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Plenarsitzung

des Bundesrates

Stenographisches Protokoll

 

965. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

Freitag, 5. April 2024

 

 

 

 

Bundesratssaal


Stenographisches Protokoll

965. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

Freitag, 5. April 2024

Dauer der Sitzung

Freitag, 5. April 2024: 2023: 9.00 – 23.36 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Gerichtsgebührengesetz geändert wird

2. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Lebenshaltungs- und Wohnkosten-Ausgleichs-Gesetz geändert wird

3. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Förderung von Maßnahmen in den Bereichen der Wasserwirtschaft, der Umwelt, der Altlastensanierung, des Flächenrecyclings, der Biodiversität und der Kreis­laufwirtschaft und zum Schutz der Umwelt im Ausland sowie über
das österreichische JI/CDM-Programm für den Klimaschutz (Umweltförderungs­gesetz – UFG) geändert wird

4. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Finanzausgleichsgesetz 2024 geän­dert wird

5. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988 geändert wird


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 2

6. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Anerkennung des Österreichischen Roten Kreuzes und den Schutz des Zeichens des Roten Kreuzes (Rotkreuzgesetz – RKG) geändert wird

7. Punkt: Bericht betreffend EU-Jahresvorschau 2024

8. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über einen Energiekostenzu­schuss für Unternehmen (Unternehmens-Energiekostenzuschussgesetz –
UEZG) geändert wird

9. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz ge­ändert wird

10. Punkt: Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich
und der Regierung der Bundesrepublik Deutschland über die Zusammenarbeit gegen nichtmilitärische Bedrohungen aus der Luft

11. Punkt: Bericht betreffend Jahresvorschau 2024 auf der Grundlage
des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Europäischen Kommission und des Programmes des Rates

12. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz
geändert wird

13. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Energieeffizienzgesetz geändert wird

14. Punkt: Protokoll zu dem Übereinkommen von 1979 über weiträumige grenzüberschreitende Luftverunreinigung betreffend die Verringerung von Ver­sauerung, Eutrophierung und bodennahem Ozon

15. Punkt: Entscheidung 2012/2 zur Änderung des Wortlauts und der Anhänge II bis IX des Protokolls von 1999 betreffend die Verringerung von Ver­sauerung, Eutrophierung und bodennahem Ozon und Aufnahme der neuen Anhänge X und XI


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 3

16. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Altlastensanierungsgesetz, das Umweltförderungsgesetz und das Umweltkontrollgesetz geändert werden (ALSAG-Novelle 2024)

17. Punkt: Bericht betreffend EU-Jahresvorschau 2024 auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Kommission sowie des operativen Jahresprogrammes des Rates

18. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Luftfahrtgesetz geändert wird

19. Punkt: Änderungen des Übereinkommens über den internationalen Eisen­bahnverkehr (COTIF) und der Anhänge E (CUI) und G (ATMF) sowie
die Einfügung des neuen Anhangs H (EST) zum Übereinkommen

20. Punkt: Bundesgesetz über die betriebliche Berufsausbildung in der Land- und Forstwirtschaft (Land- und forstwirtschaftliches Berufsausbildungs­gesetz 2024 – LFBAG 2024)

21. Punkt: Protokoll zur Änderung des Gründungsübereinkommens der Interna­tionalen Organisation für Rebe und Wein vom 3. April 2001 in Bezug auf
den Sitz der OIV

22. Punkt: Bericht betreffend EU-Jahresvorschau 2024 gemäß Artikel 23f Ab­satz 2 B-VG iVm § 7 EU-InfoG, auf der Grundlage des Arbeitsprogramms
der Europäischen Kommission für 2024 und zum 18-Monatsprogramm des Ra­tes für 2023/2024

23. Punkt: Bundesgesetz über das Institute of Digital Sciences Austria (Interdisciplinary Transformation University)

24. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Denkmalschutzgesetz geändert wird

25. Punkt: Bericht betreffend EU-Jahresvorschau 2024


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 4

26. Punkt: Bundesgesetz, mit dem zur Lösung haftungsrechtlicher Fragen
bei Bäumen das allgemeine bürgerliche Gesetzbuch geändert wird (Haftungsrechts-Änderungsgesetz 2024 – HaftRÄG 2024)

27. Punkt: Bundesgesetz, mit dem die Strafprozeßordnung 1975, das Jugend­gerichtsgesetz 1988, das Finanzstrafgesetz und das Verwaltungsstraf­gesetz 1991 geändert werden

28. Punkt: Bericht betreffend Jahresvorschau des BMJ auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Europäischen Kommission für 2024 sowie des Achtzehnmonatsprogramms des spanischen, belgischen und ungari­schen Ratsvorsitzes

*****

Inhalt

Bundesrat

Trauerkundgebung anlässlich des Ablebens des ehemaligen Bundesrats­präsidenten Ing. Gerd Klamt ............................................................................................................................. 23

Schreiben des Generalsekretärs für auswärtige Angelegenheiten im Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten gemäß Art. 50 Abs. 5 B-VG betreffend Erteilung der Vollmacht zur Aufnahme von Verhandlungen über ein Abkommen über soziale Sicherheit zwischen der Republik Österreich und der Republik Kosovo durch
den Bundespräsidenten .............................................................................................. 84

Verlangen auf Durchführung einer namentlichen
Abstimmung ..........................................................................  316, 319, 322, 406, 461

Unterbrechung der Sitzung ..................................................  317, 320, 323, 407, 461

Personalien


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 5

Verhinderung ............................................................................................................... 23

Fragestunde (176.)

Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz ........................................ 24

Claudia Hauschildt-Buschberger (1962/M-BR/2024); Günther Ruprecht, Dominik Reisinger, Mag. Isabella Theuermann, MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky

Heike Eder, BSc MBA (1958/M-BR/2024), Doris Hahn, MEd MA, Chris­toph Steiner, Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross

Korinna Schumann (1955/M-BR/2024); Elisabeth Wolff, BA, Christoph Steiner, Simone Jagl

Andrea Michaela Schartel (1953/M-BR/2024); Sandra Lassnig, Michael Wanner, Marco Schreuder

Ferdinand Tiefnig (1959/M-BR/2024); Mag. Bettina Lancaster, Günter Pröller, Claudia Hauschildt-Buschberger

Elisabeth Grimling (1956/M-BR/2024); Barbara Prügl, Klemens Kofler, MMag. Elisabeth Kittl, BA

Christoph Steiner (1954/M-BR/2024); Sandra Böhmwalder, Mag.a Claudia Arpa, Marco Schreuder

Bernadette Geieregger, BA (1960/M-BR/2024); Horst Schachner, Markus Leinfellner, Simone Jagl

Günter Kovacs (1957/M-BR/2024); Klara Neurauter, Andreas Arthur Spanring, MMag. Elisabeth Kittl, BA

Johanna Miesenberger (1961/M-BR/2024); Stefan Schennach, Markus Steinmaurer, Dipl.-Ing. Dr. Maria Huber


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 6

Bundesregierung

Schreiben des Bundeskanzlers Karl Nehammer, MSc betreffend Amtsent­hebung des Herrn Staatssekretärs Florian Tursky, MSc, MBA durch
den Bundespräsidenten .............................................................................................. 80

Schreiben des Bundeskanzleramtes betreffend Aufenthalt von Mitgliedern der Bundesregierung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäi­schen Union ..............................  81, 82

Vertretungsschreiben ................................................................................................. 83

Nationalrat

Beschlüsse und Gesetzesbeschlüsse ........................................................................ 88

Ausschüsse

Zuweisungen ................................................................................................................ 76

Dringliche Anfrage

der Bundesrät:innen Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumen­tenschutz betreffend „Pensionen in Gefahr? Entkräften Sie diesen Mythos, Herr Minister!“ (4173/J-BR/2024) .................... 256

Begründung: Korinna Schumann ............................................................................. 257

Bundesminister Johannes Rauch ............................................................................... 267

Debatte:

Dr. Manfred Mertel .................................................................................................... 277

Dr. Andrea Eder-Gitschthaler .................................................................................... 281

Andrea Michaela Schartel .......................................................................................... 288

Marco Schreuder ........................................................................................................ 291


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 7

MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky .......................................................................... 299

Horst Schachner ......................................................................................................... 302

Mag. Franz Ebner ....................................................................................................... 306

Günter Kovacs ............................................................................................................ 310

Korinna Schumann ..................................................................................................... 313

Entschließungsantrag der Bundesrät:innen Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Abschaffung der ungerechten Aliquotie­rung der ersten Pensionsanpassung“ – Ablehnung (namentliche Abstim­mung) ........................................................  280, 316

Verzeichnis des Ergebnisses der namentlichen Abstimmung ............................. 318

Entschließungsantrag der Bundesrät:innen Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Einführung einer Schutzklausel bei der Aufwertung der Pensionskontogutschriften“ – Ablehnung (namentliche Abstimmung) ...  305, 319

Verzeichnis des Ergebnisses der namentlichen Abstimmung ............................. 321

Entschließungsantrag der Bundesrät:innen Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Sicherung des Pensionssystems“ –
Ablehnung (namentliche Abstimmung) ........................................................  315, 322

Verzeichnis des Ergebnisses der namentlichen Abstimmung ............................. 323

Verhandlungen

Gemeinsame Beratung über

1. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 20. März 2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gerichtsgebührengesetz geändert wird (3948/A und 2497 d.B. sowie 11446/BR d.B.) ........................................................................................................................................ 88

Berichterstatterin: Dipl.-Ing. Dr. Maria Huber .......................................................... 89


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 8

2. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 20. März 2024 betreffend
ein Bundesgesetz, mit dem das Lebenshaltungs- und Wohnkosten-Ausgleichs-Gesetz geändert wird (3946/A und 2498 d.B.
sowie 11447/BR d.B.) ................................................................................................. 88

Berichterstatterin: Dipl.-Ing. Dr. Maria Huber .......................................................... 89

3. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 20. März 2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Förderung von Maßnahmen in den Bereichen der Wasserwirtschaft, der Umwelt, der Alt­lastensanierung, des Flächenrecyclings, der Biodiversität und der Kreislaufwirtschaft und zum Schutz der Umwelt im Ausland sowie über das österreichische JI/CDM-Programm für den Klimaschutz (Umwelt­förderungsgesetz – UFG) geändert wird (3950/A und 2499 d.B. sowie 11442/BR d.B. und 11448/BR d.B.) 89

Berichterstatterin: Dipl.-Ing. Dr. Maria Huber .......................................................... 89

Redner:innen:

Mag. Sascha Obrecht ................................................................................................... 90

Christoph Stillebacher .................................................................................................. 94

Michael Bernard ........................................................................................................... 98

Marco Schreuder ........................................................................................................ 105

Bundesminister Johannes Rauch ............................................................................... 109

Markus Leinfellner ...................................................................................................... 113

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 1, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................... 115

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 2, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................... 116

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 3, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................... 116


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 9

Gemeinsame Beratung über

4. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 20. März 2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Finanzausgleichsgesetz 2024 geändert
wird (3945/A und 2494 d.B. sowie 11441/BR d.B. und 11449/BR d.B.) ......... 116

Berichterstatter: Ernest Schwindsackl ..................................................................... 117

5. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 20. März 2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988 geändert
wird (3949/A und 2496 d.B. sowie 11450/BR d.B.) ............................................ 116

Berichterstatter: Ernest Schwindsackl ..................................................................... 117

Redner:innen:

MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky .......................................................................... 118

Bernadette Geieregger, BA ........................................................................................ 121

Günter Kovacs ............................................................................................................ 126

Markus Steinmaurer ................................................................................................... 130

MMag. Elisabeth Kittl, BA ......................................................................................... 136

Barbara Prügl .............................................................................................................. 139

Mag. Bettina Lancaster .............................................................................................. 141

Bundesminister Dr. Magnus Brunner, LL.M. ............................................................. 143

Entschließungsantrag der Bundesrät:innen Günter Kovacs, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Das Wohnpaket der Regierung senkt keinen
einzigen Preis – Österreich braucht ein Sofortpaket für leist­bares Wohnen“ – Ablehnung              129, 149

Entschließungsantrag der Bundesrät:innen Markus Steinmaurer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Auch der Bund muss liefern – Schaffung leistbaren Wohnraums durch die ARE“ – Ablehnung ........................................................................................................  135, 150


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 10

Entschließungsantrag der Bundesrät:innen Mag. Bettina Lancaster, Kollegin­nen und Kollegen betreffend „Gemeindepaket für 2024 und 2025“ – Ablehnung ...............  142, 150

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 4, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .......................................................... 149

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 5, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .......................................................... 150

6. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 20. März 2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Anerkennung
des Österreichischen Roten Kreuzes und den Schutz des Zeichens des Roten Kreuzes (Rotkreuzgesetz – RKG) geändert wird (3953/A
und 2500 d.B. sowie 11451/BR d.B.) ..................................................................... 150

Berichterstatter: Ernest Schwindsackl ..................................................................... 151

Redner:innen:

Barbara Prügl .............................................................................................................. 151

Horst Schachner ......................................................................................................... 153

Bundesminister Dr. Magnus Brunner, LL.M. ............................................................. 154

Günter Pröller ............................................................................................................. 156

Claudia Hauschildt-Buschberger ............................................................................... 157

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .......................................................... 158

7. Punkt: Bericht des Bundesministers für Finanzen betreffend EU-Jah­resvorschau 2024 (III-843-BR/2024 d.B. sowie 11452/BR d.B.) ............................................................. 159

Berichterstatterin: Bernadette Geieregger, BA ....................................................... 159

Redner:innen:

Mag. Sascha Obrecht ................................................................................................. 159


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 11

Christoph Stillebacher ................................................................................................ 162

Andrea Michaela Schartel .......................................................................................... 165

Dipl.-Ing. Dr. Maria Huber ......................................................................................... 166

Bernadette Geieregger, BA ........................................................................................ 169

Bundesminister Dr. Magnus Brunner, LL.M. ............................................................. 169

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, den Bericht III-843-BR/2024 d.B zur Kenntnis zu nehmen ....................................................................................................................... 177

Gemeinsame Beratung über

8. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 20. März 2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über einen Energiekosten­zuschuss für Unternehmen (Unternehmens-Energiekostenzuschussgesetz – UEZG) geändert wird (3538/A und 2471 d.B. sowie 11464/BR d.B.) .......................................................................................................... 177

Berichterstatterin: Bernadette Geieregger, BA ....................................................... 178

9. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 20. März 2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz geändert wird (2472 d.B. sowie 11465/BR d.B.) .......................................................................................................... 178

Berichterstatterin: Bernadette Geieregger, BA ....................................................... 178

Redner:innen:

Christian Fischer ......................................................................................................... 179

Dipl.-Ing. Dr. Maria Huber ......................................................................................... 182

Michael Bernard ......................................................................................................... 184

Mag. Christian Buchmann ......................................................................................... 188

Klemens Kofler ............................................................................................................ 190

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 8, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................... 191


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 12

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 9, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................... 192

10. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 21. März 2024 betreffend ein Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und
der Regierung der Bundesrepublik Deutschland über die Zusammenarbeit gegen nichtmilitärische Bedrohungen aus der Luft (2286 d.B.
und 2483 d.B. sowie 11472/BR d.B.) ..................................................................... 192

Berichterstatterin: Sandra Lassnig ........................................................................... 192

Redner:innen:

Matthias Zauner ......................................................................................................... 193

Daniel Schmid ............................................................................................................. 195

Markus Leinfellner ...................................................................................................... 195

MMag. Elisabeth Kittl, BA ......................................................................................... 196

MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky .......................................................................... 197

Bundesministerin Mag. Klaudia Tanner ................................................................... 199

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .......................................................... 201

11. Punkt: Bericht der Bundesministerin für Landesverteidigung betreffend Jahresvorschau 2024 auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeits­programms der Europäischen Kommission und des Programmes des Rates (III-836-BR/2024 d.B. sowie 11473/BR d.B.)         201

Berichterstatterin: Sandra Lassnig ........................................................................... 202

Redner:innen:

Markus Leinfellner ...................................................................................................... 202

Bundesministerin Mag. Klaudia Tanner .........................................................  205, 216

Philipp Kohl ................................................................................................................. 206

Michael Wanner ......................................................................................................... 209


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 13

MMag. Elisabeth Kittl, BA ......................................................................................... 212

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, den Bericht III-836-BR/2024 d.B zur Kenntnis zu nehmen ....................................................................................................................... 218

Gemeinsame Beratung über

12. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 21. März 2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz geändert
wird (3952/A und 2468 d.B. sowie 11443/BR d.B. und 11466/BR d.B.) ......... 219

Berichterstatterin: Dipl.-Ing. Dr. Maria Huber ........................................................ 219

13. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 21. März 2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Energieeffizienzgesetz geändert
wird (3951/A und 2469 d.B. sowie 11467/BR d.B.) ............................................ 219

Berichterstatterin: Dipl.-Ing. Dr. Maria Huber ........................................................ 219

Redner:innen:

Mag. Sandra Gerdenitsch .......................................................................................... 220

Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross ............................................................................................... 221

Bundesministerin Leonore Gewessler, BA ................................................................ 226

Markus Steinmaurer ................................................................................................... 229

Ing. Isabella Kaltenegger ............................................................................................ 230

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 12, gegen den vor­liegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................... 232

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 13, gegen den vor­liegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................... 232

Gemeinsame Beratung über

14. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 21. März 2024 betreffend ein Protokoll zu dem Übereinkommen von 1979 über weiträumige grenz­überschreitende Luftverunreinigung betreffend die Verringerung


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 14

von Versauerung, Eutrophierung und bodennahem Ozon (2464 d.B. und 2477 d.B. sowie 11457/BR d.B.) .......................................................................................................... 232

Berichterstatter: Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross ................................................................. 233

15. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 21. März 2024 betreffend eine Entscheidung 2012/2 zur Änderung des Wortlauts und der Anhänge II
bis IX des Protokolls von 1999 betreffend die Verringerung von Versaue­rung, Eutrophierung und bodennahem Ozon und Aufnahme der
neuen Anhänge X und XI (2465 d.B. und 2478 d.B. sowie 11458/BR d.B.)        233

Berichterstatter: Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross ................................................................. 233

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 14, 1. gegen
den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erhe­ben, 2. dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen und 3. gegen
den vorliegenden Beschluss des Nationalrates, gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 4 B-VG den gegenständlichen Staatsvertrag durch Erlassung von Gesetzen
zu erfüllen, keinen Einspruch zu erheben .............................................................. 234

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 15, 1. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu
erheben, 2. dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen
und 3. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates, gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 4 B-VG den gegenständlichen Staatsvertrag durch Erlassung
von Gesetzen zu erfüllen, keinen Einspruch zu erheben ..................................... 235

16. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 21. März 2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Altlastensanierungsgesetz, das Umwelt­förderungsgesetz und das Umweltkontrollgesetz geändert werden (ALSAG-Novelle 2024) (2432 d.B. und 2479 d.B. sowie 11459/BR d.B.) .......................................................................................................... 237

Berichterstatter: Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross ................................................................. 237


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 15

Redner:innen:

Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross ............................................................................................... 237

Johanna Miesenberger ............................................................................................... 240

Bundesministerin Leonore Gewessler, BA ................................................................ 243

Mag. Bettina Lancaster .............................................................................................. 245

Michael Bernard ......................................................................................................... 248

Christoph Steiner ........................................................................................................ 249

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .......................................................... 251

17. Punkt: Bericht der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend EU-Jahresvor­schau 2024 auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Kommission sowie des operativen Jahresprogrammes des Rates
(III-837-BR/2024 d.B. sowie 11460/BR d.B.) ....................................................... 251

Berichterstatter: Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross ................................................................. 252

Redner:innen:

Michael Bernard ...............................................................................................  252, 325

Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross ............................................................................................... 326

Markus Stotter, BA ..................................................................................................... 331

Mag. Elisabeth Grossmann ........................................................................................ 334

Annahme des Antrages des Berichterstatters, den Bericht III-837-BR/2024 d.B. zur Kenntnis zu nehmen ....................................................................................................................... 335

18. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 21. März 2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Luftfahrtgesetz geändert wird (3872/A
und 2489 d.B. sowie 11445/BR d.B. und 11468/BR d.B.) .................................. 335

Berichterstatter: Markus Stotter, BA ....................................................................... 336

Redner:innen:

Mag. Christian Buchmann ......................................................................................... 336


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 16

Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross ............................................................................................... 338

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .......................................................... 340

19. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 21. März 2024 betreffend Änderungen des Übereinkommens über den internationalen Eisen­bahnverkehr (COTIF) und der Anhänge E (CUI) und G (ATMF) sowie die Einfügung des neuen Anhangs H (EST) zum Übereinkommen
(2406 d.B. und 2490 d.B. sowie 11469/BR d.B.) .................................................. 340

Berichterstatter: Markus Stotter, BA ....................................................................... 340

Redner:innen:

Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross ............................................................................................... 341

Silvester Gfrerer .......................................................................................................... 343

Daniel Schmid ............................................................................................................. 345

Michael Bernard ......................................................................................................... 349

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .......................................................... 350

20. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 20. März 2024 betreffend ein Bundesgesetz über die betriebliche Berufsausbildung in der Land-
und Forstwirtschaft (Land- und forstwirtschaftliches Berufsausbildungs­gesetz 2024 – LFBAG 2024) (2446 d.B. und 2491 d.B. sowie 11453/BR d.B.) ......................... 350

Berichterstatterin: Johanna Miesenberger .............................................................. 350

Redner:innen:

Markus Steinmaurer ................................................................................................... 351

Silvester Gfrerer .......................................................................................................... 352

Mag.a Claudia Arpa .................................................................................................... 354

Simone Jagl ................................................................................................................. 356


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 17

Bundesminister Mag. Norbert Totschnig, MSc ........................................................ 357

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, 1. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben
und 2. dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Art. 44
Abs. 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen ............................ 360

21. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 20. März 2024 betreffend ein Protokoll zur Änderung des Gründungsübereinkommens der Inter­nationalen Organisation für Rebe und Wein vom 3. April 2001 in Bezug auf den Sitz der OIV (2434 d.B. und 2492 d.B. sowie 11454/BR d.B.) .......................................................................................................... 361

Berichterstatterin: Johanna Miesenberger .............................................................. 361

Redner:innen:

Elisabeth Wolff, BA .................................................................................................... 362

Dominik Reisinger........................................................................................................ 363

Bundesminister Mag. Norbert Totschnig, MSc ........................................................ 364

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .......................................................... 365

22. Punkt: Bericht des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Re­gionen und Wasserwirtschaft betreffend EU-Jahresvorschau 2024
gemäß Artikel 23f Absatz 2 B-VG iVm § 7 EU-InfoG, auf der Grundlage des Arbeitsprogramms der Europäischen Kommission für 2024 und
zum 18-Monatsprogramm des Rates für 2023/2024 (III-845-BR/2024 d.B. sowie 11455/BR d.B.) .......................................................................................................... 365

Berichterstatterin: Johanna Miesenberger .............................................................. 366

Redner:innen:

Mag.a Claudia Arpa .................................................................................................... 366

Ferdinand Tiefnig ....................................................................................................... 370

Michael Bernard ......................................................................................................... 373


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 18

Simone Jagl ................................................................................................................. 378

Bundesminister Mag. Norbert Totschnig, MSc ........................................................ 381

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, den Bericht III-845-BR/2024 d.B. zur Kenntnis zu nehmen ....................................................................................................................... 386

23. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 20. März 2024 betreffend ein Bundesgesetz über das Institute of Digital Sciences Austria (Interdisciplinary Transformation University) (2461 d.B. und 2493 d.B. sowie 11456/BR d.B.) ..................................................................... 387

Berichterstatterin: Barbara Prügl ............................................................................. 387

Redner:innen:

Doris Hahn, MEd MA ................................................................................................. 388

Mag. Franz Ebner ....................................................................................................... 392

Mag. Isabella Theuermann ........................................................................................ 395

Dipl.-Ing. Dr. Maria Huber ......................................................................................... 398

Bundesminister Dr. Martin Polaschek ...................................................................... 399

MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky .......................................................................... 401

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben (namentliche Abstimmung) .......... 406

Verzeichnis des Ergebnisses der namentlichen Abstimmung ............................. 407

24. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 20. März 2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Denkmalschutzgesetz geändert
wird (2463 d.B. und 2484 d.B. sowie 11440/BR d.B. und 11470/BR d.B.)         409

Berichterstatter: Marco Schreuder .......................................................................... 409

Redner:innen:


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 19

Elisabeth Grimling ...................................................................................................... 410

Marco Schreuder ........................................................................................................ 412

Klara Neurauter .......................................................................................................... 414

Staatssekretärin Mag. Andrea Mayer ....................................................................... 417

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .......................................................... 419

25. Punkt: Bericht des Bundesministers für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend EU-Jahresvorschau 2024
(III-840-BR/2024 d.B. sowie 11471/BR d.B.) ....................................................... 419

Berichterstatter: Marco Schreuder .......................................................................... 419

Redner:innen:

Marco Schreuder ........................................................................................................ 420

Mag. Bernhard Ruf .................................................................................................. .. 422

Michael Wanner ......................................................................................................... 426

Günter Pröller ............................................................................................................. 426

Staatssekretärin Mag. Andrea Mayer........................................................................ 428

Andreas Arthur Spanring ........................................................................................... 429

Annahme des Antrages des Berichterstatters, den Bericht III-840-BR/2024 d.B. zur Kenntnis zu nehmen ....................................................................................................................... 430

26. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 21. März 2024 betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem zur Lösung haftungsrechtlicher Fragen bei Bäumen das allgemeine bürgerliche Gesetzbuch geändert wird (Haftungsrechts-Änderungsgesetz 2024 – HaftRÄG 2024) (2462 d.B. und 2481 d.B. sowie 11461/BR d.B.) ............................................................................. 430

Berichterstatter: Christoph Stillebacher .................................................................. 431

Redner:innen:


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 20

MMag. Elisabeth Kittl, BA ......................................................................................... 431

Viktoria Hutter ........................................................................................................... 434

Dr. Manfred Mertel .................................................................................................... 436

Andreas Arthur Spanring ........................................................................................... 436

MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky .......................................................................... 438

Bundesministerin Dr. Alma Zadić, LL.M. ................................................................... 439

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .......................................................... 441

27. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 21. März 2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Strafprozeßordnung 1975, das Jugend­gerichtsgesetz 1988, das Finanzstrafgesetz und das Verwaltungsstrafge­setz 1991 geändert werden (3822/A und 2482 d.B. sowie
11444/BR d.B. und 11462/BR d.B.) ....................................................................... 441

Berichterstatter: Christoph Stillebacher .................................................................. 442

Redner:innen:

Claudia Hauschildt-Buschberger ............................................................................... 442

Mag. Christine Schwarz-Fuchs .................................................................................. 443

Mag. Elisabeth Grossmann ........................................................................................ 447

Andreas Arthur Spanring ........................................................................................... 449

Mag. Harald Himmer ........................................................................................  455, 460

Christoph Steiner ........................................................................................................ 457

Entschließungsantrag der Bundesrät:innen Andreas Arthur Spanring, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend „Herabsetzung der Strafmündig­keit“ – Ablehnung (namentliche Abstimmung)              450, 460

Verzeichnis des Ergebnisses der namentlichen Abstimmung ............................. 462

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .......................................................... 460


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 21

28. Punkt: Bericht der Bundesministerin für Justiz betreffend Jahresvor­schau des BMJ auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitspro­gramms der Europäischen Kommission für 2024 sowie des Achtzehn­monatsprogramms des spanischen, belgischen und ungarischen Ratsvorsitzes (III-834-BR/2024 d.B. sowie 11463/BR d.B.) ............................................................. 463

Berichterstatter: Christoph Stillebacher .................................................................. 464

Redner:innen:

Andreas Arthur Spanring ........................................................................................... 464

Claudia Hauschildt-Buschberger ............................................................................... 467

Mag. Christine Schwarz-Fuchs .................................................................................. 470

Mag. Elisabeth Grossmann ........................................................................................ 473

Bundesministerin Dr. Alma Zadić, LL.M. ................................................................... 474

Annahme des Antrages des Berichterstatters, den Bericht III-834-BR/2024 d.B. zur Kenntnis zu nehmen ....................................................................................................................... 474

Eingebracht wurden

Anfragen der Bundesrät:innen

Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Wieso haben Jugendliche in anderen Bildungsmaßnahmen als Schule und
Lehre keinen Anspruch auf das Jugendticket? (4167/J-BR/2024)

Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien betreffend Wieso haben Jugendliche in anderen Bildungsmaßnahmen als Schule und Lehre keinen Anspruch auf
das Jugendticket? (4168/J-BR/2024)

Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Wieso haben


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 22

Jugendliche in anderen Bildungsmaßnahmen als Schule und Lehre keinen Anspruch auf das Jugendticket? (4169/J-BR/2024)

Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für So­ziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend die
Finanzierung von Männerberatung im Kontext von Gewaltprävention
(4170/J-BR/2024)

Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien betreffend die Finanzierung
von Männerberatung im Kontext von Gewaltprävention (4171/J-BR/2024)

Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend die Finanzierung von Männerberatung im Kontext von Gewalt­prävention (4172/J-BR/2024)

Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Pensionen in Gefahr? Entkräften Sie diesen Mythos, Herr Minister! (4173/J-BR/2024)

Christian Fischer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Auszahlung des Energiekostenzuschuss II an
Klein- und Mittelunternehmen (4174/J-BR/2024)

Anfragebeantwortungen

der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Bundesrät:innen Markus Leinfellner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Auflassung der GKB-Haltestelle Alling-Tobisegg (3838/AB-BR/2024 zu 4144/J-BR/2024)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Bundesrät:innen Markus Leinfellner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Personalengpass bei
steirischer Exekutive (3839/AB-BR/2024 zu 4145/J-BR/2024)

des Bundesministers für Arbeit und Wirtschaft auf die Anfrage der Bundesrät:in­nen Mag. Sascha Obrecht, Kolleginnen und Kollegen betreffend
Bundeskanzler-G’schichtl zur Diskreditierung des Arbeitnehmer:innenschutzes (3840/AB-BR/2024 zu 4143/J-BR/2024)

des Bundesministers für Arbeit und Wirtschaft auf die Anfrage der Bundesrät:innen Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen betreffend Durchlässigkeit des Bildungssystems für Lehrabsolvent*innen
(3841/AB-BR/2024 zu 4147/J-BR/2024)


 


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 23

09.00.11Beginn der Sitzung: 9 Uhr

Vorsitzende: Präsidentin Margit Göll, Vizepräsident Dominik Reisinger, Vizepräsi­dent Mag. Franz Ebner.

09.00.12*****


Präsidentin Margit Göll: Einen wunderschönen guten Morgen! Ich eröffne
die 965. Sitzung des Bundesrates.

Das Amtliche Protokoll der 964. Sitzung des Bundesrates vom 14. März 2024 ist aufgelegen und wurde nicht beanstandet.

Als verhindert gemeldet ist Frau Bundesrätin Marlies Doppler.

09.00.42Trauerkundgebung anlässlich des Ablebens des ehemaligen Bundesratspräsidenten Gerd Klamt


Präsidentin Margit Göll: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vor wenigen Tagen hat uns die traurige Nachricht erreicht, dass der ehemalige Präsident
des Bundesrates Ing. Gerd Klamt verstorben ist.

Der österreichische Bundesrat verliert mit dem ehemaligen Präsidenten Ing. Gerd Klamt einen über alle Parteigrenzen hinweg geachteten Politiker, dem sein Einsatz für sein Heimatbundesland Kärnten stets ein besonderes
Anliegen war.

Der österreichische Bundesrat dankt, der österreichische Bundesrat gedenkt seiner.

Ich darf Sie daher bitten, sich im stillen Gedenken zu einer Trauerminute von den Sitzen zu erheben. (Die Anwesenden erheben sich von ihren Sitzplätzen und verharren einige Zeit in stiller Trauer.) – Ich danke Ihnen. (Die Anwesenden nehmen ihre Sitzplätze wieder ein.)


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 24

09.01.45Fragestunde


Präsidentin Margit Göll: Wir gelangen nun zur Fragestunde.

Ich darf Herrn Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsu­mentenschutz Johannes Rauch sehr herzlich bei uns im Bundesrat
begrüßen. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen sowie des Bundesrates Arlamovsky.)

Bevor ich jetzt, um 9.02 Uhr, mit dem Aufruf der Anfragen beginne, weise
ich darauf hin, dass ich die Fragestunde im Einvernehmen mit den beiden Vize­präsidenten, um die Behandlung aller mündlichen Anfragen zu ermögli­chen, auf bis zu 120 Minuten erstrecken werde.

Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz


Präsidentin Margit Göll: Wir kommen nun zur 1. Anfrage, 1962/M-BR/2024, an den Herrn Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumen­tenschutz.

Ich bitte die Anfragestellerin, Frau Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger, um die Verlesung der Anfrage. – Bitte.


09.02.51

Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger (Grüne, Oberösterreich): Guten Morgen, sehr geehrter Herr Minister! Meine Frage:

1962/M-BR/2024

„Was tun Sie für den Kampf gegen die 2-Klassen-Medizin?“


Präsidentin Margit Göll: Herr Bundesminister, bitte.


Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Schönen guten Morgen! Frau Präsidentin! Geschätzte Bundesrätinnen und Bundesräte! Wir haben im Bereich der Zweiklassenmedizin im Zuge des Finanzausgleichs – das haben wir in diesem Haus auch


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 25

schon diskutiert – eine weitreichende Übereinkunft getroffen, um die Situation zu verbessern.

Unzweifelhaft ist es so, dass wir in Österreich im Gesundheitssystem eine – wie soll ich es nennen? –Fehlallokation haben. Es gibt im niedergelassenen fachärztlichen und kassenärztlichen Bereich vor allem eine Mangelerscheinung. Wir haben jetzt im Zuge des Finanzausgleichs zwischen Bund, Ländern
und Sozialversicherung die 15a-Vereinbarung eingerichtet, in der es einfach darum geht, die Leistungssituation, die Versorgungssituation zu
verbessern.

Das kann nur erreicht werden, wenn es einen niederschwelligen bedarfsgerech­ten Zugang zum Gesundheitssystem gibt, und das für alle, weil es mir ein wichtiges Anliegen ist, dass Gesundheit nicht abhängig davon sein darf, ob man in einem bestimmten Bundesland wohnt, einer bestimmten Einkommens­klasse angehört oder eben nicht.

Die jüngsten Maßnahmen, die in Wirksamkeit kommen, sind: die Schaffung von zusätzlichen 100 ärztlichen Vertragsstellen. Das läuft sehr erfreulich, kann
ich berichten, weil es für diese 100 Stellen mehr als 400 Bewerbungen gibt. Da gibt es auch eine Kontingentierung, eine Aufteilung entsprechend dem Bevölkerungsschlüssel auf die Bundesländer, damit nicht einzelne Bundesländer bevorzugt werden. Es wird auch eine Reihung nach Bedarf geben. Also
dort, wo der fachliche Bedarf besonders groß ist, wird das natürlich vorrangig behandelt.

Wir haben auch eine Flexibilisierung bei den Einzelverträgen verhandelt. Wurde eine Stelle mindestens zweimal erfolglos ausgeschrieben, besteht zur Auf­rechterhaltung der Versorgung bis zum Abschluss eines Einzelvertrages die Möglichkeit, die Stelle für einige Stunden in der Woche zu besetzen. Das ist also eine deutliche Flexibilisierung auch in der Ausgestaltung.


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 26

Es gibt einen Startbonus für die Besetzung bestimmter Vertragsstellen für den Zeitraum vom 1. August 2023 bis zum 31. Dezember 2024 von maximal 100 000 Euro. Davon sind sowohl die seit Längerem unbesetzten Planstellen als auch die 100 zusätzlich geschaffenen Stellen umfasst.

Wir haben die klinisch-psychologische Behandlung durch Psychologinnen und Psychologen in der ärztlichen Hilfe gleichgestellt. Auch da wird die Situa­tion deutlich verbessert.

Die Abrechnung der Wahlarzthilfe ist so festgelegt, dass auch Wahlärztinnen und Wahlärzte, um eben einen Anreiz zu schaffen, nicht automatisch in
die Wahlarztpraxis zu gehen, sondern sich sozusagen die Kassenstelle auszu­suchen, künftig verpflichtet werden, sich an Elga, an das E-Card-System anzubinden. Wir gehen davon aus, dass das logischerweise dazu führen wird, dass sich die Versorgung im kassenärztlichen Bereich verbessern wird.

Der Facharzt für Allgemeinmedizin – auch unlängst im Bundesrat behandelt – ist ein weiterer Baustein, der, wie ich glaube, dazu beitragen wird, die Versor­gung insgesamt zu verbessern.

Grundsätzlich glaube ich, um es noch zu erwähnen, dass insbesondere auch – wir werden darauf vielleicht noch zu sprechen kommen – die Einrich­tung und Ausweitung der Primärversorgungseinrichtungen wesentlich dazu beitragen wird, dass sich die Versorgung verbessert. Warum ist das so? – Es gab bis vor der Novellierung des Primärversorgungsgesetzes 30 PVEs. Wir
haben dann einige Hürden abgeschafft, unter anderem die Vetomöglichkeit der Ärztekammer. Seither hat sich die Anzahl der PVEs massiv erhöht: Wir
stehen jetzt bei 60, 30 sind in der Pipeline, einige davon sind Kinder-PVEs. Die PVEs sind deshalb für die Versorgung und auch für die Verbesserung im
Hinblick auf ein Zurückdrängen der Zweiklassenmedizin so wichtig, weil damit gewährleistet ist, dass die Öffnungszeiten deutlich ausgeweitet sind. Das
heißt, ein Primärversorgungszentrum kann im Unterschied zu einer Einzelpraxis eben nicht nur durch das Angebot vieler Professionen, sondern auch durch


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 27

die Ausweitung der Öffnungszeiten ein deutlich weitreichenderes Angebot bieten: ganztägig und auch an sechs, manchmal sieben Tagen die
Woche.


Präsidentin Margit Göll: Frau Bundesrätin, wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.


Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger (Grüne, Oberösterreich): Vielen Dank zuerst einmal für die umfangreiche Beantwortung und insbeson­dere für die vielen Maßnahmen, die jetzt ergriffen worden sind, die uns da jetzt ja wirklich nach vorne bringen.

Jetzt möchte ich aber trotzdem noch ein bisschen spezifizieren: Sie
haben die 15a-Vereinbarung schon erwähnt, aber vielleicht können Sie noch
ein paar Worte zu den konkreten Mitteln, die im Kampf gegen die Zwei­klassenmedizin vorgesehen sind, sagen.


Präsidentin Margit Göll: Herr Bundesminister, bitte.


Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Wie Sie wissen, waren ja in der letzten Finanzaus­gleichsperiode zwischen Bund, Ländern und Gemeinden etwa 300 Millionen Euro als zusätzliche Mittel ohne Zweckbindung im Spiel. Jetzt sind es 1 Milliarde Euro plus zusätzlich pro Jahr für die Gesundheit und etwa zusätzlich
1 Milliarde Euro plus für die Pflege. Konkret teilt sich das so auf, dass für die Stärkung des niedergelassenen Bereichs die Sozialversicherung über­haupt erstmals in der Geschichte Steuermittel in der Höhe von 300 Millionen Euro pro Jahr bekommt, um eben die Versorgung auszuweiten. Das sind
über die Laufzeit 1,5 Milliarden Euro zur Stärkung des spitalsambu­lanten Bereichs. Für die Strukturreformen ist die Staffelung während der Laufzeit so, dass wir 2024 mit 550 Millionen Euro beginnen und sich das dann auf 656 Millionen Euro im Jahr 2028 steigert.


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 28

Zusätzlich gibt es Mittel für die Digitalisierung, Telemedizin in der Höhe von 51 Millionen Euro jährlich. Es gibt für die Gesundheitsförderung, das
ist ein Bereich, der bisher völlig unterbelichtet war, jährlich 60 Millionen Euro. Es gibt für ein nationales Impfprogramm, das wir bisher nicht hatten, jährlich 19 Millionen Euro, und es gibt zur Sicherung der Medikamentenver­sorgung 3 Millionen Euro pro Jahr. Dazu kommt, dass, wie ich gesagt habe, die 100 neuen ärztlichen Vertragsstellen dotiert und alimentiert werden.
Für den Startbonus stehen 10 Millionen Euro zur Verfügung. Für die klinisch-psychologische Behandlung leistet der Bund 2024 einen Beitrag in der Höhe von 50 Millionen Euro und 2025 einen weiteren Beitrag in Höhe von 25 Millionen Euro. (Bundesrätin Hauschildt-Buschberger: Vielen Dank, Herr Minister!)


Präsidentin Margit Göll: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Günther Ruprecht zu Wort gemeldet. – Bitte.


Bundesrat Günther Ruprecht (ÖVP, Steiermark): Schönen guten Morgen, Herr Bundesminister! Frau Präsidentin! Meine Frage geht auch in Richtung Primärversorgungseinheiten, und zwar betrifft sie die Gründung von Primärver­sorgungseinheiten. Die Ermöglichung von Kinder-PVEs ist ein guter und wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Wie stehen Sie zur Ermöglichung von PVEs auch für andere medizinische Fächer, beispielsweise innere Medizin
oder auch Gynäkologie?


Präsidentin Margit Göll: Herr Bundesminister, bitte.


Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Grundsätzlich sind wir ja auch deswegen in der Lage, mit den PVEs so voranzuschreiten, weil es dafür Fördermittel von der Euro­päischen Union gibt. Es wird im Zuge der Abrechnung dieser Fördermittel auch eine Evaluierung der PVEs geben – einmal so grundsätzlich dazu –, bei
der auch die Frage gestellt wird, wie das jetzt funktioniert. Wir haben ja jetzt schon die Möglichkeit, dass PVEs die Gynäkologie oder auch die
Interne als ergänzende Fachrichtungen mitnehmen, wenn sie entsprechende


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 29

Vertragsgestaltungen mit den Fachgesellschaften oder den Fächern oder mit konkreten Anbietern haben – das findet statt.

Es findet statt, und das finde ich auch gut, weil die PVEs eine Steuerwirkung in der Primärversorgung und eine Verlagerung von Patientinnen und Patien­ten aus den Ambulanzen hinaus in die PVEs entfachen sollen. Bereits jetzt arbei­ten Spitalsambulanzen mit PVEs zusammen und finden Zuweisungen statt,
um eben die Überlastung der Spitalsambulanzen hintanzuhalten.

Grundsätzlich: Die Gyn kann mitarbeiten, aber sie kann noch nicht gründen, das ist richtig so. Dafür bräuchte es eine Anpassung oder eine Veränderung
des Primärversorgungsgesetzes. Diese wird wohl entlang einer Evaluierung, die es auch im Zuge der Rechtfertigung gegenüber der Europäischen Union
geben wird, dann zum Jahresende hin stattfinden. (Bundesrat Ruprecht: Vielen Dank, Herr Bundesminister!)


Präsidentin Margit Göll: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bun­desrat Dominik Reisinger zu Wort gemeldet. – Bitte sehr.


Bundesrat Dominik Reisinger (SPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Bun­desminister! Geschätzter Bundesrat! 55 Prozent der heimischen Haus­ärzt:innen sind bereits Wahlärzt:innen. Noch schlimmer ist es im Bereich der Fachärzt:innen: Mit 1.1.2023 waren bereits 70 Prozent – das ist ein
sehr hoher Wert – als Wahlärzt:innen tätig. Auf der anderen Seite ist die Zahl der unbesetzten Hausarztstellen innerhalb von nur 2,5 Jahren um
68 Prozent explodiert: 2020 waren es noch 62, bis 1.1.2023 ist die Zahl auf 104 angestiegen.

Meine Frage ist daher: Was unternehmen Sie, damit diese Flucht aus den Kas­senverträgen durch die Ärztinnen und Ärzte aufhört und Wahlärzt:innen
wieder ins Kassensystem zurückgeholt werden?


Präsidentin Margit Göll: Bitte, Herr


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 30

Bundesminister.


Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Zu Ihrer Frage: Der Zustand ist richtig konstatiert,
und die Gesundheitsreform hat ja die Zielsetzung, die Voraussetzung zu schaf­fen, dass sich das verändert.

Da gibt es in meinen Augen zwei ganz wesentliche Zugänge: Der eine
ist die Vertragssituation – die Attraktivität von Kassenstellen zu stärken. Es ist auch Aufgabe der Sozialversicherung, jetzt die Verhandlungen für einen einheitlichen Gesamtvertrag und einen einheitlichen Leistungskatalog voranzu­treiben. Diese Verhandlungen mit der Ärztekammer laufen bereits seit Längerem – unzweifelhaft muss logischerweise die Attraktivität von Kassen­stellen angehoben werden. Das hat auch damit zu tun, dass da mehr
Flexibilität hinein muss, man sich die Abgeltung anschaut und auch Leistungen mit abgegolten werden, die jetzt nicht abgegolten sind, um dort die Arbeitsbedingungen zu verbessern.

Der zweite Punkt ist schon auch, die – wie soll ich sagen – Spielregeln gleich zu gestalten. Das habe ich beispielsweise mit der verpflichtenden Diagnose­codierung, die für alle wird stattfinden müssen, und auch der Anbindung an Elga gemeint.

Es wird nur gelingen, diesen Zug in die Wahlarztpraxen zu unterbinden, wenn es attraktiver wird, einen Kassenvertrag anzunehmen – daran wird gearbei­tet, Stichwort Gesamtvertrag, Leistungskatalog, 300 Millionen Euro zusätzlich für Stellen –, und wenn es auch die Möglichkeit gibt, flexibler beispiels­weise vom Spitalsbereich in den kassenärztlichen Bereich umzusteigen. Das heißt, wenn jemand im Spital beschäftigt ist – das ist, wie Sie wissen, Länderzuständigkeit –, aber Interesse hat, in eine niedergelassene Ordination zu gehen, dann ist das jetzt nur sehr schwer möglich und wird dann oft in
einer Wahlarztpraxis stattfinden. Der Zugang ist jetzt, den Menschen im Spital, die sich überlegen, eine Kassenordi aufzumachen, diese Möglichkeit
zu bieten: Teilzeit im Spital, Teilzeit in der Ordi, aber in einer Kassenordination.


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 31

Das heißt, es muss auf allen Ebenen die Attraktivität gesteigert werden – und das tun wir –, in den kassenärztlichen Bereich zu gehen.


Präsidentin Margit Göll: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Frau Bundesrätin Mag. Isabella Theuermann zu Wort gemeldet. Ich bitte darum.


Bundesrätin Mag. Isabella Theuermann (FPÖ, Kärnten): Herr Bundes­minister, ein Patient in Kärnten erhält noch immer weniger Zuschüsse und Leistungen der ÖGK als zum Beispiel ein Patient in Oberösterreich.
Warum blockiert die Regierung immer noch die Harmonisierung der Sozial­versicherungen?


Präsidentin Margit Göll: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Darf ich um eine Präzisierung bitten? Inwiefern blockiert die Regierung die Harmonisierung der Sozialversicherungen?


Bundesrätin Mag. Isabella Theuermann (FPÖ, Kärnten): Weil ein Patient in Kärnten weniger Leistungen als ein Patient in Oberösterreich bekommt.


Präsidentin Margit Göll: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Die Vertragsgestaltung ist Sache der Sozialversicherungen und der Ärztekammer, auch die Abgeltung der Leistungen. Diese Harmonisie­rung ist Verhandlungsgegenstand zwischen Sozialversicherung und Ärzteschaft. Bei der Harmonisierung der Leistungen ist, wie gesagt, die Aufgabe, einen einheitlichen Leistungskatalog und auch eine einheitliche Abgeltung zustande zu bekommen. Das ist jetzt Zielsetzung der Sozialversicherung.


Präsidentin Margit Göll: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Mag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky zu Wort gemeldet. – Bitte.



BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 32

Bundesrat MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky (NEOS, Wien): Sehr geehrter Herr Bundesminister, Sie haben schon die Initiative plus 100 angespro­chen. Wann ist mit mehr Informationen über die regionale Fächerverteilung dieser 100 zusätzlichen Kassenstellen zu rechnen?


Präsidentin Margit Göll: Herr Bundesminister, bitte.


Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Die Verteilung der Stellen auf die Bundesländer – das habe ich gesagt – erfolgt entlang des Bevölkerungsschlüssels. Ich könnte die Infor­mation nachliefern, müsste aber den aktuellen Stand bei der Sozialversicherung erfragen – das werde ich gerne machen.


Präsidentin Margit Göll: Wir gelangen nun zur 2. Anfrage, 1958/M-BR/2024.

Ich bitte die Anfragestellerin, Frau Bundesrätin Heike Eder, um die Verlesung der Anfrage.


09.16.46

Bundesrätin Heike Eder, BSc MBA (ÖVP, Vorarlberg): Guten Morgen,
Herr Minister! Wie ist denn der Stand der Umsetzung beim kürzlich präsen­tierten Projekt zur Förderung der Inklusion von Menschen mit Behinderungen in den Arbeitsmarkt – Stichwort Lohn statt Taschengeld?

*****

Die schriftliche eingebrachte Anfrage, 1958/M-BR/2024, hat folgenden Wortlaut:

„Wie ist der Stand der Umsetzung beim kürzlich präsentierten Projekt zur Förderung der Inklusion von Menschen mit Behinderungen am Arbeitsmarkt, das einen
fairen ‚Lohn statt Taschengeld‘ vorsieht?“

*****


Präsidentin Margit Göll: Herr Bundesminister, bitte.



BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 33

Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Danke für die Frage. Auch dazu eine etwas umfas­sendere Antwort zu Beginn, weil erstens das Thema wichtig ist und zweitens auch ganz viel an Vorarbeiten geleistet worden ist: Grundlage war, dass
wir zunächst einmal vom NPO-Kompetenzzentrum der Wirtschaftsuniversität in Wien eine Studie haben erstellen lassen, um einfach überhaupt einmal zu
wissen, wie die Auswirkungen dieser sehr komplexen Finanzierungsströme zwi­schen Bund, Ländern und Sozialversicherung sind, wenn in den Tagesstruk­turen selbst ein Lohn ausbezahlt wird.

Die Bundesregierung hat dann in Abstimmung mit den Bundesländern bei Lohn statt Taschengeld beschlossen, in einem ersten wichtigen Schritt – da
muss ich gleich dazu sagen, wir als Bundesregierung sind oder ich bin bemüht, Pilotprojekte auf den Weg zu bekommen und auch mit finanziellen Anrei­zen in Vorlage zu gehen, obwohl die Zuständigkeit per se bei den Bundesländern liegt; das gilt in vielen anderen Bereichen auch, es ist auch bei der persön­lichen Assistenz in etwa so gewesen, bei der wir jetzt auf einem guten Weg sind, bei der eigentlich alle Bundesländer bis auf Oberösterreich mitmachen,
die muss man noch überzeugen – 36 Millionen Euro zur Verfügung zu stellen, um im Zuge von Pilotprojekten diese echte, klassische Teilnahme von
Menschen zu ermöglichen.

Wir möchten allerdings auch, dass Menschen mit Behinderungen sozusa­gen arbeitsmarktnahe und nicht vor allem in den Einrichtungen diese Möglich­keit haben, denn die UN-Behindertenrechtskonvention normiert das
auch: Deinstitutionalisierung ist ein wesentliches Ziel der UN-Behinderten­rechtskonvention, das heißt: hinaus aus den klassischen Einrichtungen, hinein in die – unter Anführungszeichen – „Normalität“ des Arbeitsmarktes.

Das ist unser Zugang, und da gibt es eine ganz breit gefächerte Reihe von Möglichkeiten, diese Beschäftigungen auch aufzunehmen: Das kann sein, dass Menschen in Einrichtungen quasi in einem eigenen Segment beschäftigt
sind, aber geförderterweise für einen bestimmten Betrieb arbeiten; das kann


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 34

über integrative Betriebe oder bestehende Arbeitsprojekte sein; das kann inner­halb eines Betriebes sein, wo dann die Förderung stattfindet.

Die Zielsetzung bleibt jedenfalls, dass das Modell des klassischen Taschengelds – das eine Ungleichbehandlung darstellt, das wissen wir – abgelöst wird und
es eben durch einen Lohn ersetzt wird, der gleichzeitig natürlich auch eine so­zialversicherungsrechtliche, pensionsrechtliche Absicherung bedeutet.

Im Moment arbeiten wir an den Förderkriterien – um das auch noch dazuzusa­gen –, in Abstimmung mit den Interessenvertretungen, den Trägereinrich­tungen in den Ländern, und das Ergebnis dieser Förderrichtlinie soll sein, dass eben gestaffelt nach Inklusion am Arbeitsmarkt die Förderung ausbezahlt
wird, immer mit der Zielsetzung: Integration steht vor allem anderen. Die Richt­linie soll noch vor dem heurigen Sommer, also vor dem Sommer 2024,
in Kraft gesetzt werden.


Präsidentin Margit Göll: Ist eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.


Bundesrätin Heike Eder, BSc MBA (ÖVP, Vorarlberg): Herr Minister! Ich war in den letzten paar Wochen in einigen Einrichtungen in Vorarlberg unter­wegs, unter anderem auch im Sunnahof in Tufers, dort werden diese Maßnah­men sehr positiv aufgenommen.

Wir haben in Vorarlberg ja einige Mustermodelle zur Integration von Menschen mit Behinderung in den Arbeitsmarkt, wie zum Beispiel Jobkombi,
IFS Spagat oder die Jobassistenz und viele andere auch.

Was uns Vorarlberger natürlich immer interessieren würde: Fallen diese Pro­jekte, diese vielen Musterprojekte, dann auch in diese Förderrichtlinien?


Präsidentin Margit Göll: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Die kurze Antwort lautet: Ja. Es ist auch so, dass wir
in den Bundesländern durchaus unterschiedliche Voraussetzungen vorfinden.


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 35

Darum ist es auch nicht ganz einfach, diese Förderkriterien so auszu­arbeiten, dass alle sich wiederfinden. Die Zielsetzung soll schon sein, dass mög­lichst viele sich beteiligen können und bestehende Dinge mitgenommen
werden, weil es keinen Sinn hat, Dinge mit viel Geld neu zu erfinden oder neu aufsetzen zu müssen, wenn schon welche da sind.

Die zitierten Beispiele, die ich selber kenne – und Vorarlberg ist da ein Muster­beispiel –, fallen natürlich hinein, weil sie ja im Sinne einer Integration,
einer umfassenden Beschäftigung bereits Möglichkeiten bieten und jedenfalls in Vorarlberg bereits auch Kooperationen zwischen gemeinnützigen Beschäf­tigungsprojekten, die AMS-finanziert sind, und klassischen Behinderteneinrich­tungen, wo es eben genau darum geht, die Gleichheit auch in der Abrech­nung und in der Bezahlung herzustellen, vorhanden sind. Ich glaube,
dass das eine gute Voraussetzung ist und dass Vorarlberg gute Voraussetzungen hat, das erfolgreich umzusetzen.


Präsidentin Margit Göll: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Frau Bun­desrätin Doris Hahn zu Wort gemeldet. – Bitte sehr.


Bundesrätin Doris Hahn, MEd MA (SPÖ, Niederösterreich): Frau Präsidentin! Ge­schätzter Herr Minister! Im vergangenen August hat ja der UN-Fachaus­schuss mittlerweile schon zum zweiten Mal den Umsetzungsstand in Österreich seit der Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention 2008 kontrol­liert und er hat erneut – muss man leider sagen – und immer noch teils wirklich gravierende Mängel in der Umsetzung festgestellt, nicht zuletzt und leider
ganz besonders auch im Zusammenhang mit inklusiver Bildung und Bildungsein­richtungen, aber auch in vielen anderen Bereichen.

Daher meine konkrete Frage: Wann und mit welchen Maßnahmen wer­den Sie die Empfehlungen der UN-Behindertenrechtskonvention endlich in Um­setzung bringen?


Präsidentin Margit Göll: Bitte, Herr


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 36

Bundesminister.


Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Ich kann hier nur für meinen eigenen Bereich reden,
das ist nicht der Bildungsbereich – und ich weiß sehr wohl auch um die Defizite, die wir dort haben. Ich sage es an dieser Stelle, weil es die Länderkammer
ist, auch mit einiger Deutlichkeit: Ich halte die Weigerung mancher Bundeslän­der, die Sonderschulen abzuschaffen, für nicht mehr adäquat und nicht
mehr zeitgemäß. Das muss man einfach mit dieser Deutlichkeit auch sagen. Wenn wir es nicht schaffen, dort – damit bin ich schon beim Bildungs­bereich – die Grundvoraussetzungen für Inklusion zu schaffen, dann werden wir später auch scheitern.

In meinem Bereich haben wir entlang der Staatenprüfung und des Berich­tes, der abgeliefert worden ist, einen detaillierten, auf jeden einzelnen Punkt ein­gehenden Fahrplan und eine Vorgangsweise festgelegt, wie die Defizite abzubauen sind. Ich darf für mich in Anspruch nehmen, die Budgets in den letz­ten beiden Jahren massiv erhöht zu haben und insbesondere für den Be­hindertenbereich, mit der persönlichen Assistenz, der Abschaffung der Arbeits­unfähigkeitsfeststellung bis zum 25. Lebensjahr und jetzt auch mit Lohn
statt Taschengeld, massiv Projekte auf den Weg gebracht zu haben, die jeden­falls den berechtigten Forderungen der UN-Behindertenrechtskonven­tion Rechnung tragen.

Meine Haltung ist eine klare: Die UN-Behindertenrechtskonvention ist ein Staatsvertrag. Ein Staatsvertrag ist einzuhalten, es ist keine beliebige Vorschlagsgeschichte, an der man sich orientieren kann oder eben nicht.


Präsidentin Margit Göll: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Christoph Steiner zu Wort gemeldet. – Ich bitte darum.


Bundesrat Christoph Steiner (FPÖ, Tirol): Frau Präsident! Guten Morgen, Herr Minister! Sie haben jetzt einiges zu Lohn statt Taschengeld erklärt, auch
zu den Verhandlungen mit den Bundesländern. Der Schritt ist positiv, das einmal vorweg: Lohn statt Taschengeld ist wirklich eine sinnvolle Geschichte und


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 37

auch überfällig, und dass das jetzt angegangen wird, ist ein guter, erster richtiger Schritt.

Mich würde aber interessieren, wie weit Sie schon in den Verhandlungen mit den Sozialversicherungsträgern sind, inwieweit dann auch künftig ein Pensionsanspruch daraus entstehen kann oder könnte oder sollte, weil es doch auch ein Ziel sein sollte, dass Menschen mit Behinderung auch gleich
einen Pensionsanspruch haben.


Präsidentin Margit Göll: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Das ist eine wichtige und zugegebenermaßen offene Frage, das teile ich auch. Wir haben diese Fragestellung nicht nur, wenn es darum
geht, Lohn statt Taschengeld abzusichern, sondern insgesamt. Auch bei der per­sönlichen Assistenz wird es darum gehen, wie auch nach einem Pensions­antritt oder nach Pensionierung die persönliche Assistenz sichergestellt werden kann. Das ist eine offene Baustelle, das sage ich ganz offen, bei der es
darum geht, jetzt in den Verhandlungen mit den Sozialversicherungsträgern zu Lösungen zu kommen, das auch zu finanzieren.

Das wird wohl eine gemeinschaftliche Aufgabe sein. In meinen Augen
wird es dazu – aber das ist jetzt sozusagen noch ins Unreine gesprochen – wohl eine 15a-Vereinbarung brauchen, ähnlich wie bei der Gesundheitsreform,
um Sozialversicherungen, Bundesländer und Bund gemeinsam dahin zu bekom­men, die Absicherung, die Sie richtigerweise ansprechen, die es geben
muss, auch nach dem Pensionsantritt sicherzustellen.


Präsidentin Margit Göll: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross zu Wort gemeldet.


Bundesrat Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross (Grüne, Vorarlberg): Herr Minister! Noch eine Frage zur Erstellung der Förderkriterien respektive Richtlinien: Wie sieht


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 38

es da mit dem Prozess aus, inwieweit ist da auch ein partizipativer Prozess ge­plant, der auch die Institutionen oder auch die Betroffenen selbst mit
einbindet?


Präsidentin Margit Göll: Herr Bundesminister, bitte.


Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Grundsätzlich gilt sowieso in allen Bereichen, aber im Bereich der Menschen mit Behinderungen ganz besonders – wir pflegen im Minis­terium seit langem diesen Grundsatz –: nicht ohne die Betroffenen. Das heißt, sie werden natürlich eingebunden, partizipativ eingebunden. Da gibt es
eine eigene Arbeitsgruppe, die eingerichtet worden ist, und bei mir geht es ge­nerell, wenn es um Menschen mit Behinderung geht, nie über die Köpfe
der Betroffenen hinweg, sondern immer nur mit Beteiligung. Dieser partizipative Prozess ist aufgesetzt und wird auch durchgezogen.


Präsidentin Margit Göll: Wir gelangen nun zur 3. Anfrage, 1955/M-BR/2024. Ich bitte die Anfragestellerin, Frau Bundesrätin Korinna Schumann, um
die Verlesung der Anfrage.


09.26.51

Bundesrätin Korinna Schumann (SPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Noch einmal zum Thema Lohn statt Taschengeld: Die Frage wäre: Warum konnten Sie sich innerhalb der Regierung nicht durchsetzen, die notwendigen Mittel für die 28 000 Beschäftigten
im Bereich der betreuten Werkstätten herauszuholen, um für sie einen Lohn und eine sozialversicherungsrechtliche Absicherung zu ermöglichen?

*****

Die schriftlich eingebrachte Anfrage, 1955/M-BR/2024, hat folgenden Wortlaut:


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 39

„Warum können Sie sich innerhalb der Regierung nicht durchsetzen, damit
die erforderlichen Mittel aufgebracht werden, um allen 28.000 Beschäftigte in be­treuten Werkstätten endlich einen Lohn und die volle sozialversicherungs­rechtliche Absicherung zukommen zu lassen?“

*****


Präsidentin Margit Göll: Herr Bundesminister, bitte.


Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Da müsste man, bei allem Respekt, Frau Bundesrätin,
wohl auch die Bundesländer fragen, warum sie nicht bereit sind, dort in die Finanzierung einzutreten, weil es vor allem deren Zuständigkeit ist.

Ich kann mich nur bemühen, Anschubprojekte, Anschubfinanzierungen zustande zu bekommen. Das tun wir, das haben wir gemacht und da sind die Rück­meldungen im Unterschied zur persönlichen Assistenz, wo es eine Mühsal war – das sage ich Ihnen ganz offen –, alle Bundesländer ins Boot zu bekommen,
sehr gut. Da sind die Rückmeldungen aus allen Bundesländern: Ja, sie wollen sich daran beteiligen. Da geht es ja schlicht darum, die vorhandenen Fördertöpfe
zu kombinieren, zusammenzuspannen.

Es kann ja nicht so sein, dass der Bund dann in Ersatzvorlage tritt und
die gesamte Finanzierung des Behindertenbereichs übernimmt, weil die Länder da auch die Zuständigkeit haben.

Es geht schon auch darum, da die Mittel zusammenzuspannen, was auch pas­siert. Dazu sind die Bundesländer auch bereit. Wie ich schon zuvor aus­geführt habe: Der Zugang ist schon auch, die Menschen aus den Einrichtungen hinauszubekommen. Es ist also nicht die Zielsetzung, die 27 000 Men­schen, die wir jetzt in den Einrichtungen haben, dort zu belassen. Sie sollen tunlichst und nach Möglichkeit hinaus, weil wir die Erfahrung gemacht
haben, dass dort unglaublich viel an Potenzial vorhanden ist. Wenn wir Men­schen mit Behinderungen nicht daran messen, was sie nicht können,


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 40

sondern daran, was sie können, dann geht das auch. Ich glaube, dass wir jetzt mit den Projekten auf einem guten Weg sind.

Wie gesagt: Die Förderrichtlinie dazu wird noch vor dem Sommer verab­schiedet, und ich gehe davon aus, dass das wirklich eine Erfolgsgeschichte wer­den wird.


Präsidentin Margit Göll: Frau Bundesrätin, wird eine Zusatzfrage
gewünscht? – Bitte.


Bundesrätin Korinna Schumann (SPÖ, Wien): Völlig richtig, es ist wichtig, möglichst viele Menschen mit Behinderungen auf den ersten Arbeitsmarkt zu bringen.

Jetzt sehen wir ganz starke Entwicklungen in der künstlichen Intelligenz,
in der Digitalisierung. Welche Maßnahmen werden denn aus Ihrem Ressort getroffen, um da Chancen, aber auch Gefahren für Menschen mit Behinderungen am Arbeitsmarkt zu identifizieren beziehungsweise die Be­troffenen zu unterstützen?


Präsidentin Margit Göll: Herr Bundesminister, bitte.


Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Also das ist eine Frage, die nicht nur Menschen mit Behinderung betrifft, sondern logischerweise den Arbeitsmarkt insgesamt. Wir sind ja im Bereich der Digitalisierung schon dabei, die Hürden möglichst abzubauen. Barrierefreiheit heißt auch in all diesen Fragen der Digitalisierung, Menschen mit Behinderungen den Einstieg zu ermöglichen, das heißt,
auch dort Fortbildungs-, Schulungsmöglichkeiten anzubieten, in den Betrieben, in denen wir die Einflussmöglichkeiten haben, auch darauf zu achten,
dass das passiert, dass Menschen mit Behinderungen die Schulungen bekom­men, die notwendig sind.


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 41

Was die von Ihnen angesprochenen möglichen Gefahren angeht: Ja, das stimmt schon, künstliche Intelligenz darf nicht dazu führen, dass es zu weiteren Exklusionsprozessen kommt, das heißt, dass Menschen mit Behinderungen, weil Dinge in die digitale Welt oder in die Welt der künstlichen Intelligenz
verlagert werden, dann ausgeschlossen sind.

Meine Einschätzung ist, dass Menschen mit Behinderungen durchaus die Fähig­keit haben, sich in der digitalen Welt zurechtzufinden. Man muss die
Angebote schaffen und die Ausbildungen dafür bereitstellen und muss auch im betrieblichen Umfeld dafür sorgen, dass dort die Barrierefreiheit auch ge­währleistet ist.

Ich habe mich unlängst bei einem Besuch auch in integrativen Werkstätten über­zeugen können, was dort mittlerweile für Menschen mit Behinderungen
geleistet und angeboten wird – das ist schon beispielhaft.


Präsidentin Margit Göll: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Frau Bundesrä­tin Elisabeth Wolff zu Wort gemeldet. – Bitte sehr.


Bundesrätin Elisabeth Wolff, BA (ÖVP, Wien): Sehr geehrter Herr Minis­ter! Wir haben ja schon viel gehört zu Lohn statt Taschengeld und mich würde konkret noch einmal interessieren, welche nächsten Schritte zu Lohn
statt Taschengeld in den Werkstätten geplant sind.


Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Wie gesagt, wir sind jetzt dabei, alle Bundesländer ins Boot zu holen. Das dürfte gelingen, weil alle signalisiert haben, sie möchten mit
dabei sein, weil es eben mit den 36 Millionen Euro auch eine attraktive Bundes­förderung gibt.

Es wird jetzt, wie auch schon angedeutet, die konkrete Ausgestaltung der Förderrichtlinien ausgearbeitet, weil es eben darum geht, zu überlegen: Welches Angebot ist in einem Bundesland schon vorhanden? Kann dort angedockt
werden, ja oder nein? Welche Voraussetzungen müssen geschaffen werden?


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 42

Müssen möglicherweise Projekte in Bundesländern adaptiert werden,
um in diese Förderrichtlinie hineinzufallen? Das wird bis zum Sommer der Fall sein und dann sind wir sozusagen startbereit.


Präsidentin Margit Göll: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Christoph Steiner gemeldet. – Bitte.


Bundesrat Christoph Steiner (FPÖ, Tirol): Frau Präsident! Herr Minister!
Da ja die SPÖ die gleichen Fragen stellt wie die ÖVP, hat sich meine Zusatzfrage erledigt, weil schon mehrmals darauf eingegangen wurde, wie der Verhand­lungsstand mit den Bundesländern ist. Danke also für die Beantwortung vorweg schon.


Präsidentin Margit Göll: Zu einer Zusatzfrage hat sich Frau Bundesrätin
Simone Jagl gemeldet. Ich bitte darum.


Bundesrätin Simone Jagl (Grüne, Niederösterreich): Herr Bundesminister! Jetzt haben wir schon gehört, dass es 36 Millionen Euro für Pilotprojekte in
Bezug auf Lohn statt Taschengeld geben wird. Wie hoch wären
die Kosten für eine komplette Systemumstellung?


Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Das war eine Frage, die wir im Zuge der an der Wirt­schaftsuniversität beauftragten Studie zu ergründen und zu eruieren versucht haben. Das war deshalb notwendig, weil es wirklich komplexe Finanzie­rungsströme zwischen Bund, Ländern und Sozialversicherung gibt. Da hat sich gezeigt: Ohne Saldierungen würden den Ländern nach der System­umstellung Mehrkosten von 390 Millionen Euro pro Jahr entstehen. Das ist die Gesamtsumme. Saldiert man die Verschiebungen, würden insgesamt Mehrkosten von rund 191 Millionen Euro pro Jahr entstehen. Diese Mittel würden zum Großteil den betroffenen Menschen mit Behinderung zugutekommen.


Präsidentin Margit Göll: Wir gelangen nun zur 4. Anfrage, 1953/M-BR/2024.


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 43

Ich bitte die Anfragestellerin, Bundesrätin Andrea Michaela Schartel, um ihre An­frage. – Bitte.


09.33.32

Bundesrätin Andrea Michaela Schartel (FPÖ, Steiermark): Guten Morgen, Herr Minister! Wie wir alle wissen, hat die verfehlte und vor allem überzogene Coronapolitik den Österreichern in vielen Lebensbereichen negative Auswirkun­gen beigebracht. Ich denke da nur an das Ansteigen der psychischen Pro­bleme bei Kindern und Jugendlichen in ihrem sozialen Umfeld.

Es wird aber auch immer mehr festgestellt, dass vor allem die Coronaimpfung gesundheitliche Schäden verursacht, und deshalb meine Frage:

1953/M-BR/2024

„Wie viele Anträge auf Entschädigung wurden aufgrund von Schäden nach einer Covid-Impfung seit 2021 gestellt?“


Präsidentin Margit Göll: Herr Bundesminister, bitte.


Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Das ist eine sehr präzise Frage, die auch sehr präzise beantwortet werden kann. Bislang wurden 2 324 Anträge auf Entschädigung nach dem Impfschadengesetz nach einer Covid-Impfung gestellt, und
ich kann auch gleich die Zahl dazusagen, wie viele Anträge insgesamt nach Impfschäden gestellt worden sind: Es sind 2 396 Anträge. Der Groß­teil der Anträge bezieht sich also auf die Covid-Impfung.


Präsidentin Margit Göll: Frau Bundesrätin, wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.


Bundesrätin Andrea Michaela Schartel (FPÖ, Steiermark): Vor allem
für uns Freiheitlichen ist verantwortliche Politik, dass man zum Beispiel zurück­blickt, wenn man Entscheidungen trifft und, wenn man Fehler gemacht
hat, dass diese eingestanden werden und man sich um Verbesserungen bemüht. Deshalb meine Frage:


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 44

Sind Sie bereit, diesen sehr erfolgreichen Covid-Hilfsfonds von Niederöster­reich auch bundesweit einzurichten?


Präsidentin Margit Göll: Herr Bundesminister, bitte.


Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Das ist eine Initiative der niederösterreichischen Landesregierung. Es ist dort auch im Regierungsprogramm abgebildet. In unserem Regierungsprogramm findet sich das nicht, und es ist auch nicht daran gedacht, so einen Fonds einzurichten.


Präsidentin Margit Göll: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Frau Bun­desrätin Sandra Lassnig zu Wort gemeldet. Ich bitte darum.


Bundesrätin Sandra Lassnig (ÖVP, Kärnten): Frau Präsidentin! Herr Minister! Welche Impfungen werden, abgesehen von der Covid-Impfung, nach
dem Impfschadengesetz noch entschädigt?


Präsidentin Margit Göll: Herr Bundesminister, bitte.


Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Nach dem Impfschadengesetz wird auch die bis zum Jahr 1980 vorgesehene Pockenimpfung entschädigt. Weiters sind in das Impf­schadengesetz auch mit der Verordnung empfohlene Impfungen einbezogen. Dabei handelt es sich wie schon gesagt um die Covid-19-Impfung, die Diphtherie-, die FSME- und die Hepatitis-B-Impfung, die HPV-Impfung, Imp­fungen gegen Influenza, Masern, Meningokokken, Mumps, Keuchhus­ten, Pneumokokken, Pocken, Poliomyelitis, Rotavirusinfektion, Röteln, Tetanus.


Präsidentin Margit Göll: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr
Bundesrat Michael Wanner zu Wort gemeldet. – Bitte.


Bundesrat Michael Wanner (SPÖ, Salzburg): Guten Morgen, Herr Minister! Die Impfschäden sind das eine, wir sind uns aber auch sicher und einig, dass


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 45

das Virus noch immer gefährlich ist. Das Virus kann Schäden, vor allem Langzeit­schäden, hervorrufen.

Momentan werden Covid-Tests nicht bezahlt. Es gibt Verhandlungen
zwischen dem Bund und den Krankenkassen, dass die Krankenkassen eventuell bei Risikopatienten diese Kosten übernehmen. Faktum ist aber, dass
aufgrund des Auslaufens eines Gesetzes diese Kosten momentan nicht getragen werden.

Jetzt meine Frage: Warum übernimmt, obwohl wir wissen, dass dieses
Virus noch immer hier ist und gefährlich ist, der Bund die Kosten nicht mehr oder ist nicht bereit, die weiteren Kosten für Patienten, die beim Arzt
sind, bei denen geschaut werden muss, ob sie krank sind, zu übernehmen?


Präsidentin Margit Göll: Herr Bundesminister, bitte.


Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Das ist relativ einfach zu beantworten: Weil wir
nach Abklingen der Pandemie alle Maßnahmen in das reguläre System übergeführt haben, das heißt in die normale Abwicklung, wie
sie im Gesundheitssystem üblich ist.

Dann – das weiß die Sozialversicherung – ist es Aufgabe der Sozialversicherung, beispielsweise das Gratisanbieten der Tests in den Arztpraxen mit der Ärztekammer zu verhandeln. Diese Verhandlung läuft gerade. Meine letzten Informationen sind die, dass sie auch abgeschlossen wird. Das heißt,
es wird zu einer Einigung zwischen der Sozialversicherung und der Ärztekammer kommen, und damit ist auch gewährleistet, dass die Testung jedenfalls
für Risikogruppen wieder gratis stattfindet.


Präsidentin Margit Göll: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Marco Schreuder zu Wort gemeldet. – Bitte sehr.



BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 46

Bundesrat Marco Schreuder (Grüne, Wien): Guten Morgen, Herr Minister! Wir haben gerade die Zahlen gehört, wie viele Anträge auf Entschädigung
nach einer Covid-Impfung bislang gestellt worden sind. Wie viele wurden eigent­lich nach einer gewissenhaften Prüfung bewilligt?


Präsidentin Margit Göll: Herr Bundesminister, bitte.


Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Von den genannten etwas über 2 000 Anträgen –
also tatsächlich waren es 2 300 Anträge – wurden 412 Anträge auf Entschä­digung nach dem Impfschadengesetz nach einer Covid-Impfung bewilligt. Davon wurden 316 geschädigten Personen eine einmalige Pauschalent­schädigung zuerkannt. Weitere 78 Personen erhalten eine befristete oder
eine laufende Rentenzahlung.


Präsidentin Margit Göll: wir gelangen nun zur 5. Anfrage, 1959/M-BR/2024. Ich darf Herrn Anfragesteller Ferdinand Tiefnig um die Anfrage bitten.


09.39.11

Bundesrat Ferdinand Tiefnig (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Minister! Die Landwirtschaft hat durch den Tiergesundheitsdienst auch immer mehr Kontrollen durch Tierärzte. Das Problem im ländlichen Raum ist
aber, dass sich der Tierärztemangel durch das Altern der Tierärzte und das Aus­scheiden aus der beruflichen Funktion verschärft.

Welche Maßnahmen treffen Sie für die Zukunft, dass die tierärztliche Versor­gung auch im ländlichen Raum gesichert bleibt?

*****

Die schriftlich eingebrachte Anfrage, 1959/M-BR/2024, hat folgenden Wortlaut:

„Welche kurz- wie auch langfristen Maßnahmen zur Sicherstellung einer aus­reichenden tierärztlichen Versorgung auf dem Land treffen Sie?“

*****



BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 47

Präsidentin Margit Göll: Herr Bundesminister, bitte.


Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Vielleicht darf ich auch da ein bisschen ausholen: Dass es zu einer Veränderung im Bereich der Veterinärmedizin kommen wird,
wissen wir. Bereits im April 2019 wurde das in einer Studie des IHS zur tier­ärztlichen Versorgung in Österreich, die von meinem Ressort in Auftrag gegeben wurde, auch aufgezeigt. Das haben wir übrigens gemeinsam mit der Tier­ärztekammer und mit der Vetmeduni gemacht.

Es ist unbestritten, und da trifft sich dann wohl die Veterinärmedizin auch mit der Humanmedizin, dass im ländlichen Raum derartige Defizite bestehen.
Die Herausforderungen liegen auch da darin, ein attraktives Umfeld
zu schaffen – auch für Tierärztinnen und Tierärzte. Das betrifft sowohl ein entsprechendes Lohnniveau als auch die Arbeitsbedingungen.
Da haben wir wirklich dasselbe Thema wie auch in der Humanmedizin.

Wir haben uns auch sehr früh dafür eingesetzt, Initiativen gesetzt, um die Ver­sorgung der Nutztierbestände abzusichern. Bereits 2022 wurden mit
dem Tierarzneimittelkontrollgesetz die Neugestaltung der Bestimmungen zu den Tiergesundheitsdiensten unter Einführung der verpflichteten Betriebsbe­suche und Betreuungsverhältnisse umgesetzt.

In der jüngsten Vergangenheit, 2021, wurde der Rechtsrahmen, das Tierärztege­setz, dahin gehend geändert, dass die Zusammenarbeit und die Gründung
von Gruppenpraxen oder Tierärzt:innengemeinschaften möglich ge­worden sind – Sie sehen: auch da eine Parallele zur Humanmedizin –, und damit ist es gelungen, der Forderung nach Angestelltendienstverhältnissen auch
in der Tierärzt:innenschaft gerecht zu werden.

Ganz aktuell haben wir mit der Implementierung des neuen europäischen Tiergesundheitsrechtes durch das im März hier im Bundesrat behandelte neue österreichische Tiergesundheitsgesetz auch einen Meilenstein gesetzt.


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 48

Es wird jetzt die Zusammenarbeit zwischen Tierhaltern und Nutztierpraktikern weiter verstärkt, insbesondere mit Fokus auf Beratung und Betreuung.

Wir haben mit der Gründung des Vereins Tiergesundheit Österreich 2023 einen Schritt gemacht. Da gibt es auch Förderungen von Beratungsmodulen
für die Tierärzteschaft. Wir haben wiederholt auch gemeinsam mit den Vertre­tern der Landwirtschaftskammern und der Tierärztekammern über die Etablierung von Notdienstsystemen in den Bundesländern diskutiert. Da wurden in den letzten Jahren – bundesländerspezifisch sehr unterschiedlich –
Lösungen angeboten und eingerichtet.

Die Attraktivität des Arbeitsplatzes in der Nutztiermedizin muss allerdings auch von den Arbeitgeber:innen durch entsprechende Rahmenbedingungen
einfach verbessert und abgesichert werden.

Letzter Hinweis zur Zuständigkeit: Die Sicherstellung der tierärztlichen Versor­gung ist natürlich einmal mehr grundsätzlich Aufgabe der Bundesländer
in Zusammenarbeit mit der österreichischen Tierärztekammer.


Präsidentin Margit Göll: Herr Bundesrat, wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.


Bundesrat Ferdinand Tiefnig (ÖVP, Oberösterreich): Herr Minister, Sie haben von der Attraktivierung des Berufes Tierarzt gesprochen. Welche Maß­nahmen sollen kurz- und langfristig für die Attraktivierung des Berufes Tierarzt gesetzt werden?


Präsidentin Margit Göll: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Ich versuche, es kurz taxativ aufzuzählen: die Novelle des Tier­ärztegesetzes 2021 und da wie gesagt die Möglichkeit zur Schaffung von Gruppenpraxen; insbesondere wichtig: bessere Work-Life-Balance, das gilt auch für den Bereich der Tierärzt:innen, durch diese neue Form der Praxis. Wir


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sind wie gesagt im Austausch mit der Tierärztekammer und der Vetmeduni, um auch mit den Bundesländern weitere Maßnahmen zu erarbeiten.

Es wird, kurz gesagt, nicht anders gehen, als dass sich die Attraktivierung des Be­rufes auch monetär abbildet. Das heißt, eine bessere Bezahlung wird der Schlüssel sein, um à la longue auch die Versorgung sicherzustellen. Sonst wird dort nicht – wie soll ich sagen? – das Ausweichen in die Wahlarztpraxis stattfinden, sondern dann wird halt die Kleintierpraxis das gängige Modell und das attraktivere Modell sein und nicht die Versorgung der landwirtschaft­lichen Nutztiere.


Präsidentin Margit Göll: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Frau Bundes­rätin Mag. Bettina Lancaster zu Wort gemeldet – Bitte.


Bundesrätin Mag. Bettina Lancaster (SPÖ, Oberösterreich): Herr Minis­ter, Sie haben ein Tierschutzgesetz in die Begutachtung geschickt, und es sind weit über 800 Stellungnahmen zum Entwurf eingelangt.

Sind Sie bereit, diese Stellungnahmen einzuarbeiten und noch einmal eine Be­gutachtung zu starten?


Präsidentin Margit Göll: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Also nicht alle 800, um es gleich zu sagen; alle
werden wir nicht einarbeiten.

Wir haben jetzt natürlich gesichtet und sortiert. 60 davon sind jedenfalls in der Substanz so gewichtig, dass sie einer tieferen oder näheren Betrachtung unterzogen werden. Da wird jetzt der übliche Prozess stattfinden, sozusagen eine Prüfung, was davon noch eingearbeitet werden kann, soll. Eine
weitere Begutachtung ist nicht vorgesehen.


Präsidentin Margit Göll: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Günter Pröller zu Wort gemeldet. – Bitte.



BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 50

Bundesrat Günter Pröller (FPÖ, Oberösterreich): Herr Minister, der österreichische Dachverband der über 100 österreichischen Hundeverbände kritisiert die Ankündigung, wonach Teile des Gebrauchshundesports
verboten werden sollen.

Österreich zählt neben Deutschland zu einer der erfolgreichsten Hundesportna­tionen weltweit. Außerdem wird die Gebrauchshundeausbildung vor allem
als Zuchtselektion für Diensthunde von Polizei, Militär und Rettungshundestaffel verwendet.

Warum wollen Sie den Gebrauchshundesport in Österreich verbieten,
obwohl er in der Form EU- und auch weltweit anerkannt ist?


Präsidentin Margit Göll: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Das ist meine Lieblingsfrage bisher. (Heiterkeit bei den Grünen sowie bei Bundesrät:innen von ÖVP und SPÖ.) – Ernsthaft, denn mit dieser
Materie habe ich mich wirklich bis ins Detail auseinandergesetzt und habe am Ende eine Lösung gefunden, mit der alle einverstanden sind; und zwar
sind die Stakeholder eingebunden worden, und wir haben explizit Regelungen herausgenommen, mit denen sozusagen ein Totalverbot verankert
worden wäre.

Und man muss schon auch den Hintergrund kennen: Es geht einfach nicht an, dass wir in Österreich wiederholt Vorfälle haben, bei denen Hunde
Menschen Schaden zufügen, bis hin zum Tod. Das geht nicht an, und dagegen anzugehen und sozusagen eine Grundausbildung, ein Grundverständnis –
wie habe ich mit einem Tier umzugehen? – zu verankern, auch gesetzlich zu verankern, das war längst überfällig. Das ist mit Augenmaß geschehen.

Es waren bei der Präsentation des Gesetzes Vertreter der Diensthundestaffel der Polizei mit dabei, die das begrüßt haben. Das heißt, es ist Sorge


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dafür getragen worden, mit Augenmaß vorzugehen, damit alle auch einigerma­ßen zufrieden sind, aber die Erreichung des Grundzieles, des Schutzes
der Bevölkerung vor gefährlichen Hunden oder gefährlichen Hundehaltern, gewährleistet ist. (Beifall bei den Grünen sowie bei Bundesrät:innen
von ÖVP und SPÖ.)


Präsidentin Margit Göll: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Frau Bundes­rätin Claudia Hauschildt-Buschberger zu Wort gemeldet. – Bitte sehr.


Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger (Grüne, Oberösterreich): Ich be­danke mich auch als Hundebesitzerin für die Aussage, die gerade getroffen worden ist, möchte jetzt aber noch einmal gerne auf die tierärztliche Versorgung zurückkommen.

Ich persönlich – von meiner Empfindung her – lebe in einem Gebiet, in dem wir sehr gute tierärztliche Versorgung haben. Meine Frage zielt aber darauf
ab: Gibt es regionale Unterschiede in der tierärztlichen Versorgung?


Präsidentin Margit Göll: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Ja, natürlich gibt es die.

Was ich sehe, ist – ich nenne jetzt mein eigenes Bundesland, Vorarlberg, aber auch Tirol, Salzburg –: In einigen Tälern und entlegenen Gebieten
haben wir natürlich Probleme bei der Nachbesetzung von Tierärztestellen.

Das ist unzweifelhaft so, und ich beantworte dazu auch regelmäßig parlamentarische Anfragen, auch nach konkreten Zahlen. Für Detailauskünfte ist aber die Datenlage bisher nicht ausreichend, weil eben Tierärzt:innen
ihren Beruf im gesamten Bundesgebiet ausüben können und dazu wirklich keine validen Daten vorliegen. Wir sind jetzt dabei, für die Verbesserung der Datenlage im Hinblick auf die Besetzung der Stellen gemeinsam mit den Län­dern, der Tierärztekammer und der Vetmeduni die Grundlagen zu
schaffen.



BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 52

Präsidentin Margit Göll: Wir gelangen nun zur 6. Anfrage, 1956/M-BR/2024.

Ich bitte die Anfragestellerin Elisabeth Grimling um die Verlesung ihrer
Anfrage.


09.48.02

Bundesrätin Elisabeth Grimling (SPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister!

1956/M-BR/2024

„Werden Sie die ungerechte und für die kommenden 10 Jahre auch frauendis­kriminierende Aliquotierung der ersten Pensionsanpassung noch in
dieser Legislaturperiode abschaffen?“


Präsidentin Margit Göll: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Die Frage der Abschaffung der Aliquotierung hat nicht nur den Bundesrat, sondern auch den Nationalrat mehrfach beschäftigt. Es wurde
auch im Nationalrat so diskutiert, dass es da immer wieder auch Vorstöße gege­ben hat. Wir als Bundesregierung haben es jetzt befristet gemacht.
Und: Nein, es ist nicht vorgesehen, jetzt eine generelle Abschaffung zu ver­ankern.

Die Aliquotierung wurde eingeführt, um Pensionsbezieherinnen und -beziehern mit unterschiedlichen Stichtagen innerhalb eines Kalenderjahres ein
annähernd gleiches Lebenspensionseinkommen zu gewährleisten. Dass dies damit tatsächlich der Fall ist, kann auch rechnerisch belegt werden.

Ob weitere Eingriffe für die einzelnen Jahre notwendig sind, kann erst dann ab­schließend beurteilt werden, wenn die Inflationsschätzung auch da ist.
Die haben wir noch nicht. Dazu muss ein Großteil der Inflationsraten des Zeit­raums vom August 2024 bis 2025 bekannt sein.


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 53

Die Abschaffung der Aliquotierung ist ja auch von – weiß ich nicht
mehr –, ich glaube, der Arbeiterkammer eingeklagt worden. Es gibt dazu ein Höchstgerichtsurteil, weil ja die Verfassungsmäßigkeit der Aliquotierung infrage gestellt worden ist. Diese ist gegeben.


Präsidentin Margit Göll: Frau Bundesrätin, wird eine Zusatzfrage
gewünscht? – Bitte.


Bundesrätin Elisabeth Grimling (SPÖ, Wien): Herr Bundesminister, die Frage der lebenslangen Pensionsverluste bei hoher Inflation durch die um zwei Jahre verzögerte Aufwertung der Gesamtgutschrift im Pensionskonto ist nach wie vor ungelöst.

Werden Sie eine sogenannte Schutzklausel als Dauerlösung für die Aufwertung im Pensionskonto oder zumindest für den Pensionsjahrgang 2025 noch
in dieser Legislaturperiode zur Beschlussfassung vorlegen?


Präsidentin Margit Göll: Herr Bundesminister, bitte.


Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Auch hier die Antwort: Wir haben das im letzten Jahr gemacht und schon damals den Hinweis dazu geliefert: Wir werden uns die Ent­wicklung sehr genau anschauen. Wir haben es offen gelassen und auch ange­kündigt, es allenfalls im Jahr 2024 – also heuer – zu machen, wenn
die entsprechende Datenlage dazu vorhanden ist.

Das ist in Prüfung und es kann keine abschließende Antwort gegeben werden, weil es davon abhängt, wie sich die Inflationszahlen darstellen und ob
das eingepreist wird oder nicht. Jedenfalls war angekündigt: Wenn es notwendig ist, werden wir das tun.


Präsidentin Margit Göll: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Frau Bundesrä­tin Barbara Prügl zu Wort gemeldet. – Bitte.



BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 54

Bundesrätin Barbara Prügl (ÖVP, Oberösterreich): Schönen Vormittag,
Herr Minister! Ja, mich würde die verfassungsrechtliche Betrachtung interes­sieren, Sie haben es ja schon etwas angesprochen, aber dennoch
die Frage: Wie hat der Verfassungsgerichtshof die Aliquotierung beurteilt?


Präsidentin Margit Göll: Herr Bundesminister, bitte.


Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Der Verfassungsgerichtshof hat sich, wie ich schon
kurz ausgeführt habe, mit der Verfassungskonformität der Aliquotierungs­regelung auseinandergesetzt und konnte die verfassungsrechtlichen Bedenken vollumfänglich entkräften. Dieses Erkenntnis ist auch ergangen. Im
Rahmen des dem Gesetzgeber eingeräumten Gestaltungsspielraums zur Erhal­tung der Kaufkraft von Pensionen ist dieses Modell der verzögerten
Anpassung zulässig. Das hat der VfGH so entschieden. Laut ständiger Rechtspre­chung des VfGH kann von Durchschnittsbetrachtungen ausgegangen
und auf den Regelfall abgestellt werden. Dass dabei Härtefälle entstehen, macht das Gesetz nicht gleichheitswidrig. Das ist das Erkenntnis des Verfassungs­gerichtshofes, und das habe ich so auch ausgeführt.


Präsidentin Margit Göll: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Klemens Kofler zu Wort gemeldet. – Bitte.


Bundesrat Klemens Kofler (FPÖ, Niederösterreich): Grüß Gott, Frau
Präsident! Grüß Gott, Herr Minister! Meine Frage: Wann wird die Pflege durch pflegende Angehörige endlich auf die Pension angerechnet? Ich meine
damit alle Pflegenden, nicht nur die, die in Pflegekarenz waren.


Präsidentin Margit Göll: Herr Bundesminister, bitte.


Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Wir haben bei der Pflegereform eins und bei der Pflegereform zwei eine Reihe von Verbesserungen für die pflegenden Angehörigen vorgenommen. Wir wissen, dass es noch Wünsche gibt, insbesondere bei der


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 55

Anrechnung von Pensionszeiten oder der Anrechnung auf Pensionszeiten nachzubessern. Das wird Gegenstand einer Evaluierung der jetzigen Schritte in den Pflegereformschritten eins und zwei sein, wird aber in dieser Legisla­turperiode nicht mehr stattfinden, weil es dazu eine Auswertung der Evaluierung braucht, die im Herbst erst vorliegen wird. (Bundesrat Kofler: Da wartet ihr
dann auf unsere Regierung!)


Präsidentin Margit Göll: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Frau Bundesrä­tin Mag. Elisabeth Kittl zu Wort gemeldet. – Bitte.


Bundesrätin MMag. Elisabeth Kittl, BA (Grüne, Wien): Guten Morgen,
Herr Minister! Die Frage geht in Richtung Pensionen und Inflation – Frauen sind ja vor allem von geringen Pensionen betroffen und dadurch auch von
der Inflation. Welche Maßnahmen haben Sie in der Bundesregierung gesetzt, um Pensionistinnen sozusagen vor der Inflation zu schützen?


Präsidentin Margit Göll: Herr Bundesminister, bitte.


Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Wir haben dazu Folgendes: die soziale Staffelung und Einmalzahlungen bei der Pensionsanpassung 2023, die außertourliche Erhöhung der Ausgleichszulage in den Jahren 2021 bis 2023, die generelle Erhöhung der Pensionen um 9,7 Prozent bei der Pensionsanpassung, die Einführung einer Schutzklausel bei der Aufwertung des Pensionskontos für neue Pen­sionist:innen 2024, die gesetzliche Aussetzung der Aliquotierung für die Jah­re 2024 und 2025.

Generell konnte die Kaufkraft der Pensionistinnen auch in dieser
Zeit der besonders hohen Inflation aufrechterhalten werden – auch durch die Einmalzahlungen, die geleistet worden sind.


Präsidentin Margit Göll: Wir gelangen nun zur 7. Anfrage, 1954/M-BR/2024, und ich darf den Anfragesteller, Herrn Bundesrat Christoph Steiner,
um die Verlesung seiner Anfrage bitten.


09.54.30


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 56

Bundesrat Christoph Steiner (FPÖ, Tirol): Herr Minister, Sie wissen ja, die Coronazeit war eine wahnsinnig verrückte Zeit. Es sind viele Sachen passiert, bei denen es hoffentlich auch die Regierung mittlerweile so sieht, dass man
das anders machen wollen würde – hoffentlich sieht es die Regierung mittler­weile auch so.

Es sind ja in dieser Zeit viele Wahnsinnigkeiten passiert, unter anderem
auch die Beschaffung von Impfdosen in Mengen, die kein Mensch braucht. Jetzt haben wir ja immer noch so viele Impfdosen zu vernichten, und daher
meine Frage:

1954/M-BR/2024

„Wie viele Covid-Impfstoffdosen wurden seit 2021 insgesamt vernichtet?“


Präsidentin Margit Göll: Herr Bundesminister, bitte.


Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Auf diese präzise Frage eine präzise Antwort:
17,8 Millionen Impfdosen wurden aufgrund der Haltbarkeitsüberschreitung vernichtet. Die Kosten für die Entsorgung dieser Impfstoffe hat
rund 129 000 Euro betragen.


Präsidentin Margit Göll: Herr Bundesrat, wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.


Bundesrat Christoph Steiner (FPÖ, Tirol): Aufgrund der desaströsen
Covid-Politik haben wir ja jetzt auch einen – durchaus mitverursachten – Notstand an Pflegern und an Ärzten. Daher meine Frage: Wie viel ärztliches, medizinisches und Pflegepersonal hat aufgrund der von der Regierung angedrohten und dann auch umgesetzten Impfpflicht ihren so wertvollen Job in den Krankenhäusern und Alten- und Pflegeheimen gekündigt?


Präsidentin Margit Göll: Herr Bundesminister, bitte.



BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 57

Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Da es keine Zahlen dazu gibt, aus welchen Gründen Menschen ihr Beschäftigungsverhältnis kündigen, kann ich das nicht präzise beant­worten. Es lässt sich nur entlang der Beschäftigungsstatistik nachverfolgen. Wir haben im Übrigen bei den ärztlichen Berufen, bei den Gesundheits- und Pflegeberufen insgesamt einen Zuwachs an Beschäftigten im System. Das heißt, die Anzahl der Menschen, die dort diesen Beruf angetreten haben,
ist gestiegen.

Wir haben – um das auch noch zu sagen; die Zahl ist bekannt – logischerweise im Bereich der Pflege einen Bedarf von etwa 80 000 Personen zusätzlich
bis 2030. Dem versuchen wir entgegenzutreten, indem wir besser bezahlen, zu­sätzliche Urlaubswochen anbieten, die Arbeitsbedingungen verbessern.
Das ist jetzt über die 15a-Vereinbarung und den Finanzausgleich abgesichert. Wir versuchen, über die vermehrte Ausbildung und Attraktivierung der Ausbildung gegenzusteuern – auch das läuft –, um den Bedarf zu decken. Was uns auch beschäftigt, ist die Frage der Anwerbung in Drittstaaten.


Präsidentin Margit Göll: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Frau Bundesrä­tin Sandra Böhmwalder zu Wort gemeldet. – Bitte.


Bundesrätin Sandra Böhmwalder (ÖVP, Niederösterreich): Frau Präsi­dentin! Geschätzter Herr Bundesminister! Wie viele Todesfälle und schwere Krankheitsverläufe wurden in Österreich durch die Covid-19-Impfung vermieden?


Präsidentin Margit Göll: Herr Bundesminister, bitte.


Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Dazu gibt es internationale Studien, die sich der
Frage gewidmet haben: Welchen Impact hat das gehabt? Dazu gibt es auch Zahlen zu Österreich:


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 58

Im Zeitraum vom 1.2.2021 bis 18.11.2021 wurden österreichweit
etwa 19 000 Krankenhausaufenthalte, etwa 6 000 Aufenthalte in Intensivsta­tionen und etwa 6 100 Todesfälle vermieden. Das sind die Zahlen,
die von den internationalen Studien, die dazu vorliegen, abgeleitet worden sind.

Seitens der WHO wurden dazu umfangreiche Daten aus 34 europäischen Staaten evaluiert – ich treffe mich ja auch mit den Gesundheitsministern der EU-Mitgliedstaaten – und es wurde festgestellt, dass durch Covid-19-Impfun­gen insgesamt etwa 1,4 Millionen Todesfälle in Europa verhindert worden sind, davon allein in Österreich rund 25 000.

Die dritte Impfung hatte dabei die größte Auswirkung auf die errechnete Reduk­tion, weil der überwiegende Anteil der verhinderten Todesfälle die Alters­gruppe der über 60-Jährigen, also die besonders Vulnerablen, betrifft. Dort ist zu beobachten gewesen, dass die Krankheitsverläufe massiv abgemildert
werden konnten – und in letzter Konsequenz auch die Zahl der Todesfälle.


Präsidentin Margit Göll: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Frau Bundesrä­tin Mag. Claudia Arpa zu Wort gemeldet. – Bitte.


Bundesrätin Mag.a Claudia Arpa (SPÖ, Kärnten): Schönen guten Morgen,
Frau Präsidentin! Herr Minister! Die Coronapandemie ist ja mit vielen Fehlern und entstandenen Verwerfungen zu Ende gegangen. Die nächste Pandemie kann bald wieder vor der Tür stehen. Wo sehen Sie denn die größten Fehler und Versäumnisse bei der Bewältigung der Coronapandemie, und haben Sie vielleicht schon eine Strategie für eine mögliche zukünftige Pandemie?


Präsidentin Margit Göll: Herr Bundesminister, bitte.


Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Die Frage nach den Fehlern, die gemacht worden sind, beant­worte ich persönlich immer so: Es ist natürlich immer leichter, im Nach­hinein zu urteilen, weil man in der Situation selbst vieles noch nicht gewusst hat. Vieles an Wissen, das wir heute über die Covid-Erkrankung haben, ist ja


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durch wissenschaftliche Forschung und durch die Evaluierung, die wir in diesem Bereich gemacht haben, entstanden.

Was wir schon getan haben, aufbauend auf den Erfahrungen nicht nur
in Österreich, sondern in Europa und auch weltweit, ist, zusammenzutragen, welcher Mitgliedstaat der EU, welcher Staat welche Maßnahmen mit
welcher Wirkung gesetzt hat, um darauf aufbauend einen Pandemieplan zu er­arbeiten – diesen haben wir, er liegt vor –, um darin Handlungsanleitun­gen für einen nächsten Fall zu verankern, der hoffentlich nicht kommen wird – der Wahrscheinlichkeit nach wird es aber wohl so sein, dass Pandemien
weiter auftreten –, um zu klären:

Welche Maßnahmen sind in Wirkung gekommen? Wo sind – unter Anführungs­zeichen – „Fehler“ gemacht worden? War es adäquat, Massentestun­gen an Unsymptomatischen in dieser Dimension abzuwickeln, mit Folgekosten von 4 Milliarden Euro, oder ist es nicht besser, zielgerichteter zu testen?
War es adäquat, Schulen zu schließen oder die Zugangsbeschränkungen zu Al­ten- und Pflegeheimen dermaßen restriktiv zu handhaben? – Beide
Fragen würde ich persönlich in der Rückschau differenzierter beantworten, weil wir gerade im Bereich der Schulen Bildungsdefizite feststellen, die schwer aufholbar sind, und in Alten- und Pflegeheimen Ähnliches.

Bis hin zur Kommunikation, zur Medikamentenbevorratung, zur Impfstoffbevor­ratung, zur Abwicklung der Impfungen ist also eine ganze Reihe von Erkenntnissen in diesen Pandemieplan, auf den aufgebaut werden kann, einge­flossen, weil man ja davon ausgehen muss, dass die Nächsten, die das
dann zu managen haben, nicht mehr dieselben sind, die das jetzt gemacht haben.


Präsidentin Margit Göll: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr
Bundesrat Marco Schreuder gemeldet. – Bitte.


Bundesrat Marco Schreuder (Grüne, Wien): Frau Präsidentin! Herr Minister! Wie viele Covid-Impfungen wurden eigentlich in Österreich – ich sage im Zusatz:


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 60

trotz der desaströsen FPÖ-Politik – verabreicht? Und: Wie viele Covid-19-Impfstoffe wurden eigentlich gespendet?


Präsidentin Margit Göll: Herr Bundesminister, bitte.


Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Diese Frage ist deshalb wichtig, weil sie auch mit der Impfschadendebatte und den entsprechenden Zahlen im Zusammenhang steht. Wenn man die Anträge, die gestellt worden sind, ins Verhältnis setzt – die Anzahl der genehmigten Verfahren habe ich schon dargestellt, etwa 2 000 –: Bis 31.3.2024 wurden in Österreich etwa 21 Millionen Covid-Impfungen verabreicht, im Impfpass dokumentiert, davon seit Anfang September 2023, also in der vergangenen Impfsaison, 615 000 Impfungen. Und wir haben insge­samt 9,7 Millionen Impfstoffdosen gespendet.


Präsidentin Margit Göll: Wir kommen zur 8. Anfrage, 1960/M-BR/2024. Ich bit­te die Anfragestellerin, Bundesrätin Bernadette Geieregger, um die Verle­sung ihrer Anfrage.


10.02.42

Bundesrätin Bernadette Geieregger, BA (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Es gibt jetzt ja auch Änderungen bei den HPV-Imp­fungen. Meine Frage:

1960/M-BR/2024

„Welche Jahrgänge sollen bei der von Ihnen angekündigten Ausweitung der kostenlosen HPV-Impfung bis 30 Jahre konkret umfasst sein?“


Präsidentin Margit Göll: Herr Bundesminister, bitte.


Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Das ist – an dieser Stelle – meine zweite Lieblings­frage, weil damit die Wichtigkeit der HPV-Impfung dokumentiert wird. Ich möchte das anhand eines Gesprächs, das ich mit der australischen Gesundheitsministerin hatte, deutlich machen.


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 61

Australien ist in dieser Frage der HPV-Impfungen ein Vorbild, denn das gibt es dort nicht mehr! Australien hat es mit einer Durchimpfungsrate von
90 Prozent geschafft, HPV komplett auszurotten. Eine HPV-Infektion zu haben, die übrigens nicht nur – großer Irrtum in der Gesellschaft – Frauen, sondern durchaus auch Männer betrifft, bedeutet ziemlich üble Erkrankungen, Krebserkrankungen an bestimmten Geschlechtsteilen.

Wir haben jetzt den ersten Schritt gemacht, die HPV-Impfung bis 21 gratis anzu­bieten. Sie senkt übrigens das Risiko um bis zu 90 Prozent, um das auch
noch dazuzusagen. Die geplante Ausweitung der kostenlosen HPV-Impfung bis zum 30. Geburtstag ist ein weiterer Meilenstein, finde ich. Die Grundsatz­einigung wurde am 4.3.2024 durch die Zielsteuerungspartner erreicht; das ist ja eine Angelegenheit, in der Bund, Länder und Sozialversicherung sich einigen müssen.

Wir haben, um das auch noch dazuzusagen, jetzt die Situation so, dass die HPV-Impfung für Personen unabhängig vom Geschlecht vom vollendeten 9. bis
zum vollendeten 30. Lebensjahr empfohlen wird. Das ist diese Stichtagsregelung. Derzeit sind bis zum 21. Geburtstag zwei Impfungen empfohlen, danach
drei, und mit der Ausweitung des kostenfreien Impfangebotes ist geplant, das Zweidosenschema bis zum 30. Geburtstag – das ist der Stichtag –
auszuweiten.

Wir sind jetzt in den konkreten Abstimmungsgesprächen, was die Ausgestaltung angeht. Meine Zielsetzung oder mein Wunsch wäre es natürlich, die HPV-Impfung dauerhaft in einem nationalen Impfprogramm zu verankern. Es ist jetzt für zwei Jahre finanziert. Diese Ausweitung bis zum 30. Geburtstag ist
befristet, auch abgestimmt mit den Finanzierungspartnern in der Zielsteuerungs­kommission, also Sozialversicherung, Länder und Bund. Eigentlich
gehört die HPV-Impfung langfristig in einem nationalen Impfprogramm ver­ankert.


Präsidentin Margit Göll: Frau Bundesrätin, wird eine Zusatzfrage
gewünscht? – Bitte sehr.



BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 62

Bundesrätin Bernadette Geieregger, BA (ÖVP, Niederösterreich): Sie haben es schon angesprochen: Bisher war die zweifache Impfung ja für alle
Personen bis 21 Jahre gratis. Wie bewerten Sie den bisherigen Erfolg dieses Pakets?


Präsidentin Margit Göll: Herr Bundesminister, bitte.


Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Das lässt sich, obwohl ich es jetzt nicht dabei habe, relativ klar in Zahlen belegen. Wir hatten davor pro Jahr in etwa 55 000 HPV-Imp­fungen, und aufgrund des Angebotes, das jetzt bis 21 Jahre gratis machen zu können, haben wir diese Anzahl verdoppelt.

Das ist aber eine vorläufige Zahl, weil die Nachfrage nach wie vor steigt. Und bei einer einzigen Impfaktion, die die Stadt Wien gemeinsam mit den Studen­tenvertretungen an der Hauptuni gemacht hat, konnten an einem einzigen Vor­mittag 300 Impfungen abgegeben werden.


Präsidentin Margit Göll: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Horst Schachner zu Wort gemeldet. – Bitte sehr.


Bundesrat Horst Schachner (SPÖ, Steiermark): Frau Präsidentin! Herr Minister! Warum sind noch immer nicht alle empfohlenen Kinderimpfungen in das kostenlose Kinderimpfprogramm aufgenommen?


Präsidentin Margit Göll: Herr Bundesminister, bitte.


Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Auch da ist die Auskunft: Es gibt jetzt über den Finanzausgleich 19 Millionen Euro pro Jahr für Impfungen und Impfprogramme. Es ist im
Zuge des Finanzausgleichs festgelegt worden, dass im nationalen Impfprogramm jetzt die Influenzaimpfung beinhaltet ist – das war ohnehin eine ziemliche Challenge, das hinzubekommen, weil über die Finanzierung gestritten worden


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 63

ist –, die Covid-Impfung enthalten ist und die HPV-Impfung jetzt bis 30 in – wie soll ich sagen? – Schritten.

Über die weitere Verankerung wird die Zielsteuerungskommission entscheiden, das heißt, es wird eine Prioritätenreihung geben müssen, welche Impfun­gen in welche Programme eingespeist werden, auch entlang des Austausches mit den Fachgesellschaften, weil da ja eine Priorisierung vorgenommen wer­den muss. Es gibt Wünsche, die Herpes-Zoster-Impfung zu verankern, es gibt Wünsche, im Kinderimpfprogramm weitere Impfungen zu verankern.
Das wird jetzt auch entlang von Fachmeinungen der Fachgesellschaften gereiht werden: Was hat den besten Impact und was muss entlang der Gefährlich­keit priorisiert werden?


Präsidentin Margit Göll: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr
Bundesrat Markus Leinfellner zu Wort gemeldet. – Bitte.


Bundesrat Markus Leinfellner (FPÖ, Steiermark): Frau Vorsitzende! Herr Minister! Ich habe in einer meiner letzten Anfragebeantwortungen die Auskunft bekommen, dass die Krankenversicherungskosten für Asylwerber in
drei Jahren mehr als 100 Millionen Euro betragen.

Mich würde interessieren: Wie hoch sind die Kosten der HPV-Impfung nach die­ser Ausweitung für Asylwerber?


Präsidentin Margit Göll: Herr Bundesminister, bitte.


Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Das kann ich Ihnen aus dem Stand nicht beantworten. Die Ant­wort muss ich nachliefern.


Präsidentin Margit Göll: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Frau Bun­desrätin Simone Jagl zu Wort gemeldet. – Bitte.


Bundesrätin Simone Jagl (Grüne, Niederösterreich): Die Frage ist: Warum han­delt es sich bei der angekündigten Maßnahme um eine Nachholimpf-


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 64

aktion, obwohl ja die Impfung bis jetzt schon bis 30 empfohlen wurde? (Die Red­nerin versucht erfolglos, das zu hoch eingestellte Mikrofon entsprechend niedri­ger zu positionieren. – Heiterkeit bei der FPÖ. – Ein Mitarbeiter der Parlamentsdirek­tion kommt zu Hilfe.) – Aber ich wurde gehört. – Danke.


Präsidentin Margit Göll: Herr Bundesminister, bitte.


Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Ja, ich habe sie gehört, ich kann die Frage wiederholen: Warum handelt es sich bei den angekündigten Maßnahmen um eine Nachholimpf­aktion, obwohl die Impfung bis 30 empfohlen ist? – Es handelt sich um eine zeit­lich begrenzte Nachholimpfaktion für Personen bis zum 30. Lebensjahr,
da die Impfung prinzipiell für Kinder vom vollendeten 9. bis zum vollendeten 12. Lebensjahr empfohlen ist. Am besten erfolgt die Impfung wie gesagt
bei Kindern in diesem Alter.

Nach dem 31.12.2025 bleibt die kostenlose HPV-Impfung bis zum 21. Lebens­jahr bestehen, unabhängig davon, ob die Ausweitung bis 30, die ich für
sinnvoll halte, in der Zielsteuerungskommission weiter vereinbar ist. Wie ich ausgeführt habe: Ich hielte die dauerhafte Verankerung der HPV-Imp­fung in einem nationalen Impfprogramm bis zum 30. Lebensjahr gesundheitspoli­tisch jedenfalls für sinnvoll.


Präsidentin Margit Göll: Wir kommen nun zur 9. Anfrage, 1957/M-BR/2024, und ich bitte Anfragesteller Bundesrat Günter Kovacs um die Verlesung
seiner Anfrage. – Bitte sehr.


10.10.05

Bundesrat Günter Kovacs (SPÖ, Burgenland): Herr Bundesminister, Sie haben vorhin gesagt, die Tierfrage, die Hundefrage war Ihre Lieblingsfrage. Ich
komme jetzt zu einer Anfrage, die für Sie vielleicht nicht so toll ist, dabei geht es nämlich um die Inflation, um die Auswirkungen der Inflation. Sie wissen
es: Österreich ist momentan Europameister, aber leider im negativen Sinn; die


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Inflationsrate liegt momentan bei 4,3 Prozent, aber nicht nur die Inflation, sondern auch die Shrinkflation und Skimpflation betreffen uns jetzt.

Ich komme gleich zur Anfrage:

1957/M-BR/2024

„Welche konkreten Maßnahmen werden Sie in Folge des Antrags 3941/A(E) der Regierungsparteien setzen, aufgrund dessen Sie, gemeinsam mit dem
BM für Arbeit und Wirtschaft überprüfen sollen, ‚ob es tatsächlich vermehrt zur Verringerung der Füllmengen bei gleichbleibenden Packungsgrößen
gekommen ist‘?“


Präsidentin Margit Göll: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Zunächst: Diese Frage beschäftigt nicht nur Öster­reich, sondern alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union, bis hin zum ameri­kanischen Präsidenten, der sich darüber aufgeregt hat, dass in bestimm­ten Packungen von Süßigkeiten nun ein Drittel weniger Inhalt ist, und der das nicht versteht.

Wir haben uns auf Grundlage eines Beschlusses, der im Parlament
gefasst worden ist, gemeinsam mit dem Wirtschaftsministerium sehr intensiv damit beschäftigt. Wir haben die vorhandenen Daten dorthin geliefert.
Wir haben die Daten, die dem Verein für Konsumenteninformation aus dem sogenannten Lebensmittel-Check vorliegen, detailliert aufbereitet; wir ermöglichen diesen Lebensmittel-Check im Übrigen auch durch Förderungen. Das Wirtschaftsministerium beschäftigt sich derzeit nach meinem Wis­sensstand mit der Problematik, ich gehe also davon aus, dass dazu in Bälde Re­gelungsvorschläge kommen werden.

Insgesamt ist zu dieser Thematik zu sagen, dass wir über den Verein für Konsumenteninformation Unternehmen auch klagen, das heißt, wenn wir Kennt­nis über besonders krasse Fälle von Shrinkflation erlangen. Ich persönlich


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halte das für eine Irreführung von Konsumentinnen und Konsumenten. Ich halte das auch für einen unzulässigen Inflationstreiber. Versteckte Preis­erhöhungen – darum geht es nämlich – unter dem Deckmantel verkleinerter Packungsgrößen vorzunehmen, was aber nicht auf den ersten Blick
ersichtlich ist, das kann nicht angehen. Eine Firma, die auch genannt werden kann, die Firma Manner, ist über den VKI geklagt worden, und da hat
der VKI mit seiner Klage auch recht bekommen. (Bundesrat Kovacs: Danke,
Herr Minister!)


Präsidentin Margit Göll: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? (Bundesrat Kovacs: Gerne!) – Bitte, Herr Bundesrat Kovacs.


Bundesrat Günter Kovacs (SPÖ, Burgenland): Neben dieser Shrinkflation gibt es ja noch die Skimpflation, die noch viel schwieriger zu überprüfen ist. Da
geht es um die Verwendung minderwertiger Inhaltsstoffe zum Zweck der Ein­sparung bei der Produktion von Lebensmitteln, beispielsweise bei Marken­produkten – eine Einsparung auf Kosten der Konsument:innen.

Welche Maßnahmen werden Sie ergreifen, um gegen diese Skimpflation vorzu­gehen?


Präsidentin Margit Göll: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Diesbezüglich kann ich darauf hinweisen, dass es am 19.4. ei­nen informellen Rat der EU-Verbraucher:innenminister geben wird. Dieser
Rat wird auch dazu dienen, sich dieser Frage zu widmen.

Das ist dasselbe Ärgernis: Die Verwendung geringwertigerer oder billigerer In­haltsstoffe ist eine Irreführung der Konsumentinnen und Konsumenten.
Im Übrigen wird es dann bei der Anfrage 10 – jener betreffend Lebensmittel­kennzeichnung – eh noch Thema sein, bei der es darum geht, zu Regelun­gen zu kommen, die auch international durchsetzbar und durchführbar sind. Es ist sozusagen einmal mehr ein Appell an eine proeuropäische Haltung, denn


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wenn es nicht gelingt, diese Konsumentenschutzfragen auf europäischer Ebene so zu regeln, dass sie grenzüberschreitend Gültigkeit haben, dann werden
wir scheitern. Wir werden es nicht hinbekommen, das als Österreich
alleine durchzusetzen, und dahin gehen die Bemühungen.

Ich glaube, es braucht diese Regelungen. Ich glaube, es braucht auch konkrete Richtlinienvorschläge der Europäischen Kommission. Es wird ja oft gesagt,
es gibt eine zu hohe Regelungsdichte oder zu viele Vorschriften, aber da braucht es sie, weil der Schutz der Konsumentinnen und Konsumenten im Vorder­grund steht.


Präsidentin Margit Göll: Zu einer weiteren Zusatzfrage zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Klara Neurauter. – Bitte sehr.


Bundesrätin Klara Neurauter (ÖVP, Tirol): Herr Minister, Sie haben es schon angedeutet: Europa ist diesbezüglich wichtig, aber welche Bestrebungen gibt es konkret auf europäischer Ebene, um diesen Mogelpackungen entgegen­zuwirken?


Präsidentin Margit Göll: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Wir haben das mit Spannung beobachtet: Es gab dazu schon eine Debatte im Ausschuss für Konsumentenschutz, weil es dazu auch
schon Anträge gegeben hat, sich das französische Modell genauer anzuschauen. Frankreich hat einen nationalen Legistikvorschlag vorgelegt, der aber auf europäischer Ebene sozusagen nostrifiziert oder genehmigt werden muss. Die Frist für das Begutachtungsverfahren beziehungsweise die Stellungnah­men dazu hat mit 28. März geendet. Ein einziges Land, nämlich Polen, hat dazu Bedenken angemeldet, und nicht die Kommission, was darauf hindeutet,
dass in der Kommission jedenfalls die Erkenntnis Platz gegriffen hat, die ich vor­her versucht habe darzulegen: dass es wohl einen Regelungsbedarf gibt.
Meine Einschätzung ist, dass dieses französische Modell, wenn es tatsächlich zur


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Wirkung kommt, eine Blaupause für einen Kommissionsvorschlag sein könnte, um die Dinge zu regeln.


Präsidentin Margit Göll: Zu einer weiteren Zusatzfrage zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Andreas Arthur Spanring. – Bitte.


Bundesrat Andreas Arthur Spanring (FPÖ, Niederösterreich): Guten Morgen! Herr Minister, neben Fakeverpackungen und Fakenews gibt es auch immer mehr Fakeshops – natürlich online. Im Jahr 2023 gab es nach einer sehr hohen Dunkelziffer deshalb mehr als 28 000 Anzeigen.

Meine konkrete Frage an Sie ist: Welche Maßnahmen haben Sie als Konsumen­tenschutzminister in der Vergangenheit gesetzt, um unsere Bürger vor
solchen Fakeshops zu schützen?


Präsidentin Margit Göll: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Wir haben dazu eine Meldestelle eingerichtet, in der konkreten Fällen auch nachgegangen wird. Das heißt, wenn dort Meldungen eingehen
und konkrete Hinweise auftauchen, insbesondere in den von Ihnen an­gesprochenen Fällen, wird dem nachgegangen und, wenn notwendig, auch mit strafrechtlichen Schritten vorgegangen.

Sie haben es völlig richtig dargestellt: Das ist ein Phänomen, das inzwi­schen grenzüberschreitend Platz greift, hinter dem organisierte Betrugsstruktu­ren stehen und bei dem wirklich auch Abzocke betrieben wird. Das
Problem in diesen Fällen ist oft, dass wir, um das verfolgen zu können – wie soll ich sagen? –, wissen müssen, wo die Anbieter und die Server ihren
Standort haben, die dann oft außerhalb von Europa beheimatet sind. Das ist in all diesen Fragen der Verfolgung von digitalen kriminellen, halbkriminellen
oder schrägen Geschichten eine Schwierigkeit. Da wird ebenfalls auf europäischer Ebene versucht, den großen Techkonzernen, die wir alle kennen –


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die ich jetzt nicht nenne, um nicht Werbung zu machen –, bestimmte Regeln vorzugeben.

Da ist die Europäische Union im Unterschied zu anderen Staaten Vorreiter – die USA machen das gar nicht, denn sie würden da sozusagen die eigenen Unternehmen irgendwie an die Leine legen –, weil dann auch Klagen und Straf­zahlungen durchgesetzt werden. Wenn es einmal Platz greift, dass be­stimmte Methoden auf Tätigkeiten zurückzuführen sind, die eine mangelnde Regelung haben, wird auch mit Strafzahlungen agiert. Es wird nur mög­lich sein, dem entgegenzuwirken, wenn Europa eine Vorreiterrolle einnimmt und klar sagt: Wir sind nicht bereit, diese Machenschaften zu akzeptieren!,
und, wenn es um Konsumentenschutz geht, auch versucht, grenzüberschreitend beispielsweise das Klagerecht durchzusetzen. – Ich muss als Konsument
in Österreich die Möglichkeit haben, mich einer Verbandsklage auf europäischer Ebene anzuschließen, weil ich das sozusagen alleine mit meinen Mitteln,
die ich habe, nicht durchsetzen kann.


Präsidentin Margit Göll: Zu einer weiteren Zusatzfrage zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Mag. Elisabeth Kittl. – Bitte sehr.


Bundesrätin MMag. Elisabeth Kittl, BA (Grüne, Wien): Herr Minister, Sie haben es zuerst schon ein bisschen beantwortet – ich würde gerne wieder auf Österreich zurückkommen: In Ihrem Namen hat der VKI eben Klagen gegen die Shrinkflation-Praktiken eingebracht. Vielleicht wollen Sie noch ein biss­chen davon erzählen, wie der Stand der Verfahren dazu ist.


Präsidentin Margit Göll: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Ich habe schon das Beispiel der Firma Manner genannt. Es gibt ein zweites Beispiel: Ende 2023 hat der VKI in meinem Auftrag eine Klage
gegen die Firma Iglo eingebracht. Der Anlassfall war, dass der Inhalt eines Tief­kühlproduktes reduziert worden ist, die Verpackung aber ident ist, gleich


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geblieben ist. Das heißt, es war dieselbe Verpackung, in der einfach weniger drin war – mit Ausnahme der geänderten, sehr klein gedruckten Füllmengen­angabe in Gramm; ansonst gab es keine sichtbare Veränderung. Das ist unserer Ansicht nach eine Irreführung der Konsumentinnen und Konsumenten.
In diesem Fall ist mit einem Urteil in der zweiten Jahreshälfte dieses Jahres zu rechnen.


Präsidentin Margit Göll: Wir gelangen nun zur 10. Anfrage, 1961/M-BR/2024.

Ich bitte die Anfragestellerin Bundesrätin Johanna Miesenberger um die Verlesung ihrer Anfrage. – Bitte sehr.


10.20.22

Bundesrätin Johanna Miesenberger (ÖVP, Oberösterreich): Frau Präsiden­tin! Geschätzter Herr Minister! Landwirtinnen und Landwirte und auch
immer mehr Konsumentinnen und Konsumenten wünschen sich mehr Transpa­renz und Nachvollziehbarkeit bei Lebensmitteln. Wie ist der aktuelle Umsetzungsstand bei der verpflichtenden Herkunftskennzeichnung bei verar­beiteten Lebensmitteln?

*****

Die schriftlich eingebrachte Anfrage, 1961/M-BR/2024, hat folgenden Wortlaut:

„Wie ist der Stand der Umsetzung im Hinblick auf eine verpflichtende
Herkunfts-Kennzeichnung bei verarbeiteten Lebensmitteln im Sinne von mehr Transparenz?“

*****


Präsidentin Margit Göll: Herr Bundesminister, bitte.


Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Seit 1. September 2023 gilt, wie wir wissen, die verpflichtende Herkunftskennzeichnung in der Gemeinschaftsverpflegung. Das war der
erste Schritt, den wir gemacht haben, um da voranzukommen. Hinsichtlich der


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Herkunftskennzeichnung bei verpackten Lebensmitteln ist es deutlich komplizierter, da erwarten wir einen Vorschlag der Europäischen Kommission, der im Rahmen der Farm-to-Fork-Strategie vorgelegt werden soll. Zwi­schenzeitlich bemühen wir uns, in einem Projekt die Auswirkungen der Her­kunftskennzeichnung bei verpackten Lebensmitteln gemeinsam mit
den beteiligten Stakeholdern darzustellen.

Die Umsetzung der Herkunftskennzeichnung bei verarbeiteten und verpackten Waren stellt sich durch längere Lieferketten und mehr Verarbeitungs­schritten natürlich deutlich komplizierter dar.

Bei unserem Projekt, das wir lancieren – das Projekt heißt Kennzeichnung, Her­kunft und Nachhaltigkeit bei verpackten Lebensmitteln –, erfolgt die Erstel­lung von Handbüchern zur Umsetzung der Kontrolle von produkt- und prozess­bezogenen Kennzeichnungselementen. Ab Sommer 2024 soll ein Pilot­versuch, beschränkt auf einen Lebensmittelsektor und ausgewählte Lebensmit­teleinzelhändler, starten.


Präsidentin Margit Göll: Frau Bundesrätin, wird eine Zusatzfrage ge­wünscht? – Bitte.


Bundesrätin Johanna Miesenberger (ÖVP, Oberösterreich): Sie haben angesprochen, dass auf nationaler Ebene bereits gearbeitet und diskutiert wird. Welche Stakeholder, die Sie angesprochen haben, sind in die Diskussionen eingebunden?


Präsidentin Margit Göll: Bitte, Herr Minister.


Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Ich teile natürlich den Zugang, den Sie ansprechen: Transparenz ist eine Grundvoraussetzung, um auch als Konsumentin, als Konsument eine adäquate Entscheidung treffen zu können und um tunlichst auch zu Lebensmitteln zu greifen, die regional produziert sind, die unter
fairen Bedingungen für die Tiere produziert sind, die auch nachhaltig produziert


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sind. Wir sind da mit den Stakeholdern der Wirtschaftskammer, der Landwirt­schaftskammer und des Lebensmitteleinzelhandels in Gesprächen.

Was eine Herausforderung darstellt, das sage ich auch ganz offen, ist die Her­kunftskennzeichnung in der gesamten Gastronomie. Ich und auch die Landwirtschaft würden das sehr begrüßen und wollen. Das
scheitert aktuell am Widerstand der Wirtschaftskammer, was ich nicht verstehe, denn ich glaube, dass die Herkunftskennzeichnung in der Gastronomie ein
Asset sein könnte, um auch im Tourismus für die auf Qualität orientierte heimi­sche Gastronomie ein Vorzeigemodell zu produzieren. Da braucht es aber
wie gesagt noch Überzeugungsarbeit in der Wirtschaftskammer.


Präsidentin Margit Göll: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Stefan Schennach zu Wort gemeldet. – Bitte sehr.


Bundesrat Stefan Schennach (SPÖ, Wien): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Ich weiß nicht, ob Sie auch soeben ein Déjà-vu-Erlebnis
hatten, nämlich insofern, dass ausgerechnet jene Fraktion über Herkunftsbe­zeichnungen nachfragt, die seit über zehn Jahren dieses EU-Lieferketten­gesetz bekämpft. Ich darf Sie daher, da es neben den Herkunftsbezeichnungen ja auch ein großer Wunsch von Konsumenten und Konsumentinnen ist, keine Produkte aus Kinderarbeit, aus Zwangsarbeit oder ähnlichen Dingen zu erhalten, Folgendes fragen:

Werden wir eine Chance haben, dass wir dieses Lieferkettengesetz genau­so wie die Herkunftsbezeichnung noch erleben werden?


Präsidentin Margit Göll: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Die Abstimmung zum Lieferkettengesetz hat im Europäischen Parlament stattgefunden; das Abstimmungsverhalten der einzelnen
Fraktionen setze ich als bekannt voraus. (Bundesrat Schennach: Aber die Umset­zung!) Die Umsetzung wird auf nationalstaatlicher Ebene stattzufinden


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haben. Das wird in die vertrauensvollen Hände der nächsten Bundesregierung gelegt werden.


Präsidentin Margit Göll: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr
Bundesrat Markus Steinmaurer zu Wort gemeldet. – Bitte sehr.


Bundesrat Markus Steinmaurer (FPÖ, Oberösterreich): Herr Minister! Die Le­bensmittelkennzeichnung ist für viele Österreicher wichtig, daher meine konkrete Frage an Sie:

Welche Vorkehrungen sind getroffen worden oder haben Sie getroffen, um eine einheitliche, nachvollziehbare Herkunftskennzeichnung für zur Gänze –
also zu 100 Prozent und nicht wie üblich ab 50 Prozent – in Österreich herge­stellte und produzierte erwerbbare Lebensmittel zu gewährleisten?


Präsidentin Margit Göll: Herr Bundesminister, bitte.


Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Ich habe versucht, darzulegen, dass bei der Frage
der Lebensmittelkennzeichnung zwischen verarbeiteten Produkten und verpackten Waren zu unterscheiden ist. Bei den nicht verarbeiteten Produkten und nicht verpackten Waren ist es einfacher, weil der Gestaltungsspielraum
eher auf der nationalen Ebene zu sehen ist. Ich meine, da sind wir auf
einem guten Weg.

Bei den verpackten Waren gibt es schon allein entlang der Frage, was genau denn alles ausgewiesen sein muss, erhebliche Differenzen innerhalb der europäischen Mitgliedstaaten, ganz zu schweigen von den Interessenlagen der Lebensmittelindustrie oder der Verpackungsindustrie. Das heißt, dort zu Regelungen zu kommen, die dann nicht Insellösungen darstellen, sondern auch nachvollziehbar und für die Konsument:innen transparent sind, ist eine
Aufgabe, die europäisch gelöst werden muss; daran wird in der Europäischen Union und in der Europäischen Kommission gearbeitet.


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In Europa stehen wir vor der Europawahl, es wird eine neue Kommission, ein neues Parlament geben, aber diese Frage wird auf jeden Fall in die
nächste Periode der EU-Kommission hineinreichen, da dort auch die Erkenntnis Platz gegriffen hat, dass es diese Regelung brauchen wird. Das gilt auch
in anderen Fällen, über die wir heute nicht gesprochen haben, wie in der Phar­malegislative. Wenn es grenzüberschreitende multinationale Interes­senlagen gibt, bei denen auf der einen Seite die wirtschaftlichen Interessen der verarbeitenden Betriebe – der Lebensmittelindustrie, der Verpackungs­industrie – stehen, aber auf der anderen Seite dann in den Mitgliedstaaten die Konsumentinnen und Konsumenten davon betroffen sind, dann muss
eine gesamteuropäische Lösung Platz greifen, und diese ist jedenfalls in Ausar­beitung.


Bundesrat Markus Steinmaurer (FPÖ, Oberösterreich): In Österreich ist
es so – Sie haben es angesprochen –, dass sich die Wirtschaftskammer und die Landwirtschaftskammer nicht einig sind. Gibt es da konkrete Vorstellungen?


Präsidentin Margit Göll: Es gibt keine Zusatzfrage zur Zusatzfrage.

Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Frau Bundesrätin Dipl.-Ing.in Dr.in Maria Huber zu Wort gemeldet. – Bitte sehr.


Bundesrätin Dipl.-Ing. Dr. Maria Huber (Grüne, Steiermark): Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Minister! Sie sind zwar schon kurz auf die Herkunfts­bezeichnungen in der Gastronomie und darauf, dass Ihnen das sehr wichtig ist, eingegangen, aber vielleicht können Sie noch einmal kurz ein paar Worte
dazu sagen, was Sie sich da wünschen würden.


Präsidentin Margit Göll: Herr Bundesminister, bitte.


Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Das habe ich gesagt: Es gibt jetzt in der Gemeinschaftsverpfle­gung diesen Vorstoß, der im Übrigen erfolgreich ist, auch angenommen


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und umgesetzt wird, und ich halte die Nachvollziehbarkeit und das Wissen da­rüber, woher etwas kommt, für diejenigen, die es anbieten – also für die Gastronomie, um es klar zu sagen –, nicht für eine Hürde oder für ein Hindernis, sondern für ein Asset. Da muss, wie ich eben ausgeführt habe, noch Überzeugungsarbeit geleistet werden, namentlich bei der Wirtschaftskammer. Ich weiß, dass die Landwirtschaft das will und jedenfalls dort auch die Bemühungen im Gang sind. Wir arbeiten mit großer Hartnäckigkeit daran, diese Überzeugungsarbeit zu leisten.


Präsidentin Margit Göll: Die Fragestunde ist nun beendet.

Ich bedanke mich bei Ihnen, Herr Minister, für die Beantwortung der Fragen, herzlichen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)


10.28.56

Einlauf und Zuweisungen

Vizepräsident Dominik Reisinger (den Vorsitz übernehmend): Hinsichtlich der eingelangten und verteilten Anfragebeantwortungen,

jenes Verhandlungsgegenstandes, der gemäß Art. 42 Abs. 5 Bundes-Verfas­sungsgesetz nicht dem Mitwirkungsrecht des Bundesrates unterliegt,

eines Schreibens des Bundeskanzlers betreffend Amtsenthebung des Herrn Staatssekretärs Florian Tursky durch den Herrn Bundespräsidenten
mit Entschließung gemäß Art. 78 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 74 Abs. 3 Bundes-Verfassungsgesetz,

der Schreiben des Ministerratsdienstes des Bundeskanzleramtes betreffend den Aufenthalt des Bundeskanzlers und weiterer Mitglieder der Bundesregie­rung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union sowie

eines Schreibens des Generalsekretärs für auswärtige Angelegenheiten im Bun­desministerium für europäische und internationale Angelegenheiten gemäß Art. 50 Abs. 5 Bundes-Verfassungsgesetz


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 76

verweise ich auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung gemäß § 41 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Bundesrates, die dem Stenographischen Protokoll
dieser Sitzung angeschlossen wird.

Weiters eingelangt ist ein Schreiben des Ministerratsdienstes des Bundeskanz­leramtes betreffend den Aufenthalt von Herrn Bundesminister für euro­päische und internationale Angelegenheiten Mag. Alexander Schallenberg vom
1. bis 14. April 2024 außerhalb der EU bei gleichzeitiger Beauftragung
von Herrn Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumenten­schutz Johannes Rauch am 4. und 5. April 2024 mit seiner Vertretung
gemäß Art. 73 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz,

ein Schreiben des Ministerratsdienstes des Bundeskanzleramtes betreffend den Aufenthalt von Herrn Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft
Prof. Dr. Martin Kocher von 3. bis 5. April 2024 in Montenegro bei gleichzeitiger Beauftragung von Herrn Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft Mag. Norbert Totschnig mit seiner Vertretung gemäß Art. 73 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz sowie

ein Schreiben des Ministerratsdienstes des Bundeskanzleramtes betreffend den Aufenthalt von Bundesministerin für EU und Verfassung Mag.a Karoline Edtstadler am 4. und 5. April 2024 in Montenegro und Albanien bei gleichzeitiger Beauftragung von Frau Bundesministerin Mag.a Claudia Tanner mit ihrer Vertretung gemäß Art. 73 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz.

Ebenso verweise ich hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen im Sinne des § 19 Abs. 1 der Geschäftsordnung
auf die gemäß § 41 Abs. 1 der Geschäftsordnung im Sitzungssaal verteilte Mit­teilung, die dem Stenographischen Protokoll dieser Sitzung angeschlossen
wird.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 77

A. Eingelangt sind:

1. Anfragebeantwortungen

(Anlage 1) (siehe auch S. 22)

2. Eingelangter Verhandlungsgegenstand, der gemäß Art. 42 Abs. 5 B-VG nicht dem Mitwirkungsrecht des Bundesrates unterliegt

Beschluss des Nationalrates vom 20. März 2024 betreffend ein Bundesgesetz betref­fend Ermächtigung zur Veräußerung von unbeweglichem Bundesvermögen (2495 d.B.)

3. Schreiben des Bundeskanzlers betreffend

Amtsenthebung des Herrn Staatssekretärs Florian Tursky, MSc, MBA durch den Herrn Bundespräsidenten mit Entschließung gemäß Artikel 78 Absatz 2 in Verbindung mit Artikel 74 Absatz 3 des Bundes-Verfassungsgesetzes (Anlage 2)

4. Aufenthalt eines Mitgliedes der Bundesregierung in einem anderen Mitgliedsstaat der Europäischen Union

Schreiben des Ministerratsdienstes betreffend den Aufenthalt von Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien MMag. Dr. Susanne Raab von 1. 
bis 6. April 2024 (Anlage 3 und 3a Ergänzung)

Schreiben des Ministerratsdienstes betreffend den Aufenthalt von Bundeskanzler Karl Nehammer, MSc am 4. und 5. April 2024 (Anlage 4)

5. Unterrichtung gemäß Art. 50 Abs. 5 B-VG

Schreiben des Generalsekretärs für auswärtige Angelegenheiten im Bundesministe­rium für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Voll­macht zur Aufnahme von Verhandlungen über ein Abkommen über soziale Sicherheit zwischen der Republik Österreich und der Republik Kosovo (Anlage 5)


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 78

B. Zuweisungen

1. Gesetzesbeschlüsse (Beschlüsse) des Nationalrates

(siehe Tagesordnung) sowie

2. Vorlagen der Bundesregierung oder ihrer Mitglieder

(siehe Tagesordnung)

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BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 79

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BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 80

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BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 81

*****


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 82

*****


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 83

*****


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 84


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 85


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 86


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 87

*****



BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 88

Vizepräsident Dominik Reisinger: Eingelangt sind und den zuständigen Aus­schüssen zugewiesen wurden jene Beschlüsse des Nationalrates bezie­hungsweise jene Berichte, die Gegenstand der heutigen Tagesordnung sind.

Die Ausschüsse haben ihre Vorberatungen abgeschlossen und schriftli­che Ausschussberichte erstattet.

Ich habe die zuvor genannten Verhandlungsgegenstände auf die Tagesordnung der heutigen Sitzung gestellt.

Wird zur Tagesordnung das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Behandlung der Tagesordnung


Vizepräsident Dominik Reisinger: Aufgrund eines mir zugekommenen Vor­schlages beabsichtige ich, die Debatten über die Tagesordnungspunkte 1 bis 3, 4 und 5, 8 und 9, 12 und 13 sowie 14 und 15 jeweils unter einem zu
verhandeln.

Erhebt sich dagegen ein Einwand? – Das ist nicht der Fall.

Wir gehen in die Tagesordnung ein.

10.32.391. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 20. März 2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gerichtsgebührengesetz geändert wird (3948/A und 2497 d.B. sowie 11446/BR d.B.)

2. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 20. März 2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Lebenshaltungs- und Wohnkosten-Ausgleichs-Gesetz geän­dert wird (3946/A und 2498 d.B. sowie 11447/BR d.B.)


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3. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 20. März 2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Förderung von Maßnahmen in den Bereichen der Wasserwirtschaft, der Umwelt, der Altlastensanierung, des Flä­chenrecyclings, der Biodiversität und der Kreislaufwirtschaft und zum
Schutz der Umwelt im Ausland sowie über das österreichische JI/CDM-Pro­gramm für den Klimaschutz (Umweltförderungsgesetz – UFG) geän­dert wird (3950/A und 2499 d.B. sowie 11442/BR d.B. und 11448/BR d.B.)


Vizepräsident Dominik Reisinger: Wir gelangen nun zu den Tagesordnungspunkten 1 bis 3, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Berichterstatterin zu den Punkten 1 bis 3 ist Frau Bundesrätin
Dipl.-Ing.in Dr. Maria Huber gemeldet. Ich bitte um die Berichterstattung.


10.33.42

Berichterstatterin Dipl.-Ing. Dr. Maria Huber: Herr Präsident! Ich
erstatte Bericht.

Ich bringe den Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 20. März 2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gerichtsgebührengesetz geändert wird.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher gleich
zur Antragstellung:

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 3. April 2024 den An­trag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch
zu erheben.

Weiters bringe ich Ihnen den Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 20. März 2024 betreffend ein Bundesgesetz,
mit dem das Lebenshaltungs- und Wohnkosten-Ausgleichs-Gesetz geändert wird.


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 90

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher gleich
zur Antragstellung:

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 3. April 2024 den An­trag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch
zu erheben.

Ich bringe Ihnen auch den Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 20. März 2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit
dem das Bundesgesetz über die Förderung von Maßnahmen in den Bereichen der Wasserwirtschaft, der Umwelt, der Altlastensanierung, des Flächen­recyclings, der Biodiversität und der Kreislaufwirtschaft und zum Schutz der Umwelt im Ausland sowie über das österreichische JI/CDM-Programm
für den Klimaschutz geändert wird.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher gleich zur An­tragstellung:

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 3. April 2024
den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Ein­spruch zu erheben.


Vizepräsident Dominik Reisinger: Danke für die Berichte.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Sascha Obrecht. Ich erteile ihm dieses.


10.35.25

Bundesrat Mag. Sascha Obrecht (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Werter
Herr Sozialminister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Damen und Herren! Da ich wieder Erstredner bin, möchte ich eingangs vielleicht mit etwas
Nettem beginnen und gehe dann zu etwas nicht so Nettem über.


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Ich möchte vor allem auch dem Gesundheitsminister links von mir eine Würdigung aussprechen dafür, dass er sich einer Fragestunde gestellt hat. Das machen nicht viele Minister dieser Bundesregierung und ist durchaus
positiv. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesrät:innen der ÖVP. – Zwischenruf des Bundesrates Schennach.)

Ich glaube, das ist, wenn man das als Mitglied der Bundesregierung macht, sehr herausfordernd, dennoch bietet es uns die Möglichkeit, mehr Themen zu erörtern. Ich würde mir das von anderen Mitgliedern der Bundesregierung auch wünschen – das ist gleich ein Appell mitunter vielleicht an den Finanz­minister, der gleich kommen wird, dessen Anwesenheit bei dem Tagesordnungs­punkt eigentlich auch ganz gut passen würde, auch wenn die Gesetze,
über die wir sprechen, nicht in seine unmittelbare Vollziehung fallen. Das ist mir schon bewusst.

Jetzt vielleicht zum nicht so Netten: Worum geht es? – Es geht um das Wohnbaupaket der Bundesregierung. Da stehe ich nicht an, zuzugeben, dass es da auch Licht gibt, aber es gibt eben auch Schatten, und der Teil, den ich
zu besprechen haben, betrifft den Schatten, weil ich scheinbar vorzugsweise Kontrareden halte.

Was genau ist der Schatten an dem Vorschlag, den wir hier haben? – Wir reden seit gefühlt einem Jahr, wenn nicht sogar länger davon, dass uns die Mie­ten davongaloppieren, dass die Leute darunter leiden, und ich unterstelle – jetzt einmal auch im Positiven gemeint – den Kolleginnen und Kollegen der Volkspartei, dass sie Menschen in ihrem Umfeld haben, die sie darauf hinweisen, dass es Leute in der Bevölkerung gibt, die sie darauf ansprechen und die
sagen: Wir leiden unter diesen Mieten.

Wir haben schon von der Fraktionsvorsitzenden der ÖVP gehört, dass die Salzburgerinnen und Salzburger darunter zu leiden haben, ich bin mir sicher, dass der Landesgeschäftsführer der ÖVP-Niederösterreich, der gleichfalls hier herinnen sitzt, das von Niederösterreicherinnen und Niederösterreichern auch


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hören wird; der Geschäftsführer des Oberösterreichischen Senioren­bundes, der wird das von den Seniorinnen und Senioren natürlich auch hören. Es wird ganz, ganz viele Menschen geben, die Sie darauf anreden. Das heißt,
ich gehe auch da wieder im guten Sinne davon aus, dass Sie gelegentlich zusam­mensitzen und darüber reden: Ja, die Mieten steigen, die laufen wirklich
davon, die Leute leiden wirklich darunter!

Dann überlegen Sie, was man dagegen machen könnte, und dann sitzt man in ei­nem Kreis zusammen und denkt sich: Was könnte man dagegen machen,
dass die Mieten steigen? Die Leute können sie sich nicht leisten! – Dann ist Stil­le, und dann kommt jemand raus und sagt: Die Leute könnten den Wohn­raum doch kaufen! Die Leute könnten ihn kaufen, und das könnte man fördern! Wenn sie sich die Mieten für eine Wohnung nicht leisten können, dann
sollen sie sie einfach kaufen! So einfach ist das! (Beifall bei der SPÖ. – Heiterkeit der Bundesrätin Schumann. – Zwischenruf des Bundesrates Schennach.) –
Das ist dann die Lösung, und diesen Ansatz fördern wir heute auch noch. Anstatt dass wir in die Mieten eingreifen, wird das auch noch gefördert.

Wie macht das die Bundesregierung tatsächlich? – Es gibt einen Freibetrag von 500 000 Euro: Wenn sich jemand so eine Wohnung leisten kann, kriegt er 1,1 Prozent vom Steuerzahler geschenkt. 5 500 Euro gibt es einfach einmal aus der Portokasse zurück für die Personen, die in der glücklichen Lage sind,
sich so eine Wohnung leisten zu können. Ich kenne niemanden, der sie sich leis­ten kann. Ich kenne tatsächlich niemanden – und ich weiß auch nicht, wo
die Empörung herrührt, Frau Kollegin Kittl, weil gerade in Wien wissen wir, dass sich ganz viele Menschen diese Summen sicher nicht leisten können.

Der Skandal sind ja tatsächlich nicht nur die 500 000 Euro, der Skandal ist ja tat­sächlich, dass das auch für Leute gilt, die Eigentum an Grundstücken er­werben, deren Wert bis zu 2 Millionen Euro in die Höhe geht. Selbst wenn sie ein Grundstück kaufen, das 2 Millionen Euro kostet, kriegen sie hinten­nach immer noch diese 5 500 Euro geschenkt.


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Das heißt, wenn man sich eine Villa im 19. Bezirk, im Nobelbezirk, kauft – und ich habe vorhin nachgeschaut –, die auch für 1,9 Millionen Euro zu haben
ist, was ich mir tatsächlich nicht leisten kann – vermutlich auch niemand, den ich in meinem Umfeld kenne, und vermutlich auch die meisten, die Sie ken­nen, können sich das nicht leisten –, wenn also eine Person in Döbling diese 1,9 Millionen Euro hinlegt und diese Villa im Nobelviertel kauft, schenkt
ihnen der österreichische Steuerzahler, weil wir das jetzt so beschließen sollen, 5 500 Euro on top zurück. – Das geht mir nicht ein! Anstatt dass wir in
die Mieten eingreifen, wird dieses Geld hergeschenkt.

Das ist leider ein Evergreen, der hier zu spielen ist, weil das immer und immer wieder passiert: Wir nehmen Geld der Steuerzahler, der Steuerzahlerin­nen und finanzieren damit Wohlhabende und Leute, die es ohnehin
nicht brauchen.

Wir leben in einer Zeit, in der die Kinderarmut steigt, in der Altersarmut steigt, in der Menschen Probleme haben, ihre Mieten zahlen zu können, in der die
Zahl der Delogierungen steigt, in der die Zahl der Personen mit einem Mietzins­rückstand steigt, und trotzdem greift man nicht dort hin, sondern man er­möglicht es, dass Personen, die Villen um 1,9 Millionen Euro in Döbling kaufen, hintennach noch einmal ein Geschenk bekommen – und das halte ich für
falsch und unmoralisch. (Beifall bei der SPÖ.)

Der Sozialminister hier links von mir strudelt sich dann mit den Konsequenzen ab. Wir haben ganz viele Menschen, die sich die Mieten nicht leisten
können, und jetzt erhöhen wir mit dem zweiten Gesetzesbeschluss im Rahmen dieses Themenblocks die Wohnhilfe, weil die Leute diese Unterstützung dringend brauchen. Da sind wir auch dafür, weil das eine notwendige Maßnahme ist, aber – da kann ich André Heller zitieren – das ist wie ein Luftröhren­schnitt, der einem das Leben rettet, wenn eine Haselnuss im Hals steckt. Das ist eine notwendige Maßnahme, aber niemand will diese Maßnahme. Wir
würden uns wünschen, dass sie nicht notwendig wäre. Und man könnte das ver­hindern, man könnte in die Mieten eingreifen. Man tut es nicht! Stattdessen


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lässt man sie steigen, und dann müssen wir mit dem Geld der Steuerzahler:innen diese Leute finanzieren, damit sie ihre Mieten zahlen können. (Beifall bei
der SPÖ.)

Wer bekommt das dann? Wer bekommt das Geld? – Natürlich wandert es vom Steuerzahler an die Leute, die ihre Miete damit zahlen – es wandert also letztendlich in die Taschen der Vermieterinnen und Vermieter, die es tatsächlich gerade nicht brauchen. Das ist einfach ein falscher Zugang, deswegen
können wir dem ersten Punkt nicht zustimmen.

Wir unterstützen natürlich die Erhöhung der Wohnhilfe, weil sie notwendig ist. Wir würden uns aber einen Zustand wünschen, in dem das nicht notwen­dig wäre. Es läge in Ihrer Hand. Sie haben sich nicht dazu bereit erklärt, über das ganze letzte Jahr hinweg nicht. Sie haben sich auch mit dieser Maßnahme
nicht dazu bereit erklärt. Ich will wirklich noch einmal das Bild veran­kern, das zeigt, was Sie heute machen: Sie erklären sich bereit, dass jemand, der sich eine Villa um 1,9 Millionen Euro leisten kann, 5 500 Euro zurückbe­zahlt bekommt. Das ist Ihre Maßnahme. (Beifall bei der SPÖ.)

10.41


Vizepräsident Dominik Reisinger: Danke.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Bundesrat Christoph Stillebacher. Ich erteile dieses.


10.41.42

Bundesrat Christoph Stillebacher (ÖVP, Tirol): Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Besucherinnen und Besucher! Ich darf heute ebenfalls zu den Tagesordnungspunkten 1 bis 3 sprechen. Die Punkte, wie wir schon von
meinem Vorredner gehört haben, betreffen hauptsächlich leistbares Wohnen, aber auch die Förderung von klimaschonendem Konsumverhalten.


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Die Ausgangslage und die Probleme kennen wir zur Genüge, und, Herr Kollege Obrecht, natürlich reden wir mit unseren Leuten, mit der Bevölkerung, selbstverständlich. Wer mit den Leuten spricht, weiß, dass Leistbarkeit von Wohnraum das große Thema schlechthin ist, und da sind wir, glaube
ich, alle gleicher Meinung, keine Frage.

Wir als Regierungspartei wollen dieser problematischen Entwicklung am Wohnungsmarkt entgegenwirken, und deshalb gibt es dieses Wohnraumpaket. Mit dem Wohnraumpaket können circa 20 000 neue Wohnungen im
Eigentum und Mietbereich geschaffen und rund 5 000 Wohnungen saniert werden. Wir ermöglichen damit mehr Eigentum und kurbeln gleich­zeitig die Konjunktur an – immer unter besonderer Berücksichtigung und Förderung ökologischer und energieschonender Maßnahmen.

Konkret heißt das, wir beschließen erstens eine zeitlich befristete Abschaffung der Grundbuch- und Pfandrechteintragungsgebühren und unterstützen
die Bundesländer bei Zinsstützungen für Wohnbaudarlehen. Beides hilft Bür­gerinnen und Bürgern, die eine Immobilie kaufen wollen. Zweitens be­schließen wir die Aufstockung des Wohnschirmes um 60 Millionen Euro auf 125 Millionen Euro. Drittens beschließen wir die Aufstockung des Reparaturbonus, der die regionale Kreislaufwirtschaft unterstützt und klima­schonendes Verhalten fördert.

Konkret zum Tagesordnungspunkt 1: dem Gerichtsgebührengesetz.
Mit dieser Novelle ermöglichen wir die temporäre Abschaffung der Grund­bucheintragungsgebühr und der Pfandrechteintragungsgebühr beim Erwerb von Wohnungseigentum. Das hilft den potenziellen Wohnungskäufern.
Konkret macht die Streichung der Grundbucheintragungsgebühr eine Ersparnis von 1,1 Prozent aus. Die Streichung der Pfandrechteintragungsgebühr
bringt eine Ersparnis von 1,2 Prozent. (Beifall bei der ÖVP.)


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Das ergibt bei einem Eigenheim in Summe eine Ersparnis von circa 11 500 Euro. Das ist ein wichtiger Mosaikstein in dem Wohnraumpaket der Regierung,
um jungen Menschen und Familien den Erwerb von Eigentum zu erleichtern.

Zum Tagesordnungspunkt 2: dem Lebenshaltungs- und Wohnkosten-Ausgleichs-Gesetz. Mit dieser Novellierung erweitern wir den bereits beste­henden Wohnschirm um zusätzliche 60 Millionen Euro. Das heißt, wir
stocken für 2024 die Budgetmittel von 65 Millionen Euro auf 125 Millionen Euro auf. Das ist für mich persönlich sozialpolitisch ein unglaublich wichtiger
und erfreulicher Vorschlag, der heute hier im Plenum zur Abstimmung gelangt.

Noch einmal kurz zusammengefasst: Der Wohnschirm unterstützt die Mieterinnen und Mieter, die aufgrund von Mietschulden von Wohnungsverlust und Delogierung bedroht sind. Der Wohnschirm hilft aber auch Personen
mit geringen Einkommen, die von teuerungsbedingten Rückständen bei der Zah­lung von Energiekosten betroffen sind.

Ich darf an dieser Stelle auch an die Geschichte des Wohnschirms erinnern. Seit dem Start des Wohnschirms im März des Jahres 2022 konnte über 22 000 Personen, die ihre Miete nicht mehr bezahlen konnten, geholfen werden. Weitere 58 000 Personen wurden unterstützt, weil sie mit der Bezahlung
von Energiekosten in Rückstand geraten sind.

Abgesehen von den menschlichen Tragödien einer Delogierung macht es volkswirtschaftlich Sinn, Leute nicht aus den Wohnungen hinauszuschmeißen, nur weil sie kurzfristig mit der Miete im Rückstand sind. Die Aufstockung
hilft uns, dieses Programm verstärkt weiterführen zu können, damit stehen bis 2026 insgesamt 224 Millionen Euro zur Verfügung. Das ist ein
sehr effizientes sozialpolitisches Instrument. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Zum Abschluss noch kurz zum Tagesordnungspunkt 3: dem Umwelt­förderungsgesetz. Mit diesem Umweltförderungsgesetz wollen wir erreichen, dass defekte Elektro- und Elektronikgeräte nicht weggeworfen werden. Mit dem


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Reparaturbonus im Speziellen haben wir einen Anreiz geschaffen, dass
defekte Geräte wieder repariert werden. Die Mittel für den Reparaturbonus erhöhen wir daher um 50 Millionen Euro auf 133 Millionen Euro im
Jahr 2024. Der Reparaturbonus kommt sowohl der Bevölkerung als auch den Betrieben zugute. Wir müssen von der Wegwerfgesellschaft in Rich­tung Kreislaufwirtschaft kommen, und dazu brauchen wir die lokalen Klein- und Mittelbetriebe.

Ich selber wohne in Imst in Tirol, und mit dem Reparaturbonus fördern wir die dortigen kleinen Handwerksbetriebe sowie jene in ganz Österreich, die
solche Reparaturen überhaupt noch machen. Das ist lokale Wertschöpfung, das ist Transformation der Wirtschaft hin zur Klimaneutralität und Kreislauf­wirtschaft. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesrät:innen der Grünen.)

Programme wie der Reparaturbonus erleichtern es den Menschen, sich umwelt­freundlicher zu verhalten, während gleichzeitig regionale Betriebe damit unterstützt werden, und das ist meiner Meinung nach genau das, was wir auch brauchen. Der Reparaturbonus ist daher ein extrem effizientes, sinnvol­les Instrument.

Alles in allem werden mit diesen Maßnahmen konjunkturelle Impulse gesetzt und erste wichtige Schritte, um leistbaren Wohnraum zu schaffen und
auch den Zugang zum Eigentum zu erleichtern. Das ist auch Teil des Österreich­plans 2030 von unserem Bundeskanzler Karl Nehammer, mit dem er die Eigentumsquote auf 60 Prozent steigern will. (Beifall bei der ÖVP.) Eines muss uns nämlich schon klar sein: Eigentum muss wieder leistbar werden, denn es
schafft Sicherheit, Unabhängigkeit und ist auch ein wichtiger Teil der Altersvor­sorge. (Beifall bei der ÖVP.)

Die insgesamt mehr als 2 Milliarden Euro sind gut investiertes Geld für die Menschen in unserem Lande, und daher bitte ich auch um Zustimmung für die Tagesordnungspunkte 1 bis 3. – Danke vielmals. (Beifall bei der ÖVP und
bei Bundesrät:innen der Grünen.)


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10.48


10.48.36Ankündigung einer Dringlichen Anfrage

Vizepräsident Dominik Reisinger: Bevor der nächste Redner zu Wort gelangt, gebe ich bekannt, dass mir ein Verlangen im Sinne des § 61 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates auf dringliche Behandlung der schriftlichen Anfrage der Bundesräte Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Pensionen in Gefahr? Entkräften Sie diesen Mythos, Herr Minister!“ an den Herrn Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsu­mentenschutz vorliegt.

Im Sinne des § 61 Abs. 4 der Geschäftsordnung verlege ich die Behandlung an den Schluss der Sitzung, aber nicht über 16 Uhr hinaus.

10.49.08Fortsetzung der Tagesordnung


Vizepräsident Dominik Reisinger: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Michael Bernard. Ich erteile ihm dieses.


10.49.18

Bundesrat Michael Bernard (FPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Kollegen im Bundesrat! Sehr geehrte Da­men und Herren im Saal und vor den Bildschirmen! Wie bereits von den Vor­rednern erwähnt, geht es bei den drei Gesetzesänderungen um die
Änderung des Gerichtsgebührengesetzes, des Lebenshaltungs- und Wohn­kosten-Ausgleichs-Gesetzes und um die Änderung des Umweltför­derungsgesetzes, mit der wir den Zusagerahmen für die Förderschiene Kreis­laufwirtschaft für das Jahr 2024 um 50 Millionen Euro erhöhen. Dadurch
soll die Ausweitung der Förderung für die Verlängerung der Lebensdauer oder Steigerung der Nutzungsintensität von Produkten, des sogenannten Reparaturbonusses, auf weitere Produktkategorien ermöglicht werden.

Erfreulicherweise wurde die von mir an die Experten im Ausschuss gestellte Frage, ob es eine Aufstellung der ausbezahlten Mittel sowie der meist


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reparierten Produkte gibt, wie folgt beantwortet: Seit Beginn des Förderungs­programms sind – mit Stand März 2024 – über 900 000 Bonusse einge­löst worden, es wurden über 90 Millionen Euro ausbezahlt, es sind 3 650 Partnerbetriebe registriert. Die am häufigsten reparierten Geräte sind Smartphones, Geschirrspüler, Waschmaschinen, Laptops und Kaffeemaschinen.

Weiters zur Abstimmung gelangt heute die temporäre Abschaffung der Grundbucheintragungsgebühr und der Pfandrechteintragungsgebühr beim Erwerb von Wohnungseigentum, welche ebenfalls unsere Zustimmung findet. Es handelt sich bei diesen Abänderungen um Korrekturen, welche im Zuge der Grundbuchs-Novelle 2023 begutachtet wurden.

Ausführlich im Ausschuss besprochen wurde der Begriff dringendes Wohnbe­dürfnis. Kurz zur Erklärung: Ein dringendes Wohnbedürfnis besteht,
wenn der Eintragungswerber die neue Wohnstätte als Wohnung, als Haus verwenden will und die bisherige Wohnstätte aufgibt. Es ist dafür
prinzipiell ausschlaggebend, ob beim Erwerb von Eigentum Grunderwerbsteuer zu entrichten ist oder nicht, sprich: es stellt die zentrale Voraussetzung
der Begünstigung dar.

Auch ein Miteigentümer mit derselben Voraussetzung, nämlich der des Wohn­bedürfnisses, kann begünstigt werden. Es ist egal, ob es sich bei der Lie­genschaft um ein bereits bestehendes oder ein erst geplantes, ein zu errichten­des Gebäude handelt. Beim Kauf mehrerer Wohneinheiten gilt ausschließ­lich die Wohneinheit, die dem dringlichen Wohnbedürfnis des Eigentümers dient, als Objekt der Gebührenbefreiung.

Weitere Details sind zum Beispiel der nachträgliche Wegfall der Gebührenbe­freiung, wenn innerhalb von fünf Jahren entweder das Eigentumsrecht aufgegeben wird oder das dringende Wohnbedürfnis wegfällt. Da wird die Ge­bühr dann nacherhoben. Tritt dieser Fall ein, ist dies dem Grundbuchs­gericht oder der Vorschreibungsbehörde innerhalb eines Monats bekannt zu geben.


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Für die Gebührenbefreiung der Eintragung eines Pfandrechtes muss der gesicherte Betrag ausschließlich oder zumindest über 90 Prozent zum Erwerb der Liegenschaft oder für die Sanierung des darauf befindlichen Gebäudes verwendet werden. Das ist auch eine der Voraussetzungen für eine treffsichere Gebührenbefreiung. Diese Befreiung gilt nur für Rechtsgeschäfte, die nach
dem 31. März 2024 geschlossen werden.

Kritik üben wir Freiheitliche daran, dass diese Gebührenbefreiung auf zwei Jahre befristet ist und die Bemessungsgrundlage von 500 000 Euro zu niedrig angesetzt ist, da man beim Kauf eines Grundstücks und dem Bau eines Eigen­heimes mit den derzeitigen Teuerungen auf einen Betrag von bis
zu 800 000 Euro kommt. (Beifall bei der FPÖ.)

Unserer Meinung nach sollte es eine generelle Ausnahme für Familien bei der Anschaffung des ersten Eigenheims geben. (Beifall bei der FPÖ.)

Nun komme ich zum Lebenshaltungs- und Wohnkosten-Ausgleichs-Gesetz: In Zeiten wie diesen gibt es viele Gründe, warum das Geld für die Miete nicht
mehr reicht. Nein, eigentlich gibt es nicht viele Gründe, warum sich die österreichische Bevölkerung die Mieten nicht mehr leisten kann, es gibt unserer Meinung nach nur zwei Hauptgründe, warum so viele Menschen in Armut geraten, nämlich diese Bundesregierung aus ÖVP und den Grünen. (Bundesrat Buchmann: Aber den Krieg haben wir nicht angefangen!) Ausschließlich sie
tragen die Schuld an dem menschlichen Leid in unserem Land, sie alleine – um das nicht in Vergessenheit geraten zu lassen. Aber auch die SPÖ hat einen großen Anteil daran, weil sie bei den meisten Gesetzen mitstimmt. (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrätin Schumann: Wir sind aber nicht in der Regierung, ich
sag’s nur!)

Weil es so treffend ist, möchte ich jetzt mit einem passenden Beispiel erklären, wie bürgernah die SPÖ ist, wie sie auf die Bevölkerung schaut. Bürger­meister Stadler aus Sankt Pölten schaut lieber auf seine Sozialistenfreunde als auf seine Bürger. Coronastrafen werden in Sankt Pölten noch immer


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nicht zurückgezahlt. (Bundesrätin Schumann: Was hat das mit dem Wohnen zu tun?) Während die Bürger in den restlichen 572 Gemeinden Niederöster­reichs bereits die Wiedergutmachung der während der Coronajahre unrecht­mäßig verhängten Strafen erhalten haben, bleibt Sankt Pölten unter
Führung von Bürgermeister Stadler die einzige Gemeinde, die diesen Schritt verhindert. (Bundesrat Schreuder: Das ist eine Prorede! – Bundesrätin
Kittl: Zur Sache!)

Bürgermeister Stadler behauptet, dass die finanziellen Mittel für die Portokosten für die Benachrichtigungen der Bürger fehlen. (Die Bundesrät:innen Schmid
und Schumann: Was ist das für ein Tagesordnungspunkt?)
Interessanterweise schei­nen solche finanziellen Beschränkungen nicht zu bestehen, wenn es um
die Unterstützungen bestimmter Gruppen innerhalb der eigenen politischen Gemeinschaft geht. (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrätin Schumann: Ist das
fürs FPÖ-Fernsehen, oder was?)

Generell spielt ja unsere Bundesregierung den österreichischen Musterschüler – Politmarionetten! –: Sie spielt jedes politische Spiel der EU mit, als gäbe
es für unser Land keine andere Option. Sie scheinen nicht fähig zu sein bezie­hungsweise sieht man keinen Willen eines Ansatzes, Ihren Hausver­stand einzuschalten und ein gewisses Maß an Verhandlungsgeschick an den politischen Tag zu legen, um für unser Land das Beste, sei es in der Innen­politik, aber auch in der EU-Außenpolitik, zu verhandeln. (Bundesrat Buchmann: So wie ihr beim Sky Shield!) Sie legen kein Veto ein, wenn es darum geht,
die österreichische Bevölkerung zu schützen, wie es andere Regierungen tun.

Sie haben dank Ihrer laufenden EU-hörigen Symptommaßnahmenpolitik der letz­ten Jahre angefangen, sowohl budgetpolitische als auch gesellschaftspoli­tische Fehlentscheidungen zu treffen: 2010 in der Finanzkrise, in der sogenann­ten Eurokrise 2015/2016, dann in der Asylkrise, welche noch immer an­dauert (Bundesrat Schreuder: Zur Sache!), im Zuge derer Hunderttausende junge kulturfremde Männer – tickende Zeitbomben – in unser Land eingedrungen
sind. Die werden jetzt auch mit diesem Wohnschirm - - (Bundesrat Schmid: Was


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redet denn der? – Bundesrat Schreuder: Es geht um das Wohnpaket! Es geht
ums Wohnpaket!)

2020 bis 2022: „Koste es, was es wolle“! (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrat Schreu­der: Hallo! Hallo! Es geht ums Wohnpaket! – Bundesrat Buchmann: Hast du
das falsche Fach erwischt?)
 – Ich komme eh noch dazu!

Die Lockdownpolitik und ihre Folgen, die Höchstinflation - - (Bundesrat Buchmann: Hast du die Rede verwechselt?) – Nein, ich nicht, aber Sie! (Heiterkeit bei ÖVP, SPÖ und Grünen. – Ruf bei der ÖVP: Der hat ja noch keine gehalten!)

Das I-Tüpfelchen aller Krisen waren und sind die laufenden Sanktions­pakete, denen Sie als Musterschüler der EU zugestimmt haben und denen Sie noch bis zum Ende Ihrer Regierungsperiode zustimmen werden. Die
schweren Folgen davon spüren nicht die Russen – weder die russische Bevölke­rung noch Putin selbst –, sondern es hat uns selbst getroffen. Sie sind
also die, die die multiplen Krisen schaffen und das dann der Bevölkerung als eine Vielzahl von Herausforderungen verkaufen. Sie können uns doch nicht weismachen, dass Sie nicht wahrnehmen, wohin Sie unser Land führen, wohin uns die Reise aufgrund Ihrer zerstörerischen Politik geführt hat.

Wenn Sie schon die Menschen mit ihren Sorgen nicht wahrnehmen, weil Sie fern jeder Realität leben, und Ihnen die Sorgen der Menschen fremd sind, dann
lesen Sie wenigstens die von Ihnen in Auftrag gegebenen Studien Ihres Ministe­riums zum Thema Armut. Ich beziehe mich auf drei Studien: Die Armuts­konferenz-Studie vom 10. November hat 30 000 Euro gekostet, die Studie „Le­bensbedingungen, Armut und Einkommen in Österreich“ vom Februar 2024
hat weitere Kosten von 30 500 Euro verursacht, die Studie „Armutsfester Sozial­staat“, Sozialbericht 2024, hat knapp 100 000 Euro gekostet.

„So geht’s uns heute: die sozialen Krisenfolgen im dritten Quartal 2023“ – an­hand dieser Studie möchte ich zum Thema Wohnen ein wenig erläutern: 21 Prozent der Befragten, steht in der Studie, gaben an, dass die Aufwendungen


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für den Wohnraum für sie eine große finanzielle Herausforderung seien. 19 Prozent erwarteten Zahlungsschwierigkeiten bei der Miete, dem Wohnkredit, den Wohnnebenkosten oder den Betriebskosten.

Hochgerechnet haben 1,2 Millionen Menschen Schwierigkeiten, mit ihrem laufenden Einkommen auszukommen. Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass die Termine bei Ihren 28 Wohnschirmberatungsstellen in ganz Österreich
für Wochen, sogar Monate ausgebucht sind. Die Dunkelziffer der Menschen, die Hilfe benötigen, ist wahrscheinlich noch viel höher, als Sie offiziell angeben. Wenn man telefonisch nicht durchkommt, muss man ein E-Mail schicken. Nicht jeder ältere Mensch – das haben wir eh im Ausschuss auch besprochen –
hat die Möglichkeit dazu, ein E-Mail zu schicken. Die Hilfeleistung ist aber an einen Beratungstermin geknüpft. Somit muss man sehr lange auf einen
Termin warten. So werden die Österreicher zu Bittstellern. Geholfen wird auch nur einmal im Jahr laut der Recherche, die Experten im Ausschuss haben
aber etwas anderes gesagt.

Auch gibt es Einkommensobergrenzen, welche sehr niedrig angesetzt sind. So darf eine erwachsene Person nicht mehr als 1 392 Euro verdienen, um
die Hilfe des Wohnschirms in Anspruch zu nehmen. Herangezogen für die Be­rechnung werden aber alle Einkommen inklusive Sozialleistungen, Unter­halt et cetera.

Weit haben Sie es mit Ihrer Politik gebracht, sodass vor allem Familien, Alleiner­ziehende und ältere Menschen vor Wohnungsdelogierungen stehen bezie­hungsweise ihre Wohnungen bereits verloren haben und sich verschulden, um die Energiekosten bezahlen zu können.

Anstatt in die Märkte, speziell in den Wohnungsmarkt und in den Energiemarkt, korrigierend einzugreifen, lassen Sie es zu, dass die Bürger immer ärmer
werden. Sie stellen sich dann als Messias hin und verteilen unter komplizierten Vorgaben einen kleinen Teil dieses Geldes wieder zurück. (Beifall bei
der FPÖ.)


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Die österreichische Bevölkerung finanziert sich diesen Wohnschirm, der jetzt mit 60 Millionen Euro auf insgesamt 125 Millionen Euro für 2024 aufgestockt
wird, mit all den Teuerungen selbst. Bis 2026 werden es dann insge­samt 224 Millionen Euro sein.

Wir werden trotz unserer Kritik auch dieser Erhöhung zustimmen, weil mehr als 700 000 Menschen in Österreich ihre Wohnung nicht mehr angemessen
warm halten können und 450 000 Personen Rückstände bei Miete, Betriebskos­ten oder Kreditraten haben und sicherlich noch viel mehr Menschen auf
dieses Geld angewiesen sind.

Sie vollziehen mit voller Härte gegen den Willen der österreichischen Bevölke­rung eine kompromisslose ideologische Politik gegen Ihr eigenes Volk
und zerstören alles, was Generationen all die Jahrzehnte mit harter Arbeit für nachkommende Generationen aufgebaut haben. Sie haben das aber
nicht für eine Generation fremder junger Männer aus völlig fremden Kultur­kreisen aufgebaut, welche seit 2015 völlig unkontrolliert in unser Land
strömen. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir werden sicherlich nicht zulassen, dass diese auf unsere Kosten auf der Basis unseres hart erarbeiteten Wohlstands ihr Leben finanzieren. Außerdem
war und ist das hart erarbeitete Geld der Österreicher in unserer Staatskassa nicht dafür gedacht, an andere Länder verschenkt zu werden. Die grüne Klimaministerin verschenkt allerdings im Namen des Klimawandels zum Beispiel 35 Millionen Euro an den Globalen Süden, ohne die Österreicher zu
fragen. – Die Bürger unseres Landes sind es leid, sich ihr ganzes Leben von Ihrer wahnsinnigen ideologischen EU-Agenda-Politik zerstören zu lassen.
(Beifall bei der FPÖ.)

Die Bürger werden sich in diesem Jahr aber mit dem politischen Werkzeug, das ihnen zur Verfügung steht, zur Wehr setzen, nämlich mit ihrer Wählerstim­me. Möglichkeiten, diesem Irrsinn ein Ende zu setzen, gibt es ja in diesem Jahr ge­nug. (Beifall bei der FPÖ.)

11.02



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Vizepräsident Dominik Reisinger: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Marco Schreuder. Ich erteile ihm dieses.


11.02.14

Bundesrat Marco Schreuder (Grüne, Wien): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Zuschauerinnen
und Zuschauer! Ich möchte nur auf etwas aufmerksam machen, weil die innen­politische Debattenkultur ja durchaus etwas vergiftet ist, was wir vor
allem auch der FPÖ zu verdanken haben: Das war jetzt eine Prorede, und die FPÖ stimmt allen drei Tagesordnungspunkten zu. (Zwischenruf der
Bundesrätin Schumann.)
Ich wollte nur daran erinnern, weil ja die Ablenkungs­manöver recht groß waren und es nicht mehr um die Tagesordnungs­punkte selbst gegangen ist. Darauf aufmerksam zu machen ist mir schon wichtig.

Daran sieht man aber auch, wie absurd teilweise innenpolitische Diskus­sion ist. Erlauben Sie mir, das hier schon einmal zu sagen. Wenn hier Maßnah­men diskutiert werden, kann man diese kritisieren. Man kann zu vielen
Punkten auch sagen: Nein, das wollen wir anders!, Nein, das finden wir nicht gut!, und so weiter und so weiter. (Zwischenruf des Bundesrates Spanring.)
All das ist in Ordnung. Wenn dann aber hier gesagt wird: Ihr vertretet nicht die Bürger!, dann sage ich: Wir alle vertreten die Bürgerinnen und Bürger in Österreich, nicht nur ihr! Ihre Behauptung weise ich also auch einmal stark zu­rück! (Beifall bei Grünen und ÖVP sowie bei Bundesrät:innen der SPÖ.)

Kollege Bernard hat gesagt: Die Bürgerinnen und Bürger Österreichs werden sich zur Wehr setzen. – Ja, wir alle sind die Bürgerinnen und Bürger.
Na klar, es kommen Wahlen, und dann gibt es andere Verhältnisse – das ist immer so. Nie aber kann eine Partei allein behaupten, sie würde die Bürger:innen vertreten. Never ever! (Beifall bei Grünen und ÖVP sowie bei Bundesrät:innen
der SPÖ.)

Die jetzigen Tagesordnungspunkte sind mir sehr wichtig, und daher möchte ich nun lieber wieder auf diese eingehen. Es geht in diesem Zusammenhang


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nämlich um eine ganze Reihe von Maßnahmen und Hilfen, die Menschen, die in Probleme kommen, helfen sollen und die auch die heimische Kreislaufwirt­schaft unterstützen. Und das widerlegt durchaus das Narrativ, die Bundesregie­rung würde nichts machen.

Da geht es einerseits um die Bauwirtschaft, andererseits um Hilfe für
Menschen in Not, denen eine Delogierung droht, und drittens geht es auch um die Kreislaufwirtschaft und eine ökologische Komponente. Ich möchte betonen – und das ist mir schon auch wichtig –, wie vernetzt hier Dinge gedacht werden. Es entsteht ein Maßnahmenkatalog, bei dem verschiedene Dinge mitgedacht werden.

Wir sind ja in der Länderkammer, und wir alle wissen es und haben es gestern auch im EU-Ausschuss sehr interessant im Hinblick auf Sanierungspläne diskutiert, dass die Baubranche derzeit in einer Krise steckt und Schwierigkeiten hat. Das wissen wir alle. Das Wirtschaftsforschungsinstitut beziehungs­weise Wifo prognostiziert der Baubranche in diesem Jahr eine Schrumpfung von ungefähr 4 Prozent. Das IHS sieht derzeit ungefähr 16 000 Arbeitsplätze
in der Baubranche gefährdet. Das ist Tatsache in einer Zeit – das müssen wir auch festhalten –, in der wir aber mehr Wohnungen brauchen. Wir
brauchen mindestens 10 000 Wohnungen pro Jahr.

Herr Kollege Obrecht und ich, wir beide kommen ja aus Wien. Wien hat seit Ende 2023 wieder über zwei Millionen Einwohnerinnen und Einwohner, und das hat Folgen. Wien ist in kurzer Zeit sozusagen um die Größe der
Stadt Graz gewachsen. Die Metropole ist wieder so groß wie damals am Ende der Habsburgermonarchie. (Bundesrat Schennach: Daher sozialer Wohn­bau!) – Das ist eine gute Zeit, auch wieder in den sozialen Wohnbau zu inves­tieren, absolut richtig, Herr Kollege Schennach! (Bundesrätin Schumann:
Haben wir immer getan!)


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Daher beschließen wir auch dieses Baupaket. Damit kurbeln wir die Bauwirt­schaft an, und es werden leistbare Wohnungen geschaffen. Das ist jetzt wichtiger denn je.

600 Millionen Euro fließen in einen Bereich, in dem es in erster Linie um die Sanierung und um die Reparatur und nicht unbedingt vorrangig um den
Neubau geht. Das ist beim Handwerkerbonus und beim Ökozu­schlag für Sanierungsmaßnahmen der Fall, ebenso beim Sonderprogramm aus dem Energieeffizienztopf des Umweltförderungsgesetzes. Das ist auch
bei der Aufstockung des Reparaturbonus, wozu ich dann noch komme, der Fall. Und das ist auch beim Ersatz des Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrags
so, der ja zeigt, dass die Mietpreisbremse wirkt, denn sonst müssten wir den ge­meinnützigen Wohnbauträgern diesen Betrag jetzt nicht ersetzen. Das
heißt aber auch, dass wir in diesem Paket sehr Entscheidendes berücksichtigen, dass wir nämlich Klimaschutz betreiben und vor allem auf die Sanierung
setzen müssen, um nicht wiederum in Bodenversiegelung und Bodenverbrauch abzurutschen.

Es sei auch angemerkt, dass die Idee der Sozialpartner mit dem 100 000-Euro-Eigenheim-Bonus diesen Aspekt völlig ausgeklammert beziehungsweise
nicht mitgedacht hat und insgesamt viel zu kurz gegriffen hat. Daher kann sich dieses Paket wirklich sehen lassen, weil es auch diesen Aspekt des Klimaschutzes und der Bodenversiegelung mit berücksichtigt.

Dieses Paket wird dann auch enorm helfen, wenn wir die Leerstandsabgabe haben. Ich schaue jetzt auch ganz freundlich in Richtung SPÖ: Ich habe
mich sehr gefreut, dass es hier eine signalisierte Zustimmung zur Leerstandsab­gabe gibt. Bei der Leerstandsabgabe wird sich nämlich die steuernde
Wirkung dieses Paketes erst recht zeigen. Da wird sich die ökologisch gescheite Verdichtung noch besser entfalten können.

Aber auch in den Bereichen, in denen es um den Neubau geht, wird es sehr
klare ökologische Standards geben. Auch das sei hier explizit angemerkt.


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Apropos Ökologie und Reparaturbonus – ich habe gesagt, dass ich darauf noch zurückkomme –: Der Reparaturbonus, den wir mit diesem Paket auch beschließen werden, ist wirklich – wie auch von vielen Vorrednern erwähnt wurde – eine riesige Erfolgsgeschichte. Seit zwei Jahren gibt es diesen,
und es wurden 900 000 Geräte mit diesem Reparaturbonus repariert. 3 600 Be­triebe in Österreich haben repariert. Das ist tatsächlich wichtig, denn das
betrifft heimische Unternehmerinnen und Unternehmer, das ist Kreislaufwirt­schaft der Extraklasse! (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen
der ÖVP.)

Was tun Leute, die ihr Gerät nicht reparieren lassen? – Sie schmeißen es weg, und wenn wir Pech haben, schmeißen sie es noch so weg, wie man es
nicht wegschmeißen soll, und kaufen sich ein neues Gerät, wovon wir letztlich gar nichts haben, weil diese Geräte teilweise in Übersee oder sonst irgend­wo produziert werden. Mit dem Reparaturbonus schaffen wir es jedoch, dass österreichische Betriebe diese Geräte reparieren, anstatt dass sie wegge­worfen werden.

Wir erhöhen diese Zuschüsse, die derzeit etwa 100 Euro pro Reparatur betra­gen. Der Reparaturbonus wird von 80 Millionen noch einmal um
50 Millionen Euro aufgestockt, weil er so gut funktioniert. Das ist das Wichtige.

Zum Schluss erwähne ich noch eine wichtige soziale Komponente dieser Beschlüsse: Wir beschließen die Aufstockung des Wohnschirms um weitere 60 Millionen Euro auf 125 Millionen Euro im Jahr 2024. Was tun wir
da? – Wir schützen Menschen vor einer Delogierung, die aufgrund der gestiege­nen Preise, etwa aufgrund der gestiegenen Energiepreise, in Not geraten
sind. Das ist volkswirtschaftlich gescheit, denn nichts ist teurer als eine Delogie­rung dieser Menschen, und mit dieser Hilfe helfen wir nicht nur den Men­schen in Not, sondern wir helfen auch unserer Volkswirtschaft.

Das ist eine positive Maßnahme, nämlich die Aufstockung von 60 Millionen Euro auf 125 Millionen Euro, und dieser Wohnschirm hat sich bewährt:


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19 000 Menschen wurden bislang vor einer Delogierung geschützt. (Beifall bei Grünen und SPÖ.)

Meine Damen und Herren, da wird wirtschaftlich klug gehandelt, da wird ökologisch klug gehandelt – mit klaren Klimaschutzvorgaben –, da wird gut im Sinne der Kreislaufwirtschaft gehandelt – Reparatur statt Müll –, es wird
sozial klug gehandelt. Wir täten nichts, heißt es oft – ich finde, wir tun verdammt viel! – Danke schön. (Beifall bei den Grünen. – Bundesrätin Lancaster: Ja,
aber das Falsche!)

11.10


Vizepräsident Dominik Reisinger: Zu einer Stellungnahme hat sich Herr Bundes­minister Rauch zu Wort gemeldet. Ich erteile ihm dieses.


11.10.44

Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Herr Präsident! Geschätzte Bundesrätinnen und Bundesräte! Ich muss jetzt doch kurz, bevor ich zum Wohnschirm komme, auf die Ausführungen der FPÖ-Fraktion eingehen. Da ist ja der Eindruck erweckt worden, die Bundesregierung hätte nicht nur nichts getan, sondern massiven Schaden angerichtet: Natürlich ist das Gegenteil der Fall! Wenn ich
Ihnen jetzt aufzählen würde, was die Bundesregierung insgesamt an Maßnah­men auf den Weg gebracht hat, um die Armut zu bekämpfen und die Auswirkungen der Inflation, der Teuerung und der Energiekrise abzuwenden, dann würde das den Rahmen sprengen. Das sind in Summe 40 Milliar­den Euro! (Beifall bei den Grünen.)

Mit diesen 40 Milliarden Euro stehen wir im internationalen Vergleich an zweiter Stelle nach Luxemburg, nur um das dazuzusagen. Diese Maßnahmen kann
man kritisieren, aber es gibt bei der Kritik einen fulminanten Unter­schied zwischen den zwei Oppositionsparteien, nämlich der Oppositionspartei FPÖ auf der rechten Seite und der SPÖ auf der linken Seite: Die SPÖ be­treibt zumindest im eigenen Wirkungsbereich, in jenen Bundesländern, in denen


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sie etwas zu sagen hat – Wien, Burgenland und Kärnten –, eine sozial
orientierte Politik, während die FPÖ dort, wo sie in den Landesregierungen sitzt, genau das Gegenteil tut! (Beifall bei den Grünen. – Zwischenruf des Bundes­rates Schreuder.)

Ich werde es Ihnen genauer ausführen: Wenn Sie die soziale Notlage vieler Men­schen in Österreich beklagen, dann muss man festhalten, dass die Ände­rung des Sozialhilfe-Grundsatzgesetzes durch Sie, durch Ihre Bundesregierung, das Einfallstor war, um das letzte soziale Sicherungsnetz, das es in Öster­reich gibt, löchriger zu machen! (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen
der SPÖ.)

Die Mindestsicherung war dieses letzte Auffangnetz, und das ist jetzt
löchriger geworden.

Jetzt werde ich Ihnen erläutern, dass dort, wo Sie Regierungsverantwortung haben – in Niederösterreich und in Oberösterreich –, nicht einmal die Spielräume ausgenützt werden, die es im Sozialhilfe-Grundsatzgesetz gäbe. Nicht einmal die Spielräume, die vorhanden sind, werden in Niederös­terreich und in Oberösterreich ausgenützt, und das hat Konsequenzen: Es ist nämlich so, dass in Oberösterreich die Wohnkostenpauschale nicht
umgesetzt ist, es gibt keine Ausnahme bei der Deckelungsregelung. Das führt uns dann konkret zu wirklich massiven Fehlentwicklungen, dass nämlich Menschen in einem Bundesland wie Oberösterreich bis zu 320 Euro weniger Leistung bekommen als in jenen Bundesländern, in denen diese durch
das Gesetz vorgesehenen Spielräume genutzt werden.

Das halte ich für wirklich unzumutbar: Dort, wo Sie die Möglichkeiten haben, stehen Menschen, die auf Sozialhilfe beziehungsweise Mindestsicherung angewiesen sind, am Rand der Gesellschaft, sie haben mit Erschwernissen zu kämpfen, im Unterschied zu anderen Bundesländern. Sie legen diesen Menschen in Oberösterreich auch zusätzliche Hürden in den Weg: Die müssen dort,
und ich halte das für Schikane, mehr Nachweise über Bewerbungen bringen, um


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Sozialhilfe zu bekommen, als das Arbeitsmarktservice von ihnen verlangt –
das sind zusätzliche Schikanen, die eingezogen werden. Dort, wo Sie Regierungs­verantwortung haben, drangsalieren Sie Menschen, die am Rande der Ge­sellschaft stehen, und beklagen sich dann hier vollkommen unglaubwürdig darü­ber, was das denn bedeute. Das ist einfach nicht fair! (Beifall bei den Grünen
und bei Bundesrät:innen der SPÖ.)

Übrigens habe ich aus meinem Herzen nie eine Mördergrube gemacht und auch gesagt, eine Kindergrundsicherung wäre jedenfalls ein Programm, das in Österreich umgesetzt gehört. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der SPÖ.) Die Mehrkosten, die uns aktuell volkswirtschaftlich durch Kinder­armut entstehen, betragen nämlich jährlich 17 Milliarden Euro – das besagt eine Studie der OECD, keine Studie des Sozialministeriums. Wir leisten uns
den Luxus, Kinder zurückzulassen, obwohl wir angesichts der demografischen Entwicklung jedes einzelne Kind dringend brauchen. (Beifall bei den
Grünen.)

Herr Bundesrat Obrecht, ich schätze Sie als überaus kompetenten Bundesrat, der auch die Dinge auf den Punkt bringt, aber jetzt werde ich Ihnen
einmal erläutern, wie sich die Zahlen in den beiden Feldern Energiekosten und Wohnkosten darstellen.

Sie wissen so gut wie ich, dass der Verein für Konsumenteninformation
zwei große österreichische Energieversorger geklagt hat, weil dort Praktiken Platz gegriffen haben, die Konsumentinnen und Konsumenten massiv benachteiligt haben. Wien Energie wird jetzt zurückzahlen, das Verfahren gegen die EVN ist noch offen und anhängig. Es kann einfach nicht sein – und
zwar egal, um welches Energieversorgungsunternehmen es sich handelt –, dass Preiserhöhungen sofort, in der Sekunde, in vollem Ausmaß und mit zum
Teil nicht gerechtfertigten Methoden – der VKI hat dagegen geklagt – an Konsu­mentinnen und Konsumenten weitergegeben werden, Preissenkungen
hingegen entweder gar nicht oder nur mit Verzögerung.


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Das ist dieselbe Taktik, die die Banken – auch die sind geklagt worden – bei Kontoüberziehungsgebühren oder bei Habenzinsen auf Girokonten
anwenden. Ich halte das einfach für unvertretbar, dass große und mächtige Einrichtungen – und das sind die Energieversorger, das ist die österrei­chische Bankenwirtschaft ‑, wenn es zum eigenen Vorteil ist, Konsumentinnen und Konsumenten so behandeln, als wären diese nicht in der Lage, sich
zu wehren! Der Konsumentenschutz nimmt da seine Verantwortung wahr und tritt solchen Praktiken entgegen.

Wir haben bei den über den Wohnschirm unterstützten Energiekosten
und Wohnkosten folgende Situation: Wir haben insgesamt 216 Millionen Euro zur Verfügung, und wir wenden im Wohnschirm – der auch für Energiekos­ten da ist – mittlerweile für die Abdeckung von Energiekostenrückständen mehr Geld auf, und zwar deutlich mehr Geld auf, als für die Mieten! Wir decken
also deutlich mehr Kosten ab, die für Energieversorgung entstanden sind, als für die Mieten. Ich halte das für untragbar und ich finde, die österreichische Energiewirtschaft hätte einen Beitrag zu leisten, unzumutbare Rückstände und Zahlungsverzüge so abzuwickeln, dass es für die Konsumentinnen und Konsumenten machbar ist.

Wir steigen da jetzt mit Mitteln der öffentlichen Hand ein: Wir haben, Stand heute, 63 000 Personen über den Wohnschirm oder Energieschirm
unterstützt, was konkret dazu geführt hat, dass diesen Menschen nicht Strom oder Gas abgedreht worden ist beziehungsweise dass sie nicht aus der
Wohnung hinausgeflogen sind. Die Verhinderung einer Delogierung ist allemal kostengünstiger, als eine neue Wohnung organisieren zu müssen, die
Einrichtung bezahlen zu müssen, die Kaution bezahlen zu müssen und ähnliche Dinge mehr.

Das ist eine volkswirtschaftlich simple Rechnung, und ich bin jetzt einfach an dem Punkt angelangt, das auch darzulegen: Das sind volkswirtschaftli­che Nutzeffekte, die wir generieren, und was wir da investieren, ist nicht hi­nausgeworfenes Geld, sondern das sind Investitionen in die Absicherung. Das ist


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ökonomisch sinnvoll und daher vertretbar, und deshalb ist es auch von der Bundesregierung beschlossen worden. (Beifall bei den Grünen.)

Noch etwas zur Abwicklung, weil das wichtig ist. Es ist ja angesprochen worden, es gebe lange Wartezeiten – übrigens stimmt das nicht, was Sie zu den Einkommensgrenzen gesagt haben, das lässt sich leicht klarstellen –: Ja, wir wis­sen, es gibt Wartezeiten, aber es kommt niemand zu kurz. Wenn eine Delo­gierung ansteht, wird diese Person vorgezogen, und es gelingt oft innerhalb von 48 Stunden, eine Delogierung abzuwenden, weil Personen, die davon
betroffen sind, eben vorgereiht werden, um das zu verhindern. Delogierungen zu verhindern ist also die oberste Devise, die beim Wohnschirm auch prakti­ziert wird.

An dieser Stelle möchte ich auch einmal ein Dankeschön an alle aussprechen, die das abwickeln. Die Abwicklungsstellen, von der Volkshilfe angefangen über
die Caritas bis zu allen anderen Einrichtungen, leisten da hervorragende Arbeit, und denen gilt mein Dank. Sie sind konfrontiert mit den Menschen vor
Ort – wir tun unser Bestes, um die Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass sie gut arbeiten können, und wir stehen in ständigem Austausch mit diesen Einrichtungen. Danke schön für die Arbeit, die dort geleistet wird! (Beifall bei Grünen, ÖVP und SPÖ.)

11.19


Vizepräsident Dominik Reisinger: Danke sehr.

Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Markus Leinfellner. Ich erteile ihm dieses.


11.19.39

Bundesrat Markus Leinfellner (FPÖ, Steiermark): Herr Vorsitzender! Herr Bundesminister! Eigentlich wollte ich jetzt wirklich nicht mehr herausgehen, aber der vorletzte Redebeitrag und der letzte Redebeitrag haben es schon etwas
in sich gehabt.


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Herr Bundesminister, wenn Sie behaupten, dass in den Bundesländern, in denen wir in der Landesregierung sitzen, keine Politik für die Menschen gemacht werden würde, muss ich Sie schon fragen: Wer hat denn die Hacklerregelung abgeschafft, Herr Bundesminister? Wer war das? – Das wart schon ihr
in der Bundesregierung, Herr Bundesminister! (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf der Bundesrätin Schumann.) So schaut also die soziale Politik der ÖVP
und der Grünen aus, Herr Bundesminister. Vielleicht sollte man da einmal vor der eigenen Haustür kehren.

Kollege Schreuder, jetzt bleibe ich gleich bei der sozialen Politik, weil du
nämlich die Leerstandsabgabe als großen Wurf angesprochen hast: Wisst ihr, wie die Leerstandsabgabe wirklich ausschaut? Wisst ihr, warum diese Leerstandsabgabe gekommen ist? – Weil man nicht in der Lage war, in touris­tischen Hochburgen – Schladming, Kitzbühel, im Zillertal – diese auslän­dischen Investoren mit den Anlegerwohnungen in den Griff zu bekommen und die irgendwie auszusackeln. Jetzt hat man gesagt: Na gut, dann führt
halt aus den Kommunen heraus eine Leerstandsabgabe ein! Wen aber habt ihr damit getroffen, die großen Immobilienhaie? – Keinen einzigen davon habt
ihr getroffen, keinen einzigen davon trifft es! (Beifall bei der FPÖ.)

Ich kann jetzt nur von meiner Heimatgemeinde sprechen, wo diese Abgabe um­gesetzt wurde und wo jetzt die Briefe für das Jahr 2023 hereingeflattert
sind: 9 Euro Leerstandsabgabe pro Quadratmeter sind zu bezahlen. Wisst ihr aber, wen ihr getroffen habt? – Genau den kleinen Wohnungsbesitzer,
der von der Oma oder von der Uroma eine Wohnung vererbt bekommen hat, in der keine Heizung ist! (Oh-Rufe bei der SPÖ.) – Na da kommt jetzt das
große Oh auch von der SPÖ: Ihr versteht das nicht, ihr wollt die Richtigen treffen, bewirkt aber in Wahrheit genau das Gegenteil! Ihr trefft genau die Leute, die nichts dafürkönnen! (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrätin Platzer: Die
Vermieter!)

Ihr trefft die Leute, die Wohnungen haben, die in einem so desolaten Zustand sind, dass keine Heizung drinnen ist, kein Wasseranschluss drinnen ist,


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die schlicht und ergreifend nicht bewohnbar sind. Diese Leute sind nicht die gro­ßen Millionäre, die jetzt 100 000 Euro und mehr in die Hand nehmen
können, um diese Wohnung vermietbar zu machen. Ich mache euch einen Vor­schlag: Wenn jemand vermieten will und nicht vermieten kann, zahlt de­nen doch die Miete! (Zwischenruf bei der SPÖ.) Ein jeder ist bereit zu vermieten, niemand will einen Leerstand haben. Niemand will einen Leerstand ha­ben – bis auf eure großen Immobilienhaie, die ihr ausgenommen habt. Wer ist es nämlich in den Kommunen und Regionen draußen? – Die Genossen­schaften, meine sehr geehrten Damen und Herren, und die Genossenschaften hat man aber ausgenommen, weil dort nämlich genau eure Leute drinnen
sitzen! (Beifall bei der FPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, einen Tipp kann ich euch noch geben: Wenn ihr Wohnungen wollt und einen Wohnungsmarkt für unsere Öster­reicher braucht, dann, Herr Bundesminister: Remigration! – Vielen Dank. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenrufe der Bundesrät:innen Schreuder und Schumann.)

11.22


11.22.40

Vizepräsident Dominik Reisinger: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte
ist somit geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung, die über die gegenständlichen Tagesordnungspunkte getrennt erfolgt. – Bitte nehmen Sie Ihre Plätze ein.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates
vom 20. März 2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gerichtsgebüh­rengesetz geändert wird, 3948/A und 2497 d.B. sowie 11446/BR d.B.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch
zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 116

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 20. März 2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Lebenshaltungs- und Wohnkosten-Ausgleichs-Gesetz geändert wird, 3946/A und 2498 d.B.
sowie 11447/BR d.B.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch
zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates
vom 20. März 2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Umweltförderungsgesetz geändert wird, 3950/A und 2499 d. B. sowie 11442/BR d.B. und 11448/BR d.B.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch
zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

Bevor wir zu den nächsten Tagesordnungspunkten kommen, darf ich Herrn Fi­nanzminister Dr. Magnus Brunner recht herzlich bei uns im Bundesrat be­grüßen. – Herzlich willkommen! (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen.)

11.24.584. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 20. März 2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Finanzausgleichsgesetz 2024 geändert wird (3945/A und 2494 d.B. sowie 11441/BR d.B. und 11449/BR d.B.)

5. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 20. März 2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988 geändert wird (3949/A und 2496 d.B. sowie 11450/BR d.B.)



BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 117

Vizepräsident Dominik Reisinger: Wir gelangen nun zu den Punkten 4 und 5 der Tagesordnung, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Berichterstatter zu den Punkten 4 und 5 ist Herr Bundesrat Ernest Schwindsackl. Ich bitte um die Berichte.


11.25.32

Berichterstatter Ernest Schwindsackl: Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundes­minister! Werte Damen und Herren! Ich bringe den Bericht des Finanz­ausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 20. März 2024 betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Finanzausgleichsgesetz 2024
geändert wird.

Das Konjunkturpaket „Wohnraum und Bauoffensive“ der Bundesregierung sieht unter anderem einen Zweckzuschuss des Bundes an die Länder in Höhe
von 1 Milliarde Euro vor, damit diese die Schaffung zusätzlicher leistbarer Eigentums- und Mietwohnungen fördern und die Sanierung voran­treiben können.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher zur Antrag­stellung:

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage einstimmig den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch
zu erheben.

Weiters bringe ich den Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 20. März 2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem
das Einkommensteuergesetz 1988 geändert wird.

Die vorgeschlagenen Änderungen des Einkommensteuergesetzes 1988 sehen zunächst eine erweiterte Möglichkeit der beschleunigten Abschreibung
von Herstellungsaufwand vor, dabei sollen insbesondere ökologisch ausgerich­tete Nachverdichtungen begünstigt werden.


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 118

Dieser Bericht liegt Ihnen ebenfalls in schriftlicher Form vor, ich komme
daher zur Antragstellung:

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage einstimmig den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch
zu erheben. – Herzlichen Dank.


Vizepräsident Dominik Reisinger: Danke für die Berichte.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Karl-Arthur Arlamovsky. Ich erteile ihm dieses.


11.27.26

Bundesrat MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky (NEOS, Wien): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Finanzausschuss war die Entscheidung einstimmig, aber nur deswegen, weil ich dort kein Stimmrecht habe. (Bundesminister Brunner – erheitert –: Ach so,
ich habe mich schon gewundert!)

Die zwei Punkte, die hier in einer gemeinsamen Debatte zusammengefasst werden, möchte ich gern differenziert behandeln. Zuerst zum Tages­ordnungspunkt 4, dem Finanzausgleichsgesetz, das ist der Kernpunkt des Wohn- und Baupakets: Wenn man sich anschaut, wie diese Missstände – oder
die wahrgenommenen Missstände – angegangen werden sollen, dann merkt man gleich, welche Inkonsistenzen da in der Gesetzgebung passieren.

Vor ein paar Monaten gab es den sogenannten Mietendeckel, mit dem die Wertsicherung nicht nur von Mieten, sondern auch im Genossenschaftsbereich, im Geltungsbereich des WGG, gedeckelt wurde. Am stärksten begrenzt
wurde da im Genossenschaftsbereich, weil man damals gesagt hat, die könnten es sich ja leisten. Die Wohnbaugenossenschaften hätten so viel Rücklagen
und seien, wenn sie ihre Tätigkeit entfalteten, nicht darauf angewiesen,


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 119

eine Wertsicherung der Beiträge, also – unter Anführungszeichen – der „Mie­ten“, vorzunehmen. Worauf ist man aber jetzt draufgekommen bezie­hungsweise was ist zumindest die Begründung, warum man jetzt diese Förde­rungen beschließt? – Dass nämlich genau die Wohnbaugenossenschaften
jetzt zusätzliche Gelder brauchen!

Jetzt werden Bundesmittel zu den Ländern geschoben, damit insbesondere die Wohnbaugenossenschaften investieren. – Also was jetzt? Entweder haben
diese genug Rücklagen, um ihre Tätigkeiten zu erfüllen, oder nicht. Das ist eine Inkonsistenz!

Die zweite Inkonsistenz ist Folgendes: Es gibt ja einen sogenannten Wohn­bauförderungsbeitrag, der die Gehälter teurer macht – beziehungsweise der die Lohnkosten teurer macht –, der Bestandteil der Lohnnebenkosten ist,
der Bestandteil dessen ist, warum weniger Netto vom Brutto herauskommt. Dieser Wohnbauförderungsbeitrag ist aber bekanntlich nicht zweckge­widmet. Wofür wird er von den Bundesländern verwendet? – Offenbar nicht für Wohnbauförderung.

Dieser Lösungsansatz, der jetzt da gewählt wurde, ist genau der falsche.
Eine Möglichkeit wäre gewesen – was natürlich aufgrund der verfassungsrechtli­chen Umstände legistisch schwieriger ist –, diesen Wohnbauförderungsbei­trag zweckzuwidmen. So könnte er genau diese Zwecke erfüllen, die jetzt durch diese Subventionen des Bundes an die Länder und in weiterer Folge an
die Wohnbaugenossenschaften erfüllt werden. Eine andere Möglichkeit wäre gewesen, ihn zu streichen, damit die Lohnnebenkosten gesenkt werden,
damit mehr Netto vom Brutto herauskommt.

Was aber passiert, ist ein Kniefall vor den Bundesländern – das kann ich auch hier im Bundesrat sagen – und der Wirtschaftskammer. Die Zweckwid­mung für mehr Wohnbau und/oder eine steuerliche Entlastung für die Häusl­bauer wäre eigentlich das Mittel der Wahl gewesen.


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Ich bin mit der Kritik oder der Skepsis nicht allein – hier im Haus schon,
aber wenn man darüber hinausgeht, wenn man sich zum Beispiel die Kritikpunk­te des überparteilichen Budgetdienstes anschaut, stellt man fest, es müs­sen diese Kritikpunkte unbedingt aufgegriffen werden.

Erstens einmal das Timing dieser Maßnahme: Diese Fördermaßnahmen laufen bis 2026. Das ist natürlich nicht völlig unbegründet, weil für die Planungs­sicherheit diese Projekte erst einmal anlaufen müssen, bis das Geld überhaupt ausgegeben werden kann. Das dauert. Nur bis diese Baumaßnahmen
dann zum Beispiel im Jahr 2026 tatsächlich umgesetzt werden, weiß man ja na­türlich nicht, wie die Konjunktur dann ausschauen wird. Das bringt wieder
die Gefahr mit sich, dass zu diesem Zeitpunkt dann die Konjunktur vielleicht in einem Zustand ist, wo sie diese Mittel gar nicht braucht. Das wissen wir
nicht, das können wir nicht wissen, aber das ist das Risiko, dass das Preisniveau im Jahr 2026 dadurch erhöht wird und die Inflation angetrieben wird.

Der zweite Punkt ist: Diese Mittel, die vom Bund jetzt an die Länder gegeben werden, sollen natürlich Mittel der Länder nicht ersetzen, die es eh
schon gibt. Wie kann man das aber gewährleisten? Durch die Maßnahmen, die hier getroffen werden, ist das nicht der Fall.

Zum zweiten Punkt, zu Tagesordnungspunkt 5: Er hat Vorteile und Nachteile, die man gegeneinander abwägen muss. Wir sind für die Maßnahmen, bei de­nen es in diesem Paket im Wesentlichen um das Einkommensteuergesetz geht, das damit geändert wird. Die steuerliche Entlastung bei der gewerbli­chen Vermietung in den ersten drei Jahren nach Fertigstellung 2024 bis 2026 unterstützen wir. Diese temporäre Entlastung führt auch zu einem Kon­junktureffekt. Da geht es darum, dass man vorzeitig abschreiben kann, was ins­besondere dann, wenn die Inflation höher ist, vorteilhafter ist. Die 1,5 Pro­zent, die ich heuer absetze, sind natürlich mehr wert als die 1,5 Prozent, die ich in 20 Jahren absetze. Ich kann dann 4,5 Prozent in den ersten drei Jahren


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absetzen, was es in einer ähnlichen Form schon gibt; momentan sind es 4,5 Pro­zent, 3 Prozent und so weiter. Wenn ich die 4,5 Prozent absetzen kann,
ist das positiv.

Aus unserer Sicht ist natürlich auch positiv, dass eine Koppelung an ökologische Standards vorgenommen wird, was für die Transformation Zukunftsinvesti­tionen mit sich bringt, und dass es eine Investition von Privaten ist, die dadurch gefördert wird, und es keine direkten staatlichen Investitionen sind.

Was wir an dieser Gesetzesänderung kritisch sehen, ist der Ökozuschlag für Wohngebäude, der für sich alleinstehend ja in Ordnung wäre – diese 300 Millionen Euro. In Kombination mit den in Kraft befindlichen Förderschie­nen sehen wir aber, dass in diesem Punkt leider das Argument der Über­förderung überwiegt. – Vielen Dank.

11.33


Vizepräsident Dominik Reisinger: Danke.

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Bernadette Geieregger. Ich erteile ihr dieses.


11.33.41

Bundesrätin Bernadette Geieregger, BA (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuseher!
Die beiden Beschlüsse, die wir heute treffen werden, sind Teil des großen Wohn- und Baupakets, 2 Millionen Euro, die gemeinsam mit den Sozialpartnern verhandelt wurden. (Bundesrat Kovacs: Es sind 2 Milliarden! – Bundesrätin Schumann: Milliarden!)

Worum geht es? – Eigentum stärken, Wohnen leistbar machen, ein Konjunktur­paket mit Treffsicherheit. Unsere Bundesregierung investiert 2 Milliarden
Euro in den Wohnbau. Ziel ist es, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, die Bau­wirtschaft anzukurbeln, die Schaffung von Eigentum zu erleichtern und gleichzeitig Wohnqualität im bestehenden Wohnbau zu verbessern.


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Dieses Paket gliedert sich in fünf große Punkte, auf die ich jetzt auszugsweise eingehen möchte.

Erstens: mehr und leistbarer Wohnraum. Für die Wohnraumförderung wird ein Zweckzuschuss von 1 Milliarde Euro bereitgestellt. 780 Millionen Euro
sind für die Förderung von Neubaumiet- und -eigentumswohnungen und 220 Millionen Euro für die Förderung der Sanierung durch gemein­nützige Bauvereinigungen vorgesehen. Insgesamt schaffen wir durch die Wohnbauoffensive 20 000 leistbare Wohnungen und 5 000 werden saniert. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Der zweite Punkt: günstige Wohnkredite für Familien. Wir sind ja hier
die Länderkammer. Der Bund unterstützt die Länder zusätzlich mit einem Zweckzuschuss in Form einer Zinsunterstützung. Die Länder haben dadurch die Möglichkeit, niedrig verzinste Wohnbaudarlehen mit einem Maximalzinssatz
von 1,5 Prozent und von bis zu 200 000 Euro Kreditsumme zu vergeben.

Drittens: die Aussetzung einiger Nebengebühren für das Eigenheim. Das ist eine Maßnahme, von der ich glaube, dass sie ganz besonders auch für junge Men­schen interessant ist. Zur Erleichterung des Eigentumserwerbs werden befristet auf zwei Jahre die Grundbucheintragungs- und die Pfandeintragungsgebühr
bis zu einem Betrag von 500 000 Euro abgeschafft; das sind übrigens 11 500 Euro.

Der vierte Punkt sind steuerliche Anreize. Mit der befristeten erhöhten Abset­zung für Abnutzung von Wohngebäuden wird ein wichtiger Investitions­anreiz gesetzt. Das bedeutet, dass innerhalb der ersten drei Jahre nach Fertig­stellung eines Gebäudes ein Abschreibungssatz von 4,5 Prozent zur
Anwendung kommt.

Der fünfte Punkt ist die Ausweitung des Wohnschirms. Der schon bestehende Wohnschirm hilft bei zu hohen Wohnkosten. Er kann Miet- oder Energie-


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schulden übernehmen oder bei einem Umzug finanziell unterstützen. Der Wohn­schirm sorgt dafür, dass niemand seine Wohnung verlieren muss, weil er
die Miete oder die Energiekosten nicht mehr zahlen kann.

Abschließend möchte ich auch ein bisschen auf die Kritik der SPÖ eingehen, die ja heute auch noch einen Antrag stellen wird. Die SPÖ stellt in den Raum,
es brauche ein echtes Wohnbaupaket – und das, was wir heute hier beschließen, ist ein Konjunktur- und Wohnbaupaket. Was bringt uns ein Wohnbaupa­ket, wenn es keine Firmen gibt, die diese Projekte auch umsetzen? Es geht bei dem Paket vor allem auch um Arbeitsplätze: 20 000 neue Wohneinheiten, 5 000 Sanierungen und die Absicherung von 20 000 Arbeitsplätzen.
War die SPÖ nicht immer eine Partei, die es für wichtig empfunden hat, dass Menschen eine Arbeit haben? Die Zeiten sind wohl vorbei. Da fehlt offenbar der Weitblick. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir als Regierungsparteien sind die negativen und einseitigen Berichterstattun­gen über diverse Pakete und Projekte ja schon gewohnt. Ich halte es aber
ehrlich gesagt schon für fatal, denn auf der Welt gibt es genügend Gründe, um auch in Österreich besorgt zu sein. Da müssen wir uns nicht auch noch
unser gutes Leben in Österreich schlechtreden. Das verstehe ich einfach nicht. (Beifall bei der ÖVP.)

Die Realität ist folgende: Ich bin Bürgermeisterin in Kaltenleutgeben, einer Gemeinde mit circa 3 400 Einwohnern. In meiner Gemeinde vergeben wir circa 400 Gemeinde- und Genossenschaftswohnungen – das sind sehr viele. Regelmäßig lässt mich die Situation in der Gemeinde daran zweifeln, dass die Situation wirklich so prekär ist, wie sie die SPÖ immer darstellt. Wir
haben aktuell eine Genossenschaftswohnung mit 63 Quadratmetern frei. Sie ist barrierefrei, mit Balkon, die ist gegenüber von dem ehemaligen Kurpark. (Bundesrätin Hahn: Was kostet sie?) – 511 Euro. (Bundesrätin Hahn: Frag einen Jungen, ob er sich das leisten kann!) Jetzt dürfen Sie raten, wer sie haben
will. Niemand! Niemand will diese Wohnung haben. (Bundesrat
Kovacs: Unfassbar! Das ist unfassbar!)
Wir müssen sie jetzt an die Genossenschaft


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zurückgeben, weil niemand auf unserer Liste, der sich für eine günstige Wohnung angemeldet hat, diese Wohnung haben will. (Bundesrat Kovacs: Un­packbar! – Zwischenruf des Bundesrates Spanring.)

Jetzt kann man natürlich vonseiten der SPÖ sagen: Na, das ist wahrscheinlich ein Einzelfall. Nein, das ist es nicht! Ich hatte dasselbe Thema erst vor einigen Wochen. (Bundesrat Spanring: Da muss sich der Bürgermeister bemühen!) Und die Begründung dafür, dass diese Wohnungen teilweise nicht genommen
werden – raten Sie einmal! –: Meine Möbel passen dort nicht rein. (Bundesrat Kovacs: So überheblich, so arrogant! Das gibt es ja nicht!) Es gibt auch
andere abstruse Ausreden, wo man sich dann wundert: Geht es jetzt wirklich darum, eine leistbare Wohnung zu bekommen? (Bundesrätin Hahn: Kin­derarmut gibt es nicht? Altersarmut gibt es nicht?) Geht es jetzt wirklich darum, eine leistbare Wohnung zu bekommen, oder geht es darum, dass man
eine Luxusimmobilie kriegt? Das verstehe ich einfach nicht. (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrat Kovacs: Weltfremd! – Bundesrätin Eder-Gitschthaler: Die Kolle­gin berichtet aus der Praxis! – Zwischenrufe bei SPÖ und FPÖ.)

Es geht ja auch darum, dass man Sozialwohnungen treffsicher vergibt. Ich bin froh, dass zuvor Kollege Obrecht aus Wien gesprochen hat. Treffsicher
sind die Vergaben der Wiener Gemeindewohnungen ja auch nicht. Es gibt einige Fälle, die bekannt sind, wie Hannes Derfler, der ehemalige Bezirkschef aus
dem 20. Bezirk. Es ist wirklich zu hinterfragen, ob der in einer Gemein­dewohnung wohnen soll. (Bundesrätin Grimling: Der wohnt nicht dort! Der ging aus dem 20. Bezirk!)

Ein ganz bekanntes Beispiel ist Peter Pilz, der 2015 bekannt gegeben hat, dass er aus seiner Gemeindewohnung niemals ausziehen wird. (Bundesrat Kovacs:
Das ist Ihr Koalitionspartner!)
Wissen Sie, wie hoch 2015 die Miete für 60 Quadratmeter war? – 147 Euro! (Bundesrat Kovacs: Dann sagen Sie das Ihrem Koalitionspartner!) Also: Wie treffsicher ist die Politik in Wien wirklich,
wenn solche Leute immer noch so eine günstige Wohnung haben? (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrätin Grimling: Herr Derfler wohnt in keiner Gemeindewohnung!)


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Es gibt dann auch Vorschläge, zum Beispiel von der Volkspartei in Wien, wie man dem entgegenwirken kann, zum Beispiel mit einem Gehaltscheck. (Bundesrat Leinfellner: Bei den Grünen hat jetzt keiner geklatscht, gell?) Da ist man dann dagegen, denn es braucht eine Durchmischung. Na ja, braucht es
jetzt einen sozialen Wohnbau für die, die es sich nicht leisten können, oder brau­chen wir eine Durchmischung? Da, glaube ich, gibt es noch einige Themen aufzuarbeiten. (Bundesrätin Grimling: Die Frau Bürgermeisterin aus dem Speckgürtel gibt Ratschläge an Wien!)

Ja, die Inflation ist in Österreich höher als in anderen Ländern der EU. Fakt ist aber auch, dass die Kaufkraft gestiegen ist. Die Menschen können sich
trotz der Krise in Österreich etwas leisten. Ich sage nicht, dass nicht für viele Menschen in Österreich die hohen Mieten auch zum Problem geworden
sind, aber die meisten haben damit kein Problem. (Oh-Rufe bei der SPÖ.) Diese Debatte halte ich insofern für scheinheilig (Bundesrätin Hahn: Ich wäre
mit dem Wort scheinheilig vorsichtig! – Heiterkeit bei der SPÖ),
weil die SPÖ güns­tige Wohnungen fordert und auch den Kampf gegen die zwei Kassen will.
Es gibt ja angeblich unterschiedliche Kassen. (Rufe bei der SPÖ: Zwei Klassen! Klassen! – Bundesrat Kovacs: Klassen! Kassen sind etwas anderes! –
Bundesrat Steiner: Klassen!)
 – Ja, ich wollte einen Themenwechsel machen, keine Panik.

Abschließend möchte ich, da wir beim Thema Wien sind, noch Folgendes sagen: Ich habe eine Freundin in Wien, sie kommt aus einer SPÖ-Familie. Der
Papa ist Mitglied, hat unterschiedliche Freunde. Sie hat jetzt vor zwei Jahren über die guten, guten Kontakte von ihrem Papa eine Wohnung bekom­men. Meine Freundin war immer so eine SPÖ- oder Grünwählerin, hat sich im­mer so ein bisschen umgeschaut. (Bundesrat Kovacs: Eine super Freundin!)
Dann habe ich sie gefragt, ob jetzt ihr Wahlverhalten einen Einfluss darauf hat, und sie hat gesagt, natürlich wählt sie ab jetzt in Wien nur mehr die SPÖ.
Mit welchen Mitteln da gekämpft wird, ist mir schleierhaft. (Ruf bei der SPÖ: So was! Märchenstunde! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)


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Ein großes Kompliment darf ich übrigens auch der FPÖ aussprechen. Es ist of­fenbar wurscht, welches Thema auf der Tagesordnung steht. Wir haben versucht, das zusammenzuschreiben: Sie reden nicht zum Wohnpaket, sondern zur Impfpflicht, zu Corona, zur Teuerung, Ausländer sind immer hoch im
Kurs. (Bundesrat Spanring: Euch muss man es leider öfter erklären, ihr versteht es mit einmal ja nicht!) Kollege Bernard hat heute in seiner Rede zum Abschluss
etwas vergessen, nämlich den Volkskanzler Kickl. Das ist mir eigentlich abgegan­gen. (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrat Steiner: Danke! Super! – Bravorufe bei
der FPÖ.)

Ich glaube, ich kann aber für alle Kolleginnen und Kollegen in diesem Raum fol­gende Unterstützung anbieten, da ihr ja immer dieselben Reden haltet:
Wir unterstützen euch gerne dabei, einmal neue Reden zu schreiben, denn wir hören hier ständig dieselben Sachen. (Bundesrat Steiner: Ja, bitte! Schreib
du uns die Reden bitte! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Ich bin beim Ende meiner Rede angekommen und freue mich über eine breite Zustimmung zu diesem Gesetz. (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrat Steiner:
Ja, schreib du unsere Reden, dann haben wir auch endlich so gute, wie du heute hältst! – Heiterkeit bei der FPÖ. – Bundesrat Steiner: So richtig bachene!)

11.43


Vizepräsident Dominik Reisinger: Danke.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Bundesrat Günter Kovacs. Ich erteile ihm dieses.


11.44.10

Bundesrat Günter Kovacs (SPÖ, Burgenland): Herr Präsident! Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Frau Bundesrätin Geieregger, ich muss wirklich sagen (Bundesrat Steiner: Die schießt euch gleich ab! – Bundesrätin Eder-Gitschthaler: Tolle Rede!): Ich habe wirklich schon vieles hier herinnen gehört. Sie haben gerade die Sozialdemokratie verunglimpft, Sie haben die FPÖ verun­glimpft, Sie haben die Grünen mit Peter Pilz verunglimpft, weil er in


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einer Gemeindewohnung wohnt (Ruf bei der ÖVP: Der ist nicht mehr dabei!), und Sie haben in Wahrheit die eigene Partei kritisiert, denn wenn das alles
stimmt, was Sie hier gesagt haben, mit diesen freien Wohnungen, mit diesen tollen Mieten: Wofür machen wir dann das Paket eigentlich, Herr Minis­ter? Haben Sie sich das schon gefragt? Wir brauchen das Paket eigentlich gar nicht. Das ist ja unfassbar! Es ist ja alles happy-peppy! (Beifall bei SPÖ
und FPÖ. – Zwischenruf des Bundesrates Steiner.)

Das ist schon ein bisschen peinlich, würde ich sagen; insbesondere wenn wir uns die letzten Zahlen anschauen, die klar zeigen: Österreich hat europaweit
die höchste Inflation! Die höchste Inflation europaweit hat Österreich! Gestern hat es auf Puls 4 eine tolle Dokumentation gegeben, die den Zustand ge­zeigt hat, was sich momentan abspielt, wie Menschen ums Überleben in der Mie­te kämpfen, die sich kein Eigenheim leisten können. Von der ÖVP wird
das heute so dargestellt, wie wenn das für jeden möglich wäre. Ich sage euch: Das kann sich keiner mehr leisten. Ihr wisst es ganz genau! (Zwischen­ruf des Bundesrates Steiner.)

Warum sich das keiner mehr leisten kann, hat einige Gründe, und die Verursa­cher sitzen vor mir: Das waren in den letzten Jahren die ÖVP und die
Grünen. Ihr habt die Menschen mit einer CO2-Steuer bestraft, Menschen, die jeden Tag arbeiten gehen, habt ihr bestraft. Die Zinssätze sind für die
Leute nicht mehr leistbar, die Leute können die Zinsen nicht mehr zahlen. Es wurde nicht auf den Bankensektor eingewirkt, null auf den Banken­sektor eingewirkt. (Beifall bei SPÖ und FPÖ.)

Womit ich als Mensch wirklich das größte Problem habe, was in den letzten Jahren passiert ist, war die Abschaffung der Hacklerregelung. Kollege Leinfellner hat es vorhin gesagt: Ihr habt den Menschen 400, 500 Euro netto im Monat geraubt. (Beifall bei SPÖ und FPÖ.)

Glaubt mir eines: Das vergessen die Leute nicht! Die Leute vergessen nicht, wie ihr sie behandelt habt, und das wird in wenigen Monaten eh ein Ende


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haben. Wir wissen ja, im September sind Wahlen und dann wird wirklich abge­rechnet, dann gibt es Tabula rasa, wie man so schön sagt. (Bundesrat
Steiner: Volkskanzler! Dann gibt es einen Volkskanzler!)

Noch eine Kleinigkeit, ein kleines Bonmotscherl für die ÖVP und die Grünen: Wir haben momentan einen Cofag-Untersuchungsausschuss, da bei der
Cofag Milliarden an Geldern verschoben worden sind. Wir wissen heute, dass Milliardäre und Millionäre Geld oft ungeprüft bekommen haben. Und wir
müssen kämpfen, dass sich Menschen in Zukunft vielleicht ein bisschen Miete ersparen, ein bisschen eine Zinssatzersparnis haben. Es ist eigentlich
unfassbar, was ihr mit den Leuten in Österreich macht! (Beifall bei SPÖ und FPÖ.)

Wir werden heute bei diesen zwei Tagesordnungspunkten nur deshalb zustimmen – wir haben das schon im Nationalrat gemacht und werden das auch heute machen –, da es zumindest eine kleine Verbesserung ist. Ich muss
aber ganz ehrlich sagen: Wenn ich mir anschaue, welcher Personenkreis sich das dann in Zukunft leisten kann, nämlich Menschen, die sich um bis zu 2 Mil­lionen Euro eine Villa bauen und trotzdem noch eine Gebührenersparnis bekom­men – das wurde bei Tagesordnungspunkt 1 auch schon erwähnt –, und
darüber nachdenke, erkenne ich ja, dass das genau der gleiche Blödsinn ist, wie wenn man zum Beispiel einem Tesla-Fahrer eine Förderung auszahlt. Das
Auto kostet 100 000 Euro, und dem gibt man eine Förderung, und dann gebe ich einem, der eine Villa um 2 Millionen Euro bekommt, einen Gebührennachlass. (Beifall bei SPÖ und FPÖ.)

Durch die KIM-Verordnung ist es ja für viele Menschen gar nicht mehr möglich, dass sie überhaupt einen Kredit bekommen. Frau Dr. Gitschthaler, das ist
ja nicht mehr möglich. Der geht hin zur Bank, der schafft das ja nicht: 40 Prozent darf er maximal von seinem Einkommen belasten (Zwischenruf der Bundes­rätin Eder-Gitschthaler), 20 Prozent Eigenmittel muss er aufbringen – das ist ja alles nicht mehr möglich.


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Sehr, sehr viele Versäumnisse gibt es bei dieser Regierung, und deshalb sage ich auch ganz klar, weil sich hier die ÖVP immer selbst so lobt oder Frau Geier­egger hier Lobhudelei betreibt: Nicht wir sagen, dass die Regierung am Ende ist, die Bevölkerung sagt das: Nur mehr 20 Prozent unterstützen euch,
Grün und Schwarz gemeinsam. Ärger geht es nicht mehr! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich bringe zu Tagesordnungspunkt 4 folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Bundesrät:innen Günter Kovacs, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Das Wohnpaket der Regierung senkt keinen einzigen Preis – Österreich
braucht ein Sofortpaket für leistbares Wohnen“

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat und dem Bundesrat eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die einen echten und sofortigen Teuerungstopp für die eigenen vier Wände bewirken kann. Die notwendigen Maßnahmen dazu umfassen insbesondere

- Das Einfrieren sämtlicher Mieten (inklusive preisungebundener Mieten
und Geschäftsraumieten) bis Ende 2026 und eine drauffolgende,
jährliche Deckelung des Mietanstiegs bei maximal 2 %.

- Die Einführung eines Zinspreisdeckels von maximal 3 % für alle bereits bestehenden Häuslbauerkredite bis zu einem Darlehensvolumen
von 300.000 Euro.

- Die Einführung einer Übergewinnsteuer auf die historischen“ Rekordgewinne „der Banken zur Finanzierung des Preisstopp-Programms.“

*****

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

11.49



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Vizepräsident Dominik Reisinger: Danke.

Der von den Bundesräten Günter Kovacs, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „Das Wohnpaket der Regierung senkt keinen einzigen Preis – Österreich braucht ein Sofortpaket für
leistbares Wohnen“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Ver­handlung.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Bundesrat Markus Steinmaurer.
Ich erteile ihm dieses.


11.50.25

Bundesrat Markus Steinmaurer (FPÖ, Oberösterreich): Herr Vizepräsident! Werter Minister! Geschätzte Zuseher hier im Saal und zu Hause! Werte Kollegen im Bundesrat! Das Wohnbaupaket ist grundsätzlich nicht schlecht, aber in Wahrheit ein Tropfen auf den heißen Stein.

Zudem hat es in einem ersten Schritt ohnehin nur zur Verunsicherung beigetragen, da viele Bauherren ihre Projekte angehalten beziehungsweise sogar rückgestellt haben, um abzuwarten, was von der Bundesregierung da tat­sächlich umgesetzt wird. Umso wichtiger ist es, dass dieser Ankündigungspolitik zulasten der Bauwirtschaft mit diesem Beschluss im Bundesrat ein Ende
gesetzt wird und Gesetze beschlossen werden, an denen sich die Rechtsunter­worfenen orientieren können.

Zeitgleich ist natürlich die Umsetzung noch fragwürdig und die Länder werden im Stich gelassen. Während die Bundesregierung sich von der bezahlten Medienöffentlichkeit feiern lässt, laufen die Telefone in den Wohnbauförde­rungsberatungsstellen in den Bundesländern heiß. Da braucht es end­lich Klarheit.

Vor wenigen Wochen hat die Bundesregierung ein Wohnbaupaket verkündet. Mit dem laut Finanzministerium 2,2 Milliarden Euro schweren Maßnah-


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menpaket soll mehr leistbarer Wohnraum geschaffen werden, die Eigenheim­quote soll erhöht werden und die Auftragslage am Bau so angekurbelt
werden.

Schwerpunkte sind: Erstens: 10 000 Eigentumswohnungen und 10 000 Miet­wohnungen sollen entstehen. 5 000 Objekte sollen saniert und wieder
auf den Markt gebracht werden. Der Bund stellt dafür 1 Milliarde Euro zur Ver­fügung.

Zweitens: Länder können Darlehen bis 200 000 Euro zu maximalen Zins­sätzen von 1,5 Prozent bereitstellen – entweder durch Zuschüsse zu Mittelauf­nahmen oder durch vergleichbare Zinszuschüsse bei Bankdarlehen. Der
Betrag wurde mit 500 Millionen Euro begrenzt.

Drittens: Grundbucheintragungsgebühr sowie Pfandrechteintragungsgebühr für die ersten 500 000 Euro werden gestrichen. Dies gilt nur für nach dem
31. März 2024 abgeschlossene Rechtsgeschäfte. Zudem soll das nur auf zwei Jahre befristet beantragt werden können.

Viertens: Länder können Freizeitwohnungs-, Nebenwohnsitz- und Leerstandsab­gaben einheben.

Fünftens: Der Wohnschirm wird von 65 Millionen auf 125 Millionen Euro aufge­stockt, was zu begrüßen ist.

Sechstens: Bei der Absetzung für Abnutzung, AfA, für Wohngebäude kann
bis 2026 das Dreifache beantragt werden.

Siebtens: Thermische Sanierung und Heizungstausch werden mit einem Zuschlag für die steuerliche Absetzbarkeit von 15 Prozent gefördert.

Achtens: Handwerksarbeiten bis zu 10 000 Euro werden mit 20 Prozent gefördert.

Neuntens: Gewerbliche Vermieter erhalten einen Zuschuss für thermische Sa­nierungen von Wohngebäuden.


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Die wesentlichen Punkte sind die ersten beiden. Der erste Punkt betrifft
den mehrgeschossigen Wohnbau. Der Bund stellt den Bundesländern 1 Milliarde Euro für die Errichtung von Eigenheimen und Mietwohnungen im mehr­geschossigen Wohnbau – ausgenommen eingeschossige Reihenhäuser – sowie für die Sanierung von Mietwohnungen zur Verfügung. Die Mittel für den Neubau stehen sowohl Gemeinnützigen als auch Gewerblichen zur Verfügung, die Mittel für die Sanierung stehen nur den Gemeinnützigen zur Verfügung.

Die in den Medien kolportierten Ziele von je 10 000 zusätzlichen Eigentums- und Mietwohnungen sowie 5 000 Sanierungen finden sich im Gesetz
weder in den Bestimmungen noch in den Erläuterungen. Wie kommt man
auf diese Zahlen, Herr Minister?

Tatsächlich, und das ist hier jedem klar, gibt es in den Bundesländern verschie­dene Preisgestaltungen. Zum Beispiel ist in Oberösterreich der Wohnungs­errichtungspreis ein anderer als in Tirol und Vorarlberg, daher können die Zahlen nicht stimmen.

Die Bedingungen betreffen insbesondere antispekulative Bestimmungen
des WGG und die Pflicht zur Errichtung von Fotovoltaikanlagen.

Die 1 Milliarde Euro teilt sich wie folgt auf: 780 Millionen Euro werden für den Neubau bereitgestellt – die eine Hälfte für Mietwohnungen und die
andere Hälfte für Eigentum inklusive Mietkauf –, und 220 Millionen Euro wer­den für die Sanierung von Mietwohnungen bereitgestellt. Für Oberöster­reich beträgt der Anteil 17,5 Prozent, somit 68,25 Millionen Euro für Mietwoh­nungen, 68,25 Millionen Euro für Eigentum und 38,5 Millionen Euro
für die Sanierung. Insgesamt entfallen damit auf das Land Oberösterreich 136,5 Millionen Euro für den mehrgeschossigen Neubau und 38,5 Millionen Euro für die Sanierung von Mietwohnungen.

Ausbezahlt werden diese Mittel in den Jahren 2024 mit 25 Prozent, 2025 mit 50 Prozent und 2026 mit 25 Prozent. Die Zweckzuschüsse werden vom


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 133

Land in jenem Jahr in Anspruch genommen, in dem der Förderwerber die För­derung zugesagt bekommt, also unabhängig vom Zeitpunkt der Zuzäh­lung des Betrages. Diese Formulierung beinhaltet damit allerdings auch auto­matisch, dass alle bereits in Bau befindlichen oder fertiggestellten Bau­vorhaben von dieser Förderung ausgeschlossen sind, da die Zusicherung immer nur vor Baubeginn erfolgen kann. Die ersten nach diesem Bundesgesetz geförderten Zusicherungen können somit erst nach Inkrafttreten im Jahr 2024 erfolgen.

Der zweite Punkt betrifft die Förderung von Eigenheimen. Alle nachste­henden Regelungen gehen nach unserer Interpretation davon aus, dass diese nur für den Neubau von Eigenheimen gelten, Eigentumswohnungen fallen also heraus.

Für den Erwerb gelten die oben dargestellten Regelungen des nicht rückzahl­baren Zuschusses und nicht die Regelung des mit 1,5 Prozent begünstig­ten Darlehens. Weiters gilt dies alles nur für neu zu errichtende Bauvorhaben und nicht für den Erwerb bereits bestehender oder in Bau befindlicher Bauprojekte.

Im Gegensatz zu 1 Milliarde Euro im mehrgeschossigen Wohnbau nimmt der Bund da nicht Geld tatsächlich selbst in die Hand, sondern gibt Zinszu­schüsse, um Häuslbauern einen Zinssatz von 1,5 Prozent zu ermöglichen. Derar­tige Anleihen mit zehnjähriger Laufzeit werden derzeit mit 2,87 Prozent
verzinst, der Bund muss da also eine Zinsdifferenz in der Höhe von 1,37 Prozent übernehmen und das Land könnte die mittels Anleihe aufgenommenen
Mittel als Direktdarlehen an die Häuslbauer mit einem Zinssatz von 1,5 Prozent weitergeben.

Grundsätzlich wurden laut Wohnbaubilanz in Oberösterreich im Jahr 2022 1 335 Eigenheime und im Jahr 2023 759 Eigenheime gefördert. Förde­rungen von Eigenheimen gibt es allerdings im Wesentlichen in zwei Formen:


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Zuschüsse zu den Darlehen der Hypo und einmalige, nicht rückzahlba­re Zuschüsse; sie werden in der Regel dann in Anspruch genommen, wenn gar kein Darlehen aufgenommen wird.

Für die Förderung des Bundes sind nur jene Bauvorhaben relevant, die mittels Zuschüssen zu Darlehen gefördert werden. Dies waren im Jahr 2022
Darlehen für 732 Eigenheime und 2023 Darlehen für 308 Eigenheime. Der Schnitt der beiden Jahre lag also bei 520 Eigenheimen. Rechnet man
die 87,5 Millionen Euro Darlehensvolumen durch 200 000 Euro, kommen 437,5 Eigenheime heraus. Das heißt, wir könnten in Oberösterreich mit dieser Hilfe 438 Häuslbauer unterstützen, und das in den nächsten drei Jahren.
Wir haben aber sogar in den schwächeren Jahren pro Jahr weit
höhere Förderzahlen.

Eine Beratung mit den Wohnbauzuständigen der Bundesländer wäre die richtige und sinnvolle Vorgehensweise gewesen – dieser Bundesregierung geht
es aber nur um Ankündigungen und Pressekonferenzen –, denn die zuständigen Wohnbauabteilungen wissen doch am besten, wo die zusätzlichen Unter­stützungen erforderlich sind. Leider arbeitet die Bundesregierung aber nur ober­flächlich, und dieses Wohnbauprogramm wird nicht fruchten, denn ein
ganz wesentlicher Punkt, die KIM-Verordnung, wurde nicht betrachtet. Um diese Förderung beanspruchen zu können, muss erst ein Kredit
genehmigt werden, und das ist zurzeit für einen normal in Österreich Arbei­tenden unmöglich.

Eine Familie – die besteht grundsätzlich aus Mutter, Vater, Kind (Oh-Rufe bei der SPÖ) – will ein Eigenheim errichten (Beifall bei der FPÖ) und ist in der glück­lichen Lage, Unterstützung von der Familie zu bekommen. Allerdings bleiben immer noch 500 000 Euro übrig, und die 500 000 Euro sind das Pro­blem. Aufgrund der gesetzlichen, nur in Österreich geltenden KIM-Verordnung ist ein Kredit für die 500 000 Euro nur mit einem monatlichen Einkommen
von 8 000 Euro möglich. Aber: Wer, welche junge Familie hat ein Nettofamilien­einkommen von 8 000 Euro?!


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 135

Dieses Wohnbaupaket ist gut gemeint, aber halt schlecht vorbereitet und vorbesprochen. Leider sind Befristungen und Begrenzungen enthalten. Einen Abänderungsantrag im Nationalrat zu diskutieren und im Bundesrat absegnen zu lassen und erst dann die Gespräche mit den Ländern zu starten, das zeigt
einmal mehr, dass in dieser Bundesregierung nur reagiert statt agiert wird. Damit ist diese Hilfe nur ein kleiner Tropfen.

Deshalb stelle ich folgenden Antrag:

Entschließungsantrag

der Bundesrät:innen Markus Steinmaurer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Auch der Bund muss liefern – Schaffung leistbaren Wohnraums durch
die ARE“

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung und insbesondere der zuständige Bundesminister für Finanzen werden aufgefordert, in Unternehmenszielen und -strategie
sowie Geschäftspolitik der ARE Real Estate GmbH vorrangig die Förderung leistbaren bzw. geförderten Wohnraumes sicherzustellen.“

*****

Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

12.01


Vizepräsident Dominik Reisinger: Danke.

Der von den Bundesräten Markus Steinmaurer, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „Auch der Bund muss
liefern – Schaffung leistbaren Wohnraums durch die ARE“ ist genügend un­terstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Weiters zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Elisabeth Kittl. Ich
erteile ihr dieses.



BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 136

12.02.02

Bundesrätin MMag. Elisabeth Kittl, BA (Grüne, Wien): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseher:innen vor den Bildschirmen! Ja, das Bau- und Sanierungspaket sowie die Zweckzu­schüsse sind milliardenschwere staatliche Investitionen, aber es sind Investitio­nen, die die Menschen schnell und nachhaltig entlasten und die Wirt­schaft sofort beleben, denn das Paket bringt dauerhaft leistbaren und qualitativ hochwertigen Wohnraum, sichert gleichzeitig Arbeitsplätze und Einkom­men ab und schafft sogar neue Arbeitsplätze. (Vizepräsident Ebner übernimmt den Vorsitz.)

Es ist eine Win-win-Situation für alle, für den Staat durch die Steuerein­nahmen und auch für die Gemeinden bezüglich des Antrages. Es ist vor allem auch neben den Mitteln aus dem Zukunftsfonds, der immer gerne ver­gessen wird, ein zusätzliches großes Plus für die Gemeinden. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Inklusive der Darlehen, des Handwerkerbonus und der Steuererleichte­rungen werden weit mehr als 2,5 Milliarden Euro in den nächsten zwei Jahren, also bis 2026, in den Bau- und Wohnungsmarkt investiert. Wir gehen
aber auch – das ist ein wichtiger Punkt, gerade für uns Grüne – gegen die Ab­hängigkeit von russischem Gas, also von fossilen Energieträgern, und
gegen die Klimakrise vor, indem diese Zweckzuschüsse des Baupakets, das ist natürlich der Vorteil der Zweckzuschüsse, auch ökologische Vorgaben
haben. Da geht es zum Beispiel um verdichteten Wohnbau, darum, nicht mehr Boden zu versiegeln, aber es geht auch um Sonnenstromerzeugung auf
den Dächern von damit finanzierten Neubauten oder neuen Fenstern und Däm­mungen zur Energieeinsparung bei Sanierungen.

Wir haben es heute schon öfters gehört: Diese 20 000 neuen und
5 000 neu sanierten Wohnungen, die meisten davon sind gemeinnützige Woh­nungen, und die sind alle ökologisch und sozial, denn genau im gemeinnüt­zigen Bereich sind Mieten langfristig garantiert, und das ist das Spannende, finde


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 137

ich, an dem Paket. Es ist auch ein Riesenboost, vor allem wenn man be­denkt, dass die Gemeinnützigen pro Jahr insgesamt circa 15 000 neue Wohnun­gen in ganz Österreich bauen – es sind nicht die ganzen 20 000 für Gemein­nützige, aber ein großer Teil –, dann ist das ein immenser Boost für mehr leistba­res Wohnen.

Die steuerlichen Anreize und auch der Handwerker:innenbonus eben für ökolo­gisches Bauen und Sanieren – wir haben es von Kollegen Arlamovsky schon genau gehört, deswegen wiederhole ich es nicht mehr – betreffen auch Zinshaus- und Wohnungseigentümer. Auch das ist wichtig. Wir haben es auch vom Herrn Bundesminister gehört, dass genau die Energiekosten ja sehr
oft das Problem sind und gerade auch der Wohnschirm die Menschen bei den hohen Energiekosten unterstützt. Genau diese steuerlichen Anreize
beugen dem vor und machen Energiekosten auch längerfristig niedriger oder eigentlich sogar sehr langfristig niedriger.

Wenn wir bedenken, dass Energie, die im Gebäudesektor verbraucht wird, einen Riesenanteil am Treibhausgaseffekt hat, ist dieser Renovierungsschub
eine extrem sinnvolle Maßnahme in der Dekarbonisierung, aber eben auch für die Einsparung an laufenden Kosten.

Wichtig aber ist, dass die Länder diese Zweckzuschüsse auch einsetzen –
ich schaue nach links –, es wird auch erwartet. Wien hat zum Beispiel ein ganzes Drittel der eingenommenen Wohnbaugelder nicht für den Wohnbau aus­gegeben, obwohl der gemeinnützige Wohnbau so wichtig ist. Daher ist eben die Zweckwidmung überlegt worden, weil gerade immer mehr Menschen nach
Wien ziehen – wir haben es von Kollegen Schreuder gehört, wir haben die Zwei-Millionen-Marke überschritten – und diese Menschen auch mehr leistbaren Wohnraum brauchen.

Erfreulicherweise kündigt Wien nun eine Wohnbauoffensive 2024 plus an, was ich natürlich auch auf das heutige Wohnbaupaket, aber genauso auch auf
die Mittel des Zukunftsfonds zurückführen möchte, wobei Wien insgesamt in


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 138

etwa einmal 250 Millionen Euro und 250 Millionen Euro aus dem
Zukunftsfonds bekommen wird, da Wien ja gerade jetzt mehr günstigere Mieten braucht. Ich hoffe, diese Zeitangabe in dem Wohnbauoffensivepaket 2024
plus bedeutet tatsächlich auch zeitnah und ist nicht ein vielleicht populistischer Zug für die sowieso geplanten Wohnungen.

Was ich aber gerade betreffend Wien hervorheben möchte, ist, dass gerade im gemeinnützigen Wohnbau – ich finde, das ist ein sehr wichtiger Aspekt –
extrem hohe Qualität vorhanden ist und in hoher Qualität gebaut wird, oft in weitaus höherer als im privaten Wohnbau. Daher ist dieser gemeinnüt­zige Wohnbau auch so wichtig. (Beifall bei Bundesrät:innen von Grünen und SPÖ.)

Zu den Zinsen am Kreditmarkt, die gerade recht stark gestiegen sind,
zwar noch immer nicht das Niveau von vor etwa 15 Jahren erreicht haben, aber trotzdem im Vergleich zu vorher sehr stark gestiegen sind: Der Bund über­nimmt jetzt die Kosten der Länder, die über 1,5 Prozent anfallen, mit einem Vo­lumen von 500 Millionen Euro. Auch das ist ein wichtiger Punkt. Man
glaubt es nicht, aber auch genau diese Maßnahme bedeutet ein Mehr an leistba­rem Wohnen, da so finanzierte Wohnungen dem Spekulationsgewinn auf
die nächsten 25 Jahre entzogen sind und dann, wenn sie vermietet werden, eine Mietzinsobergrenze haben. Das ist auch sehr wichtig.

Ein kurzer Schwenk noch zu dem Entschließungsantrag, aber auch zu den Kolle­gen Kovacs und Obrecht: Auch Sie wollen einen Zinspreisdeckel für alle,
auch für Villenbesitzer:innen oder Villenbauer:innen. Ich muss sagen, auch damit, dass Sie immer wieder Mehrwertsteuersenkungen für alle fordern, auch für Millionär:innen, widersprechen Sie sich meiner Meinung nach.

Ich denke, dass dieses Paket insgesamt ein ausgeklügeltes, ein weitblickendes ist und auch ein von vielen Expert:innen gelobtes Paket ist, denn es schafft Arbeitsplätze, es sichert Einkommen, es sorgt für hochwertigen, ökologischen und leistbaren Wohnraum und es macht Energie sauberer und günstiger.
Dieses Paket sorgt für mehr Lebensqualität für viele, viele Tausend Menschen.


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Ein bisschen traurig macht, dass nicht alle zustimmen. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)

12.09


Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Danke, Frau Bundesrätin.

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Barbara Prügl. Ich erteile ihr dieses.


12.09.54

Bundesrätin Barbara Prügl (ÖVP, Oberösterreich): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Ja, das Wohnpaket ist ein absoluter Perspektivengeber, ein Lichtblick, möchte ich sagen – kein Schattenhäuschen, sondern ein wahrer Perspek­tivengeber. Das haben auch bereits sehr viele Vorrednerinnen und Vorredner betont.

Das bringt es auch auf den Punkt: Es ist nämlich so, dass sich 93 Prozent der jun­gen Menschen in Österreich einmal eigene vier Wände wünschen. Mit dem Wohnbaupaket ist das jetzt auch möglich. Dem Traum der jungen Menschen, die eine Familie gründen wollen, die sich entfalten wollen, die nicht von der
SPÖ entmutigt werden, sondern sparen wollen, voll arbeiten, hart dafür arbeiten wollen, um sich Eigentum zu schaffen, geben wir wieder Perspektive. (Beifall
bei der ÖVP und bei Bundesrät:innen der Grünen. – Bundesrätin Grimling: Ich kann zwar hart arbeiten, aber ich schaff’ es nicht!)

Mehr als 2 Milliarden Euro an Bundesmitteln werden in die Hand genommen, um Eigentumserwerb zu unterstützen, um Wohnraum wieder leistbarer zu
machen und neue Wohnungen zu schaffen oder auch wiederherzustellen. (Bun­desrätin Grimling: Die Jungen können das nicht mehr!)

Wie schaut es konkret aus? – Drei Punkte dazu – wir haben es schon gehört, aber das sind einfach drei wesentliche Punkte, die immer wieder wieder­holt werden sollten, damit wir, wenn wir morgen in der Früh aufstehen, gleich die drei Punkte dieses tollen Wohnpakets aufzählen können.


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Erstens: Wir schicken die Nebengebühren in Auszeit. Das haben wir schon ge­hört: Beim Kauf eines Eigentums fallen ab 1. April zwei Gebühren weg:
die Grundbucheintragungs- und die Pfandrechtseintragungsgebühr. Das gilt für die ersten 500 000 Euro, da erspart man sich rund 10 000 Euro. Na ja,
gut, wenn man gerade beim Neu-Einrichten ist: Das hat immerhin etwa den Wert einer Küche. (Neuerlicher Zwischenruf der Bundesrätin Grimling.)

Zweitens: Wir bieten den gestiegenen Kreditzinsen die Stirn. Die Zinsland­schaft – wir wissen es – hat sich in der letzten Zeit massiv verändert:
von 1 Prozent auf 4 bis 5 Prozent Kreditzinsen. Das ist nicht wenig. Ich möchte jetzt natürlich nicht vergessen: Wenn man mit Leuten spricht, die zum
Beispiel in den Neunzigerjahren gebaut haben, sagen die, dass sie Zinsen von 8, 10 oder sogar 12 Prozent gehabt haben. Diese Zeit wollen wir nicht mehr. (Bundesrat Kovacs: Das hilft jetzt ...!) – Ich weiß, aber das hat es gegeben, man soll das nicht vergessen.

Doch ich weiß, 5 Prozent sind auch kein Pappenstiel, und deswegen setzen wir da mit den Zweckzuschüssen des Bundes an die Länder für günstige Wohn­baudarlehen richtig an. Das heißt im konkreten Beispiel: Wenn sich eine junge Familie ein Haus oder eine Eigentumswohnung kauft und dafür ein Wohnbaudarlehen aufnimmt (Bundesrat Schennach: Was ...?), dann zahlt diese Familie für eine Kreditsumme bis zu 200 000 Euro (Bundesrätin Grim­ling: Am Land!) nur maximal 1,5 Prozent Zinsen. Ein Landesdarlehen mit nur 1,5 Prozent Verzinsung, das ist wirklich eine gute Sache. Wohnraum zu schaffen ist dadurch wirklich wieder möglich.

Drittens: Wir holen verstaubte Bau- und Sanierungsprojekte wieder aus
der Schublade heraus. Gemeinnützige Wohnbauträger haben nämlich wegen unzureichender Landeswohnbaufördermittel so manche Projekte nicht
mehr verwirklichen können, und das wird mit den Zuschüssen auch wieder machbar. Wir schaffen dadurch 20 000 neue Wohnungen – 10 000 Eigentumswohnungen auf Mietkaufbasis und 10 000 Mietwohnungen – und können damit 5 000 Wohnungen sanieren. (Beifall bei der ÖVP.)


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Meine Damen und Herren, apropos Sanieren: Im Wohnbaupaket gibt es außer­dem noch einen weiteren Sanierungsbaustein bei Mietwohnungen. Die­ser umfasst 300 Millionen Euro und soll mit steuerlichen Anreizen notwendige Sanierungen ermöglichen, etwa thermisch-energetische Sanierungen oder
einen Heizkesseltausch. Das ist ökologisch und ressourcenschonend.

All diese genannten Bausteine des wirklich sehr umfangreichen Wohnbaupa­ketes ermöglichen nicht nur einen Hausbau oder einen Wohnungsbau,
sondern sie kurbeln auch die Baukonjunktur wieder an und sichern definitiv – definitiv! – Arbeitsplätze. Wenn man in seinem Freundeskreis im Um­feld sehr viele Bekannte hat, die im Bau tätig sind, dann kann man sagen: Ich glaube, es geht wieder gut weiter, und dein Arbeitsplatz kann gesichert werden! – Das ist auch ein gutes Gefühl. (Beifall bei der ÖVP.)

Sehr geehrte Damen und Herren, bringen wir das große Wohnbaupaket unter Dach und Fach! Es schafft leistbaren Wohnraum, neue Eigentums- und Mietwohnungen, unterstützt den Eigentumserwerb und kurbelt die Bauwirt­schaft wieder an. Dieses Paket – ich möchte es noch einmal sagen –
ist ein Perspektivenbringer, ja, klar. Die Beschlüsse dafür sind für die jungen Familien, sind für die nächsten Generationen in Österreich. (Beifall bei
der ÖVP.)

12.15


Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Danke, Frau Bundesrätin.

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Bettina Lancaster. Ich erteile ihr dieses.


12.15.21

Bundesrätin Mag. Bettina Lancaster (SPÖ, Oberösterreich): Herr Präsident! Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen im Bundesrat! Werte Zuseherin­nen und Zuseher vor Ort und vor den Bildschirmen! Ich nutze die
Gunst der Stunde, Herr Minister, dass Sie hier sind, und möchte noch einmal
auf den Finanzausgleich eingehen.


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 142

Als Bürgermeisterin ist es mir natürlich ein zentrales, wichtiges Anliegen: Wie sieht die Zukunft der finanziellen Ausstattung unserer Gemeinden aus? –
Es scheint so, dass der Finanzausgleich für den Bund, für die Länder geglückt ist. Er ist aber für die dritte Gebietskörperschaft, nämlich für die Gemeinden,
nicht geglückt.

Sehr viele Gemeinden stehen jetzt vor der Situation, dass sie ihre Haushalte nicht ausgleichen können, dass sie zu Bittstellern degradiert werden,
dass sie dort hingehen müssen, um die Daseinsvorsorge in ihren Gemeinden aufrechterhalten zu können, nämlich zu schauen, dass Elementarpäda­gogik funktioniert, dass – als Schulerhalter – adäquate Schulgebäude da sind, dass die Müllabfuhr funktioniert, dass die Trinkwasserversorgung funk­tioniert, dass die Abwasserentsorgung funktioniert und dass wir,
wenn ein Bürger zu uns ins Bürgerservice kommt und reklamiert, dass eine Straßenbeleuchtung nicht funktioniert, handeln können, dass wir die
Techniker hinschicken können, dass wir das Geld in der Gemeindekasse haben, dass wir das auch durchführen können. Zurzeit mangelt es überall.
(Beifall bei der SPÖ.)

Als das FAG unterzeichnet wurde, kurze Zeit später – ich glaube, die Tinte war noch nicht trocken, wenn ich dieses Sprichwort anwenden darf –, wurden
beim Gemeindebund auch schon Nachforderungen gestellt, weil man weiß: Es geht sich nicht aus, sie können ihren Aufgaben nicht nachkommen. Man
kann den Gemeinden, die den Bürgern am nächsten sind, nicht die finanziellen Mittel wegnehmen oder nicht zur Verfügung stellen. (Beifall bei der SPÖ.)

Daher bringe ich wieder folgenden Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Bundesrät:innen Mag. Bettina Lancaster, Kolleginnen und Kollegen betref­fend „Gemeindepaket für 2024 und 2025“

Der Bundesrat wolle beschließen:


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„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Finanzen, wird aufgefordert, mit Gemeindevertreter:innen in Gespräche über ein Gemeindepaket in Höhe von 1 Milliarde Euro als Soforthilfe ohne Auflagen für die Gemeinden für 2024 und 2025 einzutreten sowie das Kommunale Investitionspaket um zwei Jahre zu verlängern.“

*****

Ich ersuche um breite Zustimmung im Sinne unserer Gemeinden, im Sinne des ländlichen Raumes. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

12.18


Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Danke, Frau Bundesrätin.

Der von den Bundesräten Mag. Bettina Lancaster, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „Gemeindepaket für
2024 und 2025“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhand­lung.

Als Nächster hat sich Herr Bundesminister Magnus Brunner zu einer Stellung­nahme zu Wort gemeldet. Ich erteile ihm dieses.


12.19.00

Bundesminister für Finanzen Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Bundesräte! Ich habe mir ja vorgenommen,
das Positive an den Redebeiträgen heute in den Vordergrund zu stellen, und es waren auch von allen Fraktionen durchaus positive Meldungen und Rede­beiträge dabei.

Herr Bundesrat Steinmaurer hat sehr gut und klar dargestellt, was die Inhalte sind – danke auch dafür, das war wirklich eine Aufzählung aller Details,
die wir genau so wollten, weil es natürlich wichtig ist, genau auf diese Druck­punkte auch entsprechend einzugehen.


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 144

Positiv ist natürlich auch, dass alle Fraktionen dieses Paket unterstützen – außer Herrn Bundesrat Arlamovsky, aber zumindest hat er die positiven Dinge dargestellt, er hat es differenziert betrachtet.

Vielleicht nur ein Punkt von Herrn Bundesrat Arlamovsky, auf den ich inhaltlich eingehen möchte, die Zweckwidmung betreffend: Da haben Sie einen
Punkt angesprochen, der durchaus zu diskutieren ist, ja. Und genau deswegen haben wir bei diesem Teil des Pakets auch darauf geschaut, dass diese
Mittel eben zweckgebunden sind. Das gilt nicht für die Wohnbaumittel insge­samt – das ist ein bissel schwierig, da brauchen wir eine Verfassungs­mehrheit beziehungsweise eine Verfassungsänderung –, aber bei diesen Mitteln, die jetzt mit diesem Wohn- und Baupaket kommen, ist die Zweckwidmung dabei; also das haben wir auch entsprechend aufgenommen.

Was ich auch sehr positiv finde: Herr Bundesrat Kovacs war der erste – von dem ich es zumindest weiß, aber vielleicht täusche ich mich jetzt – Vertreter
der Sozialdemokratie, der sich die Änderung der KIM-Verordnung gewünscht hat. Das finde ich super. Ihr Kollege Kai Jan Krainer hat das im Finanz­ausschuss des Nationalrates nämlich ganz anders ausgeführt, der war gegen eine Änderung. Wenn ich das also richtig verstanden habe, bist du auch für eine Erleichterung bei der KIM-Verordnung. Habe ich das richtig verstan­den? (Zwischenruf des Bundesrates Kovacs.) Das wäre sehr positiv, das unter­stütze ich sehr – um das Positive herauszustreichen. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesrät:innen der Grünen.)

Ich würde dich wirklich ersuchen, in der Sozialdemokratie dafür Werbung
zu machen (Bundesrat Tiefnig: Im Burgenland ...! – Bundesrätin Schumann: ... ein­fach die ÖVP, da habts genug ...!), weil es, glaube ich, wichtig wäre, da noch
zu weiteren Erleichterungen zu kommen.

Die FMA ist übrigens eine unabhängige Behörde. Ich will ja heute wirklich nur das Positive darstellen, aber da kann die Bundesregierung wirklich nichts machen. Sie haben über EZB-Zinsen und die KIM-Verordnung geredet: Die hätte


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man anders gestalten müssen. – Es gibt unabhängige Behörden, unab­hängige Institutionen. Da gehört die Europäische Zentralbank Gott sei Dank dazu, da gehört aber auch die Finanzmarktaufsicht, die FMA, dazu, die
für die Umsetzung der KIM-Verordnung zuständig ist.

Aber ja, ich sehe das auch so wie Herr Bundesrat Kovacs: Da wäre sicher noch was drinnen und eine Erleichterung bei der KIM-Verordnung durchaus
positiv. (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrätin Schumann: Ja genau, und arbeiten
bis 68!)

Frau Bundesrätin Lancaster, das möchte ich auch noch aufgreifen, weil es na­türlich ein wichtiges Thema ist: Die Gemeinden, die Vertreter des Ge­meindebundes, waren – gemeinsam mit Städtebund und Ländern und Bund – natürlich bei den Finanzausgleichsverhandlungen dabei (Bundesrätin
Lancaster: Ja! – Bundesrätin Schumann: Ja eh!),
haben das mit einer Tinte, die, wie Sie es bezeichnet haben, „noch nicht trocken“ war, als dann Forderungen gekommen sind, natürlich mit unterschrieben – auch mit Tinte des Gemeinde­bundes; und selbstverständlich führen wir diese Gespräche, die Sie in
Ihrem Antrag gefordert haben, dauernd.

Wir sind mit dem Gemeindebund selbstverständlich sowohl auf Expertenebene als auch mit den Vertreter:innen des Gemeindebundes nicht in täglichem –
das wäre übertrieben –, aber in dauerhaftem Austausch. (Neuerliche Zwischenrufe bei der SPÖ.) Der Herr Präsident, der neu gewählte Präsident, kommt, glaube
ich, gerade am Montag wieder zu mir, und da werden wir natürlich die Dinge be­sprechen. (Bundesrätin Schumann: ... gute Neuigkeiten!)

Vielleicht ein inhaltlicher Punkt: Ich glaube, dass es schon wichtig ist, zuerst einmal abzuwarten, wie die Entwicklung der Ertragsanteile ist, wenn man es sich im Detail anschaut. Ich kann Ihnen klar sagen, wir haben – und das haben
wir, glaube ich, die letzten zweieinhalb Jahre schon gezeigt – die Gemeinden noch nie im Stich gelassen (Ah-Rufe bei der SPÖ) – ganz im Gegenteil!
(Beifall bei der ÖVP.)


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Ganz im Gegenteil: So geschehen mit dem Kommunalinvestitionspaket, das Sie angesprochen haben, das durchaus – ich hoffe, Sie sehen es auch so –
von den Gemeinden positiv angenommen worden ist, wobei wir das Jahr 2024 bei Weitem noch nicht ausgeschöpft haben. Ich verstehe schon, 50 Pro­zent Kofinanzierungsnotwendigkeit ist bei der momentanen Liquiditätssituation schwierig. – Ja, darüber können wir natürlich auch reden: ob wir betref­fend die 50 Prozent vielleicht für das Jahr 2024 etwas zurückfahren. Das sind alles Punkte, die ich selbstverständlich mit dem Gemeindebund auch
weiter besprechen werde, aber ich glaube schon, dass es aus Seriositätsgründen wichtig ist, sich zuerst einmal die Entwicklung der Ertragsanteile anzu­schauen – das kann man mit Ende April durchaus machen – und dann auch zu schauen, wie sich das kommunale Investitionspaket entwickelt hat, wie
es angenommen wird und wo dann am Ende des Tages die Druckstellen sind. Diese Gespräche finden also selbstverständlich auch statt.

Vom Inhalt des Pakets wurde eigentlich auch schon sehr vieles dargestellt. Der Bau, der Wohnbau hat natürlich eine enorme gesamtwirtschaftliche Be­deutung, weil er einen ganz wesentlichen Beitrag zum Bruttoinlandsprodukt leistet: Nicht nur in Österreich natürlich, sondern in ganz Europa schafft er eine Vielzahl von Arbeitsplätzen. Es sind auch 350 000 Arbeitsplätze, die
davon betroffen sind, also natürlich nicht unmittelbar von der jetzigen Situation. Insgesamt hat die reale Bruttowertschöpfung des Bausektors im Vorjahr 19 Milliarden Euro betragen. Daran sieht man also schon die Bedeutung, die die­ser Bereich auch hat.

Wir haben ja im Finanzausgleich übrigens auch schon Maßnahmen in die­sem Themenbereich gesetzt: 300 Millionen Euro werden gerade für Sanierungsmaßnahmen im Rahmen des Zukunftsfonds zur Verfügung gestellt. Die Herausforderungen sind aber natürlich weiter da: Wir sehen, dass
im Jahr 2023, insbesondere im letzten Quartal 2023, die Bauindustrie, der in­dustrielle Anteil um 10 Prozent nach unten gegangen ist. Das ist eine


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große Herausforderung, übrigens eben auch für die entsprechenden Arbeits­plätze.

Wir haben uns deswegen mit diesem Baupaket im Großen und Ganzen vier Ziele gesetzt und diese verfolgt. Bundesrätin Geieregger hat sehr gut dargestellt,
was diese vier Ziele eigentlich sind: nämlich jedenfalls die Baukonjunkturunter­stützung, das ist das eine. Da geht es wirklich auch um die Sicherung des Einkommens von Tausenden Familien, die davon abhängig sind; die 350 000 Arbeitsplätze und die Bruttowertschöpfung des Bausektors insgesamt habe ich vorhin auch schon erwähnt – also die Unterstützung der Konjunk­tur auf der einen Seite.

Zweitens auch das Thema Eigentum und Eigenheim – selbstverständlich, das ist wichtig – mit der Abschaffung der Nebengebühren, das haben wir hier
schon diskutiert. Ehrlich gesagt wäre es mir lieber gewesen, wir wären da noch einen Schritt weiter gegangen. Die Grunderwerbsteuer hätten wir durch­aus diskutieren können, wobei dann natürlich die Gemeinden kommen und sa­gen: Uh, lieber nicht! – Das war auch ein Wunsch der Gemeinden, das
nicht zu tun. Das muss man ehrlicherweise auch sagen, das verstehe ich aber auch, weil daraus natürlich Mindereinnahmen für die Gemeinden entste­hen. Ich will damit also nur sagen: Es ist eine ständige Abwägung, welchen Teil man umsetzt und durchführt und welchen, vielleicht auch in Absprache
mit den Gemeinden, dann eben nicht. Die Schaffung von Eigentum, Schaffung von Eigenheimen war der zweite wesentliche Punkt.

Drittens – das wurde auch von Frau Bundesrätin Geieregger erwähnt –:
das leistbare Wohnen, sich leistbaren Wohnraum zu schaffen. Und dann als vierter Punkt – Frau Bundesrätin Kittl hat das erwähnt –: die Qualität
des Wohnraumes zu verbessern, die Unterstützung auch an ökologische Vo­raussetzungen zu knüpfen.

Insgesamt 2,2 Milliarden Euro: Das ist viel Geld, ja, aber das ist aus meiner Sicht schon auch gut investiertes Geld, weil es volkswirtschaftliche Auswirkungen


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hat und gesamtstaatliche Effekte bringt, die durchaus positiv sind. Übrigens hat der Budgetdienst des Parlaments es sogar mit 2,5 Milliarden Euro berech­net. Da sind wir uns nicht ganz einig. Ich wäre jetzt nur von 2,2 Milliarden Euro ausgegangen, aber wenn der Budgetdienst sagt, dieses Paket ist sogar 2,5 Milliarden wert, ist das umso besser.

Was bei diesem Paket auch notwendig war – zumindest sehen das die Expertin­nen und Experten in Österreich so –, ist, glaube ich, dass es sehr treffsi­cher ist, also dass auf die Druckpunkte, die es gibt – Konjunktur wurde erwähnt, leistbares Wohnen wurde erwähnt –, auch entsprechend eingegangen
wird. Die Fragen, die wir uns natürlich auch gestellt haben, sind: Welchen Effekt erzielen wir? Welche Mittel haben am Ende des Tages den größten Effekt?
Da gibt es natürlich auch unterschiedliche Zugänge, aber wie gesagt, wir haben das mit den Expertinnen und Experten auch abgestimmt, und am Ende
des Tages ist, glaube ich, ein durchaus ausgewogenes Maßnahmenpaket heraus­gekommen.

Wie gesagt, wenn IHS und Wifo, Badelt und alle das unterstützen – kommt
nicht jeden Tag vor –, ist das durchaus positiv zu sehen. Übrigens hat
die Nationalbank das auch positiv gesehen, hat das auch mit Zahlen unter­mauert. Es ist bei diesen Paketen schon wichtig, dass man die entsprechende Unterfütterung mit Zahlen hat und die Wachstumseffekte, die so ein
Paket am Ende des Tages hat, auch dargestellt worden sind.

Ich werde jetzt nicht auf alle Details eingehen. Die Abschreibungsmöglichkeiten, die konjunkturelle Unterstützung wurden erwähnt. Der Handwerkerbonus
ist übrigens auch etwas Gutes für den Finanzminister, weil er auch im Kampf ge­gen die Schwarzarbeit einen durchaus positiven Effekt hat.

Wir haben also versucht, das wirklich auch als großes Ganzes zu sehen. Ich freue mich ja über die große Unterstützung. Herrn Bundesrat Arlamovsky wer­den wir heute vielleicht nicht mehr überzeugen, aber zumindest hat er es diffe­renziert betrachtet und wird doch ein großer Teil des Pakets insgesamt
sogar auch von ihm positiv gesehen.


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 149

Vielen Dank für die breite Zustimmung. Ich glaube, es ist wirklich sehr sinnvoll investiertes Geld, weil es um Konjunktur geht, weil es um leistbares Woh­nen geht, weil es um Schaffung von Eigentum und eben um die Qualität des Wohnbaus geht. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundes­rät:innen der Grünen.)

12.29


12.29.40

Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Danke, Herr Bundesminister.

Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung, die über die gegenständlichen Tagesordnungspunkte getrennt erfolgt. Bitte nehmen Sie Ihre Plätze ein.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates
vom 20. März 2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Finanzaus­gleichsgesetz 2024 geändert wird.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch
zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit, der Antrag ist somit angenommen.

Es liegt ein Antrag der Bundesräte Günter Kovacs, Kolleginnen und Kollegen auf Fassung einer Entschließung betreffend „Das Wohnpaket der Regierung
senkt keinen einzigen Preis – Österreich braucht ein Sofortpaket für leistbares Wohnen“ vor. Ich lasse über diesen Entschließungsantrag abstimmen.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Entschließungsan­trag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenminderheit.
Der Antrag auf Fassung der gegenständlichen Entschließung ist somit abgelehnt.


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 150

Es liegt ein Antrag der Bundesräte Markus Steinmaurer, Kolleginnen und Kollegen auf Fassung einer Entschließung betreffend „Auch der Bund muss lie­fern – Schaffung leistbaren Wohnraums durch die ARE“ vor. Ich lasse über diesen Entschließungsantrag abstimmen.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Entschließungsan­trag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenminderheit.
Der Antrag auf Fassung der gegenständlichen Entschließung ist somit abgelehnt.

Es liegt ein Antrag der Bundesräte Mag. Bettina Lancaster, Kolleginnen und Kollegen auf Fassung einer Entschließung betreffend „Gemeindepaket für 2024 und 2025“ vor. Ich lasse über diesen Entschließungsantrag abstimmen.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Entschließungsan­trag zustimmen, um ein Handzeichen. – Auch das ist die Stimmenminder­heit. Der Antrag auf Fassung der gegenständlichen Entschließung ist somit abge­lehnt.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 20. März 2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuerge­setz 1988 geändert wird.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch
zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

12.32.486. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 20. März 2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Anerkennung des Österreichischen
Roten Kreuzes und den Schutz des Zeichens des Roten Kreuzes (Rotkreuzge­setz - RKG) geändert wird (3953/A und 2500 d.B. sowie 11451/BR d.B.)



BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 151

Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Wir gelangen nun zum 6. Punkt der Tagesord­nung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Ernest Schwindsackl. – Ich bitte um
den Bericht.


12.33.12

Berichterstatter Ernest Schwindsackl: Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich bringe den Bericht über den Beschluss des Nationalrates vom 20. März 2024 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Anerkennung des Österreichi­schen Roten Kreuzes und den Schutz des Zeichens des Roten Kreuzes
geändert wird.

Die Finanzverwaltung hat seit Jahrzehnten die Auffassung vertreten, dass das Österreichische Rote Kreuz und seine Landesverbände abgabenrechtlich
als Körperschaft des öffentlichen Rechts zu behandeln sind. Die vorgeschlagene gesetzliche Änderung soll die Weiterführung der jahrzehntelangen Verwal­tungspraxis sicherstellen.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, und ich komme zur Antrag­stellung:

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage einstimmig den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch
zu erheben. – Herzlichen Dank.


Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Barbara Prügl. Ich erteile ihr dieses.


12.34.33

Bundesrätin Barbara Prügl (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Lieber Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 152

und Herren! Ja, das vorliegende Rotkreuzgesetz wirkt auf den ersten
Blick umfangreich, aber es handelt sich dabei lediglich um eine rechtliche Klar­stellung, und zwar:

Das Rote Kreuz hat sich stets als eine Körperschaft öffentlichen Rechts verstanden, vor Kurzem stellte aber das Bundesfinanzgericht fest, dass es für diese Verwaltungspraxis keine zureichende gesetzliche Grundlage gibt.
Mit diesem Gesetzesvorschlag, der vorliegenden Änderung des Rotkreuzgeset­zes, stellen wir quasi den Status quo wieder her. Das Österreichische Rote
Kreuz und seine Zweigvereine sind damit gesetzlich und abgabenrechtlich eine Körperschaft öffentlichen Rechts.

Ich möchte aber jetzt natürlich schon noch die Gelegenheit nutzen, um auf die Ehrenamtlichen einzugehen: Ehrenamtlich tätig zu sein ist einerseits eine persönliche Bereicherung und andererseits stärkt es auch die Gesellschaft. Allein im Österreichischen Roten Kreuz engagieren sich über 70 000 Freiwillige,
sei es jetzt im Rettungsdienst, in der Hospizbetreuung, bei Essen auf Rädern, im Katastropheneinsatzdienst, bei Blutspendediensten, der psychologischen Betreuung bei Unfällen oder beim Jugendrotkreuz. Viele junge Menschen leisten beim Roten Kreuz auch ihren Zivildienst oder machen dort das freiwillige
soziale Jahr.

Ich bedanke mich bei allen, die da mit Herz und vor allem auch mit viel Gespür dem Nächsten Hilfe leisten, die ihre Freizeit wertvoll und sinnvoll einsetzen.

Dass das Ehrenamt in Österreich einen wirklich hohen Stellenwert hat, zeigen auch die vielen Gesetze, die wir in letzter Zeit zuwege gebracht haben.
Das ist zum einen das Gemeinnützigkeitsreformgesetz – ab 1.1.2024 gibt es aufgrund der Ausweitung der vollen Spendenabsetzbarkeit mehr finan­zielle Unterstützung oder ist mehr finanzielle Unterstützung möglich –, weiters wurden noch die Novelle des Freiwilligengesetzes, die Freiwilligenpauscha­le und auch die zusätzliche finanzielle Unterstützung für Rettungs- und Zivilschutzorganisationen in Höhe von jährlich 22 Millionen Euro beschlossen.


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 153

Sehr geehrte Damen und Herren, ehrenamtliches Engagement verdient
vollste Wertschätzung, es gebührt dafür ein aufrichtiges Dankeschön, es braucht aber auch rechtliche Sicherheiten. Diese geben wir dem Österreichischen
Roten Kreuz mit dem vorliegenden Gesetzesbeschluss, und ich bitte um Ihre Zu­stimmung. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

12.37


Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Vielen Dank, Frau Bundesrätin.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Horst Schachner. Ich erteile ihm dieses.


12.37.29

Bundesrat Horst Schachner (SPÖ, Steiermark): Herr Präsident! Herr Minister! Zu dem, was jetzt die Kollegin vor mir, Barbara Prügl, gesagt hat, kann ich
nichts anderes mehr sagen, dazu kann ich nur sagen, dem kann man nur zustim­men. Wir wollen das auch, dass auf diese Weise auf gesetzliche Beine
gestellt wird, dass man das Rote Kreuz gleich behandelt wie Wirtschaftskammer, Arbeiterkammer und viele Religionsgemeinschaften – die sind ja alle mehr
oder weniger Körperschaften öffentlichen Rechts –, und das kann man eigentlich nur gutheißen. Deswegen wollte ich heute die kürzeste Rede halten, aber
das wird sich wahrscheinlich nicht ganz ausgehen, weil ich auch zu unserem jetzt anwesenden Minister ganz kurz etwas sagen möchte.

Du hast vor Kurzem einmal gesagt, dass dir das taugt, dass in Dänemark die Leu­te bis 67 oder bis 68 arbeiten. Dazu muss ich ganz ehrlich sagen: Das taugt
uns allen miteinander nicht! (Beifall bei der SPÖ.)

Es will nämlich niemand bis 67 oder bis 68 arbeiten, und das schaffen die Leute auch nicht. Wenn man nämlich vergleicht, wie Dänemark arbeitet und wie Österreich arbeitet, wie es da auch mit der Gesundheit und mit allem Drum und Dran ausschaut, dann muss man feststellen, dass es da nämlich ganz anders ausschaut. Aufgrund dessen, was da so rübergekommen ist – und das ist bei uns


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auch so gesagt worden beziehungsweise von unseren Leuten auch so
gesehen worden –, ist es ganz, ganz wichtig, das festzuhalten.

Deswegen haben wir heute auch eine Dringliche eingebracht, bei der wir dann ausführlich darüber diskutieren werden, was das bedeutet, wenn immer
wieder in den Raum gestellt wird und gesagt wird, wir müssen bis 67 arbeiten, weil wir uns gewisse Pensionen oder sonst irgendetwas nicht leisten
können. Das finde ich nicht in Ordnung (Bundesrat Steiner: Immigration!), und deshalb gibt es ja heute noch eine Dringliche. Ich freue mich schon
darauf, dass ich dazu heute noch zu Wort kommen werde. (Bundesrat Steiner: Immigration!)

Alles Gute und Glück auf! (Beifall bei der SPÖ.)

12.39


Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Danke, Herr Bundesrat.

Zu einer Stellungnahme zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Magnus Brunner. Ich erteile ihm das Wort. (Bundesminister Brunner – in Richtung
des bereits am Redner:innenpult stehenden und nunmehr wieder auf seinen Sitzplatz zurückkehrenden Bundesrates Pröller –: Bleib da, bitte, ich bin gleich fertig!)


12.39.18

Bundesminister für Finanzen Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Nur ein Satz, denn, Horst, du weißt, ich schätze dich wirklich sehr (Bundesrätin Schumann:
Nein, nein, das ist nicht nur der Horst, nein, nein!),
und zum Thema insgesamt will ich auch nichts sagen, aber – eigentlich müsste ich eine tatsächliche Berich­tigung machen, aber das darf ich ja, glaube ich, nicht (Bundesrätin Schumann: Also nicht für Arbeiten bis 67?), aber ich werde mir in diesem Fall herausnehmen,
mich zu Wort zu melden –:

Worum ist es in Dänemark gegangen? – Das ist nämlich schon wichtig. Neben dem pragmatischen Zugang zur Frage: Wie schaffen wir die Klimaziele? –
CCS, CCU und solche Dinge, über all das kann man ja diskutieren –, ist es auch,


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ja, um das Sozialsystem insgesamt, um Migration, um das Pensionssystem gegangen.

Was macht Dänemark? Was macht Dänemark anders als Österreich? Was macht Europa anders als Österreich? Was macht vielleicht Europa gleich wie Österreich? Um diese Dinge ist es - - (Bundesrätin Schumann: Weniger Inflation!) – Bitte? (Bundesrätin Schumann: Weniger Inflation!) – Ja; aber, Frau Kollegin Schumann, jetzt bleiben wir einmal beim Thema! (Bundesrätin Schu­mann: Ja, furchtbar, ich weiß!) Ich bemühe mich heute wirklich, sachlich zu blei­ben, aber das ist jetzt einfach wieder unsachlich. Ich bleibe jetzt beim
Kollegen Horst, der ein bisschen sachlicher ist als Sie. (Bundesrätin Schumann: Oh, das tut mir aber leid, dass ich unsachlich bin! – Heiterkeit bei Bundes­rät:innen der SPÖ.) – Na ja, das ist halt leider so. (Beifall bei der ÖVP und bei Bun­desrät:innen der Grünen.)

Also, (in Richtung Bundesrat Schachner) Horst, da geht es nicht um eine Anhebung eines Pensionsantrittsalters (Bundesrätin Eder-Gitschthaler: Genau, sehr
richtig!),
sondern es geht darum, wie wir beispielsweise Menschen, die länger ar­beiten möchten, im Arbeitsprozess und im Arbeitsleben halten können.
Es geht darum, wie wir es endlich schaffen – und das ist eigentlich der Punkt –, das faktische an das gesetzliche Pensionsantrittsalter heranzubringen.
Da sind wir im europäischen Vergleich nicht so gut – wir sind in einigen Dingen besser, in anderen Dingen noch nicht so gut –, und genau das war der
Sinn der Reise. Also bitte bei den Fakten bleiben, das wäre mir sehr angenehm. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP sowie der Bundesrätin Jagl.)

12.41


Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Vielen Dank, Herr Bundesminister.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Günter Pröller. Ich erteile ihm das Wort.



BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 156

12.41.12

Bundesrat Günter Pröller (FPÖ, Oberösterreich): Herr Präsident! Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseher hier im Saal und vor den Bildschirmen! Für uns ist auch klar: 45 Jahre sind genug. Bis 67 zu arbeiten kann ich mir überhaupt nicht vorstellen. Es ist auch die Hacklerregelung schon angesprochen worden. (Bundesrat Ruprecht: Dass ihr einmal aufpasst, was hier ge­sagt wird!) Leider Gottes wurde sie abgeschafft. (Beifall bei der FPÖ.)

Aber zum Thema, die Vorredner haben das schon erwähnt: Diese Änderung des Rotkreuzgesetzes ist eine Klarstellung, dass das eine Körperschaft öffentlichen Rechts und damit von den Abgaben befreit ist.

Wir alle, die Österreicher, wissen, dass wir den vielen freiwilligen Helfern immer wieder Danke sagen müssen und dass Wertschätzung hinübergebracht
werden muss. Es ist keine Selbstverständlichkeit, dass sich Menschen – ob Mann oder Frau, ob Jugendliche – freiwillig für die Gesellschaft einsetzen. Deshalb
ist eine Klarstellung unbedingt notwendig, weil ehrenamtliche Arbeit
eine wesentliche Stütze unserer Gesellschaft und keine Selbstverständlichkeit ist.
(Beifall bei der FPÖ sowie des Bundesrates Schwindsackl.)

Auch ich möchte mich recht herzlich bedanken: bei allen Rettungsorganisatio­nen, vor allem aber – in meiner Heimatgemeinde Feldkirchen an der
Donau – beim Arbeiter-Samariter-Bund, bei der Wasserrettung, die wirklich einen großen Beitrag für die Gemeinde leisten. Ein Dankeschön an alle
haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiter, Zivildiener und sonstigen freiwilligen Helfer in meiner Gemeinde und in ganz Österreich.
(Beifall bei der FPÖ,
bei Bundesrät:innen der SPÖ sowie des Bundesrates Tiefnig.)

12.42


Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Danke, Herr Bundesrat.

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Claudia Hauschildt-Busch­berger. Ich erteile ihr das Wort.



BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 157

12.42.57

Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger (Grüne, Oberösterreich): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen!
Liebe Zuseherinnen und Zuseher! „Wir begegnen den Nöten der Menschen je­den Tag mit der Kraft der Menschlichkeit. Dies wäre ohne den unermüd­lichen Einsatz unserer freiwilligen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen nicht mög­lich“, so unser Bezirksgeschäftsleiter des Roten Kreuzes des Bezirkes Vöcklabruck auf der Website.

Das möchte ich tatsächlich in meiner Rede als Erstes voranstellen: Es kann nicht oft genug erwähnt werden, was freiwillig, ehrenamtlich tätige Menschen
für unsere Gesellschaft leisten. Bei uns im Bezirk Vöcklabruck bietet das Rote Kreuz vielfältige humanitäre Leistungen für über 136 000 Einwohner:in­nen der 52 Gemeinden des Bezirkes Vöcklabruck an, und das bewäl­tigen 1 600 Mitarbeiter:innen an insgesamt zehn Ortsstellen und weiteren Einrichtungen. Die meisten dieser 1 600 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind Freiwillige. Nur knapp 120 Mitarbeiter:innen sind hauptberuflich beim
Roten Kreuz tätig, alle anderen machen dies in ihrer Freizeit aus Liebe zum Menschen.

Der Weg, um freiwillig tätig zu sein, erfordert oft noch eine zusätzliche Ausbil­dung, die neben dem Beruf absolviert wird, zum Beispiel – ich nenne im­mer gerne Beispiele – die Ausbildung zur Rettungssanitäterin, die meine Tochter übrigens, deshalb weiß ich es so genau, gerade neben ihrem Fulltimejob absolviert: 100 Stunden Theorie und 160 Praxisstunden und entsprechende Prü­fungen, mit der Bedingung, dann zumindest einmal im Monat, insgesamt mindestens zwölfmal im Jahr freiwillig Dienst zu tun.

Noch ein weiteres Beispiel aus der Praxis sind die vielen engagierten Lehrkräfte an den Schulen, die über die Lehrbefähigung zur Abhaltung von Erste-Hilfe-Kursen verfügen. So ist es nämlich den Schülerinnen und Schülern der 4. Klasse an diesen Schulen möglich, zu einem günstigen Preis – derzeit sind es


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33 Euro – einen 16-stündigen Erste-Hilfe-Kurs zu erhalten, der dann auch für die Führerscheinprüfung verwendet werden kann.

Ich könnte jetzt tatsächlich noch sehr lange über das breite Spektrum und
die Wichtigkeit unserer Hilfsorganisationen sprechen, angefangen
vom Besuchsdienst über die Hauskrankenpflege bis zur Suchhundestaffel. Kollegin Prügl, du hast es schon erwähnt: sehr, sehr viele Dinge.

Es geht aber bei diesem Tagesordnungspunkt – und das wurde jetzt schon drei­mal erwähnt – um einen Gesetzesbeschluss zum Roten Kreuz: nur eine
kleine Veränderung, eine technische Korrektur, die aber wichtig und notwendig ist. Es geht darum, dass das Rote Kreuz, mit den gesamten Landesverbän­den und Bezirksstellen, von der Finanzverwaltung in der Vergangenheit aufgrund seiner besonderen Stellung im öffentlichen Leben als Körperschaft öffentli­chen Rechts behandelt wurde. Es handelte sich jedoch in der Vergan­genheit – wenn wir das heute verändern, ist es anders – um einen Verein im Sinne des Vereinsgesetzes.

Ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts hat festgestellt, dass es für diese gängi­ge Verwaltungspraxis keine gesetzliche Grundlage gibt. Jetzt stellen wir
die gesetzliche Verankerung der jahrzehntelangen Verwaltungspraxis her, sodass es in Zukunft tatsächlich gesetzeskonform abgewickelt wird. Wir sind ja
alle dafür – dafür herzlichen Dank. (Beifall bei Grünen und ÖVP sowie des Bundes­rates Schmid.)

12.46


12.46.47

Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Vielen Dank, Frau Bundesrätin.

Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung. – Bitte nehmen Sie Ihre Plätze ein.


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 159

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch
zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

12.47.197. Punkt

Bericht des Bundesministers für Finanzen betreffend EU-Jahresvorschau 2024 (III-843-BR/2024 d.B. sowie 11452/BR d.B.)


Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Wir gelangen nun zum 7. Punkt der Tages­ordnung.

Als Berichterstatterin wurde mir Frau Bundesrätin Bernadette
Geieregger genannt. – Ich bitte um den Bericht.


12.47.39

Berichterstatterin Bernadette Geieregger, BA: Sehr geehrter Herr Präsident! Lieber Minister! Ich darf den Bericht des Finanzausschusses über den
Bericht des Bundesministers für Finanzen betreffend EU-Jahresvorschau 2024 zur Kenntnis bringen.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher zur Antragstellung:

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage mehrheitlich den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.


Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Sascha Obrecht. Ich erteile ihm dieses.


12.48.14

Bundesrat Mag. Sascha Obrecht (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Werter
Herr Finanzminister! An dieser Stelle kann ich es kurz und schmerzlos machen:


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 160

Wir sind sehr froh, dass wir den Bericht diesmal in jenem Jahr im Plenum
haben, in dem der Bericht tatsächlich auch aktuell ist. Da gab es im Vorfeld einen Konsens mit der ÖVP – das kann man ja positiv hervorheben, dass ich als Finanzausschussvorsitzender das nicht eigenhändig machen musste, sondern dass es da eine gemeinsame Vorgehensweise gibt.

Inhaltlich zum Bericht: Wir können den meisten Positionen des Finanzministers zustimmen beziehungsweise finden wir auch die Projekte der Europäi­schen Kommission gut. (Bundesrat Schreuder: Aber wo ist der Schatten?) – Was den Schatten betrifft, den Kollege Schreuder anspricht, ist natürlich der
Punkt, dass wir oftmals Stellungnahmen des Bundesministeriums für Finanzen lesen, in denen steht, dass bestimmte Punkte in den Programmpunkten
kritisch gesehen werden, dass man Bedenken geäußert hat, dann aber nicht konkret ausgeführt wird, was die Kritik genau ist.

Ich habe deswegen im Ausschuss konkret eine Ihrer (in Richtung Bundesminister Brunner) Mitarbeiterinnen gefragt, was denn zum Beispiel beim AI Act,
der Verordnung hinsichtlich künstlicher Intelligenz, ganz konkret die daten­schutzrechtlichen Bedenken seien. Das konnte sie mir damals nicht
sagen. Ich gebe die Frage jetzt an Sie weiter, obwohl ich weiß, dass es natürlich viel verlangt ist, das ad hoc beizubringen. Es ist auch keine Fragestunde,
Sie müssen das natürlich nicht beantworten. Wenn Sie es aber parat haben, freuen wir uns natürlich, das heute zu hören.

Das ist der Grund, warum wir den Bericht jetzt einmal nicht zur Kennt­nis nehmen – das ist vor allem die Begründung dafür.

Einen Kommentar erlaube ich mir noch zur Wiener-Wohnbau-Expertise der Kollegin Geieregger: Es ist natürlich logisch, wenn man in Niederösterreich direkt an der Stadtgrenze wohnt, dass man dann auf Wien schießt – leider. Wiener Wohnen und der Wiener Wohnbau sind internationale Vorzeigeprojekte. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrätin Schumann: Ja!)


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 161

Wenn Sie internationale Delegationen begleiten, werden Sie merken, da wird nur über dieses Thema geredet. Tatsächlich war das erst kürzlich bei mir
so. Es war eine niederländische Delegation – das waren keine Freunde von uns, parteimäßig gesehen –, die nur wissen wollte, wie es in Wien läuft.

In dem Fall von (in Richtung Bundesrätin Geieregger) Ihrer Freundin, die Ihnen da ein Geheimnis anvertraut hat, das Sie jetzt hier coram publico breitgetre­ten haben – wäre jetzt nicht meine Vorgehensweise, wenn mir das jemand im Vertrauen sagt, aber das kann man schon machen (Beifall bei der SPÖ) –,
war natürlich bewusst oder unbewusst eine gewisse Unschärfe drinnen. Ich weise einfach zurück, dass das Wiener Wohnen betroffen hat. Das
glaube ich Ihnen schlussendlich nicht. Sie haben es auch nicht konkret gesagt, das war ein wenig angedeutet. Aber das weise ich zurück.

Die Vergabe von Wohnungen bei Wiener Wohnen ist absolut transparent. Sie brauchen ein Wiener Wohn-Ticket, ohne das kommen sie gar nicht rein.
Sie werden gelistet, das ist einsehbar. Wir haben in Wien sogar vom Rechnungs­hof eine Prüfung gehabt, der uns bescheinigt hat, dass das in Ordnung
ist. Ganz im Gegensatz zu dem Urteil – wenn man das zum Beispiel vergleicht –, das über die Cofag vom Rechnungshof getroffen wurde. Also das weise
ich einfach einmal zurück, diese Geschichte stimmt sicher nicht. (Beifall bei der SPÖ.) Sollte es Wiener Wohnen betroffen haben, würde ich Sie bitten,
dass Sie eine Sachverhaltsdarstellung bei der Staatsanwaltschaft einbringen. Das wäre nämlich das, was man dann machen sollte. Also ich weise das zurück,
das war ganz sicher nicht so, wie Sie das behauptet haben.

Ein Letztes noch, auch weil es mir ein persönliches Anliegen ist, weil ich Ende des Monats Vater werde und weil hier auch noch - - (Allgemeiner Beifall.) – Warten Sie einmal ab, was ich sagen will, das wissen Sie ja noch gar nicht (allge­meine Heiterkeit), nämlich zu dem Satz: Familie – das ist Vater, Mutter,
Kind. Das kann man schon so sehen, ich sehe das natürlich anders. Ich glaube, dass Familie bedeutet, dass das ein Ort ist, wo man ein Klima schafft, in
dem sich Menschen lieben, zueinanderstehen und füreinander sorgen. (Beifall bei


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der SPÖ sowie bei Bundesrät:innen von ÖVP und Grünen. – Bundesrat Schreu­der: Absolut! – Zwischenruf der Bundesrätin Geieregger.) – Das ist jetzt auch keine Kritik an Ihnen. (Bundesrätin Miesenberger: Das ist nicht von Kollegin
Geieregger gekommen! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)
 – Ja, ja, ich habe
auch nicht sie erwähnt.

Das bedeutet für mich auch, wenn mein Sohn sich später einmal dazu entschließen wird, dass er einen Mann liebt, oder mit einem Mann eine Bezie­hung eingeht, dann wird dieser Mann genauso Teil meiner Familie sein.
Wenn es eine Frau wird, ist es eine Frau. Das darf keinen Unterschied machen. Wir sind nicht mehr im Jahr 1930, 1960, wie immer (Bundesrat Schreuder:
2009!),
wir sind im Jahr 2024. Es ist mir einfach ein persönliches Anliegen, das gesagt zu haben. Familie ist so viel mehr als dieses Bild. Familie – das
können auch nur zwei Personen sein, die sich lieben, es können auch zwei Männer sein, es können zwei Frauen sein.

Es ist einfach nicht mein Weltbild, das wollte ich gesagt haben, nur damit es hier auch öffentlich gesagt wird. Und noch einmal, weil jetzt Empörung da ist:
Ich habe jetzt einmal ausnahmsweise nicht die ÖVP kritisiert. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Bundesrät:innen von ÖVP und Grünen. – Heiterkeit des Bundesra­tes Schreuder.)

12.52


Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Vielen Dank, Herr Bundesrat. Zu den bevorste­henden Vaterfreuden gratulieren wir natürlich alle sehr herzlich.

Ich darf an dieser Stelle Frau Staatssekretärin Kraus-Winkler bei uns im Bundes­rat begrüßen. Herzlich willkommen! (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen.)

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Christoph Stillebacher. Ich er­teile ihm das Wort.


12.53.21

Bundesrat Christoph Stillebacher (ÖVP, Tirol): Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Herr Bundesminister! Frau Staatssekretärin! Hohes Haus! Werte Kolleginnen


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 163

und Kollegen! Ich darf auch kurz zum Bericht unseres Finanzministers
Magnus Brunner über die EU-Jahresvorschau 2024 sprechen. Es gibt eine ganze Reihe von Umsetzungszielen, die für das kommende Jahr seitens der
EU-Kommission in ihrer Jahresvorschau geplant sind beziehungsweise ja schon in Umsetzung sind, weil wir ja das erste Quartal schon hinter uns haben.
Ich darf mich in den folgenden Minuten auf die aus meiner Sicht wichtigsten Punkte in den Ausführungen des Finanzministers beschränken.

Grundsätzlich geht es um die Stärkung des EU-Binnenmarkts. Das ist das über­geordnete Ziel Nummer eins. Das bedeutet, dass alle finanztechnischen Maßnahmen in der EU-Jahresvorschau darauf ausgerichtet sind. Damit der Bin­nenmarkt stärker werden kann, ist es wichtig, die Kapitalmarktunion und
die Bankenunion zu vertiefen. Dazu sind konkrete einzelne Umsetzungsschritte in Planung.

Die österreichische Position aus der Sicht des Finanzministeriums zu diesen Um­setzungsplänen ist folgende: ein wichtiger Punkt – es gilt, fiskalische Spiel­räume zu schaffen. Was ist damit gemeint? – Man könnte es auch Resilienz nen­nen, also dass wir bei unvorhergesehenen Entwicklungen am Finanzmarkt
nicht gleich in Schwierigkeiten geraten. Dazu hat die EU-Kommission eine Reihe von Maßnahmen formuliert.

Unser Finanzministerium ist mit diesem Vorhaben einverstanden und sieht das als sehr sinnvoll, hat aber die eine oder andere Anmerkung dazu. Zum Bei­spiel tritt Österreich bei der Umsetzung der Resilienzfähigkeit dafür ein, Auszah­lungen an Mitgliedstaaten konsequent an die Erfüllung dieser Maßnahme
zu knüpfen. Gleichzeitig, so eine weitere Forderung unseres Finanzministeriums, soll der administrative Aufwand möglichst gering gehalten werden. – So
weit gut nachvollziehbar und verständlich.

Finanzminister Brunner bekennt sich weiterhin zur Unterstützung der Ukraine, so wie es auch in der EU-Jahresvorschau vorgesehen ist. Was einen
eventuellen EU-Beitrittsprozess der Ukraine betrifft, ist Österreich jedoch gegen


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 164

ein verkürztes Verfahren. Prinzipien, Kriterien und Prozesse sind wie eben
bei allen anderen Beitrittskandidaten und ehemaligen Beitrittskandidaten genau­so für die Ukraine einzuhalten.

Was Maßnahmen zur Vertiefung der Kapitalmarktunion betrifft, sieht Österreich die geplanten Umsetzungsschritte durchwegs positiv. Das Finanzministe­rium setzt sich daher auf europäischer Ebene weiterhin für die Stärkung der Ban­kenunion durch die Harmonisierung im Binnenmarkt ein. Das betrifft Ver­besserungen bei der Rechtssicherheit, Senkung von Verwaltungskosten und bes­sere Effizienz des Rechtsrahmens für Banken in Normal- und in Krisenzei­ten. Damit sollen die Finanzmarktstabilität und die Kreditvergabekapazität von Banken sichergestellt werden.

Bemühungen um den digitalen Euro als Ergänzung zu Bargeld sieht das Finanzministerium ebenfalls positiv. Wichtig dabei zu erwähnen ist aber: eben nur unter der Voraussetzung, dass der digitale Euro lediglich als Ergän­zung zur Verwendung von Bargeld verstanden wird. Die Wahlfreiheit zur Nut­zung von Bargeld muss unbedingt gewahrt bleiben.

Bei der Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung spricht sich Österreich gegen eine Bargeldobergrenze aus. Es sieht aber danach aus,
dass diese Position nicht von den anderen Mitgliedstaaten unterstützt wurde beziehungsweise wird. Um aufgrund der Wichtigkeit des Gesamtpaketes
zur Geldwäschebekämpfung letztlich trotzdem zustimmen zu können, wurden seitens Österreichs entsprechende Ausnahmebestimmungen durchgesetzt.

So weit die aus meiner Sicht wichtigsten Punkte aus dem Bericht unse­res Finanzministers Brunner zur EU-Jahresvorschau 2024. Ich bitte, den Bericht zur Kenntnis zu nehmen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

12.57


Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Vielen Dank, Herr Bundesrat.

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Andrea Michaela Schartel. Ich erteile ihr das Wort.



BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 165

12.57.52

Bundesrätin Andrea Michaela Schartel (FPÖ, Steiermark): Herr Vorsitzender! Herr Bundesminister! Frau Staatssekretärin! Die Kollegen vor mir haben ja schon erwähnt, dass es jetzt um die EU-Jahresvorschau 2024 im Bereich des Fi­nanzministeriums geht. Wenn man diese zum Beispiel mit jener aus
dem Jahr 2023 vergleicht, muss man ehrlich gestehen, es sind im Wesentlichen die gleichen Inhalte. Es hat sich das Layout des Deckblattes ein bisschen verändert, es sind statt 29 jetzt 33 Seiten.

Ein wesentlicher Bestandteil dieser EU-Jahresvorschau ist eben der digitale Euro, der natürlich aus unserer Sicht doch sehr, sehr viele Gefahren in sich birgt. Die Stellungnahme des Ministeriums lautet dahin gehend, dass man die Umsetzung beziehungsweise die entsprechenden Richtlinien nur dann unter­stützen werde, wenn gewährleistet ist, dass er als Ergänzung zum Bar­geld fungiert. Gerade in diesem Bereich haben wir starke Zweifel, weil man rundherum natürlich schon merkt, dass größtes Interesse von bestimm­ten Gruppen, vor allem Lobbyisten, die dann das eine oder andere digitale Geld zur Verfügung stellen, besteht, dass das Bargeld abgeschafft wird.

Bargeld ist nicht nur eine Identität, das ist etwas ganz, ganz Wichtiges. Warum? – Wir haben eine Generation, die sehr viel dazu beigetragen hat, dass Österreich heute so dasteht, wie es dasteht: nämlich die Generation der
sich jetzt in Pension befindenden älteren Menschen, und diesen älteren Men­schen ist es in vielen Bereichen einfach nicht möglich, sich mit den digi­talen Fortschritten entsprechend auseinanderzusetzen, oder sie haben auch nicht die Mittel zur Verfügung. Sie sind nach wie vor noch auf die her­kömmlichen Dinge angewiesen. Es ist zum Beispiel ein riesengroßes Problem für viele Menschen, vor allem auch im ländlichen Bereich, dass die Bankomaten abgeschafft werden, es keine sogenannten Bankangestellten mehr gibt, man man­cherorts keine Erlagscheine mehr einzahlen kann.

Da dieser heute schon mehrmals positiv erwähnt wurde: Natürlich ist
der Handwerkerbonus etwas ganz, ganz Tolles, aber vor allem jene älteren


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 166

Menschen, die Geräte, die repariert werden müssen, zu Hause haben
und die auch die Einstellung haben, das gar nicht wegwerfen, sondern reparieren lassen zu wollen, können diesen Bonus oft gar nicht beantragen, weil
ihnen die digitalen Mittel einfach nicht zur Verfügung stehen. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf der Bundesrätin Kittl.)

Ich sehe noch eine Gefahr (Bundesrätin Kittl: Aber die sehen nur Sie!) – das sind oft Dinge, die man nicht sieht, die man nicht in der Hand hat und nicht spürt,
bei denen man leicht die Übersicht verliert –: Ein digitaler Euro ist für manche in der Optik eigentlich etwas Unrealistisches, und dadurch übersieht man
vielleicht irgendwie etwas und kann sich dadurch auch wieder
leichter verschulden.

Wie gesagt, die Position ist mir im Großen und Ganzen zu wenig, denn ich bin davon überzeugt: Gibst du der EU den kleinen Finger, hast du auf einmal
keine Hände mehr. (Beifall bei der FPÖ.)

13.00


Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Vielen Dank, Frau Bundesrätin.

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Maria Huber. – Ich erteile ihr das Wort.


13.01.08

Bundesrätin Dipl.-Ing. Dr. Maria Huber (Grüne, Steiermark): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Frau Staatssekretärin! Werte Kolle­ginnen und Kollegen! Liebe Besucherinnen und Besucher hier im Saal und liebe Zusehende! Wenn wir über die EU-Jahresvorschau zum Thema Finanzen debattieren, dann dürfen wir eines, glaube ich, dabei nicht vergessen: Einer der Auslöser und Treiber von Inflation und Teuerung in Österreich und in
Europa ist der brutale und völkerrechtswidrige Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine – ein Krieg, den Putin nicht zuletzt als Energiekrieg führt.

Der größte Hebel, um aus dieser Abhängigkeit herauszukommen, ist der Green Deal. Die grüne Transformation muss vorangetrieben und noch viel


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 167

stärker durch soziale Maßnahmen ergänzt werden. In diesem Zusammenhang ist es, glaube ich, auch sehr, sehr wichtig, dass der grüne und gerechte
Übergang einer der Schwerpunkte der belgischen Ratspräsidentschaft ist.

In weiterer Folge ist es absolut begrüßenswert, dass Österreich auch eine Neu­fassung der Energiesteuerrichtlinie unterstützt. Warum? – Energiebe­steuerung ist ein wichtiges Instrument zur Erreichung unserer Klimaziele. Die Energiebesteuerung trägt dazu bei, dass die EU ihre Klima- und Umwelt­ziele erreicht, indem sie den Übergang zu sauberer Energie und klimaneutraler Industrie fördert. Die geltende Energiesteuerrichtlinie begünstigt de facto
fossile Energieträger, daher ist die Überarbeitung der zuletzt vor 20 Jahren ak­tualisierten Energiesteuerrichtlinie ein wichtiger Bestandteil des sogenann­ten Fit-for-55-Klimapakets der Europäischen Kommission. Während der größte Teil dieses Pakets bereits verabschiedet wurde, steckt die Energiesteuer­richtlinie jedoch weiterhin fest.

Da es meine Vorredner:innen thematisiert haben, möchte ich auch noch ein paar Worte zum digitalen Euro verlieren: Im Juli 2021 hat die Europäische Zen­tralbank beschlossen, das Projekt digitaler Euro zu starten. Dabei geht es selbst­verständlich nicht darum, das Bargeld zu ersetzen; Bargeld wird in seiner bisherigen Form selbstverständlich weiterhin erhalten bleiben, und ja, es ist un­verzichtbar. Gleichzeitig sehen wir aber auch in Österreich einen rasanten Anstieg digitaler Zahlungen: Zuletzt machten digitale Zahlungen fast 40 Prozent aller Transaktionen aus.

Bei den aktuell genutzten digitalen Systemen besteht eine sehr große Abhängigkeit von außereuropäischen Anbietern. Dieses Oligopol sorgt unter anderem auch für hohe Gebühren im Handel. Gerade der digitale
Euro bietet nun die Chance, beim Übergang zu digitalen Zahlungssystemen vieles richtig zu machen. Daher ist es zu begrüßen, dass das Eurosystem
beim digitalen Euro plant, die Infrastruktur für die Zahlungsabwicklung selbst bereitzustellen. Warum? – So könnte zum Beispiel eine klare Kostenober­grenze für Händlergebühren eingeführt werden, und damit hätten


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wir die Möglichkeit, dafür zu sorgen, dass digitale Zahlungen – quasi made in Europe – die günstigste Alternative werden.

Noch ein wichtiger Punkt: Auch bei der Verhinderung von Geldwäsche
und Terrorismusfinanzierung ist auf EU-Ebene ein wichtiger Schritt gelungen, denn es wird ein einheitliches EU-Regelwerk gegen Geldwäsche geben
und die Einhaltung der Regeln wird von einer neuen gemeinsamen EU-Behörde überwacht werden. Diese soll die nationalen Aufsichtsbehörden koordinie­ren und unterstützen.

Ich finde es in dem Zusammenhang bedauerlich, dass die Bewerbung Wiens um den Sitz dieser neuen europäischen Antigeldwäschebehörde nicht erfolg­reich war. – Herr Finanzminister, ich weiß, das ist keine Fragestunde, aber viel­leicht könnten Sie zu den Gründen, warum Wien diesbezüglich leider
nicht erfolgreich war, noch etwas sagen – das wäre, glaube ich, ganz interessant.

Die Bargeldobergrenze von 10 000 Euro kommt nun, das haben wir schon gehört. Ich finde, anders als Kollege Stillebacher, dass das durchaus zu begrüßen ist. Eine solche Obergrenze hat für den Durchschnittsbürger oder die Durchschnittsbürgerin quasi keine wirkliche Auswirkung, aber – und das ist wirklich sehr wesentlich – sie erschwert die Geldwäsche gerade im Hochrisikobereich deutlich.

Abschließend: Trotz der mannigfaltigen Herausforderungen, vor denen wir in Europa stehen, bietet die vorliegende EU-Jahresvorschau viele gute An­sätze auf dem Weg hin zu Klimaneutralität, Umweltschutz, digitaler Transfor­mation und wirtschaftlichem Wachstum verbunden mit sozialer Fairness
sowie Stärkung der Demokratie. All diese Punkte brauchen eine starke Europäi­sche Union, eine starke Europäische Union der progressiven Kräfte und
keine Festung Europa der Verhinderer und Blockierer. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)

13.06


Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Vielen Dank, Frau Bundesrätin.


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 169

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Bernadette Geieregger. Ich erteile ihr das Wort.


13.06.39

Bundesrätin Bernadette Geieregger, BA (ÖVP, Niederösterreich): Ich bringe folgende Richtigstellung zum Bericht des Finanzausschusses über den
Bericht des Bundesministers für Finanzen betreffend EU-Jahresvorschau 2024 ein:

Die Antragsformel hat richtig zu lauten:

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage den Antrag, den Bericht des Bundesministers für Finanzen betreffend EU-Jahresvorschau 2024
zur Kenntnis zu nehmen. (Bundesrat Gfrerer: Überzeugt! – Heiterkeit bei der ÖVP.)


Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Vielen Dank für die Richtigstellung.

Als Nächster zu einer Stellungnahme zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesmi­nister Magnus Brunner. Ich erteile ihm das Wort.


13.07.13

Bundesminister für Finanzen Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Sehr geehrte Mitglieder des Bundesrates!
Herr Bundesrat Obrecht, ich gratuliere natürlich auch zum Vaterwerden Ende des Monats!

Wir bemühen uns wirklich – danke für den Hinweis –, natürlich so schnell wie möglich mit solchen Berichten dran zu sein, weil es auch nur dann Sinn
macht, das hier zu besprechen. Wenn es zu spät dafür ist, macht es nicht viel Sinn. – Danke für diesen Hinweis, wir bemühen uns, das ist auch in
unserem Sinne.

Ja, Herr Kollege Obrecht, Frau Kollegin Huber, Fragestunde ist es keine,
aber trotzdem versuche ich, auf die beiden Fragen einzugehen – selbstverständlich.


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Ich glaube – war es eine Kollegin im Ausschuss oder ein Kollege im Ausschuss?, er oder sie (Ruf: Sie!) –, sie konnte es nicht wissen, weil – das ist eigentlich
meine Antwort – wir als Finanzministerium bei solchen Vorhabensberichten schon immer versuchen, auch die anderen Ministerien und Ressorts ein­zubeziehen. Wir als Finanzressort haben uns zu diesem Thema KI und Daten­schutz neutral verhalten; Bedenken hatte das BMJ. Deswegen werde ich
gerne auf das BMJ zugehen und dann die Inhalte, warum es da Bedenken gab, gerne zur Verfügung stellen. (Beifall des Bundesrates Tiefnig.) – Danke
(Heiterkeit des Redners), wenigstens einer, der klatscht; danke, Ferdl. (Heiterkeit bei der ÖVP.)

Insgesamt nur zwei, drei Punkte zur Jahresvorschau: Gut ist, glaube ich,
dass wir das heute diskutieren, dass es auf der Tagesordnung steht, weil einiges ansteht. Es stimmt nicht ganz, dass sich nur die Überschrift oder das Deck­blatt verändert haben, im Gegenteil: Was die Inhalte betrifft, ist vieles anders. Ein paar Dinge kann ich auch gerne ansprechen.

Belgische Ratspräsidentschaft: Die Schwerpunkte sind äußerst ambitioniert. Ich glaube, man bräuchte wirklich mehr Zeit, um im Detail darauf einzugehen,
aber ich gehe auf ein paar Punkte ein, die Sie zum Teil angesprochen haben und die, wie ich glaube, auch wichtig sind. Neben dem Kampf gegen den Klima­wandel, der natürlich weiterhin eine ganz entscheidende Rolle spielen wird und mit dem Green Deal entsprechende Unterstützung erhalten hat, geht es
jetzt auch darum, ins Detail zu gehen.

Was meine ich damit? – Beispielsweise wissen wir, dass es in Europa unterschiedliche Zugänge zur Taxonomieverordnung gibt: Die einen wollen bei der Taxonomieverordnung die Nuklearenergie dabeihaben, die anderen
wollen Gas dabeihaben, wir waren immer gegen beides. Mir geht es aber auch darum, Dinge wirklich zu Ende zu denken. Wir haben deshalb auch offi­ziell einen Brief dahin gehend geschrieben, ob man nicht überlegen sollte, kriti-


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sche Rohstoffe, die für die Transformation, für den Ausbau der erneuer­baren Energien gebraucht werden, entsprechend in die Taxonomieverordnung miteinzubeziehen.

Also das klingt jetzt ein bisschen technisch, aber ich glaube, das sind
Dinge, die man jetzt in dieser belgischen Präsidentschaft ganz konkret einbrin­gen muss, und wir werden das auch tun. Wir haben einen Brief an die Präsidentschaft geschrieben, der auch von vielen anderen Mitgliedstaaten un­terstützt wird – Gott sei Dank werden es immer mehr –, damit man eben
Dinge dann auch ganz konkret bis zum Ende durchdenkt – aber Danke für diesen Hinweis mit der Transformation.

Das spielt natürlich weiterhin eine wichtige Rolle, wie auch – und das ist
schon der Inhalt, der jetzt auch besonders zum Vorschein kommt – die Wettbe­werbsfähigkeit: die Wettbewerbsfähigkeit der Europäischen Union, und
darum ist die Finanz- und Wirtschaftspolitik in den nächsten Monaten wichtig – ja, Monaten, halt bis zur Europawahl, dann wird es wahrscheinlich
schwierig und für die belgische Präsidentschaft nicht ganz so einfach, weil natürlich ehrlicherweise von hinten ein bisschen Zeit weggenommen
wird. Darum ist es bis zur Europawahl auch ganz entscheidend, da etwas Druck zu machen.

Es ist auch entscheidend, dass wir alles werden tun müssen, um diese Wettbewerbsfähigkeit entsprechend zu steigern. Unsere Konkurrenz, die Kon­kurrenz unserer Wirtschaft sitzt ja nicht in München oder Nordrhein-West­falen, wenn man ehrlich ist, sondern die sitzt in China und sitzt in den USA, und als Europäische Union darauf mehr einzugehen und die Wettbe­werbsfähigkeit entsprechend zu unterstützen, ist, glaube ich, ganz entscheiden.

Zusätzlich müssen wir als Europäische Union auch eine Antwort geben
auf die Fragen bezüglich beispielsweise Vorhaben der USA mit dem Inflation Reduction Act. Ist unsere Antwort ein Subventionswettbewerb, den wir


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führen werden? – Nein, ich hoffe nicht, sondern wir haben andere Hausaufga­ben zu machen: den Abbau der Überregulierung beispielsweise, die ein
großer Wettbewerbsnachteil ist. Also in dem Zusammenhang für den Standort Europa insgesamt die Rahmenbedingungen zu verbessern, das ist wichtig.

Auch die Kapitalmarktunion wurde angesprochen. Das ist natürlich gleichfalls entscheidend, die Vertiefung der Kapitalmarktunion: Das ist einerseits
in der Eurogruppe ein wichtiges Thema, aber auch im Ecofin-Rat wird das ent­sprechend vorangetrieben.

Worum geht es da? – Nur ein paar Sätze dazu, worum es konkret geht:
Da geht es um den Abbau von bürokratischen Hürden auf der einen Seite – Hürden und Bürokratie, die es einfach gibt, die leider immer zu sehr aufgeplustert wird, also darum, die abzubauen – und vor allem darum, für kleine und mittlere Unternehmen Möglichkeiten zu schaffen, wie sie wieder
zu mehr Liquidität kommen, also um die Bereitstellung von Risikokapital, von Beteiligungskapital über die Grenzen hinweg für kleine und mittlere Unternehmen – das ist Inhalt dieser Kapitalmarktunion –, weil dadurch natürlich das Wirtschaftswachstum auf europäischer Ebene auch entsprechend
angeregt wird und auch Arbeitsplätze gestützt werden.

Vielleicht nur noch zu ein paar Punkten – und nun komme ich zu Horst zurück, der jetzt leider wieder draußen ist –, weil es natürlich auch um die Vor­sorge insgesamt geht (Bundesrätin Schumann: Schon wieder?) und darum, was sich die Menschen in Zukunft leisten können, weswegen ich auch so extrem
kämpfe. (Rufe bei der SPÖ: Was heißt schon wieder?) Auf europäischer Ebene ist es natürlich auch ein Thema - - (In Richtung Bundesrätin Schumann:) Wieso schüttelst du schon wieder den Kopf? Ich habe das mit Horst ja positiv gemeint! (Bundesrätin Schumann: Wieder! „Wieder draußen ist“!) – Das habe ich nicht gesagt, um Gottes willen. (Bundesrätin Schumann: Oh ja!) Er ist jetzt leider drau­ßen. (Bundesrätin Schumann: Ja, wieder draußen!) Um Gottes willen, sei
nicht so! Ich mag den Horst ja, ich will ihm um Gottes willen - - (Heiterkeit bei der SPÖ. – Bundesrätin Schumann: Ja, na schön! Das richten wir ihm aus!)


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Aber zurück zum Thema: Vorsorge ist total wichtig, und deswegen kämpfe ich auch auf österreichischer Ebene für dieses Vorsorgedepot, und zwar
nicht nur, weil es so toll klingt, sondern weil es darum geht, Vorsorge möglich zu machen, damit man sich eben später etwas leisten kann. Das ist auch auf europäischer Ebene ein Punkt, der übrigens interessanterweise von der Sozialde­mokratie eingebracht wird – also von Deutschland, aber auch von anderen Staaten, wie Dänemark, gleichfalls sozialdemokratisch regiert.

Das wird eingebracht, und es wird auch gefordert, dass wir Maßnahmen setzen, wie wir diese dritte Säule, auch die private Vorsorge, steuerlich unterstüt­zen können, insgesamt unterstützen können, weil es nicht um Spekulation geht. In unserem Vorschlag sind es zehn Jahre – es geht um eine Behaltefrist
von zehn Jahren! Das ist bei Gott keine Spekulation mehr, sondern es geht eben darum, das Thema Vorsorge vor den Vorhang zu holen – mit dem angeneh­men Nebeneffekt, dass auch der Kapitalmarkt eine entsprechende Unterstützung haben kann und wird. Deswegen geht es um einen längerfristigen Vermögensaufbau, gerade damit man im Alter dann auch wieder mehr zur Verfügung hat.

Vielleicht auch nur ein Punkt zu den Fiskalregeln, die wir in den letzten Monaten verhandelt haben. Das ist eigentlich auch etwas, das neu ist – wo sich also
nicht nur das Deckblatt geändert hat, sondern das wirklich auch inhaltlich neu ist – und das jetzt erst durch Beschlussfassung durch das Europäische
Parlament abgeschlossen wird. Diese Fiskalregeln sind ganz entscheidend eben für die Wettbewerbsfähigkeit auf der einen Seite, aber auch, wie du (in
Richtung Bundesrat Stillebacher)
richtig gesagt hast, um sich Spielräume für die Zukunft zu schaffen. Das gilt für uns national, das gilt aber eben auch
für die europäische Ebene ganz besonders – nicht weil es so toll klingt, sondern weil wir Spielräume brauchen werden: Es werden wieder Krisen auf uns zukommen, und dann in der Zukunft entsprechende Spielräume zu haben, ist, glaube ich, wichtig.


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Jetzt ist diese Ausweichklausel, die wir hatten – weil die Regeln aufgrund
der multiplen Krisen, die wir in Europa und auf der ganzen Welt erlebt haben, außer Kraft gesetzt worden waren –, ausgelaufen, und da war für uns zumindest klar, dass wir auch auf europäischer Ebene zu dieser fiskalischen Nachhal­tigkeit zurückkehren müssen, und das haben wir Gott sei Dank, glaube ich, ganz gut hingebracht. Es geht um ambitionierte Pfade, um Schuldenabbaupfade
auf europäischer Ebene, die wichtig sind, es geht um nachhaltige Budgets, die entsprechend erstellt werden sollen, und es geht um Regeln, die klar, transparent und auch messbar umgesetzt werden. – Diese zentralen Forderungen,
die auch wir aufgestellt haben, haben wir also Gott sei Dank durchsetzen können.

Weil der digitale Euro und Bargeld angesprochen worden sind, vielleicht nur drei Sätze dazu – meistens werden es dann eh mehr, aber ich probiere es ein­mal in drei Sätzen –, vielleicht zum digitalen Euro zuallererst: Also erstens – und das vorweg –: Die Details zum digitalen Euro sind komplett offen. Es
wurden einmal von der EZB ein paar Ideen auf technischer Ebene ins Spiel ge­bracht, aber auf politischer Ebene wurde das noch überhaupt nicht disku­tiert. Das kritisiere ich eigentlich auch an der Vorgehensweise, weil es mir schon recht wäre, wenn man zuerst einmal politisch diskutieren würde, was der
digitale Euro soll, ob er etwas bringt oder nichts bringt, und dann die technische Umsetzung macht – jetzt wurde es umgekehrt gemacht. Das finde ich
einen falschen Zugang; das wurde eben auf politischer Eben noch
nicht diskutiert.

Drei Dinge sind mir wichtig – du (in Richtung Bundesrat Stillebacher) hast es an­gesprochen –: Das ist einmal, darzustellen, ob es überhaupt einen Mehr­wert eines digitalen Euros gibt. Man kann über alles reden, immer – ich bin da total offen! –, aber einen Mehrwert darzustellen wäre als erster Punkt
schon einmal wichtig. Dieser Mehrwert wurde zumindest mir noch nicht ent­sprechend dargestellt, darum kann ich jetzt inhaltlich auch noch nicht etwas dazu sagen.


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Zweitens glaube ich, dass auch wichtig ist, dass das eben nur als Ergänzung
und nicht als Ersatz zum Bargeld – aber ich glaube, da sind wir uns eh alle einig – gesehen werden kann.

Drittens ist darüber hinaus wichtig – das wurde noch nicht erwähnt –,
dass die Privatsphäre jedes Einzelnen auch weiterhin entsprechend geschützt werden muss. Das sind, glaube ich, eine Grundvoraussetzung und eine Grundbedingung, wenn über so etwas diskutiert wird.

In diesem Zusammenhang gibt es klarerweise auch die Bargelddiskussion, auch die Diskussion über die Bargeldobergrenze, die wir natürlich auch auf europäischer Ebene geführt haben. Diese Obergrenze war ein Teil eines Ge­samtpakets – es wurde angesprochen: Geldwäschebekämpfung,
auch Terrorismusbekämpfung –, und das war Teil des Gesamtpakts eben zur Bekämpfung von Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung.

Wir haben uns bei den Verhandlungen – ohne aus dem Nähkästchen zu plau­dern; das ist zwar keine Fragestunde, aber trotzdem – prinzipiell immer
gegen diese Obergrenze ausgesprochen und wir konnten zumindest verhindern, dass die Obergrenze deutlich niedriger ausgefallen ist. Also wir reden
jetzt von 10 000 Euro als Obergrenze; das Europäische Parlament versucht, sie noch ein bisschen runterzubringen. Bei der Zehntausendergrenze haben
wir uns dann am Schluss als Kompromiss sozusagen dafür ausgesprochen, eben im Sinne eines Gesamtpakets, weil auch viele Maßnahmen zur Bekämp­fung der Terrorismusfinanzierung, zur Bekämpfung der Geldwäsche drinnen waren. Deswegen haben wir diesem Kompromiss zugestimmt. Wichtig
bei dieser Obergrenze ist mir auch zu betonen, dass Geschäfte zwischen Pri­vatpersonen selbstverständlich davon unberührt bleiben, also für die
gilt das nicht. Da gibt es oft ein bisschen ein Missverständnis.

Um zur konkreten Frage Amla zurückzukommen: Das war ganz ehrlich gesagt ein interessanter Prozess, es hat ja zum ersten Mal sozusagen eine doppelte Mehrheit gebraucht: die eine auf der Ratsebene und dann auch noch die im Par­lament.


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Jetzt ist es so gewesen, dass der Rat nur einen Vorschlag für ein Land gemacht hat. Im Parlament hat man darüber diskutiert, und dann hat es halt ein
paar Stimmen für das Land gegeben – in dem Fall Wien; natürlich haben auch wir Wien unterstützt –, ein paar für das andere. Ich war selber oben beim Parlamentshearing, von anderen Staaten waren die jeweiligen Bürgermeister da­bei, nicht überall die Finanzminister. Bei uns war ich dabei, der Bürger­meister war selbstverständlich eingeladen, und wir haben das gemeinsam – auch mit Peter Hanke – entsprechend vorangetrieben und unterstützt.

Er konnte dann aus terminlichen Gründen leider nicht dabei sein. Es war total spannend, weil es ein öffentliches Hearing im Europäischen Parlament
war, bei dem es darum gegangen ist, den Standort und das Angebot darzustellen.

Ich erzähle es deswegen, weil am Ende des Tages unser Angebot – zum
Beispiel finanzieller Natur, da wir ja ein Gebäude zur Verfügung gestellt haben, aber auch Erleichterungen wie beispielsweise Klimatickets für die Mitar­beiter:innen und so weiter – ein durchaus attraktives Angebot war. Es wurde auch von allen Abgeordneten aller Fraktionen im Europäischen Parla­ment als durchaus positiv gesehen – nicht nur weil wir auch noch kleine Pa­ckungen Manner-Schnitten verteilt haben. Das war nur ein angeneh­mer Nebeneffekt. (Heiterkeit des Redners.)

Es wurde also durchaus positiv gesehen. Warum aber haben wir es am Ende des Tages nicht bekommen? – Ganz klare Antwort: weil die Großen gedealt
haben. Am Schluss haben die Großen gedealt, am Ende hat es Frankfurt bekom­men. Ich glaube, dass unser Angebot ein gutes war. Beim Fußball spielt
man 90 Minuten, am Ende gewinnt Deutschland. Das ist ja Gott sei Dank beim Fußball nicht mehr so (Heiterkeit des Redners), aber bei der Amla war es so.

Es ist diskutiert worden, der Rat hat sich aber im Vorfeld schon auf einen Kandi­daten geeinigt, das heißt, alle Ratsstimmen sind an Deutschland gegangen, dadurch war im Parlament am Ende des Tages eigentlich auch nichts mehr ande­res möglich. – So viel dazu – ein offenes Wort –, warum wir die Amla nicht


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bekommen haben. Wie gesagt, unser Angebot war, glaube ich, ein gutes, aber am Ende des Tages haben es sich ein paar Große leider ausgemacht.

Um auf den Vorhabensbericht zurückzukommen: Es geht in der Europäischen Union auch viel um Wettbewerbsfähigkeit. Ich glaube, das steht jetzt zur Diskussion. Wir stehen aber ein bisschen vor der Herausforderung, dass dieses Semester aufgrund der Europawahl relativ kurz ist. Trotzdem versuchen
wir gemeinsam mit dem belgischen Vorsitz, gemeinsam mit der Eurogruppe – die Iren haben da mit Paschal Donohoe als Chef der Eurogruppe den Vorsitz –
das Thema Kapitalmarkt voranzutreiben, um dadurch auch – und das ist der Hin­tergrund – die Wettbewerbsfähigkeit zu unterstützen. Wir dürfen in der Konkurrenzsituation mit anderen Regionen auf dieser Welt nicht ins Hintertref­fen kommen. – Danke. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

13.22


13.22.17

Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Vielen Dank, Herr Bundesminister.

Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung. – Bitte nehmen Sie Ihre Plätze ein.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, den gegenständlichen Bericht zur Kenntnis zu nehmen, um ein Hand­zeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit, der Antrag ist somit angenommen.

13.22.518. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 20. März 2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über einen Energiekostenzuschuss für Unter­nehmen (Unternehmens-Energiekostenzuschussgesetz – UEZG) geändert wird (3538/A und 2471 d.B. sowie 11464/BR d.B.)


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 178

9. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 20. März 2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz geändert wird
(2472 d.B. sowie 11465/BR d.B.)


Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Wir gelangen zu den Punkten 8 und 9 der Tagesordnung, über welche die Debatten unter einem durchgeführt
werden.

Berichterstatterin zu den Punkten 8 und 9 ist Frau Bundesrätin Bernadette Geieregger. – Ich bitte um die Berichte.


13.23.29

Berichterstatterin Bernadette Geieregger, BA: Ich darf den Bericht des Wirtschaftsausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 20. März 2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über einen Energiekostenzuschuss für Unternehmen geändert wird, zur
Kenntnis bringen.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher zur Antrag­stellung:

Der Wirtschaftsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage mehrheitlich den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen
Einspruch zu erheben.

Ich darf weiters den Bericht des Wirtschaftsausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 20. März 2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem
das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz geändert wird, zur Kenntnis bringen.

Der Bericht liegt ebenso in schriftlicher Form vor, ich komme daher zur Antragstellung:

Der Wirtschaftsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage einstimmig den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen
Einspruch zu erheben.



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Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Vielen Dank für die Berichte.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Christian Fischer. Ich erteile ihm das Wort.


13.24.34

Bundesrat Christian Fischer (SPÖ, Niederösterreich): Herr Vizepräsident!
Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Werte Kolleginnen und Kollegen im Bundes­rat! Liebe Zuseher:innen! Im Rahmen des Abänderungsantrages der Regie­rungsfraktionen soll das Unternehmens-Energiekostenzuschussgesetz bis Ende des Jahres verlängert werden. Die Frist für die Antragstellung ist längst abgelaufen, ursprünglich sollte das Gesetz daher mit Ende Juni 2024 außer Kraft gesetzt werden. Allerdings gibt es offenbar Probleme bei der Abwicklung.

Im Abänderungsantrag wird unter anderem ergänzt, dass Kleinunternehmer, die von der USt-Befreiung Gebrauch gemacht haben, unter das Pauschalförder­modell fallen.

Des Weiteren: Es haben viele Kleinunternehmer bei der Statistik Austria eine Zuordnung des erforderlichen Codes für ihre Haupttätigkeit beantragt.
Dies ist die Voraussetzung für den Förderungserhalt. Da dieser aber offensicht­lich nicht rechtzeitig eingetragen werden konnte, soll dieser Fehler im Nachhinein repariert werden, indem die Statistik Austria ermächtigt wird, dem AWS diese Daten zur Verfügung zu stellen, sodass das AWS die offenen
Anträge abwickeln kann.

Das Unternehmens-Energiekostenzuschussgesetz zeigt sich einmal mehr als Bürokratiemonster. Es ist leider nicht durchdacht. (Beifall bei der SPÖ.)
Die Abgeordneten Matznetter und Wimmer haben mehrmals darauf hingewie­sen, leider hat die Regierung nicht auf unsere Abgeordneten gehört.
Ansonsten würden wir diesen Abänderungsantrag zum Gesetzentwurf heute nicht behandeln müssen.


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Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Wie ich bereits erwähnt habe, ist das Energiekostenzuschussgesetz ein Bürokra­tiemonster. Ohne Hilfe eines Steuerberaters ist es für Kleinunternehmer
schwer möglich beziehungsweise unmöglich, einen Zuschuss zu beantragen. Zahl­reiche betroffene Unternehmer haben sich bei der Wirtschaftskammer be­schwert, leider ohne Erfolg.

Ein befreundeter Unternehmer hat beim Hochladen des Förderantrages einen Fehler gemacht. Er hat den unterschriebenen Antrag hochgeladen, leider fehlerhaft, da in die Spalte, in die der Feststellungsbericht hinein sollte, irrtümlich eine andere Datei hochgeladen wurde. Nach dem fehlerhaften Hochladen
der Datei bekam der Betroffene eine Absendebestätigung, in der sinngemäß drin­nen stand, dass er verständigt werde, sofern im Zuge der Prüfung zusätzli­che Informationen oder Nachweise erforderlich seien.

Nach 30 Tagen kam folgendes Antwortschreiben des Austria Wirtschaftsservice:

Sehr geehrter Herr! Wir beziehen uns auf den bei uns am 29.11.2023 eingelangten Förderantrag. Wir bedauern, dass in diesem Fall aus folgendem Grund keine Förderung erfolgen kann: Laut Richtlinienpunkt 11.2 ist
bereits im Zuge der Antragstellung ein vollständiger, durch die externe Steuer­beratung/Wirtschaftsprüfung/Bilanzbuchhaltung unterfertigter Fest­stellungsbericht zu übermitteln.

Aufgrund der Nichteinhaltung dieses Erfordernisses kommt es zu keinem auf­rechten Förderungsvertrag zwischen dem antragstellenden Unternehmen
und dem AWS.

Falls Sie noch Fragen zu unserer Entscheidung haben, stehen wir Ihnen unter der Telefonnummer soundso oder unter energiekostenzuschuss@aws.at gerne
zur Verfügung.

Wir würden uns freuen, wenn wir Sie bei zukünftigen Projekten unterstützen können, und stehen Ihnen diesbezüglich auch gerne beratend zur Seite.
Mit freundlichen Grüßen, Ihr Austria Wirtschaftsservice. – Zitatende.


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 181

Es handelt sich im gegenständlichen Fall um eine Förderung in der Höhe von 15 000 Euro, liebe Kolleginnen und Kollegen, die der betroffene Unter­nehmer aufgrund eines Missgeschicks nicht erhalten hat. Laut AWS hat er auch keine Möglichkeit, einen zweiten, korrigierten Antrag nachzureichen.

Diese Vorgangsweise ist moralisch sehr bedenklich. Die SPÖ hat diesbezüglich bereits eine Anfrage gestellt. Insgesamt sind 23 934 Anträge an das AWS gestellt worden, davon wurden rund 250 Anträge abgelehnt. Betreffend diese Anträge gab es keine Zeit mehr für eine Nachbesserung.

Warum ist das passiert, Frau Staatssekretärin? – Die Regierung hat nach dem Beschluss des Gesetzes fast ein ganzes Jahr gebraucht, um die Richtlinie fertigzustellen. Sie wurde erst im Dezember 2023 verlautbart, die Unternehmen hatten also nur zwei bis drei Wochen Zeit, alles – die Richtlinie fasst über 100 Seiten – zu lesen und einen richtigen Antrag zu stellen.

Die EU hat diese Beihilfe nämlich nur bis Ende 2023 genehmigt. Es ist ein weiteres Beispiel für Ihren Regierungspfusch. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Richtlinie hätte schon im Sommer 2023 oder spätestens im Herbst 2023 fertig sein müssen. Dann hätte man die Anträge nicht innerhalb von zwei bis drei Wochen stellen müssen. Man hätte den Unternehmen die nötige Zeit
gegeben, und bei Antragsfehlern wäre Zeit geblieben, diese auch zu korrigieren. Das wäre verantwortungsvolle Regierungsarbeit gewesen. Aber dazu
war die Regierung, wie so oft, leider nicht imstande.

Es fallen die Klein- und Mittelbetriebe somit wieder durch den Rost, und leider, wie befürchtet, profitieren vom Energiekostenzuschuss überwiegend die
großen Unternehmen und erhöhen damit ihre Gewinne zulasten der Steuerzahler.

Liebe Vertreter der Regierung! Es wäre viel zu tun. Wir leiden noch immer unter einer extremen Teuerungswelle, die Inflationsrate in Österreich ist
mit 4,2 Prozent doppelt so hoch wie der Durchschnittswert im Euroraum.


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Es gibt nach wie vor Menschen, die nicht über die Runden kommen.
Die Menschen leiden unter den stark steigenden Lebensmittelpreisen, die 20 Prozent über dem EU-Durchschnitt liegen. Brot und Getreidepro­dukte kosten um 35 Prozent, Fleisch sogar um 50 Prozent mehr als in den anderen EU-Ländern. Da spreche ich schon gar nicht von dem Mietenwahnsinn in Österreich. In den letzten 15 Monaten gab es Mieterhöhungen von über 25 Prozent.

Und was haben Sie gemacht? – Sie haben Maßnahmen beschlossen, die ins Lee­re gehen, Einmalzahlungen, die überhaupt nichts gebracht haben. Ein weite­res Beispiel ist die Reparatur des gegenständlichen Gesetzespfusches. (Beifall bei der SPÖ.)

Liebe Vertreter der Regierungsparteien, Sie reagieren nicht, wenn die Menschen unter die Räder kommen. Die Bevölkerung zahlt die Zeche. – Danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

13.32


Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Vielen Dank, Herr Bundesrat.

Als Nächste ist Frau Bundesrätin Maria Huber zu Wort gemeldet. Ich erteile ihr das Wort.


13.32.29

Bundesrätin Dipl.-Ing. Dr. Maria Huber (Grüne, Steiermark): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Liebe Besucherinnen und Besucher hier bei
uns im Saal! Liebe Zusehende! Gute und faire Rahmenbedingungen insbesondere für die vielen Klein- und Kleinstunternehmen in Österreich, das ist mir wirk­lich ein sehr großes Anliegen. Deswegen kann ich zu meinem Vorredner
nur sagen: Es geht um das Thema Energiekosten, ja, und die hohen Energiekos­ten belasten vor allem natürlich auch die Kleinstunternehmen, die – und
darum geht es tatsächlich in dem ersten Tagesordnungspunkt in dieser Debat­te – in dieses pauschale Fördermodell fallen. (Präsidentin Göll übernimmt
den Vorsitz.)


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Deshalb sind diese Änderungen, die wir hier heute im Energiekostenzuschuss­gesetz beschließen, auch sehr, sehr wichtig und notwendig. Und ja, die
sind auch technisch notwendig, um den Energiekostenzuschuss als Pauschalför­dermodell für diese Unternehmen für das Jahr 2023 auch tatsächlich abwi­ckeln zu können.

Das heißt, es geht hier um diese Stufe, die nicht von der EU vorgegeben wurde, sondern wirklich von der österreichischen Regierung beziehungsweise
auch hier im Parlament von uns allen beschlossen wurde.

Warum ist für diese Gruppe der Klein- und Kleinstunternehmen dieses pauscha­le Fördermodell sinnvoll, und warum wurde es gewählt? – Gerade für die
sehr, sehr kleinen Unternehmen ist es wichtig, dass Förderungen einfach und unkompliziert zu beantragen sind – und das sind sie in diesem Fall tat­sächlich. Diese Betriebe beschäftigen weniger als zehn Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – ich glaube, Kollege Fischer hat hier KMUs mit dazugemischt –, und genau diese Unternehmen profitieren eben besonders von jeglicher bürokra­tischer Erleichterung.

Wer zählt zu diesen Kleinstunternehmen? Das sollte man in diesem Saal, glaube ich, auch immer wieder ansprechen. Das sind vielfach unsere kleinen Hand­werksbetriebe, die kleine Bäckerei am Hauptplatz oder der kleine Greißler ums Eck. Das sind in den ländlichen Regionen in der Tat wichtige Nahversorger gerade in den Ortszentren, die einen Teil der Energiekosten geltend
machen können. Um genau diese Gruppe geht es hier.

Darüber hinaus beschließen wir heute auch einen Energiekostenzuschuss für das Jahr 2023 für die Gruppe der neuen Selbstständigen. Das sind die nicht ver­kammerten Freiberuflerinnen und Freiberufler. Wen meine ich da? –
Das sind beispielsweise Physiotherapeutinnen und Physiotherapeuten, Logopä­d:innen, Psychotherapeut:innen, aber auch Kunst- und Kulturschaffende gehören hier dazu. Es war sehr wichtig, auch diese Gruppe nicht zu vergessen (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP), weil beispielsweise


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auch eine Physiotherapeutin, die ihr Studio beheizen muss, natürlich unter er­höhten Energiekosten leidet. Diese Menschen erhalten den Energiekos­tenzuschuss – und das finde ich besonders gut – in Form von 410 Euro, und zwar ebenfalls besonders einfach und unbürokratisch, nämlich einfach
als Gutschrift direkt auf ihr Sozialversicherungskonto.

Kurzum, auch hier wurde im Sinne der Betroffenen eine, finde ich, sehr, sehr ein­fache Lösung gewählt. Ich bitte um breite Zustimmung. – Vielen Dank.
(Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)

13.35


Präsidentin Margit Göll: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Michael Bernard. Ich erteile ihm dieses.


13.36.10

Bundesrat Michael Bernard (FPÖ, Niederösterreich): Frau Präsidentin! Frau Staatssekretär! Kollegen im Bundesrat! Sehr geehrte Damen und Herren
im Saal und vor den Bildschirmen! Wenn wir bei Filmaufnahmen wären, dann würde es jetzt Pfusch, die Siebenundneunzigste heißen. Aber so, wie
die ÖVP den Bauernstand über die letzten 30 Jahre von 360 000
auf 108 000 reduziert hat, macht sie jetzt munter mit den österreichischen Wirtschaftstreibenden weiter.

Sie sind auch nach 30 Jahren Alleinherrschaft im Wirtschaftsministerium drauf und dran, unsere Industrie, unsere Unternehmen, unsere gesamte öster­reichische Wirtschaft komplett gegen die Wand zu fahren. Ihre Politik ist ein toxischer Mix für alle Unternehmen in unserem Land. Sie treiben die
Inflation durch Ihre Maßnahmen massiv an. Seit 70 Jahren, möchte ich in Erinnerung rufen, gab es erstmals eine zweistellige Inflationsrate, nämlich eine von 10,5 Prozent.

Sie schauen den extremen Preissteigungen einfach zu, ohne in den Markt ein­zugreifen, und belasten unsere österreichischen Unternehmen mit zu­sätzlichen Maßnahmen. In Erinnerung zu rufen ist zum Beispiel die CO2-Steuer.


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Die massiven Übergewinne der Energiekonzerne, die Sie mit Ihrer Politik ermöglichen, befeuern ebenfalls die Inflation – laut den Studien 40 Prozent. Die steigenden Energiekosten lassen in der Wirtschaft die Alarmglocken schril­len. 43 Prozent der befragten Entscheidungsträger in österreichischen Unternehmen betrachten die hohen Energiekosten als größtes Risiko für das betriebliche Überleben.

Gleich nach den Energiepreisen folgen auf der Sorgeliste der österreichi­schen Firmen die steigenden Geschäftskosten. So geben 39 Prozent der Unter­nehmen an, dass die gestiegenen Kosten für ihre Unternehmen ein existen­zielles Problem darstellen.

Zudem erklären 9 Prozent der Firmen in Österreich, in schwierigen Zeiten ge­genüber Bedrohungen kaum widerstandsfähig oder gar nicht widerstands­fähig zu sein.

Viele österreichischen Unternehmen erreichen aufgrund hoher Energiepreise und gestiegener Geschäftskosten ihre Belastungsgrenze. Auch der Fach­kräftemangel spielt eine nicht zu vernachlässigende Rolle.

Das belegt jetzt auch eine neue aktuelle Umfrage des Energieinstitutes der Wirtschaft im Auftrag der Wirtschaftskammer. Befragt wurden dafür
knapp 1 000 Betriebe quer durch die Branchen. Demnach sehen 83 Prozent den Anstieg der Energiekosten als problematisch oder sogar sehr problema­tisch. Für die Versorgung mit Strom geben 72 Prozent Kostensteigerungen an, bei 22 Prozent kam es sogar zu einer Verdopplung oder einem noch
größeren Anstieg.

Die Energieversorgung verteuert die Herstellungskosten, und das zusätzlich zu den stark gestiegenen Rohstoffpreisen. Die massiven Kostensteigerungen belasten die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Industrie, aber auch die Konkurrenzfähigkeit der Betriebe in den anderen Sparten stark. Dies gilt insbesondere für energieintensive Branchen wie Chemie und Stahlerzeugung.


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Wichtigster Treiber der Strompreisrallye ist die Preisexplosion bei Erdgas
und der rasante Anstieg der CO2-Kosten.

Die Rückmeldungen in der Umfrage zeigen klar, wie hoch der Druck auf die ös­terreichischen Unternehmen ist. Von Erhöhungen bis zu 300 Prozent und
mehr ist da die Rede. Betriebe beklagen, dass sie die Kostensteigerungen auch nicht mehr verkraften können. 58 Prozent der Befragten versuchen, die
hohen Energiepreise an Kunden weiterzugeben. Oft gelingt dies aber auch aus unterschiedlichen Gründen – Wettbewerbsdruck, vertragliche Verpflich­tungen – nicht.

Ein lautes standortpolitisches Alarmsignal ist die Tatsache, dass in rund 20 Prozent aller Betriebe, aber sogar in über 40 Prozent der energieintensiven Industrie die Verlagerung von Produktionsaufträgen an Standorte in ande­ren Staaten eine Option ist, die geprüft wird, geplant wird oder sogar bereits um­gesetzt wurde.

KTM, einer der wichtigsten Arbeitgeber in Oberösterreich, hat Anfang die­ses Jahres bereits 300 Stellen abgebaut und wird dieses Jahr noch wei­tere 100 Stellen streichen. Das Unternehmen kooperiert mit Indien und China und verlagert seine Abteilungen in der Forschung dorthin – ja, genau dort­hin, wo jeden Tag zwei neue Kohlekraftwerke in Betrieb gehen. Der Grund sind schwierige wirtschaftliche Rahmenbedingungen – gibt auch KTM an.

Die Minister dieser Bundesregierung sind alle Musterschüler in der ersten Reihe der EU. Sie stimmen nicht nur allem zu, sondern belasten mit Übererfüllun­gen von EU-Regelungen unsere Wirtschaft. In Summe ausgedrückt kostet dies die Unternehmen 500 Millionen Euro pro Jahr zusätzlich. Sie schaden mit
ihrem toxischen Verhalten der wirtschaftlichen Entwicklung, senken damit das Bruttoinlandsprodukt, die Beschäftigung und den Konsum.

Würden sie ihr musterhaftes Verhalten beenden, würde das BIP um 800 Millio­nen Euro höher ausfallen. (Beifall bei der FPÖ.) Das würde auch ein Plus


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von 20 000 Arbeitsplätzen bringen, auch das Nettoeinkommen der Beschäftig­ten würde insgesamt um 250 Millionen Euro zulegen.

Für 5 380 Unternehmen gibt es keine Rettung mehr. So viele meldeten 2023 Insolvenz an. Das ist ein Plus von 13 Prozent gegenüber dem Vorjahr.
Aufgrund der schwachen Wachstumsprognosen für die Eurozone und aufgrund der hohen Inflation, welche noch immer weit über dem Zielwert von
2 Prozent liegt, werden für 2024 weitere Firmenpleiten folgen, nämlich mit ei­nem Plus von 9 Prozent laut der neuen Studie.

Wirtschaftsinsider sprechen auch schon von einem Rekordjahr für Insolvenzen. Schon jetzt gab es im ersten Quartal 2024 laut der ersten Hochrechnung 1 691 Insolvenzen. Das entspricht 19 Firmenpleiten pro Tag. Besonders betrof­fen sind die Branchen Bau, Handel und Gastronomie.

Apropos Gastronomie: Ein bekanntes Café, Konditorei Harrer, ein Traditionsun­ternehmen in Mattersburg, Burgenland, schließt nach drei Generationen
den Betrieb für immer. Grund: Energiekosten, teure Rohstoffe.

Ich weiß nicht, ob Sie es noch wissen: Früher bezeichnete man das Wirtschafts­ministerium auch als Ministerium für Handel und Wiederaufbau. Sie han­deln auf keinen Fall für die österreichische Wirtschaft.

Im Herbst muss die nächste Regierung, wenn es das österreichische Volk so möchte, einen raschen Wiederaufbau einleiten, um all die Schäden, welche diese jetzige Bundesregierung aus Schwarz-Grün unserer Republik Österreich
angetan hat, abzuwenden, um zu retten, was noch zu retten ist. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir lehnen diese Schuldenpolitik strikt ab! Anstatt richtige, wirkende Maßnah­men zu setzen, wird der Topf für den Energiekostenzuschuss von ursprüng­lich 1,3 Milliarden Euro auf bis zu 8 Milliarden Euro erhöht und nach
dem Gießkannenprinzip an alle Unternehmen ausgeschüttet. Der österreichische Steuerzahler soll jetzt für Ihre Fehlpolitik schon wieder bezahlen.


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Eines möchte ich noch kurz hinzufügen. Herr Bundesminister Rauch ist
zwar nicht mehr im Saal, aber für alle Zuhörer und Zuseher: Wenn von verant­wortungsloser Politik gesprochen wird, muss ich sagen: Wenn man
21 Millionen Impfdosen verimpft, 17 Millionen Impfdosen nachher entsorgt und vier Millionen Impfdosen verschenkt, dann ist das für mich nicht nur verantwortungslos, sondern fahrlässig im Umgang mit österreichischem Steuer­geld. (Beifall bei der FPÖ.)

13.43


Präsidentin Margit Göll: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. Chris­tian Buchmann. Ich erteile ihm dieses.


13.44.08

Bundesrat Mag. Christian Buchmann (ÖVP, Steiermark): Sehr geehrte Frau Prä­sidentin! Geschätzte Frau Staatssekretärin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie uns vom Thema Impfdosen zu einem anderen kommen, nämlich zur österreichischen Wirtschaft und
zu Maßnahmen, die der österreichischen Wirtschaft dienlich sein sollen, dienlich sein werden und für jene, die schon in den Genuss dieser Maßnahmen ge­kommen sind, bereits dienlich waren.

Putins Angriffskrieg auf die Ukraine hat nicht nur unsägliches Leid für die betrof­fene Bevölkerung in der Ukraine mit sich gebracht, hat nicht nur Milliarden­werte an Infrastruktur zerstört, sondern hat auch zu massiven Verwerfungen auf den Energiemärkten geführt. Diese Verwerfungen auf den Energiemärkten haben dazu geführt, dass unter anderem in Österreich die öffentlichen Haushal­te, die privaten Haushalte, die Bürgerinnen und Bürger und selbstverständ­lich auch die Unternehmungen die Auswirkungen spüren. Die Unternehmerinnen und Unternehmer quer durch alle Größenklassen spüren diese Auswirkun­gen, und es wurde heute schon darauf hingewiesen, dass insbesondere auch die kleinen Unternehmungen, die neuen Selbstständigen, wie sie auch heißen, beispielsweise die Künstlerinnen und Künstler, von diesen Auswirkungen betrof­fen sind. Deswegen ist es gut, dass wir heute über Maßnahmen diskutieren,


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wie wir auch diesen Menschen und diesen Bevölkerungsgruppen Unterstützung geben und die Auswirkungen dieses Angriffskriegs entsprechend abfedern können. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesrät:innen der Grünen.)

Die österreichische Bundesregierung hat sich zum Ziel gesetzt, den Wirtschaftsstandort zu stärken und die Wettbewerbsfähigkeit sicherzustellen. Frau Staatssekretärin, danke dafür, dass da viele Maßnahmen gesetzt
wurden, die wir auch immer wieder im Hohen Haus diskutieren. Dazu gehört auch der Energiekostenzuschuss und die Energiekostenpauschale.

Und wie es bei Förderungen so ist, gibt es manchmal auch Sonderfälle, die es abzuwickeln gilt. Es gibt Problematiken. Es wurden manche davon von
den Vorredner:innen mehr oder weniger richtig dargestellt. Im Zuge dieser Ab­wicklungen sind falsche oder auch nicht verfügbare Daten zu Sonderfäl­len angewachsen, die es jetzt zu korrigieren gilt, und das wird mit diesen heute zu fassenden Beschlüssen auch entsprechend gemacht.

Das hat Gründe, warum diese Sonderfälle entstanden sind. Wir sind gemeinsam in der Europäischen Union. Es gibt einen sehr komplexen Beihilfenrahmen,
den es zu berücksichtigen gilt, wobei auch gewisse Fristigkeiten einzu­halten sind. Wir haben in unserem Land eine sehr diversifizierte Unternehmer- und Unternehmensstruktur. Wir können stolz darauf sein, dass wir die
großen Unternehmungen haben, dass wir die industriellen Unternehmungen ha­ben, dass wir aber auch sehr, sehr viele kleine und Kleinstunternehmungen neben den mittelständischen Unternehmungen haben. Sie alle leiden unter den Auswirkungen der Situation auf den Energiemärkten.

Wenn wir hier in manchen Maßnahmen diesen Unternehmungen und damit auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in diesen Unternehmungen
durch Unterstützungsmaßnahmen dienlich sein können, dann sollten wir diese Maßnahmen nicht nur analysieren, Kollege Bernard, sondern wir sollten
dann auch die Beschlüsse fassen, dass diesen Unternehmungen tatsächlich Mit­tel zugeführt werden können, damit sie ihre Aufgabenbereiche entsprechend umsetzen können. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesrät:innen der Grünen.)


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Meine sehr geehrten Damen und Herren, es gäbe zu der Abwicklung dieser För­derpakete viel Technisches zu sagen. Ich erspare uns das, weil es tatsäch­lich manche technischen Novellen sind, die wir hier durchführen müssen. Ich sage nur: Mit diesen heute zu fassenden Beschlüssen sorgen wir für
mehr Gerechtigkeit. Das ist auch eine Aufgabe der Politik, wie ich sie verstehe. Wir erweitern damit den Begünstigtenkreis gegenüber der ursprüngli­chen Fassung dieser Gesetze in Richtung der schon angesprochenen Künstlerin­nen und Künstler, der neuen Selbstständigen und vieler Branchengruppen
und wir machen es möglich, dass diese Maßnahmen unmittelbar in Kraft treten und damit ihre Wirksamkeit entfachen. Es gibt also aus meiner Sicht keinen Grund, diesen Novellen nicht zuzustimmen. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesrät:innen der Grünen.)

13.49


Präsidentin Margit Göll: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Klemens Kofler. Ich erteile ihm dieses.


13.49.08

Bundesrat Klemens Kofler (FPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Präsident! Sehr geehrte Frau Staatssekretär! Sehr geehrte Kollegen im Bundesrat!
Liebe Freunde hier und zu Hause! Grüß Gott! Worum geht es? – Personen in der Gruppe der neuen Selbstständigen sollen den Energiekostenzuschuss eben
auch bekommen. Das ist eine Einmalzahlung von 410 Euro, also keine finanzielle Großtat, aber es wird damit eine Ungerechtigkeit beseitigt. Wir stimmen
dem zu.

Die eigentliche Frage ist aber: Warum braucht man einen Energiekos­tenzuschuss? Warum ist er überhaupt notwendig? Es müssen ja die Ursachen der gestiegenen Energiepreise bekämpft werden, und das liegt eben an
den Landesenergieversorgern: Die geben nämlich die sinkenden Preise nicht weiter.


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Jetzt kommt die Regierung in ihrer gewohnt gönnerhaften Art und Weise daher und gibt Peanuts zurück, bekämpft aber die eigentliche Krise nicht. Die Ener­gieversorger haben immer noch Millionengewinne.

Die Riesengewinne und die Inflation zeugen eben davon, dass diese Bundesre­gierung von Grün und Schwarz absolut danebengehaut hat. Wir merken
von den Förderungen auch nichts. Vor einer Stunde war noch Bundesminister Rauch bei uns und hat erzählt, dass sie ja gar nicht untätig sind. Sie
hätten 40 Milliarden Euro gegen die Krise investiert, 40 000 Millionen Euro, also eine irre Summe. – Nur: Wir merken nichts davon. Wo ist das Geld? Wo
sind die 40 Milliarden Euro? (Beifall bei der FPÖ.)

Das muss also die falsche Vorgangsweise sein. Man wirft ja der Regierung oft Untätigkeit vor, und da denke ich immer, vielleicht wäre das gar nicht so schlecht: Geht bis zu den Neuwahlen im Herbst auf Urlaub! Die Grünen gehen zu Fuß zum Neusiedler See – ohne Schuhwerk, wegen dem ökologischen Fußabdruck –, die Schwarzen fahren mit der Eisenbahn wohin, in der zweiten Klasse, ihr sollt ja einmal neue Leute kennenlernen. (Heiterkeit, Beifall und Bravoruf bei der FPÖ sowie Heiterkeit bei der SPÖ.) Euer Minister fährt mit dem BMW, das kann er ja besonders gut, das haben wir ja schon nachgemessen.

Ja, in diesem Sinne heißt es warten auf Volkskanzler Kickl. (Beifall und Bravoruf bei der FPÖ.)

13.51


13.51.43

Präsidentin Margit Göll: Ich darf Frau Bundesministerin Klaudia Tanner hier bei uns im Bundesratssaal herzlich begrüßen. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen.)

Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Dies ist nicht der Fall. Die Debatte ist ge­schlossen.

Wir kommen zur Abstimmung, die über die gegenständlichen Tagesordnungs­punkte getrennt erfolgt. – Bitte nehmen Sie Ihre Plätze ein.


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Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates
vom 20. März 2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Unternehmens-Energiekostenzuschussgesetz geändert wird.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch
zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 20. März 2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gewerbli­che Sozialversicherungsgesetz geändert wird.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

13.53.2010. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 21. März 2024 betreffend ein Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Bundesrepublik Deutschland über die Zusammenarbeit gegen nichtmilitärische Bedrohungen aus der Luft (2286 d.B. und 2483 d.B. sowie 11472/BR d.B.)


Präsidentin Margit Göll: Wir gelangen nun zum 10. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Sandra Lassnig. – Ich bitte um den Bericht.


13.53.52

Berichterstatterin Sandra Lassnig: Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Ich bringe den Bericht des Landesverteidigungsausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 21. März 2024 betreffend ein Abkommen


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zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Bundes­republik Deutschland über die Zusammenarbeit gegen nichtmilitärische Be­drohungen aus der Luft zur Kenntnis.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher gleich zur An­tragstellung:

Der Landesverteidigungsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage einstimmig den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Ein­spruch zu erheben.


Präsidentin Margit Göll: Vielen Dank.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Matthias Zauner. Ich erteile ihm dieses.


13.54.38

Bundesrat Matthias Zauner (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Mei­ne Damen und Herren! Es geht heute um den Abschluss eines Abkommens
mit der Bundesrepublik Deutschland, wie es das unter anderem auch schon mit der Schweiz gibt, in dem es darum geht, dass sich die Länder gegenseitig
dann unterstützen, wenn es eine potenzielle Bedrohung durch ein Luftfahrzeug gibt, das nicht militärisch ist.

Was bedeutet das? – Es besteht zum Beispiel kein Kontakt zwischen einem zi­vilen Luftfahrzeug und der Flugsicherung. Dieses Luftfahrzeug wird dann dementsprechend von Abfangjägern begleitet, und dann kommt es dazu, dass sich das Flugzeug der Grenze nähert, und dann gibt es eigentlich keine Möglichkeit mehr, dieses Flugzeug weiter zu verfolgen.

Dieses Abkommen regelt das jetzt. Das heißt, wir begleiten das Flugzeug weiter in den deutschen Luftraum oder umgekehrt, die Deutschen begleiten die-


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ses Luftfahrzeug weiter in den österreichischen Luftraum, bis unsere Luftstreit­kräfte oder eben die deutsche Luftwaffe eintreffen, um diese Eskortierung weiter zu übernehmen.

Sehr geehrte Frau Bundesministerin, ich darf mich sehr herzlich für die wirklich intensiven Informationen und den intensiven Austausch im Ausschuss
durch den Herrn Generalmajor und durch die zuständige Beamtin im Ressort bedanken. Wir Bundesrätinnen und Bundesräte wurden meiner Meinung
nach wirklich vollumfassend über dieses Regelwerk informiert und auch darüber, dass nicht nur dieses Abkommen mit Deutschland heute hier im Bundesrat beschlossen wird, sondern dass wir auch Verhandlungen mit anderen Nachbar­staaten führen, um dieses sinnvolle Abkommen zu beschließen.

Ich darf aber die Gelegenheit auch wahrnehmen, seitens der ÖVP-Fraktion den Soldatinnen und Soldaten und den Zivilbediensteten des österreichischen Bundesheeres ein herzliches Dankeschön für ihren Einsatz für die Sicherheit in der Republik zu sagen. Ich darf einmal mehr auch darauf hinweisen, dass
es aktuell gelungen ist, das wirklich höchste Verteidigungsbudget in
der Geschichte der Zweiten Republik aufzustellen. Ich darf mich auch bei allen Fraktionen im Haus bedanken, dass das hier einstimmig beschlossen
wurde, um eine taugliche Armee zu gewährleisten.

Wir investieren nicht nur in Waffen und Gerät, sondern vor allem auch ins Per­sonal. Wir haben einen Zuwachs bei den Unteroffizierinnen und Unter­offizieren und – als Gemeinderat der Garnisonsstadt Wiener Neustadt, wo die Theresianische Militärakademie steht, freut mich das natürlich ganz be­sonders – auch bei den Offizierinnen und Offizieren. Zum ersten Mal seit zehn Jahren ist es im Rahmen dieser Mission Vorwärts auch gelungen, den Sold
für die Grundwehrdiener anzuheben. (Beifall bei der ÖVP.)

Alles in allem tut sich also viel beim Bundesheer, und dieses Abkommen mit der Bundesrepublik Deutschland ist ein weiterer Schritt zu mehr Sicherheit für Österreich. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

13.57



BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 195

Präsidentin Margit Göll: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Daniel Schmid. Ich erteile ihm dieses.


13.58.05

Bundesrat Daniel Schmid (SPÖ, Tirol): Werte Präsidentin! Sehr geehrte Frau Mi­nisterin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Kollege Zauner hat mehr oder minder schon erklärt, worum es sich bei diesem Abkommen handelt. Ich werde darauf nicht näher eingehen. Wir
von der Sozialdemokratie sehen das ganze Abkommen als einen positiven Schritt für die Vertiefung der Beziehungen zwischen Österreich und Deutschland –
und natürlich auch für die nationale Sicherheit.

Dieses Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland ist ein wichtiger sicherheitspolitischer Schritt, der unsere Souveränität und – ich möchte betonen – auch unsere Neutralität unterstreicht. Daher werden wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten diesem
Beschluss des Nationalrates zustimmen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesrät:innen der ÖVP. – Bundesrätin Eder-Gitschthaler: Na bitte!)

13.59


Präsidentin Margit Göll: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Markus Leinfellner. Ich erteile ihm dieses.


13.59.15

Bundesrat Markus Leinfellner (FPÖ, Steiermark): Frau Vorsitzende! Frau Bundesminister! Hohes Haus! Liebe Österreicher! Ich glaube, es ist schon sehr viel zu diesem Abkommen gesagt worden – und ja: Es ist wichtig. Die Zu­sammenarbeit bei der Bekämpfung von nicht militärischen Bedrohungen aus der Luft ist wesentlich. Die Sicherheit für unsere Bürger muss gewährleistet
sein, und es ist natürlich ein Schritt in die richtige Richtung.

Das Abkommen darf aber nicht dazu führen, dass wir Österreicher in unserer Autonomie, in unserer Entscheidungsfreiheit irgendwie eingeschränkt


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werden, und ja: Es braucht natürlich eine transparente Überwachung und auch eine Kontrolle all dieser Aktivitäten, die in diesem Abkommen enthalten sind.

Im Großen und Ganzen ist es ein guter und richtiger Schritt. Man kann über alles lange reden, aber ich glaube, es ist alles gesagt. – Vielen Dank. (Beifall bei
der FPÖ.)

13.59


Präsidentin Margit Göll: Weiters zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Mag. Eli­sabeth Kittl. Ich erteile ihr dieses.


14.00.13

Bundesrätin MMag. Elisabeth Kittl, BA (Grüne, Wien): Frau Präsidentin!
Sehr geehrte Frau Ministerin! Liebe Kollegen und Kolleginnen! Diese Vereinba­rung ist einer von vielen Schritten in der europäischen Zusammenarbeit,
die unsere eigene, aber auch die kollektive Sicherheit Europas stärkt. Sie ist auch ein klares Signal für die enge Partnerschaft und das Vertrauen zwischen
den Mitgliedstaaten und im Besonderen natürlich zu unseren Nachbarstaaten. Gerade in Zeiten der globalen Unordnung in einer multipolaren Welt
braucht es eine starke Europäische Union, eine Union der Zusammenarbeit – auch und gerade in der Sicherheitspolitik.

Die Verschiebung der geopolitischen Machtzentren bringt für uns als quasi altes Machtzentrum viel Ungewissheit, und Ungewissheit macht unsicher. In so
einer Zeit der Unsicherheit haben radikale Kräfte ein leichteres Spiel, noch mehr Unsicherheit zu schüren: sei es durch Desinformation, durch Verschwö­rungsmythen oder leider auch durch Attentate, wie wir gerade in Moskau gese­hen haben. Wir sehen das, wenn wir an die russischen Geheimdienstaktivi­täten denken, aber auch an all die russischen Trolle in den sozialen Medien oder an Putins Drohreden und antiwestliche Propaganda.

Spätestens der russische Einmarsch in die Ukraine – und die Selbstverständlich­keit, mit der die Ukraine als Teil Russlands angesehen wird – zeigt uns,
dass das ein permanenter und gefährlicher Angriff auf die europäischen Werte


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und auf internationale Übereinkommen ist. Die Zusammenarbeit in Europa ist daher extrem wichtig, um auf der Stärke und dem Wissen von uns vielen aufzubauen.

Auch das heute behandelte Abkommen zielt auf so eine gute Zusammenarbeit ab: Es zielt auf Klarheit und Verwaltungsvereinfachung in der Sicherung
der Lufthoheit durch das österreichische Bundesheer ab. Gegenstand des Ab­kommens – das ist ein wichtiger Punkt – sind nicht militärische Bedro­hungen, sondern es handelt sich um Fälle, in denen bei Flugzeugen der Funk­kontakt ausfällt, und leider bergen auch diese das Potenzial eines
Terrorangriffs.

Das Abkommen erleichtert also die Zusammenarbeit, dazu nur ein kurzer Punkt, der uns auch im Ausschuss erklärt wurde: Solche Fälle von Comloss, also
dem Verlust der Kommunikation mit dem Flugobjekt, kommen in Österreich sehr oft vor – die Abfangjäger starten sogar jede Woche, um einen solchen Aus­fall aufzuklären.

Das Abkommen erleichtert die Zusammenarbeit in solchen Fällen. Ein solches haben wir bereits mit der Schweiz abgeschlossen, und wie wir im Aus­schuss gehört haben, sind wir auch in Verhandlungen mit unseren Nachbarn Italien und Tschechien. In diesem Sinne danke ich für die breite Zustimmung und für die gute Zusammenarbeit mit Deutschland. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

14.03


Präsidentin Margit Göll: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. Dr. Karl-Ar­thur Arlamovsky. Ich erteile ihm dieses.


14.03.26

Bundesrat MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky (NEOS, Wien): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Die Nacheile ist natürlich in Ordnung, und wir NEOS würden gerne überhaupt mehr europäische grenzüberschreitende Luftraumüberwachung und


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Luftraumverteidigung sehen, wie das jetzt zum Beispiel bei Sky Shield zum Glück der Fall ist. (Zwischenruf des Bundesrates Steiner.)

Das Abkommen über die Nacheile zeigt aber auch die strategischen Lücken: Worum geht es da? – Wir dürfen nacheilen, aber eben nur bei nicht militärischen Bedrohungen, und keinesfalls darf Waffengewalt angewendet werden. Es
geht da also de facto um Polizeiarbeit.

Wenn jemand keine Bewilligung für das Fliegen in diesem Luftraum hatte, wenn der Transponder nicht eingeschaltet ist, wenn das Funkgerät auf die falsche Frequenz eingestellt ist, dann schauen wir nach. Das ist Polizeiarbeit, diese Luft­raumüberwachung – das machen wir aber mit extrem teuren Kampfflug­zeugen, die 60 000 Euro pro Flugstunde kosten. Das ist im Vergleich ein Vielfa­ches dessen, was zum Beispiel die alten ausgemusterten Saab 105 gekos­tet haben, die die Polizeiarbeit genauso gut erledigen konnten. Diese Eurofighter Typhoon sind eben deswegen so teuer, weil sie keine Polizeiflugzeuge sind, sondern Kampfflugzeuge.

Ein Beispiel: Letztes Jahr bei der Operation Dädalus – der Luftraumüberwachung rund um das Treffen von Davos in der Schweiz, das ist zwei Gemeinden
von der österreichischen Grenze entfernt – wurden Paragleiter und Sportflie­ger – unter Anführungszeichen – „abgefangen“, um 60 000 Euro pro
Flugstunde!

Jetzt werden Sie als Nächstes sagen: Wir planen ohnehin mit neuen Jets in einer anderen Kategorie als die Eurofighter Typhoon und mit Trainingsflugzeu­gen, mit denen wir dann unter anderem auch Luftraumüberwachung billiger be­treiben können. Das ist zwar schön und gut, aber warum gibt es die noch nicht? – Weil wir kaufen, ohne zu planen!

In genau dieser Situation befinden wir uns jetzt gerade wieder. Das Verteidi­gungsbudget wird erhöht, das ist per se in Ordnung. Das Geld wird in Beschaffung investiert, das ist auch per se in Ordnung. Aber die Österreichische


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Sicherheitsstrategie, die dieser Beschaffung zugrunde liegen sollte, liegt irgendwo herum, weil sich die Regierung nicht über diesen oder jenen Punkt einigen kann. Das ist unverantwortlich und führt zu Resultaten, wie wir sie heute in der Luftraumüberwachung haben: Kampfflugzeuge, die Propellerflug­zeuge abfangen müssen, weil wir nichts Kleineres zur Hand haben, weil wir keine Strategie hatten und daher falsch beschafft haben. Das wird uns wegen
der schwarz-grünen Streitereien wieder passieren. (Bundesrat Steiner: In sechs Monaten haben wir ... ! Volkskanzler!)

Frau Bundesminister, es wäre gut, wenn Sie das angeblich fertige Konzept
der Sicherheitsstrategie endlich vorlegen, damit darüber diskutiert werden kann und damit es beschlossen werden kann. Darauf zu sitzen, weil Sie sich mit
dem Koalitionspartner nicht einigen konnten, und gleichzeitig viel Geld für Mate­rial auszugeben, das dann vielleicht gar nicht zu dieser neuen Strategie
passt, können wir uns in der heutigen gefährlichen Zeit einfach nicht leisten. – Vielen Dank. (Bundesrat Steiner: In sechs Monaten haben wir’s!)

14.06


Präsidentin Margit Göll: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesministerin Klaudia Tanner. – Bitte sehr.


14.06.28

Bundesministerin für Landesverteidigung Mag. Klaudia Tanner: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren des Bundesrates! Ich
freue mich wirklich, heute hier zu sein, da wir – so hoffe ich, wenn Sie diesem Abkommen Ihre Zustimmung erteilen – einen weiteren sehr wichtigen
Schritt für die Sicherheit der Österreicherinnen und Österreicher setzen, was nicht militärische Bedrohungen im Luftraum anbelangt.

Die Frau Bundesrätin hat es schon angesprochen, diese Fälle eines sogenannten Comloss kommen in etwa 50- bis 60-mal im Jahr vor, und das macht es
dann notwendig – weil insbesondere wir als neutraler Staat selbstverständlich


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unseren Luftraum schützen müssen –, dass unsere Eurofighter aufstei­gen und diese Flugobjekte aus dem Luftraum begleiten.

Mit diesem Abkommen werden wir zum einen schneller und zum anderen wer­den wir sehr viel effizienter. Deutschland ist natürlich ein ganz wichtiger militärisch-strategischer Partner und es ist unser direktes Nachbarland: Wenn Sie diesem Abkommen Ihre Zustimmung erteilen, dann wird unser Luft­raum ein Stück weit sicherer.

Ich möchte mich gegen eines verwahren, sehr geehrter Herr Bundesrat: Sie alle gemeinsam haben dem Landesverteidigungs-Finanzierungsgesetz Ihre Zu­stimmung erteilt, das bedeutet, dass das Budget für das österreichische Bundes­heer Jahr für Jahr steigen wird, und das ist ganz, ganz dringend notwendig.
Wir haben, und das wissen Sie, einen sehr genauen Plan dazu: Wir haben einen sehr genauen Aufbauplan, der über diese Legislaturperiode hinausgeht, der
bis zum Jahr 2032 und darüber hinaus reicht. Es wird selbstverständlich
alles fußend auf dem jeweils aktuellen Risikobild beschafft, und das ist gut so. Unsere zuständigen Verantwortlichen leisten da tatsächlich Großartiges,
wenn Sie betrachten, wie weit wir in diesem Aufbauplan schon vorangekommen sind.

Wenn wir in der Luft bleiben, dann brauchen Sie sich nur unser Hub­schrauberpaket anzuschauen: 36 Hubschrauber werden wir über ein Govern­ment-to-Government-Geschäft auf transparente Art und Weise beschaffen.

Sie sehen, wenn Sie unseren Soldatinnen und Soldaten begegnen, die
neuen Uniformen und – wenn auch noch nicht überall, aber auch das geht voran – die neuen Feldstiefel. Das heißt, wir sind genau nach Plan
unterwegs, um das österreichische Bundesheer zu einer modernen Armee zu machen und diejenigen, die sich für unser aller Sicherheit einsetzen,
gut auszustatten. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Bundesrat Steiner: Dass diese Regierung jemals einen Plan gehabt hat, halte ich für ein Gerücht!)


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Ich glaube, gerade in Bezug auf das Verteidigungsressort brauche ich Ihnen, sehr geehrte Damen und Herren, nicht zu erklären, was in der Vergangenheit
nicht geschehen ist. Man hat militärische Sicherheit als etwas Selbstverständli­ches angesehen, aber jetzt müssen wir erkennen – nach mittlerweile über
zwei Jahren –, dass der Krieg auf diesen Kontinent zurückgekehrt ist, dass es einen Kriegs- und Krisenherd nach dem anderen gibt.

Nicht zuletzt machen es auch Ereignisse wie zum Beispiel jetzt in der Steiermark notwendig, dass das Bundesheer in Assistenzeinsätzen tätig wird, wenn es
etwa um das Löschen von Waldbränden geht. Gott sei Dank ist das so.

Vielleicht ist Sicherheit nicht alles, aber ohne Sicherheit ist alles nichts. Ich bin sehr froh, dass das mittlerweile alle über die Parteigrenzen hinweg er­kannt haben, und daher freue ich mich wirklich sehr, wenn Sie diesem Abkom­men Ihre Zustimmung erteilen. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

14.10


14.10.38

Präsidentin Margit Göll: Vielen Dank.

Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall. Die Debatte ist somit geschlossen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung. – Bitte nehmen Sie Ihre Plätze ein.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

14.11.1511. Punkt

Bericht der Bundesministerin für Landesverteidigung betreffend Jahresvor­schau 2024 auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogramms


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der Europäischen Kommission und des Programmes des Rates
(III-836-BR/2024 d.B. sowie 11473/BR d.B.)


Präsidentin Margit Göll: Wir gelangen nun zum 11. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Sandra Lassnig. – Ich bitte um
ihren Bericht.


14.11.40

Berichterstatterin Sandra Lassnig: Frau Präsidentin! Ich bringe den Bericht des Landesverteidigungsausschusses über den Bericht der Bundesministerin
für Landesverteidigung betreffend Jahresvorschau 2024 auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Europäischen Kommission und des Programmes des Rates.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher gleich zur An­tragstellung:

Der Landesverteidigungsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage den
Antrag, den Bericht der Bundesministerin für Landesverteidigung betreffend Jahresvorschau 2024 auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitspro­gramms der Europäischen Kommission und des Programmes des Rates zur Kenntnis zu nehmen. – Danke.


Präsidentin Margit Göll: Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Markus Leinfellner. –Bitte.


14.12.28

Bundesrat Markus Leinfellner (FPÖ, Steiermark): Frau Vorsitzende! Frau Bundesminister! Hohes Haus! Liebe Österreicher! Eingangs darf ich hinten im Saal eine Besuchergruppe ganz besonders begrüßen, nämlich unseren ehemaligen Kollegen Bundesrat außer Dienst Peter Samt mit der Steirischen Jugendakademie. – Herzlich willkommen bei uns! (Allgemeiner Beifall.)


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Frau Bundesminister, bevor ich auf den eigentlichen Tagesordnungspunkt eingehe: Sie haben gesagt, in der Vergangenheit sei sehr vieles kaputt­gespart worden, aber eines darf ich Ihnen schon sagen: Die Finanzminister in der Geschichte der Zweiten Republik waren schon Ihre Parteikollegen und
nicht unsere! Das waren also durch die Bank ÖVPler. (Zwischenbemerkung von Bundesministerin Tanner.)

Es gibt mittlerweile ein sehr, sehr großes Budget, aber wir haben uns ja
das letzte Mal ausführlich darüber unterhalten, wo es überall noch fehlt und krankt. Ja, Sie sind auf einem guten Weg, aber es fehlt noch sehr, sehr
viel bei der Truppe. Ja, man muss das zur Verfügung stehende Geld auch ausge­ben, das ist ja in der Vergangenheit nicht immer so geglückt, das heißt, es
wäre schon das eine oder andere auch möglich gewesen. Wenn wir zum Beispiel in der Beschaffung einmal voll besetzt wären, dann wäre es auch dort
möglich, etwas mehr zu beschaffen und etwas mehr für die
Truppe sicherzustellen.

Es hat für mich auch so geklungen, als hätten wir derzeit den höchsten Personal­stand, aber ich war jetzt doch das eine oder andere Mal beim Bundesheer unterwegs, und jeder Kommandant, mit dem ich spreche, sagt mir, dass es von Jahr zu Jahr ein riesengroßes Delta gibt, weil sie vor Ort weniger Leute
haben. Ich glaube schon, dass es in der Zentralstelle vielleicht mehr Leute ge­worden sind, aber draußen bei der Truppe, wo wir sie wirklich brauchen
würden, kommen sie nicht an. (Beifall bei der FPÖ.)

Lassen wir das einmal so stehen, jetzt aber zum eigentlichen Tagesordnungs­punkt: Ich darf gleich vorausschicken, um die Spannung nicht zu groß
zu halten, dass wir diesem Tagesordnungspunkt nicht zustimmen werden. In dieser EU-Jahresvorschau sind wieder Maßnahmen zur Unterstützung
der Ukraine enthalten: finanzielle Unterstützung, humanitäre Unterstützung und, ja, militärische Unterstützung. (Bundesrat Himmer: ... mit Russland abgespro­chen, nicht?)


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Frau Bundesminister, es helfen halt auch der größte rhetorische Spagat und die schönste politische Formulierung nichts, wenn es im Endeffekt wieder um Waffen- und Munitionslieferungen für die Ukraine geht. Genau da müssen wir entschieden dagegen sein: Mit Waffengewalt werden wir diesen Krieg
nicht beenden, und es ist auch ganz sicher nicht in unserem Interesse, Waffen für die Ukraine sicherzustellen! (Beifall bei der FPÖ.)

Frau Bundesminister, ich erinnere nur an die Vergangenheit, als man diesen Spagat ja auch schon gemacht hat: Man hat den Fonds zur Förderung
der Munitionsproduktion in Europa gegründet, in den auch Österreich fleißig einzahlt, nämlich in Millionenhöhe. Wer braucht denn diese Munition
aktuell? – Österreich braucht sie nicht, Deutschland braucht sie auch nicht! Da sind wir jetzt genau bei dieser Finanzierung von Dingen durch die Hinter­tür, wo wir uns ja eigentlich heraushalten.

Das, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist nicht im Interesse Österreichs. Wir haben eine lange Tradition der Neutralität, und mit diesen Eskalationen,
mit diesen Waffenlieferungen, mit diesen Munitionslieferungen sind
wir in Bezug auf die Ukraine auf dem falschen Weg. Der richtige Weg sind der Dialog, die Diplomatie und die Förderung einer Verständigung in der Zu­sammenarbeit, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Bundesrat Schreuder: Sag das dem Putin!)

Ja, unsere Sicherheits- und Verteidigungspolitik muss stets in Einklang mit der Neutralität und mit dem Frieden stehen, meine sehr geehrten Damen
und Herren. – Vielen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

14.16


Präsidentin Margit Göll: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesministerin Klau­dia Tanner. – Bitte sehr.



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14.16.41

Bundesministerin für Landesverteidigung Mag. Klaudia Tanner: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Bundesräte! Sehr ge­ehrte Besucher – in diesem Fall, glaube ich, alles Herren – aus der Steiermark! Herr Bundesrat Leinfellner, Ihr Redebeitrag macht es jetzt notwendig,
dass ich dazu etwas sage. (Bundesrat Leinfellner: Ich bin gespannt!)

Wir sind ja beim Tagesordnungspunkt, der die Jahresvorschau betrifft, und ich stelle meinen Ausführungen voran: Lesen hilft, auch was diesen Tages­ordnungspunkt anbelangt. Sie wissen selbstverständlich genau, dass wir zwar militärisch neutral sind, dass wir aber auf der anderen Seite nicht gleich­gültig sind! (Bundesrat Steiner: Brauchst nicht so schreien, wir verstehen dich schon!)

Dieser Punkt in der Jahresvorschau beinhaltet nichts anderes als humani­täre Unterstützung, die in der einen oder anderen Region notwendig ist. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Zwischenruf des Bundesrates Steiner.) – Ich glaube,
Herr Bundesrat, wir sollten viel mehr noch unsere Soldatinnen und Soldaten, die tagtäglich – auch am heutigen Tag – in 17 verschiedenen friedenserhalten­den Missionen tätig sind, vor den Vorhang holen. Sie wissen genau, was da an großartiger Arbeit geleistet wird. (Bundesrat Steiner – auf Bundesrat Leinfell­ner zeigend –: Das ist einer davon!) – Das ist mir sehr wohl bekannt!

Wenn nun die personelle Situation des österreichischen Bundesheeres angesprochen wird: Selbstverständlich beinhaltet unser Aufbauplan 2032 plus auch eine personelle Komponente! Es wurde schon von einem Ihrer
Kollegen angesprochen, dass wir erstmalig nach über zehn Jahren den Sold für die Grundwehrdiener erhöht haben: Warum haben wir das gemacht,
und warum ist das zehn Jahre hindurch nicht geschehen? – Die Grundwehr­diener und ihre Entscheidung für den Dienst an der Waffe, für das öster­reichische Bundesheer sind die Grundlage für unsere Berufssoldaten und auch für die Milizsoldatinnen und -soldaten. Denen haben wir jetzt zumindest
eine erste Anerkennung gezollt, und ich glaube, diesen Weg sollten
wir fortsetzen.


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Wir haben mit vorigem Jahr – ein Jahr ist es jetzt her – den freiwilligen Grund­wehrdienst für Frauen ins Leben gerufen: Das ist 25 Jahre lang nieman­dem aufgefallen, wie schwer es Frauen in der Vergangenheit gemacht wurde. Wir haben sie nicht zu den sechs Stellungsstraßen in Österreich einrü­cken lassen – auch das haben wir korrigiert, und wir haben 13 Prozent mehr Soldatinnen, wenn wir die Jahre 2022 und 2023 vergleichen. (Beifall bei
der ÖVP sowie des Bundesrates Schreuder.)

Sie haben selbstverständlich recht, dass wir uns alle mehr darum bemühen müssen, den Wehrwillen zu heben und zu steigern. Ich hatte heute
ein sehr positives Erlebnis: Unsere großartigen Informationsoffiziere sind an verschiedenen Schulen unterwegs, heute an einer HTL hier in Wien,
und sie informieren darüber, welche Karrierewege man beim österreichischen Bundesheer einschlagen kann, sei es uniformiert oder auch in Zivil.
(Zwischenruf des Bundesrates Steiner.)

Ich glaube, es wird eine gemeinsame gesamtgesellschaftliche Aufgabe sein, dass wir uns dem Risikobild entsprechend aufstellen, auch personell. Ich glaube,
dazu kann jeder und jede etwas tun. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

14.19


Präsidentin Margit Göll: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Philipp Kohl.
Ich erteile ihm dieses.


14.20.27

Bundesrat Philipp Kohl (ÖVP, Burgenland): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseher und Zuseherinnen! Im Arbeitsprogramm der Europäischen Kommission für 2024 geht es im Wesentlichen um die Umsetzung, Stärkung und Implementierung von bereits bestehenden Initiativen. Ein zentraler Bestandteil davon ist die effektive Durchsetzung der Handlungsstränge, die in einem sicherheits- und verteidi­gungspolitischen Grundlagendokument, dem sogenannten strategischen


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Kompass, festgelegt sind. Ebenso sind der Ausbau und die Intensivierung von Ko­operationen mit Drittstaaten und internationalen Organisationen vorge­sehen. Hier möchte ich die dritte gemeinsame Erklärung zur EU-Nato-Koopera­tion erwähnen, die eine Ausweitung neuer sicherheitskritischer Bereiche
wie Widerstandsfähigkeit, neue und disruptive Technologien, Verteidigung und Raumfahrt beinhaltet.

Des Weiteren sollen Partnerschaften weiter ausgebaut werden und im Zusammenhang dieser Kooperationen auch die neuen europäischen Strategien zur Förderung intelligenter, sauberer und sicherer Verbindungen im
Digital-, Energie- und Verkehrssektor sowie die Gesundheits-, Bildungs- und Forschungssysteme auf der ganzen Welt weiter gestärkt und sektorale Strategien und Aktionspläne umgesetzt werden. Beispiele dafür sind die Stra­tegie für ein internationales Engagement im Energiebereich, die Gemein­same Mitteilung über die internationale Meerespolitik, die Weltraumstrategie für Sicherheit und Verteidigung, die Aktualisierung der EU-Strategie für die
maritime Sicherheit, die Gemeinsame Mitteilung über eine Partnerschaft mit der Golfregion und die neue Agenda für Lateinamerika und die Karibik. Maß­nahmen zur Förderung und Stärkung der europäischen Verteidigungsindustrie sind ein weiterer wichtiger Punkt im Arbeitsprogramm.

Die durch den Krieg in der Ukraine aufgezeigten und durch die Unterstützungs­leistungen entstandenen Lücken in den Verteidigungsvorräten der EU-Mit­gliedstaaten sollen ebenso durch gezielte Maßnahmen geschlossen
werden. Zudem steht das Achtzehnmonatsprogramm der Trioratspräsidentschaft im Zeichen der sich verändernden globalen Sicherheitslage aufgrund des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine.

Ein besonderes Augenmerk liegt daher auf der Stärkung der Fähigkeit, auf Un­vorhergesehenes flexibel reagieren zu können und trotz möglicher Rück­schläge nicht aufzugeben, sowie auf der strategischen Autonomie der Europäi­schen Union.


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Das Bundesministerium für Landesverteidigung unterstützt die Vorhaben
des Arbeitsprogramms der Europäischen Kommission sowie des Achtzehnmo­natsprogramms des Triovorsitzes, insbesondere ist die weitere Umsetzung
des strategischen Kompasses entscheidend für die Stärkung der europäischen Verteidigungsarchitektur und unerlässlich für die Handlungsfähigkeit der Europäischen Union in diesem Bereich.

Die geplante Verordnung des Programms für europäische Verteidigungsinvesti­tionen soll sicherstellen, dass die Versorgungssicherheit mit Rüstungs-
und Verteidigungsgütern auch zukünftig gewährleistet wird und militärische Fähigkeiten aufrechterhalten werden. Die regelbasierte internationale
Ordnung kann durch die Intensivierung und Vertiefung der Beziehungen zu gleichgesinnten Partnern und internationalen Organisationen gestärkt
werden.

Meine Damen, meine Herren, ich möchte noch anmerken, dass im Bericht der Bundesministerin für Landesverteidigung betreffend die Jahresvor­schau 2024 auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Euro­päischen Kommission und des Programmes des Rates Folgendes kommen­tiert ist: „Österreich wird weiterhin die Maßnahmen der EU zur Unterstützung der Ukraine in verschiedenen Bereichen mittragen, einschließlich finan­zieller, humanitärer und nicht-letaler militärischer Hilfe. Was die Bereitstellung von Waffen und Munition an die Ukraine im Rahmen der Europäischen Friedensfazilität betrifft, wird sich Österreich im Einklang mit dem spezifischen Charakter der österreichischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik
weiter konstruktiv enthalten.“

Meine Damen, meine Herren, da wir heute tagesordnungspunktübergreifend debattieren, möchte ich weitere zwei Dinge anmerken: Erstens – und da
hat mir die Aussage von Kollegen Marco Schreuder sehr gefallen und ich zitie­re –: Nicht eine Partei vertritt das ganze Volk, und damit bin ich schon
bei zweitens: Ich sende damit schöne Grüße an die SPÖ-Alleinherrschaft im Burgenland. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesrät:innen der Grünen. –


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Bundesrätin Schuman: So viel zur Leitkultur! – Bundesrätin Hahn: So viel zum Thema Leitkultur! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

14.25


Präsidentin Margit Göll: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Michael
Wanner. Ich erteile ihm dieses.


14.25.35

Bundesrat Michael Wanner (SPÖ, Salzburg): Ich habe gar nicht gewusst, dass Regierungen Herrschaften sind. (Die Bundesrät:innen Miesenberger und Tiefnig: Im Burgenland schon!) Da bin ich froh, dass das in Niederösterreich ganz an­ders ist. Da könnte man noch etwas drauflegen in Niederösterreich. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ sowie Heiterkeit der Bundesministerin Tanner. – Bun­desrätin Hahn: Das ist die Leitkultur! Eine Partei regiert das Land!) – Entschuldigung, Frau Minister, dass ich Sie jetzt zum Lachen gebracht habe. (Bundesministerin Tanner: Tut auch einmal ganz gut!) – Tut auch ganz gut, gell?

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kolle­gen und Zuseherinnen und Zuseher zu Hause! Es ist die Jahresvorschau,
die heute in einem Bericht vorliegt, und ich habe so ein bisschen den Eindruck, dass diese Jahresvorschau auf Basis einer großen Verunsicherung aufgebaut und geschrieben wurde, vor allem aber vor dem Hintergrund einer enormen Be­drohungslage, Veränderung der letzten Jahre.

Wenn ich mir gestern angehört habe, dass die Nato 75 Jahre feiert – Gründungsjubiläum –, und der Generalsekretär der Nato muss explizit sagen, dass man geschlossen auftreten muss, dass man gegenseitige Hilfe
zukommen lassen soll und einer für alle da sei, dann, sage ich, ist das, glaube ich, schon ein bisschen eine Verunsicherung auch in der Nato, denn es steht
in Artikel 5 des Nato-Vertrages, dass der eine für den anderen da ist, und wenn einer in der Nato angegriffen wird, dann steht der andere für diesen da.
Also: Wenn man das extra noch einmal sagen muss, sehe ich da eine kleine Ver­unsicherung.


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Es steht aber auch Europa ganz schön unter dem Eindruck des unrechtmäßigen Angriffskriegs der Russen gegen die Ukraine. Wir haben uns nie gedacht –
nie gedacht! –, dass in Europa in nächster Zeit einmal wieder ein Krieg stattfin­den wird – und er ist passiert. Wir haben in Europa – nicht nur wir, sondern
alle Staaten in Europa – die Landesverteidigung auf ein Minimum zurückgeschraubt, ich möchte sogar sagen, teilweise zur Verteidigungsunfähig­keit degradiert, was wir jetzt wieder korrigieren müssen. Es steht ja auch
in dem Bericht, dass wir nachjustieren müssen beziehungsweise Schritte nach vor gehen müssen.

Die Lage in den USA hilft uns allen nicht wirklich, denn wenn ein Herr
Trump, der raus aus der Nato will und der schon gesagt hat, wenn nicht alle alles zahlen, dann kann sich Putin an Europa sattfressen, wie er will – das sind
jetzt meine Worte, aber inhaltlich war es so –, wieder Präsident wird, dann muss uns in Europa durchaus Angst werden.

Wenn dann in Deutschland gestern Herr Pistorius herkommt und sagt, Deutsch­land brauche eine Zeitenwende bei der Bundeswehr und es müsse wieder kriegstüchtig werden, dann zeigt das, wie nervös wir in Europa sind und wie gro­ßen Handlungsbedarf wir aber haben.

In dieser Vorschau steht: „Heute handeln, um für morgen bereit zu sein“. Da ich ein alter Militarist bin und von der Milak komme, weiß ich, da gibt es ande­re Sprüche auch noch: Wer Frieden will, muss sich auf den Krieg vorbe­reiten, oder: Kämpfen können, um nicht kämpfen zu müssen. – Das sehr Positive ist, dass diese Vorschau auf dem strategischen Kompass fußt, der durchaus
klare Ziele und auch Zeitvorgaben hat, und diese werden – auch wenn es nicht immer so ist, aber in dem Fall schon – von der Bundesregierung ressort­übergreifend übernommen. Ich gratuliere dazu, dass da einmal nicht intern ge­stritten wird!

Einige Punkte möchte ich ansprechen. Kooperation mit Drittstaaten: Ich
und die SPÖ glauben, dass es ganz, ganz wichtig ist, zu kommunizieren, Kontakte


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zu knüpfen, Wirtschaftsbünde zu schließen, und da gehören auch die
Dritt- - (Bundesrat Himmer: Wirtschaftsbund haben wir auch! Der Wirtschaftsbund ist stark!) – Ich habe das jetzt für Drittstaaten und nicht den österreichi­schen Wirtschaftsbund gemeint, der schließt ja meistens aus und inkludiert uns zum Beispiel nicht. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Himmer: Ah geh!) Der An­satz war aber gut. Es war ein guter Ansatz, aber nicht der richtige.

Diese Abkommen mit Drittstaaten sind unbedingt notwendig, weil ich glaube, dass nur in Gesprächen und in bilateralen Beziehungen Frieden gelebt
werden kann.

Die Forschungs- und Weltraumstrategie steht drinnen. Ja, da frage ich mich al­lerdings ein bisschen: Wo ist da unsere Kompetenz? Wo können wir da eingreifen? Das würde mich interessieren. Da fehlt mir ein bisschen der Zugang, denn auch wenn man in der Generaldirektion eine Stelle, die sich mit Ver­teidigungsindustrie und Weltraum beschäftigt, implementieren will, ist das halt wieder etwas in einer Führungsebene. Ja, Führungskräfte kann man einset­zen, aber auch die braucht man erst.

Unterstützung der Ukraine – das haben wir vorhin schon gehört. Ich möchte nur noch sagen: in politischer, wirtschaftlicher und finanzieller Hinsicht. Da ist
mir auch ganz wichtig, dass finanziell dann auch langfristig – nämlich
für den Wiederaufbau der Ukraine, wenn dieser scheußliche Krieg einmal zu Ende ist – etwas dabei ist. Der Wiederaufbau ist ganz wichtig! (Beifall
bei der SPÖ.)

Humanitäre Hilfe – da sind wir, glaube ich, nicht die Schlechtesten.

Bei der militärischen Hilfe mit nicht letalen Waffen habe ich zwar ein bisschen ein Definitionsproblem, aber vielleicht können Sie das erläutern. Wenn
man bei Waffenlieferungen als Österreich konstruktiv mitarbeiten will, dann muss man sich schon ein bisschen so (sich mit der rechten Hand über den


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Kopf greifend und am linken Ohr kratzend) kratzen, damit man eine Waffenliefe­rung rechtfertigt. Aber vielleicht können Sie da etwas dazu sagen, da fehlt
mir einfach der Zugang.

Krisenbewältigungsstrukturen schaffen: Ja! Noch einmal: Das Wichtigste ist, miteinander zu reden, Kontakte zu knüpfen. Das österreichische Bundes­heer braucht dazu eine perfekte Ausbildung, das Material, aber – und das habe ich Ihnen das letzte Mal auch gesagt – auch das dazu notwendige Perso­nal. Da kann ich Ihnen leider nicht zustimmen, dass genug da ist oder genug ge­tan wird, da sind wir ganz weit hintennach, vor allem wenn man sich die Pensionierungen der jetzigen Aktiven anschaut. Das ist eher eine Katastrophe, da ist uns wahrscheinlich noch nichts Gescheites eingefallen. – Danke.
(Beifall bei der SPÖ.)

14.33


Präsidentin Margit Göll: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Mag. Elisabeth Kittl. – Bitte.


14.33.15

Bundesrätin MMag. Elisabeth Kittl, BA (Grüne, Wien): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseher:innen vor den Bildschirmen! Gleich vorweg: Auch wir unterstützen natürlich die Schwerpunkte der EU-Kommission und des Triovorsitzes genauso wie die Bundesministerin.

Wie auch schon vorhin betont, müssen wir als Europäische Union gerade heute unsere Einheit unterstreichen und sie auch nach außen tragen. Die Zusam­menarbeit in militärischen Angelegenheiten ist für uns aber aufgrund der Neu­tralität und unserer grundsätzlich pazifistischen Einstellung, würde ich
sagen, extrem heikel – und das nicht nur für uns, sondern auch für die EU, denn auch die EU ist ein Friedensprojekt und hat uns als solches auch Wohlstand
und Sicherheit gebracht.

Wir wollen natürlich mehr Länder für dieses Friedensprojekt gewinnen, genauso wie sich umgekehrt Länder daran beteiligen wollen – so auch die Ukraine,


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die ja genau deswegen so gefährlich für das autokratische und
militärisch-imperialistische System Putins ist. Daher ist die europaweite und auch unsere Solidarität mit der Ukraine und die Unterstützung für sie ungebrochen.

Wir müssen aber alles daran setzen, dass es endlich zu Verhandlungen kommt, die diesen Krieg beenden können. Es müssen die Diplomat:innen sprechen können, nicht die Waffen, von denen schon viel zu viele, aber gleichzeitig auch viel zu wenige in die Ukraine geliefert wurden. Das ist ein fürchterliches Dilemma, aber es erfordert genauso ein hochsensibles Vorgehen, um diesen Krieg nicht auszuweiten.

Ad Nachrüstung: Wir müssen darauf achten, dass europäische Rüstung nicht in die falschen Hände kommt, was leider schon viel zu oft passiert ist.

Was ich hier aber eigentlich betonen möchte, ist, dass nicht der Krieg unser Denken bestimmen soll, sondern der Frieden. Auch wenn wir den Kriegsgedanken aufgrund der militärischen Expert:innen, die wir tagtäglich im Fernsehen sehen, oder der verschiedenen Waffensysteme, von denen
wir in der Zeitung lesen, kaum auskommen, müssen wir – und es wäre gut, wenn das auch medial unterstützt würde – gedanklich immer wieder zum Frieden
und zum europäischen Friedensprojekt zurückkehren und auch in unseren Hand­lungen diesem verpflichtet sein. Wir dürfen nicht mehr dort hinkommen,
dass Krieg die Fortsetzung von Politik wird und dass sich das Recht des Stärke­ren gegen die internationale Ordnung und das Völkerrecht durchsetzt.

Als neutraler Staat können und müssen wir den Fokus darauf legen, den Dialog zu fordern, zu deeskalieren und Konfliktlösung und vor allem Konfliktprä­vention vorantreiben. Der Vorteil der militärischen Neutralität liegt ja gerade darin, als neutraler Ort und als Politiker:innen und Diplomat:innen eines neutrales Staates dem Frieden zu dienen – nicht umsonst ist Wien Amtssitz vieler internationaler Organisationen.


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Es ist zudem auch unsere Pflicht, auf globale Verantwortungsübernahme und Gerechtigkeit zu pochen – auch hier bei uns –, denn all diese weltweiten Ungleichgewichte und Schieflagen sind eine Frage von Frieden und Sicherheit, denn sie haben das Potenzial, böses Blut zu schüren und Konflikte zu ent­fachen. Nationalistische Vogel-Strauß-Politik, wie sie von so manch österreichi­scher Partei betrieben wird, bewirkt da genau das Gegenteil von Frieden,
denn in einer hochvernetzten Welt, in der man voneinander abhängig ist, ist jede Erzählung von Abschottung schlichtweg eine den Intellekt vernebelnde Märchenerzählung.

Wir alle hier im Saal tragen Kleidung, bedienen Geräte oder essen Dinge, die aus der Welt – aus der ganzen Welt – kommen. Vieles davon ist leider ausbeute­risch hergestellt worden und/oder zerstört die Umwelt und die Lebensbedingun­gen in den Herkunftsländern. Wenn wir eine friedliche Welt wollen, müssen
wir diese Abhängigkeiten und Ausbeutungssysteme im Blick haben und für mehr Gerechtigkeit sorgen. Dazu passt auch, dass wir mehr Geld für Entwicklungs­zusammenarbeit brauchen.

Genauso bedarf es neuer Zugänge in der regelbasierten internatio­nalen Ordnung. Die Welt kennt – ich habe es auch vorhin schon gesagt – viele Machtzentren und allzu rasche Veränderungen in diesen, die die interna­tionale Sicherheitspolitik erodieren lassen. Daher ist es auch genauso wichtig, das internationale Verhandlungsparkett nie zu verlassen und mit allen
Nationen auf gleicher Augenhöhe zu verhandeln. Österreich bekennt sich zu diesem Multilateralismus, und das ist auch enorm wichtig.

Auch die Vereinten Nationen sind ein Friedensprojekt, das nach dem Horror zweier Weltkriege gegründet wurde. Mit seiner Teilnahme an friedens­erhaltenden Operationen der UN leistet Österreich einen wesentlichen und sichtbaren Beitrag zu Frieden und internationaler Sicherheit. Sie, Frau
Ministerin, betonen das auch immer wieder. Wir haben zum Beispiel mehr als 100 000 österreichische Soldatinnen und Soldaten und zivile Helferinnen


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und Helfer zu über hundert friedensunterstützenden und humanitären Missio­nen geschickt. Auch positiv zu bemerken ist, dass Österreich Verhandlun­gen über ein UN-Abkommen zur Regulierung autonomer Waffensysteme initiiert hat und Ende April eine internationale Konferenz dazu in Wien ausrichtet.
Dabei geht es darum, dass KI-unterstützte Waffensysteme nicht algorithmusge­steuert über Leben und Tod entscheiden sollen, sondern es immer einer Entscheidung von Menschen bedarf.

Frieden ist weit mehr als die Abwesenheit von Krieg, und es braucht eine aktive Friedenspolitik, die ihn erhält und wiederherstellt. Friedenspolitik braucht
auch das Wissen um Zusammenhänge, um das Zusammenspiel von Rechtsstaat­lichkeit, Demokratiebewusstsein, sozialer Sicherheit, Gerechtigkeit, Gleich­berechtigung und Menschenrechten sowie einer intakten Umwelt. Genau des­wegen ist es auch wichtig, Demokratisierungsbewegungen weltweit zu
stärken, genauso wie Unrecht zu benennen, auch hier im Parlament, wo wir – oder zumindest manche von uns – tagtäglich die Menschenrechte
verteidigen, vom Iran bis Rojava.

Ich freue mich besonders, dass die iranische Journalistin Elaheh Mohammadi, die zu Unrecht vom iranischen Regime inhaftiert wurde, bloß weil sie über den
Tod und die Beerdigung von Jina Mahsa Amini berichtet hat, nun frei­gelassen wurde. Ich und andere Abgeordnete hatten eine Patenschaft für sie übernommen.

Wie wir gestern hörten, werden aber mehr Menschen der Protestbewe­gung Frauen! Leben! Freiheit! als je zuvor als politische Häftlinge umgebracht. Daher braucht es auch weiter unsere Unterstützung für sie.

Um Frieden nachhaltig abzusichern, müssen auch Frauen in allen Phasen von Friedens- und Versöhnungsprozessen aktiv mit einbezogen werden.
Dazu haben wir uns mit der Unterzeichnung der UN-Resolution 1325, No Women – No Peace, ja auch verpflichtet. Wir habe eine weibliche Ver­teidigungsministerin. Auch das ist ein guter Punkt.


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Frauen sind aber auch in besonderem Maße von Kriegen betroffen, zum Beispiel durch Vergewaltigungen, die leider als Kriegswaffe eingesetzt werden.
Auch dafür braucht es Konzepte für ihren Schutz und für ihre Unterstützung danach, wenn wir daran denken, dass daraus Krankheiten, Schwanger­schaften, aber auch Diskriminierung entstehen. Eine Zusammenarbeit mit zivilen Organisationen ist auch da immer ein Gewinn.

Wir haben nach deutschem Vorbild aber auch den sogenannten zivilen Friedens­dienst eingeführt, der mit Partnerorganisationen in Krisengebieten nachhal­tige Friedensprozesse und Menschenrechtsschutz fördert, der gerade
im Ausrollen ist.

Des Weiteren wurde eine Mediationsfazilität im Außenministerium eingerichtet, die mit stiller Diplomatie und zivilgesellschaftlichen Organisationen vor Ort zusammenarbeitet.

Auch die Überarbeitung der Österreichischen Sicherheitsstrategie, die bald vorgelegt wird, ist ein wichtiger Punkt. Auch da wird es um Konfliktprävention und das Zusammendenken von Umwelt, sozialer Gerechtigkeit, Bildung
und Demokratie, aber eben auch von Sicherheits- und Außenpolitik gehen.

Schließen möchte ich daher mit dem Appell, dass Österreich weiterhin eine akti­ve Friedenspolitik betreiben und vor allem in den Frieden investieren soll. – Danke. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

14.42


Präsidentin Margit Göll: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesministerin Klau­dia Tanner. – Bitte.


14.42.06

Bundesministerin für Landesverteidigung Mag. Klaudia Tanner: Während der letzten beiden Redner habe ich mir gedacht: Wie selbstverständlich wir
es doch in der Vergangenheit angesehen haben, in Frieden, in Freiheit, in einer Demokratie zu leben! Wie es der Herr Bundesrat so treffend formuliert


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hat: Man hat auch bei diesem Tagesordnungspunkt den Eindruck, dass so vieles von Unsicherheit getragen ist. Das sagt auch die sicherheitspolitische
Analyse des Verteidigungsministeriums schon sehr klar im Titel. Man hat den Eindruck, dass die Welt aus den Fugen geraten ist. „Welt aus den Fugen“
ist der Titel.

Umso mehr dieses passiert, umso ruhiger müssen wir unseren Weg weiter be­schreiten, den Weg des Aufbaues des österreichischen Bundesheeres –
nicht zum Selbstzweck, sondern zum Schutz für uns alle. Wir müssen zu einer modernen Armee werden, um weiterhin unseren Frieden zu erhalten und
als glaubwürdiger Partner in der Europäischen Union unsere friedenserhaltenden Missionen weiter aufrechtzuerhalten.

Wir leisten auf so viele verschiedene Arten und Weisen Hilfe. Es war die Frage, was nicht letale militärische Hilfe heißt. Wenn Sie an den Beginn des Krie­ges denken, so war es unser Ressort, das Verteidigungsministerium, das zum Bei­spiel Feldbetten, Röntgengeräte, Schutzhelme, Schutzwesten geliefert hat.
Das ist darunter zu verstehen.

Das heißt, wir helfen auf ganz verschiedene Arten und Weisen; das Einzige, das wir nicht tun – ich glaube, das ist auch richtig so, und zwar nicht nur, weil
es in der Verfassung steht –, ist, Waffen zu liefern. Wir haben so viele Möglich­keiten, einen Beitrag zu leisten, um den Frieden zurückzubringen oder
zu erhalten. Da kann jeder und jede einen Beitrag liefern.

Weil über das Personal gesprochen worden ist, richte ich noch einmal an Sie alle den Appell: Unterstützen Sie Ihre Töchter und Söhne, sich für das österrei­chische Bundesheer zu entscheiden, dort den Grundwehrdienst zu absolvieren und dann vielleicht auch bei uns zu bleiben. (Bundesrätin Schumann: Dann
fehlen die Zivildiener!)

Den negativen Trend im Personalbereich konnten wir schon umdrehen. Wir ha­ben zum einen bei den Berufsunteroffizieren heuer 11 Prozent mehr, die


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ihre Ausbildung begonnen haben, wir haben 10 Prozent mehr, die ihre Ausbil­dung zum Berufsoffizier beginnen. Das heißt, wir haben den Abwärts­trend der letzten Jahre aufgehalten, was aber noch fehlt, sei auch ganz offen angesprochen.

Personal ist nicht nur in jedem Bereich der Wirtschaft eine Herausforderung, sondern im gesamten öffentlichen Dienst und natürlich auch bei uns.
Daher wird es unabdingbar notwendig sein, dass wir – es ist ja schon erhöht worden – zu einer weiteren Erhöhung des Gehalts der Unteroffiziere
kommen, dass wir die Offiziere an das Akademikerschema im Bundesdienst angleichen und sie damit mehr an Gehalt erhalten und dass wir – darü­ber haben wir uns heute schon sehr oft unterhalten – die Attraktivierung des Auslandseinsatzes auch weiter finanziell stützen und anheben.
(Bundesrätin Schumann: Im November haben wir Personalvertretungswahlen!)

Ich bitte Sie alle: Helfen wir gemeinsam mit, dass wir aufzeigen, dass
unser Bundesheer ein attraktiver Arbeitgeber ist und auch unglaublich vielfältige Berufschancen für alle bietet. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der ÖVP und
bei Bundesrät:innen der Grünen.)

14.46


14.46.04

Präsidentin Margit Göll: Vielen Dank, Frau Ministerin.

Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall. Somit ist die Debatte geschlossen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung. – Bitte nehmen Sie Ihre Plätze ein.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, den gegenständlichen Bericht zur Kenntnis zu nehmen, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.


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14.46.3612. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 21. März 2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz geändert wird (3952/A und 2468 d.B. sowie 11443/BR d.B. und 11466/BR d.B.)

13. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 21. März 2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Energieeffizienzgesetz geändert wird (3951/A und 2469 d.B. sowie 11467/BR d.B.)


Präsidentin Margit Göll: Wir gelangen zu den Punkten 12 und 13 der Tagesord­nung, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Berichterstatterin zu den Punkten 12 und 13 ist Frau Bundesrätin Dipl.-Ing.in Dr. Maria Huber. – Ich bitte um die Berichte.


14.47.29

Berichterstatterin Dipl.-Ing. Dr. Maria Huber: Ich bringe den Bericht
des Wirtschaftsausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 21. März 2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz geändert wird.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, daher komme ich gleich zur An­tragstellung:

Der Wirtschaftsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 3. April 2024 den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch
zu erheben.

Weiters bringe ich den Bericht des Wirtschaftsausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 21. März 2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit
dem das Bundes-Energieeffizienzgesetz geändert wird.

Der Bericht liegt Ihnen schriftlicher Form vor, daher komme ich gleich zur An­tragstellung:


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 220

Der Wirtschaftsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 3. April 2024 den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.


Präsidentin Margit Göll: Vielen Dank.

Sehr herzlich bei uns im Bundesratssaal darf ich Frau Bundesministerin Leonore Gewessler begrüßen. – Herzlich willkommen! (Beifall bei ÖVP, SPÖ und
Grünen.)

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Mag. Sandra Gerdenitsch. – Bitte.


14.48.37

Bundesrätin Mag. Sandra Gerdenitsch (SPÖ, Burgenland): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zusehe­rinnen und Zuseher! Fotovoltaikanlagen, welche gemäß § 28 Abs. 62 UStG 1994 von der Umsatzsteuer befreit sind, sind von der Gewährung eines Investi­tionszuschusses gemäß EAG ausgeschlossen.

Nach drei Monaten kommen die Regierungsparteien nun wieder einmal drauf, dass umsatzsteuerbefreite Betriebe keinen Vorteil durch eine Umsatz­steuerbefreiung für kleine PV-Anlagen haben. Zum x-ten Mal müssen wir wieder ausrücken und reparieren. Das ist schön langsam ein bisschen fad. (Beifall
bei der SPÖ.)

So soll nun die Regelung dahin gehend abgeändert werden, dass für diese Unternehmen künftig auch wieder eine Investitionsförderung ausgezahlt werden soll. Genau das ist der Knackpunkt. Das finden wir alles andere als fair und
daher werden wir dem Antrag zur Förderung von Fotovoltaikanlagen
nicht zustimmen. Das ist nämlich eine Ungerechtigkeit gegenüber dem nicht vorsteuerabzugsberechtigten Häuslbauer, der nicht vorsteuerabzugsbe­rechtigten Häuslbauerin.


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 221

Während kleine private Anlagen also nur die USt-Befreiung bekommen, sollen Betriebe für kleine Anlagen neben der ohnehin geltenden Umsatzsteuer­befreiung zusätzlich auch noch eine Investitionsförderung bekommen. Wer da besser aussteigt, ist ein ganz einfaches Rechenbeispiel. Das können Sie
sich gerne selbst ausrechnen.

Wenn ich hier schon stehe, darf ich gleich die Gelegenheit nutzen, der schwarz-grünen Bundesregierung ein absolutes Totalversagen zu attestieren. Ihr
habt eindeutig zu wenig bei den Mieten gemacht, bei der Energie und bei Le­bensmitteln zu wenig eingegriffen. Ihr zieht der Bevölkerung Monat für
Monat das Geld aus der Tasche, ohne dabei rot zu werden. (Heiterkeit des Bun­desrates Zauner.) Auch die Gemeinden und Unternehmen leiden unter
dieser Misswirtschaft. (Bundesrat Buchmann: Geh bitte! Da könnt ihr ja gleich eine Presseaussendung machen!) Es ist Zeit, in die Gänge zu kommen, meine
sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Bitte werfen Sie dazu einen Blick auf die sozialdemokratisch geführten Bundes­länder! Herr Kollege Kohl, es besteht kein Grund zur Traurigkeit, wir
schauen auf die Bevölkerung. Machen Sie sich von der ÖVP keine Sorgen, Sie sind im Burgenland ja nur in homöopathischen Dosen vorhanden.
(Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ.)

Die Bevölkerung – nicht nur im Burgenland – wird wissen, was zu tun ist, denn Wahltag ist Zahltag. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

14.51


Präsidentin Margit Göll: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross. Ich erteile ihm dieses.


14.51.26

Bundesrat Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross (Grüne, Vorarlberg): Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Frau Ministerin, liebe Leonore! Ich war
schon ein bisschen erstaunt, was jetzt gerade die Kollegin von der SPÖ gesagt


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 222

hat. (Bundesrätin Hahn: Jo mei! – Bundesrätin Schumann: Aber wahr war es! – Bundesrätin Grimling: Na geh! Genau!) Das will ich jetzt ein bisschen berichtigen.

Wenn etwas eine Erfolgsstory ist, dann ist es das Erneuerbaren-Ausbau-Ge­setz (Bundesrätin Grimling: Ja!), nämlich dank seiner verlässlichen Rah­menbedingungen für Investitionen – es geht um den Ausbau – und dank der zuverlässigen Finanzierungssicherung bis 2030. Noch nie wurde auch
nur annähernd so viel Ökostrom ausgebaut, wie seit dessen Inkrafttreten, und
das in permanent steigendem Ausmaß. (Beifall bei den Grünen.)

Wir sind inzwischen bei einem Anteil von Ökostrom bei 87 Prozent. Es sind heute vom BMK die aktuellen Quartalszahlen kommuniziert worden. Um es nur ein bisschen zu zeigen: Im ersten Quartal 2021 waren wir zum Beispiel
bei 51 Prozent Ökostrom, im ersten Quartal heuer bei 86,5 Prozent – und das in dieser kurzen Zeit.

Da kann man sagen, es war auch relativ warm, das stimmt, aber einen Anstieg um 25 Prozentpunkte (Bundesrat Kovacs: Wie viel Inflation haben wir?)
kann man nicht mit schönem Wetter erklären, weil es ja auch nicht nur ums Heizen geht. Die Importe sind im ersten Quartal von 25 Prozent auf
null gesunken. Dann zu sagen, die Regierung tut nichts und es werden keine Aktivitäten gesetzt, finde ich schon – wie soll ich das formulieren? – einigermaßen mutig. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP. – Bundesrätin Schumann: So sind wir!)

Eine Zielerreichung von 100 Prozent bis 2030 ist möglich. Ich meine,
schöner fände ich eigentlich, wenn Sie sich darüber freuen würden, dass wir im Ausbau der Erneuerbaren wirklich etwas weiterbekommen, denn das ist
ja kein Selbstzweck. Ich möchte daran erinnern, dass es da ja nicht zuletzt auch darum geht, stabile Preise für die Konsumentinnen und Konsumenten
zu schaffen, und es geht nicht zuletzt auch darum, aus russischem Gas auszu­steigen. Das ist mit ein Grund, wieso das in den letzten wenigen Jahren
noch einmal so einen massiven Schub bekommen hat.


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 223

Das ist auch eine sozialpolitische Maßnahme – ich kann es nicht oft genug sa­gen. Wir haben in den letzten Jahren doch erlebt, was das heißt, was Abhängigkeiten bedeuten und wie sich dann Preise in kürzester Zeit entwickeln können. Ich weiß nicht, es ist ein bisschen seltsam, da fundamental dage­gen zu sein. (Bundesrätin Schumann: Na geh!)

Besonders rasant ist der Anstieg bei der Fotovoltaik. Letztes Jahr wurden un­glaubliche rund 2 200 Megawatt zugebaut. Das kann man sich schwer
vorstellen, das ist mehr als das Zehnfache von 2018, mehr als das Zehnfache,
seit wir jetzt dieses Ressort in der Regierung innehaben.

Vielleicht noch zwei Bilder dazu: Mit dieser installierten Leistung wird Strom für rund 650 000 Haushalte produziert. Jetzt kann man ein bisschen auf und
ab rechnen – je nach dem, was man an Durchschnittstromverbrauch
schätzt –, aber das sind schon ganz gewaltige Mengen, die da bereitgestellt werden: 650 000 Haushalte.

Anders dargestellt ist es eine Fläche von etwa 14 Quadratkilometern, ohne dass Bodenversiegelung stattfindet. Wir haben immer noch enormes Potenzial
auf den Dachflächen, wir haben immer noch große Möglichkeiten auf Verkehrs- und Brachflächen, Fotovoltaik zu errichten. Bei Freiflächenanlagen legen
wir besonderen Wert auf sogenannte Agri-Fotovoltaikanlagen, also Doppelnut­zungen bei gleichzeitiger landwirtschaftlicher Nutzung. (Zwischenruf der Bundesrätin Gerdenitsch.)

In vielen Fällen ist das sogar –das zeigen viele Studien von landwirtschaftlichen Universitäten und Fachhochschulen – wachstumsfördernd, weil durch
die zunehmenden Temperaturen viele Pflanzen Schatten brauchen. Das ist eigentlich die ideale Kombination von Landwirtschaft und Klima­schutz und übrigens auch eine zusätzliche Wertquelle für die Landwirtschaft.

Letztes Jahr haben wir mit der Umsatzsteuerbefreiung eine wichtige
Maßnahme zur Fördervereinfachung gesetzt. Ich möchte das noch einmal beto­nen: 150 000 Haushalte müssen keinen Antrag mehr stellen. Das ist


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 224

schon irgendwie eine coole Sache, das wird ganz automatisch gewährt. Es wird übrigens auch von der Wettbewerbsbehörde überprüft, dass das auch weitergegeben wird. Die Förderhöhen durch die USt-Reduktion auf null sind auch etwa gleich, wie sie davor durch die Förderauszahlung waren.

Jetzt hat die Praxis gezeigt, dass eine kleine Gruppe von Unternehmen mit der jetzigen Regelung schlechteren Zugang zur Förderung hatte. Das sind
jene Unternehmen, die in Gebäuden angesiedelt sind, die Mischnutzungen, näm­lich Wohnnutzungen haben, weil die USt-Befreiung generell auf das Wohn­gebäude abzielt – übrigens auch Gemeindegebäude, wie auch Gebäude von ge­meinnützigen Einrichtungen, möchte ich dazusagen, und andere et cetera.
Jetzt gibt es halt Gebäude mit Wohnnutzung, in denen unten Gewerbebetriebe drinnen sind. Die hätten jetzt de facto keine Fördermöglichkeit mehr. Das
wollen wir nicht, es geht um den Ausbau. Warum soll nicht auch ein Betrieb eine Investitionsförderung kriegen? Die Kritik seitens der SPÖ verstehe ich überhaupt nicht. Es war auch davor so. Es geht ja auch darum, dass gerade auch Betriebe investieren. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen
der ÖVP.)

Ich finde, es ist jetzt überhaupt kein Beinbruch, einzugestehen: Ja, da ist etwas passiert. Das hat man in der Gestaltung übersehen, das korrigieren wir
jetzt schnellstmöglich – was heute passiert.

Jetzt zu beklagen, dass das EAG oft novelliert wird, verstehe ich schon doppelt nicht, weil sich die Bedingungen laufend ändern. Wir haben zur Krisen­bewältigung et cetera, et cetera novellieren müssen, man hat die Bedingungen laufend angepasst. – Ich möchte diese Kritik nicht hören. Sie wäre be­rechtigt, wenn es nicht der Fall wäre, wenn man sagt: Nein, das haben wir jetzt gemacht und wir reagieren nicht auf Gegebenheiten, die sich jetzt
halt auch global verschieben, auch national verschieben, auf Preisentwicklung, Marktentwicklung et cetera. – Das finde ich, ehrlich gesagt, gerade als
eine Stärke des Erneuerbaren-Ausbau-Gesetzes.


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 225

Wir hoffen, dass die Ausbaugeschwindigkeit anhält. Das ist eine riesige Herausforderung für alle Akteure, auch für die Netzbetreiber, die nach wie vor gefordert sind, ihren Netzausbau weiter zu forcieren. Es sagt übrigens
auch die E-Control in ihrem Jahresbericht, dass da noch etwas drinnen ist. Die Bevölkerung und auch die Betriebe zeigen, dass sie auf jeden Fall für In­vestitionen bereit sind.

Der zweite Teil betrifft eine Änderung im Energieeffizienzgesetz aufgrund der europäischen Energieeffizienzrichtlinie, die im letzten Herbst beschlos­sen wurde, und spricht ein Segment an, das viel mit der Digitalisierung zu tun hat, nämlich mit Rechenzentren, deren Anzahl und Leistung und somit Strombedarf rapide steigt. Er steigt in Europa und global rapide. Immerhin wird in den Rechenzentren der Europäischen Union – und da sind all unsere
privaten Rechner nicht mit dabei – mehr Strom verbraucht, als ganz Österreich Strom verbraucht. Wir reden da also schon über wirklich große Dimen­sionen. Global ist das noch einmal größer.

Es gibt Abschätzungen, dass inzwischen die CO2-Emissionen aus den digitalen Anwendungen in der Dimension des Flugverkehrs sind. Also insofern ist
das nur richtig, dass die Richtlinie das aufnimmt, wir das jetzt umsetzen, dass man da genauer hinschaut und vor allem auch Transparenz herstellt. Das
ist schon wichtig. (Vizepräsident Reisinger übernimmt den Vorsitz.)

Warum ist das wichtig? – Das ist keine zusätzliche Bürokratie, im Gegenteil, es ist eine Erleichterung für vieles. Es wird ja nur ein sehr geringer Teil die­ses Stroms in Rechenzentren in Information umgesetzt, fast alles wird in Wärme umgesetzt, und mit dieser Wärme kann man sehr viel anfangen, das sind
wirklich große Einheiten. Es gibt schöne Beispiele dafür, dass mit Rechenzentren Krankenhäuser beheizt werden, ganze Stadtteile beheizt werden. Das muss
man aber wissen, dass es diese Wärmequellen gibt.

Das ist eine Grundvoraussetzung für die Kommunen, um dann eine kommunale Wärmeplanung machen zu können, ihre Fernwärmesysteme planen zu


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 226

können, zu wissen: Da ist ein Rechenzentrum, das hat so und so viel Abwärme, ja, mit dem reden wir, da nehmen wir Kontakt auf. Deswegen wird es dann
auch die Pflicht geben, das in einem Kataster darzustellen.

Diese Wärmeplanung ist eine wichtige Sache für die Kommunen, damit wir alle miteinander aus den fossilen Heizsystemen aussteigen können – Stichwort:
die Regierung tut nichts. Solche Förderungen – wir haben es eh schon
oft gesagt, aber ich muss es offenbar wiederholen, weil es einfach mutwillig nicht gesehen wird; ich kann es gar nicht anders interpretieren –, was
jetzt gefördert wird, das hat es wirklich noch nie gegeben.

Der Standardfördersatz bei Kesseltausch beträgt 75 Prozent – 75 Prozent Standardfördersatz, also bitte! –, wir haben 100 Prozent bei Raus aus
Öl und Gas, wir haben den Sanierungsbonus verdreifacht (Bundesrat Steiner: Der Pensionist kann sich’s immer noch nicht leisten, den Kesseltausch!), wir haben
beim Strom eine Grundsicherung mit der Strompreisbremse – das könnten wir jetzt lange fortsetzen. Das ärgert mich, ich sage es ganz offen, das ist
einfach unredlich, da herzugehen und zu sagen: ein Totalversagen, es wird nichts gemacht! – Das stimmt halt einfach nicht.

Auf jeden Fall sind das wieder zwei Puzzlesteine auf dem Weg in die Klimaneu­tralität, und ich kann Ihnen sagen, es werden nicht die letzten sein. –
Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)

15.02


Vizepräsident Dominik Reisinger: Zu einer ersten Stellungnahme hat sich Frau Bundesministerin Gewessler zu Wort gemeldet. Ich erteile ihr dieses.


15.02.31

Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie Leonore Gewessler, BA: Herr Präsident! Werte Mitglieder
des Bundesrates Werte Zuhörer:innen auch im Saal – aus Tirol, wenn ich richtig schlussfolgere; wunderbar! Liebe Zuseher:innen zu Hause via Livestream!
Ich möchte nur ein paar Worte zu den TOPs 12 und 13 verlieren, da sie wirklich,


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 227

wie Bundesrat Gross gesagt hat, wieder wichtige Puzzlesteine im Umstieg
auf erneuerbare Energie sind.

Das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz ist die gesetzliche Grundlage für den Erneuerbarenausbau in unserem Land. Heute haben wir die Zahlen für das erste Quartal 2024 für den erneuerbaren Strom präsentiert. Dieses Gesetz funktioniert, wir haben noch nie in einem Winterquartal 86,5 Prozent unseres Stroms aus Erneuerbaren bezogen. Deswegen ein großes Danke, nicht
nur an alle, die dem Gesetz zugestimmt haben, sondern an alle, die in unserem Land mithelfen. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP. Bundesrat Steiner: Wasserkraft, oder?)

In den letzten beiden Jahren konnten wir insbesondere bei (Bundesrat Steiner: Wasserkraft!) der Fotovoltaik Rekorde verzeichnen – ich empfehle den
Blick in unsere Energiestatistik (Bundesrat Steiner: Ja, ist Wasserkraft!) –, wir haben PV auf vielen, vielen Häusern – Fotovoltaik, nur zu Erklärung:
Strom aus Sonnenenergie –, auf vielen, vielen Dächern, auf vielen, vielen Deponien zugebaut (Bundesrat Steiner: Was ist Platz eins in deinem Bericht? Die Wasserkraft!), deswegen haben wir fast 900 Millionen Euro an Fördermit­teln bereitgestellt, damit über 200 000 Förderverträge ausgestellt und 3 Giga­watt an Sonnenstrom in unserem Land zugebaut, also Leistung zugebaut.
Das ist wirklich unglaublich, das haben wir in diesem Land noch nie gesehen, und deswegen wirklich ein großes Danke an alle, die da mithelfen. (Beifall bei
Grünen und ÖVP. 
Bundesrates Steiner: ... Kollegin, die Windräder ...!)

Wir haben seit 1. Jänner 2024 eine neue Logik im Fördersystem, nämlich eine Umsatzsteuerbefreiung: null Steuer, null Bürokratie, wenn man sich eine Fotovoltaikanlage auf das eigene Haus bauen möchte. Das ist gut,
denn das vereinfacht es für ganz viele Menschen in unserem Land und trägt auch zu einem noch rascheren Ausbau bei. Allerdings gibt es – auch
das hat Bundesrat Gross schon gesagt – Betriebe, die in Wohngebäuden sind. Denken wir an den Bäcker, über dem die Wohnung ist, oder an den


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kleinen Einzelhändler in Wien in einem Wohngebäude. Sie erhalten jetzt eigent­lich keine aktive Förderung mehr.

Die vorliegende Gesetzesnovelle soll also gewährleisten, dass solche
Betriebe wie alle anderen Betriebe auch wieder eine Förderung erhalten, also nicht schlechter gestellt werden. Der Bäcker, der Einzelhändler, alle, die
in einem Wohngebäude ihr Geschäftslokal haben, sollen nicht schlechter gestellt werden als Betriebe, die ein eigenständiges Geschäftslokal haben.

Mit diesem Initiativantrag schaffen wir dafür die Basis und stellen damit für diese Betriebe de facto den Zustand des Erneuerbaren-Ausbau-Gesetzes wieder
her, den wir gemeinsam mit Stimmen der SPÖ, der ÖVP und der Grünen in die­sem Haus beschlossen haben. Es ist also keine Änderung, wir gehen
für die Betriebe wieder zu dem Stand zurück, den wir vorher gehabt haben.

Ganz kurz auch zum Energieeffizienzgesetz: Da geht es um Transparenz
und Meldungspflichten – die Frau Bundesrätin hat es vorhin schon erwähnt. Ich habe mir ein solches Projekt mit diesen Transparenz- und Meldepflichten,
das gefördert wird, in Wien anschauen dürfen. Die Klinik Floridsdorf
wird zur Gänze – das ist kaum zu glauben, wenn man sich das so überlegt – mit der Abwärme aus dem Rechenzentrum nebenan geheizt. (Beifall bei Grünen
und SPÖ sowie bei Bundesrät:innen der ÖVP.)

Das ist ein riesiges Projekt, es zeigt aber gleichzeitig auch, wie viel Potenzial in den Rechenzentren liegt, wenn eines davon reicht, um eine Klinik zu
beheizen. Ich freue mich immer wahnsinnig, wenn Bundesländer, wenn Städte solche Projekte angehen, und ich freue mich noch mehr, wenn wir sie
jetzt in dieser Regierungsperiode mit gescheiten Förderungen auch endlich gescheit unterstützen und somit auch ermöglichen können, und das
ist wirklich ein wunderschönes Vorzeigebeispiel für genau diesen Anwen­dungsfall.

Das Energieeffizienzgesetz ist eine Umsetzung einer EU-Richtlinie. Wir
machen für Eigentümer:innen und Betreiber:innen von großen Rechenzentren –


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 229

also ab 500 kW – eine Verpflichtung, bestimmte Daten wie Standort
oder installierte Leistung auf der Website zu veröffentlichen, der E-Control zu melden. Überall dort, wo Geheimhaltung gefragt ist – wir haben gerade
die Verteidigungsministerin hier gehabt –, trifft das nicht zu – also Rechenzen­tren der Landesverteidigung zum Beispiel oder Zivil- und Bevölkerungs­schutz oder Katastrophenschutz sind da natürlich ausgenommen –, aber alle anderen melden ihre Daten. Wenn diese Daten öffentlich einsichtig
vorliegen, wird es leichter, solche Projekte umzusetzen.

Genau darum geht es, genau das bringen Sie mit diesem Antrag zum Energieeffizienzgesetz auf den Weg. Ich darf auch hier um breite Zustimmung bitten. – Herzlichen Dank. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen
der ÖVP.)

15.07


Vizepräsident Dominik Reisinger: Danke.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Markus Steinmaurer. Ich erteile ihm dieses.


15.07.45

Bundesrat Markus Steinmaurer (FPÖ, Oberösterreich): Herr Vizepräsident! Werte Ministerin! Liebe Kollegen im Bundesrat und zu Hause! Liebe Besuchergruppe! Änderung des Erneuerbaren-Ausbau-Gesetzes: Es besteht bezüglich PV-Anlagen ja Einvernehmen, dass jede PV-Anlage
mehr sinnvoll ist. Wir dürfen aber die Wasserkraft auch nicht vergessen.

Mit dieser Änderung wird die Möglichkeit geschaffen, Neuerrichtungen, Revita­lisierung und Erweiterung von PV-Anlagen zu fördern, welche gemäß § 28 Umsatzsteuergesetz 1994 von der Umsatzsteuer befreit sind, einen Investi­tionszuschuss zu gewähren. Das Umstellen auf eine PV-Anlage ist
sinnvoll. Damit wird eine Ungleichbehandlung beseitigt. Ein Nachweis ist einfach über einen Gewerbeschein, einen Versicherungsauszug oder eine
Bescheinigung durch die Kammer zu erbringen.


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 230

Eine sinnvolle Änderung wurde auch noch ergänzt, die bis jetzt noch nicht erwähnt wurde: Damit haben auch Landwirte die Möglichkeit, in die Gunst einer Förderung zu kommen. Wir stimmen TOP 12 zu.

Zu TOP 13: Da ist eine Änderung des Bundes-Energieeffizienzgesetzes geplant, im Wesentlichen ist dies eine Umsetzung der EU-Richtlinie – für uns ein
weiterer bürokratischer Mehraufwand für die Durchführung, Dokumentation und Meldepflicht. Die vorgeschlagene Änderung erweist sich daher als
eine intrasystematische Fortentwicklung des durch die dynamische Kompe­tenzdeckungsklausel bereits abgedeckten Normenbestandes.

Den Eigentümern, Betreibern von Rechenzentren mit einer elektronischen Nennleistung für die Informationstechnologie von mindestens 1 Megawatt wird nahegelegt, die bewährten Verfahren zu berücksichtigen, die in der
neuesten Fassung des EU-Verhaltenscodex für Energieeffizienz von Rechen­zentren angegeben sind.

Für uns stellen sich folgende Fragen: Wie viele Unternehmen sind davon in Ös­terreich betroffen? Mit welchen Kosten ist zu rechnen?

Das ist wieder einmal ein zusätzlicher bürokratischer Aufwand für die Unternehmen und die Verwaltung. Ist diesbezüglich überhaupt das Personal vorhanden? Unter diesen Umständen können wir Punkt 13 nicht zustim­men. – Danke. (Beifall bei Bundesrät:innen der FPÖ.)

15.10


Vizepräsident Dominik Reisinger: Danke sehr.

Als Nächste zu Wort gelangt Frau Bundesrätin Isabella Kaltenegger. Ich erteile ihr dieses.


15.10.21

Bundesrätin Ing. Isabella Kaltenegger (ÖVP, Steiermark): Herr Präsident! Ge­schätzte Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Fachlich ist ja alles schon gesagt worden – Herr


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 231

Kollege Gross: sehr ausführlich; Frau Ministerin: auch sehr ausführlich –, das heißt, an mir liegt es nur mehr, ein paar Kommentare dazu zu machen.

Und zwar: Beim Energieeffizienzgesetz geht es – um die Frage gleich zu beant­worten – um circa 50 Rechenzentren, die in diesen Bereich fallen. Das
heißt, es ist überschaubar. Man kann gezielte Maßnahmen zur Einsparung halt nur dann setzen, wenn man die Zahlen vorher kennt, damit das Ganze
nicht in den blauen Himmel geht, sondern gezielte Maßnahmen gemacht werden können – deshalb auch diese Erhebung, die wir auch auf nationaler Ebene umsetzen.

Das Zweite, die Fotovoltaikförderungen: Alle haben eine Vereinfachung gefordert, wir haben sie umgesetzt, jetzt haben wir sie. Ja, eine Nachjustierung ist notwendig, mein Gott noch einmal. Besser man reflektiert und ändert
es, als man ist stur Heil und sagt: Wir sind so toll, wir können alles immer richtig machen!

Wir haben es umgesetzt, denn wir glauben, dass es notwendig ist, damit nie­mand durch den Rost fällt. Wenn ich dann höre, dass die Klein- und Mit­telbetriebe, die da hineinfallen, von der SPÖ wieder nicht unterstützt werden, dann zeigt mir das, worauf ihr Fokus liegt. (Zwischenruf bei der SPÖ.)
Was ich wirklich nicht verstehe, ist, dass ihr immer noch nicht verstanden habt, dass es ohne Klein- und Mittelbtriebe, die fast alle Betriebe in Österreich ausmachen und 2,9 Millionen Beschäftigte haben, nicht geht, dass das zusam­menhängt, dass es nämlich ohne Betriebe auch keine Beschäftigten gibt. Deswegen gehören Betriebe unterstützt. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

15.12


15.12.08

Vizepräsident Dominik Reisinger: Danke.

Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist somit geschlossen.


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 232

Wir kommen zur Abstimmung, die über die gegenständlichen Tagesordnungs­punkte getrennt erfolgt. – Bitte nehmen Sie Ihre Plätze ein.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 21. März 2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz geändert wird, 3952/A und 2468 d.B. sowie 11443/BR d.B.
und 11466/BR d.B.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch
zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 21. März 2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Energieeffizienzgesetz geändert wird, 3951/A und 2469 d.B.
sowie 11467/BR d.B.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch
zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

15.13.3514. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 21. März 2024 betreffend ein Protokoll zu dem Übereinkommen von 1979 über weiträumige grenzüberschreiten­de Luftverunreinigung betreffend die Verringerung von Versauerung, Eutro­phierung und bodennahem Ozon (2464 d.B. und 2477 d.B. sowie 11457/BR d.B.)


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 233

15. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 21. März 2024 betreffend eine Entscheidung 2012/2 zur Änderung des Wortlauts und der Anhänge II bis IX des Protokolls von 1999 betreffend die Verringerung von Versauerung, Eutrophierung und bodennahem Ozon und Aufnahme der neuen Anhänge X und XI (2465 d.B. und 2478 d.B. sowie 11458/BR d.B.)


Vizepräsident Dominik Reisinger: Wir gelangen nun zu den Tagesordnungs­punkten 14 und 15, über welche die Debatten unter einem durchge­führt werden.

Berichterstatter zu den Punkten 14 und 15 ist Herr Bundesrat Adi Gross. – Ich bitte um die Berichte.


15.14.35

Berichterstatter Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross: Ich bringe den Bericht des Umweltaus­schusses über den Beschluss des Nationalrates vom 21. März 2024 betref­fend ein Protokoll zu dem Übereinkommen von 1979 über weiträumige grenz­überschreitende Luftverunreinigung betreffend die Verringerung von Versauerung, Eutrophierung und bodennahem Ozon.

Der Bericht liegt Ihnen vor, ich komme zur Antragstellung, die bei diesen zwei Tagesordnungspunkten ein bisschen komplizierter ist:

Der Umweltausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 3. April 2024 den Antrag,

1. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben,

2. dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen,

3. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates, gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 4 B-VG den gegenständlichen Staatsvertrag durch Erlassung von Ge­setzen zu erfüllen, keinen Einspruch zu erheben.


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 234

Zu TOP 15: Da bringe ich den Bericht des Umweltausschusses über den Be­schluss des Nationalrates vom 21. März 2024 betreffend eine Entschei­dung 2012/2 zur Änderung des Wortlauts und der Anhänge II bis IX des Pro­tokolls von 1999 betreffend die Verringerung von Versauerung, Eutro­phierung und bodennahem Ozon und Aufnahme der neuen Anhänge X und XI.

Der Bericht liegt vor, ich komme wiederum zur Antragstellung:

Der Umweltausschuss stellt nach Beratung – vorgestern, am 3. April – den Antrag,

1. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu er­heben,

2. dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen,

3. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates, gemäß Art. 50
Abs. 2 Z 4 B-VG den gegenständlichen Staatsvertrag durch Erlassung von Geset­zen zu erfüllen, keinen Einspruch zu erheben.


15.17.00

Vizepräsident Dominik Reisinger: Danke für die Berichte.

Wir gehen in die Debatte ein.

Es liegen mir keine Wortmeldungen vor.

Wünscht jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist somit geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung, die über die gegenständlichen Tagesordnungspunkte getrennt erfolgt. – Bitte nehmen Sie Ihre Plätze ein.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates
vom 21. März 2024 betreffend ein Protokoll zu dem Übereinkommen von 1979 über weiträumige grenzüberschreitende Luftverunreinigung betreffend


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die Verringerung von Versauerung, Eutrophierung und bodennahem Ozon, 2464 d.B. und 2477 d.B. sowie 11457/BR d.B.

Da der gegenständliche Beschluss Angelegenheiten des selbständigen Wir­kungsbereichs der Länder regelt, bedarf dieser der Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 2 Bundes-Verfassungsgesetz.

Wir gelangen zunächst zur Abstimmung, gegen den vorliegenden Beschluss
des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch
zu erheben, um ein Handzeichen. – Danke, das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

Weiters lasse ich über den Antrag abstimmen, dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 2 Bundes-Verfassungsgesetz die ver­fassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist ebenfalls die Stimmeneinhelligkeit. Danke,
der Antrag ist somit angenommen.

Nunmehr lasse ich über den Antrag abstimmen, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 4 Bundes-Verfassungsgesetz, den gegenständlichen Staatsvertrag durch Erlassung von Gesetzen zu
erfüllen, keinen Einspruch zu erheben.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Danke, das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag
ist somit angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 21. März 2024 betreffend eine Entscheidung 2012/2 zur Änderung
des Wortlauts und der Anhänge II bis IX des Protokolls von 1999 betreffend die


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Verringerung von Versauerung, Eutrophierung und bodennahem Ozon
und Aufnahme der neuen Anhänge X und XI, 2465 d.B. und 2478 d.B. sowie 11458/BR d.B.

Da der gegenständliche Beschluss Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereichs der Länder regelt, bedarf dieser der Zustimmung des Bun­desrates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 2 Bundes-Verfassungsgesetz.

Wir gelangen zunächst zur Abstimmung, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch
zu erheben, um ein Handzeichen. – Danke, das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

Weiters lasse ich über den Antrag abstimmen, dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 2 Bundes-Verfassungsgesetz die ver­fassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

Ich ersuchen jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Danke, auch hier stelle ich die Einhelligkeit fest. Der Antrag ist somit angenommen.

Nunmehr lasse ich über den Antrag abstimmen, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 4 Bundes-Verfassungsgesetz, den gegenständlichen Staatsvertrag durch Erlassung von Gesetzen zu
erfüllen, keinen Einspruch zu erheben.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Danke, das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag
ist somit angenommen.


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 237

15.20.5216. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 21. März 2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Altlastensanierungsgesetz, das Umweltförderungsgesetz und
das Umweltkontrollgesetz geändert werden (ALSAG-Novelle 2024)
(2432 d.B. und 2479 d.B. sowie 11459/BR d.B.)


Vizepräsident Dominik Reisinger: Wir gelangen nun zum 16. Punkt
der Tagesordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Adi Gross. – Ich bitte um den Bericht.


15.21.15

Berichterstatter Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross: Ich bringe den Bericht des Umweltausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 21. März 2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Altlastensanierungsgesetz,
das Umweltförderungsgesetz und das Umweltkontrollgesetz geändert werden.

Der Bericht liegt Ihnen vor, ich komme zur Antragstellung:

Der Umweltausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 3. April 2024
den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Ein­spruch zu erheben.


Vizepräsident Dominik Reisinger: Danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist der Berichterstatter selbst, Herr Bundesrat Adi Gross. Ich erteile ihm dieses.


15.21.52

Bundesrat Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross (Grüne, Vorarlberg): Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Frau Ministerin! Werte Zuhörer:innen! Die Babyboomer unter uns – da gehöre ich auch dazu – und natürlich auch die davor können sich sicher noch erinnern: Zahlreiche Tobel, so nennt man das irgend­wie bei uns, waren wilde Mülldeponien. Ich kann mich noch gut erinnern: In fast


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jedem Bach sind Kühlschränke und was weiß ich alles unten gelegen. Boden­senken in Gemeinden wurden mit Müll aufgefüllt und zugeschüttet – auch daran kann ich mich noch gut erinnern –, und so manche Unternehmen haben ihre
teils gefährlichen Abfälle mehr oder weniger legal vergraben.

Das sind Zeiten, die vorbei sind, zum Glück schon länger, aber so ziehen sich nach wie vor die Altlasten wie ein Fleckerlteppich quer durch Österreich. (Bundesrat Schennach: Mitterndorfer Senke!) Sehr viel wurde bereits saniert, aber sicher ist noch nicht alles entdeckt. Es gibt Industrie- und Gewerbebrachen,
bei denen man nicht weiß, was darunterliegt, und dadurch wird oft
gescheut, diese Flächen zu nutzen.

Österreich kann ja auf sein seit 35 Jahren bestehendes Programm zur Altlasten­sanierung und vor allem auf die Finanzierung desselben durch zweckge­bundene Mittel aus der Abfallwirtschaft durchaus stolz sein. Es hat die Mittel bereitgestellt, um diese wichtigen Sanierungen durchzuführen.

Es gibt nach so vielen Jahren aber Verbesserungsbedarf. Es gibt neue Anforde­rungen, die nun in der vorliegenden Novelle abgebildet werden, und das
sind lauter schöne Dinge.

So werden die Verfahren durch neue Verfahrensbestimmungen vereinfacht und beschleunigt, indem man de facto das ALSAG zu einem eigenen Verfahrens­gesetz und Materiengesetz ausweitet.

Es gibt Verbesserungen in den Haftungsregeln, und zwar gibt es für Verursacher kein Entkommen mehr: Auch Rechtsnachfolger:innen werden dann für die Sanierung zur Kasse gebeten, auch bei Umfirmierungen und so weiter. Da kann man in Zukunft nicht mehr flüchten.

Im gleichen Atemzug gibt es aber einen Haftungsausschluss für Liegenschafts­eigentümer, die solche Flächen übernehmen. Auch das ist ganz wichtig,
ich erkläre noch, warum.


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Es hat sehr viel mit dem Anliegen des Bodenschutzes zu tun. Das ist ein beson­ders wichtiges Thema, weil man leider sieht, wie verschwenderisch in Öster­reich mit dem Boden umgegangen wird. Ich sage da auch sehr klar, wie traurig es ist, dass es offenbar nicht möglich ist, sich in Österreich auf verbindliche Bodenverbrauchsziele zu einigen.

Ich habe es bereits angedeutet: Brachliegende Industrie- und Gewerbegründe stellen wichtige Flächenreserven dar. Wir haben im Ausschuss von der
Expertin aus dem BMK gehört, dass es dabei jedenfalls um – sie hat es nicht genau sagen können – mehrere Tausend Brachflächen geht, brachlie­gende Industrie- und Gewerbestandorte. Das ist also ein sehr, sehr relevantes Thema.

Durch die Regelungen, die wir jetzt schaffen, wird diese Mobilisierung erleichtert und forciert. Wie? – Einerseits dadurch, dass es Förderungen gibt, um Untergrunduntersuchungen, ein Nutzungskonzept machen zu können, um Un­tersuchungen machen zu können. Dadurch wird das Risiko für Nachnut­zungen miniert. Es kann ja sein, dass da unten tatsächlich eine Altlast ist, man kann es nicht wirklich gut nutzen, oder es ist mit hohen Kosten verbun­den. Das fällt jetzt weg, und eben durch die Haftungsregelung wird jemand, wenn er die Fläche neu übernimmt und nicht Verursacher ist, sicher nicht für die Sanierung zur Kasse gebeten.

Das soll zu einer Mobilisierung führen. Wir dürfen guten Gewissens davon aus­gehen, dass das der Fall sein wird, gerade bei sehr, sehr teuren Grund­stücken – wie wir wissen, ist es für Betriebe ja nicht so einfach, Standorte zu finden.

Übrigens kommt das auch zur Anwendung, wenn sich zeigt, dass es sich nicht um eine Altlast handelt. Das ist auch ein ganz wichtiger Punkt. Auch
dann werden die Betriebe nicht hängen gelassen, denn sie sollen Brachflächen erschließen.


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Besonders gelungen ist, finde ich, die Regelung betreffend den Umgang mit den Wertsteigerungen. Wenn man jetzt so eine Brachfläche erschließt und sich
zeigt, ja, das ist eine hochwertige Gewerbefläche – na ja, was passiert,
wissen wir alle, das ist mit ein Grund, wieso die Baupreise so in die Höhe schie­ßen: dass Grundstücke plötzlich kalkulatorisch sehr teuer und sehr viel
wert sind. Diese kalkulatorische Wertsteigerung darf man jetzt nicht einfach einsacken, sondern sie wird abgeschöpft. Das finde ich eine sehr, sehr
schöne Sache, weil die Brache zwar genutzt werden soll, aber es soll bitte nicht einfach nur dadurch, dass man sie nutzt, ein Profit eingestreift werden.

Meine Meinung dazu ist ja übrigens, dass das eine Vorgangsweise ist, die man auf viele andere Flächen ausweiten sollte, auch beispielsweise im Woh­nungsbereich. Da gibt es schöne Beispiele, auch in Europa – in Südtirol zum Beispiel.

Da ist natürlich Transparenz wichtig. So wird es eine GIS-basierte Onlinekarte geben, in der diese Altlasten und Altstandorte eingezeichnet werden
und für jedermann und jede Frau abrufbar sind.

Ich finde, es ist ein sehr schönes Paket, bei dem man, finde ich, nicht dagegen sein kann. Darum ist auch sehr erfreulich, dass diese Novelle heute vo­raussichtlich einstimmig eure Zustimmung findet – danke dafür. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)

15.27


Vizepräsident Dominik Reisinger: Danke schön.

Als Nächste ist Frau Bundesrätin Johanna Miesenberger zu Wort gemeldet. Ich erteile ihr dieses.


15.28.04

Bundesrätin Johanna Miesenberger (ÖVP, Oberösterreich): Herr Vorsitzender! Geschätzte Frau Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuhörerinnen und Zuhörer hier im Saal! Stellen Sie sich vor, Sie haben bei Ihnen


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zu Hause in der Gemeinde die Möglichkeit, einen Acker zu mieten, um viel­leicht selber Gemüse oder auch Getreide zur eigenen Lebensmittelpro­duktion, zur Selbstversorgung zu bestellen. Dieser Acker liegt aber schon länger brach, ist stark verunkrautet, Sträucher wachsen schon darauf. Daher
müssen Sie diesen Acker sauber machen, Sie müssen ihn vielleicht umbrechen und von Unkraut und Sträuchern befreien, damit Sie das Saatgut gut in
die Erde legen können, damit etwas entstehen kann. Erst bei wirklich guter Kul­turführung, bei guter Pflege und den richtigen Maßnahmen können Sie
auch eine gute Ernte einbringen.

Sie wissen, als Landwirtin weiß ich natürlich ganz genau, welche Bedeutung ein guter, fruchtbarer Boden und natürlich wertvolles Saatgut in Bezug auf
eine gute Ernte haben. Brachliegende Industrie- und Gewerbeflächen sind – auch wenn man es auf den ersten Blick nicht meinen möchte – genauso fruchtbare Böden, denn sie haben das Potenzial, dass wir sie, wenn wir geschickt investieren, nachhaltig wieder in die Wirtschaftskreisläufe eingliedern.

In Österreich gibt es schätzungsweise 3 000 bis 6 000 Hektar brachliegende In­dustrie- und Gewerbeflächen. Das entspricht umgerechnet etwa 20 000 bis 40 000 Fußballfeldern.

Wo aber liegen die Herausforderungen bei der Revitalisierung der Standorte? – Wir haben gehört, brache Flächen, aber auch Gebäude können konta­miniert sein. Es entstehen langwierige behördliche Verfahren und daraus auch hohe Kosten, die diese Revitalisierung oftmals ziemlich erschweren.
Daher gelingt heute gerade mit dieser Novelle, mit der Novelle des Altlasten­sanierungsgesetzes, ein großer Schritt.

Wir legen heute das richtige Saatgut in den fruchtbaren Boden. Das
heißt, wir vereinfachen und beschleunigen zukünftig behördliche Verfahren, wir erweitern die Förderung der Revitalisierungsmaßnahmen und schaffen
auch den rechtlichen Rahmen für die Finanzierung. Wir regeln die Haftung für


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 242

die Liegenschaftseigentümer von Altlasten neu, und für mehr Transpa­renz und Übersichtlichkeit von Altlastenstandorten wird eine Onlinekarte auf GIS-Basis geschaffen, was besonders auch für die Gemeinden hilfreich
sein wird.

Was hat das aber nun für Auswirkungen? Welche Ernte können wir dann auch einfahren? – Durch die Sanierung kontaminierter Flächen und die Wiede­reingliederung von Brachflächen kommt es schon zu einer Reduzierung von Um­weltbelastungen im Boden sowie auch nachfolgend in den Gewässern.
Auch bieten revitalisierte Brachflächen attraktive und erschlossene Standorte für neue Unternehmen, für Gewerbe, haben aber auch Potenzial für die Ent­wicklung neuer, attraktiver Wohnviertel. Und das alles sichert Arbeitsplätze und trägt zur Verbesserung der Wohnqualität in unseren Städten und Gemein­den bei.

Dazu möchte ich nur drei positive Beispiele aus Linz in meinem Heimatbundes­land Oberösterreich aufzählen. Auf nicht mehr genutzten Flächen auf
dem Gebiet der Voestalpine Stahl sind ein modernes Logistikzentrum sowie ein Erlebnismuseum, die Voestalpine Stahlwelt, entstanden. Weiters ist am
Standort eines ehemaligen Hafenspeichers das Ars Electronica Center, ein mo­dernes, visionäres Museum für Medienkunst und digitale Technologie,
gebaut worden. Und – da ist man derzeit auch noch im Umbau – in der ehema­ligen Tabakfabrik in Linz ist nun Platz für moderne Kreativbüros für
Start-ups. Weitere Kulturangebote in der Stadt, Wohnungen sowie ein neues, zeitgemäßes Hotel in der Innenstadt sind entstanden.

So ist durch das ALSAG, also das Altlastensanierungsgesetz, in den letzten 35 Jahren – wir haben schon gehört, es feiert Geburtstag – viel Gutes entstanden. Das Beste ist aber, dass wir durch die moderneren, zeitgemäßeren Maßnahmen im Rahmen dieser Novelle jetzt zusätzlich auch den Flä­chenverbrauch schneller eindämmen können und damit die wertvolle Ressource Boden ihrem ursprünglichsten Zweck widmen, nämlich der Aussaat, der
Ernte wertvoller Lebensmittel und dem Erhalt der Biodiversität in unserem Land.


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Ich freue mich daher über die breite Zustimmung zu diesem Gesetz. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesrät:innen der Grünen.)

15.33


Vizepräsident Dominik Reisinger: Danke sehr.

Zu einer ersten Stellungnahme hat sich Frau Bundesministerin Gewessler zu Wort gemeldet. Ich erteile ihr dieses.


15.33.18

Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie Leonore Gewessler, BA: Herr Präsident! Werte Mitglieder
des Bundesrates! Werte Zuhörerinnen und Zuhörer hier im Saal und zu Hause via Livestream! Ich kann eigentlich an die beiden Bundesrät:innen Miesen­berger und Gross, die das Gesetz wirklich schon sehr, sehr gut und wertschät­zend – dafür bedanke ich mich – erklärt haben, nur anschließen. Es ist
wirklich eines der größten Umweltgesetze dieser Legislaturperiode, und des­wegen möchte gerne kurz drei Dinge hervorheben.

Wir haben mit dem Altlastensanierungsgesetz erstens ein EU-weit einzigartiges Modell geschaffen, nämlich ein Finanzierungsmodell, das Abgaben aus
der Abfallwirtschaft zweckgebunden ausschließlich für die Altlastensanierung einsetzt. Da gibt es jährlich Einnahmen von rund 65 Millionen Euro, die zusätzlich nicht nur der Sanierung, also der Beseitigung alter Umweltsünden, dienen, sondern auch ein Lenkungsinstrument in Richtung Vermeidung
und Verwertung sind.

Aber ja, das Altlastensanierungsgesetz feiert Jubiläum, und da ist es notwendig, einmal gut draufzuschauen, und zwar in zweierlei Hinsicht. Einerseits
haben wir derzeit ein sehr aufwendiges Genehmigungsverfahren für Sanierungs­vorhaben; da braucht man nämlich Wasserrechtsgesetz, Gewerbeordnung, Abfallwirtschaft und so weiter und so fort. Wir bauen jetzt das Altlastensanie­rungsgesetz zum eigenständigen Materien- und Verfahrensgesetz um
und wir setzen es auf eine neue Grundlage, nämlich auf das Reparaturprinzip.


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 244

Warum ist das wichtig? – Es führt dazu, dass die Sanierungen tatsächlich
auch kostengünstiger umgesetzt werden können, nämlich so, dass wir es schaf­fen, von über 10 Milliarden Euro Kosten auf circa 5 bis 6 Milliarden
Euro Kosten bis 2050 zu kommen, und damit wirklich unsere Altlastensanie­rungsnotwendigkeiten – und die Beispiele kennen wir alle, glaube ich,
aus vergangenen Jahren – in Österreich bis 2050 bewältigen können und durch das neue Verfahrensrecht und die Verfahrensbestimmungen auch
rascher bewältigen können. – Besser, rascher und sinnhafter Altlastensanierung anzugehen ist der erste große Brocken; das wird dieses Gesetz auslösen.

Das Zweite, und darauf möchte ich noch einmal kurz hinweisen, ist wirklich das Thema Brachflächenrecycling. Dieses Gesetz ist ein wichtiger Hebel für
den Bodenschutz und wird dem Thema Brachflächen in Österreich einen richti­gen Schub geben. Das ist großartig, denn wir wissen es: Wir in unserem
Land sind Europameister – leider negativer Europameister – beim Zubetonieren, beim Flächen-in-Anspruch-Nehmen. (Bundesrat Steiner: Mit Fotovoltaik!)
Auch das kennen wir alle aus unserem Umfeld: Dort, wo früher noch Freiflächen waren, ist jetzt die nächste Gewerbeparkschuhschachtel (Bundesrat
Steiner: Ja, ein Fotovoltaikpark! – Ruf bei den Grünen: Ungenutzte ...!),
mit exakt denselben Gewerbeparkschuhschachteln, die wir aus allen anderen Nachbargemeinden auch kennen.

Dementsprechend haben wir da wirklich ein Thema, und da ist das Brachflä­chenrecycling ein wichtiger Teil; Frau Miesenberger und Herr Gross
haben es ausgeführt. Wie geschieht das in diesem Gesetz? – Einerseits, indem wir 5 Prozent der Beiträge genau für Fördermaßnahmen zum Brachflä­chenrecycling zweckwidmen, andererseits, indem wir die Haftungsregeln, die jetzt eben dazu führen, dass niemand eine Altlast oder einen Verdachts­fall angreifen will, ändern. Das bedeutet, dass Liegenschaftseigentümerinnen oder -eigentümer, die eine Altlast nicht selbst verursacht haben, auch
nicht mehr für den Schaden haften. Das heißt, die Schwelle, sich mit einer Altlast überhaupt zu beschäftigen, wird deutlich gesenkt.


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 245

Wenn aber dann durch die Sanierung, die Umsetzung der Altlastensanierung, die Attraktivität steigt, der Wert dieses Grundstückes steigt, dann soll man
nicht aus etwas, das man mit öffentlichem Geld sanieren hat lassen, einen pri­vaten Gewinn erzielen, sondern dann wird diese Wertsteigerung auch tatsächlich abgeschöpft, damit wir da eben ein gerechtes System haben – für die Umwelt, aber auch für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler in diesem
Land. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)

Vor dem Hintergrund der ALSAG-Novelle – Sie sehen es – gibt es noch einige andere Novellen im Umweltkontrollgesetz und im Umweltförderungsge­setz, die damit zusammenhängen – alle mit demselben Ziel, nämlich Verringe­rung des Neuflächenverbrauchs. Ich möchte an dieser Stelle auch ganz,
ganz herzlich Danke sagen: an das Team im BMK, an Sektionschef Holzer und alle, die daran gearbeitet haben, die nicht nur die Entstehungsgeschichte
des Altlastensanierungsgesetzes die letzten Jahrzehnte begleitet haben, sondern das jetzt ins 21. Jahrhundert holen und ein wirklich schönes Gesetzespaket
auf den Weg gebracht haben. Deswegen darf auch ich um breite Zustimmung werben und mich, so hoffe ich, gleich im Vorfeld dafür bedanken. –
Herzlichen Dank. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)

15.38


Vizepräsident Dominik Reisinger: Danke für die Stellungnahme.

Bevor die nächste Rednerin zu Wort gelangt, darf ich unseren ehemaligen Kollegen, Bundesrat außer Dienst Martin Preineder, herzlich bei uns
im Bundesrat begrüßen. (Allgemeiner Beifall.)

Als nächste Rednerin ist Frau Bundesrätin Bettina Lancaster zu Wort gemeldet. Ich erteile ihr dieses.


15.39.04

Bundesrätin Mag. Bettina Lancaster (SPÖ, Oberösterreich): Herr Präsident! Frau Ministerin! Es wurde inhaltlich bereits sehr vieles über die Novellierung und darüber, worum es geht, berichtet.


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 246

Ich beginne mit ein paar Zahlen. Ich habe mir jetzt einen Bericht des Umwelt­bundesamtes vom Jänner 2024 angeschaut. Da wird von 71 122 Altab­lagerungen und Altstandorten gesprochen. Das sind Flächen, die aufgrund einer Nutzungsgeschichte das Potenzial haben, dass Gefährdungen von ihnen ausgehen. Das heißt noch lange nicht, dass diese Gefährdungen auch tatsächlich existieren.

Die Branchen, die davon hauptsächlich betroffen sind – wie man sieht, wenn man sich die Statistik anschaut –, sind Mineralölverarbeitung, aber auch Nahrungsmittelindustrie, Druckereien, Glas- und Keramikindustrie, chemische Industrie, Speditionen, Kfz-Betriebe, aber auch zum Beispiel Tankstellen.

2023 wurden 2 991 dieser Altablagerungen und Altstandorte vom Umweltbun­desamt erstabgeschätzt, und davon wurde ein Fall – damit man auch
die Relation sieht, bei wie vielen das zutrifft – in den Verdachtsflächenkataster aufgenommen.

In Summe befinden sich derzeit 1 361 Einträge im Verdachtsflächenkataster. Nach eingehender Gefahrenabschätzung auf Basis von Untersuchungs­ergebnissen werden die Altablagerungen beziehungsweise Altstandorte bei be­stehender Gefährdung in die Liste der Altlasten aufgenommen und
mit 1 bis 3 priorisiert. Wird das Gefährdungspotenzial nicht bestätigt, erfolgt eine Entfernung aus dem Verdachtsflächenkataster.

Mit Stand vom 1. Jänner 2024 waren 344 Altlasten bekannt, davon 190 gesi­chert beziehungsweise saniert. In meinem Bezirk scheinen in dieser
öffentlich zugänglichen Liste drei Einträge auf. Das sind die Deponie Molln mit 6 600 Quadratmetern sowie Eumig mit 44 000 Quadratmetern und Uni­tech mit 32 000 Quadratmetern – in der Bezirkshauptstadt Kirchdorf an der Krems sind die beiden letztgenannten. In Molln wurden die Maßnahmen
noch nicht gestartet, in Kirchdorf an der Krems ist man dabei.


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 247

Mit der vorliegenden Novellierung sollen diese betroffenen Flächen, die für Ortsentwicklungen und Gemeinden von großer Bedeutung sind, schnel­ler saniert und gesichert werden, wie wir bereits gehört haben, mit diesem neuen Verfahren. So werden für die Menschen im Umfeld, für die Eigentümer:innen, für die Natur, aber natürlich auch für die Gemeinden gute Rahmenbedingungen für das Zusammenleben in ihrem Wirkungsbe­reich geschaffen.

Details über das Wie sind schon erläutert worden. Jetzt noch einmal zurück: Als Kommunalpolitikerin sehe ich durch diese Novellierung Chancen für die
Orts- und Stadtentwicklung. Brachflächen und Leerstände in Orten wirken sich hemmend auf eine positive, zukunftsgerichtete Entwicklung aus. (Beifall
bei der SPÖ sowie der Bundesrätin Hauschildt-Buschberger.)

Obwohl es in meiner Gemeinde keine erfassten Altlasten gibt, hat ein ehemaliger Gewerbestandort, der vollkommen gesetzeskonform aufgelöst wurde und
bei dem alle notwendigen Dokumente vorlagen, eine örtliche Entwicklung um Jahre verzögert. Ein notwendiger Eigentümerwechsel, damit eine Erschlie­ßung möglich war, konnte aus Angst vor der übertragenen Haftung einfach über Jahre hinweg nicht über die Bühne gebracht werden.

Deshalb sehe ich die Klärung der Haftungsfrage in dieser Novelle als essenziell an und als wichtigen Baustein für die Gemeinden, weil wir damit wieder
Flächen öffnen, Entwicklungen in den Kommunen ermöglichen. Da wird Bestand wieder einer Wertschöpfung in dem Sinn zugeführt, dass wir dort auch
wieder neue Gebäude errichten können. Die Flächen sind in Wert gesetzt und liegen nicht als Brachflächen da, die ja eigentlich für die Gemeinden oft­mals als Regionen oder Gemeindeteile schlechter für die Entwicklung dastehen – das hat ja einen negativen Impact für alle, die dort in der Nähe wohnen.
Man setzt sie in Wert und gibt auch den Menschen, die dort wohnen, wieder die Chance auf Entwicklung ihres Lebensumfeldes.


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 248

Die sozialdemokratische Fraktion wird natürlich dieser Novellierung zustimmen, und ich hoffe, dass es für viele Gemeinden positive Auswirkungen hat. –
Danke. (Beifall bei SPÖ und Grünen.)

15.44


Vizepräsident Dominik Reisinger: Vielen Dank.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Bundesrat Michael Bernard. Ich erteile ihm dieses.


15.44.41

Bundesrat Michael Bernard (FPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Vize­präsident! Frau Minister! Liebe Kollegen im Bundesrat! Sehr geehrte
Damen und Herren im Saal und vor den Bildschirmen! Es ist eh schon das meiste gesagt worden. Schwerpunktthema bei dieser Novellierung ist die Förderung der Revitalisierung von ehemaligen Industrie- und Gewerbestand­orten. Diese soll ja helfen, den Flächenverbrauch in Österreich zu redu­zieren. Eine Rückführung dieser Gewerbebrachflächen in den Immobilienmarkt wird der Versiegelung von Neuflächen sicher entgegenwirken. Aufgrund
der durch Vornutzung möglicherweise vorhandenen Bodenverunreinigungen wird deren Wiedernutzung jedoch erheblich erschwert.

Dass aber Altlasten mit einem geringen Gefährdungspotenzial einen Beob­achtungsstatus bekommen, sodass man sie nicht gleich sanieren muss, sondern erst schaut: Was ist drinnen? Was ist passiert? Wie geht es vor sich?,
sehen wir prinzipiell positiv und auch, dass Haftungsfragen klargestellt werden, dass die Verursacherhaftung auch auf den Rechtsnachfolger übergeht, im Gegenzug aber auch die Liegenschaftseigentümerhaftung entfällt. Das sehen wir Freiheitliche als einen wichtigen Punkt.

Flächenrecycling, finanzielle Hilfe bei der Untersuchung, Sanierung von Risiko­flächen – das sind oft gewisse Flächenbetriebe, die aufgelassen sind, die niemand mehr haben will, weil jeder Angst davor hat –: Ich glaube, dass man da


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die Chance hat, die eine oder andere wieder zu revitalisierende Fläche in An­spruch zu nehmen und zu nützen. (Beifall bei der FPÖ.)

15.46


Vizepräsident Dominik Reisinger: Danke.

Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor. – Doch, es wünscht noch jemand das Wort. Ich bitte Herrn Bundesrat Steiner ans Rednerpult.


15.46.41

Bundesrat Christoph Steiner (FPÖ, Tirol): Herr Vizepräsident! Frau Minister! Sie haben mir da jetzt eine kleine Steilvorlage geliefert, weil Sie davon geredet haben, wir seien immer noch unrühmlicher Erster oder so etwas beim Flächen­verbrauch und beim Zubetonieren, beim Bäumefällen und so weiter,
und da brauche es die Grünen, damit es in Österreich besser wird und das nicht mehr passiert.

Ich bin mir nicht sicher, ob Sie Frau Janine Bex kennen. Die wird hier
herinnen nicht vielen etwas sagen. Etwas Besonderes versäumt habt ihr auch nicht, wenn ihr sie nicht kennt. (Bundesrat Schreuder: Ach so! Es ist Wahl­kampf, Innsbruckwahlkampf!) Das ist aber, scheint es, die stellvertretende grüne Klubobfrau im Innsbrucker Gemeinderat. (Bundesrat Schreuder: Ja, das
wird eine Wahlkampfrede!)
Diese gute Dame – beruhige dich, Schreuder!; ich er­kläre es dir jetzt (Bundesrat Schreuder: Ich bin ganz ruhig!) – hat in Inns­bruck für ihr neues Domizil, eine kleine, aber doch feine, in Zukunft dann her­gerichtete Villa, mitten im Innsbrucker Wald Stadtwald roden lassen.
Warum lässt man den Stadtwald in Innsbruck roden? – Weil es noch keine Zu­fahrt gibt, und damit die Grüne Janine Bex dann toll mit ihrem SUV
zu diesem Haus im Wald, im Grünen zufahren kann, lässt man Bäume fällen.

Sie von den Grünen, Sie tolle Frau Naturschutzministerin erklären uns
hier, dass wir keine Bäume mehr fällen sollen. Ausgerechnet Sie von den Grünen, die ständig Wasser predigen und Wein nicht nur trinken, sondern in


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 250

Mengen hinunterkübeln, wie wir vom Vizekanzler wissen (Heiterkeit bei Bundes­rät:innen der FPÖ sowie des Bundesrates Schwindsackl), belehren uns
bezüglich Baumfällungen.

Jetzt erkläre ich Ihnen einmal, worum es geht. Aufruhr in Tirol, schreibt die „Kro­nen Zeitung“, die nicht uns nahesteht, sondern, sagen wir einmal, sehr regierungskonform in den letzten Jahren berichtet hat: Warum rodet eine Grünen-Politikerin Hunderte Quadratmeter Wald? Große Aufregung
in Innsbruck: Eine ehemalige Berghütte im Stadtwald soll zur luxuriösen Resi­denz werden – diese gehört ausgerechnet der Grünen-Politikerin Janine
Bex. Die Grünen verteidigen das Bauvorhaben jedoch. (Oh-Rufe bei der FPÖ.) Eine ehemalige Berghütte auf der Hungerburg im Innsbrucker Stadtwald wird zu einem luxuriösen Wohnsitz umgebaut. Die Behörden haben einer bekannten Grünen-Politikerin alle Genehmigungen dafür erteilt. – Zitatende.

Na ja, welch ein Wunder, dass die Behörden in Innsbruck mit einem linksgrünen Willi für die Grünen die Rodungen im Stadtwald bewilligen!

Ihr seid so falsch, hintertrieben und verlogen, dass es die Haut in dieser Republik kraust. (Beifall bei der FPÖ.)


Vizepräsident Dominik Reisinger: Herr Kollege Steiner, ich würde wirklich da­rum ersuchen, Bedacht auf die Ausdrucksweise zu nehmen. – Danke.


Bundesrat Christoph Steiner (fortsetzend): Sie können mich natürlich um alles bitten, Herr Vizepräsident.

Wissen Sie aber, Frau Gewessler, was mich bei Ihnen am meisten aufregt? Schauen Sie einmal her, weil ich Ihnen gerne in die Augen schaue, wenn ich mit Ihnen rede! (Zwischenbemerkung von Bundesministerin Gewessler.) Wissen
Sie, was mich am meisten aufregt? – Sie belehren andauernd die österreichische Bevölkerung (Beifall bei der FPÖ), Sie stellen sich hin und belehren die öster­reichische Bevölkerung. Sie sind jene Dame, die in Zeiten einer Teuerung, einer Inflation, die so hoch war wie noch nie, eine CO2-Steuer eingeführt hat,


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 251

die NoVA erhöht hat, die Bevölkerung mit ihren wahnsinnigen Ideen, mit Steuer­erhöhungen massiv belastet hat und uns die ganze Zeit hier herinnen, aber
auch draußen alle belehrt.

Und dann haben Sie Politiker in der eigenen Partei, Verantwortungsträ­ger in Innsbruck, die einen halben Innsbrucker Stadtwald roden, damit sie mit ihrem SUV gführig in die Villa kommen.

Wissen Sie was? Sie sollten sich in Grund und Boden schämen. (Beifall bei
der FPÖ. – Bundesrätin
Hauschildt-Buschberger: Jetzt reicht es einmal!)

Sie waren nie Parlamentarierin, und hoffentlich sind Sie es dann auch nicht mehr. (Bundesministerin Gewessler: Ich war ...!) – Ja, zwei Tage lang. (Bundesminis­terin Gewessler: Länger!) Ich erwarte diesen Tag sehr, an dem Sie nicht mehr hier sitzen und endlich dort sind, wo Sie hingehören, nämlich außerhalb dieses Parlaments in Österreich. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

15.51


15.51.28

Vizepräsident Dominik Reisinger: Weitere Wortmeldungen liegen mir dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist
somit geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung. – Bitte nehmen Sie Ihre Plätze ein.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

15.52.0217. Punkt

Bericht der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, In­novation und Technologie betreffend EU-Jahresvorschau 2024 auf der


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Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Kommission sowie des operativen Jahresprogrammes des Rates (III-837-BR/2024 d.B. sowie 11460/BR d.B.)

Vizepräsident Dominik Reisinger: Wir gelangen nun zum 17. Punkt der Tages­ordnung:

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Adi Gross. – Ich bitte um den Bericht.


15.52.37

Berichterstatter Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross: Ich bringe den Bericht des Umweltaus­schusses über den Bericht der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend EU-Jahres­vorschau 2024 auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Kommission sowie des operativen Jahresprogrammes des Rates.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher zur Antrag­stellung:

Der Umweltausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 3. April den Antrag, den Bericht der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobi­lität, Innovation und Technologie betreffend EU-Jahresvorschau 2024
auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Kommission sowie des operativen Jahresprogrammes des Rates zur Kenntnis zu nehmen.


Vizepräsident Dominik Reisinger: Danke für den Bericht.

Wir würden jetzt in die Debatte eingehen. Da ich aber ungern einen Redner unterbreche, meine Frage: Es sind 7 Minuten bis zum Aufruf der Dringli­chen. Geht sich das aus? (Bundesrat Bernard nickt.) – Dann bitte ich Herrn Bun­desrat Bernard ans Mikrofon. Wir gehen in die Debatte ein. Ich erteile ihm
das Wort. – Bitte.


15.53.50

Bundesrat Michael Bernard (FPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrter Vizepräsi­dent! Frau Minister! Liebe Kollegen im Bundesrat! Sehr geehrte Damen


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und Herren im Saal und vor den Bildschirmen! Konkret genannt wird in diesem Bericht zum Beispiel das Ziel, bis 2040 eine Emissionseinsparung von
90 Prozent gegenüber 1990 zu erreichen. Damit soll das EU-Ziel der Klima­neutralität bis 2050 in greifbare Nähe rücken.

Österreich ist mit diesem Plan auf Linie, hält der Bericht fest. Als wesentliche Voraussetzung für den Klimaschutz sieht Österreich im Einklang mit Kommission und Rat stabile und resiliente natürliche Ökosysteme.

Weiters kommt es zu Verschärfungen für den Schwerverkehr: Zur Errei­chung der Klimaziele der Europäischen Union im Verkehrsbereich soll die Ver­schärfung der CO2-Emissionsnormen für schwere Nutzfahrzeuge beitra­gen. Ein entsprechender Verordnungsvorschlag sieht vor, für Lkw über 5 Ton­nen, Busse und Stadtbusse über 7,5 Tonnen sowie Anhänger und Sattel­aufleger über 8 Tonnen bis 2025 die Emissionsreduktion gegenüber dem Refe­renzzeitraum 2019/2020 um 15 Prozent, bis zum Jahr 2040 um 90 Pro­zent zu steigern. Folglich muss der Anteil emissionsfreier Fahrzeuge drastisch erhöht und die Verlagerung des Schwerverkehrs von der Straße auf die
Schiene vorangetrieben werden.

Die Mitgliedstaaten inklusive Österreich trugen in der Ratssitzung über den Vor­schlag den Entwurf mit, bei dem man sich einig war, die Fahrzeughersteller von der Notwendigkeit emissionsfreier Schwerfahrzeuge überzeugen zu müssen.

Im Bericht steht weiters drinnen, Frau Minister, dass Sie sich freuen, dass jetzt EU-zentral Transporte eingereicht und geprüft werden sollen, mit dem
Ziel, mehr Transporte auf die Bahn zu bringen. Da jetzt schon die Gleise überlas­tet sind, Züge sich verspäten oder komplette Fahrpläne gekappt werden:
Wie soll sich das Ganze ausgehen?

Sie hören uns aber eh nicht zu, so wie immer. (Beifall bei der FPÖ.) Da kommen dann solche Sachen heraus, dass Sie behaupten, dass wir am Rednerpult
lügen, wie voriges Mal, als ich Ihnen das mit dem eingleisigen Ausbau nach­gewiesen habe. (Zwischenruf der Bundesrätin Miesenberger.)


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Dem Entschädigungsfonds für arme Länder wurden von Ihrer Seite aus auch 35 Millionen Euro gespendet.

Was verschweigt aber der ganze Bericht von Frau Gewessler? – Großen Grund zu jubeln hat auch die Atomindustrie. 22 Regierungen haben sich verpflich­tet, die weltweite Kernenergiekapazität bis 2050 zu verdreifachen.
Diese Verpflichtung sei wortwörtlich eine gute Nachricht für das Klima, hört man, steht auch drin.

Die Welt braucht sowohl erneuerbare Energie als auch Kernenergie,
um den Verbrauch fossiler Brennstoffe schnell zu reduzieren. Eine Allianz mehrerer Länder rund um die USA, Großbritannien und Frankreich gab ihr Ziel bekannt, die globalen Atomkraftkapazitäten bis 2050 im Vergleich
zu 2020 zu verdreifachen.

Energiepolitik spaltet Europa. Ob Atomenergie das Klima schützt, ist sicher auch in der EU heftig umstritten. Vor allem osteuropäische Länder halten an
den CO2-freien Energieträgern fest und wollen ihre Nutzung teils sogar noch ausbauen, um die verschärften Klimaschutzziele Brüssels einzuhalten.

Momentan befinden sich in 14 EU-Ländern Kernkraftwerke. Insgesamt stehen derzeit 105 Meiler in der EU. Gut die Hälfte davon, 57, wird in Frankreich betrieben. Kein anderes Land setzt so auf den Atomstrom wie dieses. 70 Prozent der Stromproduktion stammen aus Kernenergie.

Während Lukas Hammer von den Grünen in der letzten Nationalratssitzung eine Solarrevolution in unserem Land ausgerufen hat, ruft Frankreich die Renais­sance der Kernenergie aus.

Während Deutschland aus der Atomkraft aussteigt, steigt Polen ein.
Am 15. April 2023 gingen die letzten drei Atomkraftwerke Deutschlands end­gültig vom Netz. 49 Millionen Bürger waren gegen die Ausschaltung
der Atomkraftwerke und hielten den Zeitpunkt für das Abschalten für sehr


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ungünstig. 2026 soll der Bau des ersten Reaktors in Polen beginnen. Bis 2043 sollen fünf weitere folgen.

Präsident Macron hat schon im Februar 2022 – noch vor dem Ukrainekrieg war das – den massiven Ausbau der Stromproduktion aus Kernenergie ange­kündigt. Der Bau von insgesamt sechs Reaktoren wurde damals schon fixiert, acht weitere wurden damals noch vereinbart. Die Laufzeit der vorhan­denen Meiler wird verlängert, wenn technisch und betriebswirtschaftlich möglich.

Auch setzte Macron auf EU-Ebene die Aufnahme von Gas und Atomkraft in die EU-Taxonomie durch. Nachhaltige Energie wird gecancelt. Ich glaube, da
haben Sie auch mitgestimmt.

Natürlich steht Frankreich aufgrund dieser Entscheidungen nicht als Muster­schüler Nummer eins auf EU-Ebene da, denn die Ausbauziele 2020 für erneuerbare Energie hat Frankreich als einziges Land nicht erreicht. Macron geht noch weiter, er bezeichnet Energiepolitik seit 2015 als Fehler. Er hat auch
dafür gesorgt, dass die erhöhten Preise aufgrund des Ukrainekriegs nicht die Endverbraucher treffen, indem eine Preisobergrenze festgelegt wurde.

Der größte Stromkonzern wurde auch noch verstaatlicht, die Gewinne wurden geschrumpft, anders als bei uns. Der Ausbau der erneuerbaren Energie
wurde verschoben. Premierministerin Borne sprach bei ihrer Grundsatzrede von einem Strommix, der in eine Energiewende führen wird.

Auch die Slowakei setzt auf einen Energiemix, mittlerweile mit 53 Prozent Kern­kraft. (Zwischenruf des Bundesrates Schennach.) In Ungarn, Bulgarien, Slo­wenien und in der Tschechischen Republik ist die Kernkraft mit mehr als 30 Pro­zent ein unverzichtbarer Energieträger. Serbien baut vier neue Reaktoren.
Selbst in Schweden spielt die Atomenergie eine tragende Rolle.

Die französische Regierung will die Folgen des deutschen Atomausstiegs nicht mittragen müssen. Vor zwei Wochen, am 21. März, fand der erste Atom­energiegipfel in Brüssel statt. Ihre Vorkämpferin im Bereich Energie, Ursula von


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der Leyen, schlüpft in eine neue Rolle, sie ist jetzt die Fürsprecherin der Atomkraft. Mehr als 20 Länder haben daran teilgenommen: USA, China, Japan und die Vereinigten Arabischen Emirate; von EU-Seite nahmen die Staats-
und Regierungschefs der zwölf Länder der von Frankreich geführten Atomallianz teil. Alle Teilnehmer sprachen sich in ihrer Erklärung nicht nur für den Bau
der Atomkraftwerke, sondern auch für eine längere Nutzungsdauer bestehender Anlagen aus.

16.00


Vizepräsident Dominik Reisinger: Herr Bundesrat, es tut mir leid, aber ich muss Sie leider unterbrechen, damit wir mit der Dringlichen Anfrage starten
können. (Bundesrat Bernard: Ja, machen wir nachher weiter!) Sie haben dann die Restredezeit später zur Verfügung. (Beifall bei der FPÖ für den das Red­ner:innenpult verlassenden Bundesrat Bernard.)

Ich unterbreche nunmehr die Verhandlung zum 17. Punkt der Tagesordnung und begrüße ein weiteres Mal Herrn Bundesminister Johannes Rauch bei uns
im Bundesrat. Herzlich willkommen! (Beifall bei Grünen, ÖVP und SPÖ.)

16.00.52Dringliche Anfrage

der Bundesrät:innen Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Pensionen in Gefahr? Entkräften Sie diesen Mythos, Herr Minister!“
an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumenten­schutz (4173/J-BR/2024)


Vizepräsident Dominik Reisinger: Wir gelangen nunmehr zur Verhandlung über die Dringliche Anfrage der Bundesräte Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen an den Herrn Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege
und Konsumentenschutz.

Da die Dringliche Anfrage allen Mitgliedern des Bundesrates zugegangen ist, er­übrigt sich eine Verlesung durch die Schriftführung.


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Ich erteile Frau Bundesrätin Korinna Schumann als Anfragestellerin zur Begrün­dung der Anfrage das Wort. – Bitte sehr.


16.01.37

Bundesrätin Korinna Schumann (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Werter Herr Bun­desminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und
Zuseher! Bevor ich die Dringliche begründe, die wir als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten für ganz wesentlich halten, weil wir gegen die Verunsi­cherung und für die Sicherung im Alter arbeiten wollen, möchte ich mich herzlich beim Herrn Bundesminister bedanken (Bundesrat Himmer – erheitert –:
Für seinen Arbeitseinsatz, ja!),
weil er einer der wenigen ist, die sich nicht ersetzen lassen. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir haben eine Flut von Ersätzen – er tut es nicht, er steht dem Bundesrat zur Verfügung. Das ist schon ein wesentlicher Punkt.

Ein gutes Leben im Alter, ein gutes Leben für die ältere Generation, das ist das Versprechen in unserem Land, und das ist ein Versprechen, das es beson­ders von der Politik einzuhalten gilt. Das wollen wir alle.

Derzeit besteht aber eine Situation der großen Verunsicherung aufgrund von Aussagen auf den verschiedensten Ebenen, und es ist uns jetzt wichtig,
diese einmal aufzuklären und zu sagen: Was stimmt denn da, und was stimmt denn da nicht? Welche Interessen liegen denn wo? Und wie können wir
den älteren Menschen, die für dieses Land so unglaublich viel geleistet haben – die sich wirklich mit ganz viel Energie ihrem Arbeitsleben gewidmet haben,
ihrer Familie gewidmet haben, der Freiwilligentätigkeit gewidmet haben –, ein gutes Alter ermöglichen, ohne Sorgen und ohne Angst vor dem Alter und
vor einer fehlenden finanziellen Absicherung im Alter?

Das Vertrauen ist da ein ganz wesentlicher Punkt. Wenn man mit jungen Menschen redet – das wird Ihnen allen gleich ergehen –, dann sagen viele: Na ja, ich werde eh einmal keine Pension mehr bekommen! – Das aber ist ganz


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schlecht, und diesen Aussagen muss man entgegentreten, denn das ist ganz ein­deutig ein Märchen.

Die gesetzliche Pensionsversicherung ist stabil. Die gesetzliche Pensions­versicherung und die Leistungen daraus sind sicher, und die gesetzliche Pen­sionsversicherung kann ausgezeichnet wirtschaften. Sie schafft es, gerade einmal 1 Prozent der Beiträge für den Verwaltungsaufwand zu verbrauchen, und sie schafft etwas – und da macht der Vergleich sicher –, was bei privaten Versicherungen nicht so ist. Die haben nämlich 30 Prozent, also fast ein Drittel, an Verwaltungskosten, Aufwendungen für Werbung, Vertrieb, Inserate,
und nicht zuletzt wollen sie auch noch einen Gewinn erwirtschaften. Das ist gut und recht, aber es darf nicht dazu führen, dass man das staatliche Pen­sionssystem sozusagen schlechtredet, und man kann sich schon fragen: Wem nützt es denn, wenn man das staatliche Pensionssystem schlechtredet
und den Menschen Angst macht, indem man behauptet: Dieses wird nicht mehr funktionieren und ihr werdet einmal keine Pension haben, daher bitte selber vorsorgen!?

Wer vorsorgen will, soll vorsorgen – das ist gar keine Frage –, aber Angstmache gilt nicht, und dagegen muss man sich wehren. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Pensionen sind sicher. Laut EU-Prognose haben wir bis 2070 eine Steigerung um nur 0,5 Prozent in Relation zum Bruttonationalprodukt. Das ist ganz, ganz toll, und das geht sich alles gut aus.

Es gibt so etwas wie einen Generationenvertrag, auf den man bauen kann – eine Generation für die andere Generation –, und das ist etwas Stabiles
und etwas Starkes – und nicht etwas, das einfach nur gewinngetrieben ist.

Was private Pensionen betrifft, so wissen wir leider auch aus der traurigen Er­fahrung von vielen Kolleginnen und Kollegen – viele Menschen, die eine Firmenpension bekommen haben, haben das in den letzten Jahren wirklich schmerzhaft erfahren müssen –: Seit 2008 mussten Betriebspensionen mehrfach


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gekürzt werden, denn das Geld für Privat- und Firmenpensionen wird
veranlagt, bringt aber weniger Zinsen ein als ursprünglich versprochen. Niemand kann vorhersagen, ob sich die Wirtschaft und die Aktienmärkte gut entwi­ckeln werden, sodass nach 30 oder 40 Jahren genug Geld vorhanden sein wird, um davon Pensionen auszuzahlen. Das ist eine Realität.

Das staatliche Pensionssystem aber hält. Schlechtgeredet wurde es schon in den 1950er-Jahren. Da gab es Zeitungsartikel, in denen zu lesen war: Sie
werden einmal keine Pension haben!, und: Das staatliche Pensionssystem hält nicht! – Nein, ist doch nicht wahr: Es hält – und darauf können wir auch
stolz sein. Das ist etwas Besonderes, und wenn derartige Aussagen gemacht werden, muss man daher gegenhalten. (Beifall bei der SPÖ.)

Um dieses System erhalten zu können, ist es aber wichtig, dass die Menschen gute Einkommen haben und dass wir sichere Arbeitsplätze schaffen.
Das wird in Zukunft in all den großen Wandelprozessen die große Herausforde­rung sein.

Es ist wichtig, dass die Menschen gute Einkommen haben, denn gute Einkommen bedeuten am Ende des Erwerbslebens auch eine ordentliche Pen­sion. Darum: Vielen Dank an die Gewerkschaften für ihre tollen Verhand­lungen, auch jetzt in diesen schwierigen Krisenzeiten, dass sie in den Kollektiv­vertragsverhandlungen so gute Abschlüsse erreicht haben, denn damit
ist auch gesichert, dass es auch in der Pension positiv weitergehen wird. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Himmer: Schumann dankt Schumann!)

Na, Herr Kollege, Sie wollen doch jetzt nicht die Leistungen der Gewerkschaften schlechtreden? Das könnte ich mir kaum vorstellen, dass Sie das machen.
Na, niemals! (Bundesrat Himmer: Ich hab’ nur gesagt: Schumann dankt Schumann! Sonst hab’ ich nichts gesagt!) – Ich habe ja nicht verhandelt! Das waren die Gewerkschaften, darauf kann man stolz sein und davor muss man auch den Hut ziehen. So ist das.


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Was aber schlecht für das System ist – und das muss man auch ganz ehrlich sa­gen –, sind 47 Millionen Überstunden, die nicht bezahlt wurden. Das ist
ein Problem. Wenn 47 Millionen Überstunden, die die Österreicherinnen und Österreicher in diesem Land geleistet haben, ohne dass sie dafür eine
Bezahlung oder Zeitausgleich bekommen haben – und gerade da ist die Bezah­lung wichtig, denn auch dadurch kommt es wieder zu Einzahlungen für
ihre Pensionsleistung –, sozusagen unterschlagen und nicht ausbezahlt werden, dann hat das System, das gesamte Versicherungssystem, ein Problem,
und natürlich haben die Beschäftigten ein Problem, denn die arbeiten für nichts und haben dann auch weniger in der Pension. Da muss man sanktionieren,
und zwar dringend. Da darf man nicht wegschauen. (Beifall bei der SPÖ.)

Wegschauen darf man auch dann nicht, wenn Lohnbetrug passiert. Da gibt es jetzt einen riesigen Fall in den Skigebieten Kärntens und der Steiermark
mit 150 Millionen Euro Nachzahlung, die getätigt werden müssen. Da wurde einfach Lohnbetrug begangen: nicht angemeldet, nicht bezahlt, nicht
ausbezahlt. So werden wir das Sozialsystem und das Pensionssystem nicht auf­rechterhalten können, denn Betrug bedeutet einfach, dass weniger einge­zahlt wird. Ich bin der Finanzpolizei und allen, die daran mitgewirkt haben, dass dieser Betrug aufgedeckt wurde, sehr dankbar, weil ja immer gesagt wird:
Also in der Gastronomie, da passiert nichts, überhaupt nicht! – Na hallo, da ha­ben wir es jetzt eindeutig gehabt, und das ist kein Einzelfall.

Es ist ganz schlecht für unser Sozialsystem, wenn nicht eingezahlt wird,
weil betrogen wird. Das lassen wir uns sicher nicht gefallen! Da braucht es Sanktionen. (Beifall bei der SPÖ.)

Erinnern wir ein bisschen daran, wie sich das Pensionssystem aufgrund der Reformen in den 2000er-Jahren entwickelt hat. Wer sich noch erinnern kann: Es hat damals eine große Pensionsreform gegeben. Unter der Regierung Schüs­sel unter Beteiligung der FPÖ hat es die große Pensionsreform gegeben, die auf­grund der Eingriffe ins System eine Vielzahl von Verschlechterungen für
die Beschäftigten und eine große Verschlechterung für Frauen aufgrund von


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weniger Anrechnungsmöglichkeiten gebracht hat. Es gab ab da auch weniger Ausgleich für die Inflation.

Das hat sich in dieser Zeit abgespielt, das schlägt sich bis heute durch, und nicht umsonst sind viele, viele - - (Bundesrat Leinfellner: Ihr wart dann nachher,
glaube ich, in der Regierung, oder?) –
Bitte? Was ist? (Bundesrat Leinfellner: Ihr wart dann nachher in der Regierung, gell? Es wird nicht alles daneben gewesen sein, nicht?) – Nein, wir haben repariert! Wir haben es nämlich geschafft – das wäre jetzt der nächste Schritt; Stichwortgeber Leinfellner, heute habe ich eine Freude –, dann durchzusetzen, dass es wenigstens das Pensionskonto gibt (Bei­fall bei der SPÖ), und dieses Pensionskonto bedeutet, dass die Menschen nachschauen können: Auf wie viel Pension habe ich jetzt ein Anrecht? (Beifall bei der SPÖ. – Neuerlicher Zwischenruf des Bundesrates Leinfellner.)

Sie aber haben die 40-jährige Durchrechnung eingeführt, dank der FPÖ, die sich ja immer so für die Menschen, die Arbeitnehmer:innen einsetzt (Oh-Rufe
bei der ÖVP) –
schmeck’s! Da habt ihr es sicher nicht getan, ganz eindeutig –
40-jährige Durchrechnung mit all den Bedingungen und all den Proble­men, die man dabei hat! So ist das, und so schaut’s jetzt aus.

Es gab leider auch von dieser Regierung einige Eingriffe ins Pensionssystem, die den Menschen wirklich Schwierigkeiten bereiten. Wir haben das Scheitern
der Regierung bei der Teuerung, wir haben eine viel zu hohe Inflation, die höchs­te Inflation im westlichen Europa. Das ist ein Problem. Wir haben ein Kauf­kraftproblem, auch das ist noch da (Widerspruch bei der ÖVP), heute groß in den „Salzburger Nachrichten“, Sie dürfen es gerne nachlesen. Die scheinbar
so wirtschaftsaffine ÖVP ist also auch an der Teuerungsbekämpfung ganz, ganz gewaltig gescheitert. Ich meine aber, daran kann man eh keine Freude
haben, denn es geht ja um die Leute und die Auswirkungen für diese. Die Teue­rung trifft sie, die älteren Menschen trifft es ganz besonders, weil die halt
meist kleinere Pensionen haben. Ich denke an die Frauen, die eine Mindestpen­sion haben – sie trifft die Teuerung ganz, ganz stark.


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Und: Wir haben das Problem von zwei Systemen, die wir haben. Auf der einen Seite haben wir die Aliquotierung, die Sie eingeführt haben. Aliquotierung bedeutet, dass erstens die Pensionserhöhung zwei Jahre zurück berechnet wird, also da erst wird das, was vor zwei Jahren war, auf das Pensionskonto angerechnet; und es wird dann, je nachdem, in welchem Monat im Jahr jemand geboren wurde, aliquotiert. Im Jänner kriegt man noch viel, im Februar
schon weniger, und dann hinunter, von November bis Dezember, wird gar nichts angerechnet.

Das ist halt ein bisschen schlecht, vor allen Dingen für jene, die das Pech haben, dass sie in diesen Monaten geboren sind. Das ist nicht gut. Vor allen Din­gen ist es ganz schlecht für die Frauen, denn wir haben die Anhebung des Pen­sionsantrittsalters der Frauen seit 2024 in Halbjahresschritten, und wer
sind die G’schmecksten? – Das sind wieder die Frauen, denn wenn man im zwei­ten Halbjahr geht, hat man halt die Aliquotierung nicht, oder ganz wenig.
So ein Pech! Ist das fair? – Das ist nicht fair! Wir sagen, diese Aliquotierung muss ausgesetzt werden! (Beifall bei der SPÖ.)

Das Zweite ist die Schutzklausel. Die Schutzklausel wurde auf großen Druck
vor allen Dingen der Sozialdemokratie eingeführt, die gesagt hat: Hallo,
wir haben so eine Teuerung, die Differenz ist so hoch, und die Menschen ver­lieren so viel Pension, wir müssen jetzt eingreifen! Wir müssen eingrei­fen! – Gut. (Bundesrätin Eder-Gitschthaler: Haben wir eh ...!) Diese Schutzklausel wurde gemacht, nicht für alle – für die Neupensionisten in der Korridor­pension haben wir es nicht gemacht, weil wir uns das ein bissl aussuchen –, und dann hat man gesagt: Ja, wir machen es schon, aber wir machen es nur
für ein Jahr! (Bundesrätin Eder-Gitschthaler: Für zwei Jahre!) – Nein, die Schutz­klausel ist nur für ein Jahr. Die Schutzklausel ist nur für 2024, für 2025
gibt es sie noch nicht. Auch das ist nicht gut.

Diese Schutzklausel muss ins Dauerrecht übernommen werden, denn es kann nicht sein, dass man nach Gutdünken der Regierung sagt: Na jetzt geben


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wir euch was dazu!, oder: Wir geben euch nichts dazu! – Es geht um die Sicher­heit der Pensionen, und da kann man nicht politisches Kleingeld schlagen,
das geht auf keinen Fall. (Beifall bei der SPÖ.)

Zu den Frauen noch: So gar nicht darüber zu reden, was die Anhebung des Pen­sionsantrittsalters für Frauen bedeutet – da muss man schon wirklich sehr
viel Mut haben; oder man möchte halt nicht darüber reden, wie es den Frauen geht. (Zwischenruf des Bundesrates Zauner.) So spielt es sich halt jetzt
in dieser Regierung ab, denn die Frauen sind für diese Regierung kein Thema.

Da müsste man nämlich hinschauen, und da müsste man sich überlegen: Was macht man denn mit jenen Frauen, die es nicht schaffen werden, bis 65
zu arbeiten? Was macht man denn mit jenen Frauen, die in der Pflege arbeiten, die in den Unternehmen arbeiten, die in der Hitze, in der Kälte am Bandl
stehen, mit Geschwindigkeit arbeiten müssen und sagen: Ich schaffe das nicht!?

Nein, für diese Frauen haben wir keine Lösung, im Gegenteil: Die Regierung
hat es auch noch geschafft, die geblockte Altersteilzeit auslaufen zu lassen und den Frauen, die da die Chance hätten, vielleicht ihren Weg aus dem Arbeits­leben zu finden, weil sie echt nicht mehr können, diesen Ausstieg abzu­drehen. So kann man mit den Frauen nicht umgehen, und auch das ist zu sagen! (Beifall bei der SPÖ.)

Arbeiten im Alter – das ist eine schöne Geschichte, es ist eine wunderbare Geschichte, die Leute sollen im Alter arbeiten, aber: Wer möchte, kann es, das ist gar keine Frage, nur möchte ich nicht, dass man muss. (Bundesrat Zauner:
Eh nicht! Sagt ja keiner!)
Ich möchte nicht, dass die Frau, die 80 ist – und wir ken­nen Fälle aus anderen Ländern –, so wenig Pension hat, dass sie sagt: Ich
kann gar nicht anders, als dass ich irgendwohin putzen gehe, weil ich mir sonst mein Leben nicht leisten kann!

Das ist es nicht, was wir möchten, denn diese Frau hat ein Recht darauf,
ein gutes Alter zu haben, und soll sich nicht sorgen, noch arbeiten gehen zu müs­sen. Noch einmal: Es ist nicht selten, dass das in Ländern vorkommt. Für


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Österreich und für die Sozialdemokratie ist das keine Lösung. Das wollen wir auf keinen Fall. (Beifall bei der SPÖ.)

Noch ein Satz zu den Frauen: Dass der Herr Ex-Kanzler in seiner unendlichen Machtgier in diesem Fall die Nachmittagsbetreuung nicht ermöglicht hat,
ist für Frauen ein riesiges Problem. Das Nichteinführen der Gratisnachmittags­betreuung, die geplant war, heißt, die Frauen können nicht arbeiten gehen,
auch wenn sie es wollten. (Bundesrätin Geieregger – den Kopf schüttelnd –: Das ist neunz... Euro!) Sie haben es nicht gemacht. Sie haben nicht die Kinderbildung ausgebaut, wie es hätte sein sollen.

Wo ist er, der Rechtsanspruch auf einen Kinderbildungsplatz? All das heißt für die Frauen: Sie können nicht arbeiten, wenn sie mehr arbeiten wollen –
es geht immer ums Wollen –, sie können es nicht, weil die Kinderbetreuung nicht da ist, die Nachmittagsbetreuung nicht da ist, die Ferienbetreuung nicht
in dem Ausmaß da ist. Das ist Fakt, und auch Pflege und Betreuung sind nicht in dem Ausmaß da, und damit können die Frauen – das ist ganz klar – nicht
mehr arbeiten gehen, wenn sie wollen.

Was heißt das für die Frauen in der Folge? – Es heißt weniger Einkommen, es heißt mehr Abhängigkeit, und es heißt in der Pension weniger Pension.
Das ist einfach so. Wir haben 80 000 Frauen in Österreich, die mehr Stunden arbeiten wollen. Sie können es aber nicht, weil ihnen einfach erstens die Betreuungsplätze, die Pflegeplätze fehlen und weil die Unternehmen nur Teilzeit anbieten.

Da ist hinzuschauen, was für ein Verlust für die Frauen das ist, und es ist
nicht lustig für die Frauen, Angst vor Altersarmut zu haben. (Zwischenruf des Bun­desrates Kovacs.) Das ist etwas ganz, ganz Schlimmes, und das wollen wir
als Sozialdemokraten auf keinen Fall. (Beifall bei der SPÖ.) Darum fordern wir die bessere Anrechnung der Kindererziehungszeiten für die Frauen. Das ist
ganz, ganz wichtig. Es muss besser auf das Konto angerechnet werden, was die Frauen in ihrer Betreuungsarbeit leisten.


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Wir wollen auf noch etwas hinweisen: Diese Regierung hat die Hacklerregelung abgeschafft (Bundesrat Kovacs: Genau so ist es!), und das war brutal. (Bun­desrat Kovacs: Das vergessen ...!) Das war brutal für viele Menschen, die viele Jahre unter schwersten Belastungen gearbeitet haben, und Sie haben
gesagt: Nein, ihr kriegt jetzt die Hacklerregelung nicht mehr, vorbei, ihr kriegt Abschläge ohne Ende! – Das hat viele, viele schwer getroffen, und ich
sage Ihnen: So kann man mit hart arbeitenden Menschen auf keinen Fall umge­hen! (Anhaltender Beifall bei der SPÖ.)

Es gibt weitere Teile, auf die man hinschauen muss. Es gilt, auf die Schwerar­beitspension zu schauen: Wie kann man den Zugang zur Schwerarbeits­pension erleichtern? Es geht um die Frage: Warum hat man es noch immer nicht geschafft, die Pflege in die Schwerarbeit hineinzubringen, was so dringend gewünscht wird? Warum haben Sie es nicht geschafft, all jene, die im Sanitätsbereich arbeiten, in das Nachtschwerarbeitsgesetz hineinzubringen? Die wünschen sich das schon so lange und brauchen es schon so lange. Da
muss man hinschauen! Das sind Menschen, die für uns ganz Wichtiges leisten. Schwerarbeit heißt Schwerarbeit! Das muss anerkannt werden, und da
muss auch gesagt werden: Na gut, ihr könnt nicht so lange arbeiten, weil ihr in dieser Gesellschaft so schwer gearbeitet habt! – Da muss man hinschauen,
und da muss man endlich einmal eine Änderung machen.

Jetzt geht es um die Frage der Erhöhung des Pensionsantrittsalters. Wir haben ja heute Herrn Minister Brunner dagehabt, der gesagt hat, na, er habe es eh
nicht gemeint. (Bundesrat Zauner: ... hat er nicht!) – Na ja, hat er schon! (Bundesrat Zauner: Nein, das hat ...!) Er hat es schon als sehr interessant gesehen.
(Bundesrat Buchmann: Er hat ... erklärt, was ...!) – Ja, genau. Ja, es ist unangenehm, das glaube ich schon, denn das Thema ist kein angenehmes.

Arbeiten bis 67, Arbeiten bis 68 – ja, es ist so ein bisschen ein Spielen damit, nicht? Wir erzählen immer wieder, wie toll es wäre, länger zu arbeiten, wie viele sich das wünschen, na keine Frage! Damit wird der Boden bereitet, das ist
uns völlig klar.


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Ich sage Ihnen aber ehrlich: Die Leute wollen nicht, weil sie nicht mehr können. Ein Großteil der Menschen geht nicht gesund in die Pension, sie gehen
krank in Pension – und denen zu sagen, es wäre schon super, wenn sie länger arbeiten würden? Was sind denn die Auswirkungen einer Erhöhung des Pensionsantrittsalters? Das ist ganz einfach gesagt: Es ist eine Verschiebung (Zwischenrufe bei der ÖVP) – aber natürlich! –, es ist ganz einfach eine Verschiebung der Leistungen aus der Pensionskasse hin zur Arbeitslosen, weil die Leute es nicht mehr schaffen werden, sie werden nicht mehr können.
Schon jetzt bilden den größten Anteil bei den Arbeitslosen jene, die vor der Pen­sion arbeitslos sind. Na was passiert denn da? – Es ist ja nicht so, dass die
Leute länger in Beschäftigung bleiben. Ein Drittel der Frauen geht nicht aus einer Beschäftigung in Pension. Da muss man also hinschauen. Im Endeffekt ist
eine Erhöhung des Pensionsantrittsalters für die Menschen ein wirkliches Pro­blem. (Zwischenruf der Bundesrätin Geieregger.)

Ganz ehrlich: Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten im Bundesrat ha­ben am 7.12.2023 den Antrag gegen die Erhöhung des Pensionsantrittsal­ters gestellt, und wir haben namentlich darüber abstimmen lassen. Nicht dafür­gestimmt hat die ÖVP, nicht dafürgestimmt haben die Grünen, nicht dafürgestimmt haben die NEOS – so schaut’s aus. Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten werden uns nicht dafür hergeben, das Pensionsantritts­alter für die Menschen zu erhöhen, weil wir wissen, was sie leisten,
weil wir wissen, was das für schlimme Auswirkungen für sie hätte. (Beifall bei
der SPÖ.)

Lassen Sie mich noch eines sagen – und das muss man für sich schon so sickern lassen –: Es ist eindeutig klar, dass Menschen mit niedrigen Pensionsein­kommen auch eine geringere Lebenserwartung haben, und das möchten wir nicht. Das möchten wir nicht, das ist zynisch. Das sind Menschen, die
ihr Leben lang gearbeitet haben, die ihre Leistungen im Beruf, ihre Leistungen für die Gesellschaft, für die Familie erbracht haben, und diese Menschen


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sollen auch eine ordentliche Pension haben. Ich glaube, es steht uns allen ge­meinsam gut an, dafür zu kämpfen, dass die Menschen in Österreich
eine gute Pension haben. Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten werden das auf jeden Fall machen.

Wir kämpfen auch gegen die Anhebung des Pensionsantrittsalters auf 67. Es gibt eine Petition der SPÖ, die man unterschreiben kann, weil wir wollen, dass
die Menschen ein gutes Leben im Alter haben – und zwar alle. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

16.22


Vizepräsident Dominik Reisinger: Zur Beantwortung hat sich der Herr Bundes­minister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz zu Wort gemeldet. Ich erteile ihm dieses.


16.22.45

Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Herr Präsident! Geschätzte Bundesrätinnen und Bundesräte! Es liegt eine Dringliche Anfrage mit insgesamt 32 sehr präzise formulier­ten Fragen, die gestellt worden sind, vor, und ich würde doch im Sinn der Wert­schätzung sowohl der anfragenden Fraktion als auch meines Hauses, das
sich bemüht hat, in sehr kurzer Zeit halbwegs präzise Antworten zu liefern, ger­ne auf diese Fragen eingehen, jedenfalls überblicksmäßig.

Zur Frage 1:

Mit dem Sozialrechts-Änderungsgesetz 2023 beschlossene Maßnahmen sind wirksam geworden, die unter anderem auf die Anhebung des faktischen Pensionsantrittsalters abzielen. Da ist eine Reihe von Maßnahmen getroffen worden, unter anderem auch die Erhöhung der Bonifikation bei Aufschub
des Antritts zur Regelpension. Ja, diese Maßnahme betrifft naturgemäß den Antritt einer Pension nach dem Regelpensionsalter, wirkt sich aber
dennoch auch auf das faktische Pensionsantrittsalter aus.


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Zur Frage 2:

Die Aliquotierung wurde eingeführt, um zwischen Pensionsbezieherinnen und -beziehern mit unterschiedlichen Stichtagen innerhalb eines Kalenderjah­res ein annähernd gleiches Lebenspensionseinkommen zu gewährleisten. – Frau Bundesrätin Schumann, ich will nicht zurück zu einer Regelung, die die
SPÖ eingeführt hat, nämlich zur Wartefrist. Es war die SPÖ-Regierung, die 2011 diese Wartefrist, die dann bis 2019 gegolten hat, eingeführt hat. (Bundes­rätin Schumann: Waren wir in einer Alleinregierung, oder was?) – Na wir sind auch nicht in einer Alleinregierung (Bundesrat Leinfellner: Gott sei Dank!), und
wir machen es trotzdem nicht.

Die Aliquotierung – wie ich schon am Vormittag ausgeführt habe – stellt eine mittlerweile vom VfGH bestätigte Zwischenlösung dar, die auch entspre­chend umgesetzt wird. Eine Abschaffung der Aliquotierung ist nicht vorgesehen.

Zur Frage 3:

Auch eine Schutzklausel würde nicht verhindern, dass es „günstigere“
und „weniger günstige“ – unter Anführungszeichen – Jahre für den Pensionsan­tritt gibt, da die Differenz zwischen Aufwertungszahl und Anpassungsfak­tor nie konstant ist. Da muss man sich dann, finde ich, schon auch im Detail da­mit auseinandersetzen, weil sich bei moderaten Inflationsraten dieser Ef­fekt nur innerhalb sehr, sehr enger Grenzen auswirkt. Im langjährigen Durch­schnitt sind die Aufwertungszahlen höher als die Anpassungsfaktoren,
haben die Anwartschaften am Pensionskonto mittel- und langfristig auch immer einen Kaufkraftzuwachs erfahren. Das ist bei uns im Haus jedenfalls durch­gerechnet worden, weil wir mit diesen Dingen ja permanent beschäftigt
sind. Kurze Phasen – das sind meist nur einzelne Jahre, in denen die Kaufkraft der Kontogutschrift sinkt – ändern nichts an der Tatsache, dass das Sys­tem der Aufwertung im Pensionskonto die Kaufkraft der Gesamtgutschrift vor Pensionsantritt, verglichen mit dem Wert der Teilgutschriften in den
Jahren, in denen sie jeweils erworben worden sind, immer gesteigert hat.


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Das heißt, eine Schutzklausel im Dauerrecht ist daher nicht vorgesehen. Da, wo es nötig ist – und das ist von mir auch gesagt worden: in einem Jahr, in
dem der Anpassungsfaktor deutlich höher war als die Aufwertungszahl –, hat die Bundesregierung mit einer maßgeschneiderten Lösung eingegriffen.

Zur Frage 4, ob auch für den Zugangsjahrgang 2025 eine Schutzklausel erfor­derlich ist:

Auch das wurde am Vormittag schon kurz andiskutiert. Das kann beur­teilt werden, wenn Aufwertungszahl und Anpassungsfaktor für 2026 bekannt sind. Das wissen wir noch nicht, weil wir aktuell davon ausgehen,
dass 2026 die Aufwertungszahl deutlich über dem Anpassungsfaktor liegen wird, wodurch der Kaufkraftrückgang der Kontogutschriften, der sich 2024
ergeben hat, jedenfalls zum Teil wieder wettgemacht wird. In welchem Ausmaß er wettgemacht wird und ob eine weitere Schutzklausel nötig ist, wird
zu beurteilen sein, wenn die dazu erforderlichen Daten vorliegen.

Zur Frage 5:

Wie schon bei der Frage 3 ausgeführt ergibt sich aus dem Zusammenspiel – und das ist in diesem Zusammenhang in dieser Debatte wichtig – zwischen Aufwertungszahl und Anpassungsfaktor zwangsläufig, dass die Kaufkraft der Anwartschaften auf den Pensionskonten zwar mittel- und langfristig
steigt, es in einzelnen Jahren jedoch auch anders sein kann. 2023, ja, gehört da rechnerisch eher zu den ungünstigen Jahren. Die Problematik lag in diesem
Jahr allerdings noch in einem sehr kleinen Bereich.

Was ich schon vertrete, ist, dass Eingriffe in ein hervorragend funktionierendes System – und das Pensionskonto ist ein hervorragend funktionierendes System – mit Augenmaß vorzunehmen sind, und aus dieser Abwägung heraus hat sich die Bundesregierung 2023 gegen einen Eingriff entschieden.

Zu den Fragen 6 bis 11:

Das ist eine ganze Reihe von Fragen, die sich mit den frauenspezifischen Nach­teilen im Erwerbsleben befassen. Ich gebe Ihnen, Frau Bundesrätin


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Schumann, durchaus recht: Eine Kerngrundvoraussetzung, um überhaupt über die Vermeidung von Altersarmut reden zu können, ist eine Ausweitung
der Kinderbetreuung flächendeckend, ganzjährig, leistbar in ganz Österreich, flächendeckend auch im ländlichen Raum, weil alles andere strukturell beinhaltet, dass Frauen im Alter oder im Falle von Trennung immer benachteiligt sind, weil sie die entsprechenden Erwerbsbiografien nicht vorweisen
können.

Zur Anrechnung der Kindererziehungszeiten: Nach der Geburt des Kindes wer­den die ersten 48 Kalendermonate als Kindererziehungszeiten berück­sichtigt. Es gibt die Weiter- und Selbstversicherung bei der Pflege, die Selbst­versicherung bei der Pflege eines behinderten Kindes und die Ausgleichs­zulage – im Übrigen wurde die Ausgleichzulage in den letzten Jahren immer auch überproportional angepasst –, und mit 1.1.2020 wurde ein Pensions- beziehungsweise Ausgleichszulagenbonus eingeführt, der Versicherten mit langer Versicherungsdauer zusteht, wenn ihr Gesamteinkommen unter
einer gewissen Grenze liegt.

Bei den angeführten Fragen wie jener nach dem Rechtsanspruch, von Teil- auf Vollzeitarbeit zu wechseln, oder jener nach der konkreten Gestaltung
von Arbeitsplätzen handelt es sich um arbeitsrechtliche Fragen, die nicht mein Ressort betreffen.

Zu den Fragen 17 bis 20:

Den Pensionsneuzugang 2022 betreffend: 76 Prozent der Männer gingen aus einer Pflichtversicherung inklusive Altersteilzeit in Alterspension, bei
den Frauen gingen mit 3 Prozent beziehungsweise 10 Prozent etwas mehr, als dies bei Männern der Fall war, aus einer Freiwilligenversicherung, Selbstversicherung beziehungsweise aus der Kategorie Sonstiges in Alters­pension.

Die Maßnahmen im Pensionsbereich, die zum Ziel haben, Menschen gesund im Erwerbsleben zu halten, richten sich logischerweise an alle Versicherten.


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Alle ab 1964 geborenen Versicherten im unselbstständigen Bereich haben einen Anspruch auf medizinische und berufliche Rehabilitation, sobald eine vorü­bergehende Invalidität oder Berufsunfähigkeit vorliegt.

Als Geldleistungen, die den Versicherten während einer medizinischen oder beruflichen Reha zustehen, wurden das Rehageld und das Umschulungs­geld geschaffen. Ziel ist es, eine dauernde Invalidität oder Berufsunfähigkeit zu verhindern.

Erwähnen möchte ich das Projekt Fit2work. Das ist ein kostenloses Beratungs­programm für Personen und Betriebe. Es begleitet Personen in ein gesun­des Arbeitsleben und hilft Unternehmen, die Arbeitsfähigkeit ihrer Mitarbeite­r:innen zu erhalten. Es richtet sich auch an arbeitslose Menschen oder Menschen, deren Arbeitsplatz aufgrund von gesundheitlichen Problemen ge­fährdet ist.

Zur Frage 21:

Damit bin ich eigentlich bei Grundsätzen, die ich an den Beginn stellen wollte, weil Sie die Anhebung des Pensionsantrittsalters betont haben.

Erster Punkt: Das österreichische Pensionssystem ist sicher und im europäischen Vergleich hervorragend.

Zweiter Punkt: Niemand, Frau Bundesrätin Schumann, niemand debattiert, diskutiert, beantragt oder bereitet eine Anhebung des Pensionsantrittsalters vor. Die Diskussion über das Pensionsantrittsalter oder über die Erhöhung des Pensionsantrittsalters ist eine Scheindiskussion, die vor einem Hintergrund statt­findet, der einfach nicht da ist. Niemand – absolut niemand! – im erweiter­ten Umfeld denkt darüber nach oder hat irgendetwas davon in Planung. (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Bundesrätin Schumann: Genau!)

Ich würde ersuchen, diese Debatte zu beenden, weil sie auf keinen wirklichen, realen Zahlen, Daten und Fakten oder Gegebenheiten beruht.


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Dritter Punkt: die Sicherheit und die Gestaltung des Pensionssystems in Öster­reich. Ich habe es an dieser Stelle schon mehrfach ausgeführt: Ich würde
mit keinem einzigen europäischen Pensionssystem tauschen wollen (Bundesrat Ebner: Bravo!); das ist nicht der Fall.

Zur Sicherheit: Ich sage Ihnen jetzt etwas zu den Kosten, weil immer das Argument kommt: Ja, es müssen so viele Bundesbeiträge in das Pensionssystem geleistet werden, und das ist ausufernd und irgendwann ist das alles nicht
mehr finanzierbar! – Sie haben vom Generationenvertrag gesprochen,
und ich sage Ihnen, ich kann mich erinnern, dass man uns schon in meinen Ju­gendjahren gesagt hat: Ihr werdet dann irgendwann keine Pension mehr bekommen, geht in die private Pensionsvorsorge, weil die Pensionen nicht mehr sicher sind! – Ich habe das nicht getan, bin jetzt 65 oder werde dem­nächst 65 und werde eine Pension bekommen – davon gehe ich jedenfalls aus, das steht auch auf meinem Pensionskonto ausgewiesen; keine Politiker­pension, sondern eine ASVG-Pension. (Präsident Ebner übernimmt den Vorsitz.)

Die Debatte wird weitergehen. Wenn man vorschaut: Bis 2070 gibt es
natürlich einen Zugang der Boomergeneration – meine Generation,
ich, Boomer – in die Pensionen. Das erhöht die staatlichen Zuschüsse ins Pensionssystem, aber nur vorübergehend. Das ist eine – wie soll ich
sagen? – Ausbildung einer Spitzenzuschussgeschichte ins System, die sich dann wieder abflachen wird. Das ist auch von der Alterssicherungskommission
in ihrem Langzeitgutachten – wenn Sie es mir nicht glauben – dargelegt worden. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)

Ich bin bei Ihnen, wenn es darum geht, mit der Schlechtmacherei oder mit der Krankjammerei des österreichischen Pensionssystems aufzuhören. Es ist
ein Umlageverfahren, es ist ein Generationenvertrag. Mit dem Pensionskonto ist ein kluges System ausformuliert. Vom Leistungsniveau her – ich bitte, das
zu bedenken – ist die Nettoersatzrate des österreichischen Pensionssystems im europäischen Vergleich und insbesondere im Vergleich mit unserem Nach­barn Deutschland eine wirklich hohe. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)


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Erstens braucht sich da niemand zu verstecken, und zweitens ist das ein Modell, das niemand infrage stellt.

In den Jahren der Krisen – der Teuerung, der Energiekrise, der Inflation,
auch hinsichtlich der Wohnkosten und der Lebensmittelkosten und so weiter – hatten wir eine Situation, in der natürlich bestimmte Härten aufgetreten
sind. Ich bitte zu bedenken, dass sich die Pensionsanpassungen der letzten bei­den Jahre bei 15 Prozent bewegen und zusätzlich durch Sonderzahlungen
an Pensionistinnen und Pensionisten abgesichert und abgegolten worden sind. Alle relevanten Institute von rechts bis links haben nachgewiesenerma­ßen dargelegt, dass die Mindestpensionisten und Mindestpensionistinnen eine Abgeltung über die Inflationsanpassung der Pensionen und über die zusätz­lichen Zahlungen der Bundesregierung, welche die Teuerung mehr als kompen­siert hat – mehr als kompensiert hat! –, bekommen haben. (Beifall bei
Grünen und ÖVP.)

Bei aller Kritik, die ich natürlich ernst nehme und teile, bitte ich, die Zahlen, Daten und Fakten einfach zur Kenntnis zu nehmen. Das ist errechnet, und das ist anhand von Fallbeispielen nachvollziehbar. Ich habe mir das – glauben Sie
mir! – im Detail angeschaut, weil ich natürlich auch weiß und mir klar ist, dass Mindestpensionistinnen und Mindestpensionisten oder Menschen, die
bei den Pensionen am untersten Ende der Einkommensskala liegen, besondere Schwierigkeiten haben. Es war ja mein Bestreben, insbesondere im Be­reich der Sozial- und Familienleistungen, die automatische Valorisierung hinzu­bekommen, weil diese Leistungen über die Jahre und durch die Inflation
immer weniger wert geworden sind. Die automatische Anpassung ist jedenfalls auch ein Beitrag, die Dinge zu sichern. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Jetzt muss ich mit den Fragen weitermachen, sonst komme ich nicht hin.

Zur Frage 22:

Nein. Das erklärte Ziel ist die Heranführung des faktischen Pensionsalters an das gesetzliche.


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Nachsatz und Ergänzung: Das beinhaltet auch – ja! –, Arbeitsbedingungen zu schaffen, dass Menschen bis zum realen oder faktischen Pensionsan­trittsalter arbeiten können. Das beinhaltet auch die Umgestaltung von Arbeits­verhältnissen insbesondere dort, wo Schwerarbeit geleistet wird.

Zur Frage 23:

Weil der Antrag nicht nur auf das gesetzliche Pensionsalter abstellte, sondern mehrere Punkte enthalten hat und diese viel zu allgemein formuliert waren.

Zur Frage 24:

Im Rahmen meines Zuständigkeitsbereichs liegt der Schwerpunkt klar auf der Stärkung der Prävention und der Rehabilitation. Unzweifelhaft ist aber,
dass entscheidende Bedeutung insbesondere einer entsprechenden – das habe ich schon gesagt –, altersgerechten Gestaltung der Arbeitsplätze zukommt.

Zur Frage 25:

Auch da eine klare Aussage: Die zweite und dritte Säule können bestenfalls eine Ergänzung zur gut funktionierenden ersten Säule im österreichischen Pensionssystem sein. Entscheidend ist, dass diese erste Säule nicht infrage ge­stellt wird – Punkt.

Zu den Fragen 26 und 27:

Der Kern der Problematik liegt im Bereich der faktischen Durchsetzung arbeits­rechtlicher Ansprüche und ist damit nicht in meinem Zuständigkeitsbereich, sondern in jenem des Herrn Bundesministers für Arbeit und Wirtschaft.

Aufgrund des in der Sozialversicherung geltenden Anspruchslohnprinzips wirkt sich allerdings die bloße Nichtzahlung auf allfällige Anwartschaften der Versicherten in der Pensionsversicherung grundsätzlich nicht aus, sofern der Sozialversicherung die korrekten Beitragsgrundlagen gemeldet worden
sind.


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Angesichts der signifikanten Beitrags- und Steuerausfälle ist allerdings unstrittig, dass dieses Problem im Hinblick auf die nachhaltige Finanzierung des Sozialstaates behoben werden muss. Dazu trage ich ihm Rahmen meines Res­sorts gerne bei.

Zur Frage 28:

Primäres Ziel – da stimme ich mit der Anfragestellerin voll und ganz überein (Bundesrätin Schumann: Bravo! Prima!) – ist die Absicherung des Pen­sionssystems. Dies soll vor allem durch eine Heranführung – das habe ich gesagt – des faktischen an das gesetzliche Pensionsantrittsalter
geschehen.

Die Babyboomergeschichte und die Langzeitwirkung habe ich ausgeführt.

Zu den Fragen 29 und 30:

Die Frage nach der weiteren Entwicklung dieser Maßnahme wäre zuständig­keitshalber auch diesfalls an den Herrn Bundesminister für Arbeit zu
richten.

Grundsätzlich darf ich darauf hinweisen, dass sich aus einer intensiven Inan­spruchnahme alleine noch nicht ableiten lässt, dass beziehungsweise
ob eine Maßnahme ein Erfolgsmodell ist.

Last, not least zu den Fragen 31 und 32:

Derzeit bestehen bereits mehrere Möglichkeiten, Tätigkeiten im Pflege- und Betreuungsbereich als Schwerarbeit zu qualifizieren.

Ein Satz noch zur Schwerarbeit – das habe ich hier auch schon ausgeführt –: Die Schwerarbeitsregelung entlang der Kaloriengrenze ist ein untaugliches
Modell. Das ist in die Jahre gekommen und funktioniert so nicht mehr, weil man beispielsweise in der Pflege oder im Gesundheitsbereich nicht mit Kalorien­zahlen operieren kann, wie es in der Stahlindustrie oder am Bau der


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Fall gewesen ist. Das bedarf, wie ich finde, einer Anpassung, dann aber berufs­gruppenübergreifend, um zu einer Modellierung zu kommen, die dem
auch Rechnung trägt, und das beinhaltet die Ausgestaltung von Arbeitsbedin­gungen, um eben die Tätigkeiten bis zum Pensionsantrittsalter ausführen
zu können.

Letzter Satz – und damit schließe ich dann –: Ich finde, wir sollten – wie soll ich sagen? – bei aller Kritik, die man üben kann, und bei allen Fragen, die sich
im Zusammenhang mit dem Pensionssystem stellen, den Menschen schon auch vermitteln, dass wir stolz sein können, in Österreich zu leben, und dass
wir stolz darauf sein können, dass dieses Pensionssystem geschaffen worden ist. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Ich würde Sie wirklich parteiübergreifend da­rum ersuchen und darum bitten. Die Bundesregierung hat und ich habe in mei­ner Zuständigkeit alles getan, um das auch so zu erhalten (Beifall bei Grü­nen und ÖVP), und dort, wo es durch die Teuerung Verwerfungen gegeben hat, ist dem jedenfalls mit Maßnahmen entgegengetreten worden.

Letzter Satz: Im Übrigen bin ich der Meinung, dass ein Umlagemodell, das Mo­dell, das wir haben, und der Generationenvertrag das weit tauglichere Pensionsmodell sind als ein kapitalgedecktes Verfahren, das von den Kapital­märkten abhängig ist. – Danke schön. (Beifall Grünen und ÖVP.)

16.40


Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Vielen Dank, Herr Bundesminister, für die An­fragebeantwortung.

Wir gehen nunmehr in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß § 61 Abs. 7 der Geschäftsordnung die Redezeit eines jeden Bundesrates mit insgesamt 20 Minuten begrenzt
ist.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Manfred Mertel. Ich erteile ihm dieses.



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16.41.36

Bundesrat Dr. Manfred Mertel (SPÖ, Kärnten): Sehr geschätzter Herr Präsident! Sehr geschätzter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen
im Bundesrat! Ich darf mich zunächst einmal recht herzlich für die ausführliche Beantwortung bedanken, darf Ihnen als Vertreter der älteren Generation
aber gleichzeitig mitteilen, dass in den letzten Tagen eine Welle der Empörung auf mich zugekommen ist, und zwar genau zu dem Zeitpunkt, als man die
Gagen der ORF-Führungskräfte beziehungsweise -Entertainer kundgemacht hat.

Gerade die ältere Generation hat sich sehr verunsichert gefühlt, und ich habe das dann zum Anlass genommen, einmal nachzuschauen, wie viel an
Pension man in Kärnten durchschnittlich erhält. Da ist mir aufgefallen, dass die der Frauen in den letzten Jahren beziehungsweise im letzten Jahr bei durchschnittlich 1 200 Euro lagen und jene der Männer bei 1 900 Euro. Das ist an und für sich vielleicht keine Motivation, direkt in Pension gehen zu
wollen beziehungsweise sich auf diese zu freuen, denn wenn man den Vergleich anstellt hinsichtlich dessen, was in der letzten Zeit an Teuerung auf uns zugekommen ist, darf ich Ihnen als Vertreter der älteren Generation schon sa­gen, dass sich die Leute sehr, sehr schwertun.

Das betrifft unter anderem die Kosten bei den Lebensmitteln. Kollegin Schumann hat das richtigerweise erkannt: Wir alle wollen ja die Pension gesund erleben, weil wir dadurch im Endeffekt auch die Pflegebedürftigkeit hint­anhalten, und die Lebensmittelkosten, insbesondere für eine gesunde Ernährung, sind schon extrem gestiegen. Es geht eigentlich nicht nur darum, dass man
sich ernährt, sondern vor allem auch darum, dass man sich gesund ernährt. (Bei­fall bei der SPÖ.)

Es geht, denke ich, aber auch darum, dass die Energiekosten extrem gestiegen sind. Kollege Bernard – er ist jetzt, glaube ich, nicht im Saal – hat heute ge­sagt, dass sich die Leute auch keine angemessene Wohnungswärme mehr leisten können. Das ist auch ein großes Problem, das eigentlich die ältere Genera­tion betrifft, und bei all ihren Sparmaßnahmen schaffen sie es noch,


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die Kommunikation untereinander zu fördern, indem sie über diese Probleme sprechen.

Ich glaube, es ist ein wichtiger Ansatz, dass wir die Energie- und die Lebensmittelkosten, aber auch die Kosten im Gesundheitswesen näher beleuch­ten. Ich darf Ihnen vielleicht mitteilen, dass die ältere Generation heute
größte Schwierigkeiten hat, sich einen Zahnersatz oder eine Brille, einen Ersatz für eine Brille zu leisten, und das sind eigentlich Dinge, die wir in einem
sozial freundlichen Österreich nicht haben wollten. Ich glaube, wir müssen auch darüber reden, dass die ältere Generation Wertschätzung erhalten muss
(Beifall bei der SPÖ) – Wertschätzung, die wir von unseren Eltern mitgegeben be­kommen haben und die wir auch an die Jugend weitergeben wollen.

Sie haben treffend gesagt, dass Sie heuer das 65. Lebensjahr erfüllt haben oder es erfüllen werden. Ich darf Ihnen nur sagen, ich habe bis zu einem Alter
von 65 Jahren und vier Monaten gearbeitet und habe eigentlich nur auf den Be­scheid gewartet, darauf, dass mir jemand sagt, ich darf nicht mehr in die
Arbeit gehen. Ich darf Ihnen aber auch berichten, dass es richtig war, dass ich mit 65 und vier Monaten nicht mehr zur Arbeit gegangen bin, weil ich – wenn
ich hier in die Mitte schaue – einfach glaube, dass es junge Menschen geben muss, die mit neuer Innovationskraft, mit neuer Kreativität unser Gesell­schaftsleben prägen und letztendlich auch in Führungspositionen der Gesell­schaft wichtige Dienste leisten. Deshalb – auch wenn Sie jetzt klargestellt haben, dass es keine Diskussion in die Richtung gibt, nach 65 noch weiter arbeiten
zu müssen – glaube ich, dass es ein richtiger und vernünftiger Schritt der Politik wäre, das ja nicht fortsetzen zu wollen. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich als älterer Mensch glaube aber dennoch, dass wir, wenn wir von dieser Wert­schätzung ausgehen, auch immer das Gute und das Gerechte in den Mittel­punkt stellen sollen.

Das Gute ist, das haben Sie sehr deutlich gesagt – und damit war ich sehr ein­verstanden –, als Sie gesagt haben, dass an dem österreichischen Pen­sionssystem, dem staatlichen Pensionssystem, nicht gerüttelt werden darf. Es ist,


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glaube ich, ein Grundstein unseres Zusammenlebens, dass wir dementspre­chend den Respekt und die Wertschätzung gegenüber der älteren Generation ausleben können.

Wo ich aber nicht mit Ihnen einverstanden sein kann – ich hoffe, dass Sie vielleicht auch gar nicht der Betroffene waren –, ist Folgendes: Ich habe einmal in einer Debatte im Dezember ausgeführt, dass ich am 20. Dezember bei meinem Fenster hinausgeschaut und bemerkt habe, dass bei der Errichtung ei­nes Wohnbaus 15 Männer – Frauen habe ich keine gesehen – bei Sturm
und Schneefall extrem hart an diesem Wohnbauprojekt arbeiten.

Da habe ich mir gedacht – und das möchte ich jetzt wiederholen –: Gerade für diese Männer haben wir keine Wertschätzung, denn die Hacklerregelung
für Menschen, die bei solchen Bedingungen arbeiten müssen, haben wir eiskalt abgeschafft, und wir finden es nicht einmal der Mühe wert, darüber nachzudenken, dass es vielleicht einen Klimawandel gibt, durch den es für Bauarbeiter eine große Herausforderung ist, bei extremsten Tempera­turen – sowohl was Minusgrade als auch was Plusgrade anlangt – für unser Wohlbefinden arbeiten zu müssen. (Beifall bei der SPÖ.)

Aus diesem Grund glaube ich auch, dass wir Modelle schaffen sollten, mit denen wir die ältere Generation durch Anerkennung und Respekt motivieren
können, vielleicht noch in einem Alter jenseits von 65 am Erwerbsleben teilneh­men zu wollen oder teilnehmen zu können. Wir müssen da Modelle fin­den, durch die im Endeffekt die Sinnhaftigkeit gegeben ist, der übrigen Gesell­schaft noch wertvolle Dienste zu leisten – aber die Entlohnung dieser wertvollen Dienste müsste auch mit einer dementsprechenden finanziellen Anerkennung erfolgen.

Deshalb verstehe ich eigentlich nicht, dass wir die Aliquotierungen bei der Pen­sionsanpassung so mir nichts, dir nichts durchgehen lassen, denn wenn
wir auf der einen Seite sagen, dass wir eigentlich wollen, dass Menschen länger


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im Berufsleben bleiben, dass sie auch dafür belohnt werden, im Berufsle­ben zu bleiben, so erscheint mir auf der anderen Seite gerade diese Aliquotie­rung der Pensionsanpassung eigentlich gegen den Willen der Regierung,
dass man eigentlich länger arbeiten sollte oder auch am faktischen Pensionsalter arbeiten sollte, zu sein.

Ich glaube, das sind Ungerechtigkeiten, die man doch aufzuzeigen hat,
über die man auch zu reden hat. Gleichzeitig hat Kollegin Schumann richtiger­weise gesagt, dass wir auch die Beschäftigung brauchen – wir brauchen
auch die Beschäftigung! Ich darf Ihnen versichern, dass die ältere Generation im­mer dazu beitragen wird, einer jungen Generation Mut zu machen, Hoff­nung zu geben und auch Beistand zu leisten. Das waren wir gewohnt, und ich darf berichten, Herr Bundesminister, dass man auch schon zu meiner Zeit
gesagt hat: Du wirst wahrscheinlich nie eine Pension bekommen! – Doch das staatliche Pensionssystem hat sich sehr, sehr gut bewährt. Darauf kön­nen wir alle gemeinsam stolz sein, das heißt aber trotzdem nicht, dass wir nicht Korrekturen vornehmen müssen.

Auch wenn der Verfassungsgerichtshof in seinem jüngsten Erkenntnis zur Aliquotierung der ersten Pensionsanpassung diese als nicht verfassungswidrig festgehalten hat, möchte ich trotzdem im Namen der Bundesrät:innen
Korinna Schumann, Mertel und Schachner einen Entschließungs­antrag einbringen.

Entschließungsantrag

der Bundesrät:innen Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Ab­schaffung der ungerechten Aliquotierung der ersten Pensionsanpassung“.

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz wird aufgefordert, dem Nationalrat und dem Bundesrat umgehend eine


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Regierungsvorlage zur Beschlussfassung zu übermitteln, mit der die Aliquotie­rung der ersten Pensionsanpassung rückwirkend mit 1.1.2022 abgeschafft
wird.“

*****

(Beifall bei der SPÖ.)

In diesem Zusammenhang möchte ich Herrn Kollegen Schreuder, den ich wirklich sehr schätze, ansprechen. Ich glaube, die Beseitigung der Ungerechtigkeiten, die wir im Pensionssystem mit Blick auf Frauen haben, ist – wie du es einmal formuliert hast – Männersache. Wir sollten dafür kämp­fen, dass Frauen und Männer gleiche Pensionen bekommen, denn die Arbeit der Frauen ist eine unbezahlbare, möchte ich sagen, und sie verdienen es
genauso wie die ältere Generation insgesamt, mit Respekt behandelt zu wer­den.– In diesem Sinne, Herr Bundesminister, danke für die Aufmerksam­keit. (Beifall bei der SPÖ.)

16.51


Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Vielen Dank, Herr Bundesrat.

Der von den Bundesräten Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen einge­brachte Entschließungsantrag betreffend „Abschaffung der ungerechten Aliquotierung der ersten Pensionsanpassung“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Andrea Eder-Gitschthaler. Ich erteile ihr das Wort.


16.52.01

Bundesrätin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler (ÖVP, Salzburg): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kol­legen! Sehr geehrte Damen und Herren – wo immer Sie uns heute noch zuhören oder zusehen! Nachdem ich Kollegin Schumann und auch Kollegen Mertel,


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den ich als Seniorenvertreter ja wirklich sehr schätze, gehört habe, denke ich mir, dass die Verunsicherung nicht weniger geworden ist, sondern mehr. (Beifall
bei ÖVP und Grünen. – Bundesrätin Schumann: Also geh! – Zwischenruf der Bundes­rätin Hahn.)

Wenn ihr damit bezwecken wolltet, dass die Leute jetzt wissen, dass die Pensionen sicher sind, dann habt ihr mit diesem Negative Campaigning sicher das Gegenteil erreicht. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Ruf bei der SPÖ:
„Negative Campaigning“! Großartig!)

Ich danke dem Herrn Minister für die sehr profunde Beantwortung, Sie haben wieder ein bisschen Licht in die Sache gebracht. Ich kann nur sagen, ihr
lebt wirklich in einer anderen Welt. (Bundesrätin Schumann: Ihr lebt in einer an­deren Welt!) Ich bin seit vielen, vielen Jahren Seniorenvertreterin, ich
hatte gestern wieder 60 Damen und Herren hier im Haus, die ihr Leben genie­ßen, denen es gut geht, die froh, zufrieden und glücklich sind (Bundesrat Schennach: Ja, weil es einen anderen Bürgermeister gibt!) und die wirklich ein Le­ben, wie ich mir das auch vorstelle. (Bundesrätin Schumann: Die sind alle
froh und zufrieden! – Ruf bei der SPÖ: Alle!)
Ich selbst bin ja auch Seniorin. Das Pensionssystem ist sicher, ja, es ist Gott sei Dank sicher, weil die Regie­rung Schüssel so viel gemacht hat, um es sicher zu machen. (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrat Schennach: ... hat einen neuen Bürgermeister!)

Wenn wir schon von Wertschätzung reden: Sie gebührt besonders den Seniorinnen und Senioren, die so viel für unsere Gesellschaft leisten. Ich denke da an die vielen Vereine, in denen Seniorinnen und Senioren aktiv sind, ich denke daran, wie sie in der Kinderbetreuung helfen, als Oma, als Opa, daran, wie sie als Konsumentin, als Konsument mit ihrem Konsumverhalten – ich den­ke nur an die Reisen (Bundesrätin Grimling: Reisen?! Ja, wer kann sich
das leisten?)
 – einen wichtigen Beitrag leisten. Was täten wir im Pflegebereich ohne die pflegenden Seniorinnen und Senioren?


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 283

Ich habe das erhoben: Anfang 2022 lebten in Österreich 1,75 Millionen Senioren über 60 – wo immer man diese Grenze ansetzt –, davon sind so viele aktiv
im Ehrenamt et cetera und für uns alle tätig. (Ruf bei der SPÖ: Und alle sind froh!) Wie gesagt: Ich glaube, den Damen und Herren, allen Seniorinnen und
Senioren, gebührt ein großes Danke für das, was sie für unsere Gesellschaft leisten. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Die ach so böse Regierung hat ja eine ganz unmögliche Pensionserhöhung auf den Weg gebracht. An die 10 Prozent – 9,7 genau – waren es heuer,
plus die Abschaffung der kalten Progression. (Bundesrätin Schumann: Wegen der Inflation wäre es!) Wenn Sie die Seniorinnen und Senioren fragen: Die
sind alle hocherfreut. (Ruf bei der SPÖ: Froh und zufrieden, ja!) Wir haben auch das Pflegegeld valorisiert – der Herr Minister hat es schon gesagt –, plus - - (Bundesrat Schennach: Danke, Andrea! – Ruf bei der SPÖ: Schau, schau! Wow!) – Bitte, gerne. (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrätin Grimling: In Salzburg ist
alles anders!)

Krankengeld, Familienbeihilfe, Mehrkindzuschlag und das Pflegegeld, das für viele Seniorinnen und Senioren wichtig ist, haben wir um 9,7 Prozent
erhöht. (Bundesrätin Grimling: Ja, danke!) Das alles tut diese Regierung, und das ist für euch wieder überhaupt nichts. (Bundesrätin Grimling: Danke,
danke!)
Ich denke, das kann sich wirklich sehen lassen. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Wir haben es schon gehört: Wir haben die Schutzklausel auf den Weg gebracht. (Bundesrätin Schumann: Aber unter Druck! Unter Druck!) Und auch da hat
im letzten Jahr – ich weiß das ja von vielen Gesprächen – die Pensionsversi­cherungsanstalt immer wieder gesagt: Bitte, bitte, geht ja in Pension,
wer weiß, ob das auf den Weg gebracht wird!, und hat damit dazu beigetragen, dass viele Seniorinnen und Senioren frühzeitig in Pension gegangen sind
und einiges verloren haben, zum Beispiel Jubiläumsgelder. (Bundesrätin Schu­mann: Ja, hättet ihr es früher eingeführt!) Auch da wurde nicht seriös
beraten. Wir versprechen es, und wir halten unsere Versprechen auch – wie man


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an der Schutzklausel sehen kann. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe der Bundes­rätinnen Gerdenitsch und Grimling.)

Wenn es notwendig ist – das haben wir auch im Seniorenrat besprochen, das ist parteiübergreifend Common Sense –, dann werden wir uns dafür einsetzen,
dass es auch 2025 diese Schutzklausel gibt. Man muss jetzt aber abwarten, wie sich die Inflation gestaltet. (Bundesrätin Grimling: Ja, wir warten auf ...! Wir
warten! Wir warten!)
Ich glaube, wir sind alle im gleichen Boot. Nur zu sagen: Wir tun nichts!, ist unseriös, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPÖ. (Bun­desrätin Grimling: Ja, wir warten! – Zwischenrufe der Bundesräte Reisinger, Schen­nach und Steiner.)

Auch die Aliquotierung haben wir auf den Weg gebracht. Wenn der Ver­fassungsgerichtshof sagt, die erste Aliquotierung ist rechtens, dann können wir uns doch nicht beim Gesetzgeber aufregen! (Bundesrätin Hahn: Gerecht
und gescheit für die Leute sind zwei Paar Schuhe! – Bundesrat Steiner: Wer ist der Gesetzgeber? ... Der Gesetzgeber bist du!)
Ihr sagt immer, wir, die ÖVP,
schätzen die Justiz nicht, und jetzt wollt ihr einen anderen Weg gehen. Das ist rechtens, ob es uns passt oder nicht, die Gerichte haben entschieden.
(Bundesrat Reisinger: Aber ungerecht! Rechtens, aber ungerecht! Wer redet davon, dass es nicht rechtens ist? – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Zu den Frauenpensionen – ich habe das hier schon einmal gesagt, das ist
ja keine Geschichte, die vom Himmel gefallen ist –: Wir haben das 1992 mit ei­nem Verfassungsgesetz beschlossen (Bundesrätin Schumann: Aber mit
einem Sideletter!)
 – 1992, ich habe es gesagt –, wir haben jetzt 2024, das sind 32 Jahre, und in dieser Zeit konnte man sich doch darauf einstellen. (Bundesrätin Schumann: Natürlich! Genau!) Im Übrigen sind wir eines der letzten Länder, die noch 60 als Pensionsantrittsalter für Frauen haben. Und dass
das jetzt da ist - - (Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Ihr seht Arbeit immer als Strafe, als fürchterlich; es gibt auch Menschen, die froh sind und gerne arbeiten
(Ruf bei der SPÖ: Ja, genau!), und besonders bei Frauen ist es so, dass sie in diesen Jahren dann noch Beitragsjahre und damit Beiträge für das Pensionskonto


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erwerben können. (Bundesrätin Hahn: Aber die sollen sie vorher schon erworben ha­ben! – Zwischenruf der Bundesrätin Gerdenitsch.) Es gibt viele, die darü­ber nicht unglücklich sind, dass sie länger arbeiten dürfen. (Beifall bei der ÖVP.)

Es hat auch schon vorher Klagen gegeben, da Frauen, die länger arbeiten wollten, sobald sie 60 waren, gekündigt wurden. (Bundesrätin Hahn: Sie werden jetzt auch gekündigt!) Ich kenne Journalistinnen, ich kenne Ärztinnen – ihr
sicher auch – - - (Bundesrätin Schumann: Journalistinnen und Ärztinnen! Das ist ja ein Wahnsinn! – Bundesrätin Grimling: ... Arbeiterinnen? – Weitere Zwischen­rufe bei der SPÖ.) – Arbeit ist nicht nur Leid, Unheil und Unbill. Viele Menschen können sich in ihrer Arbeit verwirklichen. Wie gesagt, das haben wir jetzt,
damit werden die Frauen eine ordentliche Pension erwerben können. (Zwischen­rufe bei der SPÖ. – Vizepräsident Ebner gibt das Glockenzeichen.) – Ich finde
es großartig, dass ich so viel Beifall auf der anderen Seite errege. (Beifall bei der ÖVP. – Ruf bei der SPÖ: Kein Beifall! Das ist kein Beifall!)

Liebe Korinna Schumann, bei einer Maßnahme treffen wir uns: Auch wir
sind dafür, die Kindererziehungszeiten wirklich noch besser anzurechnen. (Ruf bei der SPÖ: Das wollen Sie ja auch nicht!) Wir sind auch für das automati­sche Pensionssplitting, um die Situation für Frauen in der Pension zu verbessern. (Bundesrätin Schumann: Die sind eh alle froh und zufrieden! – Ruf bei der SPÖ:
Aber nicht für die, die kein Geld haben!)
Das wollt ihr ja auch nicht hören, aber das wäre nur fair und richtig, und das möchten wir unbedingt durchsetzen.
(Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ. – Vizepräsident Ebner gibt neuer­lich das Glockenzeichen.)

Weil ich schon bei den Frauen bin, das wollt ihr auch nicht hören: Wir haben das Budget für die Frauen seit Beginn der Legislaturperiode 2019 verdoppelt. Unsere Frauenministerin macht also schon etwas, aber ich weiß, das wollt ihr auch nicht hören. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Wo wir uns auch treffen können, ist, dass wir die Frauen darauf aufmerk­sam machen, dass sie, wenn sie Teilzeit arbeiten, einen niedrigeren Beitrag auf


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ihr Pensionskonto einbezahlen, als wenn sie Vollzeit arbeiten. Man muss
also die Frauen darauf aufmerksam machen, was es für ihre Pension bedeutet, wenn sie Teilzeit arbeiten. Auch das könnten wir gemeinsam machen.

Da bin ich schon beim Thema Arbeiten im Alter. Ich glaube, wir sind uns einig, dass wir alle wollen, dass sich das faktische Pensionsantrittsalter erhöht,
aber keinesfalls wollen wir eine gesetzliche Erhöhung des Pensionsantrittsalters. Das wollt ihr uns auch immer wieder einreden und umhängen, wie wir
heute schon bei Herrn Minister Brunner gesehen haben. Das ist also keinesfalls so, sondern wir wollen dafür sorgen, dass die Menschen länger gesund in
Arbeit bleiben. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Ein Jahr länger zu arbeiten erspart dem Staat rund 2,8 Milliarden Euro. Wir haben daher auch das
Bonus-Malus-System angepasst, sodass man, wenn man länger, über das Pensionsalter hinaus, arbeitet, dann auch einen höheren Bonus
bekommt.

Wichtig ist uns auch – das wollt ihr auch nicht hören – die Erhöhung der Attraktivität des Arbeitens in der Pension. Fast jede Woche sagen mir drei, vier Personen: Macht endlich etwas, damit ich dann, wenn ich in der Pension
bin, auch noch ein ordentliches Gehalt für meine Arbeit bekomme! (Bundesrat Steiner: Umsetzen! Umsetzen!) – Wir haben schon den Pensionsbeitrag
bis zur doppelten Geringfügigkeitsgrenze abgeschafft, das ist aber für uns nur ein erster Schritt. Wir wollen einen Steuerabsetzbetrag, dass sich das Arbeiten in der Pension – auf freiwilliger Basis – lohnt, denn wir Seniorinnen und
Senioren werden in der Wirtschaft gebraucht. (Beifall bei der ÖVP.)

Da bin ich wieder bei dem Punkt: Arbeiten ist nichts Schlechtes. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Menschen wollen oft in der Pension weiterarbeiten, und das
soll sich dann auch lohnen – für uns alle. Dafür werden wir uns auch weiterhin stark engagieren.

Was mir bei euren Ausführungen ganz abgegangen ist, ist das Thema Altersdiskriminierung. Das ist wirklich ein wichtiges Thema für Seniorinnen und


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Senioren. Ich mache derzeit einen Bericht für den Europarat – Kollege Schennach weiß das –, und in diesem Zusammenhang wurde uns berichtet, dass jeder Zweite in Europa es nicht schlecht findet, Seniorinnen und Senioren
zu diskriminieren.

Wir haben da schon einiges auf den Weg gebracht. Zum Beispiel haben wir die Richtlinien für die Kreditvergabe an Seniorinnen und Senioren dahin ge­hend abgeändert, dass das Alter kein Entscheidungskriterium mehr dafür sein darf, ob die Seniorinnen und Senioren einen Kredit bekommen. Da gäbe
es wirklich noch sehr viele Dinge zu machen, und dafür könnten wir uns gemein­sam einsetzen, denn da geht es um unser aller Leben, darum, wie wir Seniorinnen und Senioren leben, wie es uns im Alltag geht.

Ich will weiterhin eine Kreditkarte haben, ich will eine Bank mit einem Berater haben, ich will keine anonymen Hotlines haben, ich will keine No-reply-Mails bekommen, und schon gar nicht will ich, dass man alles digital machen muss, auch wenn man das vielleicht gar nicht kann. Das ist ein Problem
für viele Seniorinnen und Senioren, und da könnten wir uns gemeinsam sehr stark dafür einsetzen, dass das Leben für die Seniorinnen und Senioren lebenswert ist, denn da fühlen sie sich wirklich abgehängt und können am Leben nicht mehr teilhaben. Da könnten wir also gemeinsam vieles erreichen.
(Beifall bei der ÖVP.)

Abschließend: Ich glaube, wir sind uns einig, dass wir für unsere Seniorinnen und Senioren und damit auch für uns ein selbstbestimmtes, finanziell abgesi­chertes Leben bis ins hohe Alter haben wollen. Die Damen und Herren haben es sich verdient, sie haben unser Land aufgebaut, sie haben uns mit großen Entbehrungen großgezogen – jetzt sind wir an der Reihe. Das sollte also, glaube ich, Common Sense sein.

Der Herr Minister hat es schon gesagt: Seien wir stolz auf unser Österreich, seien wir dankbar dafür, in diesem Land leben zu dürfen, und genießen wir es je­den Tag! – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

17.05



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Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Vielen Dank, Frau Bundesrätin.

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Andrea Michaela Schartel. Ich erteile ihr dieses.


17.05.36

Bundesrätin Andrea Michaela Schartel (FPÖ, Steiermark): Herr Vorsitzender! Herr Bundesminister! Liebe Kollegen! Liebe Frau Kollegin Gitschthaler,
erstens muss ich Ihnen ehrlich sagen, in Ihrem ersten Satz ist wieder einmal diese totale Überheblichkeit der ÖVP hervorgekommen, weil Sie es anscheinend
nicht sehen, dass es nach wie vor Menschen gibt – und da gebe ich Frau Kollegin Schumann recht –, gerade Frauen in der Pension, denen es nicht so super
gut geht wie euch Salzburgern in eurem reichen Land. (Bundesrat Himmer: Das hat ja niemand gesagt! Das ist immer diese künstliche Aufregung!) Genauso
wie Herr Schwindsackl noch immer davon überzeugt ist, es gibt niemanden, der obdachlos ist, es gibt niemanden, der eine Hilfe braucht. Das ist halt die Überheblichkeit der ÖVP, die einfach nicht zur Kenntnis nehmen will, wie es tatsächlich in diesem Land zugeht. (Beifall bei FPÖ und SPÖ.)

Bei der Aliquotierung der ersten Pensionserhöhung berufen Sie sich immer auf den Verfassungsgerichtshof, der gesagt hat, das Gesetz sei nicht verfas­sungswidrig. Ich sage Ihnen aber: Nur deshalb, weil ein beschlossenes Gesetz nicht verfassungswidrig ist, heißt das nicht, dass es gerecht ist, den Men­schen wirklich dienlich ist und nicht jederzeit wieder rückgängig gemacht wer­den kann. (Beifall bei FPÖ und SPÖ.)

So, und jetzt generell zur Dringlichen von der SPÖ mit dem Titel: „Pen­sionen in Gefahr? Entkräften Sie diesen Mythos, Herr Minister!“ In der Einleitung hat sich der erste Satz auf die Absicherung des Pensionssystems bezogen.
Die Frage 24 bezieht sich auch darauf, der Rest eigentlich weniger,
wobei ich sagen möchte, in Wirklichkeit ist diese Anfrage eigentlich eine Ak­tuelle Stunde oder eine Aussprache mit dem Sozialminister – alles, nur
keine Dringliche. Jetzt weiß ich auch, warum der Herr Parteivorsitzende Babler


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niemals eine Dringliche der SPÖ unterschreibt, nämlich weil sie nicht
§ 61 der Geschäftsordnung entspricht. Ich verstehe das. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Frau Kollegin Schumann, ich schätze wirklich Ihre Leidenschaft. Ich
schätze Menschen, die mit Leidenschaft für etwas eintreten, aber ich würde mir wirklich gerade von Ihnen als weiblicher Gewerkschafterin diese Leiden­schaft auch bei den Lohnverhandlungen wünschen, wenn es ausschließlich um jene Berufe geht, in denen hauptsächlich Frauen arbeiten. – Wer hat
denn den Kollektivvertrag für die Handelsangestellten – hauptsächlich weibliche Dienstnehmer – mit 1.12.2017 derart verschlechtert abgeschlossen? Wer
hat denn zugestimmt, dass die Anrechnungszeiten auf maximal sieben Jahre ge­kürzt werden und dadurch jeder Frau mindestens 300 Euro pro Monat
verloren gehen? Wer war denn das? (Beifall bei der FPÖ.)

Da wir jetzt die Debatte zur Dringlichen haben, gehe ich auch ein bisschen auf den Inhalt ein. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Es haben alle schon erwähnt,
dass unser Pensionssystem auf dem sogenannten Generationenvertrag basiert. Das ist eine fiktive Vereinbarung zwischen allen Generationen über die allgemeine soziale Sicherheit. Das heißt, die erwerbstätige Generation zahlt ihre Pflichtbeiträge ein, damit jene Generation, die in Rente ist, sich darauf
verlassen kann, dass sie eine Pension bekommt. Das Um und Auf, damit dieser Generationenvertrag möglich ist und erhalten bleibt, ist natürlich eine funktionierende Wirtschafts-, Arbeits- und Berufswelt. Wenn wir uns die letzten Jahre dieser Regierung anschauen, dann muss ich schon ehrlich sagen:
Sie haben alles dazu getan, um genau dieses Fundament zu verschlechtern. (Bei­fall bei der FPÖ.)

Ich erinnere nur an all Ihre Coronamaßnahmen: Lockdowns, das Weg­sperren von Menschen, die nicht geimpft waren, Einführung der Impfpflicht. Ja glauben Sie wirklich, dass das den Wirtschaftsstandort Österreich gestärkt
hat? Und wer hat es möglich gemacht? – Nicht die Schweizer mit Ricola – die


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SPÖ, weil die federführend war, wenn es um die Zustimmung zu all diesen Maß­nahmen gegangen ist. (Beifall bei der FPÖ.)

Was ist jetzt die Folge? – Wir haben sehr viele Insolvenzen. Ihr seid mitverant­wortlich, dass es in vielen Branchen einen akuten Personalmangel gibt.

Natürlich, die Gastronomie hat auch deshalb so viele Schwierigkeiten, weil die Menschen damals mitbekommen haben: Wir sind die Ersten, die auf der
Straße stehen, um die sich kein Mensch irgendwie kümmert! (Bundesrat Schmid: Das sind sich die Gastronomen ...!)

Oder wenn wir an den Personalmangel gerade in den Pflegeberufen denken: Wie viele Pfleger und Pflegerinnen wurden von ihren Arbeitgebern ge­zwungen, eine Impfung über sich ergehen zu lassen, die sie persönlich nicht wollten?! Das ist das große Problem. (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrätin Miesenberger: Also wirklich!)

Ihr da drüben lacht, ihr lieben Grünen. (Bundesrat Schreuder: Bitte?) Zu eurer fanatisch-ideologischen Energiewende muss ich sagen: Dieser Hass auf
die Autofahrer gefährdet Arbeitsplätze! (Beifall bei der FPÖ.)

Die ersten Folgen gibt es in meinem Bundesland schon. AVL List, ein führendes Unternehmen, das sich mit hervorragenden Technologien beschäftigt, hat bereits Massenkündigungen angemeldet. Und auch da hat die liebe SPÖ furcht­bar gerne zugestimmt und alle Maßnahmen, die schädlich für unser
Land sind, mitgetragen. (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrat Schennach: Aber
Andrea, ... unterscheid’s - -!)

In dieser Auflistung stehen sehr viele Dinge, die durchaus richtig sind. Auch wir haben uns mit Anträgen gemeinsam mit der SPÖ (Bundesrätin Schumann:
Aber nein!),
aber auch mit reinen FPÖ-Anträgen immer dagegen gewehrt, dass das Frauenpensionsantrittsalter angeglichen wird. Wir waren auch immer
dafür, dass die Hacklerregelung wieder eingeführt wird.


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Wenn es um diese Frauendiskriminierung geht, dann müssen wir auch einmal zur Kenntnis nehmen: Es kann nicht immer nur für eine Gruppe von Frauen Ver­besserungen geben, wir müssen es für alle Frauen machen. (Bundesrat Schennach: Wir müssen uns um die Frauen ...!)

Man muss einmal zur Kenntnis nehmen: Es gibt Gott sei Dank nach wie vor noch Frauen in unserem Land, die bereit sind, ihre Kinder selbst zu betreuen,
und das nicht nur im ersten Lebensjahr, sondern gerne bis zum dritten Lebens­jahr (Beifall bei der FPÖ); und es gibt Gott sei Dank auch Frauen, die gerne
bereit sind, Betreuungspflichten für zu pflegende Angehörige zu übernehmen, und für diese Frauen wollt ihr alle nichts tun.

Jetzt sofort den Ausbau von Kinderbetreuungseinrichtungen zu fordern, wohl wissend, dass ihr mit euren Coronamaßnahmen die Kommunen ausge­hungert habt, dass keine finanziellen Ressourcen und keine Personalressourcen für solche Dinge da sind, das finde ich ein bisschen fadenscheinig.

Wenn man es wirklich ernst meint, dann schaut man, dass es für alle Gerechtigkeit gibt. Der Staat darf ernsthaft einmal darüber nachdenken, und wir als Politiker auch, warum man für Frauen, die Betreuungspflichten über­nehmen, nicht echte pensionsabsichernde Maßnahmen trifft – denn die Realität ist einfach so, die könnt ihr nicht umdrehen. (Beifall bei der FPÖ.)

17.12


Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Vielen Dank, Frau Bundesrätin.

Als Nächster ist Bundesrat Marco Schreuder zu Wort gemeldet. Ich erteile ihm das Wort.


17.13.07

Bundesrat Marco Schreuder (Grüne, Wien): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Bevor ich jetzt auf das Thema
der Dringlichen eingehe, möchte ich etwas loswerden: Am Schluss des vorigen Tagesordnungspunktes ist etwas erwähnt worden, worüber ich jetzt auf


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die Schnelle die Faktenrecherche machen musste, sodass es dann als tatsächli­che Berichtigung nicht mehr möglich war.

Da eine junge, engagierte Kollegin in Innsbruck von Kollegen Christoph
Steiner so brutal angegriffen worden ist, möchte ich - - (Bundesrat Spanring: ... eh weiter! Es ist ja noch ...!) – Ich habe zugehört, jetzt könnt ihr auch zuhören!

Es geht um ein Häuschen der Janine Bex, nicht um eine Villa. (Bundesrat Steiner: Aber das hat jetzt nichts mit der Dringlichen zu tun!) – Nein, ich habe gesagt,
dass ich das jetzt hier klarstelle. (Bundesrat Steiner: Das hat jetzt nichts
mit der Dringlichen zu tun! Die Tagesordnung geht wieder weiter! – Rufe und Ge­genrufe zwischen Bundesrät:innen von FPÖ und Grünen.)

Lieber Christoph! Würdest du mit der Feuerwehr Hungerburg und mit
der Feuerwehr Hötting reden, statt hier Fakenews zu verbreiten, dann würdest du wissen, dass die dort eine Übung gemacht haben, dass die sich ganz
genau angeschaut haben, was mit diesem Wald los ist, dass dort
keine Löschwasserzufuhr möglich war, dass dort keine Einsatzfahrzeuge fahren können und dass es vom Forstamt Innsbruck eine behördliche Anordnung gegeben hat, Bäume auf einem Grundstück zu entfernen, das aber ein Nachbar­grundstück war, damit, wenn ein Feuer ausbricht, Löschmöglichkeiten
gegeben sind. Du willst aber diese Fakten nicht wissen, weil du lieber hier stehst, um Fakenews zu verbreiten. (Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Eines muss man der FPÖ schon auch einmal sagen (Ruf bei der FPÖ: Unglaublich!): Das einzige Interesse, das ihr habt, ist, hier zu stehen, Fakenews zu verbrei­ten und das Vertrauen in die Institutionen der Demokratie zu unterwan­dern, weil ihr einmal einen Freundschaftsvertrag mit Putin abgeschlossen habt. Ihr seid keine Patrioten, sondern ihr seid die Unterstützer Putins in Öster­reich. – Das ist die Wahrheit! (Beifall bei den Grünen, bei Bundesrät:innen von ÖVP und SPÖ sowie des Bundesrates Arlamovsky. – Ruf bei der FPÖ: Ja, ja! – Bun­desrat Spanring – erheitert –: Das passt alles total super zusammen! –
Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)


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Mir ist eh klar, dass ihr euch nicht für die Fakten interessiert, weil es euch darum nie gegangen ist und nie geht. (Bundesrat Spanring: Ist der Putin jetzt zurück,
dass die Grünen ...? –
Weitere
Zwischenrufe bei der FPÖ.) – Ich musste
das hier einmal loswerden. (Ruf bei der FPÖ: Na Gott sei Dank! – Bundesrat Steiner: Ja, bravo! Haben wir nicht den Nagel auf den Kopf getroffen?)

Jetzt zur Dringlichen: Als ich in die Politik gegangen bin, dachte ich - - (Bundesrat Steiner: Aber vielleicht hat der Putin ...! – Vizepräsident Ebner gibt das Glo­ckenzeichen) – Jetzt beruhige dich wieder, Herr Steiner, das empfiehlst du mir auch immer. Beruhige dich! (Bundesrat Steiner: Ich bin ganz ruhig!) Ja, ja,
man merkt’s. (Bundesrat Steiner: Hat der Putin die Bäume gefällt?)

Als ich in die Politik gegangen bin, bin ich immer davon ausgegangen bezie­hungsweise war es meine Vorstellung – und das ist schon einige Zeit
her –, dass wir bei den drängenden Problemen der Gesellschaft gemeinsam für die besten Lösungen werben, manchmal gemeinsam die besten Lösungen
finden und, wenn es notwendig ist, auch einen Wettbewerb der besten Lösun­gen veranstalten. (Bundesrat Spanring: Jetzt redest du zu den Grünen!
Eine Verbotspartei!)

Vielleicht bin ich naiv, aber ich glaube noch immer daran und werde es nicht auf­geben, daran zu glauben. Manchmal werde ich aber überrascht. So hat
mich diese Dringliche überrascht, weil sie zu einer Negativspirale der politischen Kultur beiträgt. (Bundesrat Schennach: Oh!)

Es haben sich jetzt Vertreter:innen aller politischen Parteien zu Wort gemeldet, und die einzigen, die das Thema aufmachen, dass das Antrittsalter auf
67 Jahre erhöht werden könnte, seid ihr, die SPÖ. (Bundesrätin Schumann: Wir werden es gleich beantworten!) Ihr seid es, die hier mit diesem Thema kom­men. Ihr tut so, als sei es ein Thema (Bundesrätin Schumann: Wir kommen gleich dazu!), obwohl es keines ist. (Bundesrätin Schumann: Ja, ja!) Ihr konstruiert
einen Widerspruch, wo es keinen Widerspruch gibt. (Bundesrätin Schumann: Ge­nau!) Das muss ich euch vorwerfen. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)


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Nun möchte ich zum inhaltlichen Bereich der Dringlichen kommen. (Bundesrat Schennach: Es gibt schon ein Interview vom Herrn Brunner, oder? – Bundes­rätin Schumann: ... zugegeben! – Ruf bei der ÖVP: Lest einmal sinnerfassend! – Bun­desrätin Schumann: Ja, geh, hör auf!) Ich werde hier jetzt einmal etwas klarstellen – hört ihr zu? (Ruf bei den Grünen: Ja! – Bundesrätin Schumann: Nein!) ‑: Die Grünen werden keiner Anhebung des gesetzlichen Pensionsantritts­alters zustimmen! Das werden wir nicht tun, das werden wir nicht tun, das wer­den wir nicht tun! (Beifall bei den Grünen. – Zwischenrufe der Bundesräte
Spanring und Steiner.)

Ich werde auch zwei Gründe nennen (anhaltende Zwischenrufe der Bundesräte Spanring und Steiner) – danke, das freut mich –, warum das unvernünftig
wäre (Bundesrätin Schumann: Wieso habt ihr dann nicht mitgestimmt beim Antrag?): Die Anhebung eines gesetzlichen Pensionsantrittsalters würde die Kosten erhöhen und nicht verbilligen. (Bundesrätin Schumann: Wieso habt ihr dann nicht mitgestimmt?)

Warum? – Es ist ja eigentlich logisch (Bundesrätin Schumann: Nur weil ihr
einen Antrag gehabt habt?):
Wer länger arbeitet, hat einen höheren Pensionsan­spruch. Das würde das System verteuern. (Bundesrätin Schumann: Ihr habt
nicht mitgestimmt beim Antrag!) Das ist schon einmal einer der Gründe, warum wir nicht dafür sind.

Und, wir haben es ja von der ÖVP gehört: Auch die ÖVP ist gegen eine Erhöhung des Antrittsalters. (Bundesrätin Grimling: Ja, wer’s glaubt, wird selig!) Seit vier Jahren sind wir in der Koalition, und wir haben natürlich viele Diskus­sionen, viele Auseinandersetzungen und da wird um Positionen gerungen. (Bun­desrat Schennach: Viele Ehen sind auf Lügen aufgebaut! – Heiterkeit bei
der SPÖ. – Zwischenrufe bei Grünen und ÖVP.)
 – Ja, Herr Kollege Schennach, zu Ihnen komme ich eh noch.

Es können sich auch noch viele an die Wahl 2006 erinnern. Wir wissen,
wie sie ausgegangen ist, und wir wissen, welches Thema damals dominiert hat.


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Mir ist deswegen schon auch klar, was eigentlich der Zweck dieser
Petitionen und dieses Thematisierens – 67 droht!, und so weiter – ist (Bundes­rätin Schumann: Aber wir lesen schon ein bisschen, was die Leute schreiben,
gell? Mit 67!):
Es geht in Wirklichkeit um Wahlkampf und nicht um reale Politik.

Zweiter Punkt, das ist mir auch wichtig: Die Grünen werden auch keinem Ausbau kapitalgedeckter Elemente im Pensionssystem zustimmen. Glücksspiel ist keine Pensionsabsicherung. Glücksspiel hat im Casino etwas verloren,
aber nicht in unserem Pensionssystem. (Beifall bei den Grünen und bei Bundes­rät:innen der ÖVP.)

Ein Thema möchte ich auch noch anschneiden: Frau Kollegin Schumann, Sie sind ja Vorsitzende der ÖGB-Frauen. Frauenpolitik ist Ihnen ein großes Anliegen (Bundesrätin Schumann: Genau!), das nehme ich mit großer Wertschätzung wahr. (Ruf bei der SPÖ: Oh, danke, danke!) Ich nehme mit großer Wertschätzung
viele Vorschläge, Aussendungen und dergleichen wahr, aber da
möchte ich schon eine Frage aus der Dringlichen besonders herausnehmen, nämlich die Frage 28.

Wenn man den Schluss, den diese Frage implementiert, anschaut, erkennt man, dass Sie allen Ernstes dafür eintreten, dass zusätzliche Steuermittel ins Pensionssystem fließen sollen und diese ausschließlich Männern
mit überdurchschnittlich hohen Pensionen zugutekommen sollen. (Bundesrätin Schumann: Nein, jetzt kommen die Frauen, die das nehmen können! Kollege Schreuder, Sie wissen’s halt nicht!) Ich habe mir das angeschaut, von
der Abschlagsfreiheit würden – mit stark sinkender Tendenz übrigens – knapp 7 Prozent aller Pensionisten eines Jahrgangs profitieren.
(Bundesrätin Schumann: Nein, jetzt kommen die Jahrgänge der Frauen, Herr Kollege!)

Im Durchschnitt kam diese Gruppe, die davon profitieren würde
(Bundesrätin Schumann: Wenn man sich nicht auskennt, ist es halt auch schlecht!), im Dezember 2022 auf Pensionen in der Höhe von 2 980 Euro.
(Bundesrätin Schumann: Jetzt kommen die Frauenjahrgänge! Jetzt kommen die


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Frauenjahrgänge!) – Frau Schumann, ich habe bei Ihrer Rede auch
zugehört, ja? (Bundesrätin Schumann: Der kennt sich nicht aus!) Die durch­schnittliche Alterspension lag im selben Monat bei 1 480 Euro.
(Bundesrätin Schumann: Bitte!) Die durchschnittliche Alterspension von Frauen lag in diesem Zeitraum bei 1 170 Euro. (Bundesrätin Schumann: Mir
brauchst das nicht erzählen! Aber jetzt kommen die Jahrgänge der Frauen, die das nehmen könnten!)
Das sind die Dimensionen, um die es hier
geht. Die durchschnittliche Neupension von Frauen lag 2022 bei 1 388 Euro.

Angesichts dieses Befunds stellt sich für mich folgende Frage: Warum
sollten 6 000 Männer (Bundesrätin Schumann: Weil jetzt die Frauen kommen!), die jedes Jahr mit einer Pension, die doppelt so hoch ist (Bundesrätin Schu­mann: Sinnlos, er hat’s nicht begriffen!) wie die durchschnittliche Frauenpension, in Pension gehen, mit 300 Euro Steuergeld noch weiterhin unterstützt wer­den und nicht die Frauen? Diese Frage möchte ich hier ganz deutlich
der Vorsitzenden der ÖGB-Frauen stellen. (Bundesrätin Schumann: Na geh! Das werden wir dann erklären! – Zwischenruf der Bundesrätin Grimling.) Da
wird ein Geschenk der Steuerzahler:innen für wenige Männer gefordert, ein Geschenk, das Frauen in den nächsten 30 oder 40 Jahren nicht
bekommen würden. (Bundesrätin Schumann: Rechnet die Kindererziehungszeit besser an!)

Selbst mit anrechenbaren fünf Jahren aus der Kinderbetreuung (Bun­desrätin Schumann: Vier Jahre werden angerechnet!) und den vollen in den nächs­ten Jahren hinzukommenden fünf Jahren längerer Erwerbstätigkeit (Bun­desrätin Schumann: Geh, er kennt das System nicht!) kommen Frauen nicht einmal in die Nähe der für die frühere Abschlagsfreiheit notwendigen 45 Beitrags­jahre. (Bundesrätin Schumann: Vier Jahre werden angerechnet! Das ist ja schmerz­haft! Vier Jahre werden angerechnet!) – Frau Schumann, ich weiß nicht,
warum, aber ihr setzt euch für eine Regelung ein, die Frauen diskriminiert und von der Männer profitieren würden, und das verstehe ich einfach nicht!


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(Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP. – Bundesrätin Schumann: Aber geh, geh, geh! Ich erklär’s dann! Ich habe eine Erklärung!)

Diese Regelung, für die Sie sich jetzt einsetzen, wurde im Übrigen im Jahr 2012 von einem Sozialminister Hundstorfer abgeschafft, nämlich unter anderem
mit den Stimmen – es sind heute noch zwei SPÖ-Bundesrät:innen unter uns, die damals mitgestimmt haben – der Kollegin Grimling und des Kollegen
Schennach. Diese Regelung wurde damals abgeschafft, weil sie mit sehr, sehr hoher Wahrscheinlichkeit verfassungswidrig war. Es ist eher nicht so
einfach zu begründen, warum ein entrichteter Beitragseuro eines Mannes mehr wert sein soll als der einer Frau. (Bundesrätin Schumann: Ach geh! Wenn
man sich bei einem System nicht auskennt, ist es auch tragisch!)

Frau Schumann, übrigens haben ÖGB und Arbeiterkammer genau aus diesem Grund die unvollständige Abschlagsfreiheit, die im September 2019
vor der Wahl beschlossen wurde, nicht vor dem VfGH bekämpft, das wissen Sie ganz genau. (Bundesrätin Schumann: Was?) Das Ergebnis hätte wahrschein­lich die Aufhebung der Abschlagsfreiheit zur Folge gehabt. (Bundesrä­tin Schumann: Was, was? Wer hat ... geschrieben?) Und weil das so ist und weil die Abschlagsfreiheit ausschließlich Männern mit ohnehin hohen Pensionen zugutekommt (Bundesrätin Schumann: Geh!) und zugutekam und weil diese sehr wahrscheinlich vom VfGH aufgehoben werden würde, haben wir, auch
die Grünen, dafür gesorgt, dass diese Steuermittel, die für die Abschlagsfreiheit aufgewendet wurden (Bundesrätin Schumann: Nicht jetzt den Frühstarter­bonus!), nicht einfach mir nichts, dir nichts ins Budget zurückfließen, nein, wir haben einen Frühstarter:innenbonus gestartet. (Bundesrätin Schumann:
Starter!)
Es ist schon wichtig, das zu sagen. Vom Frühstarter:innenbonus profi­tieren ungefähr 50 Prozent aller Neupensionist:innen eines Jahres,
57 Prozent davon sind die Neupensionistinnen mit kleinem I, also Frauen.

Ich erinnere, 7 Prozent Frauen auf der einen Seite und auf der anderen 57 Pro­zent Frauen, die profitieren. Das möchte ich hier schon sagen, weil immer
dann, wenn von dieser Hacklerregelung oder von deren Abschaffung die Rede


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ist, nicht von der Frauenförderung gesprochen wird. (Bundesrätin Schu­mann: Oh ja, Anrechnung der Kindererziehungszeiten! Machen wir!) Das wird immer ausgelassen und es wird so getan, als ob dafür nichts anderes gekommen
wäre. Und es tut mir leid, aber mit dem Frühstarter:innenbonus haben wir eine hervorragende Fraueninitiative gestartet und für Gerechtigkeit gesorgt.
(Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP. – Bundesrat Schennach: Das war aber kein kräftiger Applaus!) – Ja, du kannst gerne mit applaudie­ren. (Bundesrätin Schumann: Die ÖVP ist eh schon draußen, die interessiert es ja gar nicht! Die halbe ÖVP ist draußen! Pensionen, kein Interesse!)

Ich appelliere an euch aber auch zu einem anderen wichtigen Punkt: In der Dringlichen wird zur Senkung des Genderpaygaps eigentlich keine
gezielte Maßnahme gefordert, sondern eine höhere Attraktivität des Berufs­ausstiegs von Frauen zur Kinderbetreuung. Da möchte ich sagen, dass
Frauen eben nicht aus der Erwerbsarbeit vertrieben werden sollen, sondern im Gegenteil. Da können wir, Frau Kollegin Schumann, gemeinsam an der Verringerung des Genderpaygaps arbeiten (Bundesrätin Schumann: Ihr hättet Zeit gehabt! – Bundesrätin Grimling: Ja, ihr habt genug Zeit gehabt!) und da­für sorgen, dass Frauen eben nicht aus dem Erwerbsleben ausscheiden müssen.

Weil wir schon dabei sind: Es ist möglich, dass dieses Jahr noch einmal
eine Schutzklausel für Menschen, die nächstes Jahr in Pension gehen werden, nötig sein wird. Das kann notwendig werden, unter anderem auch, weil
es sonst attraktiver ist, heuer in Pension zu gehen als nächstes Jahr. Das stimmt. Wir werden im Juli dieses Jahres ja dann die Zahlen kennen und genauer
wissen, wie es weitergeht.

Meine Damen und Herren, die anderen Teile hier lasse ich jetzt aus, weil sie vom Herrn Minister schon sehr gut beantwortet worden sind, aber eines möchte
ich hier schon noch sagen: Wenn hier suggeriert wird, dass hier etwas
im Raum steht, was nicht im Raum steht, dann finde ich das hochgefährlich. (Bundesrätin Schumann: Ach geh!)


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Und eines muss ich euch schon sagen (Bundesrätin Grimling: Net, net, net!): Wenn solch ein Misstrauen in die Institutionen – und da gehört das Pensionssys­tem dazu – geschürt wird, dann werdet ihr nicht davon profitieren. (Bundesrätin Schumann: Das ist jetzt eine Gitschthaler-Rede! – Weitere Zwischenrufe bei
der SPÖ.)
Davon profitieren dann diejenigen, die die Demokratie abschaffen wol­len und die mit populistischen und einfachen Parolen hier reüssieren
werden. (Beifall bei Grünen und ÖVP.) Denen spielt ihr in die Hände. Damit würde ich, wen ich Sozialdemokrat wäre, wirklich vorsichtig sein. – Vielen Dank.
(Beifall bei Grünen und ÖVP. – Bundesrätin Schumann: Genau, wir warten, bis ihr in Opposition seid! Sich im System nicht auskennen und so eine Rede halten! – Bundesrat Babler: Jetzt kommt die Frage ...! Jetzt musst du zuhören! Jetzt ist es dann echt! – Bundesrätin Schumann: Jetzt kommen die Siebenundsechziger! Jetzt einmal 67!)

17.26


Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Vielen Dank, Herr Bundesrat.

Als Nächster ist Herr Bundesrat Karl-Arthur Arlamovsky zu Wort gemeldet. Ich erteile ihm das Wort. – Bitte.


17.26.53

Bundesrat MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky (NEOS, Wien): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Wenn die SPÖ der ÖVP hier diesen Vorwurf macht, das Pensionssystem sei nicht sicher, dann (Bundesrätin Schumann: Kommen die NEOS!) sind Sie
eigentlich an der falschen Adresse, denn die ÖVP ist ja genauso eine Partei wie die drei anderen hier, die behaupten, die Pensionen sind sicher. Nur
stimmt es halt nicht. Unsere Partei ist die einzige, die das infrage stellt. Daher wären eigentlich wir die Adressaten dieser Dringlichen. (Bundesrat Babler:
Eine tatsächliche Berichtigung von dir selbst wäre jetzt angebracht! Tatsächliche Berichtigung von dir selbst, die Gefahr ist real! – Bundesrätin Schumann:
Genau! –
Die Bundesrät:innen Babler und Schumann: Keine Scheindebatte! –


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Bundesrat Schreuder: Das ist die erste Partei! – Bundesrätin Schumann: Ach geh, hör da auf! Ich meine, du wirst Twitter auch lesen, oder?)

Wenn man sich nämlich die Zahlen und die Rechnungshofberichte an­schaut, stellt man fest: Die Belastungen des Bundesbudgets durch das Pensions­system steigen von Jahr zu Jahr, vor allem durch Pensionsvergünstigungen,
die in Regierungen, all jenen, denen die ÖVP seit ungefähr 35 Jahren angehört, beschlossen werden. Diese jährlichen Pensionsvergünstigungen schlagen
sich dann natürlich negativ auf die Folgejahre nieder; weil ähnlich wie beim Zin­seszinseffekt jährlich auf die höhere Belastung eine neue höhere drauf­kommt, und zwar zusätzlich.

In nackten Zahlen: 2022 hat der Zuschuss aus dem Bundesbudget für erstens die gesetzliche Sozialversicherung, zweitens die Ausgaben für die „Beamten­pensionen“ – diese in Anführungszeichen –, Ruhebezüge, 23,4 Milliarden Euro betragen, für 2027 werden da 35,2 Milliarden Euro prognostiziert. Das
ist ein Plus von 12,8 Milliarden Euro beziehungsweise 50 Prozent in fünf Jahren. Aber mit diesen Milliarden werden nur Löcher gestopft und es wird nach­haltig nichts erreicht.

Heuer, das sieht man, wenn man sich das Budget anschaut, fließen fast alle Lohnsteuereinnahmen in die Aufrechterhaltung des Pensionssystems. –
Die Lohnsteuereinnahmen sind heuer mit 35,3 Milliarden Euro budgetiert, die Ausgaben für Pensionen: 29,5 Milliarden Euro.

Die Belastungen in den UG 22 und 23 steigen vom Jahr 2023 auf das Jahr 2024 um 15,62 Prozent nominell. Das ist das Doppelte der Inflationsrate letztes
Jahr. In absoluten Zahlen sind das im Jahr 2024 um 4 Milliarden Euro mehr als im Jahr 2023. Das ist, zum Vergleich, das Volumen des gesamten Klima­bonus 2022.


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Der Rechnungshof widerspricht in seinem jüngsten Bericht vom Oktober 2023 dem Narrativ der SPÖ. Der Rechnungshof stellt fest – ich zitiere –: Es be­steht umfassender Handlungsbedarf. Gleichzeitig fehlen aber klare Kriterien, um beurteilen zu können, ob das Pensionssystem nachhaltig ist oder nicht.

„Weder die Alterssicherungskommission noch die Bundesregierung trafen eine gesamthafte Aussage über die langfristige Finanzierbarkeit des Pensions­systems.“

Seit 2005 ist die Pensionsanpassung nur zweimal wie vorgesehen mit einem am Verbraucherpreisindex orientierten Anpassungsfaktor erfolgt.

Nach Umsetzung der Angleichung des gesetzlichen Frauenpensionsantrittsalters gehen Prognosen von einer Stagnation des effektiven Pensionsantrittsalters
ab Mitte der 2030er-Jahre aus, obwohl die Lebenserwartung steigt.

2020 lag der Aufwand für die gesetzliche Pensionsversicherung bei 47,254 Mil­liarden Euro, der reine Pensionsaufwand bei 41,673 Milliarden Euro. Der
Rest wurde beispielsweise für die Ausgleichszulage ausgegeben. Der größte Teil wurde mit Pflichtbeiträgen der Erwerbstätigen in der Höhe von 32,526 Milliarden Euro finanziert, aber rund 30 Prozent der Aufwendungen, 14,165 Milliarden Euro, wurden öffentlich finanziert, davon
10,197 Milliarden Euro aus dem Bundesbeitrag, und die Pensionen für Beamte lagen bei 12,7 Milliarden Euro. – Zitatende. Das ist alles aus dem Rechnungshofbericht.

Auch wenn man sich das Pensionsantrittsalter anschaut, muss man sagen, die Schere zwischen Theorie und Praxis geht immer weiter auseinander.
Nur in Frankreich und Belgien ist die Schere zwischen dem regulären und dem effektiven Pensionsantrittsalter bei den Männern größer als hierzulande,
wo die Differenz 3,4 Jahre beträgt. Und parallel zum früheren Pensionsantritt ist die Lebenserwartung nach dem Ausscheiden aus dem Arbeitsmarkt, also


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die Bezugsdauer der Pension, in Österreich mit 21,6 Jahren für Män­ner und 25,5 Jahren für Frauen deutlich höher als im OECD-Schnitt, wo dieser Zeitraum für Männer erwartungsgemäß noch 18,6 und für Frauen
22,8 Jahre Pensionsbezugsdauer beträgt.

Die Pensionen sind also tatsächlich nicht sicher, und leider sind wir die Einzigen, die dieser traurigen Wahrheit ins Auge blicken. – Vielen Dank.

17.31


Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Danke für Ihre Ausführungen, Herr Bundesrat.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Horst Schachner. Ich
erteile ihm das Wort.


17.32.07

Bundesrat Horst Schachner (SPÖ, Steiermark): Herr Präsident! Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Jetzt ist das wie beim letzten Tages­ordnungspunkt, das läuft alles ein bisschen aus dem Ruder. Jeder erzählt ir­gendwie Unwahrheiten und vielleicht auch Wahrheiten (Zwischenrufe
bei der ÖVP),
aber ein bisschen Unwahrheiten sind auch dabei, da kann ich nur fragen:. Wisst ihr, was das größte Problem ist? – Das größte Problem ist,
dass die Menschen, die hier in diesem Land wohnen, Angst haben, dass sie die Pensionen nicht anständig ausgezahlt kriegen und dass sie nicht davon
leben können, wenn sie in Pension gehen. Das ist die große Angst, die die Men­schen haben. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich habe das heute Magnus Brunner gegenüber nicht grundlos angespro­chen, als ich gesagt habe: Was ist denn da eigentlich in Dänemark so super und so klasse? Man muss wissen, dass in Österreich eine Person in Wirklichkeit genau bis 61,2 Jahre gesund in Arbeit bleibt; den Rest ist sie dann krank. Frauen sind im Schnitt 61,2 Jahre alt und Männer 61,4 Jahre, so lange sind sie
gesund, und dann werden sie krank. EU-weit liegt der Durchschnitt bei über


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65 Jahren, nur in Österreich liegt er bei 61,2 beziehungsweise 61,4 Jah­ren. Das muss man dazu wissen, liebe Kolleginnen und Kollegen. (Präsidentin Göll übernimmt den Vorsitz.)

Und ganz, ganz wichtig: Heute ist wieder behauptet worden, es redet
keiner darüber. Also ich werde oft darauf angesprochen und auf der Straße ge­fragt, wie es mit dem Pensionsrecht ausschaut, ob es stimmt, dass die Menschen jetzt dann irgendwann einmal bis 67 oder 68 werden arbeiten müssen. (Bundesrätin Eder-Gitschthaler: Nein! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ich sage noch etwas – ihr redet vielleicht nicht so viel mit Leuten, ich rede ja viel mit Leuten, ihr weißt, ich bin immer unterwegs (Beifall bei der SPÖ) –, ich kann nur sagen: Man wird immer wieder gefragt, und ich gebe jedem
meine Antwort, indem ich sage: Freunde, als ich im 77er-Jahr zu lernen angefan­gen habe, haben sie zu mir gesagt: Du wirst keine Pension mehr bekommen!
Das Thema hat Korinna heute schon richtig angesprochen hier
heraußen: Du wirst keine Pension mehr bekommen. Natürlich sind wir froh, dass wir ein staatliches Pensionssystem haben, und das Pensionsrecht, das wir
haben, ist sicher eines der besten auf der ganzen Welt (Beifall bei der SPÖ), aber da muss man aufpassen, dass das auch weiterhin so bleibt.

Und ich sage euch noch etwas dazu – ich habe mir das genau herausgeschrie­ben; die Zahlen stammen vom Dezember 2022 und beziffern die Durch­schnittspension von Österreicherinnen und Österreichern, Arbeitern und Ange­stellten –: Es sind 1 513 Euro brutto im Durchschnitt. Ich weiß nicht,
woher die heute genannten Zahlen mit 2 900 Euro und vielleicht noch mehr genommen worden sind. Arbeiter bekommen 1 255 Euro, Angestellte 1 813 Euro brutto, Männer verdienen ungefähr 2 000 Euro brutto, Frauen bekommen 1 280 Euro.

Und wisst ihr, wie der Ausgleichszulagenrichtsatz bei uns ausschaut? – Der ist genau um 1 Euro niedriger als die durchschnittliche Frauenpension. Das
ist ja für ein Land wie Österreich beschämend, denn das bedeutet, dass Frauen


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in Wirklichkeit eigentlich zu wenig Pension haben. Das funktioniert in
anderen Ländern besser als bei uns, muss ich ganz ehrlich sagen. (Beifall bei
der SPÖ.)

Schaut, ich bin ja schon lange im Geschäft und ich sage euch: Ich habe einmal die Ehre gehabt, am Karmeliterplatz – ihr wisst, wo der bei uns in Graz ist;
dort ist auch die ÖVP-Zentrale, in der hat es dienstags immer eine Veranstaltung gegeben, wenn ihr euch noch erinnern könnt– mit Bernd Marin eine Podiumsdiskussion über Pensionen zu führen. Teilgenommen haben zwei Un­ternehmer, jemand von der Wirtschaftskammer, Bernd Marin und meine
Person. Bei dieser Podiumsdiskussion wurde propagiert, dass man vor allem einmal länger arbeiten sollte. Bernd Marin hat dort wortwörtlich gesagt, dass er einen Onkel hat, der mit 80 auch noch gearbeitet hat. Ich habe ihn dort
dann gefragt: Herr Marin, was hat Ihr Onkel mit 80 gemacht, das
würde ich gerne wissen, denn man kann das wahrscheinlich nicht mit der Arbeit eines Maurers oder Fliesenlegers oder anderen ähnlichen Tätigkeiten vergleichen? (Beifall bei der SPÖ.) Marin hat geantwortet, dass sein Onkel Bücher geschrieben hat. Ja, Freunde, da haben sogar alle von der ÖVP-Zentrale
gelacht, weil man das nicht miteinander vergleichen kann.

Man hat Marin allerdings damals, im Jahr 2002, wenn ihr euch noch erinnern könnt, als Pensionsguru in Österreich installiert. Ich glaube, er hat sogar
den Kanzler beraten und ausgearbeitet, wie man die Pensionsreform am besten machen sollte.

Ich sage euch ganz ehrlich, das ist ein Wahnsinn für die Leute draußen,
was sich da abspielt, was sich da am Markt tut. Erzählt das einmal Menschen, die ihr ganzes Leben lang, 45 Jahre, gearbeitet haben, ob jetzt am Bau oder
in der Pflege, als Ärztinnen und Ärzte oder irgendeinen anderen Beruf wie etwa Bäcker ausgeübt haben! Ihr könnt mir glauben: 45 Jahre müssen einfach
genug sein. Da darf man einfach nichts anbrennen lassen, denn nach 45 Jahren hat man einfach ausgedient. (Beifall bei der SPÖ.)


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Bei den 61,5 gesunden Jahren, die ich zuvor bereits angesprochen habe, weiß man ja ganz genau, was sich da abspielt.

Und jetzt fängt die ganze Diskussion wieder genauso an wie in den Jahren 2000, 2002. IHS-Chef Holger Bonin – den wird ja jeder hier herinnen kennen –
hat erst vor Kurzem in der „Zeit im Bild“, in der „Zeit im Bild 2“ war er, so glaube ich, gesagt, wir müssen darauf achten, dass die Menschen bis 67 arbeiten,
und er verstehe bis heute nicht, warum wir nicht überall Diskussionen darüber haben, dass alle bis 67 werden arbeiten müssen, weil wir uns sonst das
Ganze einfach nicht werden leisten können. Das sagt jetzt also wieder einer, der vielleicht den Auftrag hat, eine Diskussion darüber zu entfachen, dass wir
länger arbeiten müssen. Das finde ich einfach nicht in Ordnung. Er ist immerhin der IHS-Chef.

Ich kann euch nur sagen, dass das mit uns ohnehin nicht funktionieren wird. (Bundesrat Steiner: Volkskanzler Kickl!) Warten wir ab, was sich im Sep­tember noch abspielen wird. Dann werden wir sehen, wie sich das Ganze ent­wickeln wird.

Wir bringen deshalb auch einen Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Bundesrät:innen Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Einführung einer Schutzklausel bei der Aufwertung der Pensionskonto­gutschriften“

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz wird aufgefordert, dem Nationalrat und dem Bundesrat umgehend eine Regierungsvorlage zur Beschlussfassung zu übermitteln mit der sichergestellt wird, dass die Kaufkraft, der in der Vergangenheit erworbenen Pensions­kontogutschriften, erhalten bleibt und daher bei der Ermittlung der


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Aufwertungszahl zur bisherigen Regelung eine Schutzklausel eingeführt wird, indem die Aufwertung jedenfalls zumindest in der Höhe des Anpassungs­faktors (§ 108f ASVG) zu erfolgen hat.“

*****

Wir lassen unsere drei Anträge namentlich abstimmen, und ich bin neugierig, wer da heute bei unseren Anträgen mitstimmt. – Glück auf! (Beifall bei der SPÖ.)

17.39


Präsidentin Margit Göll: Der von den Bundesräten Korinna Schumann, Kollegin­nen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „Einfüh­rung einer Schutzklausel bei der Aufwertung der Pensionskontogutschriften“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Bundesrat Mag. Franz Ebner. – Bitte.


17.39.43

Bundesrat Mag. Franz Ebner (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsi­dentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kol­legen! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Zu Beginn meines Beitrags möchte ich mich herzlich bei Herrn Bundesminister Rauch bedanken,
und zwar einerseits für die ausführliche Anfragebeantwortung, aber auch für die Klarstellung, dass das gesetzliche Pensionsantrittsalter kein Thema ist. Das
hat ja auch Bundesminister Brunner am Vormittag schon klargestellt.
Also handelt es sich hier jetzt faktisch um eine Scheindebatte und künstliche Aufregung. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Ich möchte die Dringliche Anfrage aber gerne zum Anlass nehmen, um einige Mythen, die im Zusammenhang mit den Pensionen im Umlauf sind,
einem Faktencheck zu unterziehen. Gleich vorweg: Es wäre an dieser Stelle unredlich, zu behaupten, dass es niemals erforderlich sein wird, Anpas­sungen am Pensionssystem vorzunehmen, aber auch ich bin davon überzeugt, dass die Pensionen sicher sind. Warum? – Weil die staatlichen Zuschüsse


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zum Pensionssystem immer in Relation zur Wirtschaftsleistung zu sehen sind, und dieses Verhältnis ist relativ stabil, auch wenn die staatlichen Zu­schüsse in absoluten Zahlen steigen. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPÖ, eines ist aber auch klar: Mit einer 32-Stunden-Woche wird es wahrscheinlich nicht funktionieren. (Beifall bei der ÖVP.)

Häufig wird die Frage ventiliert, ob wir uns die Alten in Zukunft noch werden leisten können. Ich sage: Wir müssen sie uns leisten!, und ich werde auch
noch ausführen, warum das so ist.

An dieser Stelle ist mir persönlich wichtig, das Bild der Seniorinnen und Senioren in der Öffentlichkeit ein Stück weit zurechtzurücken. Häufig wird die ältere Generation ausschließlich als Kostenfaktor, teilweise sogar als Belastung für die Gesellschaft dargestellt. Dagegen verwahre ich mich mit aller Vehemenz,
meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)

Dazu möchte ich zunächst einmal Kostenwahrheit zu den Pensionen herstellen. Rund 28 Milliarden Euro an staatlichen Zuschüssen zum Pensionssystem
werden in der aktuellen Debatte immer wieder erwähnt. Es lohnt sich, diese Zahl einmal etwas näher zu beleuchten und da Kostenwahrheit herzustellen.

Von diesen 28 Milliarden Euro staatlichen Zuschüssen gehen rund 14 Milliarden Euro ins ASVG-System, 14 Milliarden Euro sind Zuschüsse zu den Beam­tenpensionen. Ich möchte das differenziert betrachten. Bei den Beamtenpen­sionen kann man von den 14 Milliarden Euro Zuschüssen etliches an
Kosten abziehen, weil der Staat ja keine Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeiträge zahlt und die da sozusagen abzuziehen sind. Das gilt ebenso für Pensions­sicherungsbeiträge und verschiedene Sozialleistungen. Auch bei den Beamten­pensionen gibt es entsprechende Einnahmen aus der Lohnsteuer, die
man auf der anderen Seite der Bilanz wieder gegenrechnen sollte. Übrig bleibt daher ein Nettozuschuss zu den Beamtenpensionen von 8,7 Milliarden
Euro.


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Bei der ASVG-Pension beträgt der Zuschuss 14 Milliarden Euro, davon sind 3,1 Milliarden Sozialleistungen, zum Beispiel die Ausgleichszulage, die
eigentlich dem Sozialbudget zuzurechnen wären. Und die ASVG-Pensionisten zahlen in Summe pro Jahr 5,4 Milliarden Euro an Lohnsteuer, die der
Staat als Einnahmen verbuchen kann. Es bleiben also 5,5 Milliarden Euro an Nettozuschüssen des Staates zu den ASVG-Pensionen übrig. In Summe bekommen Beamten- und ASVG-Pensionisten also nicht 28 Milliarden Euro, sondern nur rund 14 Milliarden Euro, um da einmal Kostenwahrheit herzustellen. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Ja, natürlich betreffen Pensions-, Gesundheits- und Pflegekosten vorwie­gend ältere Menschen, aber genau diese Generation hat auch ein Leben lang viel geleistet und in die Systeme einbezahlt. Es ist wichtig, auch die andere
Seite der Bilanz zu lesen. Manchmal habe ich den Eindruck, dass manche da auf einem Auge blind sind.

Die Seniorinnen und Senioren sind auch während der Zeit ihrer Pension ein wichtiger Wirtschaftsfaktor, wenn man davon ausgeht, dass rund 30 Prozent des privaten Konsums von der Generation 60 plus geleistet wird. Fast ein Drittel
des privaten Konsums wird von der Generation 60 plus verbraucht.

Die Seniorinnen und Senioren sind jedoch nicht nur ein wichtiger Wirtschafts­faktor, sondern vor allem auch ein Schatz für die Gesellschaft. (Beifall bei
der ÖVP und bei Bundesrät:innen der Grünen.)

In den Freiwilligenorganisationen, in den Vereinen – wie viele Vereine würde es heute nicht mehr geben, würden sich nicht Seniorinnen und Senioren in
ihnen engagieren –, bei der Unterstützung in der Kinderbetreuung und vor allem auch bei der Angehörigenpflege sind Seniorinnen und Senioren nicht weg­zudenken. Oft ist es nämlich so, dass junge Pensionist:innen ihre hochbetagten Eltern in der häuslichen Angehörigenpflege pflegen. Das ist ein enormer
Beitrag zum Funktionieren der Gesellschaft. Ich denke da zusätzlich noch an


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Lotsendienste, an die Mithilfe bei Essen auf Rädern und verschiedenen anderen Initiativen.

Worauf will ich hinaus? – Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Bun­desregierung weiß sehr zu schätzen, was die Seniorinnen und Senioren
geleistet haben und immer noch leisten. Daher haben wir in Österreich auch eines der besten Pensionssysteme, und das wird auch so bleiben. (Beifall
bei ÖVP und Grünen.)

Nach Luxemburg haben wir die zweithöchsten Pensionen in der Europäischen Union. Wir haben übrigens seit Jahrzehnten ganz selbstverständlich 14 Monatspensionen pro Jahr; in Deutschland gibt es dagegen beispielsweise nur zwölf Monatspensionen. Vor drei, vier Wochen gab es in der Schweiz
eine Volksabstimmung, in der darüber abgestimmt wurde und dem die Zustim­mung erteilt worden ist, dass es dort ab dem Jahr 2026 eine 13. Monats­pension geben wird – in der Schweiz, unserem großen Vorbild, zu dem wir im­mer aufblicken!

Auch die Aliquotierung der Pensionsanpassung wurde zwei Jahre lang ausgesetzt, wie wir gehört haben, weil die Inflation entsprechend hoch war. Es gab den vollen Teuerungsausgleich bei den Pensionsanpassungen plus Zusatzzahlungen vor allem für niedrigere Pensionen. Es ist eine Schutzklausel eingeführt worden. Das automatische Pensionssplitting, das der Frauen­armut entgegenwirken soll, haben wir noch auf der Agenda; da brauchen wir noch etwas Durchsetzungsvermögen.

Abschließend möchte ich festhalten, dass der Weg, das tatsächliche Pensions­antrittsalter an das gesetzliche heranzuführen, den auch die Regierungs­fraktionen vertreten, der einzig richtige Weg ist. Wie bereits gesagt haben un­sere beiden Minister das heute schon außer Streit gestellt.

Dringliche Anfragen wie diese dienen auch eher oder einzig und allein
dazu, Unsicherheit zu schüren; das ist meine Meinung. Wir brauchen aber


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Vertrauen in unsere Systeme und keine Unsicherheiten. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPÖ, tragen auch Sie dazu bei. – Vielen Dank. (Beifall
bei ÖVP und Grünen.)

17.48


Präsidentin Margit Göll: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Günter Kovacs. – Bitte.


17.48.26

Bundesrat Günter Kovacs (SPÖ, Burgenland): Frau Präsidentin! Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Herr Mag. Ebner, Sie haben vorhin
gerade gesagt, Herr Finanzminister Brunner hätte nicht gesagt, man solle eventuell erst mit 67 in Pension gehen können. Eine Zukunftsvision? (Bundesrätin Eder-Gitschthaler: Er hat das klargestellt!) Dann lese ich Ihnen die Presseaussendungen aus der „Krone“ vor, die Finanzminister Brunner zi­tiert, der das System in Dänemark bewundert. (Bundesrätin Eder-Gitschthaler: Stimmt denn alles, was in der Zeitung steht?) Für die Jahrgänge ab 1966
wird – ich zitiere – das Pensionsantrittsalter alle fünf Jahre evaluiert und ange­passt. Derart ideologiebefreit lassen sich Reformen durchboxen. Das hat
der Herr Finanzminister gesagt. (Oh- und Ah-Rufe bei der SPÖ.)

Ich sage Ihnen ganz ehrlich, ich bin froh, dass wir heute diese Dringliche haben. Danke, Korinna, wirklich danke dafür! Heute sieht man, wer tatsächlich
aufseiten der Pensionisten, der Pensionistinnen steht und wer nicht auf deren Seite ist. Die NEOS zum Beispiel sprechen es ganz klar aus. Die ÖVP
macht es schlau, denn sie behauptet, für die Pensionisten zu sein, und in Wahr­heit, Frau Dr. Eder-Gitschthaler, leben Sie in einer Art Festspielblase,
was die Seniorinnen und Senioren anlangt. Das haben auch die letzten Wahlen in Salzburg gezeigt. Die Pensionistinnen und Pensionisten haben Ihnen, so
glaube ich, dabei nicht gerade Danke gesagt.
(Beifall bei der SPÖ und bei Bundes­rät:innen der FPÖ. – Bundesrätin Eder-Gitschthaler: Ich lade dich ein, komm
zu meinen Senioren!)


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Seien wir ganz ehrlich, lieber Mag. Ebner: Wenn man sich hierherstellt, die Pen­sionisten ganz großartig lobt und sagt, ihr Beitrag sei so wertvoll, dann
frage ich dich, warum ÖVP und Grüne in den letzten Jahren die Hacklerregelung derart beschnitten haben. Menschen, die 45 beziehungsweise 47 Jahre gearbeitet haben, müssen 12,6 Prozent Abzug hinnehmen – bei 47 Jahren Arbeit und einem Alter von 62 Jahren, das ist ein Skandal sondergleichen! – Das vergisst keiner. (Beifall bei SPÖ und FPÖ.)

Ich sehe hier immer das Gleiche: Die Köpfe gehen nach unten – aber ich kann euch sagen, im September wird abgerechnet. Nach der Wahl wird abge­rechnet! (Bundesrat Steiner: Volkskanzler!) Ich sage euch auch, es ist ganz wichtig, dass dann jene Partei, die für die Senioren und für die Pensionistinnen
und Pensionisten da ist, Verantwortung übernimmt, und das ist natürlich die Sozialdemokratie! (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Steiner: ... als
Juniorpartner!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich habe natürlich ganz genau zugehört, was Herr Bundesrat Schreuder gesagt hat – und das kann ich wirklich bestä­tigen. Wie hat er gesagt? – Frau Bundesrätin Schumann setzt sich nicht für Frau­en ein, hast du da bei irgendeinem Punkt gesagt! (Bundesrat Schreuder: Sie
setzt sich sehr oft für Frauen ein, nur in einem Punkt ...!)
Du hast gesagt, die Frauen würden da nicht bevorzugt, oder die Männer würden bevorzugt, hast du
gesagt. Du hast gesagt, die Männer würden bevorzugt. Eigentlich unfassbar, wenn du das gerade bei Kollegin Schumann sagst! (Bundesrat Schreuder:
Nein, das habe ich nicht gesagt!)
Sie zeigt ja wirklich tagtäglich, dass sie sich für Frauen besonders einsetzt. Also das ist ja wirklich fast schon letztklassig. (Bundesrat Schreuder: Ich glaube, die Frau Kollegin hat es besser verstanden als du! Du hast es nicht verstanden!)

Zu Frau Bundesrätin Schartel: Wie hat sie vorhin gesagt, wie hat sie uns beschimpft? Die Sozialdemokratie sei bei vielen Beschlüssen dabei gewesen? – Bei vielen Beschlüssen mögen wir dabei gewesen sein, ich kann aber
sagen, bei einem Beschluss waren wir sicher nicht dabei: Als es damals in der


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 312

Covid-Krise geheißen hat, man solle den Menschen das Pferdeentwurmungs­mittel Iverctemin verabreichen! Da waren wir sicher nicht dabei. (Beifall
bei der SPÖ. – Bundesrat Spanring: Das heißt ja anders!)
Das war eine Situation, die wir nie mehr wieder haben wollen.

Wichtig ist, dass wir auf zwei Seiten Sicherheit möchten: Wir wollen Sicherheit für die Menschen, die jetzt schon in Pension sind oder kurz vor der Pen­sion stehen, aber auch für die jungen Menschen. Wir wollen Sicherheit für die jungen Menschen, die jetzt schon sagen: Wir wollen auch eine gesicher­te Pension haben!

Ich sage ganz klar, dass wir als österreichischer Staat uns das leisten können. Es ist heute schon oft gesagt worden, das System hat sich bewährt. Ich glau­be, da sind wir wirklich alle stolz darauf, es hat sich seit zig Jahren bewährt, und wir werden auch in Zukunft stets daran festhalten. Wir werden nicht zulas­sen, dass Stimmen laut werden – die Kollegen Mertel und Schachner haben das schon angesprochen – wie die des Herrn Bonin vom IHS, der uns in
der „ZIB 2“ lächelnd ausrichtet, man solle eventuell bis 67 Jahre arbeiten gehen.

Ich sage, es muss auch einen Unterschied geben für Menschen, die wirk­lich physisch arbeiten. Eines wurde heute nämlich noch nicht gesagt: Jemand, der Maurer oder Bauarbeiter war, wird nicht das Durchschnittsalter
eines Beamten erreichen, der vielleicht 85, 90 Jahre in bester Gesundheit verbringt! (Beifall bei der SPÖ.) Denken wir auch an Menschen, die auf
dem Bau stehen und später einmal oft nur 65, 70 Jahre alt werden und keine oder nicht lange eine Pension bekommen!

In diesem Sinne möchte ich eines festhalten: Wir wollen, dass die Sicher­heit der Pensionen weiterhin gewährleistet wird! – Herzlichen Dank für Ihre Auf­merksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

17.53


Präsidentin Margit Göll: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Bitte, Frau Bundesrätin Korinna Schumann.



BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 313

17.53.42

Bundesrätin Korinna Schumann (SPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau
Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Wenn wir an die Pensionsre­form 2003 denken, wäre es für die FPÖ, glaube ich, gescheit, wenn sie
jetzt ruhig wäre; ganz deutlich gesagt. Da können sich die Österreicherinnen und Österreicher wirklich bedanken. (Bundesrat Steiner: Wir haben dich nur
bewundert, dass du jetzt ...!)
 –Großartig, super, ist gut. Alles in bester Ordnung.

Was mich jetzt bei den Redebeiträgen ganz besonders erstaunt hat,
besonders bei den Grünen, ist, dass man sozusagen der Opposition das Recht abspricht, zu Themen zu sprechen, die jene Leute, die tagtäglich zu uns
kommen, wirklich bewegen! (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Schreuder: Habe ich ja nicht gemacht, so ein Blödsinn!)

Man wirft uns vor, wir würden sozusagen Unruhe stiften: Ja bitte, ganz ehrlich, geht raus und redet mit den Leuten! Ganz ehrlich! (Beifall bei der SPÖ.)

Die Menschen stellen permanent die Fragen: Wie schaut es mit mir aus, wie schaut es mit meiner Pension aus, wie geht denn das weiter? (Bundes­rat Schreuder: Meine Mutter ist Mindestpensionistin, glaubst du, ich rede nicht mit ihr?) – Ist gut. Beste Bedingungen für deine Mutter, aber deine Mutter ist
nur ein Teil eines Gesamtsystems! (Bundesrat Schreuder: Glaubst du, wir kennen uns nicht aus, oder was?) – Aber dann sagt doch nicht zu uns, wir sollten
das Thema nicht ansprechen! (Bundesrat Schreuder: Habe ich nicht gesagt – ich habe gesagt, wie ihr es ansprecht ...!) – Ja aber freilich! Gesagt wurde uns:
Sprecht das Thema nicht an, das verursacht Unsicherheit! – Also geh bitte, das ist doch nicht wahr!

Ich freue mich auch sehr, Andrea, ganz ehrlich, dass du nur mit Pensionis­ten zusammen bist, die – wie hast du es so schön gesagt? – froh und zufrieden sind. Ja, das ist eh schön, die gibt es und die mögen wirklich froh und zu­frieden bleiben – wir wollen das aber halt für alle haben, und es geht nicht allen so, weil die Bedingungen zu schwierig sind, ganz einfach! (Beifall bei der
SPÖ. – Zwischenruf des Bundesrates Tiefnig.)


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 314

Ja, die Pensionistinnen und Pensionisten – und besonders die Frauen – leisten unglaublich viel Arbeit für die Kinder in diesem Land. Sie übernehmen
die Kinderbetreuung in den Ferien und am Nachmittag und sie besorgen die Pflege der älteren Angehörigen – es darf euch aber bitte nicht entgan­gen sein, dass das Pensionsantrittsalter der Frauen angehoben wird! Das heißt, die Frauen werden länger arbeiten, und ihr bereitet nichts vor für die
Zukunft, wenn diese Arbeitsleistung, die ganz viele ältere Herrschaften freiwillig geleistet haben, jetzt einfach nicht mehr da ist.

Ihr habt nichts vorbereitet, damit es das institutionell gibt. Ganz ehrlich:
Wie soll man es denn machen, wenn es keine Kinderbetreuung gibt, wenn es keine Nachmittagsbetreuung gibt, wenn es keine Ferienbetreuung gibt
und die Frauen jetzt länger arbeiten werden? Was machen wir dann? (Zwischen­ruf der Bundesrätin Miesenberger.) – Wie schaut es denn in Ihrem Ort
aus? Wie schaut es denn in Ihrem Bundesland aus? Gibt es flächendeckende kostenfreie Kinderbetreuung, auch nachmittags? Ist das so weit?

Ich hoffe, das stimmt, wenn Sie mir jetzt nickend zustimmen: Sie haben das im Bundesland flächendeckend, auch nachmittags und in den Ferien, es gibt
ein Angebot an Ganztagsschulen und Nachmittagsbetreuung. – Also geh, leider stimmt es halt nicht. Das ist halt ein bisschen ein Problem, so schaut es
nicht aus. Man wird etwas tun müssen. Es ist Zeit, etwas zu tun!

Noch etwas zur Schutzklausel sei gesagt: Die Schutzklausel ist gekommen, weil der Druck so groß war! Es haben nämlich so viele gesagt: Um Himmels
willen, ich habe Verluste, ich gehe schnell früher in Pension! Dann habt ihr die Schutzklausel eingeführt – doch nicht, weil wir Unruhe gestiftet haben,
sondern ihr musstet die Schutzklausel einführen, weil man sonst durch die Ver­luste und die früheren Pensionsantritte ein riesiges Problem gehabt hätte!

Tun wir also etwas, vor allen Dingen für die Frauen! Tun wir etwas für die, die lange hackeln! (Beifall bei der SPÖ.)


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 315

Rechnen wir die Zeiten der Kindererziehung besser an und schauen wir darauf, dass die Leute nicht bis 67 arbeiten müssen! Wenn das eh so klar ist, bitte warum habt ihr dann am 7. Dezember bei unserem Antrag – mit namentlicher Abstimmung – nicht mitgestimmt? Jetzt gibt es aber eine neue Gelegen­heit. (Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei der SPÖ: Genau!)

Ich bringe noch einmal einen Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Bundesrät:innen Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Sicherung des Pensionssystems“

Die unterfertigten Bundesräte stellen daher nachfolgenden

Entschließungsantrag

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Soziales, Gesund­heit, Pflege und Konsumentenschutz und der Bundesminister für Finan­zen werden aufgefordert, die gesetzlichen Pensionen zu sichern, indem sie

- die erforderlichen finanziellen Mittel für eine Personaloffensive
in den Bereichen Gesundheit, Kinderbildung und Pflege zur Verfügung stellen,

- Maßnahmen umsetzen, damit alle geleisteten Arbeitsstunden erfasst
und korrekt entlohnt werden,

- Rahmenbedingungen schaffen, die gesundes Arbeiten bis zum Pensionsantritt ermöglichen,

- endlich geeignete Anreize setzen um das faktische Pensionsantrittsalter
weiter zu erhöhen,

- eine abschlagsfreie Pension mit 45 Arbeitsjahren sicherstellen,


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 316

- Maßnahmen umsetzen, um Frauen aus der Teilzeitfalle zu holen,

- eine verbesserte Anrechnung der Kindererziehungszeiten vorsehen und

- ein klares Bekenntnis gegen eine Erhöhung des derzeitigen gesetzli­chen Pensionsantrittsalters abgeben.“

*****

Das steht jetzt alles da, ihr könnt jetzt eindeutig mitstimmen. Kein Problem, jetzt ist die Gelegenheit, zu zeigen: Wie hält man es mit den Pensionen? Wie
schaut man auf die älteren Menschen in diesem Land, und wer schaut auf die älteren Menschen? Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten wis­sen, was zu tun ist! (Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei der FPÖ: Bravo!)

17.59


17.59.16

Präsidentin Margit Göll: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? (Bundesrat Steiner: Babler! Der Babler will! – Heiterkeit bei der SPÖ. – Bundesrat Babler – eine Kusshand Richtung
Bundesrat Steiner schickend –: Bussi!)
 – Es ist dies nicht der Fall.

Der von den Bundesrät:innen Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „Sicherung des Pensionssystems“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Die Debatte ist geschlossen.

Es liegt ein Antrag der Bundesräte Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen auf Fassung einer Entschließung betreffend „Abschaffung der ungerechten Aliquotierung der ersten Pensionsanpassung“ vor.

Hiezu ist eine namentliche Abstimmung verlangt worden.

Da dieses Verlangen von fünf Bundesräten gestellt wurde, ist gemäß § 54 Abs. 3 der Geschäftsordnung eine namentliche Abstimmung durchzuführen.


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 317

Im Sinne des § 55 Abs. 5 der Geschäftsordnung erfolgt die Stimmabgabe nach Aufruf durch die Schriftführung in alphabetischer Reihenfolge mündlich
mit „Ja“ oder „Nein“. Ich bitte daher um eine deutliche Äußerung.

Ich ersuche nunmehr die Schriftführung um den Aufruf der Bundesräte in alphabetischer Reihenfolge.

*****

(Über Namensaufruf durch Schriftführer Fischer geben die Bundesrät:innen ihr Stimmverhalten mündlich bekannt.)

*****


Präsidentin Margit Göll: Ich mache von meinem Stimmrecht Gebrauch und stimme mit „Nein“.

Die Stimmabgabe ist somit beendet.

Ich unterbreche zur Auszählung der Stimmen kurz die Sitzung.

18.05.09*****

(Die zuständigen Bediensteten nehmen die Stimmenzählung vor. – Die Sitzung wird um 18.05 Uhr unterbrochen und um 18.07 Uhr wieder aufgenommen.)

18.07.22*****


Präsidentin Margit Göll: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf
und gebe nun das Abstimmungsergebnis bekannt.

Demnach entfallen auf den gegenständlichen Entschließungsantrag bei 58 ab­gegebenen Stimmen 27 „Ja“-Stimmen und 31 „Nein“-Stimmen. Der Ent­schließungsantrag ist somit abgelehnt.


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 318

Mit „Ja“ stimmten die Bundesrät:innen:

Arpa;

Babler, Bernard;

Fischer;

Gerdenitsch, Grimling, Grossmann, Gruber-Pruner;

Hahn;

Kofler, Kovacs;

Lancaster, Leinfellner;

Mertel;

Obrecht;

Pröller;

Reisinger;

Schachner, Schartel, Schennach, Schmid, Schumann, Spanring, Steiner, Steinmaurer;

Theuermann;

Wanner.

Mit „Nein“ stimmten die Bundesrät:innen:

Arlamovsky;

Böhmwalder, Buchmann;

Ebner, Eder, Eder-Gitschthaler;

Geieregger, Gfrerer, Göll, Gross;


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 319

Hauschildt-Buschberger, Himmer, Huber, Hutter;

Jagl;

Kittl, Kohl;

Lassnig;

Miesenberger;

Neurauter;

Prügl;

Ruf, Ruprecht;

Schreuder, Schwarz-Fuchs, Schwindsackl, Stillebacher, Stotter;

Tiefnig;

Wolff;

Zauner.

*****


Präsidentin Margit Göll: Es liegt ein Antrag der Bundesräte Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen auf Fassung einer Entschließung betreffend „Ein­führung einer Schutzklausel bei der Aufwertung der Pensionskontogutschriften“ vor.

Hiezu ist eine namentliche Abstimmung verlangt worden.

Da dieses Verlangen von fünf Bundesräten gestellt wurde, ist gemäß § 54 Abs. 3 der Geschäftsordnung eine namentliche Abstimmung durchzuführen. Ich
gehe daher entsprechend vor.


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 320

Im Sinne des § 55 Abs. 5 der Geschäftsordnung erfolgt die Stimmabgabe nach Aufruf durch die Schriftführung in alphabetischer Reihenfolge mündlich
mit „Ja“ und „Nein“. Ich bitte um deutliche Äußerung.

Ich ersuche nunmehr die Schriftführung um den Aufruf der Bundesräte in alphabetischer Reihenfolge.

*****

(Über Namensaufruf durch Schriftführer Fischer geben die Bundesrät:innen ihr Stimmverhalten mündlich bekannt.)

*****


Präsidentin Margit Göll: Ich mache von meinem Stimmrecht Gebrauch und stimme mit „Nein“.

Die Stimmabgabe ist beendet.

Ich unterbreche wiederum zur Auszählung der Stimmen kurz die Sitzung.

18.12.01*****

(Die zuständigen Bediensteten nehmen die Stimmenzählung vor. – Die Sitzung wird um 18.12 Uhr unterbrochen und um 18.14 Uhr wieder aufgenommen.)

18.14.17*****


Präsidentin Margit Göll: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und gebe nun das Abstimmungsergebnis bekannt.

Demnach entfallen auf den gegenständlichen Entschließungsantrag bei 58 abge­gebenen Stimmen 27 „Ja“-Stimmen und 31 „Nein“-Stimmen. Der Entschlie­ßungsantrag ist somit abgelehnt.


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 321

Mit „Ja“ stimmten die Bundesrät:innen:

Arpa;

Babler, Bernard;

Fischer;

Gerdenitsch, Grimling, Grossmann, Gruber-Pruner;

Hahn;

Kofler, Kovacs;

Lancaster, Leinfellner;

Mertel;

Obrecht;

Pröller;

Reisinger;

Schachner, Schartel, Schennach, Schmid, Schumann, Spanring, Steiner, Steinmaurer;

Theuermann;

Wanner.

Mit „Nein“ stimmten die Bundesrät:innen:

Arlamovsky;

Böhmwalder, Buchmann;

Ebner, Eder, Eder-Gitschthaler;

Geieregger, Gfrerer, Göll, Gross;


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 322

Hauschildt-Buschberger, Himmer, Huber, Hutter;

Jagl;

Kittl, Kohl;

Lassnig;

Miesenberger;

Neurauter;

Prügl;

Ruf, Ruprecht;

Schreuder, Schwarz-Fuchs, Schwindsackl, Stillebacher, Stotter;

Tiefnig;

Wolff;

Zauner.

*****


Präsidentin Margit Göll: Es liegt ein weiterer Antrag der Bundesräte Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen auf Fassung einer Entschließung betreffend „Sicherung des Pensionssystems“ vor.

Hiezu ist wiederum eine namentliche Abstimmung verlangt worden.

Da dieses Verlangen von fünf Bundesräten gestellt wurde, ist gemäß § 54 Abs. 3 der Geschäftsordnung eine namentliche Abstimmung durchzuführen.

Im Sinne des § 55 Abs. 5 der Geschäftsordnung erfolgt die Stimmabgabe nach Aufruf durch die Schriftführung in alphabetischer Reihenfolge mündlich
mit „Ja“ oder „Nein“. Ich bitte um deutliche Äußerung.


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 323

Ich bitte um Ruhe, damit wir dann auch ein klares Ergebnis haben.

Ich ersuche nunmehr die Schriftführung um den Aufruf der Bundesräte in alphabetischer Reihenfolge.

*****

(Über Namensaufruf durch Schriftführer Fischer geben die Bundesrät:innen ihr Stimmverhalten mündlich bekannt.)

*****


Präsidentin Margit Göll: Ich mache von meinem Stimmrecht Gebrauch
und stimme mit „Nein“.

Die Stimmabgabe ist beendet.

Ich unterbreche wiederum zur Auszählung der Stimmen kurz die Sitzung.

18.18.30*****

(Die zuständigen Bediensteten nehmen die Stimmenzählung vor. – Die Sitzung wird um 18.18 Uhr unterbrochen und um 18.19 Uhr wieder aufgenommen.)

18.19.36*****


Präsidentin Margit Göll: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und gebe nun das Abstimmungsergebnis bekannt.

Demnach entfallen auf den gegenständlichen Entschließungsantrag bei 58 abge­gebenen Stimmen 27 „Ja“-Stimmen und 31 „Nein“-Stimmen. Der Entschlie­ßungsantrag ist somit abgelehnt.

Mit „Ja“ stimmten die Bundesrät:innen:

Arpa;

Babler, Bernard;


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 324

Fischer;

Gerdenitsch, Grimling, Grossmann, Gruber-Pruner;

Hahn;

Kofler, Kovacs;

Lancaster, Leinfellner;

Mertel;

Obrecht;

Pröller;

Reisinger;

Schachner, Schartel, Schennach, Schmid, Schumann, Spanring, Steiner, Steinmaurer;

Theuermann;

Wanner.

Mit „Nein“ stimmten die Bundesrät:innen:

Arlamovsky;

Böhmwalder, Buchmann;

Ebner, Eder, Eder-Gitschthaler;

Geieregger, Gfrerer, Göll, Gross;

Hauschildt-Buschberger, Himmer, Huber, Hutter;

Jagl;

Kittl, Kohl;


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 325

Lassnig;

Miesenberger;

Neurauter;

Prügl;

Ruf, Ruprecht;

Schreuder, Schwarz-Fuchs, Schwindsackl, Stillebacher, Stotter;

Tiefnig;

Wolff;

Zauner.

*****

18.19.55Fortsetzung der Tagesordnung


Präsidentin Margit Göll: Ich nehme die Verhandlungen zum 17. Punkt der Tages­ordnung wieder auf.

Zu Wort gelangt Herr Bundesrat Michael Bernard. – Bitte.


18.20.35

Bundesrat Michael Bernard (FPÖ, Niederösterreich): Frau Präsident! Frau Minister! Kollegen des Bundesrates! Sehr verehrte Damen und Herren im Saal und vor den Bildschirmen! Wir sind dabei stehen geblieben, dass beim Atomgipfel von EU-Seite die Staats- und Regierungschefs von zwölf Ländern der von Frankreich geführten Atomallianz teilnahmen. (Bundesrat Himmer: Du
musst jetzt nicht von vorne anfangen!)

Alle Teilnehmer haben sich dort in der Erklärung für den Bau neuer Atomkraft­werke und auch für eine längere Nutzungsdauer bestehender Anlagen


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 326

ausgesprochen. Die Weltbank wurde sogar aufgerufen, Atomprojekte verstärkt zu unterstützen. Deutschland hat nach 60-jähriger Nutzung von Atom­kraft in Zeiten einer angespannten energiepolitischen Lage durch den Umstieg auf die Erneuerbaren die letzten drei Meiler komplett heruntergefahren. (Bundesrat Schennach: Ihr ändert jetzt eure politische Linie, oder wie? Von Nein zu Atomkraft in die andere Richtung!)

Wie schaut die Lage ohne Atomstrom aus? – Die Deutschen verbrennen
jetzt mehr schädliche Braunkohle denn je. Neue Flüssiggasterminals müssen gebaut werden, um Flüssiggas aus den USA importieren zu können.
Deutschland ist jetzt auch vom Stromimport aus französischen AKWs und sogar von polnischen Kohlekraftwerken abhängig. Das ist die Lage Ihrer grünen Schwester Ricarda Lang, Frau Minister Gewessler!

Auch Sie zerstören mit Ihrer grünen Ideologiepolitik in der EU, mit Ihrem dauerhaften Gold Plating unser Land. Während wir eh schon einen nachhaltigen Strommix in Österreich haben, müssen wir noch immer weiter Emissionen senken und ruinieren damit unsere Bürger und unsere Wirtschaft. Das ist doch eine Farce, dass wir alle all diese Kosten für die sogenannte Energiewende tragen müssen. (Beifall bei der FPÖ.)

18.22


Präsidentin Margit Göll: Ich begrüße nochmals Bundesministerin Leonore Ge­wessler bei uns im Bundesrat.

Als Nächster zu Wort gelangt Bundesrat Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross. – Bitte.


18.22.38

Bundesrat Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross (Grüne, Vorarlberg): Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Frau Ministerin! Werte Zuhörer:innen! Um
uns alle wieder zurückzuholen: Wir sind bei der EU-Jahresvorschau des BMK.

Ich denke, gerade in Zeiten wie diesen zeigt sich – wir haben es heute
schon gehört –, die Welt ist aus den Fugen. Gerade in Zeiten wie diesen zeigt


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 327

sich, wie unerlässlich eine starke Europäische Union in der geopoliti­schen Perspektive ist. Es ist wichtig, auch diesen Blick zu haben und nicht nur quasi innerstaatlich auf die Nationalstaaten zu schauen. Wir müssen
auch auf die EU schauen, denn die Welt befindet sich in einem Prozess der Neu­ordnung. Das bekommen wir alle intensiv mit, und in den nächsten
Jahren wird sich entscheiden, welche Rolle Europa in der Welt einnehmen wird.

Da hängt sehr, sehr viel dran. Alle, die jetzt in der Union Kleinstaaterei
betreiben und egoistische Nationalismen befördern, gefährden die Freiheit und gefährden unserer zukünftiges Wohlergehen.

Wirtschaftspolitisch hilft es da entgegen so manchen Rufen aus Interes­senvertretungen allerdings nicht, dass die EU jetzt auf Steuer- und Lohndumping setzt, um attraktiv zu bleiben, oder zum Beispiel das Lieferkettengesetz torpediert. Das ist schlicht und einfach grundfalsch und kurzsichtig. Einen derar­tig desaströsen Wettbewerb nach unten werden wir mit Sicher­heit verlieren und damit gefährden wir den Wohlstand und den Sozialstaat.

Ich bin fest davon überzeugt, dass wir genau das Gegenteil tun müssen,
nämlich zeigen, dass sich in der EU eine gesunde Wirtschaft mit höchsten ökolo­gischen, sozialen und menschenrechtlichen Standards realisieren lässt,
zeigen, dass eine sozialökologische Wende binnen weniger Jahrzehnte möglich ist, dass Europa ein solidarischer Kontinent ist, der seinen eigenen
ethischen Ansprüchen auch über seine Grenzen hinweg gerecht wird. Wer bitte wird das sonst tun? Da ist Europa die einzige Hoffnung, und genau das
kann die Stärke Europas sein. Dafür brauchen wir eine gestärkte und nicht eine geschwächte Union.

Ein wichtiger Eckpfeiler auf diesem Weg ist das Ziel der Klimaneutralität Europas – jetzt bin ich bei der Vorschau – bis spätestens 2050, in dieser Phase in wenigen Jahrzehnten eine Gesamttransformation der Wirtschaft vorzu­nehmen, eine Nullemissions- und Nullabfallwirtschaft zu kreieren, eine umfas-


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 328

sende Kreislaufwirtschaft zu installieren, eine vollständig saubere Ener­gieversorgung zu haben, ein emissionsfreies Verkehrssystem mit einem exzel­lenten öffentlichen Verkehrsnetz bis ins letzte europäische Dorf.

Gleichzeitig können wir eine massive Stärkung der Biodiversität vorantreiben. Wir müssen sorgsam mit unseren Böden umgehen, auf denen einen nach­haltige Landwirtschaft mit stark regionalem Charakter gepflegt wird. Das muss selbstverständlich mit einem europaweiten Sozialsystem einhergehen,
das niemanden zurücklässt und die nötigen Veränderungen definitiv allen er­möglicht.

Die EU-Jahresvorschau im Bereich Energie, Klima, Verkehr und Umwelt setzt viele wichtige Akzente eben genau in diese Richtung. Auch wenn in die­sem Plan jetzt nicht viel grundlegend Neues dabei ist, was vielleicht auch dem Ende der Legislaturperiode geschuldet ist, sind trotzdem viele, viele
wichtige Aspekte enthalten.

Ich bin jetzt schon ein paar Lenze im Klimaschutz aktiv (Bundesrat Himmer: Das sieht man gar nicht!) und sage ganz offen und nicht das erste Mal – viel­leicht hier herinnen –: Es gab in all diesen Jahren im Großen und Ganzen stets eine Konstante, das waren Initiativen der EU. Auch in Österreich und auch
in den Bundesländern wären wir ohne diese nicht so weit.

Einer der großen Rahmen in der EU-Klima- und Verkehrspolitik ist nach wie vor der European Green Deal, ein wirklich einzigartiger Meilenstein in der Geschichte der EU – dafür auch Gratulation an die Präsidentin. Vieles konnte bereits umgesetzt werden. Zuletzt hat die spanische Präsidentschaft
noch wirklich wichtige Richtlinien zum Abschluss gebracht, wie zum Beispiel die Erneuerbarenrichtlinie. Diese wird umzusetzen sein, auch von irgend­welchen Regierungen, die mit Klimaschutz nichts am Hut haben. Das ist auch eine gewisse Beruhigung mit Blick auf die Europawahlen.


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 329

Vor gut einem Monat hat die Kommission richtigerweise nachgelegt und vorge­schlagen, die Treibhausgasemissionen bis 2040 um 90 Prozent – gegen­über den Werten von 1990, wohlgemerkt – zu reduzieren. Das ist wichtig und definitiv im Einklang mit wissenschaftlichen Gutachten, denn wir wissen,
die letzten 10 Prozent sind die wirklich schwierigen. Für die letzten 10 Prozent werden wir dann Zeit genug brauchen, um das zu meistern. Österreich
hat sich das für 2040 zum Ziel gesetzt. Das wird große Anstrengungen erfor­dern, das wissen wir, aber es ist möglich. Es ist jedenfalls möglich,
wenn man will.

Ein bisschen zu den einzelnen Themen: Eine große Aufgabe ist die Neuregulie­rung der Elektrizitätsmärkte und vor allem des Gasmarktes, denn wir
brauchen dringend gemeinsame Vorschriften für eine Versorgung mit erneuer­baren Gasen, respektive Wasserstoff. Da ist die EU schon weit
vorangekommen.

Ein wichtiger klima- und wirtschaftspolitischer Legislativakt ist der Vorschlag für die Verordnung über CO2-Emissionsnormen für schwere Nutzfahrzeuge.
Das finde ich sehr spannend. Die Kommission sieht eine schrittweise Verschär­fung der Emissionsnormen vor, und zwar bis 2035 um 65 Prozent, insge­samt bis 2040 um 90 Prozent.

Warum sage ich das? – Es ist wirtschaftspolitisch für die Hersteller besonders wichtig, um planen zu können, um sich darauf verlassen zu können, um
einen Innovationsvorsprung zu generieren. Da geht es ja um Milliardeninvesti­tionen. Es muss also sicher sein, dass das sitzt.

Es sind immer wieder diese Debatten da: Ja, der Elektroantrieb, das soll
wieder aufgeweicht werden. Bis zu einem gewissen Grad ist ja – angeführt von der FDP in Deutschland – das Ziel leider erreicht worden. Das ist kontraproduktiv.

Nur ein Beispiel: Regierungschef Sunak in Großbritannien hat das – das war ein Gesetzesakt in Großbritannien – für 2030 aufgelockert.


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 330

Wissen Sie, wer sich über die Auflockerung aufgeregt hat? – Die Autoindustrie. Warum? (Bundesrat Spanring: Ja! Deshalb geht es nicht! Danke, Herr Gross!
Wegen der Großindustrie!)
 – Weil sie sagen: Hey Leute, was ist jetzt los? Da geht es um eine Transformation, die zig Milliarden kostet, und jetzt sagt ihr,
na, es ist doch nicht sicher, wohin wir gehen! – Das geht nicht, das ist absolut kontraproduktiv.

Allein deswegen sind gerade auf europäischer Ebene solche klaren Rahmenbedingungen ganz, ganz wichtig. So, und wie das dann technologisch umgesetzt wird, das ist ja wieder eine Frage des Wettbewerbes, aber
genau diese Rahmen sind eigentlich eine Versicherung, auch wirtschaftspolitisch. Übrigens auch da gilt eine Vorbildwirkung: Städtische Busse müssen
bis 2035 bereits zu 100 Prozent emissionsfrei sein.

Sehr spannend finde ich auch den Richtlinienvorschlag zur Vermeidung von Le­bensmittel- und Textilabfällen. Wie wir wissen – auch das kommt ja
nicht von ungefähr – sind gerade diese Sektoren besonders ressourcenintensiv, und andererseits sind diese Sektoren mit sehr, sehr hohen Wegwerfraten konfrontiert; wir wissen es bei den Lebensmitteln, wir wissen es bei den Texti­lien. Darum ist es sehr richtig, da europaweit gegen diese Verschwendung, dieses Wegwerfen vorzugehen.

Beschlossen wurde vor Kurzem die Richtlinie über Umweltaussagen, man könnte ja auch besser sagen, die Antigreenwashingrichtlinie. Auch das ist ganz,
ganz wichtig. In Zukunft sind nicht belegte Umweltaussagen nicht mehr erlaubt. Sie kennen das von Verpackungen, ganz viel davon, was sich da als umwelt­freundlich und neutral und whatever ausgibt, ist nicht belegt, hat keine Studien im Hintergrund. Es ist wirklich ganz wichtig im Sinne des Konsumenten­schutzes, dass sich die Konsument:innen darauf verlassen können, dass das, was draufsteht, auch stimmt, denn niemand – ich auch nicht – ist in der Lage,
zu überprüfen, was auf diesen Verpackungen draufsteht. Das muss einfach eine klare Vorgabe sein.


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 331

Hinweisen möchte ich noch auf das Paket zur Kreislaufwirtschaft. Da geht
es zum Beispiel um Maßnahmen zur Vermeidung von unnötigen Verpackungen, zur Förderung von wiederverwendbaren und nachfüllbaren Verpackungs­lösungen, und es beinhaltet in einer Verordnung das Ziel, dass alle Verpackungen auf dem gesamten europäischen Markt 2030 wirtschaftlich recycelt werden können. Das finde ich schon sehr spannend. Genau das ist eine Art von Vorgabe an die Industrie, die, denke ich, sehr spannend ist, die Planungssicherheit
bietet, aber natürlich auch hinreichend Raum für Innovationen und darüber nachzudenken lässt, wie das am besten zu lösen ist.

Es soll nicht verschwiegen werden, dass es auch wichtige Vorhaben
gibt, die nicht gelingen, respektive von einzelnen Staaten blockiert werden, so muss man es ja formulieren. Das betrifft etwa den finalen Beschluss der Richtlinie zur Wiederherstellung der Natur, das ist ein sehr wichtiger Rahmen für die Stärkung der Biodiversität, des Bodenschutzes, meines Erachtens
auch für die Landwirtschaft, gerade wie sie bei uns stattfindet, wenn auf so et­was auch hohe Rücksicht genommen wird. – Wer weiß, vielleicht wird
es ja noch.

Das Wohl Österreichs – ich möchte das am Schluss noch einmal betonen – hängt unmittelbar von der Entwicklung der Europäischen Union ab.
Nur eine fortschrittliche, solidarische, ökologische Union mit einer gestärkten Demokratie wird global zeigen können – und darum geht es –, dass ein
anderer, friedlicher Weg möglich ist. – Arbeiten wir daran! (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)

18.33


Präsidentin Margit Göll: Zu Wort gemeldet ist Bundesrat Markus Stotter. Ich er­teile ihm dieses.


18.33.37

Bundesrat Markus Stotter, BA (ÖVP, Tirol): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zu­seherinnen und Zuseher hier und vor den Endgeräten! Ja, Adi Gross hat


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 332

jetzt schon einen sehr großen Bogen über das Gesamtthema, über den Gesamt­bericht gespannt, aber lassen Sie mich trotzdem noch ein paar Punkte
vertiefen.

Zu den Emissionsverschärfungen für den Schwerverkehr: Zur Erreichung der Kli­maziele der Europäischen Union im Verkehrsbereich soll die Verschärfung
der CO2-Emissionsnormen für schwere Nutzfahrzeuge beitragen.
Der Anteil emissionsfreier Fahrzeuge soll drastisch erhöht und die Verlagerung des Schwerverkehrs von der Straße auf die Schiene vorangetrieben
werden. Seitens des Ratsvorsitzes wird die Förderung nachhaltiger Verkehrs­mittel als Priorität zur Herstellung intelligenter Mobilität angeführt.

Besonderes Augenmerk erhalten dabei die Verbesserungen von Fahrgastrechten und die Verkehrssicherheit. Entsprechende Gesetzgebungsinitiativen sollen vorangebracht werden. Detailliert beschrieben wird im Bericht etwa
der Kommissionsplan, die Beförderung von Personen und Gütern im europäi­schen Eisenbahnnetz besser zu koordinieren.

Ein weiteres wichtiges Thema ist die Ressourcenunabhängigkeit Europas. Die Förderung der Kreislaufwirtschaft im Sinne der Produktnachhaltigkeit
ist der Kern der Ökodesign-Verordnung, die im Rahmen des Green Deals um­gesetzt werden soll. Durch die wiederverwertbare sowie ressourcen-
und energieeffiziente Gestaltung von Produkten soll deren Umweltfußabdruck reduziert werden. Gleichzeitig will man durch eine Harmonisierung
der Produktregelungen das Funktionieren des Binnenmarktes verbessern.

Österreich achtet die Langlebigkeit und Reparierbarkeit von Produkten als es­senziell für das Gelingen der Kreislaufwirtschaft und spricht sich daher
auch für ein Verbot der Vernichtung von nicht verkauften Konsumgütern aus. Mit Vorgaben zu kreislauforientierten Konstruktionen von Fahrzeugen
und für die Entsorgung von Altfahrzeugen will die EU übrigens überdies die Ab­hängigkeit Europas vom Rohstofflieferanten verringern, etwa durch
Recycling seltener Erden.


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Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Energiewende durch stabile Preisgestaltung. Hinsichtlich der Energiewende bemüht sich der Ratsvorsitz um Erleichte­rung für grenzüberschreitende Energieinfrastrukturen, um Engpässe zu beseiti­gen. Ziel ist eine sichere und nachhaltige und erschwingliche Energiever­sorgung. Gleichzeitig wird an der Überprüfung der Gestaltung des EU-Strom­marktes gearbeitet. Bereits im März 2023 hat die Europäische Kommis­sion Vorschläge zur Verbesserung des Strommarktes vorgelegt, um die Preissta­bilität zu erhöhen.

Das Klimaschutzministerium begrüßt zwar die damit geschaffene Flexibilität für die Integration erneuerbarer Energien, sieht es aber kritisch, dass im Kommissionsvorschlag Ausnahmeregelungen von den Emissionsstandards bei Kapazitätszahlungen vorgesehen sind. Mitgetragen werden wiederum
geplante Maßnahmen gegen Insiderhandel und Marktmanipulation auf dem Energiegroßmarkt.

Bereits vom Rat angenommen wurde die Verordnung zur Erweiterung des Energiebinnenmarktes um erneuerbare Gase sowie Wasserstoff. Im Zusammenhang mit der Energiewende stehen auch die EU-Vorgaben zum schrittweisen Umstieg auf klimafreundliche Heiz- und Kühlsysteme beziehungsweise für die Renovierung alter Gebäude. Ziel ist der vollständige Ausstieg aus der Verwendung fossiler Brennstoffe für Heizzwecke
bis 2024.

Der letzte Schwerpunkt, welchen ich herausgreifen möchte, ist Technologie, konkret Supercomputer für KI-Start-ups. Die Öffnung europäischer Supercomputerkapazitäten für verantwortungsbewusste Start-ups im Bereich künstlicher Intelligenz, die sich zu einer ethischen KI-Nutzung verpflich­ten, ist Österreich ein großes Anliegen. Laut Bericht besteht bereits großer Be­darf an Hochleistungsrechnern für zahlreiche KI-Forschungsprojekte.
Derzeit befindet sich eine Kommissionsinitiative dazu noch in Ausarbeitung. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesrät:innen der Grünen.)

18.37



BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 334

Präsidentin Margit Göll: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Mag. Elisabeth Grossmann. Ich erteile ihr dieses.


18.38.05

Bundesrätin Mag. Elisabeth Grossmann (SPÖ, Steiermark): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die EU-Jah­resvorschau 2024 steht ganz im Zeichen der Umsetzung des Green Deals.

Klimaneutralität bis 2050 ist natürlich ein unterstützenswert Ziel, absolut not­wendig, um unsere Lebensgrundlagen zu erhalten und nicht unwieder­bringlich zu zerstören. Deshalb stehen wir auch hinter diesem Vorhabensbericht und werden dem auch zustimmen. Meine Vorredner haben ja schon
eingehend die Details erläutert, ich möchte Ihnen jetzt eine Wiederholung aus Zeitgründen ersparen.

Nur so viel: Es wäre dringend notwendig, ergänzend zum Green Deal europaweit auch einen Social Deal voranzutreiben, damit eben Klimaschutz für alle
lebbar und leistbar ist und niemand auf der Strecke bleibt. Da braucht es einen ausreichend dotierten europäischen Klimasozialfonds, um eben auch den Menschen unter die Arme zu greifen, wenn es darum geht, diese Energiewende auch zu leben (Beifall bei der SPÖ), selbstverständlich auch im Bereich
der Industrie, damit unsere Arbeitsplätze auch weiterhin erhalten bleiben und gestärkt sind. Das sind ganz, ganz wichtige Maßnahmen, die zu unter­stützen sind.

Wobei man auch sagen muss, da die Kommissionspräsidentin gelobt wurde: Ja, sie hat Courage gezeigt, hat aber jetzt auch Angst vor der eigenen
Courage bekommen. Das sei auch nicht verschwiegen.

Wenn man etwa sieht, welche Rückschritte jetzt im Bereich der Pestizidverord­nung und so weiter doch wieder in Gang gesetzt wurden, sieht man
schon, dass es da wieder eindeutig zurückgeht. Natürlich müssen wir als Öster­reich wirklich geschlossen auftreten, wenn es darum geht, Nuklearenergie
nicht als erneuerbare grüne Energie zu werten. Also da bitte ich Sie, noch lauter


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 335

zu sein. Kollege Bernard hat heute vergessen, zu erwähnen, dass nämlich
auch aus Bayern Stimmen kommen, wieder in die Nuklearenergie einzusteigen. Ich weiß es nicht, alle Länder sind genannt worden, aber das unmittel­bare Nachbarland Bayern wurde da verschwiegen.

Auch da brauchen wir eine laute Stimme aus Österreich. Ich nehme ja über alle Parteien einen breiten Konsens wahr. Das müssen wir wirklich gemein­sam überall ganz laut artikulieren, dass für uns Nuklearenergie absolut nicht akzeptabel ist und diese keinesfalls als grüne Energie, als erneuerbare
Energie durchgehen kann. (Beifall bei SPÖ und Grünen.)

Insgesamt: Ja, wir stehen dazu und stimmen auch zu. – Ich danke Ihnen.

18.41


18.41.17

Präsidentin Margit Göll: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung– Bitte nehmen Sie Ihre Plätze ein.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, den gegenständlichen Bericht zur Kenntnis zu nehmen, um ein
Handzeichen. – Es ist dies die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

18.41.4718. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 21. März 2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Luftfahrtgesetz geändert wird (3872/A und 2489 d.B. sowie 11445/BR d.B. und 11468/BR d.B.)


Präsidentin Margit Göll: Wir gelangen nun zum 18. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Markus Stotter. – Ich bitte um den


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 336

Bericht.


18.42.16

Berichterstatter Markus Stotter, BA: Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Verkehr über den Beschluss des Nationalrates vom 21. März 2024 betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Luftfahrtgesetz geändert wird.

Der Bericht liegt Ihnen vor, ich komme daher zur Antragstellung:

Der Ausschuss für Verkehr stellt nach Beratung der Vorlage einstimmig den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen
Einspruch zu erheben.


Präsidentin Margit Göll: Vielen Dank.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. Christian Buchmann. – Bitte.


18.42.46

Bundesrat Mag. Christian Buchmann (ÖVP, Steiermark): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten
Damen und Herren! Ich melde mich zu diesem Tagesordnungspunkt, da heute für die Steiermark ein besonderer Tag ist. Zum einen findet seit ges­tern – bis Sonntag – der Steiermark-Frühling am Rathausplatz statt. (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Bundesrat Schreuder: Ihr seid überall ...!)

Für die Wienerinnen und Wiener ist die Steiermark ein sehr beliebtes Urlaubsland. Wir freuen uns, dass die Wienerinnen und Wiener und sehr viele Gäste, die aktuell in der Bundeshauptstadt sind, gerne den Steiermark-Frühling besuchen, damit sie die steirische Gastlichkeit, die steirischen Touris­musregionen und das, was wir an Lukullischem bieten können –, sowohl
in fester Kost als auch in flüssiger Kost –, kennenlernen können. Die Steiermark ist ein sehr attraktives Urlaubsland für die Österreicherinnen und
Österreicher, aber sie ist insbesondere auch für die internationalen Gäste ein ganz besonderer Ort.


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 337

Es ist auch ein besonderer Tag betreffend eine Novelle des Luftfahrtge­setzes, und es wird Sie nicht wundern, dass ich mich zu diesem Tagesordnungspunkt zu Wort melde, da es ein lang gehegter Wunsch und ein Anliegen der steirischen Landespolitik war, dass wir diese Novelle
zustande bringen. Der steirische Landeshauptmann Christopher Drexler und unser ehemaliger Kollege im Bundesrat Karlheinz Kornhäusl, der ja
selbst Notarzt ist, haben sich bei diesem Thema auch immer in die Debatte eingebracht, in Kenntnis, dass Notarzthubschrauber ein ganz wesent­liches Element der medizinischen Versorgung in einem Flächenbundesland wie der Steiermark – mit ganz besonderen topografischen Herausforde­rungen – sind. So war es uns ein Anliegen, dass der Grazer Flughafen für diese Notarztflüge entsprechend zur Verfügung steht.

Mit dieser Novelle stellen wir sicher, dass Notarzthubschrauber Flug­plätze – im steirischen Fall Thalerhof – auch außerhalb der Betriebszeiten anfliegen können. Das dient insbesondere der Transportkette für Patientinnen und Patienten in den Regionen. Das ist uns als Länderkammer, glaube
ich, ein ganz besonderes Anliegen. Es ist eine Rundumversorgung und eine Rundumhilfe für Menschen, die in ganz besonderen Notlagen eben
diesen schnellen und raschen medizinischen Transport brauchen.

Danke, dass das eine gemeinsam getragene Lösung wird; ich weiß, dass das technisch nicht ganz einfach in der Umsetzung war, aber es erfordert
auch Menschen, die dann diesen Dienst leisten. Da möchte ich mich ganz be­sonders bei den Einsatzorganisationen, den Rettungsorganisationen
dafür bedanken, dass sie das tun, bei den Crews des ÖAMTC, die ganz be­sondere Flüge durchführen, auch Nachtflüge durchführen, um Patientinnen und Patienten im Regelfall dann ins Landeskrankenhaus Graz zu bringen, damit
die medizinische Versorgung vorgenommen werden kann. – Es ist also
ein schöner Tag für die Steiermark.

Falls wir heute nicht vor Mitternacht mit der Sitzung fertig werden, gibt es zu­mindest noch am Wochenende die Möglichkeit, den Steiermark-Frühling


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 338

zu besuchen. Was den Notarzthubschrauber betrifft, wünsche ich Ihnen, dass Sie ihn nie brauchen. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie des Bundes­rates Arlamovsky.)

18.46


Präsidentin Margit Göll: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross. – Bitte.


18.46.34

Bundesrat Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross (Grüne, Vorarlberg): Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Frau Ministerin! Wir freuen uns natürlich, dass
der Windkraftausbau vorangeht, wiewohl es da und dort zugegebenermaßen noch schneller gehen könnte. Wir sehen auch, dass es leider in vielen
Fällen zu Initiativen gegen Windparks kommt.

Gute Beteiligungsprozesse – das sei mitgegeben: Das ist einer der Schlüssel für eine Akzeptanz. Da gibt es sehr schöne Beispiele dafür. Sicher nicht der wichtigste, aber ein Aspekt für die Akzeptanz ist der Umgang mit der Nacht­kennzeichnung – auch das ist Gegenstand der Luftfahrtgesetzesnovelle.
Zu dieser Akzeptanz trägt es nicht bei, wenn sämtliche Windanlagen die ganze Nacht hindurch mit roten Blinklichtern auf sich aufmerksam machen. Es
ist auch nicht notwendig – allerdings zurzeit noch Vorschrift, aber nicht mehr lange –, da vor allem der bodennahe Nachtflugverkehr insgesamt doch
sehr überschaubar ist.

Das wird in Zukunft bedarfsgerecht erfolgen und muss nicht mehr dauernd sein. Was heißt bedarfsgerecht? – Es wird um Windanlagen, um Windparks
herum sogenannte Erfassungsbereiche geben. Tritt ein Flugzeug in diesen Er­fassungsbereich ein, dann – also quasi just in time – wird die Nachtkenn­zeichnung aktiviert, sonst eben nicht, sonst bleibt es dunkel.

Zuständig hierfür, das ist wichtig, ist die Austro Control. Die verfügt über das Know-how, die verfügt über die Einrichtung und die ist national tätig
und wird nicht dezentralisiert, was in so einem Fall nicht gut wäre. Da ist es


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 339

schon so, dass die Austro Control mit ihren Möglichkeiten auch ein hohes Sicherheitsniveau garantiert.

Damit bin ich wieder nahtlos beim zweiten Thema, der Nachtflugerlaubnis für Rettungseinsätze mit Hubschraubern. Natürlich ist es wichtig, eine durch­gehende Rettungskette zu haben, und das wären jetzt nachts zum Beispiel eben genau solche Fälle für das Einschalten der Nachtkennzeichnung von
Windparks.

Wichtig ist – zu dem, was jetzt eh schon von Kollegen Buchmann gesagt wurde –, noch anzumerken, dass es sich bei diesen Nachtfluggenehmigungen ausschließlich um Rettungsflüge handelt. Also das heißt, die Anrainerin­nen und Anrainer müssen nicht befürchten, dass das jetzt irgendwie überhand­nimmt und viele Nachtflüge mit Hubschraubern stattfinden. Es wird nicht
zu einer größeren Lärmbelästigung kommen.

Interessant sind vielleicht noch die Zahlen, um ein Gefühl zu bekommen. Natürlich weiß man es noch nicht, aber Schätzungen gehen davon aus, dass etwa 5 Prozent der Rettungsflüge in der Nacht stattfinden werden. Ist das viel,
ist das wenig? – Derzeit werden die allermeisten Rettungsflüge von
den 17 ÖAMTC-Hubschraubern durchgeführt. Es waren – ich war selber über­rascht – letztes Jahr durchschnittlich immerhin 57 Einsätze pro Tag.
Das ist eigentlich schon sehr viel, aber trotzdem werden jetzt 5 Prozent verteilt auf Österreich keine große Lärmbelästigung werden.

Wir sind uns sicher einig, dass das eine wichtige Dienstleistung zur schnel­len Hilfe und übrigens auch zum schonenden Transport für Patienten ist. Das ist auch ein wichtiger Grund für Hubschraubertransporte.

Ein Dank an die Steiermark für die Initiative, die uns allen zugutekommt. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)

18.50


18.50.06

Präsidentin Margit Göll: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 340

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist somit geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung. – Nehmen Sie bitte Ihre Plätze ein.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch
zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

18.50.3319. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 21. März 2024 betreffend Änderungen
des Übereinkommens über den internationalen Eisenbahnverkehr (COTIF) und der Anhänge E (CUI) und G (ATMF) sowie die Einfügung des neuen
Anhangs H (EST) zum Übereinkommen (2406 d.B. und 2490 d.B. sowie 11469/BR d.B.)


Präsidentin Margit Göll: Wir gelangen nun zum 19. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Markus Stotter. – Ich bitte um den
Bericht.


18.51.01

Berichterstatter Markus Stotter, BA: Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Verkehr über den Beschluss des Nationalrates vom 21. März 2024 betref­fend Änderungen des Übereinkommens über den internationalen Eisenbahnver­kehr und der Anhänge E und G sowie die Einfügung des neuen Anhangs H
zum Übereinkommen.

Der Bericht liegt Ihnen schriftlich vor, ich komme daher zur Antragstellung:

Der Ausschuss für Verkehr stellt nach Beratung der Vorlage einstimmig
den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Ein­wand zu erheben.


Präsidentin Margit Göll: Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross. – Bitte.



BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 341

18.51.36

Bundesrat Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross (Grüne, Vorarlberg): Frau Präsidentin! Werte Kolleg:innen! Frau Ministerin! Das Thema klingt zwar ein bisschen sperrig,
aber vom Prinzip her ist das, was wir hier jetzt diskutieren, ein extrem wichtiges Übereinkommen der zwischenstaatlichen Organisation für den internatio­nalen Eisenbahnverkehr – Otif ist die Abkürzung. Die gibt es seit 1999, und sie verfolgt das Ziel, eine grenzüberschreitende Harmonisierung des interna­tionalen Bahnverkehrs herbeizuführen.

Das ist ein wichtiges Anliegen, gar keine Frage. Da machen übrigens sehr viele Länder mit, genau genommen 50 Staaten, faktisch eigentlich alle europäi­schen – ich meine das geografisch – Staaten außer Weißrussland. Moldawien befindet sich gerade im Aufnahmeprozess. Es sind aber noch viele andere
Länder dabei, die Türkei zum Beispiel, nordafrikanische Staaten und so weiter. Diese Organisation, die Otif, verfügt über ein Sekretariat und arbeitet
ein Übereinkommen aus. Wir kennen das von anderen Organisationen. Die Übereinkommen sind dann entsprechend zu ratifizieren respektive
umzusetzen.

Genau um so ein Übereinkommen geht es hier heute; es nennt sich Cotif. Es geht dabei um Verbesserungen der Interoperabilität – das ist ein schwie­riges Wort – bei Grenzübertritten, um Fragen der Zulassung von Eisenbahnun­ternehmen, vor allem aber um Fragen des sicheren Zugbetriebs, um Klä­rung von Kompetenzfragen et cetera. Für Österreich ergibt sich
daraus kein konkreter Handlungsbedarf; das wurde bereits im Rahmen von
EU-Regelungen abgearbeitet.

Die Harmonisierung des Bahnverkehrs ist leider eine mühsame Angelegenheit, wobei mit Blick auf die internationale Harmonisierung mühsam noch ein Euphemismus ist – allzu gewichtig sind nationale Befindlichkeiten und Eigeninteressen, muss ich ganz offen sagen. Viele Bahngesellschaften und deren Eigentümer – das sind dann meistens die betreffenden Staaten – haben wenig oder gar kein Interesse an Vereinheitlichung, weil die natürlich immer auch eine


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Öffnung bedeutet und Konkurrenz untereinander bringt. Zugegebenermaßen brauchen interstrukturelle Anpassungen tatsächlich auch Zeit, umso
früher und klarer müsste man jedoch eigentlich die entsprechenden Rahmenbe­dingungen setzen.

Leider muss man festhalten, dass wir von einer internationalen Harmoni­sierung im Bahnverkehr noch ein paar Lichtjährchen entfernt sind. Zumindest für die EU muss es aber Ziel sein, schnellstmöglich einen einheitlichen europäi­schen Eisenbahnraum zu schaffen. Dafür wäre noch viel zu tun. Es ginge dabei um gemeinsame Sicherheitsvorschriften, um gleiche Zugbeeinflussungs­systeme, um gleiche Betriebsspannungen, Spurweiten, gleiche Sprache, gleiche Tunnelweiten und so weiter. Das wird dann sehr schnell ziemlich kompli­ziert und ist wahnsinnig teuer.

Ich kann mich noch gut daran erinnern: Vor zwei Jahren habe ich eine moderne Lokomotive der ÖBB besichtigen können. Ein Drittel der Lokomotive ist
mit solchen Schränken (mit den Händen einen Abstand andeutend) vollgestellt, gefüllt mit Software und Computersystemen. Dabei steht jeder Schrank
für ein anderes Zugsicherungssystem, weil gerade die ÖBB, und das ist ja gut so, sehr viel grenzüberschreitend unterwegs sind, und das ist wirklich kompli­ziert und technisch enorm aufwendig.

Was wir für die Akzeptanz auch dringend bräuchten, sind gemeinsame Fahrplä­ne, Buchungssysteme und solche Dinge. Ich merke es gerade jetzt: Nächs­te Woche fährt der EU-Ausschuss nach Den Haag. Ich fahre mit der Bahn hin. Das wird dann mit mehrfachem Umsteigen schnell sehr kompliziert, wenn
man sich die Tickets besorgt.

Ich möchte noch etwas dazusagen, weil es wichtig ist: Es geht natürlich nicht nur um den Personenverkehr, sondern – ganz wichtig – auch um den Güterver­kehr. Komplizierte Eisenbahnregelungen – Kollege Schmid, der Eisenbahnken­ner, nickt – befördern nicht gerade die Verlagerung der Güter auf die
Schiene. Da ist die Straße nämlich leider weiter, muss man zugeben. Jeder


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 343

europäische Lkw kann ohne Probleme überall hinfahren, und das
muss natürlich für den Bahnverkehr genauso das Ziel sein. Da gibt es also noch einiges zu tun. Das BMK – das möchte ich jetzt schon noch hervorheben,
denn das war nicht immer in dieser Intensität so – setzt sich dafür wirklich sehr stark ein, vor allem natürlich auch in Person unserer Ministerin. (Beifall bei
den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP.) –
Sehr schön! Ja, das ist schon so.

Wir haben, auch wenn es immer wieder mal Kritik gibt, operativ, wie ich
finde, mit den ÖBB eine tolle Bahngesellschaft. Das hat sie beispielsweise mit ihren Nachtzügen wirklich sehr schön aufgezeigt, mit denen sie europa­weit eine Benchmark im grenzüberschreitenden Verkehr gesetzt hat, mit allen Problemen, die das auch hervorruft. Die können wirklich ein Lied davon
singen, wie schwierig das ist, da unterwegs zu sein. Trotzdem ist es ihnen gelun­gen, sich damit gut zu etablieren.

Hoffen wir, ich denke, im Interesse aller, dass auf diesen Schritt der Harmo­nisierung bald weitere große Schritte folgen werden. – Danke. (Beifall
bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)

18.57


Präsidentin Margit Göll: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Silvester Gfrerer. Ich erteile ihm dieses.


18.57.06

Bundesrat Silvester Gfrerer (ÖVP, Salzburg): Frau Präsidentin! Werte Frau Bundesministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dankenswerter­weise hat Kollege Gross schon sehr viel vorweggenommen und schon gesagt.
Ich möchte daher meine Rede entsprechend kürzen.

Es geht bei dem Tagesordnungspunkt um die Harmonisierung des internationalen Eisenbahnverkehrs und generell um den Verkehrsträger Eisenbahn. Gütertransporte, Personenverkehr und Transit sind angesprochen worden. Dies ist eine sehr mühsame Aufgabe, eine sehr zähe Aufgabe,
bei der man nur kleine Schritte machen kann, die aber trotzdem enorm wichtig


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 344

sind. Wenn man weiß, dass dieses Übereinkommen 1999 begründet
worden ist und mit gut 50 Ländern Einigungen erzielt werden konnten, kann man sich ungefähr vorstellen, was das für ein Prozess ist, der aber nichts­destotrotz dringend erforderlich ist.

Einen positiven Schub in die richtige Richtung hat es sicherlich gegeben, als die Europäischen Union 2011 als Ganzes, also als Europäische Union, beige­treten ist. Das war sehr wichtig. Da trägt die EU natürlich eine große Verant­wortung. Sie hat die große Aufgabe, diesen Schub mitzunehmen und
immer wieder von den Mitgliedsländern einzufordern, wenn Taten gesetzt werden müssen und der Prozess vorangetrieben werden muss.

Zugverkehr: Ich fahre die letzten Jahre immer wieder mit dem Zug von Salzburg nach Wien, oft auch von Sankt Johann im Pongau aus. Ich beobachte also
die Verbindungen, und ich muss sagen, Salzburg–Wien funktioniert bestens. Ich höre von Bundesratskollegen, dass es sehr mühsam ist, aus Vorarlberg, aus
Tirol oder aus Osttirol mit dem Zug anzureisen, weil die Infrastruktur bei Weitem nicht so ausgebaut ist wie auf dieser Strecke.

Es ist sehr positiv, dass der Personenverkehr extrem stark zugenommen
hat. Dadurch hat man natürlich wieder das Problem mit den vollen Zügen. Da gibt es sicherlich Handlungsbedarf. Da haben alle Länder großen Hand­lungsbedarf, die einen mehr, die anderen weniger, in dem Bereich noch Verbes­serungen herbeizuführen. Salzburg–Wien ist wie gesagt eine sehr gute Verbindung, aber doch auch sehr stark ausgelastet, sodass man eigentlich gar nicht mehr für alles Platz hat.

Der Transit ist wirklich wesentlich. Den Transitverkehr von der Straße auf die Schiene zu bringen, ist ein gemeinsames Ziel und ist auch in unseren Vor­haben festgeschrieben. Wir stehen natürlich vor großen Herausforderungen, um da Verbesserungen zu erzielen. Wir müssen einfach gemeinsam schauen,
dass wir diese Ziele erreichen. Die gesetzlichen und rechtlichen Unterschiede in


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 345

den vielen Mitgliedsländern zu harmonisieren, ist eine Riesenherausfor­derung, die sehr mühsam ist, sich aber trotzdem lohnt. In diesem Sinne: An die Arbeit! – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

19.00


Präsidentin Margit Göll: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Daniel
Schmid. Ich erteile es ihm.


19.00.52

Bundesrat Daniel Schmid (SPÖ, Tirol): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuseherin­nen und Zuseher! Ja, Herr Dipl.-Ing. Dr. Gross und auch Kollege Gfrerer haben es bereits vorweggenommen: Das Übereinkommen, das heute zur Dis­kussion steht, ist ein wichtiger Schritt, um Sicherheit und Zuverlässigkeit des internationalen, interoperablen Zugverkehrs zu gewährleisten. Dieses Übereinkommen deckt wichtige Bereiche wie das Eisenbahnbeförderungsgesetz, die Beförderung gefährlicher Güter und die Überprüfung technischer Nor­men et cetera ab. So, liebe Kolleginnen und Kollegen, jetzt stellt sich für so man­chen hier vermutlich die Frage: Weshalb ist der interoperable Eisenbahn­verkehr nicht harmonisiert, wie wir das beispielsweise bei der Luftfahrt kennen? Erlauben Sie mir, darauf ein bisschen näher einzugehen.

Das europäische Eisenbahnnetz ist durch eine lange Entwicklungsge­schichte verschiedener nationaler Entwicklungen geprägt. Das hat zum Beispiel dazu geführt, dass wir unterschiedliche Spurbreiten, unterschiedliche Zugsicherungssysteme, unterschiedliche betriebliche Standards und Normen haben. Diese Unterschiedlichkeit hat historische, technische, politische und nicht zu vergessen auch militärstrategische Hintergründe. Das ist der Grund,
warum wir – in dem Fall – bei uns in Europa ein so komplexes Geflecht unter­schiedlicher Eisenbahnsysteme haben.

Eine Harmonisierung des Eisenbahnsektors ist daher entsprechend komplex und damit eben auch kostspielig und erfordert vielfältige technische, infrastruk­turelle und betriebliche Veränderungen. Zusätzlich haben wir teilweise massive


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regulatorische Differenzen als Erschwernis. Was man auch nicht verges­sen darf – Kollege Gross hat es bereits angesprochen –: die unterschiedlichen nationalen Interessen. Die Herausforderungen sehen wir momentan ganz besonders deutlich beim Projekt Brennerbasistunnel. Es ist eines der größten Infrastrukturprojekte in Europa, das Österreich und Italien miteinander verbinden wird. Da ergeben sich mehrere Herausforderungen. Ich möchte Ihnen einige davon anhand des Beispiels Brennerbasistunnel kurz nennen.

Wir haben unterschiedliche technische und betriebliche Normen, unterschied­liche Zugsicherungssysteme. Darauf möchte ich kurz eingehen. In Italien
fahren sie mit SCMT, wir fahren mit der PZB. Und dann gibt es – Herr Gross weiß das sicherlich – das sogenannte European Train Control System,
ETCS. ETCS klingt jetzt vielleicht irrsinnig toll: In Europa fahren wir alle mit demselben System! Aber leider, Kolleginnen und Kollegen, ist das nicht so, denn auch innerhalb des ETCS gibt es wieder unterschiedliche länderspezifi­sche Regelungen. Das sind Dinge, die eine Harmonisierung natürlich erschweren.

Wir haben verschiedene Notfall- und Sicherheitsprozeduren. Es stellen sich genauso Herausforderungen bei einer gemeinsamen betrieblichen Koordination. Das sieht man beim Brennerbasistunnel recht deutlich.

Erlauben Sie mir jetzt, ganz speziell auf etwas einzugehen, das in der National­ratssitzung ein Kollege der ÖVP und hier auch Kollege Gross angespro­chen hat. Ich nenne es die – und betone – vermeintlichen sprachlichen Barrieren. Europas große Sprachenvielfalt spiegelt sich unter anderem auch im Eisenbahnverkehr wider. Die Umstellung auf eine einheitliche Sprache, wie von so manchem in diesem Kontext – erlauben Sie mir dieses Wort; es ist
nicht gerade sympathisch – Ahnungslosen gefordert, würde erhebliche Änderun­gen in der Ausbildung und im Betriebsverfahren erfordern. Nach Einfüh­rung einer einheitlichen Sprache würde das gesamte bestehende Personal von Lokführern und Lokführerinnen, Zugbegleiterinnen und Zugbegleitern
bis hin zu Fahrdienstleiterinnen und Fahrdienstleitern et cetera eine erhebliche Anpassung ihrer Ausbildung brauchen. Die müssten in der ausgewählten


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Sprache, unabhängig davon, welche das wäre, ausgebildet und auch zertifiziert werden. Das bringt natürlich erhebliche Kosten mit sich.

Man darf auch den Bereich des Recruitings nicht vergessen. Wenn wir – als Beispiel – Englisch als einheitliche Eisenbahnsprache in Europa normie­ren würden, dann wird man beim Recruiting, bei der Anstellung von Personal genau darauf das Augenmerk richten müssen. (Beifall bei der SPÖ.)

Dadurch würden wir, und da bin ich mir sicher, entsprechende Probleme bei der Personalgewinnung bekommen, weil sich dadurch das Anforderungsni­veau hochschraubt. Weil wir gerade beim Anforderungsniveau sind: Die derzeiti­gen europäischen Mindeststandards schreiben das Sprachniveau B1 vor.
Das ist eine absolute Mindestanforderung, denn, sehr geehrte Damen und Her­ren, B1 beschreibt gerade einmal den Übergang von grundlegenden Kom­munikationsfähigkeiten zu einem kompetenteren Umgang mit der Sprache. Das ist in einer Notsituation, wenn man rasch und klar kommunizieren muss,
wohl nicht unbedingt ausreichend. Deshalb braucht es ein Sprachniveau auf Level B2. Denn es braucht eben die Fähigkeit, in einer Krisensituation,
in einer Notsituation, in Stresssituationen im Eisenbahnbetrieb klar und deutlich zu kommunizieren.

Sehr geehrte Damen und Herren, denken wir doch einmal an letztes Jahr,
an den Brand im Terfener Tunnel! Kollegin Neurauter und Kollege Stillebacher können sich sicherlich daran erinnern, denn die Einsatzkräfte sind uns damals, als wir heimgefahren sind, ordentlich entgegengekommen. Erinnern wir uns daran! Genau solche Vorfälle, wie sie im Terfener Tunnel passiert
sind, unterstreichen die Bedeutung einer effektiven und präzisen Kommunika­tion in Notsituationen. Dieser Vorfall verdeutlicht die Risiken, die mit
solch einer unüberlegten Initiative, eine gemeinsame Sprache für Eisenbahnerin­nen und Eisenbahner einzuführen und vielleicht auch noch – und jetzt
Ohren spitzen! – auf technische Übersetzungshilfen zu setzen, einhergehen. Als ich das gehört habe, habe ich mir gedacht: Was?!


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Da gibt es wirklich Stimmen, die sagen: Ja, das machen wir mit techni­schen Übersetzungshilfen!? Das heißt, ich bin im Terfener Tunnel, der Zug brennt, und dann rede ich in ein Kastl, und das Kastl übersetzt in die Betriebsführungszentrale, was ich meine. Ich will jetzt nicht näher darauf eingehen, jeder kann sich seinen Teil denken. Liebe Kolleginnen,
liebe Kollegen, so etwas ist grob fahrlässig!

Langsam komme ich zum Abschluss. Viele sagen ja immer, das Problem, das wir haben, ist unter anderem das Personal mit seinen unterschiedlichen
Sprachen. Liebe Kolleg:innen, ich nenne Ihnen noch ein letztes Beispiel: Wenn ein Zug von Italien in Richtung Österreich fährt, und am Bahnhof Bren­ner einfährt, dann wäre das eigentlich ganz easy. Da steht nämlich ein österrei­chischer Lokführer, der italienische bremst den Zug ab, packt zusammen,
sagt: Va tutto bene! – Man sagt Danke schön, steigt ein, richtet sich ein und fährt los. (Bundesrat Tiefnig: Und was ist, wenn lauter italienische Gäste
drin sind?)

Jetzt ist es aber so: Das Ganze ist normalerweise in 5 Minuten erledigt und wir können – hurra, die Gams! – fahren. Liebe Kolleginnen und Kollegen,
das ist nicht so, denn wenn er einfährt, dann bremst er ein, dann übernehme ich, dann muss ich einmal die gesamten Daten überprüfen, damit ich alles
dabei habe, muss alles herrichten, das System ändern, denn die fahren mit Gleichstrom und wir fahren mit Wechselstrom. Wenn ich das System
geändert habe, dann muss ich mein Zugsicherungssystem aktivieren, denn die Italiener fahren mit einem anderen Zugsicherungssystem. Wenn ich das
aktiviert habe, muss ich es auch noch überprüfen, und dann müssen wir auch noch die Magnetschienenbremsen einschalten, denn die Italiener dürfen
mit eingeschalteten Magnetschienenbremsen an den Wagen nicht fahren. Stellt euch vor: Die müssen wir auch noch überprüfen.

Was will ich euch mit diesem Beispiel zeigen? – Es sind nicht die unterschiedli­che Sprache und der Lokführerwechsel an der Grenze, die ein Problem
sind, sondern das System und die unterschiedlichen Normen.


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 349

Liebe Kolleginnen und Kollegen, trotz dieser diversen Schwierigkeiten und so mancher fahrlässiger Ideen, wie eben der Idee einer einheitlichen Spra­che, gibt es wirklich viele und ernsthafte Bemühungen, die Interoperabilität im europäischen Eisenbahnverkehr zu verbessern und zu harmonisieren.

Als Lokführer und stellvertretend für die sozialdemokratische Parlamentsfraktion möchte ich betonen, dass wir sämtliche Maßnahmen zur Gewährleistung
eines sicheren Zugbetriebs unterstützen. Das vorliegende Übereinkommen be­trifft die Sicherheit im internationalen Zugverkehr, einen Bereich, der für
die Bahnbenützenden sowie für den Gütertransport von enormer Bedeutung ist. (Beifall bei der SPÖ.)

Aus diesem Grund werden wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten der Regierungsvorlage selbstverständlich zustimmen. – Danke für Ihre Auf­merksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

19.13


Präsidentin Margit Göll: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Michael Ber­nard. – Bitte.


19.13.16

Bundesrat Michael Bernard (FPÖ, Niederösterreich): Frau Präsident! Frau Minister! Kollegen im Bundesrat! Sehr geehrte Damen und Herren im Saal und vor den Bildschirmen! Aufgrund dessen, dass die Vorredner bereits alles
zu diesem Thema gesagt haben, diese Vereinheitlichungen im Eisenbahnrecht zu wesentlich mehr Sicherheit beitragen und durch die Rahmenbedingungen
mehr Pünktlichkeit ermöglicht wird, gehen wir diese Schritte mit. (Beifall bei FPÖ, ÖVP und SPÖ sowie der Bundesrät:innen Jagl und Arlamovsky. – Oh-Rufe
bei der SPÖ.)

19.13


19.13.44

Präsidentin Margit Göll: Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall. Somit ist die Debat­te geschlossen.


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 350

Wir gelangen zur Abstimmung. – Bitte nehmen Sie Ihre Plätze ein.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch
zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmeneinhelligkeit. Der An­trag ist somit angenommen.

19.14.1820. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 20. März 2024 betreffend ein Bundesgesetz über die betriebliche Berufsausbildung in der Land- und Forstwirtschaft
(Land- und forstwirtschaftliches Berufsausbildungsgesetz 2024 – LFBAG 2024) (2446 d.B. und 2491 d.B. sowie 11453/BR d.B.)


Präsidentin Margit Göll: Wir gelangen nun zum 20. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Johanna Miesenberger. – Ich
bitte um den Bericht.


19.14.46

Berichterstatterin Johanna Miesenberger: Ich berichte aus dem Ausschuss für Land-, Forst- und Wasserwirtschaft über den Beschluss des Nationalrates
vom 20. März 2024 betreffend ein Bundesgesetz über die betriebliche Berufs­ausbildung in der Land- und Forstwirtschaft, Land- und forstwirtschaft­liches Berufsausbildungsgesetz 2024, LFBAG.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher gleich zur An­tragstellung:

Der Ausschuss für Land-, Forst- und Wasserwirtschaft stellt nach Bera­tung der Vorlage mehrstimmig den Antrag,

1. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu er­heben und

2. dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Art. 44 Abs. 2
B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.



BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 351

Präsidentin Margit Göll: Vielen Dank.

Sehr herzlich bei uns darf ich Herrn Bundesminister Norbert Totschnig begrü­ßen. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie bei Bundesrät:innen der SPÖ.)

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Markus Steinmaurer, und ich erteile ihm das Wort.


19.15.53

Bundesrat Markus Steinmaurer (FPÖ, Oberösterreich): Frau Präsidentin!
Werter Minister! Liebe Kollegen im Bundesratssaal! Liebe Besucher hier im Saal und vor den Bildschirmen! Da die derzeitige Rechtslage in der land- und forstwirtschaftlichen Berufsausbildung keine bundeseinheitliche Ausbildung vor­gibt, ist diese Regierungsvorlage auf den ersten Blick ein Lösungsansatz.

Vor diesem Hintergrund erscheint es zweckmäßig und keineswegs unbillig, auch die im Hauptausschuss des Nationalrates vertretenen politischen Parteien einzubinden, zumal diese hinsichtlich ihrer Bildungspolitik verschiedene Stand­punkte und darüber hinaus in Summe alle Teile der Bevölkerung vertreten. Davon profitieren würde der zuständige Minister, der seine Entscheidung auf ein starkes Fundament mit breiter Expertise stützen könnte.

Diesbezüglich wurde im Nationalrat von unserem Abgeordneten Schmiedlechner ein Abänderungsantrag eingebracht, der leider von SPÖ, ÖVP und Grünen abgelehnt wurde. In unserem Abänderungsantrag wollten wir das System ent­politisieren und den Beirat so auf faire Beine stellen. Im Gegensatz zur Regierungsvorlage hat die FPÖ klare Richtlinien für die Fachexperten des Bei­rates festlegen wollen. Da auf unseren Vorschlag nicht im Geringsten eingegangen wurde, stimmen wir bei TOP 20 nicht zu. – Danke. (Beifall bei
der FPÖ.)

19.17



BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 352

Präsidentin Margit Göll: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Silvester Gfrerer, und ich erteile ihm dieses.


19.17.32

Bundesrat Silvester Gfrerer (ÖVP, Salzburg): Frau Präsidentin! Werter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Heute ist wirklich ein guter Tag für jene Menschen, die sich entscheiden, eine Ausbildung zum Facharbeiter
oder zum Meister im Bereich der Land- und Forstwirtschaft zu absolvieren. Das Land- und forstwirtschaftliche Berufsausbildungsgesetz ist wirklich ein Meilenstein, denn eine gute fachliche Ausbildung ist die Grundlage, einen land­wirtschaftlichen Betrieb erfolgreich zu führen.

Ich kenne wirklich kaum eine Berufsgruppe, die so unterschiedlich und so vielfältig wie die Landwirtschaft aufgestellt ist, gerade in unseren Bundesländern, vom Burgenland bis nach Vorarlberg. Genauso vielfältig sind die Angebote in den Bundesländern für die Ausbildung von unseren Hofüber­nehmern und ihren Mitarbeitern in der Landwirtschaft, in der Forstwirtschaft, in der Jagdwirtschaft, im Gemüse-, im Obstbau und in vielen Sparten mehr.
Diese Vielfalt zeigt sich – man glaubt es kaum – bereits daran: 16 verschiedene Lehrberufe sind derzeit in diesem Land- und forstwirtschaftlichen Berufs­ausbildungsgesetz festgeschrieben.

Was noch wichtig ist: Es wird eine etwas unübersichtliche Rechtslage beseitigt. Die Gesetzgebung wird zur Bundessache. Besonders wichtig ist: Der
Vollzug bleibt ausschließlich in den Bundesländern. Die Grundlage dafür schaf­fen die Lehrlings- und Fachausbildungsstellen in den Bundesländern, die
dafür sorgen, dass die Bildungsangebote für jeden Bereich innerhalb der Land­wirtschaft auf dem neuesten Stand und am Puls der Zeit angeboten
werden.

Ich selbst bin auch Jäger und freue mich, dass nun auch ein neuer Lehrberuf geschaffen wird, und zwar die Berufsjagdwirtschaft. Man weiß, in den landwirtschaftlichen Fachschulen gibt es diese Kurse, mit denen man die Jagd­prüfung ablegen kann.


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 353

Das machen ganz viele nicht wegen der Jägerei selbst, sondern weil sie
sich ein Fachwissen aneignen wollen, um das ganze System mit der Natur, damit, wie man die Freizeit in der Natur verbringt, zu verstehen, die Zusammen­hänge kennenzulernen und sich das Fachwissen anzueignen, was die Jagdwirt­schaft betrifft.

Die Landesgesetze der Jagd sind ja alle mit Grund und Boden und mit
der Forstwirtschaft eng verbunden.

Was bei diesem Gesetz auch sehr positiv und wichtig ist: dass die Prüfungsge­bühren für die Meisterprüfungen mit 1.1.2024 entfallen und dass die Meistertitel auch in offizielle Urkunden und Dokumente eingetragen werden können. Das ist wirklich eine große Wertschätzung unseres Berufsstan­des und unserer Meister und Meisterinnen.

Die Zeit bleibt nicht stehen. Auch die Berufsausbildung in der Land- und Forst­wirtschaft entwickelt sich weiter. Mit dem neuen Gesetz wird ein neues Gremium auf Bundesebene, ein Land- und forstwirtschaftlicher Bundesberufs­ausbildungsbeirat zur koordinierten Beratung eingerichtet. Dieses
Gremium wird unabhängig und unpolitisch agieren.

Was ich nicht verstehe, ist, dass gerade die ÖVP das ablehnt (Bundesrat Tiefnig: Die FPÖ! Die FPÖ!) –, dass die FPÖ das ablehnt, denn sie wollte ihre Leute,
ihre Politiker, in diesen Gremien sitzen haben und hat dazu im Nationalrat einen Abänderungsantrag eingebracht. Auch ein Fachgremium, wie der Name
schon sagt, soll zum Wohle unserer Bauernfamilien auf wissenschaftlicher Basis agieren und nicht politisch beeinflusst werden. Daher ist das entschieden abzulehnen, das will niemand außer der FPÖ.

Ich komme zum Schluss und möchte mich bei allen Fachgremien und Institu­tionen, allen voran beim Landwirtschaftsministerium, vertreten durch
unseren Herrn Bundesminister, beim Koalitionspartner, aber auch bei der SPÖ, die diesen Beschluss mitträgt und so die Verfassungsmehrheit sicherstellt, herzlich bedanken.


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 354

Dieses Gesetz ist ein klares Bekenntnis zur land- und forstwirtschaftlichen Aus­bildung und zur Jagd in Österreich. Es ist eine gute Grundlage für die nachfolgende Generation, damit sie ihre Zukunft gut gestalten kann. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

19.22


Präsidentin Margit Göll: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Mag. Claudia Arpa, und ich erteile ihr dieses.


19.22.54

Bundesrätin Mag.a Claudia Arpa (SPÖ, Kärnten): Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Minister! Werte Zuhörende! Mit diesem Land- und forstwirtschaftli­chen Berufsausbildungsgesetz schaffen wir erstmals in Österreich eine einheitli­che Rechtsgrundlage für die land- und forstwirtschaftliche Berufsausbil­dung. Das ist ein Ergebnis langer Verhandlungen über die meisten Parteigrenzen hinweg.

Das bedeutet eine einheitliche Ausbildung vom Neusiedler See bis zum Bodensee, und es bedeutet auch einen rechtlichen Rahmen und Sicherheit für all jene, die diese Ausbildung machen, aber auch für all jene, die Menschen ausbilden, weil es auf kollektivvertraglicher Basis eine Basis gefunden hat. Mit diesem erfolgreichen Abschluss haben dann die jungen Menschen einen Facharbeiterabschluss beziehungsweise Facharbeiterinnenabschluss
in der Tasche.

Was mich auch besonders freut – und dafür sage ich auch herzlichen Dank –, ist die Möglichkeit für Jugendliche, die persönliche Vermittlungshindernisse
haben, Ausbildungen zu machen. Das ist ja auf der einen Seite die verlängerte Lehre und auf der anderen Seite die Teilqualifizierung. Es gibt einfach
junge Menschen, die auch einen Ausbildungsweg absolvieren möchten, und das wurde mitberücksichtigt. Somit können auch solche jungen Menschen
mit Vermittlungshindernissen gut ausgebildet werden.


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 355

Dass die Ausbildung attraktiv ist, zeigt sich auch an den Zahlen der Absolvent:in­nen und natürlich auch an den Lehrberufen. Mittlerweile – der Herr Kollege
von der ÖVP hat es schon angesprochen – hat sich ja die Zahl der Lehr­berufe auf 16 erhöht. Die Ausbildung umfasst die Bereiche Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Geflügelwirtschaft, Obstbau, Gemüsebau, Weinbau, Pferdewirtschaft, Bienenwirtschaft und auch die vorhin zitierte Berufsjägerei.

Für die praxisnahe und zukunftsorientierte Ausbildung beziehungsweise
für die Entwicklung eines neuen Lehrberufes – das haben wir auch schon vorhin gehört – wird der Bundesberufsausbildungsbeirat installiert. Wie setzt sich
so ein Beirat zusammen? – In diesem Gremium finden sich Experten der Land­wirtschaftskammer, der Landarbeiterkammer, der Gewerkschaft, aber
auch aus den Fachverbänden und, soweit ich das verstanden habe, auch aus dem Ministerium.

Keine Änderung gibt es hinsichtlich des Vollzuges des Gesetzes, denn
dieser bleibt weiterhin auf Landesebene.

Jetzt möchte ich zum Abschluss noch ein paar Zahlen nennen. Jährlich werden 5 000 Facharbeiter und Facharbeiterinnen ausgebildet. Dazu kommen
in etwa 500 Personen pro Jahr, die einen land- und forstwirtschaftlichen Meister machen. Dass die Ungleichbehandlung aufgehoben wurde, haben wir ja
bereits gehört. 5 Prozent von den bereits genannten Facharbeiter:innen absol­vieren eine land- und forstwirtschaftliche Lehre, 40 Prozent der Perso­nen, die eine Ausbildung machen, machen diese im zweiten Bildungsweg – das ist auch sehr erstaunlich –, und weitere 43 Prozent sind Schülerinnen
und Schüler der landwirtschaftlichen Lehranstalten in den Bundesländern. Auch im Lavanttal – dort, wo ich zu Hause bin – haben wir zwei solcher Schu­len, die sehr gerne besucht werden. Die restlichen 12 Prozent der 5 000 Fach­arbeiter sind Maturantinnen und Maturanten.

Aus meiner Sicht bildet dieses Gesetz eine Weiterentwicklung der Ausbildung in einem zukunftsorientierten, nachhaltigen und vielseitigen Berufsfeld und


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 356

zeigt auch auf, dass die Nahrungssicherheit, die Ökologie weiterentwickelt wer­den. Vielen Dank, wir stimmen dem zu. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ
und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)

19.26


Präsidentin Margit Göll: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Simone Jagl, und ich erteile ihr das Wort.


19.26.44

Bundesrätin Simone Jagl (Grüne, Niederösterreich): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Besucher hier bei uns im Hohen Haus! Um es noch einmal deutlich hervorzuheben:
Ihr von der FPÖ wollt den Berufsausbildungsbeirat politisch besetzen, nennt das entpolitisieren und lehnt daher eine Erleichterung für Auszubildende in
der Land- und Forstwirtschaft ab. (Beifall bei Grünen und ÖVP.) Muss man das verstehen? – Ich weiß nicht.

Gut, wir haben schon gehört, es geht bei diesem Gesetz im Wesentlichen
um die betriebliche duale Ausbildung im land- und forstwirtschaftlichen Bereich. Das System der dualen Ausbildung, das heißt, die parallele Ausbildung in Betrieben und in Berufsschulen ist wirklich bewährt und ein essen­zieller Bestandteil der Fachkräftesicherung in Unternehmen und in diesem Fall auch in landwirtschaftlichen Unternehmen. Ich denke, wir sind uns einig,
dass das wirklich ganz essenziell ist. Man kann nicht oft genug betonen, dass diese duale Ausbildung eine Erfolgsgeschichte ist.

Auch oder gerade weil nur etwa 5 Prozent der Fachkräfte in der Landwirtschaft ihre Ausbildung im Rahmen einer Lehre machen: Was wir mit diesem
Gesetz sicherstellen, ist, dass dieses Erfolgsmodell in der Land- und Forstwirt­schaft harmonisiert und damit auch attraktiviert wird, sodass Auszubil­dende die gleichen Voraussetzungen haben, egal ob sie ihre Ausbildung zur Facharbeiterin oder zum Facharbeiter oder zur Meisterin in Vorarl­berg oder in Niederösterreich machen. Das ist wirklich ein großer Wurf.


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 357

Vom neuen Berufsbild Jagdwirtschaft haben wir von Kollegen Gfrerer schon aus­führlich gehört, ebenso, dass es bei dem einzusetzenden Beirat um Exper­tise und nicht um ein Politikum geht.

Was uns natürlich besonders freut, ist, dass der Biobereich gestärkt wird. Die gleichwertige Vermittlung von Biokenntnissen wird aufgenommen. Im
Beirat wird eine Vertretung aus dem Biobereich stimmberechtigt sein, und als beratendes Mitglied wird jemand aus den drei stärksten Bioverbänden
nominiert sein. Dadurch soll die gleichwertige Vermittlung auch in den nachfol­genden Ausbildungs- und Prüfungsordnungen abgesichert werden. Es
wird auch eine Schwerpunktausbildung biologischer Landbau geben, wie es sie eh schon in einigen Bundesländern auch schon gibt.

Eines ist klar: Um die Stärkung der Bioausbildung in der Praxis voranzubringen, sind noch zahlreiche weitere Maßnahmen notwendig, die jetzt nicht in
diesem Gesetz abgebildet werden können. Die Ausbildungs- und Prüfungsord­nungen werden da jedoch eine große Rolle spielen, da die konkreten Ausbildungsinhalte die Bildungsziele und Kompetenzen sowie die Prüfungs­gegenstände dort festgelegt werden.

Ich freue mich über breite Zustimmung. – Danke schön. (Beifall bei
den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)

19.30


Präsidentin Margit Göll: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Mag. Norbert Totschnig. – Bitte sehr.


19.30.22

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft Mag. Norbert Totschnig, MSc: Geschätzte Frau Präsidentin! Geschätzte Mitglieder des Bundesrates! Wir haben jetzt schon sehr im Detail gehört, worum es geht: Es geht um das Land- und forstwirtschaftliche Berufsausbildungs­gesetz. Erstmals wird das jetzt für die Zukunft bundeseinheitlich geregelt. Die Frage ist: Warum ist das Ganze notwendig geworden?


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 358

Vielleicht noch ergänzend: Es gab eine Reform der Verfassung im Jahr 2019, die im Jahr 2020 wirksam wurde. Mit dieser Novelle wurde sozusagen die
gesamte Gesetzgebung in der land- und forstwirtschaftlichen Berufsausbildung dem Bund übertragen.

Früher war es so: Wir haben eine Grundsatzgesetzgebung im Bund und ausführende Gesetzgebung in den Ländern gehabt. Nun macht alles der Bund. Der Vollzug wird weiterhin bei den Bundesländern bleiben.

Was bedeutet die Gesetzesänderung in der Praxis? – Das wurde schon ange­sprochen: Die land- und forstwirtschaftlichen Lehrlings- und Fachausbil­dungsstellen in den Landeslandwirtschaftskammern werden auch weiterhin die ganze Ausbildung, die Abhaltung der Kurse bis hin zu den Prüfungen organisieren. Für die mittlerweile 16 Lehrberufe wird – und das ist neu – ös­terreichweit einheitlich eine Ausbildungs- und Prüfungsordnung erlassen.

Welche Berufe das sind, haben wir schon gehört: eine große Vielfalt in der Land- und Forstwirtschaft bis hin zum neuen Beruf, zur Berufsjagdwirtschaft, was
ein langjähriges Anliegen war.

Wer ist die Zielgruppe? – Bundesrätin Mag.a Arpa hat es schon angesprochen: Das geht quer durch, von den Lehrlingen bis zu jenen Personen, die das
im zweiten Bildungsweg machen.

Sie haben es sicherlich mitverfolgt: 40 Prozent der Absolventen machen das im zweiten Bildungsweg, 40 Prozent von 5 000. Bei 43 Prozent sind es Lan­deslandwirtschaftsschulen, sehr erfolgreiche Modelle – das muss man echt sa­gen –, die auch oft die Voraussetzung für einen Zweitberuf im Fachar­beiterbereich schaffen. Das sind sehr begehrte Absolventen. Natürlich erhalten auch – und das ist sicherlich für den einen oder anderen neu gewesen – Maturantinnen und Maturanten an höheren land- und forstwirtschaftlichen Bun­deslehranstalten einen Facharbeiterabschluss.


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 359

Was sind die zentralen Neuerungen? – Das Erste, was durchaus länger diskutiert worden ist, ist dieser Bundesberufsausbildungsbeirat. Das ist ein unterstüt­zendes fachliches Gremium. Da werden Fachleute gebraucht, weil es
darum geht, eine praxisnahe und zukunftsorientierte Ausbildung in der Lehre zur Verfügung zu stellen sowie entsprechende Prüfungsordnungen zu erstellen.

Ich bin sehr froh, dass es gelungen ist, auch die sozialdemokratische Fraktion zu gewinnen, auch mit dem Vorschlag, die Gewerkschaft hineinzunehmen,
was sehr sinnvoll ist, weil es ja um Lehrlinge geht. Da haben wir – das muss ich echt sagen – immer eine sehr, sehr gute Zusammenarbeit.

Das Weitere ist die Berufsjagdwirtschaft. Das war eine langjährige Forderung der Berufsjagdverbände in Österreich. Sie wollten damit endlich eine
einheitliche Ausbildung umsetzen.

Was ist die Voraussetzung dafür? – Die Ausbildung zum Forstorgan, zum Wald­aufseher dauert einige Wochen. Diese Kompetenz wird mit hineingenom­men, ist Voraussetzung. Was nicht Voraussetzung ist, ist, dass man
den Jagdschein schon vorher erwirbt. Den kann man im Rahmen der zweijäh­rigen Ausbildung erwerben.

Die Verschneidung mit dem Forstorgan, Waldaufseher ist sehr sinnvoll,
vor allem in Zeiten des Klimawandels, in denen es eine hohe Notwendigkeit ei­nes ausgewogenen Wald-Wildverhältnisses gibt.

Ein weiteres Thema – im gewerblichen Bereich war das schon möglich –
ist der Entfall der Prüfungsgebühren für die Meisterausbildung. Also nicht die Meisterausbildung selbst, sondern die Prüfungsgebühren werden in
Hinkunft erlassen, und das sogar rückwirkend. Das entspricht übrigens einem Versprechen, das Bundeskanzler Karl Nehammer im Rahmen seiner Ös­terreichrede im März 2023 gegeben hat. (Beifall bei der ÖVP.)

Ein weiterer wichtiger Aspekt, der bereits im gewerblichen Bereich gilt, nämlich gesetzlich seit 2020, ist die Eintragungsfähigkeit des Meistertitels in


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 360

Urkunden. Da geht es einfach um Wertschätzung, um Sichtbarmachung. Ich glaube, dass das zusätzlich Motivation verschafft, diese zusätzliche
Ausbildung zu absolvieren.

Abschließend: Es gibt viele gute Zitate. Ich habe eines herausgesucht. Es lautet: Die landwirtschaftliche Ausbildung ist die Wurzel, aus der die Früchte einer nachhaltigen, produktiven Landwirtschaft entspringen. – Zitatende.

Ich bedanke mich bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für das Zustande­kommen des Gesetzes, auch bei den Fraktionen, die Gespräche geführt
haben, insbesondere bei den Sozialdemokraten. Es war notwendig, dass wir die Zweidrittelmehrheit erreichen. In diesem Sinn ersuche ich um Zustimmung
zu diesem Gesetz. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie
bei Bundesrät:innen der SPÖ.)

19.35


19.35.26

Präsidentin Margit Göll: Danke, Herr Minister Totschnig.

Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist somit geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung. – Bitte nehmen Sie Ihre Plätze ein.

Dieser Beschluss ist ein Fall des Art. 44 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz und bedarf daher der in Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder
und mit einer Mehrheit von mindestens zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen zu erteilenden Zustimmung des Bundesrates.

Ich stelle zunächst die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der Mit­glieder des Bundesrates fest.

Wir gelangen zunächst zur Abstimmung, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 361

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch
zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

Nun lasse ich über den Antrag abstimmen, dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Art. 44 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz die ver­fassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustim­men, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der gegenständliche Antrag ist somit unter Berücksichtigung der besonderen Beschlusserfor­dernisse angenommen.

Ausdrücklich stelle ich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

19.37.0821. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 20. März 2024 betreffend ein Protokoll
zur Änderung des Gründungsübereinkommens der Internationalen Organisation für Rebe und Wein vom 3. April 2001 in Bezug auf den Sitz der OIV
(2434 d.B. und 2492 d.B. sowie 11454/BR d.B.)


Präsidentin Margit Göll: Wir gelangen nun zum 21. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Johanna Miesenberger. – Ich
bitte um den Bericht.


19.37.36

Berichterstatterin Johanna Miesenberger: Ich bringe den Bericht des Aus­schusses für Land-, Forst- und Wasserwirtschaft über den Beschluss
des Nationalrates vom 20. März 2024 betreffend ein Protokoll zur Änderung des Gründungsübereinkommens der Internationalen Organisation für Rebe
und Wein vom 3. April 2001 in Bezug auf den Sitz der OIV.


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 362

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher gleich zur An­tragstellung:

Der Ausschuss für Land-, Forst- und Wasserwirtschaft stellt nach Beratung der Vorlage einstimmig den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.


Präsidentin Margit Göll: Vielen Dank.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Elisabeth Wolff. Ich erteile ihr das Wort.


19.38.23

Bundesrätin Elisabeth Wolff, BA (ÖVP, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube,
es ist ganz klar, dass ich als Winzerin mich zu diesem Tagesordnungspunkt zu Wort melden muss. Bei diesem Tagesordnungspunkt geht es – wir haben
es schon kurz gehört – um das Protokoll zur Änderung des Gründungsüberein­kommens der OIV – das ist die Internationale Organisation für Rebe
und Wein. Auch Österreich ist da Mitglied.

Konkret geht es darum, dass der Sitz von Paris nach Dijon verlegt wird. Die Kosten hierfür werden vom Land Frankreich übernommen, für Österreich fallen keine zusätzlichen Kosten an.

Das war es eigentlich schon. Ich möchte aber noch kurz darauf eingehen, welch hohen Stellenwert wir in Österreich erreichen konnten, obwohl wir im internationalen Vergleich doch eher ein kleines Weinbauland sind: Wir haben es geschafft, dass der österreichische Wein international für beste Quali­tät steht, nicht zuletzt aufgrund eines der strengsten Weingesetze weltweit.

Da sind wir der OIV auch immer wieder ein positives Beispiel, wie Her­kunftskennzeichnung und Produktionsaufzeichnungen gesetzlich verankert sein


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 363

können. Wir sind in Österreich auch mit unseren Bundesämtern für Wein­bau, mit unseren Weinbauschulen und sogar Studiengängen dafür bekannt, dass wir besonders gut in Wissenschaft und Forschung zum Weinbau sind.
Besonders in Fragen der Züchtung haben wir eine Vorreiterrolle, und darauf
sind wir sehr stolz.

All das sind Faktoren, durch die wir international als österreichische Weinnation hoch angesehen sind und anhand derer wir auch aktiv bei internationalen Entscheidungen mitwirken können.

Im Sinne des österreichischen Weines bleibt mir daher nicht viel mehr zu sagen als: Zum Wohl! (Heiterkeit und Beifall bei ÖVP und Grünen.)

19.40


Präsidentin Margit Göll: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dominik Reisin­ger. Ich erteile ihm dieses.


19.40.30

Bundesrat Dominik Reisinger (SPÖ, Oberösterreich): Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit etwas Fantasie und vielleicht einem Augenzwinkern könnte man von einer glück­lichen Fügung sprechen, wenn der Nationalrat gerade zu meinem Geburtstag ein Gesetz zu Rebe und Wein verabschiedet und ich dann noch als zwar bescheidener, aber doch Weingenießer im Bundesrat kurz dazu reden darf. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Himmer: Worauf bezieht sich die Bescheidenheit?)

Letztendlich dürfte es aber eher der Zufall sein. Sei es, wie es sei. Die
SPÖ-Fraktion wird natürlich zustimmen. Inhaltlich wurde alles ausgeführt, nur einen Satz möchte ich hinzufügen: Sehr geehrter Herr Bundesminister,
Sie haben im Nationalrat in Ihrer Rede bedauert, dass es in der Debatte nicht um die Standortfrage über die Ländergrenze hinaus gegangen ist. Das bedauern
wir auch. Noch mehr bedauere ich oder bedauern wir, dass Sie in dieser Frage nicht aktiv geworden sind, und so bleibt es, weil wir Ihr Kämpferherz doch
sehr vermissen, bei unserer Zustimmung bei einem bescheidenen, emotionslosen


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 364

Ja, und das leider ohne Applaus. (Bundesrat Tiefnig: ... bei der Digitaluni
mit!)
In diesem Sinne aber danke, und wir werden zustimmen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Bundesrat Himmer: Ah, doch Applaus!)

19.41


Präsidentin Margit Göll: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Mag. Norbert Totschnig. – Bitte.


19.41.58

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft Mag. Norbert Totschnig, MSc: Geschätzte Frau Präsidentin! Geschätzte Mitglieder des Bundesrates! Ganz kurz noch einmal: Aufgabe der Internationalen Organisation für Rebe und Wein ist es einfach, die Akteure in der Wein­wirtschaft zusammenzuführen. Gegründet wurde das Ganze vor genau 100 Jah­ren, 1924. Damals hat es noch Internationales Amt für Rebe und Wein
geheißen. Dann hat es im Jahr 2001 eine Umgründung zur heutigen Organisa­tion gegeben. (Vizepräsident Reisinger übernimmt den Vorsitz.)

Was ist das Ziel und die Aufgabe dieser Organisation? – Es ist jene, die Erzeuger- und Verbraucherländer von Trauben und Wein mit Informationen zur Ent­wicklung von Vorschriften, zur Minimierung von Handelshemmnissen, zur För­derung einer nachhaltigen Produktion und zum Schutz der Verbraucher
zu versorgen. Österreich ist neben 49 anderen Vertragspartnern – von Chile bis Neuseeland – Mitglied dieser Organisation.

Worum geht es in dieser Änderung? Es wurde schon ausgeführt: Der Sitz musste verlegt werden, denn im Jahr 2018 war es nicht mehr möglich, in den bis
dato zur Verfügung stehenden Gebäuden, Unterkünften, Büroräumlichkeiten zu sein. Man musste in Paris umziehen, aber diese Räumlichkeiten haben nicht ausgereicht, um die Repräsentationsaufgaben et cetera entsprechend durchzu­führen. Dann hat man sich entschieden, den Sitz nach Dijon zu verlegen,
und weil das eine Änderung des Übereinkommens darstellt, muss das Ganze dann durch die Mitgliedsländer in deren Parlamenten ratifiziert werden.
Genau das ist das Thema heute in dieser Sitzung.


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 365

Der Versuch, den Sitz nach Österreich zu verlegen, ist, wie gesagt, nie zur Debatte gestanden. Das Weinland Frankreich – das brauche ich in diesem Raum ja nicht zu sagen – hat natürlich auch ein großes Gewicht, und man wollte natürlich diese Tradition weiter fortführen. – Ich danke für die Zustimmung. (Bei­fall bei der ÖVP.)

19.43


19.43.56

Vizepräsident Dominik Reisinger: Danke, Herr Bundesminister.

Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist daher geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung. – Bitte nehmen Sie Ihre Plätze ein.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

19.44.2622. Punkt

Bericht des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft betreffend EU-Jahresvorschau 2024 gemäß Artikel 23f Absatz 2 B-VG iVm § 7 EU-InfoG, auf der Grundlage des Arbeitsprogramms der Europäischen Kommission für 2024 und zum 18-Monatsprogramm des Rates für 2023/2024 (III-845-BR/2024 d.B. sowie 11455/BR d.B.)


Vizepräsident Dominik Reisinger: Wir gelangen nun zum 22. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Johanna Miesenberger. – Ich bitte um den


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Bericht.


19.45.02

Berichterstatterin Johanna Miesenberger: Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Land-, Forst- und Wasserwirtschaft des Bundesrates über den Bericht des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Regionen
und Wasserwirtschaft betreffend EU-Jahresvorschau 2024 gemäß Artikel 23f Absatz 2 B-VG iVm § 7 EU-InfoG, auf der Grundlage des Arbeitspro­gramms der Europäischen Kommission für 2024 und zum 18-Monatsprogramm des Rates für 2023/2024.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher zur Antragstellung:

Der Ausschuss für Land-, Forst- und Wasserwirtschaft stellt nach Beratung der Vorlage den Antrag, den Bericht des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft betreffend EU-Jahresvor­schau 2024 gemäß Artikel 23f Absatz 2 B-VG iVm § 7 EU-InfoG, auf
der Grundlage des Arbeitsprogramms der Europäischen Kommission für 2024 und zum 18-Monatsprogramm des Rates für 2023/2024 zur Kenntnis
zu nehmen.


Vizepräsident Dominik Reisinger: Danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Claudia Arpa. Ich erteile ihr dieses.


19.46.16

Bundesrätin Mag.a Claudia Arpa (SPÖ, Kärnten): Geschätzter Herr
Präsident! Noch einmal einen schönen Abend, Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben es ja schon gehört, es geht hier um das Arbeitsprogramm der Europäischen Kommission für das Jahr 2024 und der Titel lautet: Heute liefern, das Morgen vorbereiten – also „Delivering today and preparing for tomorrow“.


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Das ist auch das letzte Arbeitsprogramm der aktuell amtierenden Kommission. Neben der angekündigten Vorlage 18 neuer politischer Initiativen will
sich die Kommission in diesem Jahr primär auf den Abschluss anhängiger Ge­setzgebungsverfahren konzentrieren. Wesentliche Schwerpunkte der Kommission umfassen unter anderem weiterhin die Umsetzung des Green Deals, davon haben wir ja heute schon einiges gehört.

Nun kam es aber – das Programm wurde ja vorbereitet und man hat sich gedacht, das letzte halbe Jahr, das machen wir noch irgendwie – zu den Bauern­protesten und zu der Tatsache, dass Ursula von der Leyen eine weitere
Periode als Kommissionsvorsitzende anstrebt. (Bundesrat Spanring: Na, bitte net!) Sie hat aber ihre Basis in der EVP, und so wurde für das erste Halbjahr ein sogenannter Dialogprozess initiiert. In diesem Dialogprozess wurde eine Vision für die Zukunft der Landwirtschaft erarbeitet, und er hat dann solche Fra­gen aufgeworfen wie: Wie kann den europäischen Landwirten und ländlichen Gemeinden, in denen sie leben, eine bessere Perspektive geboten wer­den? Wie kann die Landwirtschaft innerhalb der Grenzen unseres Planeten und seines Ökosystems unterstützt werden? Wie sind die immensen Möglich­keiten, die Wissen und technologische Innovationen bieten, damit sie besser ge­nutzt werden können? Wie schaut es in einer wettbewerbsorientierten
Welt aus? Wir möchten ja eine glänzende und blühende Zukunft für die euro­päischen Lebensmittelsysteme fördern.

Aus Sicht der Sozialdemokratie kritisieren wir insbesondere, dass die
Vom-Hof-auf-den-Teller-Strategie nicht wie geplant umgesetzt wird und die verbindliche Pestizidreduktion europaweit leider auch nicht kommt.
Außerdem wird es bei den Nutztieren zu keiner Haltungsverbesserung kommen, und die Biodiversität wird nicht wie geplant stärkere Berücksichtigung
finden, sondern im Gegenteil: Da haben die Landwirte mit ihren Protesten erreicht, dass die in der GAP – das ist die Gemeinsame Agrarpolitik in der EU – vorgesehenen Biodiversitätsflächen nun nicht mehr so vorgegeben
werden sollen. Das hat aber auch eine direkte Auswirkung auf die Artenvielfalt


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und auf die Bestäubersituation, auf die Wasserspeicherkapazität der
Böden beziehungsweise einfach auf die Natur. Generell haben viele Agrarminis­ter, inklusive unseres eigenen, alles darangesetzt, dass der Ast, auf dem
die Landwirtschaft sitzt, weiter brüchig wird. Es sollte in dieser Gesetzgebungs­periode nämlich eigentlich darum gehen, gesunde Böden zu erhalten
oder wiederherzustellen (Beifall bei der SPÖ) und sich gegen den Klimawandel zu rüsten oder selbst etwas gegen die CO2-Emissionen zu tun.

Wir als Sozialdemokraten sehen das wirklich als vertane Chance, denn Bürger:in­nen wollen eine Veränderung auf den Feldern Europas durch eine nachhal­tigere und eine tierfreundlichere GAP sehen. Leider haben dafür die Mehrheiten gefehlt und deswegen kam es zu keiner Systemumstellung. Die GAP
könnte einen wesentlich größeren Beitrag leisten, um die EU-Treibhausgas­emissionen um 55 Prozent zu senken und den Verlust der biologischen Vielfalt bis 2030 aufzuhalten.

Nun haben wir gerade beschlossen, dass wir eine einheitliche Ausbil­dung garantieren. Wir haben uns darüber unterhalten, dass wir gerne Artenviel­falt haben, aber irgendwie fehlt mir auf der europäischen Ebene dazu
noch manchmal der Wille. So wird das alles auch mit den europäischen Zielen für die ökologische Landwirtschaft kollidieren, wenn es darum geht, den Einsatz
von Pestiziden oder auch den Einsatz von Antibiotika beziehungsweise
die Düngemittelbelastung zu halbieren. Vielleicht wird die Agrarpolitik auch ir­gendwann einmal gerechter werden, das ist ja eine Forderung, die schon
lange am Tisch liegt – nur 20 Prozent der Unternehmen erhalten weiterhin 80 Prozent der Förderungen.

Noch ein weiterer Punkt: Die sogenannte soziale Konditionalität, also
eine Vorgabe, um Agrarfördermittel beziehen zu können, sollte unter dem Titel Bürokratieabbau ebenfalls auf der Liste der Vorgabestreichungen sein.
Das konnten wir vorerst verhindern, denn die soziale Konditionalität bedeutet derzeit, dass ein landwirtschaftlicher Betrieb Sanktionen erhält, ihm also Förderungen gestrichen werden, wenn er nachweislich


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Arbeitnehmer:innenrechte nicht eingehalten hat. Wir wissen und wir sehen im­mer wieder, dass es bei den Erntehelfern zu Schwierigkeiten kommt und
dass man da einfach gut hinschauen muss.
(Beifall bei der SPÖ.)

Von unserer Fraktion wurde dazu auch ein entsprechender Antrag eingebracht, der diese Forderungen unterstreichen würde, der aber leider abgelehnt
wurde.

Ein weiteres Zugeständnis der Kommissionsvorsitzenden ist das Fallenlassen der 2019 so klar angekündigten verbindlichen Pestizidreduktion. Ich habe da­rauf schon vorhin einmal kurz Bezug genommen. Auch in diesem Punkt braucht es eine fortschrittliche Agrarpolitik, was weniger hochgefährliche und
chemisch-synthetische Pestizide auf den Feldern bedeuten sollte.

Der Green Deal – das muss ich leider sagen, Herr Landwirtschaftsminister – wurde aus meiner Sicht auch von Ihnen torpediert und es wurde
alles unternommen, damit er nicht wie geplant zur Umsetzung kommt.

Wenn wir jetzt einen Blick in die Zukunft werfen, ist ja zu befürchten, dass ein noch stärker konservativ geprägtes Europäisches Parlament die Verhand­lungen zur nächsten GAP dominiert und damit eine wichtige Chance vertan wird, die wir brauchen, damit die Zukunft der gesunden Lebensmittel auch eine
ist, die für uns alle eine gute wird, denn wir hätten auch gerne Lebensmittel am Tisch und am Teller, die kein Tierleid verursacht haben und pestizidfrei
sind. (Zwischenrufe der Bundesräte Gfrerer und Tiefnig.)

Noch ein Punkt, den ich ansprechen möchte, betrifft die Wasserreserven in der EU. Auch da sollte bitte hingeschaut werden und die Wasserreserven soll­ten mit Bedacht Verwendung finden, denn der Klimawandel verändert mit Ge­wissheit die europäische landwirtschaftliche Produktion in den nächsten
Jahren immer weiter. Wir sehen es ja, und hierbei ist Agieren und nicht Blockie­ren angesagt, inklusive gerechter Verteilung der Fördermittel, damit sie


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dort ankommen, wo sie gebraucht werden – also keine Flächenbesitzförderun­gen, sondern dass eventuell auch Förderungen für Umweltleistungen zugesprochen werden können. (Beifall bei der SPÖ.)

Abschließend möchte ich noch einen Blick in Richtung EU-Wahl machen. Wir haben es heute immer wieder von unseren Rednern gehört: Die EU-Wahl
ist eine Richtungswahl und wir werden dann schauen, wohin sich das Europäi­sche Parlament entwickelt, denn wir brauchen einen sozialen, einen wirtschaftlichen und einen gesellschaftlichen Zusammenhalt, weil die Ereignisse in der Ukraine, aber auch die Ereignisse im Nahen Osten uns daran erin­nern sollten, gemeinsam an einem Strang zu ziehen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

19.53


Vizepräsident Dominik Reisinger: Danke.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Bundesrat Ferdinand Tiefnig. Ich erteile ihm dieses.


19.53.54

Bundesrat Ferdinand Tiefnig (ÖVP, Oberösterreich): Geschätzter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Meine geschätzten Damen und Herren! Das 18-Monatsprogramm der Europäischen Union und die Jahresvorschau des Bundesministeriums für 2024 sind geprägt von teil­weiser Fortschreibung des Green Deals, von Farm to Fork, der Biodiversitäts­strategie bis 2030 und von vielem mehr. Im Endeffekt muss man sagen,
das EU-18-Monatsprogramm ist eigentlich schon mehr ein Rückblick, denn es sind nur noch drei Monate, in denen die belgische Präsidentschaft noch
agieren kann – und die Ambitionen der belgischen Präsidentschaft sind sehr tiefgreifend.

Der Green Deal ist gerade angeschnitten worden: Ziel ist quasi Klima­neutralität und den CO2-Ausstoß bis 2050 auf null zu stellen. In der Landwirt­schaft wird es kaum möglich sein, den CO2-Ausstoß auf null zu stellen,


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denn CO2-Ausstoß findet auch statt, wenn keine Tierproduktion in Europa er­folgt. Die Pflanzen werden auch in Zukunft, wenn sie verwelken, CO2
ausstoßen, ebenso wird der CO2-Ausstoß über den Rindermagen und über den Schweinemagen auch dementsprechend stattfinden.

Farm to Fork: Ja, dieses Thema – vom Hof zum Teller – ist natürlich für
uns in der Landwirtschaft wichtig, denn auf der einen Seite will die EU und wol­len besonders Deutschland und Belgien das Vorantreiben der Handelsab­kommen mit Mercosur und auch mit Mexiko, im Endeffekt wollen wir aber eine klare Kennzeichnung und auch wissen, was auf den Teller kommt. Da bin
ich vielleicht sogar mit Kollegin Arpa auf einer Schiene.

Wo ich aber überhaupt nicht mit Ihnen auf einer Schiene bin, ist beim Thema der Umweltleistungen der Landwirtschaft, denn die Umweltleistungen der Landwirtschaft werden in Österreich besonders durch das Öpul sehr stark wi­dergespiegelt. Wir haben die höchste Wasserqualität, unsere Seen haben Trinkwasserqualität, und das ist nur möglich, weil die Landwirtschaft den Dünger reduziert. Wir sehen auch, dass die Grundwasserqualität in Österreich ein­fach dementsprechend positiv ist. Wenn man sich dann die Wasserstrategie und teilweise Einflüsse aus wirtschaftlichen Bereichen anschaut, dann ist fest­zuhalten, dass zum Beispiel Pfas – das sind Chemikalien, die fast in allen Plastik­taschen oder auch in der Luft enthalten sind, also nicht abbaubar sind –
nicht von der Landwirtschaft, sondern von den Chemiefabriken ausgestoßen werden. Hier müsste man eigentlich viel mehr ansetzen als in der Landwirtschaft.

Wenn wir uns die EU-Bodenstrategie anschauen, dann ist festzustellen,
dass das eine sehr überbordende Strategie ist. Wir wissen – und die EU gibt das vor –, dass, ich glaube, fast 70 Prozent der Böden in Europa schlecht sind.
Wenn in einer Gemeinde – wir haben dieses Thema schon im EU-Ausschuss er­örtert, leider konnten wir dort keine Stellungnahme zu diesem Thema
zustande bringen – zwölf verschiedene Böden sind, dann kann man nicht sagen: Das sind schlechte Böden, das sind gute Böden!, sondern man muss
einfach schauen: Wie ist die Bewirtschaftung?, und die Bewirtschaftung wird


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besonders bei uns in Österreich sehr stark durch das Umweltprogramm unter­stützt, und dementsprechend wird auch die Wassersicherheit geregelt.

Was sicherlich wichtig ist, sind die Themen Klimawandel und Biodiversität. Nur zeigt der Klimawandel mit der Temperaturerhöhung auch ganz genau auf –
auch die Wissenschaft beweist das jetzt immer mehr –, dass sich Arten, die viel­leicht im Flachland vorgekommen sind, nun in höheren Gebieten wieder­finden – ob das Schmetterlinge sind, ob das andere Insekten, aber auch manche Amphibien sind –, weil einfach die Temperaturen im Sommer in gewissen Gebieten bei uns schon 40 Grad erreichen. Somit gehen sie in höhere Lagen, und somit ist das auch ein wissenschaftlicher Beweis dafür, dass wir sagen
können: Es ist nicht nur die Landwirtschaft schuld, sondern der gesamte Klima­wandel. Schließlich sind die Landwirte die Ersten, die den Klimawandel
gespürt haben. Wir haben ihn durch Hagelereignisse gespürt, wir haben ihn durch Sturmereignisse gespürt. Wenn wir es uns anschauen, sehen wir:
Die Resilienz einer Region prägt einerseits eine Ernährungssicherheit durch die Landwirtschaft – wir haben das Bild zu Zeiten von Corona genau gesehen:
Alle waren für die regionale Lebensmittelversorgung.

Ich will an dieser Stelle auch dir, Herr Minister, dafür Danke sagen, dass du dich gegen die Getreideimporte aus der Ukraine nach Europa eingesetzt hast,
auch gegen Importe im Fleisch- und Geflügelbereich, wo wir alle gesehen haben: Die Marktverwerfungen haben auch am europäischen und am afrikani­schen Kontinent stattgefunden, und bei denjenigen, die die Lebensmittel brau­chen, sind sie nicht angekommen.

Auch bei meinem nächsten Punkt, dem Thema Forst- und Entwaldungsverord­nung der Europäischen Union, will ich dir Dankeschön sagen. Da gibt es
schon wieder die ersten Meldungen aus Österreich – besonders aus der Rich­tung von Südwind–, die unseren Minister kritisieren, weil er gegen die europäische Entwaldungsverordnung ist, bei der du dich dafür einsetzt, dass noch eine entsprechend vernünftige Lösung zustande kommt, damit die Bürokratie dabei nicht überbordend ist. (Zwischenruf des Bundesrates Spanring.)


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Dies ist ein Thema, bei dem wir wirklich schauen müssen, dass die Land­wirte mitkommen, denn Österreich hat das strengste Forstgesetz Europas und es kann nicht sein, dass ein Baum, der geschlägert wird, dann mit einem lateinischen Namen und auch noch einer geografischen Darstellung und auf 5 000 Quadratmeter genau dokumentiert werden muss. (Bundesrat Lein­fellner: Da hätten die Innsbrucker viel zu tun gehabt jetzt!) Die 5 000 Quadratmeter sind doch sowieso auch im behördlichen Bereich geregelt.

Den Pflanzenschutz habe ich schon angeschnitten. Ein Punkt, der mir noch wichtig ist, ist, dass ich glaube, dass, um eine resiliente und gute Entwicklung des ländlichen Raumes weiter voranzutreiben, eine intakte Landwirtschaft –
das sind die Klein- und Mittelbetriebe, die bei uns in Österreich auch vorherr­schen – wesentlich ist. In der letzten Plenarsitzung der Cosac hat es mir
auch Marek Houdon, ein Wissenschaftler aus Belgien, bestätigt, der gesagt hat: Genau diese Regionen waren oder sind bei Krisenzeiten die resilientesten. –
Das hat Österreich durch die Politik unserer Bundesregierung gezeigt.

In diesem Sinne, Herr Minister, danke schön für Ihre Arbeit und danke schön auch für die gute Information, die Sie uns immer weitergeben, und auch für Ihren Einsatz auf europäischer Ebene. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesrät:innen der Grünen.)

19.59


Vizepräsident Dominik Reisinger: Danke.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Bundesrat Michael Bernard. Ich erteile ihm dieses.


20.00.05

Bundesrat Michael Bernard (FPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Herr Minister! Kollegen im Bundesrat! Sehr geehrte Damen und Herren im Saal und vor den Bildschirmen! Ja, bei diesem Tagesord­nungspunkt geht es, wie wir vorhin gehört haben, um den Bericht des Bundesmi­nisters für Land- und Forstwirtschaft. Diesem kann man entnehmen, dass


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es immer weniger Landwirte in Österreich gibt. Wir haben aktuell, das wurde heute schon einmal erwähnt, nur mehr 109 000 bäuerliche Betriebe.
Durch den EU-Beitritt wurde das Tempo des Bauernsterbens ja noch weiter verschärft. Es war damals wie heute dasselbe hausgemachte Problem,
dass die Bundesregierungen – stets unter ÖVP-Beteiligung – und die soge­nannte Interessenvertretung Landwirtschaftskammer die Bauern
immer gerne für die EU geopfert haben.

Vergleicht man den Grünen Bericht von 1994, noch vor dem EU-Beitritt, mit dem Grünen Bericht von 2023, der mehr beschönigt, wird für jede
Person mit gesundem Hausverstand klar, dass das lückenlose alleinige ÖVP-Regiment über den Agrarbereich der letzten 30 Jahre die österreichi­sche Landwirtschaft gegen die Wand gefahren hat, so wie es aktuell gerade mit der Wirtschaft passiert. In den Grünen Berichten der letzten Jahre ist
stets von leichten Rückgängen zu lesen. Vergleicht man aber die Daten der letz­ten Jahre mit denen von 1994, dann wird deutlich, dass der Verlust an landwirtschaftlichen Betrieben und der Rückgang in der landwirtschaftlichen Produktion nur als massiv und keinesfalls mehr als leicht bezeichnet
werden können.

Die Aussage des damaligen ÖVP-Landwirtschaftsministers Molterer im Vorwort des Berichts, der dort vom Ende der Ära unserer bäuerlichen Familienbe­triebe gesprochen hat, ist schon damals sehr bezeichnend gewesen. Diesem Strukturwandel in der EU ist seither jeder zweite österreichische Hof zum Opfer gefallen.

Beispiele zum Rückbau unserer Landwirtschaft, zur Dezimierung des Tierbestandes: In Österreich gab es 1994 noch 2,3 Millionen Rinder, jetzt, 2023, sind es 1,86 Millionen, sprich ein Minus von 19,1 Prozent. Damals waren
es noch 3,7 Millionen Schweine, jetzt sind es noch 2,65 Millionen Schweine, sprich ein Minus von 28 Prozent. Im Gegenzug wächst aber unsere
Bevölkerung von 7,9 Millionen Bürgern auf 8,9, sprich ein Plus von 12,7 Prozent. Wenn in unserem Land täglich bäuerliche Betriebe ihre Produktion dank


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Ihrer Politik auf Bundes- und EU-Ebene einstellen, während gleichzeitig unsere Bevölkerung wächst, dann frage ich mich, ob Sie, Herr Totschnig, Ihre Kalkulationen etwa mit dem gleichen Programm machen wie die SPÖ ihre Vor­sitzendenwahl. (Beifall bei der FPÖ.)

Schon im ersten Jahr nach dem EU-Beitritt kam es damals zu ersten Einbrüchen bei den landwirtschaftlichen Erzeugerpreisen, im Durchschnitt von minus 18 Prozent, und folglich zu einem Rückgang der Endproduktion um
minus 24 Prozent. Die damaligen Einkommensverluste wurden durch die Aufstockung der Direktzahlungen teilweise ausgeglichen, um die Bauern ruhig zu halten. Ihr damaliger ÖVP-Agrarkommissar Franz Fischler verordnete den Bauern mit der GAP ab 1999 schrittweise spürbare Einschränkungen bei den Ausgleichszahlungen, da man das Geld für die Bauern in Osteuropa
brauchen würde. Das war der damalige Slogan. So wurden schon damals die Bauern durch Sie mit der harten Politik der EU konfrontiert: höhere Pro­duktionskosten, niedrigere Einkommen.

Die Landwirte wurden von der Brüsseler Politik mit allen ihren Lobbyisten mit dem Slogan, dass es nichts kosten darf, massiv unter Druck gesetzt.
Wachse oder weiche – so wurde der Strukturwandel der Landwirtschaft befeu­ert. So kommt es auch, dass die Landwirtschaft immer mehr in die Indus­trialisierung geht. Der durchschnittliche Bauernhof damals hatte weniger als 10 Hektar. Schon damals wurden die Bauern durch niedrigere Erzeuger­preise ruiniert, und von den Konsumenten wurde mit hohen Regalpreisen ab­kassiert. Die Preistreiber von damals wie heute: Exportsubventionen, Lagerhaltung und die Profite der Verarbeitungsindustrie. Der Bauer bekam damals wie heute für seine Produkte nur einen Bruchteil des Geldes,
das der Konsument bezahlt. Subventionen versickern in der Agrarverwaltung, bei Transportfirmen und Exporteuren. Zu den Profiteuren gehören
auch die Genossenschaften, welche Banken geworden sind. Raiffeisen war und ist der größte EU-Befürworter. Mit immer höheren Auflagen und strengen Richtlinien werden die Bauern zu immer höheren Investitionen getrieben, um zu


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überleben. So landen sie dann in der Schuldenfalle. Auch in diesem Bereich ist der Raiffeisen-Konzern der Hauptprofiteur. (Beifall bei der FPÖ.)

Ungeniert wurden Milliardenprofite auf Kosten der Bauern gemacht. Sie als ÖVP sind es, die die Bauern in unserem Land in diese Lage gebracht haben und unsere Landwirte nicht ehrlich gegenüber der EU vertreten haben. Ihr Kammer­präsident Schmuckenschlager beschwert sich über praxisfremde Verord­nungen. Der EU-Spitzenkandidat für Niederösterreich beschwert sich über die EU-Bürokratie. Jetzt stellt sich für mich die Frage: Habt ihr in der ÖVP
intern ein Kommunikationsproblem?

Sie haben unsere Bauern damit drangsaliert, und die Auflagen werden durch die AMA kontrolliert. Schließlich bekommt die AMA von Ihnen als Dankeschön
die meisten Agrarsubventionen. Jetzt, wo die zwei wichtigen Wahlen bevorste­hen, rudern Sie mit all Ihrer Agrarpolitik zurück, obwohl Sie all dem selbst zugestimmt haben.

Das I-Tüpfelchen Ihrer Aussagen ist noch, dass Sie den Widerstand der Bauern verstehen würden – waren es doch Sie, die die eigenen Bauern davor
gewarnt haben, hier in Österreich auf die Straße zu gehen. Sie halten die eigene Wählerschaft mit Angst in Schach, weil sich immer mehr von Ihnen
abwenden. Sie haben unsere Bauern anscheinend weit unterschätzt. Sie lassen sich nicht weiter von Ihnen knechten, organisieren sich selbstständig ihre Proteste und bringen Sie, Herr Landwirtschaftsminister Totschnig, ins Schwitzen. Sie sitzen schon längst nicht mehr mit unseren Bauern in Österreich in
einem Boot, sonst hätten die 1 000 Bauern und Bäuerinnen nicht Anfang März ihren Unmut in Österreich kundgetan. 500 Traktoren sammelten sich
am Gelände des Lasco-Werkes, um Ihnen, Herr Landwirtschaftsminister Totsch­nig, und speziell den Bauernbündlern und den Parlamentariern der
ÖVP auszurichten, dass sie genug haben von dieser Politik. (Beifall bei der FPÖ.)

Schließlich haben Sie vor Tagen das Volksbegehren für die Herkunfts­kennzeichnung, das von 150 000 Bürgern unterstützt wurde, abgelehnt. Ich


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frage mich im Namen aller Bauern und Bäuerinnen: Was hat Sie davon abgehalten, eine wahrhaftige Politik für unsere Landwirte hier bei uns in Ös­terreich und in der EU zu vertreten? Ist Ihnen Ihre Scheinheiligkeit gar
nicht peinlich? Sie sind in ständigem Kontakt beziehungsweise Austausch mit den Beamten in Brüssel, segnen Entscheidungen mit ab und sind über
alle Vorgänge stets informiert, spielen aber hier in Österreich dann das Spiel der Täuschung, der Unwissenheit. Sie betreiben reine Ankündigungspolitik gegenüber den Landwirten.

In der Ausschusssitzung des Nationalrates vom 13. März wurden folgende Anträge seitens der FPÖ gestellt, und alle wurden von Ihnen wieder
vertagt: „Entlastung für die Landwirtschaft“, „Schutz der Almwirtschaft vor dem Wolf“, „Nein zum Inverkehrbringen von Laborfleisch“, „[...] lückenlose Her­kunftskennzeichnung von Lebensmitteln“. Anstatt sich schützend vor unsere Bauern zu stellen, was Ihre Aufgabe wäre, setzen Sie sich für die Interes­sen der EU-Bonzen ein. Es wird höchste Zeit, dass die Bauern wieder von ihrer Arbeit leben können. Die Landwirte sind nicht Ihre Knechte. Im Gegen­satz zu unserer Bundesregierung hat die EU-Kommission auf die Proteste der Bauern in Brüssel reagiert – wenn auch minimal –, und nun werden
wenigstens die Vorschriften für einen Mindestanteil an Brachland auf Ackerflächen gelockert. Die sinnlose Außernutzungsstellung von Agrarflächen wird nun aufgehoben. Wir, die FPÖ, fordern es laufend, aber Sie haben
es stets ignoriert. Scheinheilig ist nicht nur die EU-Agrarpolitik, scheinheilig und falsch ist auch die ÖVP-Landwirtschaftspolitik. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir freiheitlichen Bauernvertreter fordern den Ausstieg aus dem Green Deal. Es braucht weniger EU-Bürokratie. Statt Bauern zu verpflichten, weitere
Flächen aus der Produktion zu nehmen, muss die heimische Produktion unter­stützt und gestärkt werden. Sozialversicherungsbeiträge in Krisenzeiten
müssten als gerechte, rasche und unbürokratische Hilfe erlassen werden. AMA-Marketingbeiträge gehören in der jetzigen Situation abgeschafft.


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Die AMA-Beiträge sind spätestens seit der Einführung eines allgemeinen Flä­chenbeitrages eine versteckte Grundsteuer. Raus aus der Kostenfalle!
Die Mehrwertsteuer auf Betriebsmittel sowie die Mineralölsteuer müssen für alle landwirtschaftlichen Betriebe ausgesetzt werden, um die explodie­renden Produktionskosten einzudämmen.

Das beste Beispiel dafür war wieder die gestrige EU-Ausschusssitzung, in der wir mit dem Antrag zur Lebensmittelkennzeichnung einen Beitrag in Bezug auf Tiertransport, zum Tierwohl und im Endeffekt dann auch zur Gesundheit für die Bevölkerung leisten wollten. Die ÖVP hat unseren Antrag wieder abgelehnt. (Beifall bei der FPÖ.)

20.09


Vizepräsident Dominik Reisinger: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bun­desrätin Simone Jagl. Ich erteile ihr dieses.


20.09.52

Bundesrätin Simone Jagl (Grüne, Niederösterreich): Herr Vizepräsident!
Noch einmal: Sehr geehrter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kolle­gen! Zum vorliegenden Bericht haben wir jetzt schon relativ viel gehört.
Und ja, da gibt es einige Punkte, die bedauerlicherweise auf Eis gelegt wurden, abgeschwächt wurden oder sich verzögern. Dennoch möchte ich einige Initiativen vorstellen, die im Berichtsjahr 2024 im Bereich der Landwirtschaft aus unserer Sicht trotzdem relevant sind.

Ein wichtiger Punkt aus unserer Sicht ist die Zertifizierung von CO2-Entnahmen. Da hat sich der Rat im November 2023 auf eine Position geeinigt, die Tri­logverhandlungen sollen noch unter der belgischen Ratspräsidentschaft im ers­ten Halbjahr 2024 abgeschlossen werden. Auch wenn die Vermeidung
und Reduktion von Emissionen Priorität haben muss, um das Ziel der Klimaneu­tralität bis 2050 zu erreichen, muss der Atmosphäre auch CO2 entzogen
werden und dieses dauerhaft gebunden oder gespeichert werden. Darum wer­den wir nicht herumkommen, und zwar unabhängig davon, ob die globale


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Erwärmung auf eineinhalb oder zwei Grad begrenzt werden soll. Ein Einsatz von CO2-Entnahmetechnologien wird unausweichlich sein.

Worum geht es bei der CO2-Entnahme, dem sogenannten Carbonremoval? Das sind Prozesse der dauerhaften – und das ist wirklich wesentlich – Abschei­dung von CO2 aus der Atmosphäre und dessen Einschluss in Kohlenstoffsenken. Das Spektrum reicht dabei von rein technologischen Lösungen bis hin
zu naturbasierten Technologien. Dabei kommt der Land- und Forstwirtschaft wirklich eine bedeutende Rolle zu. Die Technologien unterscheiden sich
nach ihren Kosten und Potenzialen, aber auch in ihren Nebenwirkungen auf die Ökosysteme. Auf lange Sicht werden wir eine Mischung aus verschiede­nen Technologien und Techniken brauchen.

Was kann die Land- und Forstwirtschaft dazu beitragen? – Einerseits die Auf­forstung. Dabei wird CO2 durch Fotosynthese in Biomasse umgewandelt.
Das Ministerium weist im vorliegenden Bericht zu Recht darauf hin, dass jedes Zertifizierungssystem im Einklang mit einer nachhaltigen Waldwirtschaft
sein muss. Dann wird noch eine Änderung der Landnutzung notwendig sein, beispielsweise durch Änderung des Fruchtwechsels beziehungsweise
der Weidennutzung. Durch eine Wiedervernässung von Mooren wird CO2 in Pflanzen und Sedimenten gespeichert. Die Land- und Forstwirtschaft
kann da also wirklich viel beitragen.

Auch ein Punkt, der heute schon erwähnt wurde, den ich aber noch einmal er­wähnen möchte, ist: Kommissionspräsidentin von der Leyen hat
Ende 2023 einen strategischen Dialog zur Zukunft der Landwirtschaft ausge­rufen. Im Jänner war der Auftakt, bis zum Sommer soll es Ergebnisse
geben. Es werden Inputs von Stakeholder:innen, von Landwirt:innen und allen Akteur:innen entlang der Lebensmittelkette berücksichtigt. Dabei werden wichtige Themen wie zum Beispiel das Einkommen und der Lebensstandard der Landwirtinnen und Landwirte behandelt. Wir haben heute hier im Haus
schon über die Herausforderungen gesprochen, vor denen die Bäuerinnen und Bauern stehen, und das durchaus nicht zum ersten Mal. Auch die Frage,


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wie sich die Landwirtschaft innerhalb des gesetzten ökologischen Rahmens ent­wickeln kann, soll behandelt werden.

Ein Vorschlag zur Lebensmittelkennzeichnung lässt leider auf sich warten, angekündigt war er für Ende 2023. Eine einheitliche, umfassende und vor allem leicht verständliche Nährwertkennzeichnung auf den Verpackungen wäre wirklich ein wichtiger Meilenstein zum Schutz von Verbraucherinnen
und Verbrauchern.

Lassen Sie mich zum Abschluss noch etwas anderes sagen. Die Wahlen zum Europäischen Parlament rücken näher, und mir geht es da wahrscheinlich
wie vielen von euch, liebe Kolleginnen und Kollegen. Ich rede mit Menschen über die Wahlen und erlebe, wie weit weg die EU für viele Leute ist und
wie wenig über die EU bekannt ist. Damit meine ich auch ganz grundlegende Dinge, also beispielsweise wie sich die EU zusammensetzt, wozu es sie
gibt und was sie mit unserem täglichen Leben zu tun hat. Das fängt schon damit an, dass das Institutionengeflecht oft schwer zu durchschauen ist, dass
viele Menschen sich zum Beispiel nicht dessen bewusst sind, dass der Rat der Europäischen Union und der Europäische Rat nicht dasselbe sind, oder
nicht wissen, welche Institutionen welche Funktionen haben, und das, obwohl in den Nachrichten regelmäßig über die Ratspräsidentschaft oder die
EU-Gipfel berichtet wird.

Ich denke, dass gerade eine Zeit vor Wahlen zum Europäischen Parlament eine gute Gelegenheit für uns alle ist – oder zumindest für die meisten von
uns –, als Multiplikatorinnen und Multiplikatoren zu wirken. Gerade wir als Mitglieder des Bundesrates können den Menschen außerhalb unserer
Blasen näherbringen, was sie von einer starken EU haben. Gehen wir hinaus! Reden wir mit den Leuten! Überlassen wir nicht jenen das Feld, die Falschinformationen verbreiten und Unsicherheit säen. – Danke schön. (Beifall bei Grünen, ÖVP und SPÖ sowie des Bunderates Arlamovsky.)

20.15



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Vizepräsident Dominik Reisinger: Danke.

Für eine Stellungnahme zu Wort gemeldet hat sich Bundesminister Totschnig. Ich erteile dieses.


20.15.54

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft Mag. Norbert Totschnig, MSc: Geschätzter Herr Präsident! Werte Kolle­ginnen und Kollegen! Die EU-Jahresvorschau steht natürlich, wenn wir uns die europäische Politik anschauen, unter dem Eindruck der zu Ende gehen­den Legislaturperiode auf europäischer Ebene. Die letzte Plenarwoche im EU-Parlament findet zwischen dem 22. und dem 25. April dieses Jahres
statt. Entsprechend aktiv sind alle Akteure, alle Institutionen. Das Motto der Kommission ist – wir haben es schon gehört – „Heute liefern, das
Morgen vorbereiten“. Die Kommission konzentriert sich in dieser Phase vor allem darauf, die noch offenen Rechtsakte, die diskutiert werden,
umzusetzen.

Im Mittelpunkt steht dabei natürlich der Green Deal mit all seinen Gesetzes­akten. Als weiteres Ziel wurde die Sicherstellung der strategischen Auto­nomie der Europäischen Union definiert. Da geht es um Energie, da geht es aber natürlich auch um Lebensmittel. Ein weiteres Ziel ist die Reduktion von Bürokratie, der Bürokratieabbau. Da wurde eine 25-prozentige Reduktion der Mitteilungen für Unternehmen als Ziel genannt.

Wenn man vom Green Deal spricht, muss man immer wieder in Erinne­rung rufen, dass er eine Strategie ist, aus der man nicht aussteigen kann, und diese Strategie umfasst insgesamt 136 Rechtsakte, die angekündigt
worden sind – einige sind noch nicht präsentiert worden. Von den 136 wurden bis dato 47 umgesetzt, weitere 32 stehen kurz vor der Umsetzung.
Dahin gehend gibt es jetzt natürlich Bemühungen insbesondere der belgischen Präsidentschaft, die mit Hochdruck daran arbeitet, diese noch umzuset­zen. In den letzten Wochen sind, so glaube ich, 60 Rechtsakte abgeschlossen


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worden. Da sieht man, welches Tempo derzeit an den Tag gelegt wird.
Von den 136 Gesetzesvorhaben betreffen 22 die Land- und Forstwirtschaft. Das heißt, diese reichen weit über den Sektor Landwirtschaft hinaus: Energie, Wirtschaft, Unternehmen, Banken, also da sind die gesamte Wirtschaft und die Gesellschaft betroffen.

Zu den Themen, die in meinem Ressort in den vergangenen Monaten wichtig waren und auch noch wichtig sind und im Bericht erwähnt werden: Es
geht uns im Bereich Landwirtschaft natürlich in erster Linie darum, eine Stärkung der strategischen Autonomie für die Landwirtschaft zu erreichen. Lebens­mittelversorgungssicherheit hat in den vergangenen Jahren eine völlig neue Be­deutung bekommen. Die Kommission hat das aufgegriffen. Es geht auch
um die Vereinfachung der GAP. Die Bauernproteste sind auch von einer sehr komplizierten Bürokratie, die die EU vorgibt, motiviert worden. Natürlich
sind dafür auch andere Umstände ausschlaggebend: die sehr schwierige Preissi­tuation auf den Märkten, neue Anforderungen der Gesellschaft gegenüber
den Bäuerinnen und Bauern zum Beispiel.

Mir war das ein großes Anliegen. Deswegen habe ich auch ein Schreiben an Agrarkommissar Wojciechowski und an den Green-Deal-Kommissar
Šefcovic mit ganz konkreten Vorschlägen für einen Bürokratieabbau geschickt, die eine tatsächliche Entlastung für die Land- und Forstwirtschaft bringen
würden. Und auch aufgrund unseres Drängens gegenüber der Europäischen Kommission wurden nunmehr von der Europäischen Kommission
konkrete Vorschläge für eine Vereinfachung im Bereich der Gemeinsamen Agrarpolitik vorgelegt. Das ist ein Gesetzesvorhaben, also eine Novelle
der erst kürzlich novellierten Gemeinsamen Agrarpolitik. Wir wollen, dass das jetzt rasch in den Institutionen beschlossen wird. Der Rat für Landwirt­schaft hat bereits zugestimmt. Es gibt da ein sogenanntes Dringlichkeitsverfah­ren und wir hoffen, dass dann das Europäische Parlament beim nächsten
Plenum da auch zustimmt. Einen großen Vorteil bringt das vor allem für kleinere Betriebe. Für Österreich wird das bedeuten, dass alle Betriebe bis


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10 Hektar keine Sanktionen und Kontrollen mehr haben, was die Basisprämie, also die erste Säule betrifft. Das würde eine Entlastung für über
40 Prozent der Antragsteller in Österreich bedeuten. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Wesentlich bei unserer Arbeit ist natürlich, jetzt auch die reformierte Gemeinsame Agrarpolitik weiterzuentwickeln, die seit einem Jahr gilt. Was ist dabei nämlich wesentlich für Österreich? – Es ist einfach die Tatsache,
dass wir mit dem Impulsprogramm, das wir im Rahmen der Budgetverhand­lungen beschlossen haben, die Aufstockung der nationalen Mittel für
die Landwirtschaft um insgesamt 360 Millionen Euro – also 90 Millionen Euro pro Jahr mehr – vorgenommen haben. Diese Gesetzesänderung, diese Aufstockung muss integriert werden, und das soll auch in diesem Jahr erfolgen.

Was ist der Mehrwert für die Landwirtschaft? – Diese Aufstockung be­deutet ein Plus bei den Prämien im Agrarumweltprogramm von 8 Prozent. Das ist eine spürbare Aufstockung. In der Bergbauernförderung haben wir
8 Prozent, und bei jenen mit erhöhten Erschwernissen, also der Dreier- und Vierergruppe, 14 Prozent, also eine deutliche Aufstockung.

Im Bereich der Investitionsförderung werden wir die Obergrenze der anrechen­baren Kosten für Investitionen von 400 000 auf 500 000 Euro anheben.

Ein weiterer Aspekt, der behandelt wird, ist das Thema Ukraine. Durch den rus­sischen Angriff auf die Ukraine hat sich die Union entschlossen, die
Ukraine zu unterstützen, insbesondere auch aufgrund der Tatsache, dass die Schwarzmeerhäfen im Jahr 2022 vollständig blockiert waren. Es war
notwendig, die Ukraine dabei zu unterstützen, ihre Produkte in die Zielländer zu bringen, für die sie vorgesehen sind und waren. Das sind der Nahe Osten
und Afrika.


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Da hat sich mittlerweile wieder sehr viel verändert, das muss man auch sagen. Die Ukraine ist wieder imstande, direkt über das Schwarze Meer ordent­liche Mengen zu exportieren, sodass der Landweg über Europa, der natürlich auch sehr teuer ist, in dem Sinn nicht mehr notwendig ist.

Man muss auch sagen, dieser freie Marktzugang für die Ukraine in die Euro­päische Union hat vor allem in den Anrainerländern zu massiven Markt­verwerfungen geführt. Es war jetzt einfach auch notwendig, dafür zu sorgen, die Gesetzesgrundlage für diesen Marktzugang, nämlich die Autonome-Han­delsmaßnahmen-Verordnung, die ja jährlich verlängert werden muss, anzupas­sen, um zu schauen, dass wir auf den Agrarmärkten in Europa stabile Verhältnisse haben. Das ist auch wichtig, um die Solidarität für die Ukraine aufrechtzuerhalten.

Es ist uns durch unser Engagement auch gelungen, zu erreichen, dass man in Hinkunft für sensible Agrarprodukte Schutzmaßnahmen vorsieht. Da
geht es um Zucker, da geht es um Geflügel, da geht es um Eier, da geht es aber auch um Hafer. Die Verhandlungen sind noch nicht abgeschlossen. Es
ist notwendig, damit diese Verordnung dann tatsächlich im Juni in Kraft treten kann, dass auch das Europäische Parlament zustimmt, dass die Trilog­verhandlungen abgeschlossen werden können. Dazu beginnen am Montag nächster Woche weitere Gespräche.

Im Bereich der Forstwirtschaft plant der belgische Vorsitz, noch in diesem Jahr einen Ratsbeschluss über den Vorschlag zu einem Waldmonitoring zu­stande zu bekommen. Da geht es immer um Zweidrittelmehrheiten. Qualifizierte Mehrheit im Rat heißt, es müssen mindestens 55 Prozent der Mitglied­staaten, die 65 Prozent der Bevölkerung repräsentieren, zustimmen.

Was ist das Ziel dieses Waldmonitorings? – Die Union will vor allem durch Fernerkundung umfassend Walddaten erhalten. Unser Anliegen ist,
dass eine Verhältnismäßigkeit bei der Datenerhebung und beim Datenmoni­toring im Hinblick auf die Kosten für die Mitgliedstaaten möglich ist. Wir sind da


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sehr, sehr kritisch eingestellt, auch weil es darum geht, dass Forstwirt­schaft eigentlich eine Sache der Mitgliedstaaten ist und wir darauf bestehen, dass das auch weiterhin so bleibt. Österreich ist ja dafür bekannt, dass
wir unter großer Eigenverantwortung eine nachhaltige Waldwirtschaft auf Basis eines sehr strengen Forstgesetzes sicherstellen.

Es wurde angesprochen: Auch ein Anliegen von uns ist die Entwaldungsverord­nung, die ja bereits im Jahr 2022 beschlossen worden ist. Sie ist schon
in Kraft getreten. Was noch aussteht, ist die Anwendung dieser Verordnung. Wir haben in den letzten Wochen und Monaten zur Kenntnis nehmen müssen,
dass die Union mit den Leitlinien für die Mitgliedstaaten säumig ist. Wir müssen wissen, wie das konkret angewendet werden muss.

Die Union ist auch nach wie vor mit der Risikoeinstufung für die Mitgliedstaaten säumig. Das ist bedeutend, weil es für die Kontrollen, die durchgeführt
werden müssen, ausschlaggebend ist: Je höher das Risiko einer Entwaldung im Mitgliedsland, desto mehr Kontrollen. – Diese Dinge fehlen, deswegen
haben wir das auf europäischer Ebene thematisiert. Wir haben gesagt, man soll die Anwendung so lange aussetzen, bis wir Klarheit haben, wie man das eigentlich tatsächlich umsetzt.

Wir haben auch angesprochen, dass es einen Unterschied geben muss zwischen Mitgliedstaaten, in denen es ein tatsächliches Entwaldungsrisiko gibt, und
jenen, in denen das nicht der Fall ist. Österreich gehört zu jenen, wo es kein Ent­waldungsrisiko gibt. Bei uns werden die Waldflächen jährlich um
2 300 Hektar größer. In den letzten 50 Jahren sind 330 000 Hektar zugewach­sen, da besteht also kein Risiko.

Wir wollen einfach, dass es hier auch eine Entlastung, einen Bürokratie­abbau gibt, denn: Wer sind die Betroffenen von diesem bürokratischen Mehr­aufwand? – Die Rinderbauern, die Sojabauern, die Waldbauern. Büro­kratie, bürokratische Belastungen führen immer dazu, dass die Kleinen aufgeben, übrig bleiben dann die Großen.


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Unser Anliegen wurde sehr breit unterstützt, 20 Mitgliedstaaten haben
es unterstützt. Das zeigt, dass dieses Problem natürlich auch in anderen Mit­gliedstaaten besteht und erkannt wird, und wir hoffen, dass die
Kommission entsprechend reagiert und eine Vorlage macht. (Beifall bei der ÖVP.)

Ein weiteres Thema ist die Wasserwirtschaft. Da ist es um die Revision
der Kommunalabwasserrichtlinie gegangen, die Anfang dieses Jahres erfolgreich abgeschlossen wurde. Worum geht es dabei? – Die wesentliche Neuerung
ist unter anderem eine zusätzliche Reinigungsstufe in großen Kläranlagen, mit der gezielt chemische Spurenstoffe aus dem Abwasser entfernt werden.

Unser Anliegen in den nächsten Wochen wird das gleiche wie in den vergange­nen Monaten sein: Wir werden uns auf europäischer Ebene intensiv ein­bringen, wir werden Allianzen schmieden, werden österreichische Anliegen vor­bringen, und so, wie es ausschaut, können wir das auch erfolgreich durch­setzen. In diesem Sinne danke ich auch für eine gute Zusammenarbeit. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesrät:innen der Grünen.)

20.26


20.26.24

Vizepräsident Dominik Reisinger: Danke.

Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Somit ist die Debatte geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung. – Bitte nehmen Sie Ihre Plätze ein.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, den gegenständlichen Bericht zur Kenntnis zu nehmen, um ein
Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.


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20.26.5023. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 20. März 2024 betreffend ein Bundesgesetz über das Institute of Digital Sciences Austria (Interdisciplinary
Transformation University) (2461 d.B. und 2493 d.B. sowie 11456/BR d.B.)


Vizepräsident Dominik Reisinger: Wir gelangen nun zum 23. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Barbara Prügl. – Ich bitte um den Bericht.


20.27.12

Berichterstatterin Barbara Prügl: Ich bringe den Bericht des Ausschusses
für Wissenschaft und Forschung über den Beschluss des Nationalrates vom 20. März 2024 betreffend ein Bundesgesetz über das Institute of
Digital Sciences Austria (Interdisciplinary Transformation University).

Es geht im Wesentlichen um die Errichtung der neuen Digitaluniversität in Oberösterreich in Linz.

Der Bericht liegt Ihnen schriftlich vor, daher komme ich gleich zur Antragstellung:

Der Ausschuss für Wissenschaft und Forschung stellt nach Beratung der Vorlage mehrstimmig den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des National­rates keinen Einspruch zu erheben.


Vizepräsident Dominik Reisinger: Ich danke für den Bericht.

Begrüßen darf ich bei uns im Bundesrat Herrn Bundesminister Martin Pola­schek. – Herzlich willkommen! (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen.)

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Doris Hahn. Ich erteile ihr dieses.



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20.28.15

Bundesrätin Doris Hahn, MEd MA (SPÖ, Niederösterreich): Herr
Präsident! Geschätzter Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Damen und Herren zu Hause via Livestream, die uns vielleicht auch um diese Uhrzeit doch noch zuschauen! Nach dem Beschluss zum Grün­dungsgesetz vom Oktober 2022 soll nun also heute die Rechtsgrundlage für den dauerhaften Betrieb des Institute of Digital Sciences Austria – oder
eben Interdisciplinary Transformation University, kurz ITU – beschlossen werden.

Wir als Sozialdemokratie haben ja schon 2022 unsere Kritik zu diesem – ich nen­ne es jetzt wirklich einmal so – Konstrukt deutlich geäußert und haben
schon damals unsere Zustimmung dazu nicht geben können. Heute, knapp ein­einhalb Jahre später, sehen wir unsere Kritik noch immer nicht ausge­räumt, sondern, ganz im Gegenteil, eher bestätigt.

Wenn man sich in den Stellungnahmen, die innerhalb der Begutachtungsfrist eingelangt sind, die eine oder andere Formulierung ansieht, dann sollte man sich einmal darüber Gedanken machen. Da ist von „problematisch“, „mangelhaft“, „widersprüchlich“, „von politischen Interessen getrieben“ und so weiter die Rede. Ich könnte das jetzt noch weiter fortführen. Das heißt, mit unserer Kritik an diesem Gesetz sind wir bei Weitem nicht allein, und alleine das sollte
Ihnen, glaube ich, schon zu denken geben. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Kritik beginnt bereits ganz grundsätzlich bei der Struktur dieser geplanten Universität, und man muss sich tatsächlich die Frage stellen, ob es denn
auch eine Universität ist und als solche auch zu definieren und zu bezeichnen ist. (Bundesrat Schennach: Genau!)

In Wahrheit ist es eine Mischform aus öffentlicher Universität, privater Universi­tät und Fachhochschule, in ganz wenigen Aspekten vielleicht dem Univer­sitätsgesetz auch tatsächlich unterliegend, in vielen, vielen anderen dann aber wieder nicht.


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Es ist uns auch im Ausschuss tatsächlich bestätigt worden, es ist in irgendeiner Form sogar ein Experiment mit – wie es im Ausschuss geheißen hat – weit­reichenden Neuerungen, um sich von gewohnten Strukturen der Universitäten zu lösen. Na ja, das klingt sehr blumig und sehr schön, aber wenn man dann
ins Detail schaut, muss man sehr wohl das eine oder andere hinterfragen. Sogar Uniko-Präsident Vitouch spricht es ganz eindeutig an, er spricht von einem „Wolpertinger“ – ich glaube, ich muss das nicht näher ausführen –, in dem Fall von einem Universitäts-Fabel- oder -Mischwesen, einem Mischkonstrukt.
Er befürchtet, dass dieses Experiment in einigen Bereichen auch wohl nicht ganz verfassungskonform sein könnte.

Die Uniko äußert sich dazu eigentlich ebenfalls sehr entlarvend und bezeichnet es als „ein von politischen Interessen getriebenes und mit mangelnder Sachkenntnis errichtetes Austriakum“. – Na ja, das ist das Nächste, das man so stehen lassen muss. (Bundesrat Schennach: Das ist das Erbe von ...!)

In Wahrheit ist die ITU ein als Universität getarntes – wenn man so möchte – Unternehmen, das aus staatlichen Mitteln finanziert wird und das Recht
erhält, staatlich anerkannte akademische Grade zu verleihen. Das heißt, wie ich auch schon 2022 befürchtet habe und hier auch meine Befürchtung ent­sprechend geäußert habe, ist nach wie vor offenbar eine ganz bewusst ganz ein­seitige Orientierung an der Industrie und der Wirtschaft zu befürchten,
frei nach: Wirtschaft bestellt – ITU liefert.

Die Freiheit der Wissenschaft muss gewahrt sein. Ich glaube, da sind wir uns einig, und da habe ich in diesem Zusammenhang leider so meine Zweifel,
und offensichtlich nicht nur ich allein, sondern viele andere mehr. Dazu komme ich aber später noch genauer.

Jedenfalls kann das nicht unser Anspruch für den Wissenschaftsstandort Österreich sein, schon gar nicht in der Digitalisierung, dem Bereich, der uns ja auf so vielfältige Art und Weise und auch gesamtgesellschaftlich betrifft
und vor allem noch wirklich ungeahnte Veränderungen und Herausforderungen


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für uns bringen wird, von denen wir uns heute wahrscheinlich noch nicht einmal vorstellen können, dass sie uns betreffen werden.

Schauen wir uns das Gesetz weiter an; Stichwort Struktur- und Machtfülle, was den Präsidenten oder die Präsidentin betrifft: Anders als bei öffentlichen
Unis soll es hier kein Rektorat geben, sondern eben einen Präsidenten oder eine Präsidentin – aktuell haben wir eine Gründungspräsidentin – mit vergleichs­weise weit mehr alleiniger Entscheidungskompetenz, als dies bei öffentlichen Unis der Fall wäre. Es soll ein Kuratorium statt einem Universitätsrat geben,
eine Universitätsversammlung anstelle der Senate, wobei man dazusagen muss, dass die Versammlung lediglich beratende Funktion haben kann. Sie ist
daher demokratiepolitisch eher eine Scheinversammlung, wenn man so möchte.

Stichwort privatrechtliches Verhältnis der Studierenden – auch wieder im Unterschied zu den öffentlichen Unis –: Die Studierenden werden in Wahrheit zu Kunden, die Uni ist Dienstleister. Ich stelle mir schon die Frage: Es ist
immer wieder auch die Rede von – ich zitiere wieder – sozial verträglichen Stu­diengebühren, was auch immer man unter sozial verträglichen Studienge­bühren zu verstehen hat. Das ist jedenfalls nicht in unserem Sinne einer offenen universitären Bildung und Ausbildung, die gerade im Bereich der Digitali­sierung von so ganz zentraler Bedeutung wäre. Daher gibt es auch in diesem Punkt ein klares Nein von unserer Seite. (Beifall bei der SPÖ.)

Was die Qualifizierung des Personals betrifft, haben wir das Gesetz beziehungs­weise die Erläuterungen dazu ganz genau durchgelesen. Wenn ich das
richtig interpretiere, reicht es offensichtlich an der ITU aus – ich zitiere –, eine berufliche Qualifikation und wissenschaftliche Erfahrung für das Fach für
eine Professur mitzubringen. Ein ganz konkretes Beispiel: Ich bin stolze Inhaberin eines Lehramts für Informatik. Das würde nach dieser Bezeichnung im Ge­setz dann offensichtlich für eine Professur reichen. Auch das, glaube ich, kann nicht im Sinne des Erfinders und in unserem Interesse sein.


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Stichwort Aufgabenfeld der neuen Uni: Es sollen interdisziplinär und transdis­ziplinär neue Forschungsfelder in wissenschaftlicher und künstlerischer Forschung und Lehre bearbeitet werden. Es ist die Rede von digitaler Trans­formation, von digitalem Humanismus, um eine Auseinandersetzung
mit der Klimakrise soll es gehen und vieles andere mehr. Das klingt fast schon prosaisch, möchte ich sagen. Es ist jedenfalls eine riesige Fülle und Breite,
mit der es die Uni jetzt zu tun bekommen soll. Schließlich ist der ge­samte Bereich der Digitalisierung eine Querschnittsmaterie, die eben in viele Bereiche unseres Lebens hineinspielt. Auch da sind wir mit unserer Kritik
nicht allein. Die Akademie der Wissenschaften hält dies einfach für viel zu breit gefasst und stellt in vielen Bereichen auch eine Doppelung zu anderen
Unis fest.

Auch wir bemerken: Es gibt schon Expertise in vielen, vielen Bereichen, an vielen Standorten und Institutionen, die sich in dem Bereich auch schon mit Grundlagenforschung beschäftigen. Das heißt, hier hätte man auf alle Fälle auf bereits bestehenden Einrichtungen – wie der JKU natürlich zum Beispiel –
gut aufbauen können und müssen, anstatt in Wahrheit künstlich neue Strukturen zu schaffen. Da ist auch ganz klar unsere Kritik angelegt.

Ich habe auch schon 2022 etwas vermisst, und das tue ich auch heute noch, nämlich ein entsprechendes Konzept zu diesem Konstrukt. Dieses rie­sige thematische Feld gehört einfach entsprechend aufgearbeitet und konkre­tisiert. Mir ist diesbezüglich noch nichts bekannt, und auch auf der Home­page der ITU finde ich bis dato nicht allzu viel. Dort sind eher noch rudimentäre Angaben und eher Schlagwörter zu finden. Allerdings – und das sollte uns
schon zu denken geben – soll im Herbst der Studienbetrieb beginnen.

Bis heute stehen allerdings meines Wissens noch keine Professuren fest, es lie­gen nach wie vor keine Curricula vor. Wir haben im Ausschuss gehört, sie
sind in Planung, die Planungen dafür laufen. Wenn wir uns aber den Zeitplan bis zum Herbst hernehmen, ist das schon eine ziemlich ambitionierte Sache,


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wenn man das in so wenigen Monaten bewerkstelligen will. Auch da gibt es also eindeutig Kritik unsererseits.

Was bleibt und als was sich dann die ITU leider am Ende des Tages und nach dem vermutlichen heutigen Beschluss herausstellt und was sie darstellt,
ist Folgendes: Es ist schlicht und einfach ein teures Kurz’sches Wahlkampfzuckerl aus dem oberösterreichischen Landtagswahlkampf.

Immerhin – und das dürfen wir, glaube ich, an dieser Stelle nicht vergessen – wird die ITU den Bund und somit die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler jährlich knappe 117 Millionen Euro kosten. Ich denke, das ist Geld, das man im öffentlichen Unibereich sicher noch besser und noch sinnvoller hätte einsetzen können, denn die öffentlichen Unis – das wissen wir, und das habe ich
auch schon 2022 erwähnt – würden sich über 110 Millionen Euro jährlich mehr sicher ganz besonders freuen, und die haben es ganz dringend notwendig. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Arlamovsky.)

20.38


Vizepräsident Dominik Reisinger: Danke.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Bundesrat Vizepräsident Franz Ebner. Ich erteile dieses.


20.38.27

Bundesrat Mag. Franz Ebner (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Anders als für Frau Kollegin
Hahn ist die neue ITU überraschenderweise für mich kein Wahlkampfgag, son­dern als Oberösterreicher erfüllt es mich mit großem Stolz, dass heute ein weiterer wichtiger Meilenstein für die neue Digitaluniversität in Linz gelegt wird. (Zwischenruf der Bundesrätin Hahn.) Ich behaupte auch, mit der Landeshaupt­stadt Linz gibt es den idealen Standort dafür. Die neue ITU – das wurde
im Ausschuss auch außer Streit gestellt – wird die 23. öffentliche Universität in Österreich sein. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesrät:innen der Grünen.)


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Wie gesagt, für Oberösterreich ist die ITU eine Riesenchance, und ich zähle da­für auch einige aus meiner Sicht gute Gründe auf: Linz ist heute nicht mehr
nur eine Stahlstadt, sondern ein zentraler Wissenschafts-, Kultur-, Wirtschafts- und Industriestandort. Daher herrscht eine hohe Nachfrage nach einer­seits spezialisierten, andererseits aber auch inter- und transdisziplinär ausgebil­deten und hoch qualifizierten Arbeitskräften. Weiters herrscht in Oberös­terreich ein optimales Umfeld für Kooperationen, die einen enormen Mehrwert bringen können. Ich denke da an die bereits bestehenden Universitäten,
an die Fachhochschule Hagenberg, an das Ars Electronica Center, aber auch an viele innovative Unternehmen. Daher ist eben die ITU besonders wichtig
für den Unternehmensstandort Oberösterreich.

Die neue Uni ist aber auch eine Chance für ganz Österreich. Um in Zukunft wettbewerbsfähig zu sein, müssen wir das Know-how in Österreich entwickeln und auch im Land behalten. (Zwischenruf der Bundesrätin Hahn.) Gerade im Bereich Big Tech hinken wir in Europa bisher hinterher. Auch daher muss die ITU als Chance begriffen werden. Im Endausbau werden 6 300 Studierende
an der neuen ITU ausgebildet werden. Die ersten Studien sollen wie gesagt noch heuer starten. Im Ausschuss haben wir auch gehört, dass einige Professuren bereits ausgeschrieben sind.

Nicht nur ich behaupte, dass es positive Standorteffekte auch durch die neue Universität in Oberösterreich geben wird, sondern auch eine Studie
des IFO-Instituts, die diese große Chance und den Mehrwert dieser Uni für Oberösterreich sieht und verdeutlicht, welch kräftigen Impuls sie für
den Standort liefern kann.

Einer der Mitautoren dieser Studie ist der Wirtschaftsforscher und Wifo-Chef Gabriel Felbermayr. Er hat wörtlich gesagt: „Die TU Linz ist ihr Geld wert.“
Es sei „sehr gut investiertes Geld“, das in die geplante Technische Universität in der oberösterreichischen Landeshauptstadt fließen soll.


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Es wurde angesprochen: Digitalisierung ist ein Megatrend, der uns alle betrifft, wobei wir erst am Anfang stehen. Das sagt auch das deutsche Zukunfts­institut. Daher ist es dringend notwendig, Forschungen anzustellen, zu erfor­schen und zu erkunden, welchen Umgang mit diesem Megatrend und
welchen Nutzen von diesem Megatrend wir haben können. Genau dafür brau­chen wir die neue ITU.

Wie schon beim Gründungsgesetz kommt natürlich auch heute Kritik
von anderen Fraktionen, das ist ja auch in Ordnung. Dazu kann ich nur sagen – es wurde im Ausschuss bestätigt –, viele im Begutachtungsverfahren
geäußerte Kritikpunkte haben im jetzigen Gesetz Berücksichtigung gefunden, zum Beispiel weniger Politik und mehr Wissenschaft in den Leitungs­gremien. Es wurden auch verfassungsrechtliche Bedenken vom Verfassungs­dienst des Bundeskanzleramtes geprüft und ausgeräumt.

Wie gesagt, die ITU wird eine öffentliche Universität sein, mit den notwendigen Experimentierräumen, die dieses Thema braucht (Bundesrätin Hahn: ... Ex­perimente ...!), die die digitale Transformation erfordert. Wir haben im Ausschuss auch gehört, dass es ein üblicher Vorgang ist, dass Universitätsgründungen
nicht per se nach dem Universitätsgesetz erfolgen, sondern dass es seit 1970 ei­gentlich üblich ist, dass Universitätsgründungen nach einem eigenen
Regelwerk gestaltet werden und später ins Universitätsgesetz übergeführt werden.

Die neue ITU in Linz ist also nicht die einfachste Geburt, aber ich halte es da mit dem Volksmund, der besagt: Aus einer schweren Geburt entstehen be­kanntlich die schönsten Kinder. – Das wird auch bei der ITU so sein. (Beifall bei der ÖVP sowie der Bundesrät:innen Hauschildt-Buschberger und Schreuder.)

Sehr geehrte Damen und Herren, ich lade Sie alle ein, dem Gesetz zuzustimmen, insbesondere aber die Bundesrätinnen und Bundesräte aus Oberöster­reich. Ganz ehrlich, wer sich als Vertreter Oberösterreichs gegen die neue ITU in


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Linz ausspricht, spricht sich auch gegen die Weiterentwicklung unseres Heimatbundeslandes aus. (Beifall bei der ÖVP.)

Neue Wege entstehen dadurch, dass man sie geht. Bei der digitalen Transforma­tion braucht es neue Wege. Beschreiten wir sie gemeinsam! Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

20.44


Vizepräsident Dominik Reisinger: Danke.

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Bundesrätin Isabella Theuermann. Ich erteile ihr dieses.


20.44.54

Bundesrätin Mag. Isabella Theuermann (FPÖ, Kärnten): Sehr geehrte Damen und Herren! In Österreich gibt es ja bereits vier grundsätzliche Hochschultypen: Universitäten, Privatuniversitäten, pädagogische Hochschulen und Fach­hochschulen. Jeder dieser Hochschultypen operiert im Wesentlichen auf Basis eines eigenen Bundesgesetzes.

Bis vor Kurzem gab es auch ein eigenes Gesetz für die Donau-Universität Krems, das nach vielen Jahren ins Universitätsgesetz übergegangen ist, weil es
sich einfach als besserer Weg erwiesen hat. In Oberösterreich wollen wir jetzt aus unerklärlichen Gründen wieder zurück an den Start und schaffen wie­der ein Hochschulkonstrukt, das anscheinend nicht unter den aktuellen Rahmen­bedingungen zu gründen ist. Also vier Gesetze reichen offenbar nicht,
Schwarz-Grün macht es wieder einmal besonders kompliziert und chaotisch. (Beifall bei FPÖ und SPÖ sowie des Bundesrates Arlamovsky. Zwischenruf
des Bundesrates Schennach.)

Warum aber reicht das Universitätsgesetz nicht? – Bei den Technischen Univer­sitäten Wien und Graz sowie bei der Montanuni Leoben funktioniert es
ja auch. Nein, die schwarz-grüne Chaosregierung muss sich offenbar wieder ein fragwürdiges Denkmal setzen. Ob dies zum Vorteil des Hochschulsektors


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und insbesondere zum Wohl der Studierenden sein wird, daran habe ich große Zweifel. Gerade der Faktor, dass die Studenten in einer privatrechtlichen Rechtsbeziehung zur neuen Universität stehen sollen, ist durchaus problema­tisch, denn auch an Privatuniversitäten und Fachhochschulen hat dies
in der Vergangenheit immer wieder zu erschwerten Bedingungen für die Stu­denten geführt. (Beifall bei FPÖ und SPÖ sowie des Bundesrates Arlamovsky.)

Des Weiteren halte ich es für bedenklich, dass es einen anderen und höheren Studienbeitrag geben soll, als er bei Universitäten, als er bei anderen öffentlichen Hochschultypen üblich ist. Warum es an der ITU künftig Präsident statt
Rektor heißen soll, ist mir auch nicht klar. Zu einer Hochschule gehört ein Rek­tor. Diese Möglichkeit wurde in der letzten Novelle zum Fachhochschul­gesetz extra nachträglich wieder hineingenommen.

Warum es an der ITU Universitätsversammlung statt Senat heißen soll, leuchtet mir schon eher ein, denn Schwarz-Grün will dieses Gremium ja vergleichs­weise mit weniger Befugnissen ausstatten. Alles in allem ist es wieder einmal Steuergeldverschwendung vom Feinsten. Das können ÖVP und Grüne
ja nur zu gut. (Beifall bei der FPÖ.)

Es halten aber bei Weitem nicht nur wir Freiheitliche diesen Gesetzentwurf für unbrauchbar. Immerhin gab es ja etliche kritische bis ablehnende Stel­lungnahmen, das haben wir schon gehört. Unter den Kritikern finden sich unter anderem die Senatsvorsitzenden der österreichischen Technischen Uni­versitäten Wien, Graz und Leoben, die Österreichische Privatuniversitätenkonfe­renz, die Österreichische Fachhochschul-Konferenz, der Verband der Professoren der österreichischen Universitäten, die JKU Linz, die FH Oberös­terreich, die Arbeitskreise für Gleichbehandlungsfragen der TU Graz
und der TU Wien, die Ombudsstelle für Studierende im Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung, das Bundesverwaltungsgericht,
die AQ Austria, diverse Hochschulvertretungen und auch die ÖH-Bundesvertretung. Sogar die ÖVP-Studentenorganisation,


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die Aktionsgemeinschaft, lehnt diesen Gesetzentwurf in seiner Gesamtheit ab. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Jetzt würde mich schon interessieren, was Frau Kollegin Geieregger
von der ÖVP dazu sagt, die in ihrer ersten Rede im Bundesrat stolz an ihre Zeit in der Studentenvertretung erinnert hat. Ganz besonders bemerkenswert
finde ich auch, dass sogar der Gründungskonvent der ITU eine umfassende Stel­lungnahme zum Gesetzentwurf abgegeben hat und auf über zwölf Seiten
seine Änderungsvorschläge darlegt.

Diese Bundesregierung hat es also nicht einmal geschafft, das zum Großteil von ihr selbst eingesetzte Gremium vorbehaltlos vom eigenen Gesetzesvorschlag
zu überzeugen. 
Willkommen bei den schwarz-grünen Schildbürgern! (Beifall bei der FPÖ.)

Kurzum, die Stellungnahmen legen nahe, dass die Bundesregierung wirk­lich niemanden von diesem Gesetz überzeugt hat, zumindest niemanden, der sich ernsthaft mit dem Hochschulsektor in Österreich beschäftigt. Daher darf
ich abschließend einen Teil des Fazits der Stellungnahme der Universitätenkon­ferenz wortwörtlich zitieren:

„Ein IDSA auf Basis der vorgeschlagenen gesetzlichen Grundlage wäre
wohl ein weltweites Unikum, nämlich ein von politischen Interessen getriebenes und mit mangelnder Sachkenntnis errichtetes Austriakum, das keinesfalls modellhaft für eine künftige Universitätsentwicklung – weder national noch in­ternational – angesehen werden kann.“

Dem ist eigentlich nichts hinzuzufügen, außer folgender Satz: Die schwarz-grüne Bundesregierung hat wieder einmal bewiesen, dass sie es einfach nicht kann. – Danke. (Beifall bei der FPÖ, bei Bundesrät:innen der SPÖ sowie
des Bundesrates Arlamovsky.)

20.50


Vizepräsident Dominik Reisinger: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Bundesrätin Maria Huber. Ich erteile ihr dieses.



BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 398

20.51.10

Bundesrätin Dipl.-Ing. Dr. Maria Huber (Grüne, Steiermark): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zusehende!
Ja, ich sehe das naturgemäß nicht ganz so düster wie Frau Kollegin Theuermann. Ich glaube, die Digitalisierung beeinflusst tatsächlich unseren Alltag und die Berufswelt schon jetzt in unglaublich vielen Bereichen.

Da bin ich eher beim Kollegen Ebner, der sagt, die digitale Transformation ist si­cher eines der großen Themen unserer Zeit; absolut. Es wird künftig tat­sächlich keinen Bereich geben, in dem die Digitalisierung keine Rolle spielen wird. (Bundesrat Schennach: Das ist ja nicht das Thema!) Gerade deshalb ist es für uns als Gesellschaft auch umso wichtiger, diesen Wandel aktiv zu gestalten
und auch als Chance zu sehen. Ich denke, gerade in diesem Zusammenhang wird auch die ITU ihren Beitrag leisten.

Ja, ich mache aus meinem Herzen auch keine Mördergrube, wir sind tatsächlich nicht ganz glücklich über die Entstehungsgeschichte, aber das Thema hat
wie gesagt schon sehr hohe Relevanz. (Ruf bei der SPÖ: Genau! Darum tragen wir alles mit ...!) Was ich da grundsätzlich auch sehr spannend finde, ist der interdisziplinäre Ansatz (Bundesrat Schennach: ... Sebastian Kurz ...!), dass man wirklich Absolventinnen und Absolventen unterschiedlichster Studien­richtungen explizit ansprechen möchte.

Warum? – Die größte Stärke interdisziplinärer Teams liegt im unterschiedlichen Know-how. (Bundesrat Schennach: Das war der Basti Kurz ...!) Anstatt einer einzigen Sichtweise und einer einzigen Herangehensweise hat man plötzlich x verschiedene Vorschläge, wie das Ziel erreicht werden kann. Dadurch
ergeben sich deutlich vielfältigere und ganzheitlichere Lösungsansätze. Das ist an sich also schon ein ganz guter Weg für eine Forschungseinrichtung,
um Innovationen voranzutreiben, gerade wenn es um Aufgaben an den Naht­stellen zwischen Digitalisierung und großen gesellschaftlichen Heraus­forderungen unserer Zeit – wie zum Beispiel im Umwelt- und Klimaschutz – geht.


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 399

Ein Punkt, den ich da auch sehr schön finde, ist, dass die Gründungspräsidentin sagt, die ITU ist in ihrer DNA eine Netzwerkuniversität. (Bundesrätin Hahn:
Ja was soll die Gründungspräsidentin anderes sagen?) Da ist natürlich allein schon in Linz und auch in Oberösterreich mit der JKU, der Kunstuni Linz, der
Anton-Bruckner-Privatuniversität und der FH Oberösterreich ein guter Nähr­boden für die interdisziplinäre Zusammenarbeit vorhanden. Es wird
sicher spannend, wohin sich die noch junge Hochschule entwickeln wird.

Ich persönlich wünsche der ITU, dass sie sich zu einer einzigartigen interdisziplinären Forschungseinrichtung entwickelt, die international strahlt. (Bundesrätin Hahn: Was ist es jetzt? Hochschule, Uni?) In diesem Sinne bit­te ich um Ihre Zustimmung. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

20.53


Vizepräsident Dominik Reisinger: Danke.

Herr Bundesminister Martin Polaschek hat sich zu einer Stellungnahme zu Wort gemeldet. Ich erteile ihm das Wort.


20.54.04

Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung Dr. Martin Polaschek: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Neugründungen von Universitäten passieren immer außerhalb des normalen Regelwerkes, so funktioniert es. Das war bei der Donau-Universität Krems so – und es hat lange gedauert, bis sie in das Univer­sitätsrecht übernommen worden ist –, das war bei der Alpen-Adria-Universität der Fall, und das war auch bei der Johannes-Kepler-Universität der Fall, die 1962 gegründet worden ist und 1975 ins UOG übernommen
worden ist.

Es wäre töricht, zu glauben, dass Neugründungen im Rahmen eines bestehenden Regelwerks erfolgen können, wenn man noch nicht über das entspre­chende Personal, über die entsprechenden Studierenden verfügt. So werden neue Universitäten gegründet, das ist der Standard – es tut mir leid.


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 400

Wer das Gegenteil behauptet, Frau Bundesrätin (in Richtung Bundesrätin Theu­ermann), hat keine Ahnung davon. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundes­rät:innen der Grünen.)

Ja, es gibt einen großen Bedarf für eine neue Universität und es gibt einen großen Bedarf gerade im Bereich der digitalen Transformation, und
diese Universität ist auf einem guten Weg. Im Herbst wird mit ersten Stu­dienangeboten begonnen – noch nicht mit fertigen Curricula, denn um fertige Curricula zu machen, braucht es auch die entsprechenden Studierenden,
die in die Gestaltung eingebunden werden, es gibt aber bereits großes Interesse vonseiten junger Menschen, die Angebote wahrnehmen wollen.

Die Berufungen laufen, und es wird selbstverständlich auch auf die entsprechen­de Qualität geachtet. Es ist heute so, dass gerade in den technischen Be­reichen keine Habilitationen oder der Habilitation gleichzuhaltenden Leistungen gefordert werden, sondern natürlich auch entsprechend andere, vor allem wirtschaftliche Qualifikationen gefordert werden. Schlussendlich ist es natürlich auch im Interesse der Universität selber, nur bestqualifiziertes Personal zu bekommen.

Die Universität wird sich deshalb weiterhin auf einem guten Weg befinden. Es wird ein erfolgreiches Projekt werden, da bin ich mir sicher. Ja, es ist auch
die Möglichkeit, jetzt neue universitätspolitische Wege zu gehen. Zum entspre­chend passenden Zeitpunkt, das ist klar, wird selbstverständlich auch
diese Universität in den Reigen der anderen öffentlichen Universitäten aufge­nommen werden.

Bis dahin ersuche ich Sie alle um die entsprechende Unterstützung für dieses spannende und aussichtsreiche Projekt. – Vielen Dank. (Beifall bei der
ÖVP sowie der Bundesrätin Hauschildt-Buschberger.)

20.56


Vizepräsident Dominik Reisinger: Danke.


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 401

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Karl-Arthur Arlamovsky. Ich erteile ihm dieses.


20.56.51

Bundesrat MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky (NEOS, Wien): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen!
Herr Bundesminister, ich weiß nicht, warum Sie sich vor mir zu Wort gemeldet haben, denn jetzt kommt doch noch einiges, was Sie sicher nicht freuen
wird, wie Sie erwarten können.

Die Kritikpunkte meiner Vorredner:innen von SPÖ und FPÖ teile ich eigentlich vollinhaltlich. Deswegen brauche ich das, was sie gesagt haben, nicht alles
zu wiederholen. Ich werde Ihnen jetzt erläutern, warum ich das Ganze nicht für eine echte Universität nach unserem historischen Verständnis und unseren verfassungsrechtlichen Vorgaben halte.

Ich meine, ein bisschen lustig ist es, wie am Anfang schon zum dritten Mal der Name geändert wird, aber man sich nicht drübertraut, tatsächlich den
Namen zu ändern. Arbeitstitel ist TU Linz, in einem Gesetz ist das nie gestanden, im Gründungsgesetz ist als Name Institute of Digital Sciences Austria
gestanden. Jetzt soll das Ganze ITU heißen, aber es heißt immer noch Institute of Digital Sciences Austria, aber mit dem Namen ITU, und ist eine Tech­nische Universität. Also was jetzt? Sie müssten sich für etwas entscheiden und nicht die dritte Marke übereinanderpicken. (Beifall bei Bundesrät:innen
der SPÖ.)

Was Sie über die historischen Beispiele dafür, wie Universitätsgründungen in Österreich in den letzten Jahrzehnten erfolgt sind, gesagt haben, das ist
schon richtig, dass es da eigene Gründungsgesetze gegeben hat und die Über­führung in das jeweilige Organisationsgesetz erst nachher stattgefunden
hat. Dieses eigene Gründungsgesetz hat es aber schon gegeben, es ist die gel­tende Rechtslage. Dieses Gründungsgesetz wird jetzt mit 30.6. außer
Kraft gesetzt.


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 402

Es wird nun ein neues Organisations- und Studiengesetz geschaffen, das sich aber nicht in die Richtung des Universitätsgesetzes bewegt, sondern sich
davon wegbewegt. Jetzt möchte ich wissen: Wie soll das, was sich jetzt vom Universitätsgesetz absichtlich wegbewegt, dann irgendwann in das Uni­versitätsgesetz eingegliedert werden können?

Ich vermute auch, dass das gar nicht der Plan ist, sondern dass – wie wir im Ausschuss gehört haben und wie Sie jetzt auch angedeutet haben –
das Universitätsgesetz in Richtung der organisatorischen und studienrechtlichen Regelungen geändert werden soll, wie Sie sie in diesem Bundesgesetz über
die – wie auch immer das heißt – ITU drinnen haben.

Das erweckt große Befürchtungen, denn so, wie diese Institution aufgesetzt ist, fehlen einige Dinge, die es für eine Universität braucht. Die Universitäts­autonomie und die Wissenschaftsfreiheit verlangen von der Univer­sität bestimmte Komponenten.

Etwas, das an dieser Universität komplett fehlt, sind Habilitationen. Das kann man schon politisch wollen – in anderen Ländern gibt es das auch nicht –,
aber dann muss man dazu stehen und darf nicht sagen, dass das ein Pilotprojekt für die Universität der Zukunft sein soll.

Was an dieser Universität auch komplett anders geregelt wird, sind Berufungen. Wir wissen alle – also wahrscheinlich nicht alle, aber wir beide (in Rich­tung Bundesminister Polaschek) –, wie Berufungsverfahren an Universitäten aus­schauen: mit Kommissionen, die paritätisch zusammengesetzt werden,
damit das Ganze eine Selbstergänzung darstellt, übrigens genauso, wie die Ha­bilitation eine Selbstergänzung der Universität, und zwar der Personen,
die Wissenschaftsfreiheit genießen, darstellt.

An dieser Universität gibt es einen einzigen Halbsatz über Berufungen. Die Vor­gabe für den Inhalt der Satzung ist nämlich, dass Berufungen irgendwie geregelt werden müssen. Wie die erfolgen – dass sie zum Beispiel monokratisch


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 403

durch den Präsidenten, ohne Beteiligung der anderen Professoren an der Universität, erfolgen sollen, ist dadurch möglich –, führt auch weg von dem, was das B-VG in Wirklichkeit an Vorgaben für die Universitäten macht. (Beifall
bei der SPÖ.)

Für Sie als Rechtshistoriker interessant ist, dass dieses Ding auch überhaupt nichts mit dem zu tun hat, was der Begriff Universität eigentlich heißt. Universität heißt – ich erläutere es den anderen – in Wirklichkeit so etwas wie Selbstverwaltungskörperschaft, und zwar Selbstverwaltungskörperschaft
aus verschiedenen Personengruppen.

Früher, im späten Mittelalter, waren die Studierenden in Wirklichkeit die mächtigste Personengruppe an den Universitäten, weil sie den Rektor bestimmt haben. Es hat dann mehrere Kurien gegeben, die in bestimmten Paritäten
die Angelegenheiten der Universitäten entschieden haben, teilweise Viertelpa­rität. Viertelparität hat geheißen, die Hälfte für die Professoren und jeweils
ein Viertel für andere Kurien. In studienrechtlichen Angelegenheiten hat es so etwas wie eine Drittelparität gegeben, das heißt, ein Drittel Studierende.

Das gibt es da alles nicht. Es gibt ein einziges Universitätsorgan, in dem verschie­dene Personengruppen vertreten sind – also eigentlich zwei, aber eines hat
nicht wirklich Kompetenzen. Das, was da den Titel Universitätsversammlung be­kommt und überhaupt nicht mit dem zu vergleichen ist, was in früheren Organisationsgesetzen stand, als es Universitätsversammlungen gegeben hat, die zum Beispiel einen Rektor gewählt haben, umfasst 21 Personen. 12 davon
sind Professoren und Postdocs, die über 50 Prozent Beschäftigungsausmaß ha­ben, 5 von 21 Personen sind Studierendenvertreter, 4 von 21 Personen
sind nicht wissenschaftliches Universitätspersonal, allgemeines Universitätspersonal.

Die haben als einzige Beschlusskompetenz – alles andere sind beratende oder Informationsrechte –, dass sie drei von den sieben gewählten Mitgliedern
des Kuratoriums bestellen. Das ist die einzige Kompetenz von dem, was da Uni­versitätsversammlung heißt. So etwas wie einen Senat, was es in früheren


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 404

Organisationsrechten oder dem noch bestehenden UG gibt, gibt es da überhaupt nicht, und deswegen ist natürlich völlig klar, warum man den Begriff Senat ehrlicherweise nicht für irgendein Gremium in diesem Konstrukt
verwenden kann.

Was es anstelle des Universitätsrates gibt, ist das Kuratorium, nicht mit einer va­riablen Mitgliederzahl wie beim Universitätsrat – also nicht fünf, sieben
oder neun –, sondern da gibt es neun Mitglieder, von denen sieben bestellt werden. Drei von diesen sind von der Regierung, weitere drei von der sogenannten Universitätsversammlung, eine Person von der ÖH, und diese sieben bestimmen dann zwei weitere.

Das ist ein ähnlicher Einfluss von außeruniversitären Gremien, der Regierung, wie im Universitätsrat, bei dem exakt die Hälfte von der Regierung
bestellt wird, aber dieses Kuratorium hat praktisch nichts zu sagen. Dieses Kuratorium kann die Vorlagen absegnen, die von der Präsidentin,
dem Präsidenten kommen, kann aber selber keine Initiativen setzen und keine Änderungen vorschlagen.

Im Wesentlichen ist die Organisation dieser Institution eine ziemlich monokra­tisch aufgebaute, weil – im Unterschied auch zum bisherigen Organisa­tionsrecht – dem Präsidenten, der Präsidentin keine Vizerektorin, kein Vize­rektor zur Seite steht. An den Universitäten gibt es ja aktuell zumindest
ein Rektorat mit einem Rektor und bis zu vier Vizerektor:innen. Das gibt es da alles nicht. Also die Organisation von diesem Konstrukt ist mehr oder
weniger eine monokratische Leitung mit einem Kuratorium, das Sachen abnicken darf oder auch nicht, und das war es im Wesentlichen.

Was auch ziemlich relevant ist, ist die sogenannte Kurie des wissenschaftlichen Personals, Professorinnen und Professoren und – ich habe sie vorhin
erwähnt – Postdocs mit über 50 Prozent Beschäftigungsausmaß.

Dann gibt es auch noch ein Kurie des allgemeinen Personals.


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 405

Wer aber überhaupt nichts mitzureden hat, nicht einmal bei der kleinen Kompetenz der Bestellung von Mitgliedern der Universitätsversammlung, sind das wissenschaftliche Personal der Praedocs und die Postdocs, die Teil­zeit unter 50 Prozent beschäftigt sind. Die haben ja überhaupt nichts zu melden. Abgesehen vom Dienstrecht, bei dem es auch noch Nachteile gibt, wird
das prekär beschäftigte wissenschaftliche Personal an dieser Institution über­haupt nicht berücksichtigt. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir haben im Ausschuss auch gehört, dass dann neue studienrechtliche Möglichkeiten bestehen sollen. Ich habe mir das im Detail angeschaut, also wirklich innovativ ist das nicht. Die gesetzlichen Vorgaben – also nicht einmal, dass das jetzt der Satzung überlassen wird – basieren auf einem Vollzeit­studium. So etwas wie ein berufsbegleitendes Studium ist also nicht vorgesehen, weil nämlich ab einer Überschreitung der vorgesehenen Studienzeit um
zwei Semester Studiengebühren fällig werden, was Teilzeitstudien
im Wesentlichen nicht ermöglicht, außer man zahlt mindestens 600 Euro im Semester, was auch mehr als bei den anderen Universitäten ist.

Zum Schluss auch noch etwas Interessantes, das man sich vielleicht nicht über­legt hat: die Timeline für das Inkrafttreten der Studien. Sie haben schon
gesagt, so etwas wie ordentliche Studien wird es jetzt noch nicht geben. Wahr­scheinlich gibt es am Anfang also Universitätslehrgänge.

Wie kommen nämlich die Curricula zustande? Da könnte bei den Übergangsbe­stimmungen vielleicht etwas passiert sein, weil nämlich das bisherige
Gesetz mit 30.6. außer Kraft tritt. Mit 1.7. tritt dieses neue Gesetz in Kraft. Im bisherigen Gesetz gab es die Möglichkeit, dass eine vorläufige Satzung beschlossen wird. Diese vorläufige Satzung enthält aber keine Bestimmungen über Curriculakommissionen, weil nämlich Curricula vom Gründungs­konvent direkt gemacht werden können. Bis 30.6. hat jetzt der Gründungskon­vent noch die Möglichkeit, Curricula zu machen. Curricula für Studienrich­tungen, die nicht der Gründungskonvent bis 30.6. erlässt, können nach 1.7. nicht


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 406

mehr erlassen werden, weil die Gründungspräsidentin und der Grün­dungskonvent zwar im Amt bleiben und die Funktionen von Präsidentin, Präsident und Kuratorium ausüben und die vorläufige Satzung in Kraft bleibt, bis eine neue Satzung beschlossen wird, aber erst in einer neu zu beschlie­ßenden Satzung Bestimmungen über die Curriculakommissionen stehen können. Curricula für Studienrichtungen, die nicht bis 30.6. beschlossen werden,
werden deshalb wahrscheinlich durchaus das eine oder andere Semester brauchen – bis eine neue Satzung vom Präsidenten vorgeschlagen wird, vom Kuratorium abgenickt wird, in der steht, wie Curriculakommissionen
errichtet werden. Die müssen dann erst besetzt werden.

Das heißt, die ambitioniert angekündigte Perspektive, dass ab Herbst 2024 Doktoratsstudien und ab 2025 Masterstudien angeboten werden können, halte ich für – ambitioniert, das wäre sehr wohlwollend gesprochen – einen
ähnlichen Marketinggag wie die Errichtung der Universität überhaupt. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

21.10


21.10.06

Vizepräsident Dominik Reisinger: Danke.

Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Somit ist die Debatte geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung.

Es ist eine namentliche Abstimmung verlangt worden.

Da dieses Verlangen von fünf Bundesräten gestellt wurde, ist gemäß § 54 Abs. 3 der Geschäftsordnung eine namentliche Abstimmung durchzuführen. Ich
gehe daher so vor.

Im Sinne des § 55 Abs. 5 der Geschäftsordnung erfolgt die Stimmabgabe nach Aufruf durch die Schriftführung in alphabetischer Reihenfolge mündlich
mit „Ja“ oder „Nein“. Ich bitte um deutliche Äußerung.


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 407

Ich ersuche nunmehr die Schriftführung um den Aufruf der Bundesräte in alpha­betischer Reihenfolge.

*****

(Über Namensaufruf durch Schriftführerin Gruber-Pruner geben die Bundesrät:innen ihr Stimmverhalten mündlich bekannt.)

*****


Vizepräsident Dominik Reisinger: Ich mache von meinem Stimmrecht Gebrauch und stimme mit „Nein“.

Die Stimmabgabe ist beendet.

Ich unterbreche zur Auszählung der Stimmen kurz die Sitzung.

21.14.34*****

(Die zuständigen Bediensteten nehmen die Stimmenzählung vor. – Die Sitzung wird um 21.14 Uhr unterbrochen und um 21.15 Uhr wieder aufgenommen.)

21.15.43*****


Vizepräsident Dominik Reisinger: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und gebe nun das Abstimmungsergebnis bekannt.

Demnach entfallen auf den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Na­tionalrates keinen Einspruch zu erheben, 30 „Ja“-Stimmen und
25 „Nein“-Stimmen.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Mit „Ja“ stimmten die Bundesrät:innen:

Böhmwalder, Buchmann;

Ebner, Eder, Eder-Gitschthaler;


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 408

Geieregger, Gfrerer, Göll, Gross;

Hauschildt-Buschberger, Himmer, Huber, Hutter;

Jagl;

Kittl, Kohl;

Lassnig;

Miesenberger;

Neurauter;

Prügl;

Ruf, Ruprecht;

Schreuder, Schwarz-Fuchs, Schwindsackl, Stillebacher, Stotter;

Tiefnig;

Wolff;

Zauner.

Mit „Nein“ stimmten die Bundesrät:innen:

Arlamovsky, Arpa;

Babler, Bernard;

Fischer;

Gerdenitsch, Grimling, Grossmann, Gruber-Pruner;

Hahn;

Kofler, Kovacs;

Lancaster, Leinfellner;


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 409

Mertel;

Obrecht;

Reisinger;

Schachner, Schartel, Schennach, Schmid, Schumann, Spanring;

Theuermann;

Wanner.

*****

21.16.0324. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 20. März 2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Denkmalschutzgesetz geändert wird (2463 d.B. und 2484 d.B. sowie 11440/BR d.B. und 11470/BR d.B.)


Vizepräsident Dominik Reisinger: Wir gelangen nun zum 24. Punkt der Tages­ordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Marco Schreuder. – Ich bitte um den Bericht.


21.16.23

Berichterstatter Marco Schreuder: Ich bringe den Bericht des Ausschus­ses für Tourismus, Kunst und Kultur über den Beschluss des Nationalrates vom 20. März 2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Denkmalschutz­gesetz geändert wird. (Vizepräsident Ebner übernimmt den Vorsitz.)

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher gleich zur An­tragstellung:

Der Ausschuss für Tourismus, Kunst und Kultur stellt nach Beratung der Vorlage am 3. April 2024 den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Natio­nalrates keinen Einspruch zu erheben.



BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 410

Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Elisabeth Grimling. Ich erteile ihr das Wort.


21.17.01

Bundesrätin Elisabeth Grimling (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Werte Kolleginnen und Kollegen im Bundes­rat! Dass Denkmalschutz ein ganz wichtiges Instrument zur Erhaltung unseres kulturellen Erbes darstellt, bedarf wohl keiner besonderen Erörterung.
Dass dessen Regulierung einer gesetzlichen Verankerung bedarf, wurde bereits vor 101 Jahren erkannt. Es erscheint auch verständlich und notwendig,
eine zeitgemäße Adaption des Denkmalschutzgesetzes vorzunehmen, um dem Bundesdenkmalamt als vollziehender Behörde ein modernes und über­sichtliches Instrument in die Hand zu geben.

Zum vorliegenden umfangreichen Gesetzentwurf wurde aber bereits im Begutachtungsverfahren in 118 Stellungnahmen fast ausnahmslos vehemente Kritik geübt. Der Entwurf beinhaltet zwar einige positive Ansätze, wie
die Berücksichtigung ökologischer Aspekte in Veränderungsverfahren und hinsichtlich internationaler Verpflichtungen, ohne jedoch eine
adäquate Verankerung des Unesco-Welterbes nach internationalen Standards vorzunehmen. (Beifall bei der SPÖ.)

Insbesondere wäre die Koordinierung der nationalen Umsetzung der Welterbekonvention ausschließlich auf Ebene des Bundesministeriums für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport anzusiedeln gewesen.
Auch die Unabhängigkeit und Weisungsfreiheit des Denkmalbeirates, des Gremiums zur Beratung des Bundesdenkmalamtes beziehungsweise
der zuständigen Bundesministerin, des Bundesministers, wird durch ein neues Bestellungsverfahren beeinträchtigt.


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 411

Im Bereich der Archäologie werden archäologische Ausgrabungen durch den Entwurf erheblich erschwert, zum Beispiel durch das Verbot von moder­nen Metallsuchgeräten in Ausgrabungsstätten. Die vorgesehene dauernde Aufbewahrungspflicht von Fundstücken lässt die Frage offen, wo diese Funde gelagert werden sollen und wer die Kosten für die Aufbewahrung tragen
soll.

Die Gesetzesnovelle schließt Personen von archäologischen Nachforschungen aus, die kein einschlägiges Studium abgeschlossen haben. Das kann aber
dazu führen, dass Fundmeldungen bedeutender und daher meldepflichtiger Bo­denfunde unterdrückt werden. Wenn etwa ein Bauer beim Pflügen seines Ackers plötzlich auf antike Tonscherben stößt, die auch nach seinem laienhaften Verstand historische Bedeutung haben könnten, muss er warten, bis – viel­leicht nach Tagen – eine graduierte Archäologin oder ein graduierter Archäologe erscheint, der/die hoffentlich auch über die Entscheidungsbefugnis verfügt,
wo die Fundstücke gelagert werden sollen und wer die Kosten dafür
trägt – absurd! (Beifall bei der SPÖ.)

Dieses Sammelsurium widersinniger Vorschriften und Verbote, gekoppelt mit der vertanen Chance der Öffnung des Denkmalschutzes durch Aufnahme
einer Zweckbestimmung entsprechend den baukulturellen Leitlinien des Bundes, eine Baukultur von hoher Qualität zu fördern, ist völlig ungeeignet, das An­liegen des Denkmalschutzes in zukunftsorientierter Weise zu regeln.
Daher bleibt mir und meiner Fraktion beim besten Willen nichts anderes übrig, als diesen Gesetzentwurf in seiner Gesamtheit abzulehnen. (Beifall bei
der SPÖ.)

21.21


Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Vielen Dank, Frau Bundesrätin.

Ich möchte noch eine Begrüßung nachholen und begrüße sehr herzlich bei uns im Bundesrat Frau Staatssekretärin Andrea Mayer. Herzlich willkommen!
(Beifall bei ÖVP und Grünen sowie bei Bundesrät:innen der SPÖ.)


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 412

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Marco Schreuder. Ich erteile dieses.


21.22.11

Bundesrat Marco Schreuder (Grüne, Wien): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Staatsekretärin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich versuche
jetzt, zu später Stunde, meine Rede etwas kürzer zu halten. Ich glaube, das ist im Sinne aller, oder?

Nichtsdestotrotz möchte ich natürlich den Denkmalschutz hier schon auch feiern, denn ich glaube, es ist schon etwas ganz Besonderes, dass wir
nach 100 Jahren zum ersten Mal eine Novelle machen, die diesen Namen auch verdient.

Denkmalschutz: Ich möchte nur zwei Beispiele dafür nennen, wie interessant Denkmalschutz ist, wenn man etwas in die Modernität überführen will,
sodass die Menschen – das ist ja das Interessante an diesen historischen Gebäu­den – heute gern drin wohnen oder arbeiten wollen und können. Was wir
heute auch noch haben, ist, dass wir selbstverständlich auch an Klimaschutzfra­gen, Energiefragen und dergleichen denken müssen, wenn solche denk­malgeschützten Gebäude renoviert werden.

Wir waren alle bis vor eineinhalb Jahren im großen Redoutensaal aus dem Jahr 1629. Ich glaube, wir alle, bis auf die ganz frisch Angelobten, erinnern uns sehr gut an den großen Redoutensaal aus dem Jahr 1629. Dort gab es
ja 1992 einen grauenhaften Brand, und es gab danach, als man das hergerichtet hat, sehr, sehr große Kritik an den Wandbildern von Josef Mikl, die wir
ja noch vor uns sehen, weil wir dort gearbeitet haben. Es gab unglaubliche Kritik: Soll man alles so, wie es früher war, wiederherstellen oder kann man es in
die heutige Zeit überführen? Ich glaube, dass der Redoutensaal ein ganz gutes Beispiel dafür ist, wie man das sehr wohl heute machen kann.

Das gilt auch für das Gebäude, in dem wir jetzt sind. Der Charakter von Theophil Hansen ist überall riechbar, spürbar, und trotzdem haben wir unten eine


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völlig neue Agora. Für mich war das sogar verwirrend, denn ich kannte das Haus ja schon davor. Stiegenhäuser finde ich jetzt an Orten (Bundesrat Tiefnig
nickt)
 – Herrn Tiefnig wird das auch passiert sein –, wo es früher keine Stiegen­häuser gegeben hat, und dort, wo es früher Stiegenhäuser gegeben hat,
sind jetzt andere Räume. Das war für mich am Anfang durchaus eine Herausfor­derung. Man sieht, man kann Moderne implementieren, und trotzdem ist
es ein denkmalgeschütztes, schönes Haus.

Das sind nur zwei Beispiele. Die sind natürlich noch nach dem alten Gesetz gemacht worden. Man hat aber auch gesehen, wo es sehr wohl Fragen gibt, zum Beispiel, wenn man auf historischen Gebäuden Fotovoltaikanlagen machen möchte.

Aktuell stehen ungefähr 39 000 unbewegliche Denkmale in ganz Österreich un­ter Schutz. Es ist natürlich nicht nichts, dafür kluge Maßnahmen zu ergrei­fen. Es war an der Zeit, das in die heutige Zeit überzuführen.

Ich kann die Ablehnung der SPÖ nicht ganz nachvollziehen, das sage ich ganz ehrlich. Es sind diese Archäologievorwürfe auch bereits im Nationalrat
genannt worden, und wir haben es ja auch im Ausschuss sehr intensiv diskutiert. Es ist Archäologie ja nicht verboten worden, und Gott sei Dank gibt es Expertinnen und Experten, die in archäologischer Hinsicht überprüfen, wenn etwas gefunden wird.

Selbstverständlich brauchen wir Leute, die sich anschauen: Was ist da gefunden worden? Selbstverständlich sind aber auch Citizen-Science-Projekte nach
wie vor möglich. Man braucht eine Bewilligung für Archäologie, oder man meldet es und jemand prüft es. Das ist doch eine sinnvolle Angelegenheit. Man
kann das ja nicht einfach so mir nichts, dir nichts ohne Denkmalschutz machen.

Ich fasse noch einmal zusammen: Es gibt jetzt eine stärkere Verankerung
des Unesco-Welterbes mit ganz klar definierten Abstimmungsmechanismen. Das erhöht ganz sicher den Schutz des kulturellen Erbes. Es gibt deutlich mehr


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 414

Klarheit zwischen öffentlichem Interesse an der Erhaltung eines Denkmals und aktuellen Sicherheits- und Sorgfaltsanforderungen und auch Klimaschutz­anforderungen.

Darüber hinaus soll einem eventuellen spekulativen Verfallenlassen – das finde ich ganz wichtig; das ist auch in Wien mit den Biedermeierhäusern ein Riesenthema – durch eine moderate Erhaltungspflicht begegnet werden. Dass unser Erbe nämlich absichtlich kaputtruiniert wird, können wir natürlich
nicht haben wollen.

Das Bundesdenkmalamt, bei dessen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wir uns ausdrücklich für ihre ganz großartige Arbeit bedanken sollten, wird ge­stärkt, es wird ein noch serviceorientierterer Ansprechpartner, auch für die Ei­gentümerinnen und Eigentümer von denkmalgeschützten Gebäuden.

Es gibt aus meiner Sicht absolut keinen Grund, dagegenzustimmen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)

21.27


Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Vielen Dank, Herr Bundesrat.

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Klara Neurauter. Ich erteile ihr das Wort.


21.27.25

Bundesrätin Klara Neurauter (ÖVP, Tirol): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Es
geht um eine Novelle für das 101 Jahre alte Denkmalschutzgesetz. Ich habe Ih­nen, Frau Bundesrätin Grimling, zugehört, aber ich bin anderer Meinung.
Wir haben auch im Ausschuss darüber debattiert und ich habe mir auch den Meinungsaustausch im Nationalrat angesehen.

Es ist ein gutes Gesetz. Österreich ist reich an Kultur, an Architektur, an Denkmälern und an denkmalgeschützten Gebäuden. Es braucht ein modernes


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Gesetz, damit wir diese Meisterleistungen auch für die Zukunft bewahren können.

Architektonische und handwerkliche Meisterleistungen prägen unser Land und sind auch für das Tourismusland Österreich ein besonderer Magnet für
unsere Besucher aus der ganzen Welt. Darum ist dieses Gesetz ein wichtiges Gesetz für unser kulturelles Erbe, denn mit dieser Novelle werden un­sere Denkmäler noch besser geschützt, für die Öffentlichkeit noch besser zugänglich gemacht, und – wie auch schon mein Vorredner gesagt
hat – der Schutz des Unesco-Welterbes wird in Zukunft im österreichischen Denkmalschutz stärker verankert sein.

Ich danke allen Eigentümerinnen und Eigentümern, die ihre Denkmäler
mit viel Engagement und oft hohem finanziellen Aufwand so großartig pflegen und für uns alle erhalten. Die neue Erhaltungspflicht ist nämlich auch ein wichtiger Punkt. Der Kauf eines denkmalgeschützten Gebäudes darf in Zukunft nicht mehr der Spekulation dienen. Ich denke dabei auch an die Wiener Biedermeierhäuser, hinsichtlich derer es in der Öffentlichkeit immer wieder berechtigte Kritik gibt, wenn sie abgerissen werden. Ein Denkmalverlust muss verhindert werden, und in diesem Zusammenhang ist natürlich auch die Erhöhung des Förderbudgets sehr wichtig.

Das Bundesdenkmalamt soll auch die Möglichkeit haben, auf Basis der neu geschaffenen Erhaltungspflicht dem bewussten Verfallenlassen von historischer Bausubstanz entgegenzutreten.

Das Bundesdenkmalamt hat heuer sechs zusätzliche Fördermillionen und ab 2025 zehn zusätzliche Fördermillionen zur Verfügung, und diese Unter­stützung ist nunmehr auch im Gesetz verankert. Wir müssen jene Menschen unterstützen, die mit viel Liebe zum Detail Denkmäler restaurieren und
erhalten. Die fast 70-prozentige Erhöhung des Förderbudgets ist ein Erfolg für unser baukulturelles Erbe. Und sollten diese erhöhten Mittel wider


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Erwarten nicht ausreichen, hoffe ich, dass wir notwendige Anreize zum aktiven Denkmalschutz auch zukünftig gemeinsam vertreten werden.

Mit einer neuen Regelung wird das öffentliche Interesse an der Erhaltung eines Denkmals in Haftungsfragen berücksichtigt. Bisher hatten nämlich immer
wieder Haftungsfragen im Zusammenhang mit bestimmten Sorgfaltsanforde­rungen dazu geführt, dass denkmalgeschützte Objekte aus Sorge vor Haf­tungsrisiken nicht der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurden.

Was sind die weiteren wesentlichen Eckpunkte? – Die Regeln für die beschränk­te Ausfuhr von Kulturgütern werden modernisiert; für den Schutz von Ge­bäudeensembles wird die Ermächtigung für eine Verordnung geschaffen; für die Verwahrung von Funden bei Bauarbeiten, die für den Denkmalschutz be­deutsam sind, wurde nach meiner Meinung eine praxistaugliche Regelung gefun­den, und die Verfahren und Fristenläufe im Bereich der Archäologie wurden vereinfacht.

Interessant ist auch, dass über 90 Prozent der eingesetzten Mittel im Denkmalschutz für handwerkliche Leistungen ausgegeben werden und somit auf Umwegen wieder zurück in den Steuertopf kommen.

Das Bundesdenkmalamt soll eine zentrale Koordinationsrolle zwischen den ver­schiedenen betroffenen Stellen, den Gebietskörperschaften und Stake­holdern einnehmen. Österreich kommt mit diesem modernen Gesetzesvorhaben auch internationalen Standards nach, wie sie etwa in der Europaratskon­vention von Granada festgehalten sind.

Die Novelle soll mit 1. September in Kraft treten, und ich möchte allen danken, die konstruktiv an dieser Novelle mitgearbeitet haben. Es waren inten­sive Verhandlungen. Wir haben schon gehört, wie viele Stellungnahmen einge­gangen sind. Sie wurden alle bearbeitet – einige konnten berücksichtigt
werden, andere nicht. Es gab Kritik, es gab auch Lob, für manche ist die Novelle zu streng, für manche ist die Förderung zu gering, für manche zu hoch.


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Das klingt danach, dass es eine gute, eine ausgewogene Novelle ist. (Bundesrat Schennach: Nein, ist es nicht! Das ist ein Blödsinn!) Daher bitte ich alle
Fraktionen um Zustimmung, denn es ist unsere gemeinsame Aufgabe, das kulturelle Erbe für die kommenden Generationen zu bewahren.
(Beifall bei ÖVP und Grünen.)

21.33


Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Vielen Dank, Frau Bundesrätin.

Zu einer Stellungnahme hat sich Frau Staatssekretärin Mayer zu Wort gemeldet. Ich erteile ihr das Wort.


21.33.19

Staatssekretärin im Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport Mag. Andrea Mayer: Herr Präsident! Sehr geehrte Damen
und Herren! Liebe Mitglieder des Bundesrates! Seit über 100 Jahren schützt das Denkmalschutzgesetz den Erhalt unseres kulturellen Erbes und gibt
dem Zusammenspiel von Behörden, Öffentlichkeit und Eigentümerinnen und Eigentümern einen guten, bewährten rechtlichen Rahmen. Gleichzeitig
ist das Gesetz in vielen Bereichen überarbeitungsbedürftig, und daher freue ich mich sehr, dass wir heute unter diesem Tagesordnungspunkt eine umfas­sende Novelle, geradezu eine Neufassung behandeln.

Wir als Bundesregierung haben ganz bewusst eine Gesamtsicht auf das Gesetz eingenommen und versucht, Lücken im Schutz der Denkmäler zu schließen,
und die Herausforderungen der Gegenwart aufgegriffen.

Was sind jetzt die Neuerungen? – Immer wieder wurde beklagt, dass aktuelle Sicherheitsnormen und die Anforderungen des Denkmalschutzes nicht
im Einklang sind und sich daraus Haftungsrisiken für die Eigentümer und Ei­gentümerinnen ergeben. Es wurde schon mehrmals in den Rede­beiträgen skizziert, dass wir mit dem Justizministerium gemeinsam spezielle Haftungsregelungen für den Denkmalschutz entwickelt haben.
Die positive Folge davon ist, dass die Denkmäler breiter zugänglich werden.


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 418

Ganz wichtig – man kann es nicht oft genug betonen – ist, dass wir
eine Lücke im Denkmalschutz für jene Fälle schließen, in denen Gebäude absichtlich verfallen gelassen werden. Bisher hat es da wenig Handhabe für das Bundesdenkmalamt gegeben, außer dass man sagt: Ihr müsst halt schon
die Fenster schließen! Jetzt werden mit der neuen Erhaltungspflicht Maßnahmen ermöglicht, die der Erhaltung dienen, wenn das Denkmal in Gefahr ist.

Ich möchte auch noch kurz auf das Begutachtungsverfahren eingehen. Es hat eine große Beteiligung und eine Vielfalt an Stimmen gegeben. Das ist ein
starker Beweis für die Bedeutung des Denkmalschutzes in Österreich. Wir ha­ben uns sehr intensiv mit den Stellungnahmen auseinandergesetzt und
viele Änderungen und Präzisierungen vorgenommen. Klar ist natürlich, dass da viele Interessen diametral entgegenstehen. Für die einen ist die Erhaltungs­pflicht zu viel, für die anderen ist sie zu lasch, und ich denke, wir haben eine ganz gut austarierte Regelung gefunden.

Wichtig ist auch, dass wir der Erhaltungspflicht eine Erhöhung des Förderbudgets des Bundesdenkmalamts gegenüberstellen, und wir haben das Budget in zwei Jahren um fast 70 Prozent gesteigert. Umso unverständ­licher ist eigentlich die Ablehnung dieses Gesetzes durch die sozialdemokrati­sche Fraktion.

Mir ist es ein Anliegen, abschließend noch einmal auf die wichtige Rolle des Denkmalschutzes für effektiven Klima- und Bodenschutz hinzuweisen.
Die Erhaltung und Nutzung des denkmalgeschützten Bestands ist per se ein wirksamer Beitrag, weil Boden und Ressourcen geschont werden. Mit
der Novelle haben wir versucht den Grundsätzen Denkmalschutz ist Klimaschutz und Denkmalschutz ist Bodenschutz noch mehr Wirksamkeit zu verleihen.

Vielen Dank für Ihre Unterstützung für diese wichtige Weiterentwicklung
des Denkmalschutzes im Sinne eines wirksamen und nachhaltigen Schutzes un­seres kulturellen Erbes. – Vielen Dank. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

21.37


21.37.18


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 419

Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Vielen Dank, Frau Staatssekretärin.

Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung. – Bitte nehmen Sie Ihre Plätze ein.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch
zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

21.37.5525. Punkt

Bericht des Bundesministers für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend EU-Jahresvorschau 2024 (III-840-BR/2024 d.B. sowie 11471/BR d.B.)


Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Wir gelangen nun zum 25. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Marco Schreuder. – Ich bitte um den Bericht.


21.38.17

Berichterstatter Marco Schreuder: Ich bringe den Bericht des Ausschusses
für Tourismus, Kunst und Kultur über den Bericht des Bundesministers
für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend EU-Jahresvor­schau 2024.

Der Bericht liegt Ihnen schriftlich vor, daher komme ich gleich zur Antragstellung:

Der Ausschuss für Tourismus, Kunst und Kultur stellt nach Beratung der Vorlage am 3. April 2024 den Antrag, den Bericht des Bundesministers für Kunst,
Kultur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend EU-Jahresvorschau 2024 zur Kenntnis zu nehmen.



BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 420

Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Vielen Dank für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Marco Schreuder. Ich erteile dieses.


21.38.57

Bundesrat Marco Schreuder (Grüne, Wien): Ich werde auch in diesem
Fall versuchen, mich relativ kurz zu halten. Es gibt im Bereich Kultur, Sport und öffentlicher Dienst einen EU-Arbeitsplan 2023 bis 2026; ich möchte mich allerdings jetzt wirklich auf die Kultur konzentrieren. Wir sind vier Proredner, da hat jeder sozusagen einen Aspekt, den er herausnehmen kann. Ich erlaube
mir, jetzt über die Kultur zu reden.

Der belgische und der darauf folgende ungarische Ratsvorsitz haben einen ihrer Schwerpunkte darauf gelegt, dass die kulturelle Teilhabe, der Zugang zu
Kultur, die Publikumsentwicklung und die digitale Transformation ins Zentrum gerückt werden. Als ich dann gelesen habe, dass es um die kulturelle
Teilhabe geht, wollte ich – wir sind ja hier in der Länderkammer – eine aus meiner Sicht ganz wichtige Initiative darstellen, die in den Bundes­ländern passiert und dort auch zu Hause ist, das ist nämlich der Kulturpass.

Der Kulturpass ist sehr wichtig, um die Kultur für Menschen zugänglich
zu machen, die sich sonst Kunst und Kultur nicht leisten könnten. Ich erzähle oft Politikerinnen und Politikern im Ausland, dass wir das haben, und die sind
ganz baff. Ich finde, das ist eine Errungenschaft! Man muss einfach
sagen, es kostet leider wirklich viel Geld, wenn man Kunst und Kultur gerne in Anspruch nimmt. Deswegen ist es auch eine soziale Frage, inwieweit
man Kunst und Kultur zugänglich macht, damit ganz viele Menschen davon partizipieren können. Ich finde, da man kann als Länderkammer auch
einmal sagen, dass in den Bundesländern ganz hervorragende Arbeit geleistet wird.


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 421

Einen Punkt möchte ich aber noch zusätzlich hervorheben, denn ein anderer Schwerpunkt, der genannt wird, sind die Arbeitsbedingungen im Kultur­bereich. Diese stehen hier in diesem Bericht auch ganz besonders im Vorder­grund. Das ist insofern eine bemerkenswerte Initiative, weil sie auf
eine österreichische Initiative vom Jahr 2018 zurückgeht. Ich möchte mich bei Frau Staatssekretärin Mayer ausdrücklich bedanken, denn die Fair-Pay-Initiative, die seitens des Ministeriums gestartet worden ist, ist ganz entschei­dend und enorm wichtig.

Ich möchte kurz meine eigene Erfahrung erwähnen. Ich war ja in den Neunzigerjahren im Max Reinhardt Seminar. Als man dort als junger Mensch hinkam, war man voller Engagement und hat sich gefreut. Ich habe Regie studiert. Man konnte dort Schauspiel und Regie studieren, und was man dann als Erstes lernte, war: Geh davon aus, dass du ausgebeutet wirst! Lass dich
biegen! Es geht hier nicht um Spaß und um Freude an der Sache! – Ich war schon ein bisschen älter, aber für die Jüngeren war es so: Die kann man irgendwie herbiegen, man muss sie brechen, man muss Grenzen ausloten!

Es wurden Grenzen ausgelotet, die nicht in Ordnung sind. Es wurden Grenzen im Kulturbetrieb ausgelotet – wir haben jetzt viel davon gelesen –, wobei kör­perlich Grenzen überschritten worden sind. Das war im Kulturbetrieb tatsächlich irgendwie normal. Ich finde es gut, dass es zunehmend Menschen, auch Schauspielerinnen und Schauspieler und Kulturarbeiterinnen und Kulturarbeiter gibt, die sagen: Nein, nein, es ist nicht normal!

Wir haben ja mit den Beratungsstellen auch in diesem Bereich sehr viel geleistet, und wenn wir über faire Arbeitsbedingungen im Kulturbetrieb reden, dann
ist das meiner Meinung nach ein ganz entscheidender Aspekt.

Fair Pay ist ganz wichtig. Kulturarbeit ist Arbeit und Kulturarbeit gehört bezahlt. Daher vielen Dank für diese Initiative. Und selbstverständlich werden wir
diesen Bericht zur Kenntnis nehmen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)

21.43



BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 422

Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Vielen Dank, Herr Bundesrat.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Bernhard Ruf. Ich erteile ihm das Wort.


21.43.29

Bundesrat Mag. Bernhard Ruf (ÖVP, Oberösterreich): Erlaubt bitte, dass ich vor meiner ersten Rede in diesen heiligen Hallen (Bundesrätin Schumann: Erst­rede!), die einst der Völkerverständigung zwischen Wien und Budapest dienten, ein Geständnis mit europäischem Flair anbringe: Me encanta la cultura!
J’aime la culture! Ik hou van cultuur! Szeretem a kultúrát! (Bundesrätin Schumann: Mon dieu! – Bundesrat Schreuder: Bravo!)

Geschätztes Präsidium! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Verehrte freiwillige und unfreiwillige Zuhörer:innen und Zuseher:innen hier im Saal! Liebe Zuschauer:innen und Zuhörer:innen via Live­stream, die Sie noch immer dieser Debattierkultur hier Aug und Ohr
leihen! Zunächst darf ich mich bei euch allen hier im Saal für die herzliche Aufnahme in diese illustre Runde bedanken (Heiterkeit bei ÖVP,
Grünen und SPÖ – Bundesrat Schreuder: Runde schon! Illustre? – Na ja!),
in diese gesetzgebende Institution, in diesen Raum der gelebten Kultur der
politischen Debatte und Auseinandersetzung, der Grundlage unserer Demo­kratie, der ich heute zum dritten Mal aus der politischen Mitte
heraus beiwohnen durfte und darf und die live schon sehr sportlich abläuft.

Es freut mich auch, dass ich meine erste Rede hier an diesem Pult zum
Thema der Kunst und Kultur, des öffentlichen Dienstes beziehungsweise des Sportes halten darf, weil ich zum einen ja beruflich aus dem öffentlichen
Dienst komme und darüber hinaus Kultur und Sport sehr schätze
und für gesellschaftsessenziell halte.

Der Bericht, den wir heute hier zur Kenntnis nehmen dürfen, ist ein durchwegs positiver mit sehr wichtigen Themen, wovon viele schon von Kollegen


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Schreuder angesprochen wurden, wie eben das Thema faire Bezahlung im Kul­turbetrieb. Man erinnert sich vielleicht an den Eklat bei den Feierlichkei­ten zu 100 Jahre Burgenland, als der Sänger der Band Cari darauf aufmerksam machte, dass die anwesenden Orchestermusiker sage und schreibe
30 Euro für ihren Auftritt bekommen haben sollen, was den Mörbisch-Inten­danten Alfons Haider damals sichtlich dezent in Aufregung versetzt hat. (Bundesrat Spanring: Der hat wahrscheinlich 100 000 gekriegt!)

Dieser damalige Aufreger hat auf der einen Seite den schmalen Grat zwischen dem Idealismus von Künstlern, deren größtes Lob und größter Lohn der
Applaus und das Lob des Publikums sind und bleiben werden, und einer ange­messenen Bezahlung von künstlerischer Leistung offenbart. Er hat aber
auch gezeigt, dass eben Maßnahmen wie die Erhebung des Fair-Pay-Gaps, die Fair-Pay-Strategie der Gebietskörperschaften und das zweckgewidmete
Fair-Pay-Budget in der Höhe von 25,5 Millionen Euro für die letzten drei Jahre wichtig sind.

Auch die weiteren relevanten Maßnahmen wie die Anpassungen im Künstler-Sozialversicherungsfonds, die Einrichtung der Vertrauensstelle Vera*,
die Fördererhöhung für das IG-Netz oder die Berücksichtigung von Fair Pay in den Leistungs- und Zielvereinbarungen der Bundestheater sind sehr begrüßenswert.

Neben Fair Pay müssen angemessene Behandlung und der respektvolle Umgang, der eben auch schon angesprochen wurde, trotz der oft angespannten Situationen bei Film und Theater, trotz der notwendigen Provokationen durch den Regisseur oder die Regisseurin, trotz der vielen Emotionen, die notgedrungen im dramatischen Segment vorhanden sind, gewährleistet werden und auch eingeklagt werden können. Auch diese im Bericht erwähnten Vorhaben und Initiativen unterstützen wir voll.

Dass bei uns in Österreich Kultur auf höchstem Niveau ehrenamtlich passiert – ehrenamtlich –, davon konnte ich mich zum Beispiel letztes Wochenende


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 424

wieder überzeugen, als die Musikkapelle meiner Stadt Bad Hall bei der Landes­ausscheidung der besten Kapellen teilnehmen durfte. Es zeigte den Einsatz
und den Idealismus dieser großteils jungen Leute, die am Karsamstag den ganzen Tag dort verbracht haben, indem sie konzertant Bruckner-Adaptionen und hochwertige zeitgenössische Programmmusik in wirklich höchster Qualität zum Besten gegeben haben. Die haben ihre Kompetenz gezeigt, und es war
wirklich bewundernswert und hat mir gezeigt, dass das Kulturverständnis in unserer Gesellschaft weitaus höher als das von so manchem Politiker ist, der bei staatlichen Medien nachweislich mehr Gabalier einfordert.

Natürlich hat „Hulapalu“ auch seine Berechtigung, und Popularmusik hat das Zeug, für alle als sympathischer Einstieg in die Musik zu fungieren, es
darf aber ruhig auch ein Schubertlied sein, wie ich diese Woche im Parlaments­chor erleben durfte, bei dem übrigens fast alle Fraktionen vertreten waren,
nur die mit der ausgesprochenen Österreich-zuerst-Politik nicht, obwohl sogar der Donauwalzer - - (Bundesrat Steiner: Wir können nicht gut singen!) –
Ja, ja, anscheinend gibt es in euren Reihen mehr Gröler als Sänger. (Heiterkeit
und Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Der Schwerpunkt des ungarischen Ratsvorsitzes auf die Verbesserung
des Zugangs zur Kultur im Sinne einer kulturellen Grundversorgung für die Bevölkerung scheint in Österreich gesellschaftsimmanent zu sein. Einerseits versorgt sich die Gesellschaft durch ehrenamtliche Kulturvereine wie Theatergruppen – da zähle ich auch die Faschingsgilden dazu –, Musik­kapellen, Chöre und viele andere teilweise selbst, andererseits wird Menschen, für die Kunst und Kultur unleistbar erscheint, etwa durch Aktionen
wie Hunger auf Kunst und Kultur die Möglichkeit eröffnet, hohe Kultur zu genießen.

Überhaupt zeigt uns solch ein EU-Bericht unter anderem, wie vielspra­chig, wie vielseitig, wie vielfärbig unser Kontinent und seine Kultur sind. Gerade in einem Raum wie dem hiesigen, der für die Begegnung von Parlamen­tariern von Österreich und Ungarn errichtet wurde, muss zu einem Bericht vor


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dem EU-Vorsitz Ungarns noch einmal ein ungarischer Satz fallen. Also noch ein­mal: Szeretem a kultúrát és szeretem a sportot.

Neben der Kultur ist eben vor allem der Sport ein völkerverbindendes Element – wobei die Vorkommnisse etwa beim Wiener Derby, aber auch bei
diversen Nachwuchsspielen, die in Handgreiflichkeiten endeten, gezeigt haben, dass weitere Bemühungen, Hatespeech und sexualisierte Gewalt weiter zurückzudrängen, nötig sind. Begrüßenswert sind da auch weitere Schutzme­chanismen etwa im Trainerwesen, unter anderem im Nachwuchsbe­reich, die letztens durch das Nachweisgebot einer Strafregisterbescheinigung Kinder- und Jugendfürsorge eingeführt wurden.

Die Tendenzen, auch den Sport und seine Vereine noch mehr im Erasmus-plus-Programm zu implementieren, sind voll und ganz zu unterstützen. Viel­leicht kommt man ja im europäischen Austausch zu der Erkenntnis, dass es mehr Breitensportarten gibt als die in Österreich und vor allem in seinem Rund­funk vorherrschenden Sportarten Skifahren, Fußball und Formel 1 – wobei ich gestehen muss: Ich freue mich schon auf die Fußballeuropameisterschaft
sowie auf die Olympischen Spiele im Sommer und davor noch auf die sportliche politische Auseinandersetzung im EU-Wahlkampf.

Apropos Wahlen und Kultur: Ich plädiere für mehr Volkshilfe, egal ob mit F oder mit V (Beifall und Bravorufe bei der SPÖ sowie Beifall der Bundesrät:innen
Tiefnig und Hauschildt-Buschberger),
vor allem aber für mehr Volkspartei (Oh-Rufe bei der SPÖ) statt eines Volks- oder Fakekanzlers mit Hang zu Hunde-
und Pferdesport und zu hinlänglich bekannten politischen Unsportlichkeiten. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesrät:innen der Grünen.)

21.51


Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Vielen Dank, Herr Bundesrat.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Michael Wanner. – Bitte, Herr Bundesrat, Sie haben das Wort.



BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 426

21.52.08

Bundesrat Michael Wanner (SPÖ, Salzburg): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich werde mich wirklich kurz halten. Wir werden dem Bericht zustimmen, ich möchte aber zwei
Sachen hervorheben.

Das eine sind die fairen Arbeitsbedingungen für die Kulturschaffenden und Kul­turtreibenden. Das ist für uns ein ganz wichtiger Punkt. (Beifall bei der SPÖ.)

Im Bereich des Sports: der grüne, nachhaltige Sport, der Kampf gegen Diskriminierung, Missbrauch und sexualisierte Gewalt im Sport, weiters die Gleichstellung der Geschlechter im Sport und der Kampf gegen Doping
und schlechtes Reden.

Damit stimmen wir zu. – Das war kurz. – Schönen Abend. (Beifall bei der SPÖ so­wie bei Bundesrät:innen von ÖVP und FPÖ.)

21.53


Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Vielen Dank.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Günter Pröller. Ich erteile ihm das Wort.


21.53.10

Bundesrat Günter Pröller (FPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Werte Kollegen! Geschätzte Damen und Herren
vor den Bildschirmen! Meine Vorredner haben es bereits erwähnt: Es geht hier um einen Bericht betreffend EU-Jahresvorschau für 2024.

Der Bericht ist gerade 20 Seiten lang, ist also ein relativ kleiner Bericht, und be­fasst sich, wie Kollege Schreuder schon gesagt hat, zu 90 Prozent mit dem Kulturbereich. Kurz zusammengefasst: Es ist eine reine Ansammlung von Wor­ten und Überschriften mit wenig Substanz. (Bundesrätin Eder-Gitschthaler:
Na!)
Wir stimmen dem Bericht nicht zu, aber wir nehmen den Bericht
zur Kenntnis.


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 427

Als Oberösterreicher muss ich aber die Chance nützen und den polarisierenden Pudertanz im Rahmen der Eröffnungsfeier betreffend Europäische Kultur­hauptstadt Bad Ischl thematisieren. So wie ich waren auch sehr viele Oberösterreicher von diesem „wunderbaren“ – unter Anführungszeichen – Pudertanz schockiert. Er sorgte für heftige Reaktionen. (Beifall bei
der FPÖ. 
Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Statt diese Eröffnungsfeier der Kulturhauptstadt zu nützen, um die regionale Volkskultur des Salzkammergutes zu erheben und zu präsentieren,
wurden Millionen Euro an Steuergeld für den obszönen Tanz – ein absolutes Minderheitsprogramm, das völlig zu Recht auf die klare Ablehnung
vieler Bürger stößt – ausgegeben. (Beifall bei der FPÖ. Zwischenruf des Bun­desrates Schreuder.) Dass nackte Personen auf einer Bühne herumhüpf­ten, war erschreckend. Auch wenn Kunst polarisieren kann oder soll, man muss bedenken, dass auch Kinder im Rahmen des Eröffnungsprogramms
anwesend waren. Ja, Herr Schreuder, Ihnen gefällt das, wenn Kinder dabei sind, das kann ich mir vorstellen. (Beifall bei der FPÖ.)

Die traditionelle lokale Kultur wurde de facto nicht eingebunden, nennenswerte Investitionen in kulturelle Infrastruktur blieben aus. Die überwiegende
Anzahl der Mitwirkenden stammte nicht aus der Region. Allein aus dem Kunst­ressort gibt es fast 11 Millionen Euro. Zum Vergleich: Auf Heimat- und Brauchtumspflege entfallen nur 55 000 Euro aus dem Bereich der Volkskultur. Betroffen sind zum Beispiel all jene, die in den Musikkapellen, Jugendor­chestern spielen oder überhaupt generell Musik in den Stadttheatern wie in Bad Hall machen, die wirklich ausgezeichnete Leistungen erbringen. Sie alle
leisten einen wertvollen Beitrag für die österreichische Kultur und würden mehr Unterstützung seitens des Bundes benötigen.

Geschätzte Damen und Herren, ich stelle mir eine Kulturpolitik und vor
allem eine Kulturförderung anders vor. Es muss zu einer gerechten Verteilung in allen Bereichen der österreichischen Kultur kommen. (Beifall bei der FPÖ.)

21.56



BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 428

Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Vielen Dank, Herr Bundesrat.

Zu einer Stellungnahme hat sich Frau Staatssekretärin Andrea Mayer zu Wort gemeldet. Ich erteile ihr das Wort.


21.56.19

Staatssekretärin im Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport Mag. Andrea Mayer: Ich möchte nur Stellung nehmen zum
(Ruf bei der FPÖ: Pudertanz?) EU-Kulturhauptstadt-Jahr. Es ist zum ersten Mal, dass eine ländliche Region EU-Kulturhauptstadt ist – zum ersten Mal!

Sie beklagen so oft, dass alles nur in den Städten und nichts am Land ist. (Bundesrat Spanring: Wir beklagen uns überhaupt nicht, um das ist es überhaupt nicht gegangen! Themenverfehlung! Themenverfehlung!) Es ist in einer
ländlichen Region, 23 Gemeinden bilden zusammen dieses tolle Projekt
. (Beifall bei Grünen, ÖVP und SPÖ. Bundesrat Spanring: Aber ihr habt es verhaut! Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) Man muss sagen, dieses Team
von Intendantin Schweeger hat großartige Arbeit geleistet
(Bundesrat Steiner: Nur noch sechs Monate!), denn sie haben es geschafft, die lokalen Initia­tiven, die Bevölkerung und internationale Künstler zu vernetzen und so ein tolles Programm zu erstellen. (Beifall bei Grünen, ÖVP und SPÖ. – Neuerlicher Zwischenruf des Bundesrates Steiner.)

Ich weiß ja nicht, ob Sie am Eröffnungstag, es war der 21. Jänner, in Bad Ischl waren, aber ich war dort. (Bundesrat Steiner: Ja, das glaub’ ich!) Bad Ischl
hat so einen tollen Tag erlebt, es war eine herrliche Stimmung. Es
war ein herrliches Wetter (Bundesrat Schreuder: Kalt!) 
es war kalt. Wir waren nachher alle verkühlt, aber es war ein toller Tag. (Anhaltende Zwischenrufe
bei der FPÖ.)

Alle Menschen in Bad Ischl haben sich gefreut. Es war ein fantastisches Erlebnis, ja. (Bundesrat Steiner: Ja, wissen wir alles, aber dann haben’s es verhaut! 
Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) Es waren tolle künstlerische Beiträge. (Ruf bei


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 429

der FPÖ: ... Randgruppen ...!) Hubert von Goisern ist für Sie ein Randgruppenbei­trag? (Beifall bei Grünen und SPÖ. Bundesrat Schreuder: Bravo!)

Hubert von Goisern hat mit 1 000 Sängerinnen und Sängern musiziert.
(
Ruf bei der FPÖ: Alles gut! Sinnerfassend zuhören! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) Es war ein Fest, aber das Einzige, das Ihnen zu diesem ganzen
tollen Projekt einfällt, ist der Pudertanz von Doris Uhlich, die eine international anerkannte Choreografin ist. Das ist das Einzige, das Ihnen dazu einfällt. Fürchten Sie sich vor Nacktheit? (Ruf bei der FPÖ: Nein!) Wir kommen alle nackt zur Welt. (Lebhafter, anhaltender Beifall bei Grünen, ÖVP und SPÖ. 
Hei­terkeit des Bundesrates SchreuderBundesrat Steiner: Aber man muss nicht alles sehen!)

Eines möchte ich noch sagen: Die Kritik, die in gewissen Boulevardmedien
über die Eröffnung geschrieben wurde, die zeugt von einer horrenden Doppel­moral. Da regt man sich über diesen choreografischen Beitrag auf, aber
zwei Absätze weiter steht: Starlet zeigt alles. 
Das macht dann nichts, ja, wenn es um den Voyeurismus geht, den man bedienen kann. Danke. (Uh-Rufe
und anhaltender Beifall bei Grünen, ÖVP und SPÖ sowie
Bravorufe des
Bundesrates Schreuder.)

21.59


Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Vielen Dank für die Stellungnahme.

Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor. (Unruhe im Saal. Bundesrat Spanring hebt die Hand.) – Doch. Zu Wort gemeldet hat sich Herr
Bundesrat Andreas Arthur Spanring. (Bundesrätin Eder-Gitschthaler: Na, net!) Ich erteile ihm das Wort. (Bundesrat Steiner – in Richtung des sich zum Redner:innenpult begebenden Bundesrat Spanring –: Lass das Gewand an! Hei­terkeit bei der FPÖ.)


22.00.01

Bundesrat Andreas Arthur Spanring (FPÖ, Niederösterreich): Herr Vorsitzender! Frau Staatssekretärin (erheitert), danke, Sie haben den Abend noch


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 430

gerettet. (Unruhe im Saal.) Es war schon nach der Dringlichen von der SPÖ relativ zach, aber jetzt geht es wieder, jetzt sind alle munter.

Es ist schön, wenn Sie sich da hineinsteigern und wenn Sie jetzt da irgendeinen Spin erzeugen wollen, den es einfach nicht gegeben hat. Fakt ist, unser Bundesrat hat das kritisiert, was zu kritisieren ist, nämlich dass das einfach eine komplett unpassende Veranstaltung für einen ganz, ganz tollen Tag war. (Bundesrat Schreuder: ... das zu behaupten!) Die Wahrheit ist, Sie haben diesen tollen Tag letztendlich dann noch mit negativer medialer Berichterstat­tung zerstört. Das geht auf Ihre Kappe und auf die Ihresgleichen. (Beifall bei der FPÖ. Neuerlicher Zwischenruf des Bundesrates Schreuder.)

22.00


22.00.56

Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung. – Bitte nehmen Sie Ihre Plätze ein.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, den gegenständlichen Bericht zur Kenntnis zu nehmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit ange­nommen.

Ich darf Frau Bundesministerin Alma Zadić bei uns im Bundesrat herzlich begrüßen und herzlich willkommen heißen. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen sowie bei Bundesrät:innen der FPÖ.)

22.01.4826. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 21. März 2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem zur Lösung haftungsrechtlicher Fragen bei Bäumen das allge­meine bürgerliche Gesetzbuch geändert wird (Haftungsrechts-Änderungsge­setz 2024 – HaftRÄG 2024) (2462 d.B. und 2481 d.B. sowie
11461/BR d.B.)



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Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Wir kommen nun zum 26. Punkt der Tages­ordnung.

Als Berichterstatter ist mir Herr Bundesrat Christoph Stillebacher genannt. – Ich bitte um den Bericht.


22.02.12

Berichterstatter Christoph Stillebacher: Sehr geehrter Herr Präsident! Ich
bringe den Bericht des Justizausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 21. März 2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem zur Lösung haftungsrechtlicher Fragen bei Bäumen das Allgemeine bürgerliche Gesetzbuch geändert wird.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher zur Antrag­stellung:

Der Justizausschuss stellt nach Beratung der Vorlage einstimmig den
Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.


Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Ich danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Elisabeth Kittl. Ich erteile ihr dieses.


22.02.46

Bundesrätin MMag. Elisabeth Kittl, BA (Grüne, Wien): Herr Präsident!
Sehr geehrte Frau Ministerin! Liebe Kollegen und Kolleginnen! Liebe Zuseherin­nen und Zuseher vor den Bildschirmen! „Bäume: früher entlang des Weges
dann im Weg und jetzt weg.“ – Das ist ein Zitat aus dem Leitfaden Baummanagement, dazu kurz später.

Wir kennen aber leider viele Beispiele aus Wien, dass wir traurig und oft auch leider sehr verärgert sind, wenn wir vor einem gefällten oder vor einem
zu Tode gestutzten, oft sehr alten Baum stehen müssen (Bundesrat Steiner: In


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Innsbruck auch!) und uns nicht wirklich erklären können, warum das so ist. Rezent ist das im Auer-Welsbach-Park passiert, wo in einer fast Nacht-und-Nebel-Aktion 19 alte Bäume gefällt wurden (Bundesrat Steiner: Gestern in Innsbruck!), weil sie die Parkbesucher:innen gefährden könnten. Die Betonung liegt
auf könnten; auf entsprechende Gutachten warten leider die Bezirksbewoh­ner:innen heute noch.

Baumbesitzer:innen, und die Stadt Wien ist natürlich die größte Baumbesitzerin außerhalb von Wäldern, außerhalb von Waldbesitz, waren bisher sehr über­vorsichtig. Bäume wurden meist nach Schema F und ohne Einzelfallbegutach­tung weit zu schnell geschnitten. Warum? – Weil man bisher für Bäume
im Schadenersatzrecht des Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches nach der Bauwerkshaftung haftete, also nicht Baum-, sondern Bauwerkshaftung.

Diese ist zu Recht streng, denn man muss bedenken, dass es natürlich tödlich sein kann, wenn von den Häusern, die direkt neben dem Gehsteig ste­hen, wo Leute gehen, etwas runterfällt. Deswegen hat man auch für diese Bau­werkshaftung eine Beweislastumkehr im bürgerlichen Gesetzbuch einge­führt, damit sozusagen die Bauwerksbesitzer sehr sorgfältig sind und auch be­weisen müssen, wenn etwas passiert, dass sie kein Verschulden getrof­fen hat, also auch kein Verschulden mit leichter Fahrlässigkeit, und sie alle Maß­nahmen gesetzt haben, um den Unfall zu vermeiden.

Das wurde analog auf die Bäume angewendet und führte aus dieser großen Angst, aus dieser großen Haftungsangst sehr schnell zu vorauseilenden Baumschnitten. Nun wissen wir aber, und es hat sich viel geändert, eben vor allem auch im Klimaschutz, dass wir gerade in den dicht verbauten Gebie­ten der Städte, die im Sommer unerträglich heiß werden, sehr dringend auf diese Bäume angewiesen sind. Wir sind vor allem auf große und dichte Bäume angewiesen, denn sie spenden Schatten, geben Feuchtigkeit ab, binden Schad­stoffe, reinigen die Luft, aber kühlen auch die Städte tatsächlich um meh­rere Grade. Sie schützen aber auch den Boden vor Austrocknung und


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vor Erosion, und sie geben – und das auch in der Stadt – Tieren Lebensraum und Rückzugsort, Stichwort: Biodiversität und Artenschutz. Das ist uns wichtig.

Wir haben jetzt erkannt: Je größer und älter der Baum ist, desto besser erfüllt er eben diese Aufgaben, aber er muss auch alt werden können. Aufgrund
dieses jetzt auch definierten allgemeinen Interesses wurde nun ein eigener Baumhaftungsparagraf ins ABGB eingefügt, § 1319b. Der schreibt
fest, dass Bäume möglichst naturbelassen erhalten bleiben sollen und Baum­halter:innen natürlich auch weiterhin für Schäden haften, aber diesmal
nach den allgemeinen Regeln der Beweislast des Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches, nämlich nach der Regel, dass die Kläger:innen nach­weisen müssen, ob diese Sorgfaltspflichten eingehalten worden sind oder nicht.

Diese Sorgfaltspflichten werden auch definiert, und zwar eher an der
Praxis. Da geht es darum, wo der Baum steht und wie zumutbar die Kontrolle, also die Prüfung, und die Sicherung der Bäume ist. Sicherung muss dann
in Zukunft auch nicht mehr unbedingt der Schnitt des Baumes oder des kranken Astes sein, sondern kann durchaus auch durch Warnhinweise oder Zu­trittsbeschränkungen erfolgen.

Hinsichtlich der Beweislast ist vielleicht ein wichtiger Punkt, dass auch da jetzt in der Schuldfrage, also in der Abwägung der Schuld, Eigenverantwortung natürlich genauso hinzukommt und sozusagen zu beachten ist. Bäume an beleb­ten Orten, also an frequentierten Plätzen wie Parks oder Kinderspielplätze, unterliegen natürlich strengeren Kontrollpflichten als weniger frequentierte, sa­ge ich jetzt, Bäume. Wichtig ist – das habe ich eh schon betont – das öffent­liche Interesse an den großen, alten Bäumen.

Ein kleiner Punkt noch: Diese Baumhaftungsregelungen wurden sehr akribisch, wirklich sehr akribisch und sehr lange und unter großer Beteiligung von Rechtsprechung, Wissenschaft, Verwaltung, Zivilgesellschaft ausgearbeitet. Mit der Stadt Wien wurde der Leitfaden Baumsicherheitsmanagement heraus-


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gegeben, den ich sehr empfehlen kann, denn er zeigt, wie diese Sorgfaltspflich­ten, also diese Kontrolle und diese Sicherungsmaßnahmen für Bäume, zu verstehen und anzuwenden sind.

Ich freue mich wirklich sehr, dass wir das jetzt nach so einem langen Prozess hier und heute abstimmen, dass es ab 1. Mai dann in Kraft treten wird und wir
in der Stadt, vor allem in der Stadt Wien, nicht mehr um jeden Baum bangen müssen. Ich freue mich, dass die Bäume älter werden können, dass sie
größer werden können und dass sie – das sind auch sehr spannende Erläuterun­gen dieses Mal dazu – ihre Wohlfahrtswirkung an uns Bewohner:innen
der Städte und Gemeinden weitergeben können. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)

22.09


Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Vielen Dank, Frau Bundesrätin.

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Viktoria Hutter. Ich erteile ihr dieses.


22.09.11

Bundesrätin Viktoria Hutter (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Ministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte heute mit einem Zitat von
Eugen Roth starten: „Zu fällen einen schönen Baum, braucht’s eine halbe Stunde kaum. Zu wachsen, bis man ihn bewundert, braucht er, bedenk’ es, ein Jahrhundert.“

Dieses Zitat meinerseits mag euch vielleicht verwundern (Zwischenrufe
bei der SPÖ),
da ich eine passionierte Waldbesitzerin bin und da die Motorsäge und das Fällen der Bäume einfach zu einer nachhaltigen Waldbewirt­schaftung dazugehören. Heute geht es aber eben nicht um das Forstgesetz und den Wald, da bleibt alles wie gehabt. Es geht um das Allgemeine bürgerliche Gesetzbuch und Bäume in der freien Landschaft und im Siedlungsgebiet.


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Da geht es mir gleich wie vielen anderen auch: Ich bin fasziniert und beeindruckt von uralten und riesigen Bäumen. Wenn man sie fragen könnte, würden
sie wahrscheinlich eine unglaubliche Geschichte erzählen. Aber nicht aus senti­mentalen Gründen müssen wir diese Bäume schützen, ist es notwendig,
sie zu erhalten, nein, sie tragen auch wesentlich zu einem besseren Klima bei – gerade in Städten ist ihr Beitrag zur Kühlung ein ganz unbezahlbarer. Sie
filtern Luft, liefern Sauerstoff, spenden Schatten, dämpfen den Umgebungslärm und sind ein wichtiger Lebensraum für Pflanzen, Tiere und Pilze.

Wir ändern dieses Gesetz also, um den sogenannten Angstfällungen dieser wichtigen Bäume aufgrund von Unsicherheiten sowie überhöhter schadenersatzrechtlicher Haftung gegenüber dem Baumhalter vorzubeugen beziehungsweise um sie zu vermeiden.

Die genauen Änderungen dieses Gesetzes hat ja schon meine Kollegin detailliert erklärt und genauso den Leitfaden Baumsicherheitsmanagement
angesprochen.

Ich bin froh, dass wir so eine gute Lösung gefunden haben und diese heute auch beschließen werden. Einerseits gibt sie Rechtssicherheit, und andererseits
setzt sie auch auf den Hausverstand der Menschen und auf die Eigenverantwor­tung.

Ich gehe davon aus, dass diese Regelung auch in Zukunft dazu führen
wird, unsere wertvollen Bäume zu erhalten und hoffentlich den einen oder die andere auch dazu zu bewegen, neue Bäume zu pflanzen, denn wie ein Sprichwort so schön sagt: Der beste Zeitpunkt, einen Baum zu pflanzen, war vor 20 Jahren, der zweitbeste Zeitpunkt ist jetzt. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

22.11


Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Vielen Dank, Frau Bundesrätin.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Manfred Mertel. Ich erteile ihm das Wort.



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22.11.56

Bundesrat Dr. Manfred Mertel (SPÖ, Kärnten): Geschätzter Herr Präsident! Schönen Abend, Frau Bundesministerin Dr. Zadić! Schön, dass Sie bei
uns sind. Die Vorrednerinnen haben ja eigentlich alles gesagt. Ich möchte mit einer Metapher fortsetzen: ein Kerl wie ein Baum. Das war damals ein
Ausdruck, der für Zuverlässigkeit, für Stärke und für Bodenhaftung gestanden ist. Das kann man natürlich in die jetzige Zeit übertragen: Bäume stehen letztendlich für Stärke, geben uns in der Hitze Schutz und sind eine ganz wich­tige biologische Klimaanlage geworden.

Trotzdem dürfen wir aber auch nicht vergessen, dass das Gefahrenpotenzial bei Bäumen aufgrund der Wetterkapriolen vorhanden ist. Neben der Eigen­verantwortung müssen wir auch von einer Gemeinwohlverantwortung sprechen.

Ich glaube, wir können diesem Gesetzentwurf insofern zustimmen, als es
trotz dieser Beweislastumkehr Anlass zur Hoffnung gibt, dass wir
darauf Bedacht nehmen können, dass die Sorgfaltspflicht der Baumhalter gewahrt bleiben wird. Deswegen ist die SPÖ der Meinung, dass wir
diesem Entwurf zustimmen können. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)

22.13


Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Vielen Dank, Herr Bundesrat.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Andreas Arthur Spanring. Ich erteile ihm das Wort.


22.13.37

Bundesrat Andreas Arthur Spanring (FPÖ, Niederösterreich): Herr Vorsitzender! Frau Minister! Kollegen im Bundesrat! Sehr geehrte Damen und Herren
vor den Bildschirmen! Meine drei Vorredner haben alle mit Zitaten zu Bäumen begonnen. Ich erspare mir das jetzt, weil ich glaube, mit meinem Zitat
hätten Sie keine Freude. (Bundesrat Schreuder: Na, jetzt wollen wir es wissen!)


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Gleich vorweg: Wir werden diesem Haftungsrechts-Änderungsgesetz, das ein bisschen sperrig klingt, auch zustimmen.

Positiv zum Gesetz erwähnen möchte ich: Es gab einen richtigen Gesetzwer­dungsprozess, eine entsprechende Begutachtungszeit. Die Stellungnahmen dazu waren durchwegs positiv, und es wurden sogar teilweise kleinere Ände­rungsvorschläge eingearbeitet. Dazu auch gleich eine Frage beziehungsweise eine konstruktive Kritik meinerseits, Frau Minister: Warum ist das nicht
immer so? (Bundesministerin Zadić: Das ist eh immer so!) – Leider nicht. (Bundes­ministerin Zadić: Fast immer!)

Worum geht es in diesem Gesetz? – Es geht um Schäden durch Bäume außerhalb von Wäldern. Mit dieser Gesetzesanpassung wird jetzt eine Lücke im Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuch geschlossen, denn wenn in der Ver­gangenheit ein Baum umgefallen oder ein Ast herabgefallen ist, dann hat man das mit einer Analogie zu einem Mauerwerk abgearbeitet, nach dem
Motto: Was wäre, wenn von diesem Mauerwerk da etwas heruntergefallen wäre?, Wer hätte dann die Haftung übernehmen müssen?, und so weiter. Also diese fehlende Regelung in Bezug auf Bäume wurde jetzt ergänzt.

Wichtig – und das wurde auch von meinen Vorrednern angesprochen –: Es muss auch weiterhin jeder Baumverantwortliche – wenn man die so nennen
kann – seine Sorgfaltspflicht erfüllen. Wenn das passiert, dann braucht auch niemand mehr Angst zu haben, dass übertriebene Haftungsansprüche
geltend gemacht werden und aus dieser Angst heraus vielleicht voreilig Bäume oder, wie wir es schon erlebt haben, ganze Baumalleen gefällt werden.

Das ist deshalb wesentlich, weil unsere Bäume wichtig sind: Bäume reinigen die Luft, die wir atmen, filtern das Wasser, das wir trinken, bieten Lebensraum
für viele Tiere, verhindern Überschwemmungen und Erosionen und tragen dazu bei, dass der Boden, den die Landwirtschaft benötigt, mit Nährstoffen
versorgt wird. Ganz wichtig: Bäume kühlen nachweislich unsere Städte im Som­mer ab. Ein 100-jähriger Laubbaum – weil jetzt mehrmals von 100-jährigen


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Bäumen gesprochen wurde – produziert pro Stunde 1,7 Kilogramm Sauerstoff. Das ist ungefähr so viel, wie 50 Menschen zum Atmen brauchen.

Wir normal denkenden, sage ich jetzt einmal, Menschen wissen das, ohne dass wir gleich in eine Klimahysterie verfallen, Kunstwerke zerstören, Mega­staus produzieren, die arbeitende Menschen in Zeitverzug bringen, Menschen in Lebensgefahr bringen, indem wir vorsätzlich Einsatzkräfte behindern.

Besonders in diesem Bereich, im Bereich der Klimakleber, wäre halt ein bisschen mehr Bildung und weniger Meinung in Form der Klimahysterie wichtig.
Gerade diese Klimahysteriker hätten ja die Schultage dringend notwendig gehabt, aber da waren sie leider immer auf den Fridays-for-Future-Demos. (Beifall bei der FPÖ.)

22.17


Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Danke, Herr Bundesrat.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Karl-Arthur Arlamovsky. Ich erteile ihm das Wort.


22.17.16

Bundesrat MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky (NEOS, Wien): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen!
Ich beginne auch mit einem Zitat, genauer gesagt: Meine ganze Rede ist ein Zitat, weil ich es nicht besser formulieren könnte.

Auf die Frage von Georg Renner am 11. März 2024 – es ging um die Regierungs­vorlage zu diesem Gesetz – auf Twitter: „Generell geht da viel totes Holz
dafür drauf, dass sich, wenn ich das richtig lese, an der Rechtslage eigentlich nichts ändert, oder?“, antwortet der Hofrat des Verwaltungsgerichtshofes Hans Peter Lehofer: „Wie bei der Kuhhaftung: ‚Es muss etwas geschehen‘ – ‚es
wird etwas geschehen‘, und dann kommt ein Gesetz, das in der Regel nichts ändert. Legistisch ist die größte Herausforderung, sicherzustellen, dass
es für Laien so klingt, als würde sich etwas ändern, dass sich aber tatsächlich nichts ändert.


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Das betrifft jetzt die zivilrechtlichen Regelungen, da greift man ja mit jeder Än­derung in jahrzehnte-, teilweise jahrhundertelange Rechtsprechung und Systementwicklung ein. Das kippt man nicht einfach wegen eines Baums oder einer Kuh. Viel wirkungsvoller wären da wahrscheinlich verwaltungsrecht­liche Regelungen, weil diese sich sehr unmittelbar auf den Sorgfaltsmaßstab und damit auf die zivilrechtliche Haftung auswirken würden.“ – Zitatende.

Vielen Dank. (Beifall bei Bundesrät:innen der SPÖ.)

22.18


Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Danke, Herr Bundesrat.

Zu einer Stellungnahme hat sich Frau Bundesministerin Alma Zadić zu Wort gemeldet. Ich erteile ihr das Wort.


22.18.50

Bundesministerin für Justiz Dr. Alma Zadić, LL.M.: Herr Präsident! Geschätzte Mitglieder des Bundesrates! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher, falls
Sie online die Debatte verfolgen! Es ist mir wirklich eine besondere Freude, dass es gelungen ist, nach der langen Debatte, nicht nur heute im Bundesrat,
sondern generell im Gesetzwerdungsprozess, die Baumhaftung jetzt tatsächlich zu regeln. Ich halte sie schon für wichtig und komme auch darauf zurück,
warum ich es für wichtig halte, dass wir eine Regelung für Bäume geschaffen haben.

Es war nämlich bisher so, dass wir außerhalb der allgemeinen Verschuldenshaf­tung waren. Das heißt, es haben für alle Baumhalter verschärfte schaden­ersatzrechtliche Regelungen und damit auch die Beweislastumkehr gegolten. Das war ein Problem, denn das hat dazu geführt, dass es sehr viele Angstschnitte gab, dass man aus Angst Bäume gefällt hat, weil man Sorge vor Haftungen
hatte, und das war durchaus berechtigt.

Wir haben zahlreiche Sitzungen gehabt, um diese Sorgen zu nehmen und zu er­klären, was zu einer Haftung führen würde und was nicht, aber wir haben


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gemerkt, das geht sich irgendwie nicht aus, die Angst ist da und die Sorge ist da – und die war auch berechtigt.

Genau aus diesem Grund haben wir gesagt, es ist notwendig, eine
eigene Baumhaftung zu installieren, nämlich die Baumhalter so zu stellen, wie das normalen schadenersatzrechtlichen Regelungen folgt. Das heißt, wir
haben eine klassische Verschuldenshaftung ohne Beweislastumkehr, und nun muss der Geschädigte beweisen, dass der Baumhalter seinen Sorgfalts­pflichten schuldhaft nicht nachgekommen ist. Das stärkt die Position der Baumhalter, der Gemeinden und wird hoffentlich auch dafür sorgen, dass diese sogenannten Angstschnitte weitestgehend der Vergangenheit angehören.

Was sind jetzt konkret die Eckpunkte des neuen § 1319b? – Halter von Bäumen haften nur für Schäden, die aus dem Umfallen des Baumes oder dem Herab­fallen von Ästen resultieren. Vor allem der Standort des Baumes und die
damit verbundenen Gefahren sind zu berücksichtigen. Das ist wichtig, denn es macht einen Unterschied, ob ein Baum bei einem Spielplatz oder am
Stadtrand, wo nicht sehr viele Menschen vorbeikommen, steht. Genau diesen Sorgfaltsmaßstab gilt es abzuwägen.

Zur Art und zum nötigen Umfang der Kontrolle gibt es für die Praxis – und das halte ich für wichtig; deswegen habe ich ihn mitgenommen (den „Leitfa­den Baumsicherheitsmanagement“ in die Höhe haltend) – so einen Baummanage­mentleitfaden. Das heißt, für alle, die Baumhalter sind, für alle Gemein­den, für den Gemeindebund wäre es ganz wichtig, sich anzuschauen, was das für die Praxis bedeutet, wann man jedenfalls nicht in der Haftung drinnen ist
und wann man Bäume belassen kann, wie sie sind.

Ein Punkt ist mir besonders wichtig, und das ist, dass wir erstmals in diesem Zusammenhang den Aspekt des Umweltschutzes in den Vordergrund
gerückt haben, denn es geht auch um den naturbelassenen Zustand eines Baumes. Es steht explizit im Gesetz, dass das ein wichtiges Gut ist,


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und das, glaube ich, ist schon wichtig anzuerkennen. In all Ihren Reden vorhin ist das auch deutlich hervorgekommen.

In diesem Sinne freue ich mich wirklich sehr, dass es scheint, dass der Vorschlag auf Ihre Zustimmung stößt und es keinen Einspruch geben wird. – Danke
schön. (Beifall bei Grünen und ÖVP, bei Bundesrät:innen der SPÖ sowie
des Bundesrates Arlamovsky.)

22.22


22.22.43

Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Vielen Dank.

Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung– Bitte nehmen Sie Ihre Plätze ein.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

22.23.1627. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 21. März 2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Strafprozeßordnung 1975, das Jugendgerichtsgesetz 1988,
das Finanzstrafgesetz und das Verwaltungsstrafgesetz 1991 geändert werden (3822/A und 2482 d.B. sowie 11444/BR d.B. und 11462/BR d.B.)


Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Wir gelangen nun zum 27. Punkt der Tages­ordnung.

Als Berichterstatter ist mir Herr Bundesrat Christoph Stillebacher genannt. – Ich bitte um den


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Bericht.


22.23.38

Berichterstatter Christoph Stillebacher: Ich bringe den Bericht über den Beschluss des Nationalrates vom 21. März 2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Strafprozeßordnung 1975, das Jugendgerichtsgesetz 1988,
das Finanzstrafgesetz und das Verwaltungsstrafgesetz 1991 geändert werden.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher zur Antrag­stellung:

Der Justizausschuss stellt nach Beratung der Vorlage einstimmig den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch
zu erheben.


Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Vielen Dank für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger. Ich erteile dieses.


22.24.19

Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger (Grüne, Oberösterreich): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher – wenn noch jemand da ist! Worum geht es bei diesem Tagesordnungspunkt? – Ganz kurz erklärt: Es geht um die Präzisierung zur Umsetzung der EU-Richtlinie Rechtsbeistand.

Es ist da eine Anpassung vorzunehmen. Die entsprechende Richtlinie der Europäischen Union führt genau aus, wie die Rechte von Beschuldigten auf ei­nen Rechtsbeistand zu handhaben sind. Diese Richtlinie wurde in Öster­reich auch umgesetzt. Allerdings gab es ein – ich nenne es so – Feedback von der Europäischen Kommission, dass die Umsetzung, wie wir sie vorge­nommen haben, nicht ganz dem entspricht, wie die Europäische Kommission das vorschlägt.


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Nun zum Inhalt dieses Gesetzes: Es wurde an gewissen Stellen nachgebessert. Es geht darum, dass die Verständigungspflichten noch ausgedehnt wer­den müssen. Es geht nämlich nicht nur darum, einem Beschuldigten darzulegen, dass er ein Recht auf einen Verteidiger hat, sondern auch darum, dass er
darauf verzichten kann, und weiterführend auch darum, dass der Beschuldigte, wenn er darauf verzichtet, das jederzeit wieder ändern kann.

Es ist wichtig – das ist im Sinn der Novelle –, dass Menschen, die als Beschuldigte in einem Strafverfahren, in einem Finanzstrafverfahren, geführt werden und sich dort verteidigen müssen, ordentlich darüber belehrt
werden und wissen, welche Rechte sie auf eine ordentliche Verteidigung haben, denn das ist ein wesentlicher Grundsatz des Strafverfahrens. Dem kommen
wir natürlich gerne nach.

Im Jugendgerichtsgesetz soll ferner ein Redaktionsversehen im Zusammenhang mit der Beiziehung eines Jugendpsychiaters oder einer Jugendpsychiaterin betreffend junge Erwachsene behoben werden.

Beim Thema einer Verständigung eines Erziehungsberechtigten über den Frei­heitsentzug soll außerdem klargestellt werden, dass die Verständigung unabhängig davon, ob das Kind ihr widerspricht, immer zu unterbleiben hat, wenn sie dem Kindeswohl zuwiderläuft.

Das in gebotener Kürze. – Vielen Dank für Ihre breite Zustimmung. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

22.26


Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Vielen Dank, Frau Bundesrätin.

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Christine Schwarz-Fuchs. Ich erteile dieses.


22.26.48

Bundesrätin Mag. Christine Schwarz-Fuchs (ÖVP, Vorarlberg): Herr Präsident! Werte Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen im Bundesrat!


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Besucher sind keine mehr da. Liebe Zuschauer via Livestream – sofern uns noch jemand zu dieser späten Stunde zuschaut! In der gegenständlichen Geset­zesvorlage geht es – wir haben es bereits von meiner Vorrednerin gehört – um die Präzisierung beziehungsweise Nachschärfung in der nationalen Um­setzung einer EU-Richtlinie insbesondere in Bezug auf das Recht auf Zugang zu einem Rechtsbeistand in Strafverfahren und in Verfahren zur Vollstreckung
des Europäischen Haftbefehls sowie das Recht auf Benachrichtigung
eines Dritten bei Freiheitsentzug und das Recht auf Kommunikation mit Dritten und mit Konsularbehörden während des Freiheitsentzugs. (Präsidentin
Göll übernimmt den Vorsitz.)

Ich möchte Sie hier jetzt aber nicht mit Wiederholungen langweilen. Meine Vorrednerin hat bereits alle wesentlichen Punkte zur gegenständli­chen Gesetzesvorlage gesagt.

Da es aber unter anderem auch um das Jugendgerichtsgesetz geht und uns der Umgang mit unmündigen Straftätern aktuell sehr beschäftigt, möchte ich
noch ein paar Worte zum Thema der Jugendkriminalität sagen. Wie es aussieht, wird die FPÖ zu diesem Thema bei diesem Tagesordnungspunkt auch
noch einen Entschließungsantrag einbringen. Daher ist es mir besonders wichtig, im Vorfeld auch schon etwas dazu zu sagen.

Jugendkriminalität ist leider ein immer brisanteres Thema. Wenn man mit Men­schen redet, die mit Jugendlichen arbeiten, hört man, dass die Jugendli­chen die Dinge oft nur noch schwarz und weiß sehen. Sie können Konflikte kaum noch verbal lösen oder sich auf Kompromisse einigen.

Heute am frühen Abend gab es von ORF Vorarlberg wieder ganz aktuell
eine schreckliche Headline: Schlägerei und Bedrohung durch Waffe. Beziehungsstreit zwischen Jugendlichen eskalierte. – Ein 17-jähriger Jugend­licher aus Bludenz erlitt dabei eine Gehirnerschütterung.


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Ein weiteres Beispiel für unfassbare Jugendkriminalität ist der abscheuliche Missbrauch eines zwölfjährigen Mädchens durch mehrere Tatverdäch­tige. Dieser Missbrauchsfall ist ja vor ein paar Wochen durch alle Medien ge­gangen und hat eine Debatte rund um das Alter für die Strafmündigkeit ausgelöst. Bundeskanzler Nehammer hat nach dem Bekanntwerden dieses Missbrauchsfalls Maßnahmen gefordert. Verfassungsministerin Edtstadler und Innenminister Karner wurden nun ersucht, ein Paket zu erarbeiten.

Es gibt drei konkrete Handlungsfelder, um bei diesem Thema entgegenzuwirken. Unter 14 Jahren besteht aktuell keine Strafmündigkeit. Jugendgewalt
braucht einfach mehr Aufmerksamkeit. Die Rolle und Verantwortung der Eltern muss man sich auch anschauen. Prävention und Unterstützung durch die Jugendwohlfahrt sind wichtig. Es gibt inzwischen eine Schieflage von Delikten gegen Leib und Leben im Vergleich zu Vermögensdelikten.

Ich möchte an dieser Stelle auch ein paar Zahlen nennen, damit Sie sehen, wie stark die Zahl der Straftaten gestiegen ist. Die Zahl der Straftaten, die Jugendliche und Kinder unter 14 begangen haben, hat sich in den vergangenen zehn Jahren von etwas über 5 000 auf rund 10 000 Straftaten pro Jahr verdoppelt. Gleichzeitig gibt es bei den Jugendlichen über 14 – diese sind ja bereits deliktfähig und daher strafbar – nur einen moderaten Anstieg,
und bei jungen Erwachsenen, das sind Personen zwischen 18 und 21 Jahren, können wir sogar einen Rückgang der Straftaten verzeichnen. Wir müs­sen daher wirklich überlegen, wie wir diesem Phänomen der Kinder-
und Jugendkriminalität unter 14 Jahren begegnen.

Eine Diskussion über die Weiterentwicklung beziehungsweise Anpassung unseres Rechtssystems an veränderte Lebensverhältnisse ist notwendig. Unsere Gesellschaft hat sich verändert, man sollte also darüber diskutieren.

Ich möchte auch betonen, dass wir dieses Phänomen der vermehrten schweren Straftaten von Kindern und Jugendlichen unter 14 Jahren nicht nur bei
uns in Österreich haben. Gerade heute haben die Medien wieder von einem


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schrecklichen Fall aus Frankreich berichtet, wo ein 14-jähriges Mädchen
nach der Schule fast zu Tode geprügelt wurde. Sie ist lebensgefährlich verletzt worden und lag sogar zeitweise im Koma.

Unsere Gesellschaft verändert sich, und darauf müssen wir reagieren. (Zwischenruf des Bundesrates Spanring.) Einerseits muss man sich anschauen, wie man in Zukunft damit umgeht, dass Jugendliche unter 14 Jahren, die
schwere Straftaten gegen Leib und Leben begehen, nicht angemessen bestraft werden können. Die Senkung des Strafalters allein wird aber aus meiner
Sicht zu wenig sein. Es braucht ein Gesamtkonzept. Eine etwaige Anpassung des Strafrechts hinsichtlich der Strafmündigkeit, das heißt der Herabsetzung
der Strafmündigkeit, bedarf einer Gesamtbeurteilung und ist im Gesamtkontext zu betrachten.

Es sind mehrere Maßnahmen notwendig. Es ist unter anderem wichtig,
dass in solchen Fällen Erziehungsmaßnahmen gesetzt werden, auch unter Be­rücksichtigung und Heranziehung entwicklungspsychologischer Erkennt­nisse. Andererseits stellt sich aber auch die Frage nach der Rolle der Eltern be­ziehungsweise nach der Verantwortung der Eltern.

Überlegungen hinsichtlich Änderungen in der Jugendwohlfahrt müssen auch angestellt werden. Da geht es vor allem auch um die Ausstattung der Jugendwohlfahrt mit mehr Möglichkeiten.

Auch den Bereich der Prävention und Unterstützungsmaßnahmen müssen wir uns anschauen. Da geht es vor allem auch darum, wie man die Eltern bei
der Prävention besser unterstützen und die Jugendwohlfahrt besser einbinden kann.

Es braucht außerdem eine Begleitung von Jugendlichen in Bezug auf eine gelungene Resozialisierung.

Ich finde bei diesen Überlegungen sollte man sich auch das Schweizer Modell im Detail anschauen. In der Schweiz sind Kinder schon ab dem zehnten Ge-


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burtstag strafmündig. Für sie gilt das Jugendstrafrecht, das vor allem Schutzmaß­nahmen vorsieht. Wie sieht das konkret aus? – Für unter 15-Jährige gibt
es in der Schweiz weder eine Geld- noch eine Haftstrafe. Als Strafe möglich ist eine Art Verwarnung, vergleichbar mit einer Gelben Karte im Fußball, oder
etwa eine verpflichtende Tätigkeit bei einer karitativen Einrichtung. Diese darf jedoch höchstens zehn Tage dauern. Strafmündigkeit ab zehn Jahren be­deutet in der Schweiz vor allem dies: Bei einem Kind schaut der Staat genauer hin, prüft, ob es ambulanten oder in schwerwiegenden Fällen auch statio­nären Betreuungs- oder Behandlungsbedarf gibt.

Zusammenfassend kann ich nur sagen, der Gesetzgeber ist enorm gefordert, um die Jugendkriminalität wieder senken zu können. Zum Schutz der Betroffe­nen sollte man sich ausreichend Gedanken machen, welche Maßnahmen gesetzt werden können. Mit einer einzelnen Maßnahme, wie zum Beispiel
nur der Herabsetzung der Strafmündigkeit, ist es aus meiner Sicht nicht getan.

Abschließend bitte ich Sie alle um Ihre Unterstützung für die gegenständ­liche Gesetzesvorlage, damit wir die nötigen Nachschärfungen bei diesen Geset­zen im Zusammenhang mit der präzisen Umsetzung der EU-Richtlinie be­schließen können. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

22.34


Präsidentin Margit Göll: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Mag. Elisabeth Grossmann. – Bitte.


22.35.06

Bundesrätin Mag. Elisabeth Grossmann (SPÖ, Steiermark): Frau Präsiden­tin! Frau Ministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bei diesem Tages­ordnungspunkt geht es um eine notwendige Reparatur der bestehenden Rechtslage, um – zusammengefasst – die entsprechende Richtlinie zum Rechts­beistand eben auch richtlinienkonform umzusetzen und für die Menschen
den rechtlichen Grundsatz auf ein faires Verfahren zu realisieren. Dazu haben meine Vorrednerinnen schon Stellung genommen, dazu braucht man zu


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diesem Zeitpunkt nicht noch mehr auszuführen. Das erfährt auch unsere Zu­stimmung.

Keine Zustimmung kommt aber zu dem, was jetzt wahrscheinlich noch einge­bracht wird, nämlich ein Antrag zur Herabsetzung der Strafmündigkeit.
Es hat meine Vorrednerin jetzt auch schon eingehend ausgeführt, welche Be­weggründe dagegen sprechen, das so verkürzt darzustellen. Die Delikts­fähigkeit nun von 14 auf zwölf herabzusetzen löst auch nach Ansicht zahlreicher oder eigentlich aller namhaften Strafrechtsexpertinnen und ‑experten in Wahrheit gar kein Problem. Das Gefängnis ist wohl der schlechteste Aufent­haltsort für ein Kind, für einen jungen Menschen.

Meine Kollegin Gruber-Pruner und Kollege Schennach haben schon bei
der letzten Sitzung einen Antrag eingebracht, und unserer Einschätzung ist auch das Netzwerk Kriminalpolitik gefolgt beziehungsweise wurde unsere Ein­schätzung ganz klar bestätigt. (Beifall bei der SPÖ.)

Das Netzwerk Kriminalpolitik ist nicht irgendwer, das ist die Vereinigung der Richter und Richterinnen, der Staatsanwältinnen und Staatsanwälte,
der Rechtsanwält:innen, Strafverteidigerinnen und Strafverteidiger, Verein Neustart und so weiter. Die haben auch ein umfassendes Konzept gefordert, um genau diesem Phänomen gerecht zu werden, dass junge Menschen straf­fällig werden. Sie bestreiten zwar oder bezweifeln, dass das jetzt ein neues Phä­nomen oder ein verstärktes Phänomen ist, aber es ist ein ganz gravieren­des Problem, dem wir uns stellen müssen.

Da – und das kann man gar nicht oft genug sagen – rächen sich einfach die Sün­denfälle, die durch Schwarz-Blau gesetzt wurden, nämlich die Auflösung
des Jugendgerichtshofes und dazu noch die Verländerung der Kinder- und Ju­gendhilfe. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Spanring: Genau! Deshalb sind
die Kinder aggressiver!)

Damit ist auch sehr viel Expertise vernichtet worden. Das muss wieder aufgebaut werden, das muss jetzt wieder mühsamst aufgebaut werden. Das


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müssen wir aber dringendst angehen. Wir haben auch entsprechende Vorschläge erstattet: Jugendwohlfahrtsmaßnahmen durchaus auch mit Straf­charakter, nämlich mit general- und spezialpräventiver Wirkung, auch
mit Aufenthaltsverpflichtung. Es muss Folgen haben, wenn ein junger Mensch das Recht bricht. Das kann nicht folgenlos bleiben. (Beifall bei der SPÖ.)

Mit der durch diese Sündenfälle verursachten derzeitigen zersplitterten Struktur passiert es aber nun immer mehr, dass solche Rechtsbrüche folgenlos
bleiben. Das kann es nicht sein! Da ist wirklich dringender Handlungsbedarf gegeben, und dazu fordern wir Sie auch einmal mehr auf. (Beifall bei
der SPÖ.)

22.39


Präsidentin Margit Göll: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Andreas Arthur Spanring. Ich erteile ihm dieses.


22.39.28

Bundesrat Andreas Arthur Spanring (FPÖ, Niederösterreich): Frau Vorsitzende! Frau Minister! Kollegen im Bundesrat! Sehr geehrte Zuschauer vor den Bildschirmen! Nach dieser Märchenstunde von der SPÖ jetzt wieder zum Tages­ordnungspunkt: Es geht bei diesem Tagesordnungspunkt um die ordnungs­gemäße Umsetzung einer EU-Richtlinie. (Bundesrätin Grossmann: Schon wieder sind alle Märchenerzähler! Staatsanwälte, alles Märchenerzähler!) Diese not­wendige Änderung umfasst die Strafprozeßordnung, das Finanzstrafgesetz, das Verwaltungsstrafgesetz und wie auch schon angeführt das Jugendge­richtsgesetz. Grundsätzlich wird damit eine Verbesserung der Beschuldigten­rechte erreicht, weshalb wir auch keinen Einspruch erheben werden
und dieses Gesetz unterstützen.

Sie wissen, Frau Minister, beim vorigen Tagesordnungspunkt habe ich es noch ganz bewusst gelobt, denn bei diesem Gesetz erleben wir jetzt wieder ein Negativbeispiel. Beim vorigen Tagesordnungspunkt war es anders. In dem Fall ist der Verhandlungsgegenstand einfach mittels eines Initiativantrages auf die


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Tagesordnung im Nationalrat gesetzt worden, und dadurch gab es eben kein Be­gutachtungsverfahren.

Dass solche Gesetzesinitiativen eben an einer Begutachtung, sagen wir einmal, vorbeigeschleust werden, ist auch der Grund dafür, warum es in den letz­ten Jahren so viele schlechte Gesetze gegeben hat. Mit schlecht mei­ne ich schlecht gemacht, also handwerklich wirklich fehlerhaft, mangelhaft, lückenhaft, unausgereift, und es muss eben auch wie hier bei ein und demselben Gesetz mehrmals nachgebessert werden. Das kritisieren übrigens nicht
nur wir Freiheitliche, sondern das wurde auch schon von der Richtervereinigung immer wieder angeprangert.

Da diese Vorlage auch in das Jugendgerichtsgesetz eingreift, bringe ich passend dazu einen Antrag ein, der eine längst überfällige Änderung beinhaltet:

Entschließungsantrag

der Bundesrät:innen Andreas Arthur Spanring, Kolleginnen und Kollegen betref­fend „Herabsetzung der Strafmündigkeit“

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Justiz und die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien, wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die eine Senkung der Strafmündigkeit und Deliktsfähigkeit auf 12 Jahre beinhaltet. Dabei soll die Bun­desregierung sich an den gesetzlichen Regelungen und Maßnahmen zum
Schutz der Kinder in den Niederlanden, in Ungarn, Irland, England, Wales, Nord­irland, Griechenland und insbesondere in der Schweiz orientieren.“

*****

So viel zu unserem Antrag.


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Wir haben von Kollegin Schwarz-Fuchs gehört, dass es ja eigentlich schon sinnvoll ist. Jetzt wage ich es wieder einmal, Hellseher zu spielen, und sage, dass diese ÖVP bei jeder Gelegenheit davon spricht – nämlich auch draußen,
wenn sie bei den eigenen Funktionären ist, wird das vorgegaukelt –, dass genau das, was in diesem Antrag ist, sinnvoll und eine richtige und wichtige Maß­nahme ist, aber nur, wenn es darauf ankommt, Frau Kollegin, machen
vor allem Sie von der ÖVP wieder einen Rückzieher. Dann kuschen Sie vor den Grünen, obwohl wir hier natürlich als FPÖ und ÖVP eine Mehrheit hät­ten und das auch umsetzen könnten. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Bun­desrates Zauner.) – Ich weiß, es tut weh, Herr Kollege, ich kann Ihnen
aber nur aus Sicht der FPÖ für die ÖVP sagen: Das ist politisch feig, das ist politisch unehrlich und das ist halt so typisch politisch ÖVP. (Bundesrätin Eder-Gitschthaler: Was ist in Oberösterreich?) Das ist auch der Grund, warum
wir heute eine namentliche Abstimmung gefordert haben.

Bei dieser Gelegenheit möchte ich passend zum Antrag auch einmal etwas an­sprechen, weil es nämlich politisch – wir haben es gerade vorhin von
Kollegin Grossmann von der SPÖ, teilweise auch ein bisschen von Kollegin Schwarz-Fuchs von der ÖVP erlebt – und auch medial immer wieder absichtlich völlig falsch und verzerrt dargestellt wird: Sie tun gerade so, als ob unsere Jugendlichen, unsere Kinder jetzt auf einmal über Nacht quasi verdorben und so brutal und so kriminell geworden wären. Ich rede da nicht von kleinen
Delikten, sondern ich rede wirklich von Raub, von schwerer Körperverletzung, wir reden von Vergewaltigung bis hin zum Mord. Die Wahrheit ist aber
eine ganz andere: Das Problem, das wir im Bereich der Jugendkriminalität haben, ist ein größtenteils importiertes Problem, das ist importierte Gewalt. (Beifall
bei der FPÖ.)

Diese ausufernde Gewalt ist natürlich auf die unkontrollierte und unge­zügelte Zuwanderung der Vergangenheit zurückzuführen. (Bundesrat Schennach: Ja, jetzt sind wir am Punkt!) Das tut Ihnen natürlich weh, darum höre ich
schon die ersten Zwischenrufe von der SPÖ. Natürlich haben Sie alle, wie Sie


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hier sitzen, das zu verantworten, und wir Freiheitliche haben immer genau vor solchen Entwicklungen gewarnt. Und was haben Sie gemacht? – Sie haben
uns dafür als Rassisten und als Nazis diffamiert.

Meine Damen und Herren, das Gegenteil ist der Fall, denn wieder einmal haben wir Freiheitliche leider recht behalten. Wir haben gesehen, wie es in ande­ren Ländern zugeht, und uns war klar, wenn wir Hunderttausende
dieser Menschen in unser Land lassen, dann werden auch sehr viele darunter sein, deren Gewaltbereitschaft, deren Frauenbild, aber auch deren Wertevermittlung in der Kindererziehung einfach nicht mit unseren Werten zusammenpassen und diametral auseinandergehen. Sie alle, meine
Damen und Herren, wie Sie hier sitzen, haben diese Entwicklung mitzuver­antworten. Es sind nicht unsere Kinder, nicht unsere Jugendlichen!
(Beifall bei der FPÖ.)

Wir haben auch immer wieder Peter Scholl-Latour zitiert, es ist ein sehr bekann­tes Zitat: Wer halb Kalkutta aufnimmt, der hilft nicht etwa Kalkutta,
sondern wird selbst zu Kalkutta. – Wobei Kalkutta wahrscheinlich weniger das Problem wäre. Wir haben immer wieder dieses Zitat gepredigt und heute,
jetzt, in dem Moment sind es wieder nur wir Freiheitliche als Einzige, die den Mut haben, es so anzusprechen, wie es ist, nämlich als ein importiertes
Problem.

Ich sage Ihnen auch ganz offen, da ich es schon wieder merke: Ich höre, ich sehe und ich spüre teilweise auch schon ein bisschen diese geheuchelte,
gespielte Empörung, die kommt. Ich sage Ihnen ganz ehrlich: Ich pfeife auf dieses Political-Correctness-Getue! Das ist jetzt wirklich nicht mehr angebracht.

Natürlich erwarte ich mir von der SPÖ, von den Grünen, von den NEOS nichts anderes. Das sind ausgewiesene Zuwanderungsparteien, die natürlich
am liebsten das ganze Steuergeld entweder ins Ausland oder an in Österreich lebende Ausländer verschenken würden. (Zwischenruf des Bundesrates Schennach.) Aktuell passiert das übrigens mit dem Familiennachzug. Auch da


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wird es noch viele Probleme geben, die ersten Probleme haben wir ja
schon. Die Lösung dieser und vieler anderer Probleme heißt nicht Migration, meine Damen und Herren, sondern die Lösung heißt Remigration.
Auch das muss man einmal ansprechen können. (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrätin Schumann: Deportation! Deportation heißt das, nicht Remigration!) – Es tut
mir leid, Frau Kollegin Schumann von der SPÖ, wenn Sie dazu Deportation sa­gen. Das ist vielleicht Ihre Interpretation, das meinen wir nicht. (Bundes­rat Schreuder: Das meint ihr! Genau das meint ihr! – Weiterer Zwischenruf der Bun­desrätin Schumann.)

Wie gesagt, von den Linksparteien erwarte ich mir nichts anderes, aber
diese ÖVP, die bei jeder Gelegenheit politisch rechts blinkt, damit man ein paar Wählerstimmen generiert, und dann gleich wieder links abbiegt, diese
ÖVP ist das wahre Problem in diesem Land. (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrat Schennach: Das ist ja schon ... zur ÖVP! – Bundesrat Tiefnig: Und in Niederösterreich seid ihr in der Koalition?)

Ein aktuelles Beispiel ist jetzt wieder Innenminister Karner. Was macht er nach all den Messerattentaten, die es jetzt in Wien gegeben hat? – Er macht Waffenverbotszonen. Natürlich wird das von links bejubelt, das ist aber nicht zu Ende gedacht, meine Damen und Herren: Denn was passiert dadurch? –
Erstens einmal werden die rechtschaffenen Menschen entwaffnet, und all jene Kriminelle - - (Bundesrat Schreuder: Man sieht ja in den USA, wie super das
ist, wenn jeder eine Waffe trägt, na!)
Ich meine, Sie werden ja wohl nicht glauben, wenn jemand so kriminell ist und so eine niedrige Hemmschwelle bei Ge­walt hat, dass er wegen einer Kleinigkeit einem anderen ein Messer
in den Körper rammt, dass sich der wegen einer Verbotszone sein Messer nicht einsteckt. (Bundesrat Babler: Darum Trump wählen und alles verändern!)
Das glauben Sie doch nicht allen Ernstes! Nein, meine Damen und Herren, damit entwaffnen Sie nur die rechtschaffenen Menschen und machen sie zu
noch leichteren Opfern. (Beifall bei der FPÖ.)


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Zweitens: Auch dabei wird von Ihnen das wahre Problem wieder nicht ange­sprochen, denn wer, bitte schön, sind denn diese Messerstecher zu 99 Prozent? Es sind auch wieder Menschen aus aller Herren Länder, wo Probleme
anstatt mit Worten mit Waffen geregelt werden.

Jetzt kann ich Ihnen etwas sagen: Von meiner Kindheit an war ich auf unzähligen Festen, Kirtagen, Volksfesten. (Bundesrat Schennach: Schlägereien wahrschein­lich!) Wissen Sie, jeder Zweite, der dort eine Lederhose anhat, hat auch
ein Messer einstecken. (Bundesrat Zauner: Um die geht es ja nicht!) Das nennt man Knicker, aber genau die haben genauso das Verbot. (Bundesrat Zauner:
Genau das ist nicht der Fall! Das ist nicht vorgesehen!) –
Ja, natürlich! Herr Kollege Zauner, dann höre mir einmal zu, damit du auch verstehst, worum es mir
geht, denn ihr bringt immer den Spin: Das sind unsere Leute! (Bundesrat Zauner: Das ist ja nicht vorgesehen! Das wird nicht passieren! – Bundesrat Schreuder:
Die Knickerbocker-Bande!)
Das ist nicht Fakt! Die haben alle ein Messer einste­cken, und nicht einmal dann, wenn es zu späterer Stunde nach Alkohol­konsum irgendein Problem gibt, habe ich je gehört, dass bei irgendeinem Volks­fest jemals einer einen anderen mit einem Messer niedergestochen hat. (Bundesrat Zauner: Es wird nicht wahrer! Das ist nicht wahrheitsgemäß!) Ja, aber das, was ich Ihnen erklären will, und das wollen Sie einfach nicht hören:
Es sind nicht unsere Leute! Bei uns sticht niemand den anderen mit einem Mes­ser nieder! (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf der Bundesrätin Schumann.) Das
ist importierte Gewalt, und das wollen Sie nicht wahrhaben!

Besonders für den Kollegen Zauner von der ÖVP, weil er es nicht versteht: Ich frage Sie: Wer sind denn dann diese Problembären? Wer sind denn dann
diese Messerstecher, wenn es eh nicht die sind, von denen ich gerade gespro­chen habe, denn da bin ich voll und ganz bei Ihnen? Aber solange Sie,
Herr Zauner, nicht anfangen, dass Sie das Problem endlich beim Namen nennen, nämlich importierte Gewalt, so lange wird sich nichts an dem Problem
ändern. (Beifall bei der FPÖ.)


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In Wahrheit tut es Ihnen nur deshalb so weh, weil Sie genau wissen, Sie alle haben das mitzuverantworten. Wie gesagt, von SPÖ, Grünen und NEOS erwarte ich mir nichts anderes, enttäuschend ist da wieder einmal lediglich die
ÖVP. Die tut ja immer so, wie wenn sie eine konservative Partei wäre. In Wahr­heit ist die ÖVP der Spielball der Linken, das hat man die letzten vierein­halb Jahre bei der linken Migrationspolitik durch die Grünen gemerkt. (Heiterkeit bei der SPÖ.) Ich wiederhole mich in Richtung ÖVP: Meine Damen und
Herren! Das ist politisch feig, das ist politisch unehrlich und das ist so typisch ÖVP. (Anhaltender Beifall bei der FPÖ.)

22.51


Präsidentin Margit Göll: Der von den Bundesräten Andreas Arthur Spanring, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betref­fend „Herabsetzung der Strafmündigkeit“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? (Bundesrat Himmer hebt die Hand.) – Bitte, Herr Bundesrat Harald Himmer. (Bundesrätin Hahn: Das macht es nicht besser! – Bundesrat Schennach: Na! Jetzt hat euer Koalitionspartner aus Niederösterreich ge­sprochen, was willst denn noch? – Bundesrätin Schumann: Aus Oberösterreich,
aus Salzburg!)


22.52.06

Bundesrat Mag. Harald Himmer (ÖVP, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte nicht auf alles, was hier gesprochen worden ist, eingehen, aber zunächst
doch einmal auf den einen Punkt vonseiten der Sozialdemokratie.

Man kann jetzt unterschiedliche Meinungen darüber haben, warum der Jugendgerichtshof abgeschafft worden ist (Bundesrätin Schumann: Ja, habts ihn abgeschafft oder ned? Ja, ihr habt ihn abgeschafft!), aber die These zu ver­treten, dass, wenn es den Jugendgerichtshof gäbe, es dann diese Vorfälle nicht


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gegeben hätte (Bundesrätin Schumann: Das hat niemand gesagt! – weitere Zwischenrufe bei der SPÖ – Zwischenruf des Bundesrates Zauner), dass diejenigen Jugendlichen, die keinen Respekt vor Frauen haben, weil sie aus einer
Kultur kommen, in der sie diesen Respekt nicht haben müssen, hier keine Gewalttaten an Mädchen begehen würden, zu glauben, dass die das beeindruckt hätte, wenn es im 3. Bezirk den Jugendgerichtshof gegeben hätte, ist wirklich lächerlich. (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrätin Schumann: Das ist peinlich!)

Man kann natürlich in einer Debatte auch immer entsprechend polemisieren. (Bundesrat Schennach: Das nennt man surfen!) Kollege Spanring ist auf
dieser Klaviatur sehr, sehr bewandert. Es ist nur insgesamt zu überlegen, warum es über die Jahrzehnte – ich spreche jetzt wirklich über Jahrzehnte – die Hauptrolle der Freiheitlichen ist, nur großartig zu reden und nicht in Regierungs­verantwortung zu sein. – Weil ihr eben regelmäßig, wenn ihr Regierungsver­antwortung gehabt hat, entsprechend gescheitert seid. (Zwischenruf
des Bundesrates Spanring.)
Das ist seit Jahrzehnten so. Da lässt es sich natürlich leicht polemisieren.

Inhaltlich, sage ich, bin ich in einem hohen Ausmaß durchaus der Meinung des Kollegen Spanring (Bundesrat Schennach: Ach so?), dass vieles von der Kriminalität importiert ist. Es ist nicht alles, das möchte ich auch sagen, es ist nicht alles, aber vieles liegt an der Kultur der Zuwanderer, liegt an der
Religion, liegt an dem Frauenbild der Zuwanderer und liegt an der daraus abgeleiteten Respektlosigkeit insbesondere heranwachsender junger Männer gegenüber Frauen. Das ist einfach so und da gibt es auch nichts zu
leugnen.

Vor diesem Hintergrund ist es klar, dass wir als Österreichische Volkspartei diese Probleme nicht leugnen, an diesen Problemen auch nicht vorbeischauen
wollen und natürlich auch hier im parlamentarischen Raum für die Zukunft ent­sprechende Mehrheiten suchen, damit wir da zu entsprechenden
Änderungen kommen. (Bundesrat Schennach: Ja, super!)


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Jetzt wende ich mich natürlich an alle, die wirklich (Bundesrat Spanring: Jetzt haben wir dich gleich!) am Freitag um 23 Uhr noch via Livestream Bun­desrat schauen, an diese Gruppe, die zuvor gehört hat, dass die ÖVP ja jetzt mit den Freiheitlichen mitstimmen könnte und dass alles andere, weiß ich nicht,
feig oder pharisäerhaft oder was auch immer wäre. Es ist der Vorteil der Opposi­tion, kein Koalitionsübereinkommen zu haben (Bundesrätin Schumann:
Oh!),
und es ist ein Verhaltensmuster einer seriösen Partei, dass wir uns an ein Koalitionsübereinkommen halten (Ruf bei der SPÖ: Die Grünen sind schuld! – Bundesrätin Schumann: So wie in Niederösterreich, in Oberösterreich, in Salzburg!) und dass wir uns halt wechselseitig nicht niederstimmen. Das dürfen die
Zuseher und die Zuseherinnen auch wissen. Wir haben die Neigung, uns an Ver­einbarungen zu halten, und so exekutieren wir das Koalitionsüberein­kommen. Deswegen werden wir selbstverständlich dem Antrag der Freiheitli­chen nicht zustimmen.
(Beifall bei der ÖVP. – Ruf bei der SPÖ: Die Grünen
sind schuld!)

22.56


Präsidentin Margit Göll: Wünscht noch jemand das Wort? (Bundesrat Steiner hebt die Hand.) – Herr Bundesrat Christoph Steiner. (Rufe bei der SPÖ:
Nein!)


22.57.14

Bundesrat Christoph Steiner (FPÖ, Tirol): Ich muss nur Kollegen Himmer noch einmal kurz auf die Sprünge helfen, weil er gesagt hat, das freiheitliche
Thema ist seit Jahrzehnten das Ausländerthema. (Ruf bei der SPÖ: Kannst du deutsch reden?) Das stimmt ja so, dass wir uns seit Jahrzehnten über
die Ausländer - - (Bundesrat Himmer: Nein, ihr habt in den letzten Jahrzehnten nicht sonderlich oft besonders lange Regierungsverantwortung gehabt!) – Genau,
das stimmt allerdings. Ich erinnere nur an das Volksbegehren Österreich zuerst, das Haider initiiert hat. (Ruf bei der ÖVP: Den habt ihr aus der Partei ausge­schlossen! – Heiterkeit bei Bundesrät:innen der ÖVP.) Mach dir einmal die Arbeit, ruf dir das noch einmal in Google auf: Alles, was in diesem Volksbegehren drinnen gestanden ist, ist eingetreten, und das noch weit schlimmer! (Beifall bei


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der FPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.) Das habt ihr damals mit euren Medien und Lichtermeeren – und was weiß ich nicht alles – zu verhindern versucht.

Dann hat Kollege Himmer gesagt, in der Zeit, in der wir regiert haben, haben wir nicht viel gemacht. (Bundesrat Schreuder: Ibiza!) Ich sage nur eines: Wir
haben unter Innenminister Herbert Kickl in dieser Republik Ausreisezentren installiert. (Zwischenrufe bei ÖVP und SPÖ.) Was war die erste Amts­handlung eures ÖVP-Kurzzeit-Innenministers Ratz, oder so hat der geheißen, unter Sebastian Kurz? Der war keine 5 Minuten Innenminister, da hat
er die Ausreisezentren in Einreisezentren umbenannt. Das ist eure ÖVP-Politik! (Beifall bei der FPÖ. – Rufe bei der ÖVP: Das war die Expertenregierung! – Bundesrätin Eder-Gitschthaler: Der Ratz war nie unserer!)

Das war keine Expertenregierung, denk einmal nach! Das war keine Expertenregierung, denn kurzzeitig hat sich euer Sebastian Kurz die Minister für zwei, drei Tage selber ausgesucht, bis er dann im Parlament gekippt wurde.
Das war nicht die Expertenregierung. (Widerspruch bei der ÖVP.) – Ja
bitte, kennst du dich nimmer aus!? Ihr in der ÖVP habt schon so viele Regie­rungswechsel gehabt (Heiterkeit bei der FPÖ) und so viele Minister ge­tauscht, so viele Kanzler ausgetauscht, so viele Innenminister getauscht, so viele Außenminister getauscht, Staatssekretäre getauscht, dass ihr euch selber nimmer auskennt, wer überhaupt zuständig ist. Ich weiß es, weil
ihr - - (Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Ja, geh! (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf
des Bundesrates Himmer.)

Sich dann als ÖVP hierherzustellen und von der importierten Kriminalität
und von der importierten Gewalt zu reden: Ja, jetzt bin ich mir nicht ganz sicher, aber ist nicht 2015 eure Hanni mit den Teddybären am Hauptbahnhof gestanden und hat diese Leute, die jetzt diese Gewalttaten verüben, mit Teddy­bären beschmissen? War das nicht eure Hanni? Oder war es unsere
Hanni?
(Bundesrat Schreuder: Das ist deine Koalitionspartnerin!) Ich bin mir jetzt nimmer sicher, aber die gehört zu euch, das ist eure ÖVP-Innenministe­rin gewesen. Jetzt redet man in der ÖVP von der importierten Gewalt, aber vor


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fünf, sechs, sieben, acht, neun Jahren hat Hanni noch diese Leute mit Teddybä­ren beschmissen.

Geh, Herr Himmer, das ist ja lachhaft! Ihr könnt es vielleicht noch ein paar ÖVP-Funktionären erzählen, dass ihr jetzt plötzlich gegen die importierte Gewalt
und plötzlich für die Sicherheit der österreichischen Kinder, Jugendlichen und vor allen Dingen Mädchen seid. Das glauben euch vielleicht noch ein
paar ÖVP-Funktionäre, aber die Masse draußen und vor allen Dingen die Eltern jener Kinder, die unter eurer importierten Gewalt verstorben, verletzt
oder vergewaltigt worden sind, umgebracht worden sind, die glauben euch das schon lange nicht mehr. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Sich dann hierherzustellen und zu sagen, Himmer Harald von der ÖVP macht sich jetzt auf die Suche nach einer parlamentarischen Mehrheit, um das
zu verhindern: Also wir haben hier herinnen eine parlamentarische Mehrheit. Ich weiß nicht, wo du die parlamentarische Mehrheit suchst. Ich hoffe schon
in Österreich. (Bundesrat Himmer: Ich habe es dir zuerst erklärt! In der Koalition!)

Du suchst die parlamentarische Mehrheit in Österreich, oder? – So! Die parlamentarische Mehrheit gibt es in Vorarlberg, in Tirol, in Niederösterreich, in Salzburg, im Burgenland – überall gibt es sie. (Ruf bei der SPÖ: Im Burgen­land? – Heiterkeit und Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Was suchst du? Der Doskozil ist ja auch - - (Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Eben, deshalb gibt es auch die parlamentarische Mehrheit im Burgenland. Dort ist ja der Heckenschütze aus dem Schilf, der weiß ja, wie das funktioniert. Herr Himmer, es gibt diese parlamentarische Mehrheit im Nationalrat in der Republik Österreich, also das ist da drüben, und es gibt diese parlamentarische Mehrheit hier herinnen im Bundesrat.

Wenn es diese ÖVP ehrlich meinen würde, dann hätten wir das längst umsetzen können, auch über den Umstand – ihr wart ja unter dem Sebastian ganz
stolz darauf –, dass ihr genau für solche Fälle einen koalitionsfreien Raum ver-


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einbart habt. (Beifall bei der FPÖ.) Das habt ihr ja wochenlang medial ver­kündet, um das linke Projekt da links neben mir zu verteidigen. Was ist jetzt? – Nix! Null ist passiert. Das heißt, das mit dem Sand in die Augen streuen,
das haben die Leute längst überzuckert. Das sind jetzt noch eure letzten Über­lebenszucker und das war es aber dann hoffentlich auf längere Sicht mit
dieser verlogenen Partei ÖVP. (Beifall bei der FPÖ.)

23.03


Präsidentin Margit Göll: Wünscht noch jemand das Wort? (Bundesrat Himmer hebt die Hand.) – Herr Bundesrat Mag. Harald Himmer, bitte. (Bundesrat Schennach: Das gibt es ja nicht!)


23.03.27

Bundesrat Mag. Harald Himmer (ÖVP, Wien): Wie gesagt, mit Mehrheit meine ich Mehrheit im Rahmen der Koalition. Der Zuseher kann sich gerne ein
Bild davon machen, wie viel Freude es macht, mit einem Kollegen wie Bundesrat Steiner eine gemeinsame Vorgangsweise zu vereinbaren. (Bundesrat Babler:
Euer Koalitionspartner, gratuliere! – Bundesrätin Schumann: Euer Koalitionspart­ner! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Das macht viel Spaß und des­wegen findet das auch so oft statt. (Beifall bei der ÖVP.)

23.03


23.03.52

Präsidentin Margit Göll: Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall. Die Debatte ist somit geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung. – Bitte nehmen Sie Ihre Plätze ein.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch
zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmeneinhelligkeit. Der An­trag ist somit angenommen.

Es liegt ein Antrag der Bundesräte Andreas Arthur Spanring, Kolleginnen und Kollegen auf Fassung einer Entschließung betreffend „Herabsetzung
der Strafmündigkeit“ vor.


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 461

Hiezu ist eine namentliche Abstimmung verlangt worden.

Da dieses Verlangen von fünf Bundesräten gestellt wurde, ist gemäß § 54 Abs. 3 der Geschäftsordnung eine namentliche Abstimmung durchzuführen. Ich
gehe daher so vor.

Im Sinne des § 55 Abs. 5 der Geschäftsordnung erfolgt die Stimmabgabe nach Aufruf durch die Schriftführung in alphabetischer Reihenfolge mündlich
mit „Ja“ oder „Nein“. Ich bitte daher um eine deutliche Äußerung.

Ich ersuche nunmehr die Schriftführung um den Aufruf der Bundesräte in alpha­betischer Reihenfolge.

*****

(Über Namensaufruf durch Schriftführer Gfrerer geben die Bundesrät:innen ihr Stimmverhalten mündlich bekannt. Bundesrätin Schumann nach Auf­ruf des Bundesrates Kovacs, der nicht anwesend ist –: Nicht hier! – Bundesrat Schreuder: Aha, beide Burgenländer! Das ist natürlich Zufall! – Bundesrätin Kittl: Na, wo sind die Burgenländer? – Bundesrätin Schumann: Nicht hier, weiterlesen!
Geht schon weiter!)

*****


Präsidentin Margit Göll: Ich mache von meinem Stimmrecht Gebrauch und stim­me mit „Nein“.

Die Stimmabgabe ist beendet.

Ich unterbreche zur Auszählung der Stimmen kurz die Sitzung.

23.09.16*****

(Die zuständigen Bediensteten nehmen die Stimmenzählung vor. – Die Sitzung wird um 23.09 Uhr unterbrochen und um 23.10 Uhr wieder aufgenommen.)

23.10.46*****



BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 462

Präsidentin Margit Göll: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und gebe das Abstimmungsergebnis bekannt.

Demnach entfallen auf den gegenständlichen Entschließungsantrag bei 56 abgegebenen Stimmen 9 „Ja“-Stimmen und 47 „Nein“-Stimmen. (Zwischenruf des Bundesrates Schennach.)

Der Entschließungsantrag ist somit abgelehnt.

Mit „Ja“ stimmten die Bundesrät:innen:

Bernard;

Kofler;

Leinfellner;

Pröller;

Schartel, Spanring, Steiner, Steinmaurer;

Theuermann.

Mit „Nein“ stimmten die Bundesrät:innen:

Arlamovsky, Arpa;

Babler, Böhmwalder, Buchmann;

Ebner, Eder, Eder-Gitschthaler;

Fischer;

Geieregger, Gfrerer, Göll, Grimling, Gross, Grossmann, Gruber-Pruner;

Hahn, Hauschildt-Buschberger, Himmer, Huber, Hutter;

Jagl;

Kittl, Kohl;


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 463

Lancaster, Lassnig;

Mertel, Miesenberger;

Neurauter;

Obrecht;

Prügl;

Reisinger, Ruf, Ruprecht;

Schachner, Schennach, Schmid, Schreuder, Schumann, Schwarz-Fuchs, Schwindsackl, Stilleberger, Stotter;

Tiefnig;

Wanner, Wolff;

Zauner.

*****

23.11.0628. Punkt

Bericht der Bundesministerin für Justiz betreffend Jahresvorschau des BMJ auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Europäischen Kommission für 2024 sowie des Achtzehnmonatsprogramms des spanischen, belgischen und ungarischen Ratsvorsitzes (III-834-BR/2024 d.B. sowie 11463/BR d.B.)

Präsidentin Margit Göll: Wir gelangen nun zum 28. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Christoph Stillebacher. – Ich bitte
um den


BundesratStenographisches Protokoll965. Sitzung, 965. Sitzung des Bundesrats vom 5. April 2024 / Seite 464

Bericht.


23.11.42

Berichterstatter Christoph Stillebacher: Ich bringe den Bericht des Justiz­ausschusses über den Bericht des Bundesministeriums für Justiz
betreffend Jahresvorschau des BMJ für 2024.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, daher komme ich gleich zur Antragstellung:

Der Justizausschuss stellt nach Beratung der Vorlage den Antrag, den vorliegen­den Bericht zur Kenntnis zu nehmen.


Präsidentin Margit Göll: Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Andreas Arthur Spanring. – Bitte.


23.12.09

Bundesrat Andreas Arthur Spanring (FPÖ, Niederösterreich): Frau Vorsitzende! Frau Bundesminister! Kollegen im Bundesrat! Sehr geehrte Damen und
Herren vor den Bildschirmen! Wir diskutieren jetzt über den Bericht der Bundes­ministerin für Justiz betreffend Jahresvorschau 2024. Ich bin auch dankbar
für den Bericht, weil er tief blicken lässt: einerseits dahin gehend, was die Euro­päische Kommission so alles vorhat, aber auch dahin gehend, was diese Regierung samt SPÖ und NEOS dann offensichtlich wieder unterstützen will.

Der Bericht umfasst 71 Seiten. Einiges daraus ist jedenfalls unterstüt­zenswert, aber vieles daraus ist aus unserer Sicht einfach nur demokratiefeind­lich. Das Negative überwiegt leider bei Weitem, weshalb wir diesen Be­richt ganz sicher nicht zur Kenntnis nehmen werden.

Einige Bereiche verdienen unsere uneingeschränkte Zustimmung wie jener der Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt, doch leider
ist der Bericht voll mit Selbstverherrlichung und einem sich selbst Unfehlbarma­chen der Europäischen Kommission, insbesondere in Bezug auf die Einfüh­rung rechtlicher Vorkehrungen gegen die Hasskriminalität. Eines ist klar: Diese Einführung rechtlicher Vorkehrungen gegen die Hasskriminalität dient


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sicher nicht dazu, dass man die Gesellschaft schützt – das wird uns jetzt so vor­gegaukelt –, sondern dient der Spaltung, indem dann eben wieder Wis­senschaftler und Bürger, die es wagen, eine abweichende Meinung zu vertreten, mundtot gemacht werden können.

Dieses Mundtotmachen haben wir während Corona bereits einmal erlebt.
Jetzt bekommt das Ganze aber eine neue Qualität, denn die Kommis­sion will künftig Kritik kriminalisieren, obwohl sich jetzt, wenn ich Corona heranziehe, im Nachhinein herausstellt, dass ja viele dieser Menschen,
die kritisiert haben, ganz einfach recht gehabt haben. Dennoch sollen sie na­türlich zum Schweigen gebracht werden. Sie wollen ja auch keine echte Coronaaufarbeitung, besonders Sie von der ÖVP nicht.

Künftige Kritik an den Entscheidungen der Europäischen Kommission, zum Bei­spiel bezüglich Ankauf von Impfstoffen, oder wenn Sie kritisieren, dass
die Covid-Maßnahmen nicht wirken würden, oder wenn Sie kritisieren, dass die Finanzierung von Kriegen vielleicht schlecht ist, das kann also künftig als
Hass ausgelegt werden, und das soll unterdrückt werden.

Was will uns die Europäische Kommission damit sagen? – Wir, die Kommission, sagen euch dann, was Wissenschaft ist, und wir, die Kommission, schrän­ken eure Freiheitsrechte massiv ein – natürlich nur zu eurem Besten – und ga­rantieren dadurch eure Sicherheit. Wir, die Kommission, erklären euch,
wie ihr zu leben habt, nämlich richtig zu leben habt. Wir, die Kommission, sagen euch, was ihr künftig noch sagen dürft – dann ist es auch mit der Mei­nungsfreiheit in Ordnung. Wir, von der Kommission, sind einmal grundsätzlich unschuldig, egal worum es geht, denn schuld sind grundsätzlich immer
die anderen. Das steht in diesem Bericht so drinnen. (Beifall bei der FPÖ. – Zwi­schenruf der Bundesrätin Arpa.)

Das Ziel wird dann vielleicht am Ende ein Wahrheitsministerium sein,
und dieses Ministerium entscheidet dann, was stimmt und was nicht stimmt, was richtig und was falsch ist, was Hass ist und was eben nicht Hass ist. Ganz


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nach dem Motto – derzeit scheint es ja ganz so –: Der linke Zweck heiligt alle Mittel, vor allem auch die politische Verfolgung Andersdenkender. Da
kann man sagen: George Orwell lässt grüßen. (Beifall bei der FPÖ.)

Meine Damen und Herren, ich weiß, es ist schon etwas spät, aber fällt Ihnen da vielleicht etwas auf? Fällt der SPÖ da etwas auf, weil Sie sich ja angeblich
immer so stark für Demokratie machen? – Das ist eine glatte Aushöhlung der Demokratie. Das finden Sie, vor allem von links, jetzt vielleicht toll, aber
Sie bedenken eines nicht: Vielleicht sind nicht immer jene Menschen
an der Macht, die Ihre Meinung vertreten und die Ihre politische Einstellung teilen. Sie unterstützen jetzt hier Gesetze, die ein totalitäres Handeln demokratisch legitimieren. Glauben Sie mir, wenn es dann einmal nicht mehr so ist, dass Ihre Einstellung zum Beispiel in Brüssel die Mehrheit hat, dann
werden Sie verteufeln, dass Sie da an den Schalthebeln herumgewerkt haben und so etwas legitimiert haben. (Bundesrat Schreuder: Ist das eine
Drohung?)

Unsere Meinung dazu ist hingegen ganz eindeutig: Niemand, meine Damen und Herren, sollte eine solche Macht haben, egal welcher politischer Einstellung
er angehört. (Beifall bei der FPÖ.)

Was an dieser Entwicklung ja wirklich grotesk ist: Sie rollen jedem politisch Verfolgten mittels Asyl den roten Teppich aus, gleichzeitig unterstützen Sie aber die Installation eines Instruments, das über kurz oder lang genau auf diese politische Verfolgung abzielt – auch das merken Sie anscheinend nicht. Dann sind das dieselben Personen, die das gutheißen, dann aber über Russland
oder andere Länder lästern. Ich erkenne da schon sehr viele Parallelen dieser Kommissionsvorhaben zu solch totalitären Staaten – das einfach einmal nur zum Nachdenken, auch wenn es natürlich um die Uhrzeit vielleicht dem einen
oder anderen schwerfällt.

Des Weiteren wird in diesem Bericht der Schutz wohlgesonnener Journalisten und willfähriger NGOs vor Slapp-Klagen gefordert. Einmal grundsätzlich:


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Auch wir sind gegen solche Klagen, aber nicht nur für regierungstreue Medien und für von den Regierungen gekaufte NGOs, sondern das muss auch für
jene Bürger gelten, die ganz einfach eine andere Meinung haben und sich diese auch offen zu artikulieren trauen.

All das passiert natürlich nicht. Das Ganze passiert dann unter dem Deckmantel des Schutzes der freien Meinungsäußerung, und wie zu Corona ist dann
wieder genau das Gegenteil der Fall: Eine Meinung wird zugelassen, alle anderen sind Schwurbler. Oder auch jetzt: Eine Meinung wird zugelassen, alle
anderen sind Putin-Freunde. Oder: Eine Meinung wird zugelassen, und alle anderen sind Klimaleugner. Genau das ist das, was Sie hier machen.
(Beifall bei der FPÖ. –
Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Auch da, meine Damen und Herren, lässt Orwell grüßen. Es gäbe noch viele, vie­le weitere Kritikpunkte, die aufzuzählen ich mir aber ersparen kann, denn
ich muss sagen, inzwischen ist es so: Die Menschen draußen erkennen inzwi­schen sehr gut, was los ist und was da abgeht. Unsere Bürger werden
Gott sei Dank immer kritischer. Wer am Ende recht behalten wird, wissen wir alle nicht, das werden wir alle am 9. Mai (Bundesrätin Eder-Gitschthaler:
9. Juni!)
bei der EU-Wahl und auch im Herbst bei der Nationalratswahl sehen. Da kommt dann die große Abrechnung mit der Politik in der Wahlkabine.

Für Kollegin Geieregger von der ÖVP, weil sie es nicht erwarten kann: Ja, wir freuen uns genauso wie Sie auf einen Volkskanzler Herbert Kickl. (Beifall
bei der FPÖ. – Bundesrätin Geieregger: Na, ich freu mich nicht!)

23.20


Präsidentin Margit Göll: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Claudia Hau­schildt-Buschberger. Ich erteile ihr dieses.


23.20.28

Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger (Grüne, Oberösterreich): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Werte Kolleginnen und Kolle­gen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher, die um 23.20 Uhr noch eifrig zuhören!


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Die vorliegende Jahresvorschau mit 29 Themenbereichen gibt für die
Justiz einen Überblick über die aktuellen und geplanten legislativen Aktivitäten auf europäischer Ebene. Der Fokus für die Justiz liegt für das laufende
Jahr einerseits bei der Finalisierung der wichtigen noch offenen Legislativdos­siers und andererseits bei der Präsentation ausgewählter bedeutender Vorschläge.

Herausgreifen möchte ich schon auch den Punkt Gewalt gegen Frauen, das ist und bleibt – das zeigen die wiederkehrenden erschreckenden Ereignisse –
eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung. Die Richtlinie zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt ist daher ein zentrales
Anliegen des Justizressorts und der gesamten Bundesregierung. Die erfolgte Einigung mit dem Europäischen Parlament ist sehr zu begrüßen. Als
erstes Instrument zur EU-weiten Stärkung des Gewaltschutzes ist diese Richt­linie ein Meilenstein im weiteren Kampf gegen Gewalt an Frauen hin zu
mehr Geschlechtergerechtigkeit und Gewaltschutz.

Der Entwurf enthält überwiegend Maßnahmen im Bereich des materiellen Strafrechts und des Strafverfahrensrechts, insbesondere Opferschutz
und Opferhilfe im Strafverfahren. Eine von Österreich gemeinsam mit zehn anderen Mitgliedstaaten dazu abgegebene Protokollerklärung ist ein
wichtiges Signal dafür, dass es in diesem Bereich auf Unionsebene weiteren Handlungsbedarf gibt.

Nicht unerwähnt lassen möchte ich den Hinweis auf die zahlreichen Maßnah­men verbunden mit den entsprechenden Mitteln, die die Bundesregie­rung in dieser Regierungsperiode auf den Weg gebracht hat, um gegen Gewalt an Frauen zu wirken.

Werte Kolleginnen und Kollegen, Sie finden in diesem Bericht sehr viele weitere Punkte, aber da die Zeit fortgeschritten ist, möchte ich auf etwas ganz
anderes eingehen, was jetzt aufgrund der Rede von Kollegen Spanring, glaube ich, ganz gut passt. Vor Kurzem hat die Cosac in Brüssel stattgefunden,


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und da möchte ich für den Themenbereich Justiz und EU noch einen wichtigen Programmpunkt der Konferenz jetzt hier im Plenum erwähnen und viel­leicht auch einen kleinen Exkurs in Sachen Demokratie geben.

Wir haben von Kollegen Spanring jetzt gehört: abweichende Meinung, mundtot machen, Kritik kriminalisieren, zum Schweigen gebracht werden, politi­sche Verfolgung, Aushöhlung der Demokratie – ich glaube, es gibt hier ein grundlegendes Missverständnis. Vielleicht ist es ganz hilfreich, wenn ich auch Bezug auf den Slot zur Zukunft der Demokratie und des Rechtsstaates in
Europa nehme.

Der EU-Kommissar für Justiz und Rechtsstaatlichkeit Didier Reynders hob die grundlegende Bedeutung der Rechtsstaatlichkeit der EU hervor und beton­te dabei die Rolle der nationalen Parlamente beim Schutz des Rechtsstaates, und Koen Lenaerts, Präsident des Europäischen Gerichtshofes, befasste sich
mit der Frage der rechtlichen Qualität jener Werte, auf denen die EU aufbaut. Ich glaube, es ist ganz wichtig, was er gesagt hat: In Zeiten, in denen auto­ritäre Tendenzen zunehmen, müsse die EU als Wiege der Freiheit und Gerechtig­keit fungieren. Die EU sei eine gemeinsame Rechtsordnung und ihre Werte
seien nicht nur das Ergebnis eines Top-down-Ansatzes, sondern es
gäbe eine Dynamik von unten, die auf den konstitunellen,
konti- -, konsti- - – okay, das Wort kommt heute nicht mehr raus (allgemeine Heiterkeit) – Werten der Mitgliedstaaten fußt. EU-Werte machen
nationale Identität möglich, das ist kein Widerspruch.

Ich verkürze es jetzt etwas, es ist tatsächlich schon sehr spät, aber Françoise Tulkens, Vizepräsidentin am Europäischen Gerichtshof für Menschen­rechte, forderte eine Diskussion darüber ein, was der Rechtsstaat in einer Demokratie bedeutet. Demokratie brauche man, um Gerechtigkeit und Frieden einzuhalten. Sie sei ein moralisches und politisches Ideal. Sie bedeutet
zudem nicht einfach Mehrheit, sondern auch den Schutz der Minderheit, und heute steht sie auf dem Prüfstand.


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Sie sehen, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, die EU-Ebene wirkt wesentlich mit, um Demokratie und Rechtsstaatlichkeit sicherzustellen
und weiterzuentwickeln, und zwar genau nicht so, wie es Kollege Spanring ver­sucht hat darzustellen.

Das wollte ich gerade an dieser Stelle auch in Hinblick auf die bevor­stehende EU-Wahl sagen. Die EU-Wahl ist übrigens am 9. Juni und nicht am 9. Mai, wie der Kollege gesagt hat – aber gut, wen wundert das? Es ist aber auch schon spät.

In diesem Sinne ersuche ich Sie um breite Zustimmung beziehungsweise Kenntnisnahme des vorliegenden Berichtes. – Danke. (Beifall bei den Grünen
und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)

23.26


Präsidentin Margit Göll: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Mag. Christine Schwarz-Fuchs. Ich erteile ihr dieses.


23.26.11

Bundesrätin Mag. Christine Schwarz-Fuchs (ÖVP, Vorarlberg): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kolle­gen und Zuschauer via Livestream! Die Jahresvorschau des Bundesministeriums für Justiz, die auf Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Europäischen Kommission für 2024 sowie des Achtzehnmonatsprogramms des spanischen, belgischen und ungarischen Ratsvorsitzes erstellt wurde,
befasst sich mit drei Themenblöcken – wir haben es bereits gehört –: Strafrecht, Zivilrecht und Datenschutz. Es geht vor allem um weitere Vorhaben
im Rahmen der Umsetzung der sechs übergreifenden Ziele der EU-Kommission.

Im vorliegenden Bericht sind meiner Meinung nach sehr wichtige Vorha­ben enthalten, und ich kann daher auch nicht verstehen, warum die FPÖ diesen Bericht nicht zur Kenntnis nehmen möchte.

Ich möchte kurz auf ein paar Punkte eingehen. Besonders hervorzuheben
ist aus meiner Sicht die EU-weite Zusammenarbeit der Justiz bei Strafsachen


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sowie Zivil- und Handelssachen. Die Digitalisierung der Justiz ist in diesem Zusammenhang ein wichtiges Vorhaben, das darauf abzielt, den Zu­gang zur Justiz zu erleichtern und die Effizienz der Justizsysteme zu steigern.

Besondere Priorität hat laut dem vorliegenden Bericht die Richtlinie zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt. Diese Richtlinie zielt darauf ab, Mindeststandards im EU-Recht zu verankern und ist ein
wichtiger Schritt im Kampf gegen geschlechtsspezifische Menschenrechtsver­letzungen.

Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt sind leider in der gesamten EU weiterhin weit verbreitet. Österreich unterstützt in diesem Zusammenhang auch die Einführung von vier neuen Straftatbeständen, nämlich sexuelle Nöti­gung, intersexuelle Genitalverstümmelung, Zwangssterilisation und Zwangshei­rat. Verbesserung bei diesem wichtigen Thema und auch die grenzüber­schreitende Zusammenarbeit im Bereich der Justiz wirken sich direkt auf die Gleichstellung von Frauen und Mädchen aus.

Weiters soll auch die Opferschutzrichtlinie geändert beziehungsweise angepasst werden. So soll sichergestellt werden, dass Opfer von Straftaten überall in
der EU die Hilfe und den Schutz erhalten, den sie benötigen.

Weiters soll die Richtlinie zur Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs und der sexuellen Ausbeutung von Kindern sowie der Kinderpornografie überar­beitet werden. Das ist auch ein sehr wichtiger Punkt.

Es sollen außerdem weitere Anstrengungen zur wirksamen Bekämpfung von schwerer, grenzüberschreitender organisierter Kriminalität, Terrorismus, gewaltorientiertem Extremismus und Waffenschmuggel unternommen werden.

Auch im Bereich der Hasskriminalität und Hassrede – wir haben es bereits gehört – soll die Liste der Straftaten erweitert werden. Hetze und Hasskriminalität haben leider in ganz Europa sowohl offline als auch online zugenommen, und es ist daher wichtig, mit Maßnahmen
entgegenzuwirken.


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Kollege Spanring von der FPÖ, ich möchte noch etwas zu deinen Ausführungen sagen. Es geht hier nicht darum, Leute mundtot zu machen (Bundesrat
Spanring: Das habt ihr schon gemacht!)
oder Kritik nicht mehr zuzulassen. (Bundes­rat Spanring: Habt ihr auch schon gemacht! Dafür gibt es das Strafrecht! Das ist
alles eine billige Ausrede!)
Es geht um die Art und Weise, wie jemand
seine Meinung zum Ausdruck bringt, und da hat Hass keinen Platz. – Man kann seine Meinung auch wertschätzend zum Ausdruck bringen. (Beifall bei
den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)

Hass vergiftet das Leben, sagt man, und wir wollen doch nicht eine vergiftete Gesellschaft zulassen, Herr Kollege Spanring! (Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Zusätzlich zu den bereits erwähnten Vorschlägen gibt es noch weitere Vorhaben im Justizbereich wie die Verbesserung des EU-Rechtsrahmens im Bereich
der Bekämpfung von Schlepperkriminalität und der Umweltkriminalität. Nach Angaben von Interpol und des Umweltprogrammes der Vereinten
Nationen steht Umweltkriminalität nach dem Drogenhandel, dem Menschen­handel und Fälschung weltweit bereits an vierter Stelle. Umweltkrimi­nalität nimmt jährlich um 5 bis 7 Prozent zu.

Menschenhandel ist wie gerade erwähnt das zweitgrößte Problem weltweit. Ein weiteres wichtiges Vorhaben ist daher auch auf europäischer Ebene die
Revision der Richtlinie zur Verhütung und Bekämpfung des Menschenhandels mit speziellem Fokus auf Kinderhandel. Ich finde, dieses Thema ist eine
der schrecklichsten Realitäten unserer Welt. Der Menschenhandel, insbesondere der Handel mit unschuldigen Kindern, ist eine Tragödie, die sich überall
auf der Welt – leider auch bei uns in Europa – abspielt. (Ruf bei der FPÖ: Ja, wa­rum wohl?!)

Ich habe das beispielsweise erfahren können oder auch erfahren müssen,
als ich als Bundesratspräsidentin in Polen an der Grenze zur Ukraine
war. Da waren sehr viele ukrainische Flüchtlingslager und man hat uns von so


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vielen Kindern berichtet, die verschwunden sind, Frauen, die verschwun­den sind – nicht mehr auffindbar –, Menschen, die man verschleppt hat. Irgend­wo landen Sie dann wieder oder auch nicht mehr, man weiß es nicht.
Das ist aber bei uns, das ist mitten in Europa.

Kinderhandel ist ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Es raubt Kindern ihre Unschuld, ihre Kindheit und ihre Zukunft. Es zerreißt Familien, zerstört
Träume und hinterlässt tiefe Narben in den Herzen und Seelen der Opfer. Kinder sind die Zukunft unserer Welt. Sie verdienen es, beschützt, geliebt und ge­fördert zu werden. Wir dürfen nicht zulassen, dass ihre unschuldigen Seelen von der Gier und Grausamkeit – anders kann ich es nicht nennen – einiger
weniger zerstört werden. (Beifall bei den Grünen sowie bei Bundesrät:innen von ÖVP und SPÖ.)

Es ist daher sehr wichtig, dass europaweit gegen den Menschenhandel, vor allem auch gegen den Kinderhandel, weitere Maßnahmen erlassen werden.

Abschließend möchte ich betonen, dass sich Österreich für eine starke und effektive Zusammenarbeit auf europäischer Ebene einsetzt. Es ist wichtig, dass sich Österreich einbringt und sich dafür einsetzt, die Rechtsstaatlichkeit,
die Demokratie und die Grundrechte in der Europäischen Union zu stärken. Ich bitte Sie daher, den gegenständlichen Bericht zur Kenntnis zu nehmen. 
Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)

23.33


Präsidentin Margit Göll: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Elisabeth Grossmann. Ich erteile ihr dieses.


23.33.33

Bundesrätin Mag. Elisabeth Grossmann (SPÖ, Steiermark): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und
Herren! Meine Fraktion nimmt den Bericht zur Kenntnis, und damit wünsche ich Ihnen einen schönen Abend und eine gute Heimreise. (Beifall bei SPÖ,
ÖVP und Grünen.)

23.33



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Präsidentin Margit Göll: Zu Wort gelangt nun Bundesministerin Dr. Alma Zadić. – Bitte.


23.33.58

Bundesministerin für Justiz Dr. Alma Zadić, LL.M.: Frau Präsidentin! Geschätzte Mitglieder des Bundesrates! Da ich jetzt die letzte Rednerin bin, die
Sie vom Ende dieser Sitzung trennt, werde ich mich wirklich sehr kurz fassen.

Das Arbeitsprogramm der Europäischen Kommission ist wirklich sehr
umfassend. Es werden einige wichtige Dossiers finalisiert, ein paar weitere werden weiter ausgearbeitet, die wichtigsten wurden schon genannt
und erwähnt: Der Kampf gegen Kinderhandel und auch sexuellen Missbrauch von Kindern ist ein wichtiger Kampf, den wir weiterführen werden.

Einen zweiten Punkt möchte ich nennen – und das ist ein großer Erfolg –: Das ist das Lieferkettengesetz. Wir haben jahrelang dafür gekämpft und es gibt
jetzt einen Kompromissvorschlag, der im Rat angenommen wurde (Ruf bei der SPÖ: Ja, aber die Umsetzung!), der jetzt endlich da ist, und den gilt es
dann auch umzusetzen.

Vieles wurde schon genannt. Ich werde Sie nicht weiter mit dem Rest beschäftigen. Ich wünsche Ihnen allen noch einen schönen Abend und hoffe, der Bericht stößt auf Zustimmung. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen sowie
bei Bundesrät:innen von ÖVP und SPÖ.)

23.35


23.35.13

Präsidentin Margit Göll: Vielen Dank, Frau Ministerin.

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist somit geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung. Bitte nehmen Sie Ihre Plätze ein.


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Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, den gegenständlichen Bericht zur Kenntnis zu nehmen, um ein Hand­zeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

Die Tagesordnung ist erschöpft.

23.35.46Einlauf


Präsidentin Margit Göll: Ich gebe noch bekannt, dass seit der letzten beziehungsweise in der heutigen Sitzung insgesamt acht Anfragen eingebracht wurden.

*****

Die Einberufung zur nächsten Sitzung des Bundesrates wird auf schriftlichem Wege erfolgen. Als Sitzungstermin wird Mittwoch, der 24. April 2024,
9 Uhr, in Aussicht genommen.

Für die Tagesordnung dieser Sitzung kommen insbesondere jene Beschlüsse in Betracht, die der Nationalrat bis dahin verabschiedet haben wird, soweit
diese dem Einspruchsrecht beziehungsweise dem Zustimmungsrecht
des Bundesrates unterliegen.

Die Ausschussvorberatungen sind für Montag, 22. April 2024, 14 Uhr, vorge­sehen.

Ich wünsche Ihnen allen einen schönen Abend, und kommen Sie gut nach Hause!

Die Sitzung ist geschlossen.

23.36.37Schluss der Sitzung: 23.36 Uhr

 

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