Engagement im Energiebereich,
die Gemeinsame Mitteilung über die internationale Meerespolitik,
die Weltraumstrategie für Sicherheit und Verteidigung, die Aktualisierung
der EU-Strategie für die
maritime Sicherheit, die Gemeinsame Mitteilung über eine Partnerschaft mit
der Golfregion und die neue Agenda für Lateinamerika und die Karibik.
Maßnahmen zur Förderung und Stärkung der
europäischen Verteidigungsindustrie sind ein weiterer wichtiger Punkt im
Arbeitsprogramm.
Die durch den Krieg in der Ukraine aufgezeigten und durch
die Unterstützungsleistungen
entstandenen Lücken in den Verteidigungsvorräten der EU-Mitgliedstaaten
sollen ebenso durch gezielte Maßnahmen geschlossen
werden. Zudem steht das
Achtzehnmonatsprogramm der Trioratspräsidentschaft im Zeichen der
sich verändernden globalen Sicherheitslage aufgrund des russischen
Angriffskriegs gegen die Ukraine.
Ein besonderes Augenmerk liegt daher auf der Stärkung der Fähigkeit, auf Unvorhergesehenes flexibel reagieren zu können und trotz möglicher Rückschläge nicht aufzugeben, sowie auf der strategischen Autonomie der Europäischen Union.
Das Bundesministerium für Landesverteidigung unterstützt
die Vorhaben
des Arbeitsprogramms der Europäischen Kommission sowie des Achtzehnmonatsprogramms des Triovorsitzes, insbesondere ist
die weitere Umsetzung
des strategischen Kompasses entscheidend für die Stärkung der
europäischen Verteidigungsarchitektur und unerlässlich für die
Handlungsfähigkeit der Europäischen Union in diesem Bereich.
Die geplante Verordnung des Programms für
europäische Verteidigungsinvestitionen soll sicherstellen, dass die
Versorgungssicherheit mit Rüstungs-
und Verteidigungsgütern auch zukünftig gewährleistet wird und
militärische Fähigkeiten aufrechterhalten werden. Die regelbasierte
internationale
Ordnung kann durch die Intensivierung und Vertiefung der Beziehungen zu
gleichgesinnten Partnern und internationalen Organisationen gestärkt
werden.
Meine Damen, meine Herren, ich möchte noch anmerken,
dass im Bericht der Bundesministerin für Landesverteidigung betreffend die
Jahresvorschau 2024 auf der Grundlage des Legislativ- und
Arbeitsprogramms der Europäischen Kommission und des Programmes des
Rates Folgendes kommentiert ist: „Österreich wird
weiterhin die Maßnahmen der EU zur Unterstützung der Ukraine in
verschiedenen Bereichen mittragen, einschließlich finanzieller, humanitärer
und nicht-letaler militärischer Hilfe. Was die Bereitstellung von Waffen
und Munition an die Ukraine im Rahmen der Europäischen
Friedensfazilität betrifft, wird sich Österreich im Einklang mit dem
spezifischen Charakter der österreichischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik
weiter konstruktiv enthalten.“
Meine Damen, meine Herren, da wir heute
tagesordnungspunktübergreifend debattieren, möchte ich weitere zwei
Dinge anmerken: Erstens – und da
hat mir die Aussage von Kollegen Marco Schreuder sehr gefallen und ich zitiere –:
Nicht eine Partei vertritt das ganze Volk, und damit bin ich schon
bei zweitens: Ich sende damit schöne Grüße an die
SPÖ-Alleinherrschaft im Burgenland. (Beifall bei der ÖVP und bei
Bundesrät:innen der Grünen. –
Bundesrätin Schuman: So viel zur Leitkultur! – Bundesrätin Hahn: So viel zum Thema Leitkultur! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)
14.25
Präsidentin
Margit Göll: Zu Wort gemeldet ist
Herr Bundesrat Michael
Wanner. Ich erteile ihm dieses.
Bundesrat Michael Wanner (SPÖ, Salzburg): Ich habe gar nicht gewusst, dass Regierungen Herrschaften sind. (Die Bundesrät:innen Miesenberger und Tiefnig: Im Burgenland schon!) Da bin ich froh, dass das in Niederösterreich ganz anders ist. Da könnte man noch etwas drauflegen in Niederösterreich. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ sowie Heiterkeit der Bundesministerin Tanner. – Bundesrätin Hahn: Das ist die Leitkultur! Eine Partei regiert das Land!) – Entschuldigung, Frau Minister, dass ich Sie jetzt zum Lachen gebracht habe. (Bundesministerin Tanner: Tut auch einmal ganz gut!) – Tut auch ganz gut, gell?
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Minister!
Geschätzte Kolleginnen und Kollegen und Zuseherinnen und Zuseher zu
Hause! Es ist die Jahresvorschau,
die heute in einem Bericht vorliegt, und ich habe so ein bisschen den Eindruck,
dass diese Jahresvorschau auf Basis einer großen Verunsicherung aufgebaut
und geschrieben wurde, vor allem aber vor dem Hintergrund einer enormen Bedrohungslage,
Veränderung der letzten Jahre.
Wenn ich mir gestern angehört habe, dass die Nato
75 Jahre feiert – Gründungsjubiläum –, und
der Generalsekretär der Nato muss explizit sagen, dass man geschlossen
auftreten muss, dass man gegenseitige Hilfe
zukommen lassen soll und einer für alle da sei, dann, sage ich, ist das,
glaube ich, schon ein bisschen eine Verunsicherung auch in der Nato, denn es
steht
in Artikel 5 des Nato-Vertrages, dass der eine für den anderen da
ist, und wenn einer in der Nato angegriffen wird, dann steht der andere
für diesen da.
Also: Wenn man das extra noch einmal sagen muss, sehe ich da eine kleine Verunsicherung.
Es steht aber auch Europa ganz schön unter dem Eindruck
des unrechtmäßigen Angriffskriegs der Russen gegen die Ukraine. Wir
haben uns nie gedacht –
nie gedacht! –, dass in Europa in nächster Zeit einmal wieder
ein Krieg stattfinden wird –
und er ist passiert. Wir haben in Europa – nicht nur wir, sondern
alle Staaten in Europa – die Landesverteidigung auf ein
Minimum zurückgeschraubt, ich möchte sogar sagen, teilweise zur
Verteidigungsunfähigkeit degradiert, was wir jetzt wieder korrigieren
müssen. Es steht ja auch
in dem Bericht, dass wir nachjustieren müssen beziehungsweise Schritte
nach vor gehen müssen.
Die Lage in den USA hilft uns allen nicht wirklich, denn
wenn ein Herr
Trump, der raus aus der Nato will und der schon gesagt hat, wenn nicht alle
alles zahlen, dann kann sich Putin an Europa sattfressen, wie er
will – das sind
jetzt meine Worte, aber inhaltlich war es so –, wieder
Präsident wird, dann muss uns in Europa durchaus Angst werden.
Wenn dann in Deutschland gestern Herr Pistorius herkommt und sagt, Deutschland brauche eine Zeitenwende bei der Bundeswehr und es müsse wieder kriegstüchtig werden, dann zeigt das, wie nervös wir in Europa sind und wie großen Handlungsbedarf wir aber haben.
In dieser Vorschau steht: „Heute handeln, um für
morgen bereit zu sein“. Da ich ein alter Militarist bin und von der Milak
komme, weiß ich, da gibt es andere Sprüche auch noch: Wer
Frieden will, muss sich auf den Krieg vorbereiten, oder: Kämpfen
können, um nicht kämpfen zu müssen. – Das sehr
Positive ist, dass diese Vorschau auf dem strategischen Kompass fußt, der
durchaus
klare Ziele und auch Zeitvorgaben hat, und diese werden – auch wenn
es nicht immer so ist, aber in dem Fall schon – von der
Bundesregierung ressortübergreifend übernommen. Ich gratuliere
dazu, dass da einmal nicht intern gestritten wird!
Einige Punkte möchte ich
ansprechen. Kooperation mit Drittstaaten: Ich
und die SPÖ glauben, dass es ganz, ganz wichtig ist, zu kommunizieren,
Kontakte
zu knüpfen, Wirtschaftsbünde zu schließen, und da
gehören auch die
Dritt- - (Bundesrat Himmer: Wirtschaftsbund haben wir auch! Der
Wirtschaftsbund ist stark!) – Ich habe das jetzt für
Drittstaaten und nicht den österreichischen Wirtschaftsbund
gemeint, der schließt ja meistens aus und inkludiert uns zum Beispiel
nicht. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Himmer: Ah
geh!) Der Ansatz war aber gut. Es war ein guter Ansatz, aber
nicht der richtige.
Diese Abkommen mit Drittstaaten
sind unbedingt notwendig, weil ich glaube, dass nur in Gesprächen und in
bilateralen Beziehungen Frieden gelebt
werden kann.
Die Forschungs- und Weltraumstrategie steht drinnen. Ja, da frage ich mich allerdings ein bisschen: Wo ist da unsere Kompetenz? Wo können wir da eingreifen? Das würde mich interessieren. Da fehlt mir ein bisschen der Zugang, denn auch wenn man in der Generaldirektion eine Stelle, die sich mit Verteidigungsindustrie und Weltraum beschäftigt, implementieren will, ist das halt wieder etwas in einer Führungsebene. Ja, Führungskräfte kann man einsetzen, aber auch die braucht man erst.
Unterstützung der
Ukraine – das haben wir vorhin schon gehört. Ich möchte
nur noch sagen: in politischer, wirtschaftlicher und finanzieller Hinsicht. Da
ist
mir auch ganz wichtig, dass finanziell dann auch langfristig –
nämlich
für den Wiederaufbau der Ukraine, wenn dieser scheußliche Krieg
einmal zu Ende ist – etwas dabei ist. Der Wiederaufbau ist ganz
wichtig! (Beifall
bei der SPÖ.)
Humanitäre Hilfe – da sind wir, glaube ich, nicht die Schlechtesten.
Bei der militärischen Hilfe mit nicht letalen Waffen
habe ich zwar ein bisschen ein Definitionsproblem, aber vielleicht können
Sie das erläutern. Wenn
man bei Waffenlieferungen als Österreich konstruktiv mitarbeiten will,
dann muss man sich schon ein bisschen so (sich mit der rechten Hand
über den
Kopf greifend und am linken Ohr kratzend) kratzen, damit man eine
Waffenlieferung rechtfertigt. Aber vielleicht können Sie da etwas
dazu sagen, da fehlt
mir einfach der Zugang.
Krisenbewältigungsstrukturen schaffen: Ja! Noch
einmal: Das Wichtigste ist, miteinander zu reden, Kontakte zu knüpfen. Das
österreichische Bundesheer braucht dazu eine perfekte
Ausbildung, das Material, aber – und das habe ich Ihnen das letzte
Mal auch gesagt – auch das dazu notwendige Personal. Da kann
ich Ihnen leider nicht zustimmen, dass genug da ist oder genug getan wird,
da sind wir ganz weit hintennach, vor allem wenn man sich die Pensionierungen
der jetzigen Aktiven anschaut. Das ist eher eine Katastrophe, da ist uns
wahrscheinlich noch nichts Gescheites eingefallen. – Danke.
(Beifall bei der SPÖ.)
14.33
Präsidentin Margit Göll: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Mag. Elisabeth Kittl. – Bitte.
Bundesrätin MMag. Elisabeth Kittl, BA (Grüne, Wien): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseher:innen vor den Bildschirmen! Gleich vorweg: Auch wir unterstützen natürlich die Schwerpunkte der EU-Kommission und des Triovorsitzes genauso wie die Bundesministerin.
Wie auch schon vorhin betont, müssen wir als
Europäische Union gerade heute unsere Einheit unterstreichen und sie auch
nach außen tragen. Die Zusammenarbeit in militärischen
Angelegenheiten ist für uns aber aufgrund der Neutralität und
unserer grundsätzlich pazifistischen Einstellung, würde ich
sagen, extrem heikel – und das nicht nur für uns, sondern auch
für die EU, denn auch die EU ist ein Friedensprojekt und hat uns als
solches auch Wohlstand
und Sicherheit gebracht.
Wir wollen natürlich mehr
Länder für dieses Friedensprojekt gewinnen, genauso wie sich
umgekehrt Länder daran beteiligen wollen – so auch die Ukraine,
die ja genau deswegen so gefährlich für das autokratische und
militärisch-imperialistische System Putins ist. Daher ist die europaweite
und auch unsere Solidarität mit der Ukraine und die Unterstützung
für sie ungebrochen.
Wir müssen aber alles daran setzen, dass es endlich zu Verhandlungen kommt, die diesen Krieg beenden können. Es müssen die Diplomat:innen sprechen können, nicht die Waffen, von denen schon viel zu viele, aber gleichzeitig auch viel zu wenige in die Ukraine geliefert wurden. Das ist ein fürchterliches Dilemma, aber es erfordert genauso ein hochsensibles Vorgehen, um diesen Krieg nicht auszuweiten.
Ad Nachrüstung: Wir müssen darauf achten, dass europäische Rüstung nicht in die falschen Hände kommt, was leider schon viel zu oft passiert ist.
Was ich hier aber eigentlich
betonen möchte, ist, dass nicht der Krieg unser Denken bestimmen soll,
sondern der Frieden. Auch wenn wir den Kriegsgedanken aufgrund der
militärischen Expert:innen, die wir tagtäglich im Fernsehen sehen,
oder der verschiedenen Waffensysteme, von denen
wir in der Zeitung lesen, kaum auskommen, müssen wir – und es
wäre gut, wenn das auch medial unterstützt würde –
gedanklich immer wieder zum Frieden
und zum europäischen Friedensprojekt zurückkehren und auch in unseren
Handlungen diesem verpflichtet sein. Wir dürfen nicht mehr dort
hinkommen,
dass Krieg die Fortsetzung von Politik wird und dass sich das Recht des
Stärkeren gegen die internationale Ordnung und das Völkerrecht
durchsetzt.
Als neutraler Staat können und müssen wir den Fokus darauf legen, den Dialog zu fordern, zu deeskalieren und Konfliktlösung und vor allem Konfliktprävention vorantreiben. Der Vorteil der militärischen Neutralität liegt ja gerade darin, als neutraler Ort und als Politiker:innen und Diplomat:innen eines neutrales Staates dem Frieden zu dienen – nicht umsonst ist Wien Amtssitz vieler internationaler Organisationen.
Es ist zudem auch unsere
Pflicht, auf globale Verantwortungsübernahme und Gerechtigkeit zu
pochen – auch hier bei uns –, denn all diese weltweiten
Ungleichgewichte und Schieflagen sind eine Frage von Frieden und Sicherheit,
denn sie haben das Potenzial, böses Blut zu schüren und Konflikte zu
entfachen. Nationalistische Vogel-Strauß-Politik, wie sie von
so manch österreichischer Partei betrieben wird, bewirkt da genau das
Gegenteil von Frieden,
denn in einer hochvernetzten Welt, in der man voneinander abhängig ist,
ist jede Erzählung von Abschottung schlichtweg eine den Intellekt
vernebelnde Märchenerzählung.
Wir alle hier im Saal tragen
Kleidung, bedienen Geräte oder essen Dinge, die aus der Welt –
aus der ganzen Welt – kommen. Vieles davon ist leider ausbeuterisch hergestellt
worden und/oder zerstört die Umwelt und die Lebensbedingungen in den
Herkunftsländern. Wenn wir eine friedliche Welt wollen, müssen
wir diese Abhängigkeiten und Ausbeutungssysteme im Blick haben und
für mehr Gerechtigkeit sorgen. Dazu passt auch, dass wir mehr Geld
für Entwicklungszusammenarbeit brauchen.
Genauso bedarf es neuer
Zugänge in der regelbasierten internationalen Ordnung. Die Welt
kennt – ich habe es auch vorhin schon gesagt – viele
Machtzentren und allzu rasche Veränderungen in diesen, die die internationale Sicherheitspolitik
erodieren lassen. Daher ist es auch genauso wichtig, das internationale
Verhandlungsparkett nie zu verlassen und mit allen
Nationen auf gleicher Augenhöhe zu verhandeln. Österreich bekennt
sich zu diesem Multilateralismus, und das ist auch enorm wichtig.
Auch die Vereinten Nationen sind ein Friedensprojekt, das
nach dem Horror zweier Weltkriege gegründet wurde. Mit seiner Teilnahme an
friedenserhaltenden Operationen der UN leistet Österreich einen
wesentlichen und sichtbaren Beitrag zu Frieden und internationaler Sicherheit.
Sie, Frau
Ministerin, betonen das auch immer wieder. Wir haben zum Beispiel mehr als
100 000 österreichische Soldatinnen und Soldaten und zivile
Helferinnen
und Helfer zu über hundert friedensunterstützenden und
humanitären Missionen geschickt. Auch positiv zu bemerken ist, dass
Österreich Verhandlungen über ein UN-Abkommen zur
Regulierung autonomer Waffensysteme initiiert hat und Ende April eine
internationale Konferenz dazu in Wien ausrichtet.
Dabei geht es darum, dass KI-unterstützte Waffensysteme nicht
algorithmusgesteuert über Leben und Tod entscheiden sollen, sondern
es immer einer Entscheidung von Menschen bedarf.
Frieden ist weit mehr als die Abwesenheit von Krieg, und es
braucht eine aktive Friedenspolitik, die ihn erhält und wiederherstellt.
Friedenspolitik braucht
auch das Wissen um Zusammenhänge, um das Zusammenspiel von Rechtsstaatlichkeit,
Demokratiebewusstsein, sozialer Sicherheit, Gerechtigkeit, Gleichberechtigung
und Menschenrechten sowie einer intakten Umwelt. Genau deswegen ist es
auch wichtig, Demokratisierungsbewegungen weltweit zu
stärken, genauso wie Unrecht zu benennen, auch hier im Parlament, wo
wir – oder zumindest manche von uns – tagtäglich die
Menschenrechte
verteidigen, vom Iran bis Rojava.
Ich freue mich besonders, dass die iranische Journalistin Elaheh
Mohammadi, die zu Unrecht vom iranischen Regime inhaftiert wurde, bloß
weil sie über den
Tod und die Beerdigung von Jina Mahsa Amini berichtet hat, nun freigelassen wurde.
Ich und andere Abgeordnete hatten eine Patenschaft für sie
übernommen.
Wie wir gestern hörten, werden aber mehr Menschen der Protestbewegung Frauen! Leben! Freiheit! als je zuvor als politische Häftlinge umgebracht. Daher braucht es auch weiter unsere Unterstützung für sie.
Um Frieden nachhaltig abzusichern, müssen auch Frauen in
allen Phasen von Friedens- und Versöhnungsprozessen aktiv mit einbezogen
werden.
Dazu haben wir uns mit der Unterzeichnung der UN-Resolution 1325, No
Women – No Peace, ja auch verpflichtet. Wir habe eine weibliche Verteidigungsministerin.
Auch das ist ein guter Punkt.
Frauen sind aber auch in besonderem Maße von Kriegen
betroffen, zum Beispiel durch Vergewaltigungen, die leider als Kriegswaffe
eingesetzt werden.
Auch dafür braucht es Konzepte für ihren Schutz und für ihre
Unterstützung danach, wenn wir daran denken, dass daraus Krankheiten,
Schwangerschaften, aber auch Diskriminierung entstehen. Eine
Zusammenarbeit mit zivilen Organisationen ist auch da immer ein Gewinn.
Wir haben nach deutschem Vorbild aber auch den sogenannten
zivilen Friedensdienst eingeführt, der mit Partnerorganisationen in
Krisengebieten nachhaltige Friedensprozesse und Menschenrechtsschutz
fördert, der gerade
im Ausrollen ist.
Des Weiteren wurde eine Mediationsfazilität im Außenministerium eingerichtet, die mit stiller Diplomatie und zivilgesellschaftlichen Organisationen vor Ort zusammenarbeitet.
Auch die
Überarbeitung der Österreichischen Sicherheitsstrategie, die bald
vorgelegt wird, ist ein wichtiger Punkt. Auch da wird es um
Konfliktprävention und das
Zusammendenken von Umwelt, sozialer Gerechtigkeit, Bildung
und Demokratie, aber eben auch von Sicherheits- und Außenpolitik gehen.
Schließen möchte ich daher mit dem Appell, dass Österreich weiterhin eine aktive Friedenspolitik betreiben und vor allem in den Frieden investieren soll. – Danke. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)
14.42
Präsidentin Margit Göll: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesministerin Klaudia Tanner. – Bitte.
Bundesministerin für Landesverteidigung
Mag. Klaudia Tanner: Während
der letzten beiden Redner habe ich mir gedacht: Wie selbstverständlich wir
es doch in der Vergangenheit angesehen haben, in Frieden, in Freiheit, in einer
Demokratie zu leben! Wie es der Herr Bundesrat so treffend formuliert
hat: Man hat auch bei diesem Tagesordnungspunkt den Eindruck, dass so vieles
von Unsicherheit getragen ist. Das sagt auch die sicherheitspolitische
Analyse des Verteidigungsministeriums schon
sehr klar im Titel. Man hat den Eindruck, dass die Welt aus den Fugen
geraten ist. „Welt aus den Fugen“
ist der Titel.
Umso mehr dieses passiert, umso
ruhiger müssen wir unseren Weg weiter beschreiten, den Weg des
Aufbaues des österreichischen Bundesheeres –
nicht zum Selbstzweck, sondern zum Schutz für uns alle. Wir müssen zu
einer modernen Armee werden, um weiterhin unseren Frieden zu erhalten und
als glaubwürdiger Partner in der Europäischen Union unsere
friedenserhaltenden Missionen weiter aufrechtzuerhalten.
Wir leisten auf so viele
verschiedene Arten und Weisen Hilfe. Es war die Frage, was nicht letale
militärische Hilfe heißt. Wenn Sie an den Beginn des Krieges denken,
so war es unser Ressort, das Verteidigungsministerium, das zum Beispiel
Feldbetten, Röntgengeräte, Schutzhelme, Schutzwesten geliefert hat.
Das ist darunter zu verstehen.
Das heißt, wir helfen auf
ganz verschiedene Arten und Weisen; das Einzige, das wir nicht tun –
ich glaube, das ist auch richtig so, und zwar nicht nur, weil
es in der Verfassung steht –, ist, Waffen zu liefern. Wir haben so
viele Möglichkeiten, einen Beitrag zu leisten, um den Frieden
zurückzubringen oder
zu erhalten. Da kann jeder und jede einen Beitrag liefern.
Weil über das Personal
gesprochen worden ist, richte ich noch einmal an Sie alle den Appell:
Unterstützen Sie Ihre Töchter und Söhne, sich für das
österreichische Bundesheer zu entscheiden, dort den Grundwehrdienst
zu absolvieren und dann vielleicht auch bei uns zu bleiben. (Bundesrätin
Schumann: Dann
fehlen die Zivildiener!)
Den negativen Trend im
Personalbereich konnten wir schon umdrehen. Wir haben zum einen bei den
Berufsunteroffizieren heuer 11 Prozent mehr, die
ihre Ausbildung begonnen haben, wir haben 10 Prozent mehr, die ihre Ausbildung zum Berufsoffizier beginnen. Das heißt, wir haben den Abwärtstrend der letzten Jahre aufgehalten, was aber noch fehlt, sei auch ganz offen angesprochen.
Personal ist nicht nur in jedem
Bereich der Wirtschaft eine Herausforderung, sondern im gesamten
öffentlichen Dienst und natürlich auch bei uns.
Daher wird es unabdingbar notwendig sein, dass wir – es ist ja schon
erhöht worden – zu einer weiteren Erhöhung des Gehalts der
Unteroffiziere
kommen, dass wir die Offiziere an das Akademikerschema im Bundesdienst
angleichen und sie damit mehr an Gehalt erhalten und dass wir –
darüber haben wir uns heute schon sehr oft
unterhalten – die Attraktivierung des Auslandseinsatzes auch weiter
finanziell stützen und anheben.
(Bundesrätin Schumann: Im November haben wir
Personalvertretungswahlen!)
Ich bitte Sie alle: Helfen wir gemeinsam mit, dass wir
aufzeigen, dass
unser Bundesheer ein attraktiver Arbeitgeber ist und auch unglaublich
vielfältige Berufschancen für alle bietet. – Ich danke
Ihnen. (Beifall bei der ÖVP und
bei Bundesrät:innen der Grünen.)
14.46
Präsidentin Margit Göll: Vielen Dank, Frau Ministerin.
Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.
Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall. Somit ist die Debatte geschlossen.
Wir gelangen nun zur Abstimmung. – Bitte nehmen Sie Ihre Plätze ein.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, den gegenständlichen Bericht zur Kenntnis zu nehmen, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.
12. Punkt
Beschluss des Nationalrates vom 21. März 2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz geändert wird (3952/A und 2468 d.B. sowie 11443/BR d.B. und 11466/BR d.B.)
13. Punkt
Beschluss des Nationalrates vom 21. März 2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Energieeffizienzgesetz geändert wird (3951/A und 2469 d.B. sowie 11467/BR d.B.)
Präsidentin Margit Göll: Wir gelangen zu den Punkten 12 und 13 der Tagesordnung, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.
Berichterstatterin zu den Punkten 12 und 13 ist Frau Bundesrätin Dipl.-Ing.in Dr. Maria Huber. – Ich bitte um die Berichte.
Berichterstatterin
Dipl.-Ing. Dr. Maria Huber: Ich bringe
den Bericht
des Wirtschaftsausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom
21. März 2024 betreffend ein
Bundesgesetz, mit dem das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz geändert wird.
Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, daher komme ich gleich zur Antragstellung:
Der Wirtschaftsausschuss
stellt nach Beratung der Vorlage am 3. April 2024 den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch
zu erheben.
Weiters bringe ich den Bericht des Wirtschaftsausschusses
über den Beschluss des Nationalrates vom
21. März 2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit
dem das Bundes-Energieeffizienzgesetz geändert wird.
Der Bericht liegt Ihnen schriftlicher Form vor, daher komme ich gleich zur Antragstellung:
Der Wirtschaftsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 3. April 2024 den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Präsidentin Margit Göll: Vielen Dank.
Sehr herzlich bei uns im
Bundesratssaal darf ich Frau Bundesministerin Leonore Gewessler
begrüßen. – Herzlich willkommen! (Beifall
bei ÖVP, SPÖ und
Grünen.)
Wir gehen in die Debatte ein.
Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Mag. Sandra Gerdenitsch. – Bitte.
Bundesrätin Mag. Sandra Gerdenitsch (SPÖ, Burgenland): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Fotovoltaikanlagen, welche gemäß § 28 Abs. 62 UStG 1994 von der Umsatzsteuer befreit sind, sind von der Gewährung eines Investitionszuschusses gemäß EAG ausgeschlossen.
Nach drei Monaten kommen die Regierungsparteien nun wieder
einmal drauf, dass umsatzsteuerbefreite Betriebe keinen Vorteil durch eine
Umsatzsteuerbefreiung für kleine PV-Anlagen haben. Zum x-ten Mal
müssen wir wieder ausrücken und reparieren. Das ist schön
langsam ein bisschen fad. (Beifall
bei der SPÖ.)
So soll nun die Regelung dahin gehend abgeändert
werden, dass für diese Unternehmen künftig auch wieder eine
Investitionsförderung ausgezahlt werden soll. Genau das ist der
Knackpunkt. Das finden wir alles andere als fair und
daher werden wir dem Antrag zur Förderung von Fotovoltaikanlagen
nicht zustimmen. Das ist nämlich eine Ungerechtigkeit gegenüber dem
nicht vorsteuerabzugsberechtigten Häuslbauer, der nicht vorsteuerabzugsberechtigten
Häuslbauerin.
Während kleine private
Anlagen also nur die USt-Befreiung bekommen, sollen Betriebe für kleine
Anlagen neben der ohnehin geltenden Umsatzsteuerbefreiung zusätzlich
auch noch eine Investitionsförderung bekommen. Wer da besser aussteigt,
ist ein ganz einfaches Rechenbeispiel. Das können Sie
sich gerne selbst ausrechnen.
Wenn ich hier schon stehe, darf
ich gleich die Gelegenheit nutzen, der schwarz-grünen Bundesregierung ein
absolutes Totalversagen zu attestieren. Ihr
habt eindeutig zu wenig bei den Mieten gemacht, bei der Energie und bei Lebensmitteln
zu wenig eingegriffen. Ihr zieht der Bevölkerung Monat für
Monat das Geld aus der Tasche, ohne dabei rot zu werden. (Heiterkeit des Bundesrates
Zauner.) Auch die Gemeinden und Unternehmen leiden unter
dieser Misswirtschaft. (Bundesrat Buchmann: Geh bitte! Da könnt
ihr ja gleich eine Presseaussendung machen!) Es ist Zeit, in die Gänge
zu kommen, meine
sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)
Bitte werfen Sie dazu einen
Blick auf die sozialdemokratisch geführten Bundesländer! Herr
Kollege Kohl, es besteht kein Grund zur Traurigkeit, wir
schauen auf die Bevölkerung. Machen Sie sich von der ÖVP keine
Sorgen, Sie sind im Burgenland ja nur in homöopathischen Dosen vorhanden.
(Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ.)
Die Bevölkerung – nicht nur im Burgenland – wird wissen, was zu tun ist, denn Wahltag ist Zahltag. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)
14.51
Präsidentin Margit Göll: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross. Ich erteile ihm dieses.
Bundesrat Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross
(Grüne, Vorarlberg): Frau
Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Frau Ministerin, liebe
Leonore! Ich war
schon ein bisschen erstaunt, was jetzt gerade die Kollegin von der SPÖ
gesagt
hat. (Bundesrätin Hahn: Jo mei! – Bundesrätin Schumann: Aber wahr war es! – Bundesrätin Grimling: Na geh! Genau!) Das will ich jetzt ein bisschen berichtigen.
Wenn etwas eine Erfolgsstory
ist, dann ist es das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (Bundesrätin Grimling:
Ja!), nämlich dank seiner verlässlichen Rahmenbedingungen
für Investitionen – es geht um den Ausbau – und dank
der zuverlässigen Finanzierungssicherung bis 2030. Noch nie wurde auch
nur annähernd so viel Ökostrom ausgebaut, wie seit dessen
Inkrafttreten, und
das in permanent steigendem Ausmaß. (Beifall bei den Grünen.)
Wir sind inzwischen bei einem Anteil von Ökostrom bei
87 Prozent. Es sind heute vom BMK die aktuellen Quartalszahlen
kommuniziert worden. Um es nur ein bisschen zu zeigen: Im ersten Quartal 2021
waren wir zum Beispiel
bei 51 Prozent Ökostrom, im ersten Quartal heuer bei
86,5 Prozent – und das in dieser kurzen Zeit.
Da kann man sagen, es war auch
relativ warm, das stimmt, aber einen Anstieg um 25 Prozentpunkte (Bundesrat
Kovacs: Wie viel Inflation haben wir?)
kann man nicht mit schönem Wetter erklären, weil es ja auch nicht nur
ums Heizen geht. Die Importe sind im ersten Quartal von 25 Prozent auf
null gesunken. Dann zu sagen, die Regierung tut nichts und es werden keine
Aktivitäten gesetzt, finde ich schon – wie soll ich das
formulieren? – einigermaßen mutig. (Beifall bei den
Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP. –
Bundesrätin Schumann: So sind wir!)
Eine Zielerreichung von 100 Prozent bis 2030 ist
möglich. Ich meine,
schöner fände ich eigentlich, wenn Sie sich darüber freuen
würden, dass wir im Ausbau der Erneuerbaren wirklich etwas weiterbekommen,
denn das ist
ja kein Selbstzweck. Ich möchte daran erinnern, dass es da ja nicht
zuletzt auch darum geht, stabile Preise für die Konsumentinnen und
Konsumenten
zu schaffen, und es geht nicht zuletzt auch darum, aus russischem Gas auszusteigen.
Das ist mit ein Grund, wieso das in den letzten wenigen Jahren
noch einmal so einen massiven Schub bekommen hat.
Das ist auch eine sozialpolitische Maßnahme – ich kann es nicht oft genug sagen. Wir haben in den letzten Jahren doch erlebt, was das heißt, was Abhängigkeiten bedeuten und wie sich dann Preise in kürzester Zeit entwickeln können. Ich weiß nicht, es ist ein bisschen seltsam, da fundamental dagegen zu sein. (Bundesrätin Schumann: Na geh!)
Besonders rasant ist der Anstieg
bei der Fotovoltaik. Letztes Jahr wurden unglaubliche rund
2 200 Megawatt zugebaut. Das kann man sich schwer
vorstellen, das ist mehr als das Zehnfache von 2018, mehr als das
Zehnfache,
seit wir jetzt dieses Ressort in der Regierung innehaben.
Vielleicht noch zwei Bilder
dazu: Mit dieser installierten Leistung wird Strom für rund
650 000 Haushalte produziert. Jetzt kann man ein bisschen auf und
ab rechnen – je nach dem, was man an Durchschnittstromverbrauch
schätzt –, aber das sind schon ganz gewaltige Mengen, die da
bereitgestellt werden: 650 000 Haushalte.
Anders dargestellt ist es eine
Fläche von etwa 14 Quadratkilometern, ohne dass Bodenversiegelung
stattfindet. Wir haben immer noch enormes Potenzial
auf den Dachflächen, wir haben immer noch große Möglichkeiten
auf Verkehrs- und Brachflächen, Fotovoltaik zu errichten. Bei
Freiflächenanlagen legen
wir besonderen Wert auf sogenannte Agri-Fotovoltaikanlagen, also Doppelnutzungen
bei gleichzeitiger landwirtschaftlicher Nutzung. (Zwischenruf der Bundesrätin
Gerdenitsch.)
In vielen Fällen ist das
sogar –das zeigen viele Studien von landwirtschaftlichen
Universitäten und Fachhochschulen – wachstumsfördernd,
weil durch
die zunehmenden Temperaturen viele Pflanzen Schatten brauchen. Das ist
eigentlich die ideale Kombination von Landwirtschaft und Klimaschutz und übrigens
auch eine zusätzliche Wertquelle für die Landwirtschaft.
Letztes Jahr haben wir mit der Umsatzsteuerbefreiung eine
wichtige
Maßnahme zur Fördervereinfachung gesetzt. Ich möchte das noch
einmal betonen: 150 000 Haushalte müssen keinen Antrag mehr
stellen. Das ist
schon irgendwie eine coole Sache, das wird ganz automatisch gewährt. Es wird übrigens auch von der Wettbewerbsbehörde überprüft, dass das auch weitergegeben wird. Die Förderhöhen durch die USt-Reduktion auf null sind auch etwa gleich, wie sie davor durch die Förderauszahlung waren.
Jetzt hat die Praxis gezeigt, dass eine kleine Gruppe von
Unternehmen mit der jetzigen Regelung schlechteren Zugang zur Förderung
hatte. Das sind
jene Unternehmen, die in Gebäuden angesiedelt sind, die Mischnutzungen,
nämlich Wohnnutzungen haben, weil
die USt-Befreiung generell auf das Wohngebäude
abzielt – übrigens auch Gemeindegebäude, wie auch
Gebäude von gemeinnützigen Einrichtungen, möchte ich
dazusagen, und andere et cetera.
Jetzt gibt es halt Gebäude mit Wohnnutzung, in denen unten Gewerbebetriebe
drinnen sind. Die hätten jetzt de facto keine Fördermöglichkeit
mehr. Das
wollen wir nicht, es geht um den Ausbau. Warum soll nicht auch ein Betrieb eine
Investitionsförderung kriegen? Die Kritik seitens der SPÖ verstehe
ich überhaupt nicht. Es war auch davor so. Es geht ja auch darum, dass
gerade auch Betriebe investieren. (Beifall bei den Grünen und bei
Bundesrät:innen
der ÖVP.)
Ich finde, es ist jetzt überhaupt kein Beinbruch,
einzugestehen: Ja, da ist etwas passiert. Das hat man in der Gestaltung
übersehen, das korrigieren wir
jetzt schnellstmöglich – was heute passiert.
Jetzt zu beklagen, dass das EAG oft novelliert wird,
verstehe ich schon doppelt nicht, weil sich die Bedingungen laufend
ändern. Wir haben zur Krisenbewältigung et cetera, et cetera novellieren
müssen, man hat die Bedingungen laufend angepasst. – Ich
möchte diese Kritik nicht hören. Sie wäre berechtigt, wenn
es nicht der Fall wäre, wenn man sagt: Nein, das haben wir jetzt gemacht
und wir reagieren nicht auf Gegebenheiten, die sich jetzt
halt auch global verschieben, auch national verschieben, auf Preisentwicklung,
Marktentwicklung et cetera. – Das finde ich, ehrlich gesagt, gerade
als
eine Stärke des Erneuerbaren-Ausbau-Gesetzes.
Wir hoffen, dass die Ausbaugeschwindigkeit anhält. Das
ist eine riesige Herausforderung für alle Akteure, auch für die
Netzbetreiber, die nach wie vor gefordert sind, ihren Netzausbau weiter zu
forcieren. Es sagt übrigens
auch die E-Control in ihrem Jahresbericht, dass da noch etwas drinnen ist. Die
Bevölkerung und auch die Betriebe zeigen, dass sie auf jeden Fall für
Investitionen bereit sind.
Der zweite Teil betrifft eine Änderung im
Energieeffizienzgesetz aufgrund der europäischen Energieeffizienzrichtlinie,
die im letzten Herbst beschlossen wurde, und spricht ein Segment an,
das viel mit der Digitalisierung zu tun hat, nämlich mit Rechenzentren,
deren Anzahl und Leistung und somit Strombedarf rapide steigt. Er steigt in
Europa und global rapide. Immerhin wird in den Rechenzentren der
Europäischen Union – und da sind all unsere
privaten Rechner nicht mit dabei – mehr Strom verbraucht, als ganz
Österreich Strom verbraucht. Wir reden da also schon über wirklich
große Dimensionen. Global ist das noch einmal
größer.
Es gibt Abschätzungen, dass inzwischen die CO2-Emissionen
aus den digitalen Anwendungen in der Dimension des Flugverkehrs sind. Also
insofern ist
das nur richtig, dass die Richtlinie das aufnimmt, wir das jetzt umsetzen, dass
man da genauer hinschaut und vor allem auch Transparenz herstellt. Das
ist schon wichtig. (Vizepräsident Reisinger übernimmt den
Vorsitz.)
Warum ist das wichtig? – Das ist keine
zusätzliche Bürokratie, im Gegenteil, es ist eine Erleichterung
für vieles. Es wird ja nur ein sehr geringer Teil dieses Stroms
in Rechenzentren in Information umgesetzt, fast alles wird in Wärme
umgesetzt, und mit dieser Wärme kann man sehr viel anfangen, das sind
wirklich große Einheiten. Es gibt schöne Beispiele dafür, dass
mit Rechenzentren Krankenhäuser beheizt werden, ganze Stadtteile beheizt
werden. Das muss
man aber wissen, dass es diese Wärmequellen gibt.
Das ist eine Grundvoraussetzung für die Kommunen, um
dann eine kommunale Wärmeplanung machen zu können, ihre Fernwärmesysteme
planen zu
können, zu wissen: Da ist ein Rechenzentrum, das hat so und so viel
Abwärme, ja, mit dem reden wir, da
nehmen wir Kontakt auf. Deswegen wird es dann
auch die Pflicht geben, das in einem Kataster darzustellen.
Diese Wärmeplanung ist eine wichtige Sache für die
Kommunen, damit wir alle miteinander aus den
fossilen Heizsystemen aussteigen können – Stichwort:
die Regierung tut nichts. Solche Förderungen – wir haben
es eh schon
oft gesagt, aber ich muss es offenbar wiederholen, weil es einfach mutwillig
nicht gesehen wird; ich kann es gar nicht anders interpretieren –,
was
jetzt gefördert wird, das hat es wirklich noch nie gegeben.
Der Standardfördersatz bei Kesseltausch beträgt
75 Prozent – 75 Prozent Standardfördersatz, also bitte! –,
wir haben 100 Prozent bei Raus aus
Öl und Gas, wir haben den Sanierungsbonus verdreifacht (Bundesrat Steiner:
Der Pensionist kann sich’s immer noch nicht leisten, den Kesseltausch!),
wir haben
beim Strom eine Grundsicherung mit der Strompreisbremse – das
könnten wir jetzt lange fortsetzen. Das ärgert mich, ich sage es ganz
offen, das ist
einfach unredlich, da herzugehen und zu sagen: ein Totalversagen, es wird
nichts gemacht! – Das stimmt halt einfach nicht.
Auf jeden Fall sind das wieder zwei Puzzlesteine auf dem
Weg in die Klimaneutralität, und ich kann Ihnen sagen, es werden
nicht die letzten sein. –
Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der
ÖVP.)
15.02
Vizepräsident Dominik Reisinger: Zu einer ersten Stellungnahme hat sich Frau Bundesministerin Gewessler zu Wort gemeldet. Ich erteile ihr dieses.
Bundesministerin
für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und
Technologie Leonore Gewessler, BA:
Herr Präsident! Werte Mitglieder
des Bundesrates Werte Zuhörer:innen auch im Saal – aus Tirol,
wenn ich richtig schlussfolgere; wunderbar! Liebe Zuseher:innen zu Hause via
Livestream!
Ich möchte nur ein paar Worte zu den TOPs 12 und 13 verlieren, da sie
wirklich,
wie Bundesrat Gross gesagt hat, wieder wichtige Puzzlesteine im
Umstieg
auf erneuerbare Energie sind.
Das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz ist die gesetzliche Grundlage
für den Erneuerbarenausbau in unserem Land. Heute haben wir die Zahlen
für das erste Quartal 2024 für den erneuerbaren Strom
präsentiert. Dieses Gesetz funktioniert, wir haben noch nie in einem
Winterquartal 86,5 Prozent unseres Stroms aus Erneuerbaren bezogen.
Deswegen ein großes Danke, nicht
nur an alle, die dem Gesetz zugestimmt haben, sondern an alle, die in unserem
Land mithelfen. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen
der ÖVP. – Bundesrat Steiner: Wasserkraft, oder?)
In den letzten beiden Jahren konnten wir insbesondere bei (Bundesrat
Steiner: Wasserkraft!) der Fotovoltaik Rekorde
verzeichnen – ich empfehle den
Blick in unsere Energiestatistik (Bundesrat Steiner: Ja, ist Wasserkraft!) –,
wir haben PV auf vielen, vielen Häusern – Fotovoltaik, nur zu
Erklärung:
Strom aus Sonnenenergie –, auf vielen, vielen Dächern, auf
vielen, vielen Deponien zugebaut (Bundesrat Steiner: Was ist Platz
eins in deinem Bericht? – Die Wasserkraft!), deswegen
haben wir fast 900 Millionen Euro an Fördermitteln bereitgestellt,
damit über 200 000 Förderverträge ausgestellt und
3 Gigawatt an Sonnenstrom in unserem Land zugebaut, also Leistung
zugebaut.
Das ist wirklich unglaublich, das haben wir in diesem Land noch nie gesehen,
und deswegen wirklich ein großes Danke an alle, die da mithelfen. (Beifall
bei
Grünen und ÖVP. – Bundesrates Steiner: ...
Kollegin, die Windräder ...!)
Wir haben seit
1. Jänner 2024 eine neue Logik im Fördersystem, nämlich
eine Umsatzsteuerbefreiung: null Steuer, null Bürokratie, wenn man sich
eine Fotovoltaikanlage auf das eigene Haus bauen möchte. Das ist gut,
denn das vereinfacht es für ganz viele Menschen in unserem Land und
trägt auch zu einem noch rascheren Ausbau bei. Allerdings gibt
es – auch
das hat Bundesrat Gross schon gesagt – Betriebe, die in
Wohngebäuden sind. Denken wir an den Bäcker, über dem die
Wohnung ist, oder an den
kleinen Einzelhändler in Wien in einem Wohngebäude. Sie erhalten jetzt eigentlich keine aktive Förderung mehr.
Die vorliegende Gesetzesnovelle
soll also gewährleisten, dass solche
Betriebe wie alle anderen Betriebe auch wieder eine Förderung erhalten,
also nicht schlechter gestellt werden. Der Bäcker, der Einzelhändler,
alle, die
in einem Wohngebäude ihr Geschäftslokal haben, sollen nicht
schlechter gestellt werden als Betriebe, die ein eigenständiges
Geschäftslokal haben.
Mit diesem Initiativantrag
schaffen wir dafür die Basis und stellen damit für diese Betriebe de
facto den Zustand des Erneuerbaren-Ausbau-Gesetzes wieder
her, den wir gemeinsam mit Stimmen der SPÖ, der ÖVP und der
Grünen in diesem Haus beschlossen haben. Es ist also keine
Änderung, wir gehen
für die Betriebe wieder zu dem Stand zurück, den wir vorher gehabt
haben.
Ganz kurz auch zum Energieeffizienzgesetz: Da geht es um Transparenz
und Meldungspflichten – die Frau Bundesrätin hat es
vorhin schon erwähnt. Ich habe mir ein solches Projekt mit diesen
Transparenz- und Meldepflichten,
das gefördert wird, in Wien anschauen dürfen. Die Klinik Floridsdorf
wird zur Gänze – das ist kaum zu glauben, wenn man sich das so
überlegt – mit der
Abwärme aus dem Rechenzentrum nebenan geheizt. (Beifall bei Grünen
und SPÖ sowie bei Bundesrät:innen der ÖVP.)
Das ist ein riesiges Projekt,
es zeigt aber gleichzeitig auch, wie viel Potenzial in den Rechenzentren liegt,
wenn eines davon reicht, um eine Klinik zu
beheizen. Ich freue mich immer wahnsinnig, wenn Bundesländer, wenn
Städte solche Projekte angehen, und ich freue mich noch mehr, wenn wir sie
jetzt in dieser Regierungsperiode mit gescheiten Förderungen auch endlich
gescheit unterstützen und somit auch ermöglichen können, und das
ist wirklich ein wunderschönes Vorzeigebeispiel für genau diesen
Anwendungsfall.
Das Energieeffizienzgesetz ist eine Umsetzung einer
EU-Richtlinie. Wir
machen für Eigentümer:innen und Betreiber:innen von großen
Rechenzentren –
also ab 500 kW – eine Verpflichtung,
bestimmte Daten wie Standort
oder installierte Leistung auf der Website zu veröffentlichen, der
E-Control zu melden. Überall dort, wo Geheimhaltung gefragt
ist – wir haben gerade
die Verteidigungsministerin hier gehabt –, trifft das nicht
zu – also Rechenzentren der Landesverteidigung zum Beispiel
oder Zivil- und Bevölkerungsschutz oder Katastrophenschutz sind
da natürlich ausgenommen –, aber alle anderen melden ihre
Daten. Wenn diese Daten öffentlich einsichtig
vorliegen, wird es leichter, solche Projekte umzusetzen.
Genau darum geht es, genau das bringen Sie mit diesem
Antrag zum Energieeffizienzgesetz auf den Weg. Ich darf auch hier um breite
Zustimmung bitten. – Herzlichen Dank. (Beifall bei den
Grünen und bei Bundesrät:innen
der ÖVP.)
15.07
Vizepräsident Dominik Reisinger: Danke.
Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Markus Steinmaurer. Ich erteile ihm dieses.
Bundesrat
Markus Steinmaurer (FPÖ, Oberösterreich): Herr Vizepräsident! Werte Ministerin! Liebe
Kollegen im Bundesrat und zu Hause! Liebe Besuchergruppe! Änderung des
Erneuerbaren-Ausbau-Gesetzes: Es besteht bezüglich PV-Anlagen ja
Einvernehmen, dass jede PV-Anlage
mehr sinnvoll ist. Wir dürfen aber die Wasserkraft auch nicht vergessen.
Mit dieser Änderung wird die Möglichkeit
geschaffen, Neuerrichtungen, Revitalisierung
und Erweiterung von PV-Anlagen zu fördern, welche gemäß
§ 28 Umsatzsteuergesetz 1994 von der Umsatzsteuer befreit
sind, einen Investitionszuschuss zu gewähren. Das Umstellen auf eine
PV-Anlage ist
sinnvoll. Damit wird eine Ungleichbehandlung beseitigt. Ein Nachweis ist
einfach über einen Gewerbeschein, einen Versicherungsauszug oder eine
Bescheinigung durch die Kammer zu erbringen.
Eine sinnvolle Änderung wurde auch noch ergänzt, die bis jetzt noch nicht erwähnt wurde: Damit haben auch Landwirte die Möglichkeit, in die Gunst einer Förderung zu kommen. Wir stimmen TOP 12 zu.
Zu TOP 13: Da ist eine Änderung des
Bundes-Energieeffizienzgesetzes geplant, im Wesentlichen ist dies eine
Umsetzung der EU-Richtlinie – für uns ein
weiterer bürokratischer Mehraufwand für die Durchführung,
Dokumentation und Meldepflicht. Die vorgeschlagene Änderung erweist sich
daher als
eine intrasystematische Fortentwicklung des durch die dynamische Kompetenzdeckungsklausel
bereits abgedeckten Normenbestandes.
Den Eigentümern, Betreibern von Rechenzentren mit einer
elektronischen Nennleistung für die Informationstechnologie von mindestens
1 Megawatt wird nahegelegt, die bewährten Verfahren zu
berücksichtigen, die in der
neuesten Fassung des EU-Verhaltenscodex für Energieeffizienz von Rechenzentren
angegeben sind.
Für uns stellen sich folgende Fragen: Wie viele Unternehmen sind davon in Österreich betroffen? Mit welchen Kosten ist zu rechnen?
Das ist wieder einmal ein zusätzlicher bürokratischer Aufwand für die Unternehmen und die Verwaltung. Ist diesbezüglich überhaupt das Personal vorhanden? Unter diesen Umständen können wir Punkt 13 nicht zustimmen. – Danke. (Beifall bei Bundesrät:innen der FPÖ.)
15.10
Vizepräsident Dominik Reisinger: Danke sehr.
Als Nächste zu Wort gelangt Frau Bundesrätin Isabella Kaltenegger. Ich erteile ihr dieses.
Bundesrätin Ing. Isabella Kaltenegger (ÖVP, Steiermark): Herr Präsident! Geschätzte Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Fachlich ist ja alles schon gesagt worden – Herr
Kollege Gross: sehr ausführlich; Frau Ministerin: auch sehr ausführlich –, das heißt, an mir liegt es nur mehr, ein paar Kommentare dazu zu machen.
Und zwar: Beim
Energieeffizienzgesetz geht es – um die Frage gleich zu beantworten –
um circa 50 Rechenzentren, die in diesen Bereich fallen. Das
heißt, es ist überschaubar. Man kann gezielte Maßnahmen zur
Einsparung halt nur dann setzen, wenn man die Zahlen vorher kennt, damit das
Ganze
nicht in den blauen Himmel geht, sondern gezielte Maßnahmen gemacht
werden können – deshalb auch diese Erhebung, die wir auch auf
nationaler Ebene umsetzen.
Das Zweite, die
Fotovoltaikförderungen: Alle haben eine Vereinfachung gefordert, wir haben
sie umgesetzt, jetzt haben wir sie. Ja, eine Nachjustierung ist notwendig, mein
Gott noch einmal. Besser man reflektiert und ändert
es, als man ist stur Heil und sagt: Wir sind so toll, wir können alles
immer richtig machen!
Wir haben es umgesetzt, denn wir glauben, dass es notwendig
ist, damit niemand durch den Rost fällt. Wenn ich dann höre,
dass die Klein- und Mittelbetriebe, die da hineinfallen, von der SPÖ
wieder nicht unterstützt werden, dann zeigt mir das, worauf ihr Fokus
liegt. (Zwischenruf bei der SPÖ.)
Was ich wirklich nicht verstehe, ist, dass ihr immer noch nicht verstanden
habt, dass es ohne Klein- und Mittelbtriebe, die fast alle Betriebe in
Österreich ausmachen und 2,9 Millionen Beschäftigte haben, nicht
geht, dass das zusammenhängt, dass es nämlich ohne Betriebe auch
keine Beschäftigten gibt. Deswegen gehören Betriebe
unterstützt. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall
bei ÖVP und Grünen.)
15.12
Vizepräsident Dominik Reisinger: Danke.
Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.
Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist somit geschlossen.
Wir kommen zur Abstimmung, die über die gegenständlichen Tagesordnungspunkte getrennt erfolgt. – Bitte nehmen Sie Ihre Plätze ein.
Wir gelangen zur Abstimmung
über den Beschluss des Nationalrates vom 21. März 2024
betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz
geändert wird, 3952/A und 2468 d.B. sowie 11443/BR d.B.
und 11466/BR d.B.
Ich ersuche jene
Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden
Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch
zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit.
Der Antrag ist somit angenommen.
Wir gelangen zur Abstimmung
über den Beschluss des Nationalrates vom 21. März 2024
betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Energieeffizienzgesetz
geändert wird, 3951/A und 2469 d.B.
sowie 11467/BR d.B.
Ich ersuche jene
Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden
Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch
zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit.
Der Antrag ist somit angenommen.
Beschluss des Nationalrates vom 21. März 2024 betreffend ein Protokoll zu dem Übereinkommen von 1979 über weiträumige grenzüberschreitende Luftverunreinigung betreffend die Verringerung von Versauerung, Eutrophierung und bodennahem Ozon (2464 d.B. und 2477 d.B. sowie 11457/BR d.B.)
15. Punkt
Beschluss des Nationalrates vom 21. März 2024 betreffend eine Entscheidung 2012/2 zur Änderung des Wortlauts und der Anhänge II bis IX des Protokolls von 1999 betreffend die Verringerung von Versauerung, Eutrophierung und bodennahem Ozon und Aufnahme der neuen Anhänge X und XI (2465 d.B. und 2478 d.B. sowie 11458/BR d.B.)
Vizepräsident Dominik Reisinger: Wir gelangen nun zu den Tagesordnungspunkten 14 und 15, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.
Berichterstatter zu den Punkten 14 und 15 ist Herr Bundesrat Adi Gross. – Ich bitte um die Berichte.
Berichterstatter Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross: Ich bringe den Bericht des Umweltausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 21. März 2024 betreffend ein Protokoll zu dem Übereinkommen von 1979 über weiträumige grenzüberschreitende Luftverunreinigung betreffend die Verringerung von Versauerung, Eutrophierung und bodennahem Ozon.
Der Bericht liegt Ihnen vor, ich komme zur Antragstellung, die bei diesen zwei Tagesordnungspunkten ein bisschen komplizierter ist:
Der Umweltausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 3. April 2024 den Antrag,
1. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben,
2. dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen,
3. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates, gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 4 B-VG den gegenständlichen Staatsvertrag durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen, keinen Einspruch zu erheben.
Zu TOP 15: Da bringe ich den Bericht des Umweltausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 21. März 2024 betreffend eine Entscheidung 2012/2 zur Änderung des Wortlauts und der Anhänge II bis IX des Protokolls von 1999 betreffend die Verringerung von Versauerung, Eutrophierung und bodennahem Ozon und Aufnahme der neuen Anhänge X und XI.
Der Bericht liegt vor, ich komme wiederum zur Antragstellung:
Der Umweltausschuss stellt nach Beratung – vorgestern, am 3. April – den Antrag,
1. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben,
2. dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen,
3. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates, gemäß
Art. 50
Abs. 2 Z 4 B-VG den gegenständlichen Staatsvertrag durch
Erlassung von Gesetzen zu erfüllen, keinen Einspruch zu erheben.
Vizepräsident Dominik Reisinger: Danke für die Berichte.
Wir gehen in die Debatte ein.
Es liegen mir keine Wortmeldungen vor.
Wünscht jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist somit geschlossen.
Wir kommen zur Abstimmung, die über die gegenständlichen Tagesordnungspunkte getrennt erfolgt. – Bitte nehmen Sie Ihre Plätze ein.
Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des
Nationalrates
vom 21. März 2024 betreffend ein Protokoll zu dem Übereinkommen
von 1979 über weiträumige grenzüberschreitende
Luftverunreinigung betreffend
die Verringerung von Versauerung, Eutrophierung und bodennahem Ozon, 2464 d.B. und 2477 d.B. sowie 11457/BR d.B.
Da der gegenständliche Beschluss Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereichs der Länder regelt, bedarf dieser der Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 2 Bundes-Verfassungsgesetz.
Wir gelangen zunächst zur Abstimmung, gegen den vorliegenden
Beschluss
des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte,
die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates
keinen Einspruch
zu erheben, um ein Handzeichen. – Danke, das ist die Stimmeneinhelligkeit.
Der Antrag ist somit angenommen.
Weiters lasse ich über den Antrag abstimmen, dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 2 Bundes-Verfassungsgesetz die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte,
die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist ebenfalls
die Stimmeneinhelligkeit. Danke,
der Antrag ist somit angenommen.
Nunmehr lasse ich
über den Antrag abstimmen, gegen den vorliegenden Beschluss
des Nationalrates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 4
Bundes-Verfassungsgesetz, den gegenständlichen Staatsvertrag durch
Erlassung von Gesetzen zu
erfüllen, keinen Einspruch zu erheben.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte,
die dem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Danke, das ist die Stimmeneinhelligkeit.
Der Antrag
ist somit angenommen.
Wir gelangen zur Abstimmung
über den Beschluss des Nationalrates vom 21. März 2024
betreffend eine Entscheidung 2012/2 zur Änderung
des Wortlauts und der Anhänge II bis IX des Protokolls von 1999
betreffend die
Verringerung von Versauerung, Eutrophierung und bodennahem Ozon
und Aufnahme der neuen Anhänge X und XI, 2465 d.B. und
2478 d.B. sowie 11458/BR d.B.
Da der gegenständliche Beschluss Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereichs der Länder regelt, bedarf dieser der Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 2 Bundes-Verfassungsgesetz.
Wir gelangen zunächst zur Abstimmung, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Ich ersuche jene
Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden
Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch
zu erheben, um ein Handzeichen. – Danke, das ist die Stimmeneinhelligkeit.
Der Antrag ist somit angenommen.
Weiters lasse ich über den Antrag abstimmen, dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 2 Bundes-Verfassungsgesetz die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.
Ich ersuchen jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Danke, auch hier stelle ich die Einhelligkeit fest. Der Antrag ist somit angenommen.
Nunmehr lasse ich über den
Antrag abstimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates
gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 4 Bundes-Verfassungsgesetz,
den gegenständlichen Staatsvertrag durch Erlassung von Gesetzen zu
erfüllen, keinen Einspruch zu erheben.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die
diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Danke, das ist die Stimmeneinhelligkeit.
Der Antrag
ist somit angenommen.
16. Punkt
Beschluss des Nationalrates
vom 21. März 2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das
Altlastensanierungsgesetz, das Umweltförderungsgesetz und
das Umweltkontrollgesetz geändert werden (ALSAG-Novelle 2024)
(2432 d.B. und 2479 d.B. sowie 11459/BR d.B.)
Vizepräsident
Dominik Reisinger: Wir gelangen nun zum
16. Punkt
der Tagesordnung.
Berichterstatter ist Herr Bundesrat Adi Gross. – Ich bitte um den Bericht.
Berichterstatter
Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross: Ich bringe den
Bericht des Umweltausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom
21. März 2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das
Altlastensanierungsgesetz,
das Umweltförderungsgesetz und das Umweltkontrollgesetz geändert
werden.
Der Bericht liegt Ihnen vor, ich komme zur Antragstellung:
Der Umweltausschuss
stellt nach Beratung der Vorlage am 3. April 2024
den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des
Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Vizepräsident Dominik Reisinger: Danke für den Bericht.
Wir gehen in die Debatte ein.
Zu Wort gemeldet ist der Berichterstatter selbst, Herr Bundesrat Adi Gross. Ich erteile ihm dieses.
Bundesrat Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross (Grüne, Vorarlberg): Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Frau Ministerin! Werte Zuhörer:innen! Die Babyboomer unter uns – da gehöre ich auch dazu – und natürlich auch die davor können sich sicher noch erinnern: Zahlreiche Tobel, so nennt man das irgendwie bei uns, waren wilde Mülldeponien. Ich kann mich noch gut erinnern: In fast
jedem Bach sind
Kühlschränke und was weiß ich alles unten gelegen. Bodensenken
in Gemeinden wurden mit Müll aufgefüllt und
zugeschüttet – auch daran kann ich mich noch gut
erinnern –, und so manche Unternehmen haben ihre
teils gefährlichen Abfälle mehr oder weniger legal vergraben.
Das sind Zeiten, die vorbei
sind, zum Glück schon länger, aber so ziehen sich nach wie vor die
Altlasten wie ein Fleckerlteppich quer durch Österreich. (Bundesrat
Schennach: Mitterndorfer Senke!) Sehr viel wurde bereits saniert,
aber sicher ist noch nicht alles entdeckt. Es gibt Industrie- und
Gewerbebrachen,
bei denen man nicht weiß, was darunterliegt, und dadurch wird oft
gescheut, diese Flächen zu nutzen.
Österreich kann ja auf sein seit 35 Jahren bestehendes Programm zur Altlastensanierung und vor allem auf die Finanzierung desselben durch zweckgebundene Mittel aus der Abfallwirtschaft durchaus stolz sein. Es hat die Mittel bereitgestellt, um diese wichtigen Sanierungen durchzuführen.
Es gibt nach so
vielen Jahren aber Verbesserungsbedarf. Es gibt neue Anforderungen, die
nun in der vorliegenden Novelle abgebildet werden, und das
sind lauter schöne Dinge.
So werden die Verfahren durch neue Verfahrensbestimmungen vereinfacht und beschleunigt, indem man de facto das ALSAG zu einem eigenen Verfahrensgesetz und Materiengesetz ausweitet.
Es gibt Verbesserungen in den Haftungsregeln, und zwar gibt es für Verursacher kein Entkommen mehr: Auch Rechtsnachfolger:innen werden dann für die Sanierung zur Kasse gebeten, auch bei Umfirmierungen und so weiter. Da kann man in Zukunft nicht mehr flüchten.
Im gleichen Atemzug gibt es aber einen
Haftungsausschluss für Liegenschaftseigentümer, die solche
Flächen übernehmen. Auch das ist ganz wichtig,
ich erkläre noch, warum.
Es hat sehr viel mit dem Anliegen des Bodenschutzes zu tun. Das ist ein besonders wichtiges Thema, weil man leider sieht, wie verschwenderisch in Österreich mit dem Boden umgegangen wird. Ich sage da auch sehr klar, wie traurig es ist, dass es offenbar nicht möglich ist, sich in Österreich auf verbindliche Bodenverbrauchsziele zu einigen.
Ich habe es
bereits angedeutet: Brachliegende Industrie- und Gewerbegründe stellen
wichtige Flächenreserven dar. Wir haben im Ausschuss von der
Expertin aus dem BMK gehört, dass es dabei jedenfalls um – sie
hat es nicht genau sagen können – mehrere Tausend
Brachflächen geht, brachliegende Industrie- und
Gewerbestandorte. Das ist also ein sehr, sehr relevantes Thema.
Durch die Regelungen, die wir jetzt schaffen, wird diese Mobilisierung erleichtert und forciert. Wie? – Einerseits dadurch, dass es Förderungen gibt, um Untergrunduntersuchungen, ein Nutzungskonzept machen zu können, um Untersuchungen machen zu können. Dadurch wird das Risiko für Nachnutzungen miniert. Es kann ja sein, dass da unten tatsächlich eine Altlast ist, man kann es nicht wirklich gut nutzen, oder es ist mit hohen Kosten verbunden. Das fällt jetzt weg, und eben durch die Haftungsregelung wird jemand, wenn er die Fläche neu übernimmt und nicht Verursacher ist, sicher nicht für die Sanierung zur Kasse gebeten.
Das soll zu einer Mobilisierung führen. Wir dürfen guten Gewissens davon ausgehen, dass das der Fall sein wird, gerade bei sehr, sehr teuren Grundstücken – wie wir wissen, ist es für Betriebe ja nicht so einfach, Standorte zu finden.
Übrigens kommt das auch zur Anwendung, wenn sich zeigt,
dass es sich nicht um eine Altlast handelt. Das ist auch ein ganz wichtiger
Punkt. Auch
dann werden die Betriebe nicht hängen gelassen, denn sie sollen
Brachflächen erschließen.
Besonders gelungen ist, finde ich, die Regelung betreffend
den Umgang mit den Wertsteigerungen. Wenn man jetzt so eine Brachfläche
erschließt und sich
zeigt, ja, das ist eine hochwertige Gewerbefläche – na ja, was
passiert,
wissen wir alle, das ist mit ein Grund, wieso die Baupreise so in die Höhe
schießen: dass Grundstücke plötzlich kalkulatorisch sehr
teuer und sehr viel
wert sind. Diese kalkulatorische Wertsteigerung darf man jetzt nicht einfach
einsacken, sondern sie wird abgeschöpft. Das finde ich eine sehr, sehr
schöne Sache, weil die Brache zwar genutzt werden soll, aber es soll bitte
nicht einfach nur dadurch, dass man sie nutzt, ein Profit eingestreift werden.
Meine Meinung dazu ist ja übrigens, dass das eine Vorgangsweise ist, die man auf viele andere Flächen ausweiten sollte, auch beispielsweise im Wohnungsbereich. Da gibt es schöne Beispiele, auch in Europa – in Südtirol zum Beispiel.
Da ist natürlich Transparenz wichtig. So wird es eine
GIS-basierte Onlinekarte geben, in der diese Altlasten und Altstandorte
eingezeichnet werden
und für jedermann und jede Frau abrufbar sind.
Ich finde, es ist ein sehr schönes Paket, bei dem man, finde ich, nicht dagegen sein kann. Darum ist auch sehr erfreulich, dass diese Novelle heute voraussichtlich einstimmig eure Zustimmung findet – danke dafür. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)
15.27
Vizepräsident Dominik Reisinger: Danke schön.
Als Nächste ist Frau Bundesrätin Johanna Miesenberger zu Wort gemeldet. Ich erteile ihr dieses.
Bundesrätin Johanna Miesenberger (ÖVP, Oberösterreich): Herr Vorsitzender! Geschätzte Frau Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuhörerinnen und Zuhörer hier im Saal! Stellen Sie sich vor, Sie haben bei Ihnen
zu Hause in der Gemeinde die Möglichkeit,
einen Acker zu mieten, um vielleicht selber Gemüse oder auch
Getreide zur eigenen Lebensmittelproduktion, zur Selbstversorgung zu
bestellen. Dieser Acker liegt aber schon länger brach, ist stark
verunkrautet, Sträucher wachsen schon darauf. Daher
müssen Sie diesen Acker sauber machen, Sie müssen ihn vielleicht
umbrechen und von Unkraut und Sträuchern befreien, damit Sie das Saatgut
gut in
die Erde legen können, damit etwas entstehen kann. Erst bei wirklich guter
Kulturführung, bei guter Pflege und den richtigen Maßnahmen
können Sie
auch eine gute Ernte einbringen.
Sie wissen, als Landwirtin
weiß ich natürlich ganz genau, welche Bedeutung ein guter,
fruchtbarer Boden und natürlich wertvolles Saatgut in Bezug auf
eine gute Ernte haben. Brachliegende
Industrie- und Gewerbeflächen sind – auch wenn man es
auf den ersten Blick nicht meinen möchte – genauso fruchtbare
Böden, denn sie haben das Potenzial, dass wir sie, wenn wir geschickt
investieren, nachhaltig wieder in die Wirtschaftskreisläufe eingliedern.
In Österreich gibt es schätzungsweise 3 000 bis 6 000 Hektar brachliegende Industrie- und Gewerbeflächen. Das entspricht umgerechnet etwa 20 000 bis 40 000 Fußballfeldern.
Wo aber liegen die
Herausforderungen bei der Revitalisierung der Standorte? – Wir haben
gehört, brache Flächen, aber auch Gebäude können kontaminiert sein.
Es entstehen langwierige behördliche Verfahren und daraus auch hohe Kosten,
die diese Revitalisierung oftmals ziemlich erschweren.
Daher gelingt heute gerade mit dieser Novelle, mit der Novelle des Altlastensanierungsgesetzes,
ein großer Schritt.
Wir legen heute das richtige Saatgut in den fruchtbaren
Boden. Das
heißt, wir vereinfachen und beschleunigen zukünftig behördliche
Verfahren, wir erweitern die Förderung der Revitalisierungsmaßnahmen
und schaffen
auch den rechtlichen Rahmen für die Finanzierung. Wir regeln die Haftung
für
die Liegenschaftseigentümer von Altlasten neu, und für mehr
Transparenz und Übersichtlichkeit von Altlastenstandorten
wird eine Onlinekarte auf GIS-Basis geschaffen, was besonders auch für die
Gemeinden hilfreich
sein wird.
Was hat das aber nun für Auswirkungen? Welche Ernte
können wir dann auch einfahren? – Durch die Sanierung
kontaminierter Flächen und die Wiedereingliederung von
Brachflächen kommt es schon zu einer Reduzierung von Umweltbelastungen
im Boden sowie auch nachfolgend in den Gewässern.
Auch bieten revitalisierte Brachflächen attraktive und erschlossene
Standorte für neue Unternehmen, für Gewerbe, haben aber auch
Potenzial für die Entwicklung neuer, attraktiver Wohnviertel.
Und das alles sichert Arbeitsplätze und trägt zur Verbesserung der
Wohnqualität in unseren Städten und Gemeinden bei.
Dazu möchte ich nur drei positive Beispiele aus Linz in
meinem Heimatbundesland Oberösterreich aufzählen. Auf nicht mehr
genutzten Flächen auf
dem Gebiet der Voestalpine Stahl sind ein modernes Logistikzentrum sowie ein
Erlebnismuseum, die Voestalpine Stahlwelt, entstanden. Weiters ist am
Standort eines ehemaligen Hafenspeichers das Ars Electronica Center, ein modernes,
visionäres Museum für Medienkunst und digitale Technologie,
gebaut worden. Und – da ist man derzeit auch noch im
Umbau – in der ehemaligen Tabakfabrik in Linz ist nun Platz
für moderne Kreativbüros für
Start-ups. Weitere Kulturangebote in der Stadt, Wohnungen sowie ein neues,
zeitgemäßes Hotel in der Innenstadt sind entstanden.
So ist durch das ALSAG,
also das Altlastensanierungsgesetz, in den letzten
35 Jahren – wir haben schon gehört, es feiert
Geburtstag – viel Gutes entstanden. Das Beste ist aber, dass wir
durch die moderneren, zeitgemäßeren Maßnahmen im Rahmen dieser
Novelle jetzt zusätzlich auch den Flächenverbrauch schneller
eindämmen können und damit die wertvolle Ressource Boden ihrem
ursprünglichsten Zweck widmen, nämlich der Aussaat, der
Ernte wertvoller Lebensmittel und dem Erhalt der Biodiversität in unserem
Land.
Ich freue mich daher über die breite Zustimmung zu diesem Gesetz. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesrät:innen der Grünen.)
15.33
Vizepräsident Dominik Reisinger: Danke sehr.
Zu einer ersten Stellungnahme hat sich Frau Bundesministerin Gewessler zu Wort gemeldet. Ich erteile ihr dieses.
Bundesministerin
für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und
Technologie Leonore Gewessler, BA:
Herr Präsident! Werte Mitglieder
des Bundesrates! Werte Zuhörerinnen und Zuhörer hier im Saal und zu
Hause via Livestream! Ich kann eigentlich an die beiden Bundesrät:innen
Miesenberger und Gross, die das Gesetz wirklich schon sehr, sehr gut
und wertschätzend – dafür bedanke ich
mich – erklärt haben, nur anschließen. Es ist
wirklich eines der größten Umweltgesetze dieser Legislaturperiode,
und deswegen möchte gerne kurz drei Dinge hervorheben.
Wir haben mit dem Altlastensanierungsgesetz erstens ein
EU-weit einzigartiges Modell geschaffen, nämlich ein Finanzierungsmodell,
das Abgaben aus
der Abfallwirtschaft zweckgebunden ausschließlich für die
Altlastensanierung einsetzt. Da gibt es jährlich Einnahmen von rund
65 Millionen Euro, die zusätzlich nicht nur der Sanierung, also der
Beseitigung alter Umweltsünden, dienen, sondern auch ein
Lenkungsinstrument in Richtung Vermeidung
und Verwertung sind.
Aber ja, das Altlastensanierungsgesetz feiert Jubiläum,
und da ist es notwendig, einmal gut draufzuschauen, und zwar in zweierlei
Hinsicht. Einerseits
haben wir derzeit ein sehr aufwendiges Genehmigungsverfahren für
Sanierungsvorhaben; da braucht man nämlich Wasserrechtsgesetz,
Gewerbeordnung, Abfallwirtschaft und so weiter und so fort. Wir bauen jetzt das
Altlastensanierungsgesetz zum eigenständigen Materien- und
Verfahrensgesetz um
und wir setzen es auf eine neue Grundlage, nämlich auf das Reparaturprinzip.
Warum ist das
wichtig? – Es führt dazu, dass die Sanierungen tatsächlich
auch kostengünstiger umgesetzt werden können, nämlich so, dass
wir es schaffen, von über 10 Milliarden Euro Kosten auf circa 5
bis 6 Milliarden
Euro Kosten bis 2050 zu kommen, und damit wirklich unsere Altlastensanierungsnotwendigkeiten –
und die Beispiele kennen wir alle, glaube ich,
aus vergangenen Jahren – in Österreich bis 2050 bewältigen
können und durch das neue Verfahrensrecht und die Verfahrensbestimmungen
auch
rascher bewältigen können. – Besser, rascher und
sinnhafter Altlastensanierung anzugehen ist der erste große Brocken; das
wird dieses Gesetz auslösen.
Das Zweite, und darauf möchte ich noch einmal kurz
hinweisen, ist wirklich das Thema Brachflächenrecycling. Dieses Gesetz ist
ein wichtiger Hebel für
den Bodenschutz und wird dem Thema Brachflächen in Österreich einen
richtigen Schub geben. Das ist großartig, denn wir wissen es: Wir in
unserem
Land sind Europameister – leider negativer
Europameister – beim Zubetonieren, beim
Flächen-in-Anspruch-Nehmen. (Bundesrat Steiner: Mit
Fotovoltaik!)
Auch das kennen wir alle aus unserem Umfeld: Dort, wo früher noch
Freiflächen waren, ist jetzt die nächste Gewerbeparkschuhschachtel (Bundesrat
Steiner: Ja, ein Fotovoltaikpark! – Ruf bei den Grünen:
Ungenutzte ...!), mit exakt denselben Gewerbeparkschuhschachteln, die
wir aus allen anderen Nachbargemeinden auch kennen.
Dementsprechend haben wir da wirklich ein Thema, und da ist
das Brachflächenrecycling ein wichtiger Teil; Frau Miesenberger und
Herr Gross
haben es ausgeführt. Wie geschieht das in diesem Gesetz? –
Einerseits, indem wir 5 Prozent der Beiträge genau für
Fördermaßnahmen zum Brachflächenrecycling zweckwidmen,
andererseits, indem wir die Haftungsregeln, die jetzt eben dazu führen,
dass niemand eine Altlast oder einen Verdachtsfall angreifen will,
ändern. Das bedeutet, dass Liegenschaftseigentümerinnen oder
-eigentümer, die eine Altlast nicht selbst verursacht haben, auch
nicht mehr für den Schaden haften. Das heißt, die Schwelle, sich mit
einer Altlast überhaupt zu beschäftigen, wird deutlich gesenkt.
Wenn aber dann durch die Sanierung, die Umsetzung der
Altlastensanierung, die Attraktivität steigt, der Wert dieses
Grundstückes steigt, dann soll man
nicht aus etwas, das man mit öffentlichem Geld sanieren hat lassen, einen
privaten Gewinn erzielen, sondern dann wird diese Wertsteigerung auch
tatsächlich abgeschöpft, damit wir da eben ein gerechtes System
haben – für die Umwelt, aber auch für die
Steuerzahlerinnen und Steuerzahler in diesem
Land. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)
Vor dem Hintergrund der ALSAG-Novelle – Sie
sehen es – gibt es noch einige andere Novellen im
Umweltkontrollgesetz und im Umweltförderungsgesetz, die damit
zusammenhängen – alle mit demselben Ziel, nämlich Verringerung
des Neuflächenverbrauchs. Ich möchte an dieser Stelle auch ganz,
ganz herzlich Danke sagen: an das Team im BMK, an Sektionschef Holzer und alle,
die daran gearbeitet haben, die nicht nur die Entstehungsgeschichte
des Altlastensanierungsgesetzes die letzten Jahrzehnte begleitet haben, sondern
das jetzt ins 21. Jahrhundert holen und
ein wirklich schönes Gesetzespaket
auf den Weg gebracht haben. Deswegen darf auch ich um breite Zustimmung
werben und mich, so hoffe ich, gleich im Vorfeld dafür
bedanken. –
Herzlichen Dank. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen
der ÖVP.)
15.38
Vizepräsident Dominik Reisinger: Danke für die Stellungnahme.
Bevor die nächste Rednerin zu Wort gelangt, darf ich
unseren ehemaligen Kollegen, Bundesrat außer Dienst Martin Preineder,
herzlich bei uns
im Bundesrat begrüßen. (Allgemeiner Beifall.)
Als nächste Rednerin ist Frau Bundesrätin Bettina Lancaster zu Wort gemeldet. Ich erteile ihr dieses.
Bundesrätin Mag. Bettina Lancaster (SPÖ, Oberösterreich): Herr Präsident! Frau Ministerin! Es wurde inhaltlich bereits sehr vieles über die Novellierung und darüber, worum es geht, berichtet.
Ich beginne mit ein paar Zahlen. Ich habe mir jetzt einen Bericht des Umweltbundesamtes vom Jänner 2024 angeschaut. Da wird von 71 122 Altablagerungen und Altstandorten gesprochen. Das sind Flächen, die aufgrund einer Nutzungsgeschichte das Potenzial haben, dass Gefährdungen von ihnen ausgehen. Das heißt noch lange nicht, dass diese Gefährdungen auch tatsächlich existieren.
Die Branchen, die davon hauptsächlich betroffen sind – wie man sieht, wenn man sich die Statistik anschaut –, sind Mineralölverarbeitung, aber auch Nahrungsmittelindustrie, Druckereien, Glas- und Keramikindustrie, chemische Industrie, Speditionen, Kfz-Betriebe, aber auch zum Beispiel Tankstellen.
2023 wurden 2 991 dieser
Altablagerungen und Altstandorte vom Umweltbundesamt erstabgeschätzt,
und davon wurde ein Fall – damit man auch
die Relation sieht, bei wie vielen das zutrifft – in den
Verdachtsflächenkataster aufgenommen.
In Summe befinden sich derzeit
1 361 Einträge im Verdachtsflächenkataster. Nach
eingehender Gefahrenabschätzung auf Basis von Untersuchungsergebnissen
werden die Altablagerungen beziehungsweise Altstandorte bei bestehender
Gefährdung in die Liste der Altlasten aufgenommen und
mit 1 bis 3 priorisiert. Wird das Gefährdungspotenzial nicht
bestätigt, erfolgt eine Entfernung aus dem Verdachtsflächenkataster.
Mit Stand vom
1. Jänner 2024 waren 344 Altlasten bekannt, davon 190 gesichert
beziehungsweise saniert. In meinem Bezirk scheinen in dieser
öffentlich zugänglichen Liste drei Einträge auf. Das sind die
Deponie Molln mit 6 600 Quadratmetern sowie Eumig mit 44 000
Quadratmetern und Unitech mit 32 000 Quadratmetern –
in der Bezirkshauptstadt Kirchdorf an der Krems sind die beiden letztgenannten.
In Molln wurden die Maßnahmen
noch nicht gestartet, in Kirchdorf an der Krems ist man dabei.
Mit der vorliegenden Novellierung sollen diese betroffenen Flächen, die für Ortsentwicklungen und Gemeinden von großer Bedeutung sind, schneller saniert und gesichert werden, wie wir bereits gehört haben, mit diesem neuen Verfahren. So werden für die Menschen im Umfeld, für die Eigentümer:innen, für die Natur, aber natürlich auch für die Gemeinden gute Rahmenbedingungen für das Zusammenleben in ihrem Wirkungsbereich geschaffen.
Details über das Wie sind
schon erläutert worden. Jetzt noch einmal zurück: Als
Kommunalpolitikerin sehe ich durch diese Novellierung Chancen für die
Orts- und Stadtentwicklung. Brachflächen und Leerstände in Orten
wirken sich hemmend auf eine positive, zukunftsgerichtete Entwicklung aus. (Beifall
bei der SPÖ sowie der Bundesrätin Hauschildt-Buschberger.)
Obwohl es in meiner Gemeinde
keine erfassten Altlasten gibt, hat ein ehemaliger Gewerbestandort, der
vollkommen gesetzeskonform aufgelöst wurde und
bei dem alle notwendigen Dokumente vorlagen, eine örtliche Entwicklung um Jahre verzögert. Ein notwendiger Eigentümerwechsel,
damit eine Erschließung möglich war, konnte aus
Angst vor der übertragenen Haftung einfach über Jahre hinweg nicht
über die Bühne gebracht werden.
Deshalb sehe ich die Klärung der Haftungsfrage in
dieser Novelle als essenziell an und als wichtigen Baustein für die
Gemeinden, weil wir damit wieder
Flächen öffnen, Entwicklungen in den Kommunen ermöglichen. Da
wird Bestand wieder einer Wertschöpfung in dem Sinn zugeführt, dass
wir dort auch
wieder neue Gebäude errichten können. Die Flächen sind in Wert
gesetzt und liegen nicht als Brachflächen da, die ja eigentlich für
die Gemeinden oftmals als Regionen oder Gemeindeteile schlechter
für die Entwicklung dastehen – das hat ja einen negativen
Impact für alle, die dort in der Nähe wohnen.
Man setzt sie in Wert und gibt auch den Menschen, die dort wohnen, wieder die
Chance auf Entwicklung ihres Lebensumfeldes.
Die sozialdemokratische Fraktion wird natürlich dieser
Novellierung zustimmen, und ich hoffe, dass es für viele Gemeinden
positive Auswirkungen hat. –
Danke. (Beifall bei SPÖ und Grünen.)
15.44
Vizepräsident Dominik Reisinger: Vielen Dank.
Als Nächster zu Wort gemeldet ist Bundesrat Michael Bernard. Ich erteile ihm dieses.
Bundesrat Michael Bernard (FPÖ,
Niederösterreich): Sehr geehrter
Herr Vizepräsident! Frau Minister! Liebe Kollegen im Bundesrat! Sehr
geehrte
Damen und Herren im Saal und vor den Bildschirmen! Es ist eh schon das meiste
gesagt worden. Schwerpunktthema bei dieser Novellierung ist die Förderung der Revitalisierung
von ehemaligen Industrie- und Gewerbestandorten. Diese soll ja helfen, den
Flächenverbrauch in Österreich zu reduzieren. Eine
Rückführung dieser Gewerbebrachflächen in den Immobilienmarkt
wird der Versiegelung von Neuflächen sicher entgegenwirken. Aufgrund
der durch Vornutzung möglicherweise vorhandenen Bodenverunreinigungen wird
deren Wiedernutzung jedoch erheblich erschwert.
Dass aber Altlasten mit einem
geringen Gefährdungspotenzial einen Beobachtungsstatus bekommen,
sodass man sie nicht gleich sanieren muss, sondern erst schaut: Was ist
drinnen? Was ist passiert? Wie geht es vor sich?,
sehen wir prinzipiell positiv und auch, dass Haftungsfragen klargestellt
werden, dass die Verursacherhaftung auch auf den Rechtsnachfolger
übergeht, im Gegenzug aber auch die Liegenschaftseigentümerhaftung
entfällt. Das sehen wir Freiheitliche als einen wichtigen Punkt.
Flächenrecycling, finanzielle Hilfe bei der Untersuchung, Sanierung von Risikoflächen – das sind oft gewisse Flächenbetriebe, die aufgelassen sind, die niemand mehr haben will, weil jeder Angst davor hat –: Ich glaube, dass man da
die Chance hat, die eine oder andere wieder zu revitalisierende Fläche in Anspruch zu nehmen und zu nützen. (Beifall bei der FPÖ.)
15.46
Vizepräsident Dominik Reisinger: Danke.
Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor. – Doch, es wünscht noch jemand das Wort. Ich bitte Herrn Bundesrat Steiner ans Rednerpult.
Bundesrat Christoph Steiner (FPÖ,
Tirol): Herr Vizepräsident! Frau
Minister! Sie haben mir da jetzt eine kleine
Steilvorlage geliefert, weil Sie davon geredet haben, wir seien
immer noch unrühmlicher Erster oder so etwas beim Flächenverbrauch
und beim Zubetonieren, beim Bäumefällen und so weiter,
und da brauche es die Grünen, damit es in Österreich besser wird und
das nicht mehr passiert.
Ich bin mir nicht sicher, ob
Sie Frau Janine Bex kennen. Die wird hier
herinnen nicht vielen etwas sagen. Etwas Besonderes versäumt habt ihr auch
nicht, wenn ihr sie nicht kennt. (Bundesrat Schreuder: Ach so! Es ist Wahlkampf, Innsbruckwahlkampf!)
Das ist aber, scheint es, die stellvertretende grüne Klubobfrau im
Innsbrucker Gemeinderat. (Bundesrat Schreuder: Ja, das
wird eine Wahlkampfrede!) Diese gute Dame – beruhige dich,
Schreuder!; ich erkläre es dir jetzt (Bundesrat Schreuder:
Ich bin ganz ruhig!) – hat in Innsbruck für ihr
neues Domizil, eine kleine, aber doch feine, in Zukunft dann hergerichtete
Villa, mitten im Innsbrucker Wald Stadtwald roden lassen.
Warum lässt man den Stadtwald in Innsbruck roden? – Weil es
noch keine Zufahrt gibt, und damit die Grüne Janine Bex dann toll mit
ihrem SUV
zu diesem Haus im Wald, im Grünen zufahren kann, lässt man Bäume
fällen.
Sie von den Grünen, Sie tolle Frau
Naturschutzministerin erklären uns
hier, dass wir keine Bäume mehr fällen sollen. Ausgerechnet Sie von
den Grünen, die ständig Wasser predigen und Wein nicht nur trinken,
sondern in
Mengen hinunterkübeln, wie wir vom Vizekanzler wissen (Heiterkeit bei
Bundesrät:innen der FPÖ sowie des Bundesrates Schwindsackl),
belehren uns
bezüglich Baumfällungen.
Jetzt erkläre ich Ihnen einmal, worum es geht. Aufruhr
in Tirol, schreibt die „Kronen Zeitung“, die nicht uns
nahesteht, sondern, sagen wir einmal, sehr regierungskonform in den letzten
Jahren berichtet hat: Warum rodet eine Grünen-Politikerin Hunderte
Quadratmeter Wald? Große Aufregung
in Innsbruck: Eine ehemalige Berghütte im Stadtwald soll zur
luxuriösen Residenz werden – diese gehört
ausgerechnet der Grünen-Politikerin Janine
Bex. Die Grünen verteidigen das Bauvorhaben jedoch. (Oh-Rufe bei der
FPÖ.) Eine ehemalige Berghütte auf der Hungerburg im Innsbrucker
Stadtwald wird zu einem luxuriösen Wohnsitz umgebaut. Die Behörden
haben einer bekannten Grünen-Politikerin alle Genehmigungen dafür
erteilt. – Zitatende.
Na ja, welch ein Wunder, dass die Behörden in Innsbruck mit einem linksgrünen Willi für die Grünen die Rodungen im Stadtwald bewilligen!
Ihr seid so falsch, hintertrieben und verlogen, dass es die Haut in dieser Republik kraust. (Beifall bei der FPÖ.)
Vizepräsident Dominik Reisinger: Herr Kollege Steiner, ich würde wirklich darum ersuchen, Bedacht auf die Ausdrucksweise zu nehmen. – Danke.
Bundesrat Christoph Steiner (fortsetzend): Sie können mich natürlich um alles bitten, Herr Vizepräsident.
Wissen Sie aber, Frau Gewessler, was mich bei Ihnen am
meisten aufregt? Schauen Sie einmal her, weil ich Ihnen gerne in die Augen schaue,
wenn ich mit Ihnen rede! (Zwischenbemerkung von Bundesministerin Gewessler.)
Wissen
Sie, was mich am meisten aufregt? – Sie belehren andauernd die
österreichische Bevölkerung (Beifall bei der FPÖ), Sie
stellen sich hin und belehren die österreichische Bevölkerung.
Sie sind jene Dame, die in Zeiten einer Teuerung, einer Inflation, die so hoch
war wie noch nie, eine CO2-Steuer eingeführt hat,
die NoVA erhöht hat, die Bevölkerung mit ihren wahnsinnigen Ideen,
mit Steuererhöhungen massiv belastet hat und uns die ganze Zeit hier
herinnen, aber
auch draußen alle belehrt.
Und dann haben Sie Politiker in der eigenen Partei, Verantwortungsträger in Innsbruck, die einen halben Innsbrucker Stadtwald roden, damit sie mit ihrem SUV gführig in die Villa kommen.
Wissen Sie was? Sie sollten sich in Grund und Boden
schämen. (Beifall bei
der FPÖ. – Bundesrätin Hauschildt-Buschberger:
Jetzt reicht es einmal!)
Sie waren nie Parlamentarierin, und hoffentlich sind Sie es dann auch nicht mehr. (Bundesministerin Gewessler: Ich war ...!) – Ja, zwei Tage lang. (Bundesministerin Gewessler: Länger!) Ich erwarte diesen Tag sehr, an dem Sie nicht mehr hier sitzen und endlich dort sind, wo Sie hingehören, nämlich außerhalb dieses Parlaments in Österreich. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)
15.51
Vizepräsident Dominik Reisinger: Weitere Wortmeldungen liegen mir dazu nicht vor.
Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist
nicht der Fall. Die Debatte ist
somit geschlossen.
Wir gelangen zur Abstimmung. – Bitte nehmen Sie Ihre Plätze ein.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.
Bericht der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend EU-Jahresvorschau 2024 auf der
Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Kommission sowie des operativen Jahresprogrammes des Rates (III-837-BR/2024 d.B. sowie 11460/BR d.B.)
Vizepräsident Dominik Reisinger: Wir gelangen nun zum 17. Punkt der Tagesordnung:
Berichterstatter ist Herr Bundesrat Adi Gross. – Ich bitte um den Bericht.
Berichterstatter Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross: Ich bringe den Bericht des Umweltausschusses über den Bericht der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend EU-Jahresvorschau 2024 auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Kommission sowie des operativen Jahresprogrammes des Rates.
Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher zur Antragstellung:
Der Umweltausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am
3. April den Antrag, den Bericht der Bundesministerin
für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und
Technologie betreffend EU-Jahresvorschau 2024
auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Kommission sowie des
operativen Jahresprogrammes des Rates zur Kenntnis zu nehmen.
Vizepräsident Dominik Reisinger: Danke für den Bericht.
Wir würden jetzt in die Debatte eingehen. Da ich aber
ungern einen Redner unterbreche, meine Frage: Es sind 7 Minuten bis zum
Aufruf der Dringlichen. Geht sich das aus? (Bundesrat Bernard
nickt.) – Dann bitte ich Herrn Bundesrat Bernard ans Mikrofon. Wir gehen in die Debatte ein. Ich erteile
ihm
das Wort. – Bitte.
Bundesrat Michael Bernard (FPÖ,
Niederösterreich): Sehr geehrter
Vizepräsident! Frau Minister! Liebe Kollegen im Bundesrat! Sehr
geehrte Damen
und Herren im Saal und vor den Bildschirmen! Konkret genannt wird in diesem
Bericht zum Beispiel das Ziel, bis 2040 eine Emissionseinsparung von
90 Prozent gegenüber 1990 zu erreichen. Damit soll das EU-Ziel der Klimaneutralität
bis 2050 in greifbare Nähe rücken.
Österreich ist mit diesem Plan auf Linie, hält der Bericht fest. Als wesentliche Voraussetzung für den Klimaschutz sieht Österreich im Einklang mit Kommission und Rat stabile und resiliente natürliche Ökosysteme.
Weiters kommt es zu
Verschärfungen für den Schwerverkehr: Zur Erreichung der
Klimaziele der Europäischen Union im Verkehrsbereich soll die Verschärfung
der CO2-Emissionsnormen für schwere Nutzfahrzeuge beitragen. Ein entsprechender
Verordnungsvorschlag sieht vor, für Lkw über 5 Tonnen,
Busse und Stadtbusse über 7,5 Tonnen sowie Anhänger und Sattelaufleger über
8 Tonnen bis 2025 die Emissionsreduktion gegenüber dem Referenzzeitraum
2019/2020 um 15 Prozent, bis zum Jahr 2040 um 90 Prozent zu steigern.
Folglich muss der Anteil emissionsfreier Fahrzeuge drastisch erhöht und
die Verlagerung des Schwerverkehrs von der Straße auf die
Schiene vorangetrieben werden.
Die Mitgliedstaaten inklusive Österreich trugen in der Ratssitzung über den Vorschlag den Entwurf mit, bei dem man sich einig war, die Fahrzeughersteller von der Notwendigkeit emissionsfreier Schwerfahrzeuge überzeugen zu müssen.
Im Bericht steht weiters
drinnen, Frau Minister, dass Sie sich freuen, dass jetzt EU-zentral Transporte
eingereicht und geprüft werden sollen, mit dem
Ziel, mehr Transporte auf die Bahn zu bringen. Da jetzt schon die Gleise
überlastet sind, Züge sich verspäten oder komplette
Fahrpläne gekappt werden:
Wie soll sich das Ganze ausgehen?
Sie hören uns aber eh nicht zu, so wie immer. (Beifall
bei der FPÖ.) Da kommen dann solche Sachen heraus, dass Sie behaupten,
dass wir am Rednerpult
lügen, wie voriges Mal, als ich Ihnen das mit dem eingleisigen Ausbau nachgewiesen
habe. (Zwischenruf der Bundesrätin Miesenberger.)
Dem Entschädigungsfonds für arme Länder wurden von Ihrer Seite aus auch 35 Millionen Euro gespendet.
Was verschweigt aber der ganze
Bericht von Frau Gewessler? – Großen Grund zu jubeln hat auch
die Atomindustrie. 22 Regierungen haben sich verpflichtet, die
weltweite Kernenergiekapazität bis 2050 zu verdreifachen.
Diese Verpflichtung sei wortwörtlich eine gute Nachricht für das
Klima, hört man, steht auch drin.
Die Welt braucht sowohl
erneuerbare Energie als auch Kernenergie,
um den Verbrauch fossiler Brennstoffe schnell zu reduzieren. Eine Allianz
mehrerer Länder rund um die USA, Großbritannien und Frankreich gab
ihr Ziel bekannt, die globalen Atomkraftkapazitäten bis 2050 im Vergleich
zu 2020 zu verdreifachen.
Energiepolitik spaltet Europa.
Ob Atomenergie das Klima schützt, ist sicher auch in der EU heftig
umstritten. Vor allem osteuropäische Länder halten an
den CO2-freien Energieträgern fest und wollen ihre Nutzung
teils sogar noch ausbauen, um die verschärften Klimaschutzziele
Brüssels einzuhalten.
Momentan befinden sich in 14 EU-Ländern Kernkraftwerke. Insgesamt stehen derzeit 105 Meiler in der EU. Gut die Hälfte davon, 57, wird in Frankreich betrieben. Kein anderes Land setzt so auf den Atomstrom wie dieses. 70 Prozent der Stromproduktion stammen aus Kernenergie.
Während Lukas Hammer von den Grünen in der letzten Nationalratssitzung eine Solarrevolution in unserem Land ausgerufen hat, ruft Frankreich die Renaissance der Kernenergie aus.
Während Deutschland aus der
Atomkraft aussteigt, steigt Polen ein.
Am 15. April 2023 gingen die letzten drei Atomkraftwerke Deutschlands endgültig
vom Netz. 49 Millionen Bürger waren gegen die Ausschaltung
der Atomkraftwerke und hielten den Zeitpunkt für das Abschalten für
sehr
ungünstig. 2026 soll der Bau des ersten Reaktors in Polen beginnen. Bis 2043 sollen fünf weitere folgen.
Präsident Macron hat schon im Februar 2022 – noch vor dem Ukrainekrieg war das – den massiven Ausbau der Stromproduktion aus Kernenergie angekündigt. Der Bau von insgesamt sechs Reaktoren wurde damals schon fixiert, acht weitere wurden damals noch vereinbart. Die Laufzeit der vorhandenen Meiler wird verlängert, wenn technisch und betriebswirtschaftlich möglich.
Auch setzte Macron auf EU-Ebene
die Aufnahme von Gas und Atomkraft in die EU-Taxonomie durch. Nachhaltige
Energie wird gecancelt. Ich glaube, da
haben Sie auch mitgestimmt.
Natürlich steht Frankreich
aufgrund dieser Entscheidungen nicht als Musterschüler Nummer eins
auf EU-Ebene da, denn die Ausbauziele 2020 für erneuerbare Energie
hat Frankreich als einziges Land nicht erreicht. Macron geht noch weiter, er bezeichnet Energiepolitik seit
2015 als Fehler. Er hat auch
dafür gesorgt, dass die erhöhten Preise aufgrund des
Ukrainekriegs nicht die Endverbraucher treffen, indem eine Preisobergrenze
festgelegt wurde.
Der größte
Stromkonzern wurde auch noch verstaatlicht, die Gewinne wurden geschrumpft,
anders als bei uns. Der Ausbau der erneuerbaren Energie
wurde verschoben. Premierministerin Borne sprach bei ihrer Grundsatzrede von
einem Strommix, der in eine Energiewende führen wird.
Auch die Slowakei setzt auf
einen Energiemix, mittlerweile mit 53 Prozent Kernkraft. (Zwischenruf
des Bundesrates Schennach.) In Ungarn, Bulgarien, Slowenien und
in der Tschechischen Republik ist die Kernkraft mit mehr als 30 Prozent
ein unverzichtbarer Energieträger. Serbien baut vier neue Reaktoren.
Selbst in Schweden spielt die Atomenergie eine tragende Rolle.
Die französische Regierung will die Folgen des deutschen Atomausstiegs nicht mittragen müssen. Vor zwei Wochen, am 21. März, fand der erste Atomenergiegipfel in Brüssel statt. Ihre Vorkämpferin im Bereich Energie, Ursula von
der Leyen,
schlüpft in eine neue Rolle, sie ist jetzt die Fürsprecherin der
Atomkraft. Mehr als 20 Länder haben daran teilgenommen: USA, China,
Japan und die Vereinigten Arabischen Emirate; von EU-Seite nahmen die Staats-
und Regierungschefs der zwölf Länder der von Frankreich geführten
Atomallianz teil. Alle Teilnehmer sprachen sich in ihrer Erklärung nicht
nur für den Bau
der Atomkraftwerke, sondern auch für eine längere Nutzungsdauer
bestehender Anlagen aus.
16.00
Vizepräsident
Dominik Reisinger: Herr Bundesrat, es
tut mir leid, aber ich muss Sie leider unterbrechen, damit wir mit der
Dringlichen Anfrage starten
können. (Bundesrat Bernard: Ja, machen wir nachher weiter!) Sie
haben dann die Restredezeit später zur Verfügung. (Beifall
bei der FPÖ für den das Redner:innenpult verlassenden Bundesrat
Bernard.)
Ich unterbreche nunmehr die
Verhandlung zum 17. Punkt der Tagesordnung und begrüße ein
weiteres Mal Herrn Bundesminister Johannes Rauch bei uns
im Bundesrat. Herzlich willkommen! (Beifall bei Grünen, ÖVP und
SPÖ.)
der Bundesrät:innen
Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Pensionen in
Gefahr? Entkräften Sie diesen Mythos, Herr Minister!“
an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz
(4173/J-BR/2024)
Vizepräsident
Dominik Reisinger: Wir gelangen nunmehr
zur Verhandlung über die Dringliche Anfrage der Bundesräte Korinna
Schumann, Kolleginnen und Kollegen an den Herrn Bundesminister für
Soziales, Gesundheit, Pflege
und Konsumentenschutz.
Da die Dringliche Anfrage allen Mitgliedern des Bundesrates zugegangen ist, erübrigt sich eine Verlesung durch die Schriftführung.
Ich erteile Frau Bundesrätin Korinna Schumann als Anfragestellerin zur Begründung der Anfrage das Wort. – Bitte sehr.
Bundesrätin Korinna Schumann
(SPÖ, Wien): Herr Präsident!
Werter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe
Zuseherinnen und
Zuseher! Bevor ich die Dringliche begründe, die wir als
Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten für ganz wesentlich halten, weil
wir gegen die Verunsicherung und für die Sicherung im Alter
arbeiten wollen, möchte ich mich herzlich beim Herrn Bundesminister
bedanken (Bundesrat Himmer – erheitert –:
Für seinen Arbeitseinsatz, ja!), weil er einer der wenigen ist, die
sich nicht ersetzen lassen. (Beifall bei der SPÖ.)
Wir haben eine Flut von Ersätzen – er tut es nicht, er steht dem Bundesrat zur Verfügung. Das ist schon ein wesentlicher Punkt.
Ein gutes Leben im Alter, ein gutes Leben für die ältere Generation, das ist das Versprechen in unserem Land, und das ist ein Versprechen, das es besonders von der Politik einzuhalten gilt. Das wollen wir alle.
Derzeit besteht aber eine
Situation der großen Verunsicherung aufgrund von Aussagen auf den
verschiedensten Ebenen, und es ist uns jetzt wichtig,
diese einmal aufzuklären und zu sagen: Was stimmt denn da, und was stimmt
denn da nicht? Welche Interessen liegen denn wo? Und wie können wir
den älteren Menschen, die für dieses Land so unglaublich viel
geleistet haben – die sich wirklich mit ganz viel Energie ihrem
Arbeitsleben gewidmet haben,
ihrer Familie gewidmet haben, der Freiwilligentätigkeit gewidmet
haben –, ein gutes Alter ermöglichen, ohne Sorgen und ohne
Angst vor dem Alter und
vor einer fehlenden finanziellen Absicherung im Alter?
Das Vertrauen ist da ein ganz wesentlicher Punkt. Wenn man mit jungen Menschen redet – das wird Ihnen allen gleich ergehen –, dann sagen viele: Na ja, ich werde eh einmal keine Pension mehr bekommen! – Das aber ist ganz
schlecht, und diesen Aussagen muss man entgegentreten, denn das ist ganz eindeutig ein Märchen.
Die gesetzliche
Pensionsversicherung ist stabil. Die gesetzliche Pensionsversicherung und
die Leistungen daraus sind sicher, und die gesetzliche Pensionsversicherung
kann ausgezeichnet wirtschaften. Sie schafft es, gerade einmal 1 Prozent der
Beiträge für den Verwaltungsaufwand zu verbrauchen, und sie schafft
etwas – und da macht der Vergleich sicher –, was bei
privaten Versicherungen nicht so ist. Die haben nämlich 30 Prozent,
also fast ein Drittel, an Verwaltungskosten, Aufwendungen für Werbung,
Vertrieb, Inserate,
und nicht zuletzt wollen sie auch noch einen Gewinn erwirtschaften. Das ist gut
und recht, aber es darf nicht dazu führen, dass man das staatliche Pensionssystem
sozusagen schlechtredet, und man kann sich schon fragen: Wem nützt es
denn, wenn man das staatliche Pensionssystem schlechtredet
und den Menschen Angst macht, indem man behauptet: Dieses wird nicht mehr funktionieren und ihr werdet einmal keine Pension
haben, daher bitte selber vorsorgen!?
Wer vorsorgen will, soll vorsorgen – das ist gar keine Frage –, aber Angstmache gilt nicht, und dagegen muss man sich wehren. (Beifall bei der SPÖ.)
Die Pensionen sind sicher. Laut EU-Prognose haben wir bis 2070 eine Steigerung um nur 0,5 Prozent in Relation zum Bruttonationalprodukt. Das ist ganz, ganz toll, und das geht sich alles gut aus.
Es gibt so etwas wie einen
Generationenvertrag, auf den man bauen kann – eine Generation
für die andere Generation –, und das ist etwas Stabiles
und etwas Starkes – und nicht etwas, das einfach nur gewinngetrieben
ist.
Was private Pensionen betrifft, so wissen wir leider auch aus der traurigen Erfahrung von vielen Kolleginnen und Kollegen – viele Menschen, die eine Firmenpension bekommen haben, haben das in den letzten Jahren wirklich schmerzhaft erfahren müssen –: Seit 2008 mussten Betriebspensionen mehrfach
gekürzt werden, denn das Geld für Privat-
und Firmenpensionen wird
veranlagt, bringt aber weniger Zinsen ein als ursprünglich versprochen.
Niemand kann vorhersagen, ob sich die Wirtschaft und die Aktienmärkte gut
entwickeln werden, sodass nach 30 oder 40 Jahren genug Geld
vorhanden sein wird, um davon Pensionen auszuzahlen. Das ist eine
Realität.
Das staatliche Pensionssystem
aber hält. Schlechtgeredet wurde es schon in den 1950er-Jahren. Da gab es
Zeitungsartikel, in denen zu lesen war: Sie
werden einmal keine Pension haben!, und: Das staatliche Pensionssystem
hält nicht! – Nein, ist doch nicht wahr: Es hält –
und darauf können wir auch
stolz sein. Das ist etwas Besonderes, und wenn derartige Aussagen gemacht
werden, muss man daher gegenhalten. (Beifall bei der
SPÖ.)
Um dieses System erhalten zu
können, ist es aber wichtig, dass die Menschen gute Einkommen haben und
dass wir sichere Arbeitsplätze schaffen.
Das wird in Zukunft in all den großen Wandelprozessen die große
Herausforderung sein.
Es ist wichtig, dass die
Menschen gute Einkommen haben, denn gute Einkommen bedeuten am Ende des
Erwerbslebens auch eine ordentliche Pension. Darum: Vielen Dank an die
Gewerkschaften für ihre tollen Verhandlungen, auch jetzt in
diesen schwierigen Krisenzeiten, dass sie in den Kollektivvertragsverhandlungen
so gute Abschlüsse erreicht haben, denn damit
ist auch gesichert, dass es auch in der Pension positiv weitergehen wird. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Himmer: Schumann
dankt Schumann!)
Na, Herr Kollege, Sie wollen doch jetzt nicht die Leistungen
der Gewerkschaften schlechtreden? Das könnte ich mir kaum vorstellen, dass
Sie das machen.
Na, niemals! (Bundesrat Himmer: Ich hab’ nur gesagt: Schumann
dankt Schumann! Sonst hab’ ich nichts gesagt!) – Ich habe
ja nicht verhandelt! Das waren die Gewerkschaften, darauf kann man stolz sein
und davor muss man auch den Hut ziehen. So ist das.
Was aber schlecht für das System ist – und
das muss man auch ganz ehrlich sagen –, sind 47 Millionen
Überstunden, die nicht bezahlt wurden. Das ist
ein Problem. Wenn 47 Millionen Überstunden, die die
Österreicherinnen und Österreicher in diesem Land geleistet haben,
ohne dass sie dafür eine
Bezahlung oder Zeitausgleich bekommen haben – und gerade da ist die
Bezahlung wichtig, denn auch dadurch kommt es wieder zu Einzahlungen
für
ihre Pensionsleistung –, sozusagen unterschlagen und nicht
ausbezahlt werden, dann hat das System, das gesamte Versicherungssystem, ein
Problem,
und natürlich haben die Beschäftigten ein Problem, denn die arbeiten
für nichts und haben dann auch weniger in der Pension. Da muss man
sanktionieren,
und zwar dringend. Da darf man nicht
wegschauen. (Beifall bei
der SPÖ.)
Wegschauen darf man auch dann nicht, wenn Lohnbetrug
passiert. Da gibt es jetzt einen riesigen Fall in den Skigebieten Kärntens
und der Steiermark
mit 150 Millionen Euro Nachzahlung, die getätigt werden müssen.
Da wurde einfach Lohnbetrug begangen: nicht angemeldet, nicht bezahlt, nicht
ausbezahlt. So werden wir das Sozialsystem und das Pensionssystem nicht aufrechterhalten
können, denn Betrug bedeutet einfach, dass weniger eingezahlt wird.
Ich bin der Finanzpolizei und allen, die daran mitgewirkt haben, dass dieser Betrug aufgedeckt wurde, sehr dankbar, weil
ja immer gesagt wird:
Also in der Gastronomie, da passiert nichts, überhaupt
nicht! – Na hallo, da haben wir es jetzt eindeutig gehabt, und
das ist kein Einzelfall.
Es ist ganz schlecht
für unser Sozialsystem, wenn nicht eingezahlt wird,
weil betrogen wird. Das lassen wir uns sicher nicht gefallen! Da braucht
es Sanktionen. (Beifall bei der SPÖ.)
Erinnern wir ein bisschen
daran, wie sich das Pensionssystem aufgrund der Reformen in den 2000er-Jahren
entwickelt hat. Wer sich noch erinnern kann: Es hat damals eine große
Pensionsreform gegeben. Unter der Regierung Schüssel unter
Beteiligung der FPÖ hat es die große Pensionsreform gegeben, die aufgrund
der Eingriffe ins System eine Vielzahl von Verschlechterungen für
die Beschäftigten und eine große Verschlechterung für Frauen
aufgrund von
weniger Anrechnungsmöglichkeiten gebracht hat. Es gab ab da auch weniger Ausgleich für die Inflation.
Das hat sich in dieser Zeit
abgespielt, das schlägt sich bis heute durch, und nicht umsonst sind
viele, viele - - (Bundesrat Leinfellner: Ihr wart dann
nachher,
glaube ich, in der Regierung, oder?) – Bitte? Was ist? (Bundesrat
Leinfellner: Ihr wart dann nachher in der Regierung, gell? Es wird nicht
alles daneben gewesen sein, nicht?) – Nein, wir haben repariert!
Wir haben es nämlich geschafft – das wäre jetzt der
nächste Schritt; Stichwortgeber Leinfellner, heute habe ich eine
Freude –, dann durchzusetzen, dass es wenigstens das Pensionskonto
gibt (Beifall bei der SPÖ), und dieses Pensionskonto bedeutet,
dass die Menschen nachschauen können: Auf wie viel Pension habe ich jetzt
ein Anrecht? (Beifall bei der SPÖ. –
Neuerlicher Zwischenruf des Bundesrates Leinfellner.)
Sie aber haben die
40-jährige Durchrechnung eingeführt, dank der FPÖ, die sich ja
immer so für die Menschen, die Arbeitnehmer:innen einsetzt (Oh-Rufe
bei der ÖVP) – schmeck’s! Da habt ihr es sicher nicht
getan, ganz eindeutig –
40-jährige Durchrechnung mit all den Bedingungen und all den Problemen, die man
dabei hat! So ist das, und so schaut’s jetzt aus.
Es gab leider auch von dieser Regierung einige Eingriffe ins
Pensionssystem, die den Menschen wirklich Schwierigkeiten bereiten. Wir haben
das Scheitern
der Regierung bei der Teuerung, wir haben eine viel zu hohe Inflation, die
höchste Inflation im westlichen Europa. Das ist ein Problem. Wir
haben ein Kaufkraftproblem, auch das ist noch da (Widerspruch bei der
ÖVP), heute groß in den „Salzburger Nachrichten“,
Sie dürfen es gerne nachlesen. Die scheinbar
so wirtschaftsaffine ÖVP ist also auch an der Teuerungsbekämpfung
ganz, ganz gewaltig gescheitert. Ich meine aber, daran kann man eh keine Freude
haben, denn es geht ja um die Leute und die Auswirkungen für diese. Die
Teuerung trifft sie, die älteren Menschen trifft es ganz besonders,
weil die halt
meist kleinere Pensionen haben. Ich denke an die Frauen, die eine Mindestpension
haben – sie trifft die Teuerung ganz, ganz stark.
Und: Wir haben das Problem von
zwei Systemen, die wir haben. Auf der einen Seite haben wir die Aliquotierung,
die Sie eingeführt haben. Aliquotierung bedeutet, dass erstens die
Pensionserhöhung zwei Jahre zurück berechnet wird, also da erst wird
das, was vor zwei Jahren war, auf das Pensionskonto angerechnet; und es wird
dann, je nachdem, in welchem Monat im Jahr jemand geboren wurde, aliquotiert.
Im Jänner kriegt man noch viel, im Februar
schon weniger, und dann hinunter, von November bis Dezember, wird gar nichts
angerechnet.
Das ist halt ein bisschen
schlecht, vor allen Dingen für jene, die das Pech haben, dass sie in
diesen Monaten geboren sind. Das ist nicht gut. Vor allen Dingen ist es
ganz schlecht für die Frauen, denn wir haben die Anhebung des Pensionsantrittsalters
der Frauen seit 2024 in Halbjahresschritten, und wer
sind die G’schmecksten? – Das sind wieder die Frauen, denn
wenn man im zweiten Halbjahr geht, hat man halt die Aliquotierung nicht,
oder ganz wenig.
So ein Pech! Ist das fair? – Das ist nicht fair! Wir sagen, diese
Aliquotierung muss ausgesetzt werden! (Beifall bei der SPÖ.)
Das Zweite ist die
Schutzklausel. Die Schutzklausel wurde auf großen Druck
vor allen Dingen der Sozialdemokratie eingeführt, die gesagt hat: Hallo,
wir haben so eine Teuerung, die Differenz ist so hoch, und die Menschen verlieren
so viel Pension, wir müssen jetzt eingreifen! Wir müssen eingreifen! – Gut. (Bundesrätin
Eder-Gitschthaler: Haben wir eh ...!) Diese Schutzklausel wurde
gemacht, nicht für alle – für die Neupensionisten in der
Korridorpension haben wir es nicht gemacht, weil wir uns das ein
bissl aussuchen –, und dann hat man gesagt: Ja, wir machen es schon,
aber wir machen es nur
für ein Jahr! (Bundesrätin Eder-Gitschthaler: Für zwei
Jahre!) – Nein, die Schutzklausel ist nur für ein
Jahr. Die Schutzklausel ist nur für 2024, für 2025
gibt es sie noch nicht. Auch das ist nicht gut.
Diese Schutzklausel muss ins
Dauerrecht übernommen werden, denn es kann nicht sein, dass man nach
Gutdünken der Regierung sagt: Na jetzt geben
wir euch was dazu!, oder: Wir geben euch nichts dazu! – Es geht um
die Sicherheit der Pensionen, und da kann man nicht politisches Kleingeld
schlagen,
das geht auf keinen Fall. (Beifall bei der SPÖ.)
Zu den Frauen noch: So gar
nicht darüber zu reden, was die Anhebung des Pensionsantrittsalters
für Frauen bedeutet – da muss man schon wirklich sehr
viel Mut haben; oder man möchte halt nicht darüber reden, wie es den
Frauen geht. (Zwischenruf des Bundesrates Zauner.) So spielt es
sich halt jetzt
in dieser Regierung ab, denn die Frauen sind für diese Regierung kein
Thema.
Da müsste man nämlich
hinschauen, und da müsste man sich überlegen: Was macht man denn mit
jenen Frauen, die es nicht schaffen werden, bis 65
zu arbeiten? Was macht man denn mit jenen Frauen, die in der Pflege arbeiten,
die in den Unternehmen arbeiten, die in der Hitze, in der Kälte am Bandl
stehen, mit Geschwindigkeit arbeiten müssen und sagen: Ich schaffe das
nicht!?
Nein, für diese Frauen haben wir keine Lösung, im Gegenteil:
Die Regierung
hat es auch noch geschafft, die geblockte Altersteilzeit auslaufen zu
lassen und den Frauen, die da die Chance hätten, vielleicht ihren Weg aus
dem Arbeitsleben zu finden, weil sie echt nicht mehr können,
diesen Ausstieg abzudrehen. So kann man mit den Frauen nicht umgehen,
und auch das ist zu sagen! (Beifall bei der SPÖ.)
Arbeiten im Alter –
das ist eine schöne Geschichte, es ist eine wunderbare Geschichte, die
Leute sollen im Alter arbeiten, aber: Wer möchte, kann es, das ist gar
keine Frage, nur möchte ich nicht, dass man muss. (Bundesrat Zauner:
Eh nicht! Sagt ja keiner!) Ich möchte nicht, dass die Frau, die 80
ist – und wir kennen Fälle aus anderen
Ländern –, so wenig Pension hat, dass sie sagt: Ich
kann gar nicht anders, als dass ich irgendwohin putzen gehe, weil ich mir sonst
mein Leben nicht leisten kann!
Das ist es nicht, was wir möchten, denn diese Frau hat
ein Recht darauf,
ein gutes Alter zu haben, und soll sich nicht sorgen, noch arbeiten gehen zu
müssen. Noch einmal: Es ist nicht selten, dass das in Ländern
vorkommt. Für
Österreich und für die Sozialdemokratie ist das keine Lösung. Das wollen wir auf keinen Fall. (Beifall bei der SPÖ.)
Noch ein Satz zu den Frauen: Dass der Herr Ex-Kanzler in
seiner unendlichen Machtgier in diesem Fall die Nachmittagsbetreuung nicht
ermöglicht hat,
ist für Frauen ein riesiges Problem. Das Nichteinführen der
Gratisnachmittagsbetreuung, die geplant
war, heißt, die Frauen können nicht arbeiten gehen,
auch wenn sie es wollten. (Bundesrätin Geieregger –
den Kopf schüttelnd –: Das ist neunz... Euro!) Sie haben es
nicht gemacht. Sie haben nicht die Kinderbildung ausgebaut, wie es hätte
sein sollen.
Wo ist er, der Rechtsanspruch auf einen Kinderbildungsplatz?
All das heißt für die Frauen: Sie können nicht arbeiten, wenn
sie mehr arbeiten wollen –
es geht immer ums Wollen –, sie können es nicht, weil die
Kinderbetreuung nicht da ist, die Nachmittagsbetreuung nicht da ist, die
Ferienbetreuung nicht
in dem Ausmaß da ist. Das ist Fakt, und auch Pflege und Betreuung sind
nicht in dem Ausmaß da, und damit können die Frauen – das
ist ganz klar – nicht
mehr arbeiten gehen, wenn sie wollen.
Was heißt das für die Frauen in der
Folge? – Es heißt weniger Einkommen, es heißt mehr
Abhängigkeit, und es heißt in der Pension weniger Pension.
Das ist einfach so. Wir haben 80 000 Frauen in Österreich, die
mehr Stunden arbeiten wollen. Sie können es aber nicht, weil ihnen einfach
erstens die Betreuungsplätze, die Pflegeplätze fehlen und weil die
Unternehmen nur Teilzeit anbieten.
Da ist hinzuschauen, was für ein Verlust für die
Frauen das ist, und es ist
nicht lustig für die Frauen, Angst vor Altersarmut zu haben. (Zwischenruf
des Bundesrates Kovacs.) Das ist etwas ganz, ganz Schlimmes,
und das wollen wir
als Sozialdemokraten auf keinen Fall. (Beifall bei der SPÖ.) Darum
fordern wir die bessere Anrechnung der Kindererziehungszeiten für die
Frauen. Das ist
ganz, ganz wichtig. Es muss besser auf das Konto angerechnet werden, was die
Frauen in ihrer Betreuungsarbeit leisten.
Wir wollen auf noch etwas hinweisen: Diese Regierung hat die
Hacklerregelung abgeschafft (Bundesrat Kovacs: Genau so ist es!), und
das war brutal. (Bundesrat Kovacs: Das vergessen ...!)
Das war brutal für viele Menschen, die viele Jahre unter schwersten
Belastungen gearbeitet haben, und Sie haben
gesagt: Nein, ihr kriegt jetzt die Hacklerregelung nicht mehr, vorbei, ihr
kriegt Abschläge ohne Ende! – Das hat viele, viele schwer
getroffen, und ich
sage Ihnen: So kann man mit hart arbeitenden Menschen auf keinen Fall umgehen!
(Anhaltender Beifall bei der SPÖ.)
Es gibt weitere Teile, auf die man hinschauen muss. Es gilt,
auf die Schwerarbeitspension zu schauen: Wie kann man den Zugang zur
Schwerarbeitspension erleichtern? Es geht um die Frage: Warum hat man
es noch immer nicht geschafft, die Pflege in die Schwerarbeit hineinzubringen,
was so dringend gewünscht wird? Warum haben Sie es nicht geschafft, all
jene, die im Sanitätsbereich arbeiten, in das Nachtschwerarbeitsgesetz
hineinzubringen? Die wünschen sich das schon so lange und brauchen es
schon so lange. Da
muss man hinschauen! Das sind Menschen, die für uns ganz Wichtiges
leisten. Schwerarbeit heißt Schwerarbeit! Das muss anerkannt werden, und
da
muss auch gesagt werden: Na gut, ihr könnt nicht so lange arbeiten, weil
ihr in dieser Gesellschaft so schwer gearbeitet habt! – Da muss man
hinschauen,
und da muss man endlich einmal eine Änderung machen.
Jetzt geht es um die Frage der Erhöhung des
Pensionsantrittsalters. Wir haben ja heute Herrn Minister Brunner dagehabt, der
gesagt hat, na, er habe es eh
nicht gemeint. (Bundesrat Zauner: ... hat er
nicht!) – Na ja, hat er schon! (Bundesrat Zauner:
Nein, das hat ...!) Er hat es schon als sehr interessant gesehen.
(Bundesrat Buchmann: Er hat ... erklärt,
was ...!) – Ja, genau. Ja, es ist unangenehm, das glaube
ich schon, denn das Thema ist kein angenehmes.
Arbeiten bis 67, Arbeiten
bis 68 – ja, es ist so ein bisschen ein Spielen damit, nicht?
Wir erzählen immer wieder, wie toll es wäre, länger zu arbeiten,
wie viele sich das wünschen, na keine Frage! Damit wird der Boden
bereitet, das ist
uns völlig klar.
Ich sage Ihnen aber ehrlich:
Die Leute wollen nicht, weil sie nicht mehr können. Ein Großteil der
Menschen geht nicht gesund in die Pension, sie gehen
krank in Pension – und denen zu sagen, es wäre schon super,
wenn sie länger arbeiten würden? Was sind denn die Auswirkungen einer
Erhöhung des Pensionsantrittsalters? Das ist ganz einfach gesagt: Es ist
eine Verschiebung (Zwischenrufe bei der ÖVP) – aber
natürlich! –, es ist ganz einfach eine Verschiebung der
Leistungen aus der Pensionskasse hin zur Arbeitslosen, weil die Leute es nicht
mehr schaffen werden, sie werden nicht mehr können.
Schon jetzt bilden den größten Anteil bei den Arbeitslosen jene, die
vor der Pension arbeitslos sind. Na was passiert denn da? – Es
ist ja nicht so, dass die
Leute länger in Beschäftigung bleiben. Ein Drittel der Frauen geht
nicht aus einer Beschäftigung in Pension. Da muss man also hinschauen. Im
Endeffekt ist
eine Erhöhung des Pensionsantrittsalters für die Menschen ein
wirkliches Problem. (Zwischenruf der Bundesrätin Geieregger.)
Ganz ehrlich: Wir
Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten im Bundesrat haben am 7.12.2023
den Antrag gegen die Erhöhung des Pensionsantrittsalters gestellt,
und wir haben namentlich darüber abstimmen lassen. Nicht dafürgestimmt
hat die ÖVP, nicht dafürgestimmt haben die Grünen, nicht
dafürgestimmt haben die NEOS – so schaut’s aus. Wir
Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten werden uns nicht dafür hergeben,
das Pensionsantrittsalter für die Menschen zu erhöhen, weil
wir wissen, was sie leisten,
weil wir wissen, was das für schlimme Auswirkungen für sie
hätte. (Beifall bei
der SPÖ.)
Lassen Sie mich noch eines
sagen – und das muss man für sich schon so sickern
lassen –: Es ist eindeutig klar, dass Menschen mit niedrigen
Pensionseinkommen auch eine geringere Lebenserwartung haben, und das
möchten wir nicht. Das möchten wir nicht, das ist zynisch. Das sind
Menschen, die
ihr Leben lang gearbeitet haben, die ihre Leistungen im Beruf, ihre Leistungen
für die Gesellschaft, für die Familie erbracht haben, und diese
Menschen
sollen auch eine ordentliche Pension haben. Ich glaube, es steht uns allen gemeinsam
gut an, dafür zu kämpfen, dass die Menschen in Österreich
eine gute Pension haben. Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten werden
das auf jeden Fall machen.
Wir kämpfen auch gegen die Anhebung des
Pensionsantrittsalters auf 67. Es gibt eine Petition der SPÖ, die man
unterschreiben kann, weil wir wollen, dass
die Menschen ein gutes Leben im Alter haben – und zwar
alle. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)
16.22
Vizepräsident Dominik Reisinger: Zur Beantwortung hat sich der Herr Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz zu Wort gemeldet. Ich erteile ihm dieses.
Bundesminister für Soziales,
Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Herr Präsident! Geschätzte
Bundesrätinnen und Bundesräte! Es liegt eine Dringliche Anfrage mit
insgesamt 32 sehr präzise formulierten Fragen, die gestellt
worden sind, vor, und ich würde doch im Sinn der Wertschätzung
sowohl der anfragenden Fraktion als auch meines Hauses, das
sich bemüht hat, in sehr kurzer Zeit halbwegs präzise Antworten zu
liefern, gerne auf diese Fragen eingehen, jedenfalls
überblicksmäßig.
Zur Frage 1:
Mit dem Sozialrechts-Änderungsgesetz 2023
beschlossene Maßnahmen sind wirksam geworden, die unter anderem auf die
Anhebung des faktischen Pensionsantrittsalters abzielen. Da ist eine Reihe von
Maßnahmen getroffen worden, unter
anderem auch die Erhöhung der Bonifikation bei Aufschub
des Antritts zur Regelpension. Ja,
diese Maßnahme betrifft naturgemäß den Antritt einer
Pension nach dem Regelpensionsalter, wirkt sich aber
dennoch auch auf das faktische Pensionsantrittsalter aus.
Zur Frage 2:
Die Aliquotierung wurde eingeführt, um zwischen
Pensionsbezieherinnen und -beziehern mit unterschiedlichen Stichtagen innerhalb
eines Kalenderjahres ein annähernd gleiches
Lebenspensionseinkommen zu gewährleisten. – Frau
Bundesrätin Schumann, ich will nicht zurück zu einer Regelung, die
die
SPÖ eingeführt hat, nämlich zur Wartefrist. Es war die
SPÖ-Regierung, die 2011 diese Wartefrist, die dann bis 2019 gegolten hat,
eingeführt hat. (Bundesrätin Schumann: Waren wir
in einer Alleinregierung, oder was?) – Na wir sind auch nicht in
einer Alleinregierung (Bundesrat Leinfellner: Gott sei Dank!),
und
wir machen es trotzdem nicht.
Die Aliquotierung – wie ich schon am Vormittag ausgeführt habe – stellt eine mittlerweile vom VfGH bestätigte Zwischenlösung dar, die auch entsprechend umgesetzt wird. Eine Abschaffung der Aliquotierung ist nicht vorgesehen.
Zur Frage 3:
Auch eine Schutzklausel würde nicht verhindern, dass es
„günstigere“
und „weniger günstige“ – unter
Anführungszeichen – Jahre für den Pensionsantritt
gibt, da die Differenz zwischen Aufwertungszahl und Anpassungsfaktor nie konstant
ist. Da muss man sich dann, finde ich, schon auch im Detail damit
auseinandersetzen, weil sich bei moderaten Inflationsraten dieser Effekt nur innerhalb
sehr, sehr enger Grenzen auswirkt. Im langjährigen Durchschnitt sind
die Aufwertungszahlen höher als die Anpassungsfaktoren,
haben die Anwartschaften am Pensionskonto mittel- und langfristig auch immer
einen Kaufkraftzuwachs erfahren. Das ist bei uns im Haus jedenfalls durchgerechnet
worden, weil wir mit diesen Dingen ja permanent beschäftigt
sind. Kurze Phasen – das sind meist nur einzelne Jahre, in denen die
Kaufkraft der Kontogutschrift sinkt – ändern nichts an der
Tatsache, dass das System der Aufwertung im Pensionskonto die
Kaufkraft der Gesamtgutschrift vor Pensionsantritt, verglichen mit dem Wert der
Teilgutschriften in den
Jahren, in denen sie jeweils erworben worden sind, immer gesteigert hat.
Das heißt, eine
Schutzklausel im Dauerrecht ist daher nicht vorgesehen. Da, wo es nötig
ist – und das ist von mir auch gesagt worden: in einem Jahr, in
dem der Anpassungsfaktor deutlich höher war als die
Aufwertungszahl –, hat die Bundesregierung mit einer
maßgeschneiderten Lösung eingegriffen.
Zur Frage 4, ob auch für den Zugangsjahrgang 2025 eine Schutzklausel erforderlich ist:
Auch das wurde am Vormittag
schon kurz andiskutiert. Das kann beurteilt werden, wenn
Aufwertungszahl und Anpassungsfaktor für 2026 bekannt sind. Das wissen wir
noch nicht, weil wir aktuell davon ausgehen,
dass 2026 die Aufwertungszahl deutlich über dem Anpassungsfaktor liegen
wird, wodurch der Kaufkraftrückgang der Kontogutschriften, der sich 2024
ergeben hat, jedenfalls zum Teil wieder wettgemacht wird. In welchem
Ausmaß er wettgemacht wird und ob eine weitere Schutzklausel nötig
ist, wird
zu beurteilen sein, wenn die dazu erforderlichen Daten vorliegen.
Zur Frage 5:
Wie schon bei der Frage 3
ausgeführt ergibt sich aus dem Zusammenspiel – und das ist in
diesem Zusammenhang in dieser Debatte wichtig – zwischen
Aufwertungszahl und Anpassungsfaktor zwangsläufig, dass die Kaufkraft der
Anwartschaften auf den Pensionskonten zwar mittel- und langfristig
steigt, es in einzelnen Jahren jedoch auch anders sein kann. 2023, ja,
gehört da rechnerisch eher zu den ungünstigen Jahren. Die Problematik
lag in diesem
Jahr allerdings noch in einem sehr kleinen Bereich.
Was ich schon vertrete, ist, dass Eingriffe in ein hervorragend funktionierendes System – und das Pensionskonto ist ein hervorragend funktionierendes System – mit Augenmaß vorzunehmen sind, und aus dieser Abwägung heraus hat sich die Bundesregierung 2023 gegen einen Eingriff entschieden.
Zu den Fragen 6 bis 11:
Das ist eine ganze Reihe von
Fragen, die sich mit den frauenspezifischen Nachteilen im Erwerbsleben
befassen. Ich gebe Ihnen, Frau Bundesrätin
Schumann, durchaus recht: Eine Kerngrundvoraussetzung, um überhaupt
über die Vermeidung von Altersarmut reden zu können, ist eine
Ausweitung
der Kinderbetreuung flächendeckend, ganzjährig, leistbar in ganz
Österreich, flächendeckend auch im ländlichen Raum, weil alles
andere strukturell beinhaltet, dass Frauen im Alter oder im Falle von Trennung
immer benachteiligt sind, weil sie die entsprechenden Erwerbsbiografien nicht
vorweisen
können.
Zur Anrechnung der
Kindererziehungszeiten: Nach der Geburt des Kindes werden die ersten
48 Kalendermonate als Kindererziehungszeiten berücksichtigt. Es gibt
die Weiter- und Selbstversicherung bei der Pflege, die Selbstversicherung bei der Pflege eines behinderten
Kindes und die Ausgleichszulage – im Übrigen
wurde die Ausgleichzulage in den letzten Jahren immer auch
überproportional angepasst –, und mit 1.1.2020 wurde ein
Pensions- beziehungsweise Ausgleichszulagenbonus eingeführt, der
Versicherten mit langer Versicherungsdauer
zusteht, wenn ihr Gesamteinkommen unter
einer gewissen Grenze liegt.
Bei den angeführten Fragen
wie jener nach dem Rechtsanspruch, von Teil- auf Vollzeitarbeit zu wechseln,
oder jener nach der konkreten Gestaltung
von Arbeitsplätzen handelt es sich um arbeitsrechtliche Fragen, die nicht
mein Ressort betreffen.
Zu den Fragen 17 bis 20:
Den Pensionsneuzugang 2022
betreffend: 76 Prozent der Männer gingen aus einer
Pflichtversicherung inklusive Altersteilzeit in Alterspension, bei
den Frauen gingen mit 3 Prozent beziehungsweise 10 Prozent etwas
mehr, als dies bei Männern der Fall war, aus einer
Freiwilligenversicherung, Selbstversicherung beziehungsweise aus der Kategorie
Sonstiges in Alterspension.
Die Maßnahmen im Pensionsbereich, die zum Ziel haben, Menschen gesund im Erwerbsleben zu halten, richten sich logischerweise an alle Versicherten.
Alle ab 1964 geborenen Versicherten im unselbstständigen Bereich haben einen Anspruch auf medizinische und berufliche Rehabilitation, sobald eine vorübergehende Invalidität oder Berufsunfähigkeit vorliegt.
Als Geldleistungen, die den Versicherten während einer medizinischen oder beruflichen Reha zustehen, wurden das Rehageld und das Umschulungsgeld geschaffen. Ziel ist es, eine dauernde Invalidität oder Berufsunfähigkeit zu verhindern.
Erwähnen möchte ich das Projekt Fit2work. Das ist ein kostenloses Beratungsprogramm für Personen und Betriebe. Es begleitet Personen in ein gesundes Arbeitsleben und hilft Unternehmen, die Arbeitsfähigkeit ihrer Mitarbeiter:innen zu erhalten. Es richtet sich auch an arbeitslose Menschen oder Menschen, deren Arbeitsplatz aufgrund von gesundheitlichen Problemen gefährdet ist.
Zur Frage 21:
Damit bin ich eigentlich bei Grundsätzen, die ich an den Beginn stellen wollte, weil Sie die Anhebung des Pensionsantrittsalters betont haben.
Erster Punkt: Das österreichische Pensionssystem ist sicher und im europäischen Vergleich hervorragend.
Zweiter Punkt: Niemand, Frau Bundesrätin Schumann, niemand debattiert, diskutiert, beantragt oder bereitet eine Anhebung des Pensionsantrittsalters vor. Die Diskussion über das Pensionsantrittsalter oder über die Erhöhung des Pensionsantrittsalters ist eine Scheindiskussion, die vor einem Hintergrund stattfindet, der einfach nicht da ist. Niemand – absolut niemand! – im erweiterten Umfeld denkt darüber nach oder hat irgendetwas davon in Planung. (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Bundesrätin Schumann: Genau!)
Ich würde ersuchen, diese Debatte zu beenden, weil sie auf keinen wirklichen, realen Zahlen, Daten und Fakten oder Gegebenheiten beruht.
Dritter Punkt: die Sicherheit und die Gestaltung des Pensionssystems
in Österreich. Ich habe es an dieser Stelle schon mehrfach
ausgeführt: Ich würde
mit keinem einzigen europäischen Pensionssystem tauschen wollen (Bundesrat
Ebner: Bravo!); das ist nicht der Fall.
Zur Sicherheit: Ich sage Ihnen jetzt etwas zu den Kosten,
weil immer das Argument kommt: Ja, es müssen so viele Bundesbeiträge
in das Pensionssystem geleistet werden, und das ist ausufernd und irgendwann
ist das alles nicht
mehr finanzierbar! – Sie haben vom Generationenvertrag gesprochen,
und ich sage Ihnen, ich kann mich erinnern, dass man uns schon in meinen Jugendjahren
gesagt hat: Ihr werdet dann irgendwann keine Pension mehr bekommen, geht in die
private Pensionsvorsorge, weil die Pensionen nicht mehr sicher
sind! – Ich habe das nicht getan, bin jetzt 65 oder werde demnächst 65 und
werde eine Pension bekommen – davon gehe ich jedenfalls aus, das
steht auch auf meinem Pensionskonto ausgewiesen; keine Politikerpension, sondern
eine ASVG-Pension. (Präsident Ebner übernimmt den Vorsitz.)
Die Debatte wird weitergehen. Wenn man vorschaut: Bis 2070
gibt es
natürlich einen Zugang der Boomergeneration – meine Generation,
ich, Boomer – in die Pensionen. Das erhöht die staatlichen
Zuschüsse ins Pensionssystem, aber nur vorübergehend. Das ist eine –
wie soll ich
sagen? – Ausbildung einer Spitzenzuschussgeschichte ins System, die
sich dann wieder abflachen wird. Das ist auch von der
Alterssicherungskommission
in ihrem Langzeitgutachten – wenn Sie es mir nicht
glauben – dargelegt worden. (Beifall bei den Grünen und bei
Bundesrät:innen der ÖVP.)
Ich bin bei Ihnen, wenn es darum
geht, mit der Schlechtmacherei oder mit der Krankjammerei des
österreichischen Pensionssystems aufzuhören. Es ist
ein Umlageverfahren, es ist ein Generationenvertrag. Mit dem Pensionskonto ist
ein kluges System ausformuliert. Vom Leistungsniveau her – ich
bitte, das
zu bedenken – ist die Nettoersatzrate des österreichischen
Pensionssystems im europäischen Vergleich und insbesondere im Vergleich
mit unserem Nachbarn Deutschland eine wirklich hohe. (Beifall bei
Grünen und ÖVP.)
Erstens braucht sich da niemand zu verstecken, und zweitens ist das ein Modell, das niemand infrage stellt.
In den Jahren der
Krisen – der Teuerung, der Energiekrise, der Inflation,
auch hinsichtlich der Wohnkosten und der Lebensmittelkosten und so
weiter – hatten wir eine Situation, in der natürlich bestimmte
Härten aufgetreten
sind. Ich bitte zu bedenken, dass sich die Pensionsanpassungen der letzten beiden Jahre bei 15 Prozent bewegen und
zusätzlich durch Sonderzahlungen
an Pensionistinnen und Pensionisten abgesichert und abgegolten worden
sind. Alle relevanten Institute von rechts bis links haben nachgewiesenermaßen dargelegt,
dass die Mindestpensionisten und Mindestpensionistinnen eine Abgeltung über die Inflationsanpassung der
Pensionen und über die zusätzlichen Zahlungen der
Bundesregierung, welche die Teuerung mehr als kompensiert hat –
mehr als kompensiert hat! –, bekommen haben. (Beifall bei
Grünen und ÖVP.)
Bei aller Kritik, die ich natürlich
ernst nehme und teile, bitte ich, die Zahlen, Daten und Fakten einfach zur
Kenntnis zu nehmen. Das ist errechnet, und das ist anhand von Fallbeispielen nachvollziehbar.
Ich habe mir das – glauben Sie
mir! – im Detail angeschaut, weil ich natürlich auch weiß
und mir klar ist, dass Mindestpensionistinnen und Mindestpensionisten oder
Menschen, die
bei den Pensionen am untersten Ende der Einkommensskala liegen, besondere
Schwierigkeiten haben. Es war ja mein Bestreben, insbesondere im Bereich der Sozial-
und Familienleistungen, die automatische Valorisierung hinzubekommen, weil
diese Leistungen über die Jahre und durch die Inflation
immer weniger wert geworden sind. Die automatische Anpassung ist jedenfalls
auch ein Beitrag, die Dinge zu sichern. (Beifall bei Grünen und
ÖVP.)
Jetzt muss ich mit den Fragen weitermachen, sonst komme ich nicht hin.
Zur Frage 22:
Nein. Das erklärte Ziel ist die Heranführung des faktischen Pensionsalters an das gesetzliche.
Nachsatz und Ergänzung: Das beinhaltet auch – ja! –, Arbeitsbedingungen zu schaffen, dass Menschen bis zum realen oder faktischen Pensionsantrittsalter arbeiten können. Das beinhaltet auch die Umgestaltung von Arbeitsverhältnissen insbesondere dort, wo Schwerarbeit geleistet wird.
Zur Frage 23:
Weil der Antrag nicht nur auf das gesetzliche Pensionsalter abstellte, sondern mehrere Punkte enthalten hat und diese viel zu allgemein formuliert waren.
Zur Frage 24:
Im Rahmen meines Zuständigkeitsbereichs liegt der
Schwerpunkt klar auf der Stärkung der Prävention und der
Rehabilitation. Unzweifelhaft ist aber,
dass entscheidende Bedeutung insbesondere einer entsprechenden – das
habe ich schon gesagt –, altersgerechten Gestaltung der
Arbeitsplätze zukommt.
Zur Frage 25:
Auch da eine klare Aussage: Die zweite und dritte Säule können bestenfalls eine Ergänzung zur gut funktionierenden ersten Säule im österreichischen Pensionssystem sein. Entscheidend ist, dass diese erste Säule nicht infrage gestellt wird – Punkt.
Zu den Fragen 26 und 27:
Der Kern der Problematik liegt im Bereich der faktischen Durchsetzung arbeitsrechtlicher Ansprüche und ist damit nicht in meinem Zuständigkeitsbereich, sondern in jenem des Herrn Bundesministers für Arbeit und Wirtschaft.
Aufgrund des in der Sozialversicherung geltenden Anspruchslohnprinzips
wirkt sich allerdings die bloße Nichtzahlung auf allfällige
Anwartschaften der Versicherten in der Pensionsversicherung grundsätzlich
nicht aus, sofern der Sozialversicherung die korrekten Beitragsgrundlagen
gemeldet worden
sind.
Angesichts der signifikanten Beitrags- und Steuerausfälle ist allerdings unstrittig, dass dieses Problem im Hinblick auf die nachhaltige Finanzierung des Sozialstaates behoben werden muss. Dazu trage ich ihm Rahmen meines Ressorts gerne bei.
Zur Frage 28:
Primäres Ziel – da stimme ich mit der
Anfragestellerin voll und ganz überein (Bundesrätin Schumann:
Bravo! Prima!) – ist die Absicherung des Pensionssystems.
Dies soll vor allem durch eine Heranführung – das habe ich
gesagt – des faktischen an das gesetzliche Pensionsantrittsalter
geschehen.
Die Babyboomergeschichte und die Langzeitwirkung habe ich ausgeführt.
Zu den Fragen 29 und 30:
Die Frage nach der weiteren Entwicklung dieser
Maßnahme wäre zuständigkeitshalber auch diesfalls an den
Herrn Bundesminister für Arbeit zu
richten.
Grundsätzlich darf ich darauf hinweisen, dass sich aus
einer intensiven Inanspruchnahme alleine noch nicht ableiten lässt,
dass beziehungsweise
ob eine Maßnahme ein Erfolgsmodell ist.
Last, not least zu den Fragen 31 und 32:
Derzeit bestehen bereits mehrere Möglichkeiten, Tätigkeiten im Pflege- und Betreuungsbereich als Schwerarbeit zu qualifizieren.
Ein Satz noch zur
Schwerarbeit – das habe ich hier auch schon
ausgeführt –: Die Schwerarbeitsregelung entlang der
Kaloriengrenze ist ein untaugliches
Modell. Das ist in die Jahre gekommen und funktioniert so nicht mehr, weil man
beispielsweise in der Pflege oder im Gesundheitsbereich nicht mit Kalorienzahlen
operieren kann, wie es in der Stahlindustrie oder am Bau der
Fall gewesen ist. Das bedarf, wie ich finde, einer Anpassung, dann aber berufsgruppenübergreifend,
um zu einer Modellierung zu kommen, die dem
auch Rechnung trägt, und das beinhaltet die Ausgestaltung von Arbeitsbedingungen, um eben die Tätigkeiten bis zum
Pensionsantrittsalter ausführen
zu können.
Letzter Satz – und
damit schließe ich dann –: Ich finde, wir sollten –
wie soll ich sagen? – bei aller Kritik, die man üben kann, und
bei allen Fragen, die sich
im Zusammenhang mit dem Pensionssystem stellen, den Menschen schon auch
vermitteln, dass wir stolz sein können, in Österreich zu leben, und
dass
wir stolz darauf sein können, dass dieses Pensionssystem geschaffen worden
ist. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Ich würde Sie wirklich
parteiübergreifend darum ersuchen und darum bitten. Die
Bundesregierung hat und ich habe in meiner Zuständigkeit alles getan,
um das auch so zu erhalten (Beifall bei Grünen und ÖVP),
und dort, wo es durch die Teuerung Verwerfungen gegeben hat, ist dem jedenfalls
mit Maßnahmen entgegengetreten worden.
Letzter Satz: Im Übrigen bin ich der Meinung, dass ein Umlagemodell, das Modell, das wir haben, und der Generationenvertrag das weit tauglichere Pensionsmodell sind als ein kapitalgedecktes Verfahren, das von den Kapitalmärkten abhängig ist. – Danke schön. (Beifall Grünen und ÖVP.)
16.40
Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Vielen Dank, Herr Bundesminister, für die Anfragebeantwortung.
Wir gehen nunmehr in die Debatte ein.
Ich mache darauf aufmerksam,
dass gemäß § 61 Abs. 7 der Geschäftsordnung die Redezeit eines jeden Bundesrates mit insgesamt
20 Minuten begrenzt
ist.
Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Manfred Mertel. Ich erteile ihm dieses.
16.41
Bundesrat
Dr. Manfred Mertel (SPÖ, Kärnten):
Sehr geschätzter Herr Präsident! Sehr geschätzter Herr
Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen
im Bundesrat! Ich darf mich zunächst einmal recht herzlich für die
ausführliche Beantwortung bedanken, darf Ihnen als Vertreter der
älteren Generation
aber gleichzeitig mitteilen, dass in den letzten Tagen eine Welle der
Empörung auf mich zugekommen ist, und zwar genau zu dem Zeitpunkt, als man
die
Gagen der ORF-Führungskräfte beziehungsweise -Entertainer kundgemacht
hat.
Gerade die ältere Generation hat sich sehr verunsichert
gefühlt, und ich habe das dann zum Anlass genommen, einmal nachzuschauen,
wie viel an
Pension man in Kärnten durchschnittlich erhält. Da ist mir
aufgefallen, dass die der Frauen in den letzten Jahren beziehungsweise im
letzten Jahr bei durchschnittlich 1 200 Euro lagen und jene der
Männer bei 1 900 Euro. Das ist an und für sich vielleicht
keine Motivation, direkt in Pension gehen zu
wollen beziehungsweise sich auf diese zu freuen, denn wenn man den Vergleich
anstellt hinsichtlich dessen, was in der letzten Zeit an Teuerung auf uns
zugekommen ist, darf ich Ihnen als Vertreter der älteren Generation schon
sagen, dass sich die Leute sehr, sehr schwertun.
Das betrifft unter anderem die Kosten bei den Lebensmitteln.
Kollegin Schumann hat das richtigerweise erkannt: Wir alle wollen ja die
Pension gesund erleben, weil wir dadurch im Endeffekt auch die
Pflegebedürftigkeit hintanhalten, und die Lebensmittelkosten,
insbesondere für eine gesunde Ernährung, sind schon extrem gestiegen. Es geht eigentlich nicht nur darum, dass
man
sich ernährt, sondern vor allem auch darum, dass man sich gesund
ernährt. (Beifall bei der SPÖ.)
Es geht, denke ich, aber auch
darum, dass die Energiekosten extrem gestiegen sind. Kollege
Bernard – er ist jetzt, glaube ich, nicht im Saal – hat
heute gesagt, dass sich die Leute auch keine angemessene
Wohnungswärme mehr leisten können. Das ist auch ein großes
Problem, das eigentlich die ältere Generation betrifft, und bei
all ihren Sparmaßnahmen schaffen sie es noch,
die Kommunikation untereinander zu fördern, indem sie über diese Probleme sprechen.
Ich glaube, es ist ein wichtiger
Ansatz, dass wir die Energie- und die Lebensmittelkosten, aber auch die Kosten
im Gesundheitswesen näher beleuchten. Ich darf Ihnen vielleicht
mitteilen, dass die ältere Generation heute
größte Schwierigkeiten hat, sich einen Zahnersatz oder eine Brille,
einen Ersatz für eine Brille zu leisten, und das sind eigentlich Dinge,
die wir in einem
sozial freundlichen Österreich nicht haben wollten. Ich glaube, wir
müssen auch darüber reden, dass die ältere Generation
Wertschätzung erhalten muss
(Beifall bei der SPÖ) – Wertschätzung, die wir von
unseren Eltern mitgegeben bekommen haben und die wir auch an die Jugend
weitergeben wollen.
Sie haben treffend gesagt, dass
Sie heuer das 65. Lebensjahr erfüllt haben oder es erfüllen
werden. Ich darf Ihnen nur sagen, ich habe bis zu einem Alter
von 65 Jahren und vier Monaten gearbeitet und habe eigentlich nur auf den
Bescheid gewartet, darauf, dass mir jemand sagt, ich darf nicht mehr in
die
Arbeit gehen. Ich darf Ihnen aber auch berichten, dass es richtig war, dass ich
mit 65 und vier Monaten nicht mehr zur Arbeit gegangen bin, weil
ich – wenn
ich hier in die Mitte schaue –
einfach glaube, dass es junge Menschen geben muss, die mit neuer Innovationskraft, mit neuer Kreativität unser
Gesellschaftsleben prägen und letztendlich auch in
Führungspositionen der Gesellschaft wichtige Dienste leisten.
Deshalb – auch wenn Sie jetzt klargestellt haben, dass es keine Diskussion in die Richtung gibt,
nach 65 noch weiter arbeiten
zu müssen – glaube ich, dass es ein richtiger und
vernünftiger Schritt der Politik wäre, das ja nicht fortsetzen zu
wollen. (Beifall bei der SPÖ.)
Ich als älterer Mensch glaube aber dennoch, dass wir, wenn wir von dieser Wertschätzung ausgehen, auch immer das Gute und das Gerechte in den Mittelpunkt stellen sollen.
Das Gute ist, das haben Sie sehr deutlich gesagt – und damit war ich sehr einverstanden –, als Sie gesagt haben, dass an dem österreichischen Pensionssystem, dem staatlichen Pensionssystem, nicht gerüttelt werden darf. Es ist,
glaube ich, ein Grundstein unseres Zusammenlebens, dass wir dementsprechend den Respekt und die Wertschätzung gegenüber der älteren Generation ausleben können.
Wo ich aber nicht mit Ihnen
einverstanden sein kann – ich hoffe, dass Sie vielleicht auch gar
nicht der Betroffene waren –, ist Folgendes: Ich habe einmal in
einer Debatte im Dezember ausgeführt, dass ich am 20. Dezember bei
meinem Fenster hinausgeschaut und bemerkt habe, dass bei der Errichtung eines
Wohnbaus 15 Männer – Frauen habe ich keine
gesehen – bei Sturm
und Schneefall extrem hart an diesem Wohnbauprojekt arbeiten.
Da habe ich mir
gedacht – und das möchte ich jetzt wiederholen –:
Gerade für diese Männer haben wir keine Wertschätzung, denn die
Hacklerregelung
für Menschen, die bei solchen Bedingungen arbeiten müssen, haben wir
eiskalt abgeschafft, und wir finden es nicht einmal der Mühe wert,
darüber nachzudenken, dass es vielleicht einen Klimawandel gibt, durch den
es für Bauarbeiter eine große Herausforderung ist, bei extremsten
Temperaturen – sowohl was Minusgrade als auch was
Plusgrade anlangt – für unser Wohlbefinden arbeiten zu
müssen. (Beifall bei der SPÖ.)
Aus diesem Grund glaube ich
auch, dass wir Modelle schaffen sollten, mit denen wir die ältere
Generation durch Anerkennung und Respekt motivieren
können, vielleicht noch in einem Alter jenseits von 65 am Erwerbsleben
teilnehmen zu wollen oder teilnehmen zu können. Wir müssen da
Modelle finden, durch die im Endeffekt die Sinnhaftigkeit gegeben
ist, der übrigen Gesellschaft noch wertvolle Dienste zu
leisten – aber die Entlohnung dieser wertvollen Dienste
müsste auch mit einer dementsprechenden finanziellen Anerkennung erfolgen.
Deshalb verstehe ich eigentlich
nicht, dass wir die Aliquotierungen bei der Pensionsanpassung so mir
nichts, dir nichts durchgehen lassen, denn wenn
wir auf der einen Seite sagen, dass wir eigentlich wollen, dass Menschen
länger
im Berufsleben bleiben, dass sie auch dafür belohnt werden, im
Berufsleben zu bleiben, so erscheint mir auf der anderen Seite
gerade diese Aliquotierung der Pensionsanpassung eigentlich gegen den
Willen der Regierung,
dass man eigentlich länger arbeiten sollte oder auch am faktischen
Pensionsalter arbeiten sollte, zu sein.
Ich glaube, das sind
Ungerechtigkeiten, die man doch aufzuzeigen hat,
über die man auch zu reden hat. Gleichzeitig hat Kollegin Schumann
richtigerweise gesagt, dass wir auch die Beschäftigung
brauchen – wir brauchen
auch die Beschäftigung! Ich darf Ihnen versichern, dass die ältere
Generation immer dazu beitragen wird, einer jungen Generation Mut zu
machen, Hoffnung zu geben und auch Beistand zu leisten. Das
waren wir gewohnt, und ich darf berichten,
Herr Bundesminister, dass man auch schon zu meiner Zeit
gesagt hat: Du wirst wahrscheinlich nie eine Pension bekommen! –
Doch das staatliche Pensionssystem hat sich sehr, sehr gut bewährt. Darauf
können wir alle gemeinsam stolz sein, das heißt aber
trotzdem nicht, dass wir nicht Korrekturen vornehmen müssen.
Auch wenn der
Verfassungsgerichtshof in seinem jüngsten Erkenntnis zur Aliquotierung der
ersten Pensionsanpassung diese als nicht verfassungswidrig festgehalten hat,
möchte ich trotzdem im Namen der Bundesrät:innen
Korinna Schumann, Mertel und Schachner einen Entschließungsantrag einbringen.
Entschließungsantrag
der Bundesrät:innen Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Abschaffung der ungerechten Aliquotierung der ersten Pensionsanpassung“.
Der Bundesrat wolle beschließen:
„Der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz wird aufgefordert, dem Nationalrat und dem Bundesrat umgehend eine
Regierungsvorlage zur Beschlussfassung zu
übermitteln, mit der die Aliquotierung
der ersten Pensionsanpassung rückwirkend mit 1.1.2022 abgeschafft
wird.“
*****
(Beifall bei der SPÖ.)
In diesem Zusammenhang möchte ich Herrn Kollegen
Schreuder, den ich wirklich sehr schätze, ansprechen. Ich glaube, die
Beseitigung der Ungerechtigkeiten, die wir im Pensionssystem mit Blick auf
Frauen haben, ist – wie du es einmal formuliert hast –
Männersache. Wir sollten dafür kämpfen, dass Frauen
und Männer gleiche Pensionen bekommen, denn die Arbeit der Frauen ist eine
unbezahlbare, möchte ich sagen, und sie verdienen es
genauso wie die ältere Generation insgesamt, mit Respekt behandelt zu werden.–
In diesem Sinne, Herr Bundesminister, danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall
bei der SPÖ.)
16.51
Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Vielen Dank, Herr Bundesrat.
Der von den Bundesräten Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „Abschaffung der ungerechten Aliquotierung der ersten Pensionsanpassung“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.
Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Andrea Eder-Gitschthaler. Ich erteile ihr das Wort.
Bundesrätin Dr. Andrea
Eder-Gitschthaler (ÖVP, Salzburg):
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte
Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren –
wo immer Sie uns heute noch zuhören oder zusehen! Nachdem ich Kollegin
Schumann und auch Kollegen Mertel,
den ich als Seniorenvertreter ja wirklich sehr schätze, gehört habe,
denke ich mir, dass die Verunsicherung nicht weniger geworden ist, sondern
mehr. (Beifall
bei ÖVP und Grünen. – Bundesrätin Schumann:
Also geh! – Zwischenruf der Bundesrätin Hahn.)
Wenn ihr damit bezwecken
wolltet, dass die Leute jetzt wissen, dass die Pensionen sicher sind, dann habt
ihr mit diesem Negative Campaigning sicher das Gegenteil erreicht. (Beifall
bei ÖVP und Grünen. – Ruf bei der SPÖ:
„Negative Campaigning“! Großartig!)
Ich danke dem Herrn Minister
für die sehr profunde Beantwortung, Sie haben wieder ein bisschen Licht in
die Sache gebracht. Ich kann nur sagen, ihr
lebt wirklich in einer anderen Welt. (Bundesrätin Schumann: Ihr
lebt in einer anderen Welt!) Ich bin seit vielen, vielen Jahren Seniorenvertreterin,
ich
hatte gestern wieder 60 Damen und Herren hier im Haus, die ihr Leben genießen,
denen es gut geht, die froh, zufrieden und glücklich sind (Bundesrat Schennach:
Ja, weil es einen anderen Bürgermeister gibt!) und die wirklich ein Leben,
wie ich mir das auch vorstelle. (Bundesrätin Schumann: Die sind
alle
froh und zufrieden! – Ruf bei der SPÖ: Alle!) Ich selbst
bin ja auch Seniorin. Das Pensionssystem ist sicher, ja, es ist Gott sei Dank
sicher, weil die Regierung Schüssel so viel gemacht hat, um es
sicher zu machen. (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrat Schennach: ...
hat einen neuen Bürgermeister!)
Wenn wir schon von Wertschätzung reden: Sie
gebührt besonders den Seniorinnen und Senioren, die so viel für
unsere Gesellschaft leisten. Ich denke da an die vielen Vereine, in denen
Seniorinnen und Senioren aktiv sind, ich denke daran, wie sie in der
Kinderbetreuung helfen, als Oma, als Opa, daran, wie sie als Konsumentin, als
Konsument mit ihrem Konsumverhalten – ich denke nur an
die Reisen (Bundesrätin Grimling: Reisen?! Ja, wer kann sich
das leisten?) – einen wichtigen Beitrag leisten. Was täten
wir im Pflegebereich ohne die pflegenden Seniorinnen und Senioren?
Ich habe das erhoben: Anfang 2022 lebten in
Österreich 1,75 Millionen Senioren über 60 – wo immer
man diese Grenze ansetzt –, davon sind so viele aktiv
im Ehrenamt et cetera und für uns alle tätig. (Ruf bei der
SPÖ: Und alle sind froh!) Wie gesagt: Ich glaube, den Damen und
Herren, allen Seniorinnen und
Senioren, gebührt ein großes Danke für das, was sie für
unsere Gesellschaft leisten. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)
Die ach so böse Regierung hat ja eine ganz
unmögliche Pensionserhöhung auf den Weg gebracht. An die
10 Prozent – 9,7 genau – waren es heuer,
plus die Abschaffung der kalten Progression. (Bundesrätin Schumann:
Wegen der Inflation wäre es!) Wenn Sie die Seniorinnen und Senioren
fragen: Die
sind alle hocherfreut. (Ruf bei der SPÖ: Froh und zufrieden, ja!) Wir
haben auch das Pflegegeld valorisiert – der Herr Minister hat es
schon gesagt –, plus - - (Bundesrat Schennach:
Danke, Andrea! – Ruf bei der SPÖ: Schau, schau! Wow!) –
Bitte, gerne. (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrätin Grimling:
In Salzburg ist
alles anders!)
Krankengeld, Familienbeihilfe, Mehrkindzuschlag und das
Pflegegeld, das für viele Seniorinnen und Senioren wichtig ist, haben wir
um 9,7 Prozent
erhöht. (Bundesrätin Grimling: Ja, danke!) Das alles
tut diese Regierung, und das ist für euch wieder überhaupt nichts. (Bundesrätin
Grimling: Danke,
danke!) Ich denke, das kann sich wirklich sehen lassen. (Beifall bei
ÖVP und Grünen.)
Wir haben es schon gehört: Wir haben die Schutzklausel
auf den Weg gebracht. (Bundesrätin Schumann: Aber unter Druck!
Unter Druck!) Und auch da hat
im letzten Jahr – ich weiß das ja von vielen
Gesprächen – die Pensionsversicherungsanstalt immer wieder
gesagt: Bitte, bitte, geht ja in Pension,
wer weiß, ob das auf den Weg gebracht wird!, und hat damit dazu
beigetragen, dass viele Seniorinnen und
Senioren frühzeitig in Pension gegangen sind
und einiges verloren haben, zum Beispiel Jubiläumsgelder. (Bundesrätin
Schumann: Ja, hättet ihr es früher eingeführt!) Auch
da wurde nicht seriös
beraten. Wir versprechen es, und wir halten unsere Versprechen
auch – wie man
an der Schutzklausel sehen kann. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe der Bundesrätinnen Gerdenitsch und Grimling.)
Wenn es notwendig ist – das haben wir auch im
Seniorenrat besprochen, das ist parteiübergreifend
Common Sense –, dann werden wir uns dafür einsetzen,
dass es auch 2025 diese Schutzklausel gibt. Man muss jetzt aber
abwarten, wie sich die Inflation gestaltet. (Bundesrätin Grimling:
Ja, wir warten auf ...! Wir
warten! Wir warten!) Ich glaube, wir sind alle im gleichen Boot. Nur zu
sagen: Wir tun nichts!, ist unseriös, liebe Kolleginnen und Kollegen von
der SPÖ. (Bundesrätin Grimling: Ja, wir
warten! – Zwischenrufe der Bundesräte Reisinger, Schennach
und Steiner.)
Auch die Aliquotierung haben wir auf den Weg gebracht. Wenn
der Verfassungsgerichtshof sagt, die erste Aliquotierung ist rechtens,
dann können wir uns doch nicht beim Gesetzgeber aufregen! (Bundesrätin
Hahn: Gerecht
und gescheit für die Leute sind zwei Paar Schuhe! – Bundesrat Steiner:
Wer ist der Gesetzgeber? ... Der Gesetzgeber bist du!) Ihr sagt immer,
wir, die ÖVP,
schätzen die Justiz nicht, und jetzt wollt ihr einen anderen Weg gehen.
Das ist rechtens, ob es uns passt oder nicht, die Gerichte haben entschieden.
(Bundesrat Reisinger: Aber ungerecht! Rechtens, aber ungerecht! Wer
redet davon, dass es nicht rechtens ist? – Weitere Zwischenrufe bei
der SPÖ.)
Zu den Frauenpensionen – ich habe das hier schon
einmal gesagt, das ist
ja keine Geschichte, die vom Himmel gefallen ist –: Wir haben das
1992 mit einem Verfassungsgesetz beschlossen (Bundesrätin Schumann:
Aber mit
einem Sideletter!) – 1992, ich habe es gesagt –, wir
haben jetzt 2024, das sind 32 Jahre, und in dieser Zeit konnte man sich
doch darauf einstellen. (Bundesrätin Schumann: Natürlich!
Genau!) Im Übrigen sind wir eines der letzten Länder, die noch 60
als Pensionsantrittsalter für Frauen haben. Und dass
das jetzt da ist - - (Zwischenrufe bei der SPÖ.) –
Ihr seht Arbeit immer als Strafe, als fürchterlich; es gibt auch Menschen,
die froh sind und gerne arbeiten
(Ruf bei der SPÖ: Ja, genau!), und besonders bei Frauen ist es so,
dass sie in diesen Jahren dann noch Beitragsjahre und damit Beiträge
für das Pensionskonto
erwerben können. (Bundesrätin Hahn: Aber die sollen sie vorher schon erworben haben! – Zwischenruf der Bundesrätin Gerdenitsch.) Es gibt viele, die darüber nicht unglücklich sind, dass sie länger arbeiten dürfen. (Beifall bei der ÖVP.)
Es hat auch schon vorher Klagen gegeben, da Frauen, die
länger arbeiten wollten, sobald sie 60 waren, gekündigt wurden. (Bundesrätin
Hahn: Sie werden jetzt auch gekündigt!) Ich kenne
Journalistinnen, ich kenne Ärztinnen – ihr
sicher auch – - - (Bundesrätin Schumann: Journalistinnen
und Ärztinnen! Das ist ja ein Wahnsinn! – Bundesrätin Grimling: ...
Arbeiterinnen? – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) –
Arbeit ist nicht nur Leid, Unheil und Unbill. Viele Menschen können sich
in ihrer Arbeit verwirklichen. Wie gesagt, das haben wir jetzt,
damit werden die Frauen eine ordentliche Pension erwerben können. (Zwischenrufe
bei der SPÖ. – Vizepräsident Ebner gibt das
Glockenzeichen.) – Ich finde
es großartig, dass ich so viel Beifall auf der anderen Seite errege. (Beifall
bei der ÖVP. – Ruf bei der SPÖ: Kein Beifall! Das ist kein
Beifall!)
Liebe Korinna Schumann,
bei einer Maßnahme treffen wir uns: Auch wir
sind dafür, die Kindererziehungszeiten wirklich noch besser anzurechnen.
(Ruf bei der SPÖ: Das wollen Sie ja auch nicht!) Wir sind auch
für das automatische Pensionssplitting, um die Situation
für Frauen in der Pension zu verbessern. (Bundesrätin Schumann:
Die sind eh alle froh und zufrieden! – Ruf bei der SPÖ:
Aber nicht für die, die kein Geld haben!) Das wollt ihr ja auch nicht
hören, aber das wäre nur fair und richtig, und das möchten wir
unbedingt durchsetzen.
(Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei der
SPÖ. – Vizepräsident Ebner gibt neuerlich das
Glockenzeichen.)
Weil ich schon bei den Frauen bin, das wollt ihr auch nicht hören: Wir haben das Budget für die Frauen seit Beginn der Legislaturperiode 2019 verdoppelt. Unsere Frauenministerin macht also schon etwas, aber ich weiß, das wollt ihr auch nicht hören. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)
Wo wir uns auch treffen können, ist, dass wir die Frauen darauf aufmerksam machen, dass sie, wenn sie Teilzeit arbeiten, einen niedrigeren Beitrag auf
ihr Pensionskonto einbezahlen, als wenn
sie Vollzeit arbeiten. Man muss
also die Frauen darauf aufmerksam machen, was es für ihre Pension
bedeutet, wenn sie Teilzeit arbeiten. Auch das könnten wir gemeinsam
machen.
Da bin ich schon beim Thema Arbeiten im Alter. Ich glaube,
wir sind uns einig, dass wir alle wollen, dass sich das faktische
Pensionsantrittsalter erhöht,
aber keinesfalls wollen wir eine gesetzliche Erhöhung des
Pensionsantrittsalters. Das wollt ihr uns auch immer wieder einreden und
umhängen, wie wir
heute schon bei Herrn Minister Brunner gesehen haben. Das ist also keinesfalls
so, sondern wir wollen dafür sorgen, dass die Menschen länger gesund
in
Arbeit bleiben. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Ein Jahr länger zu
arbeiten erspart dem Staat rund 2,8 Milliarden Euro. Wir haben daher auch
das
Bonus-Malus-System angepasst, sodass man, wenn man länger, über das
Pensionsalter hinaus, arbeitet, dann auch einen höheren Bonus
bekommt.
Wichtig ist uns auch – das wollt ihr auch nicht
hören – die Erhöhung der Attraktivität des Arbeitens
in der Pension. Fast jede Woche sagen mir drei, vier Personen: Macht endlich
etwas, damit ich dann, wenn ich in der Pension
bin, auch noch ein ordentliches Gehalt für meine Arbeit bekomme! (Bundesrat
Steiner: Umsetzen! Umsetzen!) – Wir haben schon den
Pensionsbeitrag
bis zur doppelten Geringfügigkeitsgrenze abgeschafft, das ist aber
für uns nur ein erster Schritt. Wir wollen einen Steuerabsetzbetrag, dass
sich das Arbeiten in der Pension –
auf freiwilliger Basis – lohnt, denn wir Seniorinnen und
Senioren werden in der Wirtschaft gebraucht. (Beifall bei der ÖVP.)
Da bin ich wieder bei dem Punkt: Arbeiten ist nichts
Schlechtes. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Menschen wollen oft in der
Pension weiterarbeiten, und das
soll sich dann auch lohnen – für uns alle. Dafür werden wir
uns auch weiterhin stark engagieren.
Was mir bei euren Ausführungen ganz abgegangen ist, ist das Thema Altersdiskriminierung. Das ist wirklich ein wichtiges Thema für Seniorinnen und
Senioren. Ich mache
derzeit einen Bericht für den Europarat – Kollege Schennach
weiß das –, und in diesem Zusammenhang wurde uns berichtet,
dass jeder Zweite in Europa es nicht schlecht findet, Seniorinnen und Senioren
zu diskriminieren.
Wir haben da schon einiges auf
den Weg gebracht. Zum Beispiel haben wir die Richtlinien für die
Kreditvergabe an Seniorinnen und Senioren dahin gehend abgeändert,
dass das Alter kein Entscheidungskriterium mehr dafür sein darf, ob die
Seniorinnen und Senioren einen Kredit bekommen. Da gäbe
es wirklich noch sehr viele Dinge zu machen, und dafür könnten wir
uns gemeinsam einsetzen, denn da geht es um unser aller Leben, darum, wie
wir Seniorinnen und Senioren leben, wie es uns im Alltag geht.
Ich will weiterhin eine
Kreditkarte haben, ich will eine Bank mit einem Berater haben, ich will keine
anonymen Hotlines haben, ich will keine No-reply-Mails bekommen, und schon
gar nicht will ich, dass man alles digital machen muss, auch wenn man das
vielleicht gar nicht kann. Das ist ein Problem
für viele Seniorinnen und Senioren, und da könnten wir uns gemeinsam
sehr stark dafür einsetzen, dass das Leben für die Seniorinnen und
Senioren lebenswert ist, denn da fühlen sie sich wirklich abgehängt
und können am Leben nicht mehr teilhaben. Da könnten wir also
gemeinsam vieles erreichen.
(Beifall bei der ÖVP.)
Abschließend: Ich glaube, wir sind uns einig, dass wir für unsere Seniorinnen und Senioren und damit auch für uns ein selbstbestimmtes, finanziell abgesichertes Leben bis ins hohe Alter haben wollen. Die Damen und Herren haben es sich verdient, sie haben unser Land aufgebaut, sie haben uns mit großen Entbehrungen großgezogen – jetzt sind wir an der Reihe. Das sollte also, glaube ich, Common Sense sein.
Der Herr Minister hat es schon gesagt: Seien wir stolz auf unser Österreich, seien wir dankbar dafür, in diesem Land leben zu dürfen, und genießen wir es jeden Tag! – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)
17.05
Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Vielen Dank, Frau Bundesrätin.
Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Andrea Michaela Schartel. Ich erteile ihr dieses.
Bundesrätin
Andrea Michaela Schartel (FPÖ, Steiermark): Herr Vorsitzender! Herr Bundesminister! Liebe Kollegen! Liebe
Frau Kollegin Gitschthaler,
erstens muss ich Ihnen ehrlich sagen, in Ihrem ersten Satz ist wieder einmal
diese totale Überheblichkeit der ÖVP hervorgekommen, weil Sie es
anscheinend
nicht sehen, dass es nach wie vor Menschen gibt – und da gebe ich
Frau Kollegin Schumann recht –, gerade Frauen in der Pension, denen
es nicht so super
gut geht wie euch Salzburgern in eurem reichen Land. (Bundesrat Himmer:
Das hat ja niemand gesagt! Das ist immer diese künstliche Aufregung!) Genauso
wie Herr Schwindsackl noch immer davon überzeugt ist, es gibt niemanden,
der obdachlos ist, es gibt niemanden, der eine Hilfe braucht. Das ist halt die
Überheblichkeit der ÖVP, die einfach nicht zur Kenntnis nehmen will,
wie es tatsächlich in diesem Land zugeht. (Beifall bei FPÖ und
SPÖ.)
Bei der Aliquotierung der ersten Pensionserhöhung berufen Sie sich immer auf den Verfassungsgerichtshof, der gesagt hat, das Gesetz sei nicht verfassungswidrig. Ich sage Ihnen aber: Nur deshalb, weil ein beschlossenes Gesetz nicht verfassungswidrig ist, heißt das nicht, dass es gerecht ist, den Menschen wirklich dienlich ist und nicht jederzeit wieder rückgängig gemacht werden kann. (Beifall bei FPÖ und SPÖ.)
So, und jetzt generell zur
Dringlichen von der SPÖ mit dem Titel: „Pensionen in Gefahr?
Entkräften Sie diesen Mythos, Herr Minister!“ In der Einleitung hat
sich der erste Satz auf die Absicherung des Pensionssystems bezogen.
Die Frage 24 bezieht sich auch darauf, der Rest eigentlich weniger,
wobei ich sagen möchte, in Wirklichkeit ist diese Anfrage eigentlich eine
Aktuelle Stunde oder eine Aussprache mit dem Sozialminister –
alles, nur
keine Dringliche. Jetzt weiß ich auch, warum der Herr Parteivorsitzende
Babler
niemals eine Dringliche der SPÖ unterschreibt, nämlich weil
sie nicht
§ 61 der Geschäftsordnung entspricht. Ich verstehe das.
(Beifall bei der FPÖ. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)
Frau Kollegin Schumann, ich
schätze wirklich Ihre Leidenschaft. Ich
schätze Menschen, die mit Leidenschaft für etwas eintreten, aber ich
würde mir wirklich gerade von Ihnen als weiblicher Gewerkschafterin diese
Leidenschaft auch bei den Lohnverhandlungen wünschen, wenn es
ausschließlich um jene Berufe geht, in denen hauptsächlich Frauen
arbeiten. – Wer hat
denn den Kollektivvertrag für die Handelsangestellten –
hauptsächlich weibliche Dienstnehmer – mit 1.12.2017 derart
verschlechtert abgeschlossen? Wer
hat denn zugestimmt, dass die Anrechnungszeiten auf maximal sieben Jahre gekürzt
werden und dadurch jeder Frau mindestens 300 Euro pro Monat
verloren gehen? Wer war denn das? (Beifall bei der FPÖ.)
Da wir jetzt die Debatte zur
Dringlichen haben, gehe ich auch ein bisschen auf den Inhalt ein. (Zwischenrufe
bei der SPÖ.) Es haben alle schon erwähnt,
dass unser Pensionssystem auf dem sogenannten Generationenvertrag basiert. Das
ist eine fiktive Vereinbarung zwischen allen Generationen über die
allgemeine soziale Sicherheit. Das heißt, die erwerbstätige
Generation zahlt ihre Pflichtbeiträge ein, damit jene Generation, die in
Rente ist, sich darauf
verlassen kann, dass sie eine Pension bekommt. Das Um und Auf, damit dieser
Generationenvertrag möglich ist und erhalten bleibt, ist natürlich
eine funktionierende Wirtschafts-, Arbeits- und Berufswelt. Wenn wir uns die
letzten Jahre dieser Regierung anschauen, dann muss ich schon ehrlich sagen:
Sie haben alles dazu getan, um genau dieses Fundament zu verschlechtern. (Beifall
bei der FPÖ.)
Ich erinnere nur an all Ihre
Coronamaßnahmen: Lockdowns, das Wegsperren von Menschen,
die nicht geimpft waren, Einführung der Impfpflicht. Ja glauben Sie wirklich, dass das den
Wirtschaftsstandort Österreich gestärkt
hat? Und wer hat es möglich gemacht? – Nicht die
Schweizer mit Ricola – die
SPÖ, weil die federführend war, wenn es um die Zustimmung zu all diesen Maßnahmen gegangen ist. (Beifall bei der FPÖ.)
Was ist jetzt die Folge? – Wir haben sehr viele Insolvenzen. Ihr seid mitverantwortlich, dass es in vielen Branchen einen akuten Personalmangel gibt.
Natürlich, die Gastronomie
hat auch deshalb so viele Schwierigkeiten, weil die Menschen damals mitbekommen
haben: Wir sind die Ersten, die auf der
Straße stehen, um die sich kein Mensch irgendwie kümmert! (Bundesrat
Schmid: Das sind sich die Gastronomen ...!)
Oder wenn wir an den Personalmangel gerade in den Pflegeberufen denken: Wie viele Pfleger und Pflegerinnen wurden von ihren Arbeitgebern gezwungen, eine Impfung über sich ergehen zu lassen, die sie persönlich nicht wollten?! Das ist das große Problem. (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrätin Miesenberger: Also wirklich!)
Ihr da drüben lacht, ihr
lieben Grünen. (Bundesrat Schreuder: Bitte?) Zu eurer
fanatisch-ideologischen Energiewende muss ich sagen: Dieser Hass auf
die Autofahrer gefährdet Arbeitsplätze! (Beifall bei der
FPÖ.)
Die ersten Folgen gibt es in
meinem Bundesland schon. AVL List, ein führendes Unternehmen, das sich mit
hervorragenden Technologien beschäftigt, hat bereits
Massenkündigungen angemeldet. Und auch da hat die liebe SPÖ furchtbar
gerne zugestimmt und alle Maßnahmen, die schädlich für unser
Land sind, mitgetragen. (Beifall bei der FPÖ. –
Bundesrat Schennach: Aber
Andrea,
... unterscheid’s - -!)
In dieser Auflistung stehen sehr viele Dinge, die durchaus
richtig sind. Auch wir haben uns mit Anträgen gemeinsam mit der SPÖ (Bundesrätin
Schumann:
Aber nein!), aber auch mit reinen FPÖ-Anträgen immer dagegen
gewehrt, dass das Frauenpensionsantrittsalter angeglichen wird. Wir waren auch
immer
dafür, dass die Hacklerregelung wieder eingeführt wird.
Wenn es um diese Frauendiskriminierung geht, dann müssen wir auch einmal zur Kenntnis nehmen: Es kann nicht immer nur für eine Gruppe von Frauen Verbesserungen geben, wir müssen es für alle Frauen machen. (Bundesrat Schennach: Wir müssen uns um die Frauen ...!)
Man muss einmal zur Kenntnis nehmen: Es gibt Gott sei Dank
nach wie vor noch Frauen in unserem Land, die bereit sind, ihre Kinder selbst
zu betreuen,
und das nicht nur im ersten Lebensjahr, sondern gerne bis zum dritten Lebensjahr
(Beifall bei der FPÖ); und es gibt Gott sei Dank auch Frauen, die
gerne
bereit sind, Betreuungspflichten für zu pflegende Angehörige zu
übernehmen, und für diese Frauen wollt
ihr alle nichts tun.
Jetzt sofort den Ausbau von Kinderbetreuungseinrichtungen zu fordern, wohl wissend, dass ihr mit euren Coronamaßnahmen die Kommunen ausgehungert habt, dass keine finanziellen Ressourcen und keine Personalressourcen für solche Dinge da sind, das finde ich ein bisschen fadenscheinig.
Wenn man es wirklich ernst meint, dann schaut man, dass es für alle Gerechtigkeit gibt. Der Staat darf ernsthaft einmal darüber nachdenken, und wir als Politiker auch, warum man für Frauen, die Betreuungspflichten übernehmen, nicht echte pensionsabsichernde Maßnahmen trifft – denn die Realität ist einfach so, die könnt ihr nicht umdrehen. (Beifall bei der FPÖ.)
17.12
Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Vielen Dank, Frau Bundesrätin.
Als Nächster ist Bundesrat Marco Schreuder zu Wort gemeldet. Ich erteile ihm das Wort.
Bundesrat
Marco Schreuder (Grüne, Wien): Herr
Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren!
Bevor ich jetzt auf das Thema
der Dringlichen eingehe, möchte ich etwas loswerden: Am Schluss des
vorigen Tagesordnungspunktes ist etwas erwähnt worden, worüber ich
jetzt auf
die Schnelle die Faktenrecherche machen musste, sodass es dann als tatsächliche Berichtigung nicht mehr möglich war.
Da eine junge, engagierte Kollegin in Innsbruck von Kollegen
Christoph
Steiner so brutal angegriffen worden ist, möchte ich - - (Bundesrat
Spanring: ... eh weiter! Es ist ja noch ...!) –
Ich habe zugehört, jetzt könnt ihr auch zuhören!
Es geht um ein Häuschen der Janine Bex, nicht um eine
Villa. (Bundesrat Steiner: Aber das hat jetzt nichts mit der
Dringlichen zu tun!) – Nein, ich habe gesagt,
dass ich das jetzt hier klarstelle. (Bundesrat Steiner: Das hat jetzt
nichts
mit der Dringlichen zu tun! Die Tagesordnung geht wieder weiter! –
Rufe und Gegenrufe zwischen Bundesrät:innen von FPÖ und
Grünen.)
Lieber Christoph! Würdest du mit der Feuerwehr
Hungerburg und mit
der Feuerwehr Hötting reden, statt hier Fakenews zu verbreiten, dann
würdest du wissen, dass die dort eine Übung gemacht haben, dass die
sich ganz
genau angeschaut haben, was mit diesem Wald los ist, dass dort
keine Löschwasserzufuhr möglich war, dass dort keine Einsatzfahrzeuge
fahren können und dass es vom Forstamt Innsbruck eine behördliche
Anordnung gegeben hat, Bäume auf einem Grundstück zu entfernen, das
aber ein Nachbargrundstück war, damit, wenn ein Feuer ausbricht,
Löschmöglichkeiten
gegeben sind. Du willst aber diese Fakten nicht wissen, weil du lieber hier
stehst, um Fakenews zu verbreiten. (Zwischenrufe bei der FPÖ.)
Eines muss man der FPÖ schon auch einmal sagen (Ruf
bei der FPÖ: Unglaublich!): Das einzige Interesse, das ihr habt, ist,
hier zu stehen, Fakenews zu verbreiten und das Vertrauen in die
Institutionen der Demokratie zu unterwandern, weil ihr einmal einen
Freundschaftsvertrag mit Putin abgeschlossen habt. Ihr seid keine Patrioten, sondern
ihr seid die Unterstützer Putins in Österreich. – Das
ist die Wahrheit! (Beifall bei den Grünen, bei
Bundesrät:innen von ÖVP und SPÖ sowie des Bundesrates Arlamovsky. –
Ruf bei der FPÖ: Ja, ja! – Bundesrat Spanring –
erheitert –: Das passt alles total super zusammen! –
Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)
Mir ist eh klar, dass ihr euch nicht für die Fakten
interessiert, weil es euch darum nie gegangen ist und nie geht. (Bundesrat Spanring: Ist der Putin jetzt zurück,
dass die Grünen ...? – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) –
Ich musste
das hier einmal loswerden. (Ruf bei der FPÖ: Na Gott sei
Dank! – Bundesrat Steiner: Ja, bravo!
Haben wir nicht den Nagel auf den Kopf getroffen?)
Jetzt zur Dringlichen: Als ich in die Politik gegangen bin,
dachte ich - - (Bundesrat Steiner: Aber vielleicht hat der
Putin ...! – Vizepräsident Ebner gibt das Glockenzeichen) –
Jetzt beruhige dich wieder, Herr Steiner, das empfiehlst du mir auch
immer. Beruhige dich! (Bundesrat Steiner: Ich bin ganz ruhig!)
Ja, ja,
man merkt’s. (Bundesrat Steiner: Hat der Putin die Bäume
gefällt?)
Als ich in die Politik gegangen bin, bin ich immer davon
ausgegangen beziehungsweise war es meine Vorstellung – und das
ist schon einige Zeit
her –, dass wir bei den drängenden Problemen der Gesellschaft
gemeinsam für die besten Lösungen werben, manchmal gemeinsam die
besten Lösungen
finden und, wenn es notwendig ist, auch einen Wettbewerb der besten Lösungen
veranstalten. (Bundesrat Spanring: Jetzt redest du zu den
Grünen!
Eine Verbotspartei!)
Vielleicht bin ich naiv, aber ich glaube noch immer daran
und werde es nicht aufgeben, daran zu glauben. Manchmal werde ich aber
überrascht. So hat
mich diese Dringliche überrascht, weil sie zu einer Negativspirale der
politischen Kultur beiträgt. (Bundesrat Schennach: Oh!)
Es haben sich jetzt Vertreter:innen aller politischen
Parteien zu Wort gemeldet, und die einzigen, die das Thema aufmachen, dass das
Antrittsalter auf
67 Jahre erhöht werden könnte, seid ihr, die SPÖ. (Bundesrätin
Schumann: Wir werden es gleich beantworten!) Ihr seid es, die hier
mit diesem Thema kommen. Ihr tut so, als sei es ein Thema (Bundesrätin
Schumann: Wir kommen gleich dazu!), obwohl es keines ist. (Bundesrätin
Schumann: Ja, ja!) Ihr konstruiert
einen Widerspruch, wo es keinen Widerspruch gibt. (Bundesrätin Schumann:
Genau!) Das muss ich euch vorwerfen. (Beifall bei Grünen
und ÖVP.)
Nun möchte ich zum inhaltlichen Bereich der Dringlichen
kommen. (Bundesrat Schennach: Es gibt schon ein Interview vom Herrn
Brunner, oder? – Bundesrätin Schumann:
... zugegeben! – Ruf bei der ÖVP: Lest einmal
sinnerfassend! – Bundesrätin Schumann: Ja, geh,
hör auf!) Ich werde hier jetzt einmal etwas klarstellen –
hört ihr zu? (Ruf bei den Grünen: Ja! –
Bundesrätin Schumann: Nein!) ‑: Die Grünen
werden keiner Anhebung des gesetzlichen Pensionsantrittsalters zustimmen!
Das werden wir nicht tun, das werden wir nicht tun, das werden wir nicht
tun! (Beifall bei den Grünen. – Zwischenrufe
der Bundesräte
Spanring und Steiner.)
Ich werde auch zwei Gründe nennen (anhaltende Zwischenrufe der Bundesräte Spanring und Steiner) – danke, das freut mich –, warum das
unvernünftig
wäre (Bundesrätin Schumann: Wieso habt ihr dann nicht
mitgestimmt beim Antrag?): Die Anhebung eines gesetzlichen
Pensionsantrittsalters würde die Kosten erhöhen und nicht
verbilligen. (Bundesrätin Schumann: Wieso habt ihr dann nicht
mitgestimmt?)
Warum? – Es ist ja eigentlich logisch (Bundesrätin
Schumann: Nur weil ihr
einen Antrag gehabt habt?): Wer länger arbeitet, hat einen
höheren Pensionsanspruch. Das
würde das System verteuern. (Bundesrätin Schumann: Ihr habt
nicht mitgestimmt beim Antrag!) Das ist schon einmal einer
der Gründe, warum wir nicht dafür sind.
Und, wir haben es ja von der ÖVP gehört: Auch die
ÖVP ist gegen eine Erhöhung des Antrittsalters. (Bundesrätin Grimling:
Ja, wer’s glaubt, wird selig!) Seit vier Jahren sind wir in der
Koalition, und wir haben natürlich viele Diskussionen, viele
Auseinandersetzungen und da wird um Positionen gerungen. (Bundesrat Schennach:
Viele Ehen sind auf Lügen aufgebaut! – Heiterkeit bei
der SPÖ. – Zwischenrufe bei Grünen und ÖVP.) –
Ja, Herr Kollege Schennach, zu Ihnen komme ich eh noch.
Es können sich auch noch viele an die Wahl 2006
erinnern. Wir wissen,
wie sie ausgegangen ist, und wir wissen, welches Thema damals dominiert hat.
Mir ist deswegen schon auch klar, was eigentlich der Zweck dieser
Petitionen und dieses Thematisierens – 67 droht!, und so
weiter – ist (Bundesrätin Schumann: Aber wir
lesen schon ein bisschen, was die Leute schreiben,
gell? Mit 67!): Es geht in Wirklichkeit um Wahlkampf und nicht um reale
Politik.
Zweiter Punkt, das ist mir auch wichtig: Die Grünen werden
auch keinem Ausbau kapitalgedeckter Elemente im Pensionssystem zustimmen.
Glücksspiel ist keine Pensionsabsicherung. Glücksspiel hat im Casino
etwas verloren,
aber nicht in unserem Pensionssystem. (Beifall bei den
Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)
Ein Thema möchte ich auch noch anschneiden: Frau
Kollegin Schumann, Sie sind ja Vorsitzende der ÖGB-Frauen. Frauenpolitik
ist Ihnen ein großes Anliegen (Bundesrätin Schumann:
Genau!), das nehme ich mit großer Wertschätzung wahr. (Ruf
bei der SPÖ: Oh, danke, danke!) Ich nehme mit großer
Wertschätzung
viele Vorschläge, Aussendungen und dergleichen wahr, aber da
möchte ich schon eine Frage aus der Dringlichen besonders herausnehmen,
nämlich die Frage 28.
Wenn man den Schluss, den diese Frage implementiert,
anschaut, erkennt man, dass Sie allen Ernstes dafür eintreten, dass
zusätzliche Steuermittel ins Pensionssystem fließen sollen und diese
ausschließlich Männern
mit überdurchschnittlich hohen Pensionen zugutekommen sollen. (Bundesrätin
Schumann: Nein, jetzt kommen die Frauen, die das nehmen können!
Kollege Schreuder, Sie wissen’s halt nicht!) Ich habe mir das
angeschaut, von
der Abschlagsfreiheit würden – mit stark sinkender Tendenz
übrigens – knapp 7 Prozent aller Pensionisten eines
Jahrgangs profitieren.
(Bundesrätin Schumann: Nein, jetzt kommen die Jahrgänge der
Frauen, Herr Kollege!)
Im Durchschnitt kam diese
Gruppe, die davon profitieren würde
(Bundesrätin Schumann: Wenn man sich nicht auskennt, ist es halt
auch schlecht!), im Dezember 2022 auf Pensionen in der Höhe von
2 980 Euro.
(Bundesrätin Schumann: Jetzt kommen die Frauenjahrgänge!
Jetzt kommen die
Frauenjahrgänge!) – Frau Schumann, ich
habe bei Ihrer Rede auch
zugehört, ja? (Bundesrätin Schumann: Der kennt sich nicht
aus!) Die durchschnittliche Alterspension lag im selben Monat bei
1 480 Euro.
(Bundesrätin Schumann: Bitte!) Die durchschnittliche
Alterspension von Frauen lag in diesem Zeitraum bei 1 170 Euro. (Bundesrätin
Schumann: Mir
brauchst das nicht erzählen! Aber jetzt kommen die Jahrgänge der
Frauen, die das nehmen könnten!) Das sind die Dimensionen, um die es
hier
geht. Die durchschnittliche Neupension von Frauen lag 2022 bei
1 388 Euro.
Angesichts dieses Befunds
stellt sich für mich folgende Frage: Warum
sollten 6 000 Männer (Bundesrätin Schumann: Weil
jetzt die Frauen kommen!), die jedes Jahr mit einer Pension, die doppelt so
hoch ist (Bundesrätin Schumann: Sinnlos, er
hat’s nicht begriffen!) wie die durchschnittliche Frauenpension, in
Pension gehen, mit 300 Euro Steuergeld noch weiterhin unterstützt werden und nicht
die Frauen? Diese Frage möchte ich hier ganz deutlich
der Vorsitzenden der ÖGB-Frauen stellen. (Bundesrätin Schumann:
Na geh! Das werden wir dann erklären! – Zwischenruf der
Bundesrätin Grimling.) Da
wird ein Geschenk der Steuerzahler:innen für wenige Männer gefordert,
ein Geschenk, das Frauen in den nächsten 30 oder 40 Jahren nicht
bekommen würden. (Bundesrätin Schumann: Rechnet die
Kindererziehungszeit besser an!)
Selbst mit anrechenbaren fünf Jahren aus der
Kinderbetreuung (Bundesrätin Schumann: Vier Jahre
werden angerechnet!) und den vollen in den nächsten Jahren
hinzukommenden fünf Jahren längerer Erwerbstätigkeit (Bundesrätin Schumann:
Geh, er kennt das System nicht!) kommen Frauen nicht einmal in die
Nähe der für die frühere Abschlagsfreiheit notwendigen
45 Beitragsjahre. (Bundesrätin Schumann: Vier
Jahre werden angerechnet! Das ist ja schmerzhaft! Vier Jahre werden
angerechnet!) – Frau Schumann, ich weiß nicht,
warum, aber ihr setzt euch für eine Regelung ein, die Frauen diskriminiert
und von der Männer profitieren würden, und das verstehe ich einfach
nicht!
(Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP. – Bundesrätin Schumann: Aber geh, geh, geh! Ich erklär’s dann! Ich habe eine Erklärung!)
Diese Regelung, für die Sie sich jetzt einsetzen, wurde
im Übrigen im Jahr 2012 von einem Sozialminister Hundstorfer
abgeschafft, nämlich unter anderem
mit den Stimmen – es sind heute noch zwei
SPÖ-Bundesrät:innen unter uns, die damals mitgestimmt haben –
der Kollegin Grimling und des Kollegen
Schennach. Diese Regelung wurde damals abgeschafft, weil sie mit sehr, sehr
hoher Wahrscheinlichkeit verfassungswidrig war. Es ist eher nicht so
einfach zu begründen, warum ein entrichteter Beitragseuro eines Mannes
mehr wert sein soll als der einer Frau. (Bundesrätin Schumann:
Ach geh! Wenn
man sich bei einem System nicht auskennt, ist es auch tragisch!)
Frau Schumann, übrigens haben ÖGB und
Arbeiterkammer genau aus diesem Grund die unvollständige
Abschlagsfreiheit, die im September 2019
vor der Wahl beschlossen wurde, nicht vor dem VfGH bekämpft, das wissen
Sie ganz genau. (Bundesrätin Schumann: Was?) Das Ergebnis
hätte wahrscheinlich die Aufhebung der Abschlagsfreiheit
zur Folge gehabt. (Bundesrätin Schumann: Was, was? Wer
hat ... geschrieben?) Und weil das so ist und weil die
Abschlagsfreiheit ausschließlich Männern mit ohnehin hohen Pensionen
zugutekommt (Bundesrätin Schumann: Geh!) und zugutekam und
weil diese sehr wahrscheinlich vom VfGH aufgehoben werden würde, haben
wir, auch
die Grünen, dafür gesorgt, dass diese Steuermittel, die für die
Abschlagsfreiheit aufgewendet wurden (Bundesrätin Schumann:
Nicht jetzt den Frühstarterbonus!), nicht einfach mir
nichts, dir nichts ins Budget zurückfließen, nein, wir haben einen
Frühstarter:innenbonus gestartet. (Bundesrätin Schumann:
Starter!) Es ist schon wichtig, das zu sagen. Vom
Frühstarter:innenbonus profitieren ungefähr 50 Prozent
aller Neupensionist:innen eines Jahres,
57 Prozent davon sind die Neupensionistinnen mit kleinem I, also
Frauen.
Ich erinnere, 7 Prozent Frauen auf der einen Seite und
auf der anderen 57 Prozent Frauen, die profitieren. Das möchte
ich hier schon sagen, weil immer
dann, wenn von dieser Hacklerregelung oder von deren Abschaffung die Rede
ist,
nicht von der Frauenförderung gesprochen wird. (Bundesrätin Schumann: Oh ja,
Anrechnung der Kindererziehungszeiten! Machen wir!) Das wird immer
ausgelassen und es wird so getan, als ob dafür nichts anderes gekommen
wäre. Und es tut mir leid, aber mit dem Frühstarter:innenbonus haben
wir eine hervorragende Fraueninitiative gestartet und für Gerechtigkeit
gesorgt.
(Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der
ÖVP. – Bundesrat Schennach: Das war aber kein
kräftiger Applaus!) – Ja, du kannst gerne mit applaudieren. (Bundesrätin
Schumann: Die ÖVP ist eh schon draußen, die interessiert es
ja gar nicht! Die halbe ÖVP ist draußen! Pensionen, kein Interesse!)
Ich appelliere an euch aber auch zu einem anderen wichtigen
Punkt: In der Dringlichen wird zur Senkung des Genderpaygaps eigentlich keine
gezielte Maßnahme gefordert, sondern eine höhere Attraktivität
des Berufsausstiegs von Frauen zur Kinderbetreuung. Da möchte ich
sagen, dass
Frauen eben nicht aus der Erwerbsarbeit vertrieben werden sollen,
sondern im Gegenteil. Da können wir, Frau Kollegin Schumann, gemeinsam an
der Verringerung des Genderpaygaps arbeiten (Bundesrätin Schumann:
Ihr hättet Zeit gehabt! – Bundesrätin Grimling: Ja,
ihr habt genug Zeit gehabt!) und dafür sorgen, dass
Frauen eben nicht aus dem Erwerbsleben ausscheiden müssen.
Weil wir schon dabei sind: Es ist möglich, dass dieses
Jahr noch einmal
eine Schutzklausel für Menschen, die nächstes Jahr in Pension gehen
werden, nötig sein wird. Das kann notwendig werden, unter anderem auch,
weil
es sonst attraktiver ist, heuer in Pension zu gehen als nächstes Jahr. Das
stimmt. Wir werden im Juli dieses Jahres ja dann die Zahlen kennen und genauer
wissen, wie es weitergeht.
Meine Damen und Herren, die anderen Teile hier lasse ich
jetzt aus, weil sie vom Herrn Minister schon sehr gut beantwortet worden sind,
aber eines möchte
ich hier schon noch sagen: Wenn hier suggeriert wird, dass hier etwas
im Raum steht, was nicht im Raum steht, dann finde ich das hochgefährlich.
(Bundesrätin Schumann: Ach geh!)
Und eines muss ich euch schon sagen (Bundesrätin Grimling:
Net, net, net!): Wenn solch ein Misstrauen in die
Institutionen – und da gehört das Pensionssystem dazu –
geschürt wird, dann werdet ihr nicht davon profitieren. (Bundesrätin
Schumann: Das ist jetzt eine Gitschthaler-Rede! – Weitere
Zwischenrufe bei
der SPÖ.) Davon profitieren dann diejenigen, die die Demokratie
abschaffen wollen und die mit populistischen und einfachen Parolen hier
reüssieren
werden. (Beifall bei Grünen und ÖVP.) Denen spielt ihr in die
Hände. Damit würde ich, wen ich Sozialdemokrat wäre, wirklich
vorsichtig sein. – Vielen Dank.
(Beifall bei Grünen und ÖVP. – Bundesrätin Schumann:
Genau, wir warten, bis ihr in Opposition seid! Sich im System nicht auskennen
und so eine Rede halten! – Bundesrat Babler: Jetzt kommt die
Frage ...! Jetzt musst du zuhören! Jetzt ist es dann
echt! – Bundesrätin Schumann: Jetzt kommen die
Siebenundsechziger! Jetzt einmal 67!)
17.26
Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Vielen Dank, Herr Bundesrat.
Als Nächster ist Herr Bundesrat Karl-Arthur Arlamovsky zu Wort gemeldet. Ich erteile ihm das Wort. – Bitte.
Bundesrat MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky
(NEOS, Wien): Herr Präsident! Sehr
geehrter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Wenn die SPÖ der ÖVP hier diesen Vorwurf macht, das Pensionssystem
sei nicht sicher, dann (Bundesrätin Schumann: Kommen die NEOS!)
sind Sie
eigentlich an der falschen Adresse, denn die ÖVP ist ja genauso eine
Partei wie die drei anderen hier, die behaupten, die Pensionen sind sicher. Nur
stimmt es halt nicht. Unsere Partei ist die einzige, die das infrage stellt.
Daher wären eigentlich wir die
Adressaten dieser Dringlichen. (Bundesrat Babler:
Eine tatsächliche Berichtigung von dir selbst wäre
jetzt angebracht! Tatsächliche Berichtigung von dir selbst, die Gefahr ist
real! – Bundesrätin Schumann:
Genau! – Die Bundesrät:innen Babler und Schumann:
Keine Scheindebatte! –
Bundesrat Schreuder: Das ist die erste Partei! – Bundesrätin Schumann: Ach geh, hör da auf! Ich meine, du wirst Twitter auch lesen, oder?)
Wenn man sich nämlich die
Zahlen und die Rechnungshofberichte anschaut, stellt man fest: Die
Belastungen des Bundesbudgets durch das Pensionssystem steigen von Jahr zu
Jahr, vor allem durch Pensionsvergünstigungen,
die in Regierungen, all jenen, denen die ÖVP seit ungefähr
35 Jahren angehört, beschlossen werden. Diese jährlichen
Pensionsvergünstigungen schlagen
sich dann natürlich negativ auf die Folgejahre nieder; weil ähnlich
wie beim Zinseszinseffekt jährlich auf die höhere Belastung eine
neue höhere draufkommt, und zwar zusätzlich.
In nackten Zahlen:
2022 hat der Zuschuss aus dem Bundesbudget für erstens die
gesetzliche Sozialversicherung, zweitens die Ausgaben für die
„Beamtenpensionen“ – diese in
Anführungszeichen –, Ruhebezüge, 23,4 Milliarden Euro
betragen, für 2027 werden da 35,2 Milliarden Euro prognostiziert.
Das
ist ein Plus von 12,8 Milliarden Euro beziehungsweise 50 Prozent in
fünf Jahren. Aber mit diesen Milliarden werden nur Löcher gestopft
und es wird nachhaltig nichts erreicht.
Heuer, das sieht man, wenn man
sich das Budget anschaut, fließen fast alle Lohnsteuereinnahmen in die
Aufrechterhaltung des Pensionssystems. –
Die Lohnsteuereinnahmen sind heuer mit 35,3 Milliarden Euro budgetiert,
die Ausgaben für Pensionen: 29,5 Milliarden Euro.
Die Belastungen in den
UG 22 und 23 steigen vom Jahr 2023 auf das Jahr 2024 um
15,62 Prozent nominell. Das ist das Doppelte der Inflationsrate letztes
Jahr. In absoluten Zahlen sind das im Jahr 2024 um 4 Milliarden Euro
mehr als im Jahr 2023. Das ist, zum Vergleich, das Volumen des gesamten
Klimabonus 2022.
Der Rechnungshof widerspricht in seinem jüngsten Bericht vom Oktober 2023 dem Narrativ der SPÖ. Der Rechnungshof stellt fest – ich zitiere –: Es besteht umfassender Handlungsbedarf. Gleichzeitig fehlen aber klare Kriterien, um beurteilen zu können, ob das Pensionssystem nachhaltig ist oder nicht.
„Weder die Alterssicherungskommission noch die Bundesregierung trafen eine gesamthafte Aussage über die langfristige Finanzierbarkeit des Pensionssystems.“
Seit 2005 ist die Pensionsanpassung nur zweimal wie vorgesehen mit einem am Verbraucherpreisindex orientierten Anpassungsfaktor erfolgt.
Nach Umsetzung der Angleichung
des gesetzlichen Frauenpensionsantrittsalters gehen Prognosen von einer
Stagnation des effektiven Pensionsantrittsalters
ab Mitte der 2030er-Jahre aus, obwohl die Lebenserwartung steigt.
2020 lag der Aufwand für
die gesetzliche Pensionsversicherung bei 47,254 Milliarden Euro, der
reine Pensionsaufwand bei 41,673 Milliarden Euro. Der
Rest wurde beispielsweise für die Ausgleichszulage ausgegeben. Der
größte Teil wurde mit Pflichtbeiträgen der Erwerbstätigen
in der Höhe von 32,526 Milliarden Euro finanziert, aber rund
30 Prozent der Aufwendungen, 14,165 Milliarden Euro, wurden
öffentlich finanziert, davon
10,197 Milliarden Euro aus dem Bundesbeitrag, und die Pensionen für
Beamte lagen bei 12,7 Milliarden Euro. – Zitatende. Das ist
alles aus dem Rechnungshofbericht.
Auch wenn man sich das
Pensionsantrittsalter anschaut, muss man sagen, die Schere zwischen Theorie und
Praxis geht immer weiter auseinander.
Nur in Frankreich und Belgien ist die Schere zwischen dem regulären und
dem effektiven Pensionsantrittsalter bei den Männern größer als
hierzulande,
wo die Differenz 3,4 Jahre beträgt. Und parallel zum früheren
Pensionsantritt ist die Lebenserwartung nach dem Ausscheiden aus dem
Arbeitsmarkt, also
die Bezugsdauer der Pension, in Österreich mit 21,6 Jahren für
Männer und 25,5 Jahren für Frauen deutlich
höher als im OECD-Schnitt, wo dieser Zeitraum für Männer
erwartungsgemäß noch 18,6 und für Frauen
22,8 Jahre Pensionsbezugsdauer beträgt.
Die Pensionen sind also tatsächlich nicht sicher, und leider sind wir die Einzigen, die dieser traurigen Wahrheit ins Auge blicken. – Vielen Dank.
17.31
Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Danke für Ihre Ausführungen, Herr Bundesrat.
Als Nächster zu Wort
gemeldet ist Herr Bundesrat Horst Schachner. Ich
erteile ihm das Wort.
Bundesrat Horst Schachner (SPÖ,
Steiermark): Herr Präsident! Herr
Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Jetzt ist das wie beim letzten Tagesordnungspunkt,
das läuft alles ein bisschen aus dem Ruder. Jeder erzählt irgendwie
Unwahrheiten und vielleicht auch Wahrheiten (Zwischenrufe
bei der ÖVP), aber ein bisschen Unwahrheiten sind auch dabei, da kann
ich nur fragen:. Wisst ihr, was das größte Problem ist? –
Das größte Problem ist,
dass die Menschen, die hier in diesem Land wohnen, Angst haben, dass sie die
Pensionen nicht anständig ausgezahlt kriegen und dass sie nicht davon
leben können, wenn sie in Pension gehen. Das ist die große Angst,
die die Menschen haben. (Beifall bei der SPÖ.)
Ich habe das heute Magnus Brunner
gegenüber nicht grundlos angesprochen, als ich gesagt habe:
Was ist denn da eigentlich in Dänemark so super und so klasse? Man muss
wissen, dass in Österreich eine Person in Wirklichkeit genau bis
61,2 Jahre gesund in Arbeit bleibt; den Rest ist sie dann krank. Frauen
sind im Schnitt 61,2 Jahre alt und Männer 61,4 Jahre, so lange
sind sie
gesund, und dann werden sie krank. EU-weit liegt der Durchschnitt bei über
65 Jahren, nur in Österreich liegt er bei 61,2 beziehungsweise 61,4 Jahren. Das muss man dazu wissen, liebe Kolleginnen und Kollegen. (Präsidentin Göll übernimmt den Vorsitz.)
Und ganz, ganz wichtig: Heute ist wieder behauptet worden,
es redet
keiner darüber. Also ich werde oft darauf angesprochen und auf der
Straße gefragt, wie es mit dem Pensionsrecht ausschaut, ob es
stimmt, dass die Menschen jetzt dann
irgendwann einmal bis 67 oder 68 werden arbeiten müssen. (Bundesrätin
Eder-Gitschthaler: Nein! – Weitere Zwischenrufe bei der
ÖVP.)
Ich sage noch etwas – ihr redet vielleicht nicht
so viel mit Leuten, ich rede ja viel mit Leuten, ihr
weißt, ich bin immer unterwegs (Beifall bei der
SPÖ) –, ich kann nur sagen: Man
wird immer wieder gefragt, und ich gebe jedem
meine Antwort, indem ich sage: Freunde, als ich im 77er-Jahr zu lernen angefangen habe, haben sie zu mir gesagt: Du wirst keine
Pension mehr bekommen!
Das Thema hat Korinna heute schon richtig angesprochen hier
heraußen: Du wirst keine Pension mehr bekommen. Natürlich sind wir
froh, dass wir ein staatliches Pensionssystem haben, und das Pensionsrecht, das
wir
haben, ist sicher eines der besten auf der ganzen Welt (Beifall
bei der SPÖ), aber da muss man aufpassen, dass das auch
weiterhin so bleibt.
Und ich sage euch noch etwas dazu – ich habe mir
das genau herausgeschrieben; die Zahlen stammen vom Dezember 2022 und
beziffern die Durchschnittspension von Österreicherinnen und
Österreichern, Arbeitern und Angestellten –: Es sind
1 513 Euro brutto im Durchschnitt. Ich weiß nicht,
woher die heute genannten Zahlen mit 2 900 Euro und vielleicht noch
mehr genommen worden sind. Arbeiter bekommen 1 255 Euro, Angestellte
1 813 Euro brutto, Männer verdienen ungefähr
2 000 Euro brutto, Frauen bekommen 1 280 Euro.
Und wisst ihr, wie der
Ausgleichszulagenrichtsatz bei uns ausschaut? – Der ist genau um
1 Euro niedriger als die durchschnittliche Frauenpension. Das
ist ja für ein Land wie Österreich beschämend, denn das
bedeutet, dass Frauen
in Wirklichkeit eigentlich zu wenig Pension haben. Das
funktioniert in
anderen Ländern besser als bei uns, muss ich ganz ehrlich sagen. (Beifall bei
der SPÖ.)
Schaut, ich bin ja schon lange
im Geschäft und ich sage euch: Ich habe einmal die Ehre gehabt, am
Karmeliterplatz – ihr wisst, wo der bei uns in Graz ist;
dort ist auch die ÖVP-Zentrale, in der hat es dienstags immer eine
Veranstaltung gegeben, wenn ihr euch noch erinnern könnt– mit Bernd
Marin eine Podiumsdiskussion über Pensionen zu führen. Teilgenommen
haben zwei Unternehmer, jemand von der Wirtschaftskammer, Bernd Marin und
meine
Person. Bei dieser Podiumsdiskussion wurde propagiert, dass man vor allem
einmal länger arbeiten sollte. Bernd Marin hat dort wortwörtlich
gesagt, dass er einen Onkel hat, der mit 80 auch noch gearbeitet hat. Ich habe
ihn dort
dann gefragt: Herr Marin, was hat Ihr Onkel mit 80 gemacht, das
würde ich gerne wissen, denn man kann das wahrscheinlich nicht mit der
Arbeit eines Maurers oder Fliesenlegers oder anderen ähnlichen
Tätigkeiten vergleichen? (Beifall bei der SPÖ.)
Marin hat geantwortet, dass sein Onkel Bücher geschrieben hat. Ja,
Freunde, da haben sogar alle von der ÖVP-Zentrale
gelacht, weil man das nicht miteinander vergleichen kann.
Man hat Marin allerdings
damals, im Jahr 2002, wenn ihr euch noch erinnern könnt, als
Pensionsguru in Österreich installiert. Ich glaube, er hat sogar
den Kanzler beraten und ausgearbeitet, wie man die Pensionsreform am besten
machen sollte.
Ich sage euch ganz ehrlich, das ist ein Wahnsinn für
die Leute draußen,
was sich da abspielt, was sich da am Markt tut. Erzählt das einmal
Menschen, die ihr ganzes Leben lang, 45 Jahre, gearbeitet haben, ob jetzt
am Bau oder
in der Pflege, als Ärztinnen und Ärzte oder irgendeinen anderen Beruf
wie etwa Bäcker ausgeübt haben! Ihr könnt mir glauben:
45 Jahre müssen einfach
genug sein. Da darf man einfach nichts anbrennen lassen, denn nach
45 Jahren hat man einfach ausgedient. (Beifall bei der
SPÖ.)
Bei den 61,5 gesunden Jahren, die ich zuvor bereits angesprochen habe, weiß man ja ganz genau, was sich da abspielt.
Und jetzt fängt die ganze Diskussion wieder genauso an
wie in den Jahren 2000, 2002. IHS-Chef Holger Bonin – den wird
ja jeder hier herinnen kennen –
hat erst vor Kurzem in der „Zeit im Bild“, in der „Zeit im
Bild 2“ war er, so glaube ich, gesagt, wir müssen darauf
achten, dass die Menschen bis 67 arbeiten,
und er verstehe bis heute nicht, warum wir nicht überall Diskussionen
darüber haben, dass alle bis 67 werden arbeiten müssen, weil wir uns
sonst das
Ganze einfach nicht werden leisten können. Das sagt jetzt also wieder
einer, der vielleicht den Auftrag hat, eine Diskussion darüber zu
entfachen, dass wir
länger arbeiten müssen. Das finde ich einfach nicht in
Ordnung. Er ist immerhin der IHS-Chef.
Ich kann euch nur sagen, dass das mit uns ohnehin nicht funktionieren wird. (Bundesrat Steiner: Volkskanzler Kickl!) Warten wir ab, was sich im September noch abspielen wird. Dann werden wir sehen, wie sich das Ganze entwickeln wird.
Wir bringen deshalb auch einen Entschließungsantrag ein:
Entschließungsantrag
der Bundesrät:innen Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Einführung einer Schutzklausel bei der Aufwertung der Pensionskontogutschriften“
Der Bundesrat wolle beschließen:
„Der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz wird aufgefordert, dem Nationalrat und dem Bundesrat umgehend eine Regierungsvorlage zur Beschlussfassung zu übermitteln mit der sichergestellt wird, dass die Kaufkraft, der in der Vergangenheit erworbenen Pensionskontogutschriften, erhalten bleibt und daher bei der Ermittlung der
Aufwertungszahl zur bisherigen Regelung eine Schutzklausel eingeführt wird, indem die Aufwertung jedenfalls zumindest in der Höhe des Anpassungsfaktors (§ 108f ASVG) zu erfolgen hat.“
*****
Wir lassen unsere drei Anträge namentlich abstimmen, und ich bin neugierig, wer da heute bei unseren Anträgen mitstimmt. – Glück auf! (Beifall bei der SPÖ.)
17.39
Präsidentin Margit Göll: Der von den Bundesräten Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „Einführung einer Schutzklausel bei der Aufwertung der Pensionskontogutschriften“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.
Zu Wort gemeldet ist Bundesrat Mag. Franz Ebner. – Bitte.
Bundesrat
Mag. Franz Ebner (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr
Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte
Zuseherinnen und Zuseher! Zu Beginn meines Beitrags möchte ich mich
herzlich bei Herrn Bundesminister Rauch bedanken,
und zwar einerseits für die ausführliche Anfragebeantwortung, aber
auch für die Klarstellung, dass das gesetzliche Pensionsantrittsalter kein
Thema ist. Das
hat ja auch Bundesminister Brunner am Vormittag schon klargestellt.
Also handelt es sich hier jetzt faktisch um eine Scheindebatte und
künstliche Aufregung. (Beifall bei ÖVP und
Grünen.)
Ich möchte die Dringliche
Anfrage aber gerne zum Anlass nehmen, um einige Mythen, die im Zusammenhang mit
den Pensionen im Umlauf sind,
einem Faktencheck zu unterziehen. Gleich vorweg: Es wäre an dieser Stelle
unredlich, zu behaupten, dass es niemals erforderlich sein wird, Anpassungen am Pensionssystem
vorzunehmen, aber auch ich bin davon überzeugt, dass die Pensionen sicher sind. Warum? – Weil die staatlichen
Zuschüsse
zum Pensionssystem immer in Relation zur Wirtschaftsleistung zu sehen sind, und dieses Verhältnis ist relativ stabil, auch wenn die staatlichen Zuschüsse in absoluten Zahlen steigen. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPÖ, eines ist aber auch klar: Mit einer 32-Stunden-Woche wird es wahrscheinlich nicht funktionieren. (Beifall bei der ÖVP.)
Häufig wird die Frage
ventiliert, ob wir uns die Alten in Zukunft noch werden leisten können.
Ich sage: Wir müssen sie uns leisten!, und ich werde auch
noch ausführen, warum das so ist.
An dieser Stelle ist mir
persönlich wichtig, das Bild der Seniorinnen und Senioren in der
Öffentlichkeit ein Stück weit zurechtzurücken. Häufig wird
die ältere Generation ausschließlich als Kostenfaktor, teilweise
sogar als Belastung für die Gesellschaft dargestellt. Dagegen verwahre ich
mich mit aller Vehemenz,
meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der
ÖVP.)
Dazu möchte ich
zunächst einmal Kostenwahrheit zu den Pensionen herstellen. Rund
28 Milliarden Euro an staatlichen Zuschüssen zum Pensionssystem
werden in der aktuellen Debatte immer wieder erwähnt. Es lohnt sich, diese
Zahl einmal etwas näher zu beleuchten und da Kostenwahrheit herzustellen.
Von diesen 28 Milliarden Euro staatlichen
Zuschüssen gehen rund 14 Milliarden Euro ins ASVG-System,
14 Milliarden Euro sind Zuschüsse zu den Beamtenpensionen. Ich
möchte das differenziert betrachten. Bei den Beamtenpensionen kann
man von den 14 Milliarden Euro Zuschüssen etliches an
Kosten abziehen, weil der Staat ja keine Arbeitnehmer- und
Arbeitgeberbeiträge zahlt und die da sozusagen abzuziehen sind. Das gilt
ebenso für Pensionssicherungsbeiträge und verschiedene
Sozialleistungen. Auch bei den Beamtenpensionen gibt es entsprechende
Einnahmen aus der Lohnsteuer, die
man auf der anderen Seite der Bilanz wieder gegenrechnen sollte. Übrig
bleibt daher ein Nettozuschuss zu den Beamtenpensionen von 8,7 Milliarden
Euro.
Bei der ASVG-Pension
beträgt der Zuschuss 14 Milliarden Euro, davon sind
3,1 Milliarden Sozialleistungen, zum Beispiel die Ausgleichszulage, die
eigentlich dem Sozialbudget zuzurechnen wären. Und die ASVG-Pensionisten
zahlen in Summe pro Jahr 5,4 Milliarden Euro an Lohnsteuer, die der
Staat als Einnahmen verbuchen kann. Es bleiben also 5,5 Milliarden Euro an
Nettozuschüssen des Staates zu den ASVG-Pensionen übrig. In Summe
bekommen Beamten- und ASVG-Pensionisten also nicht 28 Milliarden Euro,
sondern nur rund 14 Milliarden Euro, um da einmal Kostenwahrheit
herzustellen. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)
Ja, natürlich betreffen
Pensions-, Gesundheits- und Pflegekosten vorwiegend ältere
Menschen, aber genau diese Generation hat auch ein Leben lang viel geleistet
und in die Systeme einbezahlt. Es ist wichtig, auch die andere
Seite der Bilanz zu lesen. Manchmal habe ich den Eindruck, dass manche da auf
einem Auge blind sind.
Die Seniorinnen und Senioren
sind auch während der Zeit ihrer Pension ein wichtiger Wirtschaftsfaktor,
wenn man davon ausgeht, dass rund 30 Prozent des privaten Konsums von der
Generation 60 plus geleistet wird. Fast ein Drittel
des privaten Konsums wird von der Generation 60 plus verbraucht.
Die Seniorinnen und Senioren
sind jedoch nicht nur ein wichtiger Wirtschaftsfaktor, sondern vor allem
auch ein Schatz für die Gesellschaft. (Beifall bei
der ÖVP und bei Bundesrät:innen der Grünen.)
In den
Freiwilligenorganisationen, in den Vereinen – wie viele Vereine
würde es heute nicht mehr geben, würden sich nicht Seniorinnen und
Senioren in
ihnen engagieren –, bei der Unterstützung in der
Kinderbetreuung und vor allem auch bei der Angehörigenpflege sind
Seniorinnen und Senioren nicht wegzudenken. Oft ist es nämlich so,
dass junge Pensionist:innen ihre hochbetagten Eltern in der häuslichen
Angehörigenpflege pflegen. Das ist ein enormer
Beitrag zum Funktionieren der Gesellschaft. Ich denke da zusätzlich noch
an
Lotsendienste, an die Mithilfe bei Essen auf Rädern und verschiedenen anderen Initiativen.
Worauf will ich
hinaus? – Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Bundesregierung
weiß sehr zu schätzen, was die Seniorinnen und Senioren
geleistet haben und immer noch leisten. Daher haben wir in Österreich auch
eines der besten Pensionssysteme, und das
wird auch so bleiben. (Beifall
bei ÖVP und Grünen.)
Nach Luxemburg haben wir die
zweithöchsten Pensionen in der Europäischen Union. Wir haben
übrigens seit Jahrzehnten ganz selbstverständlich
14 Monatspensionen pro Jahr; in Deutschland gibt es dagegen beispielsweise
nur zwölf Monatspensionen. Vor drei,
vier Wochen gab es in der Schweiz
eine Volksabstimmung, in der darüber abgestimmt wurde und dem die
Zustimmung erteilt worden ist, dass es dort ab dem Jahr 2026 eine
13. Monatspension geben wird – in der Schweiz,
unserem großen Vorbild, zu dem wir immer aufblicken!
Auch die Aliquotierung der Pensionsanpassung wurde zwei Jahre lang ausgesetzt, wie wir gehört haben, weil die Inflation entsprechend hoch war. Es gab den vollen Teuerungsausgleich bei den Pensionsanpassungen plus Zusatzzahlungen vor allem für niedrigere Pensionen. Es ist eine Schutzklausel eingeführt worden. Das automatische Pensionssplitting, das der Frauenarmut entgegenwirken soll, haben wir noch auf der Agenda; da brauchen wir noch etwas Durchsetzungsvermögen.
Abschließend möchte ich festhalten, dass der Weg, das tatsächliche Pensionsantrittsalter an das gesetzliche heranzuführen, den auch die Regierungsfraktionen vertreten, der einzig richtige Weg ist. Wie bereits gesagt haben unsere beiden Minister das heute schon außer Streit gestellt.
Dringliche Anfragen wie diese dienen auch eher oder einzig
und allein
dazu, Unsicherheit zu schüren; das ist meine Meinung. Wir brauchen aber
Vertrauen in unsere Systeme und keine Unsicherheiten. Liebe Kolleginnen und
Kollegen von der SPÖ, tragen auch Sie dazu bei. – Vielen Dank. (Beifall
bei ÖVP und Grünen.)
17.48
Präsidentin Margit Göll: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Günter Kovacs. – Bitte.
Bundesrat Günter Kovacs (SPÖ,
Burgenland): Frau Präsidentin! Herr
Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Herr Mag. Ebner,
Sie haben vorhin
gerade gesagt, Herr Finanzminister Brunner hätte nicht gesagt, man solle
eventuell erst mit 67 in Pension gehen können. Eine Zukunftsvision? (Bundesrätin
Eder-Gitschthaler: Er hat das klargestellt!) Dann lese ich Ihnen die
Presseaussendungen aus der „Krone“ vor, die Finanzminister Brunner zitiert, der das
System in Dänemark bewundert. (Bundesrätin Eder-Gitschthaler:
Stimmt denn alles, was in der Zeitung steht?) Für die Jahrgänge
ab 1966
wird – ich zitiere – das Pensionsantrittsalter alle
fünf Jahre evaluiert und angepasst. Derart ideologiebefreit lassen
sich Reformen durchboxen. Das hat
der Herr Finanzminister gesagt. (Oh- und Ah-Rufe bei der SPÖ.)
Ich sage Ihnen ganz ehrlich, ich bin froh,
dass wir heute diese Dringliche haben. Danke, Korinna, wirklich danke
dafür! Heute sieht man, wer tatsächlich
aufseiten der Pensionisten, der Pensionistinnen steht und wer nicht auf deren
Seite ist. Die NEOS zum Beispiel sprechen es ganz klar aus. Die ÖVP
macht es schlau, denn sie behauptet, für die Pensionisten zu sein, und in
Wahrheit, Frau Dr. Eder-Gitschthaler, leben Sie in einer Art
Festspielblase,
was die Seniorinnen und Senioren anlangt. Das haben auch die letzten Wahlen in
Salzburg gezeigt. Die Pensionistinnen und Pensionisten haben Ihnen, so
glaube ich, dabei nicht gerade Danke gesagt. (Beifall bei der
SPÖ und bei Bundesrät:innen der FPÖ. –
Bundesrätin Eder-Gitschthaler: Ich lade dich ein, komm
zu meinen Senioren!)
Seien wir ganz ehrlich, lieber Mag. Ebner: Wenn man
sich hierherstellt, die Pensionisten ganz großartig lobt und sagt,
ihr Beitrag sei so wertvoll, dann
frage ich dich, warum ÖVP und Grüne in den letzten Jahren die
Hacklerregelung derart beschnitten haben. Menschen, die 45 beziehungsweise
47 Jahre gearbeitet haben, müssen 12,6 Prozent Abzug
hinnehmen – bei 47 Jahren Arbeit und einem Alter von
62 Jahren, das ist ein Skandal sondergleichen! – Das vergisst
keiner. (Beifall bei SPÖ und FPÖ.)
Ich sehe hier immer das Gleiche: Die Köpfe gehen nach
unten – aber ich kann euch sagen, im September wird abgerechnet.
Nach der Wahl wird abgerechnet! (Bundesrat Steiner: Volkskanzler!)
Ich sage euch auch, es ist ganz wichtig, dass dann jene Partei, die für
die Senioren und für die Pensionistinnen
und Pensionisten da ist, Verantwortung übernimmt, und das ist
natürlich die Sozialdemokratie! (Beifall bei der SPÖ. –
Bundesrat Steiner: ... als
Juniorpartner!)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich habe natürlich ganz
genau zugehört, was Herr Bundesrat Schreuder gesagt hat – und
das kann ich wirklich bestätigen. Wie hat er
gesagt? – Frau Bundesrätin Schumann setzt sich nicht für
Frauen ein, hast du da bei irgendeinem Punkt gesagt! (Bundesrat Schreuder:
Sie
setzt sich sehr oft für Frauen ein, nur in einem Punkt ...!) Du
hast gesagt, die Frauen würden da nicht bevorzugt, oder die Männer
würden bevorzugt, hast du
gesagt. Du hast gesagt, die Männer
würden bevorzugt. Eigentlich unfassbar, wenn du das gerade bei
Kollegin Schumann sagst! (Bundesrat Schreuder:
Nein, das habe ich nicht gesagt!) Sie zeigt ja wirklich
tagtäglich, dass sie sich für Frauen besonders einsetzt. Also das ist
ja wirklich fast schon letztklassig. (Bundesrat Schreuder: Ich
glaube, die Frau Kollegin hat es besser verstanden als du! Du hast es nicht
verstanden!)
Zu Frau Bundesrätin
Schartel: Wie hat sie vorhin gesagt, wie hat sie uns beschimpft? Die
Sozialdemokratie sei bei vielen Beschlüssen dabei gewesen? –
Bei vielen Beschlüssen mögen wir dabei gewesen sein, ich kann aber
sagen, bei einem Beschluss waren wir sicher nicht dabei: Als es damals in der
Covid-Krise geheißen hat, man solle den Menschen das Pferdeentwurmungsmittel
Iverctemin verabreichen! Da waren wir sicher nicht dabei. (Beifall
bei der SPÖ. – Bundesrat Spanring: Das heißt ja
anders!) Das war eine Situation, die wir nie mehr wieder haben wollen.
Wichtig ist, dass wir auf zwei Seiten Sicherheit möchten: Wir wollen Sicherheit für die Menschen, die jetzt schon in Pension sind oder kurz vor der Pension stehen, aber auch für die jungen Menschen. Wir wollen Sicherheit für die jungen Menschen, die jetzt schon sagen: Wir wollen auch eine gesicherte Pension haben!
Ich sage ganz klar, dass wir als
österreichischer Staat uns das leisten können. Es ist heute schon oft
gesagt worden, das System hat sich bewährt. Ich glaube, da sind
wir wirklich alle stolz darauf, es hat sich seit zig Jahren bewährt, und
wir werden auch in Zukunft stets daran festhalten. Wir werden nicht zulassen, dass
Stimmen laut werden – die Kollegen Mertel und Schachner haben das
schon angesprochen – wie die des Herrn Bonin vom IHS, der uns in
der „ZIB 2“ lächelnd ausrichtet, man solle eventuell bis
67 Jahre arbeiten gehen.
Ich sage, es muss auch einen
Unterschied geben für Menschen, die wirklich physisch arbeiten.
Eines wurde heute nämlich noch nicht gesagt: Jemand, der Maurer oder
Bauarbeiter war, wird nicht das Durchschnittsalter
eines Beamten erreichen, der vielleicht 85, 90 Jahre in bester Gesundheit
verbringt! (Beifall bei der SPÖ.) Denken wir auch an Menschen, die
auf
dem Bau stehen und später einmal oft nur 65, 70 Jahre alt werden und
keine oder nicht lange eine Pension bekommen!
In diesem Sinne möchte ich eines festhalten: Wir wollen, dass die Sicherheit der Pensionen weiterhin gewährleistet wird! – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)
17.53
Präsidentin Margit Göll: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.
Wünscht noch jemand das Wort? – Bitte, Frau Bundesrätin Korinna Schumann.
17.53
Bundesrätin Korinna Schumann
(SPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau
Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Wenn wir an die Pensionsreform 2003
denken, wäre es für die FPÖ, glaube ich, gescheit, wenn sie
jetzt ruhig wäre; ganz deutlich gesagt. Da können sich die
Österreicherinnen und Österreicher wirklich bedanken. (Bundesrat Steiner:
Wir haben dich nur
bewundert, dass du jetzt ...!) –Großartig, super, ist
gut. Alles in bester Ordnung.
Was mich jetzt bei den
Redebeiträgen ganz besonders erstaunt hat,
besonders bei den Grünen, ist, dass man sozusagen der Opposition das Recht
abspricht, zu Themen zu sprechen, die jene Leute, die tagtäglich zu uns
kommen, wirklich bewegen! (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Schreuder:
Habe ich ja nicht gemacht, so ein Blödsinn!)
Man wirft uns vor, wir würden sozusagen Unruhe stiften: Ja bitte, ganz ehrlich, geht raus und redet mit den Leuten! Ganz ehrlich! (Beifall bei der SPÖ.)
Die Menschen stellen permanent
die Fragen: Wie schaut es mit mir aus, wie schaut es mit meiner Pension aus,
wie geht denn das weiter? (Bundesrat Schreuder: Meine
Mutter ist Mindestpensionistin, glaubst du, ich rede nicht mit ihr?) –
Ist gut. Beste Bedingungen für deine Mutter, aber deine Mutter ist
nur ein Teil eines Gesamtsystems! (Bundesrat Schreuder: Glaubst du,
wir kennen uns nicht aus, oder was?) – Aber dann sagt doch nicht
zu uns, wir sollten
das Thema nicht ansprechen! (Bundesrat Schreuder: Habe ich nicht
gesagt – ich habe gesagt, wie ihr es ansprecht ...!) –
Ja aber freilich! Gesagt wurde uns:
Sprecht das Thema nicht an, das verursacht Unsicherheit! – Also geh
bitte, das ist doch nicht wahr!
Ich freue mich auch sehr, Andrea, ganz ehrlich, dass du nur
mit Pensionisten zusammen bist, die – wie hast du es so
schön gesagt? – froh und zufrieden sind. Ja, das ist eh
schön, die gibt es und die mögen wirklich froh und zufrieden bleiben –
wir wollen das aber halt für alle haben, und es geht nicht allen so, weil
die Bedingungen zu schwierig sind, ganz einfach! (Beifall bei der
SPÖ. – Zwischenruf des Bundesrates Tiefnig.)
Ja, die Pensionistinnen und
Pensionisten – und besonders die Frauen – leisten
unglaublich viel Arbeit für die Kinder in diesem Land. Sie übernehmen
die Kinderbetreuung in den Ferien und am Nachmittag und sie besorgen die Pflege
der älteren Angehörigen – es darf euch aber bitte nicht
entgangen sein, dass das Pensionsantrittsalter der Frauen
angehoben wird! Das heißt, die Frauen werden länger arbeiten, und
ihr bereitet nichts vor für die
Zukunft, wenn diese Arbeitsleistung, die ganz viele ältere Herrschaften
freiwillig geleistet haben, jetzt einfach nicht mehr da ist.
Ihr habt nichts vorbereitet,
damit es das institutionell gibt. Ganz ehrlich:
Wie soll man es denn machen, wenn es keine Kinderbetreuung gibt, wenn es keine
Nachmittagsbetreuung gibt, wenn es keine Ferienbetreuung gibt
und die Frauen jetzt länger arbeiten werden? Was machen wir dann? (Zwischenruf
der Bundesrätin Miesenberger.) – Wie schaut es denn
in Ihrem Ort
aus? Wie schaut es denn in Ihrem Bundesland aus? Gibt es flächendeckende
kostenfreie Kinderbetreuung, auch nachmittags? Ist das so weit?
Ich hoffe, das stimmt, wenn Sie
mir jetzt nickend zustimmen: Sie haben das im Bundesland flächendeckend,
auch nachmittags und in den Ferien, es gibt
ein Angebot an Ganztagsschulen und Nachmittagsbetreuung. – Also geh,
leider stimmt es halt nicht. Das ist halt ein bisschen ein Problem, so schaut
es
nicht aus. Man wird etwas tun müssen. Es ist Zeit, etwas zu tun!
Noch etwas zur Schutzklausel
sei gesagt: Die Schutzklausel ist gekommen, weil der Druck so groß war!
Es haben nämlich so viele gesagt: Um Himmels
willen, ich habe Verluste, ich gehe schnell früher in Pension! Dann habt
ihr die Schutzklausel eingeführt – doch nicht, weil wir Unruhe
gestiftet haben,
sondern ihr musstet die Schutzklausel einführen, weil man sonst durch die
Verluste und die früheren Pensionsantritte ein riesiges Problem
gehabt hätte!
Tun wir also etwas, vor allen Dingen für die Frauen! Tun wir etwas für die, die lange hackeln! (Beifall bei der SPÖ.)
Rechnen wir die Zeiten der Kindererziehung besser an und schauen wir darauf, dass die Leute nicht bis 67 arbeiten müssen! Wenn das eh so klar ist, bitte warum habt ihr dann am 7. Dezember bei unserem Antrag – mit namentlicher Abstimmung – nicht mitgestimmt? Jetzt gibt es aber eine neue Gelegenheit. (Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei der SPÖ: Genau!)
Ich bringe noch einmal einen Antrag ein:
Entschließungsantrag
der Bundesrät:innen Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Sicherung des Pensionssystems“
Die unterfertigten Bundesräte stellen daher nachfolgenden
Entschließungsantrag
Der Bundesrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz und der Bundesminister für Finanzen werden aufgefordert, die gesetzlichen Pensionen zu sichern, indem sie
- die erforderlichen finanziellen Mittel für eine
Personaloffensive
in den Bereichen Gesundheit, Kinderbildung und Pflege zur Verfügung
stellen,
- Maßnahmen umsetzen, damit alle geleisteten
Arbeitsstunden erfasst
und korrekt entlohnt werden,
- Rahmenbedingungen schaffen, die gesundes Arbeiten bis zum Pensionsantritt ermöglichen,
- endlich geeignete Anreize setzen um das faktische
Pensionsantrittsalter
weiter zu erhöhen,
- eine abschlagsfreie Pension mit 45 Arbeitsjahren sicherstellen,
- Maßnahmen umsetzen, um Frauen aus der Teilzeitfalle zu holen,
- eine verbesserte Anrechnung der Kindererziehungszeiten vorsehen und
- ein klares Bekenntnis gegen eine Erhöhung des derzeitigen gesetzlichen Pensionsantrittsalters abgeben.“
*****
Das steht jetzt alles da, ihr könnt jetzt eindeutig
mitstimmen. Kein Problem, jetzt ist die Gelegenheit, zu zeigen: Wie hält
man es mit den Pensionen? Wie
schaut man auf die älteren Menschen in diesem Land, und wer schaut auf die
älteren Menschen? Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten wissen, was zu
tun ist! (Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei der FPÖ:
Bravo!)
17.59
Präsidentin Margit Göll: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.
Wünscht noch jemand das Wort? (Bundesrat Steiner:
Babler! Der Babler will! – Heiterkeit
bei der SPÖ. – Bundesrat Babler – eine
Kusshand Richtung
Bundesrat Steiner schickend –: Bussi!) – Es
ist dies nicht der Fall.
Der von den Bundesrät:innen Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „Sicherung des Pensionssystems“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.
Die Debatte ist geschlossen.
Es liegt ein Antrag der Bundesräte Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen auf Fassung einer Entschließung betreffend „Abschaffung der ungerechten Aliquotierung der ersten Pensionsanpassung“ vor.
Hiezu ist eine namentliche Abstimmung verlangt worden.
Da dieses Verlangen von fünf Bundesräten gestellt wurde, ist gemäß § 54 Abs. 3 der Geschäftsordnung eine namentliche Abstimmung durchzuführen.
Im Sinne des § 55
Abs. 5 der Geschäftsordnung erfolgt die Stimmabgabe nach Aufruf durch
die Schriftführung in alphabetischer Reihenfolge mündlich
mit „Ja“ oder „Nein“. Ich
bitte daher um eine deutliche Äußerung.
Ich ersuche nunmehr die Schriftführung um den Aufruf der Bundesräte in alphabetischer Reihenfolge.
*****
(Über Namensaufruf durch Schriftführer Fischer geben die Bundesrät:innen ihr Stimmverhalten mündlich bekannt.)
*****
Präsidentin Margit Göll: Ich mache von meinem Stimmrecht Gebrauch und stimme mit „Nein“.
Die Stimmabgabe ist somit beendet.
Ich unterbreche zur Auszählung der Stimmen kurz die Sitzung.
(Die zuständigen Bediensteten nehmen die Stimmenzählung vor. – Die Sitzung wird um 18.05 Uhr unterbrochen und um 18.07 Uhr wieder aufgenommen.)
Präsidentin
Margit Göll: Ich nehme
die unterbrochene Sitzung wieder auf
und gebe nun das Abstimmungsergebnis bekannt.
Demnach entfallen auf den gegenständlichen Entschließungsantrag bei 58 abgegebenen Stimmen 27 „Ja“-Stimmen und 31 „Nein“-Stimmen. Der Entschließungsantrag ist somit abgelehnt.
Mit „Ja“ stimmten die Bundesrät:innen:
Arpa;
Babler, Bernard;
Fischer;
Gerdenitsch, Grimling, Grossmann, Gruber-Pruner;
Hahn;
Kofler, Kovacs;
Lancaster, Leinfellner;
Mertel;
Obrecht;
Pröller;
Reisinger;
Schachner, Schartel, Schennach, Schmid, Schumann, Spanring, Steiner, Steinmaurer;
Theuermann;
Wanner.
Mit „Nein“ stimmten die Bundesrät:innen:
Arlamovsky;
Böhmwalder, Buchmann;
Ebner, Eder, Eder-Gitschthaler;
Geieregger, Gfrerer, Göll, Gross;
Hauschildt-Buschberger, Himmer, Huber, Hutter;
Jagl;
Kittl, Kohl;
Lassnig;
Miesenberger;
Neurauter;
Prügl;
Ruf, Ruprecht;
Schreuder, Schwarz-Fuchs, Schwindsackl, Stillebacher, Stotter;
Tiefnig;
Wolff;
Zauner.
*****
Präsidentin Margit Göll: Es liegt ein Antrag der Bundesräte Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen auf Fassung einer Entschließung betreffend „Einführung einer Schutzklausel bei der Aufwertung der Pensionskontogutschriften“ vor.
Hiezu ist eine namentliche Abstimmung verlangt worden.
Da dieses Verlangen von
fünf Bundesräten gestellt wurde, ist gemäß § 54
Abs. 3 der Geschäftsordnung eine namentliche Abstimmung
durchzuführen. Ich
gehe daher entsprechend vor.
Im Sinne des § 55
Abs. 5 der Geschäftsordnung erfolgt die Stimmabgabe nach Aufruf durch
die Schriftführung in alphabetischer Reihenfolge mündlich
mit „Ja“ und „Nein“. Ich
bitte um deutliche Äußerung.
Ich ersuche nunmehr die Schriftführung um den Aufruf der Bundesräte in alphabetischer Reihenfolge.
*****
(Über Namensaufruf durch Schriftführer Fischer geben die Bundesrät:innen ihr Stimmverhalten mündlich bekannt.)
*****
Präsidentin Margit Göll: Ich mache von meinem Stimmrecht Gebrauch und stimme mit „Nein“.
Die Stimmabgabe ist beendet.
Ich unterbreche wiederum zur Auszählung der Stimmen kurz die Sitzung.
(Die zuständigen Bediensteten nehmen die Stimmenzählung vor. – Die Sitzung wird um 18.12 Uhr unterbrochen und um 18.14 Uhr wieder aufgenommen.)
Präsidentin Margit Göll: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und gebe nun das Abstimmungsergebnis bekannt.
Demnach entfallen auf den gegenständlichen Entschließungsantrag bei 58 abgegebenen Stimmen 27 „Ja“-Stimmen und 31 „Nein“-Stimmen. Der Entschließungsantrag ist somit abgelehnt.
Mit „Ja“ stimmten die Bundesrät:innen:
Arpa;
Babler, Bernard;
Fischer;
Gerdenitsch, Grimling, Grossmann, Gruber-Pruner;
Hahn;
Kofler, Kovacs;
Lancaster, Leinfellner;
Mertel;
Obrecht;
Pröller;
Reisinger;
Schachner, Schartel, Schennach, Schmid, Schumann, Spanring, Steiner, Steinmaurer;
Theuermann;
Wanner.
Mit „Nein“ stimmten die Bundesrät:innen:
Arlamovsky;
Böhmwalder, Buchmann;
Ebner, Eder, Eder-Gitschthaler;
Geieregger, Gfrerer, Göll, Gross;
Hauschildt-Buschberger, Himmer, Huber, Hutter;
Jagl;
Kittl, Kohl;
Lassnig;
Miesenberger;
Neurauter;
Prügl;
Ruf, Ruprecht;
Schreuder, Schwarz-Fuchs, Schwindsackl, Stillebacher, Stotter;
Tiefnig;
Wolff;
Zauner.
*****
Präsidentin Margit Göll: Es liegt ein weiterer Antrag der Bundesräte Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen auf Fassung einer Entschließung betreffend „Sicherung des Pensionssystems“ vor.
Hiezu ist wiederum eine namentliche Abstimmung verlangt worden.
Da dieses Verlangen von fünf Bundesräten gestellt wurde, ist gemäß § 54 Abs. 3 der Geschäftsordnung eine namentliche Abstimmung durchzuführen.
Im Sinne des § 55 Abs. 5 der
Geschäftsordnung erfolgt die Stimmabgabe nach Aufruf durch die
Schriftführung in alphabetischer Reihenfolge mündlich
mit „Ja“ oder „Nein“. Ich
bitte um deutliche Äußerung.
Ich bitte um Ruhe, damit wir dann auch ein klares Ergebnis haben.
Ich ersuche nunmehr die Schriftführung um den Aufruf der Bundesräte in alphabetischer Reihenfolge.
*****
(Über Namensaufruf durch Schriftführer Fischer geben die Bundesrät:innen ihr Stimmverhalten mündlich bekannt.)
*****
Präsidentin
Margit Göll: Ich mache von meinem
Stimmrecht Gebrauch
und stimme mit „Nein“.
Die Stimmabgabe ist beendet.
Ich unterbreche wiederum zur Auszählung der Stimmen kurz die Sitzung.
(Die zuständigen Bediensteten nehmen die Stimmenzählung vor. – Die Sitzung wird um 18.18 Uhr unterbrochen und um 18.19 Uhr wieder aufgenommen.)
Präsidentin Margit Göll: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und gebe nun das Abstimmungsergebnis bekannt.
Demnach entfallen auf den gegenständlichen Entschließungsantrag bei 58 abgegebenen Stimmen 27 „Ja“-Stimmen und 31 „Nein“-Stimmen. Der Entschließungsantrag ist somit abgelehnt.
Mit „Ja“ stimmten die Bundesrät:innen:
Arpa;
Babler, Bernard;
Fischer;
Gerdenitsch, Grimling, Grossmann, Gruber-Pruner;
Hahn;
Kofler, Kovacs;
Lancaster, Leinfellner;
Mertel;
Obrecht;
Pröller;
Reisinger;
Schachner, Schartel, Schennach, Schmid, Schumann, Spanring, Steiner, Steinmaurer;
Theuermann;
Wanner.
Mit „Nein“ stimmten die Bundesrät:innen:
Arlamovsky;
Böhmwalder, Buchmann;
Ebner, Eder, Eder-Gitschthaler;
Geieregger, Gfrerer, Göll, Gross;
Hauschildt-Buschberger, Himmer, Huber, Hutter;
Jagl;
Kittl, Kohl;
Lassnig;
Miesenberger;
Neurauter;
Prügl;
Ruf, Ruprecht;
Schreuder, Schwarz-Fuchs, Schwindsackl, Stillebacher, Stotter;
Tiefnig;
Wolff;
Zauner.
*****
Präsidentin Margit Göll: Ich nehme die Verhandlungen zum 17. Punkt der Tagesordnung wieder auf.
Zu Wort gelangt Herr Bundesrat Michael Bernard. – Bitte.
Bundesrat
Michael Bernard (FPÖ, Niederösterreich): Frau Präsident! Frau Minister! Kollegen des
Bundesrates! Sehr verehrte Damen und Herren im Saal und vor den Bildschirmen!
Wir sind dabei stehen geblieben, dass beim Atomgipfel von EU-Seite die Staats-
und Regierungschefs von zwölf Ländern der von Frankreich
geführten Atomallianz teilnahmen. (Bundesrat Himmer: Du
musst jetzt nicht von vorne anfangen!)
Alle Teilnehmer haben sich dort in der Erklärung für den Bau neuer Atomkraftwerke und auch für eine längere Nutzungsdauer bestehender Anlagen
ausgesprochen. Die Weltbank wurde sogar aufgerufen, Atomprojekte verstärkt zu unterstützen. Deutschland hat nach 60-jähriger Nutzung von Atomkraft in Zeiten einer angespannten energiepolitischen Lage durch den Umstieg auf die Erneuerbaren die letzten drei Meiler komplett heruntergefahren. (Bundesrat Schennach: Ihr ändert jetzt eure politische Linie, oder wie? Von Nein zu Atomkraft in die andere Richtung!)
Wie schaut die Lage ohne Atomstrom aus? – Die
Deutschen verbrennen
jetzt mehr schädliche Braunkohle denn je. Neue Flüssiggasterminals
müssen gebaut werden, um Flüssiggas aus den USA importieren zu
können.
Deutschland ist jetzt auch vom Stromimport aus französischen AKWs und
sogar von polnischen Kohlekraftwerken abhängig. Das ist die Lage Ihrer
grünen Schwester Ricarda Lang, Frau Minister Gewessler!
Auch Sie zerstören mit Ihrer grünen Ideologiepolitik in der EU, mit Ihrem dauerhaften Gold Plating unser Land. Während wir eh schon einen nachhaltigen Strommix in Österreich haben, müssen wir noch immer weiter Emissionen senken und ruinieren damit unsere Bürger und unsere Wirtschaft. Das ist doch eine Farce, dass wir alle all diese Kosten für die sogenannte Energiewende tragen müssen. (Beifall bei der FPÖ.)
18.22
Präsidentin Margit Göll: Ich begrüße nochmals Bundesministerin Leonore Gewessler bei uns im Bundesrat.
Als Nächster zu Wort gelangt Bundesrat Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross. – Bitte.
Bundesrat
Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross (Grüne, Vorarlberg): Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und
Kollegen! Frau Ministerin! Werte Zuhörer:innen! Um
uns alle wieder zurückzuholen: Wir sind bei der EU-Jahresvorschau des BMK.
Ich denke, gerade in Zeiten wie
diesen zeigt sich – wir haben es heute
schon gehört –, die Welt ist aus den Fugen. Gerade in Zeiten
wie diesen zeigt
sich, wie unerlässlich eine starke Europäische Union
in der geopolitischen Perspektive ist. Es ist wichtig, auch diesen
Blick zu haben und nicht nur quasi innerstaatlich auf die Nationalstaaten zu
schauen. Wir müssen
auch auf die EU schauen, denn die Welt befindet sich in einem Prozess der Neuordnung.
Das bekommen wir alle intensiv mit, und in den nächsten
Jahren wird sich entscheiden, welche Rolle Europa in der Welt einnehmen wird.
Da hängt sehr, sehr viel
dran. Alle, die jetzt in der Union Kleinstaaterei
betreiben und egoistische Nationalismen befördern, gefährden die
Freiheit und gefährden unserer zukünftiges Wohlergehen.
Wirtschaftspolitisch hilft es da entgegen so manchen Rufen aus Interessenvertretungen allerdings nicht, dass die EU jetzt auf Steuer- und Lohndumping setzt, um attraktiv zu bleiben, oder zum Beispiel das Lieferkettengesetz torpediert. Das ist schlicht und einfach grundfalsch und kurzsichtig. Einen derartig desaströsen Wettbewerb nach unten werden wir mit Sicherheit verlieren und damit gefährden wir den Wohlstand und den Sozialstaat.
Ich bin fest davon
überzeugt, dass wir genau das Gegenteil tun müssen,
nämlich zeigen, dass sich in der EU eine gesunde Wirtschaft mit
höchsten ökologischen, sozialen und menschenrechtlichen
Standards realisieren lässt,
zeigen, dass eine sozialökologische Wende binnen weniger Jahrzehnte
möglich ist, dass Europa ein solidarischer Kontinent ist, der seinen
eigenen
ethischen Ansprüchen auch über seine Grenzen hinweg gerecht wird. Wer
bitte wird das sonst tun? Da ist Europa die einzige Hoffnung, und genau das
kann die Stärke Europas sein. Dafür brauchen wir eine gestärkte
und nicht eine geschwächte Union.
Ein wichtiger Eckpfeiler auf diesem Weg ist das Ziel der Klimaneutralität Europas – jetzt bin ich bei der Vorschau – bis spätestens 2050, in dieser Phase in wenigen Jahrzehnten eine Gesamttransformation der Wirtschaft vorzunehmen, eine Nullemissions- und Nullabfallwirtschaft zu kreieren, eine umfas-
sende Kreislaufwirtschaft zu installieren, eine vollständig saubere Energieversorgung zu haben, ein emissionsfreies Verkehrssystem mit einem exzellenten öffentlichen Verkehrsnetz bis ins letzte europäische Dorf.
Gleichzeitig können wir
eine massive Stärkung der Biodiversität vorantreiben. Wir müssen
sorgsam mit unseren Böden umgehen, auf denen einen nachhaltige Landwirtschaft
mit stark regionalem Charakter gepflegt wird. Das muss selbstverständlich
mit einem europaweiten Sozialsystem einhergehen,
das niemanden zurücklässt und die nötigen Veränderungen
definitiv allen ermöglicht.
Die EU-Jahresvorschau im
Bereich Energie, Klima, Verkehr und Umwelt setzt viele wichtige Akzente eben
genau in diese Richtung. Auch wenn in diesem Plan jetzt nicht
viel grundlegend Neues dabei ist, was vielleicht auch dem Ende der
Legislaturperiode geschuldet ist, sind trotzdem viele, viele
wichtige Aspekte enthalten.
Ich bin jetzt schon ein paar
Lenze im Klimaschutz aktiv (Bundesrat Himmer: Das sieht man gar
nicht!) und sage ganz offen und nicht das erste Mal – vielleicht hier herinnen –:
Es gab in all diesen Jahren im Großen und Ganzen stets eine Konstante,
das waren Initiativen der EU. Auch in Österreich und auch
in den Bundesländern wären wir ohne diese nicht so weit.
Einer der großen Rahmen in der EU-Klima- und
Verkehrspolitik ist nach wie vor der European Green Deal, ein wirklich
einzigartiger Meilenstein in der Geschichte der EU – dafür auch
Gratulation an die Präsidentin. Vieles konnte bereits umgesetzt werden.
Zuletzt hat die spanische Präsidentschaft
noch wirklich wichtige Richtlinien zum Abschluss gebracht, wie zum Beispiel die
Erneuerbarenrichtlinie. Diese wird umzusetzen sein, auch von irgendwelchen Regierungen,
die mit Klimaschutz nichts am Hut haben. Das ist auch eine gewisse Beruhigung
mit Blick auf die Europawahlen.
Vor gut einem Monat hat die
Kommission richtigerweise nachgelegt und vorgeschlagen, die Treibhausgasemissionen
bis 2040 um 90 Prozent – gegenüber den Werten
von 1990, wohlgemerkt – zu reduzieren. Das ist wichtig und definitiv
im Einklang mit wissenschaftlichen Gutachten, denn wir wissen,
die letzten 10 Prozent sind die wirklich schwierigen. Für die letzten
10 Prozent werden wir dann Zeit genug brauchen, um das zu meistern.
Österreich
hat sich das für 2040 zum Ziel gesetzt. Das wird große Anstrengungen
erfordern, das wissen wir, aber es ist möglich. Es ist jedenfalls
möglich,
wenn man will.
Ein bisschen zu den einzelnen
Themen: Eine große Aufgabe ist die Neuregulierung der
Elektrizitätsmärkte und vor allem des Gasmarktes, denn wir
brauchen dringend gemeinsame Vorschriften für eine Versorgung mit erneuerbaren
Gasen, respektive Wasserstoff. Da ist die EU schon weit
vorangekommen.
Ein wichtiger klima- und
wirtschaftspolitischer Legislativakt ist der Vorschlag für die Verordnung
über CO2-Emissionsnormen für schwere Nutzfahrzeuge.
Das finde ich sehr spannend. Die Kommission sieht eine schrittweise
Verschärfung der Emissionsnormen vor, und zwar bis 2035 um
65 Prozent, insgesamt bis 2040 um 90 Prozent.
Warum sage ich
das? – Es ist wirtschaftspolitisch für die Hersteller besonders
wichtig, um planen zu können, um sich darauf verlassen zu können, um
einen Innovationsvorsprung zu generieren. Da geht es ja um Milliardeninvestitionen.
Es muss also sicher sein, dass das sitzt.
Es sind immer wieder diese
Debatten da: Ja, der Elektroantrieb, das soll
wieder aufgeweicht werden. Bis zu einem gewissen Grad ist ja –
angeführt von der FDP in Deutschland – das Ziel leider erreicht
worden. Das ist kontraproduktiv.
Nur ein Beispiel: Regierungschef Sunak in Großbritannien hat das – das war ein Gesetzesakt in Großbritannien – für 2030 aufgelockert.
Wissen Sie, wer sich über
die Auflockerung aufgeregt hat? – Die Autoindustrie. Warum?
(Bundesrat Spanring: Ja! Deshalb geht es nicht! Danke, Herr Gross!
Wegen der Großindustrie!) – Weil sie sagen: Hey Leute, was
ist jetzt los? Da geht es um eine Transformation, die zig Milliarden kostet,
und jetzt sagt ihr,
na, es ist doch nicht sicher, wohin wir gehen! – Das geht nicht, das
ist absolut kontraproduktiv.
Allein deswegen sind gerade auf
europäischer Ebene solche klaren Rahmenbedingungen ganz, ganz wichtig. So,
und wie das dann technologisch umgesetzt wird, das ist ja wieder eine Frage des
Wettbewerbes, aber
genau diese Rahmen sind eigentlich eine Versicherung, auch
wirtschaftspolitisch. Übrigens auch da gilt eine Vorbildwirkung:
Städtische Busse müssen
bis 2035 bereits zu 100 Prozent emissionsfrei sein.
Sehr spannend finde ich auch
den Richtlinienvorschlag zur Vermeidung von Lebensmittel- und
Textilabfällen. Wie wir wissen – auch das kommt ja
nicht von ungefähr – sind gerade diese Sektoren besonders ressourcenintensiv,
und andererseits sind diese Sektoren mit sehr, sehr hohen Wegwerfraten konfrontiert;
wir wissen es bei den Lebensmitteln, wir wissen es bei den Textilien.
Darum ist es sehr richtig, da europaweit gegen diese Verschwendung, dieses
Wegwerfen vorzugehen.
Beschlossen wurde vor Kurzem die Richtlinie über
Umweltaussagen, man könnte ja auch besser sagen, die
Antigreenwashingrichtlinie. Auch das ist ganz,
ganz wichtig. In Zukunft sind nicht belegte Umweltaussagen nicht mehr erlaubt.
Sie kennen das von Verpackungen, ganz viel davon, was sich da als umweltfreundlich
und neutral und whatever ausgibt, ist nicht belegt, hat keine Studien im
Hintergrund. Es ist wirklich ganz wichtig im Sinne des Konsumentenschutzes, dass
sich die Konsument:innen darauf verlassen können, dass das, was
draufsteht, auch stimmt, denn niemand – ich auch nicht –
ist in der Lage,
zu überprüfen, was auf diesen Verpackungen draufsteht. Das muss
einfach eine klare Vorgabe sein.
Hinweisen möchte ich noch
auf das Paket zur Kreislaufwirtschaft. Da geht
es zum Beispiel um Maßnahmen zur Vermeidung von unnötigen
Verpackungen, zur Förderung von wiederverwendbaren und nachfüllbaren
Verpackungslösungen, und es beinhaltet in einer Verordnung das Ziel,
dass alle Verpackungen auf dem gesamten europäischen Markt 2030
wirtschaftlich recycelt werden können. Das finde ich schon sehr spannend.
Genau das ist eine Art von Vorgabe an die Industrie, die, denke ich, sehr
spannend ist, die Planungssicherheit
bietet, aber natürlich auch hinreichend
Raum für Innovationen und darüber nachzudenken lässt, wie
das am besten zu lösen ist.
Es soll nicht verschwiegen
werden, dass es auch wichtige Vorhaben
gibt, die nicht gelingen, respektive von einzelnen Staaten blockiert werden, so
muss man es ja formulieren. Das betrifft etwa den finalen Beschluss der
Richtlinie zur Wiederherstellung der Natur, das ist ein sehr wichtiger Rahmen
für die Stärkung der Biodiversität, des Bodenschutzes, meines
Erachtens
auch für die Landwirtschaft, gerade wie sie bei uns stattfindet, wenn auf
so etwas auch hohe Rücksicht genommen wird. – Wer
weiß, vielleicht wird
es ja noch.
Das Wohl Österreichs – ich möchte das
am Schluss noch einmal betonen – hängt unmittelbar von der
Entwicklung der Europäischen Union ab.
Nur eine fortschrittliche, solidarische, ökologische Union mit einer
gestärkten Demokratie wird global zeigen können – und
darum geht es –, dass ein
anderer, friedlicher Weg möglich ist. – Arbeiten wir daran! (Beifall
bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)
18.33
Präsidentin Margit Göll: Zu Wort gemeldet ist Bundesrat Markus Stotter. Ich erteile ihm dieses.
Bundesrat
Markus Stotter, BA (ÖVP, Tirol):
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Bundesministerin!
Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher hier und
vor den Endgeräten! Ja, Adi Gross hat
jetzt schon einen sehr großen Bogen über das Gesamtthema, über
den Gesamtbericht gespannt, aber lassen Sie mich trotzdem noch ein paar
Punkte
vertiefen.
Zu den Emissionsverschärfungen für den
Schwerverkehr: Zur Erreichung der Klimaziele der Europäischen Union
im Verkehrsbereich soll die Verschärfung
der CO2-Emissionsnormen für schwere Nutzfahrzeuge beitragen.
Der Anteil emissionsfreier Fahrzeuge soll drastisch erhöht und die
Verlagerung des Schwerverkehrs von der Straße auf die Schiene
vorangetrieben
werden. Seitens des Ratsvorsitzes wird die Förderung nachhaltiger Verkehrsmittel
als Priorität zur Herstellung intelligenter Mobilität angeführt.
Besonderes Augenmerk erhalten dabei die Verbesserungen von
Fahrgastrechten und die Verkehrssicherheit. Entsprechende
Gesetzgebungsinitiativen sollen vorangebracht werden. Detailliert beschrieben
wird im Bericht etwa
der Kommissionsplan, die Beförderung von Personen und Gütern im
europäischen Eisenbahnnetz besser zu koordinieren.
Ein weiteres wichtiges Thema ist die
Ressourcenunabhängigkeit Europas. Die Förderung der
Kreislaufwirtschaft im Sinne der Produktnachhaltigkeit
ist der Kern der Ökodesign-Verordnung, die im Rahmen des Green Deals umgesetzt
werden soll. Durch die wiederverwertbare sowie ressourcen-
und energieeffiziente Gestaltung von Produkten soll deren
Umweltfußabdruck reduziert werden. Gleichzeitig will man durch eine
Harmonisierung
der Produktregelungen das Funktionieren des Binnenmarktes verbessern.
Österreich achtet die Langlebigkeit und Reparierbarkeit
von Produkten als essenziell für das Gelingen der Kreislaufwirtschaft
und spricht sich daher
auch für ein Verbot der Vernichtung von nicht verkauften Konsumgütern
aus. Mit Vorgaben zu kreislauforientierten Konstruktionen von Fahrzeugen
und für die Entsorgung von Altfahrzeugen will die EU übrigens
überdies die Abhängigkeit Europas vom Rohstofflieferanten
verringern, etwa durch
Recycling seltener Erden.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Energiewende durch stabile Preisgestaltung. Hinsichtlich der Energiewende bemüht sich der Ratsvorsitz um Erleichterung für grenzüberschreitende Energieinfrastrukturen, um Engpässe zu beseitigen. Ziel ist eine sichere und nachhaltige und erschwingliche Energieversorgung. Gleichzeitig wird an der Überprüfung der Gestaltung des EU-Strommarktes gearbeitet. Bereits im März 2023 hat die Europäische Kommission Vorschläge zur Verbesserung des Strommarktes vorgelegt, um die Preisstabilität zu erhöhen.
Das Klimaschutzministerium begrüßt zwar die damit
geschaffene Flexibilität für die Integration erneuerbarer Energien,
sieht es aber kritisch, dass im Kommissionsvorschlag Ausnahmeregelungen von den
Emissionsstandards bei Kapazitätszahlungen vorgesehen sind. Mitgetragen
werden wiederum
geplante Maßnahmen gegen Insiderhandel und Marktmanipulation auf dem
Energiegroßmarkt.
Bereits vom Rat angenommen wurde die Verordnung zur
Erweiterung des Energiebinnenmarktes um erneuerbare Gase sowie Wasserstoff. Im
Zusammenhang mit der Energiewende stehen auch die EU-Vorgaben zum schrittweisen
Umstieg auf klimafreundliche Heiz- und Kühlsysteme beziehungsweise
für die Renovierung alter Gebäude. Ziel ist der vollständige
Ausstieg aus der Verwendung fossiler Brennstoffe für Heizzwecke
bis 2024.
Der letzte Schwerpunkt, welchen ich herausgreifen
möchte, ist Technologie, konkret Supercomputer für KI-Start-ups. Die
Öffnung europäischer Supercomputerkapazitäten für
verantwortungsbewusste Start-ups im Bereich künstlicher Intelligenz, die
sich zu einer ethischen KI-Nutzung verpflichten, ist Österreich
ein großes Anliegen. Laut Bericht besteht bereits großer Bedarf
an Hochleistungsrechnern für zahlreiche KI-Forschungsprojekte.
Derzeit befindet sich eine Kommissionsinitiative dazu noch in
Ausarbeitung. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und
bei Bundesrät:innen der Grünen.)
18.37
Präsidentin Margit Göll: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Mag. Elisabeth Grossmann. Ich erteile ihr dieses.
Bundesrätin Mag. Elisabeth Grossmann (SPÖ, Steiermark): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die EU-Jahresvorschau 2024 steht ganz im Zeichen der Umsetzung des Green Deals.
Klimaneutralität bis 2050 ist natürlich ein unterstützenswert
Ziel, absolut notwendig, um unsere Lebensgrundlagen zu erhalten und nicht
unwiederbringlich zu zerstören. Deshalb stehen wir auch hinter
diesem Vorhabensbericht und werden dem auch zustimmen. Meine Vorredner haben ja
schon
eingehend die Details erläutert, ich möchte Ihnen jetzt eine
Wiederholung aus Zeitgründen ersparen.
Nur so viel: Es wäre dringend notwendig, ergänzend
zum Green Deal europaweit auch einen Social Deal voranzutreiben, damit eben
Klimaschutz für alle
lebbar und leistbar ist und niemand auf der Strecke bleibt. Da braucht es einen
ausreichend dotierten europäischen Klimasozialfonds, um eben auch den
Menschen unter die Arme zu greifen, wenn es darum geht, diese Energiewende auch
zu leben (Beifall bei der SPÖ), selbstverständlich auch im
Bereich
der Industrie, damit unsere Arbeitsplätze auch weiterhin erhalten bleiben
und gestärkt sind. Das sind ganz, ganz wichtige Maßnahmen, die zu
unterstützen sind.
Wobei man auch sagen muss, da die
Kommissionspräsidentin gelobt wurde: Ja, sie hat Courage gezeigt, hat aber
jetzt auch Angst vor der eigenen
Courage bekommen. Das sei auch nicht verschwiegen.
Wenn man etwa sieht, welche Rückschritte jetzt im
Bereich der Pestizidverordnung und so weiter doch wieder in Gang gesetzt
wurden, sieht man
schon, dass es da wieder eindeutig zurückgeht. Natürlich müssen
wir als Österreich wirklich geschlossen auftreten, wenn es darum
geht, Nuklearenergie
nicht als erneuerbare grüne Energie zu werten. Also da bitte ich Sie, noch
lauter
zu sein. Kollege Bernard hat heute vergessen, zu erwähnen, dass
nämlich
auch aus Bayern Stimmen kommen, wieder in die Nuklearenergie einzusteigen. Ich
weiß es nicht, alle Länder sind genannt worden, aber das unmittelbare Nachbarland
Bayern wurde da verschwiegen.
Auch da brauchen wir eine laute Stimme aus Österreich.
Ich nehme ja über alle Parteien einen breiten Konsens wahr. Das
müssen wir wirklich gemeinsam überall ganz laut
artikulieren, dass für uns Nuklearenergie absolut nicht akzeptabel ist und
diese keinesfalls als grüne Energie, als erneuerbare
Energie durchgehen kann. (Beifall bei SPÖ und Grünen.)
Insgesamt: Ja, wir stehen dazu und stimmen auch zu. – Ich danke Ihnen.
18.41
Präsidentin Margit Göll: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.
Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.
Wir gelangen zur Abstimmung. – Bitte nehmen Sie Ihre Plätze ein.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte,
die dem Antrag zustimmen, den gegenständlichen Bericht zur Kenntnis zu
nehmen, um ein
Handzeichen. – Es ist dies die Stimmenmehrheit. Der
Antrag ist somit angenommen.
Beschluss des Nationalrates vom 21. März 2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Luftfahrtgesetz geändert wird (3872/A und 2489 d.B. sowie 11445/BR d.B. und 11468/BR d.B.)
Präsidentin Margit Göll: Wir gelangen nun zum 18. Punkt der Tagesordnung.
Berichterstatter ist Herr Bundesrat Markus
Stotter. – Ich bitte um den
Bericht.
Berichterstatter Markus Stotter, BA: Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Verkehr über den Beschluss des Nationalrates vom 21. März 2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Luftfahrtgesetz geändert wird.
Der Bericht liegt Ihnen vor, ich komme daher zur Antragstellung:
Der Ausschuss für Verkehr
stellt nach Beratung der Vorlage einstimmig den Antrag, gegen den
vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen
Einspruch zu erheben.
Präsidentin Margit Göll: Vielen Dank.
Wir gehen in die Debatte ein.
Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. Christian Buchmann. – Bitte.
Bundesrat Mag. Christian Buchmann
(ÖVP, Steiermark): Frau
Präsidentin! Frau Bundesministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine
sehr geehrten
Damen und Herren! Ich melde mich zu diesem Tagesordnungspunkt, da heute
für die Steiermark ein besonderer Tag ist. Zum einen findet seit gestern – bis Sonntag –
der Steiermark-Frühling am Rathausplatz statt. (Beifall bei ÖVP
und SPÖ. – Bundesrat Schreuder: Ihr seid
überall ...!)
Für die Wienerinnen und Wiener ist die Steiermark ein
sehr beliebtes Urlaubsland. Wir freuen uns, dass die Wienerinnen und Wiener und
sehr viele Gäste, die aktuell in der Bundeshauptstadt sind, gerne den
Steiermark-Frühling besuchen, damit sie die steirische Gastlichkeit,
die steirischen Tourismusregionen und das, was wir an Lukullischem bieten
können –, sowohl
in fester Kost als auch in flüssiger Kost –, kennenlernen
können. Die Steiermark ist ein sehr attraktives Urlaubsland für die
Österreicherinnen und
Österreicher, aber sie ist insbesondere auch für die internationalen Gäste
ein ganz besonderer Ort.
Es ist auch ein besonderer Tag betreffend eine Novelle des
Luftfahrtgesetzes, und es wird Sie nicht wundern, dass ich mich zu
diesem Tagesordnungspunkt zu Wort melde, da es ein lang gehegter Wunsch und ein
Anliegen der steirischen Landespolitik war, dass wir diese Novelle
zustande bringen. Der steirische Landeshauptmann Christopher Drexler und unser
ehemaliger Kollege im Bundesrat Karlheinz Kornhäusl, der ja
selbst Notarzt ist, haben sich bei diesem Thema auch immer in die Debatte
eingebracht, in Kenntnis, dass Notarzthubschrauber ein ganz wesentliches Element
der medizinischen Versorgung in einem Flächenbundesland wie der
Steiermark – mit ganz besonderen topografischen Herausforderungen – sind.
So war es uns ein Anliegen, dass der Grazer Flughafen für diese
Notarztflüge entsprechend zur Verfügung steht.
Mit dieser Novelle stellen wir sicher, dass
Notarzthubschrauber Flugplätze – im steirischen
Fall Thalerhof – auch außerhalb der Betriebszeiten anfliegen
können. Das dient insbesondere der Transportkette für Patientinnen
und Patienten in den Regionen. Das ist uns als Länderkammer, glaube
ich, ein ganz besonderes Anliegen. Es ist eine Rundumversorgung und eine Rundumhilfe für Menschen, die in ganz
besonderen Notlagen eben
diesen schnellen und raschen medizinischen Transport brauchen.
Danke, dass das eine gemeinsam getragene Lösung wird;
ich weiß, dass das technisch nicht ganz einfach in der Umsetzung war,
aber es erfordert
auch Menschen, die dann diesen Dienst leisten. Da möchte ich mich ganz besonders
bei den Einsatzorganisationen, den Rettungsorganisationen
dafür bedanken, dass sie das tun, bei den Crews des ÖAMTC, die ganz
besondere Flüge durchführen, auch Nachtflüge
durchführen, um Patientinnen und Patienten im Regelfall dann ins
Landeskrankenhaus Graz zu bringen, damit
die medizinische Versorgung vorgenommen werden kann. – Es ist also
ein schöner Tag für die Steiermark.
Falls wir heute nicht vor Mitternacht mit der Sitzung fertig
werden, gibt es zumindest noch am
Wochenende die Möglichkeit, den Steiermark-Frühling
zu besuchen. Was den Notarzthubschrauber betrifft, wünsche ich Ihnen, dass Sie ihn nie brauchen. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie des Bundesrates Arlamovsky.)
18.46
Präsidentin Margit Göll: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross. – Bitte.
Bundesrat
Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross (Grüne, Vorarlberg): Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und
Kollegen! Frau Ministerin! Wir freuen uns natürlich, dass
der Windkraftausbau vorangeht, wiewohl es da und dort zugegebenermaßen
noch schneller gehen könnte. Wir sehen auch, dass es leider in vielen
Fällen zu Initiativen gegen Windparks kommt.
Gute Beteiligungsprozesse – das sei mitgegeben:
Das ist einer der Schlüssel für eine Akzeptanz. Da gibt es sehr
schöne Beispiele dafür. Sicher nicht der wichtigste, aber ein Aspekt
für die Akzeptanz ist der Umgang mit der Nachtkennzeichnung –
auch das ist Gegenstand der Luftfahrtgesetzesnovelle.
Zu dieser Akzeptanz trägt es nicht bei, wenn sämtliche Windanlagen
die ganze Nacht hindurch mit roten Blinklichtern auf sich aufmerksam machen. Es
ist auch nicht notwendig – allerdings zurzeit noch Vorschrift, aber
nicht mehr lange –, da vor allem der bodennahe Nachtflugverkehr insgesamt
doch
sehr überschaubar ist.
Das wird in Zukunft bedarfsgerecht erfolgen und muss nicht
mehr dauernd sein. Was heißt bedarfsgerecht? – Es wird um
Windanlagen, um Windparks
herum sogenannte Erfassungsbereiche geben. Tritt ein Flugzeug in diesen Erfassungsbereich
ein, dann – also quasi just in time – wird die Nachtkennzeichnung
aktiviert, sonst eben nicht, sonst bleibt es dunkel.
Zuständig hierfür, das ist wichtig, ist die Austro
Control. Die verfügt über das Know-how, die verfügt über
die Einrichtung und die ist national tätig
und wird nicht dezentralisiert, was in so einem Fall nicht gut wäre. Da
ist es
schon so, dass die Austro Control mit ihren Möglichkeiten auch ein hohes Sicherheitsniveau garantiert.
Damit bin ich wieder nahtlos beim zweiten Thema, der
Nachtflugerlaubnis für Rettungseinsätze mit Hubschraubern.
Natürlich ist es wichtig, eine durchgehende Rettungskette zu haben,
und das wären jetzt nachts zum Beispiel eben genau solche Fälle
für das Einschalten der Nachtkennzeichnung von
Windparks.
Wichtig ist – zu dem, was jetzt eh schon von
Kollegen Buchmann gesagt wurde –, noch anzumerken, dass es sich bei
diesen Nachtfluggenehmigungen ausschließlich um Rettungsflüge
handelt. Also das heißt, die Anrainerinnen und Anrainer
müssen nicht befürchten, dass das jetzt irgendwie überhandnimmt
und viele Nachtflüge mit Hubschraubern stattfinden. Es wird nicht
zu einer größeren Lärmbelästigung kommen.
Interessant sind vielleicht noch die Zahlen, um ein
Gefühl zu bekommen. Natürlich weiß man es noch nicht, aber
Schätzungen gehen davon aus, dass etwa 5 Prozent der
Rettungsflüge in der Nacht stattfinden werden. Ist das viel,
ist das wenig? – Derzeit werden die allermeisten Rettungsflüge
von
den 17 ÖAMTC-Hubschraubern durchgeführt. Es waren –
ich war selber überrascht – letztes Jahr durchschnittlich
immerhin 57 Einsätze pro Tag.
Das ist eigentlich schon sehr viel, aber trotzdem werden jetzt 5 Prozent
verteilt auf Österreich keine große Lärmbelästigung
werden.
Wir sind uns sicher einig, dass das eine wichtige Dienstleistung zur schnellen Hilfe und übrigens auch zum schonenden Transport für Patienten ist. Das ist auch ein wichtiger Grund für Hubschraubertransporte.
Ein Dank an die Steiermark für die Initiative, die uns allen zugutekommt. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)
18.50
Präsidentin Margit Göll: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.
Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist somit geschlossen.
Wir gelangen zur Abstimmung. – Nehmen Sie bitte Ihre Plätze ein.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die
dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des
Nationalrates keinen Einspruch
zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit.
Der Antrag ist somit angenommen.
Beschluss des Nationalrates vom 21. März 2024 betreffend
Änderungen
des Übereinkommens über den internationalen Eisenbahnverkehr (COTIF)
und der Anhänge E (CUI) und G (ATMF) sowie die Einfügung des
neuen
Anhangs H (EST) zum Übereinkommen (2406 d.B. und 2490 d.B.
sowie 11469/BR d.B.)
Präsidentin Margit Göll: Wir gelangen nun zum 19. Punkt der Tagesordnung.
Berichterstatter ist Herr
Bundesrat Markus Stotter. – Ich bitte um den
Bericht.
Berichterstatter
Markus Stotter, BA: Ich bringe den
Bericht des Ausschusses für Verkehr über den Beschluss des
Nationalrates vom 21. März 2024 betreffend Änderungen
des Übereinkommens über den internationalen Eisenbahnverkehr und
der Anhänge E und G sowie die Einfügung des neuen Anhangs H
zum Übereinkommen.
Der Bericht liegt Ihnen schriftlich vor, ich komme daher zur Antragstellung:
Der Ausschuss
für Verkehr stellt nach Beratung der Vorlage einstimmig
den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates
keinen Einwand zu erheben.
Präsidentin Margit Göll: Wir gehen in die Debatte ein.
Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross. – Bitte.
18.51
Bundesrat
Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross (Grüne, Vorarlberg): Frau Präsidentin! Werte Kolleg:innen! Frau
Ministerin! Das Thema klingt zwar ein bisschen sperrig,
aber vom Prinzip her ist das, was wir hier jetzt diskutieren, ein extrem
wichtiges Übereinkommen der zwischenstaatlichen Organisation für den
internationalen Eisenbahnverkehr – Otif ist die
Abkürzung. Die gibt es seit 1999, und sie verfolgt das Ziel, eine
grenzüberschreitende Harmonisierung des internationalen Bahnverkehrs
herbeizuführen.
Das ist ein wichtiges Anliegen, gar keine Frage. Da machen
übrigens sehr viele Länder mit, genau genommen 50 Staaten,
faktisch eigentlich alle europäischen – ich meine das
geografisch – Staaten außer Weißrussland. Moldawien
befindet sich gerade im Aufnahmeprozess. Es sind aber noch viele andere
Länder dabei, die Türkei zum Beispiel, nordafrikanische Staaten und
so weiter. Diese Organisation, die Otif, verfügt über ein Sekretariat
und arbeitet
ein Übereinkommen aus. Wir kennen das von anderen Organisationen. Die
Übereinkommen sind dann entsprechend zu ratifizieren respektive
umzusetzen.
Genau um so ein Übereinkommen geht es hier heute; es
nennt sich Cotif. Es geht dabei um Verbesserungen der
Interoperabilität – das ist ein schwieriges Wort –
bei Grenzübertritten, um Fragen der Zulassung von Eisenbahnunternehmen,
vor allem aber um Fragen des sicheren Zugbetriebs, um Klärung von Kompetenzfragen
et cetera. Für Österreich ergibt sich
daraus kein konkreter Handlungsbedarf; das wurde bereits im Rahmen von
EU-Regelungen abgearbeitet.
Die Harmonisierung des Bahnverkehrs ist leider eine mühsame Angelegenheit, wobei mit Blick auf die internationale Harmonisierung mühsam noch ein Euphemismus ist – allzu gewichtig sind nationale Befindlichkeiten und Eigeninteressen, muss ich ganz offen sagen. Viele Bahngesellschaften und deren Eigentümer – das sind dann meistens die betreffenden Staaten – haben wenig oder gar kein Interesse an Vereinheitlichung, weil die natürlich immer auch eine
Öffnung bedeutet und Konkurrenz untereinander bringt.
Zugegebenermaßen brauchen interstrukturelle Anpassungen tatsächlich
auch Zeit, umso
früher und klarer müsste man jedoch eigentlich die entsprechenden
Rahmenbedingungen setzen.
Leider muss man festhalten, dass wir von einer internationalen Harmonisierung im Bahnverkehr noch ein paar Lichtjährchen entfernt sind. Zumindest für die EU muss es aber Ziel sein, schnellstmöglich einen einheitlichen europäischen Eisenbahnraum zu schaffen. Dafür wäre noch viel zu tun. Es ginge dabei um gemeinsame Sicherheitsvorschriften, um gleiche Zugbeeinflussungssysteme, um gleiche Betriebsspannungen, Spurweiten, gleiche Sprache, gleiche Tunnelweiten und so weiter. Das wird dann sehr schnell ziemlich kompliziert und ist wahnsinnig teuer.
Ich kann mich noch gut daran erinnern: Vor zwei Jahren habe
ich eine moderne Lokomotive der ÖBB besichtigen können. Ein Drittel
der Lokomotive ist
mit solchen Schränken (mit den Händen einen Abstand andeutend)
vollgestellt, gefüllt mit Software und Computersystemen. Dabei steht jeder
Schrank
für ein anderes Zugsicherungssystem, weil gerade die ÖBB, und das ist
ja gut so, sehr viel grenzüberschreitend unterwegs sind, und das ist
wirklich kompliziert und technisch enorm aufwendig.
Was wir für die Akzeptanz auch dringend
bräuchten, sind gemeinsame Fahrpläne, Buchungssysteme und solche
Dinge. Ich merke es gerade jetzt: Nächste Woche fährt der EU-Ausschuss nach Den Haag. Ich fahre mit
der Bahn hin. Das wird dann mit mehrfachem Umsteigen schnell sehr
kompliziert, wenn
man sich die Tickets besorgt.
Ich möchte noch etwas dazusagen, weil es wichtig ist:
Es geht natürlich nicht nur um den Personenverkehr, sondern –
ganz wichtig – auch um den Güterverkehr. Komplizierte
Eisenbahnregelungen – Kollege Schmid, der Eisenbahnkenner,
nickt – befördern nicht gerade die Verlagerung der Güter
auf die
Schiene. Da ist die Straße nämlich leider weiter, muss man zugeben.
Jeder
europäische Lkw kann ohne Probleme überall hinfahren, und das
muss natürlich für den Bahnverkehr genauso das Ziel sein. Da gibt es
also noch einiges zu tun. Das BMK – das möchte ich jetzt schon
noch hervorheben,
denn das war nicht immer in dieser Intensität so – setzt sich
dafür wirklich sehr stark ein, vor allem natürlich auch in Person
unserer Ministerin. (Beifall bei
den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP.) – Sehr
schön! Ja, das ist schon so.
Wir haben, auch wenn es immer wieder mal Kritik gibt, operativ,
wie ich
finde, mit den ÖBB eine tolle Bahngesellschaft. Das hat sie beispielsweise
mit ihren Nachtzügen wirklich sehr schön aufgezeigt, mit denen sie
europaweit eine Benchmark im grenzüberschreitenden Verkehr
gesetzt hat, mit allen Problemen, die das auch hervorruft. Die können
wirklich ein Lied davon
singen, wie schwierig das ist, da unterwegs zu sein. Trotzdem ist es ihnen
gelungen, sich damit gut zu etablieren.
Hoffen wir, ich denke, im Interesse aller, dass auf diesen
Schritt der Harmonisierung bald weitere große Schritte folgen
werden. – Danke. (Beifall
bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)
18.57
Präsidentin Margit Göll: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Silvester Gfrerer. Ich erteile ihm dieses.
Bundesrat
Silvester Gfrerer (ÖVP, Salzburg):
Frau Präsidentin! Werte Frau Bundesministerin! Liebe Kolleginnen und
Kollegen! Dankenswerterweise hat Kollege Gross schon sehr viel
vorweggenommen und schon gesagt.
Ich möchte daher meine Rede entsprechend kürzen.
Es geht bei dem
Tagesordnungspunkt um die Harmonisierung des internationalen Eisenbahnverkehrs
und generell um den Verkehrsträger Eisenbahn. Gütertransporte,
Personenverkehr und Transit sind angesprochen worden. Dies ist eine sehr
mühsame Aufgabe, eine sehr zähe Aufgabe,
bei der man nur kleine Schritte machen kann, die aber trotzdem enorm wichtig
sind. Wenn man weiß, dass dieses Übereinkommen 1999 begründet
worden ist und mit gut 50 Ländern Einigungen erzielt werden konnten,
kann man sich ungefähr vorstellen, was das für ein Prozess ist, der
aber nichtsdestotrotz dringend erforderlich ist.
Einen positiven Schub in die
richtige Richtung hat es sicherlich gegeben, als die Europäischen Union
2011 als Ganzes, also als Europäische Union, beigetreten ist.
Das war sehr wichtig. Da trägt die EU natürlich eine große
Verantwortung. Sie hat die große Aufgabe, diesen Schub mitzunehmen
und
immer wieder von den Mitgliedsländern einzufordern, wenn Taten gesetzt
werden müssen und der Prozess vorangetrieben werden muss.
Zugverkehr: Ich fahre die
letzten Jahre immer wieder mit dem Zug von Salzburg nach Wien, oft auch von
Sankt Johann im Pongau aus. Ich beobachte also
die Verbindungen, und ich muss sagen, Salzburg–Wien funktioniert bestens.
Ich höre von Bundesratskollegen, dass es sehr mühsam ist, aus
Vorarlberg, aus
Tirol oder aus Osttirol mit dem Zug anzureisen, weil die Infrastruktur bei
Weitem nicht so ausgebaut ist wie auf dieser Strecke.
Es ist sehr positiv, dass der
Personenverkehr extrem stark zugenommen
hat. Dadurch hat man natürlich wieder das Problem mit den vollen
Zügen. Da gibt es sicherlich Handlungsbedarf. Da haben alle Länder
großen Handlungsbedarf, die einen mehr, die anderen weniger, in dem
Bereich noch Verbesserungen herbeizuführen. Salzburg–Wien ist wie
gesagt eine sehr gute Verbindung, aber doch auch sehr stark ausgelastet, sodass
man eigentlich gar nicht mehr für alles Platz hat.
Der Transit ist wirklich wesentlich. Den Transitverkehr von
der Straße auf die Schiene zu bringen, ist ein gemeinsames Ziel und ist
auch in unseren Vorhaben festgeschrieben. Wir stehen natürlich
vor großen Herausforderungen, um da Verbesserungen zu erzielen. Wir
müssen einfach gemeinsam schauen,
dass wir diese Ziele erreichen. Die gesetzlichen und rechtlichen Unterschiede in
den vielen Mitgliedsländern zu harmonisieren, ist eine Riesenherausforderung, die sehr mühsam ist, sich aber trotzdem lohnt. In diesem Sinne: An die Arbeit! – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)
19.00
Präsidentin
Margit Göll: Zu Wort gemeldet ist
Herr Bundesrat Daniel
Schmid. Ich erteile es ihm.
Bundesrat Daniel Schmid (SPÖ, Tirol): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Ja, Herr Dipl.-Ing. Dr. Gross und auch Kollege Gfrerer haben es bereits vorweggenommen: Das Übereinkommen, das heute zur Diskussion steht, ist ein wichtiger Schritt, um Sicherheit und Zuverlässigkeit des internationalen, interoperablen Zugverkehrs zu gewährleisten. Dieses Übereinkommen deckt wichtige Bereiche wie das Eisenbahnbeförderungsgesetz, die Beförderung gefährlicher Güter und die Überprüfung technischer Normen et cetera ab. So, liebe Kolleginnen und Kollegen, jetzt stellt sich für so manchen hier vermutlich die Frage: Weshalb ist der interoperable Eisenbahnverkehr nicht harmonisiert, wie wir das beispielsweise bei der Luftfahrt kennen? Erlauben Sie mir, darauf ein bisschen näher einzugehen.
Das europäische
Eisenbahnnetz ist durch eine lange Entwicklungsgeschichte verschiedener
nationaler Entwicklungen geprägt. Das hat zum Beispiel dazu geführt,
dass wir unterschiedliche Spurbreiten, unterschiedliche Zugsicherungssysteme,
unterschiedliche betriebliche Standards und Normen haben. Diese
Unterschiedlichkeit hat historische, technische, politische und nicht zu
vergessen auch militärstrategische Hintergründe. Das ist der Grund,
warum wir – in dem
Fall – bei uns in Europa ein so komplexes Geflecht unterschiedlicher
Eisenbahnsysteme haben.
Eine Harmonisierung des Eisenbahnsektors ist daher entsprechend komplex und damit eben auch kostspielig und erfordert vielfältige technische, infrastrukturelle und betriebliche Veränderungen. Zusätzlich haben wir teilweise massive
regulatorische Differenzen als Erschwernis. Was man auch nicht vergessen darf – Kollege Gross hat es bereits angesprochen –: die unterschiedlichen nationalen Interessen. Die Herausforderungen sehen wir momentan ganz besonders deutlich beim Projekt Brennerbasistunnel. Es ist eines der größten Infrastrukturprojekte in Europa, das Österreich und Italien miteinander verbinden wird. Da ergeben sich mehrere Herausforderungen. Ich möchte Ihnen einige davon anhand des Beispiels Brennerbasistunnel kurz nennen.
Wir haben unterschiedliche technische und betriebliche
Normen, unterschiedliche Zugsicherungssysteme. Darauf möchte ich kurz
eingehen. In Italien
fahren sie mit SCMT, wir fahren mit der PZB. Und dann gibt es – Herr
Gross weiß das sicherlich – das sogenannte European Train
Control System,
ETCS. ETCS klingt jetzt vielleicht irrsinnig toll: In Europa fahren wir alle
mit demselben System! Aber leider, Kolleginnen und Kollegen, ist das nicht so,
denn auch innerhalb des ETCS gibt es wieder unterschiedliche länderspezifische Regelungen.
Das sind Dinge, die eine Harmonisierung natürlich erschweren.
Wir haben verschiedene Notfall- und Sicherheitsprozeduren. Es stellen sich genauso Herausforderungen bei einer gemeinsamen betrieblichen Koordination. Das sieht man beim Brennerbasistunnel recht deutlich.
Erlauben Sie mir jetzt, ganz
speziell auf etwas einzugehen, das in der Nationalratssitzung ein Kollege
der ÖVP und hier auch Kollege Gross angesprochen hat. Ich
nenne es die – und betone – vermeintlichen sprachlichen
Barrieren. Europas große Sprachenvielfalt spiegelt sich unter anderem
auch im Eisenbahnverkehr wider. Die Umstellung auf eine einheitliche Sprache,
wie von so manchem in diesem Kontext – erlauben Sie mir dieses Wort;
es ist
nicht gerade sympathisch – Ahnungslosen gefordert, würde
erhebliche Änderungen in der Ausbildung und im Betriebsverfahren
erfordern. Nach Einführung einer einheitlichen Sprache
würde das gesamte bestehende Personal von Lokführern und
Lokführerinnen, Zugbegleiterinnen und Zugbegleitern
bis hin zu Fahrdienstleiterinnen und Fahrdienstleitern et cetera eine
erhebliche Anpassung ihrer Ausbildung brauchen. Die müssten in der
ausgewählten
Sprache, unabhängig davon, welche das wäre, ausgebildet und auch zertifiziert werden. Das bringt natürlich erhebliche Kosten mit sich.
Man darf auch den Bereich des Recruitings nicht vergessen. Wenn wir – als Beispiel – Englisch als einheitliche Eisenbahnsprache in Europa normieren würden, dann wird man beim Recruiting, bei der Anstellung von Personal genau darauf das Augenmerk richten müssen. (Beifall bei der SPÖ.)
Dadurch würden wir, und da
bin ich mir sicher, entsprechende Probleme bei der Personalgewinnung bekommen,
weil sich dadurch das Anforderungsniveau hochschraubt. Weil wir
gerade beim Anforderungsniveau sind: Die derzeitigen europäischen
Mindeststandards schreiben das Sprachniveau B1 vor.
Das ist eine absolute Mindestanforderung, denn, sehr geehrte Damen und Herren,
B1 beschreibt gerade einmal den Übergang von grundlegenden Kommunikationsfähigkeiten
zu einem kompetenteren Umgang mit der Sprache. Das ist in einer Notsituation,
wenn man rasch und klar kommunizieren muss,
wohl nicht unbedingt ausreichend. Deshalb
braucht es ein Sprachniveau auf Level B2. Denn es braucht eben die
Fähigkeit, in einer Krisensituation,
in einer Notsituation, in Stresssituationen im Eisenbahnbetrieb klar und
deutlich zu kommunizieren.
Sehr geehrte Damen und Herren, denken wir doch einmal an
letztes Jahr,
an den Brand im Terfener Tunnel! Kollegin Neurauter und Kollege Stillebacher
können sich sicherlich daran erinnern, denn die Einsatzkräfte sind
uns damals, als wir heimgefahren sind, ordentlich entgegengekommen.
Erinnern wir uns daran! Genau solche Vorfälle, wie sie im Terfener Tunnel
passiert
sind, unterstreichen die Bedeutung einer effektiven und präzisen Kommunikation
in Notsituationen. Dieser Vorfall verdeutlicht die Risiken, die mit
solch einer unüberlegten Initiative, eine gemeinsame Sprache für
Eisenbahnerinnen und Eisenbahner einzuführen und vielleicht auch
noch – und jetzt
Ohren spitzen! – auf technische Übersetzungshilfen zu setzen, einhergehen.
Als ich das gehört habe, habe ich mir gedacht: Was?!
Da gibt es wirklich Stimmen, die sagen: Ja, das machen wir
mit technischen Übersetzungshilfen!?
Das heißt, ich bin im Terfener Tunnel, der Zug brennt, und dann
rede ich in ein Kastl, und das Kastl übersetzt in die
Betriebsführungszentrale, was ich meine. Ich will jetzt nicht näher
darauf eingehen, jeder kann sich seinen Teil denken. Liebe Kolleginnen,
liebe Kollegen, so etwas ist grob fahrlässig!
Langsam komme ich zum Abschluss. Viele sagen ja immer, das
Problem, das wir haben, ist unter anderem das Personal mit seinen
unterschiedlichen
Sprachen. Liebe Kolleg:innen, ich nenne Ihnen noch ein letztes Beispiel: Wenn
ein Zug von Italien in Richtung Österreich fährt, und am Bahnhof Brenner einfährt,
dann wäre das eigentlich ganz easy. Da steht nämlich ein
österreichischer Lokführer,
der italienische bremst den Zug ab, packt zusammen,
sagt: Va tutto bene! – Man sagt Danke schön, steigt ein,
richtet sich ein und fährt los. (Bundesrat Tiefnig: Und was ist, wenn lauter italienische Gäste
drin sind?)
Jetzt ist es aber so: Das Ganze ist normalerweise in
5 Minuten erledigt und wir können – hurra, die Gams! –
fahren. Liebe Kolleginnen und Kollegen,
das ist nicht so, denn wenn er einfährt, dann bremst er ein,
dann übernehme ich, dann muss ich einmal die gesamten Daten
überprüfen, damit ich alles
dabei habe, muss alles herrichten, das System
ändern, denn die fahren mit Gleichstrom und wir fahren mit
Wechselstrom. Wenn ich das System
geändert habe, dann muss ich mein Zugsicherungssystem aktivieren, denn die
Italiener fahren mit einem anderen Zugsicherungssystem. Wenn ich das
aktiviert habe, muss ich es auch noch überprüfen, und dann
müssen wir auch noch die Magnetschienenbremsen einschalten, denn die
Italiener dürfen
mit eingeschalteten Magnetschienenbremsen an den Wagen nicht fahren. Stellt
euch vor: Die müssen wir auch noch überprüfen.
Was will ich euch mit diesem Beispiel zeigen? –
Es sind nicht die unterschiedliche Sprache und der Lokführerwechsel
an der Grenze, die ein Problem
sind, sondern das System und die unterschiedlichen Normen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, trotz dieser diversen Schwierigkeiten und so mancher fahrlässiger Ideen, wie eben der Idee einer einheitlichen Sprache, gibt es wirklich viele und ernsthafte Bemühungen, die Interoperabilität im europäischen Eisenbahnverkehr zu verbessern und zu harmonisieren.
Als Lokführer und stellvertretend für die
sozialdemokratische Parlamentsfraktion möchte ich betonen, dass wir
sämtliche Maßnahmen zur Gewährleistung
eines sicheren Zugbetriebs unterstützen. Das vorliegende
Übereinkommen betrifft die Sicherheit im internationalen Zugverkehr,
einen Bereich, der für
die Bahnbenützenden sowie für den Gütertransport von enormer
Bedeutung ist. (Beifall bei der SPÖ.)
Aus diesem Grund werden wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten der Regierungsvorlage selbstverständlich zustimmen. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)
19.13
Präsidentin Margit Göll: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Michael Bernard. – Bitte.
Bundesrat
Michael Bernard (FPÖ, Niederösterreich): Frau Präsident! Frau Minister! Kollegen im
Bundesrat! Sehr geehrte Damen und Herren im Saal und vor den Bildschirmen!
Aufgrund dessen, dass die Vorredner bereits alles
zu diesem Thema gesagt haben, diese Vereinheitlichungen im Eisenbahnrecht zu
wesentlich mehr Sicherheit beitragen und durch die Rahmenbedingungen
mehr Pünktlichkeit ermöglicht wird, gehen wir diese Schritte mit. (Beifall
bei FPÖ, ÖVP und SPÖ sowie der Bundesrät:innen Jagl und
Arlamovsky. – Oh-Rufe
bei der SPÖ.)
19.13
Präsidentin Margit Göll: Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor.
Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall. Somit ist die Debatte geschlossen.
Wir gelangen zur Abstimmung. – Bitte nehmen Sie Ihre Plätze ein.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte,
die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates
keinen Einspruch
zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmeneinhelligkeit.
Der Antrag ist somit angenommen.
Beschluss
des Nationalrates vom 20. März 2024 betreffend ein Bundesgesetz über
die betriebliche Berufsausbildung in der Land- und Forstwirtschaft
(Land- und forstwirtschaftliches Berufsausbildungsgesetz 2024 – LFBAG
2024) (2446 d.B. und 2491 d.B. sowie 11453/BR d.B.)
Präsidentin Margit Göll: Wir gelangen nun zum 20. Punkt der Tagesordnung.
Berichterstatterin ist Frau
Bundesrätin Johanna Miesenberger. – Ich
bitte um den Bericht.
Berichterstatterin
Johanna Miesenberger: Ich berichte aus
dem Ausschuss für Land-, Forst- und Wasserwirtschaft über den
Beschluss des Nationalrates
vom 20. März 2024 betreffend ein Bundesgesetz über die
betriebliche Berufsausbildung in der Land- und Forstwirtschaft, Land- und
forstwirtschaftliches Berufsausbildungsgesetz 2024, LFBAG.
Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher gleich zur Antragstellung:
Der Ausschuss für Land-, Forst- und Wasserwirtschaft stellt nach Beratung der Vorlage mehrstimmig den Antrag,
1. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben und
2. dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates
gemäß Art. 44 Abs. 2
B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.
Präsidentin Margit Göll: Vielen Dank.
Sehr herzlich bei uns darf ich Herrn Bundesminister Norbert Totschnig begrüßen. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie bei Bundesrät:innen der SPÖ.)
Wir gehen in die Debatte ein.
Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Markus Steinmaurer, und ich erteile ihm das Wort.
Bundesrat Markus Steinmaurer (FPÖ,
Oberösterreich): Frau
Präsidentin!
Werter Minister! Liebe Kollegen im Bundesratssaal! Liebe Besucher hier im Saal
und vor den Bildschirmen! Da die derzeitige Rechtslage in der land- und
forstwirtschaftlichen Berufsausbildung keine bundeseinheitliche Ausbildung vorgibt,
ist diese Regierungsvorlage auf den ersten Blick ein Lösungsansatz.
Vor diesem Hintergrund erscheint es zweckmäßig und keineswegs unbillig, auch die im Hauptausschuss des Nationalrates vertretenen politischen Parteien einzubinden, zumal diese hinsichtlich ihrer Bildungspolitik verschiedene Standpunkte und darüber hinaus in Summe alle Teile der Bevölkerung vertreten. Davon profitieren würde der zuständige Minister, der seine Entscheidung auf ein starkes Fundament mit breiter Expertise stützen könnte.
Diesbezüglich wurde im Nationalrat von unserem
Abgeordneten Schmiedlechner ein Abänderungsantrag eingebracht, der leider
von SPÖ, ÖVP und Grünen abgelehnt wurde. In unserem
Abänderungsantrag wollten wir das System entpolitisieren und den
Beirat so auf faire Beine stellen. Im Gegensatz zur Regierungsvorlage hat die
FPÖ klare Richtlinien für die Fachexperten des Beirates
festlegen wollen. Da auf unseren Vorschlag nicht im Geringsten eingegangen
wurde, stimmen wir bei TOP 20 nicht zu. – Danke. (Beifall
bei
der FPÖ.)
19.17
Präsidentin Margit Göll: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Silvester Gfrerer, und ich erteile ihm dieses.
Bundesrat Silvester Gfrerer (ÖVP,
Salzburg): Frau Präsidentin! Werter
Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Heute ist wirklich ein
guter Tag für jene Menschen, die sich entscheiden, eine Ausbildung zum
Facharbeiter
oder zum Meister im Bereich der Land- und Forstwirtschaft zu absolvieren. Das
Land- und forstwirtschaftliche Berufsausbildungsgesetz ist wirklich ein
Meilenstein, denn eine gute fachliche Ausbildung ist die Grundlage, einen landwirtschaftlichen
Betrieb erfolgreich zu führen.
Ich kenne wirklich kaum eine
Berufsgruppe, die so unterschiedlich und so vielfältig wie die
Landwirtschaft aufgestellt ist, gerade in unseren Bundesländern, vom
Burgenland bis nach Vorarlberg. Genauso vielfältig sind die Angebote in
den Bundesländern für die Ausbildung von unseren Hofübernehmern
und ihren Mitarbeitern in der Landwirtschaft, in der Forstwirtschaft, in der
Jagdwirtschaft, im Gemüse-, im Obstbau und in vielen Sparten mehr.
Diese Vielfalt zeigt sich – man glaubt es kaum – bereits
daran: 16 verschiedene Lehrberufe sind derzeit in diesem Land- und
forstwirtschaftlichen Berufsausbildungsgesetz festgeschrieben.
Was noch wichtig ist: Es wird
eine etwas unübersichtliche Rechtslage beseitigt. Die Gesetzgebung wird
zur Bundessache. Besonders wichtig ist: Der
Vollzug bleibt ausschließlich in den Bundesländern. Die Grundlage
dafür schaffen die Lehrlings- und Fachausbildungsstellen in den
Bundesländern, die
dafür sorgen, dass die Bildungsangebote für jeden Bereich innerhalb
der Landwirtschaft auf dem neuesten Stand und am Puls der Zeit angeboten
werden.
Ich selbst bin auch Jäger und freue mich, dass nun auch ein neuer Lehrberuf geschaffen wird, und zwar die Berufsjagdwirtschaft. Man weiß, in den landwirtschaftlichen Fachschulen gibt es diese Kurse, mit denen man die Jagdprüfung ablegen kann.
Das machen ganz viele nicht
wegen der Jägerei selbst, sondern weil sie
sich ein Fachwissen aneignen wollen, um das ganze System mit der Natur, damit,
wie man die Freizeit in der Natur verbringt, zu verstehen, die Zusammenhänge kennenzulernen
und sich das Fachwissen anzueignen, was die Jagdwirtschaft betrifft.
Die Landesgesetze der Jagd sind
ja alle mit Grund und Boden und mit
der Forstwirtschaft eng verbunden.
Was bei diesem Gesetz auch sehr positiv und wichtig ist: dass die Prüfungsgebühren für die Meisterprüfungen mit 1.1.2024 entfallen und dass die Meistertitel auch in offizielle Urkunden und Dokumente eingetragen werden können. Das ist wirklich eine große Wertschätzung unseres Berufsstandes und unserer Meister und Meisterinnen.
Die Zeit bleibt nicht stehen.
Auch die Berufsausbildung in der Land- und Forstwirtschaft entwickelt sich
weiter. Mit dem neuen Gesetz wird ein neues Gremium auf Bundesebene, ein Land-
und forstwirtschaftlicher Bundesberufsausbildungsbeirat zur koordinierten
Beratung eingerichtet. Dieses
Gremium wird unabhängig und unpolitisch agieren.
Was ich nicht verstehe, ist,
dass gerade die ÖVP das ablehnt (Bundesrat Tiefnig: Die
FPÖ! Die FPÖ!) –, dass die FPÖ das ablehnt, denn
sie wollte ihre Leute,
ihre Politiker, in diesen Gremien sitzen haben und hat dazu im Nationalrat
einen Abänderungsantrag eingebracht. Auch ein Fachgremium, wie der Name
schon sagt, soll zum Wohle unserer Bauernfamilien auf wissenschaftlicher Basis
agieren und nicht politisch beeinflusst werden. Daher ist das entschieden
abzulehnen, das will niemand außer der FPÖ.
Ich komme zum Schluss und möchte mich bei allen
Fachgremien und Institutionen, allen voran beim
Landwirtschaftsministerium, vertreten durch
unseren Herrn Bundesminister, beim Koalitionspartner, aber auch bei der
SPÖ, die diesen Beschluss mitträgt und so die Verfassungsmehrheit
sicherstellt, herzlich bedanken.
Dieses Gesetz ist ein klares Bekenntnis zur land- und forstwirtschaftlichen Ausbildung und zur Jagd in Österreich. Es ist eine gute Grundlage für die nachfolgende Generation, damit sie ihre Zukunft gut gestalten kann. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)
19.22
Präsidentin Margit Göll: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Mag. Claudia Arpa, und ich erteile ihr dieses.
Bundesrätin Mag.a Claudia Arpa (SPÖ, Kärnten): Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Minister! Werte Zuhörende! Mit diesem Land- und forstwirtschaftlichen Berufsausbildungsgesetz schaffen wir erstmals in Österreich eine einheitliche Rechtsgrundlage für die land- und forstwirtschaftliche Berufsausbildung. Das ist ein Ergebnis langer Verhandlungen über die meisten Parteigrenzen hinweg.
Das bedeutet eine einheitliche
Ausbildung vom Neusiedler See bis zum Bodensee, und es bedeutet auch einen
rechtlichen Rahmen und Sicherheit für all jene, die diese Ausbildung
machen, aber auch für all jene, die Menschen ausbilden, weil es auf
kollektivvertraglicher Basis eine Basis gefunden hat. Mit diesem erfolgreichen
Abschluss haben dann die jungen Menschen einen Facharbeiterabschluss
beziehungsweise Facharbeiterinnenabschluss
in der Tasche.
Was mich auch besonders freut – und dafür
sage ich auch herzlichen Dank –, ist die Möglichkeit für
Jugendliche, die persönliche Vermittlungshindernisse
haben, Ausbildungen zu machen. Das ist ja auf der einen Seite die
verlängerte Lehre und auf der anderen Seite die Teilqualifizierung. Es
gibt einfach
junge Menschen, die auch einen Ausbildungsweg absolvieren möchten, und das
wurde mitberücksichtigt. Somit können auch solche jungen Menschen
mit Vermittlungshindernissen gut ausgebildet werden.
Dass die Ausbildung attraktiv
ist, zeigt sich auch an den Zahlen der Absolvent:innen und natürlich
auch an den Lehrberufen. Mittlerweile – der Herr Kollege
von der ÖVP hat es schon angesprochen – hat sich ja die Zahl
der Lehrberufe auf 16 erhöht.
Die Ausbildung umfasst die Bereiche Landwirtschaft, Forstwirtschaft,
Geflügelwirtschaft, Obstbau, Gemüsebau, Weinbau, Pferdewirtschaft,
Bienenwirtschaft und auch die vorhin zitierte Berufsjägerei.
Für die praxisnahe und
zukunftsorientierte Ausbildung beziehungsweise
für die Entwicklung eines neuen Lehrberufes – das haben wir
auch schon vorhin gehört –
wird der Bundesberufsausbildungsbeirat installiert. Wie setzt sich
so ein Beirat zusammen? – In diesem Gremium finden sich
Experten der Landwirtschaftskammer, der Landarbeiterkammer, der
Gewerkschaft, aber
auch aus den Fachverbänden und, soweit ich das verstanden habe, auch aus
dem Ministerium.
Keine Änderung gibt es
hinsichtlich des Vollzuges des Gesetzes, denn
dieser bleibt weiterhin auf Landesebene.
Jetzt möchte ich zum
Abschluss noch ein paar Zahlen nennen. Jährlich werden
5 000 Facharbeiter und Facharbeiterinnen ausgebildet. Dazu kommen
in etwa 500 Personen pro Jahr, die einen land- und forstwirtschaftlichen
Meister machen. Dass die Ungleichbehandlung aufgehoben wurde, haben wir ja
bereits gehört. 5 Prozent von den bereits genannten
Facharbeiter:innen absolvieren eine land- und forstwirtschaftliche Lehre,
40 Prozent der Personen, die eine Ausbildung machen, machen
diese im zweiten Bildungsweg – das ist auch sehr
erstaunlich –, und weitere 43 Prozent sind Schülerinnen
und Schüler der landwirtschaftlichen Lehranstalten in den
Bundesländern. Auch im Lavanttal – dort, wo ich zu Hause
bin – haben wir zwei solcher Schulen, die sehr gerne
besucht werden. Die restlichen 12 Prozent der 5 000 Facharbeiter
sind Maturantinnen und Maturanten.
Aus meiner Sicht bildet dieses Gesetz eine
Weiterentwicklung der Ausbildung in einem zukunftsorientierten, nachhaltigen
und vielseitigen Berufsfeld und
zeigt auch auf, dass die Nahrungssicherheit, die Ökologie weiterentwickelt
werden. Vielen Dank, wir stimmen dem zu. – Danke schön. (Beifall
bei der SPÖ
und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)
19.26
Präsidentin Margit Göll: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Simone Jagl, und ich erteile ihr das Wort.
Bundesrätin
Simone Jagl (Grüne, Niederösterreich): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Werte
Kolleginnen und Kollegen! Liebe Besucher hier bei uns im Hohen Haus! Um es noch
einmal deutlich hervorzuheben:
Ihr von der FPÖ wollt den Berufsausbildungsbeirat politisch besetzen,
nennt das entpolitisieren und lehnt daher eine Erleichterung für
Auszubildende in
der Land- und Forstwirtschaft ab. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)
Muss man das verstehen? – Ich weiß nicht.
Gut, wir haben schon gehört, es geht bei diesem Gesetz
im Wesentlichen
um die betriebliche duale Ausbildung im land- und forstwirtschaftlichen
Bereich. Das System der dualen Ausbildung, das heißt, die parallele
Ausbildung in Betrieben und in Berufsschulen ist wirklich bewährt und ein
essenzieller Bestandteil der Fachkräftesicherung in Unternehmen
und in diesem Fall auch in
landwirtschaftlichen Unternehmen. Ich denke, wir sind uns einig,
dass das wirklich ganz essenziell ist. Man kann nicht oft genug betonen, dass
diese duale Ausbildung eine Erfolgsgeschichte ist.
Auch oder gerade weil nur etwa 5 Prozent der
Fachkräfte in der Landwirtschaft ihre Ausbildung im Rahmen einer Lehre
machen: Was wir mit diesem
Gesetz sicherstellen, ist, dass dieses Erfolgsmodell in der Land- und Forstwirtschaft
harmonisiert und damit auch attraktiviert wird, sodass Auszubildende die gleichen Voraussetzungen haben,
egal ob sie ihre Ausbildung zur Facharbeiterin oder zum Facharbeiter
oder zur Meisterin in Vorarlberg oder in Niederösterreich
machen. Das ist wirklich ein großer Wurf.
Vom neuen Berufsbild Jagdwirtschaft haben wir von Kollegen Gfrerer schon ausführlich gehört, ebenso, dass es bei dem einzusetzenden Beirat um Expertise und nicht um ein Politikum geht.
Was uns natürlich besonders freut, ist, dass der
Biobereich gestärkt wird. Die gleichwertige Vermittlung von Biokenntnissen
wird aufgenommen. Im
Beirat wird eine Vertretung aus dem Biobereich stimmberechtigt sein, und als
beratendes Mitglied wird jemand aus den drei stärksten Bioverbänden
nominiert sein. Dadurch soll die gleichwertige Vermittlung auch in den nachfolgenden
Ausbildungs- und Prüfungsordnungen abgesichert werden. Es
wird auch eine Schwerpunktausbildung biologischer Landbau geben, wie es sie eh
schon in einigen Bundesländern auch schon gibt.
Eines ist klar: Um die Stärkung der Bioausbildung in
der Praxis voranzubringen, sind noch zahlreiche weitere Maßnahmen
notwendig, die jetzt nicht in
diesem Gesetz abgebildet werden können. Die Ausbildungs- und
Prüfungsordnungen werden da jedoch eine große Rolle spielen, da
die konkreten Ausbildungsinhalte die Bildungsziele und Kompetenzen sowie die
Prüfungsgegenstände dort festgelegt werden.
Ich freue mich über breite Zustimmung. –
Danke schön. (Beifall bei
den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)
19.30
Präsidentin Margit Göll: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Mag. Norbert Totschnig. – Bitte sehr.
Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft Mag. Norbert Totschnig, MSc: Geschätzte Frau Präsidentin! Geschätzte Mitglieder des Bundesrates! Wir haben jetzt schon sehr im Detail gehört, worum es geht: Es geht um das Land- und forstwirtschaftliche Berufsausbildungsgesetz. Erstmals wird das jetzt für die Zukunft bundeseinheitlich geregelt. Die Frage ist: Warum ist das Ganze notwendig geworden?
Vielleicht noch ergänzend:
Es gab eine Reform der Verfassung im Jahr 2019, die im Jahr 2020
wirksam wurde. Mit dieser Novelle wurde sozusagen die
gesamte Gesetzgebung in der land- und forstwirtschaftlichen Berufsausbildung
dem Bund übertragen.
Früher war es so: Wir haben eine Grundsatzgesetzgebung im Bund und ausführende Gesetzgebung in den Ländern gehabt. Nun macht alles der Bund. Der Vollzug wird weiterhin bei den Bundesländern bleiben.
Was bedeutet die Gesetzesänderung in der Praxis? – Das wurde schon angesprochen: Die land- und forstwirtschaftlichen Lehrlings- und Fachausbildungsstellen in den Landeslandwirtschaftskammern werden auch weiterhin die ganze Ausbildung, die Abhaltung der Kurse bis hin zu den Prüfungen organisieren. Für die mittlerweile 16 Lehrberufe wird – und das ist neu – österreichweit einheitlich eine Ausbildungs- und Prüfungsordnung erlassen.
Welche Berufe das sind, haben
wir schon gehört: eine große Vielfalt in der Land- und
Forstwirtschaft bis hin zum neuen Beruf, zur Berufsjagdwirtschaft, was
ein langjähriges Anliegen war.
Wer ist die
Zielgruppe? – Bundesrätin Mag.a Arpa hat es
schon angesprochen: Das geht quer durch, von den Lehrlingen bis zu jenen
Personen, die das
im zweiten Bildungsweg machen.
Sie haben es sicherlich mitverfolgt: 40 Prozent der Absolventen machen das im zweiten Bildungsweg, 40 Prozent von 5 000. Bei 43 Prozent sind es Landeslandwirtschaftsschulen, sehr erfolgreiche Modelle – das muss man echt sagen –, die auch oft die Voraussetzung für einen Zweitberuf im Facharbeiterbereich schaffen. Das sind sehr begehrte Absolventen. Natürlich erhalten auch – und das ist sicherlich für den einen oder anderen neu gewesen – Maturantinnen und Maturanten an höheren land- und forstwirtschaftlichen Bundeslehranstalten einen Facharbeiterabschluss.
Was sind die zentralen Neuerungen? – Das Erste,
was durchaus länger diskutiert worden ist, ist dieser
Bundesberufsausbildungsbeirat. Das ist ein unterstützendes fachliches
Gremium. Da werden Fachleute gebraucht, weil es
darum geht, eine praxisnahe und zukunftsorientierte Ausbildung in der Lehre zur
Verfügung zu stellen sowie entsprechende Prüfungsordnungen zu
erstellen.
Ich bin sehr froh, dass es gelungen ist, auch die
sozialdemokratische Fraktion zu gewinnen, auch mit dem Vorschlag, die
Gewerkschaft hineinzunehmen,
was sehr sinnvoll ist, weil es ja um Lehrlinge geht. Da haben wir –
das muss ich echt sagen – immer eine sehr, sehr gute Zusammenarbeit.
Das Weitere ist die Berufsjagdwirtschaft. Das war eine
langjährige Forderung der Berufsjagdverbände in Österreich. Sie
wollten damit endlich eine
einheitliche Ausbildung umsetzen.
Was ist die Voraussetzung dafür? – Die
Ausbildung zum Forstorgan, zum Waldaufseher dauert einige Wochen. Diese
Kompetenz wird mit hineingenommen, ist Voraussetzung. Was nicht
Voraussetzung ist, ist, dass man
den Jagdschein schon vorher erwirbt. Den kann man im Rahmen der zweijährigen
Ausbildung erwerben.
Die Verschneidung mit dem Forstorgan, Waldaufseher ist sehr
sinnvoll,
vor allem in Zeiten des Klimawandels, in denen es eine hohe Notwendigkeit eines
ausgewogenen Wald-Wildverhältnisses gibt.
Ein weiteres Thema – im gewerblichen Bereich war
das schon möglich –
ist der Entfall der Prüfungsgebühren für die Meisterausbildung.
Also nicht die Meisterausbildung selbst, sondern die Prüfungsgebühren
werden in
Hinkunft erlassen, und das sogar rückwirkend. Das entspricht übrigens
einem Versprechen, das Bundeskanzler Karl Nehammer im Rahmen seiner Österreichrede
im März 2023 gegeben hat. (Beifall bei der
ÖVP.)
Ein weiterer wichtiger Aspekt,
der bereits im gewerblichen Bereich gilt, nämlich gesetzlich seit 2020,
ist die Eintragungsfähigkeit des Meistertitels in
Urkunden. Da geht es einfach um Wertschätzung, um Sichtbarmachung. Ich
glaube, dass das zusätzlich Motivation verschafft, diese zusätzliche
Ausbildung zu absolvieren.
Abschließend: Es gibt viele gute Zitate. Ich habe eines herausgesucht. Es lautet: Die landwirtschaftliche Ausbildung ist die Wurzel, aus der die Früchte einer nachhaltigen, produktiven Landwirtschaft entspringen. – Zitatende.
Ich bedanke mich bei allen Mitarbeiterinnen und
Mitarbeitern für das Zustandekommen des Gesetzes, auch bei den Fraktionen,
die Gespräche geführt
haben, insbesondere bei den Sozialdemokraten. Es war notwendig, dass wir die
Zweidrittelmehrheit erreichen. In diesem Sinn ersuche ich um Zustimmung
zu diesem Gesetz. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP
und Grünen sowie
bei Bundesrät:innen der SPÖ.)
19.35
Präsidentin Margit Göll: Danke, Herr Minister Totschnig.
Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.
Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist somit geschlossen.
Wir gelangen zur Abstimmung. – Bitte nehmen Sie Ihre Plätze ein.
Dieser Beschluss ist ein Fall
des Art. 44 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz und bedarf daher der in
Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder
und mit einer Mehrheit von mindestens zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen zu
erteilenden Zustimmung des Bundesrates.
Ich stelle zunächst die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der Mitglieder des Bundesrates fest.
Wir gelangen zunächst zur Abstimmung, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte,
die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates
keinen Einspruch
zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit.
Der Antrag ist somit angenommen.
Nun lasse ich über den Antrag abstimmen, dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Art. 44 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.
Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der gegenständliche Antrag ist somit unter Berücksichtigung der besonderen Beschlusserfordernisse angenommen.
Ausdrücklich stelle ich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.
Beschluss des
Nationalrates vom 20. März 2024 betreffend ein Protokoll
zur Änderung des Gründungsübereinkommens der Internationalen
Organisation für Rebe und Wein vom 3. April 2001 in Bezug auf den
Sitz der OIV
(2434 d.B. und 2492 d.B. sowie 11454/BR d.B.)
Präsidentin Margit Göll: Wir gelangen nun zum 21. Punkt der Tagesordnung.
Berichterstatterin ist Frau
Bundesrätin Johanna Miesenberger. – Ich
bitte um den Bericht.
Berichterstatterin
Johanna Miesenberger: Ich bringe den
Bericht des Ausschusses für Land-, Forst- und Wasserwirtschaft
über den Beschluss
des Nationalrates vom 20. März 2024
betreffend ein Protokoll zur Änderung des
Gründungsübereinkommens der Internationalen Organisation für
Rebe
und Wein vom 3. April 2001 in Bezug auf den Sitz der OIV.
Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher gleich zur Antragstellung:
Der Ausschuss für Land-, Forst- und Wasserwirtschaft stellt nach Beratung der Vorlage einstimmig den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Präsidentin Margit Göll: Vielen Dank.
Wir gehen in die Debatte ein.
Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Elisabeth Wolff. Ich erteile ihr das Wort.
Bundesrätin Elisabeth Wolff, BA
(ÖVP, Wien): Sehr geehrte Frau
Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen!
Ich glaube,
es ist ganz klar, dass ich als Winzerin mich zu diesem Tagesordnungspunkt zu
Wort melden muss. Bei diesem Tagesordnungspunkt geht es – wir haben
es schon kurz gehört – um das Protokoll zur Änderung des
Gründungsübereinkommens der OIV – das ist die Internationale
Organisation für Rebe
und Wein. Auch Österreich ist da Mitglied.
Konkret geht es darum, dass der Sitz von Paris nach Dijon verlegt wird. Die Kosten hierfür werden vom Land Frankreich übernommen, für Österreich fallen keine zusätzlichen Kosten an.
Das war es eigentlich schon. Ich möchte aber noch kurz darauf eingehen, welch hohen Stellenwert wir in Österreich erreichen konnten, obwohl wir im internationalen Vergleich doch eher ein kleines Weinbauland sind: Wir haben es geschafft, dass der österreichische Wein international für beste Qualität steht, nicht zuletzt aufgrund eines der strengsten Weingesetze weltweit.
Da sind wir der OIV auch immer wieder ein positives Beispiel, wie Herkunftskennzeichnung und Produktionsaufzeichnungen gesetzlich verankert sein
können. Wir sind in Österreich auch mit
unseren Bundesämtern für Weinbau, mit unseren
Weinbauschulen und sogar Studiengängen dafür bekannt, dass wir
besonders gut in Wissenschaft und Forschung zum Weinbau sind.
Besonders in Fragen der Züchtung haben wir eine Vorreiterrolle, und darauf
sind wir sehr stolz.
All das sind Faktoren, durch die wir international als österreichische Weinnation hoch angesehen sind und anhand derer wir auch aktiv bei internationalen Entscheidungen mitwirken können.
Im Sinne des österreichischen Weines bleibt mir daher nicht viel mehr zu sagen als: Zum Wohl! (Heiterkeit und Beifall bei ÖVP und Grünen.)
19.40
Präsidentin Margit Göll: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dominik Reisinger. Ich erteile ihm dieses.
Bundesrat Dominik Reisinger (SPÖ, Oberösterreich): Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit etwas Fantasie und vielleicht einem Augenzwinkern könnte man von einer glücklichen Fügung sprechen, wenn der Nationalrat gerade zu meinem Geburtstag ein Gesetz zu Rebe und Wein verabschiedet und ich dann noch als zwar bescheidener, aber doch Weingenießer im Bundesrat kurz dazu reden darf. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Himmer: Worauf bezieht sich die Bescheidenheit?)
Letztendlich dürfte es aber eher der Zufall sein. Sei
es, wie es sei. Die
SPÖ-Fraktion wird natürlich zustimmen. Inhaltlich wurde alles
ausgeführt, nur einen Satz möchte ich hinzufügen: Sehr geehrter
Herr Bundesminister,
Sie haben im Nationalrat in Ihrer Rede bedauert, dass es in der Debatte nicht
um die Standortfrage über die
Ländergrenze hinaus gegangen ist. Das bedauern
wir auch. Noch mehr bedauere ich oder bedauern wir, dass Sie in dieser
Frage nicht aktiv geworden sind, und so bleibt es, weil wir Ihr
Kämpferherz doch
sehr vermissen, bei unserer Zustimmung bei einem bescheidenen, emotionslosen
Ja, und das leider ohne Applaus. (Bundesrat Tiefnig: ... bei der
Digitaluni
mit!) In diesem Sinne aber danke, und wir werden zustimmen. (Beifall bei
SPÖ und ÖVP. – Bundesrat Himmer: Ah, doch Applaus!)
19.41
Präsidentin Margit Göll: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Mag. Norbert Totschnig. – Bitte.
Bundesminister für Land- und
Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft Mag. Norbert Totschnig, MSc: Geschätzte Frau Präsidentin!
Geschätzte Mitglieder des Bundesrates! Ganz kurz noch einmal: Aufgabe der Internationalen
Organisation für Rebe und Wein ist es einfach, die Akteure in der Weinwirtschaft
zusammenzuführen. Gegründet wurde das Ganze vor genau 100 Jahren,
1924. Damals hat es noch Internationales Amt für Rebe und Wein
geheißen. Dann hat es im Jahr 2001 eine Umgründung zur heutigen
Organisation gegeben. (Vizepräsident Reisinger
übernimmt den Vorsitz.)
Was ist das Ziel und die Aufgabe
dieser Organisation? – Es ist jene, die Erzeuger- und
Verbraucherländer von Trauben und Wein mit Informationen zur Entwicklung
von Vorschriften, zur Minimierung von Handelshemmnissen, zur Förderung
einer nachhaltigen Produktion und zum Schutz der Verbraucher
zu versorgen. Österreich ist neben 49 anderen
Vertragspartnern – von Chile bis Neuseeland – Mitglied
dieser Organisation.
Worum geht es in dieser Änderung? Es wurde schon
ausgeführt: Der Sitz musste verlegt werden, denn im Jahr 2018 war es
nicht mehr möglich, in den bis
dato zur Verfügung stehenden Gebäuden, Unterkünften,
Büroräumlichkeiten zu sein. Man musste in Paris umziehen, aber diese
Räumlichkeiten haben nicht ausgereicht, um die
Repräsentationsaufgaben et cetera entsprechend durchzuführen.
Dann hat man sich entschieden, den Sitz nach Dijon zu verlegen,
und weil das eine Änderung des Übereinkommens darstellt, muss das
Ganze dann durch die Mitgliedsländer in deren Parlamenten ratifiziert
werden.
Genau das ist das Thema heute in dieser Sitzung.
Der Versuch, den Sitz nach Österreich zu verlegen, ist, wie gesagt, nie zur Debatte gestanden. Das Weinland Frankreich – das brauche ich in diesem Raum ja nicht zu sagen – hat natürlich auch ein großes Gewicht, und man wollte natürlich diese Tradition weiter fortführen. – Ich danke für die Zustimmung. (Beifall bei der ÖVP.)
19.43
Vizepräsident Dominik Reisinger: Danke, Herr Bundesminister.
Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.
Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist daher geschlossen.
Wir gelangen zur Abstimmung. – Bitte nehmen Sie Ihre Plätze ein.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.
Bericht des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft betreffend EU-Jahresvorschau 2024 gemäß Artikel 23f Absatz 2 B-VG iVm § 7 EU-InfoG, auf der Grundlage des Arbeitsprogramms der Europäischen Kommission für 2024 und zum 18-Monatsprogramm des Rates für 2023/2024 (III-845-BR/2024 d.B. sowie 11455/BR d.B.)
Vizepräsident Dominik Reisinger: Wir gelangen nun zum 22. Punkt der Tagesordnung.
Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Johanna Miesenberger. – Ich bitte um den
Bericht.
Berichterstatterin
Johanna Miesenberger: Ich bringe den
Bericht des Ausschusses für Land-, Forst- und Wasserwirtschaft des
Bundesrates über den Bericht des Bundesministers für Land- und
Forstwirtschaft, Regionen
und Wasserwirtschaft betreffend EU-Jahresvorschau 2024 gemäß
Artikel 23f Absatz 2 B-VG iVm § 7 EU-InfoG, auf der
Grundlage des Arbeitsprogramms der Europäischen Kommission
für 2024 und zum 18-Monatsprogramm des Rates für 2023/2024.
Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher zur Antragstellung:
Der Ausschuss für Land-,
Forst- und Wasserwirtschaft stellt nach Beratung der Vorlage den Antrag,
den Bericht des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Regionen
und Wasserwirtschaft betreffend EU-Jahresvorschau 2024
gemäß Artikel 23f Absatz 2 B-VG iVm
§ 7 EU-InfoG, auf
der Grundlage des Arbeitsprogramms der Europäischen Kommission für
2024 und zum 18-Monatsprogramm des Rates für 2023/2024 zur Kenntnis
zu nehmen.
Vizepräsident Dominik Reisinger: Danke für den Bericht.
Wir gehen in die Debatte ein.
Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Claudia Arpa. Ich erteile ihr dieses.
Bundesrätin
Mag.a Claudia Arpa (SPÖ, Kärnten):
Geschätzter Herr
Präsident! Noch einmal einen schönen Abend, Herr Minister!
Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben es ja schon gehört, es
geht hier um das Arbeitsprogramm der Europäischen Kommission für das
Jahr 2024 und der Titel lautet: Heute liefern, das Morgen vorbereiten –
also „Delivering today and preparing for tomorrow“.
Das ist auch das letzte Arbeitsprogramm der aktuell
amtierenden Kommission. Neben der angekündigten Vorlage 18 neuer
politischer Initiativen will
sich die Kommission in diesem Jahr primär auf den Abschluss
anhängiger Gesetzgebungsverfahren konzentrieren. Wesentliche
Schwerpunkte der Kommission umfassen unter anderem weiterhin die Umsetzung des
Green Deals, davon haben wir ja heute schon einiges gehört.
Nun kam es aber – das Programm wurde ja
vorbereitet und man hat sich gedacht, das letzte halbe Jahr, das machen wir
noch irgendwie – zu den Bauernprotesten und zu der Tatsache,
dass Ursula von der Leyen eine weitere
Periode als Kommissionsvorsitzende anstrebt. (Bundesrat Spanring: Na,
bitte net!) Sie hat aber ihre Basis in der EVP, und so wurde für das
erste Halbjahr ein sogenannter Dialogprozess initiiert. In diesem Dialogprozess
wurde eine Vision für die Zukunft der Landwirtschaft erarbeitet, und er
hat dann solche Fragen aufgeworfen wie: Wie kann den
europäischen Landwirten und ländlichen Gemeinden, in denen sie leben,
eine bessere Perspektive geboten werden? Wie kann die
Landwirtschaft innerhalb der Grenzen unseres Planeten und seines
Ökosystems unterstützt werden? Wie sind die immensen Möglichkeiten, die
Wissen und technologische Innovationen bieten, damit sie besser genutzt
werden können? Wie schaut es in einer wettbewerbsorientierten
Welt aus? Wir möchten ja eine glänzende und blühende Zukunft
für die europäischen Lebensmittelsysteme fördern.
Aus Sicht der Sozialdemokratie kritisieren wir insbesondere,
dass die
Vom-Hof-auf-den-Teller-Strategie nicht wie geplant umgesetzt wird und die
verbindliche Pestizidreduktion europaweit leider auch nicht kommt.
Außerdem wird es bei den Nutztieren zu keiner Haltungsverbesserung
kommen, und die Biodiversität wird nicht wie geplant stärkere
Berücksichtigung
finden, sondern im Gegenteil: Da haben die Landwirte mit ihren Protesten
erreicht, dass die in der GAP – das ist die Gemeinsame Agrarpolitik
in der EU – vorgesehenen Biodiversitätsflächen nun nicht
mehr so vorgegeben
werden sollen. Das hat aber auch eine direkte Auswirkung auf die Artenvielfalt
und auf die Bestäubersituation, auf die Wasserspeicherkapazität der
Böden beziehungsweise einfach auf die Natur. Generell haben viele
Agrarminister, inklusive unseres eigenen, alles darangesetzt, dass der
Ast, auf dem
die Landwirtschaft sitzt, weiter brüchig wird. Es sollte in dieser
Gesetzgebungsperiode nämlich eigentlich darum gehen, gesunde
Böden zu erhalten
oder wiederherzustellen (Beifall bei der SPÖ) und sich gegen den
Klimawandel zu rüsten oder selbst etwas gegen die CO2-Emissionen
zu tun.
Wir als Sozialdemokraten sehen das wirklich als vertane
Chance, denn Bürger:innen wollen eine Veränderung auf den
Feldern Europas durch eine nachhaltigere und eine tierfreundlichere
GAP sehen. Leider haben dafür die Mehrheiten gefehlt und deswegen kam es
zu keiner Systemumstellung. Die GAP
könnte einen wesentlich größeren Beitrag leisten, um die
EU-Treibhausgasemissionen um 55 Prozent zu senken und den Verlust der
biologischen Vielfalt bis 2030 aufzuhalten.
Nun haben wir gerade beschlossen, dass wir
eine einheitliche Ausbildung garantieren. Wir haben uns darüber
unterhalten, dass wir gerne Artenvielfalt haben, aber irgendwie fehlt mir
auf der europäischen Ebene dazu
noch manchmal der Wille. So wird das alles auch mit den europäischen
Zielen für die ökologische Landwirtschaft kollidieren, wenn es darum
geht, den Einsatz
von Pestiziden oder auch den Einsatz von Antibiotika beziehungsweise
die Düngemittelbelastung zu halbieren. Vielleicht wird die Agrarpolitik
auch irgendwann einmal gerechter werden, das ist ja eine Forderung, die
schon
lange am Tisch liegt – nur
20 Prozent der Unternehmen erhalten weiterhin 80 Prozent der
Förderungen.
Noch ein weiterer
Punkt: Die sogenannte soziale Konditionalität, also
eine Vorgabe, um Agrarfördermittel beziehen zu können, sollte unter
dem Titel Bürokratieabbau ebenfalls auf der Liste der Vorgabestreichungen
sein.
Das konnten wir vorerst verhindern, denn die soziale Konditionalität
bedeutet derzeit, dass ein landwirtschaftlicher Betrieb Sanktionen erhält,
ihm also Förderungen gestrichen werden, wenn er nachweislich
Arbeitnehmer:innenrechte nicht eingehalten hat. Wir wissen und wir sehen immer
wieder, dass es bei den Erntehelfern zu Schwierigkeiten kommt und
dass man da einfach gut hinschauen muss. (Beifall bei der SPÖ.)
Von unserer Fraktion wurde dazu
auch ein entsprechender Antrag eingebracht, der diese Forderungen
unterstreichen würde, der aber leider abgelehnt
wurde.
Ein weiteres Zugeständnis
der Kommissionsvorsitzenden ist das Fallenlassen der 2019 so klar
angekündigten verbindlichen Pestizidreduktion. Ich habe darauf schon
vorhin einmal kurz Bezug genommen. Auch in diesem Punkt braucht es eine fortschrittliche Agrarpolitik, was weniger
hochgefährliche und
chemisch-synthetische Pestizide auf den Feldern bedeuten sollte.
Der Green Deal – das
muss ich leider sagen, Herr Landwirtschaftsminister – wurde aus
meiner Sicht auch von Ihnen torpediert und es wurde
alles unternommen, damit er nicht wie geplant zur Umsetzung kommt.
Wenn wir jetzt einen Blick in
die Zukunft werfen, ist ja zu befürchten, dass ein noch stärker
konservativ geprägtes Europäisches Parlament die Verhandlungen zur
nächsten GAP dominiert und damit eine wichtige Chance vertan wird, die wir
brauchen, damit die Zukunft der gesunden Lebensmittel auch eine
ist, die für uns alle eine gute wird, denn wir hätten auch gerne
Lebensmittel am Tisch und am Teller, die kein Tierleid verursacht haben und
pestizidfrei
sind. (Zwischenrufe der Bundesräte Gfrerer und Tiefnig.)
Noch ein Punkt, den ich ansprechen möchte, betrifft die
Wasserreserven in der EU. Auch da sollte bitte hingeschaut werden und die
Wasserreserven sollten mit Bedacht Verwendung finden, denn der
Klimawandel verändert mit Gewissheit die europäische
landwirtschaftliche Produktion in den nächsten
Jahren immer weiter. Wir sehen es ja, und hierbei ist Agieren und nicht Blockieren
angesagt, inklusive gerechter Verteilung der Fördermittel, damit sie
dort ankommen, wo sie gebraucht werden – also keine Flächenbesitzförderungen, sondern dass eventuell auch Förderungen für Umweltleistungen zugesprochen werden können. (Beifall bei der SPÖ.)
Abschließend möchte ich noch einen Blick in
Richtung EU-Wahl machen. Wir haben es heute immer wieder von unseren Rednern
gehört: Die EU-Wahl
ist eine Richtungswahl und wir werden dann schauen, wohin sich das Europäische
Parlament entwickelt, denn wir brauchen einen sozialen, einen wirtschaftlichen
und einen gesellschaftlichen Zusammenhalt, weil die Ereignisse in der Ukraine,
aber auch die Ereignisse im Nahen Osten uns daran erinnern sollten,
gemeinsam an einem Strang zu ziehen. – Herzlichen Dank. (Beifall
bei der SPÖ.)
19.53
Vizepräsident Dominik Reisinger: Danke.
Als Nächster zu Wort gemeldet ist Bundesrat Ferdinand Tiefnig. Ich erteile ihm dieses.
Bundesrat
Ferdinand Tiefnig (ÖVP, Oberösterreich): Geschätzter Herr Präsident! Herr
Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Meine geschätzten Damen
und Herren! Das 18-Monatsprogramm der Europäischen Union und die
Jahresvorschau des Bundesministeriums für 2024 sind geprägt von teilweiser Fortschreibung
des Green Deals, von Farm to Fork, der Biodiversitätsstrategie bis
2030 und von vielem mehr. Im Endeffekt muss man sagen,
das EU-18-Monatsprogramm ist eigentlich schon mehr ein Rückblick, denn es
sind nur noch drei Monate, in denen die belgische Präsidentschaft noch
agieren kann – und die Ambitionen der belgischen
Präsidentschaft sind sehr tiefgreifend.
Der Green Deal ist gerade angeschnitten worden: Ziel ist
quasi Klimaneutralität und den CO2-Ausstoß bis
2050 auf null zu stellen. In der Landwirtschaft wird es kaum möglich
sein, den CO2-Ausstoß auf null zu stellen,
denn CO2-Ausstoß findet auch statt, wenn keine Tierproduktion
in Europa erfolgt. Die Pflanzen werden auch in Zukunft, wenn sie
verwelken, CO2
ausstoßen, ebenso wird der CO2-Ausstoß über den
Rindermagen und über den Schweinemagen auch dementsprechend stattfinden.
Farm to Fork: Ja, dieses Thema – vom Hof zum
Teller – ist natürlich für
uns in der Landwirtschaft wichtig, denn auf der einen Seite will die EU und wollen
besonders Deutschland und Belgien das Vorantreiben der Handelsabkommen mit
Mercosur und auch mit Mexiko, im Endeffekt wollen wir aber eine klare
Kennzeichnung und auch wissen, was auf den Teller kommt. Da bin
ich vielleicht sogar mit Kollegin Arpa auf einer Schiene.
Wo ich aber überhaupt nicht mit Ihnen auf einer Schiene
bin, ist beim Thema der Umweltleistungen der Landwirtschaft, denn die
Umweltleistungen der Landwirtschaft werden in Österreich besonders durch
das Öpul sehr stark widergespiegelt. Wir haben die höchste
Wasserqualität, unsere Seen haben Trinkwasserqualität, und das ist
nur möglich, weil die Landwirtschaft den Dünger reduziert. Wir sehen
auch, dass die Grundwasserqualität in Österreich einfach dementsprechend
positiv ist. Wenn man sich dann die Wasserstrategie und teilweise
Einflüsse aus wirtschaftlichen Bereichen anschaut, dann ist festzuhalten,
dass zum Beispiel Pfas – das sind Chemikalien, die fast in allen
Plastiktaschen oder auch in der Luft enthalten sind, also nicht abbaubar
sind –
nicht von der Landwirtschaft, sondern von den Chemiefabriken ausgestoßen
werden. Hier müsste man eigentlich viel mehr ansetzen als in der
Landwirtschaft.
Wenn wir uns die EU-Bodenstrategie anschauen, dann ist
festzustellen,
dass das eine sehr überbordende Strategie ist. Wir wissen – und
die EU gibt das vor –, dass, ich glaube, fast 70 Prozent der
Böden in Europa schlecht sind.
Wenn in einer Gemeinde – wir haben dieses Thema schon im
EU-Ausschuss erörtert, leider konnten wir dort keine Stellungnahme zu
diesem Thema
zustande bringen – zwölf verschiedene Böden sind, dann
kann man nicht sagen: Das sind schlechte Böden, das sind gute Böden!,
sondern man muss
einfach schauen: Wie ist die Bewirtschaftung?, und die Bewirtschaftung wird
besonders bei uns in Österreich sehr stark durch das Umweltprogramm unterstützt, und dementsprechend wird auch die Wassersicherheit geregelt.
Was sicherlich wichtig ist, sind die Themen Klimawandel und
Biodiversität. Nur zeigt der Klimawandel mit der Temperaturerhöhung
auch ganz genau auf –
auch die Wissenschaft beweist das jetzt immer mehr –, dass sich
Arten, die vielleicht im Flachland vorgekommen sind, nun in höheren
Gebieten wiederfinden – ob das Schmetterlinge sind, ob das
andere Insekten, aber auch manche Amphibien sind –, weil einfach die
Temperaturen im Sommer in gewissen Gebieten bei uns schon 40 Grad
erreichen. Somit gehen sie in höhere Lagen, und somit ist das auch ein
wissenschaftlicher Beweis dafür, dass wir sagen
können: Es ist nicht nur die Landwirtschaft schuld, sondern der gesamte
Klimawandel. Schließlich sind die Landwirte die Ersten, die den
Klimawandel
gespürt haben. Wir haben ihn durch Hagelereignisse gespürt, wir haben
ihn durch Sturmereignisse gespürt. Wenn wir es uns anschauen, sehen wir:
Die Resilienz einer Region prägt einerseits eine Ernährungssicherheit
durch die Landwirtschaft – wir haben das Bild zu Zeiten von Corona genau
gesehen:
Alle waren für die regionale Lebensmittelversorgung.
Ich will an dieser Stelle auch dir, Herr Minister,
dafür Danke sagen, dass du dich gegen die Getreideimporte aus der Ukraine nach
Europa eingesetzt hast,
auch gegen Importe im Fleisch- und Geflügelbereich, wo wir alle gesehen
haben: Die Marktverwerfungen haben auch am europäischen und am afrikanischen Kontinent
stattgefunden, und bei denjenigen, die die Lebensmittel brauchen, sind sie
nicht angekommen.
Auch bei meinem nächsten Punkt, dem Thema Forst- und
Entwaldungsverordnung der Europäischen Union, will ich dir
Dankeschön sagen. Da gibt es
schon wieder die ersten Meldungen aus Österreich – besonders
aus der Richtung von Südwind–, die unseren Minister
kritisieren, weil er gegen die europäische
Entwaldungsverordnung ist, bei der du dich dafür einsetzt, dass noch eine entsprechend vernünftige
Lösung zustande kommt, damit die Bürokratie dabei nicht
überbordend ist. (Zwischenruf des Bundesrates Spanring.)
Dies ist ein Thema, bei dem wir wirklich schauen müssen, dass die Landwirte mitkommen, denn Österreich hat das strengste Forstgesetz Europas und es kann nicht sein, dass ein Baum, der geschlägert wird, dann mit einem lateinischen Namen und auch noch einer geografischen Darstellung und auf 5 000 Quadratmeter genau dokumentiert werden muss. (Bundesrat Leinfellner: Da hätten die Innsbrucker viel zu tun gehabt jetzt!) Die 5 000 Quadratmeter sind doch sowieso auch im behördlichen Bereich geregelt.
Den Pflanzenschutz habe ich schon angeschnitten. Ein Punkt,
der mir noch wichtig ist, ist, dass ich glaube, dass, um eine resiliente und
gute Entwicklung des ländlichen Raumes weiter voranzutreiben, eine intakte
Landwirtschaft –
das sind die Klein- und Mittelbetriebe, die bei uns in Österreich auch
vorherrschen – wesentlich ist. In der letzten Plenarsitzung der
Cosac hat es mir
auch Marek Houdon, ein Wissenschaftler aus Belgien, bestätigt, der gesagt
hat: Genau diese Regionen waren oder sind bei Krisenzeiten die
resilientesten. –
Das hat Österreich durch die Politik unserer Bundesregierung gezeigt.
In diesem Sinne, Herr Minister, danke schön für Ihre Arbeit und danke schön auch für die gute Information, die Sie uns immer weitergeben, und auch für Ihren Einsatz auf europäischer Ebene. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesrät:innen der Grünen.)
19.59
Vizepräsident Dominik Reisinger: Danke.
Als Nächster zu Wort gemeldet ist Bundesrat Michael Bernard. Ich erteile ihm dieses.
Bundesrat
Michael Bernard (FPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Herr
Minister! Kollegen im Bundesrat! Sehr geehrte Damen und Herren im Saal und vor
den Bildschirmen! Ja, bei diesem Tagesordnungspunkt geht es, wie wir
vorhin gehört haben, um den Bericht des Bundesministers für
Land- und Forstwirtschaft. Diesem kann man entnehmen, dass
es immer weniger Landwirte in Österreich gibt. Wir haben aktuell, das
wurde heute schon einmal erwähnt, nur mehr
109 000 bäuerliche Betriebe.
Durch den EU-Beitritt wurde das Tempo des Bauernsterbens ja noch weiter
verschärft. Es war damals wie heute dasselbe hausgemachte Problem,
dass die Bundesregierungen – stets unter
ÖVP-Beteiligung – und die sogenannte Interessenvertretung
Landwirtschaftskammer die Bauern
immer gerne für die EU geopfert haben.
Vergleicht man den Grünen Bericht von 1994, noch vor
dem EU-Beitritt, mit dem Grünen Bericht von 2023, der mehr
beschönigt, wird für jede
Person mit gesundem Hausverstand klar, dass das lückenlose alleinige
ÖVP-Regiment über den Agrarbereich der letzten 30 Jahre die
österreichische Landwirtschaft gegen die Wand gefahren hat, so
wie es aktuell gerade mit der Wirtschaft passiert. In den Grünen Berichten
der letzten Jahre ist
stets von leichten Rückgängen zu lesen. Vergleicht man aber die Daten
der letzten Jahre mit denen von 1994, dann wird deutlich, dass der Verlust
an landwirtschaftlichen Betrieben und der Rückgang in der
landwirtschaftlichen Produktion nur als massiv und keinesfalls mehr als leicht
bezeichnet
werden können.
Die Aussage des damaligen ÖVP-Landwirtschaftsministers Molterer im Vorwort des Berichts, der dort vom Ende der Ära unserer bäuerlichen Familienbetriebe gesprochen hat, ist schon damals sehr bezeichnend gewesen. Diesem Strukturwandel in der EU ist seither jeder zweite österreichische Hof zum Opfer gefallen.
Beispiele zum Rückbau unserer Landwirtschaft, zur
Dezimierung des Tierbestandes: In Österreich gab es 1994 noch
2,3 Millionen Rinder, jetzt, 2023, sind
es 1,86 Millionen, sprich ein Minus von 19,1 Prozent. Damals waren
es noch 3,7 Millionen Schweine, jetzt sind es noch
2,65 Millionen Schweine, sprich ein Minus von 28 Prozent. Im Gegenzug
wächst aber unsere
Bevölkerung von 7,9 Millionen Bürgern auf 8,9, sprich ein Plus
von 12,7 Prozent. Wenn in unserem Land täglich bäuerliche
Betriebe ihre Produktion dank
Ihrer Politik auf Bundes- und EU-Ebene einstellen, während gleichzeitig unsere Bevölkerung wächst, dann frage ich mich, ob Sie, Herr Totschnig, Ihre Kalkulationen etwa mit dem gleichen Programm machen wie die SPÖ ihre Vorsitzendenwahl. (Beifall bei der FPÖ.)
Schon im ersten Jahr nach dem EU-Beitritt kam es damals zu
ersten Einbrüchen bei den landwirtschaftlichen Erzeugerpreisen, im
Durchschnitt von minus 18 Prozent, und folglich zu einem Rückgang der
Endproduktion um
minus 24 Prozent. Die damaligen Einkommensverluste wurden durch die
Aufstockung der Direktzahlungen teilweise ausgeglichen, um die Bauern ruhig zu
halten. Ihr damaliger ÖVP-Agrarkommissar Franz Fischler verordnete den
Bauern mit der GAP ab 1999 schrittweise spürbare Einschränkungen bei
den Ausgleichszahlungen, da man das Geld für die Bauern in Osteuropa
brauchen würde. Das war der damalige Slogan. So wurden schon damals die
Bauern durch Sie mit der harten Politik der EU konfrontiert: höhere Produktionskosten,
niedrigere Einkommen.
Die Landwirte wurden von der Brüsseler Politik mit
allen ihren Lobbyisten mit dem Slogan, dass es nichts kosten darf, massiv unter
Druck gesetzt.
Wachse oder weiche – so wurde der Strukturwandel der Landwirtschaft
befeuert. So kommt es auch, dass die Landwirtschaft immer mehr in die
Industrialisierung geht. Der durchschnittliche Bauernhof damals hatte
weniger als 10 Hektar. Schon damals wurden die Bauern durch niedrigere
Erzeugerpreise ruiniert, und von den Konsumenten wurde mit hohen
Regalpreisen abkassiert. Die Preistreiber von damals wie heute:
Exportsubventionen, Lagerhaltung und die Profite der Verarbeitungsindustrie.
Der Bauer bekam damals wie heute für seine Produkte nur einen Bruchteil
des Geldes,
das der Konsument bezahlt. Subventionen versickern in der Agrarverwaltung, bei
Transportfirmen und Exporteuren. Zu den Profiteuren gehören
auch die Genossenschaften, welche Banken geworden sind. Raiffeisen war und ist
der größte EU-Befürworter. Mit immer höheren Auflagen und
strengen Richtlinien werden die Bauern zu immer höheren Investitionen
getrieben, um zu
überleben. So landen sie dann in der Schuldenfalle. Auch in diesem Bereich ist der Raiffeisen-Konzern der Hauptprofiteur. (Beifall bei der FPÖ.)
Ungeniert wurden Milliardenprofite auf Kosten der Bauern
gemacht. Sie als ÖVP sind es, die die Bauern in unserem Land in diese Lage
gebracht haben und unsere Landwirte nicht ehrlich gegenüber der EU
vertreten haben. Ihr Kammerpräsident Schmuckenschlager beschwert sich
über praxisfremde Verordnungen. Der EU-Spitzenkandidat für
Niederösterreich beschwert sich über die EU-Bürokratie. Jetzt
stellt sich für mich die Frage: Habt ihr in der ÖVP
intern ein Kommunikationsproblem?
Sie haben unsere Bauern damit drangsaliert, und die Auflagen
werden durch die AMA kontrolliert.
Schließlich bekommt die AMA von Ihnen als Dankeschön
die meisten Agrarsubventionen. Jetzt, wo die zwei wichtigen Wahlen
bevorstehen, rudern Sie mit all Ihrer Agrarpolitik zurück, obwohl Sie
all dem selbst zugestimmt haben.
Das I-Tüpfelchen Ihrer Aussagen ist noch, dass Sie den
Widerstand der Bauern verstehen würden – waren es doch Sie, die
die eigenen Bauern davor
gewarnt haben, hier in Österreich auf die Straße zu gehen. Sie
halten die eigene Wählerschaft mit Angst in Schach, weil sich immer mehr
von Ihnen
abwenden. Sie haben unsere Bauern anscheinend weit unterschätzt. Sie
lassen sich nicht weiter von Ihnen knechten, organisieren sich
selbstständig ihre Proteste und bringen Sie, Herr Landwirtschaftsminister
Totschnig, ins Schwitzen. Sie sitzen schon längst nicht mehr mit unseren
Bauern in Österreich in
einem Boot, sonst hätten die 1 000 Bauern und Bäuerinnen
nicht Anfang März ihren Unmut in Österreich kundgetan.
500 Traktoren sammelten sich
am Gelände des Lasco-Werkes, um Ihnen, Herr Landwirtschaftsminister Totschnig,
und speziell den Bauernbündlern und den Parlamentariern der
ÖVP auszurichten, dass sie genug haben von dieser Politik. (Beifall bei der FPÖ.)
Schließlich haben Sie vor Tagen das Volksbegehren für die Herkunftskennzeichnung, das von 150 000 Bürgern unterstützt wurde, abgelehnt. Ich
frage
mich im Namen aller Bauern und Bäuerinnen: Was hat Sie davon abgehalten,
eine wahrhaftige Politik für unsere Landwirte hier bei uns in Österreich
und in der EU zu vertreten? Ist Ihnen Ihre Scheinheiligkeit gar
nicht peinlich? Sie sind in ständigem Kontakt beziehungsweise Austausch
mit den Beamten in Brüssel, segnen Entscheidungen mit ab und sind
über
alle Vorgänge stets informiert, spielen aber hier in Österreich dann
das Spiel der Täuschung, der Unwissenheit. Sie betreiben reine
Ankündigungspolitik gegenüber den Landwirten.
In der Ausschusssitzung des
Nationalrates vom 13. März wurden folgende Anträge seitens der
FPÖ gestellt, und alle wurden von Ihnen wieder
vertagt: „Entlastung für die Landwirtschaft“, „Schutz
der Almwirtschaft vor dem Wolf“, „Nein zum Inverkehrbringen von
Laborfleisch“, „[...] lückenlose Herkunftskennzeichnung
von Lebensmitteln“. Anstatt sich schützend vor unsere Bauern zu
stellen, was Ihre Aufgabe wäre, setzen Sie sich für die Interessen der EU-Bonzen
ein. Es wird höchste Zeit, dass die Bauern wieder von ihrer Arbeit leben
können. Die Landwirte sind nicht Ihre Knechte. Im Gegensatz zu unserer
Bundesregierung hat die EU-Kommission auf die Proteste der Bauern in
Brüssel reagiert – wenn auch minimal –, und nun
werden
wenigstens die Vorschriften für einen Mindestanteil an Brachland auf
Ackerflächen gelockert. Die sinnlose Außernutzungsstellung von
Agrarflächen wird nun aufgehoben. Wir, die FPÖ, fordern es laufend,
aber Sie haben
es stets ignoriert. Scheinheilig ist nicht nur die EU-Agrarpolitik,
scheinheilig und falsch ist auch die ÖVP-Landwirtschaftspolitik. (Beifall bei der FPÖ.)
Wir freiheitlichen Bauernvertreter fordern den Ausstieg aus
dem Green Deal. Es braucht weniger EU-Bürokratie. Statt Bauern zu
verpflichten, weitere
Flächen aus der Produktion zu nehmen, muss die heimische Produktion unterstützt
und gestärkt werden. Sozialversicherungsbeiträge in Krisenzeiten
müssten als gerechte, rasche und unbürokratische Hilfe erlassen
werden. AMA-Marketingbeiträge gehören in der jetzigen Situation abgeschafft.
Die AMA-Beiträge sind spätestens seit der Einführung eines
allgemeinen Flächenbeitrages eine versteckte Grundsteuer. Raus aus
der Kostenfalle!
Die Mehrwertsteuer auf Betriebsmittel sowie die Mineralölsteuer
müssen für alle landwirtschaftlichen Betriebe ausgesetzt werden, um
die explodierenden Produktionskosten einzudämmen.
Das beste Beispiel dafür war wieder die gestrige EU-Ausschusssitzung, in der wir mit dem Antrag zur Lebensmittelkennzeichnung einen Beitrag in Bezug auf Tiertransport, zum Tierwohl und im Endeffekt dann auch zur Gesundheit für die Bevölkerung leisten wollten. Die ÖVP hat unseren Antrag wieder abgelehnt. (Beifall bei der FPÖ.)
20.09
Vizepräsident Dominik Reisinger: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Simone Jagl. Ich erteile ihr dieses.
Bundesrätin
Simone Jagl (Grüne, Niederösterreich): Herr Vizepräsident!
Noch einmal: Sehr geehrter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen!
Zum vorliegenden Bericht haben wir jetzt schon relativ viel gehört.
Und ja, da gibt es einige Punkte, die bedauerlicherweise auf Eis gelegt wurden,
abgeschwächt wurden oder sich verzögern. Dennoch möchte ich
einige Initiativen vorstellen, die im Berichtsjahr 2024 im Bereich der
Landwirtschaft aus unserer Sicht trotzdem relevant sind.
Ein wichtiger Punkt aus unserer Sicht ist die Zertifizierung
von CO2-Entnahmen. Da hat sich der Rat im November 2023 auf
eine Position geeinigt, die Trilogverhandlungen sollen noch unter der
belgischen Ratspräsidentschaft im ersten Halbjahr 2024
abgeschlossen werden. Auch wenn die Vermeidung
und Reduktion von Emissionen Priorität haben muss, um das Ziel der
Klimaneutralität bis 2050 zu erreichen, muss der Atmosphäre auch
CO2 entzogen
werden und dieses dauerhaft gebunden oder gespeichert werden. Darum werden
wir nicht herumkommen, und zwar unabhängig davon, ob die globale
Erwärmung auf eineinhalb oder zwei Grad begrenzt werden soll. Ein Einsatz von CO2-Entnahmetechnologien wird unausweichlich sein.
Worum geht es bei der CO2-Entnahme, dem
sogenannten Carbonremoval? Das sind Prozesse der dauerhaften – und
das ist wirklich wesentlich – Abscheidung von CO2
aus der Atmosphäre und dessen Einschluss in Kohlenstoffsenken. Das Spektrum
reicht dabei von rein technologischen Lösungen bis hin
zu naturbasierten Technologien. Dabei kommt der Land- und Forstwirtschaft
wirklich eine bedeutende Rolle zu. Die Technologien unterscheiden sich
nach ihren Kosten und Potenzialen, aber auch in ihren Nebenwirkungen auf die
Ökosysteme. Auf lange Sicht werden wir eine Mischung aus verschiedenen Technologien
und Techniken brauchen.
Was kann die Land- und Forstwirtschaft dazu
beitragen? – Einerseits die Aufforstung. Dabei wird CO2 durch Fotosynthese in Biomasse
umgewandelt.
Das Ministerium weist im vorliegenden Bericht zu Recht darauf hin, dass
jedes Zertifizierungssystem im Einklang mit einer nachhaltigen Waldwirtschaft
sein muss. Dann wird noch eine Änderung der Landnutzung notwendig sein, beispielsweise
durch Änderung des Fruchtwechsels beziehungsweise
der Weidennutzung. Durch eine Wiedervernässung von Mooren wird CO2
in Pflanzen und Sedimenten gespeichert. Die Land- und Forstwirtschaft
kann da also wirklich viel beitragen.
Auch ein Punkt, der heute schon erwähnt wurde, den ich
aber noch einmal erwähnen möchte, ist:
Kommissionspräsidentin von der Leyen hat
Ende 2023 einen strategischen Dialog zur Zukunft der Landwirtschaft ausgerufen.
Im Jänner war der Auftakt, bis zum Sommer soll es Ergebnisse
geben. Es werden Inputs von Stakeholder:innen, von Landwirt:innen und allen
Akteur:innen entlang der Lebensmittelkette berücksichtigt. Dabei werden
wichtige Themen wie zum Beispiel das Einkommen und der Lebensstandard der
Landwirtinnen und Landwirte behandelt. Wir haben heute hier im Haus
schon über die Herausforderungen gesprochen, vor denen die Bäuerinnen
und Bauern stehen, und das durchaus nicht zum ersten Mal. Auch die Frage,
wie sich die Landwirtschaft innerhalb des gesetzten ökologischen Rahmens entwickeln kann, soll behandelt werden.
Ein Vorschlag zur Lebensmittelkennzeichnung lässt
leider auf sich warten, angekündigt war er für Ende 2023. Eine
einheitliche, umfassende und vor allem leicht verständliche
Nährwertkennzeichnung auf den Verpackungen wäre wirklich ein
wichtiger Meilenstein zum Schutz von Verbraucherinnen
und Verbrauchern.
Lassen Sie mich zum Abschluss noch etwas anderes sagen. Die
Wahlen zum Europäischen Parlament
rücken näher, und mir geht es da wahrscheinlich
wie vielen von euch, liebe Kolleginnen und Kollegen. Ich rede mit
Menschen über die Wahlen und erlebe, wie weit weg die EU für viele
Leute ist und
wie wenig über die EU bekannt ist. Damit meine ich auch ganz grundlegende
Dinge, also beispielsweise wie sich die EU zusammensetzt, wozu es sie
gibt und was sie mit unserem täglichen Leben zu tun hat. Das fängt
schon damit an, dass das Institutionengeflecht oft schwer zu durchschauen ist,
dass
viele Menschen sich zum Beispiel nicht dessen bewusst sind, dass der Rat der
Europäischen Union und der Europäische Rat nicht dasselbe sind, oder
nicht wissen, welche Institutionen welche Funktionen haben, und das, obwohl in
den Nachrichten regelmäßig über die Ratspräsidentschaft
oder die
EU-Gipfel berichtet wird.
Ich denke, dass gerade eine Zeit vor Wahlen zum
Europäischen Parlament eine gute Gelegenheit für uns alle
ist – oder zumindest für die meisten von
uns –, als Multiplikatorinnen und Multiplikatoren zu wirken. Gerade
wir als Mitglieder des Bundesrates können den Menschen außerhalb
unserer
Blasen näherbringen, was sie von einer starken EU haben. Gehen wir hinaus!
Reden wir mit den Leuten! Überlassen wir nicht jenen das Feld, die
Falschinformationen verbreiten und Unsicherheit säen. – Danke
schön. (Beifall bei Grünen, ÖVP und SPÖ sowie des Bunderates
Arlamovsky.)
20.15
Vizepräsident Dominik Reisinger: Danke.
Für eine Stellungnahme zu Wort gemeldet hat sich Bundesminister Totschnig. Ich erteile dieses.
Bundesminister
für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft Mag. Norbert
Totschnig, MSc: Geschätzter
Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Die
EU-Jahresvorschau steht natürlich, wenn wir uns die europäische
Politik anschauen, unter dem Eindruck der zu Ende gehenden Legislaturperiode
auf europäischer Ebene. Die letzte Plenarwoche im EU-Parlament findet
zwischen dem 22. und dem 25. April dieses Jahres
statt. Entsprechend aktiv sind alle Akteure, alle Institutionen. Das Motto der
Kommission ist – wir haben es schon gehört –
„Heute liefern, das
Morgen vorbereiten“. Die Kommission konzentriert sich in dieser Phase vor
allem darauf, die noch offenen Rechtsakte, die diskutiert werden,
umzusetzen.
Im Mittelpunkt steht dabei natürlich der Green Deal mit all seinen Gesetzesakten. Als weiteres Ziel wurde die Sicherstellung der strategischen Autonomie der Europäischen Union definiert. Da geht es um Energie, da geht es aber natürlich auch um Lebensmittel. Ein weiteres Ziel ist die Reduktion von Bürokratie, der Bürokratieabbau. Da wurde eine 25-prozentige Reduktion der Mitteilungen für Unternehmen als Ziel genannt.
Wenn man vom Green Deal spricht, muss man immer wieder in
Erinnerung rufen, dass er eine Strategie ist, aus der man nicht
aussteigen kann, und diese Strategie umfasst insgesamt
136 Rechtsakte, die angekündigt
worden sind – einige sind noch nicht präsentiert worden. Von
den 136 wurden bis dato 47 umgesetzt, weitere 32 stehen kurz vor der Umsetzung.
Dahin gehend gibt es jetzt natürlich Bemühungen insbesondere der
belgischen Präsidentschaft, die mit Hochdruck daran arbeitet, diese noch
umzusetzen. In den letzten Wochen sind, so glaube ich,
60 Rechtsakte abgeschlossen
worden. Da sieht man, welches Tempo derzeit an
den Tag gelegt wird.
Von den 136 Gesetzesvorhaben betreffen 22 die Land- und Forstwirtschaft. Das
heißt, diese reichen weit über den Sektor Landwirtschaft hinaus:
Energie, Wirtschaft, Unternehmen, Banken, also da sind die gesamte Wirtschaft
und die Gesellschaft betroffen.
Zu den Themen, die in meinem Ressort in den vergangenen
Monaten wichtig waren und auch noch wichtig sind und im Bericht erwähnt
werden: Es
geht uns im Bereich Landwirtschaft natürlich in erster Linie darum, eine
Stärkung der strategischen Autonomie für die Landwirtschaft zu
erreichen. Lebensmittelversorgungssicherheit hat in den vergangenen Jahren
eine völlig neue Bedeutung bekommen. Die Kommission hat das
aufgegriffen. Es geht auch
um die Vereinfachung der GAP. Die Bauernproteste sind auch von einer sehr
komplizierten Bürokratie, die die EU vorgibt, motiviert worden.
Natürlich
sind dafür auch andere Umstände ausschlaggebend: die sehr schwierige
Preissituation auf den Märkten, neue Anforderungen der Gesellschaft
gegenüber
den Bäuerinnen und Bauern zum Beispiel.
Mir war das ein großes Anliegen. Deswegen habe ich auch ein
Schreiben an Agrarkommissar Wojciechowski und an den
Green-Deal-Kommissar
Šefcovic mit ganz konkreten Vorschlägen für einen
Bürokratieabbau geschickt, die eine
tatsächliche Entlastung für die Land- und Forstwirtschaft bringen
würden. Und auch aufgrund unseres Drängens gegenüber der
Europäischen Kommission wurden nunmehr von der Europäischen
Kommission
konkrete Vorschläge für eine Vereinfachung im Bereich der Gemeinsamen
Agrarpolitik vorgelegt. Das ist ein Gesetzesvorhaben, also eine Novelle
der erst kürzlich novellierten Gemeinsamen Agrarpolitik. Wir wollen, dass
das jetzt rasch in den Institutionen beschlossen wird. Der Rat für
Landwirtschaft hat bereits zugestimmt. Es gibt da ein
sogenanntes Dringlichkeitsverfahren und wir hoffen, dass dann das
Europäische Parlament beim nächsten
Plenum da auch zustimmt. Einen großen Vorteil bringt das vor allem
für kleinere Betriebe. Für Österreich wird das bedeuten, dass
alle Betriebe bis
10 Hektar keine Sanktionen und Kontrollen mehr haben, was die Basisprämie,
also die erste Säule betrifft. Das würde eine Entlastung für
über
40 Prozent der Antragsteller in Österreich bedeuten. (Beifall bei
ÖVP und Grünen.)
Wesentlich bei unserer Arbeit
ist natürlich, jetzt auch die reformierte Gemeinsame Agrarpolitik
weiterzuentwickeln, die seit einem Jahr gilt. Was ist dabei nämlich
wesentlich für Österreich? – Es ist einfach die Tatsache,
dass wir mit dem Impulsprogramm, das wir im Rahmen der Budgetverhandlungen
beschlossen haben, die Aufstockung der nationalen Mittel für
die Landwirtschaft um insgesamt 360 Millionen Euro – also
90 Millionen Euro pro Jahr mehr – vorgenommen haben. Diese
Gesetzesänderung, diese Aufstockung muss integriert werden, und das soll
auch in diesem Jahr erfolgen.
Was ist der Mehrwert für
die Landwirtschaft? – Diese Aufstockung bedeutet ein Plus
bei den Prämien im Agrarumweltprogramm von 8 Prozent. Das ist eine
spürbare Aufstockung. In der Bergbauernförderung haben wir
8 Prozent, und bei jenen mit erhöhten Erschwernissen, also der
Dreier- und Vierergruppe, 14 Prozent, also eine deutliche Aufstockung.
Im Bereich der Investitionsförderung werden wir die Obergrenze der anrechenbaren Kosten für Investitionen von 400 000 auf 500 000 Euro anheben.
Ein weiterer Aspekt, der
behandelt wird, ist das Thema Ukraine. Durch den russischen Angriff auf
die Ukraine hat sich die Union entschlossen, die
Ukraine zu unterstützen, insbesondere auch aufgrund der Tatsache, dass die
Schwarzmeerhäfen im Jahr 2022 vollständig blockiert waren. Es war
notwendig, die Ukraine dabei zu unterstützen, ihre Produkte in die
Zielländer zu bringen, für die sie vorgesehen sind und waren. Das
sind der Nahe Osten
und Afrika.
Da hat sich mittlerweile wieder sehr viel verändert, das muss man auch sagen. Die Ukraine ist wieder imstande, direkt über das Schwarze Meer ordentliche Mengen zu exportieren, sodass der Landweg über Europa, der natürlich auch sehr teuer ist, in dem Sinn nicht mehr notwendig ist.
Man muss auch sagen, dieser freie Marktzugang für die Ukraine in die Europäische Union hat vor allem in den Anrainerländern zu massiven Marktverwerfungen geführt. Es war jetzt einfach auch notwendig, dafür zu sorgen, die Gesetzesgrundlage für diesen Marktzugang, nämlich die Autonome-Handelsmaßnahmen-Verordnung, die ja jährlich verlängert werden muss, anzupassen, um zu schauen, dass wir auf den Agrarmärkten in Europa stabile Verhältnisse haben. Das ist auch wichtig, um die Solidarität für die Ukraine aufrechtzuerhalten.
Es ist uns durch unser Engagement auch gelungen, zu
erreichen, dass man in Hinkunft für sensible Agrarprodukte
Schutzmaßnahmen vorsieht. Da
geht es um Zucker, da geht es um Geflügel, da geht es um Eier, da geht es
aber auch um Hafer. Die Verhandlungen sind noch nicht abgeschlossen. Es
ist notwendig, damit diese Verordnung dann tatsächlich im Juni in Kraft
treten kann, dass auch das Europäische Parlament zustimmt, dass die Trilogverhandlungen
abgeschlossen werden können. Dazu beginnen am Montag nächster Woche
weitere Gespräche.
Im Bereich der Forstwirtschaft plant der belgische Vorsitz, noch in diesem Jahr einen Ratsbeschluss über den Vorschlag zu einem Waldmonitoring zustande zu bekommen. Da geht es immer um Zweidrittelmehrheiten. Qualifizierte Mehrheit im Rat heißt, es müssen mindestens 55 Prozent der Mitgliedstaaten, die 65 Prozent der Bevölkerung repräsentieren, zustimmen.
Was ist das Ziel dieses Waldmonitorings? – Die
Union will vor allem durch Fernerkundung umfassend Walddaten erhalten. Unser
Anliegen ist,
dass eine Verhältnismäßigkeit bei der Datenerhebung und beim
Datenmonitoring im Hinblick auf die Kosten für die Mitgliedstaaten
möglich ist. Wir sind da
sehr, sehr kritisch eingestellt, auch weil es
darum geht, dass Forstwirtschaft eigentlich eine Sache der
Mitgliedstaaten ist und wir darauf bestehen, dass das auch weiterhin so bleibt.
Österreich ist ja dafür bekannt, dass
wir unter großer Eigenverantwortung eine nachhaltige Waldwirtschaft auf
Basis eines sehr strengen Forstgesetzes sicherstellen.
Es wurde angesprochen: Auch ein Anliegen von uns ist die
Entwaldungsverordnung, die ja bereits im Jahr 2022 beschlossen worden ist.
Sie ist schon
in Kraft getreten. Was noch aussteht, ist die Anwendung dieser Verordnung. Wir
haben in den letzten Wochen und Monaten zur Kenntnis nehmen müssen,
dass die Union mit den Leitlinien für die Mitgliedstaaten säumig ist.
Wir müssen wissen, wie das konkret angewendet werden muss.
Die Union ist auch nach wie vor mit der Risikoeinstufung
für die Mitgliedstaaten säumig. Das ist bedeutend, weil es für
die Kontrollen, die durchgeführt
werden müssen, ausschlaggebend ist: Je höher das Risiko einer
Entwaldung im Mitgliedsland, desto mehr Kontrollen. – Diese Dinge
fehlen, deswegen
haben wir das auf europäischer Ebene thematisiert. Wir haben gesagt, man
soll die Anwendung so lange aussetzen, bis wir Klarheit haben, wie man das
eigentlich tatsächlich umsetzt.
Wir haben auch angesprochen, dass es einen Unterschied geben
muss zwischen Mitgliedstaaten, in denen es ein tatsächliches
Entwaldungsrisiko gibt, und
jenen, in denen das nicht der Fall ist. Österreich gehört zu jenen,
wo es kein Entwaldungsrisiko gibt. Bei uns werden die Waldflächen
jährlich um
2 300 Hektar größer. In den letzten 50 Jahren sind
330 000 Hektar zugewachsen, da besteht also kein Risiko.
Wir wollen einfach, dass es hier auch eine Entlastung, einen Bürokratieabbau gibt, denn: Wer sind die Betroffenen von diesem bürokratischen Mehraufwand? – Die Rinderbauern, die Sojabauern, die Waldbauern. Bürokratie, bürokratische Belastungen führen immer dazu, dass die Kleinen aufgeben, übrig bleiben dann die Großen.
Unser Anliegen wurde sehr breit
unterstützt, 20 Mitgliedstaaten haben
es unterstützt. Das zeigt, dass dieses Problem natürlich auch in
anderen Mitgliedstaaten besteht und erkannt wird, und wir hoffen, dass die
Kommission entsprechend reagiert und eine Vorlage macht. (Beifall bei der
ÖVP.)
Ein weiteres Thema ist die
Wasserwirtschaft. Da ist es um die Revision
der Kommunalabwasserrichtlinie gegangen, die Anfang dieses Jahres erfolgreich abgeschlossen wurde. Worum geht es
dabei? – Die wesentliche Neuerung
ist unter anderem eine zusätzliche Reinigungsstufe in großen
Kläranlagen, mit der gezielt chemische Spurenstoffe aus dem Abwasser
entfernt werden.
Unser Anliegen in den nächsten Wochen wird das gleiche wie in den vergangenen Monaten sein: Wir werden uns auf europäischer Ebene intensiv einbringen, wir werden Allianzen schmieden, werden österreichische Anliegen vorbringen, und so, wie es ausschaut, können wir das auch erfolgreich durchsetzen. In diesem Sinne danke ich auch für eine gute Zusammenarbeit. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesrät:innen der Grünen.)
20.26
Vizepräsident Dominik Reisinger: Danke.
Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor.
Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Somit ist die Debatte geschlossen.
Wir gelangen zur Abstimmung. – Bitte nehmen Sie Ihre Plätze ein.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte,
die dem Antrag zustimmen, den gegenständlichen Bericht zur Kenntnis zu
nehmen, um ein
Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag
ist somit angenommen.
23. Punkt
Beschluss des Nationalrates vom 20. März 2024
betreffend ein Bundesgesetz über das Institute of Digital Sciences Austria
(Interdisciplinary
Transformation University) (2461 d.B. und 2493 d.B. sowie
11456/BR d.B.)
Vizepräsident Dominik Reisinger: Wir gelangen nun zum 23. Punkt der Tagesordnung.
Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Barbara Prügl. – Ich bitte um den Bericht.
Berichterstatterin
Barbara Prügl: Ich bringe den Bericht des Ausschusses
für Wissenschaft und Forschung über den Beschluss des
Nationalrates vom 20. März 2024
betreffend ein Bundesgesetz über das Institute of
Digital Sciences Austria (Interdisciplinary Transformation University).
Es geht im Wesentlichen um die Errichtung der neuen Digitaluniversität in Oberösterreich in Linz.
Der Bericht liegt Ihnen schriftlich vor, daher komme ich gleich zur Antragstellung:
Der Ausschuss für Wissenschaft und Forschung stellt nach Beratung der Vorlage mehrstimmig den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Vizepräsident Dominik Reisinger: Ich danke für den Bericht.
Begrüßen darf ich bei uns im Bundesrat Herrn Bundesminister Martin Polaschek. – Herzlich willkommen! (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen.)
Wir gehen in die Debatte ein.
Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Doris Hahn. Ich erteile ihr dieses.
20.28
Bundesrätin Doris Hahn, MEd MA
(SPÖ, Niederösterreich): Herr
Präsident! Geschätzter Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen!
Geschätzte Damen und Herren zu Hause via Livestream, die uns vielleicht
auch um diese Uhrzeit doch noch zuschauen! Nach dem Beschluss zum Gründungsgesetz
vom Oktober 2022 soll nun also heute die Rechtsgrundlage für den
dauerhaften Betrieb des Institute of Digital Sciences Austria – oder
eben Interdisciplinary Transformation University, kurz ITU –
beschlossen werden.
Wir als Sozialdemokratie haben
ja schon 2022 unsere Kritik zu diesem – ich nenne es jetzt
wirklich einmal so – Konstrukt deutlich geäußert und
haben
schon damals unsere Zustimmung dazu nicht geben können. Heute, knapp eineinhalb
Jahre später, sehen wir unsere Kritik noch immer nicht ausgeräumt, sondern,
ganz im Gegenteil, eher bestätigt.
Wenn man sich in den
Stellungnahmen, die innerhalb der Begutachtungsfrist eingelangt sind, die eine
oder andere Formulierung ansieht, dann sollte man sich einmal darüber
Gedanken machen. Da ist von „problematisch“, „mangelhaft“,
„widersprüchlich“, „von politischen Interessen
getrieben“ und so weiter die Rede. Ich könnte das jetzt noch weiter
fortführen. Das heißt, mit unserer Kritik an diesem Gesetz sind wir
bei Weitem nicht allein, und alleine das sollte
Ihnen, glaube ich, schon zu denken geben. (Beifall bei der SPÖ.)
Die Kritik beginnt bereits ganz
grundsätzlich bei der Struktur dieser geplanten Universität, und man
muss sich tatsächlich die Frage stellen, ob es denn
auch eine Universität ist und als solche auch zu definieren und zu
bezeichnen ist. (Bundesrat Schennach: Genau!)
In Wahrheit ist es eine Mischform aus öffentlicher Universität, privater Universität und Fachhochschule, in ganz wenigen Aspekten vielleicht dem Universitätsgesetz auch tatsächlich unterliegend, in vielen, vielen anderen dann aber wieder nicht.
Es ist uns auch im Ausschuss tatsächlich bestätigt
worden, es ist in irgendeiner Form sogar ein Experiment mit – wie es
im Ausschuss geheißen hat – weitreichenden Neuerungen, um
sich von gewohnten Strukturen der Universitäten zu lösen. Na ja, das
klingt sehr blumig und sehr schön, aber wenn man dann
ins Detail schaut, muss man sehr wohl das eine oder andere hinterfragen. Sogar
Uniko-Präsident Vitouch spricht es ganz eindeutig an, er spricht von einem
„Wolpertinger“ – ich glaube, ich muss das nicht
näher ausführen –, in dem Fall von einem
Universitäts-Fabel- oder -Mischwesen, einem Mischkonstrukt.
Er befürchtet, dass dieses Experiment in einigen Bereichen auch wohl nicht
ganz verfassungskonform sein könnte.
Die Uniko äußert sich dazu eigentlich ebenfalls sehr entlarvend und bezeichnet es als „ein von politischen Interessen getriebenes und mit mangelnder Sachkenntnis errichtetes Austriakum“. – Na ja, das ist das Nächste, das man so stehen lassen muss. (Bundesrat Schennach: Das ist das Erbe von ...!)
In Wahrheit ist die ITU ein als Universität
getarntes – wenn man so möchte – Unternehmen, das
aus staatlichen Mitteln finanziert wird und das Recht
erhält, staatlich anerkannte akademische Grade zu verleihen. Das
heißt, wie ich auch schon 2022 befürchtet habe und hier auch meine
Befürchtung entsprechend geäußert habe, ist nach wie vor
offenbar eine ganz bewusst ganz einseitige Orientierung an der Industrie
und der Wirtschaft zu befürchten,
frei nach: Wirtschaft bestellt – ITU liefert.
Die Freiheit der Wissenschaft muss gewahrt sein. Ich glaube,
da sind wir uns einig, und da habe ich in diesem Zusammenhang leider so meine
Zweifel,
und offensichtlich nicht nur ich allein, sondern viele andere mehr. Dazu komme
ich aber später noch genauer.
Jedenfalls kann das nicht unser
Anspruch für den Wissenschaftsstandort Österreich sein, schon gar
nicht in der Digitalisierung, dem Bereich, der uns ja auf so vielfältige
Art und Weise und auch gesamtgesellschaftlich betrifft
und vor allem noch wirklich ungeahnte Veränderungen und Herausforderungen
für uns bringen wird, von denen wir uns heute wahrscheinlich noch nicht einmal vorstellen können, dass sie uns betreffen werden.
Schauen wir uns das Gesetz
weiter an; Stichwort Struktur- und Machtfülle, was den Präsidenten
oder die Präsidentin betrifft: Anders als bei öffentlichen
Unis soll es hier kein Rektorat geben, sondern eben einen Präsidenten oder
eine Präsidentin – aktuell haben wir eine
Gründungspräsidentin – mit vergleichsweise weit mehr alleiniger Entscheidungskompetenz,
als dies bei öffentlichen Unis der Fall wäre. Es soll ein
Kuratorium statt einem Universitätsrat geben,
eine Universitätsversammlung anstelle der Senate, wobei man dazusagen
muss, dass die Versammlung lediglich beratende Funktion haben kann. Sie ist
daher demokratiepolitisch eher eine Scheinversammlung, wenn man so möchte.
Stichwort privatrechtliches
Verhältnis der Studierenden – auch wieder im Unterschied zu den
öffentlichen Unis –: Die Studierenden werden in Wahrheit zu
Kunden, die Uni ist Dienstleister. Ich stelle mir schon die Frage: Es ist
immer wieder auch die Rede von – ich zitiere wieder –
sozial verträglichen Studiengebühren, was auch immer man unter
sozial verträglichen Studiengebühren zu verstehen hat. Das
ist jedenfalls nicht in unserem Sinne einer offenen universitären Bildung
und Ausbildung, die gerade im Bereich der Digitalisierung von so ganz
zentraler Bedeutung wäre. Daher gibt es auch in diesem Punkt ein klares
Nein von unserer Seite. (Beifall bei der SPÖ.)
Was die Qualifizierung des Personals betrifft, haben wir das
Gesetz beziehungsweise die Erläuterungen dazu ganz genau
durchgelesen. Wenn ich das
richtig interpretiere, reicht es offensichtlich an der ITU aus – ich
zitiere –, eine berufliche Qualifikation und wissenschaftliche
Erfahrung für das Fach für
eine Professur mitzubringen. Ein ganz konkretes Beispiel: Ich bin stolze
Inhaberin eines Lehramts für Informatik. Das würde nach dieser
Bezeichnung im Gesetz dann offensichtlich für eine Professur reichen.
Auch das, glaube ich, kann nicht im Sinne des Erfinders und in unserem
Interesse sein.
Stichwort Aufgabenfeld der
neuen Uni: Es sollen interdisziplinär und transdisziplinär neue
Forschungsfelder in wissenschaftlicher und künstlerischer Forschung und
Lehre bearbeitet werden. Es ist die Rede von digitaler Transformation, von
digitalem Humanismus, um eine Auseinandersetzung
mit der Klimakrise soll es gehen und vieles andere mehr. Das klingt fast schon
prosaisch, möchte ich sagen. Es ist jedenfalls eine riesige Fülle und
Breite,
mit der es die Uni jetzt zu tun bekommen soll. Schließlich ist der gesamte Bereich
der Digitalisierung eine Querschnittsmaterie, die eben in viele Bereiche
unseres Lebens hineinspielt. Auch da sind wir mit unserer Kritik
nicht allein. Die Akademie der Wissenschaften hält dies einfach für
viel zu breit gefasst und stellt in vielen Bereichen auch eine Doppelung zu
anderen
Unis fest.
Auch wir bemerken: Es gibt
schon Expertise in vielen, vielen Bereichen, an vielen Standorten und Institutionen,
die sich in dem Bereich auch schon mit Grundlagenforschung beschäftigen.
Das heißt, hier hätte man auf alle Fälle auf bereits
bestehenden Einrichtungen – wie der JKU natürlich zum
Beispiel –
gut aufbauen können und müssen, anstatt in Wahrheit künstlich
neue Strukturen zu schaffen. Da ist auch ganz klar unsere Kritik angelegt.
Ich habe auch schon 2022 etwas
vermisst, und das tue ich auch heute noch, nämlich ein entsprechendes
Konzept zu diesem Konstrukt. Dieses riesige thematische Feld
gehört einfach entsprechend aufgearbeitet und konkretisiert. Mir ist
diesbezüglich noch nichts bekannt, und auch auf der Homepage der
ITU finde ich bis dato nicht allzu viel. Dort sind eher noch rudimentäre
Angaben und eher Schlagwörter zu finden. Allerdings – und das
sollte uns
schon zu denken geben – soll im Herbst der Studienbetrieb beginnen.
Bis heute stehen allerdings meines Wissens noch keine
Professuren fest, es liegen nach wie vor keine Curricula vor. Wir haben im
Ausschuss gehört, sie
sind in Planung, die Planungen dafür laufen. Wenn wir uns aber den
Zeitplan bis zum Herbst hernehmen, ist das schon eine ziemlich ambitionierte
Sache,
wenn man das in so wenigen Monaten bewerkstelligen will. Auch da gibt es also eindeutig Kritik unsererseits.
Was bleibt und als was sich dann die ITU leider am Ende des
Tages und nach dem vermutlichen heutigen Beschluss herausstellt und was sie
darstellt,
ist Folgendes: Es ist schlicht und einfach ein teures Kurz’sches
Wahlkampfzuckerl aus dem oberösterreichischen Landtagswahlkampf.
Immerhin – und das dürfen wir, glaube ich,
an dieser Stelle nicht vergessen – wird die ITU den Bund und somit
die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler jährlich knappe 117 Millionen
Euro kosten. Ich denke, das ist Geld, das man im öffentlichen Unibereich
sicher noch besser und noch sinnvoller hätte einsetzen können, denn
die öffentlichen Unis – das wissen wir, und das habe ich
auch schon 2022 erwähnt – würden sich über
110 Millionen Euro jährlich mehr sicher
ganz besonders freuen, und die haben es ganz dringend notwendig. –
Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Arlamovsky.)
20.38
Vizepräsident Dominik Reisinger: Danke.
Als Nächster zu Wort gemeldet ist Bundesrat Vizepräsident Franz Ebner. Ich erteile dieses.
Bundesrat
Mag. Franz Ebner (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr
Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuseherinnen und
Zuseher! Anders als für Frau Kollegin
Hahn ist die neue ITU überraschenderweise für mich kein Wahlkampfgag,
sondern als Oberösterreicher erfüllt es mich mit großem
Stolz, dass heute ein weiterer wichtiger Meilenstein für die neue
Digitaluniversität in Linz gelegt wird. (Zwischenruf der
Bundesrätin Hahn.) Ich behaupte auch, mit der Landeshauptstadt Linz
gibt es den idealen Standort dafür. Die neue ITU – das wurde
im Ausschuss auch außer Streit gestellt – wird die 23.
öffentliche Universität in Österreich sein. (Beifall bei der
ÖVP und bei Bundesrät:innen der Grünen.)
Wie gesagt, für
Oberösterreich ist die ITU eine Riesenchance, und ich zähle dafür auch einige aus meiner Sicht gute
Gründe auf: Linz ist heute nicht mehr
nur eine Stahlstadt, sondern ein zentraler Wissenschafts-, Kultur-,
Wirtschafts- und Industriestandort. Daher herrscht eine hohe Nachfrage nach
einerseits spezialisierten, andererseits aber auch inter- und
transdisziplinär ausgebildeten und hoch qualifizierten
Arbeitskräften. Weiters herrscht in Oberösterreich ein
optimales Umfeld für Kooperationen, die einen enormen Mehrwert bringen
können. Ich denke da an die bereits bestehenden Universitäten,
an die Fachhochschule Hagenberg, an das Ars Electronica Center, aber auch an
viele innovative Unternehmen. Daher ist eben die ITU besonders wichtig
für den Unternehmensstandort Oberösterreich.
Die neue Uni ist aber auch eine Chance für ganz Österreich. Um
in Zukunft wettbewerbsfähig zu sein, müssen wir das Know-how
in Österreich entwickeln und auch im Land behalten. (Zwischenruf der
Bundesrätin Hahn.) Gerade im Bereich Big Tech hinken wir in
Europa bisher hinterher. Auch daher muss die ITU als Chance begriffen werden.
Im Endausbau werden 6 300 Studierende
an der neuen ITU ausgebildet werden. Die ersten Studien sollen wie gesagt noch
heuer starten. Im Ausschuss haben wir auch gehört, dass einige Professuren
bereits ausgeschrieben sind.
Nicht nur ich behaupte, dass es
positive Standorteffekte auch durch die neue Universität in
Oberösterreich geben wird, sondern auch eine Studie
des IFO-Instituts, die diese große Chance und den Mehrwert dieser Uni
für Oberösterreich sieht und verdeutlicht, welch kräftigen
Impuls sie für
den Standort liefern kann.
Einer der Mitautoren dieser Studie ist der
Wirtschaftsforscher und Wifo-Chef Gabriel
Felbermayr. Er hat wörtlich gesagt: „Die TU Linz ist ihr Geld
wert.“
Es sei „sehr gut investiertes Geld“, das in die geplante
Technische Universität in der oberösterreichischen Landeshauptstadt
fließen soll.
Es wurde angesprochen:
Digitalisierung ist ein Megatrend, der uns alle betrifft, wobei wir erst am
Anfang stehen. Das sagt auch das deutsche Zukunftsinstitut. Daher ist
es dringend notwendig, Forschungen anzustellen, zu erforschen und zu
erkunden, welchen Umgang mit diesem Megatrend und
welchen Nutzen von diesem Megatrend wir haben können. Genau dafür
brauchen wir die neue ITU.
Wie schon beim
Gründungsgesetz kommt natürlich auch heute Kritik
von anderen Fraktionen, das ist ja auch in Ordnung. Dazu kann ich nur
sagen – es wurde im Ausschuss bestätigt –, viele im
Begutachtungsverfahren
geäußerte Kritikpunkte haben im jetzigen Gesetz Berücksichtigung
gefunden, zum Beispiel weniger Politik und mehr Wissenschaft in den Leitungsgremien. Es wurden
auch verfassungsrechtliche Bedenken vom Verfassungsdienst des
Bundeskanzleramtes geprüft und ausgeräumt.
Wie gesagt, die ITU wird eine
öffentliche Universität sein, mit den notwendigen
Experimentierräumen, die dieses Thema braucht (Bundesrätin Hahn: ...
Experimente ...!), die die digitale Transformation erfordert. Wir
haben im Ausschuss auch gehört, dass es ein üblicher Vorgang ist,
dass Universitätsgründungen
nicht per se nach dem Universitätsgesetz erfolgen, sondern dass es seit
1970 eigentlich üblich ist, dass Universitätsgründungen
nach einem eigenen
Regelwerk gestaltet werden und später ins Universitätsgesetz
übergeführt werden.
Die neue ITU in Linz ist also nicht die einfachste Geburt, aber ich halte es da mit dem Volksmund, der besagt: Aus einer schweren Geburt entstehen bekanntlich die schönsten Kinder. – Das wird auch bei der ITU so sein. (Beifall bei der ÖVP sowie der Bundesrät:innen Hauschildt-Buschberger und Schreuder.)
Sehr geehrte Damen und Herren, ich lade Sie alle ein, dem Gesetz zuzustimmen, insbesondere aber die Bundesrätinnen und Bundesräte aus Oberösterreich. Ganz ehrlich, wer sich als Vertreter Oberösterreichs gegen die neue ITU in
Linz ausspricht, spricht sich auch gegen die Weiterentwicklung unseres Heimatbundeslandes aus. (Beifall bei der ÖVP.)
Neue Wege entstehen dadurch, dass man sie geht. Bei der digitalen Transformation braucht es neue Wege. Beschreiten wir sie gemeinsam! – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)
20.44
Vizepräsident Dominik Reisinger: Danke.
Als Nächste zu Wort gemeldet ist Bundesrätin Isabella Theuermann. Ich erteile ihr dieses.
Bundesrätin Mag. Isabella Theuermann (FPÖ, Kärnten): Sehr geehrte Damen und Herren! In Österreich gibt es ja bereits vier grundsätzliche Hochschultypen: Universitäten, Privatuniversitäten, pädagogische Hochschulen und Fachhochschulen. Jeder dieser Hochschultypen operiert im Wesentlichen auf Basis eines eigenen Bundesgesetzes.
Bis vor Kurzem gab es auch ein eigenes Gesetz für die
Donau-Universität Krems, das nach vielen Jahren ins
Universitätsgesetz übergegangen ist, weil es
sich einfach als besserer Weg erwiesen hat. In Oberösterreich wollen wir
jetzt aus unerklärlichen Gründen wieder zurück an den Start und
schaffen wieder ein Hochschulkonstrukt, das anscheinend nicht
unter den aktuellen Rahmenbedingungen zu gründen ist. Also vier
Gesetze reichen offenbar nicht,
Schwarz-Grün macht es wieder einmal besonders kompliziert und chaotisch. (Beifall bei FPÖ und SPÖ sowie
des Bundesrates Arlamovsky. – Zwischenruf
des Bundesrates Schennach.)
Warum aber reicht das
Universitätsgesetz nicht? – Bei den Technischen Universitäten
Wien und Graz sowie bei der Montanuni Leoben funktioniert es
ja auch. Nein, die schwarz-grüne Chaosregierung muss sich offenbar wieder
ein fragwürdiges Denkmal setzen. Ob dies zum Vorteil des Hochschulsektors
und insbesondere zum Wohl der Studierenden sein wird, daran habe ich
große Zweifel. Gerade der Faktor, dass die Studenten in einer
privatrechtlichen Rechtsbeziehung zur neuen Universität stehen sollen, ist
durchaus problematisch, denn auch an Privatuniversitäten und
Fachhochschulen hat dies
in der Vergangenheit immer wieder zu erschwerten Bedingungen für die Studenten geführt. (Beifall bei FPÖ und SPÖ sowie des
Bundesrates Arlamovsky.)
Des Weiteren halte ich es für bedenklich, dass es einen anderen und
höheren Studienbeitrag geben soll, als er bei Universitäten,
als er bei anderen öffentlichen Hochschultypen üblich ist. Warum es
an der ITU künftig Präsident statt
Rektor heißen soll, ist mir auch nicht klar. Zu einer Hochschule
gehört ein Rektor. Diese Möglichkeit wurde in der letzten Novelle
zum Fachhochschulgesetz extra nachträglich wieder
hineingenommen.
Warum es an der ITU
Universitätsversammlung statt Senat heißen soll, leuchtet mir schon
eher ein, denn Schwarz-Grün will dieses Gremium ja vergleichsweise mit
weniger Befugnissen ausstatten. Alles in allem ist es wieder einmal
Steuergeldverschwendung vom Feinsten. Das können ÖVP und Grüne
ja nur zu gut. (Beifall bei der FPÖ.)
Es halten aber bei
Weitem nicht nur wir Freiheitliche diesen Gesetzentwurf für unbrauchbar.
Immerhin gab es ja etliche kritische bis ablehnende Stellungnahmen, das
haben wir schon gehört. Unter den Kritikern finden sich unter anderem die
Senatsvorsitzenden der österreichischen Technischen Universitäten Wien,
Graz und Leoben, die Österreichische Privatuniversitätenkonferenz,
die Österreichische Fachhochschul-Konferenz, der Verband der Professoren
der österreichischen Universitäten, die JKU Linz, die
FH Oberösterreich, die Arbeitskreise für
Gleichbehandlungsfragen der TU Graz
und der TU Wien, die Ombudsstelle für Studierende im Bundesministerium
für Bildung, Wissenschaft und Forschung, das Bundesverwaltungsgericht,
die AQ Austria, diverse Hochschulvertretungen und auch die
ÖH-Bundesvertretung. Sogar die ÖVP-Studentenorganisation,
die Aktionsgemeinschaft, lehnt diesen Gesetzentwurf in seiner Gesamtheit ab. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)
Jetzt würde
mich schon interessieren, was Frau Kollegin Geieregger
von der ÖVP dazu sagt, die in ihrer ersten Rede im Bundesrat stolz an ihre
Zeit in der Studentenvertretung erinnert hat. Ganz besonders bemerkenswert
finde ich auch, dass sogar der Gründungskonvent der ITU eine umfassende
Stellungnahme zum Gesetzentwurf abgegeben hat und auf über zwölf
Seiten
seine Änderungsvorschläge darlegt.
Diese
Bundesregierung hat es also nicht einmal geschafft, das zum Großteil von ihr selbst eingesetzte Gremium vorbehaltlos vom
eigenen Gesetzesvorschlag
zu überzeugen. – Willkommen bei den
schwarz-grünen Schildbürgern! (Beifall bei der FPÖ.)
Kurzum, die
Stellungnahmen legen nahe, dass die Bundesregierung wirklich niemanden von diesem Gesetz
überzeugt hat, zumindest niemanden, der sich ernsthaft mit dem
Hochschulsektor in Österreich beschäftigt. Daher darf
ich abschließend einen Teil des Fazits der Stellungnahme der Universitätenkonferenz
wortwörtlich zitieren:
„Ein IDSA auf Basis der
vorgeschlagenen gesetzlichen Grundlage wäre
wohl ein weltweites Unikum, nämlich ein von politischen Interessen
getriebenes und mit mangelnder Sachkenntnis errichtetes Austriakum, das
keinesfalls modellhaft für eine künftige
Universitätsentwicklung – weder national noch international –
angesehen werden kann.“
Dem ist eigentlich
nichts hinzuzufügen, außer folgender Satz: Die schwarz-grüne Bundesregierung
hat wieder einmal bewiesen, dass sie es einfach nicht kann. – Danke.
(Beifall bei der FPÖ, bei Bundesrät:innen der SPÖ sowie
des Bundesrates Arlamovsky.)
20.50
Vizepräsident Dominik Reisinger: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Bundesrätin Maria Huber. Ich erteile ihr dieses.
20.51
Bundesrätin
Dipl.-Ing. Dr. Maria Huber (Grüne, Steiermark): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr
Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zusehende!
Ja, ich sehe das naturgemäß nicht ganz so düster wie Frau
Kollegin Theuermann. Ich glaube, die Digitalisierung beeinflusst
tatsächlich unseren Alltag und die Berufswelt schon jetzt in unglaublich
vielen Bereichen.
Da bin ich eher beim Kollegen Ebner, der sagt, die digitale
Transformation ist sicher eines der großen Themen unserer Zeit;
absolut. Es wird künftig tatsächlich keinen Bereich geben,
in dem die Digitalisierung keine Rolle spielen wird. (Bundesrat Schennach:
Das ist ja nicht das Thema!) Gerade deshalb ist es für uns als
Gesellschaft auch umso wichtiger, diesen Wandel aktiv zu gestalten
und auch als Chance zu sehen. Ich denke, gerade in diesem Zusammenhang wird
auch die ITU ihren Beitrag leisten.
Ja, ich mache aus meinem Herzen auch keine Mördergrube,
wir sind tatsächlich nicht ganz glücklich über die
Entstehungsgeschichte, aber das Thema hat
wie gesagt schon sehr hohe Relevanz. (Ruf bei der SPÖ: Genau! Darum
tragen wir alles mit ...!) Was ich da grundsätzlich auch sehr
spannend finde, ist der interdisziplinäre Ansatz (Bundesrat Schennach: ...
Sebastian Kurz ...!), dass man wirklich Absolventinnen und
Absolventen unterschiedlichster Studienrichtungen explizit ansprechen
möchte.
Warum? – Die größte Stärke
interdisziplinärer Teams liegt im unterschiedlichen Know-how. (Bundesrat
Schennach: Das war der Basti Kurz ...!) Anstatt einer einzigen
Sichtweise und einer einzigen Herangehensweise hat man plötzlich x
verschiedene Vorschläge, wie das Ziel erreicht werden kann. Dadurch
ergeben sich deutlich vielfältigere und ganzheitlichere
Lösungsansätze. Das ist an sich also schon ein ganz guter Weg
für eine Forschungseinrichtung,
um Innovationen voranzutreiben, gerade wenn es um Aufgaben an den Nahtstellen
zwischen Digitalisierung und großen gesellschaftlichen Herausforderungen
unserer Zeit – wie zum Beispiel im Umwelt- und Klimaschutz –
geht.
Ein Punkt, den ich da auch sehr schön finde, ist, dass
die Gründungspräsidentin sagt, die
ITU ist in ihrer DNA eine Netzwerkuniversität. (Bundesrätin Hahn:
Ja was soll die Gründungspräsidentin anderes sagen?)
Da ist natürlich allein schon in Linz und auch in Oberösterreich mit
der JKU, der Kunstuni Linz, der
Anton-Bruckner-Privatuniversität und der FH Oberösterreich ein guter
Nährboden für die interdisziplinäre Zusammenarbeit
vorhanden. Es wird
sicher spannend, wohin sich die noch junge Hochschule entwickeln wird.
Ich persönlich wünsche der ITU, dass sie sich zu einer einzigartigen interdisziplinären Forschungseinrichtung entwickelt, die international strahlt. (Bundesrätin Hahn: Was ist es jetzt? Hochschule, Uni?) In diesem Sinne bitte ich um Ihre Zustimmung. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)
20.53
Vizepräsident Dominik Reisinger: Danke.
Herr Bundesminister Martin Polaschek hat sich zu einer Stellungnahme zu Wort gemeldet. Ich erteile ihm das Wort.
Bundesminister
für Bildung, Wissenschaft und Forschung Dr. Martin Polaschek: Herr Präsident! Meine sehr geehrten
Damen und Herren! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Neugründungen von
Universitäten passieren immer außerhalb des normalen Regelwerkes, so
funktioniert es. Das war bei der Donau-Universität Krems so –
und es hat lange gedauert, bis sie in das Universitätsrecht
übernommen worden ist –, das war bei der
Alpen-Adria-Universität der Fall, und das war auch bei der
Johannes-Kepler-Universität der Fall, die 1962 gegründet worden ist
und 1975 ins UOG übernommen
worden ist.
Es wäre töricht, zu
glauben, dass Neugründungen im Rahmen eines bestehenden Regelwerks
erfolgen können, wenn man noch nicht über das entsprechende Personal,
über die entsprechenden Studierenden verfügt. So werden neue
Universitäten gegründet, das ist der Standard – es tut mir
leid.
Wer das Gegenteil behauptet, Frau Bundesrätin (in Richtung Bundesrätin Theuermann), hat keine Ahnung davon. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesrät:innen der Grünen.)
Ja, es gibt einen großen
Bedarf für eine neue Universität und es gibt einen großen
Bedarf gerade im Bereich der digitalen Transformation, und
diese Universität ist auf einem guten
Weg. Im Herbst wird mit ersten Studienangeboten
begonnen – noch nicht mit fertigen Curricula, denn um fertige
Curricula zu machen, braucht es auch die entsprechenden Studierenden,
die in die Gestaltung eingebunden werden, es gibt aber bereits großes
Interesse vonseiten junger Menschen, die Angebote wahrnehmen wollen.
Die Berufungen laufen, und es wird selbstverständlich auch auf die entsprechende Qualität geachtet. Es ist heute so, dass gerade in den technischen Bereichen keine Habilitationen oder der Habilitation gleichzuhaltenden Leistungen gefordert werden, sondern natürlich auch entsprechend andere, vor allem wirtschaftliche Qualifikationen gefordert werden. Schlussendlich ist es natürlich auch im Interesse der Universität selber, nur bestqualifiziertes Personal zu bekommen.
Die Universität wird sich
deshalb weiterhin auf einem guten Weg befinden. Es wird ein erfolgreiches
Projekt werden, da bin ich mir sicher. Ja, es ist auch
die Möglichkeit, jetzt neue universitätspolitische Wege zu gehen. Zum
entsprechend passenden Zeitpunkt, das ist klar, wird
selbstverständlich auch
diese Universität in den Reigen der anderen öffentlichen
Universitäten aufgenommen werden.
Bis dahin ersuche ich Sie alle um die entsprechende
Unterstützung für dieses spannende und aussichtsreiche
Projekt. – Vielen Dank. (Beifall bei der
ÖVP sowie der Bundesrätin Hauschildt-Buschberger.)
20.56
Vizepräsident Dominik Reisinger: Danke.
Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Karl-Arthur Arlamovsky. Ich erteile ihm dieses.
Bundesrat MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky
(NEOS, Wien): Herr Präsident! Sehr
geehrter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen!
Herr Bundesminister, ich weiß nicht, warum Sie sich vor mir zu Wort
gemeldet haben, denn jetzt kommt doch noch einiges, was Sie sicher nicht freuen
wird, wie Sie erwarten können.
Die Kritikpunkte meiner
Vorredner:innen von SPÖ und FPÖ teile ich eigentlich vollinhaltlich.
Deswegen brauche ich das, was sie gesagt haben, nicht alles
zu wiederholen. Ich werde Ihnen jetzt erläutern, warum ich das Ganze nicht
für eine echte Universität nach unserem historischen Verständnis
und unseren verfassungsrechtlichen Vorgaben halte.
Ich meine, ein bisschen lustig
ist es, wie am Anfang schon zum dritten Mal der Name geändert wird, aber
man sich nicht drübertraut, tatsächlich den
Namen zu ändern. Arbeitstitel ist TU Linz, in einem Gesetz ist das nie
gestanden, im Gründungsgesetz ist als Name Institute of Digital Sciences
Austria
gestanden. Jetzt soll das Ganze ITU heißen, aber es heißt immer
noch Institute of Digital Sciences Austria, aber mit dem Namen ITU, und ist
eine Technische Universität. Also was jetzt? Sie müssten
sich für etwas entscheiden und nicht die dritte Marke
übereinanderpicken. (Beifall bei Bundesrät:innen
der SPÖ.)
Was Sie über die historischen Beispiele dafür, wie
Universitätsgründungen in Österreich in den letzten Jahrzehnten
erfolgt sind, gesagt haben, das ist
schon richtig, dass es da eigene Gründungsgesetze gegeben hat und die
Überführung in das jeweilige Organisationsgesetz erst nachher
stattgefunden
hat. Dieses eigene Gründungsgesetz hat es aber schon gegeben, es ist die
geltende Rechtslage. Dieses Gründungsgesetz wird jetzt mit 30.6.
außer
Kraft gesetzt.
Es wird nun ein neues
Organisations- und Studiengesetz geschaffen, das sich aber nicht in die
Richtung des Universitätsgesetzes bewegt, sondern sich
davon wegbewegt. Jetzt möchte ich wissen: Wie soll das, was sich jetzt vom
Universitätsgesetz absichtlich wegbewegt, dann irgendwann in das Universitätsgesetz
eingegliedert werden können?
Ich vermute auch, dass das gar
nicht der Plan ist, sondern dass – wie wir im Ausschuss gehört
haben und wie Sie jetzt auch angedeutet haben –
das Universitätsgesetz in Richtung der organisatorischen und
studienrechtlichen Regelungen geändert werden soll, wie Sie sie in diesem
Bundesgesetz über
die – wie auch immer das heißt – ITU drinnen haben.
Das erweckt große Befürchtungen, denn so, wie diese Institution aufgesetzt ist, fehlen einige Dinge, die es für eine Universität braucht. Die Universitätsautonomie und die Wissenschaftsfreiheit verlangen von der Universität bestimmte Komponenten.
Etwas, das an dieser
Universität komplett fehlt, sind Habilitationen. Das kann man schon
politisch wollen – in anderen Ländern gibt es das auch
nicht –,
aber dann muss man dazu stehen und darf nicht sagen, dass das ein Pilotprojekt
für die Universität der Zukunft sein soll.
Was an dieser Universität
auch komplett anders geregelt wird, sind Berufungen. Wir wissen
alle – also wahrscheinlich nicht alle, aber wir beide (in Richtung Bundesminister
Polaschek) –, wie Berufungsverfahren an Universitäten ausschauen:
mit Kommissionen, die paritätisch zusammengesetzt werden,
damit das Ganze eine Selbstergänzung darstellt, übrigens genauso, wie
die Habilitation eine Selbstergänzung der Universität, und zwar
der Personen,
die Wissenschaftsfreiheit genießen, darstellt.
An dieser Universität gibt es einen einzigen Halbsatz über Berufungen. Die Vorgabe für den Inhalt der Satzung ist nämlich, dass Berufungen irgendwie geregelt werden müssen. Wie die erfolgen – dass sie zum Beispiel monokratisch
durch den Präsidenten, ohne Beteiligung der anderen Professoren an der
Universität, erfolgen sollen, ist dadurch möglich –,
führt auch weg von dem, was das B-VG in Wirklichkeit an Vorgaben für
die Universitäten macht. (Beifall
bei der SPÖ.)
Für Sie als
Rechtshistoriker interessant ist, dass dieses Ding auch überhaupt nichts
mit dem zu tun hat, was der Begriff Universität eigentlich heißt.
Universität heißt – ich erläutere es den
anderen – in Wirklichkeit so etwas wie
Selbstverwaltungskörperschaft, und zwar Selbstverwaltungskörperschaft
aus verschiedenen Personengruppen.
Früher, im späten
Mittelalter, waren die Studierenden in Wirklichkeit die mächtigste
Personengruppe an den Universitäten, weil sie den Rektor bestimmt haben.
Es hat dann mehrere Kurien gegeben, die in bestimmten Paritäten
die Angelegenheiten der Universitäten entschieden haben, teilweise
Viertelparität.
Viertelparität hat geheißen, die Hälfte für die Professoren
und jeweils
ein Viertel für andere Kurien. In studienrechtlichen
Angelegenheiten hat es so etwas wie eine Drittelparität gegeben, das
heißt, ein Drittel Studierende.
Das gibt es da alles nicht. Es
gibt ein einziges Universitätsorgan, in dem verschiedene
Personengruppen vertreten sind – also eigentlich zwei, aber eines
hat
nicht wirklich Kompetenzen. Das, was da den Titel Universitätsversammlung
bekommt und überhaupt nicht mit dem zu vergleichen ist, was in
früheren Organisationsgesetzen stand, als es
Universitätsversammlungen gegeben hat, die zum Beispiel einen Rektor
gewählt haben, umfasst 21 Personen. 12 davon
sind Professoren und Postdocs, die über 50 Prozent
Beschäftigungsausmaß haben, 5 von 21 Personen sind
Studierendenvertreter, 4 von 21 Personen
sind nicht wissenschaftliches Universitätspersonal, allgemeines
Universitätspersonal.
Die haben als einzige
Beschlusskompetenz – alles andere sind beratende oder Informationsrechte –, dass sie drei von
den sieben gewählten Mitgliedern
des Kuratoriums bestellen. Das ist die einzige Kompetenz von dem, was da
Universitätsversammlung heißt. So etwas wie einen Senat, was es
in früheren
Organisationsrechten oder dem noch bestehenden UG gibt, gibt
es da überhaupt nicht, und deswegen ist natürlich völlig klar,
warum man den Begriff Senat ehrlicherweise nicht für irgendein Gremium in
diesem Konstrukt
verwenden kann.
Was es anstelle des
Universitätsrates gibt, ist das Kuratorium, nicht mit einer variablen
Mitgliederzahl wie beim Universitätsrat – also nicht fünf,
sieben
oder neun –, sondern da gibt es neun Mitglieder, von denen sieben
bestellt werden. Drei von diesen sind von der Regierung, weitere drei von der
sogenannten Universitätsversammlung, eine Person von der ÖH, und
diese sieben bestimmen dann zwei weitere.
Das ist ein ähnlicher
Einfluss von außeruniversitären Gremien, der Regierung, wie im
Universitätsrat, bei dem exakt die Hälfte von der Regierung
bestellt wird, aber dieses Kuratorium hat praktisch nichts zu sagen. Dieses
Kuratorium kann die Vorlagen absegnen, die von der Präsidentin,
dem Präsidenten kommen, kann aber selber keine Initiativen setzen und
keine Änderungen vorschlagen.
Im Wesentlichen ist die
Organisation dieser Institution eine ziemlich monokratisch aufgebaute,
weil – im Unterschied auch zum bisherigen Organisationsrecht –
dem Präsidenten, der Präsidentin keine Vizerektorin, kein Vizerektor zur Seite steht. An den
Universitäten gibt es ja aktuell zumindest
ein Rektorat mit einem Rektor und bis zu vier Vizerektor:innen. Das gibt
es da alles nicht. Also die Organisation von diesem Konstrukt ist mehr oder
weniger eine monokratische Leitung mit einem Kuratorium, das Sachen abnicken darf
oder auch nicht, und das war es im Wesentlichen.
Was auch ziemlich relevant ist,
ist die sogenannte Kurie des wissenschaftlichen Personals, Professorinnen und
Professoren und – ich habe sie vorhin
erwähnt – Postdocs mit über 50 Prozent
Beschäftigungsausmaß.
Dann gibt es auch noch ein Kurie des allgemeinen Personals.
Wer aber überhaupt nichts
mitzureden hat, nicht einmal bei der kleinen Kompetenz der Bestellung von
Mitgliedern der Universitätsversammlung, sind das wissenschaftliche
Personal der Praedocs und die Postdocs, die Teilzeit unter 50 Prozent
beschäftigt sind. Die haben ja überhaupt nichts zu melden. Abgesehen
vom Dienstrecht, bei dem es auch noch Nachteile gibt, wird
das prekär beschäftigte wissenschaftliche Personal an dieser
Institution überhaupt nicht berücksichtigt. (Beifall bei der
SPÖ.)
Wir haben im Ausschuss auch
gehört, dass dann neue studienrechtliche Möglichkeiten bestehen
sollen. Ich habe mir das im Detail angeschaut, also wirklich innovativ ist das
nicht. Die gesetzlichen Vorgaben – also nicht einmal, dass das jetzt
der Satzung überlassen wird – basieren auf einem Vollzeitstudium. So
etwas wie ein berufsbegleitendes Studium ist also nicht vorgesehen, weil
nämlich ab einer Überschreitung der vorgesehenen Studienzeit um
zwei Semester Studiengebühren fällig werden, was Teilzeitstudien
im Wesentlichen nicht ermöglicht, außer man zahlt mindestens
600 Euro im Semester, was auch mehr als bei den anderen Universitäten
ist.
Zum Schluss auch noch etwas
Interessantes, das man sich vielleicht nicht überlegt hat: die
Timeline für das Inkrafttreten der Studien. Sie haben schon
gesagt, so etwas wie ordentliche Studien wird es jetzt noch nicht geben. Wahrscheinlich
gibt es am Anfang also Universitätslehrgänge.
Wie kommen nämlich die Curricula zustande? Da
könnte bei den Übergangsbestimmungen vielleicht etwas passiert
sein, weil nämlich das bisherige
Gesetz mit 30.6. außer Kraft tritt. Mit 1.7. tritt dieses neue Gesetz in
Kraft. Im bisherigen Gesetz gab es die Möglichkeit, dass eine vorläufige
Satzung beschlossen wird. Diese vorläufige Satzung enthält aber keine
Bestimmungen über Curriculakommissionen, weil nämlich Curricula vom
Gründungskonvent direkt gemacht werden können. Bis 30.6.
hat jetzt der Gründungskonvent noch die Möglichkeit, Curricula
zu machen. Curricula für Studienrichtungen, die nicht der
Gründungskonvent bis 30.6. erlässt, können nach 1.7. nicht
mehr
erlassen werden, weil die Gründungspräsidentin und der Gründungskonvent
zwar im Amt bleiben und die Funktionen von Präsidentin, Präsident und
Kuratorium ausüben und die vorläufige Satzung in Kraft bleibt, bis
eine neue Satzung beschlossen wird, aber erst in einer neu zu beschließenden Satzung
Bestimmungen über die Curriculakommissionen stehen können. Curricula
für Studienrichtungen, die nicht bis 30.6. beschlossen werden,
werden deshalb wahrscheinlich durchaus das eine oder andere Semester
brauchen – bis eine neue Satzung vom Präsidenten vorgeschlagen
wird, vom Kuratorium abgenickt wird, in der steht, wie Curriculakommissionen
errichtet werden. Die müssen dann erst besetzt werden.
Das heißt, die
ambitioniert angekündigte Perspektive, dass ab Herbst 2024
Doktoratsstudien und ab 2025 Masterstudien angeboten werden können, halte
ich für – ambitioniert, das wäre sehr wohlwollend
gesprochen – einen
ähnlichen Marketinggag wie die Errichtung der Universität
überhaupt. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)
21.10
Vizepräsident Dominik Reisinger: Danke.
Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.
Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Somit ist die Debatte geschlossen.
Wir gelangen zur Abstimmung.
Es ist eine namentliche Abstimmung verlangt worden.
Da dieses
Verlangen von fünf Bundesräten gestellt wurde, ist gemäß
§ 54 Abs. 3 der Geschäftsordnung eine namentliche
Abstimmung durchzuführen. Ich
gehe daher so vor.
Im Sinne des § 55 Abs. 5 der
Geschäftsordnung erfolgt die Stimmabgabe nach Aufruf durch die
Schriftführung in alphabetischer Reihenfolge mündlich
mit „Ja“ oder „Nein“. Ich
bitte um deutliche Äußerung.
Ich ersuche nunmehr die Schriftführung um den Aufruf der Bundesräte in alphabetischer Reihenfolge.
*****
(Über Namensaufruf durch Schriftführerin Gruber-Pruner geben die Bundesrät:innen ihr Stimmverhalten mündlich bekannt.)
*****
Vizepräsident Dominik Reisinger: Ich mache von meinem Stimmrecht Gebrauch und stimme mit „Nein“.
Die Stimmabgabe ist beendet.
Ich unterbreche zur Auszählung der Stimmen kurz die Sitzung.
(Die zuständigen Bediensteten nehmen die Stimmenzählung vor. – Die Sitzung wird um 21.14 Uhr unterbrochen und um 21.15 Uhr wieder aufgenommen.)
Vizepräsident Dominik Reisinger: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und gebe nun das Abstimmungsergebnis bekannt.
Demnach entfallen auf den
Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen
Einspruch zu erheben, 30 „Ja“-Stimmen und
25 „Nein“-Stimmen.
Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.
Mit „Ja“ stimmten die Bundesrät:innen:
Böhmwalder, Buchmann;
Ebner, Eder, Eder-Gitschthaler;
Geieregger, Gfrerer, Göll, Gross;
Hauschildt-Buschberger, Himmer, Huber, Hutter;
Jagl;
Kittl, Kohl;
Lassnig;
Miesenberger;
Neurauter;
Prügl;
Ruf, Ruprecht;
Schreuder, Schwarz-Fuchs, Schwindsackl, Stillebacher, Stotter;
Tiefnig;
Wolff;
Zauner.
Mit „Nein“ stimmten die Bundesrät:innen:
Arlamovsky, Arpa;
Babler, Bernard;
Fischer;
Gerdenitsch, Grimling, Grossmann, Gruber-Pruner;
Hahn;
Kofler, Kovacs;
Lancaster, Leinfellner;
Mertel;
Obrecht;
Reisinger;
Schachner, Schartel, Schennach, Schmid, Schumann, Spanring;
Theuermann;
Wanner.
*****
Beschluss des Nationalrates vom 20. März 2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Denkmalschutzgesetz geändert wird (2463 d.B. und 2484 d.B. sowie 11440/BR d.B. und 11470/BR d.B.)
Vizepräsident Dominik Reisinger: Wir gelangen nun zum 24. Punkt der Tagesordnung.
Berichterstatter ist Herr Bundesrat Marco Schreuder. – Ich bitte um den Bericht.
Berichterstatter Marco Schreuder: Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Tourismus, Kunst und Kultur über den Beschluss des Nationalrates vom 20. März 2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Denkmalschutzgesetz geändert wird. (Vizepräsident Ebner übernimmt den Vorsitz.)
Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher gleich zur Antragstellung:
Der Ausschuss für Tourismus, Kunst und Kultur stellt nach Beratung der Vorlage am 3. April 2024 den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Danke für den Bericht.
Wir gehen in die Debatte ein.
Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Elisabeth Grimling. Ich erteile ihr das Wort.
Bundesrätin Elisabeth Grimling
(SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr
Präsident! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Werte Kolleginnen und
Kollegen im Bundesrat! Dass Denkmalschutz ein ganz wichtiges
Instrument zur Erhaltung unseres kulturellen Erbes darstellt, bedarf wohl
keiner besonderen Erörterung.
Dass dessen Regulierung einer gesetzlichen Verankerung bedarf, wurde bereits
vor 101 Jahren erkannt. Es erscheint auch verständlich und notwendig,
eine zeitgemäße Adaption des Denkmalschutzgesetzes vorzunehmen, um
dem Bundesdenkmalamt als vollziehender Behörde ein modernes und übersichtliches Instrument
in die Hand zu geben.
Zum vorliegenden umfangreichen
Gesetzentwurf wurde aber bereits im Begutachtungsverfahren in
118 Stellungnahmen fast ausnahmslos vehemente Kritik geübt. Der
Entwurf beinhaltet zwar einige positive Ansätze, wie
die Berücksichtigung ökologischer Aspekte in
Veränderungsverfahren und hinsichtlich internationaler Verpflichtungen,
ohne jedoch eine
adäquate Verankerung des Unesco-Welterbes nach internationalen Standards
vorzunehmen. (Beifall bei der SPÖ.)
Insbesondere wäre die Koordinierung der nationalen
Umsetzung der Welterbekonvention ausschließlich auf Ebene des
Bundesministeriums für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport
anzusiedeln gewesen.
Auch die Unabhängigkeit und Weisungsfreiheit des Denkmalbeirates, des
Gremiums zur Beratung des Bundesdenkmalamtes beziehungsweise
der zuständigen Bundesministerin, des Bundesministers, wird durch ein
neues Bestellungsverfahren beeinträchtigt.
Im Bereich der Archäologie werden archäologische
Ausgrabungen durch den Entwurf erheblich
erschwert, zum Beispiel durch das Verbot von modernen Metallsuchgeräten
in Ausgrabungsstätten. Die vorgesehene dauernde Aufbewahrungspflicht von
Fundstücken lässt die Frage offen, wo diese Funde gelagert werden
sollen und wer die Kosten für die Aufbewahrung tragen
soll.
Die Gesetzesnovelle schließt Personen von
archäologischen Nachforschungen aus, die kein einschlägiges Studium
abgeschlossen haben. Das kann aber
dazu führen, dass Fundmeldungen bedeutender und daher meldepflichtiger Bodenfunde
unterdrückt werden. Wenn etwa ein Bauer beim Pflügen seines Ackers
plötzlich auf antike Tonscherben stößt, die auch nach seinem
laienhaften Verstand historische Bedeutung haben könnten, muss er warten,
bis – vielleicht nach Tagen – eine graduierte
Archäologin oder ein graduierter Archäologe erscheint, der/die
hoffentlich auch über die Entscheidungsbefugnis verfügt,
wo die Fundstücke gelagert werden sollen und wer die Kosten dafür
trägt – absurd! (Beifall bei der SPÖ.)
Dieses Sammelsurium widersinniger Vorschriften und Verbote,
gekoppelt mit der vertanen Chance der Öffnung des Denkmalschutzes durch
Aufnahme
einer Zweckbestimmung entsprechend den baukulturellen Leitlinien des Bundes,
eine Baukultur von hoher Qualität zu fördern, ist völlig
ungeeignet, das Anliegen des Denkmalschutzes in zukunftsorientierter
Weise zu regeln.
Daher bleibt mir und meiner Fraktion beim besten Willen nichts anderes
übrig, als diesen Gesetzentwurf in seiner Gesamtheit abzulehnen. (Beifall
bei
der SPÖ.)
21.21
Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Vielen Dank, Frau Bundesrätin.
Ich möchte noch eine Begrüßung nachholen und
begrüße sehr herzlich bei uns im Bundesrat Frau
Staatssekretärin Andrea Mayer. Herzlich willkommen!
(Beifall bei ÖVP und Grünen sowie bei Bundesrät:innen der
SPÖ.)
Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Marco Schreuder. Ich erteile dieses.
Bundesrat
Marco Schreuder (Grüne, Wien): Herr
Präsident! Sehr geehrte Frau Staatsekretärin! Sehr geehrte
Kolleginnen und Kollegen! Ich versuche
jetzt, zu später Stunde, meine Rede etwas kürzer zu halten. Ich
glaube, das ist im Sinne aller, oder?
Nichtsdestotrotz möchte ich natürlich den
Denkmalschutz hier schon auch feiern, denn ich glaube, es ist schon etwas ganz
Besonderes, dass wir
nach 100 Jahren zum ersten Mal eine Novelle machen, die diesen Namen auch
verdient.
Denkmalschutz: Ich möchte nur zwei Beispiele dafür
nennen, wie interessant Denkmalschutz ist, wenn man etwas in die
Modernität überführen will,
sodass die Menschen – das ist ja das Interessante an diesen
historischen Gebäuden – heute gern drin wohnen oder
arbeiten wollen und können. Was wir
heute auch noch haben, ist, dass wir selbstverständlich auch an
Klimaschutzfragen, Energiefragen und dergleichen denken müssen, wenn
solche denkmalgeschützten Gebäude renoviert werden.
Wir waren alle bis vor eineinhalb Jahren im großen
Redoutensaal aus dem Jahr 1629. Ich glaube, wir alle, bis auf die ganz
frisch Angelobten, erinnern uns sehr gut an den großen Redoutensaal aus
dem Jahr 1629. Dort gab es
ja 1992 einen grauenhaften Brand, und es gab danach, als man das hergerichtet
hat, sehr, sehr große Kritik an den Wandbildern von Josef Mikl, die wir
ja noch vor uns sehen, weil wir dort gearbeitet haben. Es gab unglaubliche
Kritik: Soll man alles so, wie es früher war, wiederherstellen oder kann
man es in
die heutige Zeit überführen? Ich glaube, dass der Redoutensaal ein
ganz gutes Beispiel dafür ist, wie man das sehr wohl heute machen kann.
Das gilt auch für das
Gebäude, in dem wir jetzt sind. Der Charakter von Theophil Hansen ist
überall riechbar, spürbar, und trotzdem haben wir unten eine
völlig neue Agora. Für mich war das sogar verwirrend, denn ich kannte
das Haus ja schon davor. Stiegenhäuser finde ich jetzt an Orten (Bundesrat
Tiefnig
nickt) – Herrn Tiefnig wird das auch passiert sein –,
wo es früher keine Stiegenhäuser gegeben hat, und dort, wo es
früher Stiegenhäuser gegeben hat,
sind jetzt andere Räume. Das war für mich am Anfang durchaus eine
Herausforderung. Man sieht, man kann Moderne implementieren, und trotzdem
ist
es ein denkmalgeschütztes, schönes Haus.
Das sind nur zwei Beispiele. Die sind natürlich noch nach dem alten Gesetz gemacht worden. Man hat aber auch gesehen, wo es sehr wohl Fragen gibt, zum Beispiel, wenn man auf historischen Gebäuden Fotovoltaikanlagen machen möchte.
Aktuell stehen ungefähr 39 000 unbewegliche Denkmale in ganz Österreich unter Schutz. Es ist natürlich nicht nichts, dafür kluge Maßnahmen zu ergreifen. Es war an der Zeit, das in die heutige Zeit überzuführen.
Ich kann die Ablehnung der
SPÖ nicht ganz nachvollziehen, das sage ich ganz ehrlich. Es sind diese
Archäologievorwürfe auch bereits im Nationalrat
genannt worden, und wir haben es ja auch im Ausschuss sehr intensiv diskutiert.
Es ist Archäologie ja nicht verboten worden, und Gott sei Dank gibt es
Expertinnen und Experten, die in archäologischer Hinsicht
überprüfen, wenn etwas gefunden wird.
Selbstverständlich
brauchen wir Leute, die sich anschauen: Was ist da gefunden worden?
Selbstverständlich sind aber auch Citizen-Science-Projekte nach
wie vor möglich. Man braucht eine Bewilligung für Archäologie,
oder man meldet es und jemand prüft es. Das ist doch eine sinnvolle
Angelegenheit. Man
kann das ja nicht einfach so mir nichts, dir nichts ohne Denkmalschutz machen.
Ich fasse noch einmal zusammen:
Es gibt jetzt eine stärkere Verankerung
des Unesco-Welterbes mit ganz klar definierten Abstimmungsmechanismen. Das
erhöht ganz sicher den Schutz des kulturellen Erbes. Es gibt deutlich mehr
Klarheit zwischen öffentlichem Interesse an der Erhaltung eines Denkmals und aktuellen Sicherheits- und Sorgfaltsanforderungen und auch Klimaschutzanforderungen.
Darüber hinaus soll einem
eventuellen spekulativen Verfallenlassen – das finde ich ganz
wichtig; das ist auch in Wien mit den Biedermeierhäusern ein
Riesenthema – durch eine moderate Erhaltungspflicht begegnet werden.
Dass unser Erbe nämlich absichtlich kaputtruiniert wird, können wir
natürlich
nicht haben wollen.
Das Bundesdenkmalamt, bei dessen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wir uns ausdrücklich für ihre ganz großartige Arbeit bedanken sollten, wird gestärkt, es wird ein noch serviceorientierterer Ansprechpartner, auch für die Eigentümerinnen und Eigentümer von denkmalgeschützten Gebäuden.
Es gibt aus meiner Sicht absolut keinen Grund, dagegenzustimmen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)
21.27
Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Vielen Dank, Herr Bundesrat.
Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Klara Neurauter. Ich erteile ihr das Wort.
Bundesrätin Klara Neurauter
(ÖVP, Tirol): Sehr geehrter Herr
Präsident! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Geschätzte
Kolleginnen und Kollegen! Es
geht um eine Novelle für das 101 Jahre alte Denkmalschutzgesetz. Ich
habe Ihnen, Frau Bundesrätin
Grimling, zugehört, aber ich bin anderer Meinung.
Wir haben auch im Ausschuss darüber debattiert und ich habe mir
auch den Meinungsaustausch im Nationalrat angesehen.
Es ist ein gutes Gesetz. Österreich ist reich an Kultur, an Architektur, an Denkmälern und an denkmalgeschützten Gebäuden. Es braucht ein modernes
Gesetz, damit wir diese Meisterleistungen auch für die Zukunft bewahren können.
Architektonische und handwerkliche
Meisterleistungen prägen unser Land und sind auch für das
Tourismusland Österreich ein besonderer Magnet für
unsere Besucher aus der ganzen Welt. Darum ist dieses Gesetz ein wichtiges
Gesetz für unser kulturelles Erbe, denn mit dieser Novelle werden unsere Denkmäler
noch besser geschützt, für die Öffentlichkeit noch besser
zugänglich gemacht, und – wie auch schon mein Vorredner gesagt
hat – der Schutz des Unesco-Welterbes wird in Zukunft im
österreichischen Denkmalschutz stärker verankert sein.
Ich danke allen
Eigentümerinnen und Eigentümern, die ihre Denkmäler
mit viel Engagement und oft hohem finanziellen Aufwand so großartig
pflegen und für uns alle erhalten. Die neue Erhaltungspflicht ist
nämlich auch ein wichtiger Punkt. Der Kauf eines denkmalgeschützten
Gebäudes darf in Zukunft nicht mehr der Spekulation dienen. Ich denke
dabei auch an die Wiener Biedermeierhäuser, hinsichtlich derer es in der
Öffentlichkeit immer wieder berechtigte Kritik gibt, wenn sie abgerissen
werden. Ein Denkmalverlust muss verhindert werden, und in diesem Zusammenhang
ist natürlich auch die Erhöhung des Förderbudgets sehr wichtig.
Das Bundesdenkmalamt soll auch die Möglichkeit haben, auf Basis der neu geschaffenen Erhaltungspflicht dem bewussten Verfallenlassen von historischer Bausubstanz entgegenzutreten.
Das Bundesdenkmalamt hat heuer
sechs zusätzliche Fördermillionen und ab 2025 zehn zusätzliche
Fördermillionen zur Verfügung, und diese Unterstützung ist
nunmehr auch im Gesetz verankert. Wir müssen jene Menschen unterstützen,
die mit viel Liebe zum Detail Denkmäler restaurieren und
erhalten. Die fast 70-prozentige Erhöhung des Förderbudgets ist ein
Erfolg für unser baukulturelles Erbe. Und sollten diese erhöhten
Mittel wider
Erwarten nicht ausreichen, hoffe ich, dass wir notwendige Anreize zum aktiven Denkmalschutz auch zukünftig gemeinsam vertreten werden.
Mit einer neuen Regelung wird
das öffentliche Interesse an der Erhaltung eines Denkmals in
Haftungsfragen berücksichtigt. Bisher hatten nämlich immer
wieder Haftungsfragen im Zusammenhang mit bestimmten Sorgfaltsanforderungen dazu geführt, dass
denkmalgeschützte Objekte aus Sorge vor Haftungsrisiken nicht
der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurden.
Was sind die weiteren wesentlichen Eckpunkte? – Die Regeln für die beschränkte Ausfuhr von Kulturgütern werden modernisiert; für den Schutz von Gebäudeensembles wird die Ermächtigung für eine Verordnung geschaffen; für die Verwahrung von Funden bei Bauarbeiten, die für den Denkmalschutz bedeutsam sind, wurde nach meiner Meinung eine praxistaugliche Regelung gefunden, und die Verfahren und Fristenläufe im Bereich der Archäologie wurden vereinfacht.
Interessant ist auch, dass über 90 Prozent der eingesetzten Mittel im Denkmalschutz für handwerkliche Leistungen ausgegeben werden und somit auf Umwegen wieder zurück in den Steuertopf kommen.
Das Bundesdenkmalamt soll eine zentrale Koordinationsrolle zwischen den verschiedenen betroffenen Stellen, den Gebietskörperschaften und Stakeholdern einnehmen. Österreich kommt mit diesem modernen Gesetzesvorhaben auch internationalen Standards nach, wie sie etwa in der Europaratskonvention von Granada festgehalten sind.
Die Novelle soll mit 1. September in Kraft treten, und
ich möchte allen danken, die konstruktiv an dieser Novelle mitgearbeitet
haben. Es waren intensive Verhandlungen. Wir haben schon gehört,
wie viele Stellungnahmen eingegangen sind. Sie wurden alle
bearbeitet – einige konnten berücksichtigt
werden, andere nicht. Es gab Kritik, es gab auch Lob, für manche ist die
Novelle zu streng, für manche ist die Förderung zu gering, für
manche zu hoch.
Das klingt danach, dass es eine gute, eine ausgewogene Novelle ist. (Bundesrat
Schennach: Nein, ist es nicht! Das ist ein Blödsinn!) Daher
bitte ich alle
Fraktionen um Zustimmung, denn es ist unsere gemeinsame Aufgabe, das kulturelle
Erbe für die kommenden Generationen zu bewahren.
(Beifall bei ÖVP und Grünen.)
21.33
Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Vielen Dank, Frau Bundesrätin.
Zu einer Stellungnahme hat sich Frau Staatssekretärin Mayer zu Wort gemeldet. Ich erteile ihr das Wort.
Staatssekretärin
im Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport
Mag. Andrea Mayer: Herr
Präsident! Sehr geehrte Damen
und Herren! Liebe Mitglieder des Bundesrates! Seit über 100 Jahren
schützt das Denkmalschutzgesetz den Erhalt unseres kulturellen Erbes und
gibt
dem Zusammenspiel von Behörden, Öffentlichkeit und
Eigentümerinnen und Eigentümern einen guten, bewährten rechtlichen
Rahmen. Gleichzeitig
ist das Gesetz in vielen Bereichen überarbeitungsbedürftig, und daher
freue ich mich sehr, dass wir heute unter diesem Tagesordnungspunkt eine umfassende Novelle,
geradezu eine Neufassung behandeln.
Wir als Bundesregierung haben ganz bewusst eine Gesamtsicht
auf das Gesetz eingenommen und versucht,
Lücken im Schutz der Denkmäler zu schließen,
und die Herausforderungen der Gegenwart aufgegriffen.
Was sind jetzt die Neuerungen? – Immer wieder
wurde beklagt, dass aktuelle Sicherheitsnormen und die Anforderungen des
Denkmalschutzes nicht
im Einklang sind und sich daraus Haftungsrisiken für die Eigentümer
und Eigentümerinnen ergeben. Es wurde schon mehrmals in den Redebeiträgen skizziert,
dass wir mit dem Justizministerium gemeinsam spezielle Haftungsregelungen
für den Denkmalschutz entwickelt haben.
Die positive Folge davon ist, dass die Denkmäler breiter zugänglich
werden.
Ganz wichtig – man
kann es nicht oft genug betonen – ist, dass wir
eine Lücke im Denkmalschutz für jene Fälle schließen, in
denen Gebäude absichtlich verfallen gelassen werden. Bisher hat es da
wenig Handhabe für das Bundesdenkmalamt gegeben, außer dass man
sagt: Ihr müsst halt schon
die Fenster schließen! Jetzt werden mit der neuen Erhaltungspflicht Maßnahmen
ermöglicht, die der Erhaltung dienen, wenn das Denkmal in Gefahr ist.
Ich möchte auch noch kurz
auf das Begutachtungsverfahren eingehen. Es hat eine große Beteiligung
und eine Vielfalt an Stimmen gegeben. Das ist ein
starker Beweis für die Bedeutung des Denkmalschutzes in Österreich.
Wir haben uns sehr intensiv mit den Stellungnahmen auseinandergesetzt und
viele Änderungen und Präzisierungen vorgenommen. Klar ist
natürlich, dass da viele Interessen diametral entgegenstehen. Für die
einen ist die Erhaltungspflicht zu viel, für die anderen ist sie
zu lasch, und ich denke, wir haben eine ganz gut austarierte Regelung gefunden.
Wichtig ist auch, dass wir der Erhaltungspflicht eine Erhöhung des Förderbudgets des Bundesdenkmalamts gegenüberstellen, und wir haben das Budget in zwei Jahren um fast 70 Prozent gesteigert. Umso unverständlicher ist eigentlich die Ablehnung dieses Gesetzes durch die sozialdemokratische Fraktion.
Mir ist es ein Anliegen,
abschließend noch einmal auf die wichtige Rolle des Denkmalschutzes
für effektiven Klima- und Bodenschutz hinzuweisen.
Die Erhaltung und Nutzung des denkmalgeschützten Bestands ist per se ein
wirksamer Beitrag, weil Boden und Ressourcen geschont werden. Mit
der Novelle haben wir versucht den Grundsätzen Denkmalschutz ist
Klimaschutz und Denkmalschutz ist Bodenschutz noch mehr Wirksamkeit zu
verleihen.
Vielen Dank für Ihre Unterstützung für diese
wichtige Weiterentwicklung
des Denkmalschutzes im Sinne eines wirksamen und nachhaltigen Schutzes unseres
kulturellen Erbes. – Vielen Dank. (Beifall bei Grünen und
ÖVP.)
21.37
Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Vielen Dank, Frau Staatssekretärin.
Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.
Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.
Wir gelangen zur Abstimmung. – Bitte nehmen Sie Ihre Plätze ein.
Ich ersuche jene
Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den
vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch
zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit.
Der Antrag ist somit angenommen.
Bericht des Bundesministers für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend EU-Jahresvorschau 2024 (III-840-BR/2024 d.B. sowie 11471/BR d.B.)
Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Wir gelangen nun zum 25. Punkt der Tagesordnung.
Berichterstatter ist Herr Bundesrat Marco Schreuder. – Ich bitte um den Bericht.
Berichterstatter
Marco Schreuder: Ich bringe den Bericht
des Ausschusses
für Tourismus, Kunst und Kultur
über den Bericht des Bundesministers
für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend
EU-Jahresvorschau 2024.
Der Bericht liegt Ihnen schriftlich vor, daher komme ich gleich zur Antragstellung:
Der Ausschuss für Tourismus, Kunst und Kultur stellt
nach Beratung der Vorlage am 3. April 2024 den Antrag, den
Bericht des Bundesministers für Kunst,
Kultur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend
EU-Jahresvorschau 2024 zur Kenntnis zu nehmen.
Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Vielen Dank für den Bericht.
Wir gehen in die Debatte ein.
Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Marco Schreuder. Ich erteile dieses.
Bundesrat Marco Schreuder (Grüne,
Wien): Ich werde auch in diesem
Fall versuchen, mich relativ kurz zu halten. Es gibt im Bereich Kultur, Sport
und öffentlicher Dienst einen EU-Arbeitsplan 2023 bis 2026; ich
möchte mich allerdings jetzt wirklich auf die Kultur konzentrieren. Wir
sind vier Proredner, da hat jeder sozusagen einen Aspekt, den er herausnehmen
kann. Ich erlaube
mir, jetzt über die Kultur zu reden.
Der belgische und der darauf
folgende ungarische Ratsvorsitz haben einen ihrer Schwerpunkte darauf gelegt,
dass die kulturelle Teilhabe, der Zugang zu
Kultur, die Publikumsentwicklung und die digitale Transformation ins Zentrum
gerückt werden. Als ich dann gelesen habe, dass es um die kulturelle
Teilhabe geht, wollte ich – wir sind ja hier in der
Länderkammer – eine aus meiner Sicht ganz wichtige Initiative
darstellen, die in den Bundesländern passiert und dort auch zu
Hause ist, das ist nämlich der Kulturpass.
Der Kulturpass ist sehr wichtig, um die Kultur für
Menschen zugänglich
zu machen, die sich sonst Kunst und Kultur nicht leisten könnten. Ich
erzähle oft Politikerinnen und Politikern im Ausland, dass wir das haben,
und die sind
ganz baff. Ich finde, das ist eine Errungenschaft! Man muss einfach
sagen, es kostet leider wirklich viel Geld, wenn man Kunst und Kultur gerne in
Anspruch nimmt. Deswegen ist es auch eine soziale Frage, inwieweit
man Kunst und Kultur zugänglich macht, damit ganz viele Menschen davon
partizipieren können. Ich finde, da man kann als Länderkammer auch
einmal sagen, dass in den Bundesländern ganz hervorragende Arbeit
geleistet wird.
Einen Punkt möchte ich aber
noch zusätzlich hervorheben, denn ein anderer Schwerpunkt, der genannt
wird, sind die Arbeitsbedingungen im Kulturbereich. Diese stehen hier
in diesem Bericht auch ganz besonders im Vordergrund. Das ist insofern
eine bemerkenswerte Initiative, weil sie auf
eine österreichische Initiative vom Jahr 2018 zurückgeht. Ich
möchte mich bei Frau Staatssekretärin Mayer ausdrücklich
bedanken, denn die Fair-Pay-Initiative, die seitens des Ministeriums
gestartet worden ist, ist ganz entscheidend und enorm wichtig.
Ich möchte kurz meine eigene
Erfahrung erwähnen. Ich war ja in den Neunzigerjahren im Max Reinhardt
Seminar. Als man dort als junger Mensch hinkam, war man voller Engagement und
hat sich gefreut. Ich habe Regie studiert. Man konnte dort Schauspiel und Regie
studieren, und was man dann als Erstes lernte, war: Geh davon aus, dass du
ausgebeutet wirst! Lass dich
biegen! Es geht hier nicht um Spaß und um Freude an der
Sache! – Ich war schon ein bisschen älter, aber für die
Jüngeren war es so: Die kann man irgendwie herbiegen, man muss sie
brechen, man muss Grenzen ausloten!
Es wurden Grenzen ausgelotet, die nicht in Ordnung sind. Es wurden Grenzen im Kulturbetrieb ausgelotet – wir haben jetzt viel davon gelesen –, wobei körperlich Grenzen überschritten worden sind. Das war im Kulturbetrieb tatsächlich irgendwie normal. Ich finde es gut, dass es zunehmend Menschen, auch Schauspielerinnen und Schauspieler und Kulturarbeiterinnen und Kulturarbeiter gibt, die sagen: Nein, nein, es ist nicht normal!
Wir haben ja mit den
Beratungsstellen auch in diesem Bereich sehr viel geleistet, und wenn wir
über faire Arbeitsbedingungen im Kulturbetrieb reden, dann
ist das meiner Meinung nach ein ganz entscheidender Aspekt.
Fair Pay ist ganz wichtig. Kulturarbeit ist Arbeit und
Kulturarbeit gehört bezahlt. Daher vielen Dank für diese Initiative.
Und selbstverständlich werden wir
diesen Bericht zur Kenntnis nehmen. – Danke schön. (Beifall
bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)
21.43
Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Vielen Dank, Herr Bundesrat.
Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Bernhard Ruf. Ich erteile ihm das Wort.
Bundesrat Mag. Bernhard Ruf (ÖVP,
Oberösterreich): Erlaubt bitte,
dass ich vor meiner ersten Rede in diesen heiligen Hallen (Bundesrätin Schumann:
Erstrede!), die einst der Völkerverständigung zwischen
Wien und Budapest dienten, ein Geständnis mit europäischem Flair
anbringe: Me encanta la cultura!
J’aime la culture! Ik hou van cultuur! Szeretem a kultúrát!
(Bundesrätin Schumann: Mon dieu! – Bundesrat Schreuder:
Bravo!)
Geschätztes
Präsidium! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Werte Kolleginnen und
Kollegen! Verehrte freiwillige und unfreiwillige Zuhörer:innen und
Zuseher:innen hier im Saal! Liebe Zuschauer:innen und Zuhörer:innen via
Livestream, die Sie noch immer dieser Debattierkultur hier Aug und Ohr
leihen! Zunächst darf ich mich bei euch allen hier im Saal für die
herzliche Aufnahme in diese illustre Runde bedanken (Heiterkeit
bei ÖVP,
Grünen und SPÖ – Bundesrat Schreuder: Runde schon!
Illustre? – Na ja!), in diese gesetzgebende Institution,
in diesen Raum der gelebten Kultur der
politischen Debatte und Auseinandersetzung, der Grundlage unserer Demokratie,
der ich heute zum dritten Mal aus der politischen Mitte
heraus beiwohnen durfte und darf und die live schon sehr sportlich
abläuft.
Es freut mich auch, dass ich
meine erste Rede hier an diesem Pult zum
Thema der Kunst und Kultur, des öffentlichen Dienstes beziehungsweise des
Sportes halten darf, weil ich zum einen ja beruflich aus dem öffentlichen
Dienst komme und darüber hinaus Kultur und Sport sehr schätze
und für gesellschaftsessenziell halte.
Der Bericht, den wir heute hier zur Kenntnis nehmen
dürfen, ist ein durchwegs positiver mit sehr wichtigen Themen, wovon viele
schon von Kollegen
Schreuder angesprochen wurden, wie eben das Thema faire Bezahlung im Kulturbetrieb.
Man erinnert sich vielleicht an den Eklat bei den Feierlichkeiten zu 100 Jahre
Burgenland, als der Sänger der Band Cari darauf aufmerksam machte, dass
die anwesenden Orchestermusiker sage und schreibe
30 Euro für ihren Auftritt bekommen haben sollen, was den
Mörbisch-Intendanten Alfons Haider damals sichtlich dezent in Aufregung
versetzt hat. (Bundesrat Spanring: Der hat
wahrscheinlich 100 000 gekriegt!)
Dieser damalige Aufreger hat auf der einen Seite den
schmalen Grat zwischen dem Idealismus von Künstlern, deren
größtes Lob und größter Lohn der
Applaus und das Lob des Publikums sind und bleiben werden, und einer angemessenen
Bezahlung von künstlerischer Leistung offenbart. Er hat aber
auch gezeigt, dass eben Maßnahmen wie die Erhebung des Fair-Pay-Gaps, die
Fair-Pay-Strategie der Gebietskörperschaften und das zweckgewidmete
Fair-Pay-Budget in der Höhe von 25,5 Millionen Euro für die
letzten drei Jahre wichtig sind.
Auch die weiteren relevanten Maßnahmen wie die
Anpassungen im Künstler-Sozialversicherungsfonds, die Einrichtung der
Vertrauensstelle Vera*,
die Fördererhöhung für das IG-Netz oder die
Berücksichtigung von Fair Pay in den Leistungs- und Zielvereinbarungen der
Bundestheater sind sehr begrüßenswert.
Neben Fair Pay müssen angemessene Behandlung und der respektvolle Umgang, der eben auch schon angesprochen wurde, trotz der oft angespannten Situationen bei Film und Theater, trotz der notwendigen Provokationen durch den Regisseur oder die Regisseurin, trotz der vielen Emotionen, die notgedrungen im dramatischen Segment vorhanden sind, gewährleistet werden und auch eingeklagt werden können. Auch diese im Bericht erwähnten Vorhaben und Initiativen unterstützen wir voll.
Dass bei uns in Österreich Kultur auf höchstem
Niveau ehrenamtlich passiert – ehrenamtlich –, davon
konnte ich mich zum Beispiel letztes Wochenende
wieder überzeugen, als die Musikkapelle meiner Stadt Bad Hall bei der
Landesausscheidung der besten Kapellen
teilnehmen durfte. Es zeigte den Einsatz
und den Idealismus dieser großteils jungen Leute, die am Karsamstag den
ganzen Tag dort verbracht haben, indem sie konzertant Bruckner-Adaptionen und
hochwertige zeitgenössische Programmmusik in wirklich höchster
Qualität zum Besten gegeben haben. Die haben ihre Kompetenz gezeigt, und
es war
wirklich bewundernswert und hat mir gezeigt, dass das Kulturverständnis in
unserer Gesellschaft weitaus höher als das von so manchem Politiker ist,
der bei staatlichen Medien nachweislich mehr Gabalier einfordert.
Natürlich hat „Hulapalu“ auch seine
Berechtigung, und Popularmusik hat das Zeug, für alle als sympathischer
Einstieg in die Musik zu fungieren, es
darf aber ruhig auch ein Schubertlied sein, wie ich diese Woche im Parlamentschor erleben durfte, bei dem übrigens fast
alle Fraktionen vertreten waren,
nur die mit der ausgesprochenen Österreich-zuerst-Politik nicht,
obwohl sogar der Donauwalzer - - (Bundesrat Steiner: Wir
können nicht gut singen!) –
Ja, ja, anscheinend gibt es in euren Reihen mehr Gröler als
Sänger. (Heiterkeit
und Beifall bei ÖVP und Grünen.)
Der Schwerpunkt des ungarischen Ratsvorsitzes auf die
Verbesserung
des Zugangs zur Kultur im Sinne einer
kulturellen Grundversorgung für die Bevölkerung scheint in
Österreich gesellschaftsimmanent zu sein. Einerseits versorgt sich
die Gesellschaft durch ehrenamtliche Kulturvereine wie
Theatergruppen – da zähle ich auch die Faschingsgilden
dazu –, Musikkapellen, Chöre und viele andere
teilweise selbst, andererseits wird Menschen, für die Kunst und Kultur
unleistbar erscheint, etwa durch Aktionen
wie Hunger auf Kunst und Kultur die Möglichkeit eröffnet, hohe Kultur
zu genießen.
Überhaupt zeigt uns solch ein EU-Bericht unter anderem, wie vielsprachig, wie vielseitig, wie vielfärbig unser Kontinent und seine Kultur sind. Gerade in einem Raum wie dem hiesigen, der für die Begegnung von Parlamentariern von Österreich und Ungarn errichtet wurde, muss zu einem Bericht vor
dem EU-Vorsitz Ungarns noch einmal ein ungarischer Satz fallen. Also noch einmal: Szeretem a kultúrát és szeretem a sportot.
Neben der Kultur ist eben vor
allem der Sport ein völkerverbindendes Element – wobei die
Vorkommnisse etwa beim Wiener Derby, aber auch bei
diversen Nachwuchsspielen, die in Handgreiflichkeiten endeten, gezeigt haben,
dass weitere Bemühungen, Hatespeech und sexualisierte Gewalt weiter
zurückzudrängen, nötig sind. Begrüßenswert sind da
auch weitere Schutzmechanismen etwa im Trainerwesen, unter anderem im
Nachwuchsbereich, die letztens durch das Nachweisgebot einer
Strafregisterbescheinigung Kinder- und Jugendfürsorge eingeführt
wurden.
Die Tendenzen, auch den Sport
und seine Vereine noch mehr im Erasmus-plus-Programm zu implementieren, sind
voll und ganz zu unterstützen. Vielleicht kommt man ja im
europäischen Austausch zu der Erkenntnis, dass es mehr Breitensportarten
gibt als die in Österreich und vor allem in seinem Rundfunk vorherrschenden
Sportarten Skifahren, Fußball und Formel 1 – wobei ich
gestehen muss: Ich freue mich schon auf die Fußballeuropameisterschaft
sowie auf die Olympischen Spiele im Sommer und davor noch auf die sportliche
politische Auseinandersetzung im EU-Wahlkampf.
Apropos Wahlen und Kultur: Ich plädiere für mehr
Volkshilfe, egal ob mit F oder mit V (Beifall und Bravorufe bei
der SPÖ sowie Beifall der Bundesrät:innen
Tiefnig und Hauschildt-Buschberger), vor allem aber
für mehr Volkspartei (Oh-Rufe bei der SPÖ) statt eines Volks-
oder Fakekanzlers mit Hang zu Hunde-
und Pferdesport und zu hinlänglich bekannten politischen
Unsportlichkeiten. – Danke. (Beifall bei der
ÖVP und bei Bundesrät:innen der Grünen.)
21.51
Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Vielen Dank, Herr Bundesrat.
Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Michael Wanner. – Bitte, Herr Bundesrat, Sie haben das Wort.
21.52
Bundesrat
Michael Wanner (SPÖ, Salzburg):
Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Geschätzte Kolleginnen
und Kollegen! Ich werde mich wirklich kurz halten. Wir werden dem Bericht
zustimmen, ich möchte aber zwei
Sachen hervorheben.
Das eine sind die fairen Arbeitsbedingungen für die Kulturschaffenden und Kulturtreibenden. Das ist für uns ein ganz wichtiger Punkt. (Beifall bei der SPÖ.)
Im Bereich des Sports: der grüne, nachhaltige Sport,
der Kampf gegen Diskriminierung, Missbrauch und sexualisierte Gewalt im Sport,
weiters die Gleichstellung der Geschlechter im Sport und der Kampf gegen Doping
und schlechtes Reden.
Damit stimmen wir zu. – Das war kurz. – Schönen Abend. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Bundesrät:innen von ÖVP und FPÖ.)
21.53
Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Vielen Dank.
Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Günter Pröller. Ich erteile ihm das Wort.
Bundesrat
Günter Pröller (FPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau
Staatssekretärin! Werte Kollegen! Geschätzte Damen und Herren
vor den Bildschirmen! Meine Vorredner haben es bereits erwähnt: Es geht
hier um einen Bericht betreffend EU-Jahresvorschau für 2024.
Der Bericht ist gerade 20 Seiten lang, ist also ein
relativ kleiner Bericht, und befasst sich, wie Kollege Schreuder schon
gesagt hat, zu 90 Prozent mit dem Kulturbereich. Kurz zusammengefasst: Es
ist eine reine Ansammlung von Worten und Überschriften mit wenig
Substanz. (Bundesrätin Eder-Gitschthaler:
Na!) Wir stimmen dem Bericht nicht zu, aber wir nehmen den Bericht
zur Kenntnis.
Als Oberösterreicher muss ich aber die Chance
nützen und den polarisierenden Pudertanz
im Rahmen der Eröffnungsfeier betreffend Europäische Kulturhauptstadt
Bad Ischl thematisieren. So wie ich waren auch sehr viele Oberösterreicher
von diesem „wunderbaren“ – unter
Anführungszeichen – Pudertanz schockiert. Er sorgte für
heftige Reaktionen. (Beifall bei
der FPÖ. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)
Statt diese Eröffnungsfeier der Kulturhauptstadt zu
nützen, um die regionale Volkskultur des Salzkammergutes zu erheben und zu
präsentieren,
wurden Millionen Euro an Steuergeld für den obszönen
Tanz – ein absolutes Minderheitsprogramm, das völlig zu Recht
auf die klare Ablehnung
vieler Bürger stößt – ausgegeben. (Beifall
bei der FPÖ. – Zwischenruf des Bundesrates Schreuder.) Dass nackte Personen auf einer Bühne herumhüpften, war erschreckend.
Auch wenn Kunst polarisieren kann oder soll, man muss bedenken, dass auch
Kinder im Rahmen des Eröffnungsprogramms
anwesend waren. Ja, Herr Schreuder, Ihnen gefällt das, wenn Kinder dabei
sind, das kann ich mir vorstellen. (Beifall bei der FPÖ.)
Die traditionelle lokale Kultur wurde de facto nicht
eingebunden, nennenswerte Investitionen in kulturelle Infrastruktur blieben
aus. Die überwiegende
Anzahl der Mitwirkenden stammte nicht aus der Region. Allein aus dem Kunstressort
gibt es fast 11 Millionen Euro. Zum Vergleich: Auf Heimat- und
Brauchtumspflege entfallen nur 55 000 Euro aus dem Bereich der
Volkskultur. Betroffen sind zum Beispiel all jene, die in den Musikkapellen,
Jugendorchestern spielen oder überhaupt generell Musik in den
Stadttheatern wie in Bad Hall machen, die wirklich ausgezeichnete Leistungen
erbringen. Sie alle
leisten einen wertvollen Beitrag für die österreichische Kultur und
würden mehr Unterstützung seitens des Bundes benötigen.
Geschätzte Damen und Herren, ich stelle mir eine
Kulturpolitik und vor
allem eine Kulturförderung anders vor. Es muss zu einer gerechten
Verteilung in allen Bereichen der österreichischen Kultur kommen. (Beifall bei der FPÖ.)
21.56
Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Vielen Dank, Herr Bundesrat.
Zu einer Stellungnahme hat sich Frau Staatssekretärin Andrea Mayer zu Wort gemeldet. Ich erteile ihr das Wort.
Staatssekretärin
im Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport
Mag. Andrea Mayer: Ich möchte nur Stellung nehmen zum
(Ruf bei der FPÖ: Pudertanz?) EU-Kulturhauptstadt-Jahr. Es ist zum
ersten Mal, dass eine ländliche Region EU-Kulturhauptstadt
ist – zum ersten Mal!
Sie beklagen so
oft, dass alles nur in den Städten und nichts am Land ist. (Bundesrat Spanring:
Wir beklagen uns überhaupt nicht, um das ist es überhaupt nicht
gegangen! Themenverfehlung! Themenverfehlung!) – Es ist in einer
ländlichen Region, 23 Gemeinden bilden zusammen dieses tolle Projekt.
(Beifall bei Grünen, ÖVP und SPÖ. –
Bundesrat Spanring: Aber ihr habt es verhaut! – Weitere
Zwischenrufe bei der FPÖ.) – Man muss sagen, dieses Team
von Intendantin Schweeger hat großartige Arbeit geleistet (Bundesrat Steiner: Nur noch sechs Monate!), denn sie haben es geschafft, die lokalen Initiativen, die Bevölkerung
und internationale Künstler zu vernetzen und so ein tolles Programm zu
erstellen. (Beifall bei Grünen, ÖVP und SPÖ. –
Neuerlicher Zwischenruf des Bundesrates Steiner.)
Ich weiß ja
nicht, ob Sie am Eröffnungstag, es war der 21. Jänner, in Bad
Ischl waren, aber ich war dort. (Bundesrat Steiner: Ja, das glaub’
ich!) Bad Ischl
hat so einen tollen Tag erlebt, es war eine herrliche Stimmung. Es
war ein herrliches Wetter (Bundesrat Schreuder: Kalt!) –
es war kalt. Wir waren nachher alle verkühlt, aber es war
ein toller Tag. (Anhaltende Zwischenrufe
bei der FPÖ.)
Alle Menschen in
Bad Ischl haben sich gefreut. Es war ein fantastisches Erlebnis, ja. (Bundesrat
Steiner: Ja, wissen wir alles, aber dann haben’s es verhaut! –
Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) Es waren tolle künstlerische Beiträge. (Ruf bei
der FPÖ: ... Randgruppen ...!) Hubert von Goisern ist für Sie ein Randgruppenbeitrag? (Beifall bei Grünen und SPÖ. – Bundesrat Schreuder: Bravo!)
Hubert von Goisern
hat mit 1 000 Sängerinnen und Sängern musiziert.
(Ruf bei der FPÖ: Alles gut!
Sinnerfassend zuhören! – Weitere Zwischenrufe bei der
FPÖ.) Es war ein Fest, aber das Einzige, das
Ihnen zu diesem ganzen
tollen Projekt einfällt, ist der Pudertanz von Doris Uhlich, die eine
international anerkannte Choreografin ist. Das ist das Einzige, das Ihnen dazu
einfällt. Fürchten Sie sich vor Nacktheit? (Ruf bei der FPÖ:
Nein!) Wir kommen alle nackt zur Welt. (Lebhafter, anhaltender Beifall
bei Grünen, ÖVP und SPÖ. – Heiterkeit des Bundesrates Schreuder. –
Bundesrat Steiner: Aber man muss nicht
alles sehen!)
Eines
möchte ich noch sagen: Die Kritik, die in gewissen Boulevardmedien
über die Eröffnung geschrieben wurde, die zeugt
von einer horrenden Doppelmoral. Da regt man sich über diesen
choreografischen Beitrag auf, aber
zwei Absätze weiter steht: Starlet zeigt alles. – Das macht dann nichts, ja, wenn es um den Voyeurismus geht, den man
bedienen kann. – Danke. (Uh-Rufe
und anhaltender Beifall bei Grünen, ÖVP und SPÖ sowie Bravorufe des
Bundesrates Schreuder.)
21.59
Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Vielen Dank für die Stellungnahme.
Weitere Wortmeldungen liegen
dazu nicht vor. (Unruhe im Saal. – Bundesrat Spanring
hebt die Hand.) – Doch. Zu Wort gemeldet hat sich Herr
Bundesrat Andreas Arthur Spanring. (Bundesrätin Eder-Gitschthaler:
Na, net!) Ich erteile ihm das Wort. (Bundesrat Steiner –
in Richtung des sich zum Redner:innenpult begebenden Bundesrat
Spanring –: Lass das Gewand an! – Heiterkeit
bei der FPÖ.)
Bundesrat Andreas Arthur Spanring (FPÖ, Niederösterreich): Herr Vorsitzender! Frau Staatssekretärin (erheitert), danke, Sie haben den Abend noch
gerettet. (Unruhe im Saal.) Es war schon nach der Dringlichen von der SPÖ relativ zach, aber jetzt geht es wieder, jetzt sind alle munter.
Es ist schön, wenn Sie sich da hineinsteigern und wenn Sie jetzt da irgendeinen Spin erzeugen wollen, den es einfach nicht gegeben hat. Fakt ist, unser Bundesrat hat das kritisiert, was zu kritisieren ist, nämlich dass das einfach eine komplett unpassende Veranstaltung für einen ganz, ganz tollen Tag war. (Bundesrat Schreuder: ... das zu behaupten!) Die Wahrheit ist, Sie haben diesen tollen Tag letztendlich dann noch mit negativer medialer Berichterstattung zerstört. Das geht auf Ihre Kappe und auf die Ihresgleichen. (Beifall bei der FPÖ. – Neuerlicher Zwischenruf des Bundesrates Schreuder.)
22.00
Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.
Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.
Wir gelangen zur Abstimmung. – Bitte nehmen Sie Ihre Plätze ein.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, den gegenständlichen Bericht zur Kenntnis zu nehmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.
Ich darf Frau Bundesministerin Alma Zadić bei uns im Bundesrat herzlich begrüßen und herzlich willkommen heißen. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen sowie bei Bundesrät:innen der FPÖ.)
Beschluss des
Nationalrates vom 21. März 2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem
zur Lösung haftungsrechtlicher Fragen bei Bäumen das allgemeine bürgerliche
Gesetzbuch geändert wird (Haftungsrechts-Änderungsgesetz 2024 –
HaftRÄG 2024) (2462 d.B. und 2481 d.B. sowie
11461/BR d.B.)
Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Wir kommen nun zum 26. Punkt der Tagesordnung.
Als Berichterstatter ist mir Herr Bundesrat Christoph Stillebacher genannt. – Ich bitte um den Bericht.
Berichterstatter
Christoph Stillebacher: Sehr geehrter
Herr Präsident! Ich
bringe den Bericht des Justizausschusses über den Beschluss des
Nationalrates vom 21. März 2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem
zur Lösung haftungsrechtlicher Fragen bei Bäumen das Allgemeine
bürgerliche Gesetzbuch geändert wird.
Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher zur Antragstellung:
Der Justizausschuss stellt
nach Beratung der Vorlage einstimmig den
Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen
Einspruch zu erheben.
Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Ich danke für den Bericht.
Wir gehen in die Debatte ein.
Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Elisabeth Kittl. Ich erteile ihr dieses.
Bundesrätin
MMag. Elisabeth Kittl, BA (Grüne, Wien):
Herr Präsident!
Sehr geehrte Frau Ministerin! Liebe Kollegen und Kolleginnen! Liebe Zuseherinnen
und Zuseher vor den Bildschirmen! „Bäume: früher entlang des
Weges
dann im Weg und jetzt weg.“ – Das ist ein Zitat aus dem
Leitfaden Baummanagement, dazu kurz später.
Wir kennen aber leider viele
Beispiele aus Wien, dass wir traurig und oft auch leider sehr verärgert
sind, wenn wir vor einem gefällten oder vor einem
zu Tode gestutzten, oft sehr alten Baum stehen müssen (Bundesrat Steiner:
In
Innsbruck auch!) und uns nicht wirklich erklären können, warum
das so ist. Rezent ist das im
Auer-Welsbach-Park passiert, wo in einer fast Nacht-und-Nebel-Aktion 19
alte Bäume gefällt wurden (Bundesrat Steiner: Gestern in
Innsbruck!), weil sie die Parkbesucher:innen gefährden könnten.
Die Betonung liegt
auf könnten; auf entsprechende Gutachten warten leider die Bezirksbewohner:innen
heute noch.
Baumbesitzer:innen, und die
Stadt Wien ist natürlich die größte Baumbesitzerin außerhalb von Wäldern, außerhalb
von Waldbesitz, waren bisher sehr übervorsichtig. Bäume
wurden meist nach Schema F und ohne Einzelfallbegutachtung weit zu schnell
geschnitten. Warum? – Weil man bisher für Bäume
im Schadenersatzrecht des Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches nach der
Bauwerkshaftung haftete, also nicht Baum-, sondern Bauwerkshaftung.
Diese ist zu Recht streng, denn man muss bedenken, dass es natürlich tödlich sein kann, wenn von den Häusern, die direkt neben dem Gehsteig stehen, wo Leute gehen, etwas runterfällt. Deswegen hat man auch für diese Bauwerkshaftung eine Beweislastumkehr im bürgerlichen Gesetzbuch eingeführt, damit sozusagen die Bauwerksbesitzer sehr sorgfältig sind und auch beweisen müssen, wenn etwas passiert, dass sie kein Verschulden getroffen hat, also auch kein Verschulden mit leichter Fahrlässigkeit, und sie alle Maßnahmen gesetzt haben, um den Unfall zu vermeiden.
Das wurde analog auf die
Bäume angewendet und führte aus dieser großen Angst, aus dieser
großen Haftungsangst sehr schnell zu vorauseilenden Baumschnitten. Nun
wissen wir aber, und es hat sich viel geändert, eben vor allem auch im
Klimaschutz, dass wir gerade in den dicht verbauten Gebieten der Städte,
die im Sommer unerträglich heiß werden, sehr dringend auf diese
Bäume angewiesen sind. Wir sind vor allem auf große und dichte
Bäume angewiesen, denn sie spenden Schatten, geben Feuchtigkeit ab, binden
Schadstoffe, reinigen die Luft, aber kühlen auch die Städte
tatsächlich um mehrere Grade. Sie schützen aber auch den
Boden vor Austrocknung und
vor Erosion, und sie geben – und das auch in der Stadt – Tieren Lebensraum und Rückzugsort, Stichwort: Biodiversität und Artenschutz. Das ist uns wichtig.
Wir haben jetzt erkannt: Je
größer und älter der Baum ist, desto besser erfüllt er
eben diese Aufgaben, aber er muss auch alt werden können. Aufgrund
dieses jetzt auch definierten allgemeinen Interesses wurde nun ein eigener
Baumhaftungsparagraf ins ABGB eingefügt, § 1319b. Der schreibt
fest, dass Bäume möglichst naturbelassen erhalten bleiben sollen und
Baumhalter:innen natürlich auch weiterhin für Schäden
haften, aber diesmal
nach den allgemeinen Regeln der Beweislast des Allgemeinen bürgerlichen
Gesetzbuches, nämlich nach der Regel, dass die Kläger:innen nachweisen müssen,
ob diese Sorgfaltspflichten eingehalten worden sind oder nicht.
Diese Sorgfaltspflichten werden
auch definiert, und zwar eher an der
Praxis. Da geht es darum, wo der Baum steht und wie zumutbar die Kontrolle,
also die Prüfung, und die Sicherung der Bäume ist. Sicherung muss
dann
in Zukunft auch nicht mehr unbedingt der Schnitt des Baumes oder des kranken
Astes sein, sondern kann durchaus auch durch Warnhinweise oder Zutrittsbeschränkungen
erfolgen.
Hinsichtlich der Beweislast ist vielleicht ein wichtiger Punkt, dass auch da jetzt in der Schuldfrage, also in der Abwägung der Schuld, Eigenverantwortung natürlich genauso hinzukommt und sozusagen zu beachten ist. Bäume an belebten Orten, also an frequentierten Plätzen wie Parks oder Kinderspielplätze, unterliegen natürlich strengeren Kontrollpflichten als weniger frequentierte, sage ich jetzt, Bäume. Wichtig ist – das habe ich eh schon betont – das öffentliche Interesse an den großen, alten Bäumen.
Ein kleiner Punkt noch: Diese Baumhaftungsregelungen wurden sehr akribisch, wirklich sehr akribisch und sehr lange und unter großer Beteiligung von Rechtsprechung, Wissenschaft, Verwaltung, Zivilgesellschaft ausgearbeitet. Mit der Stadt Wien wurde der Leitfaden Baumsicherheitsmanagement heraus-
gegeben, den ich sehr empfehlen kann, denn er zeigt, wie diese Sorgfaltspflichten, also diese Kontrolle und diese Sicherungsmaßnahmen für Bäume, zu verstehen und anzuwenden sind.
Ich freue mich wirklich sehr, dass wir das jetzt nach so
einem langen Prozess hier und heute abstimmen, dass es ab 1. Mai dann in
Kraft treten wird und wir
in der Stadt, vor allem in der Stadt Wien, nicht mehr um jeden Baum bangen
müssen. Ich freue mich, dass die Bäume älter werden können,
dass sie
größer werden können und dass sie – das sind auch
sehr spannende Erläuterungen dieses Mal dazu – ihre
Wohlfahrtswirkung an uns Bewohner:innen
der Städte und Gemeinden weitergeben können. – Vielen
Dank. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der
ÖVP.)
22.09
Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Vielen Dank, Frau Bundesrätin.
Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Viktoria Hutter. Ich erteile ihr dieses.
Bundesrätin Viktoria Hutter
(ÖVP, Niederösterreich): Sehr
geehrter Herr Präsident! Frau Ministerin! Geschätzte Kolleginnen und
Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte heute mit einem
Zitat von
Eugen Roth starten: „Zu fällen einen schönen Baum, braucht’s
eine halbe Stunde kaum. Zu wachsen, bis man ihn bewundert, braucht er,
bedenk’ es, ein Jahrhundert.“
Dieses Zitat meinerseits mag euch vielleicht verwundern (Zwischenrufe
bei der SPÖ), da ich eine passionierte Waldbesitzerin bin und da die
Motorsäge und das Fällen der Bäume einfach zu einer nachhaltigen
Waldbewirtschaftung dazugehören. Heute geht es aber eben nicht
um das Forstgesetz und den Wald, da bleibt alles wie gehabt. Es geht um das
Allgemeine bürgerliche Gesetzbuch und Bäume in der freien Landschaft
und im Siedlungsgebiet.
Da geht es mir gleich wie vielen anderen auch: Ich bin
fasziniert und beeindruckt von uralten und riesigen Bäumen. Wenn man sie
fragen könnte, würden
sie wahrscheinlich eine unglaubliche Geschichte erzählen. Aber nicht aus
sentimentalen Gründen müssen wir diese Bäume schützen,
ist es notwendig,
sie zu erhalten, nein, sie tragen auch wesentlich zu einem besseren Klima
bei – gerade in Städten ist ihr Beitrag zur Kühlung ein
ganz unbezahlbarer. Sie
filtern Luft, liefern Sauerstoff, spenden Schatten, dämpfen den
Umgebungslärm und sind ein wichtiger Lebensraum für Pflanzen, Tiere
und Pilze.
Wir ändern dieses Gesetz also, um den sogenannten Angstfällungen dieser wichtigen Bäume aufgrund von Unsicherheiten sowie überhöhter schadenersatzrechtlicher Haftung gegenüber dem Baumhalter vorzubeugen beziehungsweise um sie zu vermeiden.
Die genauen Änderungen dieses Gesetzes hat ja schon
meine Kollegin detailliert erklärt und genauso den Leitfaden
Baumsicherheitsmanagement
angesprochen.
Ich bin froh, dass wir so eine gute Lösung gefunden
haben und diese heute auch beschließen werden. Einerseits gibt sie
Rechtssicherheit, und andererseits
setzt sie auch auf den Hausverstand der Menschen und auf die Eigenverantwortung.
Ich gehe davon aus, dass diese Regelung auch in Zukunft
dazu führen
wird, unsere wertvollen Bäume zu erhalten und hoffentlich den einen oder
die andere auch dazu zu bewegen, neue Bäume zu pflanzen, denn wie ein
Sprichwort so schön sagt: Der beste Zeitpunkt, einen Baum zu pflanzen, war
vor 20 Jahren, der zweitbeste Zeitpunkt ist jetzt. (Beifall bei
ÖVP und Grünen.)
22.11
Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Vielen Dank, Frau Bundesrätin.
Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Manfred Mertel. Ich erteile ihm das Wort.
22.11
Bundesrat Dr. Manfred Mertel (SPÖ,
Kärnten): Geschätzter Herr
Präsident! Schönen Abend, Frau Bundesministerin Dr. Zadić!
Schön, dass Sie bei
uns sind. Die Vorrednerinnen haben ja eigentlich alles gesagt. Ich möchte
mit einer Metapher fortsetzen: ein Kerl wie ein Baum. Das war damals ein
Ausdruck, der für Zuverlässigkeit, für Stärke und für
Bodenhaftung gestanden ist. Das kann man natürlich in die jetzige Zeit
übertragen: Bäume stehen letztendlich für Stärke, geben uns
in der Hitze Schutz und sind eine ganz wichtige biologische Klimaanlage
geworden.
Trotzdem dürfen wir aber auch nicht vergessen, dass das Gefahrenpotenzial bei Bäumen aufgrund der Wetterkapriolen vorhanden ist. Neben der Eigenverantwortung müssen wir auch von einer Gemeinwohlverantwortung sprechen.
Ich glaube, wir können diesem Gesetzentwurf insofern
zustimmen, als es
trotz dieser Beweislastumkehr Anlass zur Hoffnung gibt, dass wir
darauf Bedacht nehmen können, dass die Sorgfaltspflicht der Baumhalter
gewahrt bleiben wird. Deswegen ist die SPÖ der Meinung, dass wir
diesem Entwurf zustimmen können. (Beifall bei der SPÖ und bei
Bundesrät:innen der ÖVP.)
22.13
Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Vielen Dank, Herr Bundesrat.
Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Andreas Arthur Spanring. Ich erteile ihm das Wort.
Bundesrat
Andreas Arthur Spanring (FPÖ, Niederösterreich): Herr Vorsitzender! Frau Minister! Kollegen im
Bundesrat! Sehr geehrte Damen und Herren
vor den Bildschirmen! Meine drei Vorredner haben alle mit Zitaten zu
Bäumen begonnen. Ich erspare mir das jetzt, weil ich glaube, mit meinem
Zitat
hätten Sie keine Freude. (Bundesrat Schreuder: Na, jetzt wollen
wir es wissen!)
Gleich vorweg: Wir werden diesem Haftungsrechts-Änderungsgesetz, das ein bisschen sperrig klingt, auch zustimmen.
Positiv zum Gesetz erwähnen möchte ich: Es gab
einen richtigen Gesetzwerdungsprozess, eine entsprechende
Begutachtungszeit. Die Stellungnahmen dazu waren durchwegs positiv, und es
wurden sogar teilweise kleinere Änderungsvorschläge
eingearbeitet. Dazu auch gleich eine Frage beziehungsweise eine konstruktive
Kritik meinerseits, Frau Minister: Warum ist das nicht
immer so? (Bundesministerin Zadić: Das ist eh immer so!) – Leider
nicht. (Bundesministerin Zadić: Fast immer!)
Worum geht es in diesem Gesetz? – Es geht um
Schäden durch Bäume außerhalb von Wäldern. Mit dieser
Gesetzesanpassung wird jetzt eine Lücke im Allgemeinen bürgerlichen
Gesetzbuch geschlossen, denn wenn in der Vergangenheit ein Baum umgefallen
oder ein Ast herabgefallen ist, dann hat man das mit einer Analogie zu einem
Mauerwerk abgearbeitet, nach dem
Motto: Was wäre, wenn von diesem
Mauerwerk da etwas heruntergefallen wäre?, Wer hätte dann
die Haftung übernehmen müssen?, und so weiter. Also diese fehlende
Regelung in Bezug auf Bäume wurde jetzt ergänzt.
Wichtig – und das wurde auch von meinen
Vorrednern angesprochen –: Es muss auch weiterhin jeder
Baumverantwortliche – wenn man die so nennen
kann – seine Sorgfaltspflicht erfüllen. Wenn das passiert, dann
braucht auch niemand mehr Angst zu haben, dass übertriebene
Haftungsansprüche
geltend gemacht werden und aus dieser Angst heraus vielleicht voreilig
Bäume oder, wie wir es schon erlebt haben, ganze Baumalleen gefällt
werden.
Das ist deshalb wesentlich, weil
unsere Bäume wichtig sind: Bäume reinigen die Luft, die wir atmen,
filtern das Wasser, das wir trinken, bieten Lebensraum
für viele Tiere, verhindern Überschwemmungen und Erosionen und tragen
dazu bei, dass der Boden, den die Landwirtschaft benötigt, mit
Nährstoffen
versorgt wird. Ganz wichtig: Bäume kühlen nachweislich unsere
Städte im Sommer ab. Ein 100-jähriger Laubbaum – weil
jetzt mehrmals von 100-jährigen
Bäumen gesprochen wurde – produziert pro Stunde 1,7 Kilogramm Sauerstoff. Das ist ungefähr so viel, wie 50 Menschen zum Atmen brauchen.
Wir normal denkenden, sage ich jetzt einmal, Menschen wissen das, ohne dass wir gleich in eine Klimahysterie verfallen, Kunstwerke zerstören, Megastaus produzieren, die arbeitende Menschen in Zeitverzug bringen, Menschen in Lebensgefahr bringen, indem wir vorsätzlich Einsatzkräfte behindern.
Besonders in diesem Bereich, im Bereich der Klimakleber,
wäre halt ein bisschen mehr Bildung und weniger Meinung in Form der
Klimahysterie wichtig.
Gerade diese Klimahysteriker hätten ja die Schultage dringend notwendig
gehabt, aber da waren sie leider immer auf den Fridays-for-Future-Demos. (Beifall
bei der FPÖ.)
22.17
Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Danke, Herr Bundesrat.
Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Karl-Arthur Arlamovsky. Ich erteile ihm das Wort.
Bundesrat
MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky (NEOS, Wien):
Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und
Kollegen!
Ich beginne auch mit einem Zitat, genauer gesagt: Meine ganze Rede ist ein
Zitat, weil ich es nicht besser formulieren könnte.
Auf die Frage von Georg Renner am 11. März 2024 –
es ging um die Regierungsvorlage zu diesem Gesetz – auf
Twitter: „Generell geht da viel totes Holz
dafür drauf, dass sich, wenn ich das richtig lese, an der Rechtslage
eigentlich nichts ändert, oder?“, antwortet der Hofrat des
Verwaltungsgerichtshofes Hans Peter Lehofer: „Wie bei der Kuhhaftung:
‚Es muss etwas geschehen‘ – ‚es
wird etwas geschehen‘, und dann kommt ein Gesetz, das in der Regel nichts
ändert. Legistisch ist die größte Herausforderung,
sicherzustellen, dass
es für Laien so klingt, als würde sich etwas ändern, dass sich
aber tatsächlich nichts ändert.
Das betrifft jetzt die zivilrechtlichen Regelungen, da greift man ja mit jeder Änderung in jahrzehnte-, teilweise jahrhundertelange Rechtsprechung und Systementwicklung ein. Das kippt man nicht einfach wegen eines Baums oder einer Kuh. Viel wirkungsvoller wären da wahrscheinlich verwaltungsrechtliche Regelungen, weil diese sich sehr unmittelbar auf den Sorgfaltsmaßstab und damit auf die zivilrechtliche Haftung auswirken würden.“ – Zitatende.
Vielen Dank. (Beifall bei Bundesrät:innen der SPÖ.)
22.18
Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Danke, Herr Bundesrat.
Zu einer Stellungnahme hat sich Frau Bundesministerin Alma Zadić zu Wort gemeldet. Ich erteile ihr das Wort.
Bundesministerin für Justiz Dr. Alma
Zadić, LL.M.: Herr
Präsident! Geschätzte Mitglieder des Bundesrates! Sehr geehrte
Zuseherinnen und Zuseher, falls
Sie online die Debatte verfolgen! Es ist mir wirklich eine besondere Freude,
dass es gelungen ist, nach der langen Debatte, nicht nur heute im Bundesrat,
sondern generell im Gesetzwerdungsprozess, die Baumhaftung jetzt
tatsächlich zu regeln. Ich halte sie schon für wichtig und komme auch
darauf zurück,
warum ich es für wichtig halte, dass wir eine Regelung für Bäume
geschaffen haben.
Es war nämlich bisher so,
dass wir außerhalb der allgemeinen Verschuldenshaftung waren. Das
heißt, es haben für alle Baumhalter verschärfte schadenersatzrechtliche
Regelungen und damit auch die Beweislastumkehr gegolten. Das war ein Problem,
denn das hat dazu geführt, dass es sehr viele Angstschnitte gab, dass man
aus Angst Bäume gefällt hat, weil man Sorge vor Haftungen
hatte, und das war durchaus berechtigt.
Wir haben zahlreiche Sitzungen gehabt, um diese Sorgen zu nehmen und zu erklären, was zu einer Haftung führen würde und was nicht, aber wir haben
gemerkt, das geht sich irgendwie nicht aus, die Angst ist da und die Sorge ist da – und die war auch berechtigt.
Genau aus diesem Grund haben
wir gesagt, es ist notwendig, eine
eigene Baumhaftung zu installieren, nämlich die Baumhalter so zu stellen,
wie das normalen schadenersatzrechtlichen Regelungen folgt. Das heißt,
wir
haben eine klassische Verschuldenshaftung ohne Beweislastumkehr, und nun muss
der Geschädigte beweisen, dass der Baumhalter seinen Sorgfaltspflichten schuldhaft
nicht nachgekommen ist. Das stärkt die Position der Baumhalter, der
Gemeinden und wird hoffentlich auch dafür sorgen, dass diese sogenannten
Angstschnitte weitestgehend der Vergangenheit angehören.
Was sind jetzt konkret die
Eckpunkte des neuen § 1319b? – Halter von Bäumen
haften nur für Schäden, die aus dem Umfallen des Baumes oder dem
Herabfallen von Ästen resultieren. Vor allem der Standort des
Baumes und die
damit verbundenen Gefahren sind zu berücksichtigen. Das ist wichtig, denn
es macht einen Unterschied, ob ein Baum bei einem Spielplatz oder am
Stadtrand, wo nicht sehr viele Menschen vorbeikommen, steht. Genau diesen
Sorgfaltsmaßstab gilt es abzuwägen.
Zur Art und zum nötigen
Umfang der Kontrolle gibt es für die Praxis – und das halte ich
für wichtig; deswegen habe ich ihn mitgenommen (den „Leitfaden Baumsicherheitsmanagement“
in die Höhe haltend) – so einen Baummanagementleitfaden.
Das heißt, für alle, die Baumhalter sind, für alle Gemeinden, für den
Gemeindebund wäre es ganz wichtig, sich anzuschauen, was das für die
Praxis bedeutet, wann man jedenfalls nicht in der Haftung drinnen ist
und wann man Bäume belassen kann, wie sie sind.
Ein Punkt ist mir besonders
wichtig, und das ist, dass wir erstmals in diesem Zusammenhang den Aspekt des
Umweltschutzes in den Vordergrund
gerückt haben, denn es geht auch um den naturbelassenen Zustand eines
Baumes. Es steht explizit im Gesetz, dass das ein wichtiges Gut ist,
und das, glaube ich, ist schon wichtig anzuerkennen. In all Ihren Reden vorhin ist das auch deutlich hervorgekommen.
In diesem Sinne freue ich mich wirklich sehr, dass es
scheint, dass der Vorschlag auf Ihre Zustimmung stößt und es keinen
Einspruch geben wird. – Danke
schön. (Beifall bei Grünen und ÖVP, bei Bundesrät:innen
der SPÖ sowie
des Bundesrates Arlamovsky.)
22.22
Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Vielen Dank.
Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.
Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.
Wir gelangen zur Abstimmung. – Bitte nehmen Sie Ihre Plätze ein.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.
Beschluss des
Nationalrates vom 21. März 2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem
die Strafprozeßordnung 1975, das Jugendgerichtsgesetz 1988,
das Finanzstrafgesetz und das Verwaltungsstrafgesetz 1991 geändert
werden (3822/A und 2482 d.B. sowie 11444/BR d.B. und
11462/BR d.B.)
Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Wir gelangen nun zum 27. Punkt der Tagesordnung.
Als Berichterstatter ist mir Herr Bundesrat Christoph Stillebacher genannt. – Ich bitte um den
Bericht.
Berichterstatter
Christoph Stillebacher: Ich bringe den
Bericht über den Beschluss des Nationalrates vom 21. März 2024
betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Strafprozeßordnung 1975,
das Jugendgerichtsgesetz 1988,
das Finanzstrafgesetz und das Verwaltungsstrafgesetz 1991 geändert
werden.
Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher zur Antragstellung:
Der Justizausschuss stellt nach
Beratung der Vorlage einstimmig den Antrag, gegen den
vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch
zu erheben.
Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Vielen Dank für den Bericht.
Wir gehen in die Debatte ein.
Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger. Ich erteile dieses.
Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger (Grüne, Oberösterreich): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher – wenn noch jemand da ist! Worum geht es bei diesem Tagesordnungspunkt? – Ganz kurz erklärt: Es geht um die Präzisierung zur Umsetzung der EU-Richtlinie Rechtsbeistand.
Es ist da eine Anpassung vorzunehmen. Die entsprechende Richtlinie der Europäischen Union führt genau aus, wie die Rechte von Beschuldigten auf einen Rechtsbeistand zu handhaben sind. Diese Richtlinie wurde in Österreich auch umgesetzt. Allerdings gab es ein – ich nenne es so – Feedback von der Europäischen Kommission, dass die Umsetzung, wie wir sie vorgenommen haben, nicht ganz dem entspricht, wie die Europäische Kommission das vorschlägt.
Nun zum Inhalt dieses Gesetzes: Es wurde an gewissen Stellen
nachgebessert. Es geht darum, dass die Verständigungspflichten noch
ausgedehnt werden müssen. Es geht nämlich nicht nur darum,
einem Beschuldigten darzulegen, dass er ein Recht auf einen Verteidiger hat,
sondern auch darum, dass er
darauf verzichten kann, und weiterführend auch darum, dass der
Beschuldigte, wenn er darauf verzichtet, das jederzeit wieder ändern kann.
Es ist wichtig – das ist im Sinn der
Novelle –, dass Menschen, die als Beschuldigte in einem
Strafverfahren, in einem Finanzstrafverfahren, geführt werden und sich
dort verteidigen müssen, ordentlich darüber belehrt
werden und wissen, welche Rechte sie auf eine ordentliche Verteidigung haben,
denn das ist ein wesentlicher Grundsatz des Strafverfahrens. Dem kommen
wir natürlich gerne nach.
Im Jugendgerichtsgesetz soll ferner ein Redaktionsversehen im Zusammenhang mit der Beiziehung eines Jugendpsychiaters oder einer Jugendpsychiaterin betreffend junge Erwachsene behoben werden.
Beim Thema einer Verständigung eines Erziehungsberechtigten über den Freiheitsentzug soll außerdem klargestellt werden, dass die Verständigung unabhängig davon, ob das Kind ihr widerspricht, immer zu unterbleiben hat, wenn sie dem Kindeswohl zuwiderläuft.
Das in gebotener Kürze. – Vielen Dank für Ihre breite Zustimmung. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)
22.26
Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Vielen Dank, Frau Bundesrätin.
Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Christine Schwarz-Fuchs. Ich erteile dieses.
Bundesrätin Mag. Christine
Schwarz-Fuchs (ÖVP, Vorarlberg):
Herr Präsident! Werte Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen im
Bundesrat!
Besucher sind keine mehr da. Liebe Zuschauer via Livestream – sofern
uns noch jemand zu dieser späten Stunde zuschaut! In der
gegenständlichen Gesetzesvorlage geht es – wir haben es
bereits von meiner Vorrednerin gehört – um die
Präzisierung beziehungsweise Nachschärfung in der nationalen Umsetzung einer
EU-Richtlinie insbesondere in Bezug auf das Recht auf Zugang zu einem Rechtsbeistand in Strafverfahren und in
Verfahren zur Vollstreckung
des Europäischen Haftbefehls sowie das Recht auf Benachrichtigung
eines Dritten bei Freiheitsentzug und das Recht auf Kommunikation mit Dritten
und mit Konsularbehörden während des Freiheitsentzugs. (Präsidentin
Göll übernimmt den Vorsitz.)
Ich möchte Sie hier jetzt aber nicht mit Wiederholungen langweilen. Meine Vorrednerin hat bereits alle wesentlichen Punkte zur gegenständlichen Gesetzesvorlage gesagt.
Da es aber unter anderem auch
um das Jugendgerichtsgesetz geht und uns der Umgang mit unmündigen
Straftätern aktuell sehr beschäftigt, möchte ich
noch ein paar Worte zum Thema der Jugendkriminalität sagen. Wie es
aussieht, wird die FPÖ zu diesem Thema bei diesem Tagesordnungspunkt auch
noch einen Entschließungsantrag einbringen. Daher ist es mir besonders
wichtig, im Vorfeld auch schon etwas dazu zu sagen.
Jugendkriminalität ist leider ein immer brisanteres Thema. Wenn man mit Menschen redet, die mit Jugendlichen arbeiten, hört man, dass die Jugendlichen die Dinge oft nur noch schwarz und weiß sehen. Sie können Konflikte kaum noch verbal lösen oder sich auf Kompromisse einigen.
Heute am frühen Abend gab es von ORF Vorarlberg wieder
ganz aktuell
eine schreckliche Headline: Schlägerei und Bedrohung durch Waffe.
Beziehungsstreit zwischen Jugendlichen eskalierte. – Ein
17-jähriger Jugendlicher aus Bludenz erlitt dabei eine
Gehirnerschütterung.
Ein weiteres Beispiel für unfassbare Jugendkriminalität ist der abscheuliche Missbrauch eines zwölfjährigen Mädchens durch mehrere Tatverdächtige. Dieser Missbrauchsfall ist ja vor ein paar Wochen durch alle Medien gegangen und hat eine Debatte rund um das Alter für die Strafmündigkeit ausgelöst. Bundeskanzler Nehammer hat nach dem Bekanntwerden dieses Missbrauchsfalls Maßnahmen gefordert. Verfassungsministerin Edtstadler und Innenminister Karner wurden nun ersucht, ein Paket zu erarbeiten.
Es gibt drei konkrete Handlungsfelder, um bei diesem Thema
entgegenzuwirken. Unter 14 Jahren besteht aktuell keine
Strafmündigkeit. Jugendgewalt
braucht einfach mehr Aufmerksamkeit. Die Rolle und Verantwortung der Eltern
muss man sich auch anschauen. Prävention und Unterstützung durch die
Jugendwohlfahrt sind wichtig. Es gibt inzwischen eine Schieflage von Delikten
gegen Leib und Leben im Vergleich zu Vermögensdelikten.
Ich möchte an dieser Stelle auch ein paar Zahlen
nennen, damit Sie sehen, wie stark die Zahl der Straftaten gestiegen ist. Die
Zahl der Straftaten, die Jugendliche und Kinder unter 14 begangen haben, hat
sich in den vergangenen zehn Jahren von etwas über 5 000 auf rund
10 000 Straftaten pro Jahr verdoppelt. Gleichzeitig gibt es bei den
Jugendlichen über 14 – diese sind ja bereits deliktfähig
und daher strafbar – nur einen moderaten Anstieg,
und bei jungen Erwachsenen, das sind Personen zwischen 18 und 21 Jahren,
können wir sogar einen Rückgang der Straftaten verzeichnen. Wir
müssen daher wirklich
überlegen, wie wir diesem Phänomen der Kinder-
und Jugendkriminalität unter 14 Jahren begegnen.
Eine Diskussion über die Weiterentwicklung beziehungsweise Anpassung unseres Rechtssystems an veränderte Lebensverhältnisse ist notwendig. Unsere Gesellschaft hat sich verändert, man sollte also darüber diskutieren.
Ich möchte auch betonen,
dass wir dieses Phänomen der vermehrten schweren Straftaten von Kindern
und Jugendlichen unter 14 Jahren nicht nur bei
uns in Österreich haben. Gerade heute haben die Medien wieder von einem
schrecklichen Fall aus Frankreich berichtet, wo
ein 14-jähriges Mädchen
nach der Schule fast zu Tode geprügelt wurde. Sie ist
lebensgefährlich verletzt worden und lag sogar zeitweise im Koma.
Unsere Gesellschaft
verändert sich, und darauf müssen wir reagieren. (Zwischenruf des
Bundesrates Spanring.) Einerseits muss man sich anschauen, wie man
in Zukunft damit umgeht, dass Jugendliche unter 14 Jahren, die
schwere Straftaten gegen Leib und Leben begehen, nicht angemessen bestraft
werden können. Die Senkung des Strafalters allein wird aber aus meiner
Sicht zu wenig sein. Es braucht ein Gesamtkonzept. Eine etwaige Anpassung des
Strafrechts hinsichtlich der Strafmündigkeit, das heißt der
Herabsetzung
der Strafmündigkeit, bedarf einer Gesamtbeurteilung und ist im
Gesamtkontext zu betrachten.
Es sind mehrere Maßnahmen
notwendig. Es ist unter anderem wichtig,
dass in solchen Fällen Erziehungsmaßnahmen gesetzt werden, auch
unter Berücksichtigung und
Heranziehung entwicklungspsychologischer Erkenntnisse. Andererseits
stellt sich aber auch die Frage nach der Rolle der Eltern beziehungsweise
nach der Verantwortung der Eltern.
Überlegungen hinsichtlich Änderungen in der Jugendwohlfahrt müssen auch angestellt werden. Da geht es vor allem auch um die Ausstattung der Jugendwohlfahrt mit mehr Möglichkeiten.
Auch den Bereich der
Prävention und Unterstützungsmaßnahmen müssen wir uns
anschauen. Da geht es vor allem auch darum, wie man die Eltern bei
der Prävention besser unterstützen und die Jugendwohlfahrt besser
einbinden kann.
Es braucht außerdem eine Begleitung von Jugendlichen in Bezug auf eine gelungene Resozialisierung.
Ich finde bei diesen Überlegungen sollte man sich auch das Schweizer Modell im Detail anschauen. In der Schweiz sind Kinder schon ab dem zehnten Ge-
burtstag strafmündig.
Für sie gilt das Jugendstrafrecht, das vor allem Schutzmaßnahmen
vorsieht. Wie sieht das konkret aus? – Für unter
15-Jährige gibt
es in der Schweiz weder eine Geld- noch eine Haftstrafe. Als Strafe
möglich ist eine Art Verwarnung, vergleichbar mit einer Gelben Karte im
Fußball, oder
etwa eine verpflichtende Tätigkeit bei einer karitativen Einrichtung.
Diese darf jedoch höchstens zehn Tage dauern. Strafmündigkeit ab zehn
Jahren bedeutet in der Schweiz vor allem dies: Bei einem Kind
schaut der Staat genauer hin, prüft, ob es ambulanten oder in
schwerwiegenden Fällen auch stationären Betreuungs- oder
Behandlungsbedarf gibt.
Zusammenfassend kann ich nur
sagen, der Gesetzgeber ist enorm gefordert, um die Jugendkriminalität
wieder senken zu können. Zum Schutz der Betroffenen sollte man
sich ausreichend Gedanken machen, welche Maßnahmen gesetzt werden
können. Mit einer einzelnen Maßnahme, wie zum Beispiel
nur der Herabsetzung der Strafmündigkeit, ist es aus meiner Sicht nicht
getan.
Abschließend bitte ich Sie alle um Ihre Unterstützung für die gegenständliche Gesetzesvorlage, damit wir die nötigen Nachschärfungen bei diesen Gesetzen im Zusammenhang mit der präzisen Umsetzung der EU-Richtlinie beschließen können. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)
22.34
Präsidentin Margit Göll: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Mag. Elisabeth Grossmann. – Bitte.
Bundesrätin Mag. Elisabeth Grossmann
(SPÖ, Steiermark): Frau
Präsidentin! Frau Ministerin! Meine sehr geehrten Damen und
Herren! Bei diesem Tagesordnungspunkt geht es um eine notwendige Reparatur
der bestehenden Rechtslage, um – zusammengefasst – die
entsprechende Richtlinie zum Rechtsbeistand eben auch richtlinienkonform
umzusetzen und für die Menschen
den rechtlichen Grundsatz auf ein faires Verfahren zu realisieren. Dazu haben
meine Vorrednerinnen schon Stellung genommen, dazu braucht man zu
diesem Zeitpunkt nicht noch mehr auszuführen. Das erfährt auch unsere Zustimmung.
Keine Zustimmung kommt aber zu
dem, was jetzt wahrscheinlich noch eingebracht wird, nämlich ein
Antrag zur Herabsetzung der Strafmündigkeit.
Es hat meine Vorrednerin jetzt auch schon eingehend ausgeführt, welche Beweggründe
dagegen sprechen, das so verkürzt darzustellen. Die Deliktsfähigkeit nun
von 14 auf zwölf herabzusetzen löst auch nach Ansicht zahlreicher
oder eigentlich aller namhaften Strafrechtsexpertinnen und ‑experten in
Wahrheit gar kein Problem. Das Gefängnis ist wohl der schlechteste Aufenthaltsort
für ein Kind, für einen jungen Menschen.
Meine Kollegin Gruber-Pruner
und Kollege Schennach haben schon bei
der letzten Sitzung einen Antrag eingebracht, und unserer Einschätzung ist
auch das Netzwerk Kriminalpolitik gefolgt beziehungsweise wurde unsere Einschätzung
ganz klar bestätigt. (Beifall bei der SPÖ.)
Das Netzwerk Kriminalpolitik
ist nicht irgendwer, das ist die Vereinigung der Richter und Richterinnen, der
Staatsanwältinnen und Staatsanwälte,
der Rechtsanwält:innen, Strafverteidigerinnen und Strafverteidiger, Verein
Neustart und so weiter. Die haben auch ein umfassendes Konzept gefordert, um
genau diesem Phänomen gerecht zu werden, dass junge Menschen straffällig werden.
Sie bestreiten zwar oder bezweifeln, dass das jetzt ein neues Phänomen
oder ein verstärktes Phänomen ist, aber es ist ein ganz gravierendes Problem,
dem wir uns stellen müssen.
Da – und das kann
man gar nicht oft genug sagen – rächen sich einfach die
Sündenfälle, die durch Schwarz-Blau gesetzt wurden, nämlich
die Auflösung
des Jugendgerichtshofes und dazu noch die Verländerung der Kinder- und Jugendhilfe.
(Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Spanring: Genau!
Deshalb sind
die Kinder aggressiver!)
Damit ist auch sehr viel Expertise vernichtet worden. Das muss wieder aufgebaut werden, das muss jetzt wieder mühsamst aufgebaut werden. Das
müssen wir aber dringendst
angehen. Wir haben auch entsprechende Vorschläge erstattet:
Jugendwohlfahrtsmaßnahmen durchaus auch mit Strafcharakter, nämlich
mit general- und spezialpräventiver Wirkung, auch
mit Aufenthaltsverpflichtung. Es muss Folgen haben, wenn ein junger Mensch das
Recht bricht. Das kann nicht folgenlos bleiben. (Beifall bei der SPÖ.)
Mit der durch diese Sündenfälle verursachten derzeitigen
zersplitterten Struktur passiert es aber nun immer mehr, dass solche
Rechtsbrüche folgenlos
bleiben. Das kann es nicht sein! Da ist wirklich dringender Handlungsbedarf
gegeben, und dazu fordern wir Sie auch einmal mehr auf. (Beifall bei
der SPÖ.)
22.39
Präsidentin Margit Göll: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Andreas Arthur Spanring. Ich erteile ihm dieses.
Bundesrat Andreas Arthur Spanring
(FPÖ, Niederösterreich): Frau
Vorsitzende! Frau Minister! Kollegen im Bundesrat! Sehr geehrte Zuschauer vor
den Bildschirmen! Nach dieser Märchenstunde von der SPÖ jetzt wieder
zum Tagesordnungspunkt: Es geht bei diesem Tagesordnungspunkt um die
ordnungsgemäße Umsetzung einer EU-Richtlinie. (Bundesrätin
Grossmann: Schon wieder sind alle Märchenerzähler! Staatsanwälte,
alles Märchenerzähler!) Diese notwendige Änderung
umfasst die Strafprozeßordnung, das Finanzstrafgesetz, das Verwaltungsstrafgesetz
und wie auch schon angeführt das Jugendgerichtsgesetz.
Grundsätzlich wird damit eine Verbesserung der Beschuldigtenrechte
erreicht, weshalb wir auch keinen Einspruch erheben werden
und dieses Gesetz unterstützen.
Sie wissen, Frau Minister, beim vorigen Tagesordnungspunkt habe ich es noch ganz bewusst gelobt, denn bei diesem Gesetz erleben wir jetzt wieder ein Negativbeispiel. Beim vorigen Tagesordnungspunkt war es anders. In dem Fall ist der Verhandlungsgegenstand einfach mittels eines Initiativantrages auf die
Tagesordnung im Nationalrat gesetzt worden, und dadurch gab es eben kein Begutachtungsverfahren.
Dass solche Gesetzesinitiativen
eben an einer Begutachtung, sagen wir einmal, vorbeigeschleust werden, ist auch
der Grund dafür, warum es in den letzten Jahren so viele
schlechte Gesetze gegeben hat. Mit schlecht meine ich schlecht
gemacht, also handwerklich wirklich fehlerhaft, mangelhaft, lückenhaft,
unausgereift, und es muss eben auch wie hier bei ein und demselben Gesetz
mehrmals nachgebessert werden. Das kritisieren übrigens nicht
nur wir Freiheitliche, sondern das wurde auch schon von der Richtervereinigung
immer wieder angeprangert.
Da diese Vorlage auch in das Jugendgerichtsgesetz eingreift, bringe ich passend dazu einen Antrag ein, der eine längst überfällige Änderung beinhaltet:
Entschließungsantrag
der Bundesrät:innen Andreas Arthur Spanring, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Herabsetzung der Strafmündigkeit“
Der Bundesrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung,
insbesondere die Bundesministerin für Justiz und die Bundesministerin
für Frauen, Familie, Integration und Medien, wird aufgefordert, dem
Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die eine Senkung der
Strafmündigkeit und Deliktsfähigkeit auf 12 Jahre beinhaltet. Dabei
soll die Bundesregierung sich an den gesetzlichen Regelungen und
Maßnahmen zum
Schutz der Kinder in den Niederlanden, in Ungarn, Irland, England, Wales, Nordirland,
Griechenland und insbesondere in der Schweiz orientieren.“
*****
So viel zu unserem Antrag.
Wir haben von Kollegin Schwarz-Fuchs gehört, dass es ja
eigentlich schon sinnvoll ist. Jetzt wage ich es wieder einmal, Hellseher zu
spielen, und sage, dass diese ÖVP bei jeder Gelegenheit davon
spricht – nämlich auch draußen,
wenn sie bei den eigenen Funktionären ist, wird das
vorgegaukelt –, dass genau das, was in diesem Antrag ist, sinnvoll
und eine richtige und wichtige Maßnahme ist, aber nur, wenn es
darauf ankommt, Frau Kollegin, machen
vor allem Sie von der ÖVP wieder einen Rückzieher. Dann kuschen Sie
vor den Grünen, obwohl wir hier natürlich als FPÖ und ÖVP
eine Mehrheit hätten und das auch umsetzen könnten. (Beifall
bei der FPÖ. – Zwischenruf des Bundesrates Zauner.) –
Ich weiß, es tut weh, Herr Kollege, ich kann Ihnen
aber nur aus Sicht der FPÖ für die
ÖVP sagen: Das ist politisch feig, das ist politisch unehrlich und
das ist halt so typisch politisch ÖVP. (Bundesrätin Eder-Gitschthaler:
Was ist in Oberösterreich?) Das ist auch der Grund, warum
wir heute eine namentliche Abstimmung gefordert haben.
Bei dieser Gelegenheit möchte ich passend zum Antrag
auch einmal etwas ansprechen, weil es nämlich politisch –
wir haben es gerade vorhin von
Kollegin Grossmann von der SPÖ, teilweise auch ein bisschen von Kollegin
Schwarz-Fuchs von der ÖVP erlebt – und auch medial immer wieder
absichtlich völlig falsch und verzerrt dargestellt wird: Sie tun gerade
so, als ob unsere Jugendlichen, unsere Kinder jetzt auf einmal über Nacht
quasi verdorben und so brutal und so kriminell geworden wären. Ich rede da
nicht von kleinen
Delikten, sondern ich rede wirklich von Raub, von schwerer Körperverletzung,
wir reden von Vergewaltigung bis hin zum Mord. Die Wahrheit ist aber
eine ganz andere: Das Problem, das wir im Bereich der Jugendkriminalität
haben, ist ein größtenteils importiertes Problem, das ist
importierte Gewalt. (Beifall
bei der FPÖ.)
Diese ausufernde Gewalt ist natürlich auf die
unkontrollierte und ungezügelte Zuwanderung der Vergangenheit
zurückzuführen. (Bundesrat Schennach: Ja, jetzt sind wir am
Punkt!) Das tut Ihnen natürlich weh, darum höre ich
schon die ersten Zwischenrufe von der SPÖ. Natürlich haben Sie alle,
wie Sie
hier sitzen, das zu verantworten, und wir Freiheitliche haben immer
genau vor solchen Entwicklungen gewarnt. Und was haben Sie
gemacht? – Sie haben
uns dafür als Rassisten und als Nazis diffamiert.
Meine Damen und Herren, das Gegenteil ist der Fall, denn
wieder einmal haben wir Freiheitliche leider recht behalten. Wir haben gesehen,
wie es in anderen Ländern zugeht, und uns war klar, wenn wir
Hunderttausende
dieser Menschen in unser Land lassen, dann werden auch sehr viele darunter
sein, deren Gewaltbereitschaft, deren Frauenbild, aber auch deren
Wertevermittlung in der Kindererziehung einfach nicht mit unseren Werten
zusammenpassen und diametral auseinandergehen. Sie alle, meine
Damen und Herren, wie Sie hier sitzen, haben diese Entwicklung mitzuverantworten.
Es sind nicht unsere Kinder, nicht unsere Jugendlichen!
(Beifall bei der FPÖ.)
Wir haben auch immer wieder Peter Scholl-Latour zitiert, es
ist ein sehr bekanntes Zitat: Wer halb Kalkutta aufnimmt, der hilft nicht
etwa Kalkutta,
sondern wird selbst zu Kalkutta. – Wobei Kalkutta wahrscheinlich
weniger das Problem wäre. Wir haben
immer wieder dieses Zitat gepredigt und heute,
jetzt, in dem Moment sind es wieder nur wir Freiheitliche als Einzige,
die den Mut haben, es so anzusprechen, wie es ist, nämlich als ein
importiertes
Problem.
Ich sage Ihnen auch ganz offen, da ich es schon wieder
merke: Ich höre, ich sehe und ich spüre teilweise auch schon ein
bisschen diese geheuchelte,
gespielte Empörung, die kommt. Ich sage Ihnen ganz ehrlich: Ich pfeife auf
dieses Political-Correctness-Getue! Das ist jetzt wirklich nicht mehr
angebracht.
Natürlich erwarte ich mir
von der SPÖ, von den Grünen, von den NEOS nichts anderes. Das sind
ausgewiesene Zuwanderungsparteien, die natürlich
am liebsten das ganze Steuergeld entweder ins Ausland oder an in
Österreich lebende Ausländer verschenken würden. (Zwischenruf
des Bundesrates Schennach.) Aktuell passiert das übrigens mit
dem Familiennachzug. Auch da
wird es noch viele Probleme geben, die ersten
Probleme haben wir ja
schon. Die Lösung dieser und vieler anderer Probleme heißt nicht
Migration, meine Damen und Herren, sondern die Lösung heißt
Remigration.
Auch das muss man einmal ansprechen können. (Beifall bei der
FPÖ. – Bundesrätin Schumann: Deportation!
Deportation heißt das, nicht Remigration!) – Es tut
mir leid, Frau Kollegin Schumann von der SPÖ, wenn Sie dazu Deportation sagen.
Das ist vielleicht Ihre Interpretation, das meinen wir nicht. (Bundesrat Schreuder:
Das meint ihr! Genau das meint ihr! – Weiterer Zwischenruf der Bundesrätin
Schumann.)
Wie gesagt, von den
Linksparteien erwarte ich mir nichts anderes, aber
diese ÖVP, die bei jeder Gelegenheit politisch rechts blinkt, damit man
ein paar Wählerstimmen generiert, und dann gleich wieder links abbiegt,
diese
ÖVP ist das wahre Problem in diesem
Land. (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrat Schennach:
Das ist ja schon ... zur ÖVP! – Bundesrat Tiefnig:
Und in Niederösterreich seid ihr in der Koalition?)
Ein aktuelles Beispiel ist jetzt wieder Innenminister
Karner. Was macht er nach all den Messerattentaten, die es jetzt in Wien gegeben
hat? – Er macht Waffenverbotszonen. Natürlich wird das von
links bejubelt, das ist aber nicht zu Ende gedacht, meine Damen und Herren:
Denn was passiert dadurch? –
Erstens einmal werden die rechtschaffenen Menschen entwaffnet, und all jene
Kriminelle - - (Bundesrat Schreuder: Man sieht ja in den
USA, wie super das
ist, wenn jeder eine Waffe trägt, na!) Ich meine, Sie werden ja wohl
nicht glauben, wenn jemand so kriminell ist und so eine niedrige Hemmschwelle
bei Gewalt hat, dass er wegen einer Kleinigkeit einem anderen
ein Messer
in den Körper rammt, dass sich der wegen einer Verbotszone sein Messer
nicht einsteckt. (Bundesrat Babler: Darum Trump wählen und alles
verändern!)
Das glauben Sie doch nicht allen Ernstes! Nein, meine Damen und Herren, damit
entwaffnen Sie nur die rechtschaffenen Menschen und machen sie zu
noch leichteren Opfern. (Beifall bei der FPÖ.)
Zweitens: Auch dabei wird von
Ihnen das wahre Problem wieder nicht angesprochen, denn wer, bitte
schön, sind denn diese Messerstecher zu 99 Prozent? Es sind auch
wieder Menschen aus aller Herren Länder, wo Probleme
anstatt mit Worten mit Waffen geregelt werden.
Jetzt kann ich Ihnen etwas
sagen: Von meiner Kindheit an war ich auf unzähligen Festen, Kirtagen, Volksfesten. (Bundesrat Schennach:
Schlägereien wahrscheinlich!) Wissen Sie,
jeder Zweite, der dort eine Lederhose anhat, hat auch
ein Messer einstecken. (Bundesrat Zauner: Um die geht es ja nicht!)
Das nennt man Knicker, aber genau die haben genauso das Verbot. (Bundesrat Zauner:
Genau das ist nicht der Fall! Das ist nicht vorgesehen!) – Ja,
natürlich! Herr Kollege Zauner, dann höre mir einmal zu, damit du
auch verstehst, worum es mir
geht, denn ihr bringt immer den Spin: Das sind unsere Leute! (Bundesrat Zauner:
Das ist ja nicht vorgesehen! Das wird nicht passieren! – Bundesrat Schreuder:
Die Knickerbocker-Bande!) Das ist nicht Fakt! Die haben alle ein Messer
einstecken, und nicht einmal dann, wenn es zu späterer Stunde nach
Alkoholkonsum irgendein Problem gibt, habe ich je gehört, dass
bei irgendeinem Volksfest jemals einer einen anderen mit einem Messer
niedergestochen hat. (Bundesrat Zauner: Es wird nicht wahrer! Das ist
nicht wahrheitsgemäß!) Ja, aber das, was ich Ihnen erklären
will, und das wollen Sie einfach nicht hören:
Es sind nicht unsere Leute! Bei uns sticht niemand den anderen mit einem Messer
nieder! (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf der
Bundesrätin Schumann.) Das
ist importierte Gewalt, und das wollen Sie nicht wahrhaben!
Besonders für den Kollegen Zauner von der ÖVP,
weil er es nicht versteht: Ich frage Sie: Wer sind denn dann diese
Problembären? Wer sind denn dann
diese Messerstecher, wenn es eh nicht die sind, von denen ich gerade gesprochen
habe, denn da bin ich voll und ganz bei Ihnen? Aber solange Sie,
Herr Zauner, nicht anfangen, dass Sie das Problem endlich beim Namen nennen,
nämlich importierte Gewalt, so lange wird sich nichts an dem Problem
ändern. (Beifall bei der FPÖ.)
In Wahrheit tut es Ihnen nur deshalb so weh, weil Sie genau
wissen, Sie alle haben das mitzuverantworten. Wie gesagt, von SPÖ,
Grünen und NEOS erwarte ich mir nichts anderes, enttäuschend ist da
wieder einmal lediglich die
ÖVP. Die tut ja immer so, wie wenn sie eine konservative Partei wäre.
In Wahrheit ist die ÖVP der Spielball der Linken, das hat man die
letzten viereinhalb Jahre bei der linken Migrationspolitik durch die
Grünen gemerkt. (Heiterkeit bei der SPÖ.) Ich wiederhole mich
in Richtung ÖVP: Meine Damen und
Herren! Das ist politisch feig, das ist politisch unehrlich und das ist so
typisch ÖVP. (Anhaltender Beifall bei der FPÖ.)
22.51
Präsidentin Margit Göll: Der von den Bundesräten Andreas Arthur Spanring, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „Herabsetzung der Strafmündigkeit“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.
Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.
Wünscht noch jemand das Wort? (Bundesrat Himmer
hebt die Hand.) – Bitte, Herr Bundesrat Harald Himmer. (Bundesrätin
Hahn: Das macht es nicht besser! – Bundesrat Schennach:
Na! Jetzt hat euer Koalitionspartner aus Niederösterreich gesprochen,
was willst denn noch? – Bundesrätin Schumann: Aus
Oberösterreich,
aus Salzburg!)
Bundesrat
Mag. Harald Himmer (ÖVP, Wien):
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Sehr
geehrte Damen und Herren! Ich möchte nicht auf alles, was hier gesprochen
worden ist, eingehen, aber zunächst
doch einmal auf den einen Punkt vonseiten der Sozialdemokratie.
Man kann jetzt unterschiedliche Meinungen darüber haben, warum der Jugendgerichtshof abgeschafft worden ist (Bundesrätin Schumann: Ja, habts ihn abgeschafft oder ned? Ja, ihr habt ihn abgeschafft!), aber die These zu vertreten, dass, wenn es den Jugendgerichtshof gäbe, es dann diese Vorfälle nicht
gegeben hätte (Bundesrätin
Schumann: Das hat niemand gesagt! – weitere Zwischenrufe bei
der SPÖ – Zwischenruf des Bundesrates Zauner), dass
diejenigen Jugendlichen, die keinen Respekt vor Frauen haben, weil sie aus
einer
Kultur kommen, in der sie diesen Respekt nicht haben müssen, hier keine
Gewalttaten an Mädchen begehen würden, zu glauben, dass die das
beeindruckt hätte, wenn es im 3. Bezirk den Jugendgerichtshof gegeben
hätte, ist wirklich lächerlich. (Beifall bei der ÖVP. –
Bundesrätin Schumann: Das ist peinlich!)
Man kann natürlich in einer Debatte auch immer
entsprechend polemisieren. (Bundesrat Schennach: Das nennt man
surfen!) Kollege Spanring ist auf
dieser Klaviatur sehr, sehr bewandert. Es ist nur insgesamt zu überlegen,
warum es über die Jahrzehnte – ich spreche jetzt wirklich
über Jahrzehnte – die Hauptrolle der Freiheitlichen ist, nur
großartig zu reden und nicht in Regierungsverantwortung zu
sein. – Weil ihr eben regelmäßig, wenn ihr Regierungsverantwortung
gehabt hat, entsprechend gescheitert seid. (Zwischenruf
des Bundesrates Spanring.) Das ist seit Jahrzehnten
so. Da lässt es sich natürlich leicht polemisieren.
Inhaltlich, sage ich, bin ich in einem hohen
Ausmaß durchaus der Meinung des Kollegen Spanring (Bundesrat Schennach:
Ach so?), dass vieles von der Kriminalität importiert ist. Es ist
nicht alles, das möchte ich auch sagen, es ist nicht alles, aber vieles
liegt an der Kultur der Zuwanderer, liegt an der
Religion, liegt an dem Frauenbild der Zuwanderer und liegt an der daraus
abgeleiteten Respektlosigkeit insbesondere heranwachsender junger Männer
gegenüber Frauen. Das ist einfach so und da gibt es auch nichts zu
leugnen.
Vor diesem Hintergrund ist es klar, dass wir
als Österreichische Volkspartei diese Probleme nicht leugnen, an diesen
Problemen auch nicht vorbeischauen
wollen und natürlich auch hier im parlamentarischen Raum für die
Zukunft entsprechende Mehrheiten suchen, damit wir da zu entsprechenden
Änderungen kommen. (Bundesrat Schennach: Ja, super!)
Jetzt wende ich mich natürlich an alle,
die wirklich (Bundesrat Spanring: Jetzt haben wir dich gleich!)
am Freitag um 23 Uhr noch via Livestream Bundesrat schauen, an
diese Gruppe, die zuvor gehört hat, dass die ÖVP ja jetzt mit den Freiheitlichen mitstimmen könnte und dass
alles andere, weiß ich nicht,
feig oder pharisäerhaft oder was auch immer wäre. Es ist der
Vorteil der Opposition, kein Koalitionsübereinkommen zu haben (Bundesrätin
Schumann:
Oh!), und es ist ein Verhaltensmuster einer seriösen Partei, dass
wir uns an ein Koalitionsübereinkommen halten (Ruf bei der SPÖ:
Die Grünen sind schuld! – Bundesrätin Schumann: So
wie in Niederösterreich, in Oberösterreich, in Salzburg!) und
dass wir uns halt wechselseitig nicht niederstimmen. Das dürfen die
Zuseher und die Zuseherinnen auch wissen. Wir haben die Neigung, uns an Vereinbarungen
zu halten, und so exekutieren wir das Koalitionsübereinkommen. Deswegen
werden wir selbstverständlich dem Antrag der Freiheitlichen nicht zustimmen.
(Beifall bei der ÖVP. – Ruf bei der SPÖ: Die
Grünen
sind schuld!)
22.56
Präsidentin
Margit Göll: Wünscht noch
jemand das Wort? (Bundesrat Steiner hebt die Hand.) –
Herr Bundesrat Christoph Steiner. (Rufe bei der SPÖ:
Nein!)
Bundesrat
Christoph Steiner (FPÖ, Tirol):
Ich muss nur Kollegen Himmer noch einmal kurz auf die Sprünge helfen, weil
er gesagt hat, das freiheitliche
Thema ist seit Jahrzehnten das Ausländerthema. (Ruf bei der SPÖ:
Kannst du deutsch reden?) Das stimmt ja so, dass wir uns seit Jahrzehnten
über
die Ausländer - - (Bundesrat Himmer:
Nein, ihr habt in den letzten Jahrzehnten nicht sonderlich oft besonders lange
Regierungsverantwortung gehabt!) – Genau,
das stimmt allerdings. Ich erinnere nur an das Volksbegehren Österreich
zuerst, das Haider initiiert hat. (Ruf bei der ÖVP: Den habt ihr aus
der Partei ausgeschlossen! – Heiterkeit bei
Bundesrät:innen der ÖVP.) Mach dir einmal die Arbeit, ruf dir das noch einmal in Google auf: Alles, was
in diesem Volksbegehren drinnen gestanden ist, ist eingetreten, und
das noch weit schlimmer! (Beifall bei
der FPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.) Das habt ihr damals mit euren Medien und Lichtermeeren – und was weiß ich nicht alles – zu verhindern versucht.
Dann hat Kollege Himmer gesagt, in der Zeit, in der wir
regiert haben, haben wir nicht viel gemacht. (Bundesrat Schreuder:
Ibiza!) Ich sage nur eines: Wir
haben unter Innenminister Herbert Kickl in dieser Republik Ausreisezentren
installiert. (Zwischenrufe bei ÖVP und SPÖ.) Was
war die erste Amtshandlung eures ÖVP-Kurzzeit-Innenministers
Ratz, oder so hat der geheißen, unter Sebastian Kurz? Der war keine
5 Minuten Innenminister, da hat
er die Ausreisezentren in Einreisezentren umbenannt. Das ist eure
ÖVP-Politik! (Beifall bei der FPÖ. – Rufe bei der
ÖVP: Das war die Expertenregierung! – Bundesrätin Eder-Gitschthaler:
Der Ratz war nie unserer!)
Das war keine Expertenregierung, denk einmal nach! Das war
keine Expertenregierung, denn kurzzeitig hat sich euer Sebastian Kurz die
Minister für zwei, drei Tage selber ausgesucht, bis er dann im Parlament gekippt
wurde.
Das war nicht die Expertenregierung. (Widerspruch bei der
ÖVP.) – Ja
bitte, kennst du dich nimmer aus!? Ihr in der ÖVP habt schon so viele
Regierungswechsel gehabt (Heiterkeit bei der FPÖ) und so viele
Minister getauscht, so viele Kanzler ausgetauscht, so viele
Innenminister getauscht, so viele Außenminister getauscht,
Staatssekretäre getauscht, dass ihr euch selber nimmer auskennt, wer
überhaupt zuständig ist. Ich weiß es, weil
ihr - - (Zwischenrufe bei der ÖVP.) –
Ja, geh! (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf
des Bundesrates Himmer.)
Sich dann als
ÖVP hierherzustellen und von der importierten Kriminalität
und von der importierten Gewalt zu reden: Ja, jetzt bin ich mir nicht ganz
sicher, aber ist nicht 2015 eure Hanni mit den Teddybären am Hauptbahnhof
gestanden und hat diese Leute, die jetzt diese Gewalttaten verüben, mit
Teddybären beschmissen? War das nicht eure Hanni? Oder war es unsere
Hanni? (Bundesrat Schreuder: Das ist deine
Koalitionspartnerin!) Ich bin mir jetzt nimmer sicher, aber
die gehört zu euch, das ist eure ÖVP-Innenministerin gewesen.
Jetzt redet man in der ÖVP von der importierten Gewalt, aber vor
fünf, sechs, sieben, acht, neun Jahren hat Hanni noch diese Leute mit Teddybären beschmissen.
Geh, Herr Himmer, das ist ja
lachhaft! Ihr könnt es vielleicht noch ein paar ÖVP-Funktionären erzählen, dass ihr jetzt
plötzlich gegen die importierte Gewalt
und plötzlich für die Sicherheit der österreichischen Kinder,
Jugendlichen und vor allen Dingen Mädchen seid. Das glauben euch
vielleicht noch ein
paar ÖVP-Funktionäre, aber die Masse draußen und vor allen
Dingen die Eltern jener Kinder, die unter eurer importierten Gewalt verstorben,
verletzt
oder vergewaltigt worden sind, umgebracht worden sind, die glauben euch das
schon lange nicht mehr. (Beifall bei der
FPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)
Sich dann hierherzustellen und
zu sagen, Himmer Harald von der ÖVP macht sich jetzt auf die Suche nach
einer parlamentarischen Mehrheit, um das
zu verhindern: Also wir haben hier herinnen eine parlamentarische Mehrheit. Ich
weiß nicht, wo du die parlamentarische Mehrheit suchst. Ich hoffe schon
in Österreich. (Bundesrat Himmer: Ich habe es dir zuerst
erklärt! In der Koalition!)
Du suchst die parlamentarische Mehrheit in Österreich, oder? – So! Die parlamentarische Mehrheit gibt es in Vorarlberg, in Tirol, in Niederösterreich, in Salzburg, im Burgenland – überall gibt es sie. (Ruf bei der SPÖ: Im Burgenland? – Heiterkeit und Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Was suchst du? Der Doskozil ist ja auch - - (Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Eben, deshalb gibt es auch die parlamentarische Mehrheit im Burgenland. Dort ist ja der Heckenschütze aus dem Schilf, der weiß ja, wie das funktioniert. Herr Himmer, es gibt diese parlamentarische Mehrheit im Nationalrat in der Republik Österreich, also das ist da drüben, und es gibt diese parlamentarische Mehrheit hier herinnen im Bundesrat.
Wenn es diese ÖVP ehrlich meinen würde, dann
hätten wir das längst umsetzen können, auch
über den Umstand – ihr wart ja unter dem Sebastian ganz
stolz darauf –, dass ihr genau für solche Fälle einen
koalitionsfreien Raum ver-
einbart habt. (Beifall bei der
FPÖ.) Das habt ihr ja wochenlang medial verkündet, um
das linke Projekt da links neben mir zu verteidigen. Was ist
jetzt? – Nix! Null ist passiert. Das heißt, das mit dem Sand
in die Augen streuen,
das haben die Leute längst überzuckert. Das sind jetzt noch eure
letzten Überlebenszucker und das war es aber dann hoffentlich auf
längere Sicht mit
dieser verlogenen Partei ÖVP. (Beifall bei der FPÖ.)
23.03
Präsidentin Margit Göll: Wünscht noch jemand das Wort? (Bundesrat Himmer hebt die Hand.) – Herr Bundesrat Mag. Harald Himmer, bitte. (Bundesrat Schennach: Das gibt es ja nicht!)
Bundesrat
Mag. Harald Himmer (ÖVP, Wien):
Wie gesagt, mit Mehrheit meine ich Mehrheit im Rahmen der Koalition. Der
Zuseher kann sich gerne ein
Bild davon machen, wie viel Freude es macht, mit einem Kollegen wie Bundesrat Steiner eine gemeinsame Vorgangsweise zu
vereinbaren. (Bundesrat Babler:
Euer Koalitionspartner, gratuliere! – Bundesrätin
Schumann: Euer Koalitionspartner! – Weitere Zwischenrufe
bei der SPÖ.) Das macht viel Spaß und deswegen findet
das auch so oft statt. (Beifall bei der ÖVP.)
23.03
Präsidentin Margit Göll: Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall. Die Debatte ist somit geschlossen.
Wir gelangen zur Abstimmung. – Bitte nehmen Sie Ihre Plätze ein.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte,
die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates
keinen Einspruch
zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmeneinhelligkeit.
Der Antrag ist somit angenommen.
Es liegt ein Antrag der Bundesräte Andreas Arthur
Spanring, Kolleginnen und Kollegen auf Fassung einer Entschließung
betreffend „Herabsetzung
der Strafmündigkeit“ vor.
Hiezu ist eine namentliche Abstimmung verlangt worden.
Da dieses Verlangen von
fünf Bundesräten gestellt wurde, ist gemäß
§ 54 Abs. 3 der Geschäftsordnung eine namentliche
Abstimmung durchzuführen. Ich
gehe daher so vor.
Im Sinne des § 55
Abs. 5 der Geschäftsordnung erfolgt die Stimmabgabe nach Aufruf durch
die Schriftführung in alphabetischer Reihenfolge mündlich
mit „Ja“ oder „Nein“. Ich
bitte daher um eine deutliche Äußerung.
Ich ersuche nunmehr die Schriftführung um den Aufruf der Bundesräte in alphabetischer Reihenfolge.
*****
(Über Namensaufruf durch Schriftführer Gfrerer
geben die Bundesrät:innen ihr Stimmverhalten mündlich bekannt. –
Bundesrätin Schumann – nach Aufruf des Bundesrates
Kovacs, der nicht anwesend ist –: Nicht hier! – Bundesrat
Schreuder: Aha, beide Burgenländer! Das ist natürlich
Zufall! – Bundesrätin Kittl: Na, wo sind die
Burgenländer? – Bundesrätin Schumann: Nicht hier,
weiterlesen!
Geht schon weiter!)
*****
Präsidentin Margit Göll: Ich mache von meinem Stimmrecht Gebrauch und stimme mit „Nein“.
Die Stimmabgabe ist beendet.
Ich unterbreche zur Auszählung der Stimmen kurz die Sitzung.
(Die zuständigen Bediensteten nehmen die Stimmenzählung vor. – Die Sitzung wird um 23.09 Uhr unterbrochen und um 23.10 Uhr wieder aufgenommen.)
Präsidentin Margit Göll: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und gebe das Abstimmungsergebnis bekannt.
Demnach entfallen auf den gegenständlichen Entschließungsantrag bei 56 abgegebenen Stimmen 9 „Ja“-Stimmen und 47 „Nein“-Stimmen. (Zwischenruf des Bundesrates Schennach.)
Der Entschließungsantrag ist somit abgelehnt.
Mit „Ja“ stimmten die Bundesrät:innen:
Bernard;
Kofler;
Leinfellner;
Pröller;
Schartel, Spanring, Steiner, Steinmaurer;
Theuermann.
Mit „Nein“ stimmten die Bundesrät:innen:
Arlamovsky, Arpa;
Babler, Böhmwalder, Buchmann;
Ebner, Eder, Eder-Gitschthaler;
Fischer;
Geieregger, Gfrerer, Göll, Grimling, Gross, Grossmann, Gruber-Pruner;
Hahn, Hauschildt-Buschberger, Himmer, Huber, Hutter;
Jagl;
Kittl, Kohl;
Lancaster, Lassnig;
Mertel, Miesenberger;
Neurauter;
Obrecht;
Prügl;
Reisinger, Ruf, Ruprecht;
Schachner, Schennach, Schmid, Schreuder, Schumann, Schwarz-Fuchs, Schwindsackl, Stilleberger, Stotter;
Tiefnig;
Wanner, Wolff;
Zauner.
*****
Bericht der Bundesministerin für Justiz betreffend Jahresvorschau des BMJ auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Europäischen Kommission für 2024 sowie des Achtzehnmonatsprogramms des spanischen, belgischen und ungarischen Ratsvorsitzes (III-834-BR/2024 d.B. sowie 11463/BR d.B.)
Präsidentin Margit Göll: Wir gelangen nun zum 28. Punkt der Tagesordnung.
Berichterstatter ist Herr
Bundesrat Christoph Stillebacher. – Ich bitte
um den
Bericht.
Berichterstatter
Christoph Stillebacher: Ich bringe den
Bericht des Justizausschusses über den Bericht des Bundesministeriums
für Justiz
betreffend Jahresvorschau des BMJ für 2024.
Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, daher komme ich gleich zur Antragstellung:
Der Justizausschuss stellt nach Beratung der Vorlage den Antrag, den vorliegenden Bericht zur Kenntnis zu nehmen.
Präsidentin Margit Göll: Wir gehen in die Debatte ein.
Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Andreas Arthur Spanring. – Bitte.
Bundesrat Andreas Arthur Spanring
(FPÖ, Niederösterreich): Frau
Vorsitzende! Frau Bundesminister! Kollegen im Bundesrat! Sehr geehrte Damen und
Herren vor den Bildschirmen! Wir diskutieren jetzt über den Bericht der
Bundesministerin für Justiz
betreffend Jahresvorschau 2024. Ich bin auch dankbar
für den Bericht, weil er tief blicken lässt: einerseits dahin
gehend, was die Europäische Kommission so alles vorhat, aber auch
dahin gehend, was diese Regierung samt SPÖ und NEOS dann offensichtlich
wieder unterstützen will.
Der Bericht umfasst 71 Seiten. Einiges daraus ist jedenfalls unterstützenswert, aber vieles daraus ist aus unserer Sicht einfach nur demokratiefeindlich. Das Negative überwiegt leider bei Weitem, weshalb wir diesen Bericht ganz sicher nicht zur Kenntnis nehmen werden.
Einige Bereiche verdienen unsere uneingeschränkte
Zustimmung wie jener der Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und
häuslicher Gewalt, doch leider
ist der Bericht voll mit Selbstverherrlichung und einem sich selbst Unfehlbarmachen
der Europäischen Kommission, insbesondere in Bezug auf die Einführung rechtlicher
Vorkehrungen gegen die Hasskriminalität. Eines ist klar: Diese
Einführung rechtlicher Vorkehrungen gegen die Hasskriminalität dient
sicher nicht dazu, dass man die Gesellschaft schützt – das wird uns jetzt so vorgegaukelt –, sondern dient der Spaltung, indem dann eben wieder Wissenschaftler und Bürger, die es wagen, eine abweichende Meinung zu vertreten, mundtot gemacht werden können.
Dieses Mundtotmachen haben wir während Corona bereits
einmal erlebt.
Jetzt bekommt das Ganze aber eine neue Qualität, denn die Kommission will künftig
Kritik kriminalisieren, obwohl sich jetzt, wenn ich Corona heranziehe, im Nachhinein herausstellt, dass ja
viele dieser Menschen,
die kritisiert haben, ganz einfach recht gehabt haben. Dennoch sollen
sie natürlich zum Schweigen gebracht werden. Sie wollen ja auch keine
echte Coronaaufarbeitung, besonders Sie von der ÖVP nicht.
Künftige Kritik an den Entscheidungen der
Europäischen Kommission, zum Beispiel bezüglich Ankauf von
Impfstoffen, oder wenn Sie kritisieren, dass
die Covid-Maßnahmen nicht wirken würden, oder wenn Sie kritisieren,
dass die Finanzierung von Kriegen vielleicht schlecht ist, das kann also
künftig als
Hass ausgelegt werden, und das soll unterdrückt werden.
Was will uns die Europäische Kommission damit
sagen? – Wir, die Kommission, sagen euch dann, was Wissenschaft ist,
und wir, die Kommission, schränken eure Freiheitsrechte
massiv ein – natürlich nur zu eurem Besten – und garantieren
dadurch eure Sicherheit. Wir, die Kommission, erklären euch,
wie ihr zu leben habt, nämlich richtig zu leben habt. Wir, die Kommission,
sagen euch, was ihr künftig noch sagen dürft – dann ist es
auch mit der Meinungsfreiheit in Ordnung. Wir, von der Kommission, sind
einmal grundsätzlich unschuldig, egal worum es geht, denn schuld sind
grundsätzlich immer
die anderen. Das steht in diesem Bericht so drinnen. (Beifall bei der
FPÖ. – Zwischenruf der Bundesrätin Arpa.)
Das Ziel wird dann vielleicht am Ende ein
Wahrheitsministerium sein,
und dieses Ministerium entscheidet dann, was stimmt und was nicht stimmt, was
richtig und was falsch ist, was Hass ist und was eben nicht Hass ist. Ganz
nach dem Motto – derzeit scheint es ja ganz so –: Der
linke Zweck heiligt alle Mittel, vor allem auch die politische Verfolgung
Andersdenkender. Da
kann man sagen: George Orwell lässt grüßen. (Beifall bei der
FPÖ.)
Meine Damen und Herren, ich weiß, es ist schon etwas
spät, aber fällt Ihnen da vielleicht etwas auf? Fällt der
SPÖ da etwas auf, weil Sie sich ja angeblich
immer so stark für Demokratie machen? – Das ist eine glatte
Aushöhlung der Demokratie. Das finden Sie, vor allem von links, jetzt
vielleicht toll, aber
Sie bedenken eines nicht: Vielleicht sind nicht immer jene Menschen
an der Macht, die Ihre Meinung vertreten und die Ihre politische Einstellung
teilen. Sie unterstützen jetzt hier Gesetze, die ein totalitäres
Handeln demokratisch legitimieren. Glauben Sie mir, wenn es dann einmal nicht
mehr so ist, dass Ihre Einstellung zum Beispiel in Brüssel die Mehrheit
hat, dann
werden Sie verteufeln, dass Sie da an den Schalthebeln herumgewerkt haben und
so etwas legitimiert haben. (Bundesrat Schreuder: Ist das eine
Drohung?)
Unsere Meinung dazu ist hingegen ganz eindeutig: Niemand,
meine Damen und Herren, sollte eine solche Macht haben, egal welcher
politischer Einstellung
er angehört. (Beifall bei der FPÖ.)
Was an dieser Entwicklung ja wirklich grotesk ist: Sie
rollen jedem politisch Verfolgten mittels Asyl den roten Teppich aus,
gleichzeitig unterstützen Sie aber die Installation eines Instruments, das
über kurz oder lang genau auf diese politische Verfolgung abzielt –
auch das merken Sie anscheinend nicht. Dann sind das dieselben Personen, die
das gutheißen, dann aber über Russland
oder andere Länder lästern. Ich erkenne da schon sehr viele
Parallelen dieser Kommissionsvorhaben zu solch totalitären
Staaten – das einfach einmal nur zum Nachdenken, auch wenn es
natürlich um die Uhrzeit vielleicht dem einen
oder anderen schwerfällt.
Des Weiteren wird in diesem Bericht der Schutz
wohlgesonnener Journalisten und willfähriger NGOs vor Slapp-Klagen
gefordert. Einmal grundsätzlich:
Auch wir sind gegen solche Klagen, aber nicht nur für regierungstreue
Medien und für von den Regierungen gekaufte NGOs, sondern das muss auch
für
jene Bürger gelten, die ganz einfach eine andere Meinung haben und sich
diese auch offen zu artikulieren trauen.
All das passiert natürlich nicht. Das Ganze passiert
dann unter dem Deckmantel des Schutzes der freien Meinungsäußerung,
und wie zu Corona ist dann
wieder genau das Gegenteil der Fall: Eine Meinung wird zugelassen, alle anderen
sind Schwurbler. Oder auch jetzt: Eine Meinung wird zugelassen, alle
anderen sind Putin-Freunde. Oder: Eine Meinung wird zugelassen, und alle
anderen sind Klimaleugner. Genau das ist das, was Sie hier machen.
(Beifall bei der FPÖ. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)
Auch da, meine Damen und Herren, lässt Orwell
grüßen. Es gäbe noch viele, viele weitere Kritikpunkte,
die aufzuzählen ich mir aber ersparen kann, denn
ich muss sagen, inzwischen ist es so: Die Menschen draußen erkennen inzwischen
sehr gut, was los ist und was da abgeht. Unsere Bürger werden
Gott sei Dank immer kritischer. Wer am Ende recht behalten wird, wissen wir
alle nicht, das werden wir alle am 9. Mai (Bundesrätin Eder-Gitschthaler:
9. Juni!) bei der EU-Wahl und auch im Herbst bei der Nationalratswahl
sehen. Da kommt dann die große Abrechnung mit der Politik in der
Wahlkabine.
Für Kollegin Geieregger von der ÖVP, weil sie es
nicht erwarten kann: Ja, wir freuen uns genauso wie Sie auf einen Volkskanzler
Herbert Kickl. (Beifall
bei der FPÖ. – Bundesrätin Geieregger: Na, ich freu
mich nicht!)
23.20
Präsidentin Margit Göll: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger. Ich erteile ihr dieses.
Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger (Grüne, Oberösterreich): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher, die um 23.20 Uhr noch eifrig zuhören!
Die vorliegende
Jahresvorschau mit 29 Themenbereichen gibt für die
Justiz einen Überblick über die aktuellen und geplanten legislativen
Aktivitäten auf europäischer Ebene. Der Fokus für die Justiz
liegt für das laufende
Jahr einerseits bei der Finalisierung der wichtigen noch offenen Legislativdossiers
und andererseits bei der Präsentation ausgewählter bedeutender
Vorschläge.
Herausgreifen möchte ich schon auch den Punkt Gewalt
gegen Frauen, das ist und bleibt – das zeigen die wiederkehrenden
erschreckenden Ereignisse –
eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung. Die Richtlinie zur
Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt ist daher
ein zentrales
Anliegen des Justizressorts und der gesamten Bundesregierung. Die erfolgte
Einigung mit dem Europäischen Parlament ist sehr zu begrüßen.
Als
erstes Instrument zur EU-weiten Stärkung des Gewaltschutzes ist diese
Richtlinie ein Meilenstein im weiteren Kampf gegen Gewalt an Frauen hin zu
mehr Geschlechtergerechtigkeit und Gewaltschutz.
Der Entwurf enthält überwiegend Maßnahmen im
Bereich des materiellen Strafrechts und des Strafverfahrensrechts, insbesondere
Opferschutz
und Opferhilfe im Strafverfahren. Eine von Österreich gemeinsam mit zehn
anderen Mitgliedstaaten dazu abgegebene Protokollerklärung ist ein
wichtiges Signal dafür, dass es in diesem Bereich auf Unionsebene weiteren
Handlungsbedarf gibt.
Nicht unerwähnt lassen möchte ich den Hinweis auf die zahlreichen Maßnahmen verbunden mit den entsprechenden Mitteln, die die Bundesregierung in dieser Regierungsperiode auf den Weg gebracht hat, um gegen Gewalt an Frauen zu wirken.
Werte Kolleginnen und Kollegen,
Sie finden in diesem Bericht sehr viele weitere Punkte, aber da die Zeit
fortgeschritten ist, möchte ich auf etwas ganz
anderes eingehen, was jetzt aufgrund der Rede von Kollegen Spanring, glaube
ich, ganz gut passt. Vor Kurzem hat die Cosac in Brüssel stattgefunden,
und da möchte ich für den Themenbereich Justiz und EU noch einen wichtigen Programmpunkt der Konferenz jetzt hier im Plenum erwähnen und vielleicht auch einen kleinen Exkurs in Sachen Demokratie geben.
Wir haben von Kollegen Spanring
jetzt gehört: abweichende Meinung, mundtot machen, Kritik kriminalisieren,
zum Schweigen gebracht werden, politische Verfolgung, Aushöhlung
der Demokratie – ich glaube, es gibt hier ein grundlegendes
Missverständnis. Vielleicht ist es ganz hilfreich, wenn ich auch Bezug auf
den Slot zur Zukunft der Demokratie und des Rechtsstaates in
Europa nehme.
Der EU-Kommissar für
Justiz und Rechtsstaatlichkeit Didier Reynders hob die grundlegende Bedeutung
der Rechtsstaatlichkeit der EU hervor und betonte dabei die Rolle der
nationalen Parlamente beim Schutz des Rechtsstaates, und Koen Lenaerts,
Präsident des Europäischen Gerichtshofes, befasste sich
mit der Frage der rechtlichen Qualität jener Werte, auf denen die EU
aufbaut. Ich glaube, es ist ganz wichtig, was er gesagt hat: In Zeiten, in
denen autoritäre Tendenzen zunehmen, müsse die EU als Wiege
der Freiheit und Gerechtigkeit fungieren. Die EU sei eine gemeinsame
Rechtsordnung und ihre Werte
seien nicht nur das Ergebnis eines Top-down-Ansatzes, sondern es
gäbe eine Dynamik von unten, die auf den konstitunellen,
konti- -, konsti- - – okay, das Wort kommt heute
nicht mehr raus (allgemeine Heiterkeit) – Werten der
Mitgliedstaaten fußt. EU-Werte machen
nationale Identität möglich, das ist kein Widerspruch.
Ich verkürze es jetzt etwas, es ist tatsächlich
schon sehr spät, aber Françoise Tulkens, Vizepräsidentin am Europäischen
Gerichtshof für Menschenrechte, forderte eine Diskussion
darüber ein, was der Rechtsstaat in einer Demokratie bedeutet. Demokratie
brauche man, um Gerechtigkeit und Frieden einzuhalten. Sie sei ein moralisches
und politisches Ideal. Sie bedeutet
zudem nicht einfach Mehrheit, sondern auch den Schutz der Minderheit, und heute
steht sie auf dem Prüfstand.
Sie sehen, meine sehr geehrten
Kolleginnen und Kollegen, die EU-Ebene wirkt wesentlich mit, um Demokratie und
Rechtsstaatlichkeit sicherzustellen
und weiterzuentwickeln, und zwar genau nicht so, wie es Kollege Spanring versucht
hat darzustellen.
Das wollte ich gerade an dieser Stelle auch in Hinblick auf die bevorstehende EU-Wahl sagen. Die EU-Wahl ist übrigens am 9. Juni und nicht am 9. Mai, wie der Kollege gesagt hat – aber gut, wen wundert das? Es ist aber auch schon spät.
In diesem Sinne ersuche ich Sie um breite Zustimmung
beziehungsweise Kenntnisnahme des vorliegenden Berichtes. – Danke. (Beifall
bei den Grünen
und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)
23.26
Präsidentin Margit Göll: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Mag. Christine Schwarz-Fuchs. Ich erteile ihr dieses.
Bundesrätin
Mag. Christine Schwarz-Fuchs (ÖVP, Vorarlberg): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Frau
Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen und Zuschauer via
Livestream! Die Jahresvorschau des Bundesministeriums für Justiz, die auf
Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Europäischen Kommission
für 2024 sowie des Achtzehnmonatsprogramms des spanischen, belgischen und
ungarischen Ratsvorsitzes erstellt wurde,
befasst sich mit drei Themenblöcken – wir haben es bereits
gehört –: Strafrecht, Zivilrecht und Datenschutz. Es geht vor
allem um weitere Vorhaben
im Rahmen der Umsetzung der sechs übergreifenden Ziele der EU-Kommission.
Im vorliegenden Bericht sind meiner Meinung nach sehr wichtige Vorhaben enthalten, und ich kann daher auch nicht verstehen, warum die FPÖ diesen Bericht nicht zur Kenntnis nehmen möchte.
Ich möchte kurz auf ein paar Punkte eingehen. Besonders
hervorzuheben
ist aus meiner Sicht die EU-weite Zusammenarbeit der Justiz bei
Strafsachen
sowie Zivil- und Handelssachen. Die Digitalisierung der Justiz ist in diesem Zusammenhang ein wichtiges Vorhaben, das darauf abzielt, den Zugang zur Justiz zu erleichtern und die Effizienz der Justizsysteme zu steigern.
Besondere Priorität hat
laut dem vorliegenden Bericht die Richtlinie zur Bekämpfung von Gewalt
gegen Frauen und häuslicher Gewalt. Diese Richtlinie zielt darauf ab,
Mindeststandards im EU-Recht zu verankern und ist ein
wichtiger Schritt im Kampf gegen geschlechtsspezifische Menschenrechtsverletzungen.
Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt sind leider in der gesamten EU weiterhin weit verbreitet. Österreich unterstützt in diesem Zusammenhang auch die Einführung von vier neuen Straftatbeständen, nämlich sexuelle Nötigung, intersexuelle Genitalverstümmelung, Zwangssterilisation und Zwangsheirat. Verbesserung bei diesem wichtigen Thema und auch die grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Bereich der Justiz wirken sich direkt auf die Gleichstellung von Frauen und Mädchen aus.
Weiters soll auch die
Opferschutzrichtlinie geändert beziehungsweise angepasst werden. So soll
sichergestellt werden, dass Opfer von Straftaten überall in
der EU die Hilfe und den Schutz erhalten, den sie benötigen.
Weiters soll die Richtlinie zur Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs und der sexuellen Ausbeutung von Kindern sowie der Kinderpornografie überarbeitet werden. Das ist auch ein sehr wichtiger Punkt.
Es sollen außerdem weitere Anstrengungen zur wirksamen Bekämpfung von schwerer, grenzüberschreitender organisierter Kriminalität, Terrorismus, gewaltorientiertem Extremismus und Waffenschmuggel unternommen werden.
Auch im Bereich der Hasskriminalität und
Hassrede – wir haben es bereits gehört – soll die
Liste der Straftaten erweitert werden. Hetze und Hasskriminalität haben
leider in ganz Europa sowohl offline als auch online zugenommen, und es ist
daher wichtig, mit Maßnahmen
entgegenzuwirken.
Kollege Spanring von der
FPÖ, ich möchte noch etwas zu deinen Ausführungen sagen. Es geht
hier nicht darum, Leute mundtot zu machen (Bundesrat
Spanring: Das habt ihr schon gemacht!) oder Kritik nicht mehr
zuzulassen. (Bundesrat Spanring: Habt ihr auch
schon gemacht! Dafür gibt es das Strafrecht! Das ist
alles eine billige Ausrede!) Es geht um die Art und Weise, wie
jemand
seine Meinung zum Ausdruck bringt, und da hat Hass keinen Platz. –
Man kann seine Meinung auch wertschätzend zum Ausdruck bringen. (Beifall
bei
den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)
Hass vergiftet das Leben, sagt man, und wir wollen doch nicht eine vergiftete Gesellschaft zulassen, Herr Kollege Spanring! (Zwischenrufe bei der FPÖ.)
Zusätzlich zu den bereits
erwähnten Vorschlägen gibt es noch weitere Vorhaben im Justizbereich
wie die Verbesserung des EU-Rechtsrahmens im Bereich
der Bekämpfung von Schlepperkriminalität und der
Umweltkriminalität. Nach Angaben von Interpol und des Umweltprogrammes der
Vereinten
Nationen steht Umweltkriminalität nach dem Drogenhandel, dem Menschenhandel
und Fälschung weltweit bereits an vierter Stelle. Umweltkriminalität nimmt
jährlich um 5 bis 7 Prozent zu.
Menschenhandel ist wie gerade
erwähnt das zweitgrößte Problem weltweit. Ein weiteres
wichtiges Vorhaben ist daher auch auf europäischer Ebene die
Revision der Richtlinie zur Verhütung und Bekämpfung des
Menschenhandels mit speziellem Fokus auf Kinderhandel. Ich finde, dieses Thema
ist eine
der schrecklichsten Realitäten unserer Welt. Der Menschenhandel,
insbesondere der Handel mit unschuldigen Kindern, ist eine Tragödie, die
sich überall
auf der Welt – leider auch bei uns in Europa –
abspielt. (Ruf bei der FPÖ: Ja, warum wohl?!)
Ich habe das beispielsweise
erfahren können oder auch erfahren müssen,
als ich als Bundesratspräsidentin in Polen an der Grenze zur Ukraine
war. Da waren sehr viele ukrainische Flüchtlingslager und man hat uns von
so
vielen Kindern berichtet, die verschwunden sind, Frauen, die verschwunden sind –
nicht mehr auffindbar –, Menschen, die man verschleppt hat. Irgendwo
landen Sie dann wieder oder auch nicht mehr, man weiß es nicht.
Das ist aber bei uns, das ist mitten in Europa.
Kinderhandel ist ein Verbrechen
gegen die Menschlichkeit. Es raubt Kindern ihre Unschuld, ihre Kindheit und
ihre Zukunft. Es zerreißt Familien, zerstört
Träume und hinterlässt tiefe Narben in den Herzen und Seelen der
Opfer. Kinder sind die Zukunft unserer Welt. Sie verdienen es, beschützt,
geliebt und gefördert zu werden. Wir dürfen nicht zulassen,
dass ihre unschuldigen Seelen von der Gier und Grausamkeit – anders
kann ich es nicht nennen – einiger
weniger zerstört werden. (Beifall bei den Grünen sowie bei
Bundesrät:innen von ÖVP und SPÖ.)
Es ist daher sehr wichtig, dass europaweit gegen den Menschenhandel, vor allem auch gegen den Kinderhandel, weitere Maßnahmen erlassen werden.
Abschließend möchte ich betonen, dass sich
Österreich für eine starke und effektive Zusammenarbeit auf
europäischer Ebene einsetzt. Es ist wichtig, dass sich Österreich
einbringt und sich dafür einsetzt, die Rechtsstaatlichkeit,
die Demokratie und die Grundrechte in der Europäischen Union zu
stärken. Ich bitte Sie daher, den gegenständlichen Bericht zur
Kenntnis zu nehmen. –
Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen
und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)
23.33
Präsidentin Margit Göll: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Elisabeth Grossmann. Ich erteile ihr dieses.
Bundesrätin
Mag. Elisabeth Grossmann (SPÖ, Steiermark): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Meine
sehr geehrten Damen und
Herren! Meine Fraktion nimmt den Bericht zur Kenntnis, und damit wünsche
ich Ihnen einen schönen Abend und eine gute Heimreise. (Beifall bei
SPÖ,
ÖVP und Grünen.)
23.33
Präsidentin Margit Göll: Zu Wort gelangt nun Bundesministerin Dr. Alma Zadić. – Bitte.
Bundesministerin für Justiz Dr. Alma
Zadić, LL.M.: Frau
Präsidentin! Geschätzte Mitglieder des Bundesrates! Da ich jetzt die
letzte Rednerin bin, die
Sie vom Ende dieser Sitzung trennt, werde ich mich wirklich sehr kurz fassen.
Das Arbeitsprogramm der
Europäischen Kommission ist wirklich sehr
umfassend. Es werden einige wichtige Dossiers finalisiert, ein paar weitere
werden weiter ausgearbeitet, die wichtigsten wurden schon genannt
und erwähnt: Der Kampf gegen Kinderhandel und auch sexuellen Missbrauch
von Kindern ist ein wichtiger Kampf, den wir weiterführen werden.
Einen zweiten Punkt möchte
ich nennen – und das ist ein großer Erfolg –: Das
ist das Lieferkettengesetz. Wir haben jahrelang dafür gekämpft und es
gibt
jetzt einen Kompromissvorschlag, der im Rat angenommen wurde (Ruf
bei der SPÖ: Ja, aber die Umsetzung!), der jetzt endlich da
ist, und den gilt es
dann auch umzusetzen.
Vieles wurde schon genannt. Ich werde Sie nicht weiter mit
dem Rest beschäftigen. Ich wünsche Ihnen allen noch einen
schönen Abend und hoffe, der Bericht stößt auf Zustimmung. –
Danke schön. (Beifall bei den Grünen sowie
bei Bundesrät:innen von ÖVP und SPÖ.)
23.35
Präsidentin Margit Göll: Vielen Dank, Frau Ministerin.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.
Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist somit geschlossen.
Wir gelangen zur Abstimmung. – Bitte nehmen Sie Ihre Plätze ein.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, den gegenständlichen Bericht zur Kenntnis zu nehmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.
Die Tagesordnung ist erschöpft.
Präsidentin Margit Göll: Ich gebe noch bekannt, dass seit der letzten beziehungsweise in der heutigen Sitzung insgesamt acht Anfragen eingebracht wurden.
*****
Die Einberufung zur nächsten
Sitzung des Bundesrates wird auf schriftlichem Wege erfolgen. Als
Sitzungstermin wird Mittwoch, der 24. April 2024,
9 Uhr, in Aussicht genommen.
Für die Tagesordnung dieser
Sitzung kommen insbesondere jene Beschlüsse in Betracht, die der
Nationalrat bis dahin verabschiedet haben wird, soweit
diese dem Einspruchsrecht beziehungsweise dem Zustimmungsrecht
des Bundesrates unterliegen.
Die Ausschussvorberatungen sind für Montag, 22. April 2024, 14 Uhr, vorgesehen.
Ich wünsche Ihnen allen einen schönen Abend, und kommen Sie gut nach Hause!
Die Sitzung ist geschlossen.
Schluss der Sitzung: 23.36 Uhr
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