Plenarsitzung
des Bundesrates
968. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich
Donnerstag, 27. Juni 2024
Bundesratssaal
Stenographisches Protokoll
968. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich
Donnerstag, 27. Juni 2024
Dauer der Sitzung
Donnerstag, 27. Juni 2024: 2023: 9.00 – 22.12 Uhr
*****
Tagesordnung
1. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Kinderbetreuungsgeldgesetz, das Familienlastenausgleichsgesetz 1967, das Mutterschutzgesetz, das Väter-Karenzgesetz, das Landarbeitsgesetz und das Betriebliche Mitarbeiter- und Selbständigenvorsorgegesetz geändert werden (Sonderwochengeld-Gesetz)
2. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Opferfürsorgegesetz geändert wird
3. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine
Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das
Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Beamten-Kranken- und
Unfallversicherungsgesetz
geändert werden
4. Punkt: Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Förderung von Gewaltambulanzen (Gewaltambulanzenförderungs-Gesetz – GewaltAFG) erlassen wird
5. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Datenschutzgesetz geändert wird
6. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Wehrgesetz 2001, das Heeresdisziplinargesetz 2014, das Heeresgebührengesetz 2001, das Auslandseinsatzgesetz 2001, das Militärbefugnisgesetz und das Militärauszeichnungsgesetz 2002 geändert werden (Wehrrechtsänderungsgesetz 2024 – WRÄG 2024)
7. Punkt: Bundesgesetz zur Einrichtung einer nationalen Behörde für die Cybersicherheitszertifizierung (Cybersicherheitszertifizierungs-Gesetz – CSZG)
8. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über eine Verbrauchsteuer auf Mineralöl, Kraftstoffe und Heizstoffe (Mineralölsteuergesetz 2022 – MinStG 2022) geändert wird
9. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Telekommunikationsgesetz 2021 geändert wird
10. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Ausländerbeschäftigungsgesetz, das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz, das Asylgesetz 2005 und das Ausbildungspflichtgesetz geändert werden
11. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 geändert wird
12. Punkt: Bundesgesetz, mit dem ein
Bundesgesetz über die Förderung
der Erzeugung von erneuerbarem Wasserstoff nicht biogenen Ursprungs sowie ein
Bundesgesetz zur Begründung von Vorbelastungen durch die Bundesministerin
für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie
erlassen werden
13. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Gaswirtschaftsgesetz 2011, das Gasdiversifizierungsgesetz 2022 und das Energielenkungsgesetz 2012 geändert werden
14. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das
Bundesgesetz zur Abmilderung
von Krisenfolgen und zur Verbesserung der Marktbedingungen im Falle von
marktbeherrschenden Energieversorgern erlassen wird
15. Punkt: Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird
16. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das
Informationsordnungsgesetz,
das Datenschutzgesetz, das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 und das Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985
geändert werden
17. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das
Rechnungshofgesetz 1948 und
das Volksanwaltschaftsgesetz 1982 geändert werden
18. Punkt: Antrag der Bundesräte Dr. Andrea
Eder-Gitschthaler,
Marco Schreuder, Korinna Schumann, Klemens Kofler, MMag. Dr. Karl-Arthur
Arlamovsky, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Änderung der
Geschäftsordnung des Bundesrates (419/A-BR/2024)
19. Punkt: Wahl der beiden Vizepräsident:innen, der Schriftführer:innen und der Ordner:innen für das 2. Halbjahr 2024
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Inhalt
Bundesrat
Schreiben des
Präsidenten des Wiener Landtages betreffend Mandatsverzicht
des Bundesrates MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky und
Wahl
eines Ersatzmitglieds ................................................................................................... 63
Angelobung der Bundesrätin Dr. Manuela-Anna Sumah-Vospernik ......................... 20
Schlussansprache der Präsidentin Margit Göll .......................................................... 21
Schreiben des
Generalsekretärs für auswärtige Angelegenheiten im Bundesministerium für europäische und
internationale Angelegenheiten
gemäß Art. 50 Abs. 5 B-VG betreffend Erteilung der Vollmacht
zur Aufnahme von Verhandlungen über ein Abkommen zwischen der Republik
Österreich und der Tschechischen Republik über die Zusammenarbeit im
Bereich des grenzüberschreitenden Schutzes des Luftraums vor
nichtmilitärischen Bedrohungen aus der Luft durch den
Bundespräsidenten ..................................................................................................... 65
Wortmeldung der Bundesrätin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler im Zusammenhang mit der an Bundesminister Mag. Gerhard Karner eingebrachten Dringlichen Anfrage ........ 70
Ersuchen des Bundesrates Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross um Erteilung eines Ordnungsrufes ............................................................................................................................. 179
19. Punkt: Wahl der beiden Vizepräsident:innen, der Schriftführer:innen und der Ordner:innen für das 2. Halbjahr 2024 ........................................................................................... 313
Verlesung der vorgesehenen Fassung eines Teiles des Amtlichen Protokolls dieser Sitzung durch Vizepräsident Mag. Franz Ebner ............................................................................... 419
Genehmigung des verlesenen Teiles des Amtlichen Protokolls ......................... 419
Aktuelle Stunde (116.)
Thema: „Österreichs Außenpolitik in einer Zeit des globalen Wandels“ ........... 26
Redner:innen:
Mag. Christine Schwarz-Fuchs .................................................................................... 27
Stefan Schennach ......................................................................................................... 30
Markus Leinfellner ........................................................................................................ 34
Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross ................................................................................................. 37
Bundesminister Mag. Alexander Schallenberg, LL.M. ................................................ 40
Mag. Christian Buchmann ........................................................................................... 44
Mag. Elisabeth Grossmann .......................................................................................... 47
Andreas Arthur Spanring ............................................................................................. 49
Marco Schreuder .......................................................................................................... 51
Dr. Manuela-Anna Sumah-Vospernik ......................................................................... 54
Bundesregierung
Schreiben des Bundeskanzleramtes betreffend Aufenthalt eines Mitglieds der Bundesregierung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union ...................................... 62
Vertretungsschreiben ................................................................................................. 69
Nationalrat
Beschlüsse und Gesetzesbeschlüsse ........................................................................ 69
Ausschüsse
Zuweisungen ...................................................................................................... 58, 419
Dringliche Anfragen
der Bundesrät:innen Dominik
Reisinger, Kolleginnen und Kollegen an
den Bundesminister für Inneres betreffend „4.000 fehlende
Polizist:innen – handeln Sie endlich im Sinne der Sicherheit, Herr
Innenminister!“
(4202/J-BR/2024) ..................................................................................................... 209
Begründung: Dominik Reisinger ............................................................................... 209
Bundesminister Mag. Gerhard Karner ...................................................................... 213
Debatte:
Korinna Schumann ..................................................................................................... 226
Philipp Kohl ................................................................................................................. 232
Günter Pröller ............................................................................................................. 234
Marco Schreuder ........................................................................................................ 237
Michael Wanner ......................................................................................................... 240
Matthias Zauner ......................................................................................................... 245
Klemens Kofler ............................................................................................................ 248
Günter Kovacs ............................................................................................................ 249
Andreas Arthur Spanring ........................................................................................... 253
Mag. Harald Himmer .................................................................................................. 258
Entschließungsantrag der Bundesrät:innen Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Österreich fehlen 4.000 Polizist:innen“ – Ablehnung ........... 231, 261
der Bundesrät:innen Christoph
Steiner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für EU
und Verfassung betreffend „Anschlag auf
die Existenz unserer Landwirte“ (4203/J-BR/2024) ............................................ 316
der Bundesrät:innen Christoph
Steiner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für
Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität,
Innovation und Technologie betreffend „Anschlag auf die Existenz unserer
Landwirte“ (4204/J-BR/2024) .................................................................................................................... 317
Begründung: Christoph Steiner................................................................................. 317
Bundesministerin Mag. Karoline Edtstadler ............................................................. 336
Bundesministerin Leonore Gewessler, BA ................................................................ 342
Gemeinsame Debatte gemäß § 61 Abs. 6 GO-BR Debatte:
Andrea Michaela Schartel .......................................................................................... 352
Matthias Zauner ......................................................................................................... 357
Stefan Schennach ....................................................................................................... 361
MMag. Elisabeth Kittl, BA ......................................................................................... 369
Dr. Manuela-Anna Sumah-Vospernik ....................................................................... 372
Marlies Doppler .......................................................................................................... 375
Johanna Miesenberger ............................................................................................... 382
Simone Jagl ................................................................................................................. 391
Markus Leinfellner ...................................................................................................... 394
Ferdinand Tiefnig ....................................................................................................... 399
Andreas Arthur Spanring ........................................................................................... 404
Michael Bernard ......................................................................................................... 410
Silvester Gfrerer .......................................................................................................... 411
Entschließungsantrag der Bundesrät:innen Christoph Steiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Entlassung der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie“ – Ablehnung ................................................. 381, 418
Entschließungsantrag der Bundesrät:innen Markus Leinfellner, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Rücknahme des EU-Renaturierungsgesetzes“ – Ablehnung 397, 418
Verhandlungen
1. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 12. Juni
2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine
Sozialversicherungsgesetz,
das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Kinderbetreuungsgeldgesetz,
das Familienlastenausgleichsgesetz 1967, das Mutterschutzgesetz, das
Väter-Karenzgesetz, das Landarbeitsgesetz und das Betriebliche
Mitarbeiter- und Selbständigenvorsorgegesetz
geändert werden (Sonderwochengeld-Gesetz) (2553 d.B. und
2587 d.B. sowie 11502/BR d.B.) ........................................................................................................................................ 71
Berichterstatterin: Claudia Hauschildt-Buschberger ................................................ 71
Redner:innen:
Heike Eder, BSc MBA ................................................................................................... 72
Mag. Sandra Gerdenitsch ............................................................................................. 73
Andrea Michaela Schartel ............................................................................................ 74
Claudia Hauschildt-Buschberger ................................................................................. 75
Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ............................................................ 78
2. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 12. Juni
2024 betreffend
ein Bundesgesetz, mit dem das Opferfürsorgegesetz geändert
wird (4065/A und 2588 d.B. sowie 11503/BR d.B.) .............................................. 78
Berichterstatterin: Claudia Hauschildt-Buschberger ................................................ 78
Redner:innen:
Marco Schreuder .......................................................................................................... 79
Philipp Kohl ................................................................................................................... 81
Mag. Daniela Gruber-Pruner ....................................................................................... 83
Günter Pröller ............................................................................................................... 86
Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ............................................................ 87
3. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 12. Juni
2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine
Sozialversicherungsgesetz,
das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz
und das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert
werden (4038/A und 2579 d.B. sowie 11498/BR d.B. und
11511/BR d.B.) .............................................................. 87
Berichterstatterin: Heike Eder .................................................................................... 87
Redner:innen:
Sandra Böhmwalder ..................................................................................................... 88
Mag. Sandra Gerdenitsch ............................................................................................. 90
Markus Steinmaurer ..................................................................................................... 92
Simone Jagl ................................................................................................................... 93
Dr. Manuela-Anna Sumah-Vospernik ......................................................................... 96
Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ............................................................ 98
4. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 12. Juni 2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Förderung von Gewaltambulanzen (Gewaltambulanzenförderungs-Gesetz – GewaltAFG) erlassen wird (4067/A und 2565 d.B. sowie 11506/BR d.B.) ............................................................................................................................... 98
Berichterstatterin: Viktoria Hutter ............................................................................ 99
Redner:innen:
Mag.a Claudia Arpa ...................................................................................................... 99
MMag. Elisabeth Kittl, BA ......................................................................................... 104
Barbara Prügl .............................................................................................................. 108
Andreas Arthur Spanring ........................................................................................... 111
Bundesministerin Dr. Alma Zadić, LL.M. ................................................................... 114
Klara Neurauter .......................................................................................................... 117
Dr. Manuela-Anna Sumah-Vospernik ....................................................................... 118
Entschließungsantrag der Bundesrät:innen Mag.a Claudia Arpa, Kolleginnen und Kollegen betreffend „gesetzliche Verankerung von Gewaltambulanzen“ – Ablehnung 103, 121
Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .......................................................... 121
5. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 12. Juni
2024 betreffend
ein Bundesgesetz, mit dem das Datenschutzgesetz geändert wird (4031/A und
2566 d.B. sowie 11496/BR d.B. und 11507/BR d.B.) ....................................................................... 121
Berichterstatterin: Viktoria Hutter .......................................................................... 122
Redner:innen:
Dr. Manfred Mertel .................................................................................................... 122
Marco Schreuder ........................................................................................................ 125
Andreas Arthur Spanring ........................................................................................... 126
Mag. Bernhard Ruf ..................................................................................................... 129
Bundesministerin Dr. Alma Zadić, LL.M. ................................................................... 131
Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .......................................................... 133
6. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 12. Juni 2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wehrgesetz 2001, das Heeresdisziplinargesetz 2014, das Heeresgebührengesetz 2001, das Auslandseinsatzgesetz 2001, das Militärbefugnisgesetz und das Militärauszeichnungsgesetz 2002 geändert werden (Wehrrechtsänderungsgesetz 2024 – WRÄG 2024) (2554 d.B. und 2573 d.B. sowie 11508/BR d.B.) ..................................................................... 133
Berichterstatter: Silvester Gfrerer ............................................................................ 134
Redner:innen:
Markus Leinfellner ............................................................................................ 134, 148
Philipp Kohl ................................................................................................................. 137
Michael Wanner ......................................................................................................... 139
MMag. Elisabeth Kittl, BA ......................................................................................... 143
Bundesministerin Mag. Klaudia Tanner ................................................................... 145
Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .......................................................... 150
7. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 13. Juni 2024 betreffend ein Bundesgesetz zur Einrichtung einer nationalen Behörde für die Cybersicherheitszertifizierung (Cybersicherheitszertifizierungs-Gesetz – CSZG) (2552 d.B. und 2582 d.B. sowie 11509/BR d.B.) .......................................................................................................... 150
Berichterstatterin: Dr. Andrea Eder-Gitschthaler ................................................... 151
Redner:innen:
Günter Pröller ................................................................................................... 151, 158
Viktoria Hutter ........................................................................................................... 153
Daniel Schmid ............................................................................................................. 154
Marco Schreuder ........................................................................................................ 157
Staatssekretärin Claudia Plakolm ............................................................................. 159
Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .......................................................... 161
8. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 13. Juni 2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über eine Verbrauchsteuer auf Mineralöl, Kraftstoffe und Heizstoffe (Mineralölsteuergesetz 2022 – MinStG 2022) geändert wird (4068/A und 2585 d.B. sowie 11512/BR d.B.) .......................................................................................................... 161
Berichterstatterin: Barbara Prügl ............................................................................. 162
Redner:innen:
Mag. Sascha Obrecht ....................................................................................... 162, 185
Elisabeth Wolff, BA .................................................................................................... 166
Horst Schachner ......................................................................................................... 169
Michael Bernard ......................................................................................................... 171
Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross ............................................................................................... 175
Günter Kovacs ............................................................................................................ 178
Johanna Miesenberger ............................................................................................... 180
Andreas Arthur Spanring ........................................................................................... 186
Entschließungsantrag der Bundesrät:innen Horst Schachner, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Pendler:innen entlasten statt belasten!“ – Ablehnung .......... 170, 188
Entschließungsantrag der Bundesrät:innen Michael Bernard, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Autofahrer: Belohnen statt Bestrafen“ – Ablehnung ............ 174, 188
Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .......................................................... 187
9. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 13. Juni
2024 betreffend
ein Bundesgesetz, mit dem das Telekommunikationsgesetz 2021 geändert
wird (4066/A und 2583 d.B. sowie 11510/BR d.B.) ............................................................................. 188
Berichterstatterin: Bernadette Geieregger, BA ....................................................... 189
Redner:innen:
Mag. Bernhard Ruf ..................................................................................................... 189
Stefan Schennach ....................................................................................................... 191
Günter Pröller ............................................................................................................. 192
Marco Schreuder ........................................................................................................ 193
Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .......................................................... 194
10. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 13. Juni 2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ausländerbeschäftigungsgesetz, das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz, das Asylgesetz 2005 und das Ausbildungspflichtgesetz geändert werden (2528 d.B. und 2589 d.B. sowie 11504/BR d.B.) ............................................................................................... 194
Berichterstatter: Matthias Zauner ........................................................................... 195
Redner:innen:
Doris Hahn, MEd MA ................................................................................................. 195
Philipp Kohl ................................................................................................................. 198
Andrea Michaela Schartel .......................................................................................... 199
Claudia Hauschildt-Buschberger ............................................................................... 201
Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .......................................................... 204
11. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 13. Juni 2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 geändert wird (2550 d.B. und 2590 d.B. sowie 11505/BR d.B.) .......................................................................................................... 204
Berichterstatter: Matthias Zauner ........................................................................... 204
Redner:innen:
Korinna Schumann ..................................................................................................... 205
Günther Ruprecht ....................................................................................................... 261
Marlies Doppler .......................................................................................................... 263
Dipl.-Ing. Dr. Maria Huber ......................................................................................... 266
Entschließungsantrag der Bundesrät:innen Marlies Doppler, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Recht auf analoge Inanspruchnahme und Teilhabe an den Dienstleistungen der Verwaltung und der Daseinsvorsorge“ – Ablehnung ................................. 265, 268
Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .......................................................... 268
12. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 12. Juni 2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Förderung der Erzeugung von erneuerbarem Wasserstoff nicht biogenen Ursprungs sowie ein Bundesgesetz zur Begründung von Vorbelastungen durch die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie erlassen werden (2555 d.B. und 2575 d.B. sowie 11499/BR d.B.) .................... 269
Berichterstatterin: MMag. Elisabeth Kittl, BA ........................................................ 269
Redner:innen:
Günter Kovacs ............................................................................................................ 270
Ing. Isabella Kaltenegger ............................................................................................ 271
Michael Bernard ......................................................................................................... 273
Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross ............................................................................................... 275
Bundesministerin Leonore Gewessler, BA ................................................................ 279
Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .......................................................... 282
13. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 12. Juni 2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gaswirtschaftsgesetz 2011, das Gasdiversifizierungsgesetz 2022 und das Energielenkungsgesetz 2012 geändert werden (4074/A und 2576 d.B. sowie 11497/BR d.B. und 11500/BR d.B.) .................................................................................................. 282
Berichterstatterin: MMag. Elisabeth Kittl, BA ........................................................ 283
Redner:innen:
Michael Bernard ......................................................................................................... 283
Sandra Lassnig ............................................................................................................ 286
Mag. Bettina Lancaster .............................................................................................. 287
Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross ............................................................................................... 289
Bundesministerin Leonore Gewessler, BA ................................................................ 294
Annahme des Antrages der Berichterstatterin, 1.
gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben
und 2. dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß
Art. 44
Abs. 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen ............................ 296
14. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 12.
Juni 2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz zur Abmilderung
von Krisenfolgen und zur Verbesserung
der Marktbedingungen im Falle
von marktbeherrschenden Energieversorgern erlassen wird (4073/A und
2577 d.B. sowie 11501/BR d.B.) .......................................................................................................... 297
Berichterstatterin: MMag. Elisabeth Kittl, BA ........................................................ 298
Redner:innen:
Ferdinand Tiefnig ....................................................................................................... 298
Mag. Sandra Gerdenitsch .......................................................................................... 300
Klemens Kofler ............................................................................................................ 301
Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross ............................................................................................... 302
Bundesministerin Leonore Gewessler, BA ................................................................ 304
Dr. Andrea Eder-Gitschthaler .................................................................................... 307
Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .......................................................... 308
Gemeinsame Beratung über
15. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 13. Juni 2024 betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird (3848/A und 2593 d.B. sowie 11513/BR d.B.) ............................................................................. 308
Berichterstatter: Markus Stotter, BA ....................................................................... 309
16. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 13. Juni 2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Informationsordnungsgesetz, das Datenschutzgesetz, das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 und das Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 geändert werden (2594 d.B. sowie 11514/BR d.B.) ....................................................................................... 308
Berichterstatter: Markus Stotter, BA ....................................................................... 309
17. Punkt: Beschluss
des Nationalrates vom 13. Juni 2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das
Rechnungshofgesetz 1948 und
das Volksanwaltschaftsgesetz 1982 geändert werden (2595 d.B.
sowie 11515/BR d.B.) ............................................................................................................................. 309
Berichterstatter: Markus Stotter, BA ....................................................................... 309
18. Punkt: Antrag der
Bundesräte Dr. Andrea Eder-Gitschthaler,
Marco Schreuder, Korinna Schumann, Klemens Kofler, MMag. Dr. Karl-Arthur
Arlamovsky, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Änderung der
Geschäftsordnung des Bundesrates (419/A-BR/2024 sowie 11516/BR d.B.) ............................................................... 309
Berichterstatter: Markus Stotter, BA ....................................................................... 309
Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 15, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................... 311
Annahme des Antrages des Berichterstatters zu
Punkt 16, 1. gegen den vorliegenden Beschluss des
Nationalrates keinen Einspruch zu erheben
und 2. dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß
Artikel 30a
B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen ........................................ 311
Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 17, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................... 311
Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 18, der dem Ausschussbericht angeschlossenen Änderung der Geschäftsordnung des Bundesrates die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen ............................................................................................ 311
Eingebracht wurden
Antrag der Bundesrät:innen
Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einführung eines Kündigungsschutzes für schwer kranke Arbeitnehmerinnen und eines Entgeltfortzahlungsfonds zur Absicherung der Betriebe( 421/A(E)-BR/2024)
Anfragen der Bundesrät:innen
Daniel Schmid, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend
gesetzliche
Verpflichtung von Aufsichtstätigkeiten im Verkehrsträger
Eisenbahn (4196/J-BR/2024)
Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Schüler*innen und Lehrlingsfreifahrt für alle in Ausbildung (4197/J-BR/2024)
Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend
Schüler*innen und Lehrlingsfreifahrt
für alle in Ausbildung (4198/J-BR/2024)
Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Schüler*innen und Lehrlingsfreifahrt für alle in Ausbildung (4199/J-BR/2024)
Korinna Schumann,
Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien betreffend
Schüler*innen
und Lehrlingsfreifahrt für alle in Ausbildung (4200/J-BR/2024)
Mag. Sascha Obrecht,
Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend
Polizei-Waffenübungen mitten im Wohngebiet Biotope City
in Wien (4201/J-BR/2024)
Dominik Reisinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend 4.000 fehlende Polizist:innen – handeln Sie endlich im Sinne der Sicherheit, Herr Innenminister! (4202/J-BR/2024)
Christoph Steiner,
Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für EU und Verfassung
betreffend Anschlag auf die Existenz unserer Landwirte
(4203/J-BR/2024)
Christoph Steiner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Anschlag auf die Existenz unserer Landwirte (4204/J-BR/2024)
Michael Bernard, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Wahlkampftaktik auf Kosten der Pendler? (4205/J-BR/2024)
Christoph Steiner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend ASFINAG Mautstelle Schönberg (4206/J-BR/2024)
Klemens Kofler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Bereits auffälliger Asylwerber schlägt abermals zu (4207/J-BR/2024)
Christoph Steiner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Geschmacklose Informationskampagne für eine Minderheit (4208/J-BR/2024)
Anfragebeantwortungen
des Bundesministers für Arbeit und Wirtschaft auf die Anfrage der Bundesrät:innen Christian Fischer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Auszahlung des Energiekostenzuschuss II an Klein- und Mittelunternehmen (3866/AB-BR/2024 zu 4174/J-BR/2024)
des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch auf die Anfrage der Bundesrät:innen Markus Leinfellner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ausgleichstaxe für Menschen mit Behinderung (3867/AB-BR/2024 zu 4175/J-BR/2024)
der Bundesministerin für Landesverteidigung auf die Anfrage der Bundesrät:innen Andreas Arthur Spanring, Kolleginnen und Kollegen betreffend Fortbestehende Missstände beim ÖBH, insbesondere dem JgB12 sowie dem GÜPL Hengstberg (3868/AB-BR/2024 zu 4178/J-BR/2024)
des Bundesministers für
Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Bundesrät:innen Christoph
Steiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Nationaler
Bildungsbericht, Ergebnisse und aktuelle Daten
bezüglich Sprachlichkeit und Nationalitäten (3869/AB-BR/2024 zu 4179/J-BR/2024)
des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Bundesrät:innen Andrea Michaela Schartel, Kolleginnen und Kollegen betreffend Sachbeschädigungen an steirischen Gymnasien (3870/AB-BR/2024 zu 4180/J-BR/2024)
der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der
Bundesrät:innen Markus Leinfellner, Kolleginnen und Kollegen
betreffend Personalknappheit
an steirischen Landesgerichten (3871/AB-BR/2024 zu 4182/J-BR/2024)
der Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration
und Medien
auf die Anfrage der Bundesrät:innen Christoph Steiner,
Kolleginnen und Kollegen betreffend Wir kennen die Zahl der Imame nicht! (3872/AB-BR/2024
zu 4176/J-BR/2024)
des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und
Forschung auf die Anfrage der Bundesrät:innen Christoph Steiner,
Kolleginnen und Kollegen
betreffend Nationaler Bildungsbericht, Ergebnisse und aktuelle Daten bezüglich
Migrationsstatus und Sprachlichkeit (3873/AB-BR/2024
zu 4181/J-BR/2024)
der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Bundesrät:innen Markus Leinfellner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erlassung und Durchsetzung von LKW-Fahrverboten (3874/AB-BR/2024 zu 4177/J-BR/2024)
Beginn der Sitzung: 9 Uhr
Vorsitzende: Präsidentin Margit Göll, Vizepräsident Dominik Reisinger, Vizepräsident Mag. Franz Ebner.
Präsidentin Margit Göll: Einen wunderschönen guten Morgen, ich eröffne die 968. Sitzung des Bundesrates.
Das Amtliche Protokoll der 967. Sitzung des Bundesrates vom 29. Mai 2024 ist aufgelegen und wurde nicht beanstandet.
Als verhindert gemeldet ist niemand.
In unserer Runde sehr herzlich begrüßen darf ich Bundesratspräsidenten außer Dienst Edgar Mayer. – Herzlich willkommen! (Allgemeiner Beifall.)
Präsidentin Margit Göll: Eingelangt ist ein Schreiben des Wiener Landtages betreffend Mandatsverzicht und Wahl eines Ersatzmitgliedes. (siehe S. 61)
Da Bundesrat MMag. Dr. Karl-Arthur
Arlamovsky auf sein Mandat verzichtet hat, ist sein
Ersatzmitglied Dr. Manuela-Anna Sumah-Vospernik ex lege auf
das durch das Ausscheiden von Bundesrat MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky
frei gewordene Mandat nachgerückt.
Das neue Mitglied des Bundesrates
ist im Hause anwesend. Ich werde
daher sogleich die Angelobung vornehmen.
Nach Verlesung der Gelöbnisformel durch die Schriftführung wird die Angelobung mit den Worten „Ich gelobe“ zu leisten sein. – Ich ersuche nun die Schriftführung um Verlesung der Gelöbnisformel.
Schriftführerin Mag. Daniela Gruber-Pruner: Einen schönen guten Morgen! Ich verlese die Gelöbnisformel für die Mitglieder des Bundesrates: „Sie werden geloben unverbrüchliche Treue der Republik, stete und volle Beachtung der Gesetze sowie gewissenhafte Erfüllung Ihrer Pflichten.“
*****
(Bundesrätin Dr. Manuela-Anna Sumah-Vospernik leistet die Angelobung mit den Worten „Ich gelobe“.)
*****
Herzlich willkommen im Bundesrat!
Präsidentin Margit Göll: Ich begrüße das neue Mitglied des Bundesrates recht herzlich in unserer Mitte. (Allgemeiner Beifall. – Das neue Mitglied des Bundesrates wird von seinen Kolleginnen und Kollegen beglückwünscht.)
Ich darf in unserer Mitte auch Herrn Bundesminister Alexander Schallenberg sehr herzlich begrüßen. – Herzlich willkommen! (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen.)
Präsidentin
Margit Göll: Sehr
geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und
Kollegen! In wenigen Tagen wird Niederösterreich den Vorsitz in der
Länderkammer und in der Landeshauptleutekonferenz an
Oberösterreich übergeben. (Bundesrat Steiner: Na Gott sei
Dank!)
Die Präsidentschaft im Bundesrat geht damit für mich zu Ende.
(Bundesrat Steiner: Gott sei Dank!)
Die niederösterreichische
Präsidentschaft stand unter dem Motto Gemeinsam über Grenzen: Europa
verbindet. Ich habe dieses Motto ganz bewusst
gewählt, nicht nur wegen der damals anstehenden Wahl zum Europaparlament,
sondern vor allem weil ich als Bürgermeisterin einer Grenzlandgemeinde regelmäßig erfahren darf, wie intensiv eine gemeinsame EU-Mitgliedschaft benachbarte Länder verbindet.
Sehr oft haben wir im Wahlkampf gehört,
was uns in der EU trennt, was
es an der Entwicklung der Union auszusetzen gibt, was nicht funktioniert und was am besten sofort abgestellt werden sollte. Ich
will das auch gar nicht herunterspielen, denn viele dieser Vorwürfe
sind berechtigt. Die EU neigt zu Überregulierung, die Subsidiarität
kommt zunehmend unter die Räder,
das Migrationsproblem ist ungelöst, die Hoffnungen in den Green Deal waren
überzogen, und wirtschaftlich fallen wir weiter hinter China und die
USA zurück.
Es gibt jedoch auch eine andere Seite, die oft
zu wenig Beachtung findet: die vielen Vorteile, die die EU den Bürgerinnen
und Bürgern gebracht hat
und die wie selbstverständlich hingenommen werden oder von denen viele
nicht einmal wissen, dass sie der EU zuzuschreiben sind.
Vor einer Woche habe ich mit EU-Kommissar
Johannes Hahn am Europaforum Wachau teilgenommen und darüber
gesprochen, was sich in meinem Heimatbundesland Niederösterreich mit
dem EU-Beitritt unserer Nachbarstaaten zum Positiven verändert
hat. Etwa die grenzüberschreitende und grenzübergreifende
Zusammenarbeit mit Tschechien im Rettungswesen, bei
den Feuerwehren, aber auch bei der Polizei ist bereits beispielgebend, und wir
werden daran arbeiten, sie weiter zu intensivieren.
Niederösterreich hat bereits mehrere
Interreg-Leuchtturmprojekte umgesetzt, etwa das Healthacross for
Future aus meiner Region. In Gmünd entstand das europaweit erste
grenzüberschreitende Gesundheitszentrum,
das wir im Rahmen von Bundesrat im Bundesland gemeinsam besichtigt haben. Dort
wurde uns eindrucksvoll präsentiert, wie Zusammenarbeit im Gesundheitswesen
über Grenzen hinweg konkret gelebt wird, die Menschen in den Regionen
unterstützt und ihnen zugutekommt.
Die Bundesratskonferenz
„Jugend ohne Grenzen“ sollte Jugendlichen die Möglichkeit
geben, ihren Meinungen, Ideen und Initiativen Gehör zu verschaffen. Jugendliche
aus ganz Österreich, der Slowakei und Tschechien kamen im Parlament
zusammen, um über ihre Zukunft in einem Europa ohne
Grenzen zu diskutieren, und wir haben dabei erfahren, wie junge Menschen das
geeinte Europa erleben und was sie sich von der Europapolitik erhoffen.
Armutsbekämpfung, Maßnahmen gegen den Klimawandel, Bekämpfung
von Terrorismus und die Schaffung von Arbeitsplätzen stehen ganz oben
auf der Wunschliste unserer Jugend.
In den Grenzregionen Europas
befinden sich Kinder und Jugendliche oft in einer besonderen Situation. Sie
erleben hautnah die Auswirkungen politischer
und wirtschaftlicher Veränderungen. Doch gerade darin liegen auch sehr
große Chancen.
Grenzregionen können
Brücken bauen, sie sind Orte der Begegnung und
des Austausches. Es ist wichtig, dass wir unsere Regionen stärken.
Der Besuch der Mitglieder der
Präsidiale des Bundesrates in Tschechien hat uns die vielen Aspekte der
grenzüberschreitenden Zusammenarbeit vor Augen geführt. Mit dem
tschechischen Senatsvorsitzenden Miloš Vystrcil haben wir Gespräche
über die Perspektiven der Bürgerinnen und Bürger in den
Grenzregionen geführt. Im Austausch mit dem tschechischen Minister
für Bildung, Jugend und Sport standen vor allem die Belange der Jugend,
aber insbesondere die elementare Bildung und die Schulbildung im Mittelpunkt.
Die Wahl des Europaparlaments und die Mobilisierung der Jugend, ihr Wahlrecht in Anspruch zu nehmen, standen dann im Mittelpunkt des Austausches mit der Präsidentin der Abgeordnetenkammer des tschechischen Parlaments.
Auch Migration und Sicherheit, insbesondere die Unterstützung der Länder für die Ukraine im jeweiligen Rahmen, waren Thema unseres Gesprächs.
Diese Themen kamen auch beim
Treffen mit dem Außenminister der Tschechischen Republik zur Sprache.
Das Treffen mit dem Minister für europäische Angelegenheiten
der Tschechischen Republik stand dann im Zeichen der Beitrittsperspektiven der
Länder des Westbalkans sowie der Republik
Moldau und der Ukraine.
Zum Abschluss führte der
Besuch der Bundesratsdelegation nach Telc, wo wir mit dem
Senatspräsidenten zunächst die Grundschule besuchten, um vor
Ort die Fortschritte in der Bildungszusammenarbeit der Grenzregion
kennenzulernen.
Auch für die weitere Arbeit in meiner Gemeinde und im ländlichen Raum brachte das viele neue Perspektiven.
Wichtig war mir in dieser Präsidentschaft außerdem, das Augenmerk auf die Anliegen der Frauen zu lenken. Deshalb fand auch am 8. März, am Weltfrauentag, eine Veranstaltung im Parlament statt. Dabei habe ich jenen Aspekt in den Mittelpunkt gestellt, der mir besonders wichtig ist: die Beteiligung von Frauen an politischen Entscheidungsprozessen.
Politischer Einfluss ist entscheidend für die Förderung von Chancengleichheit
und die Beseitigung von Diskriminierung aufgrund des Geschlechts. Ich
habe
dazu besondere Mutmacherinnen eingeladen, ihre ganz persönliche Geschichte
zu erzählen – Frauen, die Widerstände aus dem Weg
geräumt haben und
sich durchgesetzt haben.
Die Anliegen der Jugend, der Frauen und insbesondere unserer
Bundesländer habe ich auch bei meinen vielen Gesprächen im letzten
Halbjahr stets transportiert. Ich habe mit dem Bundeskanzler, mit allen
Ministern und Staatssekretären gesprochen, mit vielen Botschaftern,
der Präsidentin des
Deutschen Bundestages, dem Präsidenten des ukrainischen Parlaments, Vertretern
der Glaubensgemeinschaften wie dem Bischof in Sankt Pölten oder
dem Präsidenten der Israelitischen Kultusgemeinde Wien.
Unserer Funktion als Länder- und Europakammer können wir nur gerecht werden, wenn wir unsere Anliegen so oft wie möglich hinaustragen und der Länderkammer Gehör verschaffen.
Besonders ist mir der
respektvolle und wertschätzende Umgang in den Gesprächen mit
allen Fraktionen wichtig. In einer Zeit wie dieser, in der wir uns
wieder vor wichtigen Wahlen befinden, ist das weiterhin ein sehr zentrales Anliegen:
wie wir nach den Wahlen auf kollegialer Ebene unter Beachtung
der Vorbildfunktion, die uns Politikern zugeschrieben wird, persönliche
Befindlichkeiten hintanstellen und die Interessen derer, die wir
vertreten, in den Vordergrund stellen.
Ein zentraler Aspekt ist die
Bedeutung einer gemäßigten Sprache und natürlich auch des
respektvollen Umgangs miteinander. Wir müssen uns bewusst
sein, dass unsere Äußerungen und unser Verhalten nicht nur unsere
politischen Konkurrenten, sondern auch die Menschen in unserem Land
beeinflussen.
Eine gemäßigte Sprache fördert den konstruktiven Dialog und
trägt
dazu bei, Spannungen abzubauen und Lösungen zu finden, die dem Wohl aller
dienen.
Der politische Diskurs lebt von unterschiedlichen Meinungen und Perspektiven. Wir dürfen aber niemals vergessen, dass wir alle Teil derselben demokratischen Gemeinschaft sind. Ich appelliere an Sie alle, sich dieser Verantwortung bewusst zu sein und sich für einen respektvollen Umgang miteinander einzusetzen. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen sowie der Bundesrätin Sumah-Vospernik.)
Nur so können wir
gemeinsam dazu beitragen, dass unsere Demokratie
stark und lebendig bleibt und unsere Gesellschaft nicht weiter
auseinanderdriftet.
Zum Schluss möchte ich Ihnen allen sagen, dass ich natürlich sehr stolz bin, für mein Heimatbundesland Niederösterreich den Vorsitz im Bundesrat geführt zu haben. Dass dies so gut verlaufen ist, verdanken wir insbesondere den
vielen
Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern hier im Haus. Mein herzlicher
Dank geht an Bundesratsdirektorin Susanne Bachmann, ihre Stellvertreterin Alice
Alsch-Harant und besonders an meine Assistentin Paula Jenner.
Großer Dank gilt auch der
Veranstaltungsabteilung, die bei der komplexen Vorbereitung der
Jugendkonferenz wirklich hervorragende Arbeit geleistet
hat, sowie dem Internationalen Dienst für die profunde und professionelle
Begleitung und Unterstützung bei allen internationalen
Gesprächen.
Meinem Nachfolger Franz Ebner
wünsche ich viel Erfolg für die Präsidentschaft
Oberösterreichs. – Alles Gute für deinen Vorsitz, Franz! (Beifall
bei
ÖVP und Grünen, bei Bundesrät:innen von SPÖ und FPÖ
sowie der Bundesrätin Sumah-Vospernik.)
Ich danke Ihnen für die
Unterstützung dieser Präsidentschaft und wünsche Ihnen und
Ihren Familien eine schöne und erholsame Sommerzeit. – Vielen
Dank. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen sowie der
Bundesrätin Sumah-Vospernik.)
Präsidentin Margit Göll: Wir gelangen nun zur Aktuellen Stunde zum Thema
„Österreichs Außenpolitik in einer Zeit des globalen Wandels“
mit dem Herrn Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten Mag. Alexander Schallenberg, den ich noch einmal herzlich willkommen heißen darf.
In der Präsidialkonferenz wurde Einvernehmen über
folgenden Ablauf
erzielt: Zunächst kommt je ein Redner, eine Rednerin pro Fraktion zu Wort,
dessen beziehungsweise deren Redezeit jeweils 10 Minuten
beträgt. Sodann
folgt die Stellungnahme des Herrn Bundesministers, die ebenfalls
10 Minuten nicht überschreiten soll. Danach folgt wiederum je ein Redner,
eine Red-
nerin der Fraktionen sowie anschließend eine
Wortmeldung der Bundesrätin ohne Fraktion mit einer Redezeit von
jeweils 5 Minuten. Zuletzt kann noch
eine abschließende Stellungnahme des Herrn Bundesministers erfolgen, die
nach Möglichkeit 5 Minuten nicht überschreiten soll.
Als Erste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Mag. Christine Schwarz-Fuchs. – Bitte.
Bundesrätin
Mag. Christine Schwarz-Fuchs (ÖVP, Vorarlberg): Sehr geehrte Frau
Präsidentin! Werter Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen
und Kollegen! Werte Besucherinnen und Besucher und Zuseher vor den Bildschirmen!
Unsere Welt ist im ständigen Wandel, geprägt von geopolitischen Verschiebungen
und globalen Herausforderungen wie dem Klimawandel und der Migration. Gerade
für ein kleines Land wie Österreich, das stark
von globalen Entwicklungen abhängig ist und auch von diesen geprägt wird, spielt
die Außenpolitik eine entscheidende Rolle, um Österreichs Interessen
zu wahren und gleichzeitig einen Beitrag zu einer stabileren
und gerechteren Welt zu leisten.
Unsere Rolle als neutrales Land und als Mitglied der
Europäischen Union verlangt eine feinfühlige und gleichzeitig
entschlossene Außenpolitik. Aktuell gibt es einige krisenhafte
Entwicklungen auf dieser Welt. Neben dem Krieg in der Ukraine, den Konflikten
im Nahen Osten und zwischen Armenien und Aserbaidschan ist auch die
sicherheitspolitische Lage in der Sahelzone, am Horn von Afrika, im Sudan und
auch in der Demokratischen Republik Kongo,
mit einer der schlimmsten humanitären Krisen der Welt, besorgniserregend –
um nur einige zu nennen.
Über den Ukrainekrieg
wurde in diesem Haus bereits viel gesprochen.
Ich muss die Dinge nicht wiederholen, lassen Sie mich nur einen Punkt dazu
sagen: Dieser Ukrainekrieg und die destruktive Haltung von Russland bringen die
OSZE in Gefahr. Für Österreich ist es daher eine
außenpolitische Priorität,
den Erhalt und die Funktionsfähigkeit der OSZE sicherzustellen und sich in diesem Sinne zu engagieren.
Im Nahen Osten beobachten wir
den anhaltenden Konflikt zwischen
Israel und Gaza mit großer Besorgnis. Österreich setzt sich für
eine Zweistaatenlösung ein, die – auf Dialog und
friedlicher Koexistenz basierend – ausverhandelt
werden soll. Wir unterstützen humanitäre Initiativen und bemühen uns,
durch unsere diplomatischen Kanäle zur Deeskalation beizutragen.
Ein weiteres zentrales Thema
unserer Außenpolitik ist die EU-Erweiterung am Westbalkan.
Österreich hat großes Interesse daran, diese Region näher an die Europäische Union heranzuführen.
Die Stabilität und der Wohlstand
des Westbalkans sind für die Sicherheit und das wirtschaftliche
Wohlergehen Europas von entscheidender Bedeutung. Anstelle eines binären
Denkens
in Form von Vollmitgliedschaft oder Nichtmitgliedschaft ist aus
österreichischer Sicht ein schrittweiser Ansatz erforderlich, das
heißt eine schrittweise Integration.
Ein weiterer wichtiger Aspekt
der Außenpolitik Österreichs ist die Neutralität und
Friedenssicherung. Österreichs Neutralität ist ein historisches Erbe
und ein Grundpfeiler unserer Außenpolitik. Vor allem auch die
Friedenssicherung ist ein wichtiger Aspekt unserer Außenpolitik. In
diesem Zusammenhang
ist es auch wichtig, Österreichs Bemühungen in Bezug auf die Abrüstung, die nuklearwaffenfreie
Welt und die Einhaltung und Stärkung des humanitären Völkerrechts
zu erwähnen, aber auch jene in Bezug auf
eine rechtlich verbindliche Regulierung von autonomen Waffensystemen,
nämlich dass die Beibehaltung bedeutender menschlicher Kontrolle
über kritische Funktionen dieser Waffensysteme essenziell ist.
(Beifall bei der ÖVP.)
Was das Ziel der nuklearwaffenfreien Welt betrifft: Das nukleare Abrüstungs- und Nichtverbreitungsregime steht aktuell enorm unter Druck. Wir befin-
den uns in
einer scheinbar aussichtslosen Zwickmühle: Stillstand bei der Abrüstung,
Rückzieher bei der Nichtverbreitung – die nuklearen Risiken
sind
größer denn je.
Wir müssen diesen
Teufelskreis durchbrechen. Dieses Ziel erreichen
wir am ehesten mit dem von Österreich mitinitiierten Atomwaffenverbotsvertrag,
der seit 2021 in Kraft ist. Österreich zählt zu den zentralen Initiatoren dieses
Vertrages. Der Prozess steht jedoch erst am Beginn und für die
Zielerreichung werden die Bemühungen und Aktivitäten im Bereich
der Bewusstseinsbildung über Risiken und Auswirkungen von Atomwaffen weiter
fortgeführt.
Ich weiß nicht, ob Ihnen
allen bewusst ist, dass die Weltuntergangsuhr
auf nur 90 Sekunden vor Mitternacht steht. Die Gefahr eines katastrophalen
Atomkriegs beziehungsweise einer globalen Katastrophe ist extrem
hoch – sogar höher als während des Kalten Krieges. Das
Ausmaß dieser Bedrohung muss der
Menschheit verdeutlicht werden, denn eine Abkehr
von nuklearer Abschreckung und der
Drohung mit Massenvernichtung als Grundlage der internationalen
Sicherheitsarchitektur ist dringend
erforderlich. (Beifall bei der ÖVP.)
Österreich thematisiert seit Jahren die
humanitären Auswirkungen von Nuklearwaffen und die Risiken der nuklearen
Abschreckung. Der Einsatz für eine nuklearwaffenfreie Welt ist für
Österreich eine außenpolitische Priorität.
In einer Zeit, in der geopolitische Spannungen zunehmen, ist es wichtiger denn
je, dass Österreich seine neutrale Position nutzt, um Brücken zu
bauen
und den Dialog zu fördern. Unser Engagement in den Vereinten Nationen und
in anderen internationalen Organisationen ist dabei von zentraler Bedeutung.
Wir müssen weiterhin aktiv zu Krisensicherheit, Friedenssicherung und
Konfliktbewältigung beitragen und unsere diplomatischen
Fähigkeiten in den
Dienst der globalen Gemeinschaft stellen.
Die Außenpolitik ist neben Sicherheit und Finanzen
eine Kernaufgabe unseres Staates. Zur Wahrung unserer Interessen ist es
wichtig, dass Österreich
auch in Zukunft die lange Tradition einer berechenbaren, verlässlichen und konstruktiven
Außenpolitik weiterführt. – Vielen Dank für Ihre
Aufmerksamkeit. (Beifall bei ÖVP und Grünen, bei
Bundesrät:innen der SPÖ sowie der Bundesrätin Sumah-Vospernik.)
9.22
Präsidentin Margit Göll: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Stefan Schennach. – Bitte.
Bundesrat
Stefan Schennach (SPÖ, Wien): Frau
Präsidentin! Sehr geschätzter Herr Außenminister! Liebe
geschätzte Vorrednerin, so ganz werden wir
heute hier nicht harmonieren. (Heiterkeit bei der SPÖ.) Sie
sprechen davon, dass sich Österreich einsetzt. Ich frage mich: Wo ist die
österreichische Außenpolitik in den letzten Jahren
geblieben? (Beifall bei der SPÖ sowie der
Bundesrätin Sumah-Vospernik.)
Selten gibt es ein Politikfeld, das so ambitionslos
verwaltet wird wie die österreichische Außenpolitik. (Bundesrat Buchmann:
Du bist zu viel im Ausland!) Ich teile Ihre Auffassung von den
Krisenherden, die Sie erwähnt haben, geschätzte Vorrednerin, aber: Wo
sind die Initiativen Österreichs, was den Genozid in Gaza betrifft? Wo
sind die Initiativen, die zu einem Dialog
und zu einem Frieden in der Ukraine führen? (Zwischenrufe bei ÖVP
und FPÖ.)
Gerade ein neutrales Land führt nicht die
Neutralität als Tabernakel vor
sich her, sondern ist zu einer aktiven Neutralitätspolitik
verpflichtet – und aktive Neutralitätspolitik heißt,
Konfliktpartner und -partnerinnen zusammenzubringen und einen Dialog
zu starten beziehungsweise Möglichkeiten dafür zu suchen. (Beifall
bei der SPÖ.)
Ich muss immer wieder schmunzeln, wenn ich Bilder sehe, auf
denen
der Bundeskanzler oder der Innenminister bei einem Besuch in Ägypten oder
in
Marokko oder in Tunesien zu sehen ist, um sogenannte Rückführungsabkommen vorzuventilieren. Wir alle wissen: Das kann die Europäische Union machen, aber sicherlich nicht ein einzelner Staat. Diese Rückführungsabkommen sind das Papier nicht wert, auf dem sie geschrieben sind.
Zum anderen – wenn wir jetzt so prinzipiell zur
Außenpolitik auch ein wenig die EU-Politik dazunehmen – muss
man sagen: Alles, was diese Regierung
immer wieder bei EU-Richtlinien präsentiert, kommt zu spät oder nicht
rechtzeitig; oder gerade dann, wenn ein Vertragsverletzungsverfahren zur
Tür hereinweht, kommt noch schnell eine Regelung. Da braucht man dann in
ganz vielen Fällen die Opposition für eine entsprechende Mehrheit,
und man wundert sich dann, dass bei solch einem Husch-Pfusch die Opposition
nicht ständig auf Stand-by steht.
Außerdem: Ich komme gerade aus Straßburg und
weiß nicht, wie oft ich
in den letzten Tagen auf diesen unglückseligen Brief von Herrn Nehammer
und Frau Edtstadler an den belgischen Vorsitz angesprochen worden bin.
Das ist blamabel. (Beifall bei der SPÖ sowie der Bundesrätin Doppler.)
Zu schreiben, eine amtierende Ministerin habe nicht das Recht,
Österreich zu vertreten – natürlich hat sie das Recht!
Wenn, dann hätte man sie vorher abberufen müssen. Die Zeit dazu wäre gewesen. Natürlich
hatte sie das Recht, Österreich zu vertreten. Das wird auch
noch so weitergehen. (Zwischenruf bei der FPÖ.)
Herr Außenminister, nach dem Zusammenbruch in
Afghanistan haben wir ganz schlecht ausgeschaut. Wir haben darum gebeten,
bedrohte Frauen in Österreich aufzunehmen, aber keine einzige
dieser Frauen, deren Leben bedroht war, wurde von uns aufgenommen. Das ist
unglaublich und unerhört.
(Beifall bei der SPÖ sowie der Bundesrätin Sumah-Vospernik.)
Gerade erst wurden zwei
wichtige Personen gewählt – und da sieht man, dass andere
Länder anders vorgehen. Die Schweiz hat alle Parteien – auch
die Schwesterpartei der FPÖ zum Beispiel, die Blocher-Partei – eingespannt,
um für einen Sozialdemokraten zu rennen, und zwar erfolgreich zu rennen.
Der
neue Generalsekretär des Europarates ist ein Schweizer Sozialdemokrat
geworden, weil die Regierung mit allen Parteien dahinterstand und dies zum
Erfolg führte.
Österreich hat sich um das
Amt des Menschenrechtskommissars bemüht. Die Botschafterin war enorm
tätig – aber wo war die Regierung dahinter?
Wo hat sie in Europa zum Ausdruck gebracht: Das ist für uns
wichtig!? – Das hat sie nicht. (Beifall bei der SPÖ.)
Gleichzeitig hat diese
schwarz-grüne Regierung Folgendes geschafft:
Gestern hat die Wahl des österreichischen Richters zum Menschenrechtsgerichtshof
stattgefunden. Bisher hatten wir eine Richterin. Jetzt haben
wir einen Richter – einen Ungarn. Sie haben es nicht geschafft, von
österreichischer Seite – wo wir so hohe Kapazitäten
haben – einen richtigen
personellen Vorschlag zu bringen. Das ist alles andere als ein Ruhmesblatt. (Beifall
bei der SPÖ sowie der Bundesrätin Sumah-Vospernik.)
Liebe Frau Schwarz-Fuchs, wo
wir praktisch im Duett tanzen, sind
Ihre Ausführungen zum Westbalkan. Das ist immer eine Herzensangelegenheit
Österreichs gewesen, allerdings nicht in dieser abgeschwächten Form,
wie Sie es präsentiert haben, sondern schon in der richtigen Form. Ja, wir
wollen die Vollmitgliedschaft vieler Balkanstaaten, denn das Haus ist nur dann
komplett, wenn der Westbalkan Mitglied ist und es nicht so kleine Halbmitgliedschaften
oder Stufenweise-Mitgliedschaften gibt.
Ich glaube, wir haben noch
große Probleme im Bereich Bosnien, nämlich
im Hinblick darauf, dass es dort endlich eine Verfassung gibt, die auch
Bürger und Bürgerinnen und nicht nur Religionsgemeinschaften kennt
und die
nicht auf einem Waffenstillstand, sondern auf einer echten Verfassung fußt. –
Das ist eines.
Beim Kosovo (in Richtung
Bundesrätin Schwarz-Fuchs) trennt uns gar
nichts – außer die großen Fünf – die
großen Fünf! Okay, ich bin nicht glücklich
über den
Berater oder die Beraterin von Bundeskanzler Scholz in
Deutschland, die da plötzlich alle ins Konzert der Verzögerung einstimmen.
Ich hoffe sehr, dass bis zum nächsten Ministerrat im Europarat der Weg
für
die Mitgliedschaft des Kosovo zumindest im Europarat frei ist. In manchen Dingen
sind sie ja schon weiter als wir.
Die ÖVP – das
muss man auch dazusagen; (in den Saal blickend:) irgendwo ist Edgar
Mayer, ein Zeitzeuge unseres gemeinsamen Bemühens –, die
ÖVP hat immer verhindert, dass
Österreich Mitglied der Bank des Europarates
wird. Die einzige Bank der Welt, die zwei Fragen stellt: Was ist der
soziale Mehrwert, wenn ich Kredit gebe?, und: Was sind die Auswirkungen auf den
Arbeitsmarkt? Das sind die einzigen zwei Fragen, die die erfolgreichste Bank in
Europa stellt. Und wer ist nicht dabei? – Österreich, weil die
ÖVP seit 20 Jahren verhindert, dass wir bei dieser wunderbaren Bank,
die bisher
so viel Richtungsweisendes gemacht hat, dabei sind.
Also ich hoffe, irgendwann wird
das Finanzministerium wieder eine andere politische Farbe
bekommen – da schaue ich jetzt auch Andreas Babler intensiv an (Heiterkeit
bei der FPÖ) –, es ist ganz wichtig, wer im
Finanzministerium sitzt. (Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ.) –
Ja, ja, ihr werdet es noch sehen.
Dem österreichischen Nationalteam hat man auch nicht zugetraut, dass es in
einer Gruppe gewinnt. (Beifall bei der SPÖ. – Neuerliche
Zwischenrufe
bei der FPÖ.) Jetzt beruhigt euch. (Das ehemalige Mitglied des
Bundesrates Mayer betritt den Saal.) – Ah, jetzt kommt
mein Zeitzeuge, mit ihm könnt ihr dann
gerne reden. Wir haben uns gemeinsam um diesen Beitritt bemüht.
Zum Abschluss möchte ich noch zwei, drei Worte sagen.
Liebe Sissi Grossmann, ich gratuliere zu deiner Wahl ins EU-Parlament. Hier
wirst du uns fehlen. Vielleicht gehörst du der Delegation der Cosac des
EU-Parlaments
an oder vielleicht – hoffentlich – treffen wir uns in der
Türkei wieder, wo ich gerade eine Woche in den Gefängnissen war (Heiterkeit
bei ÖVP
und FPÖ), es wäre schön, wenn wir weiterhin zusammenarbeiten
würden.
Danke schön für all deine Arbeit hier im EU-Ausschuss. – Danke sehr. (Beifall bei SPÖ und Grünen.)
9.33
Präsidentin Margit Göll: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Markus Leinfellner. Ich erteile ihm dieses.
Bundesrat Markus Leinfellner (FPÖ,
Steiermark): Frau Vorsitzende!
Herr Bundeskanzler außer Dienst oder Nochaußenminister! Hohes Haus!
Liebe Österreicher! Also eines muss man schon sagen: Es ist wirklich nicht
leicht, als neutrales kleines Land wie Österreich außenpolitisch
völlig zu versagen, aber, Herr
Bundesminister, diese Lorbeeren darf ich Ihnen an dieser
Stelle schon auch an den Hemdkragen stecken. (Beifall bei der
FPÖ.) Ich sage, Sie werden nicht nur als sadistischster Bundeskanzler
aller Zeiten, sondern
auch als schlechtester Außenminister aller Zeiten in die Geschichte
eingehen. (Beifall bei der FPÖ.)
Sie sind aber nicht allein
verantwortlich für dieses Totalversagen,
möchte ich fast sagen, sondern das ist ja das gesamte schwarz-grüne
Konglomerat. Das war ein Gemeinschaftsprojekt, Herr Außenminister,
aber mit
einem vernünftigen Außenminister wäre das nicht möglich
gewesen. Sie und die gesamte schwarz-grüne Chaosregierung haben entgegen
jeglichem Neutralitätsgebot einseitig eine Kriegspartei unterstützt,
und das in vielfacher Hinsicht.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, nach fünf Jahren
Totalversagen
wird die nächste Bundesregierung alle Hände voll zu tun haben,
um den Schein Österreichs, neutral zu sein, nach außen hin wieder zu
wahren. Es wäre
schön gewesen, bei Konflikten als Vermittler aufzutreten, für
friedliche Konfliktbeilegungen
bereitzustehen, anstatt Partei für eine Kriegsnation zu
ergreifen. (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrat Schreuder:
Die sind überfallen worden!)
Herr Bundesminister, wir Freiheitliche fordern seit dem
Anfang einen aktiven Einsatz für Friedensverhandlungen, einen
Waffenstillstand im Konflikt
zwischen Russland und der Ukraine. Wir fordern auch seit dem Anfang, Österreich
als neutralen Boden, als Verhandlungsort für Friedensgespräche
anzubieten. Aber was haben Sie gemacht? – Sie haben
sich – und das nicht nur einmal – hingestellt und gesagt:
Wir sind militärisch neutral, sprachlich
werden wir nie neutral sein.
Herr Außenminister, da hätten Sie sich
wahrscheinlich Ihren Bundeskanzler nicht zum Vorbild nehmen sollen, der sich
sogar hingestellt – und einen absoluten Bauchfleck damit
hingelegt hat – und gemeint hat: Die Neutralität ist etwas, das
uns von den Sowjets aufgezwungen wurde. Munter geworden ist er
erst beim Aufschrei aus der Bevölkerung, als er gesehen hat, dass unseren
Österreichern die Neutralität etwas wert ist. Dann ist er wieder
zurückgerudert. (Beifall bei der FPÖ.)
Hätten Sie von Anfang an auf uns Freiheitliche gehört, dann wäre uns wahrscheinlich viel erspart geblieben, all diese Finanzhilfen für eine Kriegspartei nämlich, die uns inzwischen Milliarden Euro gekostet haben. Wir finanzieren bilateral und über EU-Töpfe die Kriegspartei Ukraine.
(In Richtung ÖVP:) Ich weiß schon, Sie
schreiben da jetzt einiges mit, aber schauen wir uns einmal den Ukraine Support
Tracker an! Schauen wir uns den Ukraine Support Tracker an, der seit 2022 alle
militärischen, finanziellen
und humanitären Hilfen für die Ukraine mitdokumentiert.
Österreich steht bei diesen Hilfen inzwischen bei 3,51 Milliarden
Euro. Das ist nicht nichts,
das ist Geld, das wir im eigenen Land wahrscheinlich besser hätten
brauchen können, Herr Bundesminister. Die EU hat insgesamt
85 Milliarden Euro an dieses Selenskyj-Regime überwiesen. (Zwischenrufe
bei der ÖVP.)
Da sind bitte bilaterale Transferzahlungen noch gar nicht
dabei. Auch an
diesen bilateralen Zahlungen hat sich Österreich mit 800 Millionen
Euro beteiligt. Dieser Konflikt ist ein Fass ohne Boden.
Diese
Unterstützungsleistungen, Waffenlieferungen, finanzielle Unterstützungen, tragen ja nicht zu einer Beendigung des
Konflikts bei. Sie verlängern
das Leid von vielen Menschen, sie verlängern den Krieg und
führen zu einer Vervielfachung der Anzahl der Toten. Das ist das, was ihr
euch an die
Kappen heften könnt. Das ist das, was diese Bundesregierung und was Sie angerichtet
haben.
Man darf aber auch die Ausgaben
in Milliardenhöhe für die Europäische Friedensfazilität
nicht vergessen. Wir stehen bei 11,1 Milliarden Euro für diesen Topf,
die mehrmals angehoben wurden. Ich glaube, inzwischen
stehen wir sogar schon bei einer Obergrenze von 17 Milliarden Euro. Und
auch da darf man nicht vergessen: Österreich beteiligt sich mit
2,79 Prozent.
Jeder, der ins Bundesfinanzgesetz schaut,
sieht, dass allein im Jahr 2024 185 Millionen Euro
dafür ausgewiesen sind.
Was macht die Bundesregierung?
Schaut sie wenigstens, was mit dem
Geld passiert? – Nein! Sie vertraut auf die Institutionen der EU,
nämlich auf jene Institutionen, die selber von einem Korruptionsskandal in
den nächsten hineinrutschen. Darauf vertrauen wir, anstatt nachzuschauen,
was mit unserem Geld passiert. (Beifall bei der FPÖ.)
Was soll ich sagen? – Herr Außenminister, nach dieser ganzen
außenpolitischen Geisterfahrt hängt unsere
Neutralität am seidenen Faden, mit all diesen Sanktionen, an denen wir uns
beteiligt haben, aber nicht nur unsere
Neutralität, sondern es hängt auch unsere Energieversorgung am
seidenen Faden. Der Wirtschaft haben wir geschadet; ich glaube, Sie lesen
auch die Zeitungen. Wir sind in Richtung Rezession unterwegs – und
das als einziges Land in Europa. Das ist eine Leistung, die diese
Bundesregierung zusammengebracht hat (Beifall bei
der FPÖ), der Wirtschaft zu schaden, das Leben unserer Österreicher
zu verteuern – obwohl die Leute jetzt schon nicht mehr wissen,
wie sie die Lebensmittel bis zum Monatsende bezahlen sollen!
Sie haben nicht die Interessen
Brüssels zu vertreten. Sie haben auch nicht die Interessen Washingtons zu
vertreten. Sie haben die Interessen unserer Österreicher zu vertreten. (Beifall und Bravoruf bei der FPÖ.) Sie
haben die Interessen unserer Österreicher zu vertreten. Da haben Sie
und dieses
ganze schwarz-grüne Konglomerat ja kläglich versagt.
Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren: Das Schauspiel hat ja bald ein Ende. Der 29. September steht ja Gott sei Dank fest und dann ist Österreich diese schlechteste Bundesregierung aller Zeiten ein- für allemal los. Dann können wir wieder sagen: Österreich ist frei!, und mit einem Volkskanzler Herbert Kickl können wir dann endlich wieder sagen: Österreich zuerst! (Anhaltender Beifall bei der FPÖ.)
9.41
Präsidentin Margit Göll: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross. Ich erteile ihm dieses.
Bundesrat
Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross (Grüne, Vorarlberg): Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und
Kollegen! Herr Minister! An Herausforderungen mangelt
es zweifelsfrei nicht, denn die Welt ist im Umbruch. Die globale Ordnung bildet
sich neu, fundamental neu. Nicht nur die globalen Machtverhältnisse
verschieben sich massiv in diesem Jahrhundert, die Megathemen Klimaschutz,
Biodiversität, Ernährung, Frieden und Sicherheit, Demokratie sind
ganz
oben auf der Agenda.
Um bei dieser Neuordnung
und Bewältigung der Megathemen eine Rolle zu spielen, braucht es
Stärke. Das heißt für uns, wie ich ganz klar meine, die
österreichische Außenpolitik muss vor allem eine europäische
sein. Und was eigentlich selbstverständlich sein sollte, wo wir aber
immer wieder unter
Kritik stehen: Die Außenpolitik muss ihren eigenen Prinzipien, den
europäischen Werten treu sein, auch wenn es einen Preis hat oder
eigentlich gerade
dann, wenn es einen Preis hat. Wir wissen leider, dass das allzu oft nicht der
Fall ist.
Das betrifft – und das möchte ich schon
kritisch anmerken – insbesondere
die Wirtschaftsaußenpolitik – bei allem
Verständnis –, die überhaupt
ein dominanter Aspekt der Außenpolitik ist. So leicht machen wir es uns
gelegentlich im Namen von Wachstum und Arbeitsplätzen, wenn es
um Geschäfte mit Autokraten oder um Rohstoffe geht, die man benötigt.
Das zeigt aber auch eines auf: Außenpolitik ist nicht
nur eine Sache
des Außenministers, Außenpolitik ist eine gemeinsame Verantwortung.
Eine der wichtigsten und wirksamsten außenpolitischen Aktivitäten
der letzten
Zeit, jedenfalls auf europäischer Ebene, ist die Zustimmung zum so
wichtigen Renaturierungsgesetz, das übrigens im Europäischen
Parlament längst
bestätigt ist – und das von 20 Staaten. Ein Diktat aus
Brüssel ist jedenfalls etwas anderes. Das ist eine Regelung, bei der es um
die Zukunft geht. Eine Zukunft für die jungen Leute heute
gibt es nur mit einer intakten Natur. (Beifall bei den
Grünen.) Gerade in Österreich mit seinem irrwitzigen
Bodenverbrauch
sollte uns das ein besonderes Anliegen sein. (Ruf bei der FPÖ: Windkraftanlagen ...!)
Eine fast unbemerkte außenpolitische Aktivität,
aber ebenso mit einer
hohen Zukunftsrelevanz für die Energieversorgung – wir haben
gesehen, wie wichtig diese ist –, ist die Vereinbarung
Österreichs mit Deutschland
und Italien zum Bau einer Pipeline von Süd nach Nord durch halb Europa, um
künftig vor allem Wasserstoff transportieren zu können.
Wir sahen ja schmerzvoll in den letzten Jahren und sehen
schmerzvoll
nach wie vor die Folgen der katastrophalen außenpolitischen Fehler mit
der über viele Jahre aufgebauten einseitigen Abhängigkeit von
Russland.
Eine besondere Rolle kann und
muss Österreich – das ist schon mehrfach angesprochen
worden – in der Frage des EU-Beitritts des Westbalkans einnehmen. Das
geschieht auch zu einem großen Teil. Die Verfahren wären aber,
denken wir, dringendst zu beschleunigen, ohne auf Klein-Klein zu
schauen. Wir müssen dabei unbedingt offensiv sein und dürfen nicht
den Fehler
machen, diese Länder viele Jahre lang mit bürokratischen Argumentationen hinzuhalten, denn es gibt nur einen, der sich dann die Hände reibt, und das ist Putin.
Zur außenpolitischen
Verteidigung und zum Ernstnehmen europäischer
Werte gehört insbesondere auch die aktive Unterstützung
demokratischer Kräfte im Ausland. Gerade da, Herr
Außenminister – auch ein Appell –, könnte
Österreich einen wertvollen Beitrag leisten, auch im Alleingang.
Insbesondere die Oppositionellen in Russland
brauchen Hilfe – etwa durch ein Aufenthaltsrecht bei
uns –; das sind vor allem Journalist:innen, Künstler:innen, Wissenschafter:innen,
NGOs, LGBTIQ-Leute und so weiter.
Leider ist eine aktive und
progressive Außenpolitik in Europa und auch
in Österreich in Gefahr – in Gefahr durch die nationalistischen,
populistischen Demokratiefeinde am äußersten rechten Rand. Wir haben
gerade mit
Kollegen Leinfellner ein eindrückliches Beispiel genau dafür gesehen,
was uns da blüht. Insofern ist auch die Außenpolitik eine
demokratiepolitische Fragestellung. Wenn die Rechtsnationalisten an
der Macht sind – das sagen sie ja selber –, wollen sie Mauern bauen und eben nicht
eine – so wichtige – offene, solidarische
Außenpolitik betreiben.
Daher: Es gibt noch viel zu tun. Bleiben wir, vor allem die
demokratischen Kräfte, dran, für ein freies und, ich denke, auch
seinen Werten verpflichtetes
Europa und Österreich! – Danke. (Beifall bei den
Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)
9.46
Präsidentin
Margit Göll: Zu einer ersten
Stellungnahme zu Wort gemeldet hat sich der Herr Bundesminister für
europäische und internationale Angelegenheiten. Ich erteile es ihm.
Auch seine Redezeit soll 10 Minuten
nicht überschreiten.
9.46
Bundesminister für europäische und
internationale Angelegenheiten
Mag. Alexander Schallenberg, LL.M.:
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Bundesrätinnen und
Bundesräte! Danke für die Möglichkeit,
hier zu einem solch wichtigen Thema reden zu dürfen. Es ist kein
Geheimnis: Es sind herausfordernde Zeiten – wir haben es ja heute
schon von mehreren Rednerinnen und Rednern gehört.
In den letzten fünf Jahren
waren wir einer Reihe von unerwarteten Stresstests ausgesetzt. Krieg ist wieder
auf diesen Kontinent zurückgekehrt. Wir
haben eine Hangabrutschung in der Sahelzone gesehen. Es gibt eine extrem
gefährliche Situation im Nahen Osten, die einen Flächenbrand
auslösen
könnte. Denken wir nur an den Raketenangriff des Iran auf Israel vor
wenigen Wochen – etwas, das wir seit Jahren nicht mehr gesehen
haben.
Schließlich haben wir im letzten Herbst auch eine humanitäre Krise
sondergleichen im Südkaukasus erlebt.
Ich sage aber ganz klar zu den
Vorrednern und zu den Parteien hier:
Die österreichische Bundesregierung ist in jedem einzelnen dieser
Fälle eine ganz klare außenpolitische Linie gefahren und wird das
auch weiterhin
tun (Beifall bei ÖVP und Grünen), im Unterschied zu manchen Parteien, die nicht wissen: Bin ich im
Raum, bin ich nicht im Raum, wenn der ukrainische
Präsident Selenskyj im Nationalrat spricht?, oder die nicht wissen: Bin
ich neutral in einem Konflikt zwischen der Terrororganisation Hamas und einem
demokratischen Staat wie Israel?, oder die überhaupt glauben, mit einem
Knicks vor Russland Frieden und Neutralität wahren zu
können – das ist für
mich das falsche Verständnis von Außenpolitik und
Neutralitätspolitik. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)
Ja, wir sind von einem Feuerring umgeben. Ich habe einige dieser Krisenherde aufgezählt. Was vielleicht noch herausfordernder ist als diese einzelnen Krisenherde, ist, dass wir merken, unser Lebensmodell ist unter Druck
gekommen. Unser Lebensmodell, das auf Grund-
und Freiheitsrechten, auf Demokratie, auf Gewaltenteilung, auf
Rechtsstaatlichkeit beruht, ist nicht
mehr der Exportschlager, wie wir es vor zehn, 15 Jahren noch gedacht
haben, sondern steht unter Druck. (Bundesrat Steiner: Ja, wenn die
Impfpflicht dazukommt! Die Grund- und Freiheitsrechte ...!) Nur noch
20 Prozent der Staaten weltweit haben ein Lebensmodell, wie wir es haben.
Und ob wir wollen
oder nicht, wir sind in einem systemischen Wettstreit, bei dem Staaten wie Russland
und China unser Lebensmodell offen herausfordern. Ich sage hier
ganz klar: Das ist für ein Land wie Österreich brandgefährlich.
Wir sind ein mittelgroßer Staat, der vom
Export abhängig ist und der im Zentrum des europäischen Kontinentes
liegt. Wir brauchen internationales Recht,
wir brauchen internationale Verträge. Das ist unsere Sicherheit. Wir
brauchen Systeme, bei denen nicht ein Staat, nur, weil er größer ist
und über
Atomwaffen verfügt, glaubt, er kann sich jetzt beim Nachbarn holen, was er
will. Bleiben Sie, liebe FPÖ, auch dann neutral, wen wir angegriffen
werden?
Sagen Sie dann: Ah, jetzt müssen wir neutral bleiben?! – Das
hielte ich für die schlechtere Regel. Wir müssen jetzt vorbauen, wir
müssen jetzt eine
klare Linie haben. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesrät:innen
der Grünen. – Bundesrat Schreuder: Richtig!)
Ja, es ist nicht immer angenehm. Ich
hätte es mir auch anders vorgestellt,
als ich vor fünf Jahren dieses Amt angetreten habe. (Bundesrat Steiner:
Ja, wir auch!) Ja, wir haben herausfordernde Zeiten, aber ganz
offen – und ich
habe es hier oft wiederholt –: Wir Österreicher haben immer den
richtigen Zugang zur Neutralitätspolitik gehabt, zu einer aktiven
Neutralitätspolitik.
Als 1956 sowjetische Panzer durch Budapest
gerollt sind, um einen ungarischen Volksaufstand niederzuschlagen: Was hat das
gerade ein Jahr lang souveräne Österreich gemacht, das erst
kurz davor der UNO beigetreten war? – Wir haben jede Resolution der
UNO gegen die Sowjetunion unterstützt
und sogar eine eigene eingebracht. Das nenne ich aktive Wertepolitik und
Neutralitätspolitik, so verstehe ich das. (Beifall bei ÖVP und
Grünen.)
Nur, um das noch einmal
klarzumachen: Wenn jemand in der Ukraine nicht zwischen Opfer und
Täter unterscheiden kann, sozusagen eine Umkehr
betreibt und die Ukraine selbst als Kriegspartei bezeichnet, finde ich das
ziemlich abenteuerlich. (Bundesrat Spanring: ... Kriegspartei ...!)
Denn worum geht
es uns? – Gar nicht so sehr um die Ukraine, sondern um den Umstand:
Ein Planet, auf dem jemand einfach sagt: Ich will jetzt den Nachbarn
überfallen,
weil ich dessen Existenzrecht negiere, und hole mir einfach ein Stückerl von dem,
weil es mir gerade passt!, ist ein Planet, der für uns sehr gefährlich
ist. (Bundesrat Steiner: Was ist im Nahostkonflikt? Da ist es
wurscht,
oder was?) Das ist eine brandgefährliche Situation, weil wir keine
Atomwaffen haben und auch in Zukunft keine haben werden. Wir sind darauf angewiesen, dass
sich andere Partner – auch wenn sie im Sicherheitsrat sitzen, auch
wenn sie viel mächtiger sind – an die Regeln halten. (Bundesrat
Spanring: ... Amerika ...! – Bundesrat Steiner:
Bei den USA war’s wurscht, im Nahostkonflikt war’s wurscht,
China war wurscht, Thailand war wurscht,
alles egal!)
Genauso ist es bei Israel: Bei
Israel geht es ja nicht nur darum, dass wir eine historische Verantwortung
haben, sondern es ist die einzige pluralistische, rechtsstaatliche
Demokratie im Nahen Osten. Auch das ist eine Basis für unsere starke,
strategische Partnerschaft mit diesem Staat. Diese
Solidarität ist also auch im Hier und Jetzt verankert.
Noch ganz zum Schluss: Einige haben hier den Westbalkan erwähnt – dafür bin ich sehr dankbar. Ich glaube weiterhin, dass wir wirklich einen parteiübergreifenden Konsens in dieser Frage haben. Wir sind von diesem Feuerring umgeben, wir müssen diesem Feuerring einen Ring der Stabilität gegenüberstellen. Das wird nur funktionieren, wenn wir diese Staaten an die Europäische Union, an unsere europäische Wertefamilie heranführen.
Es gibt in der Politik kein Vakuum: Entweder es wird unser Lebensmodell sein, das sich dort durchsetzt, oder wir werden irgendwann mit Alternativen
konfrontiert sein. Entweder wir
schaffen es, Stabilität und Sicherheit zu exportieren, oder wir
laufen Gefahr, irgendwann Instabilität und Unsicherheit
zu importieren. Es gibt keinen dritten Weg, und ich bin daher sehr dankbar,
weil ich das Gefühl habe, diese Politik wird im Haus auch weiterhin klar
unterstützt.
Vielleicht noch als letzten
Satz: Jedes Mal, wenn in den letzten Jahren
eine Krise aufgetreten ist, haben die Untergangspropheten wieder einmal Urständ
gefeiert. Ich habe das Gefühl, Europa ist manchmal der Kontinent
der Schwarzmaler. Was immer geschieht, die erste Reaktion ist: Das schaffen wir
nicht, dann sind wir hin! (Bundesrat Spanring: „Wir schaffen
das!“ hat auch
nichts gebracht! – Bundesrat Steiner: „Wir schaffen
das!“) – Österreich will in dieser Domäne immer
eine Medaille haben, wir wollen beim Schwarzmalen immer einen Stockerlplatz
haben.
Was ist die Wahrheit? –
Wir sind besser als Autokratien durch diese ungeahnten Krisen gegangen. Wir
haben es geschafft. Warum? – Weil Demokratien anpassungsfähig
sind, lernfähig sind. Haben wir Fehler gemacht? – Ja, tausendprozentig,
aber wir können sie korrigieren, wir haben diese Checks and
Balances in unserem System. Das haben Autokratien nicht. (Bundesrat Spanring:
29. September! – Bundesrat Steiner: Da kannst dich aber
entschuldigen!
Für die Impfpflicht kannst dich entschuldigen!)
Ich glaube nur, wir sollten daraus Kraft schöpfen und
sagen: Wir sind stärker, besser, resilienter, als wir es uns selber
einreden. Es tut mir manchmal
leid, wenn ich das Gefühl habe, ich höre das höhnische
Gelächter aus Moskau und Peking, weil gewisse Leute auf diesem Kontinent mit
dem Selbstabbau und der intellektuellen Selbstaufgabe schon die
Hälfte ihrer Arbeit übernehmen. – Vielen Dank. (Beifall
bei ÖVP und Grünen.)
9.52
Präsidentin Margit Göll: Vielen Dank, Herr Bundesminister.
Wir gehen weiter in der Redner:innenliste, und ich mache
darauf aufmerksam, dass die Redezeit aller weiteren Teilnehmer:innen an der
Aktuellen
Stunde nach Beratung in der Präsidialkonferenz 5 Minuten nicht
übersteigen darf.
Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Christian Buchmann. – Bitte.
Bundesrat
Mag. Christian Buchmann (ÖVP, Steiermark): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzter Herr
Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Mitbürgerinnen
und Mitbürger wissen, dass die einzige
Konstante im Leben der stetige Wandel ist. Dieser Wandel im Allgemeinen
betrifft die Politik, im Speziellen aber auch die Außenpolitik und damit
auch die österreichische Außenpolitik.
In Zeiten von großen Umbrüchen – sie
wurden von den Vorrednern und vom Herrn Bundesminister adressiert; manche
sprechen von Zeitenwenden –
ist es aus meiner Sicht die Aufgabe der Politik, für Frieden, und zwar
für Frieden in Freiheit, einzutreten.
Frieden ist die eine Sache, aber nicht Frieden ohne
Freiheit, ohne die
Freiheit für den Einzelnen, ohne die Sicherheit, dass sich das Recht
durchsetzt und nicht die Macht des Stärkeren ausschlaggebend ist. Das ist
wichtig
in diesen Tagen.
Für die Bevölkerung ist es wichtig, dass eine
Bundesregierung und ein Außenminister diese Sicherheit auch
signalisieren. Ich glaube, dass die österreichische Bundesregierung
mit dem Bundeskanzler, dem Vizekanzler, aber insbesondere auch mit dem
Herrn Außenminister das ganz exzellent tut, und
dafür ein herzliches Dankeschön. (Beifall bei ÖVP und
Grünen.)
Für Frieden in Freiheit einzutreten, für Menschenrechte einzutreten, für Demokratie einzutreten, für Rechtsstaatlichkeit einzutreten, wie es die Prinzipien des Europarates sind, ist in diesen Tagen kein einfaches Unterfangen. Der
russische
Angriffskrieg auf die Ukraine hat zu schweren Verwundungen geführt –
nicht nur zu menschlichem Leid, sondern auch zu zerstörter Infrastruktur.
Ich bin froh, dass die Staats- und Regierungschefs bei der
Konferenz in der Schweiz vor wenigen Tagen auch ganz klar ihre Meinung
kundgetan haben – so auch die österreichische Bundesregierung.
Und die Lage im Nahen Osten wurde vom Herrn Außenminister soeben
beschrieben.
Der Kampf gegen die illegale Migration und das
Schlepperunwesen beschäftigt viele von uns. Auch im Europarat ist das ein
Thema, das immer wieder
diskutiert wird. Und die Krisenherde, die es rund um die großen
Krisenherde, die immer im Blickpunkt der Öffentlichkeit stehen, gibt,
wurden auch von
Christine Schwarz-Fuchs angesprochen. Ich wiederhole nur Bergkarabach, den Armenien-Aserbaidschan-Konflikt und auch die
dramatische Lage im Sudan.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Außenpolitik hat
auch etwas damit zu tun – neben dem, dass wir Frieden in Freiheit
und Sicherheit in unserem
Land haben wollen –, dass wir an unserem Wohlstand weiterarbeiten
müssen. Dafür ist es notwendig, dass in der Außenpolitik auch
die Wirtschaft entsprechend gesehen wird. Ich danke da auch für das
entsprechende Engagement seitens des Außenministeriums. Unsere
Wirtschaft, die exportorientiert ist, wie Sie wissen, in der
jeder zweite Arbeitsplatz unmittelbar mit den Exporterfolgen
unserer Wirtschaft zusammenhängt, ist davon abhängig, dass
Multilateralität in den Verträgen auch entsprechend gelebt wird.
Das sehen aktuell nicht alle großen Blöcke auf
der Welt so, und die Diskussionen in der WTO zeigen ein bezeichnendes Bild.
Wenn wir Wachstum wollen,
wenn wir Sicherheit haben wollen, wenn wir Prosperität wollen, wenn wir
den grünen und digitalen Wandel gestalten wollen, dann brauchen wir diese
multilaterale Zusammenarbeit, und das nicht nur in Europa, sondern quer durch
alle Kontinente.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin noch ein bisschen unter dem Zeichen der russischen Entscheidungen, die gestern getroffen wurden:
österreichische Journalistinnen des ORF seitens Moskaus
auszuweisen. Ich finde, das ist ein
unmöglicher Akt Russlands, und wir sollten auch als dieses
Haus hier entschieden die Meinung nach Moskau schicken: Wir wollen
nicht, dass mit österreichischen Journalistinnen und Journalisten, die
sich
nichts haben zuschulden kommen lassen, so umgegangen wird. (Beifall bei
ÖVP und Grünen sowie bei Bundesrät:innen der SPÖ.)
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte ganz
kurz noch
auf das eingehen, was der Herr Außenminister zu den Ländern des
westlichen Balkans und der Erweiterung der Europäischen Union am
westlichen
Balkan gesagt hat: Ja, wir müssen diese Stabilität in der Region
sicherstellen, sonst werden wir instabile Verhältnisse auch zu uns
importieren. Wir
brauchen eine stabile Nachbarschaft. Über die veränderte
Sicherheitslage und die Einflüsse, die von Russland, von China, aber auch
von anderen
Teilen der Welt in dieser Region wirken, kann sich jeder ein eigenes Bild
machen, wenn er in dieser Region unterwegs ist.
Ich möchte zum Abschluss kommen und mich noch einmal
sehr herzlich
beim Herrn Außenminister für seinen Einsatz bedanken, insbesondere
für seine klare Kante, aber auch für seine ruhige Hand. Das steht in
einer guten
Tradition der österreichischen Außenpolitik.
Lieber Herr Bundesminister, danke dafür. Richte diesen
Dank aber bitte auch dem diplomatischen
Dienst und unseren Botschaften aus. Jeder, der im
Ausland unterwegs ist, jeder, der Unterstützung und Hilfe durch
unsere Botschafterinnen und Botschafter und das diplomatische Personal vor
Ort
im Ausland braucht, weiß, er ist gut aufgehoben. In Zeiten des Wandels
gibt es verlässliche Ansprechpartner Österreichs auf internationalem
Boden.
(Beifall bei ÖVP und Grünen.)
9.59
Präsidentin Margit Göll: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Mag. Elisabeth Grossmann. Ich erteile ihr dieses.
9.59
Bundesrätin Mag. Elisabeth Grossmann
(SPÖ, Steiermark): Frau Präsidentin! Herr
Außenminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In meiner letzten Rede
hier im Hohen Haus,
bevor ich dann am 16. Juli in Straßburg als Mitglied des
Europäischen Parlaments angelobt werde (Bundesrat Steiner:
Da gibt’s keine Angelobung!) – oder den Dienst antrete (Bundesrat
Steiner: Da gibt’s keine Angelobung! – Zwischenrufe
bei der SPÖ) –, möchte ich einmal mehr betonen, dass
die Neutralität
unser höchstes außen- und sicherheitspolitisches Gut ist.
Die Neutralität hat uns
nach dem Zweiten Weltkrieg die Unabhängigkeit gebracht und wurde auch
von Bruno Kreisky in vorbildlicher Weise als
Instrument der Außen- und Sicherheitspolitik verwendet, und an diese
Tradition müssen wir im Rahmen der europäischen Zusammenarbeit auch
wieder anschließen. Das wünsche ich mir von einem
österreichischen Außenminister – oder in der
nächsten Legislaturperiode vielleicht einer österreichischen
Außenministerin – im Sinne einer aktiven Neutralität. Ich
denke, es ist auch im Sinne des Friedens in Europa, dass es in der EU neutrale
Staaten gibt,
damit sie eben nicht in Bausch und Bogen einem Militärbündnis zugerechnet
werden kann. Das werde ich auch in meiner künftigen Tätigkeit immer
wieder betonen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und
Kollegen, es ist für mich heute
wirklich ein schwerer Tag – ich habe mir gar nicht gedacht,
dass das so schwer werden wird –, denn ich verlasse heute
nach 22 Jahren die österreichische Innenpolitik. 2002 wurde ich,
eigentlich zu meiner eigenen Überraschung, nach einem innerparteilichen
Auswahlprozess für den Nationalrat nominiert und dann auch gewählt,
und ich wurde damals Jugendsprecherin – daran kann man
ermessen, wie lange das schon her ist (Heiterkeit bei Bundesrät:innen
der SPÖ) – und durfte so Themen wie die Wahlaltersenkung verhandeln.
Mir war es damals aber auch wichtig, die politische Bildung
auch im Parlament zu stärken, und ich habe mit meiner Mitarbeiterin
verschiedenste Modelle
eines Jugendparlaments entworfen und auch ausprobiert. Der damalige Präsident
Khol hat mir da auch dankenswerterweise einiges genehmigt.
Besonders dankbar war ich aber Präsidentin Barbara Prammer, die das Ganze
zur Demokratiewerkstatt ausgerollt hat, worauf wir alle wirklich gemeinsam
stolz sein können, denn das ist wirklich ein wunderbarer Exportartikel,
sage ich einmal, der in die Welt hinausgegangen ist. (Beifall bei SPÖ,
ÖVP und
Grünen sowie der Bundesrätin Sumah-Vospernik.) – Das
werde ich auch weiter ins Europäische Parlament mitnehmen.
Ich bin dann gewissermaßen politisch erwachsen
geworden und wurde Sprecherin für Europa- und Außenpolitik. Meine
Pendants waren damals bei der ÖVP, in deren Parlamentsklub, Wolfgang
Schüssel und Ursula Plassnik,
bei den Grünen war das ein gewisser Alexander Van der Bellen, mit dem ich
auch international sehr viel gemeinsam unterwegs war, bei der FPÖ war es
Herbert Scheibner.
Dann wurde ich in der Steiermark in die Landesregierung berufen, was nicht immer einfach war, denn da waren wichtige Strukturreformen durchzuführen. Das war notwendig, aber nicht immer angenehm und schon gar nicht lustig.
2013 bin ich als Bildungssprecherin wieder ins Parlament,
in den Nationalrat zurückgekommen. 2017 bin ich dann hierher in
den Bundesrat gekommen und wollte eigentlich nicht mehr weg –
selbst, als sich die Möglichkeit
ergeben hat –, weil ich den Bundesrat wirklich aus tiefstem Herzen zu
schätzen gelernt habe: als das wirklich umfassendst informierte Gremium
mit Einblicken in die Landespolitik, in die Bundespolitik und in
die Europapolitik. Ich habe auch das zumeist wertschätzende, manchmal
auch, würde ich sagen, freundschaftliche Miteinander über die
Parteigrenzen hinweg sehr,
sehr zu schätzen gelernt und auch genießen dürfen. Dafür
sage ich ein ganz, ganz großes Danke Ihnen allen (Beifall bei SPÖ,
ÖVP und Grünen, bei Bundesrät:innen der FPÖ sowie der
Bundesrätin Sumah-Vospernik) und ein Danke
unseren
Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für den wirklich großartigen
Support, den sie uns bieten. – Ja, Sie werden mir, ihr werdet mir
alle fehlen. Alles Gute für eure persönliche Zukunft! –
Danke schön. (Allgemeiner, von der
SPÖ stehend dargebrachter Beifall. – Die Rednerin begibt sich
zum Präsidium und gibt Präsidentin Göll, Schriftführerin
Gruber-Pruner, der Leiterin des Bundesratsdienstes sowie Bundesminister
Schallenberg die Hand.)
10.04
Präsidentin Margit Göll: Sehr geehrte Frau Bundesrätin, liebe Elisabeth! Auch von meiner Seite darf ich dir die besten Wünsche für deine neue berufliche, politische Tätigkeit im Europaparlament mitgeben. – Alles Gute! (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen. – Bundesrätin Grossmann: Danke dir!)
Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Andreas Arthur
Spanring und
ich erteile ihm dieses.
Bundesrat
Andreas Arthur Spanring (FPÖ, Niederösterreich): Frau Vorsitzende! Herr Minister!
Kollegen im Bundesrat! Sehr geehrte Zuschauer hier im Saal und vor den
Bildschirmen! Wir haben es mehrmals gehört: Wir leben
in einer Zeit des politischen Wandels, der in Wahrheit die ganze Welt betrifft.
In solchen Zeiten ist eines entscheidend: dass unsere Außenpolitik klar,
dass
sie entschlossen und vor allem im besten Interesse unserer Nation geführt
wird. Leider wird die derzeitige Außenpolitik diesen Ansprüchen aber
in keiner
Weise gerecht.
Entscheidende Punkte dabei sind die fehlende
Souveränität und die fehlende Unabhängigkeit in der
Außenpolitik. Anstatt eigenständig und im Interesse unserer
Bürger zu handeln, scheint die aktuelle Außenpolitik stark von
externen Mächten und Interessen beeinflusst zu sein. Da frage ich
mich: Wo bleibt die klare österreichische Linie? Wo ist die entschlossene
Vertretung unserer nationalen Interessen? Bei Ihnen, Herr Minister
Schallenberg? – Fehlanzeige. (Beifall bei der
FPÖ.)
Wir sehen nur ein Einknicken
vor internationalen Institutionen und in Wahrheit auch eine blinde Gefolgschaft
gegenüber EU-Vorgaben, die oftmals
gegen die Interessen unseres Landes sind. Und so, wie meine Vorrednerin das
angesprochen hat, zitiere auch ich immer wieder gerne Bruno
Kreisky –
er wurde übrigens auch Volkskanzler genannt; nur so nebenbei –
mit seinem Sager: Lernen S’ Geschichte!, denn ein Blick in unsere eigene
Geschichte zeigt, wie wichtig und erfolgreich eine
souveräne und auch eine unabhängige Außenpolitik sein kann.
Nach dem Zweiten Weltkrieg war
Österreich von den vier Alliierten besetzt: Großbritannien,
USA, Frankreich und UdSSR. Und unsere Geschichte zeigt, dass kluge Diplomatie
in Zeiten der Krise von größter Bedeutung ist. Die Konferenz von
Jalta im Jahr 1945, auf der Stalin, Roosevelt und auch Churchill über
die Nachkriegsordnung verhandelten, zeigte, wie gefährdet Österreich damals
war. Stalin und Roosevelt haben sich – auf kleinen
Zetteln – quasi die Einflusssphären aufgeteilt und
Österreich wurde zu einem Gutteil
der UdSSR und zu einem Teil auch den USA zugedacht.
Dass Österreich dennoch
seine Unabhängigkeit und Neutralität erlangte, war zur damaligen Zeit
ein diplomatisches Meisterstück, meine Damen und Herren,
denn 1953, nachdem Stalin verstorben war, verhandelten österreichische
Politiker, allen voran Außenminister Leopold Figl, mit den Sowjets
die Unabhängigkeit Österreichs und versprachen
Neutralität. Und diese Neutralität stand nicht im Staatsvertrag,
sondern wurde unabhängig davon im Parlament beschlossen.
Im Kalten Krieg war das kleine Österreich so klug,
neutral zu bleiben, obwohl wir natürlich
immer einen Hang zum Westen hatten, no na net, wir traten weder
der Nato noch der damaligen EWG oder EG bei, und dies hat uns
höchstwahrscheinlich auch davor bewahrt, wie Deutschland geteilt zu
werden, obwohl wir direkt am Eisernen Vorhang lagen und so klein waren, dass
sowohl die Sowjetunion als auch die USA uns locker hätten schlucken
können.
Leopold Figl, das muss ich auch sagen, das war ein
Außenminister. Figl
hat den Staatsvertrag unterschrieben und er sagte den berühmten Satz:
„Österreich ist frei!“ Und auch Leopold Figl, der ja auch
Kanzler war, wurde
in seiner Zeit als Kanzler Volkskanzler genannt. Außer der Bezeichnung
Volkskanzler haben Kreisky und Figl noch etwas gemeinsam: Beide
würden
heute FPÖ wählen! (Heiterkeit und Beifall bei der
FPÖ. – Heiterkeit bei Bundesrät:innen von ÖVP,
SPÖ und Grünen sowie der Bundesrätin Sumah-Vospernik.)
Die derzeitige Außenpolitik ist bestenfalls
unzureichend und im schlimmsten Fall gefährlich naiv. Das einzig Positive,
das ich Ihnen, Herr Schallenberg, zuschreiben kann, trotz Ihrer manchmal
so anmutenden Kriegsrhetorik: Sie haben im Gegensatz zu Ihrer deutschen
Kollegin Baerbock Russland zumindest
noch nicht offen den Krieg erklärt.
Österreich braucht eine klare und eine entschlossene Außenpolitik, die Krisen nicht nur bewältigt, sondern auch proaktiv Lösungen anbietet; Stichwort Friedensverhandlungen. (Beifall bei der FPÖ.)
Österreich braucht wieder eine Außenpolitik, die österreichische Interessen vertritt, und all das wird mit einer freiheitlichen Regierungsbeteiligung passieren, all das wird ein Volkskanzler Herbert Kickl garantieren – und dann können die Österreicher wieder aufatmen und sagen: Österreich ist frei! (Anhaltender Beifall bei der FPÖ.)
10.10
Präsidentin
Margit Göll: Zu Wort gemeldet ist
Herr Bundesrat Marco
Schreuder. Ich erteile ihm das Wort.
Bundesrat
Marco Schreuder (Grüne, Wien): Frau
Präsidentin, ich möchte mich im Namen der grünen Fraktion
herzlich für die Vorsitzführung bedanken.
Es hat sich wieder einmal gezeigt, mitunter wird in der Politik auf Frauen
anders reagiert als auf Männer, und das finde ich sehr bedauerlich. (Beifall
bei
Grünen und ÖVP sowie bei Bundesrät:innen der SPÖ.)
Des Weiteren möchte ich natürlich Kollegin Grossmann auch von meiner Fraktion alles Gute in Brüssel und in Straßburg wünschen, denn am Ende des Tages geht es um die besten Lösungen. – Viel Erfolg dabei!
Grüße Sie, Herr Außenminister! Liebe Zuschauer und Zuschauerinnen! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Es geht um Außenpolitik, und nach der etwas faschingshaften Rede von vorhin (Ruf bei der FPÖ: Was? – Zwischenruf des Bundesrates Leinfellner), möchte ich daran erinnern, dass gerade Bruno Kreisky derjenige war, der immer gesagt hat: Neutralität bedeutet auch, dass man Verbrechen beim Namen nennt, wenn international Verbrechen passieren! (Bundesrat Spanring: Impfpflicht!)
Internationale
Neutralitätspolitik bedeutet natürlich nicht, dass das
Völkerrecht außer Kraft gesetzt wird, sondern dass man gerade als
neutraler Staat
das Völkerrecht ganz besonders beachtet. Wenn man nur eine
Partei, wie es Kollege Leinfellner gemacht hat, nämlich die Ukraine, als
Kriegspartei
nennt und Russland mit keinem Wort erwähnt und damit eigentlich die Kriegspartei, die wahre Kriegspartei sozusagen, die ein
anderes Land überfällt,
völlig verschweigt, dann ist das nicht Neutralität, dann ist
das eine Unterwerfung; ihr habt ja mit dem Kreml einen
Freundschaftsvertrag geschlossen. Das ist das Gegenteil von
Neutralität, das ist die wahre Kriegstreiberei, weil sie aggressive Antidemokraten einlädt, ihre
Nachbarländer zu überfallen.
(Beifall bei den Grünen, bei Bundesrät:innen der ÖVP
sowie der Bundesrätin Grossmann. – Zwischenrufe bei
der FPÖ.)
Außenpolitik ist allerdings eine große
Herausforderung. Ich möchte mein Augenmerk daher auf ein paar Themen
lenken, die schon genannt, aber nur
am Rande erwähnt worden sind: China. Ich glaube, sowohl Europa als auch
wir als Österreich haben tatsächlich die Aufgabe, eine klarere Chinastrategie
zu entwickeln; das halte ich für dringend notwendig. Wir wissen,
dass China mittlerweile eine sehr, sehr andere Außenpolitik fährt
als noch vor einigen Jahren.
China war ein recht ruhiges Land, das kann man so sagen,
mittlerweile
sind die Spionagetätigkeiten gestiegen. Bei der AfD sind zum Beispiel
Mitarbeiter verhaftet worden, die ganz klar für China Spionage im
Europaparlament betrieben haben. Wir wissen, dass China illegal
Polizeistationen in anderen Ländern hat, wir wissen, dass es das auch in
Österreich gibt.
Da eine klarere Politik, eine Chinastrategie zu haben, das halte ich für
eine ganz wichtige Aufgabe ganz oben auf der To-do-Liste.
Wir haben es schon gehört: Die Nachkriegsordnung, wie
wir sie gewohnt
waren, nach dem Krieg, ist unter Druck geraten, ist verrutscht. Das ist
tatsächlich der Fall. Autokratien und Länder, die die liberalen,
demokratischen Werte, unsere Werte von
Freiheit und Demokratie nicht teilen, kämpfen
global um Gunst. Wir sind da sehr stark unter Druck geraten.
Zu diesen autokratischen Ländern gibt es natürlich
diplomatischen Kontakt, wir arbeiten mit ihnen zusammen. Das sind große,
wichtige Staaten, wir müssen ja auf irgendeine Art und
Weise mit ihnen zusammenarbeiten – das ist nicht die Frage. Wenn man
aber zum Beispiel an die menschenrechtliche Situation der Uiguren in China denkt oder eben daran,
wie – Minderheitenrechte – Russland die LGBTIQs,
die Zeugen Jehovas verfolgt und wie Russland
ein Nachbarland einfach überfällt: Das sind Perspektiven, die wir nicht
haben wollen.
Dann gibt es Länder, die tatsächlich noch
dazwischen liegen. Wir waren
ja mit einer Delegation des Bundesrates in Georgien, und wir haben dort gesehen,
dass für die Bevölkerung Georgiens Europa das Versprechen von
Freiheit, von Demokratie, vom Entfalten des eigenen Lebens ist. Und es ist so
wichtig, dass man das unterstützt, dass wir diesen Ländern diese europäische Perspektive
auch tatsächlich eröffnen, so schwierig es auch oft ist, mit diesen
Regierungen zu verhandeln.
Ich möchte mich deswegen auch ganz herzlich bei Ihnen bedanken, Herr Außenminister, weil Sie das, gerade was den Westbalkan betrifft, tun. Serbien ist
ein gutes Beispiel, das sozusagen auch noch zwischen
prorussisch und proeuropäisch schwankt. Da müssen wir ein ganz klares
Signal setzen, ein proeuropäisches Signal setzen. Wir müssen
auch die Herzen der Menschen
erobern. Das ist ein ganz wichtiger Punkt, und da haben Sie auch
einen wichtigen Teil gemacht.
Ich möchte auch noch einmal – Herr Kollege
Buchmann hat es bereits getan – an den Sudan erinnern. Dort findet
ein tatsächlicher Genozid statt – da gibt
es leider keine Protestcamps. Dort ist das
Wort Genozid wirklich angebracht, und da müssen wir auch dringend
international aktiv werden.
Wir sehen, es gibt so viel zu tun, wir dürfen keine Ruhe geben. Eines aber müssen wir immer tun: unsere Freiheit und unsere Demokratie verteidigen, denn auch das ist Neutralitätspolitik. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen, bei Bundesrät:innen der ÖVP sowie der Bundesrätin Grossmann.)
10.16
Präsidentin Margit Göll: Für ihre erste Rede zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Dr. Manuela-Anna Sumah-Vospernik. Ich erteile ihr dieses.
Bundesrätin
Dr. Manuela-Anna Sumah-Vospernik (NEOS, Wien):
Sehr
geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Geschätzte
Kolleginnen und Kollegen! Zuallererst danke ich allen Kolleginnen und Kollegen
für
die herzliche Aufnahme in Ihre Reihen als Mitglied der stillen Kammer, die gar
nicht so still ist wie ihr Ruf. Die Länderperspektiven werden hier mit
Verve, aber meistens auch mit Sachlichkeit vertreten, und es ist mir eine
große Ehre und Freude, als erste NEOS-Bundesrätin hier an dieser
Stelle zu
stehen. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen.)
Mein Dank gilt ausdrücklich auch meinem sehr geschätzten Vorgänger Karl-Arthur Arlamovsky, der als erster Bundesrat für uns NEOS hier in der Länderkammer Pionierarbeit geleistet hat. Als erste Frau in dieser Position freut es mich auch ganz besonders, die Frauenquote im Bundesrat auf immerhin
48,34 Prozent – wenn ich mich nicht verrechnet habe – zu erhöhen. (Beifall bei Bundesrät:innen von ÖVP, SPÖ und Grünen.)
Ich verneige mich vor allen Frauen hier im Saal, in
Österreich, in Europa –
jede von ihnen ist einzigartig und besonders. Eine ganz besondere Frau war auch
Brigitte Bierlein, die als erste
österreichische Bundeskanzlerin vielen Frauen
ein Vorbild war und gezeigt hat, wie es gelingen kann, gläserne
Decken zu durchstoßen und auch als Frau ganz an die Spitze zu kommen. Was
sie aber auch gezeigt hat – und ich finde, das haben die Nachrufe
auf
sie sehr deutlich zum Ausdruck gebracht –, war, dass man den Anstand
und die Menschlichkeit in keinem Amt, das man bekleidet, vergessen sollte.
Brigitte Bierlein hat zeitlebens nicht nur ihre fachliche Kompetenz ausgezeichnet,
sie war auch jemand, der Freundschaften intensiv gepflegt hat und
auch Menschen, die sie schon vor ihrer Zeit als prominente Person gekannt und
geschätzt haben, nicht vergaß. Sie war auch für mich ein
großes Vorbild
und wird es weiterhin bleiben.
Bevor ich inhaltlich auf
das Thema der Aktuellen Stunde eingehe, möchte ich kurz ein paar Sätze zu meiner Person sagen: Ich
bin in Klagenfurt am Wörthersee aufgewachsen, habe nach
der Matura in Kleßheim in Salzburg das Tourismuskolleg absolviert,
bevor ich in Graz Jus studiert habe. Seit 2001 lebe
ich mit meinem Mann hier in Wien, habe hier die Ausbildung zur Anwältin
absolviert und bin inzwischen leidenschaftliche und begeisterte Wienerin,
wenngleich mein Herz auch sehr stark für die Bundesländer
schlägt.
In meinem Heimatbezirk Währing bin ich seit 2021
für die NEOS auch als Bezirksrätin tätig und kenne die
Sorgen und Anliegen der Bürger:innen
vor Ort. Als selbstständige Rechtsanwältin und Mutter dreier
Töchter weiß ich um die manchmal kaum bewältigbaren
Herausforderungen rund um
die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Meine persönlichen Erfahrungen
dazu werde ich hier in meiner politischen Arbeit, deren Schwerpunkte die Frauenpolitik
und das Thema saubere Politik sein werden, einbringen.
Nun zum Thema: Ja, der globale Wandel hat uns alle fest im
Griff. Wir leben zwar – weltweit – in einer Zeit, die
gesamt gesehen noch nie so reich,
so sicher und so gesund war wie heute, aber wir sehen auch wieder Krieg in Europa, zunehmende Konflikte zwischen den Global
Playern und beängstigende Fantasien von Imperialismus,
wie wir sie seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr erleben mussten.
Was kann Österreich in dieser Zeit dazu beitragen, um
unseren Kontinent, unser geliebtes Europa und die Welt sicherer
zu machen? – Die Neutralität weckt in den meisten
Österreicherinnen und Österreichern nostalgische Gefühle, das
geht mir auch so. Seit der Gründung der Zweiten Republik haben wir unser
Staatsverständnis und unsere nationale Identität mit dem
Begriff der Neutralität verbunden. Neutralität war auch bis in die
Achtzigerjahre ein wichtiger Marker der Außenpolitik Österreichs.
Österreich fungierte
als Brückenbauer zwischen Ost und West und war im UNO-Kontext
sehr gefragt.
Ich selbst hatte das Privileg, im Jahre 2000 ein
mehrmonatiges Praktikum bei den Vereinten Nationen in New York zu absolvieren,
und habe erlebt,
wie der damalige Generalsekretär Kofi Annan die Ratifizierung des
Römischen Statuts, also die rechtliche Grundlage des Internationalen
Strafgerichtshofs, vorangetrieben hat. Ich habe damals auch
persönlich erlebt, wie hoch das Ansehen Österreichs in der UNO damals
war.
Österreich beherbergt seit 1980 einen UNO-Amtssitz und
bewirbt sich
aktuell auch um die nichtständige Mitgliedschaft im Sicherheitsrat
für das Jahr 2027/28.
Die UNO ist seit dem Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine
aber stark unter Druck. Russland torpediert mit seinem Vetorecht im
Sicherheitsrat die Hauptaufgabe dieses Gremiums. Während sich
UN-Generalsekretär Guterres in Kiew befand, hagelte es dort russische
Raketen. Die Position Russlands
zur UNO ist also klar.
Was sind Österreichs
Beiträge, um ein Funktionieren der UNO auch weiterhin zu
gewährleisten, Herr Minister? – Ein Funktionieren der UNO ist
gerade
auch für Österreich essenziell, weil die UNO der einzige existierende
kollektive Sicherheitsmechanismus für
Österreich ist. Solange wir nicht bei Artikel 5
des Nato-Vertrags mitmachen wollen und Artikel 42 des EUV nur auf dem Papier
existiert, ist die UNO-Charta für uns sicherheitspolitisch von existenzieller Bedeutung.
Rechtlich gesehen ist in Hinblick auf die Neutralität für
Österreich einzig das Verbot aufrecht, einem
Militärbündnis beizutreten. Hat Österreich aber
seine Verpflichtung der wehrhaften Neutralität erfüllt? –
Nein. Über Jahrzehnte wurde das österreichische Bundesheer zu Tode
gespart. Im Falle eines
Angriffs könnten wir uns nicht einmal mehr verteidigen.
Präsidentin Margit Göll: Redezeit!
Bundesrätin
Dr. Manuela-Anna Sumah-Vospernik
(fortsetzend): Wie verhält es sich mit der Bedrohungslage
Österreichs? Wie sind denn die Erzählungen einzuschätzen, dass
uns die Neutralität vor einem Angriff schützt? – Die
Antwort ist schmerzhaft, aber sehr klar: Diese Erzählungen sind
schlichtweg falsch.
Dabei meine ich nicht nur diverse Sicherheitsbedrohungen wie Desinformationspolitik,
ich meine ganz konkret die Frage, ob das österreichische Staatsgebiet sicher
ist.
Im europäischen Ausland hat einzig und allein ein Staat vehementes Interesse daran, dass Österreich seine Neutralität beibehält, und das ist Russland.
Präsidentin Margit Göll: Ich bitte um den Schlusssatz!
Bundesrätin
Dr. Manuela-Anna Sumah-Vospernik
(fortsetzend): Die neue Regierung wird sich der Aufgabe Diskussion der
österreichischen Sicherheitspolitik stellen müssen, um die Sicherheit
unseres Landes zu gewährleisten. – Danke. (Beifall bei
Bundesrät:innen von ÖVP, SPÖ
und Grünen.)
10.23
Präsidentin Margit Göll: Ich darf bekannt geben: Der Herr Bundesminister musste wegen dringender familiärer Angelegenheiten weg.
Die Aktuelle Stunde ist somit beendet.
Präsidentin Margit Göll: Hinsichtlich der eingelangten und verteilten Anfragebeantwortungen,
jenes Verhandlungsgegenstandes, der gemäß Art. 42 Abs. 5 Bundes-Verfassungsgesetz nicht dem Mitwirkungsrecht des Bundesrates unterliegt,
eines Schreibens des Ministerratsdienstes des Bundeskanzleramtes betreffend den Aufenthalt des Bundeskanzlers in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union,
eines Schreibens des Generalsekretärs für auswärtige Angelegenheiten im Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten gemäß Art. 50 Abs. 5 Bundes-Verfassungsgesetz
verweise ich auf die im
Sitzungssaal verteilte Mitteilung gemäß § 41 Abs. 1
der Geschäftsordnung des Bundesrates, die dem Stenographischen Protokoll
dieser Sitzung angeschlossen wird.
Ebenso verweise ich hinsichtlich
der eingelangten Verhandlungsgegenstände und
deren Zuweisungen im Sinne des § 19 Abs. 1 der
Geschäftsordnung
auf diese gemäß § 41 Abs. 1 der
Geschäftsordnung im Sitzungssaal verteilte Mitteilung, die dem
Stenographischen Protokoll dieser Sitzung angeschlossen wird.
Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:
A. Eingelangt sind:
1. Anfragebeantwortungen
(Anlage 1) (siehe auch S. 18)
2. Eingelangter Verhandlungsgegenstand, der gemäß Art. 42 Abs. 5 B-VG nicht dem Mitwirkungsrecht des Bundesrates unterliegt
Beschluss des Nationalrates vom 13. Juni 2024 betreffend ein Bundesgesetz betreffend die Ermächtigung zur Verfügung über unbewegliches Bundesvermögen (2529 d.B. und 2584 d.B.)
3. Aufenthalt eines
Mitgliedes der Bundesregierung in einem anderen
Mitgliedsstaat der Europäischen Union
Schreiben des Ministerratsdienstes betreffend den Aufenthalt von Bundeskanzler Karl Nehammer, MSc am 27. und 28. Juni 2024 in Belgien (Anlage 2)
4. Schreiben des Landtages
Schreiben des Wiener Landtages betreffend Mandatsverzicht und Wahl eines Ersatzmitgliedes (Anlage 3 und Anlage 3a)
5. Unterrichtung gemäß Art. 50 Abs. 5 B-VG
Schreiben des Generalsekretärs für auswärtige Angelegenheiten im Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Vollmacht zur Aufnahme von Verhandlungen über ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Tschechischen Republik über die Zusammenarbeit im Bereich des grenzüberschreitenden Schutzes des Luftraums vor nichtmilitärischen Bedrohungen aus der Luft (Anlage 4)
B. Zuweisungen
1. Gesetzesbeschlüsse (Beschlüsse) des Nationalrates
(siehe Tagesordnung)
2. Vorlagen der Bundesregierung oder ihrer Mitglieder
Bericht der Bundesministerin für Justiz über die in den Jahren 2016 bis 2022 erteilten Weisungen, nachdem das der Weisung zugrundeliegende Verfahren beendet wurde (III-856-BR/2024)
zugewiesen dem Justizausschuss
Österreichischer
Forschungs- und Technologiebericht 2024, vorgelegt vom Bundesminister für
Bildung, Wissenschaft und Forschung, der Bundesministerin für Klimaschutz,
Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie und
dem Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft (III-857-BR/2024
zugewiesen dem Ausschuss für Wissenschaft und Forschung
Bericht des Bundesministers für Arbeit und Wirtschaft betreffend Tourismus in Österreich 2023 (III-858-BR/2024)
zugewiesen dem Ausschuss für Tourismus, Kunst und Kultur
*****
*****
*****
*****
*****
*****
Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung
Präsidentin Margit Göll: Weiters eingelangt ist ein Schreiben des Ministerratsdienstes des Bundeskanzleramtes betreffend den Aufenthalt von Herrn Bundesminister für Finanzen Dr. Magnus Brunner, LL.M. am 27. Juni 2024 ab 16 Uhr in der Schweiz bei gleichzeitiger Beauftragung von Herrn Bundesminister für Inneres Mag. Gerhard Karner mit seiner Vertretung
sowie eine Information des Kabinetts des Bundesministers
für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend die
Vertretung
des Herrn Bundesministers Johannes Rauch durch Bundesministerin
für Justiz Dr. Alma Zadić, LL.M.
*****
Eingelangt sind und den
zuständigen Ausschüssen zugewiesen wurden
jene Beschlüsse des Nationalrates beziehungsweise jener Antrag, die Gegenstand
der heutigen Tagesordnung sind beziehungsweise ist.
Die Ausschüsse haben ihre Vorbereitungen abgeschlossen und schriftliche Ausschussberichte erstattet.
Ich habe die zuvor genannten Verhandlungsgegenstände sowie die Wahl der beiden Vizepräsident:innen, der Schriftführer:innen und der Ordner:innen für das zweite Halbjahr 2024 auf die Tagesordnung der heutigen Sitzung gestellt.
Wird zur Tagesordnung das Wort gewünscht? – Es ist dies nicht der Fall.
Behandlung der Tagesordnung
Präsidentin
Margit Göll: Aufgrund eines mir
zugekommenen Vorschlags beabsichtige ich, die Debatten über die
Tagesordnungspunkte 15 bis 18 unter
einem zu verhandeln.
Gibt es dazu einen Einwand? – Auch das ist nicht der Fall.
Ankündigung einer Dringlichen Anfrage
Präsidentin
Margit Göll: Bevor wir in die
Tagesordnung eingehen, gebe
ich bekannt, dass mir ein Verlangen im Sinne des § 61 Abs. 3 der
Geschäftsordnung des Bundesrates auf dringliche Behandlung der
schriftlichen Anfrage der Bundesräte Dominik Reisinger, Kolleginnen und
Kollegen
betreffend „4.000 fehlende Polizist:innen – handeln Sie
endlich im Sinne der Sicherheit, Herr Innenminister!“ an den
Bundesminister für Inneres
vorliegt.
Im Sinne des § 61 Abs. 4 der Geschäftsordnung verlege ich die Behandlung an den Schluss der Sitzung, aber nicht über 16 Uhr hinaus.
Wir gehen in die Tagesordnung
ein. (Bundesrätin Eder-Gitschthaler hebt
die Hand.) – Bitte.
*****
Bundesrätin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler (ÖVP, Salzburg) (zur Geschäftsbehandlung): Frau Präsidentin, zur Geschäftsordnung! Sie haben soeben angekündigt, die Dringliche um 16 Uhr aufzurufen.
Ich gebe bekannt, dass unser Bundesminister Karner um
16 Uhr im Hauptausschuss des Nationalrates für zwei
Tagesordnungspunkte zugegen sein wird. Dieser Hauptausschuss war schon lange
vor unserer Sitzung
angesetzt – ich möchte das hiermit nur bekannt geben –,
das war auch der SPÖ bekannt. (Bundesrätin
Schumann: Wir haben schon eine Lösung, entschuldige,
zu spät dran!)
10.27
Präsidentin Margit Göll: Danke für die Information.
Frau Bundesrätin Korinna Schumann? (Bundesrätin Schumann: Ich habe mich nicht gemeldet – vielen Dank, Frau Präsidentin!) – Gut, dann gehen wir weiter in der Tagesordnung.
1. Punkt
Beschluss des Nationalrates vom 12. Juni 2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Kinderbetreuungsgeldgesetz, das Familienlastenausgleichsgesetz 1967, das Mutterschutzgesetz, das Väter-Karenzgesetz, das Landarbeitsgesetz und das Betriebliche Mitarbeiter- und Selbständigenvorsorgegesetz geändert werden (Sonderwochengeld-Gesetz) (2553 d.B. und 2587 d.B. sowie 11502/BR d.B.)
Präsidentin Margit Göll: Wir gelangen nun zum 1. Punkt der Tagesordnung.
Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger. – Ich bitte um den Bericht.
Berichterstatterin
Claudia Hauschildt-Buschberger: Frau
Präsidentin! Ich
bringe den Bericht des Ausschusses für Arbeit, Soziales und
Konsumentenschutz über den Beschluss des Nationalrates vom 12. Juni
2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine
Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz,
das Kinderbetreuungsgeldgesetz,
das Familienlastenausgleichsgesetz 1967, das Mutterschutzgesetz,
das Väter-Karenzgesetz, das Landarbeitsgesetz und das Betriebliche
Mitarbeiter- und Selbständigenvorsorgegesetz geändert werden.
Dieser Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich
komme daher gleich
zur Antragstellung:
Der Ausschuss für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz stellt nach Beratung der Vorlage am 25. Juni 2024 den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Präsidentin Margit Göll: Vielen Dank für den Bericht.
Wir gehen in die Debatte ein.
Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Heike Eder. – Bitte.
10.29
Bundesrätin
Heike Eder, BSc MBA (ÖVP, Vorarlberg):
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe
Zuseher via Livestream!
Liebe Margit, auch seitens der ÖVP-Bundesratsfraktion bedanke ich mich
ganz herzlich für deine umsichtige, wertschätzende und sehr
sympathische Präsidentschaftsführung und ich wünsche dir, lieber
Franz – er ist jetzt gerade nicht im Saal –, alles Gute
für deine Präsidentschaft. (Beifall bei ÖVP
und Grünen.)
Ein weiteres Kind bedeutet noch einmal eine ordentliche
finanzielle Belastung für Familien. Obwohl man den Kinderwagen und die
erste Grundausstattung meist von einem Kind auf das nächste
weitergeben kann, gibt es dennoch, wenn Familienzuwachs kommt, finanzielle
Herausforderungen, die die Familien zu stemmen haben, zum Beispiel den Umstieg
auf ein größeres
Auto, den Umzug in eine größere Wohnung oder vielleicht auch einen
neuen Radanhänger, in dem zukünftig zwei Kinder statt nur einem Kind
Platz
haben. (Vizepräsident Reisinger übernimmt den Vorsitz.)
In dieser wichtigen Lebensphase brauchen Familien unsere
Unterstützung. Deshalb führen wir für Mütter, die sich
noch in Elternkarenz befinden, aber
kein Kinderbetreuungsgeld mehr beziehen, ein Sonderwochengeld
ein. Das Sonderwochengeld ist ähnlich wie das normale Wochengeld: Es
gebührt acht Wochen vor und acht Wochen nach der Geburt. Während
dieser Zeit
sind die Mütter auch pflichtversichert. Diese Regelung tritt rückwirkend mit 1. September
2022 in Kraft.
Mit dem Sonderwochengeld stärken wir einmal mehr
unsere Familien. Bei den Familienleistungen sind wir ja bereits Europameister,
jetzt muss es nur
noch unsere Fußballmannschaft werden. – Danke schön. (Beifall
bei der ÖVP.)
10.31
Vizepräsident Dominik Reisinger: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Sandra Gerdenitsch. Ich erteile ihr dieses.
10.31
Bundesrätin Mag. Sandra Gerdenitsch
(SPÖ, Burgenland): Herr
Präsident! Frau Präsidentin, auch von meiner Seite vielen Dank
für Ihre Präsidentschaft!
Für den zukünftigen neuen Präsidenten alles Gute! Und meiner
lieben Genossin und Freundin Sissi Grossmann wünsche ich alles Gute
für die kommende
Periode in Brüssel. (Beifall bei der SPÖ.)
Frau Kollegin Eder hat es schon
sehr gut ausgeführt und umfassend dargelegt: Wir beschließen heute
das Sonderwochengeld – basierend auf einem
OGH-Urteil –, weil die geltende Rechtslage dem Unionsrecht
widerspricht. Frauen, die sich für das einkommensabhängige
Kinderbetreuungsgeld entschieden haben und nach dessen Auslaufen noch einige
Monate in Elternkarenz sind, werden damit für den Fall, dass sie in
diesem Zeitraum ein
weiteres Kind bekommen, sozialrechtlich abgesichert.
Ich kann nur bekräftigen,
was Genosse Stöger bereits im Nationalrat gesagt hat: Wir
begrüßen diese Novelle – diese Reparatur –
ausdrücklich, weil es für
viele Frauen eine Notwendigkeit ist, dass sie durch diese Anpassung ihre Autonomie
erhalten können, indem sie eben in der Phase, in der sie ihr Kind
bekommen, ein Einkommen haben.
Es ist einfach unsere
gesellschaftliche Aufgabe – (in Richtung der auf der Regierungsbank
Platz nehmenden Bundesministerin Zadić) herzlich willkommen,
Frau Ministerin! –, jenen Frauen, die sich dazu entscheiden, Kinder
zu bekommen, ihre Autonomie zu geben beziehungsweise zu erhalten, denn
Kinder bedeuten nicht nur viel Liebe, viel Freude, viel Action, Kinder bedeuten
auch viel Arbeit, viele Herausforderungen für die Nerven, viel Zeit und
viel Geld. Gerade wenn zwei Kinder knapp hintereinander zur Welt kommen, ist
jeder Euro willkommen und nötig.
Handlungsbedarf orten wir aber nach wie vor bei den allgemeinen gesetzlichen Bestimmungen. Rund um eine Geburt hat man ohnehin schon sehr viel um
die Ohren, und sämtliche Regeln im Zusammenhang mit Kinderbetreuungsgeld, Karenz, Wochengeld sind derartig kompliziert geworden. Bitte nehmen Sie das alles mit: All das muss vereinfacht werden!
Frau Ministerin, Sie erwarten ja auch ein zweites Baby, Sie
haben sicher Verständnis dafür; auch herzlichen Glückwunsch an
dieser Stelle. –
Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Bundesrät:innen
von ÖVP, FPÖ und Grünen.)
10.33
Vizepräsident Dominik Reisinger: Danke.
Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Andrea Michaela Schartel. Ich erteile ihr dieses.
Bundesrätin Andrea Michaela Schartel
(FPÖ, Steiermark): Herr Präsident!
Werte Kollegen! Liebe Zuseher! Wie gesagt, es ist wirklich sehr, sehr
begrüßenswert, dass jetzt einmal auch in diese Richtung
etwas getan wird, das heißt, dass man sich einmal um Familien
kümmert, dass man einmal etwas Positives
für die Familienpolitik macht. (Bundesrätin Schumann: Eh
viel zu spät! Viel zu spät! 2022 war der Beschluss!) Von unserer
Seite ist es schon sehr lange eine Forderung gewesen, aber – und es
ist halt so wie immer bei dieser Regierung, wenn sie Dinge macht, gibt es immer
ein großes Aber –:
Erstens einmal finde ich es nicht richtig, dass sich die Betroffenen wieder wie Bittsteller darum bemühen müssen, Anträge von sich aus stellen müssen, weil es nicht möglich ist, dass das automatisch bitte jenen Frauen zugutekommt, die seit 1.9.2022 in diese sogenannte Wochengeldfalle hineingerutscht sind.
Zweitens sage ich: Es ist
eine Versicherungsleistung. Das ist kein Geschenk
des lieben Staates Österreich – dass man sagt: Jetzt
kommen die Wahlen, seien wir wieder so großzügig und schenken wir
ein bisschen etwas! –, sondern
das ist eine Versicherungsleistung! (Beifall bei der FPÖ.)
Es ist von Anfang an falsch
gewesen, dass man Frauen, die ihre Kinder
eben nicht sozusagen versicherungsmathematisch zum richtigen Zeitpunkt kriegen,
von der zweiten Sache ausgeschlossen hat.
Was aber, finde ich, viel
wichtiger ist als die finanzielle Unterstützung,
ist, dass es dadurch wieder eine Versicherungsleistung gibt – denn
das Schlimme ist, dass jene Frauen, die in diese Wochengeldfalle hineingefallen
sind,
keine Versicherung, keinen Versicherungsschutz mehr hatten. Es löst
natürlich auch beim Arbeitgeber die PV-Pflicht aus. Laut Auskunft der
Experten
im Ausschuss haben diese 16 Wochen des Sonderwochengeldes auch Vorteile,
was Biennalsprünge, die Anrechnung im Hinblick auf den Urlaubsanspruch
und so weiter betrifft.
Also ja, es ist richtig, aber: Warum kann man das nicht
automatisieren? Bei der ÖGK liegen doch bitte die Geburtsdaten der Kinder
auf, daher sollte es
so sein, dass jede betroffene Frau ein Schreiben von der ÖGK kriegt, in
dem sie davon verständigt wird, dass ihr im Nachhinein Geld zusteht. Das
wäre
die richtige Vorgehensweise. (Beifall bei der FPÖ.)
10.36
Vizepräsident Dominik Reisinger: Mittlerweile ist Frau Bundesministerin Zadić zu uns gestoßen. – Ich darf Sie recht herzlich bei uns im Bundesrat begrüßen. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen sowie der Bundesrätin Sumah-Vospernik.)
Wir gehen in der Rednerliste weiter. Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger. Ich erteile ihr dieses.
Bundesrätin Claudia
Hauschildt-Buschberger (Grüne, Oberösterreich):
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Werte
Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Ein kleiner Satz zu
Frau
Kollegin Schartel: Das Kinderbetreuungsgeld wurde 2017 reformiert. Wenn Sie sich
jetzt hierherstellen und sagen, da sind Fehler passiert, dann können
wir ja froh sein, dass es jetzt von dieser Regierung unter grüner
Beteiligung repariert wird. (Beifall
bei Bundesrät:innen der Grünen. – Bundesrätin Schartel:
Das hat nichts mit Kinderbetreuungsgeld zu tun!)
Im Zuge der Reform des
Kinderbetreuungsgeldes 2017 wurde tatsächlich mit der
sogenannten – wir haben dieses Wort heute schon
gehört – Wochengeldfalle eine Ungerechtigkeit für
jene Frauen geschaffen, die knapp hintereinander Kinder bekommen haben.
Das hat zu der Situation geführt – wir haben es heute
auch schon gehört –, dass Frauen eben, wenn sie während der nicht
mehr entgeltlichen Zeit der Karenz ein weiteres Kind bekommen haben (Bundesrätin
Schartel: Karenz hat nichts mit Kinderbetreuungsgeld
zu tun!), keinen Anspruch auf Wochengeld hatten.
Für uns war ganz klar: Frauen dürfen nicht dafür bestraft werden, dass sie ein weiteres Kind vielleicht früher als geplant bekommen. Wir haben intensiv an der Lösung gearbeitet, und wir können sie heute endlich beschließen. Wir schließen damit eine Lücke, die doch einige Frauen betroffen hat.
Die Einführung des
Sonderwochengeldes kommt rückwirkend mit 1. September 2022, und
künftig – wir haben es heute schon gehört –
sind diese Frauen kranken- und pensionsversichert. Diese Reparatur war wichtig
und notwendig, und ja – Kollege Obrecht, er ist jetzt gerade nicht
da, hat es am Dienstag
im Ausschuss angesprochen –, es hat durchaus Zeit gebraucht, aber
jede betroffene Frau wird
rückwirkend die ihr zustehende Leistung erhalten, dafür ist
Sorge getragen. Was zählt, ist, dass es nun endlich diese
Wochengeldfalle nicht mehr gibt.
Ich werde auch nicht müde,
aufzuzählen, was diese Regierung in der letzten Legislaturperiode
für Frauen und Familien verbessert hat. Wir bringen im familienpolitischen
Bereich viel zustande. Wir setzen die notwendigen
Schritte hin zu mehr Gleichberechtigung. Wir arbeiten ständig daran, alte
Rollenbilder endlich aufzubrechen. Wir entlasten Familien finanziell. Da
nenne
ich ganz prominent beispielsweise die Valorisierung der Familienleistungen: Familien erhalten 10 Prozent mehr. Das ist ein familien- und sozialpolitischer Meilenstein, und das Ganze passiert automatisch. Wir haben das Geld für den Papamonat verdoppelt, und es wird später nicht mehr vom Kinderbetreuungsgeld abgezogen, damit quasi die Kinderbetreuung endlich fair aufgeteilt werden kann.
Es gibt eine Verbesserung bei
den Vereinbarkeitsrichtlinien – damit wird
die Väterbeteiligung erhöht. Wir haben außerdem die
Familienberatungsstellen wieder aufgestockt. Wir haben die Digitalisierung der
Familienbeihilfe,
die Antiteuerungsmaßnahme in Form der Verdoppelung der Familienbeihilfe,
die Weiterentwicklung des Eltern-Kind-Passes umgesetzt. Wir haben mit
dem Zukunftsfonds dafür gesorgt, dass bei der Elternbildung endlich etwas
weitergeht. Die Länder sind eingebunden und werden dadurch
tatsächlich
keine Ausreden mehr dafür haben, dass sie nicht den Ausbauturbo
zünden, denn gerade dort, glaube ich, können wir uns ein Zuwenig an
Kinderbetreuung
einfach nicht mehr leisten. – So geht vernünftige und moderne
Familienpolitik! (Bundesrätin Schumann: Ihr habt bei der
Kinderbetreuung nichts weitergebracht, nichts, nichts, nichts! Das
ist eine Schande! Eine Schande ...!)
Wir sind aber noch lange nicht
am Ende. Erst wenn jede Familie den benötigten Kinderbetreuungsplatz in
der Nähe hat, erst wenn die Kindererziehung
wirklich fair aufgeteilt werden kann, erst wenn Frauen später nicht mehr
aufgrund der Sorgearbeit in Altersarmut landen und erst wenn es keine
Nachteile mehr gibt, wenn eine Frau Mama ist, sondern wir eine echte Gleichberechtigung
haben, dann sind wir fertig.
Heute beschließen
wir eine weitere, aber wichtige Verbesserung, und das ist
gut so. – Danke. (Beifall bei den
Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)
10.40
Vizepräsident Dominik Reisinger: Danke.
Herzlich begrüßen darf ich einen Bekannten, Vizepräsident des Bundesrates außer Dienst Ewald Lindinger, mit einer Besuchergruppe. – Herzlich willkommen. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen.)
Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.
Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist somit geschlossen.
Wir gelangen zur Abstimmung. – Bitte nehmen Sie Ihre Plätze ein.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.
Beschluss des Nationalrates vom 12. Juni 2024
betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Opferfürsorgegesetz geändert
wird (4065/A und 2588 d.B.
sowie 11503/BR d.B.)
Vizepräsident
Dominik Reisinger: Wir gelangen nun zum
2. Punkt
der Tagesordnung.
Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger. – Ich bitte um den Bericht.
Berichterstatterin
Claudia Hauschildt-Buschberger: Ich
bringe den Bericht des Ausschusses für Arbeit, Soziales und
Konsumentenschutz über den
Beschluss des Nationalrates vom 12. Juni 2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit
dem das Opferfürsorgegesetz geändert wird.
Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher gleich zur Antragstellung:
Der Ausschuss für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz stellt nach Beratung der Vorlage am 25. Juni 2024 den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Vizepräsident Dominik Reisinger: Danke für den Bericht.
Wir gehen in die Debatte ein.
Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Marco Schreuder. Ich erteile ihm dieses.
Bundesrat Marco Schreuder (Grüne,
Wien): Herr Präsident! Sehr geehrte
Frau Ministerin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Das Opferfürsorgegesetz:
Die Geschichte des Opferfürsorgegesetzes ist natürlich nicht nur ein
Zeichen dafür, wie wir historisch mit unserer schweren Vergangenheit vor allem
in Zeiten des Nationalsozialismus und des NS-Terrors umgehen, sondern dieses
Gesetz spiegelt eigentlich auch ganz gut unseren Umgang
nach dem Krieg damit wider. Wann wir welche Opfergruppen hineingenommen haben,
wann wir es überhaupt benannt haben, ist eigentlich eine ganz interessante
Geschichte.
Am Anfang: 1945 wurde das
Opferfürsorgegesetz eingeführt, und damals galt das vor allem
für die – ja auch wirklich sehr zu respektierenden –
Widerstandskämpfer und Widerstandskämpferinnen. Das war auch gut
so, aber das waren natürlich auch deswegen die ersten genannten Opfer,
weil es
damals auch darum ging, dem Bild der Moskauer Deklaration sozusagen zu
entsprechen, dass man ein Land gewesen wäre, das Widerstand gegen
den Nationalsozialismus geleistet hätte.
Erst 1947, also zwei Jahre später, wurde dann die größte Opfergruppe überhaupt ins Opferfürsorgegesetz aufgenommen – also da gab es das schon zwei Jahre –, das waren die Jüdinnen und die Juden.
Erst später kamen sukzessive auch die anderen Opfergruppen
dazu, zum
Beispiel die Sintize und die Romnia, Zeuginnen und Zeugen Jehovas, Menschen mit
Behinderungen, und beispielsweise die homosexuellen Opfer des
NS-Terrors wurden überhaupt erst 2005 aufgenommen. Das halte ich schon
für wichtig, zu sagen, weil 2005 eigentlich fast keiner derjenigen, die
diesem
Terror und diesem Horror ausgesetzt waren, mehr lebte.
Ich möchte einfach einmal ein Buch
empfehlen – das passiert nicht oft hier im Bundesrat, aber heute
möchte ich das machen –, nämlich „Die Männer
mit dem Rosa Winkel“ von Heinz Heger. Er ist Wiener, aus dem
9. Bezirk, und er ist eigentlich der Einzige, der von seinen Erfahrungen
in den Konzentrationslagern erzählt. Er ist auch der Einzige, von dem
noch ein Rosa Winkel – das war
dieses Symbol, das man in den Konzentrationslagern als homosexuelles
Opfer bekommen hat – erhalten geblieben ist; die meisten haben ihn
logischerweise weggeworfen, seiner ist erhalten geblieben. Er hat ihn dann
österreichischen Museen angeboten, und – auch das eine
interessante Geschichte, wie wir nach dem Krieg damit umgegangen
sind – kein einziges Museum
hatte Interesse daran. Deswegen liegt dieser Rosa Winkel, dieser Wiener Rosa
Winkel, jetzt im Holocaust Memorial Museum in Washington, weil die
die Einzigen waren, die daran Interesse hatten.
Es war Justizministerin Zadić, die sich auch für
das Unrecht entschuldigt hat, das den homosexuellen Opfern nicht nur
während des NS-Terrors, sondern
auch danach angetan worden ist. Das ist im
Opferfürsorgegesetz auch wichtig: den Umgang zu begreifen, wie wir damit
umgehen. Es wurden Urteile,
die in der Zeit des NS-Terrors gefällt wurden, später in der Zweiten
Republik nachträglich bestätigt. Natürlich gab es damals zum
Glück nur noch menschenrechtskonforme Justizanstalten und keine
Konzentrationslager mehr, aber dass die Menschen aufgrund von NS-Urteilen
trotzdem wieder ins Gefängnis mussten, das passierte auch in der Zweiten
Republik.
Heute und hier machen wir
wieder eine Adaptierung. Wir müssen natürlich befürchten,
dass es sich auch in diesem Fall um einen symbolischen Akt
handelt, weil wahrscheinlich - - Sagen wir es einmal so: Ich würde mich freuen, wenn noch jemand davon lebt und als Opfer anerkannt wird.
Es geht um diejenigen, die als
angebliche – und jetzt muss man das unter Anführungszeichen
setzen – „Berufsverbrecher“ verurteilt worden sind.
Unter dieser Bezeichnung wurden in der NS-Zeit Menschen einfach
willkürlich verurteilt und in Konzentrationslager gesteckt. Das war eine
Bezeichnung, die einfach vollkommen willkürlich verwendet wurde, weil man
zum Beispiel Widerstand gegen einen Nationalsozialisten geleistet hat, weil man
einfach nur zu Hause in seiner Gemeinde aktiv Widerstand geleistet hat, weil
man
vielleicht auch in einen Raufhandel mit einem SS-Angehörigen verwickelt
war. Solche Sachen wurden dann unter diesem Begriff
„Berufsverbrecher“ subsumiert.
Heute werden diese Menschen, die in die Konzentrationslager
gesteckt wurden, im Opferfürsorgegesetz
auch als Opfer anerkannt. Es ist viel zu spät, aber
besser man tut es, als man tut es nicht. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der
ÖVP.)
10.47
Vizepräsident Dominik Reisinger: Danke.
Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat
Philipp Kohl. Ich
erteile ihm dieses.
Bundesrat
Philipp Kohl (ÖVP, Burgenland):
Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Werte Kolleginnen und
Kollegen! Geschätzte Zuseherinnen
und Zuseher! Das Opferfürsorgegesetz gewährt Leistungen an Menschen,
die während der NS-Zeit Opfer von politischer Verfolgung waren. Dieses
Gesetz, das seit der Einführung im Jahr 1945 bereits viele
Anpassungen erfahren hat, dient dazu, sicherzustellen, dass diejenigen, die
gelitten haben, entschädigt werden.
Es ist bedauerlich, dass viele Opfergruppen leider lange Zeit von Unterstützungen ausgeschlossen waren. Erst durch den Nationalfonds von 1995 erhielten viele weitere Opfer eine Entschädigung.
Die geplante Aufhebung der
Einschränkungen für Menschen mit nicht getilgten gerichtlichen Verurteilungen, der
Berufsverbrecher, ist ein weiterer Schritt
in Richtung historische Gerechtigkeit.
Auch wenn die meisten Betroffenen – vielleicht leider sogar
alle – bereits verstorben sind, bleibt es von großer
Bedeutung, dieses Gesetz anzupassen, um den Opfern und ihren Familien die
verdiente Anerkennung zukommen zu lassen.
Geschätzte Damen und
Herren! Fast 80 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges ist
es unsere Pflicht, uns weiterhin mit den Auswirkungen dieser dunklen Periode auseinanderzusetzen.
Es ist unsere Verantwortung, die Erinnerung an die Opfer wachzuhalten und
sicherzustellen, dass ihr Leiden nicht umsonst war. Es gibt keine Worte, die
das Leid und das Elend, das den Menschen damals widerfahren ist, irgendwie
beschreiben könnten, aber wir müssen darüber sprechen, weil wir
das niemals vergessen dürfen.
Jede Geschichte, jedes Schicksal erinnert uns daran, dass ein Krieg nie eine
Lösung sein kann.
Das Opferfürsorgegesetz ist mehr als nur ein Gesetz – es ist ein Symbol für unsere kollektive Verantwortung, aus der Geschichte zu lernen und sicherzustellen, dass solche Gräueltaten nie wieder geschehen. (Beifall bei der ÖVP, bei Bundesrät:innen der Grünen sowie der Bundesrätin Grimling.)
Durch die fortwährende Anpassung und Erweiterung
dieses Gesetzes
setzen wir ein Zeichen der Solidarität und des Respekts gegenüber den
Opfern und deren Familien. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Obrecht.)
10.50
Vizepräsident Dominik Reisinger: Danke.
Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Daniela Gruber-Pruner. Ich erteile ihr dieses.
10.50
Bundesrätin Mag. Daniela Gruber-Pruner
(SPÖ, Wien): Herr Präsident!
Sehr geehrte Frau Ministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte
Zuseherinnen und Zuseher! Meine beiden Vorredner haben jetzt
schon einiges zum Opferfürsorgegesetz geschildert, und ich muss nicht
alles wiederholen, aber ich möchte schon betonen, dass durch diese
Initiative,
die vom Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes ausgegangen
ist, dann von den Grünen und der ÖVP und der SPÖ im Nationalrat
aufgegriffen wurde, eine wirklich große
Ungerechtigkeit – dass eben nicht
alle Opfergruppen nach dem Ende des Naziterrors gleichermaßen bewertet
und auch behandelt wurden – nun endlich richtiggestellt wird. Das
sind wir
diesen Opfern schuldig – und ich muss sagen: Endlich
gelingt es uns heute, dieses Unrecht zu beseitigen.
Wir sprechen im Übrigen von unfassbaren 60 000 bis
80 000 Menschen,
die von dieser Kategorisierung betroffen waren, die sozusagen als
Berufsverbrecher oder Asoziale von den Rassenideologen der Nazis
bezeichnet
wurden, die damit Menschen wirklich gnadenlos stigmatisiert, bewertet, diskriminiert,
verfolgt und schlussendlich aussortiert haben – und am Ende mit
einem furchtbaren Plan, der Vernichtung durch Arbeit genannt wurde, viele tatsächlich
auch ermordet haben.
Allein im KZ Mauthausen
waren 4 234 dieser sogenannten Berufsverbrecher inhaftiert und 11 098
Sicherungsverwahrte – also diese Dimensionen
müssen uns einfach bewusst sein.
Diese sogenannten
Berufsverbrecher – Kollege Schreuder hat es schon
ausgeführt – waren eben keineswegs, wie der Begriff vermuten
lassen würde, Schwerverbrecher oder Mörder, sondern es ging oft um
Bettler, um Alkoholiker, Obdachlose, Kleinkriminelle, die vielleicht
Eigentumsdelikte begangen haben. Es waren auch gar nicht so wenige Frauen
darunter. Zum Beispiel
war es zu dieser Zeit ein Vergehen, wenn man abgetrieben hat oder der Prostitution
beschuldigt wurde: Auch das hat gereicht, um dort inhaftiert zu
werden.
Asozial war man, wenn man in diesem System in irgendeiner Form auffällig war – und in diesem System wurde man sehr schnell auffällig, wenn man in irgendeiner Form nicht angepasst war.
Die Nazis haben ab 1933 wirklich permanent neue Gesetze erfunden, um diese Menschen systematisch aus dem Verkehr zu ziehen. Da gab es sogenannte Sicherungsverwahrungen für diese Menschen, und Menschen wurden mit Vorbeugehaft auch sozusagen vorsorglich inhaftiert. Viele dieser betroffenen Gruppe waren auch die Ersten, die in die Konzentrationslager gebracht und dort sozusagen verwahrt wurden.
Das, was dann in den KZs
passiert ist, war, dass sie dort wiederum markiert und wiederum
stigmatisiert wurden: einerseits mit diesem Grünen Winkel auf der linken Brust (die Rednerin weist mit
der rechten Hand auf die entsprechende Stelle)
für die sogenannten Berufsverbrecher und mit dem Schwarzen Winkel für
die sogenannten Asozialen. Also auch dort wollte man noch
einmal deponieren, dass das eine besonders verabscheuungswürdige Bevölkerungsgruppe
sei.
Diese Stigmatisierung ging auch nach 1945 weiter, und ich
denke, das ist die besondere Demütigung, die dieser Gruppe widerfahren
ist: dass man sie
auch nach 1945 weiter stigmatisierte und sich auch andere Opferverbände
von dieser Gruppe von Opfern distanziert haben, und leider, muss man sagen,
war auch diese Opfergruppe nicht selbstbewusst genug, um sich lautstark genug
für ihre Rechte oder für ihre Anerkennung einzusetzen. Bis heute
wurde
ihnen der Opferausweis sozusagen verwehrt, und diese Demütigung und Erniedrigung
wird erst heute mit unserem Beschluss beendet. (Beifall bei der SPÖ
sowie bei Bundesrät:innen von ÖVP und Grünen.)
Ich möchte jetzt noch ganz kurz darüber
nachdenken, was das eigentlich auch für heute, für die Gegenwart
bedeutet, denn wahrscheinlich begegnet
auch Ihnen allen dieser Begriff asozial nach wie vor sehr oft – dass
Menschen als asozial eingestuft werden. Heute werden immer noch Menschen
stigmatisiert aufgrund eines Verhaltens, aufgrund einer Eigenschaft,
die sie mitbringen – das passiert leider nach wie vor. Wir haben
auch nach wie vor Politiker –
auch hier im Parlament –, die keinen Genierer haben, Menschen, die
sich nichts haben zuschulden kommen lassen, sozusagen an einem Ort konzentriert
sehen zu wollen. Also auch dieses Gedankengut ist nach wie vor
präsent. – Sie alle erinnern sich an diese Aussage von Herbert
Kickl; das ist noch nicht
so lange her.
Ich finde aber, wir haben als Politiker:innen, wir haben
als Bürger:innen eine Verantwortung, mit solchen Klassifizierungen,
mit solchen Zuweisungen
extrem vorsichtig zu sein – da gebe ich meinem Vorredner Kohl
vollinhaltlich recht. Wir haben eine Verpflichtung diesen Opfern
gegenüber, bei solchen Entgleisungen, bei solchen
Überschreitungen einfach tatsächlich hochsensibel zu sein und zu
bleiben – dies alles im Gedenken an diese
Tausenden Opfer, denen wir heute ein Stück Gerechtigkeit zukommen lassen
können und damit auch unserer Gesellschaft und unserem Zusammenleben etwas
Gutes tun. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ sowie bei
Bundesrät:innen von ÖVP und Grünen.)
10.56
Vizepräsident Dominik Reisinger: Danke.
Ich darf einen weiteren Gast bei uns begrüßen.
Bei uns im Bundesrat ist heute die Verfahrensrichterin der letzten beiden
Untersuchungsausschüsse,
Frau Dr. Edwards. – Frau Doktor, herzlich willkommen im
Bundesrat. (Allgemeiner Beifall.)
Als Nächster zu Wort gemeldet ist Bundesrat Günter
Pröller. Ich erteile
ihm dieses.
10.57
Bundesrat Günter Pröller
(FPÖ, Oberösterreich): Herr
Präsident! Frau Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte
Besucher hier im Saal und
vor den Bildschirmen! Wie bereits meine Vorredner gesagt haben, debattieren wir
hier unter dem aktuellen Tagesordnungspunkt die Novellierung des
Opferfürsorgegesetzes und haben es schon genauer erläutert. Wir
wollten eine Klarstellung beziehungsweise eine Gleichstellung mit anderen,
vergleichbaren Gesetzen, dass es einen gleichen Zugang für jeden
einzelnen Bürger geben soll, und das wurde erreicht.
Es hat in § 15 des Opferfürsorgegesetzes einen Absatz
gegeben, der besagt,
dass der „Anspruch auf Ausstellung einer Amtsbescheinigung oder
eines Opferausweises [..] nicht gegeben“ ist, „wenn der
Anspruchswerber“ – das wurde auch schon
erwähnt – „wegen einer [...] gerichtlich“
strafbaren
Handlung „zu einer mehr als sechsmonatigen Freiheitsstrafe verurteilt
wurde“. – Wenn diese Verurteilung noch nicht getilgt gewesen
ist, hatte man also
keinen Anspruch.
Wenn man aber vergleichbare
Gesetze heranzieht, zum Beispiel das Impfschadengesetz, das
Kriegsopferversorgungsgesetz, das Verbrechensopfergesetz und das
Heimopferrentengesetz, dann sieht man die ganz klare Regelung, dass es auch bei
noch nicht getilgten Verurteilungen oder Strafen zu
einem Anspruch gekommen ist.
Mit dieser Gesetzesnovelle wird diese Einschränkung endlich gestrichen, damit kommt es zu einer Gleichbehandlung. Dies ist, wie im Ausschuss ausgeführt, vor allem auch ein symbolischer Schritt zur Aufarbeitung unserer Vergangenheit. Dementsprechend werden wir dem zustimmen.
Ich darf Ihnen, Frau Minister, für die Schwangerschaft alles Gute wünschen, herzlichen Glückwunsch – ich freue mich. Im Dezember ist es dann so weit, nicht? Alles Gute! – Danke. (Beifall bei der FPÖ sowie bei Bundesrät:innen von ÖVP, SPÖ und Grünen.)
10.59
Vizepräsident Dominik Reisinger: Danke.
Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor.
Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist somit geschlossen.
Wir gelangen zur Abstimmung. – Bitte nehmen Sie Ihre Plätze ein.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte,
die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates
keinen Einspruch
zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit.
Der Antrag ist somit angenommen.
Beschluss des Nationalrates vom 12. Juni 2024
betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz,
das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz
und das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert werden
(4038/A und 2579 d.B. sowie 11498/BR d.B. und 11511/BR d.B.)
Vizepräsident Dominik Reisinger: Wir gelangen nun zum 3. Punkt der Tagesordnung.
Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Heike Eder. – Ich bitte um den Bericht.
Berichterstatterin Heike Eder, BSc MBA: Ich bringe den Bericht des Gleichbehandlungsausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 12. Juni 2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert werden.
Der Bericht liegt Ihnen bereits vor, daher komme ich gleich zur Antragstellung:
Der Gleichbehandlungsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage einstimmig den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Vizepräsident Dominik Reisinger: Danke für Ihren Bericht.
Wir gehen in die Debatte ein.
Als Erste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Sandra Böhmwalder. Ich erteile ihr dieses.
Bundesrätin
Sandra Böhmwalder (ÖVP, Niederösterreich): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau
Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuseherinnen und
Zuseher hier im Saal und zu Hause vor den Bildschirmen! Ja, sehr geehrte Damen
und Herren, Fehl- und Totgeburten, das ist ein sehr sensibles Thema, das uns
alle in unserer Menschlichkeit tief berührt. Der Tod eines ungeborenen
Kindes, diese Tragödie ist für jede Familie ein
schwerer Schicksalsschlag, besonders für die Mütter, die oft eine
immense psychische und physische Belastung erfahren.
Der Verlust eines Kindes während der Schwangerschaft,
besonders ab
der 18. Schwangerschaftswoche, ist ein Schmerz, der kaum in Worte zu
fassen ist. Die Mutter, die ihr Kind bereits spürt, die mit dem Kind eine
tiefe
Verbindung aufgebaut hat, erlebt nicht nur eine emotionale Leere, sondern auch
eine körperliche Herausforderung. In dieser Zeit ist es von
größter
Bedeutung, dass die betroffenen Frauen und ihre Familien nicht alleingelassen
werden.
Ein Beispiel, das leider zeigt, dass in solchen schwierigen
Situationen
nicht immer die notwendige Unterstützung verfügbar war, betrifft eine
Frau aus meinem Bekanntenkreis. Sie verlor ihr Kind in der
20. Schwangerschaftswoche. In ihrer ohnehin schwersten Zeit
hatte sie leider nicht die Möglichkeit, eine Hebammenbegleitung in
Anspruch zu nehmen. Sie und ihr Partner
waren auf sich allein gestellt, als sie mit der schockierenden Nachricht
konfrontiert wurden. Obwohl das Krankenhauspersonal medizinisch kompetent
und fürsorglich war, fehlte die spezielle emotionale und psychologische
Unterstützung, die eine erfahrene Hebamme hätte bieten
können. Diese Lücke
führte dazu, dass das Paar nicht nur den unmittelbaren Verlust verarbeiten musste,
sondern auch mit einer Vielzahl unbeantworteter Fragen und Ängste
konfrontiert war.
Hier kommt die wichtige Rolle der Hebammen ins Spiel.
Hebammen
sind nicht nur medizinische Fachkräfte, sondern auch vertraute
Begleiterinnen, die mit ihrer Empathie und mit ihrem Fachwissen
unterstützen können.
Sie bieten eine ganzheitliche Betreuung, die sowohl die körperliche
Heilung als auch die psychische Verarbeitung umfasst. In der schwierigen Zeit
nach
einer Fehlgeburt können sie Trost spenden, Fragen beantworten und
wertvolle Hilfestellung leisten. Genau deshalb ist es von großer
Bedeutung, dass
die Unterstützung durch die Hebammen in solchen Fällen
gewährleistet wird.
Das vorgesehene Maßnahmenpaket sieht vor, dass die
Kosten für die Inanspruchnahme der Hebammenbetreuung nach einer Fehlgeburt
ab der 18. Schwangerschaftswoche von der Krankenkasse übernommen
werden. Dies ist ein wichtiger Schritt, um den betroffenen Familien und den
Frauen
die notwendige Hilfe zukommen zu lassen, ohne dass sie sich um finanzielle
Belastungen sorgen müssen. Die Übernahme der Kosten ist mehr als
nur eine finanzielle Entlastung, sie ist ein Zeichen des Mitgefühls und
der Anerkennung der schwierigen Situation, in der sich die betroffenen
Familien befinden. Es ist ein Schritt hin zu einer umfassenden
Unterstützung und einer besseren Versorgung in einer der schwersten Zeiten
ihres Lebens.
Lassen Sie uns gemeinsam dafür sorgen, dass keine
Familie in solch
einem schmerzhaften Moment alleine bleibt! Lassen Sie uns die wichtige Arbeit
der Hebammen würdigen und sicherstellen, dass jede Frau, die einen solchen Verlust
erleidet, die bestmögliche Unterstützung erhält!
Ich bedanke mich abschließend noch bei allen Hebammen
und Hebammenverbänden für ihre großartige
Arbeit. – Herzlichen Dank. (Beifall bei ÖVP,
Grünen und SPÖ.)
11.04
Vizepräsident Dominik Reisinger: Danke.
Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Sandra Gerdenitsch. Ich erteile ihr dieses.
Bundesrätin
Mag. Sandra Gerdenitsch (SPÖ, Burgenland): Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen
und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher vor den Bildschirmen! Was Kollegin
Böhmwalder gesagt hat, kann ich vollinhaltlich unterstützen:
Schwangerschaftsverluste sind extrem schmerzlich. Auch ich hatte das erst kurz
vor Weihnachten mit einer sehr guten
Freundin miterleben müssen. Daher ist unbedingt Unterstützung
notwendig, auch um Folgeerkrankungen zu vermeiden und diese bestmöglich
abzufangen.
Das Thema ist leider immer noch ein gesellschaftliches Tabu, so wie ich das feststelle, und ich bin der Meinung, dass wir heute dieses Plenum auch nützen sollten, um diesem Thema mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Wenn man sich mit Frauen unterhält und in die Tiefe geht, kommt man darauf: Aha, dieser Freundin ist das auch schon einmal passiert, diese Bekannte hatte schon einmal eine Fehlgeburt – also das ist nichts, was nicht quasi zu unserem Leben dazugehören würde, was etwas Seltenes ist. Jede dritte Schwangerschaft endet leider mit einer Fehlgeburt. Das sind die Fakten.
Betroffene sind emotional sehr stark belastet, und wenn sie nicht die Möglichkeit haben, diesen Verlust entsprechend zu verarbeiten, können sich eben auch weitere Krankheitsbilder entwickeln, seien es Depressionen, Angststörungen, aber auch Suchtabhängigkeiten oder sogar Krebserkrankungen. Und ein Krankenstand reicht oftmals nicht aus, um damit fertigzuwerden.
Deshalb ist es so wichtig, dass Maßnahmen in diesem Bereich gesetzt werden, und das machen wir heute, und deshalb stimmen wir auch zu.
Wir begrüßen, dass
mit der Weiterbildung für das Gesundheitspersonal, für die
Beratungsstellen und vor allem auch mit dem Hebammenbeistand Betroffenen nun
besser geholfen wird. Die Hebammen, die wir haben, sind ein ganz wichtiger
Berufsstand. Ich kenne auch persönlich zwei, drei Hebammen,
und die machen wirklich einen großartigen Job. Ein herzliches
Dankeschön auch an dieser Stelle! (Beifall bei der SPÖ sowie bei
Bundesrät:innen von ÖVP und Grünen.)
Was wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten an dieser
Stelle aber auch für die betroffenen Frauen fordern, ist die Ausdehnung
des Mutterschutzes mit dem entsprechenden Kündigungs- und
Entlassungsschutz,
damit die trauernden Frauen wenigstens sicher sein können, dass sie ihre
Arbeit nicht verlieren und ihnen eine angemessene Zeit bleibt, um mit dem
Erlebtem umgehen und trauern zu können. Meine Gedanken sind jetzt gerade
bei allen Sternenkindeltern. – Vielen Dank. (Beifall bei der
SPÖ und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)
11.07
Vizepräsident Dominik Reisinger: Danke.
Vizepräsident Dominik Reisinger: Ich gebe bekannt, dass mir jeweils ein Verlangen im Sinne des § 61 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates auf dringliche Behandlung der schriftlichen Anfragen der Bundesräte Christoph Steiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Anschlag auf die Existenz unserer Landwirte“ an die Bundesministerin für EU und Verfassung sowie an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie vorliegt.
Die beiden Anfragen wurden nach Eingang in die Tagesordnung
eingebracht. Ihre Behandlung erfolgt daher nach Erledigung der
Tagesordnung. Da die beiden Anfragen weiters in einem inhaltlichen Zusammenhang
stehen,
wird deren Behandlung gemäß § 61 Abs. 6 der
Geschäftsordnung des Bundesrates mit Zustimmung der Antragsteller
unter einem erfolgen.
Weiters gebe ich bekannt, dass im Einvernehmen mit den Fraktionen die Behandlung der an den Bundesminister für Inneres gerichteten Dringlichen Anfrage um 15 Uhr erfolgen wird.
Vizepräsident Dominik Reisinger: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Markus Steinmaurer. Ich erteile ihm dieses.
Bundesrat
Markus Steinmaurer (FPÖ, Oberösterreich): Herr Vizepräsident! Werte Ministerin! Liebe
Kollegen im Bundesrat! Sehr geehrte Zuseher zu Hause und hier im
Bundesratssaal! Liebe Österreicher! Bei diesem Tagesordnungspunkt geht
es um die Angleichung beziehungsweise den Lückenschluss
der Bestimmungen bei einer Lebendgeburt, einer Totgeburt oder einer Fehlgeburt.
Mit dieser Änderung besteht ein Anspruch auf Hebammenbeistand auch bei
einer Fehlgeburt ab der vollendeten 18. Schwangerschaftswoche.
Die Geburt eines Kindes ist für die gesamte Familie ein
erfreulicher Lebensabschnitt. Wenn in der Schwangerschaft Probleme auftreten
und eine Fehl- oder Totgeburt auftritt, braucht die Familie fachlichen psychischen und gesundheitlichen
Beistand. Diese Angleichung ist zu begrüßen, wenngleich es keinen
Unterschied macht, ob eine Tot- oder Fehlgeburt vorliegt. Solche
Schicksalsschläge sind einfach nur tragisch. Es ist deswegen richtig
und wichtig, Frauen in solchen Situationen zu unterstützen.
Unser Zugang ist ja bekannt: Für uns spielt es keine
Rolle, wie so ein tragischer Schicksalsschlag bezeichnet wird. Eine
langjährige Forderung von uns ist
eine Ausbildungsoffensive im Gesundheitsbereich, und genau da, beim Hebammenbeistand, ist der Personalmangel Tatsache.
Ein Anspruch auf Wochengeld nach einer Fehlgeburt ist leider
auch bei
dieser Gesetzesänderung nicht dabei.
Bei dieser Gesetzesanpassung wird auf das Hebammengesetz aus
dem Jahr 1994 zurückgegriffen. Eine Gesetzesänderung nach
30 Jahren ist einfach notwendig. Diese
Änderung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes, des Gewerblichen
Sozialversicherungsgesetzes, des Bauern-Sozialversicherungsgesetzes und des
Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetzes
soll mit 1. September in Kraft treten. Ab diesem Zeitpunkt kann der
Hebammenbeistand in Anspruch genommen werden.
Es gibt breite Zustimmung über die Parteigrenzen
hinweg. Wir als Sozial-
und Familienpartei unterstützen Familien bestmöglich und in solch
tragischen Lebenssituationen. Wir unterstützen daher diese
Gesetzesänderung. –
Danke. (Beifall bei der FPÖ.)
11.10
Vizepräsident Dominik Reisinger: Danke.
Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Simone Jagl. Ich erteile ihr dieses.
Bundesrätin
Simone Jagl (Grüne, Niederösterreich): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr
geehrte Damen und Herren! Kolleginnen und Kollegen! Es freut mich
persönlich wirklich sehr, dass wir heute etwas
so Wichtiges beschließen, und das einstimmig, nämlich die dringend
notwendige Hilfe und Unterstützung für Frauen in einer absoluten
Ausnahmesituation.
Ja, ein Schwangerschaftsverlust – wir haben es schon mehrfach
gehört, aber man kann es gar nicht oft genug betonen –
kann ein extrem belastendes
Ereignis im Leben einer Frau sein, nämlich sowohl psychisch als auch
körperlich.
Aus diesem Grund erweitern wir den Hebammenbeistand auf Fehlgeburten nach der 18. Schwangerschaftswoche. Das ist ein wirklich wichtiger Schritt, denn wir dürfen betroffene Frauen einfach nicht alleinlassen.
Immerhin zwischen 12 und
24 Prozent aller Schwangerschaften enden
durch einen Schwangerschaftsverlust oder eine Fehlgeburt frühzeitig, und
da sprechen wir nicht von den unbekannten, von den unbemerkten Fehlgeburten, bei
denen die Frauen vielleicht noch gar nicht einmal wussten, dass sie schwanger
sind, sondern diese Zahl betrifft die Schwangerschaften, die
schon festgestellt wurden.
Auch wenn es wünschenswert
wäre, dass die Frauen in dieser Situation durch ihre Familie, durch
Freunde aufgefangen und unterstützt werden, so ist
es doch leider immer noch so, dass das Thema Fehlgeburten und auch frühe Fehlgeburten Tabuthemen sind. Dadurch haben diese
Frauen, die betroffenen Frauen, nicht nur die seelische und
die körperliche Belastung, sondern zusätzlich auch noch das
Gefühl, die Situation alleine stemmen zu müssen; und oft
haben sie auch noch Schuldgefühle, weil ihr Körper diese Schwangerschaft
nicht halten konnte.
Wie läuft das denn bisher
ab? – Da kommt vielleicht eine Frau von einem Kontrolltermin nach
Hause, bei dem sie erfahren hat, dass der Herzschlag ihres Babys nicht mehr zu
hören ist, nicht mehr zu sehen ist. Sie wird nach
Hause geschickt, vielleicht mit einer Überweisung zur Kürettage.
Vielleicht hört sie auch zum ersten Mal von der Möglichkeit, dass sie
die ganze Sache
quasi aussitzen kann und abwarten kann, ob ihr Körper die Schwangerschaft
selber beendet.
Sagen wir, sie entscheidet sich dazu, ihren Körper mit
der Situation selber zurechtkommen zu lassen. Das kann von vielen
Tagen bis zu Wochen dauern – Tage, in denen sie zusätzlich
womöglich immer noch zum
Beispiel unter Schwangerschaftsübelkeit leidet oder Unterleibsschmerzen
hat.
Dann setzt wie gesagt oft erst
nach vielen Tagen die Geburt ein – denn
jeder Schwangerschaftsverlust ist eine Geburt. Wenn sich die Frau
dann in dieser Situation doch unsicher
fühlt und ins Spital geht, hört sie dort vielleicht noch einmal
den Vorwurf, warum sie nicht gleich gekommen ist und überhaupt so lange
zugewartet hat. Dann Narkose, Kürettage, nach dem Aufwachen
nach Hause – und das war’s dann mit der Begleitung. Noch ein
paar Tage Krankenstand, und dann sollte auch schon wieder alles okay sein.
Das ist es aber eben oft nicht!
Ein Schwangerschaftsverlust ist wie schon erwähnt wirklich eine Geburt und
sollte auch so begleitet werden – davor, währenddessen und
danach –, und das eben durch jene Fachfrauen, die dafür ausgebildet
sind. Hebammen sind in dieser schwierigen Zeit eine wichtige Unterstützung.
Sie beraten, sie betreuen und sie pflegen körperlich. Sie
begleiten den Trauerprozess, aber auch die körperlichen
Veränderungen. Sie kümmern sich um Rückbildung und
Heilvorgänge nach der Geburt.
Und das schaffen wir jetzt mit den vorliegenden Gesetzesänderungen
zumindest für Fehlgeburten nach der 18. Schwangerschaftswoche.
Der von mir skizzierte mögliche Ablauf zeigt auch, wie
wichtig die weiteren Maßnahmen sind, die im Ministerrat
beschlossen wurden, um Frauen bei Fehl- und Totgeburten umfangreich und
bestmöglich von Anfang an
zu begleiten und zu unterstützen. Da gibt es die Weiterbildungsoffensive
für Ärztinnen und Ärzte und auch für Hebammen –
ganz wichtig –, spezielle Weiterbildungen für
Beraterinnen und Berater bei Familien-, Frauen- und
Mädchenberatungsstellen; es werden Richtlinien und Leitfäden für
Ärztinnen und Ärzte erstellt, auch ganz wichtig, denn diese sind
meistens die ersten Ansprechpersonen von betroffenen Frauen. Eine
Broschüre
wird erstellt – „Stille Geburt oder Tod des neugeborenen
Kindes“ –, die in Krankenhäusern aufliegen soll. Das soll
nicht nur Information für
betroffene Eltern sein, sondern auch zur Bewusstseinsbildung und zur Enttabuisierung
beitragen, das einfach sichtbar machen.
Als besonders wichtig erachte ich auch die Einrichtung der
interdisziplinären Arbeitsgruppe, die sich damit
beschäftigt, wie eine Erweiterung der Definition Totgeburt erfolgen kann
und die Ansprüche betroffener
Frauen auf Wochengeld, Kündigungs- und Entlassungsschutz, auf Mutterschutz
prüft.
Alles in allem ist das also ein wirklich sehr gutes und
ganz wichtiges Paket,
und wie schon gesagt freue ich mich über die breite
Zustimmung. –
Danke schön. (Beifall bei Grünen und ÖVP sowie des
Bundesrates Obrecht.)
11.16
Vizepräsident Dominik Reisinger: Danke.
Als nächste Rednerin ist Frau Bundesrätin Manuela-Anna Sumah-Vospernik zu Wort gemeldet. Ich erteile ihr dieses.
Bundesrätin
Dr. Manuela-Anna Sumah-Vospernik (NEOS, Wien):
Sehr
geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Geschätzte
Kolleginnen und Kollegen! Sterneneltern mussten ihre Kinder loslassen und
manchmal
auch beerdigen, ohne sie je lebend in den Armen gehalten zu haben. Die Trauer,
der Schmerz und die Belastungen, die das für die Eltern und Geschwisterkinder darstellt,
sind schier unermesslich.
Ich selbst kenne zumindest acht Frauen, die einen
Schwangerschaftsverlust erleiden mussten und drei Frauen, die ihr Kind als
Totgeburt oder nicht
lebensfähig zur Welt bringen mussten. Im letzteren Fall müssen Frauen
nicht nur den seelischen Abgrund
überstehen, die Nachricht vom Tod ihres Kindes
zu verarbeiten, sondern sie müssen zusätzlich auch noch die
körperlichen Strapazen einer Geburt erdulden.
Oft sind nach der Geburt des toten Kindes das Bild eines
Fußabdruckes
oder ein Foto von ihrem Baby die einzige Erinnerung, die diesen Frauen und ihren
Familien an das Kind bleibt. Die Begleitung von Hebammen in solchen
Stunden und Tagen ist für Frauen und ihre Familien essenziell. Auch die geplante Ausarbeitung von Richtlinien für Ärztinnen und Ärzte, die Frauen bei solchen Geburten medizinisch begleiten, ist aber dringend notwendig. Ein sensibler und empathischer Umgang mit den Betroffenen in solchen Ausnahmesituationen muss auch vonseiten der Ärzteschaft gewährleistet werden.
Das österreichische Hebammengremium macht seit Jahren auf den flächendeckenden Mangel an Hebammenbetreuung aufmerksam. Durch die bevorstehenden Pensionierungen der Sechzigerjahrgänge und durch den zunehmenden Hebammenbedarf im extramuralen Bereich wird der Hebammenbedarf noch zusätzlich steigen. Da muss rechtzeitig gegengesteuert werden, weil durch den Ausbau des Hebammenanspruchs auch der Bedarf an Hebammen zunehmen wird.
Nicht nachvollziehbar ist auch die Begrenzung des Anspruches
auf Unterstützung durch eine Hebamme auf die
18. Schwangerschaftswoche. Eine
stille Geburt oder ein Schwangerschaftsverlust können auch zu einem
früheren Zeitpunkt in der Schwangerschaft geschehen, und dann haben die
betroffenen Frauen denselben Betreuungsbedarf.
Aus rechtlicher Sicht ist aber auch die derzeit bestehende
gesetzliche Regelung, nach der der Mutter bei einem Geburtsgewicht unter
500 Gramm und
ohne Lebenszeichen des Kindes kein Mutterschutz und auch kein Bestattungskostenbeitrag
zusteht, völlig nicht nachvollziehbar. Nicht das Geburtsgewicht des
Kindes sollte Normzweck sein, sondern die körperlichen und psychischen
Vorgänge während und nach einer Geburt bei den betroffenen
Frauen, die ja auch Zweck der mutterschaftsrechtlichen Bestimmungen sind. Die
Initiative Mut zeigen! hat zu Recht darauf hingewiesen.
Nach dem Erlebnis eines Schwangerschaftsverlustes
erfüllen bis zu
60 Prozent der Frauen und Männer die klinischen Kriterien einer
posttraumatischen Belastungsstörung. Bis zu 20 Prozent der
Frauen zeigen Anzeichen einer Depression und 32 Prozent der
Frauen entwickeln Angstzustände. Es
ist daher wichtig, dass allen
betroffenen Frauen, die einen Schwangerschaftsverlust vor oder nach der
18. Schwangerschaftswoche erleiden, bei Bedarf professionelle psychische Unterstützung zuteilwird. Die
Versorgungslage des Gesundheitssystems im Bereich der
psychischen Gesundheit in Österreich ist seit Jahren mehr als
prekär. Auch in diesem Bereich wird es
rasche und umfassende Maßnahmen brauchen, um den Betroffenen die Hilfe
und Unterstützung zukommen zu lassen, die sie benötigen.
Der vorliegende Gesetzesvorschlag ist aber jedenfalls ein längst überfälliger Schritt in die richtige Richtung und wird von uns NEOS vollumfänglich unterstützt. – Danke. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen sowie bei Bundesrät:innen der FPÖ.)
11.20
Vizepräsident Dominik Reisinger: Danke.
Es liegen dazu keine weiteren Wortmeldungen vor.
Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.
Wir gelangen zur Abstimmung. – Bitte nehmen Sie Ihre Plätze ein.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.
Beschluss des Nationalrates vom 12. Juni 2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Förderung von Gewaltambulanzen (Gewaltambulanzenförderungs-Gesetz – GewaltAFG) erlassen wird (4067/A und 2565 d.B. sowie 11506/BR d.B.)
Vizepräsident Dominik Reisinger: Wir gelangen nun zum 4. Punkt der Tagesordnung.
Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Viktoria Hutter. – Ich bitte um den Bericht.
Berichterstatterin
Viktoria Hutter: Ich darf Ihnen den
Bericht des Justizausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom
12. Juni 2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz
über die Förderung von Gewaltambulanzen,
Gewaltambulanzenförderungs-Gesetz, erlassen wird,
zur Kenntnis bringen.
Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, daher komme ich gleich zur Antragstellung:
Der Justizausschuss stellt nach Beratung der Vorlage
mehrstimmig den
Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen
Einspruch zu erheben.
Vizepräsident Dominik Reisinger: Danke für den Bericht.
Wir gehen in die Debatte ein.
Als Erste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Claudia Arpa. Ich erteile ihr dieses.
Bundesrätin Mag.a Claudia Arpa
(SPÖ, Kärnten): Geschätzter
Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte
Frau Minister – auch
von meiner Seite: herzliche Gratulation! Werte Zuhörende! Es gibt Herausforderungen,
die aus meiner Sicht besonders schmerzhaft sind. Die dunkle
Seite unserer Gesellschaft ist die Gewalt, vor allem die Gewalt an Frauen,
die – und das ist oft die Spitze eines Eisberges – oft in
einem Mord enden
kann. Laut Autonomer Österreichischer Frauenhäuser gibt es bereits
dieses Jahr zwölf Frauenmorde, 25 Mordversuche und weitere
Menschen, die von
anderen verletzt worden sind und werden und dadurch auch mit großem Leid konfrontiert sind.
Wir als SPÖ wollen das
ändern und hinschauen. Deshalb fordern wir,
dass der Bund – aus unserer Sicht: endlich einmal –
tätig wird. (Beifall bei
der SPÖ.)
Ich bedanke mich auch
gleichzeitig bei allen Institutionen, die mit
Opfern arbeiten, weil ich glaube, dass das eine sehr herausfordernde Arbeit
ist. An dieser Stelle sage ich noch einmal herzlichen Dank.
Noch einmal zurück zum
Bund: Wir als SPÖ-Fraktion verlangen einen
Nationalen Aktionsplan, damit wir gegen diesen Fleckerlteppich im Gewaltschutz
auftreten können, um Lücken zu identifizieren und diese auch mit
klaren Zuständigkeiten und Zeitplänen zu schließen. (Beifall bei der SPÖ.)
Und – deswegen stehe
ich ja auch heute hier vor Ihnen –: Es braucht endlich
flächendeckende Gewaltambulanzen, wie wir es schon seit Jahren fordern. Ich sage
das seit Jahren, die Kollegin aus dem Nationalrat, Selma Yildirim, bringt
bereits seit vier Jahren immer wieder Anträge ein, die nicht behandelt werden.
Es braucht bei Gewaltambulanzen kein Miniprojekt – obwohl man in
Graz seit Jahren ein Vorbild hat –, es braucht eine Blaupause, die
man
auf ganz Österreich umlegen kann. Es kann nämlich nicht sein, dass
ein Gewaltopfer im Westen weniger wert ist als im Osten. (Beifall
bei der SPÖ.)
Flächendeckende
Gewaltambulanzen sind ein wesentlicher Teil, der uns
im österreichischen Gewaltschutz fehlt. Was ist eigentlich die Aufgabe
einer solchen Ambulanz? – Diese stellt sicher, dass vorhandene
Beweise, die
eine Tat belegen oder sie ausschließen, gesichert werden.
Das Angebot einer
Gewaltambulanz steht grundsätzlich allen von Gewalt betroffenen
Menschen zur Verfügung – wir reden oft von Frauen, aber
es gibt natürlich auch andere Gewaltopfer –, dies sollte auch
rund um die Uhr
sein, und es ist auch unabhängig von einer Anzeige nutzbar, das heißt, es sind verfahrensunabhängige Untersuchungen.
Gewaltambulanzen sichern
Beweise, sodass sie später auch vor Gericht verwendet werden
können. Das ist vor allem bei Gewalt gegen Kinder,
gegen Frauen, ältere Menschen oder pflegebedürftige Menschen ganz
zentral und wichtig, vor allem, wenn sie nicht nur von körperlicher,
sondern
auch von sexueller Gewalt betroffen sind. Das kann natürlich auch helfen,
die in Österreich leider sehr niedrige Verurteilungsrate zu heben. Sie
sind sozusagen dafür geeignet, Beweise sicherzustellen. Die
Betroffenen
können sich dann auch in Ruhe überlegen, ob sie etwas zur Anzeige
bringen oder auch nicht.
Als Leiterin eines Frauenhauses
weiß ich, wie schwer es ist, sich zu öffnen,
wenn man von Gewalt betroffen ist. Wenn man Beweise gleich sichern möchte,
dann muss eine Ambulanz 24 Stunden offen haben. Es muss die Möglichkeit bestehen,
dass alle in Österreich betroffenen Opfer diese zeitnah erreichen können. Das ist eine Forderung, die wir auch
aufstellen. (Beifall bei
der SPÖ.)
Wie schaut es aber aus, wenn wir uns die Landschaft hier anschauen? – Die Versorgung von Gewaltopfern ist in Österreich völlig unzureichend. Wir haben das auch im Ausschuss intensiv diskutiert und auch da gab es die Diskussion darüber, dass dies 24 Stunden lang möglich sein muss.
Ich habe mich ein bisschen auf
die heutige Rede vorbereitet und gefunden,
dass im Jahr 2022 im Auftrag der Bundesministerin für Frauen,
Familie, Integration und Medien im Bundeskanzleramt, des Bundesministers
für Inneres,
der Bundesministerin für Justiz und des Bundesministers für Soziales,
Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz eine Studie mit dem Titel
„Die Versorgung Österreichs mit Gewaltambulanzen“
erstellt wurde.
Darin werden auf 116 Seiten der Istzustand und auch die Lösungsmöglichkeiten beschrieben. Diese Studie liegt nun vor und es gibt die Empfehlung, wie
Gewaltambulanzen umgesetzt werden können. Davon finden wir aber im vorliegenden Gesetzestext nichts mehr. An keinem Ort, auch nicht in größeren Ballungsräumen, gibt es aktuell die rund um die Uhr verfügbare Möglichkeit einer fachgerechten forensischen Beweissicherung.
Trotz der Studie und trotz
kritischer Stimmen wurde ein Initiativantrag
ohne Begutachtung in die parlamentarische Debatte geschickt. Das verstehen wir
nicht und wir unterstützen das auch nicht. Warum wurden die Inhalte der Studie
mit genau jenen Einrichtungen und Expert:innen, die
jahrein, jahraus – ich habe sie vorhin schon genannt –
mit von Gewalt betroffenen Frauen, Kindern und behinderten Menschen
beschäftigt sind und
arbeiten, nicht mit eingebunden? Warum wurde das nicht gemeinsam evaluiert? (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Schennach: Das
ist eine gute Frage!)
Stattdessen gibt es einen Initiativantrag. Dementsprechend gibt es natürlich auch kritische Reaktionen, auch vom Frauenring. Es gibt gegenteilige Stellungnahmen, die öffentlich kundgetan wurden. Was ist passiert? – Nichts, sie bleiben ungehört.
In diesem vorliegenden
Initiativantrag finden wir noch folgende Ausgestaltung, die ich auch
einmal vorlesen möchte: Die Ministerien werden ermächtigt, mit Betreibern Förderverträge
abzuschließen. – Das heißt, Sie beschließen
da heute etwas, was die Verfassung eh schon zur Verfügung stellt.
Es gibt keine genaue
Konkretisierung, ob institutionalisierte oder öffentliche Betreiber
gemeint sind, es gibt keine ausreichenden Mindeststandards,
es gibt keine nachhaltige Finanzierung – gar nichts ist da geregelt,
wirklich nichts!
Man könnte meinen, dass dieser Initiativantrag dann
notwendig ist, wenn der Rechnungshof auffordert beziehungsweise wenn Wahlen vor
der Tür
stehen. Dafür stehen wir als Sozialdemokratie nicht.
Deswegen möchte ich folgenden Entschließungsantrag einbringen – da könnten Sie sich ja heute noch einmal umentscheiden –:
Entschließungsantrag
der Bundesrät:innen Mag.a Claudia Arpa, Kolleginnen und Kollegen betreffend „gesetzliche Verankerung von Gewaltambulanzen“
Der Bundesrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung,
insbesondere die Bundesministerin für Justiz,
wird aufgefordert, die gesetzlichen Grundlagen für Gewaltambulanzen zu
schaffen. Diese sind im öffentlichen Bereich flächendeckend in allen
österreichischen Bundesländern zu institutionalisieren und sollen die
forensische Beweissicherung im Falle von Gewalt – insbesondere gegen
Frauen –
für etwaige spätere Strafverfahren sicherstellen. Ein kostenloser,
niederschwelliger Zugang ist sicherzustellen. Dabei sind jedenfalls u.a.
Expertinnen
und Experten aus den Bereichen Gewaltschutz, Gewaltprävention sowie dem
medizinischen, insbesondere aus dem gynäkologischen und gerichtsmedizinischen
Bereich, einzubinden.
Vorzusehen ist außerdem eine Berichtspflicht, die beim Frauenministerium zu bündeln ist. Die Berichte sind im Nationalrat sowie dem Bundesrat jährlich bis zum 30. September des Folgejahres vorzulegen.“
*****
Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)
11.29
Vizepräsident Dominik Reisinger: Danke.
Der von den Bundesräten Mag.a Claudia Arpa, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „gesetzliche Verankerung von
Gewaltambulanzen“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.
Wir fahren fort in der Debatte. Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Elisabeth Kittl. Ich erteile ihr dieses.
Bundesrätin
MMag. Elisabeth Kittl, BA (Grüne, Wien):
Sehr geehrter
Herr Präsident! Liebe Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Liebe Zuseher:innen vor den Bildschirmen! Zuallererst möchte ich meiner
Vorrednerin Claudia Arpa danken, allerdings nicht für ihre
Ausführungen und schon gar
nicht dafür, dass die SPÖ gegen die Einrichtung und Förderung
von Gewaltambulanzen ist – sie bringt seit vier Jahren
Anträge dahin gehend ein, war
aber davor zig Jahre in der Regierung, und in dieser Zeit wurden keine Gewaltambulanzen eingerichtet (Ruf bei der SPÖ:
Oh, es ist Wahlkampf! – Zwischenruf der Bundesrätin
Schumann) –; ich möchte ihr vielmehr für ihre
wichtige Arbeit in einem Frauenhaus und ihre Vernetzungsanstrengungen danken,
die sie
damals als Präsidentin des Bundesrates mit Blick auf die
österreichischen Frauenhäuser unternommen hat. –
Vielen Dank dafür! (Beifall bei den Grünen
sowie bei Bundesrät:innen von ÖVP und SPÖ.)
Apropos Präsidentin: Ich möchte mich auch bei ihr
bedanken; jetzt ist sie nicht da, dann werde ich das in meiner nächsten
Rede machen. Ich möchte
mich auch bei Elisabeth Grossmann bedanken, sie ist auch nicht da, dann mache
ich das auch in meiner nächsten Rede.
Zum Gewaltambulanzenförderungs-Gesetz: Wir
wissen – ich habe es
auch hier schon öfter gesagt –, 90 Prozent aller
Verfahren, die Frauen angestrengt haben, weil sie Gewalt ausgesetzt waren,
nämlich in ihren eigenen vier Wänden, oft leider auch
sexualisierte Gewalt erfahren haben, wurden eingestellt. Nur jedes zehnte
Verfahren endete mit der Verurteilung des
Täters: aber nicht deswegen, weil festgestellt wurde, dass der Täter
unschuldig ist – das wäre schön –, sondern
deswegen, weil das Verfahren im Zweifel
für den Angeklagten, aus Mangel an Beweisen geendet hat. Ein Mangel an Beweisen bedeutet, es lagen zu wenige Zeug:innenberichte vor oder die Verletzungen wurden nicht oder schlecht dokumentiert und konnten für das Verfahren nicht verwendet werden.
Da wollen wir mit der Förderung von Gewaltambulanzen
Abhilfe
schaffen, nämlich insofern, als alle Personen, die von Gewalt betroffen
sind, sich dort kostenlos und rund um die Uhr, sieben Tage die Woche
gerichtsmedizinisch untersuchen lassen können. Egal, ob danach
Anzeige erstattet wird oder nicht, diese gerichtsfeste – so nennt
sich das – Dokumentation von Gewaltanwendung bleibt kostenlos.
Das ist der wichtige Punkt: Es geht um diese
gerichtsmedizinische Untersuchung, es geht nicht um Opferschutz in dem
Sinne, dass Leistungen im Spital zur Heilung und zur Vorsorge erbracht werden,
sondern es geht um die gerichtsmedizinische Untersuchung, das heißt, um
die Beweissicherung der Verletzung, damit der Beweis genügend
Aussagekraft vor Gericht haben wird
und außer Zweifel gestellt werden kann, dass die Frauen oder Kinder
durch Fremdeinwirkung Gewalt ausgesetzt waren. Genau das ist das Neue.
Eine weitere wichtige Funktion dieser Gewaltambulanzen ist,
dass sie
den Frauen Aufklärung und Unterstützung dahin gehend bieten, wo sie
weitere Hilfe bekommen können. Das ist
auch deswegen so wichtig, weil jedes
Gespräch mit kompetenten Menschen helfen kann, diese Gewaltspirale
zu durchbrechen. Wir haben es eh auch vorhin von Kollegin Arpa gehört:
Auch in den Frauenhäusern werden diese Gespräche geführt. Das
ist deswegen
so wichtig, da so vielleicht zum ersten Mal überhaupt bemerkt wird, dass
es nicht normal ist, unter Druck gesetzt oder kontrolliert zu werden,
geprüft zu
werden, geschlagen zu werden, und dass man nicht selbst schuld an der Gewalt
ist oder sie gar provoziert. Schuld ist immer der Täter. Jedes solches
Gespräch hilft – es hilft und es ist ein erster Schritt, sich
aus einer gewaltvollen Beziehung zu lösen.
Mit dem heutigen
Gesetzesbeschluss kann der Bund nun Förderverträge, die sehr
lange, mit sehr vielen Experten nach bestimmten Standards ausgearbeitet
wurden, mit Einrichtungen abschließen, die dann als Gewaltambulanzen
fungieren können. Das heißt, es können auch bereits bestehende
Projekte in Krankenhäusern in diesem Bereich weiterhin finanziell abgesichert werden.
Das ist wichtig, da das bekannte Anlaufstellen sind, die damit erhalten werden.
Es können aber auch neue errichtet werden. In Wien
wird es ab Herbst eine fixe Stelle geben, in Graz gibt es bereits eine. Diese
zwei Stellen, aber grundsätzlich auch alle zukünftigen Stellen werden
mobile
Teams haben, die auch in den Ländern unterwegs sein werden, um dort diese
Dokumentationen durchführen zu können.
Im Ausschuss – wir
haben es gehört – gab es große Kritik daran, was
sehr schade ist, denn es sollte eigentlich große Freude herrschen. Diese
Kritik bezog sich einerseits darauf, dass nicht sofort und überall in
Österreich ausgerollt wird. Wie auch schon eingangs frage ich mich auch
da, warum das nicht schon im Zuge von früheren Regierungsbeteiligungen
gemacht
wurde, warum das Thema erst heute aufs Tapet kommt, obwohl es das Thema leider
schon sehr lange gibt, es altbekannt ist.
Die andere Kritik war, dass es
zu wenig Personal gibt. Auch das ist ein –
sage ich einmal – Henne-Ei-Problem, denn ich kann nicht Personal
schulen, wenn es diese Einrichtungen nicht gibt. Es passiert aber jetzt beides
gleichzeitig, und es sind vier Ministerien – wir haben es eben
gehört: auch das Bildungsministerium – Teil dieser
gemeinsamen Arbeitsgruppe, um genau dafür
zu sorgen. Wir wissen genau, dass das ein großer Kraftakt ist.
In Wien und Graz gibt es schon
ähnliche Projekte, sie werden noch an die einheitlichen Standards
angepasst. Das geht natürlich schneller, wenn es
diese Projekte schon gibt. Sie dienen als Pilotprojekte, um so schnell wie
möglich in den Westen, nach Innsbruck, nach Salzburg, auszurollen. Auch
dahin
gehend gibt es schon Gespräche, natürlich wird an einer
österreichweiten Versorgung und auch an einer rechtlichen Absicherung
gearbeitet. Das ist
das Ziel.
Das Wichtige ist, es geht nicht um die medizinische Erstversorgung, die ist natürlich immer gewährleistet, sondern es geht um die gerichtsmedizinische Feststellung von Gewaltanwendung, darum, diese gerichtsfest zu machen und als klaren Beweis im Verfahren verwenden zu können.
Zum Schluss möchte ich
mich noch ganz eindringlich an den Innenminister wenden (Bundesrat Spanring:
Ihr seids mit ihm in der Regierung!) – vielleicht
hören Sie es oder es wird an Sie weitergeleitet –: Schulen Sie
Ihre Polizistinnen und Polizisten, schulen Sie sie, damit sie den Frauen schon
bei der
Anzeige größtmögliche Unterstützung geben können,
damit sie sie über juristische und psychosoziale Angebote informieren
können, aber vor allem
dahin gehend, dass sie die Anzeigerinnen ernst nehmen und so viele Beweise wie
möglich sammeln! (Bundesrat Spanring: Das ist jetzt eine
Unterstellung gegen die Polizei! Das ist typisch grün!)
Mehr Beweise führen zu besseren Verfahren, zu höheren
Aufklärungsraten und Verurteilungen, bessere
Verfahren führen natürlich wiederum zu mehr Anzeigen. So werden sich
Frauen eher an die Polizei um Hilfe wenden.
Schließlich werden, wenn es mehr Verurteilungen gibt,
die Gefährder vielleicht nicht mehr so leicht zuschlagen. Genau
darum geht es, um die Verhinderung von Gewalt, genau das ist Prävention,
genau das ist das Wichtige. Daher sind die Gewaltambulanzen als ein Puzzleteil
von vielen in der Gewaltprävention so wichtig. Bleiben wir dran, nutzen
wir alle Instrumente im Gewaltschutz! Vielleicht entscheiden auch Sie sich um,
liebe SPÖ, und
stimmen für die
Gewaltambulanzen. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei
Bundesrät:innen der ÖVP.)
11.38
Vizepräsident Dominik Reisinger: Als nächste Rednerin ist Frau Bundesrätin Barbara Prügl zu Wort gemeldet. Ich erteile ihr das Wort. – Bitte.
Bundesrätin
Barbara Prügl (ÖVP, Oberösterreich): Geschätzter Herr Präsident! Liebe Frau
Ministerin, auch ich wünsche dir alles Gute für die Schwangerschaft, herzliche
Gratulation! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und
Herren! Gewalt geht uns alle an! Wenn man bedenkt, dass im Jahr 2023 in
Österreich mehr als 85 000 Gewaltdelikte angezeigt wurden, wenn
man bedenkt, dass die Dunkelziffer laut Experten sogar noch weit höher
sein soll, wenn man bedenkt, dass jede dritte Frau in Österreich in ihrem
Leben irgendwann einmal Opfer von Gewalt wird, und wenn man bedenkt, dass
90 Prozent aller Verfahren mangels Beweisen eingestellt werden, dann macht
das sehr betroffen.
Da ist es mehr als wichtig und richtig, dass die
Bundesregierung, dass
wir als Bundesrat parteiübergreifend mit Vehemenz dagegen auftreten. Eine
Maßnahme alleine, wissen wir, reicht natürlich bei Weitem nicht aus,
denn Gewalt hat leider viele Gesichter. Ob physische Gewalt oder psychische
Gewalt wie herabwürdigendes und verachtendes Verhalten oder Hass
im Netz, in sozialen Medien: Davon sind vor allem Frauen und Mädchen besonders
stark betroffen.
Eines ist klar: Jegliche Form von Gewalt beeinträchtigt das Leben der Betroffenen massiv und nimmt die Möglichkeit, auf ein freies und selbstbestimmtes Leben.
Ich denke, dass es unser aller Ziel und Anliegen ist, und
ich würde
sogar sagen, es ist als gesamtgesellschaftliche Aufgabe eigentlich klar
definiert: Mit Gewaltschutz und Gewaltprävention muss es möglich
sein, dass
jede Frau, dass jedes Mädchen ein freies und selbstbestimmtes Leben in
Österreich führen kann – ein Leben frei von Gewalt
und ein Leben ohne
Angst.
Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Mit dem
Maßnahmenpaket der Bundesregierung gegen Gewalt haben wir in dieser
Legislaturperiode schon sehr viel auf den Weg bringen können –
hin zu Strukturen der Prävention von
Gewalt und für den Opferschutz.
Ich darf da ein paar Dinge aufzählen, die sehr wesentlich sind, wie etwa die Verdreifachung des Frauenbudgets. Damit werden unter anderem die Gewaltschutzzentren in jedem Bundesland ausfinanziert. Die Frauen- und Mädchenberatungsstellen werden damit finanziell gestärkt und können so auch flächendeckend in jedem Bezirk in Österreich ausgerollt werden.
Was auch neu ist durch die Bund-Länder-Vereinbarung: Es
sind mehr
Schutz- und Übergangswohnungen möglich. Und wenn ich den Blick auf
mein Heimatbundesland, auf Oberösterreich, richte, so darf ich berichten:
Wir haben derzeit in Oberösterreich sechs Frauenhäuser. Das in Ried
wird gerade wieder neu gebaut, im Bezirk Braunau ist ein neues geschaffen
worden, zwei weitere sind in Planung, eines im Mühlviertel, das andere im
Salzkammergut, und der Plan ist, dass es in jedem Bezirk ein entsprechendes Angebot
gibt – entweder an Frauenhäusern oder Übergangswohnungen.
Mit dem heutigen Gesetzesbeschluss wird es möglich
werden – das ist ein zusätzliches, ein weiteres wichtiges
Angebot –, dass eine zusätzliche
Struktur aufgebaut wird, und zwar mit der flächendeckenden Ausrollung von
Gewaltambulanzen.
Es ist schon erklärt worden: Das sind
klinisch-forensische Untersuchungsstellen, wo von Gewalt betroffene
Menschen von Gerichtsmedizinern untersucht werden. Dabei werden
Spuren und Beweise bekundet und sichergestellt und bis zu zehn Jahre
aufbewahrt. Der Zugang soll dabei
sehr einfach sein: Es ist keine Anzeige notwendig, und falls das Opfer
später doch eine Anzeige erstatten will, sind die Beweismittel
dokumentiert
und vor Gericht auch verwendbar.
Sehr geehrte Damen und Herren, das Gewaltambulanzenförderungs-Gesetz regelt, wie der Name schon sagt, einerseits die Finanzierung der Gewaltambulanzen und andererseits auch, welche Aufgaben zu erfüllen sind.
Die Leistungen der Gewaltambulanzen – das ist
auch sehr wesentlich – sind für die betroffenen Personen
kostenlos. Die Betreiber von Gewaltambulanzen – so steht
es im Gesetz – können Universitäten, die ein
gerichtsmedizinisches Institut haben, aber auch andere geeignete Betreiber
sein. Es konzentriert sich nicht nur auf eine oder zwei Stellen, was
vielleicht kritisiert werden würde, sondern es ist sehr wohl möglich,
dass weitere Betreiber damit
gefunden werden können.
Uns ist selbstverständlich auch klar, dass die Stellen
nicht von heute auf morgen eingerichtet werden können – das
wäre wünschenswert, aber das geht
natürlich nicht; einerseits was das Personal betrifft, wir haben es schon
gehört. Hinsichtlich der Gerichtsmediziner ist eine gute Lösung
gefunden worden: dass, wenn nicht genügend Gerichtsmediziner
verfügbar sind, ein speziell geschultes Ärztepersonal diese
Tätigkeit verrichten kann.
Aus dem Pilotprojekt Graz wird die erste Gewaltambulanz, und
in Wien
ist bereits die zweite Anlaufstelle im Umbau, und wenn diese gut funktionieren,
ist auch mit diesem Gesetz im Endeffekt geregelt, dass das dann auf ganz
Österreich ausgerichtet wird.
Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, was ich an diesem
Gesetz wirklich sehr gut finde – und das möchte ich
betonen –, sind die geplanten mobilen
Teams, also die quasi – möchte ich jetzt einmal sagen;
vielleicht ist es vom Verständnis her besser – mobilen
Gewaltambulanzen kommen hinaus in die Regionen zu den Krankenhäusern vor
Ort. Und ich muss ganz ehrlich sagen: Ich komme aus Oberösterreich, aus
einem Flächenbundesland, und ich
fahre eineinhalb Stunden nach Linz. Wenn ich jetzt fordere, ich brauche nur in
Linz eine Gewaltambulanz, dann ist einem im Endeffekt als betroffene
Person auch nicht geholfen. Anders ist es aber, wenn ich weiß, im
Klinikum in
Schärding beispielsweise ist es möglich, dass die
verletzte Frau diese Untersuchung gerichtsmedizinisch begleitet vor Ort in
Schärding durchführen lassen kann und sich so eine mühevolle
Extrafahrt nach Linz ersparen
kann. Außerdem muss man auch bedenken, dass das ja so anonym wie
möglich sein sollte; wenn es eine Extrafahrt ist, ist im Endeffekt auch
wieder ein schlechtes Gewissen dahinter gestellt.
Meine Damen und Herren, Gewaltschutz ist unser aller
Ansinnen, das habe ich eingangs schon erwähnt. Mir ist es deshalb auch
unverständlich, wenn
heute jemand gegen Gewaltambulanzen stimmt.
Zu den aufgezählten Punkten beziehungsweise dem Antrag
der SPÖ: Wenn man das Gesetz durchsieht, sieht man, was geregelt ist: Die
Berichtspflicht ist geregelt, die Evaluierung ist geregelt, der kostenlose
Zugang ist geregelt, und es sind nicht eigens Standorte definiert, sondern es
ist allgemein formuliert,
sodass, weil erstens die Finanzierung geregelt ist, auch eine
flächendeckende Ausrollung auf ganz Österreich möglich ist.
Ich sage es noch einmal, wie eingangs erwähnt: Gewalt
geht uns alle an! Gewaltschutz und Gewaltprävention sind einfach ein
wichtiger Baustein für ein sicheres Österreich. Wir wissen es aus dem
Österreichplan von Bundeskanzler Karl Nehammer: Neben Leistung,
neben Familie ist auch die Sicherheit ein wesentliches Thema, und das ist ein
wichtiger Baustein dazu. Und
mit den Gewaltambulanzen schaffen wir für Frauen und Männer einen Ort
der Möglichkeit auf Recht und auf Sicherheit. – Danke
schön. (Beifall bei der
ÖVP und bei Bundesrät:innen der Grünen.)
11.45
Vizepräsident Dominik Reisinger: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Andreas Arthur Spanring. Ich erteile ihm dieses.
Bundesrat Andreas Arthur Spanring (FPÖ, Niederösterreich): Herr Vorsitzender! Frau Bundesminister! Kollegen im Bundesrat! Sehr geehrte Damen und
Herren Zuschauer! Auch vorweg von meiner Seite (in Richtung Bundesministerin Zadić): Alles Gute und Gratulation! (Bundesministerin Zadić: Danke!)
Wir Freiheitliche werden gegen dieses Gesetz keinen
Einspruch erheben, da es dabei eben um die Förderung
von Gewaltambulanzen geht. Leider ist es aber auch so – das muss man
auch erkennen –, dass es im Jahr 2024 notwendig ist, dass wir
solche Gewaltambulanzen brauchen. Im vorigen Jahr – das haben wir
von einer Vorrednerin schon gehört – gab es mehr als
85 000 Gewaltdelikte, die angezeigt wurden, aber die Dunkelziffer ist
in Wahrheit viel, viel höher. In Österreich ist jede dritte Frau
mindestens einmal
in ihrem Leben von Gewalt betroffen. – So weit, so schlecht.
Was ich dabei scharf kritisiere, ist: Diese Gewaltambulanzen
lindern zwar die Symptome und helfen hoffentlich vermehrt bei der
Überführung von
Tätern, aber Sie bekämpfen damit nur bedingt die Ursachen, dass es
überhaupt zu dieser Gewalt kommt, und die Ursachen sind mannigfaltig.
Einen Grund möchte ich heute hier auch anführen,
weil das keiner meiner Vorredner gemacht hat – warum
wohl? –, und wir brauchen dazu gar keine Statistiken, wir brauchen
nur täglich die Medienberichte zu verfolgen.
In Österreich gibt es leider nur eine einzige Partei, das sind wir
Freiheitliche, die den Mut hat, Probleme und Missstände ganz offen
anzusprechen: dass
zum Beispiel prozentuell gesehen ein viel größerer Anteil Frauen
Opfer von Gewalt in Familien mit Migrationshintergrund
wird, als es bei der autochthonen Bevölkerung der Fall ist. (Beifall
bei der FPÖ.)
Das ist Fakt! (Zwischenruf
bei der SPÖ.) Sie ignorieren diese Tatsache, Sie streiten das auch
ab – gleich mit einem Zwischenruf von der SPÖ – und
Sie laufen
lieber weiterhin mit einer rosaroten Brille durchs Leben. Fakt ist auch,
dass Gewalt an Frauen in muslimischen Familien vermehrt vorkommt –
bis hin zum Ehrenmord. Das ist ja auch logisch, wenn wir wissen, dass es eine
Religion gibt, wo die Frau weniger Rechte hat oder auch weniger wert ist als
ein Mann. Und jeder, der jetzt behauptet, dass das nicht stimmt, der hat
ganz einfach keine Ahnung von der Realität. Und ja, das wissen wir auch,
das gilt natürlich nicht für alle, und man darf hier nicht generalisieren –
aber erst
vor wenigen Tagen ist es in Deutschland wieder passiert, dass ein
15-jähriges Mädchen von seiner eigenen Familie, von seinen eigenen
Eltern, ermordet wurde, weil diese mit dem Lebenswandel des
Mädchens nicht einverstanden waren.
Prozentuell noch
größer ist die Anzahl der Übergriffe auf Frauen und
Kinder außerhalb der eigenen Familie wieder bei Zuwanderern, nämlich
wieder in Relation gesehen zur eigenen Bevölkerung. Nur all das darf man
ja
heute gar nicht mehr ansprechen, denn wenn man es anspricht, dann ist man
gleich wieder ein Rechtspopulist, dann ist man ein Rassist, dann ist man
ein Ausländerfeind, und wer weiß was noch alles, bis hin
wahrscheinlich dann wieder zum Nazi.
Ich habe es erst vor Kurzem bei
einer meiner Reden hier angesprochen –
da ist es um die Jugendkriminalität, um die ausufernde
Jugendkriminalität und die Messerstechereien gegangen –: dass
ich mir von SPÖ, Grünen und
NEOS gar nichts anderes erwarte. Wir wissen, wofür die stehen.
Das wahre Problem, das wir in
Österreich haben, ist die ÖVP, denn die kündigt immer eine harte
Gangart bei solchen Leuten an, um kurze Zeit
später wieder gemeinsame Sache mit den Linken zu machen. (Beifall bei
der FPÖ.)
Solange alle von dieser
Einheitspartei nicht willens sind, diese Problematik zu erkennen
und endlich auch offen anzusprechen, so lange wird sich an diesen Gewalttaten in Österreich nichts
ändern. Vielmehr sind Sie, meine
Damen und Herren, damit in Wahrheit die stillen Wegbereiter und die Dulder
gewaltbereiter Zuwanderer. (Beifall bei
der FPÖ. – Bundesrat Schreuder: Ah!)
Ja, natürlich gibt es auch
gewalttätige Österreicher, leider viel zu viele. Wir als
Österreich sind für diese Menschen verantwortlich und müssen uns
darum kümmern, dass es besser wird. Jetzt kommt aber wieder ein Aber: Was
wir aber nicht brauchen, ist, dass wir diese Probleme auch noch in großer
Zahl importieren. Genau das ist in den letzten Jahren passiert und passiert
jetzt noch immer. (Beifall bei der FPÖ.)
Abschließend muss ich
leider noch etwas kritisieren: Schon wieder
wurde der Gesetzesantrag ohne Begutachtung eingebracht; das kritisieren
übrigens nicht nur wir. Diese Vorgehensweise, die diese Regierung
sehr oft an den Tag legt, ist eine klare Missachtung und eine Geringschätzung
des Parlamentarismus. (Beifall bei der FPÖ.)
Was Sie von Schwarz-Grün damit
noch machen: Sie schließen wichtige Expertenmeinungen und
Perspektiven aus, nämlich Meinungen von jenen Personen, die
tagtäglich in der Praxis genau mit solchen Gewalttaten
zu tun haben – egal ob im medizinischen Bereich, im Exekutivdienst
oder zum Beispiel auch im Bereich der Gerichte. Im Ausschuss haben wir es dann
live miterlebt, da wurden wir von den Beamten darüber aufgeklärt,
dass es ein ganz starkes Ost-West-Gefälle gibt: Vorarlberg, Tirol,
Salzburg, aber auch Kärnten werden da komplett stiefmütterlich
behandelt.
Trotz all meiner Kritikpunkte halte ich die Initiative
selbst für unterstützenswert, deshalb gehen wir mit, und wir werden
auch den Entschließungsantrag der
SPÖ unterstützen. (Beifall bei der FPÖ.)
11.52
Vizepräsident Dominik Reisinger: Zu einer ersten Stellungnahme hat sich die Frau Bundesministerin zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Ministerin.
Bundesministerin
für Justiz Dr. Alma Zadić, LL.M.:
Herr Präsident! Geschätzte Mitglieder des Bundesrates! Sehr geehrte
Zuseherinnen und Zuseher! Es
ist mir wirklich eine außerordentliche Freude, dass wir diesen
Initiativantrag heute hier behandeln. Warum? – Weil Gewaltambulanzen
ein Projekt
sind, das schon seit Jahrzehnten gefordert wurde.
Es ist schon jahrelang darauf
hingewiesen worden, dass wir ganz dringend Gewaltambulanzen brauchen.
Warum? – Weil unsere Verurteilungsquote viel zu niedrig ist. Das
wissen wir nicht erst seit dieser Legislaturperiode, das haben
wir schon vorher gewusst. (Beifall bei den Grünen.)
Um die Verurteilungsquote zu heben, braucht es Beweise, und um einen Beweis wirklich vor Gericht verwenden zu können, braucht es Forensiker, die eine betroffene Person so untersuchen, dass diese Verletzungen gerichtsfest gemacht werden können und dass Beweise für diese Verletzungen vor einem Gericht verwendet werden können. Genau deswegen braucht es diese forensischen Zentren, genau deswegen braucht es die sogenannten Gewaltambulanzen.
Ja, bei einem Punkt haben Sie
vollkommen recht: Wir haben viel zu
wenige Gerichtsmediziner, viel zu wenige. Wien war einmal führend in
diesem Bereich, Wien war weltweit führend, was die Gerichtsmedizin
betrifft,
aber leider hat man durch viele, viele Einsparungen, auch in der Wissenschaft,
nicht mehr an den medizinischen Fakultäten im Bereich der Gerichtsmedizin investiert.
Das wird sich jetzt ändern, denn durch die Einführung der
Gewaltambulanzen ist mehr Geld im Topf, um genau diesen Bereich zu
fördern, denn wir brauchen Gerichtsmediziner im Land – nicht
nur im Bereich Gewalt gegen Frauen, sondern generell für die
Aufklärung von Straftaten.
(Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)
Das ist eine Mammutaufgabe. Das ist nicht nur etwas, was wir
jetzt im
Wahljahr gemacht haben, sondern wir haben drei Jahre lang daran gearbeitet. Es
hat eine interministerielle Gruppe gegeben – zusammengesetzt aus
Vertretern von Justizministerium, Innenministerium,
Frauenministerium, Gesundheitsministerium –, in der sich
Beamtinnen und Beamte zusammengesetzt haben, um einen
Forderungskatalog zu erarbeiten, was es denn für eine gut funktionierende
Gewaltambulanz in Österreich alles braucht.
Gut funktionierend bedeutet, dass eine Gewaltambulanz
24 Stunden an sieben Tagen erreichbar sein muss, die kann am Wochenende
nicht geschlossen
sein. Eine Gewaltambulanz muss niederschwellig sein, man muss durch mobile
Teams jede Frau in Österreich erreichen können, egal wo sie ist.
Genau
dafür braucht es auch die Unterstützung des Bundes, und genau
deswegen gibt es vier Ministerien, die das fördern und unterstützen.
Warum war es denn jetzt notwendig, diesen Initiativantrag
einzubringen?
Ich entschuldige mich noch einmal dafür, dass es ein Initiativantrag ist
und dass wir keine Begutachtung haben. – Weil es einfach notwendig
war, dass wir
das so rasch wie möglich umsetzen. Warum war es notwendig? –
Wir können die Institute, die wir jetzt fördern, nicht mehrfach
fördern. Wir brauchen eine gesetzliche Grundlage, dass ein Institut, das
den Zuschlag für eine Gewaltambulanz bekommen hat, auch weiterhin
gefördert werden kann, denn ohne gesetzliche Grundlage kann man diese
Förderung kein zweites Mal vergeben. Genau aus diesem Grund braucht es
eine gesetzliche Grundlage. Der Forderungskatalog ist nicht ins Gesetz
geschrieben, da es diesen ja schon gibt und die bereits betrauten Institute
diese Forderungen auch erfüllen.
Ich freue mich wirklich, dass es gelungen ist, dass wir in
Graz für die Region Süd jetzt dieses erste Pilotprojekt eröffnet
haben, das hoffentlich dann auch
weiter ausgebaut wird, und im Sommer soll die Gewaltambulanz Wien für die
Modellregion Ost folgen. Wir führen bereits auch Gespräche mit dem
Westen, mit Tirol und mit Salzburg, um das Ganze auch flächendeckend anbieten
zu können.
Es ist mir wirklich ein großes Anliegen, denn ich bin
der festen Überzeugung, dass wir Gewalt gegen Frauen nicht
eskalieren lassen dürfen. Wir müssen dafür sorgen, dass auch
kleine Verletzungen so festgemacht werden,
für das Gericht vorbereitet werden, dass sie in einem späteren
Verfahren verwendet werden können. Das passiert nicht. Ein blauer
Fleck ist schnell
weg, und deswegen braucht es eine niederschwellige Möglichkeit, dass man
das fotografiert, abmisst und später für ein Gerichtsverfahren
verwenden kann.
In diesem Sinne bin ich der festen Überzeugung, dass es uns als Bundesregierung wirklich gelungen ist – ich danke vielmals für die Unterstützung –, einen großen Schritt nach vorne zu machen, um die eskalierende Gewaltspirale zu durchbrechen, damit wir in Zukunft weniger Femizide haben. – Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)
11.58
Vizepräsident Dominik Reisinger: Danke.
Als Nächste zu Wort
gemeldet ist Frau Bundesrätin Klara Neurauter. Ich
erteile ihr dieses.
Bundesrätin Klara Neurauter
(ÖVP, Tirol): Sehr geehrter Herr
Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen
und Kollegen!
Werte Zuseherinnen und Zuseher, Zuhörerinnen und Zuhörer! Ich möchte
nichts wiederholen, was in den verschiedenen Redebeiträgen schon gesagt
worden ist, es wurde schon sehr viel Richtiges gesagt, aber
Gewaltschutz ist auch für mich ein Thema, daher habe ich mich zu Wort
gemeldet.
Wir haben die Zahlen bereits gehört. Wir erschrecken über die
Nachrichten
von Gewalt gegen Kinder, gegen Frauen, gegen ältere und
pflegebedürftige Personen und verlangen zu Recht, dass die Taten
geahndet werden, wenn sie
schon nicht verhindert werden können. Dazu ist es einfach notwendig,
beweisbare Unterlagen zu bekommen. (Vizepräsident
Ebner übernimmt den Vorsitz.)
Wie die Frau Minister jetzt gerade noch einmal
ausgeführt hat, sind
einfach gerichtsfeste Beweise notwendig, damit es zu einer Anzeige kommen kann.
Bisher hat in Österreich im Gewaltschutz diese Möglichkeit gefehlt, die Beweise
so zu sichern, dass sie später vor Gericht verwendet werden können.
Nun wird mit den Gewaltambulanzen flächendeckend und
niederschwellig den
Opfern von Gewalt die Sicherheit gegeben, bei einer Anzeige auch mit einer
Verurteilung des Täters rechnen zu dürfen, und es
wird damit in unserem Land auch die sehr niedrige Verurteilungsrate gehoben.
Diese Gewaltambulanzen sollen überall erreichbar sein,
24 Stunden
sieben Tage in der Woche. Im Rahmen des Gewaltschutzes ist die Einführung
beziehungsweise die Förderung von Gewaltambulanzen ein Meilenstein.
Im Rahmen des Projektes, das von Graz und Wien ausgehend
derzeit die östlichen
Bundesländer umfasst, wird man Erfahrungen sammeln. Ich rechne
damit, Frau Minister, dass die Insellösung in Innsbruck und Tirol
bald auch in dieses Gesetz integriert werden kann.
Wir sind, glaube ich, alle gegen Gewalt. Niemand soll Angst
haben müssen. Alles, was getan werden kann, um
Verbesserungen mit dem Ziel der Verhinderung von Gewalt voranzutreiben,
das muss getan werden. Wir stehen
immer an der Seite der Opfer. Daher mein Appell an alle Fraktionen: Bitte stimmen
Sie diesem Gesetzesvorhaben zu! (Beifall bei ÖVP und Grünen.)
12.01
Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Vielen Dank, Frau Bundesrätin.
Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Manuela-Anna Sumah-Vospernik. Ich erteile ihr das Wort.
Bundesrätin Dr. Manuela-Anna Sumah-Vospernik (NEOS, Wien): Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vorab ist zu sagen, dass die Einführung von Gewaltambulanzen natürlich wünschenswert ist und das Projekt und damit auch die vorliegende Gesetzesinitiative von uns NEOS unterstützt werden.
Schade ist allerdings, wie diese wichtige Neuerung
eingeführt wurde: als Anlassgesetzgebung, ohne
Begutachtungsverfahren, ohne Einbindung von
Expertinnen und Experten und auch in Kenntnis der Tatsache, dass die für
diese
Gewaltambulanzen notwendige Anzahl an Gerichtsmedizinerinnen und ‑medizinern gar nicht vorhanden ist.
Die Gewaltambulanzen sind mit einem minimalen Budget
ausgestattet, das noch dazu in Wahrheit nur für die kommenden Monate
gesichert ist. Es fehlt
an einer flächendeckenden Versorgung, sodass in der Bevölkerung der
Eindruck entstehen kann, dass es eine Ungleichbehandlung zwischen der
Bevölkerung im Osten und im Westen Österreichs gibt,
was ja auch im Ausschuss schon thematisiert wurde.
Wenn die derzeit unterirdisch niedrige Verurteilungsrate
durch die
Einführung von Gewaltambulanzen verbessert werden kann, ist das
natürlich gut, wichtig und richtig, aber dem Thema Gewalt an Frauen
begegnet
man nicht mit der Anhebung der Verurteilungsquote. Die Plattform
Siolence – zusammengesetzt aus den Wörtern violence und
silence – hat zuletzt
aufgezeigt, dass in Österreich Hunderttausende Frauen im Stillen mit
Gewalt leben. Sie werden gedemütigt, bedroht und so weiter, und zwar vom
eigenen Partner, vom eigenen Vater, vom eigenen Opa, vom eigenen Bruder oder
von einem Unbekannten. Die Opfer schweigen oft, weil sie sich
genieren oder keinen Ausweg sehen, und die Gesellschaft schweigt viel zu oft,
weil Gewalt gegen Frauen immer noch ein Tabuthema ist oder als solche
gar nicht wahrgenommen wird.
Gewalt ist ein Kreislauf, der uns als Gesellschaft alle
betrifft. Wie können wir als Gesellschaft der zunehmenden Gewalt gegen
Frauen entgegenwirken? –
Es braucht dazu nicht nur eine umfassende
Strategie gegen Gewalt, klare Zuständigkeiten und ausreichende
Budgets, sondern auch einen klaren
Fahrplan für Männerprävention und viel mehr Aufklärung und
Bewusstseinsarbeit in der Gesellschaft.
Feminismus ist Männersache. Ich habe diesen Satz hier
im Bundesrat
bereits von Kollegen Mertel gehört, der, glaube ich, Kollegen Schreuder
zitiert hat. Feminismus muss tatsächlich Männersache werden.
Warum? – Weil
sich Feminismus für unsere ganze Gesellschaft lohnt. Wie Sie sicher
wissen, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, belegen Studien von
McKinsey,
WHO und UN übereinstimmend, dass Feminismus unsere Gesellschaft reicher,
gesünder und friedlicher macht.
Damit wir als Gesellschaft zu einer gleichberechtigten Gesellschaft werden, muss aber zuerst das Bewusstsein dafür, was Gewalt an Frauen schon alles ist, geschärft werden. Gewalt an Frauen endet vielleicht in den Gewaltambulanzen, aber sie fängt schon viel früher an: bei Beleidigungen, Erniedrigungen, Demütigungen.
Deshalb ist es zum Beispiel auch wichtig, dass wir
Bundesrätinnen und Bundesräte hier im Saal mit gutem Beispiel
vorangehen. Insbesondere: Wenn Ministerinnen anwesend sind, dürfen diese
zwar in der Sache hart
kritisiert werden – das ist klar –, aber sie dürfen
nicht mehr durch die Abwertung zum Beispiel ihres optischen Erscheinungsbildes
beleidigt werden. (Beifall
bei Bundesrät:innen von ÖVP und Grünen.) Auch wenn wir hier
strafrechtliche Immunität genießen: Das darf es nicht mehr
geben.
Wohin müssen wir als Gesellschaft uns also
entwickeln? – Der
Gentleman – übersetzt: der sanfte Mann – 2.0 oder
der Ehrenmann, wie die Jugend sagt, 2.0 muss ohne Wenn und Aber für uns
Frauen einstehen.
Er muss zum Wohle unserer ganzen Gesellschaft aufstehen, wenn er Gewalt an
Frauen in welcher Form auch immer erkennt. Wir Frauen müssen auch
aufstehen, wenn wir Gewalt an Frauen in welcher Form auch immer erkennen. Wir
dürfen nicht weiter schweigen, denn wer schweigt, spielt mit.
Die geplanten Gewaltambulanzen sind daher ein sehr guter, überfälliger Schritt in die richtige Richtung und werden von uns NEOS unterstützt.
Schade ist, dass dieses wichtige Gesetz tatsächlich vorerst
nur eines ist: der erste Schritt in die richtige Richtung. – Danke. (Beifall
bei Bundesrät:innen von ÖVP
und Grünen sowie des Bundesrates Mertel.)
12.05
Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Vielen Dank, Frau Bundesrätin.
Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.
Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.
Wir gelangen zur Abstimmung. – Bitte nehmen Sie Ihre Plätze ein.
Ich ersuche jene
Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den
vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch
zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit.
Der Antrag ist somit angenommen.
Es liegt ein Antrag der Bundesräte
Claudia Arpa, Kolleginnen und Kollegen auf Fassung einer
Entschließung betreffend „gesetzliche Verankerung von
Gewaltambulanzen“ vor. Ich lasse über diesen Entschließungsantrag
abstimmen.
Ich ersuche jene
Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Entschließungsantrag
zustimmen, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmenminderheit.
Der Antrag auf Fassung der gegenständlichen Entschließung ist somit abgelehnt.
Beschluss des Nationalrates vom 12. Juni 2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Datenschutzgesetz geändert wird (4031/A und 2566 d.B. sowie 11496/BR d.B. und 11507/BR d.B.)
Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Wir gelangen nun zum 5. Punkt der Tagesordnung.
Als Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Viktoria Hutter genannt. – Ich bitte um den
Bericht.
Berichterstatterin
Viktoria Hutter: Ich darf Ihnen den
Bericht des Justizausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom
12. Juni 2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Datenschutzgesetz
geändert
wird, zur Kenntnis bringen.
Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher gleich zur Antragstellung:
Der Justizausschuss stellt nach Beratung der Vorlage
mehrstimmig den
Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen
Einspruch zu erheben.
Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Vielen Dank für den Bericht.
Wir gehen in die Debatte ein.
Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Manfred Mertel. Ich erteile ihm das Wort.
Bundesrat Dr. Manfred Mertel (SPÖ,
Kärnten): Sehr geschätzter
Herr
Präsident! Sehr geschätzte Frau Bundesministerin Dr. Zadić!
Liebe Kolleginnen und Kollegen im Bundesrat! Sehr geehrte Damen und Herren vor
den Bildschirmen! Gestatten Sie mir, mich zuerst bei der Präsidentin
für ihre Vorsitzführung zu bedanken. In wenigen Tagen gibt es
einen Wechsel. Ich darf
mich recht herzlich bedanken. Es war keine leichte Vorsitzführung, aber
sie hat einmal mehr gezeigt, dass Frauen Führungspositionen sehr gut
ausüben. –
Dafür danke ich dir. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)
Gestatten Sie mir auch, dass ich mich bei Frau
Dr. Sumah-Vospernik
nicht nur bedanke, sondern ihr auch für die Zukunft alles Gute
wünsche. Wir haben ein bisschen eine Verbindung, weil wir beide
gebürtige Klagenfurter sind. Ich glaube, es gehört
sich, dass ich als Klagenfurter dir alles Gute wünsche. – Du wirst unsere Stadt im Bundesrat sehr, sehr
gut vertreten.
Danke.
Der Tagesordnungspunkt, der
mich heute hier herausgeführt hat, ist eigentlich ein Erkenntnis des
Verfassungsgerichtshofes, das am 14.12.2022 veröffentlicht wurde –
oder am 14.12.2022 ist die Entscheidung getroffen worden –, in dem
es darum geht, dass der Datenschutz neu und kritisch betrachtet
wurde, nämlich dass der Ausschluss der Medien im Rahmen des § 9
im Widerspruch zu § 1 Abs. 2 des Datenschutzgesetzes steht.
Dort wurde die Lösung vorgeschlagen, dass es eine Abwägung des Gesetzgebers zwischen dem Interesse, personenbezogene Daten zu schützen, und dem Interesse der Medien, personenbezogene Daten im Rahmen der journalistischen Tätigkeit zu verwenden, geben muss.
In diesem Sinne sind wir
eigentlich zu dem Schluss gekommen, dass dieses Grundrecht auf Datenschutz
durch § 9 Abs. 1, glaube ich, ausgehebelt worden ist, sodass der
Gesetzgeber nun aufgefordert war, dringend eine neue
Regelung zu schaffen, mit der das Interesse, personenbezogene Daten zu
schützen, mit dem Interesse der journalistischen Tätigkeiten in
Einklang gebracht beziehungsweise sachlich abgewogen wird.
Klar ist aber auch, dass der
Verfassungsgerichtshof ganz deutlich gesagt
hat, er gibt dem Gesetzgeber bis zum 1. Juli beziehungsweise bis zum
30. Juni 2024 Zeit, eine Änderung vorzunehmen.
Ich habe den
Gesetzgebungsprozess ein bisschen verfolgt und bin zu
der Ansicht gekommen, dass das sehr schleppend erfolgt ist und eigentlich eine
Ausschusssitzung der Anlass war, dass man diesen Erfordernissen des
Verfassungsgerichtshofes dann in einem Initiativantrag beziehungsweise in einem
Abänderungsantrag nachgekommen ist und die notwendige Änderung zur
Verfügung gestellt hat, mit der man den Schutz, den der Verfassungsgerichtshof fordert,
gewährleisten kann.
Ich glaube, Frau Ministerin, da gibt es schon wichtige Kritikpunkte. Nicht nur, dass die Oppositionsparteien mangelhaft oder verspätet informiert worden sind, es hat in diesem Zusammenhang auch kein Begutachtungsverfahren gegeben.
Ich kann aber sagen, dass wir heute schon einmal gehört haben: Ein Begutachtungsverfahren ist wahnsinnig wichtig, weil wir der Öffentlichkeit die Möglichkeit geben wollen, an einem Gesetzwerdungsprozess teilzunehmen (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesrät:innen der FPÖ), Experten miteinzubeziehen und auch mithilfe der Stellungnahmen vielleicht die richtige Lösung für die Zukunft zu finden.
Gestatten Sie mir, Frau
Bundesministerin, jetzt einen Ausflug – das ist
heute schon einige Male angesprochen worden – zur
Europameisterschaft: Wir sind heute alle begeistert darüber, dass unser
Teamchef uns alle motiviert
hat, uns alle mitnimmt und auch die Mannschaft das erfüllt.
Ähnliches möchte ich
von einem Verantwortlichen in einem Ministeramt haben: nämlich dass er die
gesamte Bevölkerung mitnimmt, und erst recht bei
einem solch schwierigen Thema, denn wir alle wissen, dass der Journalismus
gestärkt werden muss, dass die Demokratie gestärkt werden muss und
dass wir die Balance finden müssen zwischen Datenschutz auf der einen
Seite und Kundmachung von Problemen, die letztendlich unsere Gesellschaft
berühren und begleiten, auf der anderen Seite.
In diesem Sinne wünsche
ich mir, dass diese Führungsverantwortung in den Ministerien klarer
dargestellt wird. Wir haben heute schon einmal gehört,
wie wichtig diese Begutachtungsverfahren sind, wie wichtig es ist, wenn man die
Opposition in Vorschläge miteinbezieht. Es kann ja sein, dass es dort
einen besseren Vorschlag gibt, der praktikabler ist, den man besser umsetzen
kann.
In diesem Sinne, glaube ich, ist es wichtig, festzustellen,
dass der
Gesetzestext, der uns vorgelegt wurde, noch viele, viele Fragen
offenlässt, sodass ich schon jetzt um Verständnis dafür bitte,
dass wir der
Aufforderung, dem Gesetzestext die Zustimmung zu erteilen, nicht nachkommen
können. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Schreuder.)
12.14
Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Vielen Dank, Herr Bundesrat.
Als Nächster gelangt Herr Bundesrat Marco Schreuder zu Wort. Ich erteile es ihm.
Bundesrat Marco Schreuder (Grüne, Wien): Herr Präsident! Frau Ministerin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Dr. Mertel, Sie haben jetzt in einem Satz einen Vergleich zum Fußball angestellt. Da möchte ich schon etwas sagen: Auch ich als gebürtiger Holländer war total begeistert von Österreich. (Heiterkeit des Redners.)
Sehr geehrte Kolleginnen und
Kollegen, es geht um das Datenschutzgesetz und um das Medienprivileg. Da der
Verfassungsgerichtshof die bisherige
Rechtslage aufgehoben hatte, wurde eine Neuregelung dieses medienspezifischen
Grundrechtsausgleichs, eben Medienprivileg genannt,
mit dem 1. Juli 2024 notwendig.
Wie sah die Regelung
aus? – Da waren die Medienunternehmen grundsätzlich vom
Datenschutzgesetz ausgenommen. Dieser Entwurf wurde jetzt
erarbeitet, und es hat tatsächlich sehr lange gedauert – das
ist eine Kritik, die ich durchaus nachvollziehen kann. Aber es wurde sehr, sehr
lange ausgearbeitet, weil es nun einmal nicht trivial ist. Wenn
Grundrechte sozusagen einen Widerspruch bilden und man da eine Balance und
einen Ausgleich finden
muss, ist das wirklich keine einfache Aufgabe.
Welche von den Grundrechten
standen einander da gegenüber? – Auf der einen Seite eben die
Medienfreiheit, die Informationsfreiheit, die ein ganz wichtiges Gut für die Demokratie ist. Wir
dürfen ja nicht nur in Sonntagsreden oder wenn wir in den
Redaktionsstuben sind, von der Bedeutung der vierten
Gewalt, nämlich der Medien, für die Demokratie reden, sondern dass
muss ja auch gelebt werden.
Die Funktion von Medien als Public Watchdog ist
natürlich eine ganz entscheidende Sache in einer funktionierenden
Demokratie, man denke
nur an Investigativjournalismus und dergleichen. Demokratische Willensbildung
möchte ich hier auch erwähnen. Das steht eben auf der einen Seite,
und
auf der anderen Seite stehen der Datenschutz und das Recht auf Datenschutz.
Es hat tatsächlich lange gedauert. Es mussten sehr viele Stakeholder und Stakeholderinnen hier zusammengebracht werden, um eine Lösung zu finden. Früher wäre das sicher besser gewesen, keine Frage. Wir alle hätten wahrscheinlich lieber ordentliche und lange Verfahren gehabt. Ich verstehe die Kritik sehr wohl, die Ablehnung jedoch nicht, denn wenn wir das jetzt nicht beschließen, dann gibt es ab 1.7. gar keine Regelung, dann gibt es für Medienunternehmen keine Ausnahmen von den Datenschutzbestimmungen, dann hätten wir eben nicht mehr diesen Quellenschutz, den Schutz des Redaktionsgeheimnisses und dergleichen.
Jedenfalls war es das Ziel, das in Einklang zu bringen. Das
ist jetzt gelungen. Ich würde daher, auch wenn ich die Kritik
nachvollziehen kann, doch darum
bitten, dem zuzustimmen. – Vielen Dank. (Beifall bei den
Grünen.)
12.17
Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Vielen Dank, Herr Bundesrat.
Als Nächster gelangt Herr Bundesrat Andreas Arthur Spanring zu Wort. Ich erteile es ihm.
Bundesrat
Andreas Arthur Spanring (FPÖ, Niederösterreich): Herr Vizepräsident! Frau
Bundesminister! Kollegen im Bundesrat! Sehr geehrte Damen und
Herren Zuschauer! Wir diskutieren hier einen Gesetzesvorschlag,
der das Datenschutzgesetz ändern soll; und obwohl es sich um
eine sehr komplexe und tiefgreifende Materie handelt, wurden die Oppositionsparteien
im Nationalrat schon wieder extrem kurzfristig informiert.
Ich habe es vorhin angesprochen und ich sage es jetzt noch einmal: Das ist weder akzeptabel, noch entspricht es den Grundsätzen einer fairen
parlamentarischen Demokratie. Und dann braucht sich auch niemand darüber zu wundern, dass Österreich von einer liberalen Demokratie zu einer Wahldemokratie abgestuft wurde, denn genau ein solches Verhalten dieser Regierung ist mit dafür verantwortlich.
Die
Vorgehensweise dieser Regierung ist einfach unprofessionell. Unprofessionell
sage ich jetzt deshalb, weil alle anderen Worte, die mir dazu einfallen
würden, wahrscheinlich einen Ordnungsruf nach sich ziehen
würden.
Herr Kollege
Mertel von der SPÖ hat einen sehr guten und passenden Vergleich
angestellt, nämlich den Vergleich mit einem Fußballtrainer, der
schauen
muss, dass das ganze Gefüge zusammenpasst und zusammenhält.
Auch ich stelle
einen Vergleich an, nämlich zum Strafrecht – das wird dir (in
Richtung Bundesrat Mertel) als Juristen wahrscheinlich gefallen.
Angesichts
dieser Vorgangsweise der Regierung könnte man sagen: Sie sind nicht unbescholten,
sondern Wiederholungstäter, denn es war ja schon beim vorangegangenen
Tagesordnungspunkt so und viele andere Male haben wir es auch schon erlebt. Und
zweitens, und das unterstelle ich Ihnen jetzt, machen
Sie von der Regierung das mit voller Absicht, also mit Vorsatz.
Beides ist inakzeptabel.
Vor eineinhalb Jahren, meine Damen und Herren, gab es ein Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes, das die Verfassungswidrigkeit des § 9 Datenschutzgesetz festgestellt und eine verhältnismäßige Neuregelung gefordert hat.
Eineinhalb Jahre später wurde der erste Initiativantrag
im Justizausschuss eingebracht, bestehend nur aus redaktionellen
Änderungen. Und dann – und
das ist meiner Meinung die größte Frechheit bei Ihrem
Vorgehen –, jeweils nur Stunden vor den letzten Ausschusssitzungen
im Nationalrat, folgten
kurzfristige Abänderungsanträge ganz nach dem Motto: Friss, Vogel,
oder stirb!
Diese Zeit, meine Damen und
Herren, ist ganz einfach zu kurz, um sich
ernsthaft mit einer Gesetzesmaterie auseinanderzusetzen, in der es um nichts
weniger als um die Einschränkung von Grundrechten geht. Leider wissen
wir ja aus der Vergangenheit, dass diese Regierung die Grundrechte der
Bürger, wenn es ihr gerade passt, auch gerne einmal mit Füßen
tritt. Seit einigen
Tagen wissen wir, dass auch Mitglieder dieser Bundesregierung vorsätzlich
die Verfassung brechen. Passend zu diesem
Gesetz ist Ihr Verhalten gegenüber
den Oppositionsparteien, gegenüber dem Parlament und der
demokratischen Prozessgestaltung schlichtweg unprofessionell und respektlos.
Die FPÖ hat mehrmals auf
die Wichtigkeit dieses Gesetzes hingewiesen,
weil es eben um die Abwägung von Grundrechten geht: Datenschutz, Meinungsfreiheit,
Pressefreiheit, Redaktionsgeheimnis. Das sind keine Themen,
die man über Nacht bespricht, vor allem wenn das Thema ja bereits
eineinhalb Jahre im Raum steht.
Da gab es weiters im Gesetz
einige Begriffe, die in Wahrheit auch nicht
klar definiert wurden. Genau aus diesem Grund hat dann unser Justizsprecher
Harald Stefan im Nationalrat einen Rückverweisungsantrag an den
Justizausschuss gestellt, damit in aller Ruhe darüber diskutiert und
debattiert werden kann. Was hat diese
Regierung gemacht? – Sie hat das abgelehnt,
und jetzt wird wieder eine weitere Husch-Pfusch-Regelung
durchgepeitscht. Kollege Schreuder von den Grünen hat es ja gesagt: Was
wäre euch
lieber gewesen: dass wir gar kein Gesetz haben? – Jetzt haben wir
halt ein Husch-Pfusch-Gesetz. (Bundesrat Schreuder: Habe ich nicht
gesagt!) – Das ist die Arbeitsweise dieser Regierung. (Beifall bei der FPÖ.)
Abschließend jetzt noch zur Frau
Präsidentin Göll von der ÖVP: Vielleicht verstehen Sie jetzt
auch, warum wir es nicht immer ganz ernst nehmen können, wenn Sie uns dann
von da oben belehren wollen und uns etwas über die
Würde des Hauses erzählen wollen, denn Ihre eigene Partei ist es, die
ja als der
angeblich stärkere Teil dieser Regierung genau die von Ihnen oft zitierte Würde des Hauses immer wieder mit Füßen tritt. (Beifall bei der FPÖ.)
12.22
Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Vielen Dank, Herr Bundesrat.
Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Bernhard Ruf. Ich erteile ihm das Wort.
Bundesrat Mag. Bernhard Ruf (ÖVP,
Oberösterreich): Geschätzte
Frau Ministerin! Wertes Präsidium! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Verehrte Livestreamzuschauer und TV-Zuschauerinnen! Liebe freiwillige und
unfreiwillige Zuhörerinnen und Zuhörer hier im Saal! Liebe
Frau Ministerin, ich darf Ihnen zu zwei Dingen gratulieren: erstens zum
Nachwuchs – also dieses Weihnachten wird sicher ein
besonderes werden, glaube ich – und zweitens darf ich Ihnen auch
gratulieren, denn im Gegensatz zu mancher Kollegin aus Ihrer
Partei haben Sie es nämlich geschafft, über die verschiedenen
Betroffenen nicht drüberzufahren, sondern sie einzubeziehen, die Meinung
der Stakeholder
nicht zu ignorieren, sondern zu respektieren, wodurch Ihnen auch ein Interessenausgleich
in einem sehr komplizierten Bereich gelungen ist, den man
sich bei anderen ideologiegetriebenen Bereichen wünschen würde. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Schreuder. –
Bundesrat Spanring – in
Richtung Bundesrat Schreuder –: Bravo, Marco! Vielen Dank, dass du
geklatscht hast!)
Jetzt noch einmal zu meinen Vorrednern:
Kollege Mertel hat den Vergleich mit dem Fußballspiel
gebracht. Ja, wenn es in der 90. Minute 0 : 0 steht, dann sollte
man die Nachspielzeit für einen raschen Konter nutzen, damit
man noch zum Abschluss kommt. Alles andere wäre ein Verschleppen, und das
wäre in meinen Augen unpatriotisch. (Bundesrätin Schumann:
Das passt
bei der Demokratie...! )
Mit dieser
Gesetzesvorlage wurde jetzt etwas erreicht, das im Grunde fast unmöglich
scheint, nämlich Datenschutz, Redaktionsgeheimnis und Pressefreiheit als
Grundrechte in Einklang zu bringen. Die Rolle der Medien in einer Demokratie
ist eine sehr wichtige. Als vierte Gewalt im Staat, als – schon
vom Kollegen Schreuder angesprochen – Public Watchdogs leisten sie
einen wichtigen Beitrag zur Balance in einer Demokratie. Das gilt
natürlich
auch und vor allem für die öffentlich-rechtlichen Sender, die ja
zunehmend von ebenfalls ideologiegetriebenen Bubblefakekanälen wie dem
Channel der Halbwahrheiten und des Hasses, FPÖ-TV, in Bedrängnis
gebracht werden und die gegen die Angriffe auf die Meinungsfreiheit verteidigt
werden müssen.
Ja, ich sage es
klar: Österreich darf in diesem Bereich nicht die Slowakei werden. Ich
halte es wirklich für verwerflich, wenn gerade ein potenzieller Fakekanzler die
Europameisterschaft nutzt, um auf den ORF einzudreschen. Auch der ORF ist
rot-weiß-rot und ist unser Rundfunk. (Beifall bei ÖVP und Grünen. –
Rufe bei der FPÖ: Euer Rundfunk! Ja! Euer Rundfunk!) –
Nur, weil er euch nicht in das Konzept passt - - (Bundesrat Steiner:
Parteiisch! Euer Rundfunk! Das
wird nicht besser!) – Also gut. (Neuerlicher Zwischenruf des
Bundesrates Steiner.) – Ich verkneife mir jetzt
meine - - Ich muss mir bei euren Äußerungen auf
die Zunge beißen. (Bundesrat Steiner: Ja, natürlich!)
Gut, der Schutz der Medien ist jetzt auch durch dieses
Gesetz ausgiebig gewährleistet, in concreto durch einen starken
Redaktionsschutz und
einen umfangreichen Quellenschutz. Das sogenannte datenschutzrechtliche
Redaktionsgeheimnis wurde deshalb mit einem effektiven Umgehungsschutz ausgestattet.
In meinen Augen sehr lobenswert ist dabei die zeitliche Differenzierung, die ja
gewährt, dass in der Phase vor der Veröffentlichung sämtliche
Auskunftsrechte ausgeschlossen sind, weil in dieser besonderen
journalistischen Phase der Schutz der Meinungsfreiheit Vorrang
genießt. Auskunftsrechte gibt es natürlich nach der
Veröffentlichung eines etwaigen Artikels.
Auch durch die erstmals vorgesehene eigene Regelung
für Bürger:innen, Journalist:innen wurde eine moderne Grundlage
für den Schutz der immer bunter werdenden Medienlandschaft
gewährt. Damit ist ein sehr guter
Spagat zwischen dem Schutz der Pressefreiheit, dem Schutz von Investigativjournalismus
und den datenschutzrechtlichen Erfordernissen des Verfassungsgerichtshofes
gelungen. Dadurch macht diese Novelle aus der Not eine hohe Tugend und hat
damit unsere Zustimmung mehr als verdient. –
Danke. (Beifall bei der ÖVP.)
12.27
Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Vielen Dank, Herr Bundesrat.
Zu einer Stellungnahme zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesministerin Alma Zadić. Ich erteile ihr das Wort.
Bundesministerin
für Justiz Dr. Alma Zadić, LL.M.:
Herr Präsident! Geschätzte Mitglieder des Bundesrates!
Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Es wurde schon angesprochen: Die Novelle
des Datenschutzgesetzes
war und ist nach wie vor wirklich ein sehr heikles Unterfangen.
Es ist deswegen sehr heikel, weil wir verschiedene
Grundrechte in Einklang bringen mussten. Es geht ja darum, dass wir einerseits
den Schutz der Daten der Einzelnen und andererseits auch die Interessen der
Allgemeinheit am
Schutz der Meinungsäußerungsfreiheit miteinander in Einklang bringen
mussten. Das bedeutet, dass das einfach eine immense Herausforderung war, denn
natürlich sind der Datenschutz und das Recht der Personen an eigenen Daten
ein immens wichtiges Grundrecht und gleichzeitig ist aber auch das
Grundrecht der Meinungsäußerungsfreiheit ein sehr wichtiges, weil
wir den Investigativjournalismus und den Journalismus als solchen auch
schützen müssen.
Dennoch hat uns der Verfassungsgerichtshof gesagt, die Medien komplett aus der DSGVO rauszunehmen, ist verfassungswidrig, weil es einfach diesen
Ausgleich
braucht – und diesen Ausgleich müssen wir auch ins Gesetz
schreiben. Ich kann Ihnen versichern, dass ich mich in den letzten Monaten
intensiv
mit Stakeholdern getroffen habe, intensiv mit Medienhäusern gesprochen
habe, mich auch intensiv mit Datenschützern ausgetauscht habe, mich auch
intensiv mit der Wissenschaft ausgetauscht habe. Und ja, es hat auch
länger gedauert; ich bedauere sehr, dass wir diesen Antrag nicht
begutachten lassen konnten, weil es sich schlicht und ergreifend nicht ausgegangen
ist.
Bis zum 30.
November - - Bis zum 30. Juni – November wäre ja
schön gewesen – müssen wir das umgesetzt haben, denn
sonst wären die Medienhäuser komplett in der
Datenschutz-Grundverordnung. Es wurde in den letzten eineinhalb Jahren nicht
einfach zugeschaut. Die Datenschutzstabsstelle
bei uns hat einen Gesetzentwurf erarbeitet, und dieser Entwurf musste aber noch
wirklich intensivst mit allen Stakeholdern durchdiskutiert und auch intensivst
abgeändert werden.
Genau aus diesem Grund glaube
ich, dass wir einen guten Ausgleich zwischen diesen zwei Rechten geschaffen
haben, einen Ausgleich insofern, als wir einerseits das Redaktionsgeheimnis und
die Quellen umfassend schützen, aber andererseits auch den Betroffenen die
notwendigen Rechte, die ihnen
aus der DSGVO entspringen, zur Verfügung stellen. Vor der
Veröffentlichung des Artikels gibt es keine Betroffenenrechte, weil da der
Schutz des Redaktionsgeheimnisses überwiegt, aber nach der
Veröffentlichung haben die Betroffenen sehr wohl Rechte, die sie auch
einklagen können und nach
der Datenschutz-Grundverordnung auch zugestanden bekommen.
In diesem Sinne ist uns, glaube ich, wirklich die Quadratur
des Kreises – wenn ich es so sagen darf – gelungen (Bundesrat
Schennach: Nein, da kann ich
nicht applaudieren!), und ich hoffe wirklich sehr, dass Sie uns die
fehlende Begutachtung verzeihen (Bundesrat Schennach: Nein, die
verzeihen wir
nicht! – Bundesrätin Grimling: Nein!), aber die
Berichterstattung in den Medien
lässt vermuten, dass es sich wirklich um ein gut ausgeglichenes Gesetz handelt. – Vielen Dank. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)
12.31
Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Vielen Dank, Frau Bundesministerin.
Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.
Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist somit geschlossen.
Wir gelangen zur Abstimmung. – Bitte nehmen Sie Ihre Plätze ein.
Ich ersuche jene
Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den
vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch
zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit.
Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.
(Bundesrätin
Schumann: Eine Schande! Eine Schande ist das! – Bundesrätin
Grimling: Ja!)
Beschluss des Nationalrates
vom 12. Juni 2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wehrgesetz
2001, das Heeresdisziplinargesetz 2014, das Heeresgebührengesetz 2001, das
Auslandseinsatzgesetz 2001, das Militärbefugnisgesetz und das
Militärauszeichnungsgesetz 2002 geändert
werden (Wehrrechtsänderungsgesetz 2024 – WRÄG 2024)
(2554 d.B. und 2573 d.B. sowie 11508/BR d.B.)
Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Wir gelangen nun zum 6. Punkt der Tagesordnung.
Ich begrüße an dieser Stelle Frau Bundesministerin Klaudia Tanner ganz herzlich im Bundesrat. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen sowie der Bundesrätin Sumah-Vospernik.)
Als Berichterstatter ist Herr Bundesrat Silvester Gfrerer genannt. – Ich bitte um den
Bericht.
Berichterstatter
Silvester Gfrerer: Ich bringe den
Bericht des Landesverteidigungsausschusses betreffend ein Bundesgesetz, mit dem
das Wehrgesetz, das Heeresdisziplinargesetz, das Heeresgebührengesetz,
das Auslandseinsatzgesetz, das Militärbefugnisgesetz und das
Militärauszeichnungsgesetz geändert werden.
Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher zur Antragstellung:
Der Landesverteidigungsausschuss hat den
gegenständlichen Beschluss des Nationalrates in seiner Sitzung am
25. Juni in Verhandlung genommen
und mehrheitlich beschlossen, gegen den Beschluss des Nationalrates keinen
Einspruch zu erheben. – Danke.
Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Vielen Dank für den Bericht.
Wir gehen in die Debatte ein.
Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Markus Leinfellner. Ich erteile ihm das Wort.
Bundesrat
Markus Leinfellner (FPÖ, Steiermark):
Herr Vorsitzender!
Frau Bundesminister! Hohes Haus! Liebe Österreicher! (Bundesrat Schreuder:
Und Österreicherinnen!) Zweifelsohne sind einige wirklich gute Dinge
bei
diesen Gesetzesänderungen dabei – aber auch einige nicht so
gute Punkte, und auf die möchte ich etwas genauer eingehen. Es heißt
ja nicht umsonst:
Gut gemeint ist das Gegenteil von gut gemacht.
Frau Bundesminister, Sie wissen es ja selbst aus Ihrem
Landesverteidigungsbericht 2023: Wir bräuchten jährlich
150 Milizoffiziere und haben 30 Milizoffiziere. Das ist ein
Delta von 120 Personen im Bereich der Offiziere.
Wir bräuchten aber auch 610 Milizunteroffiziere – da ist
das Delta noch größer, denn wir haben nur
50 Milizunteroffiziere.
Frau Bundesminister, Sie wissen auch, dass erst nach sechs Monaten die Feldverwendbarkeit eines Grundwehrdieners gegeben ist. Das steht ja auch in Ihrem Leistungsbericht. Bei diesen sechs Monaten bis zur Feldverwendbarkeit schaffen Sie jetzt die Möglichkeit, noch um ein weiteres Monat zu verkürzen – sprich sechs Monate auf fünf Monate Grundwehrdienst.
Wenn ein Grundwehrdiener das
Papamonat in den ersten paar Wochen
in Anspruch nimmt, sprich in der Basisausbildung eins, dann ist dieser Grundwehrdiener
in weiterer Folge militärisch nicht mehr einsatzfähig. Passiert
es in der waffenspezifischen Ausbildung, in der Basisausbildung zwei oder in
der Basisausbildung drei, dann wird man diesen Grundwehrdiener in weiterer
Folge in keiner Milizfunktion mehr einsetzen können. Frau Bundesminister,
mit diesem Papamonat, das Sie einführen wollen, konterkarieren Sie in Wahrheit Ihren
eigenen Landesverteidigungsbericht, in dem Sie selbst das Personalwesen
zum Schwergewicht erklären. (Bundesrat Schennach: Das meinst du
ernst? Entschuldige, ist das ernst gemeint? – Ruf bei der SPÖ:
Leider!)
Wie Sie wissen, komme ich ja
selbst aus dem Bereich des Bundesheeres – und ja, auch ich habe mein
Papamonat zweimal, bei beiden Kindern, in Anspruch genommen. Mit einem
großen Unterschied: Meine Ausbildung war bereits abgeschlossen, und
das war, als ob ich meinen Urlaub konsumieren würde. Ich
habe in dieser Zeit keine wesentlichen Ausbildungsschritte
versäumt. – Das ist der große Unterschied. (Bundesrat Schennach:
Das Bundesheer ... Papamonat! – Bundesrätin Grossmann:
Das Papamonat ist kein Urlaub!)
Für mich hat es den
Anschein, als ob man da ein Wahlzuckerl verteilen möchte. Das ist ja bereits in der Vergangenheit unter
Verteidigungsminister Platter sprichwörtlich und im wahrsten Sinne
des Wortes in die Hose gegangen. Damals hat man den Grundwehrdienst von acht
Monaten auf sechs Monate
verkürzt, und ich glaube, wir alle wissen, wie sehr man damit die Miliz geschwächt
hat. Das war leider der falsche Weg, den man da eingeschlagen hat. Es braucht
eine Stärkung der Miliz. Es liegen ja wirklich genug freiheitliche
Anträge vor: eine Wiedereinführung von sechs plus zwei Monaten Grundwehrdienst; wir brauchen mehr Personal, nicht weniger Personal; es braucht verpflichtende Milizübungen – die fehlen mir auch noch immer. (Zwischenbemerkung von Bundesministerin Tanner.)
Frau Bundesminister, ein
weiterer Punkt, den Sie mir erklären müssen – Sie sind ja
noch zu Wort gemeldet –, ist die Einführung dieser
Tapferkeitsmedaille.
Das ist gut und schön und Orden sind wichtig, aber das rückwirkend
mit 2015 zu beschließen – das sind doch mehr als ein paar
Monate. Für mich macht das
den Eindruck, als wäre das ein Abschiedsgeschenk für Sie, um in den
letzten paar Wochen noch möglichst vielen Soldaten eine Medaille
umhängen zu können
und medial noch relativ gut dazustehen. Ja, Öffentlichkeitsarbeit ist
wichtig, aber Öffentlichkeitsarbeit kann man auch anders machen. (Zwischenbemerkung
von Bundesministerin Tanner.)
Frau Bundesminister, was brauchen wir im Bereich des
Bundesheeres? – Wir brauchen mehr Personal. Sie kennen das
Delta, nicht nur in der Miliz,
sondern auch bei den Offizieren, bei den Unteroffizieren, beim
tatsächlichen Kaderpersonal. Wir haben das Personal nicht.
Warum haben wir das Personal
nicht? – Damit man Leute kriegt, muss
man sie auch dementsprechend gut bezahlen. Sie waren aber nicht in der Lage,
Unteroffizieren und Stabsunteroffizieren ein dementsprechendes Gehalt
zu bezahlen. Es gibt noch immer keine Unterscheidung zwischen Stabsunteroffizieren
und Unteroffizieren im Bereich des Gehaltsschemas. Das kann es
bitte nicht sein. (Bundesrat Schennach: Schrecklich!) Menschen,
die in die Schule gehen, die eine Ausbildung machen, die eine Verantwortung
über Menschen übernehmen, muss man auch dementsprechend
bezahlen. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenbemerkung von
Bundesministerin Tanner.)
Wir schaffen es auch bei den Offizieren nicht. Jetzt hat man
extra ein Bachelorschema eingeführt – unsere Offiziere machen
einen Hochschulabschluss, und wir bezahlen sie wie Maturanten. So kann man
kein
Personal gewinnen. Das würde es brauchen.
Der Gleichzeitigkeitsbedarf, den wir jetzt im Bundesheer
haben, ist so hoch. Ich glaube, das ist auch das Problem mit der Abwanderung,
dass Leute nicht
mehr bereit sind, tagtäglich irgendwohin verschickt zu werden. Das
ist der Grund, warum wir bei der Truppe draußen schlicht und ergreifend
jedes Jahr ein größeres Delta haben und immer weniger statt mehr
Personal
haben. (Zwischenbemerkung von Bundesministerin Tanner.)
Ich glaube, es braucht schlicht und ergreifend wieder einen
freiheitlichen Verteidigungsminister, um da in eine richtige Richtung zu
gehen. – Vielen
Dank. (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrat Schennach: Ja
selbstverständlich! – Bundesrätin Schumann: Mhm!)
12.39
Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Vielen Dank, Herr Bundesrat.
Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Philipp Kohl. Ich erteile ihm das Wort.
Bundesrat
Philipp Kohl (ÖVP, Burgenland):
Herr Präsident! Sehr geehrte
Frau Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher!
Zunächst möchte ich mich bei Ministerin Klaudia Tanner für die Unterstützung
der Bevölkerung durch Soldatinnen und Soldaten bei der Bewältigung
der Hochwasserkatastrophe in meinem Heimatbundesland Burgenland und in
der benachbarten Steiermark bedanken – vielen Dank!
(Beifall bei ÖVP und Grünen.)
Diese Hochwasserkatastrophe stellte uns vor immense Herausforderungen, doch der Zusammenhalt und die Zusammenarbeit zwischen der Bevölkerung, dem Bundesheer und der freiwilligen Feuerwehr waren entscheidend für die erfolgreiche Bewältigung dieser Krise. (Beifall bei der ÖVP.)
Meine sehr geschätzten Damen und Herren, zum Wehrrechtsänderungsgesetz 2024 möchte ich nun folgende Punkte erwähnen:
Es ist eine Verbesserung der Personalgewinnung für die Miliz vorgesehen. Das umfasst unter anderem eine Milizausbildungsvergütung – Stichwort Bildungsscheck –, die für jeden Tag einer geleisteten Milizübung angespart und auf Antrag für berufliche Ausbildungsmaßnahmen genutzt werden kann.
Dieser Gesetzentwurf sieht die Möglichkeit einer
Dienstfreistellung im Zusammenhang mit der Geburt eines
Kindes – Stichwort Elternmonat – und
eine Härtefallregelung bei sozialversicherungsrechtlichen
Benachteiligungen vor.
Die Einführung einer neuen Tapferkeitsmedaille, die
besondere Leistungen
im Rahmen von Einsätzen des Bundesheeres würdigen soll, möchte
ich hervorheben.
Weitere Neuerungen betreffen Verwaltungsvereinfachungen beim Wechsel von Präsenzdienstarten, bei Dienstfreistellungen und bei Auslandseinsätzen.
Sehr geehrte Damen und Herren, zu jedem Thema gibt es
verschiedene Herangehensweisen, um Verbesserungen zu erreichen und
Lösungen zu finden. Über eine Verlängerung des Wehrdienstes zu
sprechen und eine dazugehörige Verpflichtung einzufordern ist
das eine, doch Menschen durch Anreize zu motivieren, sich für das
Bundesheer zu entscheiden, ist das andere. Mit
dem Wehrrechtsänderungsgesetz wird der Weg des Anreizes gegangen. Es zielt
darauf ab, den Beruf des Soldaten und der Soldatin attraktiver zu gestalten.
Ich möchte aber auch nicht unerwähnt lassen, dass
bereits davor viel erreicht und umgesetzt worden ist: Eine umfassende
Investitionsoffensive wurde gestartet, mit der in Mobilität, in die
Infrastruktur und in das Personal investiert worden ist. Das
Landesverteidigungs-Finanzierungsgesetz wurde geschaffen, um die
langfristige Finanzierung des Bundesheeres zu sichern.
Und: Im Jahr 2024 gibt es das höchste Heeresbudget in der Geschichte.
(Beifall bei der ÖVP.)
Meine sehr geschätzten Damen und Herren, die
Maßnahmen, die wir
heute im Wehrrechtsänderungsgesetz beschließen, sind Schritte, um
mehr junge
Menschen für den Grundwehrdienst zu begeistern und sie
möglicherweise
auch über die Wehrpflicht hinaus zu binden. Auch jene, die bereits im
Dienst sind, sollen von diesen Maßnahmen profitieren. Das sind Punkte, um
das österreichische Bundesheer zu einem attraktiven Arbeitgeber zu machen.
Dies ist unerlässlich für die Stärkung unseres Bundesheeres und
letztendlich für die Verteidigungsfähigkeit unserer Republik. (Beifall
bei der ÖVP.)
12.43
Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Vielen Dank, Herr Bundesrat.
Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Michael Wanner. Ich erteile ihm das Wort.
Bundesrat Michael Wanner (SPÖ, Salzburg): Herr Präsident! Frau Ministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörer zu Hause vor den Bildschirmen! Wir haben da mehrere Gesetzesvorlagen, die auf die Attraktivierung des Milizdienstes abzielen.
Man muss sagen: Milizdienst ist
ja nicht immer etwas ganz Einfaches,
ob man jetzt verpflichtet wird oder ihn freiwillig macht. Man hat Vor- und
Nachteile. Die Vorteile liegen sicher darin, dass man netzwerken kann;
man bekommt eine Ausbildung, die man in diesem Österreich sonst nirgends
bekommt – die bekommt man nur beim Heer. Der Nachteil ist halt,
dass man auch nachher aus seinem Familienleben und aus seinem Berufsleben
herausgerissen wird – ob jetzt verpflichtet oder
freiwillig –, aber
damit kann man und muss man leben, und das ist meines Erachtens auch gut so.
Besonders gut finden wir diesen Milizbildungsscheck, die
Milizbildungsvergütung, momentan in der Höhe von 109 Euro:
Wenn ich jetzt 60 Tage habe, habe ich fast 6 600 Euro zur
Verfügung, die ich für meine Fortbildung,
für meine Weiterbildung einsetzen kann. Das ist eine klasse Sache. Ich
glaube, das ist ein Anreiz.
Die anderen Dinge sind genannt worden. Ob es aufgrund dieser Maßnahmen zu einem Personalgewinn kommen wird, sei noch dahingestellt. Das werden wir uns aber sicherlich anschauen.
Spannend finde ich die
Tapferkeitsmedaille – allein schon, dass man sie so
benennt –, die man bekommen kann, wenn man eine tolle Leistung im
Einsatz bei der Katastrophenhilfe, im Grenzeinsatz und so weiter erbringt. Ob
das jetzt tapfer ist und ob deshalb mehr Leute kommen, weiß ich nicht,
aber es ist gut, dass Leistung belohnt wird.
Auf die
Verwaltungsvereinfachung gehe ich jetzt nicht ein. Was ich aber
noch ansprechen will, ist die Dienstfreistellung bei der Geburt eines Kindes.
Die FPÖ tut ja gerade so, als ob jeder, der in der Miliz ist, genau zu der
Zeit,
zu der er zum Bundesheer kommt, Papa würde. (Beifall bei
Bundesrät:innen der SPÖ.) Ich meine, das müsste schon
abgezielt sein, dass man genau zu
diesem Zeitpunkt Papa wird. (Bundesrat Schennach: ...
Leinfellner!)
Ich kenne als ehemaliger Berufsoffizier das Bundesheer
ziemlich gut, und
ich greife da jetzt auch auf die Auskünfte im Ausschuss zurück und
frage Sie: Was ist denn, wenn diese Person fehlt? Bricht dann alles
zusammen? – Ja, Leute, das Bundesheer hat überall seine
Reserven! Das Bundesheer
hat Stellvertreter. Das ist nicht das Argument, warum man keinen Rechtsanspruch
einführen sollte, den wir ja fordern, im Gegensatz zur FPÖ, die
den Papamonat überhaupt abschaffen will, denn – das finde ich
jetzt auch ganz klasse –: Beim Heer einrücken und Milizdienst
machen kann ich eigentlich fast mein ganzes Leben lang, bis ich
aus Altersgründen ausscheiden muss, aber mein Kind kriege ich nicht so
oft. Wenn ich dann einem Österreicher die Möglichkeit
nehme, ein paar Wochen, ein paar Tage mit dem Kind zu verbringen, dann finde
ich das nicht sehr österreicher- und familienfreundlich. Da muss
ich sagen, das verstehe ich überhaupt nicht. (Beifall bei SPÖ und
Grünen.)
Es ist natürlich ein Problem für Paare, in Karenz
zu gehen. Bei 82 Prozent
der Paare geht die Frau in Karenz. 1 Prozent der Männer geht sechs
Monate und länger in Karenz. Man muss
sich Karenz vom Einkommen her einfach leisten können. (Beifall
bei der SPÖ.) Da sind wir genau beim Thema: Wir sind noch weit weg von
einer Gleichstellung zwischen Mann und Frau. Der Mann geht
bei uns zu 82 Prozent nicht in Karenz, weil es eine Geldfrage ist; 1 Prozent
der Männer geht.
Da wäre jetzt eigentlich schon ganz spannend und
wichtig, dass der
Staat, die staatlichen Institutionen mit einem großen Schritt vorangehen
und dieses Ungleichgewicht dahin bringen, dass mehr Männer zu Hause
bleiben können. Das wäre unserer Ansicht nach mit einem rechtlich
zugestandenen Papamonat auch bei der Miliz, beim Bundesheer gegeben. Das
gehört eigentlich so eingeführt. (Beifall bei der SPÖ.)
Im Fall dieses Elternmonats oder Vatermonats – es ist ja auch noch immer so, dass mehr Männer beim Bundesheer sind – ist es so, dass man seinen Vorgesetzten fragen muss. Na also bitte, ich muss zum Chef bitten gehen und sagen: Bitte lass mich gehen!
Militärische Voraussetzungen – ich sage es
noch einmal –: Was ist in Friedenszeiten so wichtig, dass man
unbedingt beim Heer sein muss und nicht das eine oder das andere
Mal - - Noch einmal an die FPÖ: Es wird nur
eine Handvoll Väter sein, die das vielleicht in Anspruch nehmen
können. Kinder zu kriegen kann man auch nicht so planen, dass man es zum
Grundwehrdienst und zum Milizdienst macht. (Bundesrat Leinfellner:
Aber um Aufschub kann man ansuchen ...! Unglaublich!) – Ja,
ihr vielleicht schon, das weiß ich ja nicht.
Deswegen glaube ich, dass da
eine Chance verpasst wurde, aber jetzt
sind wir genau da. (Bundesrat Leinfellner: So viel Meinung bei so
wenig Ahnung!) Das ist eine gute Idee. Die ÖVP braucht immer ein
bisschen, bis sie in
die Spur kommt; ein bisschen länger dauert es in den meisten Bereichen.
Wir haben das in Sachen Kinderbetreuung gesehen: Das machen wir alles
anders! – Jetzt gibt es doch den ganzen Tag über
Kinderbetreuung. Wir haben das in Sachen Ganztagsschule gesehen, da schwenkt
man jetzt auch
um und sagt: Das wäre eh etwas Gutes! Wir sehen es bei manch anderen
Dingen wie dem öffentlichen Verkehr; da braucht man ziemlich lang. Nachdem
man ihn zuerst abgedreht und Linien gestrichen hat, kommt man jetzt schön
langsam drauf, dass man doch etwas macht. Da gibt es mehrere
Themen: leistbares Wohnen, Energiedeckel und so weiter. Die ÖVP braucht
halt ein bisschen.
Was aber wehtut, Frau
Ministerin, das ist, dass die Sicherheitsstrategien
noch immer nicht da sind. Jetzt kaufen wir uns um viel Geld – wir
kaufen und kaufen und kaufen – in ein System Sky Shield ein. Das
Parlament wird
da nicht eingebunden; in der Schweiz ist es eingebunden, da wird das Parlament
gefragt. Wir kaufen Flugzeuge, wir kaufen Hubschrauber, wir kaufen
Panzer, wir kaufen, kaufen, kaufen Ausrüstung, aber wir wissen nicht,
wofür wir sie kaufen, denn die Strategie ist nicht da. Wann ist die
letzte - - (Zwischenbemerkung von Bundesministerin Tanner.) –
Mir ist das wurscht. Ihr seid
eine Regierung, und wenn ihr streitet, dann müsst ihr etwas
machen! Die Sicherheitsstrategie für Österreich ist nicht da, und das
fällt uns allen auf den Kopf.
Wir zahlen, kaufen, kaufen,
kaufen, obwohl sie noch nicht da ist. Warum
kaufen wir es, wenn wir eh nicht wissen, was wir anschaffen sollen? Das bedeutet
ja wohl wirklich, das Pferd von der falschen Seite aufzuzäumen. Noch
einmal: Die Intransparenz im Zusammenhang mit Beschaffung und Einstieg in Sky
Shield haben wir ja schon mehrfach besprochen. Es gibt weder ein Gutachten zur
Neutralität noch gab es eine Verfassungsdebatte. (Beifall bei der
SPÖ. – Zwischenruf des Bundesrates Tiefnig.)
Frau Ministerin, wir werden diesen Gesetzen zustimmen, aber
es geht in
allen Bereichen darum: Die Regierung schläft einfach. (Zwischenruf bei
der ÖVP.) Vielleicht –
da bin ich jetzt bei den Freiheitlichen – ist es gescheiter, dass
das zu Ende geht. Es geht um die Sicherheit der Menschen, es geht um die
Sicherheit der Bevölkerung. (Zwischenruf des Bundesrates Schennach.)
Es
geht auch um die Sicherheit unserer Wirtschaft, es geht um unseren Wohlstand
und es geht vor allem um unser Österreich. (Beifall bei der SPÖ.)
12.52
Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Vielen Dank, Herr Bundesrat.
Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Elisabeth Kittl. Ich erteile ihr das Wort.
Bundesrätin MMag. Elisabeth Kittl, BA
(Grüne, Wien): Herr Präsident!
Sehr geehrte Frau Ministerin! Liebe Kollegen und Kolleginnen! Liebe Zuseher:innen
hier und vor den Bildschirmen! Jetzt ist Elisabeth Grossmann hier. –
Elisabeth, ich möchte dir wirklich von Herzen alles Gute für die
Arbeit in der EU wünschen. Du wirst mir fehlen, du wirst mir vor allem in
der feministischen Debatte fehlen. (Bundesrätin Schumann:
Ja, die hätten wir führen sollen!) Danke dir für deinen
Einsatz hier! (Beifall bei Bundesrät:innen von
Grünen, ÖVP und SPÖ.)
Kurz zum
Wehrrechtsänderungsgesetz: Auch ich freue mich wie Herr Kollege Philipp
Kohl über die neuen Hubschrauber, nämlich darüber, dass diese
für Katastrophenhilfe, in Assistenzeinsätzen österreichweit zur
Verfügung stehen. Umweltkatastrophen vermehren sich aufgrund der
Klimakrise, sie
werden jedes Jahr mehr, sie werden jedes Jahr schlimmer, und da ist jede schnelle
Hilfe essenziell. Das ist gut so.
Der Hauptpunkt des heutigen Wehrrechtsänderungsgesetzes betrifft aber Verbesserungen im Zusammenhang mit der Personalreserve des Bundesheeres. Das sind positive Änderungen für die Milizsoldaten, Grundwehrdiener und Zivildiener:innen.
Es wurde schon sehr viel gesagt. Ich möchte auf einen ganz kleinen Punkt eingehen, den wir natürlich sehr wichtig finden, und zwar ist das dieser nicht zu
unterschätzende Anreiz der Freifahrt. Das Klimaticket Österreich
für
Angehörige des Bundesheeres gilt nämlich ein ganzes Jahr lang. Es
gilt 365 Tage im Jahr für ganz Österreich, ist gratis und auch
ganz leicht zu bekommen,
muss nur beantragt werden.
Das war eine Umstellung, denn
davor musste bei Fahrten ein Fahrtkostenersatz beantragt werden, und das wurde
geändert. Jetzt gibt es das österreichweite Ticket, und
weil uns das so wichtig war, trägt die Zusatzkosten das Klimaministerium.
Auch das ist gut so. Wir stellen heute eben klar – deswegen
komme ich darauf –, dass es auch dann Fahrtkostenersatz gibt, wenn
es keine ausreichende Anbindung am Wohnort gibt.
Auch wir sehen den
Bildungsscheck, also die Milizausbildungsvergütung, als wichtigen
Punkt, als Anreiz im Milizsystem, damit dort keine beruflichen Nachteile
entstehen, sondern dass das eher sogar Vorteile bringen kann.
Man kann – wir haben es auch im Ausschuss gehört –
etwa 110 Euro pro Milizübungstag dafür verwenden, sich
beruflich weiterzubilden oder auch umzuschulen.
Ganz kurz möchte ich noch
etwas über den Papamonat – wir haben auch darüber
schon viel gehört – sagen. Es ist eigentlich ein Elternmonat
für Grundwehrdienende, Zeitsoldat:innen und Menschen, die
Ausbildungsdienst machen. Das müssen eben nicht nur Männer sein, das
können auch Frauen sein,
die in einer Beziehung mit einer Frau stehen. (Zwischenruf des
Bundesrates Leinfellner.)
Das Bundesheer wird mit diesen kleinen, aber wichtigen
Änderungen ein zeitgemäßer und guter Arbeitgeber, dem
kommen wir mit vielen kleinen
Schritten näher. – Danke. (Beifall bei den Grünen, bei
Bundesrät:innen der ÖVP sowie der Bundesrätin Grossmann.)
12.56
Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Vielen Dank, Frau Bundesrätin.
Zu einer Stellungnahme zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesministerin Klaudia Tanner. Ich erteile ihr das Wort.
Bundesministerin
für Landesverteidigung Mag. Klaudia Tanner: Sehr
geehrter Herr Präsident! Hohes Präsidium! Sehr geehrte Damen und
Herren Bundesräte! Sehr geehrte Damen und Herren, die Sie uns zugeschaltet
sind! Es ist schon angesprochen worden: Der jüngste Einsatz im
Zusammenhang mit den Hochwässern ist noch nicht zu Ende. Es stehen laut
der heutigen Morgenmeldung in der Steiermark nach wie vor Soldaten im Einsatz
und auch in Niederösterreich sind Soldaten mit dem Brückenbau
beschäftigt. Ich
würde bitten: Spenden wir ihnen gemeinsam einen Applaus und sagen wir
ihnen ein ganz, ganz großes Dankeschön für diesen so wichtigen
Einsatz.
(Anhaltender allgemeiner Beifall.)
Diesen Applaus und dieses Dankeschön, sehr geehrte Damen und Herren Bundesräte, möchte ich aber auch Ihnen, jedem und jeder Einzelnen von Ihnen, spenden. Warum? – Sie waren es am Ende des Tages, die mit Ihrer Zustimmung das Landesverteidigungs-Finanzierungsgesetz ermöglicht haben. Das heißt, wir haben erstmalig über die Legislaturperiode hinaus Planungssicherheit für unsere Investitionen, für unseren Aufbauplan, der bis zum Jahr 2032 und darüber hinaus reicht.
Einige von Ihnen haben es ja in ihren Redebeiträgen
schon angesprochen: Es ist wichtig, dass wir diese finanziellen Mittel, die
über 18 Milliarden Euro
in den nächsten vier Jahren, auch sehr transparent verwenden. Auch
dafür hat das Landesverteidigungs-Finanzierungsgesetz Vorsorge getroffen,
weil
wir ja eine Beschaffungsprüfkommission, Kontrollkommission eingerichtet haben,
weil wir ja regelmäßig auch dem Parlament darüber Bescheid
geben, wie weit wir in den einzelnen Bereichen mit den Investitionen sind.
Ich bin jetzt soeben aus Wiener
Neustadt gekommen. Das eine ist die Frage des Budgets, das wir zur
Verfügung haben. Die aber ebenfalls wichtige Frage,
die Sie auch angesprochen haben – und darum geht es ja auch am heutigen Tage –, ist die des Personals. Wir haben dort eine Sicherheitsschule, die ihresgleichen sucht, die BHAK, in der Daun-Kaserne angesiedelt.
Ich bin wirklich stolz, dass
wir gemeinsam im Rahmen der Mission vorwärts einen wichtigen Schritt
gehen konnten, weil wir diese Schule, die Daun-Kaserne, jetzt so
eingerichtet haben, dass die jungen Schülerinnen und Schüler, unsere
Kadetten, auch wirklich die entsprechende Infrastruktur vorfinden. Wir haben
19 Millionen Euro im inneren und im äußeren Bereich investiert.
Eine Kadettin hat es heute so gut gesagt: Das ist ihre zweite Heimat, die
sie dort haben. – Also auch dafür ein ganz großes
Dankeschön, dass das möglich geworden ist. (Beifall bei der
ÖVP.)
Es ist angesprochen worden, dass wir hinsichtlich der Anzahl der Soldatinnen durchaus noch Aufholbedarf haben: Das steht außer Frage – aber es ist uns gemeinsam auch schon sehr vieles gelungen.
Wir haben im vergangenen Jahr
den freiwilligen Grundwehrdienst für
Frauen ins Leben gerufen. Es sind mittlerweile auch schon an die
200 Soldatinnen eingerückt. Und wenn man sich die Zahlen gerade
an dieser Schule,
an der BHAK für Führung und Sicherheit, anschaut, dann sieht man,
dass wir in den Klassen, die jetzt nachkommen, teilweise schon über 50 Prozent
Frauen – Mädchen in diesem Fall – haben.
Natürlich werden wir uns bemühen, dass wir sehr viele derjenigen, die
dort ihre Ausbildung erhalten, die dort maturieren, auch zu uns, zum
österreichischen Bundesheer, werben.
Damit bin ich auch schon bei der Frage der Personalwerbung.
Sie haben recht – es ist so, wie es angesprochen worden
ist –: Wenn es darum geht, im
Bereich der Personalwerbung erfolgreich zu sein, kann es niemals eine einzige Maßnahme sein, die uns zum Erfolg
führt, sondern es ist immer ein Bündel
an Maßnahmen.
Daher bitte ich Sie auch heute um die Unterstützung für diese Änderungen, egal ob es um den Milizbereich geht, ob es um den Anreiz mit einem Elternmonat geht, ob es um Verwaltungsvereinfachungen geht, gerade auch im Auslandseinsatz, der unglaublich wichtig ist.
Es ist auch die Tapferkeitsmedaille angesprochen worden. Das
hat schon
einen Hintergrund: Sie müssen sich vorstellen – ich war heute
beim Jagdkommando, dort hat die Kommandoübergabe stattgefunden, ein
Festakt, den ich leider dann etwas früh verlassen musste, damit ich hier
bei
Ihnen sein darf –, unsere Jagdkommandosoldaten haben damals eine
Auszeichnung von den Amerikanern bekommen. Wir haben sie
ihnen bis jetzt nicht
geben können. Ganz ehrlich gesagt, die Einsätze, in die unsere
Jagdkommandosoldatinnen und ‑soldaten gehen, suchen wohl
ihresgleichen, und ich
glaube, die haben sich auch verdient, dass wir ihnen diese Anerkennung von
unserer Seite mit einer Tapferkeitsmedaille geben können. Es gibt auch
Zivilbedienstete, die sich besonders verdient gemacht haben, und auch ihnen
wollen wir die Möglichkeit einer Anerkennung in einer solchen Form
bieten. Ich hoffe auf die Unterstützung von Ihnen allen, damit wir wieder
in einem Bereich der Mission vorwärts einen Schritt gemeinsam gehen.
Wir wissen sehr wohl genau, wozu wir unser Bundesheer bis
zum Jahr 2032 und darüber hinaus machen wollen, nämlich zu einer
modernen Armee, die all
diesen Herausforderungen, egal aus welchem Bereich – sehr viele sind
angesprochen worden, insbesondere aus dem Assistenzbereich –, auch
gerecht werden kann. Das haben sich unsere Soldatinnen und Soldaten, aber
auch die Österreicherinnen und Österreicher verdient. Und jawohl,
dazu gehört auch, dass wir in all das, was mit Luftverteidigung zu tun
hat, investieren,
denn es muss uns gar niemand wirklich angreifen, es reicht schon dieses
Beispiel der Drohne, die fehlgeleitet wurde und dann in Zagreb abgestürzt
ist.
Es ist unsere Verantwortung und unsere Aufgabe, dass wir auch in diesem Bereich,
der Luftverteidigung, investieren – sehr genau geplant, im Rahmen
der Mission vorwärts, mit einem Aufbauplan.
Ganz ehrlich noch etwas – ein großer
Vorteil, den wir haben –: Die Österreicherinnen und
Österreicher haben im Jahr 2013 eine so kluge Entscheidung getroffen,
nämlich jene für die Wehrpflicht. Man sieht jetzt in anderen Staaten,
wie schwierig es ist, den Weg zurück wieder zu finden. Wir haben damit
einen Pool an jungen Männern und jetzt auch Frauen, denen wir zeigen
können, wie attraktiv und wie vielfältig das österreichische
Bundesheer ist und wie attraktiv es ist, dass sie länger als die sechs
Monate bleiben.
Es ist uns, Herr Bundesrat, auch im Bereich der Miliz schon etwas gelungen: Über 2 000 mehr sind es mit dem freiwilligen Prämiensystem, das wir ins Leben gerufen haben, geworden.
Nutzen wir – jeder und jede Einzelne von
Ihnen – jede Möglichkeit, die
wir auch im privaten Bereich haben, um die jungen Menschen für eine
Laufbahn bei uns, beim österreichischen Bundesheer, zu
begeistern – zur Sicherheit
von uns allen! Ich bitte Sie um Ihre Zustimmung zum heutigen
Paket. – Danke schön. (Beifall bei der
ÖVP und bei Bundesrät:innen der Grünen.)
13.04
Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Vielen Dank, Frau Bundesministerin.
Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor.
Wünscht noch jemand das Wort? – Bitte, Herr Bundesrat Leinfellner meldet sich nochmals zu Wort. Ich erteile dieses.
Bundesrat
Markus Leinfellner (FPÖ, Steiermark):
Herr Vorsitzender! Frau Minister! Hohes Haus! Liebe Österreicher! Ja, wie
gesagt, da war ganz viel Gutes dabei, oder es ist ganz viel Gutes dabei. Einige
Dinge, mit denen wir
weniger gut leben können, habe ich in meinem ersten Redebeitrag bereits
ausgeführt.
Warum aber habe ich mich noch
einmal zu Wort gemeldet? – Vielleicht um einige Dinge ins
richtige Licht zu rücken, denn bei so viel geballtem Blödsinn,
wie Herr Kollege Wanner hier heraußen verzapft hat, kann man nicht einfach zur Abstimmung übergehen, da muss man schon noch ein bisschen Nachhilfe vielleicht im Bereich des Biologieunterrichts geben.
Du sagst, man kann sich das Kinderkriegen nicht aussuchen, man kann das nicht immer so planen. Ja, das ist richtig, aber, Kollege Wanner: Wie lange ist eine Frau schwanger? Neun Monate, oder? Grundsätzlich neun Monate, vielleicht sind es acht Monate oder sieben Monate, aber definitiv mehr als sechs Monate, länger also als die Zeit, die dieser Grundwehrdienst dauert.
Das heißt, ich weiß
vor dem Einrücken grundsätzlich, dass meine Frau, meine Freundin,
meine Lebensgefährtin schwanger ist. Ja dann suche ich doch
bitte um einen Aufschub des Präsenzdienstes an, meine sehr geehrten Damen
und Herren – und das wird auch funktionieren, es konterkariert den
Grundwehrdienst nicht. Dann suche ich also um Aufschub an! Diesen Mann kann man
noch brauchen – und wenn es nur einer ist, ist es zumindest
einer mehr, den man danach auch verwenden kann.
Kollegin Kittl, du hast den
Elternmonat angesprochen, hast also den von mir verwendeten Ausdruck Papamonat
auf Elternmonat korrigiert. Ich hoffe
doch sehr, dass eine Schwangere im sechsten Monat nicht mehr zum Ausbildungsdienst
einrücken wird, damit sie diesen Elternmonat in
Anspruch nehmen könnte. Da gibt es ja bei den Frauen dann andere
Möglichkeiten.
Vielleicht hast du aber auch jene Frauen gemeint, die nach
euren wahnsinnigen Gesetzesbeschlüssen inzwischen eine Vaterschaft
annehmen können.
Das wäre auch möglich. Vielleicht kannst du mir das erklären.
Wenn das von dir gemeint war, dann kann ich nur sagen: Gute Nacht,
Österreich!
(Beifall bei der FPÖ. – Bundesministerin Tanner:
Oje!)
13.06
Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Vielen Dank, Herr Bundesrat.
Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor.
Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.
Wir gelangen zur Abstimmung. – Bitte nehmen Sie Ihre Plätze ein.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte,
die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates
keinen Einspruch
zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit.
Der Antrag ist somit angenommen. (Bundesministerin Tanner –
auf ihrem Weg aus dem Sitzungssaal zwischen den Bankreihen stehen
bleibend –: Danke schön! Vielen Dank!)
Ich begrüße ganz herzlich bei uns im Bundesrat
Frau Staatssekretärin
Claudia Plakolm. – Herzlich willkommen! (Beifall
bei der ÖVP, bei Bundesrät:innen der Grünen sowie der
Bundesrätin Grossmann.)
Beschluss des Nationalrates vom 13. Juni 2024
betreffend ein Bundesgesetz zur Einrichtung einer nationalen Behörde
für die Cybersicherheitszertifizierung (Cybersicherheitszertifizierungs-Gesetz –
CSZG)
(2552 d.B. und 2582 d.B. sowie 11509/BR d.B.)
Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Wir gelangen nun zum 7. Punkt der Tagesordnung.
Als Berichterstatterin wurde mir Frau Bundesrätin Bernadette Geieregger genannt. – Ich bitte um den Bericht.
Ist Frau Bundesrätin Geieregger im Saal? (Bundesrat Tiefnig:
Dann muss
der Vorsitzende! Wer ist Vorsitzender im Ausschuss?)
Kann jemand anders von der Fraktion die Berichterstattung übernehmen? (Bundesrätin Eder-Gitschthaler gibt, zu ihrem Sitzplatz eilend, ein entsprechendes
Zeichen.) – Ich bitte Frau Fraktionsvorsitzende Eder-Gitschthaler, den Bericht zu Tagesordnungspunkt 7 vorzubringen.
Berichterstatterin
Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Sehr
geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr
geehrte Damen und Herren!
Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Innovation, Technologie und
Zukunft über den Beschluss des Nationalrates vom 13. Juni 2024
betreffend ein Bundesgesetz zur Einrichtung einer nationalen Behörde
für die Cybersicherheitszertifizierung –
Cybersicherheitszertifizierungs-Gesetz.
Der Bericht liegt Ihnen in
schriftlicher Form vor, ich komme daher gleich
zur Antragstellung:
Der Ausschuss stellt den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Vizepräsident
Mag. Franz Ebner: Vielen Dank, Frau
Bundesrätin, für den
Bericht.
Wir gehen in die Debatte ein.
Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Günter Pröller. Ich erteile das Wort.
Bundesrat
Günter Pröller (FPÖ, Oberösterreich): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin!
Werte Kolleginnen und Kollegen hier im Saal! Geschätzte Zuschauer vor den
Bildschirmen! Hintergrund des Cybersicherheitszertifizierungs-Gesetzes ist
wieder einmal eine EU-Verordnung, die umgesetzt werden muss. Darin werden die
Mitgliedstaaten von der EU zur Benennung von einer oder mehreren
nationalen Behörden für die Cybersicherheitszertifizierung
verpflichtet. Man sieht daran wieder, dass auch dieses Gesetz
zu einem überwiegenden Teil EU-fremdbestimmt ist. (Bundesrat Schreuder:
Wir haben es schon mitverhandelt!) Daher war es wichtig und
notwendig, dass
wir bei der EU-Wahl eine kritische Stimme gegen den Zwang und diese Art der
Politik aus der EU waren – und weiter sind (Bundesrat Schreuder:
Wir
haben mitverhandelt!) – und uns vor allem auf die Anliegen
Österreichs konzentriert haben. (Beifall bei der
FPÖ. – Bundesrat Schreuder: Wir haben mitverhandelt!)
Geschätzter Kollege, die Bürger haben diesen Weg
unserer Politik bestätigt (Bundesrat Schreuder: Wir haben
mitverhandelt!), wir sind Nummer eins geworden, daher danke ich auch auf
diesem Weg noch einmal für das Vertrauen. –
Sie haben noch einmal die Möglichkeit, am 29. September für die
FPÖ zu stimmen. (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrat Schreuder:
Sie haben auch für den
EU-Beitritt gestimmt!)
Geschätzte Damen und Herren, ja, wir wollen für
die österreichischen Firmen, für die österreichischen Kunden
eine zertifizierte Sicherheit schaffen.
Das Gesetz soll sicherstellen, dass die Kreditprodukte, Dienstleistungen und
Prozesse, die nach einem gewissen Schema zertifiziert werden, den
Sicherheitsanforderungen entsprechen und auch EU-weit gelten – so
weit, so gut.
Die Frage ist wieder: Wie setzt diese Regierung das Ganze
wieder um? –
Wir haben gehört, es muss wieder eine neue Behörde geschaffen werden.
Warum ist es notwendig, dass eine gänzlich neue Stelle eingerichtet
wird?
Wie viele Mitarbeiter werden benötigt? Welche Kosten fallen
an? – 1,3 bis 1,4 Millionen Euro pro Jahr. Welche
Fremdleistungen werden um dieses Geld vergeben? Was werden diese Stellen dann
daraus machen?
Welche Firmen sind das? Wie schaut überhaupt die Qualitätssicherung
aus? – Es gab keine Antworten, weder im Nationalrat noch im
Ausschuss.
Ja, geschätzte Damen und Herren, es zeigt doch ganz
klar und ist bezeichnend für die Arbeit der Bundesregierung der
letzten fünf Jahre: Es wird den Bürgern, den Firmen, allen
Beteiligten wieder Sand in die Augen gestreut.
Kritische Fragen, die wir stellen – die wir aber nicht für uns
stellen, sondern für die Bürger –, werden nicht oder unvollständig
beantwortet. Und solange
das so ist, sage ich: Das ist wieder ein schwaches Gesetz einer Regierung, die
Gott sei Dank nicht mehr lange in Verantwortung ist, und daher gibt es
keine Zustimmung. (Beifall bei der FPÖ.)
13.12
Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Vielen Dank, Herr Bundesrat.
Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Viktoria Hutter. Ich erteile ihr das Wort.
Bundesrätin
Viktoria Hutter (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe
Staatssekretärin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr
geehrten Damen und Herren hier im Saal und zu Hause vor den Bildschirmen!
Für uns alle sind das Handy und das Internet ja gar nicht
mehr aus dem alltäglichen Leben wegzudenken. Die Jugend von heute kennt
eine Welt ohne Handy und Internet gar nicht mehr. So viele Vorteile
uns das auch bietet, so viele Risiken und Bedrohungen, die täglich mehr
werden und sich ständig ändern, bringt es mit sich.
Heutzutage wird kaum noch eine Bank ausgeraubt, aber im
Bereich der Cyberkriminalität tut sich unglaublich viel, und daher
müssen auch wir viel im Bereich Cybersicherheit tun. Unsere beiden
Sicherheitsminister Klaudia
Tanner und Gerhard Karner gehen da voran und setzen auch schon einiges um, so
wie natürlich auch das Kanzleramt mit unserer Digitalisierungsstaatssekretärin mit
dem Cybersicherheitszertifizierungs-Gesetz, um welches es ja bei diesem
Tagesordnungspunkt geht. Auch da setzen wir einen wichtigen
weiteren Schritt.
Sicherheit ist eines unserer Kernthemen in der ÖVP und auch zentral im Österreichplan unseres Bundeskanzlers Karl Nehammer verankert: Leistung, Familie, Sicherheit. Neben dem Nulltoleranzprinzip für Kriminelle, für das wir auch eine wesentliche Aufstockung im Bereich Bekämpfung Cybercrime brauchen, ist auch beim Bundesheer das oberste Ziel, die Sicherheit der
österreichischen Bevölkerung zu jeder Zeit zu gewährleisten. Daher braucht es auch dort unter anderem einen Ausbau der Cyberverteidigungsfähigkeit.
Heute, wie eingangs schon gesagt, setzen wir mit dem zur
Abstimmung stehenden Cybersicherheitszertifizierungs-Gesetz ein weiteres
Zeichen. Wir setzen damit die EU-Verordnung zur Cybersicherheit um, wir
schaffen
eine eigene Behörde in diesem Bereich; zum einen mit dem Ziel der
Stärkung eines digitalen Binnenmarktes der Europäischen Union und zum
Zweiten
mit dem Ziel einer erhöhten Cybersicherheit und digitalen Sicherheit in
Österreich durch klare gesetzliche Vorgaben und operative
Möglichkeiten.
Die Bewahrung der inneren sowie der äußeren
Sicherheit ist essenziell, um unser österreichisches Lebensmodell vor den
unterschiedlichsten Herausforderungen und Gefahren zu schützen.
Eine wehrhafte Demokratie, ein verlässliches Bundesheer und Schutz vor
Kriminalität sind entscheidend. Die Sicherheit
und eben auch die Cybersicherheit unseres Landes und der Menschen in Österreich
haben für uns klare Priorität und darum bitte ich um breite Zustimmung. (Beifall
bei der ÖVP sowie des Bundesrates Schreuder.)
13.15
Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Vielen Dank, Frau Bundesrätin.
Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Daniel Schmid. Ich erteile ihm das Wort.
Bundesrat
Daniel Schmid (SPÖ, Tirol): Sehr
geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Werte
Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Als
jemand, der 1979 geboren wurde, habe
ich – so wie viele vor mir in den Sitzreihen des
Plenarsaals – die digitale Revolution hautnah miterlebt. Vom
Wählscheibentelefon und Postbrief hin
zum Smartphone und zum E-Mail (Zwischenruf des Bundesrates Schennach –
Bundesrat Schreuder: Aber Vierteltelefon kennst nicht!) hat
sich ja unter anderem gerade die Kommunikation drastisch verändert.
Die Digitalisierung hat uns
allen natürlich viele Erleichterungen und neue Möglichkeiten
gebracht, aber auch Herausforderungen, wenn es um den Datenschutz und wenn es
um die Cyberkriminalität geht. Es ist wichtig, die Vorteile der
Technologie zu nutzen, aber gleichzeitig die Risiken zu
beachten.
Es liegt in unser aller Verantwortung als politische Verantwortungsträger und Verantwortungsträgerinnen, gemeinsam eine sichere digitale Infrastruktur zu schaffen, die es den Menschen in Österreich ermöglicht, die Vorteile der Digitalisierung ohne Sicherheitsrisiken zu nutzen. (Beifall bei der SPÖ.)
Unsere kritischen Infrastrukturen sind zunehmend anfällig für Cyberkriminalität, daher müssen wir entsprechende Sicherheitsmaßnahmen treffen.
Gerade wir von der
Sozialdemokratie haben immer wieder aufs Neue innovative Vorschläge zur
Förderung der Digitalisierung eingebracht, die aber leider
nur allzu oft von der Bundesregierung abgelehnt wurden. (Ruf bei der
SPÖ: Mhm!) Unser Ziel muss es doch sein, sicherzustellen, dass niemand
von den technologischen Fortschritten der Digitalisierung abgehängt wird.
Jeder soll ja die Vorteile der Digitalisierung nutzen und davon profitieren
können.
Ein für uns
Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten sehr wichtiges Anliegen ist es, dass
staatliche Förderungen und Leistungen nicht nur digital,
sondern auch analog beantragt werden können. Ältere Menschen, die
keinen Zugang zu digitalen Mitteln haben, dürfen nicht länger
benachteiligt
werden, denn sie werden noch immer benachteiligt. Es ist essenziell, dass
analoge Zugänge gleichwertig zu den digitalen Zugängen zur
Verfügung stehen.
Der Mangel an analogen Alternativen bei staatlichen
Leistungen wie beispielsweise dem Reparaturbonus oder dem Zugang zum
Bundesschatz ist diskriminierend; aber nicht nur diskriminierend, sondern,
sehr geehrte Damen
und Herren, respektlos gegenüber jener Generation, die unser
Österreich, unsere Zweite Republik
aufgebaut hat. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesrät:innen
der FPÖ.)
Cybersicherheit wird oft diskutiert, doch die
Maßnahmen der Regierung hinken dieser rasanten Entwicklung, die wir erleben,
hinterher. Ich darf betonen:
Gerade die geringe Beteiligung an einer Veranstaltung der Parlamentsdirektion
zu Cybersicherheit verdeutlicht den dringenden Bedarf an einem grundlegenden Wandel
im Umgang mit dem Thema.
Neben der Cybersicherheit ist auch die künstliche
Intelligenz, KI, ein zentrales Thema der Digitalisierung, das uns gerade auch
ordentlich einholt. KI
bietet große Chancen, aber sie birgt auch enorme Risiken und Gefahren in
sich. Daher ist es so wichtig, eine klare KI-Strategie zu entwickeln, eine
Strategie, die Innovationen fördert und gleichzeitig den
Schutz der Privatsphäre und allem voran den Schutz von Arbeitsplätzen
berücksichtigt.
Sehr geehrte Damen und Herren! Kolleginnen und Kollegen! Die
bisherigen Maßnahmen der Bundesregierung sind unzureichend. Es
bedarf Investitionen in Forschung, Investitionen in Entwicklung sowie
eines ethisch verantwortungsvollen Umgangs mit der KI. Transparenz und
Nachvollziehbarkeit bei KI-Entwicklungen müssen gewährleistet sein
und individuelle Rechte
müssen geschützt werden. Die Herausforderungen der Digitalisierung und Cybersicherheit
erfordern eine umfassende Strategie, um Österreich als führenden
Technologiestandort zu sichern.
Kolleginnen und Kollegen! Trotz aller Kritik betrachten wir
Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten das vorgeschlagene Gesetz
zur Cybersicherheit als einen Schritt in die richtige Richtung, und wir
werden dazu
unsere Zustimmung geben.
Abschließend: Es ist unsere gemeinsame Aufgabe, eine sichere und faire digitale Zukunft zu gestalten. Lassen Sie uns die Herausforderungen gemeinsam entschlossen angehen, damit Österreich auch in der digitalen Ära stark und sicher bleibt! – Danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)
13.21
Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Vielen Dank, Herr Bundesrat.
Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Marco Schreuder. Ich erteile das Wort.
Bundesrat Marco Schreuder (Grüne,
Wien): Herr Präsident! Sehr geehrte
Frau Staatssekretärin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege
Pröller, ich muss jetzt schon kurz auf Ihre Rede eingehen. Zum einen:
Europa ist nicht fremdbestimmt, so wie auch ein Bundesland nicht von
Österreich fremdbestimmt ist, sondern Österreich ist in
Europa und verhandelt bei allen Akten mit. – Das ist einmal das Erste.
Das Zweite ist, weil da gern dieses Bild vermittelt wird, Europa sei so irgendwie ein bürokratisches Monster (Bundesrätin Schartel: Na ist es ja auch!) – also wirklich, jetzt hörts einmal zu! –: Das wahre bürokratische Monster wollt ihr machen, und das ist nebenbei auch noch wirtschaftsfeindlich. Wenn ein österreichisches Unternehmen eine Zertifizierung haben will, was ja gescheit ist, weil wir ja Vertrauen in die Produkte brauchen, wenn es um die Cyberfragen, um Cybersicherheit geht - - (Bundesrätin Schartel: Was ist denn beim AMA-Gütesiegel?) – Jetzt hören Sie einmal zu! Sie können sich gerne zu Wort melden, Frau Kollegin, aber einmal kurz zuhören! (Zwischenrufe der Bundesrät:innen Miesenberger und Tiefnig.)
Wenn wir das nicht
europäisch lösen, dann müsste ein österreichisches Unternehmen,
das eine Zertifizierung für Cybersicherheit haben will, bei der
österreichischen Behörde, bei der italienischen Behörde, bei
einer französischen Behörde, bei einer niederländischen
Behörde, bei einer belgischen Behörde darum ansuchen. Das wollt ihr,
ernsthaft? (Bundesrätin Schartel: Das muss doch nicht sein!)
Das ist doch absurd! (Zwischenruf des Bundesrates Pröller.)
Wenn es irgendwo eine sinnvolle europäische Idee gibt, dann ist es gerade
da. Das verstehe ich nicht, ich verstehe es wirklich nicht. (Beifall bei den
Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)
Ich muss einmal emotional werden, weil es so absurd ist. Gerade in der digitalen Welt, wo der Druck so enorm ist, wo die Standards von beispielsweise
chinesischen Produkten einfach nicht die Standards sind, die wir
haben wollen – und das ist auch eine Stärke des
europäischen Markts, das muss man
auch dazusagen –, ist es doch wichtig, dass wir als Europa gemeinsam
agieren.
Was wir da machen, das ist eigentlich etwas ganz Einfaches:
Wir ermöglichen, dass ein Unternehmen, das ein
Cybersicherheitszertifikat haben will, das in Österreich beantragen kann
und es dann in der gesamten EU gilt. (Bundesrätin Schartel:
Ja, aber dafür braucht man keine eigene Behörde, oder?) So
einfach ist es, so klug ist es, und mehr ist es nicht. Ich verstehe
überhaupt nicht,
wie man dagegen sein kann. Ich verstehe es wirklich nicht. (Bundesrätin
Schartel: Na, gegen das sind wir nicht!)
Eines muss man schon sagen: Das Vertrauen in die Produkte
unserer europäischen Unternehmen zu stärken ist auch wichtig.
Warum? – Weil die Cyberattacken zunehmen (Bundesrätin Schartel:
Deswegen tun wir ja auch
alles digitalisieren!), und diese Cyberattacken kommen allen voran
von den Staaten, die autoritär agieren, mit denen ihr
Freundschaftsverträge habt, die kommen aus Russland, die kommen aus China
und die untergraben unsere eigene Sicherheit. Das lassen wir als
Europa uns einfach nicht gefallen (Bundesrätin Schartel: Ja eh!),
deswegen ist es klug, das heute
zu entscheiden. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen
und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)
13.25
Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Vielen Dank, Herr Bundesrat.
Noch einmal zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Günter Pröller. Ich erteile das Wort.
Bundesrat Günter Pröller (FPÖ, Oberösterreich): Herr Präsident! Herr Kollege Schreuder, wir sind nicht gegen die Zertifizierungsstelle, das habe ich nicht behauptet. Wir haben Fragen gestellt, die Fragen sind nicht beantwortet worden, daher können wir da nicht zustimmen. (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrätin
Schartel: Genau! – Bundesrat Schreuder: Ah geh, nur weil da EU draufsteht! Jetzt sei ehrlich!)
13.25
Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Vielen Dank, Herr Bundesrat.
Zu einer Stellungnahme zu Wort gemeldet hat sich Frau Staatssekretärin Claudia Plakolm. Ich erteile ihr das Wort.
Staatssekretärin im Bundeskanzleramt Claudia Plakolm: Herr Präsident! Geschätzte Mitglieder des Bundesrates! Es ist bereits sehr oft gefallen: Die Sicherheit von digitalen Produkten und Dienstleistungen ist eine ganz entscheidende Sache in einer Zeit, in der die Digitalisierung einfach überall Einzug hält, in der sich viele Dinge verändern.
Eine ganz entscheidende Frage ist immer die Frage des Vertrauens:
Vertraue ich in die Sicherheit, in die Qualität der täglich genutzten
Systeme? Da ist es durchaus sinnvoll, dass wir innerhalb der Europäischen
Union einen einheitlichen Weg gehen. Die Digitalisierung macht keinen Halt an
unseren Grenzen,
die Nutzung von digitalen Produkten – wenn wir schauen, was wir
beispielsweise alles am Handy haben – macht natürlich auch
keinen Halt an den österreichischen Landesgrenzen, sondern wir sind
zunehmend international vernetzt. Deswegen ist es so entscheidend, dass wir da
auch einen einheitlichen
Weg gehen, um einfach die Vertrauensfragen der Nutzerinnen und Nutzer mit
Cybersicherheitszertifizierungen gut lösen zu können.
Wir wollen damit das, wofür wir mit dem Cybersecurity
Act auf europäischer Ebene die Basis geschaffen haben, auch auf nationaler
Ebene umsetzen.
Dafür wird eine zuständige Behörde notwendig sein, die gibt es
ja jetzt noch nicht; ich weiß nicht, wo sie sonst eingerichtet oder
angehängt werden
sollte. Wir wollen da eben auch eine klare Kompetenz in Österreich
schaffen, eine Behörde, bei der diese Kompetenz gebündelt wird, die
auch als Aufsichtsorgan fungieren wird, in der die notwendigen
Zertifizierungsprozesse
abgewickelt werden. Hersteller und Anbieter können
ihre IT-Systeme,
ihre Produkte dort zertifizieren lassen – auf freiwilliger Basis
kann das Ganze passieren.
Durch den Cybersecurity Act, den CSA, und unser nationales
Cybersicherheitszertifizierungs-Gesetz stellen wir dann eben sicher, dass
die Zertifizierungen der Produkte auch EU-weit anerkannt werden. Ich
glaube, das ist
ganz entscheidend für die Konsumentinnen und Konsumenten und deswegen ein
großer Schritt in Richtung mehr Sicherheit, in Richtung mehr anerkannte Qualität
auch für unsere österreichischen Produkte in diesem Bereich.
In manchen Bereichen, wie beispielsweise bei den digitalen
Identitäten,
wird es auch verpflichtende Zertifizierungen geben. Unsere ID Austria
beispielsweise wird künftig gemäß CSZG zertifiziert
werden. Unsere elektronische Identität wird bereits jetzt als die
sicherste im EU-Raum anerkannt, deswegen freuen wir uns, wenn wir uns dieses
Gütesiegel auch für unsere
ID Austria, die der Schlüssel zu digitalen Behördenwegen ist,
abholen können.
Entsprechende Stellen werden in Österreich diese
Zertifizierungen von Produkten durchführen und somit auch für die
Einhaltung der Standards sorgen. Es wird drei Sicherheitsstufen geben, die
Zertifikate für die höchste Sicherheitsstufe, wie sie
beispielsweise eben bei digitalen Identitäten notwendig sein wird, kann
nur durch diese nationale Behörde im Bundeskanzleramt ausgestellt werden.
Genau diese zentrale Stelle wird auch für Fragen zu den Verfahren
zuständig sein und erste Anlaufstelle für die Unternehmerinnen
und Unternehmer sein. Ich denke, das ist ganz entscheidend, dass wir da auch
gut servicieren, wenn unsere österreichischen Unternehmen ihre
Produkte zertifizieren wollen.
Ich möchte noch einmal
festhalten, dass das Cybersicherheitszertifizierungs-Gesetz eine absolute
Notwendigkeit darstellt. Es geht darum, dass wir
den digitalen Markt in Österreich, in Europa stärken können,
dass wir unsere Unternehmen digital fit halten, dass wir auch die
Konsumentinnen und
Konsumenten besser aufklären und ihnen mehr Schutz bieten können und dass wir vor allem auch als Standort konkurrenzfähig bleiben.
Ich freue mich über die doch sehr, sehr breite Zustimmung zu diesem Gesetz und danke für die konstruktive Debatte. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesrät:innen der Grünen.)
13.29
Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Vielen Dank, Frau Staatssekretärin.
Weitere Wortmeldungen liegen mir dazu nicht vor.
Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist somit geschlossen.
Wir gelangen zur Abstimmung. – Bitte nehmen Sie Ihre Plätze ein.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.
Beschluss des Nationalrates vom 13. Juni 2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über eine Verbrauchsteuer auf Mineralöl, Kraftstoffe und Heizstoffe (Mineralölsteuergesetz 2022 – MinStG 2022) geändert wird (4068/A und 2585 d.B. sowie 11512/BR d.B.)
Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Wir gelangen nun zum 8. Punkt der Tagesordnung.
Als Berichterstatterin ist mir Frau Bundesrätin Barbara Prügl genannt. – Ich bitte um den
Bericht.
Berichterstatterin
Barbara Prügl: Ich bringe den
Bericht des Finanzausschusses über den
Beschluss des Nationalrates vom 13. Juni 2024 betreffend ein Bundesgesetz,
mit dem das Bundesgesetz über eine Verbrauchsteuer auf
Mineralöl, Kraftstoffe und Heizstoffe – kurz
Mineralölsteuergesetz 2022 genannt – geändert
wird.
Dabei geht es um die Verlängerung der temporären Agrardieselvergütung von 7 Cent pro Liter bis Dezember 2025.
Der detaillierte Bericht liegt Ihnen schriftlich vor, ich komme daher gleich zur Antragstellung:
Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage mehrstimmig den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Vielen Dank, Frau Bundesrätin, für den Bericht.
Als Erster ist Herr Bundesrat Sascha Obrecht zu Wort gemeldet. Ich erteile ihm das Wort.
13.31
Bundesrat Mag. Sascha Obrecht (SPÖ,
Wien): Sehr geehrter Herr
Präsident! Werte Frau Staatssekretärin! Liebe Kolleginnen und
Kollegen! So ist das mit der Vereinbarkeit von Familie und Beruf (auf einen
hinter den
Bankreihen der Bundesrät:innen der SPÖ stehenden Kinderwagen
weisend): Es trifft auch Politikerinnen und Politiker. (Beifall bei
SPÖ, ÖVP und Grünen.)
Wir sind in der Tagesordnung so
schnell fortgeschritten, dass die zweite Betreuungsperson noch nicht da ist.
Die Mama wird gleich kommen, und ich halte meine Rede dementsprechend kurz. (Präsidentin
Göll übernimmt
den Vorsitz.)
Was will ich sagen? – In diesem Gesetz geht es um eines: um ein Riesengeschenk an den Bauernbund. Jetzt können Sie sich vorstellen - - (Bundesrätin Miesenberger: SPÖ ... Bauern!) – Ja, da muss man gleich direkt reinkommen. Worum geht
es da nämlich
genau? – Mit der Agrardieselförderung werden 75 Millionen
Euro an den Bauernbund und die österreichischen Bäuerinnen und Bauern
verteilt. (Zwischenruf der Bundesrätin Miesenberger. –
Bundesrat Himmer: Doch
an die Bauern und nicht ...!)
Frau Kollegin, wenn wir
darüber reden, wer es mit den Bauern und Bäuerinnen gut meint, dann
müssen wir nur darüber reden, wer die Bauernpension eingeführt
hat: Das war nicht die ÖVP, das war die SPÖ. Da können wir schon
in die Vergangenheit schauen! (Beifall bei der SPÖ. –
Neuerlicher Zwischenruf
der Bundesrätin Miesenberger.) – Das kann ich Ihnen
aus der Geschichte sagen: Es ist tatsächlich so, dass die SPÖ das
gemacht hat.
Was machen Sie aber
jetzt? – Sie schenken 75 Millionen Euro her zu
einem Zeitpunkt, der gar nicht schlimmer sein könnte. Ich rede hier immer
und sage: Die Inflation ist hoch! Das ist ein Riesenproblem, die Leute
können
sich nichts leisten! – Das wird weggewischt, natürlich.
Gestern waren das Wifo und das
IHS hier und haben dasselbe gesagt: Die Inflation ist ein Riesenproblem
gewesen. – Und jetzt kommen Sie – normalerweise sitzt
der Finanzminister hier oder die ÖVP sitzt hier – und
sagen: Ja, aber wir haben die Kaufkraft erhalten, das ist so toll! –
Na, einen Blödsinn habt ihr gemacht: Die Gewerkschaft hat die Kaufkraft
erhalten, denn die hat für hohe Löhne gekämpft (Beifall
bei der SPÖ), und diese hohen Löhne waren alternativlos, weil man
nichts gegen die Inflation gemacht
hat. (Bundesrat Tiefnig: Kalte Progression! – Bundesrätin
Miesenberger: Genau!)
Aus ÖVP-Sicht ist es ein
absolut dummes Argument, muss man tatsächlich sagen, zu sagen,
dass man in dem Fall die Kaufkraft erhöht hat, denn wenn man es sich überlegt: Was bedeutet das? –
Es bedeutet natürlich, dass
das Ansehen des Wirtschaftsstandortes Österreich nach unten geht.
Wenn man nicht von Anfang an in die Inflation eingreift und gegensteuert, so wie die anderen Staaten, sondern das durchrauschen lässt und dann alternativlos die Löhne nach oben gehen müssen, weil die Gewerkschaften
nachziehen, dann wir die
Produktion teurer. Wir stehen aber in einem internationalen Wettbewerb,
und das bedeutet, österreichische Unternehmen
haben es wesentlich schwerer – und das haben Sie zu verantworten.
Die Wirtschaftspartei Volkspartei hat es zu verantworten, dass es für
den Wirtschaftsstandort Österreich und für die
Österreicherinnen und Österreicher so viel schwerer geworden ist! (Beifall
bei der SPÖ. – Zwischenruf der Bundesrätin Miesenberger.)
Die weiteren Dinge, die Wifo
und IHS gesagt haben, sind ja erschreckend: Das Bruttoinlandsprodukt pro Person
sinkt erstmals seit – keine Ahnung! Ich
kann mich nicht erinnern, dass das jemals so war. (Zwischenruf des
Bundesrates Buchmann.) Die Inflationsprognosen sind katastrophal,
der Staatshaushalt bewegt sich auf ein vernichtendes Niveau zu, dass wir die
Maastrichtkriterien nicht erfüllen – und was das bedeutet, kann
ich Ihnen kurz skizzieren: Die Europäische Kommission wird kommen und wird
sagen: Na ja, jetzt müssen wir langsam über ein
Vertragsverletzungsverfahren reden – das wird dann
teuer für Österreich –, oder ihr lenkt ein und macht ein
Spardiktat von uns mit. – Das haben wir bei Griechenland gesehen,
und das droht Österreich auch,
mit dem Pfad, auf dem wir uns bewegen.
Bevor das passiert, gibt es ja
noch einen viel schlimmeren Mechanismus für uns: Wir als Österreich werden nämlich auch auf den Finanzmarkt
angewiesen
sein, wenn wir Gelder brauchen, und wenn wir mit unserem Staatshaushalt
so umgehen, dann wird das Rating nach unten gehen, die Zinsen für dieses
Geld werden höher werden, und es wird schwieriger werden, Investitionen zu
tätigen.
Es ist so bezeichnend, dass der
Finanzminister im Oktober 2022 seine
erste Budgetrede so gehalten hat; er hat gesagt: Ich will Verantwortung
übernehmen, Verantwortung für die Zukunft! – Das
schaut jetzt so aus, dass
das Budget so im Eimer ist, dass die nächste Regierung gar nicht anders
kann, als sich zwei Dinge zu überlegen: Einerseits könnte sie sich
überlegen: Wo
kriege ich neue Einnahmen her?, oder andererseits: Wo kürze ich bei den Ausgaben?
Das will ich auch
bezüglich Wahlkampf sagen: Jede Partei, die Ihnen das
Blaue vom Himmel verspricht, und nicht sagt, woher sie das Geld nimmt oder wo
sie die Ausgaben kürzt, lügt Ihnen ins Gesicht. (Bundesrat Spanring:
Ja, aber
das hat der Herr Babler gesagt! ... Herr Babler!)
Die SPÖ hat ein klares
Konzept! Die SPÖ hat ein klares Konzept: Wir reden über
Erbschaftssteuern, wir reden über Vermögensteuern (Zwischenruf des
Bundesrates Buchmann), wir reden darüber, dass jene, die
sauviel Geld haben, einen gerechten Anteil für die Gesellschaft leisten.
Darüber reden wir (Beifall bei
der SPÖ – Zwischenruf des Bundesrates Himmer), und
das ist der einzige Weg, dass wir ausgabenseitig auch wirklich,
tatsächlich nicht mit Kürzungen rechnen müssen. Der einzige Weg
ist: wenn wir über Einnahmen reden. (Zwischenruf der Bundesrätin Schartel.)
Wenn wir nicht über
Einnahmen reden – so wie das die überwiegende
Mehrheit hier in diesem Haus tut –, dann sagt bitte, wo bei den
Ausgaben ihr nach der nächsten Wahl kürzen wollt – und
sagt es vorher, sagt es nicht nachher, denn die Leute werden wissen wollen, wie
ihr das alles finanziert! (Zwischenruf des Bundesrates Spanring.)
Genau in dieses Umfeld,
während wir einen Staatshaushalt haben, der
völlig außer Rand und Band gerät, genau in dieses Umfeld kommt
eine Förderung, ein Persilscheck: 75 Millionen Euro, einfach so,
an den Bauernbund, denn wir haben es ja. (Neuerlicher
Zwischenruf des Bundesrates Spanring.) Das kommt noch einmal dazu.
Wir bewegen uns allein dieses Jahr auf ein Defizit von
20 Milliarden
Euro zu, und wir hauen noch einmal 75 Millionen Euro hintennach. Es ist
keine Überraschung, dass beide ÖVP-Rednerinnen nach mir vom
Bauernbund
sind. Was die machen werden, weiß ich: Sie werden (in die Hände klatschend) applaudieren, der Bauernbund, die Bäuer:innen: 75 Millionen Euro!
Lustigerweise stimmen die Grünen da auch mit. Das ist
eine klimaschädliche Subvention: Wir fördern da
Agrardiesel! Ja, wir – SPÖ, ÖVP gemeinsam –
haben das 2011, 2012 abgeschafft, damals noch mit der Begründung,
dass das eine klimaschädliche Subvention war. Da war die Volkspartei
dabei. Wir haben das in den Erläuterungen drinnen: klimaschädliche
Subvention.
Deswegen ist es abgeschafft worden, und ihr gebt jetzt noch einmal
75 Millionen Euro dafür her, nach demselben
Schema F – in einer Situation,
in der wir das Geld gar nicht haben. (Zwischenruf der Bundesrätin Miesenberger.)
Es ist völlig ungenügend, so etwas ohne
Gegenfinanzierung herzugeben,
absolut ohne Gegenfinanzierung. Das ist ein billiges Wahlkampfzuckerl von einer
Partei, die sagt: Das freie Spiel der Kräfte, das wollen wir
nicht – aber 75 Millionen Euro herschenken, das wollt ihr
schon! (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Gfrerer:
Und ihr wollt billige Lebensmittel!)
In dem Sinn ist die Bundesregierung eines: sehr
vergleichbar mit der belgischen Nationalmannschaft, nämlich in einer Linie
nur enttäuschend. (Beifall bei
der SPÖ. – Bundesrat Gfrerer: Und ihr wollt billige
Lebensmittel! – Zwischenruf der Bundesrätin Schumann.)
13.37
Präsidentin
Margit Göll: Zu Wort gemeldet ist
Frau Bundesrätin Elisabeth
Wolff. Ich erteile ihr dieses.
Bundesrätin Elisabeth Wolff, BA
(ÖVP, Wien): Sehr geehrte Frau
Präsidentin! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Sehr geschätzte
Kolleginnen und
Kollegen sowie Zuseherinnen und Zuseher! Sehr geehrter Herr Obrecht, auch Sie
nehme ich jetzt vielleicht noch einmal ein bisschen mit zurück in
meine Schulzeit. Ja, wir haben jetzt viel darüber gehört, wie man ein
Staatsbudget leiten kann oder nicht, aber es gibt auch ein paar Basics,
und ich habe eine Tourismusschule besucht, und da hatte ich auch Rechnungswesen.
Dort hatte ich einen wirklich
strengen Lehrer, und bereits in der allerersten Stunde wollte er unseren
Wissensstand prüfen und schauen, was wir
so draufhaben. Er hat gesagt: Okay, ich stelle jetzt eine Frage, und jeder, der
mir diese eine Frage beantworten kann, bekommt am Ende des Jahres eine
um einen Grad bessere Note. – Wir alle waren also recht motiviert
und waren schon gespannt auf die Frage, und die Frage war: Kennen Sie die
wichtigste Kennzahl in einem Unternehmen? – Das freudige
Raten hat begonnen: Ist es der Cashflow, ist es der Return on Investment, ist
es der Gewinn – das
wäre doch irgendwie logisch. Nein, das alles war es nicht, es ist die
Liquidität, es ist die Zahlungsfähigkeit. (Bundesrätin Schumann:
Gratuliere!)
Jetzt ist die Frage: Was hat
das mit unserem heutigen Tagesordnungspunkt zu tun? –
Wir haben in der Landwirtschaft die Situation, dass die Einkommen der
Bäuerinnen und Bauern sinken. Das ist nicht unbedingt dem geschuldet, dass
sie schlecht wirtschaften, sondern es kommt auch auf ganz viele externe
Faktoren an, bei denen die Landwirte eben nicht direkt eingreifen können:
weil sie es ermöglichen, dass wir günstig Lebensmittel einkaufen können,
und sie sind nun einmal abhängig von Weltmarktpreisen. Gleichzeitig haben
die Betriebe mit steigenden Kosten zu kämpfen,
mit steigenden Betriebsmittelpreisen, wie für Energie, Saatgut,
Dünger und eben auch Diesel.
Ich glaube, dafür braucht man jetzt eigentlich auch gar keinen Rechnungswesenunterricht, das funktioniert relativ einfach: Das geht sich irgendwie nicht mehr ganz aus. (Bundesrätin Schumann: Haben Sie eine bessere Note gekriegt?)
Das führt zu einer angespannten Finanzsituation, zu einer angespannten Liquiditätssituation für die Betriebe, und es ist auch die Aufgabe der Politik, da einzugreifen – und genau das tun wir mit dem heutigen Beschluss und der Unterstützung des Agrardieselpakets. (Beifall bei der ÖVP.)
Im Detail geht es um eine
steuerliche Vergütung von 7 Cent je Liter,
eine pauschale Abgeltung. Dazu kommen noch die CO2-Preis-Rückvergütung
im Jahr 2024 in der Höhe von 13,5 Cent und ein
Bodenbewirtschaftungsbeitrag von 17 Cent. Das macht in Summe
für das Jahr 2024 37,5 Cent.
Was aber bedeutet das in der Praxis? –
Ich habe ein Beispiel: Bei einem landwirtschaftlichen Ackerbaubetrieb mit
33 Hektar Ackerland, davon 5 Hektar
Zwiebel, 5 Hektar Kartoffel – Produkte, die vielleicht auch von
den SPÖlern konsumiert werden, aber nach der Rede weiß ich es
nicht –, erwartet den
Bauern eine Entlastung von rund 1 900 Euro, und das ganz einfach mit
einer Auszahlung im Dezember, genauso wie die AMA-Zahlungen abgewickelt werden.
Das sind also 1 900 Euro, einfach abgewickelt, als direkte Hilfe
für unsere Landwirtinnen und Landwirte. (Beifall bei der ÖVP.)
Ich denke, das ist jetzt kein
Wert, der irgendein Unternehmen zu Unrecht bereichert, aber es ist eben ein
Beitrag, um die angespannte Situation
in der Landwirtschaft zu entschärfen, eine Entlastung für unsere
Bäuerinnen und Bauern.
Weil immer gesagt wird, die
Maßnahme sei zu wenig zielgerichtet, die Hilfe werde einfach mit der
Gießkanne an alle Betriebe ausgezahlt und: Wie kann man gerade in Zeiten
der Klimakrise den Agrardiesel fördern!?, möchte ich dazu
zwei Dinge ganz klar sagen: Erstens ist es in der Landwirtschaft einfach so,
dass wir auf dieselbetriebene Fahrzeuge angewiesen sind. Es gibt noch nicht
genügend Alternativen, um sagen zu können: Brauchen wir nicht
mehr! – Zweitens wird zur Berechnung der Auszahlung der
Dieselverbrauch auf die bewirtschaftete Fläche umgerechnet. Es besteht
also durchaus der Anreiz für die Betriebe, möglichst wenig Diesel zu
verbrauchen oder auch, wenn es möglich ist, alternative
Antriebsformen zu nutzen, und das wissen auch
unsere Bäuerinnen und Bauern.
Mit dem heutigen Beschluss
gelingt es uns also, dort zu entlasten, wo es notwendig ist, und dafür
bedanke ich mich auch bei allen Kolleginnen und Kollegen, die heute hier
mit uns mitstimmen. Ich verstehe nicht ganz die Seite
der SPÖ, die sich doch sonst auch immer für eine faire Entlohnung
einsetzt. Die Bäuerinnen und Bauern in Österreich sind Ihnen wohl
einfach nicht so
wichtig. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei der
SPÖ.) – Es ist ein Teil der Entlohnung, es ist keine
Förderung, nein! (Ah-Rufe bei der SPÖ.)
Schlussendlich bleibt dann noch zu sagen: Die Schulzeiten
sind vorbei.
Es geht nicht mehr darum, seine Noten zu verbessern, sondern es geht darum,
dass wir uns für unsere heimische Landwirtschaft einsetzen wollen,
für
unsere regionale Versorgung und für unsere Familienbetriebe in
Österreich. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)
13.42
Präsidentin Margit Göll: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Horst Schachner. Ich erteile ihm dieses.
Bundesrat Horst Schachner (SPÖ,
Steiermark): Frau Präsidentin! Frau
Staatssekretärin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Sehr geehrte
Damen und
Herren! Schauts, ich glaube, dass die Diskussion hier jetzt nicht falsch
läuft. Das, was Sascha Obrecht gesagt hat, stimmt vollkommen, und ich sage
euch,
warum: weil man einfach auf die Pendlerinnen und Pendler vergisst.
Es gibt Leute, die müssen
mit dem Auto fahren, die sind auf Diesel und auf Benzin angewiesen. Wo ist da
das Mineralölsteuergesetz geändert
worden, damit diese Menschen zu einem ein bisschen billigeren Benzin oder Diesel
kommen? Was ist da gemacht worden, dass man die Steuer nicht
so weit hinaufsetzt? Ihr wisst ja alle miteinander, dass über
50 Prozent Steuern auf Diesel und auf Benzin sind, und die Leute
können sich das in dieser
Form einfach nicht mehr leisten, wenn sie arbeiten fahren.
Ich war erst unlängst ein Wochenende in Kroatien:
1,38 Euro auf der Autobahn, bei uns 2 Euro auf der Autobahn. Das muss
mir jetzt einmal irgendjemand erklären, warum der Treibstoff bei uns
2 Euro kostet und in Kroatien
nur 1,38 Euro! Der Schluss daraus ist: Die Bundesregierung tut für
die Menschen, die in diesem Land arbeiten, einfach zu wenig. (Beifall
bei SPÖ
und FPÖ.)
Ich sage euch noch etwas: Wir alle miteinander wissen, wie
viel mehr Geld Familien jetzt brauchen als in den Jahren davor, und da
geht es wirklich
um Summen – das hat die Schuldnerberatung ausgerechnet –,
um 5 000 Euro im Jahr. Wir als
Gewerkschafter haben ausrechnen lassen, wie viel eine Familie mit einem
Kind mehr braucht: Das sind über 400 Euro im Monat! Und da reden
wir von Nettobeträgen und nicht von Bruttobeträgen oder von sonst
irgendetwas. Das sind 400 Euro netto, die jede Familie mit einem Kind mehr
im Monat braucht. Deshalb brauchen wir für Pendlerinnen und Pendler auch
Geld, damit sie sich wieder die Fahrt in die Arbeit leisten können. Das
könnt ihr mir glauben. (Beifall bei der SPÖ.)
Deshalb bringen wir folgenden Antrag ein, wiewohl ich ja
noch viel mehr
dazu sagen könnte:
Entschließungsantrag
der Bundesrät:innen Horst Schachner, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Pendler:innen entlasten statt belasten!“
Der Bundesrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung wird aufgefordert,
- die CO2-Steuer
temporär auszusetzen bis die Energiepreise auf ein vernünftiges
Niveau zurückgeführt werden können,“ (Bundesrat Himmer:
Und wo
nehmen wir das Geld her? Wo ist die Gegenfinanzierung?)
„- eine Reform des Pendlerpauschales durch Umwandlung
in einen gerechten kilometerabhängigen Absetzbetrag für Pendler:innen
mit kleinen und
mittleren Einkommen, das auch ökologischen Gesichtspunkten gerecht wird,
auf den Weg zu bringen,
- die Valorisierung und damit
Erhöhung des Kilometergeldes in die Wege
zu leiten sowie
- eine transparente und einheitliche Regelung der Energiepreise an E-Tankstellen, analog zur Bepreisung von fossilen Treibstoffen sicherzustellen.“
*****
(Beifall bei der SPÖ.)
Und weil du jetzt den Zwischenruf gemacht hast: Na, wie
macht denn das Deutschland? Wie macht es Italien? Wie machen es die anderen
Länder? Ihr wisst aber schon ganz genau, dass wir am teuersten sind, dass
wir die Zeche bezahlen, oder? – Okay, danke, alles gut. Ihr werdet
es bei
der nächsten Wahl sehen. Glück auf! (Beifall bei der SPÖ. –
Bundesrat Himmer: Hauptsache, die Bauern kriegen nichts! Das ist
wichtig!)
13.45
Präsidentin Margit Göll: Der von den Bundesräten Horst Schachner, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „Pendler:innen entlasten statt belasten!“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.
Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Michael Bernard. – Bitte.
Bundesrat
Michael Bernard (FPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrte
Frau Präsident! Frau Staatssekretär! Kollegen des Bundesrates! Sehr
geehrte Damen und Herren im Saal und vor den
Bildschirmen! Zu Kollegen
Obrecht: Wenn es darum geht, denen, die die österreichischen
Qualitätsprodukte produzieren, die die Lebensmittelversorgungssicherheit
gewährleisten, 75 Millionen Euro, wie du sagst, zurückzugeben,
von
denen man vorher 105 Millionen Euro CO2-Steuer eingehoben
hat – dann habt ihr ein Problem und hast du einen hohen Blutdruck.
Das verstehe ich gar
nicht. (Beifall bei der FPÖ.)
Und wenn der Klimabonus an Asylwerber oder Häftlinge ausgezahlt wird, hat er kein Problem damit. Also ich verstehe die Welt nicht mehr, aber gehen wir weiter.
Kurz einmal zur Geschichte des Agrardiesels: 2014, 2015 hat
die SPÖ gemeinsam mit der ÖVP den Agrardiesel abgeschafft und
hat damit für einen
massiven Wettbewerbsnachteil für die österreichische Landwirtschaft
gesorgt. In anderen Ländern der EU wurden die Bauern durchaus weiter unterstützt. Der dadurch
entstandene Wettbewerbsnachteil für die österreichischen Bauern wurde
auch nicht auf andere Art und Weise ausgeglichen.
Dann kamen die schwarz-grüne menschenrechtswidrige
Einsperrzeit
unter dem Titel Corona und die durch die schlechteste Bundesregierung aller
Zeiten verursachte Teuerung, wodurch die gesamte österreichische
Bevölkerung belastet wurde. Und was hat dann die
schwarz/türkis-grüne ahnungslose Bundesregierung als Konzept dagegen
entwickelt? – Als sich die österreichische Bevölkerung
teilweise das Essen, das Heizen nicht mehr hat leisten können,
weil die Energiepreise gestiegen sind, hat diese Bundesregierung noch
zusätzlich die CO2-Steuer eingeführt und damit die ganze Teuerungssituation
noch
einmal angeheizt.
In den Jahren 2022, 2023 wurde dann temporär ein sogenannter Agrardiesel eingeführt. Aber spätestens nach der letzten stattgefundenen Finanzausschusssitzung weiß man ja, dass mindestens eine Partei – die im grünen Koalitionskleid – keine Ahnung hat, was Agrardiesel ist. Für den Kollegen Adi Gross nur eine kurze Erklärung: Der Agrardiesel ist kein anderer als der Diesel für alle anderen Benutzer von Fahrzeugen mit Dieseltechnologie. Landwirte tanken genauso bei Tankstellen und zu den gleichen Preisen.
Schwarz-grüner Agrardiesel schaut folgendermaßen
aus: 10,5 Cent
CO2-Steuer pro Liter, die zusätzlich bezahlt werden, und dann
gibt man ihnen 7 Cent Steuerrückvergütung für den Diesel
zurück. Nach unserer
freiheitlichen Meinung ist das im wahrsten Sinne des Wortes kein Agrardiesel.
Jetzt kurz vor den
Nationalratswahlen kommt aber die ÖVP daher,
da ihr die Bauern mittlerweile in Scharen davonrennen, und gießt noch
einmal einen Tropfen auf den heißen Stein, der die Bauern nicht wirklich
weiterbringen wird. Hätten wir keine CO2-Strafsteuer, dann
bräuchten wir dieses ganze komplizierte und teure Regelwerk nicht.
(Beifall bei der FPÖ.)
Auch das Amt für den nationalen Emissionszertifikatehandel, für das es immerhin 65 Planstellen gibt, könnten wir gleich damit einsparen.
Es ist aber auch kein Wunder,
dass die Besteuerung der Spritpreise aus
dem Ruder gelaufen ist, die ganze Bürokratie der schwarz-grünen
Bundesregierung muss ja irgendjemand finanzieren. Der Dieselpreis besteht 2024
zu 48 Prozent aus Steuern und Abgaben: Mineralölsteuer,
CO2-Strafsteuer, Umsatzsteuer; beim Benzin sind es sogar
55 Prozent.
In Slowenien und Kroatien tankt
man, wie Kollege Schachner schon angesprochen hat, viel günstiger.
Die Novelle zum Mineralölsteuergesetz 2022
entlastet befristet die österreichischen Landwirte, diese Entlastung ist
aber bei Weitem nicht ausreichend.
Autofahrer werden ebenfalls
zunehmend dafür bestraft, wenn sie ihren
Weg zur Arbeit mit ihrem Kfz zurücklegen müssen. Insbesondere Pendler
in den ländlichen Regionen (Bundesrat Schennach: Ihr stimmt aber
zu!), die über
keine entsprechenden öffentlichen Verkehrsanbindungen verfügen,
werden finanziell stark benachteiligt. (Bundesrat Schennach: Ihr
stimmt aber zu!) Die
seitens der Bundesregierung beschlossene CO2-Steuer
stellt viele Menschen vor enorme finanzielle Probleme und verteuert jede
Tankfüllung enorm. Die
CO2-Abgabe gehört abgeschafft. Sie ist
wirtschafts- und wettbewerbsfeindlich und obendrein ein reiner
Inflationstreiber. (Beifall bei der FPÖ.)
Die mit 1. Juli 2023
erfolgte Kürzung der Pendlerpauschale muss rückgängig gemacht
werden und damit im Ergebnis die Erhöhung der Pendlerpauschale um
50 Prozent sowie eine Vervierfachung des Pendlereuros bis
auf Weiteres wiedereingeführt werden. Das amtliche Kilometergeld ist eine
Pauschalabgeltung. Auch wenn die SPÖ heute unseren Antrag kopiert
hat (Bundesrätin Schumann: Nein!), den wir schon früher
und schon ein paarmal eingebracht haben (Bundesrätin Schumann:
Was? Ganz anderer Text!):
Wir sind dafür, dass wir das amtliche Kilometergeld verdoppeln. Seit 2008
hat es trotz all der gestiegenen Kosten keine Erhöhung gegeben, und das
sind wir unserer Bevölkerung schuldig. (Beifall bei der FPÖ.)
Weil wir Freiheitliche auf der Seite der österreichischen Bevölkerung stehen und Autofahrer nicht bestraft, sondern belohnt werden sollten, weil viele davon Leistungsträger in unserem Land sind, stellen die Bundesräte Michael Bernard und weitere Unterzeichnende folgenden Entschließungsantrag:
Entschließungsantrag
der Bundesrät:innen Michael Bernard, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Autofahrer: Belohnen statt Bestrafen“
Der Bundesrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung und
insbesondere der Bundesminister für Finanzen wird aufgefordert, alles
Erforderliche zu unternehmen, um die Autofahrer umgehend zu
entlasten. Insbesondere sollen folgende Maßnahmen
umgesetzt werden:
- Sofortige Abschaffung der CO2-Abgabe
- Sofortige massive Steuersenkung auf Benzin und Diesel durch Halbierung beziehungsweise bei weiteren Preisanstiegen völlige Streichung sowohl der Mehrwertsteuer als auch bei der Mineralölsteuer
- Signifikante Erhöhung der Pendlerpauschale
- Verdoppelung des amtlichen Kilometergeldes
- Abschaffung der NoVA.“
*****
(Beifall bei der FPÖ.)
13.52
Präsidentin Margit Göll: Der von den Bundesräten Michael Bernard, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „Autofahrer: Belohnen statt Bestrafen“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.
Als Nächster zu Wort
gemeldet ist Herr Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross. Ich erteile
ihm dieses.
Bundesrat Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross
(Grüne, Vorarlberg): Frau
Präsidentin! Frau Staatssekretärin! Werte Kolleginnen und Kollegen!
Im Nationalen Emissionszertifikatehandelsgesetz – ein
schönes Wort –, also der so wichtigen Einführung der
Ökosteuerreform, die wir zustande gebracht haben,
mit Rückvergütung, die, das darf man nicht vergessen, sozial
wirksamer ist – übrigens beneiden uns ja sehr viele Länder
um genau dieses Gesetz, insbesondere Deutschland zum Beispiel, mit einer
SPD-Regierungsbeteiligung, wenn mich (Heiterkeit des Redners) nicht
alles täuscht; sie würden es
sehr gerne nachmachen, kriegen es aber nicht hin –, wurde bereits
die Möglichkeit für Entlastungsmaßnahmen verankert, und
zwar für energieintensive Betriebe und für
die Landwirtschaft. Da wurden jährlich maximale Beträge fixiert, und
für die Landwirtschaft sind im Zeitraum 2022 bis 2025 134,5 Millionen
Euro verankert. – So.
Wie macht man es? – Technisch wird das nun mit
der vorliegenden Änderung im Mineralölsteuergesetz gelöst. Das
lässt sich technisch einfach lösen. Ich
gebe aber schon zu, dass das kommunikativ aus unserer Sicht nicht so toll ist,
denn es ist missverständlich. Es handelt sich nämlich de facto nicht
um
eine, wie suggeriert wird, Agrardieselvergütung, da der Entlastungsbetrag
eben nicht vom Dieselverbrauch abhängt, sondern von der Größe
und Art der bewirtschafteten Fläche. Darum bin ich nicht ganz
glücklich mit der Kommunikation.
Mit anderen Worten: Es ist eigentlich sogar umgekehrt. Es
entsteht ein Anreiz, möglichst wenig Treibstoff zu verbrauchen, dann
bleibt nämlich mehr
von der Förderung über; und es begünstigt Landwirte, die gar
keinen Diesel tanken, sondern ihren Traktor zum Beispiel mit Pflanzenöl
betreiben –
das geht – oder, besonders innovativ, mit Elektroantrieben tuckern.
Da tut sich übrigens sehr viel.
Schön wäre natürlich gewesen, wenn man
kleinere Betriebe stärker
entlastet hätte als große, also ein degressives Element eingebaut
hätte. Was aber schon das Wichtigste ist: Es geht darum, die Betriebe zu
entlasten,
da sie, das haben wir schon von der Kollegin gehört, unter einem hohen
Wettbewerbsdruck beziehungsweise unter dem Druck niedriger Preise stehen,
vor allem vonseiten der Lebensmittelketten; und natürlich spüren sie
auch die Inflation und die Preisanstiege.
Es ist auch ein Beitrag, dämpfend auf die
Lebensmittelpreise zu wirken,
darauf wurde noch nicht hingewiesen (Bundesrat Schennach: Sehr indirekt!
Sehr indirekt!), da ja die Kosten irgendwie weitergegeben werden
müssen –
oder eben nicht (Bundesrätin Schumann: Na geh!), wenn man
eine Unterstützung bietet. (Bundesrätin Schumann:
Das merken die Konsumenten, bei den Preissteigerungen! – Zwischenruf
des Bundesrates Schennach.)
Weil ich es da gerade so ein bisschen
rumoren höre (Zwischenruf des Bundesrates Spanring): Ich
meine, dass die Freiheitlichen irgendwie zurück ins vorige Jahrtausend
wollen, ist ja nichts Neues. Dass sich jetzt aber die SPÖ mit der F einen
Wettkampf liefert, finde ich schon erstaunlich; einen Wettkampf
um die Abschaffung ganz entscheidender struktureller Maßnahmen, um Klimaschutz
zu betreiben – denn das ist nun einmal die ökologische Steuerreform, die ja
zu mehr als 100 Prozent rückvergütet wird und die unteren Einkommen
sozial entlastet. Ich finde das schon abenteuerlich.
(Bundesrat Schennach: Ihr schafft eine
öko..., ihr schafft eine feindliche Förderung!)
Man kann es aber vielleicht nur so
erklären, dass Kollege Obrecht
herauskommt und eine Wahlkampfrede hält, die genau gar nichts mit dem
eigentlichen Thema zu tun hat, und auch Kollege Schachner sich zum
Thema nicht äußert. Ein weiteres Mal zeigen Sie damit, dass Sie
Klimaschutz einfach nicht ernst nehmen (Bundesrat Schennach: Ah! Mein
Gott! –
Zwischenruf der Bundesrätin Hahn): jedes Mal herauszukommen und
die Abschaffung der CO2-Besteuerung zu
fordern, die überhaupt keine belastende
Wirkung hat, was einfach erwiesen ist. (Bundesrat Schennach:
Ich meine, dass du da mit ...! Bei dem Gesetz würde ich rot werden!)
Sie behaupten jetzt einfach, die Energiepreise seien zu
hoch. Ja das stimmt
halt nicht! Ich habe extra noch in den Tarifkalkulator hineingeschaut:
In Wien kriegen Sie um 8 Cent Strom, Energiepreis, um 4 Cent Gas und
an der Tankstelle tanken Sie um 1,60 Euro oder 1,70 Euro ohne Weiteres Benzin und auch
Superbenzin. Das sind keine hohen Energiepreise. (Bundesrätin Hahn: Das
ist weltfremd! Das ist komplett ...!)
Sie vergessen auch – das erstaunt mich immer
wieder bei den Sozialdemokraten –: Der Verkehr verursacht
7 Milliarden Euro jährlich an externen Kosten. (Bundesrätin Hahn:
Das erzähle einmal jemandem, der sich das nicht
leisten kann!) Ja was glauben Sie, wer das
zahlt? Und jetzt herzukommen und das noch verschärfen zu wollen, finde ich
schon einen sehr spannenden
Zugang. (Bundesrätin Schumann: Genau! Das
erzählen wir den Pendlerinnen und Pendlern! Das sagen wir den Pendlern!) De
facto versuchen Sie, sich jetzt
mit einem eigenen Antrag irgendwie zu retten und über die Runden zu
kommen, und die armen Pendlerinnen und Pendler müssen definitiv für
alles herhalten. (Bundesrätin Hahn: Was? –
Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)
Ich möchte an noch etwas
erinnern: Es gibt eine ganze Reihe von Anreizen für die Landwirtschaft,
sich aus der Zwangsjacke fossiler Energieträger zu
befreien (Bundesrätin Schumann: Ah!), namentlich mit dem
Programm Energieautarke Bauernhöfe – es passt damit hinein;
50 Millionen Euro – und
zum Beispiel auch mit dem Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz. Landwirte haben auf ihren
Gebäuden oft besonders große Flächen, die sie für
PV-Stromerzeugung nutzen, womit sie ihren eigenen Strom sehr
günstig bereitstellen können – es rechnet sich
übrigens auch. (Zwischenruf des Bundesrates Schennach.)
Wir stehen ganz klar hinter einer Entlastung der
bäuerlichen Betriebe (Bundesrätin Schumann: Mhm,
genau! Mit dem Agrardiesel!), und das sind insgesamt
gute Anreize, sich damit gleichzeitig von den fossilen Energieträgern zu
befreien. (Beifall bei den Grünen. – Bundesrat Gross –
auf dem Weg zu seinem Sitzplatz
in Richtung Bundesrätin Schumann –: ...
entschuldigen! – Bundesrätin Schumann: Na geh! Aber was
du zu uns sagst, also geh bitte! – Bundesrat Gross: So viel
muss
man aushalten! – Bundesrätin Schumann: Na geh! ...
nicht begriffen!)
13.59
Präsidentin Margit Göll: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Günter Kovacs. Ich erteile ihm dieses.
Bundesrat Günter Kovacs (SPÖ,
Burgenland): Herr Kollege Adi Gross,
leider muss ich da noch ein bisschen auf Ihre gerade gesagten Worte
replizieren. Es ist schon wirklich unfassbar: Auf der einen Seite hat man jetzt
ein großes
Herz für die Bauern, auf der anderen Seite kein Herz für alle
Pendlerinnen und Pendler, die in den letzten Jahren derart
abgestraft wurden. Der Zynismus, wie Sie hier stehen und das noch
zelebrieren, wie Sie stolz darauf
sind, dass unsere Pendlerinnen und Pendler so viel zahlen
müssen – ein Skandal sondergleichen, ein Skandal
sondergleichen! (Beifall bei SPÖ und FPÖ.)
Die Grünen
haben ohnehin jede Qualifikation für diese Regierung verloren, das muss
man ganz offen sagen. Sie haben vor wenigen Jahren Menschen,
die 47 Jahre lang gearbeitet haben, die Pensionen weggeraubt, sage
ich – 300, 400 Euro netto Verlust im Monat. Sie stellen
sich heute her und tun so,
als ob Sie aufseiten der Bürger
wären – für mich wirklich ein Skandal ersten
Ranges.
Wie hat Ihr, Herr Adi Gross, Kollege Harald Walser, vor
wenigen Tagen
in Puls 24 gesagt? – Er hat gesagt, man müsste den
Bundesrat abschaffen. Das hat er gesagt, und ich denke schön langsam,
vielleicht hat er Sie
gemeint, als Person. – Danke schön. (Beifall
bei SPÖ und FPÖ. – Ha-Ruf bei
der FPÖ.)
14.00
Präsidentin Margit Göll: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Johanna Miesenberger, und ich erteile ihr dieses. (Bundesrat Gross: Ich möchte zur Geschäftsordnung was sagen!)
Bitte, zur Geschäftsordnung.
*****
Bundesrat
Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross (Grüne, Vorarlberg) (zur
Geschäftsbehandlung): Frau
Präsidentin, ich ersuche Sie, einen Ordnungsruf zu erteilen, weil:
Menschen abschaffen!, und nichts anderes hat Kollege Kovacs mir gegenüber gesagt –
ich meine, wo sind wir bitte? Das ist wirklich absolut untragbar.
(Beifall bei den Grünen. – Ruf bei der
FPÖ: Du schaffst dich selber ab!)
14.01
*****
Präsidentin
Margit Göll: Herr Bundesrat
Günter Kovacs, nehmen Sie dieses Wort zurück? (Bundesrat Kovacs:
Ich habe natürlich nicht gemeint
„Menschen abschaffen“, sondern der Herr Walser hat gesagt,
Bundesrat abschaffen, und ich habe gemeint ...! – Bundesrat Schreuder:
Nein! Das ist unfassbar! Adi
Gross abschaffen, hast du gesagt! – Zwischenruf der Bundesrätin
Kittl.)
Ich würde appellieren, wieder zur Sachlichkeit zurückzukehren, sodass wir in der Tagesordnung weitergehen können. – Bitte, Frau Bundesrätin.
Bundesrätin Johanna Miesenberger
(ÖVP, Oberösterreich): Geschätzte
Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und
Zuseher! Erstmals darf ich mich bei dir, liebe Frau Präsidentin Margit
Göll, ganz herzlich für deine umsichtige und wertschätzende
Vorsitzführung bedanken, auch wenn es in diesem Haus bei einigen
Redebeiträgen
nicht immer leicht ist, auch wirklich wertschätzend und sachlich zu
bleiben. Herzlichen Dank dafür und alles Gute! (Beifall
bei ÖVP und Grünen.)
Ja, und auch dir,
Frau Kollegin Grossmann, alles Gute für deine künftigen Aufgaben
im EU-Parlament! (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen sowie der
Bundesrätin Sumah-Vospernik.)
Worum geht es bei
der Änderung des Mineralölsteuergesetzes? – All das brauche
ich eigentlich nicht mehr so genau zu erläutern, nur einige wichtige
Punkte, die mir persönlich wichtig sind und die auch Frau Kollegin Wolff
vorhin schon erwähnt hat, möchte ich vielleicht noch wiederholen: Wir
erstatten
also in drei Vergütungszeiträumen von Juli 2023 bis
Dezember 2025 7 Cent pro Liter Treibstoffverbrauch, der auf Basis der
bewirtschafteten Flächen – also nur an
aktive Landwirte – des landwirtschaftlichen Betriebes anfällt.
Ganz wichtig dabei ist, dass dieser Beitrag, dieses Geld auch beim Bauern ankommt. Eine einfache Antragstellung und eine Auszahlung sind mit diesem Beschluss gesichert.
Wichtig ist mir
auch noch, zu sagen, dass wir in diesem Zuge gleich ein größeres
Paket für die landwirtschaftlichen Betriebe geschnürt haben,
nämlich
den sogenannten Bodenbewirtschaftungsbeitrag von zusätzlich 17 Cent
on top. Wenn man die CO2-Rückerstattung von 2024 hinzurechnet,
ist es dann
in diesem Jahr 2024 ein Gesamtbetrag von 37,5 Cent pro Liter Treibstoffverbrauch,
den wir unbürokratisch und zu Recht an die Betriebe auszahlen
können.
Was haben wir
noch in ein Gesamtpaket geschnürt? – Wir geben noch
zusätzliche Sondermittel, nämlich 50 Millionen Euro in das
Gesamtbudget der Investitionsförderung. Das sind Sondermittel für
Investitionen in mehr Tierwohl bei Stallneubauten, und das ist auch dringend
notwendig. Warum? –
Weil es im Bereich der Schweinehaltung so ist, dass gerade in den letzten
Jahren in diesem Bereich gleich null investiert wurde, im Besonderen deshalb,
weil da große Unsicherheit herrscht. Sie kennen die Diskussion über
die Aufhebung der Übergangsfristen betreffend Vollspaltenböden.
Wir haben also
unsichere gesetzliche Rahmenbedingungen für die
Betriebe, aber auch die Preise und die Märkte für die Betriebe sind
nicht gerade motivierend, um zu investieren. Daher haben wir die Obergrenze
für die förderbaren Kosten um 40 Prozent angehoben und hoffen,
dass wir auch künftig das österreichische Schnitzel auf unserem
Teller genießen und konsumieren können. (Beifall bei der
ÖVP.) Das Bekenntnis dazu gibt es ja hier in diesem Saal, gerade auch
von der SPÖ, auch wenn man den Bauern dabei auch im
wahrsten Sinne des Wortes kein Einkommen zugestehen möchte. (Bundesrätin
Schumann: Was hat Agrardiesel mit ...?)
Warum ist jetzt
diese Unterstützung so wichtig, Frau Kollegin Schumann? – Ja,
zu Beginn des Krieges in der Ukraine sind gerade die landwirtschaftlichen
Produktionspreise zwar stark angestiegen und im Zuge dessen auch die Kosten von
Betriebsmitteln, sprich Treibstoff, Dünger oder andere Produktionsmittel, aber
(Bundesrätin Schumann: Aber bei den Pendlern ist auch alles
teurer geworden! Die Pendler sind auch mit Teuerungen belegt! –
Zwischenruf des Bundesrates Kovacs) – hören Sie zu,
Frau Kollegin Schumann! – 2023 sind die landwirtschaftlichen
Rohstoffpreise in den Keller gefallen, und parallel
sind aber die Betriebskosten hoch geblieben (Bundesrätin Schumann:
Die Lebensmittelpreise sind um 44 Prozent gestiegen, genau!), und
das hat den Betrieben einen Einkommensverlust von 20 Prozent
beschert – 20 Prozent! (Rufe bei der SPÖ: Und
den Pendlern nicht?) Ich weiß nicht, ob ein Arbeitnehmer
bei einem Lohnverlust von 20 Prozent (Rufe bei der SPÖ: Mehr, mehr
haben wir!) überhaupt noch in die Arbeit fahren würde.
Das macht es gerade den Bauern
wieder schwerer, bei den Produktionsbedingungen, der kleinen Struktur, die
wir in Österreich haben, dass sie
auch wirklich zu Weltmarktpreisen produzieren und wettbewerbsfähig bleiben
können.
Es ist aus meiner Sicht nicht nur betriebswirtschaftlich enorm wichtig, die Bäuerinnen und Bauern in dieser Phase zu unterstützen. Ich glaube, wir können es auch als gesellschaftlichen Beitrag sehen, als Anerkennung und Wertschätzung für die Arbeit der bäuerlichen Familienbetriebe und vor allem auch für die Leistung, die sie für die Gesellschaft erbringen, nämlich für die Versorgungssicherheit mit landwirtschaftlichen Rohstoffen, weil wir ja alle heimische Lebensmittel, beste Lebensmittel und natürlich auch nachhaltig produzierte Energie wollen.
Dazu nur ein paar Daten und
Fakten, damit Sie alle wissen, was die Landwirtschaft noch alles leistet und
dass jeder Euro, der dort investiert wird, auch einen Wert hat: In den letzten
zwei Jahren haben die Biodiversitätsflächen von
150 000 auf 230 000 Hektar zugenommen. Wir in unserem Sektor
haben die Treibhausgase seit 1990 um 16 Prozent reduziert. Und weil
schon mehrere Sektoren angesprochen worden sind: Der Verkehr hat seine
Treibhausgase seit 1990 um 51 Prozent erhöht, und dennoch
ernährt
ein Bauer in Österreich 117 Österreicherinnen und
Österreicher und sichert dabei auch die Versorgung.
Vielleicht falle ich jetzt
nicht mehr so darunter, aber wir sind jung und dynamisch (Bundesrat Tiefnig:
Ja, schon noch! – Bundesrat Himmer: Aber ja!) –
dynamisch ja, aber vielleicht
nicht mehr jung; hören Sie zu! –: 23 Prozent der Betriebsführerinnen
und Betriebsführer in Österreich sind unter 40 Jahre, und
im EU-Schnitt sind es nur 12 Prozent. Also auch da sehen wir eine gute Entwicklung
und auch eine Zukunftshoffnung für die Landwirtschaft.
Wir sind weiblich –
da zähle ich mich wieder dazu –, ein Drittel der
Betriebsführerinnen und Betriebsführer sind Frauen. (Bundesrätin
Schumann: Bravo!
Sehr gut!)
Ganz wichtig ist vor allem: In
Österreich arbeitet die Landwirtschaft ressourcenschonend. Auch wenn
wir es nicht glauben, aber der Nachhaltigkeitsindex
sagt uns, dass wir in Österreich im Spitzenfeld liegen. Das muss uns allen
etwas wert sein, und das nicht nur in Krisenzeiten, wenn dann die Angst und die
Sorge um leere Regale auch wieder größer wird.
Dann möchte ich trotzdem
etwas zum Kollegen Sascha Obrecht, der von seinen Kinderbetreuungspflichten
wieder befreit ist, replizieren, und zwar: Sie
nehmen hier quasi die 75 Millionen Euro von den Bäuerinnen und
Bauern, die nicht gegenfinanziert sind, in den Mund. – Sie fordern
doch ständig und
machen Vorschläge und bringen Entschließungsanträge ein, die
Milliarden kosten würden, und machen auch keine Vorschläge zur
Gegenfinanzierung. (Bundesrat Obrecht: Doch, mache ich schon!)
Dann behaupten Sie, dass Sie so
sehr für die Bäuerinnen und Bauern sind, und im nächsten Atemzug
fordern Sie Vermögensteuern. (Zwischenruf der
Bundesrätin Hahn.) Sie wissen ganz genau, dass die
Bäuerinnen und Bauern nicht vom Vermögen leben, sondern vom Ertrag.
Und das haben wir schon
gehört: letztes Jahr minus 20 Prozent vom Einkommen. (Bundesrätin
Schumann: Sind die betroffen? Wären die von der
Millionärssteuer betroffen? Schau an,
sind die so reich?)
Ich finde es trotzdem irgendwie
ein bisschen schäbig, dass die Diskussion hier jetzt so abläuft. Es
geht um 1, 2 Prozent der Bevölkerung und um
75 Millionen Euro, und jetzt auf diese Berufsgruppe hinzuhauen, um
vielleicht selbst besser dazustehen und um von den eigenen Problemen in der
SPÖ abzulenken, ist meiner Meinung nach wirklich schäbig. (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrätin Schumann:
Das ist schäbig! – Bundesrätin Hahn: Das ist Wahlkampfgeplänkel! –
Zwischenruf des Bundesrats Kovacs.)
(Bundesrätin Schartel betritt den Saal.) –
Das passt jetzt sehr gut, ich habe mir nämlich betreffend Frau
Kollegin Schartel etwas aufgeschrieben. Sie hat
einen Zwischenruf gemacht, bei dem es um die Vertrauenswürdigkeit des
AMA-Gütesiegels gegangen ist. (Zwischenruf der Bundesrätin Schartel.)
Das finde
ich schon sehr interessant: Gerade die FPÖ stellt sich immer als die
Vertreterin der Bauern dar. Sie wissen ganz genau, dass das AMA-Gütesiegel
eines
der bekanntesten Gütesiegel im Lebensmittelbereich ist. Über
90 Prozent kennen das AMA-Gütesiegel und vertrauen darauf. Auf
Basis dessen werden
wir landwirtschaftlichen Betriebe und unsere Produkte kontrolliert,
dreifach kontrolliert. Damit können wir uns am Weltmarkt mit einem
Mehrpreis abheben. Wenn Sie das behaupten, ist das wieder einmal ganz bewusst
gegen die Bauern. (Beifall bei der ÖVP. – Neuerlicher
Zwischenruf
der Bundesrätin Schartel.)
Eines noch zum Kollegen Bernard, was ich auch ganz
interessant finde. Ich glaube, Kollege Bernard hat sich auf den
Treibstoffpreis auf der Autobahn in Kroatien in Höhe von 1,38 Euro
bezogen. (Bundesrat Spanring: Nein! Schachner! – Bundesrat
Bernard: Nein, das war ich nicht!) – Oh, Entschuldigung!
Kollege Schachner, darauf will ich noch replizieren: Der Klimabonus, das
möchte ich in Erinnerung rufen, deckt genau diese Differenz zum
Dieselpreis, den wir
in Österreich haben, ab, das wird dann wieder
rückerstattet. – Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit. (Beifall
bei der ÖVP und bei Bundesrät:innen
der Grünen. – Ruf bei der FPÖ: Das geht sich nie aus! Das
geht sich nicht aus!)
14.11
Präsidentin Margit Göll: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.
Wünscht noch jemand das Wort? – Bitte, Herr Bundesrat Sascha Obrecht.
Bundesrat
Mag. Sascha Obrecht (SPÖ, Wien):
Frau Präsidentin! Da ich mehrfach namentlich genannt worden bin, will ich
noch kurz antworten. Ich muss das zurückweisen, ich habe sogar in meiner
Rede von einer Gegenfinanzierung geredet: Vermögensteuer und
Erbschaftssteuer sorgen für die Gegenfinanzierung. (Ruf bei
der ÖVP: Ja, aber es zerstört die Bauern!) Ich habe in
meiner Rede nicht gesagt, dass das die Bauern trifft. (Bundesrätin Miesenberger:
Es ist
aber auch so, ihr bevorzugt ...!) Ich habe nicht gesagt, dass das die
Bauern trifft, das haben Sie konstruiert. Ich weiß aber auch nicht,
warum, vielleicht
war es absichtlich. Ich kann es mir nicht anders erklären.
Sie sagen immer, Sie wollen etwas für die Bauern
machen. Das glaube ich Ihnen sogar. Was ich sage, ist, dass dieser Weg der
falsche ist, weil das eine klimaschädliche Subvention ist. (Bundesrätin
Miesenberger: Regionale Lebensmittel sind klimaschädlich?! Seit
wann?) Wenn wir sagen, dass wir die Bauern unterstützen wollen,
worüber sollten wir dann reden? Reden wir über eine ordentliche
Wettbewerbskontrolle, eine ordentliche Kontrolle der
großen Lebensmittelkonzerne! Reden wir darüber! (Beifall bei der
SPÖ. – Neuerlicher Zwischenruf der Bundesrätin Miesenberger.)
Die Antwort der ÖVP auf diese Frage war, die Spitze der
Bundeswettbewerbsbehörde zwei Jahre lang unbesetzt zu lassen, und
diese Behörde, die so
etwas gewährleisten könnte, handlungsunfähig zu machen. Da
hätten wir den Bauern helfen können. (Bundesrätin Schumann:
Genau, absolut!) Das hätte
uns nicht 75 Millionen Euro gekostet – in einem Moment, in dem
es von Ihnen keine Gegenfinanzierung gibt. Das wäre einer der Punkte, die
wir umsetzen könnten.
Wir könnten natürlich – und da steche
ich total ins schwarze Herz hinein, das weiß ich – über
die Raiffeisen-Lebensmittelindustrie und wie sie Bauern
unter Druck setzt reden. Wollen wir darüber reden? – Darüber könnten wir auch reden! (Beifall bei der SPÖ.)
Wir wollen einen aktiven Beitrag dafür leisten, dass
das Kleinbauernsterben zurückgedrängt wird. (Bundesrätin Miesenberger:
Ihr tut aber nix!) 1995 gab es in Österreich
192 000 Kleinbauern, heute sind es 110 000. Das ist fast die
Hälfte weniger, das ist erschreckend. Wenn man Berichte und Reportagen
über Kleinbäuer:innen liest, weiß man, die stehen unter
massivem Druck –
und Sie machen nichts gegen diesen Druck! Sie machen eine Agrardieselförderung,
das machen Sie. (Bundesrat Buchmann: Deswegen seid ihr dagegen?)
Wir könnten den Druck rausnehmen, das Problem beheben.
Wir könnten mit der Bundeswettbewerbsbehörde tatsächlich einen
Hebel haben, mit dem man
da ansetzen kann. Eines ist nämlich klar: Der Lebensmittelhandel ist ein
Oligopol, da gibt es so wenige Anbieter, da könnte man tatsächlich
kontrollieren.
Wir wissen nämlich auch, dass sich die Kunden und Kundinnen ausgebrannt haben,
sie haben geblecht noch und nöcher, die Bauern und Bäuerinnen
haben davon aber nichts abbekommen. Darüber sollten wir reden! (Beifall
bei der SPÖ. – Bundesrätin Miesenberger: Das ist
wieder eine Geschichte ...!)
Darüber reden wir aber nicht. Stattdessen machen wir 75 Millionen Euro, die wir nicht haben, locker, und reden dann davon – das sagt Adi Gross –, dass ich Wahlkampfreden halte. 75 Millionen Euro schenke ich nicht einfach her! Es gäbe andere Mittel, die den Bauern und Bäuerinnen wesentlich effektiver helfen könnten. (Beifall und Bravorufe bei der SPÖ.)
14.14
Präsidentin
Margit Göll: Wünscht dazu noch
jemand das Wort? – Bitte,
Herr Bundesrat Spanring.
Bundesrat Andreas Arthur Spanring (FPÖ, Niederösterreich): Frau Vorsitzende! Frau Staatssekretär! Kollegen! Lieber Sascha Obrecht von der SPÖ, ich widerspreche dir nur ungern. Ich gebe dir zuerst in einem Punkt recht: Es gibt viele
Möglichkeiten, wie wir unsere Landwirte unterstützen können. Ich
bin auch
nicht der Meinung, dass das, was derzeit passiert, der richtige Weg ist,
aber – jetzt kommen wir zum großen Aber – wenn du
sagst, dass die Unterstützung in Form des Agrardiesels
klimaschädlich ist, dann frage ich dich allen Ernstes: Glaubst du, dass
ein Bauer mit seinem Traktor, in den er 400 Liter um 800 Euro
hineintankt und der in der Stunde zwischen 21 und 30 Liter verbraucht, zum
Spaß nur 1 Meter mehr fährt, als er muss? – Nein,
das ist ein Arbeitsgerät, das er braucht, damit muss er seine Arbeit am
Feld verrichten, damit wir alle etwas zu essen haben. Das ist der
springende Punkt! (Beifall bei der FPÖ.)
Die Förderung von Agrardiesel ist mit Sicherheit keine klimaschädliche Maßnahme, sondern sie ist ganz wichtig, damit die Bauern weiterhin produzieren können.
Jetzt sind wir aber bei der
Kritik von dir (in Richtung Bundesrat Obrecht), die richtig ist: Was
macht man mit so einer Förderung? – Das ist halt wieder typisch
ÖVP: Man schafft Abhängigkeiten. Man lässt den Bauern nicht
genug,
dass sie von ihrer Arbeit leben können, wenn man aber Förderungen und
Subventionen bekommt – für die man der ÖVP vorher
schön brav Bitte und
danach Danke sagt –, dann kann man überleben. Das ist das, was
wir auch an der Herangehensweise der ÖVP kritisieren, da treffen wir uns.
Die verfehlte Politik dieser Regierung – mit CO2-Steuer,
Mineralölsteuer
und allem anderen (Ruf bei der FPÖ: Die Roten haben immer mitgestimmt!) –
ist leider der Grund dafür, warum wir diese Agrardieselförderung im
Moment brauchen. (Beifall bei der FPÖ.)
14.16
Präsidentin Margit Göll: Wünscht dazu noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist somit geschlossen.
Wir gelangen zur Abstimmung. – Bitte nehmen Sie Ihre Plätze ein.
Ich ersuche jene
Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den
vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch
zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit.
Der Antrag ist somit angenommen.
Es liegt ein Antrag der
Bundesräte Horst Schachner, Kolleginnen und
Kollegen auf Fassung einer Entschließung betreffend „Pendler:innen
entlasten statt belasten!“ vor. Ich lasse über diesen Entschließungsantrag
abstimmen.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen
und Bundesräte, die diesem Entschließungsantrag zustimmen, um
ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmenminderheit.
Der Antrag auf Fassung der gegenständlichen Entschließung ist
somit abgelehnt.
Es liegt weiters ein Antrag der
Bundesräte Michael Bernard, Kolleginnen und Kollegen auf Fassung einer
Entschließung betreffend „Autofahrer:
Belohnen statt Bestrafen“ vor. Ich lasse über diesen Entschließungsantrag
abstimmen.
Ich ersuche jene
Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Entschließungsantrag
zustimmen, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmenminderheit.
Der Antrag auf Fassung der gegenständlichen Entschließung
ist somit abgelehnt.
Beschluss des Nationalrates vom 13. Juni 2024
betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Telekommunikationsgesetz 2021
geändert wird
(4066/A und 2583 d.B. sowie 11510/BR d.B.)
Präsidentin Margit Göll: Wir gelangen nun zum 9. Punkt der Tagesordnung.
Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Bernadette
Geieregger. – Ich
bitte um den
Bericht.
Berichterstatterin Bernadette Geieregger, BA: Dieses Mal mache ich die Berichterstattung selber. (Heiterkeit bei der ÖVP.)
Ich darf Ihnen den Bericht des Ausschusses für
Innovation, Technologie
und Zukunft über den Beschluss des Nationalrates vom 13. Juni 2024
betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das
Telekommunikationsgesetz 2021
geändert wird, zur Kenntnis bringen.
Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor.
Der Ausschuss für Innovation, Technologie und Zukunft stellt nach Beratung der Vorlage einstimmig den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Präsidentin Margit Göll: Vielen Dank für die Berichterstattung.
Wir gehen in die Debatte ein.
Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. Bernhard Ruf. Ich erteile ihm dieses.
Bundesrat
Mag. Bernhard Ruf (ÖVP, Oberösterreich): Geschätzte Frau Staatssekretärin!
Liebe Frau Präsidentin, ein ganz, ganz herzliches Dankeschön für
deine Vorsitzführung! Du hast das exzellent gemacht, muss ich sagen.
Mir fehlen zwar die Vergleichswerte, aber du wirst immer meine
Toppräsidentin bleiben. (Heiterkeit bei der FPÖ. –
Bundesrat Steiner: Das ist das Problem!
Das ist das Problem, das relativiert es!) Ich danke dir für die vielen
unvergesslichen Momente deiner Präsidentschaft. Danke vielmals! (Bundesrat
Steiner:
Lass es, außerhalb deines Skriptums zu reden! Lass das bitte, das geht
nicht gut aus!)
Liebe Kolleginnen und Kollegen der Spaßpartei (Bundesrat
Steiner: Stimmt,
wir haben einen Spaß!) und der anderen Parteien! Verehrte
Zuschauerinnen und Zuschauer via Livestream! Liebe freiwillige und
unfreiwillige Zuhörerinnen
und Zuhörer hier im Saal! (Bundesrätin Doppler: Wir sind
die unfreiwilligen Zuhörer!)
Bei dem vorliegenden Gesetzesvorschlag, das Telekommunikationsgesetz
betreffend, den wir jetzt debattieren, geht es darum, dass wir den Mobilfunkbetreibern
die Möglichkeit einräumen, Bestandsanlagen energieeffizienter zu
betreiben. Konkret ist vorgesehen, dass von Mitternacht bis 5 Uhr
früh einzelne Komponenten rückgefahren oder abgeschaltet werden
können, wenn sie nicht benötigt
werden. Dementsprechend kann Energie gespart werden,
und zwar nicht wenig. Bei einem einzelnen Mobilfunkanbieter kann man
damit Energie im Ausmaß des Jahresbedarfs einer Kleinstadt sparen, was
dem
Motto entspricht: Die beste Emission ist die, die nicht entsteht.
Dieses Energiesparen darf aber in keiner Weise die bei uns
in sehr gutem Maße und mit großer Qualität vorhandene
Versorgung mit Telekommunikation gefährden. Österreich ist bei der
mobilen Telekommunikation nämlich an der Spitze Europas. 4G und 5G
nähern sich der Flächendeckung und selbst
die oft sehr mühsame Versorgung mit Glasfaser steht schon bei circa 70 Prozent.
Damit diese gute Versorgung durch die potenziellen Einsparungen und das Herunterfahren von Komponenten nicht in Gefahr gerät, müssen die Versorgerunternehmen einen Antrag bei der RTR, also der Rundfunk- und Telekom-Regulierungs-GmbH stellen, die diesen dann prüft und erst genehmigt, wenn ausgeschlossen ist, dass dadurch die notwendige Versorgungssicherheit gefährdet ist. Wir schaffen also Einsparungsmöglichkeiten mit Sicherheitsnetz für die Netzsicherheit.
Abschließend sei gesagt: Energie ist ein hohes Gut, und durch diese Gesetzesvorlage wird der noch effizientere Einsatz dieses Gutes gefördert und gewährleistet, und das finden wir sehr gut. – Danke. (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrat Steiner – in Richtung Bundesrat Ruf –: ... klatschen vergessen, ... das war reißerisch, gut! – Bundesrat Ruf – in Richtung Bundesrat Steiner –: Keine Sorge!)
14.22
Präsidentin Margit Göll: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Stefan Schennach. Ich erteile ihm dieses.
14.22
Bundesrat
Stefan Schennach (SPÖ, Wien): Sehr
geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Klar,
Energieeffizienzmaßnahmen kann es natürlich auch in der
Frequenznutzung im Mobilfunkbereich geben. Das ist auch sehr sinnvoll,
insbesondere wenn wir ein Gewerbegebiet haben oder ein
großes Einkaufszentrum, denn dort muss nicht die ganze Nacht die volle
Frequenz aufgedreht sein. Da kann über Nacht ausgelastet und
eingespart werden.
Wir haben aber immer wieder gesagt – wir stimmen
auch unter dieser
Zusage zu –, dass die Versorgungssicherheit gewährleistet sein
muss. Die darf nicht darunter leiden, dass die Funkverbindung durch Unternehmen
verringert wird und die Masten abgedreht werden. So geht das nicht.
Die Kostenvorteile aber, die sich durch diese Energiesparmaßnahmen
ergeben, sind richtig, sind gut, besonders dann, wenn der Strompreis weiterhin
sehr
hoch ist.
Da die Frau Staatssekretärin hier ist, hätte ich
auch eine Frage zu einem artverwandten Thema, nämlich jenem der
künstlichen Intelligenz. Herr Staatssekretär Tursky, Ihr Vorgänger,
hat uns ja gesagt, dass die österreichische Bundesregierung
Stiftungsprofessuren für künstliche Intelligenz und für
die KI-Grundlagenforschung einrichten will. – Nur einmal für
Sie, liebe Kollegen: Österreich hat im Jahr 2021 7 Millionen
Euro in die KI investiert. Das ist
das, was Uganda und Mexiko auch getan haben. Schweden hat 500 Millionen
Euro und die Niederlande haben 2 Milliarden Euro investiert –
nur um
zu sehen, welche Zukunftsbereiche das sind.
Die Frage ist aber, liebe Frau Staatssekretärin: Was
ist aus diesen 35 Stiftungsprofessuren geworden, die da
angekündigt wurden? Wir wissen nichts,
aber vielleicht könnten Sie uns im Anschluss informieren. Diese gibt
es – aber kommen Sie bitte nicht nur mit Linz daher, das wäre
uns eindeutig zu
wenig! Also ich bin sehr, sehr gespannt, weil die Digitalisierung
natürlich das ganz, ganz große Ziel ist, das wir zu verfolgen haben.
Wir können uns
da als Land und als Wirtschaft nicht abhängen lassen. Deshalb die besorgte
Frage, und wir warten da schon lange auf die Antwort: Was wurde
aus den zugesagten 35 Stiftungsprofessuren? – Danke schön.
(Beifall bei
der SPÖ.)
14.25
Präsidentin Margit Göll: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Günter Pröller. – Bitte.
Bundesrat Günter Pröller (FPÖ, Oberösterreich): Frau Präsidentin! Frau Staatssekretärin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuschauer hier im Saal und vor den Bildschirmen! Es ist schon viel von meinen Vorrednern angesprochen worden. Bei dieser Änderung des Telekommunikationsgesetzes 2021 geht es darum, dass den Mobilfunkbetreibern die spezielle Möglichkeit eingeräumt wird, dass von Mitternacht bis 5 Uhr früh einzelne Komponenten zurückgefahren und abgeschaltet werden können, wenn sie diese nicht benötigen.
Wir sehen das ebenfalls so wie alle anderen aufgrund der
Kostenersparnis
durch die Frequenzabschaltung als durchaus positiv – wobei es bei
den Neuausschreibungen bereits vorgesehen ist.
Geschätzte Damen und Herren, die Versorgungsleistung
darf auf keinen
Fall –das ist schon angesprochen worden – weniger werden,
daher müssen die Mobilfunkbetreiber einen Antrag bei den zuständigen
Behörden stellen,
und diese entscheiden dann, ob es möglich und sinnvoll ist. Den
vorliegenden Antrag werden wir daher auch mittragen und beschließen.
Frau Staatssekretärin,
wir müssen wirklich danach trachten, dass gerade
im ländlichen Bereich der Glasfaserausbau auch weiter
vorangetrieben wird, denn es braucht ganz einfach ein gutes
Internet – im privaten Haushalt wie auch bei den Betrieben. Die
Digitalisierung bringt natürlich Vorteile, und wir
müssen sie weiter vorantreiben, etwas, das die Bundesregierung leider
etwas zu wenig macht.
Geschätzte Damen und Herren, wir müssen aber auch
schauen, dass
wir alle mitnehmen. Es muss immer eine analoge Anwendbarkeit für alle Bürger
sichergestellt werden. Das wäre eigentlich nicht so schwer. Es ist eine
Frage des Respektes. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)
14.27
Präsidentin Margit Göll: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Marco Schreuder. Ich erteile ihm dieses.
Bundesrat
Marco Schreuder (Grüne, Wien): Frau
Präsidentin! Sehr geehrte
Frau Staatssekretärin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Bei
diesem Tagesordnungspunkt herrscht ja Einstimmigkeit, daher kann man dann immer
nur sagen: Es ist schon alles gesagt worden, aber noch nicht von
jedem!
Zu einem Punkt wollte ich doch noch etwas sagen, weil er
noch nicht erwähnt worden ist. Kollege Pröller hat gesagt, dass ein
Mobilfunkunternehmen
das dann bei den zuständigen Behörden beantragen kann. Ich halte es
schon für ganz wichtig, festzustellen: Es ist eine zuständige
Behörde. Und es ist ja
auch durchaus die Frage: Wer ist diese Behörde, die dafür
zuständig ist, den Mobilfunkbetreibern das zu genehmigen, also wann sie wo
einsparen
dürfen oder wann auch nicht?
Man stelle sich vor, Österreich spielt zum Beispiel
irgendwann einmal in Südkorea um 4 Uhr morgens ein
WM-Finale – wer weiß, so etwas kann ja
einmal passieren –, dann werden wir natürlich nicht einsparen,
das ist ja logisch. Da werden die Mobilfunkdaten absolut gebraucht werden, wenn
das dann gestreamt wird. Diese Behörde ist die RTR.
Ich halte das schon für wichtig, zu sagen, damit das auch hier festgehalten wurde: dass die Mobilfunkbetreiber das nicht nach freiem Ermessen machen können, um für sich selbst Kosten einzusparen, weil die Energiekosten gestiegen sind, das wissen wir. Das halte ich für wichtig, zu sagen. Die
Behörde ist die RTR, und das ist auch wirklich für uns eine gute Nachricht, weil sie eine sehr gute Behörde und Aufsichtsbehörde – gerade für die Mobilfunkbetreiber, für die Internetbetreiber und für die Provider – ist.
Ich möchte hier schon auch noch einen Aspekt
anführen – es ist schon gesagt worden –: Der beste
CO2-Ausstoß ist der, der nicht entsteht. Das ist natürlich in diesem
Fall richtig. Es ist auch ein Thema für den Klimaschutz, Energieeffizienz
ist ein ganz wesentlicher Aspekt von Klimaschutz. Deswegen tun wir das auch
hiermit und deswegen ist das gut. – Vielen Dank. (Beifall
bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)
14.29
Präsidentin Margit Göll: Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor.
Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist somit geschlossen.
Wir gelangen zur Abstimmung. – Bitte nehmen Sie Ihre Plätze ein.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.
Beschluss des Nationalrates vom 13. Juni 2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ausländerbeschäftigungsgesetz, das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz, das Asylgesetz 2005 und das Ausbildungspflichtgesetz geändert werden (2528 d.B. und 2589 d.B. sowie 11504/BR d.B.)
Präsidentin Margit Göll: Wir gelangen nun zum 10. Punkt der Tagesordnung.
Berichterstatter ist Herr Bundesrat Matthias Zauner. – Ich bitte um den
Bericht.
Berichterstatter
Matthias Zauner: Ich bringe den Bericht
des Ausschusses
für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über den Beschluss des
Nationalrates vom 13. Juni 2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das
Ausländerbeschäftigungsgesetz, das Niederlassungs- und
Aufenthaltsgesetz, das Asylgesetz 2005 und das Ausbildungspflichtgesetz
geändert werden.
Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher gleich zur Antragstellung:
Der Ausschuss für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz stellt nach Beratung der Vorlage mehrstimmig den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Präsidentin Margit Göll: Vielen Dank für die Berichterstattung.
Ich darf die Frau Staatssekretärin sehr herzlich hier im Bundesratssaal begrüßen. (Beifall bei Bundesrät:innen von ÖVP, SPÖ und Grünen.)
Wir gehen in die Debatte ein.
Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Doris Hahn. – Bitte.
Bundesrätin
Doris Hahn, MEd MA (SPÖ, Niederösterreich): Frau Präsidentin! Geschätzte Frau
Staatssekretärin! Werte Zuseher:innen zu Hause via Livestream! Werte
Kolleginnen und Kollegen hier im Bundesrat! Grundsätzlich – und
das möchte ich vorweg festhalten – ist es natürlich sehr
wohl zu
begrüßen, dass man mit der vorliegenden Änderung des Gesetzes
zumindest einmal versucht, aufgrund des Krieges aus ihrer Heimat vertriebene
Menschen aus der Ukraine schneller und leichter in den Arbeitsmarkt zu
integrieren, indem sie nun eben diese Rot-Weiß-Rot-Karte plus erhalten
sollen, wenn sie die entsprechenden Voraussetzungen dafür erfüllen.
Wir wissen, eine Entspannung der Lage in der Ukraine und
damit ein Ende des Kriegs scheint zum aktuellen Zeitpunkt noch in weiter Ferne.
Somit ist
durchaus zu erwarten, dass nun vermehrt Menschen auch dauerhaft im
österreichischen Arbeitsmarkt verbleiben wollen oder auch
müssen, weil eine
Rückkehr in ihre Heimat nicht möglich ist. Somit sind die
Möglichkeiten, die durch die Rot-Weiß-Rot-Karte plus gegeben sind,
für beide Seiten
positiv – es gibt nämlich sowohl für die Menschen selbst
als auch für die Arbeitgeber eine gewisse Planungssicherheit, die
natürlich von
immenser Wichtigkeit ist. Insofern ist wie gesagt durchaus positiv, was
vorliegt.
Positiv ist auch, dass jetzt auch Minderjährige zu einer Rot-Weiß-Rot-Karte plus kommen können. Das schließt aus meiner Sicht auch die Lücke zwischen der Vollendung der Schulpflicht und der Volljährigkeit – insofern auch wieder etwas Positives.
Wie schaut es jetzt aber mit den Voraussetzungen ganz
konkret aus?
Welche Voraussetzungen sind von den Betreffenden zu erfüllen? –
Die Menschen müssen zumindest in den letzten 24 Monaten
zwölf Monate vollversichert, also über der Geringfügigkeitsgrenze
beschäftigt, gewesen sein. Sie müssen Deutschkenntnisse auf Niveau A2
vorweisen können, also das
Modul eins der Integrationsvereinbarung innerhalb von zwei Jahren erfüllen
und nachweisen. Da sind wir so weit einmal d’accord, da können wir
auch noch einigermaßen mitgehen. Auf der anderen Seite muss man aber
sehen,
dass die Hürden, eine Rot-Weiß-Rot-Karte plus zu erhalten, nach wie
vor vergleichsweise hoch sind.
Man muss sich schon anschauen: Wer sind denn eigentlich die
Menschen, die aus der Ukraine zu uns kommen? – Das
sind zu einem großen und weit überwiegenden Teil Frauen und ihre
Kinder, das zeigen die Zahlen
des Ministeriums ganz deutlich.
Wir wissen, gerade für
Frauen kann es mitunter extrem schwierig sein, die nötigen Unterhaltsmittel
vorweisen zu können. Das entspricht jetzt in diesem ganz konkreten
Fall beispielsweise etwa 1 800 bis 1 900 Euro netto pro Monat
für eine Mutter mit zwei Kindern. Vor allem, wenn man bedenkt,
in welchen Bereichen, in welchen Branchen die Frauen beschäftigt sind und
arbeiten – nämlich zu einem großen Teil in der
Gastronomie, im Tourismus, in der Pflege, in der
Reinigung –, muss man sagen, es schaut mit dem vorausgesetzten
Nettoeinkommen in der Realität oftmals ganz, ganz
schlecht aus.
Dann muss man natürlich
auch noch dazusagen, dass es oftmals für die Frauen gar nicht möglich
ist, eine Vollzeitbeschäftigung anzunehmen, weil sie zum Beispiel auch
noch Betreuungstätigkeiten für ihre eigenen Kinder übernehmen
müssen – daher auch aus meiner Sicht eine zu hohe Hürde.
Gerade jetzt,
wo wir in Österreich gefühlt tagtäglich vom
Fachkräftemangel hören, lesen, darüber diskutieren und auch
in diesem Haus nach Lösungen suchen, scheint
mir das schlicht und einfach viel zu wenig nachhaltig und in Wahrheit
gänzlich an der Realität vorbeigedacht.
Eine weitere Voraussetzung soll
auch noch der Nachweis eines Rechtsanspruchs auf eine Wohnung –
sprich eines Mietvertrags – sein. Das ist aus unserer Sicht aus der
Grundversorgung heraus oftmals ganz, ganz schwer
möglich und eine weitere Hürde, die es zu bewältigen gilt. Daher
können wir dem Gesetzentwurf in dieser Form nicht zustimmen, vor allen
Dingen,
wenn man eines bedenkt: Grundsätzlich ist die potenzielle Zielgruppe, an
die er gerichtet ist, die man damit erreichen möchte, von Haus aus schon
überschaubar groß. Das Ministerium spricht von etwa
7 000 Personen, die in den Genuss des Anspruchs kommen könnten.
Mit den nötigen
Voraussetzungen können dann aber vermutlich nur verschwindend wenige
Menschen in den Anspruch kommen, also von dieser Gesetzesänderung dann
auch tatsächlich profitieren. Das kritisieren
allerdings nicht nur wir, sondern auch diverse NGOs, zum Beispiel Caritas und
Diakonie, die mit ihrer Meinung auch auf unserer Linie liegen.
(Beifall bei der SPÖ.)
Außerdem bleibt für uns nach wie vor unklar, welches Aufenthaltsrecht Ukrainerinnen und Ukrainer ab Februar 2025 dann erhalten, wenn sie die Rot-
Weiß-Rot-Karte nicht bekommen sollten, aus
welchen Gründen auch
immer. Das Aufenthaltsrecht gemäß der Vertriebenenrichtlinie
läuft ja aus. (Bundesrätin Hauschildt-Buschberger: Das
ist verlängert worden!) Was innerstaatlich betreffend des
Vertriebenenstatus angedacht ist, weiß man nicht, da werden wir auch noch
weiter im Unklaren gelassen.
Somit in aller Kürze noch einmal zusammengefasst: Ja,
die Intention für
diese Gesetzesänderung ist grundsätzlich als positiv zu bewerten, das
habe ich somit auch ausgeführt. Aber nichtsdestotrotz: In einigen
Bereichen lässt
einfach die Umsetzung zu wünschen übrig und ist aus meiner Sicht viel
zu kurzsichtig und nicht zu Ende gedacht. Daher wird es seitens der
Sozialdemokratie auch keine Zustimmung dazu geben. –
Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)
14.37
Präsidentin
Margit Göll: Zu Wort gemeldet ist
Herr Bundesrat Philipp
Kohl. Ich erteile ihm dieses.
Bundesrat
Philipp Kohl (ÖVP, Burgenland):
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Werte
Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen
und Zuseher! Mit der Einführung der Rot-Weiß-Rot-Karte hat
Österreich bereits ein flexibles Zuwanderungssystem geschaffen, das
qualifizierten Arbeitskräften aus Drittstaaten eine auf Dauer
ausgerichtete Zuwanderung ermöglicht. Diese Karte berechtigt zur
Niederlassung, zur Beschäftigung bei einem bestimmten Arbeitgeber oder zu
selbstständigen Tätigkeiten und wird in der Regel für
24 Monate ausgestellt.
Die Rot-Weiß-Rot-Karte plus berechtigt
Drittstaatsangehörige zur
befristeten Niederlassung und zum unbeschränkten
Arbeitsmarktzugang – sei es in einer selbstständigen oder
unselbstständigen Erwerbstätigkeit –, ohne
an einen bestimmten Arbeitgeber gebunden zu sein.
Heute geht es darum, dass wir Staatsbürgerinnen und Staatsbürgern aus der Ukraine eine Zukunftsperspektive bieten können. Mit der geplanten
Gesetzesänderung
erhalten Ukrainerinnen und Ukrainer künftig den Zugang zu dieser
Rot-Weiß-Rot-Karte plus. Diese Änderung bedeutet nicht nur eine
längerfristige Perspektive für die vom Krieg vertriebenen Menschen,
sondern auch eine gewisse Rechtssicherheit für Betriebe in
Österreich. Mit dieser Novelle erhalten die Ukrainerinnen und Ukrainer,
die bereits in unseren Arbeitsmarkt integriert sind, die Möglichkeit,
in ganz Österreich zu arbeiten,
und sind nicht mehr an einen Arbeitgeber gebunden.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Ausbildungspflicht für ukrainische Jugendliche. Die neue Regelung sieht vor, dass die Ausbildungspflicht bis zum 18. Lebensjahr auch für vertriebene ukrainische Jugendliche gilt. Diese Änderung ermöglicht eine schnelle und passende Einbindung der Jugendlichen in unser Bildungs- und Ausbildungssystem, was die Chancen, besser in den Arbeitsmarkt integriert zu werden, erhöht.
Bei der Erstellung der Perspektiven und Betreuungspläne wird auch berücksichtigt, dass die Jugendlichen am Unterricht ihrer früheren ukrainischen Schulen online teilnehmen können. Dies gewährleistet eine kontinuierliche Bildung und stärkt die Verbindung zu ihrer Heimat.
Meine Damen und meine Herren, diese Maßnahmen sind
ein klares Signal unserer Solidarität und Unterstützung für die
vom Krieg vertriebenen Menschen. Sie bieten den Betroffenen nicht nur eine
Zukunftsperspektive, sondern
stärken auch unser Land durch die Integration qualifizierter
Arbeitskräfte. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesrät:innen
der Grünen.)
14.40
Präsidentin Margit Göll: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Andrea Michaela Schartel. Ich erteile ihr dieses.
Bundesrätin
Andrea Michaela Schartel (FPÖ, Steiermark): Frau Präsident! Frau Staatssekretärin! Werte
Kollegen! Ich möchte als Erstes auf den Satz von
Herrn Kohl eingehen, der gesagt hat, diese Rot-Weiß-Rot-Karte plus ist deshalb so wichtig, weil man den Ukrainern eine Perspektive geben muss.
Wissen Sie, was für die Ukrainer eine Perspektive
wäre? – Wenn Österreich sich endlich dafür einsetzen würde, dass in dem Land Frieden
herrschen könnte.
Das ist eine Perspektive, das ist die richtige
Perspektive, aber nicht, dass sie in Österreich
arbeiten können. (Beifall
bei der FPÖ. – Bundesrat
Kohl schüttelt
den Kopf.) – Sie schütteln den Kopf. Sind Sie der Meinung, der
Krieg ist gut? (Zwischenrufe bei der ÖVP.) –
Dann brauchen Sie den Kopf nicht zu
schütteln. Frieden ist wichtig, Frieden auf der ganzen Welt. (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrat Himmer:
Was kann er dafür, dass ...? Mit der Polemik ist auch
niemandem etwas geholfen!)
Zu dem Gesetzentwurf: Wir haben in Österreich ein
geltendes Gesetz, dass Menschen, die anerkannte Flüchtlinge
sind – und dazu gehören vor
allem auch die Ukrainer, die wirklich anerkannte Flüchtlinge
sind –, jederzeit, wenn sie möchten, arbeiten können. Es
hat in diesem speziellen Fall
sogar ein EU-weites Abkommen, ein Vertriebenenabkommen, gegeben, das im
März 2025 auslaufen wird. Auch das ermöglicht ihnen, dass sie
EU-weit
am Arbeitsmarkt, wenn sie möchten, arbeiten können.
Wie ist die jetzige Situation? – Dass von den in etwa 7 000 Vertriebenen, die zurzeit in Österreich leben, nicht einmal ein Drittel arbeitet, aktiv arbeitet. Das heißt, die Rot-Weiß-Rot-Karte plus ist überhaupt nicht erforderlich, um diese spezielle Gruppe sozusagen in den Arbeitsmarkt zu integrieren.
Auch der Rechnungshof hat jetzt schon mehrmals festgestellt,
dass dieser enorme Zugang, die Zuwanderungspolitik, die
Arbeitsmarktpolitik, dass wir
den Arbeitsmarkt immer mehr für Nichtösterreicher oder Nicht-EU-Bürger
öffnen, nicht den Fachkräftemangel löst. Ich finde es
eigentlich sehr traurig – abgesehen davon, dass ich schon bald nicht
mehr weiß, wie er ausschaut –, dass Herr Arbeitsminister
Kocher eigentlich, seitdem er Wirtschaftsminister ist,
für die arbeitenden Menschen so gut wie gar nichts übrig hat.
Das Einzige, was er immer
macht: Wenn es um Ausländerbeschäftigungen geht, kommt ein Gesetz
nach dem anderen, statt dass er sich wirklich einmal
darum kümmert – der Arbeitsmarkt ist unter Druck, die Menschen
sind unter Druck –, dass man sich endlich einmal überlegt, wie
wir es schaffen können, dass jene, die Arbeit suchen, die arbeitslos sind,
endlich auch eine Beschäftigung bekommen und die Unternehmen die
Mitarbeiter bekommen, die sie so händeringend suchen. Da müsste man
auch Geld hineinstecken,
aber nicht extra – weil heute Herr Sascha Obrecht gemeint hat,
75 Millionen Euro an Steuergeldern werden an die Landwirte verschenkt –
noch
einmal 75 Millionen Euro in die Hand nehmen, um die
Ausländerbeschäftigung in Österreich lukrativer zu machen! Ich
finde, das ist eine noch größere Verschwendung. (Beifall bei der FPÖ.)
Wie gesagt, wir werden diesem Gesetzentwurf auch deshalb
nicht zustimmen, weil wir davon
überzeugt sind, es ist wichtig, Geld in die Hand zu nehmen,
aber dafür, dass endlich die Österreicher wieder eine
Vollbeschäftigung haben. (Beifall bei der FPÖ.)
14.43
Präsidentin
Margit Göll: Weiters zu Wort
gemeldet ist Frau Bundesrätin
Claudia Hauschildt-Buschberger. Ich erteile ihr das Wort.
Bundesrätin
Claudia Hauschildt-Buschberger (Grüne, Oberösterreich): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau
Staatssekretärin! Werte Kolleginnen
und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Tatsächlich,
es war der 24.2.2022, da hat Russland seine militärische Aggression gegen die
Ukraine gestartet, und Putin hat mit seinem brutalen Angriffskrieg
Menschen die Heimat genommen. Er hat sie zu
Vertriebenen gemacht.
Ich gehe kurz auf Kollegin Schartel ein: Ja, die Ukraine braucht Frieden, und da wäre es vielleicht sehr sinnvoll, wenn Sie (in Richtung FPÖ) mit Ihren freundschaftlichen Kontakten zu Herrn Putin ihm einfach sagen, er soll mit dem
Krieg aufhören. Dann ist Frieden, ganz einfach! (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Bundesrat Spanring: Die nächste Grüne ...!)
Diese Menschen, die vertrieben worden sind, haben
großteils Zuflucht in der EU gefunden. Um ihnen Schutz und einen legalen
Aufenthaltstitel zu sichern,
hat die EU erstmals die sogenannte, wir haben es heute schon gehört,
Massenzustromrichtlinie aktiviert, sodass es nicht notwendig wurde, dass
jedes
Land einzeln Aufenthaltstitel für diese Menschen bestimmt hat
beziehungsweise sie im Einzelfall um Asyl und Schutz hat ansuchen lassen
müssen. Es sind
in diesem Fall keine anerkannten Flüchtlinge; als solche bezeichnet
man ja eigentlich nur jene, die um Asyl angesucht haben. Auch da habe ich Frau
Kollegin Schartel jetzt etwas präzisiert.
Ja, 170 000 Menschen aus der Ukraine leben derzeit
in Österreich. Es
sind großteils Frauen und Kinder. (Bundesrat Spanring: Aber
sehen tut man immer nur ...!) Sie sind als Flüchtlinge nach
Österreich gekommen und sind
mittlerweile zu Freundinnen, zu Freunden, zu Kolleginnen und zu Kollegen
geworden.
Wir haben der Ukraine das Versprechen gegeben, dass wir
helfen,
dass wir helfen, so gut wir können. Darum haben wir den Zugang zur Krankenversicherung,
zur Grundversorgung, zu Familienleistungen und einen
effektiven Zugang zum Arbeitsmarkt beschlossen. Was tun wir jetzt? –
Wir geben den Menschen eine langfristige Perspektive. Vertriebene
Ukrainer:innen, die in Österreich Arbeit gefunden haben, können nun
auf die Rot-Weiß-Rot-Karte plus umsteigen. Tatsächlich sind wir nach
Polen
das zweite Land innerhalb der EU, das eine Bleibeperspektive für
arbeitende Flüchtlinge aus der Ukraine schafft.
Wir – die Frau
Präsidentin hat schon darüber berichtet – waren
kürzlich auf Präsidialreise in Tschechien. Auch Tschechien
überlegt jetzt sehr intensiv, wie man Ukrainer:innen einen
längerfristigen Aufenthalt bieten
kann. In Tschechien sind es zum Beispiel 400 000 Menschen aus der
Ukraine,
die dort Zuflucht gefunden haben. In den Gesprächen, die wir dort
hatten, redet man zum Beispiel – weil Kollegin Hahn angesprochen
hat, es sind hohe Hürden – von durchgängig zwei Jahren,
die jemand aus der Ukraine gearbeitet haben muss, um zu einem Aufenthaltsrecht
zu kommen.
Dann möchte ich vielleicht
auch noch sagen – das ist natürlich jetzt sehr kurzfristig,
aber ich halte es für wichtig, das zu betonen –, es wurde
vorgestern, am 25.6., auf EU-Ebene eine Einigung getroffen,
nämlich darüber, dass diese Massenzustromrichtlinie bis
4. März 2026 verlängert wird. Es ist
also nicht so, wie Frau Kollegin Schartel das gesagt hat, dass wir nicht
wissen, wie es dann weitergeht. Man weiß mittlerweile schon, es wird bis
2026
sein.
Nichtsdestotrotz sichern wir
schon heute in Österreich eine nachhaltige Perspektive für
jene Ukrainer:innen, die bereits in Österreich arbeiten –
wertvolle Arbeitskräfte, Fachkräfte, die für unsere Wirtschaft
eine hohe Bedeutung haben. Mit Stichtag 16.6.2024 arbeiten in Österreich
rund 7 000 Ukrainer und Ukrainerinnen in Vollversicherung, also
über der Geringfügigkeit, weitere 1 000 in einem
geringfügigen Beschäftigungsverhältnis – mit der
Absicht, davon können wir ausgehen, längerfristig in Österreich
zu bleiben.
Wir setzen auch gezielt, wir
haben es vom Kollegen schon gehört, auf jugendliche Ukrainer und
Ukrainerinnen, denn ab dem 1. Juli öffnen wir auch den Zugang zum
Ausbildungsprogramm, um jungen Menschen eine
Chance zu geben, auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Wir werden diese
Menschen brauchen, um weiterhin insbesondere in den Bereichen der Pflege, des
Tourismus unsere Strukturen und die Wettbewerbsfähigkeit
aufrechtzuerhalten.
Allem voran, ich möchte das noch einmal betonen, wollen wir diesen Menschen Planungssicherheit und Perspektiven bieten, deshalb danke für die breite Zustimmung. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)
14.49
Präsidentin Margit Göll: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.
Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.
Wir gelangen somit zur Abstimmung. – Bitte nehmen Sie Ihre Plätze ein.
Ich ersuche jene
Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den
vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch
zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmenmehrheit.
Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.
Beschluss des Nationalrates vom 13. Juni 2024 betreffend
ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977
geändert wird
(2550 d.B. und 2590 d.B. sowie 11505/BR d.B.)
Präsidentin Margit Göll: Wir gelangen nun zum 11. Punkt der Tagesordnung.
Berichterstatter ist Herr Bundesrat Matthias Zauner. – Ich bitte um den Bericht.
Berichterstatter
Matthias Zauner: Ich bringe den Bericht
des Ausschusses
für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über den Beschluss des
Nationalrates vom 13. Juni 2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das
Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 geändert wird.
Der Bericht liegt Ihnen in
schriftlicher Form vor, ich komme daher gleich
zur Antragstellung:
Der Ausschuss für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz stellt nach Beratung der Vorlage mehrstimmig den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Präsidentin Margit Göll: Vielen Dank für den Bericht.
Wir gehen in die Debatte ein.
Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Korinna Schumann. Ich erteile ihr das Wort.
Bundesrätin
Korinna Schumann (SPÖ, Wien): Frau
Präsidentin! Werte Frau Staatssekretärin! Liebe Zuseherinnen und
Zuseher! Es ist halt so: Die
Regierung ist an einer Menge gescheitert, aber woran sie wirklich auch gescheitert
ist, ist der Zugang zur Digitalisierung. Warum das derartig schlecht für
die Gesamtentwicklung in diesem Land ist, darf ich ganz kurz, auch anhand
dieses Gesetzes, das jetzt vorliegt, erklären.
Es ist so: Wir sind natürlich in einer großen
Bewegung der Digitalisierung, der neuen Veränderungen durch
künstliche Intelligenz. Da ist es wichtig, dass man niemanden
zurücklässt. Das ist der wichtigste Punkt, denn
wenn man Menschen auf welcher Ebene auch immer zurücklässt –
sei es zum Beispiel im Bereich der Arbeitslosenversicherung, weil ein Drittel
der arbeitslosen Menschen keinen Zugang zur digitalen Welt hat, keine
Möglichkeit hat, ein Handy zu haben oder mit dem PC umgehen zu
können, sei es
auch in allen anderen Belangen, wo man Zugänge zu bundesstaatlichen
Regelungen einfach nur in der digitalen Welt erreichen kann –,
dann ist das ein
ganz, ganz großer Fehler, weil wir alle mitnehmen müssen, wenn wir
den digitalen Wandel gestalten wollen. Jede einzelne Person, die wir nicht
mitnehmen, ist eine Person, die sich abgehängt,
zurückgesetzt, diskriminiert fühlt. Das wollen wir nicht. (Beifall bei der SPÖ sowie der
Bundesrätin Sumah-Vospernik.) Wir müssen beim
digitalen Wandel vorangehen.
Es war nicht klug, für den Zugang zu den Leistungen des
Bundesschatzes, zum Handwerker:innenbonus und zu welchen Leistungen auch immer,
die
da sind, nur die digitale Möglichkeit zu eröffnen. Das war ein
riesiger Fehler.
Ich weiß, dass Sie jetzt
zurückrudern und versuchen, das irgendwie
anders zu lösen, aber da geht es um das Gefühl: Ich bin nicht dabei!
Ich bin ein
älterer Mensch, ich schaffe das nicht, ich bin nicht dabei!
Ich bin ein
arbeitsloser Mensch, ich habe Qualifikationen, aber ich schaffe es nicht
digital! Das regeln Sie da jetzt auch so.
Es wurde im Ausschuss
natürlich gesagt: Nein, Anträge und Beratungen
können nicht nur digital gemacht werden, sondern, nein, es wird auch in
anderer Form möglich sein! Man kann auch live ins AMS kommen! –
Das stimmt,
das ist noch immer möglich, aber Sie haben in den Gesetzestext
hineingeschrieben: „vorrangig“. Das heißt, wir wissen, wohin
der Weg geht und dass sich die Gruppe der arbeitslosen Menschen, die eh in
einer wirklich schwierigen Situation sind, aufteilt: in jene, die es schaffen,
und jene, die es nicht schaffen.
Das wollen wir nicht, das ist
nicht der richtige Zugang. Der Wandel muss
mit sehr viel Verstand und sehr sensibel gestaltet werden und nicht mit
Ho-ruck-Aktionen, wie es jetzt auch bei diesem Gesetz wieder der Fall ist.
Wir wollen niemanden
zurücklassen. Wir wollen auch jenen, die vielleicht
andere Fähigkeiten – nicht digitale – haben, Chancen
auf dem Arbeitsmarkt geben, weil wir sie auf dem Arbeitsmarkt brauchen. So
vorzugehen war
wiederum in Ihrer gesamten Strategie beim Umgang mit Digitalisierung absolut
nicht klug.
Wir als Sozialdemokratinnen und
Sozialdemokraten sagen: Lassen wir niemanden zurück! Schauen wir, dass wir
in diesem Wandel alle mitnehmen, dass wir nicht das erzeugen, was die
äußerste Rechte nährt, nämlich
das Gefühl, zurückgesetzt zu sein, nicht dabei zu sein und
ohnmächtig zu sein! Dadurch entstehen Wut und Angst, und das bereitet den
Boden für
alle antidemokratischen Kräfte. Ich bin mir sicher, dass wir alle, die wir
hier im Saal sind, das nicht wollen. (Beifall bei der SPÖ.)
Noch eines lassen Sie mich sagen: Es geht um die Frage der Lohnnebenkosten. Das ist eine ganz wichtige Frage. Wir als Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter sagen, es sind die Lohnnebenleistungen. Wir wissen, im
Dauerregen wird jetzt ganz, ganz
viel Geld in die Bewerbung der Senkung der Lohnnebenkosten gepumpt.
Unternehmensvertreter und Politiker
der ÖVP überschlagen sich förmlich in der Forderung nach einer
Senkung der Lohnnebenkosten. Begründet wird das – das klingt ja
so schön – mit
einem Mehr im Geldbörsel für die Beschäftigten und einem
sicheren Standort.
Achtung! Ich sage ganz, ganz
deutlich: Achtung! Das ist ein Schmäh.
Das ist nicht die Realität (Beifall bei der SPÖ), sondern bei
der Frage der Senkung der Lohnnebenleistungen geht es um die zukünftige
Finanzierung Ihrer Pensionen, Ihrer Gesundheitsversorgung, des
Arbeitslosengeldes und damit auch der Mittel für Qualifizierung, Ihrer
Unfallversicherung, wenn einmal etwas passiert, der Wohnbauförderung, die
wir so dringend brauchen, Ihrer Familienbeihilfe, Ihres
Kinderbetreuungsgeldes, der Gratisschulbücher, der
Freifahrten und auch um das Geld für Städte und Gemeinden. Das wird
daraus finanziert.
Auch das sei klar gesagt: Es wurden in den vergangenen Jahren die Lohnnebenkosten bereits gekürzt. Seit 2015 entgehen dem Staat in Summe 16 Milliarden Euro, die man für den Sozialstaat hätte verwenden können.
Jede Kürzung der
Lohnnebenkosten reißt ein Loch in die Finanzierung des Sozialstaats.
Was passiert? – Das Bundesbudget muss aushelfen, und wir
wissen alle, in welcher Situation unser Bundesbudget ist.
Da sind wir beim nächsten
Punkt, an dem diese Regierung gescheitert ist: Ein derartiges Defizit ist
unglaublich. Sie geben der nächsten Regierung
ein Defizit mit, das sie kaum noch
handlungsfähig macht und verpflichtet, in Sparprogramme zu
gehen. Wo werden wir denn dann sparen? Wo wird es
denn sein, wo gespart werden soll? (Zwischenrufe bei der FPÖ.) –
Es werden dann wieder die Sozialleistungen sein, die Sie angreifen werden.
Also all jene, die sagen: Bitte die Lohnnebenkosten senken!,
sollen auch
sagen, was an Leistungen dann nicht mehr für die Menschen zur
Verfügung
steht. (Beifall bei der SPÖ.) Das möchten wir
gerne wissen, aber bisher
haben wir von niemandem, so oft dieses Thema der Senkung der Lohnnebenleistungen
diskutiert wurde, diese Auskunft bekommen: Ja, aber dann
müssen wir halt bei den Gesundheitsleistungen, bei den Kindern, bei den
älteren Leuten sparen! – Das wird nicht gesagt. Es klingt sehr
schön, aber es ist
eine wirklich bittere Pille, die Sie jetzt wunderbar mit Schokolade darüber
und rosa Mascherl verpacken. Die Wahrheit ist aber, es ist ein Schmäh.
Ich bin erstaunt, weil gerade die Menschen, für die Sie
sich so einsetzen,
gerade die Menschen des Mittelstands, die uns als SPÖ auch so wichtig
sind, ja dann besonders betroffen sind. Der Sozialstaat ist das Sparbuch
für die,
die nicht so viel auf dem Konto und kein eigenes Sparbuch haben, weil sie
sicher sein können, dass sie die Leistung kriegen, wenn es ihnen nicht gut
geht.
Das ist ja erkämpft worden, jeder einzelne Schritt davon ist mühsam
erkämpft worden. Jetzt stehen wir am Scheideweg: Wie wird es weitergehen?
Wird man weiter in die Lohnnebenkosten
eingreifen? Werden sie gekürzt werden?
Das heißt: Wird es Kürzungen im Sozialstaat geben oder nicht?
Ganz ehrlich, da sieht man die wunderbaren Parallelen bei
ÖVP und FPÖ. Auch die FPÖ ist von der Senkung der
Lohnnebenkosten begeistert: Unbedingt!
Die müssen gesenkt werden! – Da weiß man, warum das
Zusammenwirken der ÖVP mit der FPÖ anscheinend so wunderbar ist: weil
sie sich in vielen
Themen einfach enorm annähern.
Dieser Kampf für den kleinen Mann, die kleine Frau ist
ja ein oberflächlicher. Wenn es wirklich um die Interessen der Menschen
geht, sind ÖVP und FPÖ ganz gleichgeschaltet. Nicht umsonst hat Herr
Kurz jetzt wieder von sich
hören lassen, indem er gesagt hat, die Koalition zwischen ÖVP und
FPÖ sei schon das Beste gewesen! (Zwischenrufe bei der FPÖ.) –
Freilich.
(Beifall bei der FPÖ.)
Diese Koalition steht uns wieder ins Haus. (Zwischenruf der Bundesrätin Doppler.) Diese Koalition steht uns wieder ins Haus und damit die Senkung der
Lohnnebenkosten und die Zerstörung des
Sozialstaats. Dafür stehen wir als Sozialdemokratie nicht zur
Verfügung. (Bundesrat Himmer: Ja, das wäre
ja dann eh ohne euch!) – Vielen Dank. (Beifall bei der
SPÖ sowie der Bundesrätin Sumah-Vospernik.)
14.59
Präsidentin
Margit Göll: Sehr herzlich darf ich
Herrn Bundesminister Gerhard Karner hier im Bundesratssaal begrüßen.
(Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen
sowie der Bundesrätin Sumah-Vospernik.)
Ich unterbreche nunmehr die Verhandlungen zur Tagesordnung.
der Bundesrät:innen Dominik Reisinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend „4.000 fehlende Polizist:innen – handeln Sie endlich im Sinne der Sicherheit, Herr Innenminister!“ (4202/J-BR/2024)
Präsidentin
Margit Göll: Wir gelangen nunmehr
zur Verhandlung über
die Dringliche Anfrage der Bundesräte Dominik Reisinger, Kolleginnen und
Kollegen an den Herrn Bundesminister für Inneres.
Da die Dringliche Anfrage allen Mitgliedern des Bundesrates
zugegangen
ist, erübrigt sich eine Verlesung durch die Schriftführung.
Ich erteile Herrn Bundesrat Dominik Reisinger als erstem Anfragesteller zur Begründung der Anfrage das Wort. – Bitte sehr.
Bundesrat Dominik Reisinger (SPÖ,
Oberösterreich): Sehr
geschätzte
Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Werter Bundesrat!
Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer! Ich darf jetzt die Dringliche Anfrage
der SPÖ-Fraktion einbringen, begründen und die bedauerliche
Feststellung,
die ja die Grundlage für unsere Anfrage ist, gleich voranstellen: „4.000 fehlende
Polizist:innen – handeln Sie endlich im Sinne der Sicherheit, Herr Innenminister!“ (Beifall bei der SPÖ.)
Wir wollen damit auf einen
Umstand aufmerksam machen, der von
sich aus besorgniserregend ist und dem berechtigten Wunsch der Bevölkerung
nach mehr Sicherheit, nach mehr Ordnung nicht gerade nachkommt.
Es geht uns auch weniger um Kritik als vielmehr darum,
hier endlich gegenzusteuern – und zwar jetzt und vor allem
spürbar.
Was finden wir derzeit
vor? – Die Bevölkerung wächst, die Polizei schrumpft. Das
ist eine Entwicklung, vor der wir nicht die Augen verschließen
dürfen, und als verantwortlicher Minister dürfen Sie die Sicherheit
der Menschen nicht vernachlässigen und bei der Sicherheit auch nicht
sparen. (Ruf bei der ÖVP: Passiert auch nicht!) – Ich
erkläre es dann gleich.
Wir wollen mehr Polizei auf der Straße, das ist die zentrale Forderung, und bessere Arbeitsbedingungen für unsere Polizistinnen und Polizisten. (Beifall bei der SPÖ.)
Sehr geehrter Herr
Innenminister, Sie werden versuchen, das anders darzustellen, aber ich glaube,
Sie können das nicht wegreden und wegdiskutieren, denn es gibt in
diesem Bereich nur eine Verantwortung, und das ist
die Verantwortung der ÖVP, weil Sie seit fast 25 Jahren die
Innenministerinnen und Innenminister dieser Republik stellen. Und das doch sehr
ernüchternde Ergebnis – was ist Ihr Ergebnis, Herr
Bundesminister? – ist, dass es derzeit circa
4 000 dienstbare Polizist:innen weniger gibt als noch vor vier
Jahren. Die Zahlen sprechen diesbezüglich eine klare Sprache:
2020 waren es noch rund
28 600 Vollbeschäftigungsäquivalente, 2023 nur mehr rund
24 600 Vollbeschäftigungsäquivalente.
Ich weiß natürlich – und das wissen
auch andere, die Medien verfolgen –, dass Sie hier immer mit anderen
Zahlen kommen und argumentieren, zuletzt
auch im April, es war nachzulesen. Ich kann Sie aber beruhigen, Herr Innenminister,
unsere Zahlen stimmen, und zwar deshalb, weil es Ihre Zahlen sind,
die Sie uns mit der Post, also schwarz auf weiß, auch mit Ihrer Unterschrift über unsere parlamentarischen Anfragen übermittelt haben.
Bitte wiederholen Sie Ihre Zahlen nicht – auch
wenn sie stimmen, es ist
ein anderer Vergleich –, sonst würde es doch aus meiner Sicht
peinlich, wenn Sie immer von systemisierten Personalständen reden und wir
von dienstbaren Personalständen!
Es ist ganz einfach. Ich
frage Sie: Kann eine Planstelle, die nur auf dem Papier existiert, aber
nicht von einem Polizisten oder einer Polizistin besetzt ist,
für die Sicherheit der Menschen in diesem Land sorgen? – Ich
denke, nicht, und ich weiß, dass Sie das auch so wahrnehmen müssen.
Es gibt viele Polizeikräfte, die karenziert sind, die
in Mutterschutz sind, im Langzeitkrankenstand oder auch in Ausbildung und eben
nicht aktiv
für die Sicherheit sorgen können. Ein gutes Beispiel dafür bin
ich selbst. Ich habe eine Plandienststelle in meiner Heimat, die ich aber nicht
aktiv besetze,
weil ich dienstfrei gestellt bin. Genau deshalb kann man diese Kolleginnen und
Kollegen nicht zum dienstbaren Personalstand zählen und so tun, als
wäre
alles in Ordnung.
Die Personalsituation wird also immer angespannter. Davon
ist vor allem auch die Bundeshauptstadt Wien sehr betroffen. Zuletzt gab es
dort 2023
mehr Abgänge als Zugänge, als Aufnahmen. Man verzeichnete im
Jahr 2023 540 Abgänge, großteils durch Pensionierungen
oder Versetzungen,
und 415 Aufnahmen.
Jetzt möchte ich aber
zur Abwechslung etwas Positives hervorheben: Ich spreche Ihnen
grundsätzlich das Bemühen nicht ab, junge Menschen
für den Polizeiberuf zu gewinnen; nur bin ich der Meinung, dass coole
Plakate und Werbespots dafür nicht ausreichen. Es braucht dringend auch
attraktivere und bessere Arbeitsbedingungen, um die Personallücken
füllen zu können.
Deshalb fordern wir als klares
Argument eine Dienstrechtsreform, die
den Polizeidienst attraktiver macht und die Rekrutierung von neuem Personal
unterstützen soll. Es braucht im Wesentlichen gar nicht so viel: Ein
ordentliches Grundgehalt und
weniger Zulagendschungel, und es braucht ein attraktiveres und
familienfreundlicheres Dienstzeitmodell, weg von der hohen Mehrbelastung, die
es fast unmöglich macht, Familie, Freizeit und Beruf
zu vereinbaren.
Ich kann das auch mit Zahlen
belegen: Mit Journaldienst und Überstunden leisten die
österreichischen Polizist:innen mehr als 10 Millionen Mehrdienstleistungsstunden
pro Jahr. Das sind pro Kopf heruntergerechnet rund 374 Überstunden
pro Jahr, also mehr als zwei Monate mehr Arbeitsleistung. Das
heißt: Wir brauchen weniger Belastung, mehr Attraktivität für
diesen Beruf – und für die Sicherheit unserer Menschen wieder
mehr Polizist:innen
auf unseren Straßen. (Beifall bei der SPÖ.)
Um das zu erreichen, muss es
eine umfassende Rekrutierungsstrategie und zusätzlich eine Reform der
Regelung für die Teilzeitbeschäftigung geben;
denn wir müssen nicht nur neues Personal aufnehmen, sondern auch
erfahrenes Personal halten. Da es diese flexible Teilzeitregelung leider nicht
gibt, verliert die Polizei gut eingearbeitetes Personal. Ein Beispiel
dafür: Mit Stand 1.1.2023 waren in Oberösterreich nur
232 Polizist:innen teilzeitbeschäftigt, weil es hier ganz
einfach zu strenge Regelungen gibt.
Wenn Kolleg:innen aus unterschiedlichen, teils auch aus
persönlichen Gründen eine Reduzierung der Dienstzeit beantragen,
lehnt die Dienstbehörde
das in den meisten Fällen ab. Das führt dann dazu – ein
Beispiel wieder aus der Praxis –: Vor wenigen Wochen musste eine
Polizistin aus Oberösterreich,
aus meinem Heimatbezirk, die über 20 Jahre Berufserfahrung hat, ihren
Dienst quittieren, weil ihr dieses Ansuchen um Teilzeitbeschäftigung nicht
genehmigt wurde.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, das kann es im 21. Jahrhundert doch nicht sein! (Beifall bei der SPÖ.) Da muss ein Paradigmenwechsel kommen, um die Sicherheitskräfte im Job zu behalten und um interessierte junge Menschen zur Bewerbung zu motivieren.
Im Übrigen sieht das auch die FSG Polizei so wie wir.
Deshalb hat sie im
Mai ein Volksbegehren eingereicht. Ich lade alle, die sich für mehr
Personal bei der Polizei starkmachen wollen, dazu ein, dieses Volksbegehren mit
der Bezeichnung Polizei – Kritischer Personalmangel persönlich
entweder bei ihrem Gemeindeamt oder auch online via ID Austria zu
unterstützen.
Sehr geehrter Herr Innenminister, wir stellen Ihnen zu
dieser wichtigen
Thematik 37 Fragen. Es gibt viel zu tun. Sie stehen in großer
Verantwortung, bitte kommen Sie dieser auch nach! – Danke für
Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der SPÖ.)
15.09
Präsidentin Margit Göll: Zur Beantwortung hat sich der Herr Bundesminister für Inneres zu Wort gemeldet. Ich erteile ihm dieses.
Bundesminister
für Inneres Mag. Gerhard Karner:
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geschätzte Damen und Herren
Bundesräte! Gestatten Sie mir, dass ich zu dieser Dringlichen Anfrage,
zumal ich sehr dankbar dafür bin,
dass wir heute die Möglichkeit und die Gelegenheit haben, einige Punkte
sehr grundsätzlich zu besprechen und zu
diskutieren, auch sehr grundsätzlich
mit meinem Eingangsstatement beginne, weil das auch unterstreicht, welch
großartige Arbeit von vielen geleistet wird. (Vizepräsident Reisinger
übernimmt den Vorsitz.)
Ich beginne mit dem Global Peace Index: Was ist der Global
Peace Index? – Der wird jährlich veröffentlicht, vor zwei
Wochen ist der neueste Global Peace
Index veröffentlicht worden. Österreich, unserem Land wird da
bescheinigt, dass wir das drittfriedlichste, drittsicherste Land der Welt sind.
Wir leben in
einem der sichersten Länder, in einem der friedlichsten Länder dieser Welt. Vielen Dank! (Beifall bei der ÖVP.)
Um die aktuelle Statistik noch genauer zu skizzieren: Wir
haben beim
neuesten Index zwei Plätze gutgemacht, von Platz fünf auf Platz drei,
und haben Singapur und Neuseeland überholt. Es gibt ganz
bestimmt – und da sind
wir uns sicherlich einig, meine sehr geehrten Damen und Herren –
vielerlei Gründe, warum dem so ist, dass wir zu den sichersten und
friedlichsten Ländern dieser Welt gehören: eine starke und wehrhafte
Demokratie, ein
sozial ausgewogenes System von den Gemeinden über die Bezirke,
über die Länder bis hin zur Republik und eben auch ein gut
ineinandergreifendes Sicherheitssystem.
Was meine ich mit diesem gut ineinandergreifenden
Sicherheitssystem?
Darum beneiden uns viele Länder dieser Welt, da sind wir wahrscheinlich
sogar Weltmeister; noch nicht im Fußball. (Bundesrätin Schumann:
Es ist die Europameisterschaft!) – Jetzt haben wir
Europameisterschaft, dann ist die Weltmeisterschaft. Entschuldigung, Sie
haben natürlich völlig recht, Frau Bundesrätin. – Wir
haben ein gut ausgebildetes System, ein gut entwickeltes System an
Ehrenamtlichen und Hauptamtlichen, die dieses Sicherheitsgerüst in diesem
Land auch tragen: die freiwilligen Feuerwehren, die Sanitätseinrichtungen,
die Hilfsorganisationen, Bergrettung, Wasserrettung,
viele Ehrenamtliche, die das tragen, gemeinsam mit den Hauptamtlichen, die
für diesen Bereich zuständig sind, aus der Berufsfeuerwehr, der
Finanz, der
Justiz, dem österreichischen Bundesheer und eben der Polizei.
Über 38 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter alleine im Bundesministerium für Inneres, davon rund 32 000 – ich komme später in meiner Anfragebeantwortung noch auf die genauen Zahlen zu sprechen – Polizistinnen und Polizisten, sogenannte Exekutivdienstkräfte sind das.
Sie erleben das alle, Sie kommen alle aus den Bundesländern, aus unterschiedlichsten Gemeinden, tragen als Bürgermeisterinnen, als Bürgermeister
Verantwortung. Sie
erleben täglich, in welcher exzellenten Art und Weise dieses Zusammenspiel
zwischen Ehrenamtlichen, Hauptamtlichen, unseren Blaulichtorganisationen,
unserer Sicherheitsfamilie in diesem Land funktioniert. Ich möchte allen
ein großes Danke sagen für das, was sie tagtäglich
tun. Vielen Dank dafür! (Beifall bei der ÖVP sowie bei
Bundesrät:innen von SPÖ, FPÖ und Grünen.)
Aber, meine sehr geehrten Damen
und Herren – damit komme ich natürlich auch zu
einem Aber –: Wir leben auf keiner Insel der Seligen. Gerade im
Bereich der inneren Sicherheit gibt es besondere Herausforderungen,
die in erster Linie von der Exekutive, von der Polizei zu bewältigen, zu
tragen sind. Das Thema Cyberkriminalität, Internetkriminalität ist
jener Bereich
in der polizeilichen Anzeigenstatistik, der am stärksten im Steigen
begriffen ist und der unsere Polizei vor neue, zusätzliche
Herausforderungen stellt, Herausforderungen, die es so – und auch
das wissen Sie – vor 20, 30 Jahren in keiner Weise gegeben hat.
Daher haben wir uns darauf nicht
nur vorzubereiten, sondern darauf einzustellen und damit zu arbeiten.
Es gibt das Thema Extremismus in den unterschiedlichsten Ausprägungen, wo wir gerade – und das wissen Sie auch – im Bereich des islamistischen Extremismus seit dem 7. Oktober besondere Herausforderungen, Bedrohungen haben, die wiederum ins Cyberthema hineinspielen, denn die Radikalisierung von jungen islamistischen Tätern, potenziellen Tätern findet eben zunehmend auch in den sozialen Netzwerken, im Darknet statt. Islamistischer Extremismus – als Beispiel der großen Herausforderungen.
Oder das Thema illegale Migration, worüber wir auch
hier im Bundesrat schon sehr oft diskutiert haben, wo zu Recht Maßnahmen
gefordert wurden
und wo auch zu Recht und notwendigerweise Intensivmaßnahmen gesetzt
worden sind; ich denke da an das Burgenland, das vor zwei Jahren
massiv – in erster Linie das Burgenland – belastet war.
Ich wiederhole an dieser Stelle diese Zahl, weil sie auch
wieder Ergebnis, nicht des Innenministers ist, sondern dessen, was die Polizei
tagtäglich tut. Im
ersten Halbjahr 2022 an der burgenländischen Grenze:
16 400 illegale Grenzübertritte, im selben Zeitraum dieses
Jahres: 290. 16 400 zu 290! Die
Polizei leistet exzellente Arbeit und entlastet damit die Bevölkerung
massiv, vor allem im Burgenland. (Beifall bei der ÖVP.)
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das war nur ein Auszug
der
Themen, die uns derzeit beschäftigen. Man könnte noch das Thema
Jugendkriminalität dazu erwähnen, das in den letzten zehn Jahren
massiv gestiegen ist, wo auch Akzente gesetzt wurden und
weitere gesetzt werden müssen.
Aber damit unsere Exekutive, unsere Polizei das tun kann,
wofür
sie Verantwortung trägt, nämlich für die Sicherheit der Menschen
zu sorgen, braucht sie natürlich entsprechende moderne Ausrüstung.
Das Sicherheitsbudget spricht da eine klare Sprache: für das Jahr
2024 über 4 Milliarden Euro im Bereich innere Sicherheit im
Innenministerium, die in Personal,
aber vor allem in Ausrüstung investiert werden. Moderne Ausrüstung,
moderne Ausstattung, aber natürlich braucht es Menschen aus Fleisch und
Blut, Polizistinnen und Polizisten, die tagtäglich für unsere
Sicherheit da sind, die gut ausgebildet sind
und auch in der entsprechenden Zahl zur Verfügung stehen.
Und ja – es wurde angesprochen, schon mehrmals,
auch schon des
Öfteren im Nationalrat, aber auch hier –: Das Thema
Personalmangel, Arbeitskräftemangel hat viele Sektoren, hat viele
Bereiche betroffen. Wir kennen die Diskussionen im
Bildungsbereich, wir kennen die Diskussionen im Gesundheitsbereich. Und
ja, wir haben auch Diskussionen erlebt und erleben sie in Teilbereichen
noch immer im Sicherheitsbereich. Im Jahr 2022, auch im Jahr 2023 waren die
Personalaufnahmen, die Zahl jener Menschen,
die bereit waren, in die Polizeischule zu gehen, nicht hoch genug, nicht ausreichend
genug, vor allem in Wien; auch nicht in Vorarlberg, möchte ich
noch dazu erwähnen, zum Teil auch in Tirol.
Daher haben wir, das Innenministerium, die Landespolizeidirektionen gemeinsam mit den Bundesländern auch eine Personaloffensive gestartet, eine Personalrekrutierung gestartet, damit wir mehr Personal bekommen, zusätzliches Personal bekommen, damit ausreichend Polizei für die Gewährleistung der Sicherheit in diesem Land da ist.
Ich darf einige Punkte
erwähnen, weil das dann auch noch Teil der Anfrage ist. Was sind die
Maßnahmen, die wir im Bereich der Personaloffensive
gesetzt haben? – Ein wichtiger Punkt: Wir haben in der
Polizeigrundausbildung das Grundgehalt erhöht. Wenn man
Polizeischülerin, Polizeischüler ist,
bekommt man ein Grundgehalt. Und dieses wurde um 140 Euro netto mehr pro
Monat im ersten Jahr, um 200 Euro netto mehr pro Monat im zweiten
Jahr erhöht. Das war eine ordentliche Erhöhung.
Wir haben begonnen, den Polizeischülerinnen und Polizeischülern das Klimaticket zur Verfügung zu stellen. Es gibt jetzt während der Polizeiausbildung die Möglichkeit, auch den Führerschein zu machen. Es gibt eine Werbeprämie, also eine Polizistin, ein Polizist wirbt einen Jungen oder einen Quereinsteiger an, Polizist zu werden.
Eine der Maßnahmen, die in
der Öffentlichkeit im Übrigen am intensivsten diskutiert
wurde, zum Teil mit der Personalvertretung, gebe ich offen und ehrlich zu, war,
dass es jetzt auch möglich ist, sichtbare Tattoos, auf
dem Handrücken beispielsweise, zu tragen; natürlich nicht einen
Totenkopf. Wenn man das Geburtsdatum der Tochter dort tätowiert hatte, war
das früher ein Hinderungsgrund, Polizist, Polizistin zu werden, jetzt darf
man das.
Wir haben auch – das stimmt auch, Herr
Kollege –, was den Werbeauftritt betrifft, neue
Maßnahmen ergriffen: einen sogenannten Recruitingbus. – Sie
mögen Marketingmaßnahme dazu sagen, aber es ist eben notwendig,
dass die Polizei bei den großen Berufsinformationsmessen präsent
ist. Es ist notwendig, dass wir auch in den Schulen, in den Berufsschulen
entsprechend präsent sind, dass wir auf den Beruf der
Polizistin, des
Polizisten hinweisen.
Es gibt eigene Recruitingteams. Ich bin mir sicher, Sie
haben schon viele davon getroffen: junge Kollegen, Kolleginnen im mittleren
Alter, die über ihren
Beruf berichten, die zeigen, wie schön dieser Beruf ist.
All diese Maßnahmen wurden gesetzt, und ich sage hier
an dieser Stelle: Diese Maßnahmen müssen fortgeführt werden.
Wir haben einen Trend, der
derzeit in die richtige Richtung geht.
Einige wenige Zahlen: Es sind derzeit insgesamt
3 400 Menschen österreichweit in der polizeilichen
Grundausbildung – Menschen aus Fleisch und Blut;
keine Vollbeschäftigungsäquivalente, sondern 3 400 Menschen
aus Fleisch und Blut, die derzeit den Polizeiberuf erlernen. (Bundesrat Schennach: ...
keine
Aliens!)
Ich habe angesprochen, dass die Personalsituation in Wien am
schwierigsten ist. Das habe ich nie bestritten, das habe ich auch immer gesagt,
und daher
bin ich gerade dem Wiener Bürgermeister sehr dankbar, dass wir in dieser
Frage – ich sage das so, wie es auch ist – nicht
parteipolitisch agieren,
sondern über Parteigrenzen hinweg dafür sorgen, dass wir die
Recruitingmaßnahmen gemeinsam ergreifen.
Ein Recruitingbüro wurde am Praterstern eröffnet,
ein Recruitingbüro
wurde in Wien im 1. Bezirk eröffnet, immer der Innenminister
gemeinsam mit dem Bürgermeister von
Wien. Weg mit der Parteipolitik in dieser Frage –
wir brauchen Polizistinnen und Polizisten für diese Stadt, das muss
im Interesse von uns allen sein. Es ist unser Ziel und unsere Aufgabe, die Sicherheit
in dieser Stadt zu gewährleisten. (Beifall bei der ÖVP sowie des
Bundesrates Schreuder.)
Auch in diesem Bereich ist einiges gelungen, und wir werden
noch weitere Erfolge brauchen, nämlich noch mehr Polizistinnen und
Polizisten. Im
ersten Halbjahr 2023 haben in Wien 83 Personen mit der Ausbildung
begonnen, im ersten Halbjahr dieses Jahres 383. Es müssen aber noch mehr
werden:
Wir wollen bis Jahresende 1 000 für die Bundeshauptstadt Wien – nur als Beispiel sei das hier genannt.
Das heißt, offensichtlich beginnen die Maßnahmen
zu greifen, aber der
Auftrag an uns ist, diese Maßnahmen fortzusetzen, damit wir dieses
Ziel – 1 000 für Wien – mit Ende des Jahres
auch erreichen. Österreichweit ist übrigens
das Ziel, 2 500 aufzunehmen.
Warum brauchen wir das – auch das sei an dieser
Stelle gesagt; das ist
auch eine wichtige Botschaft, die ich an Sie habe, und ich bitte Sie, sie
weiterzutragen –: Das Rückgrat der polizeilichen Arbeit
sind unsere Polizeiinspektionen vom Neusiedler See bis zum
Bodensee – sie sind das Rückgrat. Sie sichern
die tägliche Präsenz, den direkten Kontakt mit der Bevölkerung.
Natürlich brauchen wir aber auch die Spezialisten im Bundeskriminalamt,
in der Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst, gerade beim Thema Desinformation
und Spionage. Wir brauchen Fremdenpolizisten, die auch entsprechend ihre Arbeit
machen. Es sind unterschiedlichste Aufgabenfelder, die es abzudecken gilt, von
der Polizeiinspektion bis zum Generaldirektor
für die öffentliche Sicherheit. Das ist das Aufgabenfeld, das wir
letztendlich haben.
Ja, die Laufbahnen unserer Polizistinnen und Polizisten sind
unglaublich unterschiedlich: Der eine wird Bundesrat, der andere
macht Karriere innerhalb der Polizei und möchte sich zur DSN
verändern, möchte sich in der Landespolizeidirektion verändern,
der andere möchte auf der Polizeiinspektion bleiben. Diese
Möglichkeiten wollen und müssen wir unseren Polizistinnen und Polizisten
weiterhin eröffnen. Dazu stehen wir, dazu bekenne ich mich. (Beifall
bei der ÖVP sowie des Bundesrates Schreuder. –
Zwischenruf der
Bundesrätin Grimling.)
Ich komme jetzt zu den Zahlen, die sehr oft genannt worden
sind. Ich ersuche Sie, nicht Äpfel mit Birnen zu vergleichen. (Bundesrat
Schennach: Tun
wir eh nicht!) Ich unterstelle Ihnen weder Absicht, noch will ich hier
irgendwelche
Excel-Vergleiche anstellen. (Heiterkeit bei der ÖVP.)
Das ist des ganzen
Themas nicht würdig.
Ich bitte Sie nur, dass man versucht, die Dinge ordentlich
nebeneinander hinzulegen, denn – das möchte ich an dieser
Stelle auch sagen – ich bin als Innenminister dazu verpflichtet,
Anfragen selbstverständlich anfragegetreu zu beantworten. (Bundesrätin
Schumann: Absolut!) Wenn Anfragen unterschiedlich gestellt
werden, welche Zahlen mit hineingerechnet werden sollen, beispielsweise im Jahr 2000 und im
Jahr 2024 – Sie haben den Vergleich
mit diesen 4 000 gebracht –, wenn dahin gehend, welche
Zahlen hineingerechnet werden sollen, eine andere Anfrage gestellt wird,
dann muss ich
sagen, Sie werden auch in Zukunft – das sage ich hier an dieser
Stelle, weil ich gesetzlich dazu verpflichtet bin – von mir
unterschiedliche Zahlen
bekommen. Unterschiedliche Anfragen bedeuten auch unterschiedliche Zahlen. Dazu
ist mein Haus verpflichtet, dazu bin ich verpflichtet, und dazu
stehe ich. (Bundesrätin Schumann: Wir wissen, was wir fragen!)
Um die Zahlen zu erklären – es wird heute
noch sehr viele Zahlen geben –: Wenn man nach den Mitarbeiterzahlen
der neun Landespolizeidirektionen fragt – nur als
einfacher Vergleich –, dann bedeutet das nicht, dass das alle
Polizistinnen und Polizisten in diesem Land sind – nur zur
Erklärung. Wir haben die Grenzpolizisten (Bundesrätin Schumann:
Wir wissen schon, was wir fragen!), wir haben über
3 000 Polizeischülerinnen und Polizeischüler, die ab dem
zweiten Ausbildungsjahr voll im Exekutivdienst stehen, wir haben die DSN,
wir haben das Bundeskriminalamt, wir haben
die Cobra – viele, die tagtäglich für unsere Sicherheit da
sind.
Warum erkläre ich das so detailliert? (Bundesrätin
Schumann: Wir wissen, was wir fragen, Herr Bundesminister!) –
Weil ich einfach den Appell, die Bitte habe,
dass man nicht mit höchst unterschiedlichen Zahlen versucht, zu
verunsichern, und damit etwas behauptet, was so, wie es in dieser Frage ist,
nicht
stimmt. Daher war es mir wichtig, das auch in dieser Deutlichkeit zu
erklären.
Sie werden jetzt wahrscheinlich in meiner Beantwortung
wieder unterschiedliche Zahlen hören, aber – ich
wiederhole es, Frau Präsidentin – ich bin vor dem Gesetz
verpflichtet, die Dinge wahrheitsgemäß, anfragegetreu zu
beantworten. So, wie Sie fragen, wird jetzt auch alles von mir entsprechend
beantwortet werden. Das bitte ich Sie einfach in die politische Debatte
mitzunehmen, und ich bitte Sie wirklich – so wie das Bürgermeister
Ludwig und ich in dieser Frage tun –, dass wir gemeinsam dafür
sorgen, dass noch
mehr Menschen zur Polizei gehen. Es ist ein wunderbarer Beruf, es ist ein wunderschöner
Beruf. – Vielen Dank dafür. (Beifall bei der ÖVP sowie
des
Bundesrates Schreuder.)
Damit komme ich jetzt zur Anfragebeantwortung.
Zur Frage 1:
Ich darf auf meine Ausführungen von vorhin verweisen. Ich glaube, ich habe das bereits sehr ausführlich beantwortet.
Zur Frage 2:
Ich habe immer gesagt – das unterstreiche ich,
das habe ich auch zuvor gesagt –, wir brauchen mehr Polizistinnen
und Polizisten, daher auch die Rekrutierungsoffensive und die
Attraktivierungsmaßnahmen, die ich ebenfalls skizziert habe. Der
Personalstand der Polizei ist mit mehr als 32 000
auf einem Allzeithoch – auch das ist Faktum.
Ich darf nochmals festhalten, dass die SPÖ in den
letzten Jahren unterschiedliche Anfragen mit unterschiedlichen
Anfrageparametern gestellt hat,
und ich wiederhole: Wir, das Innenministerium und ich als Innenminister, sind
verpflichtet, die Dinge fragengetreu und auch wahrheitsgetreu zu
beantworten.
Zur Frage 3:
32 635 Polizistinnen und Polizisten.
Zu den Fragen 4, 7 und 8:
Ich versuche, insofern zu präzisieren, als wir da den
Gesamtpersonalstand nehmen – in der Frage ist nicht deutlich
erklärt, welcher Personalstand gemeint ist. (Bundesrätin
Schumann: Doch!) 39 522 Personen, 37 874 als Vollbeschäftigungsäquivalente,
versehen ihren Dienst im Innenministerium.
In der Personalsektion des BMI wird nicht zwischen dienstbar
und nicht dienstbar – Vollbeschäftigungsäquivalente –
unterschieden.
Zu den Fragen 5, 6, 9 und 10:
Statistische Zeitreihen werden zum Stichtag 1.1. des
jeweiligen Jahres geführt. Eine Gegenüberstellung mit 1.6. ist daher
nicht möglich. Ich darf daher
jeweils den 1.1. verlesen. (Heiterkeit der Bundesrätin Schumann.)
2018: 35 906, 34 536 in VBÄ – VBÄ ist
Vollbeschäftigungsäquivalent, ich werde jetzt
immer das Kürzel verwenden –; 2019: 36 771 Personen,
35 385 in VBÄ; 2020: 37 680 Personen, 36 203 in
VBÄ; 2021: 38 289 Personen,
36 814 in VBÄ; 2022: 38 521 Personen, 36 955 in
VBÄ; 2023: 38 416 Personen, 36 768 in VBÄ.
Zu den Fragen 11 bis 15:
Die Einwohnerzahlen zu konkreten Stichtagen müssen von der Statistik Austria angefordert werden. Die Beantwortung wird daher schriftlich nachgereicht.
Zur Frage 16:
Es fanden seit 2018 keine Schließungen von
Dienststellen statt. Es wurden ausschließlich die notwendigen
organisatorischen Maßnahmen – beispielsweise Standortverlegungen
und Fusionierungen – durchgeführt. Eine tabellarische
Auflistung, zum Beispiel Verlegungen in neue, moderne Unterkünfte, kann nur –
ich möchte das an dieser Stelle deutlich sagen – mit
unverhältnismäßig hohem Administrationsaufwand und niemals
in wenigen
Stunden durchgeführt werden. (Ruf bei der SPÖ: Was ist eine Fusionierung?)
Zu den Fragen 17 und 18:
Polizeiarbeit findet im Außendienst bei der Bevölkerung statt. Parteienverkehrszeiten werden bedarfsorientiert und auch regional unterschiedlich festgelegt und angepasst. Anzeigen können zu jeder Tages- und Nachtzeit erstattet werden. Weitergehende Statistiken werden nicht geführt.
Zur Frage 19:
Neuaufnahmen 2018: 1 713;
2019: 2 092; 2020: 1 894; 2021: 1 582;
2022: 1 538; 2023: 1 834; Aufnahmen für das erste
Halbjahr 2024: 1 311.
Die Aufteilung nach Bundesländern, wie gefordert, wird schriftlich nachgereicht. Darüber hinaus werden keine detaillierten Statistiken geführt.
Zur Frage 20:
2018: 1 074; 2019: 1 357; 2020: 1 391; 2021: 1 929; 2022: 1 720; 2023: 1 295; 2024 – bis Ende Mai –: 631.
Zur Frage 21:
Polizeischulen weisen grundsätzlich keinen systemisierten Stand auf. Zu den jährlichen Neuaufnahmen darf auf Frage 19 verwiesen werden.
Zur Frage 22:
Ich darf auf mein Eingangsstatement und die darin erwähnten Maßnahmen sowie Bewerberzahlen verweisen.
Zur Frage 23:
Alle.
Zu den Fragen 24 und 25:
Die legistische Zuständigkeit liegt beim Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport. Es finden laufend Gespräche der beiden Ministerien statt.
Zur Frage 26:
Zusätzlich zur Rekrutierungsoffensive, die auf Frauen
und Männer auf
gleiche Weise abzielt, werden auch gezielt Veranstaltungen –
beispielsweise der Girls’ Day – mit der Zielgruppe Frauen
durchgeführt. (Bundesrätin Schumann: Jessas na, der
Girls’ Day!)
Von 2015 bis 2024 konnte der Frauenanteil der
Exekutivbediensteten um rund 10 Prozent auf 25 Prozent gesteigert
werden. Insgesamt liegt der Frauenanteil im BMI bei 31 Prozent. (Bundesrätin
Schumann: Mit dem Ministerium, oder?) Mit 1. April 2024 wurde
auch das Referat Frauenkarrieren speziell zur
Erhöhung und Förderung des Frauenanteils bei der Polizei, vor allem
bei Frauen in Führungspositionen, geschaffen.
Zur Frage 27:
Vor der Auslieferung der Schutzwesten haben umfangreiche Testungen
stattgefunden, auch Modelle für weibliche Bedienstete wurden getestet. Die
Expert:innen des BMI haben sich aufgrund dieser Testungen für
individuell
und persönlich angepasste Modelle
entschieden. Modelle mit anatomischer Brustausformung wurden einstimmig
abgelehnt.
Zur Frage 28:
Die Rekrutierungsoffensive spricht bewusst alle
Altersgruppen an. Das
zeigt auch die Altersverteilung bei den Bewerbungseingängen:
23,6 Prozent gehören der Altersgruppe 26 bis 35 Jahre sowie
8,4 Prozent der Altersgruppe 36 bis 45 Jahre an. Der Altersgruppe
über 45 Jahre sind immer noch rund
3 Prozent der Bewerbungseingänge zuzuordnen.
Ja, Quereinsteiger mit Berufs- und Lebenserfahrung
bereichern die Polizei, weshalb wir in laufenden Verhandlungen mit dem
Bundesministerium für
Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport ein attraktives,
konkurrenzfähiges Gehaltsschema fordern.
Zur Frage 29:
Nein.
Zu den Fragen 30 und 32:
Folgende altersbedingte Abgänge von
Exekutivbediensteten werden erwartet: im Jahr 2024 958, im Jahr 2025
919, im Jahr 2026 878, im Jahr 2027 842,
im Jahr 2028 845. Die Aufteilung nach Bundesländern wird schriftlich
nachgereicht.
Zu den Fragen 31 und 33:
Keine. Es werden, wie in den vergangenen Jahren, alle Abgänge ersetzt.
Zur Frage 34:
Nein.
Zur Frage 35:
Die Anzahl der Exekutivbediensteten mit herabgesetzter
Wochendienstzeit bei den Landespolizeidirektionen beträgt
1 857 Personen. Die Aufteilungen
nach Bundesländern und Gründen werden schriftlich nachgereicht.
Zur Frage 36:
Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, die Zufriedenheit
der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und die langfristige Personalbindung an
die Organisation
sind Ziele meines, unseres Ressorts. Möglichkeiten zur Herabsetzung der
regelmäßigen Wochendienstzeit bestehen. Es darf
diesbezüglich auf die gesetzlichen Regelungen im BDG verwiesen
werden.
Die Personalplanung, und damit der Stellenplan des Bundes, berücksichtigt auch Teilzeitkräfte. Es wird daher auch zwischen Personen und VBÄ, Vollbeschäftigungsäquivalenten, unterschieden.
Zur Frage 37:
Die Polizei ist und soll auch ein Querschnitt der
Bevölkerung sein. Die Polizei steht in der Mitte unserer Gesellschaft und
die Polizei kommt aus der
Mitte unserer Gesellschaft.
Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)
15.35
Vizepräsident Dominik Reisinger: Wir gehen nunmehr in die Debatte ein.
Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß § 61 Abs. 7 der Geschäftsordnung die Redezeit eines jeden Bundesrates mit insgesamt 20 Minuten begrenzt ist.
Zu Wort gemeldet ist Frau
Bundesrätin Korinna Schumann. Ich erteile
ihr dieses.
Bundesrätin
Korinna Schumann (SPÖ, Wien): Herr
Präsident! Werter Herr Bundesminister! Liebe Zuseherinnen und
Zuseher! Werte Kolleginnen und
Kollegen! Herr Bundesminister, man braucht nicht so viel Angst vor Zahlen zu
haben. Diese x-malige Betonung, dass das mit den Zahlen doch vielleicht
nicht so - - Nein, es geht uns ganz konkret um Fragen. Jede Frage,
die wir stellen, hat einen Hintergrund.
Ich glaube, was uns alle verbindet, ist das Bekenntnis dazu,
dass die Menschen in diesem Land ein Recht auf Sicherheit und auf ein
Gefühl der Sicherheit
haben. Das ist uns ganz wichtig. Auf der anderen Seite ist es uns ganz
besonders wichtig, dass jene Berufsgruppe, die für uns alle ihre
Gesundheit aufs Spiel
setzt, sogar ihr Leben aufs Spiel setzt, die bestmöglichen Arbeitsbedingungen hat.
Dafür werden wir uns einsetzen und das ist Sinn und Zweck dieser
Dringlichen Anfrage. (Beifall bei der SPÖ.)
Die Polizei ist vielfältig. Es sind Frauen und
Männer. Es sind Personen aus
allen Altersgruppen in der Polizei beschäftigt. Es sind unsere Nachbarn,
unsere
Freunde, unsere Bekannten, unsere Verwandten. Sie (in Richtung Bundesminister Karner)
haben es gesagt – und das ist natürlich
richtig –, die
Polizei rekrutiert sich aus der Mitte der Gesellschaft.
Die Polizei hat extrem hohe Vertrauenswerte, und
zwar – zwischen 2020 und 2023 gleichbleibend – von fast
80 Prozent. Das resultiert daraus, dass
die Polizei eine Vielzahl von Aufgaben hat, die in ihrer Vielfalt nur sehr
selten angenehm sind für jene, die in diesen Bereichen beschäftigt
sind – sei
es für Strafen im Straßenverkehr, sei es bei Notfällen oder sei
es auch bei Gewalttaten, bei denen sie eingreifen müssen und wie
gesagt für uns
ihre Gesundheit und ihr Leben aufs Spiel setzen. Die Bevölkerung vertraut
der Polizei, weil sie sich ihres Wertes bewusst ist, weil die Menschen wissen,
dass Polizeipräsenz ihnen in ihrem Lebensumfeld Sicherheit gibt.
Das ist es, worauf wir abzielen, daher auch die
Fragestellung nach dem dienstbaren Beschäftigungsäquivalent, Herr
Bundesminister. Es geht darum: Wie viele Menschen, wie viele Beschäftigte
in der Polizei spüren die Menschen
auf der Straße, in ihrem Bezirk, in ihrem Land, in ihrer
Gemeinde? – Darum geht es. Dieses spürbare Gefühl, dass
die Polizei da ist – und wenn ein Notfall
ist, dann sind sie für mich da und unterstützen mich und werden jene
bekämpfen, die nicht bereit sind, für Ordnung zu sorgen oder auf
Ordnung zu schauen –, das ist so wichtig.
Da sind die Zahlen zurückgegangen und das macht
uns – völlig berechtigt – Sorgen.
4 000 Polizistinnen und Polizisten weniger heißt, wir brauchen
einfach 4 000 Polizistinnen und Polizisten mehr. So ist es! (Bundesrat
Zauner: Es wird nicht wahrer, wenn man es
wiederholt!) Wir haben ganz große Abgänge. (Bundesrat Zauner:
Es wird nicht wahrer, wenn man etwas Falsches wiederholt! –
Bundesrätin Hahn: Zuhören, Herr Kollege!) – Na, Sie kommen ja dann zu Wort, Herr Bundesrat Zauner. Jetzt
nicht so aufgeregt sein!
(Bundesrat Zauner: Der Herr Minister hat
...! – Bundesrat Buchmann: Ja, aber er hat es ja gerade
erklärt!) – Der Herr Minister darf dann auch noch
einmal reden, das ist keine
Frage. Jetzt rede einmal ich und führe aus, warum wir die
Dringliche machen. (Heiterkeit bei der SPÖ.) So ist das, ganz klar
gesagt.
(Beifall bei der SPÖ sowie der Bundesrätin Doppler.)
Also: Wir sagen, es fehlen Polizistinnen und Polizisten. Ganz ehrlich, das ist doch eindeutig, wenn ich die Anzahl der Überstunden sehe. Was sagen Sie, liebe Bundesrät:innen, liebe Zuseherinnen und Zuseher, wenn ich 10 Millionen geleistete Überstunden in einem Jahr angeben kann? Was heißt das? Heißt das, wir haben genug Personal? Ist das die logische Folgerung?!
Ich sage Ihnen ehrlich: Für mich als Gewerkschafterin
heißt das, das ist
nicht genügend Personal. (Beifall bei der SPÖ.) 10 Millionen
Überstunden bedeuten 373,78 Stunden pro Jahr mehr zum ganz
normalen Dienst. Das heißt,
wir haben ein Personalproblem, ganz eindeutig; und wir haben ein
Problem in der Frage der Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Auch das
hören wir aus der Polizei, wir sprechen ja mit den Beschäftigten. Das
ist ja
nicht irgendwo hergeholt, sondern das ist die Lebensrealität von
Polizistinnen und Polizisten.
Wir haben also zwei Teile: Wir haben auf der einen Seite das
Recht der Bevölkerung auf die spürbare Sicherheit durch die Präsenz
der Polizei. – Sie haben Polizeidienststellen geschlossen, Sie haben
die Personaldecke
der Polizei ausgedünnt. 10 Millionen Überstunden bedeuten eine
unglaubliche Belastung. Polizistinnen und Polizisten arbeiten rund um die Uhr,
in der
Nacht, am Sonntag, am Feiertag – die sind einfach da! –,
und wir wissen auch, dass das Grundgehalt bei der Polizei, und das ist ein
großes Problem,
zu niedrig ist; die Überstunden sind sozusagen das, was sie noch brauchen,
um ein ordentliches Gehalt zu erreichen. Das heißt, da wäre dringend
etwas
zu tun.
Natürlich
unterstützen wir das Volksbegehren seitens der Polizistinnen und
Polizisten, die sagen: Hallo, da ist etwas zu tun, es ist einfach zu wenig
Personal da! – Ich freue mich natürlich, Herr
Bundesminister – keine Frage –, es ist super, wenn es
Rekrutierungsmaßnahmen gibt, und es ist super,
wenn das gemeinsam mit der Stadt Wien gemacht wird, weil in der Stadt Wien
1 500 Polizistinnen und Polizisten fehlen, ganz
eindeutig – aber das ist
zu wenig.
Ganz ehrlich gesagt: Die ÖVP ist seit 22 Jahren in
der Funktion des Innenministers vertreten, 22 Jahre! (Oh-Rufe bei
der SPÖ.) Schön, jetzt machen wir
ein Rekrutierungsgschichtl, aber wir alle wissen, wie sich der Personalstand in
der Polizei verändern wird. Wir wissen, zu welchen Pensionsabgängen
es kommen wird, und wir wissen, dass da zu wenig getan wurde.
Natürlich gibt es neue Aufgaben, völlig richtig:
Wir müssen in der Frage der Cybersicherheit präsent sein, wir
müssen viele neue Aufgabenstellungen angehen, aber gleichzeitig
sagen wir, wir müssen bei den Menschen vor Ort sein, weil das das
Sicherheitsgefühl vermittelt, das sie brauchen. Ganz
ehrlich: Ich möchte nicht und wir als Sozialdemokratinnen und
Sozialdemokraten möchten nicht, dass bei den Menschen so ein
Unsicherheitsgefühl entsteht,
ein Angstgefühl aufkommt: Oje, traue ich mich noch hinaus auf die
Straße, kann ich am Abend hinausgehen? Kann ich einfach mein Leben? Muss
ich Angst haben?
Angst ist kein guter gesellschaftlicher Motor, sondern ist
etwas, das abgeschafft und abgestellt werden muss – und die
Präsenz von Polizei nimmt der Bevölkerung auch die Angst. Angst
und Wut und Sorge zahlen nicht auf demokratische Strukturen ein, sondern
zahlen nur auf jene ein, die Verunsicherung
wollen und die gerne das System sprengen
wollen – und das wollen wir nicht. (Beifall
bei der SPÖ.)
Das heißt:
Tun wir etwas für die Polizei! Helfen wir den Menschen, dass
sie sich sicher fühlen, dass sie nicht glauben: Ich muss ja, bis die
Polizei kommt, weil Polizeidienststellen geschlossen worden sind (Bundesrat Zauner:
Das
stimmt überhaupt nicht ...! – Zwischenruf des Bundesrates Buchmann),
am Land eine halbe Stunde warten, bis da wer kommt! – Geben wir
ihnen das
Gefühl, sie können an allen Orten, überall, gut durch die Stadt
gehen! Geben wir
ihnen das Gefühl! (Bundesrat Zauner: Das ist ja
nicht faktenbasiert!) – Herr
Zauner, regen Sie sich nicht so auf, Sie kommen ja eh gleich dran! (Zwischenruf
des Bundesrates Zauner.) – Alles in Ordnung!
Lassen Sie mich meine Rede
halten! So ist es mit der Demokratie. Nicht so viel aufregen, machen
Sie sich nicht so viele Sorgen! Der Herr Minister hat sich viel weniger Sorgen
gemacht, als Sie sich jetzt machen. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ.)
Schauen Sie, wir sind uns ja alle einig: Wir wollen mehr Sicherheit für die Menschen und wir wollen bessere Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten bei der Polizei, für die Polizistinnen und Polizisten, weil sie Tolles leisten.
Ich kann Ihnen
Geschichten von Polizistinnen und Polizisten erzählen –
und ich komme aus dem öffentlichen Dienst –: Sie sehen Dinge
und erleben Dinge, die wir alle nicht sehen möchten und die wir alle nicht
erleben
möchten, ganz eindeutig nicht. (Ruf bei der FPÖ: Darum wählen
sie blau!) Da werden Dinge gesehen – da sind wir froh, dass wir
die Polizei haben,
die das übernimmt. Sie müssen dann mit den Dingen fertigwerden (Bundesrat
Spanring: Die ihr verschuldet habt! Eure Politik!), sie müssen
die Dinge
verarbeiten, und dafür können wir nur dankbar sein. (Bundesrat Himmer:
So ist es! Da sind wir uns aber alle einig!)
Da wollen wir ihnen nicht noch
10 Millionen Überstunden aufs Auge drücken. Das ist nicht
der Weg, den wir gehen wollen.
Wir wollen einen guten Personalpolster, damit
sie gute Arbeitsbedingungen haben. Wir wollen ein gutes Grundgehalt
für sie, damit sie nicht Überstunden machen müssen, weil
sie das sozusagen dringend brauchen, und
wir wollen, dass sie Beruf und Familie vereinbaren können, genauso wie
andere Berufsgruppen auch. Es soll möglich sein, Kinder zu haben,
und es soll
möglich sein, Beziehungen zu führen, auch neben dem Dienst in der
Polizei. Das ist ganz, ganz wichtig, weil alle ein Recht auf ein Privatleben
haben und
alle ein Recht darauf haben, ihr Berufsleben so zu führen, dass sie nicht
höchste Belastungen haben.
Noch einmal: Wir
unterstützen natürlich das Volksbegehren und wir
stellen einen Entschließungsantrag – der Bundesrat wolle
beschließen –; die Bundesrät:innen Korinna Schumann,
Dominik Reisinger, Michael Wanner, Genossinnen und Genossen stellen
folgenden Antrag:
Entschließungsantrag
der Bundesrät:innen Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Österreich fehlen 4.000 Polizist:innen“
Der Bundesrat wolle
beschließen – jetzt habe ich mich wiederholt, auch
nicht gescheit, aber so ist es –:
„Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Inneres wird aufgefordert, umgehend auf die prekäre Personalsituation bei der Polizei zu reagieren und dem Nationalrat sowie dem Bundesrat ein Maßnahmenpakt zuzuleiten, mit der die Attraktivität des Polizeiberufes nachhaltig gesteigert werden kann.“
*****
Ganz ehrlich: ein einfacher
Antrag, ein fairer Antrag, ein Antrag, bei dem wir alle mitgehen können. Da
brauchen wir keine fraktionellen Grenzen, wie der
Herr Bundesminister das ja schon so wunderbar ausgeführt hat. Machen wir
das doch gemeinsam! Stellen wir uns gemeinsam hinter die Polizistinnen und
Polizisten und geben wir ihnen bessere Bedingungen (Beifall
bei der SPÖ), denn die Sicherheit muss uns viel
Geld wert sein!
Wir wollen nicht,
dass Polizistinnen und Polizisten überlegen: Ob ich in
diesem Berufsfeld bleibe, das weiß ich nicht wirklich! – Ich
habe mit vielen gesprochen, die gesagt haben: Wenn sich für mich eine
andere Chance
ergibt, dann werde ich dieses Berufsfeld verlassen! – Das ist nicht
das, was wir wollen. Wir wollen ein
attraktives Berufsfeld Polizei für junge Menschen,
das ihnen alle Chancen gibt, und wir wollen sie in dieser Beschäftigung halten – auch das ist wichtig –, Männer wie Frauen, das ist unser Ziel.
Bitte unterstützen Sie unseren Antrag!
Da geht es nicht um Parteipolitik (Ruf bei der ÖVP: Nein!), da geht
es um die Beschäftigten in der Polizei, und da
können wir alle gemeinsam zusammenhalten (Bundesrat Himmer: Es
geht auch nicht um Personalvertretungspolitik! Überhaupt nicht!), wie
der Herr Bundesminister schon so wunderbar ausgeführt hat. –
Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)
15.47
Vizepräsident
Dominik Reisinger: Der von den
Bundesräten Korinna
Schumann, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend
„Österreich fehlen 4.000 Polizist:innen“ ist
genügend unterstützt und steht demnach mit in
Verhandlung.
Wir gehen in der Debatte weiter. Als Nächster zu Wort gemeldet ist Bundesrat Philipp Kohl. Ich erteile ihm dieses.
Bundesrat
Philipp Kohl (ÖVP, Burgenland):
Herr Präsident! Sehr geehrter
Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nichts im Leben ist Zufall,
so lautet ein altes Sprichwort, das heute aktueller ist denn je. Lassen Sie
mich einige Fragen stellen und Fakten präsentieren.
Ist es Zufall, dass die
SPÖ Burgenland genau einen Tag vor der Bundesratssitzung einen
Presseartikel über die Vorwürfe gegen Bundesminister Karner
bezüglich Personalmangel bei der Polizei veröffentlicht hat? (Ruf
bei der
SPÖ: Ja! – Ruf bei der ÖVP: Nein!) Ist es Zufall, dass
bei der heutigen Landtagssitzung im Burgenland eine Dringliche Anfrage der
SPÖ zu exakt diesem
Thema eingebracht wurde? (Bundesrätin Schumann: Nein, wir sind
gscheit! – Ruf bei der SPÖ: Wo ist das Problem? Wo, bitte,
liegt das Problem?) Ist es Zufall,
dass die Bundes-SPÖ nachzieht und heute im Bundesrat ebenfalls eine
Dringliche Anfrage zu genau diesem Thema einbringt? – Meine
Damen und
Herren, nichts im Leben ist Zufall! (Beifall bei der
ÖVP.)
Woher kommt dann
wohl diese Anfrage? (Rufe bei der SPÖ: Sherlock! Messerscharf ...!) –
Wo Reisinger, Schumann und Wanner draufsteht, ist der Landeshauptmann von
Burgenland drinnen. (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP.) Und dass
der Bundesparteivorsitzende bei dieser Dringlichen Anfrage
nicht im Saal ist, ist auch ein Zeichen. (Beifall bei der
ÖVP. – Zwischenruf des Bundesrates Schennach.)
In diesem Zusammenhang
möchte ich einen Ausschnitt aus einem Artikel einer Bezirkszeitung aus dem
Burgenland vorlesen und so auf den Ursprung
dieser Dringlichen Anfrage reagieren:
„Landespolizeidirektion antwortet auf Personalmangel-Vorwurf“ steht da drinnen. Ein Auszug:
„Die
Landespolizeidirektion Burgenland antwortet damit, dass es keine
Personallücken gibt. Man sei ,überdurchschnittlich gut aufgestellt
und zukunftsfit. Bundesweit erfolgreiches Recruiting spült viele
Interessierte in die Polizeischule in Eisenstadt und füllt die
Klassenzimmer. So werden nicht nur kurzfristige Personalengpässe, sondern
auch Pensionsabgänge bereits
im Vorfeld erfolgreich ausgeglichen‘“. (Bundesrat Kovacs: Danke
schön! – Ruf bei der SPÖ: Danke!) – Sie
können es dann gerne nachlesen.
(Beifall bei der ÖVP.)
Zu den Zahlen in der Dringlichen Anfrage: Es gibt eine
Erklärung für den Unterschied von den 4 000 Polizisten, die
ja jetzt ungefähr 4 000 Mal erwähnt worden sind (Heiterkeit
bei Bundesrät:innen der ÖVP), und die besagt ganz
klar: Bis zum Jahr 2020 wurde bei der serienmäßigen Abfrage des
SPÖ-Nationalratsklubs über den aktuellen Personalstand der
österreichischen Polizei
auch immer der aktuelle Stand an Polizeischülerinnen und -schülern
und sämtlicher Vertragsbediensteten mit Sondervertrag abgefragt. Seit
dem
Jahr 2021 werden die Polizeischüler und Vertragsbediensteten mit
Sondervertrag nicht mehr mit abgefragt. Daher ergibt sich ein Minus von
4 000 Personen. (Bundesrätin Schumann: Was?)
Bei gleicher Abfrage mit den gleichen Parametern wie 2020
ergäbe sich
im angesprochenen Zeitraum im Vergleich zum Jahr 2020 für das
Jahr 2024 ein Plus von rund 250 Vollbeschäftigten. (Beifall
bei der ÖVP. – Bundesrat
Kovacs: Der Applaus war länger als die Rede, ich sag’ es nur
so nebenbei! – Bundesrat Schennach: Und der Dosko ...!)
15.51
Vizepräsident Dominik Reisinger: Als nächster Redner ist Herr Bundesrat Günter Pröller zu Wort gemeldet. Ich erteile ihm das Wort.
Bundesrat Günter Pröller (FPÖ, Oberösterreich): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Besucher hier im Saal und vor den Bildschirmen! Herr Kollege Kohl, ob die Dringliche Anfrage vom Burgenland abgeschrieben worden ist oder von wem immer, Faktum ist, dass sie notwendig ist! (Beifall bei FPÖ und SPÖ.)
Sie ist notwendig nicht nur wegen der
4 000 Polizisten, die vielleicht
fehlen, sondern vor allem aufgrund der täglichen Horrormeldungen von Massenschlägereien,
Messerstechereien, sexuellen Belästigungen und vielem, vielem
mehr – und das kann man nicht mehr akzeptieren. (Beifall bei der
FPÖ.)
Herr Innenminister! Handeln Sie
endlich im Sinne der Sicherheit und machen Sie nicht immer Showpolitik wie beim
Reumannplatz – Stichwort Messerverbot. Sie haben es
gewusst, die Alternative ist (Bundesminister Karner ein Schriftstück
zeigend): Man macht es mit dem Gürtel. – Das bringt also
nichts,
wenn man da etwas macht. Diejenigen, die die Messer mithaben, werden sie
weiterhin mithaben. (Bundesminister Karner: Das ist nicht
lustig!) – Das
ist nicht lustig, vollkommen richtig. Daher ist es notwendig, dass wir gegen diese Personen, die so mit uns umgehen, etwas machen. (Beifall bei der FPÖ.)
Die illegale Migration in unserem Land geht munter weiter. Es vergeht in unserem Land kein Tag ohne Gewalt durch Asylwerber. (Bundesrätin Schumann: Geh!) Diese Bundesregierung versagt seit Jahren in der Asyl- und Migrationspolitik. (Beifall bei der FPÖ.)
Wir fordern daher schon seit
Jahren mehr Polizisten, vor allem sichtbar
auf den Straßen, und auch bessere Arbeitsbedingungen für unsere
Polizisten – es ist schon angesprochen worden –, von
einem neuen Dienstrecht
über mehr Gehalt bis hin zu vor allem auch mehr Familienfreundlichkeit.
Die Anzahl der Überstunden zeigt uns allen, unter welchen Belastungen
die Bediensteten stehen.
Die Sicherheit für
Österreich ist uns sehr wichtig, sie ist sogar allen wichtig, bei der
Sicherheit dürfen wir nicht sparen. Wir brauchen dringend einen
Asylstopp, die Wiedereinführung von Ausreisezentren sowie ein
Übergehen zur Gewährung von reinen Sachleistungen. (Beifall und
Bravoruf bei der FPÖ.)
Beim Thema Asyl gibt es leider
auch auf EU-Ebene nur große Ankündigungen, aber es fehlt die
Umsetzung. Das Bundesheer und die Polizei kommen
oft an ihre Leistungsgrenzen und riskieren Verletzungen oder sogar ihr Leben
für unsere Sicherheit. Ich bedanke mich daher einmal bei allen, die sich
tagtäglich für unsere Sicherheit einsetzen, für
ihren täglichen Einsatz für unsere Sicherheit: Recht herzlichen Dank! (Beifall bei der FPÖ sowie des
Bundesrates Kovacs.)
Wir haben es schon angesprochen, die Personalsituation bei
der Polizei ist sehr beunruhigend. Es wird laut Information des Herrn Ministers
sehr viel
getan, um zu rekrutieren. Die wichtige Arbeit der Polizei kann nicht aufgeschoben
werden, sie kann aber auch nicht geleistet werden, wenn ein Mangel
an Polizisten besteht, denn es leiden ja auch die im Dienst stehenden Kolleg:innen an massiven Problemen, wie gesagt an den Überstunden. Der Mangel schlägt sich überall nieder.
Herr Minister! Die aktuellen Verbrechen verunsichern die
Österreicher, vor allem die Frauen sind immer mehr bedroht. Es ist
keine Überraschung,
dass die Österreicher in großer Mehrheit Schwierigkeiten im
Zusammenleben mit Migranten sehen, wenn man sich die schrecklichen
Einzelfälle allein
nur in den letzten vier, fünf Tagen anschaut – jedem ist
bekannt, was da war –: „Massenschlägerei vor Lokal:
Fünf Verletzte“, „Blutige Attacken mit
Fäusten und Messern“, „Wieder Messerstecherei in Favoriten –
Opfer notoperiert“, „Bande zückt im Freibad
Waffe – jüngster Angreifer erst 10!“ und
vieles, vieles mehr.
Herr Minister! Das Zusammenleben ist wie gesagt schon sehr
schwierig. Ich frage mich immer wieder: Wie würde es Ihnen
persönlich gehen, wenn es
direkt in Ihrer Familie solche Schicksale gäbe? Ob Sie auch dann noch so
reagieren würden? Ich glaube nicht. Wie bereits erwähnt werden
die Gewaltverbrecher auch immer jünger – ich verweise auf
die steigende Anzahl von unter 14-jährigen Straftätern. Auch da
besteht dringender Handlungsbedarf.
Die Menschen wünschen sich Sicherheit und vor allem,
dass die Migranten unsere Werte anerkennen und danach leben. Es sei
deutlich gesagt: Wer unsere Regeln, unsere Werte nicht anerkennen
will, Straftaten verübt, der
muss unser Land wieder verlassen. (Beifall bei der FPÖ sowie der
Bundesrätin Schumann. – Bundesrätin Schumann: Stimmt!)
Diese Bundesregierung hat auf allen Ebenen versagt und
gefährdet die Sicherheit unserer Österreicher. Herr Minister, setzen
Sie die notwendigen und grundlegenden Reformen im Interesse der
Österreicher um! Derzeit sehe
ich nur bei der FPÖ die politische Kraft und den Mut, wirklich
Grundsätzliches im Sicherheitsbereich und an der katastrophalen
Asylpolitik ändern zu wollen. (Bundesrätin Schumann: Das
glaub’ ich nicht!) Unsere Haltung ist klar: Wir stehen
auf der Seite der österreichischen Bevölkerung und werden für ihre Sicherheit eintreten.
Am 29. September haben Sie, geschätzte
Österreicher und Österreicherinnen, es selbst in der Hand, mit Ihrer
Stimme für die FPÖ unter Herbert Kickl für
mehr Sicherheit, Freiheit und auch für mehr Neutralität zu sorgen,
damit wieder Frieden in Europa herrscht. (Beifall bei der FPÖ.)
15.57
Vizepräsident Dominik Reisinger: Danke.
Ich darf darüber informieren, dass der Herr
Bundesminister jetzt
in den Hauptausschuss muss und den Bundesrat verlassen wird. –
Danke.
Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Marco Schreuder. Ich erteile ihm das Wort.
Bundesrat Marco Schreuder (Grüne, Wien): Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! In Wien sagt man: Jetzt reden wir in ein Sackerl und stellen es vor die Tür!, aber das passt schon.
Ja, vielen Dank für die Dringliche Anfrage. Auch wir
haben sofort gesagt:
Aha, das kommt aus dem Burgenland, von der SPÖ Burgenland, das
war uns auch klar. Aber sei’s drum. Ich finde es ja okay und gut, dass
wir über dieses Thema sprechen, denn es ist ja ein wichtiges Thema, und
das
kann man auch ganz offen so sagen. Es ist ja auch wichtig, zu sagen, dass jeder
junge Mensch, der oder die zur Polizei kommen möchte, willkommen ist,
denn es ist ein schöner Beruf, es ist
ein sozialer Beruf, es ist ein Beruf, der für das Zusammenleben
unserer Gesellschaft ganz enorm wichtig ist.
Gleichzeitig wissen wir natürlich auch, wie schwierig
der Arbeitsmarkt
ist. Man kennt das an allen Ecken und Enden. Davon sind ja nicht nur die Polizistinnen
und Polizisten betroffen, sondern zum Beispiel auch die Justiz-
wache. Herr
Kollege Spanring kann das sicher auch bestätigen: Dasselbe Problem
gibt es auch in der Justizwache, wo es sehr schwer ist, Menschen zu finden, die
diesen Job machen wollen. Es ist beim Bundesheer so,
es ist in Gesundheitsberufen so, es ist bei Pädagoginnen und
Pädagogen so, es ist in vielen Bereichen so, weil natürlich der Bund
auch hier in einem Wettbewerb steht mit dem Arbeitsmarkt, mit der Wirtschaft,
mit vielen anderen Bereichen.
Eines hat sich auch verändert, und das darf man, glaube
ich, gar nicht unterschätzen: Der Anspruch, den Menschen an einen Job
stellen, ist gerade auch seit der Pandemie durchaus ein anderer geworden. Der
Wunsch,
einen Teil im Homeoffice zu machen und dergleichen, ist natürlich gerade
für solche Berufe, in denen es schwer möglich ist, einen solchen
Homeofficemix zu machen, wie eben zum Beispiel bei der Exekutive
oder bei
der Justizwache oder bei anderen, durchaus schwer zu erfüllen. Umso
wichtiger ist es, diesen Job auch für junge Menschen attraktiv zu
gestalten, damit
man überhaupt einmal darüber nachdenkt, dass man diesen Job
ergreifen könnte. Deswegen finde ich es ja gut, dass es solche
Rekrutierungsbusse gibt, die zu den Berufsmessen kommen, dass man in die
Schulen
geht und dass man auch von den Möglichkeiten erzählt, die dieser Job
bietet.
Natürlich lohnt es sich aber schon auch, dort
hinzuschauen: Woran
könnte es denn hapern? Was könnte Menschen daran hindern, sich
für die Exekutive zu bewerben? Da zerbrechen sich im Ministerium
viele die Köpfe,
der Herr Minister zerbricht sich den Kopf, wir in den Parteien zerbrechen uns
die Köpfe, unsere Referent:innen zerbrechen sich die Köpfe
darüber, und
natürlich zerbrechen sich auch sehr viele Menschen innerhalb der Exekutive
die Köpfe darüber. Da wäre es natürlich schon auch
interessant, darüber nachzudenken: Welche Aufgabe hat die Exekutive und
welche Aufgaben übernimmt derzeit die Exekutive, deren Erfüllung
auch woanders denkbar
wäre? Was sind zum Beispiel Aufgaben, welche die Exekutive derzeit
übernimmt, die allerdings durchaus Aufgaben von Sozialarbeitern und
Sozialarbeiterinnen wären? Was sind die Aufgaben, welche zum Beispiel viel mehr Aufgabe von Gesundheitsberufen wären?
Wir muten den Exekutivbeamten ja sehr viel zu. Sie
müssen sehr viele
soziale Aufgaben übernehmen. Wenn wir schon über das Burgenland
reden, darf man sich aber auch die Frage stellen, ob Exekutivbeamt:innen zum
Beispiel bei einer Operation Fox in Ungarn wirklich gut
aufgehoben sind. Man darf die Frage stellen, ob es wirklich klug ist, für
Ungarn Schlepper zu fangen,
die dann in Ungarn eh sofort wieder freigelassen werden, und ein Asylrecht zu
unterstützen, für das Ungarn von der EU Strafen in Millionenhöhe
bekommt, weil es nicht EU-rechtskonform ist.
Zu den Zahlen, die von der SPÖ genannt worden sind, ist
schon viel gesagt worden. Ich möchte davon jetzt nicht allzu viel
wiederholen. Die Probleme
des Arbeitsmarkts habe ich auch schon erwähnt: Die Abgänge der
Babyboomergeneration sind in allen Branchen ein riesiges Problem. Gerade
deswegen
haben wir ja auch in unserer Regierungszusammenarbeit immer
wieder ganz stark auf solche Ausbildungsplätze geschaut, haben darauf geschaut,
dass es vor allem auch eine Förderung für Mehrsprachigkeit in der
Polizei gibt, dass man Menschen mit migrantischem Background in die Polizei
bekommt, dass man vor allem auch Frauen anspricht, in die Polizei zu kommen.
2023 wurden 1 100 neue Personen im Polizeidienst
aufgenommen,
450 schieden aus. Das sind die Zahlen für 2023.
Eine Verzerrung möchte ich
schon auch noch kurz erwähnen, weil das in der Dringlichen Anfrage der
SPÖ so erwähnt worden ist: Es wird dort
Favoriten, ein Wiener Bezirk, mit Graz und Linz verglichen. – Mir
ist kein Beschluss des Wiener Landtages bekannt, dass man die
23 Bezirke jetzt
in einzelne Städte aufteilen würde, und deswegen finde ich diesen
Vergleich auch wirklich ein bisschen schwierig, weil man da natürlich nur
die,
die in Favoriten stationiert sind, zählt. Es gibt aber so viele
Polizistinnen und Polizisten in Wien, die man nicht einem Bezirk zuordnen kann,
wie
Wega oder Cobra oder Spezialbedienstete in der Verkehrs- oder in der Kriminalpolizei.
Diese kann man nicht einem Bezirk zuordnen, sie sind
aber trotzdem in Wien. Nichtsdestotrotz, das ist ja auch gesagt worden, haben
wir natürlich in Wien einen Mangel an Polizeibeamtinnen und -beamten.
Das sagen wir ja alle, das wissen wir auch
alle. Wir alle wissen, dass wir etwas dagegen tun müssen.
Ich möchte schon auch noch einmal sagen, dass sich für den Ausbildungsstart für den Polizeidienst im Juni 2023 1 068 Personen beworben hatten, im Dezember 2023 gab es 3 226 Bewerberinnen und Bewerber. Ich finde, das ist eine noch nicht ausreichende, aber eine gute Zahl.
Meine Damen und Herren! Den Dienst bei der Polizei
attraktiver zu
machen ist für uns alle eine wichtige Aufgabe. Im Übrigen bin ich
aber der Meinung, dass Maßnahmen für die soziale Sicherheit,
Perspektiven
für die Jugend, eine sachorientierte Politik und Zukunftsfähigkeit
die beste Sicherheitspolitik sind. – Vielen Dank. (Beifall bei
den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)
16.04
Vizepräsident Dominik Reisinger: Danke.
Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Michael Wanner. Ich erteile ihm das Wort.
Bundesrat
Michael Wanner (SPÖ, Salzburg):
Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Bundesminister
Karner hat ja zumindest noch gesagt, es fehlt etwas, man muss sich
bemühen, man muss schauen, dass man
Personal herbekommt. Er hat nicht so wie Kollege Kohl gesagt, dass eh alles in
Ordnung ist. – Da ist nicht alles in Ordnung. (Beifall bei der
SPÖ.)
Wenn ich sehe, dass tatsächlich 4 000 Polizisten fehlen, dass wir 10 Millionen Überstunden haben und dass dann solche Schlagzeilen in einer Abend-
ausgabe der „Kronen Zeitung“
österreichweit zu lesen sind (eine Kopie der Titelseite einer
Ausgabe der „Kronen Zeitung“ mit der Schlagzeile „Polizisten
immer
mehr am Limit“ in die Höhe haltend), dass die Polizisten am
Limit sind – und das im März –, dann muss ich sagen,
man sollte etwas leiser treten und an der
Lösung des Problems mitarbeiten.
Unsere großartigen Polizisten machen eine tolle
Arbeit. Ich weiß eh, da applaudieren wir dann alle, weil die so
klass arbeiten, aber letzten Endes ist es
wirklich kein Zufall, dass wir über die Sicherheit reden. Es ist eine
Notwendigkeit, dass wir darüber reden! (Die Titelseite erneut in
die Höhe haltend:)
Es ist eine Notwendigkeit, weil die Polizisten am Zahnfleisch daherkriechen (Beifall
bei der SPÖ); und das kommt nicht von der SPÖ.
Seien wir froh, dass wir das drittfriedlichste Land sind! Das heißt aber immer noch nicht, dass wir das drittsicherste Land sind.
Jetzt muss ich doch ein bisschen in die Vergangenheit
zurückgehen.
Wenn jemand fast ein Vierteljahrhundert das Innenministerium hat –
und jetzt nehme ich die FPÖ aus; komisch, dass das von mir kommt: Kickl
hat
zumindest geschaut, dass das Personal nachbesetzt wird (Bundesrat Buchmann:
Und die Pferde! – Bundesrätin Doppler: Und die
Stichwesten ...!); noch
einmal: lobt euch nicht zu viel, freut euch über das, was ich gesagt habe!
(Heiterkeit des Bundesrates Schmid) –, wenn die
ÖVP fast ein Vierteljahrhundert das Innenministerium hat,
ergibt sich: Die ÖVP ist verantwortlich für die Schließungen
der Polizeidienststellen unter Strasser. (Beifall bei der SPÖ.)
Daran kann man sich
wahrscheinlich gar nicht mehr erinnern: Er hat eine nach der anderen
zugesperrt, bis sie ihn dann selber eingesperrt haben. Dann
waren da Sobotka, Nehammer (Bundesrat Steiner: Mikl-Leitner!), da
ist jetzt Karner, und eine derjenigen, die am meisten zugesperrt
haben, war die, die
jetzt am meisten nach Sicherheit schreit: Mikl-Leitner (Beifall bei
Bundesrät:innen von SPÖ und FPÖ): neun Dienststellen in
Salzburg, 21 Dienststellen in Oberösterreich, elf Dienststellen im
Burgenland, 22 Dienststellen in Kärnten,
21 in Niederösterreich und 23 in der Steiermark – gratuliere!
Und jetzt
steht sie da und sagt: Wir brauchen Sicherheit! (Beifall bei
Bundesrät:innen von SPÖ und FPÖ.)
25 Jahre – ein
Vierteljahrhundert – Polizeiverantwortung, Innenministerium, und das
ist das Ergebnis. Ich bin mir aber eigentlich ziemlich sicher, dass auch das
kein Zufall ist. Es hat bei der ÖVP ja System, dass man zuerst
einen Notstand, ein Defizit erzeugt und dann hergeht und sagt: Ich rette
euch! – Das hat System.
Ich nenne euch jetzt ein paar
Sachen – ich habe es heute Vormittag
schon gesagt –: Der öffentliche Verkehr wurde reduziert, bis er
fast zusammengebrochen ist. Und jetzt seid ihr da und sagt: Wir brauchen
einen öffentlichen Verkehr! – Es gab keine Postbusse
mehr in die Länder hinaus,
die ÖBB sind heruntergefahren worden.
Ganztagesschulen brauchen wir
nicht! Herbstferien werden verhindert. Sie werden erst dann
eingeführt, wenn man selber sagt: Tralala, jetzt brauchen
wir sie!
Energieregulierung: Kostendeckel
erst spät – und dann für die, die eure Klientel
sind, nämlich die, die das Geld haben. (Ah-Ruf bei der ÖVP.) –
Ja, es ist so.
Es ist so, denn der einfache Bürger hat sehr wenig davon.
Ich komme jetzt zu Salzburg und
ich sage, in Salzburg ist es vom Personalstand her zumindest noch etwas besser,
aber laut Umfragen fehlen auch in
Salzburg 200 Polizistinnen und Polizisten – bei
633 000 Überstunden; das sind 350 Überstunden pro
Polizistin oder Polizist. Wurscht, die werden das
schon irgendwie leisten!
Da sind wir jetzt aber noch nicht am Ende. Der Herr Minister hat gesagt, das Rückgrat sind die Dienststellen draußen.
Die komplette
Polizeidienstreform geht nur zulasten der Dienststellen,
denn für eine Kriminaldienstreform im Bereich Jugendkriminalität
wurde noch
kein einziger Planposten beschlossen – zur
Cyberkriminalität komme ich
dann noch, das ist ja sowieso der Witz des Tages –, keine einzige
Planstelle wurde da bis jetzt beschlossen, aber die Kriminaldienstreform
ist beschlossen.
Das Ganze ist aufgebaut auf
einem Stellenplan, der vor 20 Jahren gegolten hat. Man muss sich das
vorstellen: Diese Reform ist aufgebaut auf einem
Stellenplan aus dem Jahr 2005. Die Bevölkerung, die Zahl der Menschen
ist größer geworden, die wirtschaftliche Entwicklung ist anders, die
Aufgaben sind anders gestellt, die Probleme sind andere als vor
20 Jahren (Bundesrat Steiner: Ein Haufen Asylanten sind
gekommen!), aber denselben Stellenplan,
jenen von 2005, haben wir noch – und nichts geändert.
In den Polizeiinspektionen – da müsst ihr nur einmal bei denen, die dort arbeiten, nachfragen – gibt es Kurzzuteilungen von Bediensteten aus den Inspektionen ganz woanders hin, weil man sie dort gerade braucht, sie gehen ab. Da gibt es Karenzierungen, die teilweise nicht bei den nicht Anwesenden eingerechnet werden, es gibt Langzeitkrankenstände, und das Ganze schwächt den Regelbetrieb, das Rückgrat, wie es der Herr Minister vorhin gesagt hat.
Bei so manchen Landstrichen
frage ich mich – (in Richtung Bundesrat Gfrerer) ich schaue
meinen Kollegen aus Großarl an –: Habt ihr noch eine fixe
Polizei? – Keine mehr, gell?! Dieses Gebiet wird von Sankt Johann
draußen bedient. Bis die Polizei da hineinfährt! Mittlerweile fahren
die Polizisten – in Obertauern ist
es ja dasselbe – länger zu ihren Außendienststellen, als
sie auf der
Straße im Sicherheitsdienst verbringen. (Ruf bei der SPÖ:
Wahnsinn!) Ein bisschen Reiseproviant sollten wir ihnen mitgeben, die sind
ja wirklich arm. (Beifall
und Bravorufe bei der SPÖ.)
Ganze Landstriche sind ohne Polizei. Wenn man dort hinkommt,
dann steht draußen: Ich bin im Nachbarort. – Die Burschen und
Mädels können aber überhaupt nichts dafür. Das ist die
Politik der Vergangenheit. Jetzt
kommt man her und sagt: Wir müssen jetzt etwas tun. – Verschlafen habt ihr es! 25 Jahre hättet ihr etwas tun können, nichts habt ihr gemacht.
Jugendkriminalität: Dafür gibt es eine eigene
Einsatzgruppe. Planstellen
gibt es keine (Heiterkeit des Bundesrates Schmid), aber
Cyberkriminalitätscenter. Das ist etwas ganz Neues, das ist ja ganz
wichtig (Bundesrat Schennach:
Haben wir erst ... beschlossen!), aber nein –
pst! –, Bekämpfung von Cyberkriminalität bauen wir
auf – keine Planstellen! –, und wir schaffen es nicht
einmal,
dass wir in jeder Polizeidienststelle WLAN haben, mit der
Cyberkriminalität aber beschäftigen wir uns. (Beifall und
Heiterkeit bei der SPÖ sowie Beifall bei Bundesrät:innen der
FPÖ.)
Fragt einmal eure Leute draußen in den Dienststellen! Nicht einmal WLAN bringt ihr hin. (Zwischenruf des Bundesrates Schennach.) Schaut nach! Es ist zum Schreien.
In Summe bräuchte man für das Ganze, das jetzt
schon beschlossen ist,
circa 700 Planstellen, diese wären notwendig. Ich wünsche dem
Herrn Minister viel, viel Erfolg. Er wird ja vielleicht nicht mehr lange da
sein, also wird es
nicht mehr sein Problem sein, aber letzten Endes ist es so, dass ihr
jetzt am Abend draufkommt und aufwacht und dann kurz vor der Wahl sagt: Wir
sind eh so gut. – Herr Kollege, da ist nichts gut! (Zwischenruf
bei der FPÖ.)
Wir müssen unsere Polizistinnen und Polizisten besser
unterstützen. Wir müssen ihnen helfen. Deswegen auch der Aufruf. Ich
gehe davon aus, dass es jeder
hier herinnen mit der Polizei gut meint und auch das Volksbegehren
Polizei – kritischer Personalmangel unterschreiben wird. Das geht
ganz einfach mit dem Handy über die ID Austria. Das können wir ja
alle, sagt man
zumindest. (Heiterkeit der Bundesrätin Schumann.)
Was in Summe einfach nicht schön ist, ist, dass man
Zahlen schönfärbt. Jetzt haben wir, glaube ich, schon die fünfte
Zahl gehört, die wieder etwas
anderes aussagt. Eigentlich haben wir ja mehr Polizisten, als wir
überhaupt
brauchen (Heiterkeit bei Bundesrät:innen von SPÖ und FPÖ), denn 300 haben wir jetzt schon zu viel, oder?! (Ruf bei der SPÖ: Mehr!) – Das ist komisch.
Freunde, so geht es wirklich nicht. Wir sind kein Selbstdarstellungsverein. (Bundesrat Buchmann: Geh! – Rufe bei der ÖVP: Schau dich an! Ja, schon gut!) Wir sind kein Verein, von dem die Menschen veräppelt werden. Es gibt die subjektive und die objektive Sicherheit – für diese sind auch wir hier herinnen zuständig, vor allem aber der Minister und das Innenministerium.
Ich wiederhole es noch einmal: Diese Polizeisache ist ein schwarz-grünes Dilemma. Es geht um die Sicherheit der Menschen, es geht um die Sicherheit der Bevölkerung, auch um die Sicherheit der Wirtschaft, die Sicherung des Wohlstandes. Es geht um Österreich. Helfen wir denen, die schon nicht mehr können! (Beifall und Bravorufe bei der SPÖ. – Zwischenruf des Bundesrates Schennach.)
16.15
Vizepräsident Dominik Reisinger: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Matthias Zauner. Ich erteile ihm das Wort.
Bundesrat
Matthias Zauner (ÖVP, Niederösterreich): Herr Vizepräsident! Hohes Haus! Meine Damen
und Herren! Fangen wir einmal mit dem an, was an
dieser Anfrage der Sozialdemokratie positiv ist. Im Vergleich zur letzten
Dringlichen Anfrage an den Innenminister hat die Sozialdemokratie
dazugelernt: Erstens weiß der Herr Vizepräsident mittlerweile, wie
sein oberster Chef heißt, und zweitens bezieht man sich in der Anfrage
nicht auf Anfragebeantwortungen, die es so überhaupt nicht
gegeben hat.
Was noch nicht ganz funktioniert, ist, dass man sich terminlich anschaut: Ist der Minister überhaupt verfügbar oder anderweitig im Hohen Haus beschäftigt? (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrätin Schumann: Ah, die Besserwisserei! – Weitere Rufe bei der SPÖ: Oh, eine Besserwisserei!)
Inhaltlich ist diese Anfrage natürlich auch nicht
besser als die vor wenigen Monaten, weil auch bei dieser Anfrage ganz
einfach – der Herr Bundesminister hat es
ausgeführt – Äpfel mit Birnen verglichen werden (Bundesrätin Schumann:
Das sagen Sie den Polizistinnen und Polizisten, Herr Kollege!), denn wenn
ich das eine frage und es mit dem anderen vergleiche, dann wird
es eben nicht funktionieren. (Ruf bei der SPÖ: Die hören Ihnen eh
zu! – Bundesrätin Schumann: Die Polizisten hören
Ihnen zu!)
Schauen wir uns einfach an, wie die Zahlen der Polizistinnen
und Polizisten, die ihren Dienst in den LPDs versehen, sprich
jener Polizistinnen und Polizisten, die
vor Ort sind, wirklich sind: Das waren am 1. Jänner 2020
noch 29 784 und sind seit 1. Juni 2024 32 635, also knapp
3 000 mehr.
Die vom Innenminister angesprochenen und von Ihnen
belächelten Rekrutierungsmaßnahmen zeigen Wirkung. Im ersten
Halbjahr 2023 sind bundesweit 470 neue Polizistinnen und
Polizisten in den Dienst gestellt worden, im ersten Halbjahr 2024 waren es
schon 1 310, das ist ein Plus von
280 Prozent. Was die Bundeshauptstadt anlangt, waren es im ersten Halbjahr 2023
83 Aufnahmen und im ersten Halbjahr 2024 382.
Ich habe heute keinen Innenminister erlebt, der die Dinge schöngesprochen hat, schöngeredet hat, sondern einen, der auch klar gesagt hat, dass wir natürlich Herausforderungen haben und dass es darum geht, diese Aufgaben gemeinsam zu meistern.
Bei mir schrillen immer dann die Alarmglocken, wenn sich die
Sozialdemokratie herstellt und über Sicherheitsfragen deportieren
will (Bundesrätin Schumann: Deportieren? Oje!), denn in der
Sicherheits- und Asyllinie
hat diese Partei mit hundertprozentiger Sicherheit eine Schlangenpolitik wie in
vielen anderen Bereichen auch. (Oh-Rufe bei der SPÖ.)
Das sage jetzt nicht nur ich, das
schrieben vergangenes Wochenende
auch die Medien. Der „Kurier“ hat zum Beispiel geschrieben:
„Die SPÖ in der
Asyl-Falle. Wieder einmal hat die SPÖ versucht,
ihren Asylkurs zu
schärfen. Wieder einmal ist das Ergebnis
eine halbherzige Lösung“. – Die „Kronen
Zeitung“ schreibt: SPÖ und Migration, „Papiertiger“ in
Rot.
„Es fehlen die Antworten auf drängende Fragen“. (Bundesrat Buchmann:
Hört! Hört!)
Frau Bundesrätin Schumann,
das kann man ja alles machen (Bundesrätin Schumann: Was
kann man alles machen?), das ist ja auch in Ordnung, aber die
Art und Weise, wie Sie sich dann hier herausstellen und behaupten, die
Bevölkerung warte stundenlang oder warte lang – damit ich
korrekt bleibe; Sie
haben immer auf die Uhr gezeigt – auf die Polizistinnen und
Polizisten (Bundesrätin Schumann: Mhm!): Das
können Sie meiner Meinung nach so nicht
belegen, und ich halte es ehrlich gesagt für verantwortungslos (Bundesrätin
Grimling – erheitert –: Verantwortungslos!), und
vor allem tun Sie
das, was Sie anderen vorwerfen, nämlich Ängste in der
Bevölkerung schüren. (Beifall bei der ÖVP. –
Bundesrätin Schumann: Ach Gott! Oje, oje!)
Kollege Pröller, über
die Regierungszeit von Herrn Kickl haben wir eh schon des Öfteren
gesprochen. Ich glaube, wir brauchen es jetzt nicht noch einmal
zu wiederholen. Noch ein Wort zu den Stichwesten: Er hat sie erfolgreich ausgeliefert,
bestellt hat sie der Amtsvorgänger – vielen Dank, Wolfgang
Sobotka. (Bundesrätin Doppler: Ist ja nicht wahr! Das stimmt
nicht! – Ruf bei der FPÖ: Unsinn! – Bundesrat Spanring:
Nein! 4 Millionen Euro waren euch zu
viel Geld! 4 Millionen Euro wolltet ihr nicht ausgeben!) Die Pferde
und den Teppich aber, das habt ihr alles gemacht – danke dafür
an Herrn Kickl. (Beifall bei
der ÖVP.)
Zum Schluss noch einmal zur SPÖ: Ganz ehrlich, das,
was wir da jetzt erlebt haben, das war nichts. Wenn euch nicht mehr
einfällt, dann ist das so. Mir
fällt dazu nichts mehr ein (Bundesrätin Schumann:
10 Millionen Überstunden!), außer zum Abschluss ein herzliches
Dankeschön an die Polizistinnen
und Polizisten in unserer Republik. (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP sowie Beifall der Bundesrätin Hauschildt-Buschberger. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)
16.19
Vizepräsident Dominik Reisinger: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Klemens Kofler. Ich erteile ihm das Wort.
Bundesrat Klemens Kofler (FPÖ,
Niederösterreich): Sehr geehrter
Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Kollegen im
Bundesrat! Liebe Freunde hier und zu Hause! Grüß Gott! Wer über
Sicherheit
reden muss, der muss über Zuwanderung reden. Wir waren nämlich immer
ein kultiviertes und friedliches Land, aber das hat sich ja in den letzten
Jahren geändert.
Ich selbst bin in Horn
Gemeinderat, deswegen kenne ich mich dort aus. Wir haben einen See
saniert – das ist unser Stadtsee. Das ist auch
wunderbar gelungen, dort gibt es auch Gastronomie dazu. Wir gehen sehr gerne
dorthin.
Nur: Jetzt können wir das
nicht mehr, weil unsere Frauen und Mädchen andauernd von irgendwelchen
Asylanten (Bundesrat Schreuder: Asylwerbern!), Asylwerbern
begrapscht werden. Das ist wirklich ekelhaft. Ob es ein
Asylant oder ein Asylwerber ist, ist egal, es geht ums Grapschen. Das ist grauslich
und wir wollen das nicht mehr haben. (Beifall bei der
FPÖ.)
Ich habe selber
eine hübsche Frau – Gott sei Dank eine hübsche
Frau –
und zwei Mädchen, also ich weiß, wovon ich rede. Auch die gehen
nicht mehr dorthin. (Bundesrätin Schumann:
Oh!) Asylwerber aus bestimmten Ländern
können eben ihre Hände nicht bei sich behalten, und das ist ekelhaft.
Eine ganze Stadt muss sich von den paar Asylanten tyrannisieren lassen.
Wir sind immer auch ein sicheres Land gewesen,
das stimmt schon, aber
die Polizei hat ja auch kein Problem mit der Festnahme gehabt. Die hat die Burschen
gleich gehabt, nur sind die nach wenigen Stunden wieder auf
freiem Fuß gewesen – und das ist das Problem. Die können
gar nicht so viele einsperren, wie die anderen wieder herauslassen. Das hat ja
alles
miteinander keinen Sinn, nein! (Beifall bei der FPÖ.)
Wenn dann solch ein Grapscher zur Rede
gestellt wird, dann agiert der mit einem als Waffe verwendeten Gürtel
wie ein Irrer und schlägt auf sein
Gegenüber ein, dass dem ein Teil des Gürtels im Kopf stecken bleibt.
Das hat die Schädelplatte
durchschlagen – solche Wahnsinnige haben wir im schönen
Horn oben. So können wir nicht zusammenleben, Herr Minister. Ich
baue auf Sie – bis zum September zumindest. (Heiterkeit und Beifall
bei der FPÖ. – Bundesrat Buchmann: Das ist eine
Etappe! – Bundesrat Himmer: Das ist eine Etappe! So lange
war ... noch nie!)
Wer über Sicherheit redet, der muss über Abschiebung reden. Wir wollen diese Leute nicht mehr bei uns haben. Wir ekeln uns vor ihnen, sie gehören raus! (Beifall bei der FPÖ.)
16.22
Vizepräsident Dominik Reisinger: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Günter Kovacs. Ich erteile ihm dieses.
Bundesrat
Günter Kovacs (SPÖ, Burgenland):
Herr Präsident! Herr Innenminister! (Bundesrat Schennach: Nur
für den Herrn Kohl! Weil der Herr Kohl ja so viel Fantasie ...!) Werte
Kolleginnen und Kollegen! Herr Bundesrat Kohl
hat ja das Burgenland schon herausgestrichen und hat den Landeshauptmann schon
indirekt – nicht direkt, aber indirekt – ein bisschen
gelobt für seine Sicherheitspolitik im Burgenland. (Bundesrat Schennach:
Danke! – Ruf bei der SPÖ: Super!) Gott sei Dank macht er
das im Burgenland.
Die Zahlen haben wir vorhin
gehört: Im vorigen Jahr gab es über
16 000 Menschen (Bundesminister Karner: In zwei Jahren!),
16 000 Menschen in zwei Jahren, die die Grenze im Burgenland illegal
überwunden haben.
Das sind mehr als die Einwohner der Landeshauptstadt des Burgenlandes, das
muss man sich einmal vorstellen! Das nur, damit man ungefähr weiß, von welcher Dimension wir sprechen.
Jetzt kann man
natürlich sagen, es gab eine Verbesserung – keine Frage, es sind
weniger geworden –, aber was war los? Was war damals
los? Warum hatten
wir so viele Grenzübertritte? Da muss ja einiges im Argen liegen.
Wenn wir uns
erinnern, und da möchte ich jetzt den Kollegen, einen meiner Vorredner,
aus den Reihen der ÖVP ansprechen – ich glaube, du bist sogar
Geschäftsführer der ÖVP Niederösterreich,
Landesgeschäftsführer (Bundesrat Schennach: Ja, ja, er ist
die rechte und die linke Hand!) –, denn man vergisst
ja schnell, und fragen: Wer waren die Innenminister der letzten 20 Jahre,
und vor allem auch aus deiner Heimat, wie lauteten ihre Namen? –
Innenminister Strasser – wir wissen (Bundesrat Spanring: Verurteilt!);
na ja, das wollte ich jetzt nicht sagen, aber okay –, dann
Innenminister Sobotka (Zwischenruf des Bundesrates Steiner),
Mikl-Leitner, Prokop und heute Innenminister Karner: alle aus
Niederösterreich.
Wir haben heute
einen Antrag gestellt mit der Überschrift: „Österreich
fehlen 4.000 Polizist:innen“ – und wir haben das heute
auch im Burgenland gemacht. Der Grund war nicht, weil wir im Burgenland
gesagt haben, wir
wollen irgendwen übergehen oder nachfragen. Wir hatten das im Nationalrat
natürlich schon eingebracht – seitens der Bundes-SPÖ wurde
das vor
einigen Monaten gemacht, und dem Innenminister wurden Fragen gestellt, in
denen, das wurde ja heute schon oft thematisiert, auf die Personalnot
bei der Bundespolizei eingegangen wurde. Und damals, im Nationalrat,
wurden seitens des Herrn Ministers Zahlen präsentiert, die fern jeglicher
Realität
sind.
Allein in den Jahren 2020 bis 2023 fehlten in der österreichischen Bundespolizei 4 000 – zuhören! – dienstbare Polizisten. Bitte, ich rede hier bewusst von „dienstbaren“ Polizistinnen und Polizisten. Dienstbar heißt hierbei, dass diese ihre gesamte – gesamte! – Dienstzeit, ihren gesamten Dienst auf ihrer Dienststelle verrichten.
Die Aufgabengebiete der Kolleginnen und Kollegen werden
immer umfangreicher (Bundesrat Himmer: Bist du auch ein Polizist?),
das wissen wir alle – sei es in Sonderfunktionen oder auch in banalen
Dingen, wie einer Merchandising-Aktion wie Coffee with Cops. Wenn eine
Polizeidienststelle schon unter dem Mindeststand an Polizistinnen und
Polizisten ist und dann auch noch zusätzlich gewisse Sonderverwendungen,
aber auch Spezialeinsätze dienstlich abzuwickeln hat, dann muss jedem klar
sein, auch hier im Bundesrat, dass dieses System nicht lange am Leben gehalten
werden kann.
(Beifall bei der SPÖ.)
Hier wäre es dringend – dringend! – notwendig, diese Stunden, die natürlich – die Zahlen, die ja extrem sind, wurden vorhin genannt – bei der normalen Dienstverrichtung auf der Polizeiinspektion fehlen, auch bei der Berechnung der dienstbaren Kolleginnen und Kollegen einfließen zu lassen.
Ich möchte Ihnen eine Zahl zukommen lassen –
und auch da gab es wieder einen Innenminister von der ÖVP –:
Was schätzen Sie, wie viele Polizisten
von 2000 bis 2010 im Burgenland aufgenommen wurden? – Der
Innenminister kam von der ÖVP. – Null, nicht einmal einer. Da
braucht man sich
heute nicht mehr zu wundern, wenn man dann einen Notstand beim Personal hat.
Betreffend das Personal – und das haben Sie
selbst gesagt – ist es ja
auch gut und erwähnenswert, auch dass das gemeinsam mit Bürgermeister
Ludwig geschieht, dass man jetzt rekrutiert, aber das wäre vielleicht
mit ein bisschen Weitsicht gar nicht notwendig gewesen, und dann würde man
auch ein höheres Sicherheitsempfinden und auch mehr Sicherheit in ganz
Österreich haben.
Dass der Beruf des Polizisten, der Polizistin sehr gerne von vielen Politikern als Sicherheitssiegel vorgeschoben wird, hat natürlich auch mit den Aufgaben der Polizei zu tun, aber hier bitte nicht nur medienwirksam Sicherheitspolitik versprechen, sondern dies auch praxistauglich umsetzen! (Beifall bei der SPÖ.)
Ich möchte, weil es vorhin erwähnt wurde, ein Wort
über die Ausrüstung verlieren. Ich glaube, Herr Kollege Wanner,
du hast das mit dem WLAN gesagt.
Ich kann das leider noch ein bisschen toppen – ich würde es
gerne nicht toppen, muss es aber toppen. Wenn es 2024 in Österreich als
Errungenschaft gilt
und man stolz darauf ist, dass jeder ein Diensthandy hat –
2024! –, oder wenn zum Schutz des Einzelnen Stichschutzwesten zur
Ausrüstung gehören,
dann ist das für mich eher normal als eine große Leistung. (Ruf
bei der ÖVP: Keine Polemik!) In den vergangenen Jahren ist das nicht
zustande gekommen. (Bundesminister Karner:
Die Einzigen in Europa! Die Einzigen in Europa!) – Aber 2024 ein Diensthandy? Ich
glaube, Handys gibt es schon länger; das
glaube ich zumindest. (Bundesrat Himmer: Ja! –
Bundesminister Karner: Die Einzigen in Europa!)
Darüber hinaus wären viele Kolleginnen und
Kollegen auch schon froh,
wenn es, wenn normale Uniformsorten bestellt werden, keine monatelangen
Lieferzeiten aufgrund von Lieferproblemen ausländischer Firmen geben
würde.
Meine Damen und Herren, ich habe mit dem Burgenland
begonnen, ich werde auch mit dem Burgenland schließen. Landeshauptmann
Hans Peter
Doskozil hat sich in den letzten Jahren als Landeshauptmann einen Namen gemacht
(Bundesrat Himmer: Genau! Genau! Wir wissen!), hat sich aber vor
allem – das darf ich in der Länderkammer schon noch sagen, Herr
Minister –
damals als Minister und jetzt als Landeshauptmann einen Namen gemacht, was die
Sicherheit betrifft.
Er stellt sich immer vor seine Bevölkerung, und ich
möchte auch sagen:
Danke, Herr Minister, für das, was Sie auch für das Burgenland
gemacht haben, aber ohne den Landeshauptmann und die gesamte Regierung
wäre das
sicher nicht so entstanden, denn der Druck wurde in den letzten Jahren sehr,
sehr groß. – Danke schön. (Beifall bei der
SPÖ.)
16.29
Vizepräsident
Dominik Reisinger: Weitere Wortmeldungen
dazu liegen
nicht vor.
Wünscht noch jemand das Wort? – Es gibt eine Wortmeldung.
Herr Bundesrat Spanring, ich erteile Ihnen das Wort.
Bundesrat
Andreas Arthur Spanring (FPÖ, Niederösterreich): Herr Vorsitzender! Herr Minister! Frau
Staatssekretärin! Ich weiß, es ist spät – weil Sie
auf die
Uhr schauen –, aber es könnte noch ein bisschen dauern.
Grundsätzlich zur Dringlichen Anfrage: Auch ich finde
das Thema wichtig, habe mir vieles notiert, was heute besprochen wurde. Herr
Minister, danke,
dass Sie nach dem Hauptausschuss wieder hierhergekommen sind. Das gebietet
zumindest der Anstand, und das haben Sie gemacht – das kennen wir
von manchen auch anders. (Vizepräsident Ebner übernimmt den
Vorsitz.)
Wenn die SPÖ heute hier eine Dringliche Anfrage gemacht
hat und man feststellen muss, dass ihr eigener Bundesparteiobmann und
wahrscheinlich der Spitzenkandidat bei der Nationalratswahl schon lange vor der
Behandlung der Dringlichen Anfrage weg war und seitdem keine einzige Minute
hier war,
dann weiß man, wie wichtig der SPÖ ihre eigene Dringliche Anfrage
an den Herrn Minister ist. (Beifall bei der FPÖ und bei
Bundesrät:innen der ÖVP.)
Herr Kollege Zauner, natürlich muss ich auf das
replizieren, was du zu
den Westen gesagt hast. Schau, ich kann dir das erzählen, ich war zehn
Jahre beim Bundesheer, zehn Jahre bei der Justizwache, deshalb kann ich mich
noch ganz genau erinnern, wie das war, als die ersten Anträge auf
Anschaffung von Stichschutzwesten von der FPÖ gestellt worden sind. Damals
gab
es eine rot-schwarze Regierung, das war 2011/2012, glaube ich, Faymann I,
und da hat es geheißen: Wir haben kein Geld dafür, weil
Stichschutzwesten
für alle Autos 4 Millionen Euro kosten würden. 4 Millionen
Euro, das ist zwar viel Geld für einen Einzelnen, aber für
Österreich sind 4 Millionen Euro nicht viel.
Schaut euch bitte den
Schuldenindex an: Alle 3 Sekunden haben wir um 1 000 Euro mehr Schulden –
alle 3 Sekunden! –, und wir reden da
von 4 Millionen Euro, die aufzubringen damals nicht möglich gewesen
ist. In jener Zeit hat Herr Faymann in seiner Funktion als Bundeskanzler, nachdem er von
einer Auslandsreise zurückgekommen ist, gesagt: Er hat das zugesichert,
er unterstützt die afghanische Polizei im Aufbau mit 18 Millionen
Euro! Damals habe ich mir gedacht, na danke, das ist ja wohl die
österreichfeindlichste Politik, die es überhaupt gibt. (Beifall
bei der FPÖ.)
Also: Danke an
Herbert Kickl, der als Innenminister diese Stichschutzwesten eingeführt
hat. Sie waren bitter notwendig, wie man gemerkt hat, und sie
haben zumindest jetzt einem Polizisten – das haben wir per Video
bewiesen – schon das Leben gerettet, Gott sei Dank. Es ist
traurig – das muss ich
an dieser Stelle auch sagen –, dass es überhaupt notwendig ist,
dass du als Polizist dauernd mit einer Stichschutzweste oder ballistischen
Weste unterwegs sein musst, weil die Gefahrenlage in Österreich so hoch
ist.
Und wenn der
Herr Minister heute ausgeführt hat, der Global Peace Index
ist so gut für Österreich, dann muss man die Frage stellen: Warum
ist das so? – Ist es vielleicht deshalb so, weil es in anderen
Ländern noch schlechter ist? Müssen wir uns mit jenen vergleichen?
Ich sage jetzt einmal nur Frankreich. Wir kriegen ja fast nichts mit, unsere
Medien vermeiden ja
schlechte Nachrichten, wenn sie einer rechten Partei im Wählerverhalten
vielleicht irgendwie Auftrieb geben könnten. Deshalb
wird - - (Oh-Rufe bei
der SPÖ. – Bundesrätin Schumann: Na das kann man
jetzt nicht sagen!) – Ja, schauen Sie sich einmal an, was
tagtäglich in Frankreich los ist, liebe SPÖ! Ihr
wollt das nicht wissen: Dort brennen die Straßen, da brennen Autos, da
werden täglich Schaufenster eingeschlagen – so wie wenn die
Antifa durch
Wien zieht. (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrätin Schumann:
Die Banlieues sind es!)
Ich habe ein Beispiel aus einem
sozialdemokratisch geführten Land,
und ich meine ausnahmsweise einmal nicht Wien, ich meine Dänemark. Wir
waren vor Kurzem mit dem EU-Ausschuss in Amsterdam, Den Haag
und waren unter anderem auch bei Europol. Wir hatten dort interessante
Gespräche, und ein Spitzenbeamter hat uns damals gesagt, warum in
Dänemark eine sozialdemokratische Regierung einen restriktiven
Ausländerzuwanderungskurs fährt und man die Leute dort nicht
mehr hineinlässt beziehungsweise nach Möglichkeit jene, die nicht
dorthin gehören, wieder zurückbringt.
Wisst ihr, warum? Und auch das hat man in den Medien nicht gehört: jeden
Tag – und das hat ein Beamter von Europol gesagt! –,
jeden Tag mindestens ein Schussattentat und jeden dritten Tag
ein Sprengstoffanschlag, ein Anschlag mit Sprengstoff in Dänemark. Also
nicht böse sein! Nicht böse
sein! Und in den Medien Stillschweigen darüber. Warum wohl? –
Na gut, soll so sein.
Dann hat Herr Minister
Karner etwas anderes Interessantes gesagt, er
hat von Herausforderungen gesprochen, die wir vor 20, 30 Jahren nicht hatten. –
Ja, da haben Sie vollkommen recht, aber hätten Sie auf die Freiheitlichen gehört,
dann hätten wir viele dieser Herausforderungen heute nicht. Das ist der
springende Punkt. (Beifall bei der FPÖ.)
Ich bin froh, dass Sie wieder gekommen sind, weil ich auch
eine Frage
zum Global Peace Index, Österreich betreffend, habe: Was für eine
Terrorwarnstufe haben wir derzeit in Österreich, Herr Minister? Sie
wissen das, oder? (Bundesminister Karner: Sie auch, oder?) Ja,
vier von fünf, also die zweithöchste. In der Beschreibung zu dieser
Stufe steht: wenn es konkrete Bedrohungen
gibt – und gleichzeitig liest man in den Medien, es gibt eh keine
konkreten Bedrohungen. Jetzt frage ich mich: Warum haben wir dann seit
2023 die zweithöchste Terrorwarnstufe? Also da passt einfach vieles nicht
zusammen – und wie gesagt: Hätte man früher auf die
FPÖ gehört, hätte man nicht
immer die Nazikarte gespielt, die Rassismuskarte oder Sonstiges, dann
hätten wir viele dieser Probleme heute nicht. Das ist ganz einfach die
Wahrheit.
(Beifall bei der FPÖ.)
Etwas, was mich ganz besonders ärgert, weil ich es
selbst miterlebt habe: Ich war damals 18 Jahre alt, oder 17 war ich damals
noch, und wollte immer Polizist werden. Es war in jungen Jahren immer
mein Traumberuf. Im
Jahr 1995/1996, als ich 18 war, habe ich das Bundesheer gemacht und konnte
danach nicht zur Polizei gehen. Warum? – Weil es damals das erste
große Sparpaket von Rot-Schwarz mit einem kompletten Aufnahmestopp bei der
Polizei gab. Das heißt, man hat lange Zeit keinen einzigen
Polizisten aufgenommen, aber man hat damals schon gewusst, dass es
ein Problem geben wird, weil spätestens 20 bis 25 Jahre später
die Babyboomergeneration in Pension
gehen wird. Als ich damals beim Bundesheer dabeigeblieben bin, hat das jeder
gesagt: Wir werden in 20 Jahren ein Problem haben, weil da die Babyboomer alle
in Pension gehen werden, und dann wird es einen Personalmangel geben. Jeder hat
es gewusst – aber nichts wurde gemacht.
Und wenn sich heute die SPÖ hinstellt und die Schuld
der ÖVP gibt –
wobei ich sagen muss, natürlich hat die ÖVP einen Gutteil der Schuld,
weil sie immer die Minister gestellt hat –, dann frage ich Sie: Wer
hat denn die
Kanzler gestellt? (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Wer hat denn die
meiste Zeit die Kanzler gestellt? – Das war die SPÖ. Also nicht
hier Kindesweglegung
machen, denn ihr wart mit dabei!
In eurer Dringlichen Anfrage, die ja sehr schön
gestaltet ist, schreibt ihr davon (eine Seite der Dringlichen Anfrage in die
Höhe haltend), dass es von 2020
bis 2023 ein Minus von 4 000 Polizisten gegeben hat, und darunter den
Satz: „22 Jahre ÖVP-Innenminister:innen und 2 Jahre eines
FPÖ-Innenministers haben ihre Spuren hinterlassen.“ Da
frage ich euch: Warum habt ihr denn erst mit 2020 begonnen und nicht mit
2017/18/19, den Jahren, in denen Herbert Kickl dabei war? Kann es sein, dass in
dieser Zeit die Anzahl gestiegen ist? Kann es sein, dass das einfach nur
Manipulation von euch ist?
(Bundesrätin Schumann: Na geh, eine Verschwörungstheorie!)
Also schon bei der Wahrheit bleiben! – Ja, es ist leider so. Es ist
leider so.
(Beifall bei der FPÖ.)
Ich weiß, die SPÖ
will das nicht hören, aber es war so und es ist heute noch so: Wenn wir
Polizeiposten besuchen, sind immer noch sehr viele Polizisten
dabei, die uns sagen: Herbert Kickl war der beste Innenminister!, und sie sind
froh, dass er damals Innenminister war. (Heiterkeit bei der SPÖ.)
Und
wisst ihr, warum? Ich kann es euch genau sagen – da könnt ihr
schon lachen –: weil er sich in erster Linie einmal hinter die
Polizisten gestellt hat. Das
hat er gemacht! Und das fehlt jetzt komplett. (Beifall bei der FPÖ.)
Das Geld fehlt leider nicht nur
bei der Polizei, sondern, so wie es Kollege Schreuder richtig gesagt hat, es fehlt
auch bei der Justizwache und
beim Bundesheer. Wir brauchen endlich wieder Minister, die sich hinter ihr
Personal stellen.
Eines würde mich auch noch
interessieren, weil der Herr Innenminister
heute noch etwas Spannendes gesagt hat: Er hat gesagt, die Polizeiinspektionen
sind das Rückgrat der Polizeiarbeit – ich glaube, so haben Sie
es formuliert. (Bundesminister Karner nickt.) – Ja,
völlig richtig! Und auch da muss ich
jetzt wieder Schwarz und Rot in die Pflicht nehmen, weil: Wer hat denn die
Polizeiposten geschlossen? – Ich sage nur, 2014 wurden
122 Posten geschlossen. Wer war damals der Kanzler? – Ein
gewisser Herr Faymann. (Bundesrätin Grimling: Der Kanzler war
es!) Und was hat es noch gegeben? – Einen
ÖVP-Innenminister. Also nicht heute jammern über das, was ihr selber
verbrochen habt, denn dass wir heute die Situation haben, wie wir sie haben,
ist SPÖ und ÖVP geschuldet. (Beifall bei der FPÖ.)
Herbert Kickl hat in seiner Zeit im Gegensatz dazu keinen einzigen Polizeiposten geschlossen.
Aber – und jetzt kommt wieder ein großes
Aber – wenn Sie wissen wollen, warum heute die SPÖ diese
Dringliche Anfrage wirklich gemacht hat, kann
ich es Ihnen sagen. Es gibt zwei Gründe: erstens, weil demnächst
Personalvertretungswahlen sind, und zweitens, weil demnächst
Nationalratswahlen
sind. – Schönen Abend! (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrätin Schumann: Ja, genau! Bravo!)
16.39
Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Vielen Dank, Herr Bundesrat.
Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor.
Wünscht noch jemand das
Wort? – Bitte, Herr Bundesrat Himmer, ich erteile Ihnen das Wort. (Bundesrat
Kovacs: Himmer geht immer! – Heiterkeit bei
der SPÖ.)
Bundesrat Mag. Harald Himmer (ÖVP, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Wir haben also eine Dringliche Anfrage der Sozialdemokratie abgearbeitet. (Bundesrat Steiner: Ja, aber die wäre schon fertig!) Konkreter war es eher wieder einmal eine Dringliche Anfrage der SPÖ Burgenland. Das erkennt man immer daran, dass der Bundesvorsitzende nicht anwesend ist. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)
Es ist ja auch schon erwähnt worden: Wir sind im
Wahlkampf. (Bundesrätin Schumann: ..., toll! Sehr
modern, ...!) Wir haben vom Bundesvorsitzenden, der jetzt nicht
anwesend ist (Bundesrätin Schumann: Wiederholung! Wiederholung! – Zwischenruf
des Bundesrates Steiner), ja auch gehört, dass es einen Dreikampf
geben wird. Momentan oder in den letzten Wochen haben wir
mehr den Dreikampf von Babler, Doskozil und Dornauer gesehen, und daher
wäre es interessant, wenn die Sozialdemokratie einmal in sich selbst
zu einer Linie findet. Wir wollen diesem SPÖ-Parlamentsklub, der ja einen
Klubvorsitzenden hat, welcher der Parteiobmann ist, der nicht anwesend ist (Heiterkeit
des Bundesministers Karner und bei der ÖVP), auch wirklich
einmal eine Koordination zwischen Nationalratsklub und Bundesratsklub
der SPÖ empfehlen. Er hätte ja dafür sorgen können, wenn
eine
Dringliche Anfrage gemacht wird.
Der Herr Minister ist ja auch schon dafür gelobt
worden, dass er wirklich willens ist, überall hinzukommen: Er kommt in den
Bundesrat, er geht in den Hauptausschuss rüber, er kommt wieder
retour. (Zwischenbemerkung von Bundesminister Karner.) Was
halt nicht geht, ist, dass er an zwei Orten gleichzeitig ist.
So eine Koordination zwischen Nationalratsklub und Bundesratsklub der SPÖ
könnte ja zum Beispiel der Bundesvorsitzende, der nicht anwesend ist,
machen, denn er hätte eigentlich wirklich diese Kompetenz. (Rufe bei
der SPÖ: Bitte noch einmal!) – Dass der Bundesvorsitzende
nicht anwesend ist? (Bundesrätin Schumann: Jetzt wissen
wir’s! Bitte noch einmal wiederholen! – Weitere Rufe bei der
SPÖ: Bitte noch einmal!) – Ja, ich kann es schon noch
einmal
sagen, aber es ist eigentlich immer so, und ich habe auch vonseiten der Sozialdemokratie
immer wieder gehört, welcher ÖVP-Minister selten hier war
und welcher ÖVP-Minister hier so selten das Wort ergriffen hat. Der
Bundesvorsitzende, der nicht anwesend ist (Bundesrätin Schumann:
Noch einmal! – weiterer Ruf bei der SPÖ: Bitte noch
einmal! – Bundesrat Steiner: Dreimal? Viermal!), hat auch
ganz selten hier das Wort ergriffen und ist sogar selbst Bundesrat. (Bundesrätin
Schumann: Und beim fünften Mal ..., dann hol’ ich einen
Kaffee!)
Da es jetzt ja auch von den Kolleginnen und Kollegen aus den
anderen
Parteien so gepflegt worden ist, dass man schaut, was mit den Konkurrenzparteien
so los ist: Wenn man die Freiheitlichen hört, könnte der Eindruck
entstehen, wir hätten eigentlich für jedes Problem, das es in
Österreich gibt, einfach nur zum richtigen Zeitpunkt die Freiheitlichen
fragen müssen,
denn sie haben eigentlich - - (Lang anhaltender Beifall bei der
FPÖ. – Bundesrat Steiner: Danke!)
Warum ist es nicht so? Warum werden die Freiheitlichen nicht
gefragt? (Bundesrat Spanring: Ah, jetzt ...! –
Bundesrat Steiner: Jetzt ist wieder ...!) Warum ist es so, dass
die Freiheitlichen den Österreicherinnen und Österreichern
nicht so viel helfen können? Das ist eben die große Frage, die sich
die Freiheitliche Partei einmal stellen sollte. (Bundesrat Steiner:
Ja, wir haben halt
genug Wähler! Das entscheidet der Wähler! Das entscheidet am
29. September der Wähler!) Warum ist es seit vielen Jahrzehnten
so, dass nicht die Freiheitlichen die Themen lösen? (Bundesrat
Spanring: Weil es schwarze Netzwerke gibt! Seit
Jahrzehnten!) – Was ist in den Jahrzehnten passiert? (Bundesrat
Steiner: Am 29. September entscheidet der Wähler!) In
diesen Jahrzehnten hat es ja auch Wahlen gegeben, das wird dir ja nicht
entgangen sein, dass es in den Jahrzehnten immer wieder Wahlen gegeben hat, und
da sind auch immer wieder die Freiheitlichen gefragt worden.
Um es aber kurz zu machen, ich wollte eigentlich nur noch
auf ein kleines
Detail eingehen, weil jetzt irgendwie so das Gerücht entsteht, man
müsste immer die Freiheitlichen fragen; so wie das Schweizer Zuckerl,
alles, was
gut wäre, hätten die Freiheitlichen erfunden. (Anhaltender Beifall
bei der FPÖ.) – Das sind tolle Fähigkeiten: klatschen.
(Bundesrat Steiner: Unangenehm,
gell, wenn man so einen Blödsinn redet!) – Du glaubst
ernsthaft, dass das so stark irritiert, oder was?
Auf jeden Fall ein Punkt (neuerlicher Zwischenruf des
Bundesrates Steiner):
Die Stichschutzweste – das wollte ich nur für die Menschen, die
das interessiert, hier noch klarstellen – ist unter Bundesminister
Sobotka bestellt worden (Bundesrat Steiner: Aber es waren die
falschen! – die Bundesrätinnen Doppler und Schartel:
Das stimmt nicht!) und wurde dann ausgeliefert, als Herr Bundesminister Kickl
im Amt war. Insofern wäre es dann auch eine Geschichtsfälschung, zu
sagen, dass die Stichschutzwesten auf Herrn Kickl zurückgehen. Herr
Kickl hat die Pferde beschafft – das wissen wir. (Beifall bei der
ÖVP. – Bundesrat Spanring: Wir klatschen mehr
als ...! Ich kann’s nicht glauben!)
16.45
Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Vielen Dank, Herr Bundesrat.
Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.
Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist somit geschlossen.
Es liegt ein Antrag der Bundesräte Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen auf Fassung einer Entschließung betreffend „Österreich fehlen 4.000 Polizist:innen“ vor. Ich lasse über diesen Entschließungsantrag abstimmen.
Ich ersuche jene
Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Entschließungsantrag
zustimmen, um ein Handzeichen. (Bundesrat Schwindsackl setzt dazu an, die Hand zu heben, zieht diese aber
wieder zurück. – Bundesrätin Schumann:
Herr Schwindsackl! Schwindsackl! Danke, Herr Schwindsackl! –
Heiterkeit und weitere Zwischenrufe bei der SPÖ. – Bundesrat Steiner:
Hat der jetzt eine Mehrheit gehabt? – Bundesrat Schennach:
Videobeweis! – Weitere Zwischenrufe bei SPÖ und
FPÖ.) – Das ist die Stimmenminderheit. (Bundesrätin Schartel –
auf Bundesrat Schwindsackl weisend –: Nein, er hat aufgezeigt!) Der
Antrag auf Fassung der gegenständlichen
Entschließung ist somit abgelehnt.
Vizepräsident
Mag. Franz Ebner: Ich nehme die
Verhandlungen zur Tagesordnung wieder auf. Wir setzen die Verhandlungen
über Tagesordnungspunkt 11 betreffend
Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 fort. (Bundesrat Steiner:
Der Schwindsackl ... aufgezeigt! – Anhaltende Zwischenrufe bei
der FPÖ.) – Ich bitte wieder um Ruhe im Saal.
Zu Wort gelangt Herr Bundesrat Günther Ruprecht. Ich erteile ihm dieses. – Bitte, Herr Kollege.
Bundesrat
Günther Ruprecht (ÖVP, Steiermark):
Sehr geehrter Herr
Präsident! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Liebe Kolleginnen,
liebe Kollegen! Wir sind wieder zurück bei Top 11. Kollegin Schumann – es ist jetzt
schon 2 Stunden her – hat ja zu diesem Thema gesprochen,
allerdings nicht ganz inhaltlich, deswegen möchte ich erklären, worum
es bei diesem Gesetz überhaupt geht.
Es geht um eine Digitalisierungsoffensive im AMS, darum,
dass das
AMS im 21. Jahrhundert ankommt, und das ist gut; dass man einen
Arbeitslosenantrag in Zukunft nicht nur
analog, was ja nach wie vor möglich ist, abgeben kann, sondern
in Zukunft auch digital.
Ich verstehe ja die Sozialdemokratie, die da oft in dem
Analogen und
auch im vergangenen Jahrhundert festhängt, aber die Zeit rennt weiter, die
Welt dreht sich und entwickelt sich weiter – so auch bei der
Antragstellung
des Arbeitslosengeldes. Und das ist zukünftig eine Erleichterung, liebe
Kolleginnen und Kollegen!
Warum? – Man weiß ja aus der Statistik
heraus, dass, wer arbeiten will,
in den Arbeitsprozess möchte, nicht lange zu Hause ist. Dann ist es
natürlich eine Erleichterung, dass man das Arbeitslosengeld digital
beantragt, das
ist ja ganz klar. Ich darf auch auf den Österreichplan von Karl Nehammer
verweisen, liebe Kolleginnen und Kollegen – bitte lesen, Herr
Kollege
Steiner! (Bundesrat Steiner: ... leider ...! –
Bundesrat Spanring: Billige FPÖ-Kopien! Billige
Kopien! – Zwischenruf des Bundesrates Leinfellner.)
Und da ist das degressive Arbeitslosengeld ganz, ganz wesentlich!
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wer kurzfristig arbeitslos
wird – und das kann jedem in Österreich passieren –,
soll einen höheren Einstieg haben. Man
weiß eben auch, dass, wer arbeiten will, spätestens nach drei
Monaten Arbeit hat. Deswegen ist es eine Erleichterung, wenn man das gleich
digital einreichen kann, und es gibt mehr
Kapazitäten, was die Beratung betrifft, das ist ja ganz klar, denn damit
ist das nicht blockiert. Man muss nicht hingehen,
extra einen Termin ausmachen, sondern man kann es digital einreichen, und das
ist eine Erleichterung.
Heißt: Mehr Kapazitäten, was das Personal
betrifft. (Bundesrätin Doppler:
Das stimmt nicht!) – Frau Kollegin Doppler, du wirst das dann,
wie
bereits im Ausschuss, wieder dementieren, aber es ist einfach so: mehr Kapazitäten
für das Personal, mehr soziale Kontakte, was ja auch für manche
wichtig ist – das ist halt einfach so, das ist ja auch nicht so unwesentlich –, und es wird natürlich, egal was Frau Kollegin Doppler sagen wird, keinen Einfluss auf das Personal nehmen. Die Kapazitäten sollen ja aufrechterhalten bleiben.
Deswegen: eine Erleichterung, positiv, 21. Jahrhundert, digitale Offensive im AMS.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich darf aber auch die
Gelegenheit
wahrnehmen und jetzt nach Stunden Kollegen Babler (Bundesrätin Doppler:
Hey!) bei uns begrüßen. (In Richtung des sich zu seinem
Sitzplatz begebenden
Bundesrates Babler:) Herzlich willkommen! (Beifall bei der ÖVP. –
Bundesrat Spanring: Dass du ihn überhaupt erkannt hast!)
Schön, dass du auch einmal vorbeischaust! Deine Dringliche hast du
versäumt, aber du bist wieder einmal da.
Ich darf Danke sagen, denn es gibt ja mehrere
Veränderungen: Kollegin Grossmann wurde angesprochen, auch unsere
Präsidentin Göll – danke für deine
Vorsitzführung. In unserer Fraktion wird es aber auch eine
Veränderung
geben, und ich darf hier Andrea für ihre Fraktionsführung Danke
sagen; ich freue mich dann schon auf Harry. Liebe Andrea, alles, alles Gute und
vielen Dank
für deine Vorsitzführung in der Fraktion! Ein steirisches Glück
auf!
(Beifall bei der ÖVP.)
16.50
Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Vielen Dank, Herr Bundesrat.
Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Marlies Doppler. Ich erteile ihr das Wort.
Bundesrätin
Marlies Doppler (FPÖ, Salzburg):
Herr Vorsitzender! Werte Kolleginnen und Kollegen! Bei diesem Gesetz gehen wir
wieder einmal einen Schritt weiter in Richtung komplette Digitalisierung, was
ja anscheinend
die Zukunft sein soll. Konkret geht es darum, dass man beim AMS in Zukunft
Anträge vorrangig digital einbringen sollte, und in weiterer Folge sollte
auch
die Betreuung und Beratung digital abgewickelt werden.
Für mich ist dieses Gesetz eigentlich
unklar – für mich ist es wirklich unklar –, denn es
gibt dieses digitale System beim AMS schon – das nennt sich
E-AMS und funktioniert wirklich, wirklich gut. Über dieses System kann man
jetzt schon Anträge einbringen, man kann jetzt schon mit den
Beratern des AMS Kontakt aufnehmen, man kann sich jetzt schon beraten lassen.
Ich weiß aber aus eigener Erfahrung –
Kollege Ruprecht hat mir da
ja Vorschusslorbeeren entgegengeworfen: vielen Dank, dass da jetzt vielleicht
ein Profi am Rednerpult spricht –, dass die Menschen sich bei den
Beratungen eigentlich persönlichen Kontakt wünschen. Das ist ja auch
das Salz in der Suppe: Durchs Reden kommen die Leute zusammen, und es ist
auch die Vermittlungsrate eine wesentlich höhere, als wenn ich nur digital
und anonym vermittle. (Zwischenruf des Bundesrates Ruprecht.)
Warum also mit diesem EDV-System jetzt das Rad neu erfunden
wird,
obwohl wir doch eh schon ein EDV-System haben, ist mir unklar. Das konnte mir
auch der Experte im Ausschuss nicht schlüssig erklären. Genauso habe
ich
keine Zahlen darüber bekommen, welche Kosten da auf uns zukommen, wenn man
das alte System abschafft und plötzlich ein neues digitales System
einführt. Also für mich ist das ein Rätsel, nämlich auch
noch vor dem Hintergrund, dass 30 Prozent der Arbeitslosen ja nicht
einmal einen Onlinezugang haben. Wir kennen es ja schon aus der
Coronazeit, dass 30 Prozent der Kinder für die Lehrer nicht
erreichbar waren. Na ja, so ist es da auch:
30 Prozent sind nicht an einen Onlineanschluss angebunden.
Faktum ist, dass auch in Zukunft gewährleistet sein
muss, dass jegliche Anträge analog eingebracht werden können. Egal ob
man zu Hause einen PC hat
oder nicht, jeder sollte das Recht haben, einen Antrag analog
einbringen zu können.
Ich habe dieses digitale System vorhin schon erwähnt.
Es wird uns auf den Kopf fallen, wenn wir alles digitalisieren, denn die
zwischenmenschlichen
Beziehungen sind gerade beim AMS wichtig. Ich habe es bereits erwähnt: Es
ist wichtig, dass man persönlich und nicht anonym vermittelt.
Es ist wichtig, dass wir auch die negativen Folgen der Digitalisierung ernst nehmen, Maßnahmen dazu ergreifen und die Arbeitslosen dementsprechend angemessen unterstützen, denn auch die Digitalisierung hat ihre Grenzen.
Daher bringen wir folgenden Antrag ein:
Entschließungsantrag
der Bundesrät:innen Marlies Doppler, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Recht auf analoge Inanspruchnahme und Teilhabe an den Dienstleistungen der Verwaltung und der Daseinsvorsorge“
Der Bundesrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundeskanzler und der Bundesminister für Finanzen, wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die folgende Inhalte umfasst:
- Recht auf analoge Inanspruchnahme und Teilhabe für
die Bürger an
allen Dienstleistungen der Verwaltung, Justiz und der Daseinsvorsorge ohne
technische und kommunikative Barrieren
- Analoge und digitale Manuduktionspflicht bei der
Inanspruchnahme
und Teilhabe an allen Dienstleistungen der Verwaltung, Justiz und der Daseinsvorsorge
ohne technische und kommunikative Barrieren mit Gültigkeit
für Gebietskörperschaften bzw. ausgegliederte Organisationseinheiten
und einschlägige Unternehmen
- Analoges und digitales Interventionsrecht für
Eingaben, Anträge
sowie Rechtsmittel für die Bürger
- Annahmepflicht für Bargeld im Geschäftsverkehr mit der Verwaltung, der Justiz und beim Bezug von Waren und Dienstleistungen.
- Bankgebührenbefreiung für den gesamten Zahlungsverkehr mit Verwaltung und Justiz für die Bürger“
*****
Ich ersuche um zahlreiche Zustimmung zu diesem Antrag. (Beifall bei der FPÖ.)
16.55
Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Vielen Dank, Frau Bundesrätin.
Der von den Bundesräten Marlies Doppler, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „Recht auf analoge Inanspruchnahme und Teilhabe an den Dienstleistungen der Verwaltung und der Daseinsvorsorge“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.
Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Maria Huber. Ich erteile ihr das Wort.
Bundesrätin
Dipl.-Ing. Dr. Maria Huber (Grüne, Steiermark): Herr Präsident!
Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Liebe Kolleginnen und Kollegen
und liebe Zusehende! Es geht bei diesem Tagesordnungspunkt um eine Vereinfachung.
Warum? – Arbeitslose Menschen können sich künftig Wege
zum AMS ersparen, und das ist eine Vereinfachung.
Ich komme aus der
Weststeiermark, einer sehr schönen Region mit idyllischen kleinen
Bergdörfern, und genau da fängt die Vereinfachung an: Für
Menschen, die zum Beispiel bei uns auf der Soboth wohnen, bedeutet das
40 Minuten hin und 40 Minuten wieder zurück, wenn sie zur AMS-Geschäftsstelle
in Deutschlandsberg müssen; und das alles mitunter nur, um ein Formular
abzuholen oder Unterlagen vorbeizubringen. Das sind oft rein
bürokratische Vorgänge, die nicht zwingend einen persönlichen Kontakt zu einer Beraterin oder einem Berater erfordern. Genau solche Wege können sich Menschen, die das möchten, künftig ersparen und die Anträge bequem von zu Hause aus über das E-AMS-Konto stellen.
Viele Menschen in Österreich –
das haben wir auch schon gehört – sind kurzfristig
arbeitslos – aus den verschiedensten Gründen, als Übergang
von einer Arbeitsstelle zur nächsten –, und auch diese Menschen
profitieren von
einer Erleichterung, die die Digitalisierung bietet, weil sie oft auch gar
nicht so viel Beratung durch das AMS brauchen.
Aus eigener Erfahrung als
Unternehmerin kann ich sagen, dass ich in
den letzten zehn Jahren kaum mehr Bewerbungen per Post erhalten habe. Ich
glaube, ich kann die an einer Hand abzählen. Der überwiegende Teil
der Arbeit suchenden Menschen bewirbt sich bei uns per E-Mail, egal ob es sich
um eine höherqualifizierte Stelle oder um eine Stelle als Hilfskraft handelt.
Das ist die Realität, und ich wohne nicht in einem Ballungszentrum,
sondern am Land.
Aber: Natürlich gibt es
Menschen in Österreich, die mehr persönliche Unterstützung und
mehr Betreuung durch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des AMS brauchen;
Menschen, für die es schwierig ist, sich in der digitalen Welt zurechtzufinden,
wo es zeitintensive Beratungen und Hilfestellungen braucht, um diese Menschen
wieder in Beschäftigung zu bringen. Genau
für diese Menschen haben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des AMS
künftig aber auch mehr Zeit – mehr Zeit für persönliche
Beratung und selbstverständlich für Unterstützung bei der
Antragstellung.
Es wird da niemand
zurückgelassen, es wird mit dieser Änderung auch niemandem etwas
weggenommen. Daher verstehe ich auch ehrlich gesagt die große Aufregung
nicht, weil es weiterhin möglich sein wird, analog in
der Geschäftsstelle des AMS einen Antrag zu stellen. Es ist jetzt
künftig auch
möglich, digital über das E-AMS-Konto einen Antrag zu stellen. (Bundesrätin Schartel: Das war vorher schon möglich!)
Darum bitte ich um breite Zustimmung für die
Möglichkeit, sich
künftig rein bürokratische Wege zum AMS zu sparen und diese online
erledigen zu können. – Vielen Dank. (Beifall bei den
Grünen sowie der Bundesrätin Sumah-Vospernik.)
16.59
Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Vielen Dank, Frau Bundesrätin.
Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.
Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist somit geschlossen.
Wir gelangen zur Abstimmung. – Bitte nehmen Sie Ihre Plätze ein.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen
und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss
des Nationalrates keinen Einspruch
zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit.
Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.
Es liegt ein Antrag der
Bundesräte Marlies Doppler, Kolleginnen und
Kollegen auf Fassung einer Entschließung betreffend „Recht auf
analoge Inanspruchnahme und Teilhabe an den Dienstleistungen der Verwaltung und
der Daseinsvorsorge“ vor. Ich lasse über diesen Entschließungsantrag
abstimmen.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Entschließungsantrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenminderheit. Der Antrag auf Fassung der gegenständlichen Entschließung ist somit abgelehnt.
12. Punkt
Beschluss des Nationalrates vom 12. Juni 2024
betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die
Förderung der Erzeugung von erneuerbarem Wasserstoff nicht biogenen
Ursprungs sowie ein Bundesgesetz zur Begründung von Vorbelastungen durch
die Bundesministerin für
Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie
erlassen werden (2555 d.B. und 2575 d.B. sowie 11499/BR d.B.)
Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Wir gelangen nun zum 12. Punkt der Tagesordnung.
Als Berichterstatterin ist mir Frau Bundesrätin Elisabeth Kittl genannt. – Ich bitte um den Bericht.
Berichterstatterin
MMag. Elisabeth Kittl, BA: Ich bringe
den Bericht des Wirtschaftsausschusses über den Beschluss des
Nationalrates
vom 12. Juni 2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz
über die Förderung der Erzeugung von erneuerbarem Wasserstoff nicht
biogenen Ursprungs sowie ein Bundesgesetz zur Begründung von Vorbelastungen
durch die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie,
Mobilität, Innovation und Technologie erlassen werden.
Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme
daher gleich
zur Antragstellung:
Der Wirtschaftsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 25. Juni 2024 den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Vielen Dank für den Bericht.
Ich begrüße an dieser Stelle Frau Bundesministerin Leonore Gewessler bei uns im Bundesrat. (Beifall bei SPÖ und Grünen.)
Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Günter
Kovacs. Ich erteile
ihm das Wort.
Bundesrat Günter Kovacs (SPÖ, Burgenland): Herr Präsident! Frau Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte jetzt inhaltlich auf das Wasserstoffförderungsgesetz eingehen und Ihnen sagen, warum wir auch diesen Gesetzentwurf heute ablehnen werden. Wir haben dafür sehr gute Gründe.
Mit dem
Wasserstoffförderungsgesetz soll die Erzeugung von erneuerbarem Wasserstoff
unterstützt werden. Das ist ja einmal eine gute Sache. Dafür waren
zuerst 400 Millionen Euro geplant, jetzt sollen für die Jahre 2024
bis 2026 insgesamt 820 Millionen Euro ausgeschüttet werden. Die Erzeugung
von Wasserstoff, der aus erneuerbaren Energiequellen hergestellt wird,
ist derzeit noch sehr, sehr teuer, daher sind diese Förderungen für
das Hochfahren der Produktion auf dem Gebiet der Republik Österreich
vorgesehen.
Die SPÖ, die Sozialdemokratie,
steht selbstverständlich für die Energiewende. Wir sind auch der
Meinung, dass wir ein Fördergesetz für die Wasserstoffwirtschaft
brauchen. Wir haben erneuerbaren Wasserstoff bitter nötig, um damit
Industrieanlagen zu betreiben oder etwa den Schwerverkehr zu
versorgen.
Wir stehen aber natürlich auch für eine
seriöse Mittelverwendung und haben bereits im Nationalrat klar gesagt,
dass das Gesetz schlecht aufgesetzt ist,
auch wenn es dem Stil dieser Koalition leider, leider eindeutig entspricht. Ich
erinnere nur an die Cofag-Gelder – wir wissen es
noch –: Die Oppositionsparteien durften jahrelang keine
Einschau halten. Transparenz war nicht das Steckenpferd der
schwarz-grünen Regierung. Es kommt noch etwas dazu,
auch das wissen wir: Vor wenigen Tagen hat
Prof. Badelt gewarnt, dass die nächste Regierung den Sparstift
wird ansetzen müssen.
Ich möchte nun inhaltlich ausführen, warum wir
heute nicht zustimmen werden: Wir haben Vorschläge gemacht,
Frau Ministerin, mittels Abänderungsanträgen im Nationalrat.
Leider wurde darauf keine Rücksicht genommen. Worauf wurde keine
Rücksicht genommen? – Auf die lokale Wasserversorgung zum
Beispiel; das war für die Koalition eigentlich
unwichtig. Wir haben ein Nutzungskonzept für die anfallende Abwärme
eingebracht – kein Thema für Schwarz-Grün. Soziale
und arbeitnehmerschutzrechtliche Mindeststandards haben wir
eingefordert – wurde von Schwarz-Grün abgelehnt. Für die
Erhöhung der regionalen Wertschöpfung gilt das
Gleiche – abgelehnt von Schwarz-Grün.
Besonders ärgerlich ist, dass unser Vorschlag, dass das
Gesetz evaluiert werden und dem Nationalrat über die Mittelverwendung
berichtet werden soll,
von Ihnen leider – wir sind es aus den letzten Jahren
gewohnt – abgeschmettert wurde. Es gibt keine Begründung
dafür, wieso Sie so viel Geld ausgeben
wollen, aber sich nicht darüber zu berichten trauen. Das ist schon sehr
interessant. Ich habe auch von den Kollegen im Nationalrat bestätigt
und berichtet bekommen, dass das so ist.
Ich darf daher zusammenfassen: Die Erzeugung von
erneuerbarem Wasserstoff ist wichtig, aber bei der Verwendung öffentlicher
Mittel ist sorgfältig vorzugehen. Da unsere Vorschläge für
Klarheit, Transparenz und deutliche Förderkriterien nicht angenommen wurden,
stimmen wir heute gegen
diesen Gesetzentwurf. – Danke sehr. (Beifall bei der SPÖ.)
17.05
Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Vielen Dank, Herr Bundesrat.
Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Isabella Kaltenegger. Ich erteile ihr das Wort.
Bundesrätin
Ing. Isabella Kaltenegger (ÖVP, Steiermark): Herr Präsident!
Frau Ministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen
und
Zuseher! Wir sprechen heute über das Wasserstoffförderungsgesetz
und
die European Hydrogen Bank, zwei zentrale Bausteine unserer nationalen und
europäischen Wasserstoffstrategie, die ich sehr begrüße.
Schade, dass
Sie (in Richtung SPÖ) nicht zustimmen, denn das ist ein wichtiger
Schritt in die Zukunft.
Die EU hat sich Ziele gesetzt: Bis 2030 sollen jährlich
10 Millionen
Tonnen erneuerbarer Wasserstoff in der EU produziert werden. In Österreich
streben wir mit der österreichischen Wasserstoffstrategie an, bis 2030
eine Elektrolysekapazität von 1 Gigawatt zu erreichen. Dazu braucht
es Anreize wie Förderungen. Gefördert werden die Errichtung und der
Betrieb von
Anlagen, die Strom in erneuerbaren Wasserstoff umwandeln. Diese Anlagen müssen neu errichtet werden und dürfen
nur erneuerbaren Wasserstoff
nicht biogenen Ursprungs – das heißt, aus Wind-,
Sonnen- und Wasserkraft – produzieren, der die Anforderungen der
Red-III-Richtlinie erfüllt.
Die Förderungen werden im Rahmen wettbewerblicher
Auktionen in den Jahren 2024 bis 2026 vergeben und in Form einer fixen
Prämie pro erzeugter
Menge erneuerbaren Wasserstoffs für die Laufzeit von zehn Jahren
gewährt. Insgesamt stehen 820 Millionen Euro, davon
400 Millionen Euro für
die erste Auktion 2024, zur Verfügung. Die AWS wird mit der Abwicklung der
Förderungen betraut, und die Richtlinien werden vom Bundesministerium für Klimaschutz
im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Finanzen und dem
Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft erstellt. Diese
Richtlinien müssen die Bestimmungen des EU-Innovationsfonds
berücksichtigen.
Sehr geehrte Damen und Herren! Das
Wasserstoffförderungsgesetz ist
eine Investition in unsere Energiezukunft, ein starkes Signal an die Wirtschaft
und an die Gesellschaft und es bietet unseren Unternehmen Planungssicherheit und
fördert Innovationen im Bereich erneuerbarer Energien.
Es ist vielleicht interessant, zu hören, dass sich 60 Prozent der Wasserstofftechnologie in Europa befinden. Das muss so bleiben, dieser Anteil muss
weiter steigen. Wir haben in Europa viele Patente,
wir müssen technologieoffen sein und auch in diesem Bereich
immer wieder weiterkommen. Technologie statt Ideologie – das
ist unser Credo und dafür stehen wir ein.
Deshalb bitte ich Sie um Zustimmung zu dieser Gesetzesvorlage. –
Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie der Bundesrätin Hauschildt-Buschberger.)
17.08
Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Vielen Dank, Frau Bundesrätin.
Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Michael Bernard. Ich erteile ihm das Wort.
Bundesrat
Michael Bernard (FPÖ, Niederösterreich): Herr Präsident!
Frau Minister! Kollegen des Bundesrates! Sehr geehrte Damen und Herren im Saal
und vor den Bildschirmen! Ja, Sie, Frau Minister, werden uns wahrscheinlich in
Ihrer Stellungnahme mitteilen, dieses Gesetz komme wirklich genau zur richtigen
Zeit. Klimaneutraler Wasserstoff sei eine Antwort auf wichtige
Herausforderungen, vor denen wir in dieser Zeit stehen.
Frau Minister, ich frage mich: Was haben Sie diesbezüglich in den letzten fünf Jahren gemacht? Dieses Konzept wurde schon im Jahr 2018 vom damaligen Verkehrsminister Norbert Hofer ins Leben gerufen und meines Wissens 2019 fertiggestellt. Leider haben Sie es aber in einigen Punkten abgeändert. Da frage ich mich: Warum haben Sie es so lange in einer Schublade in Ihrem Ministerium liegen gelassen?
Für mich bezeichnend ist, dass die von Ihnen in den
Ausschuss entsandten Experten wieder einmal meine Fragen zu diesem
Thema nicht beantworten konnten, aber auch nicht die versprochenen
Unterlagen bis zur
heutigen Plenarsitzung zugesendet wurden.
Aber, Frau Minister, ich frage Sie – weil das ja
Ihre Experten nicht genau gewusst haben –, was Sie darunter
verstehen, unter: erneuerbarem Wasserstoff
nicht biogenen Ursprungs – Wasserstoff, dessen Energiegehalt aus erneuerbaren Energiequellen mit Ausnahme von Biomasse stammt –, mit dem Zusatz: „Zur Erreichung des Ziels dieses Bundesgesetzes werden die Errichtung und der Betrieb von Anlagen zur Umwandlung von Strom in erneuerbaren Wasserstoff nicht biogenen Ursprungs in Österreich gefördert.“
Im Klartext lautet dieser Passus: Strom, produziert von Windkraftanlagen, darf in Wasserstoff umgewandelt und Wasserstoff als Speichermedium eingesetzt werden – was ja prinzipiell in Ordnung ist. Jedoch Wasserstoff aus Biomasse produziert – es ist für mich unverständlich, dass diese Gesetzesregelung so getroffen wurde –, also Wasserstoff in direktem Verfahren aus Biogas produziert, darf nicht umgesetzt werden. Das verstehe ich auch nicht. (Ruf bei der SPÖ: Das verstehe ich auch nicht!)
Es werden jetzt 820 Millionen Euro an Fördergeld
bis 2026 zur Verfügung gestellt. Wir haben jetzt ungefähr 1
Gigawatt – das sind umgerechnet
5 000 Produktionsstunden – und danach haben wir 5
Terawattstunden.
Bei einem Gesamtenergieverbrauch in Österreich von 390 bis
400 Terawattstunden ist das, was wir da jetzt machen, ein kleines
Kinkerlitzchen,
aber sonst schon gar nichts. (Beifall bei der FPÖ.)
Es ist zwar ein Versuch, ein Anfangsschritt, aber leider
kann man durch Ihr verändertes Konzept gegenüber jenem der
Freiheitlichen keinen
weiteren großen Schritt erwarten. Wir Freiheitlichen sind der Meinung,
für eine Energiepolitik mit Hausverstand ist es nötig, auch andere Wasserstoffquellen zu nehmen,
sich auch auf andere Wasserstoffquellen zu konzentrieren und vor allem auch
für eine Durchleitung Netze herzustellen und dem
Import und Export von Wasserstoff den rechtlichen Rahmen zu geben, um eine
dementsprechende Versorgungssicherheit für die österreichische
Bevölkerung, für die österreichische Wirtschaft zu
gewährleisten. (Beifall bei
der FPÖ.)
17.12
Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Adi Gross. Ich erteile ihm das Wort.
Bundesrat Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross
(Grüne, Vorarlberg): Herr
Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Frau Minister! Hinter diesem
textlich knapp formulierten Gesetz versteckt sich nicht weniger als der
zentrale Meilenstein in der Transformation der Wirtschaft hin zu einer CO2-freien Produktion,
die es im Kern ermöglicht, an der neu geschaffenen Europäischen
Wasserstoffbank teilzunehmen – das haben wir kurz gehört.
Dadurch werden zum einen
– das ist besonders wichtig – europaweit einheitliche
Standards definiert, und Unternehmen in Österreich nehmen an der europaweiten
Aktion teil; das soll übrigens heuer noch starten. Ergänzend
sei bemerkt, es können nationale Fördermittel in Anspruch genommen
werden, und das sind ja nicht weniger als diese genannten 820 Millionen
Euro,
alleine heuer 400 Millionen Euro. Das fällt schon unter das Motto:
Klotzen, nicht kleckern.
Das ist gut so, denn
keinesfalls sollte unsere Industrie ins Hintertreffen
geraten, vor allem mit Blick auf den internationalen Wettbewerb. Wir stehen ja
nicht alleine da, denn auch woanders auf dem Planeten wird die Wasserstoffwirtschaft
hochgezogen, und zwar teils massiv und teils mit günstigeren Bedingungen,
was den dafür erforderlichen Strom betrifft. Es geht um die Errichtung von
Elektrolyseanlagen – also Strom mit Wasserstoff –, die
natürlich mit Strom aus erneuerbaren Energieträgern betrieben werden
müssen.
Um nur ein bisschen ein Gefühl zu geben, wie scharf da
die Konkurrenz ist, da Wasserstoff bis zu einem gewissen Grad nur am
internationalen Markt
ist oder sein wird: In Saudi-Arabien könnte Strom aus Fotovoltaik um
1 Cent erzeugt werden. Da ist es natürlich schon notwendig,
dazuzuschauen,
dass unsere Wirtschaft günstigere Bedingungen hat, um nicht den Anschluss
zu
verlieren und – wie wir gehört haben– um auch die europäische Produktion nicht zu verlieren.
Wir haben ein konkretes Ziel: 1 Gigawatt bis 2030. Das
findet sich übrigens in der österreichischen Wasserstoffstrategie,
die wir vor zwei Jahren unter
breiter Einbindung der Industrie – das möchte ich
betonen – fertiggestellt haben (Bundesrätin Schumann –
erheitert –: Das glaube ich! – Bundesministerin
Gewessler: Das stimmt wirklich!); also nicht Schublade, im
Gegenteil.
Übrigens möchte ich dafür eine Leseempfehlung
für den Strand aussprechen, sie ist im Download verfügbar. Darin finden
sich neben umfangreichen Infos zu Wasserstoff eine Wasserstoffstrategie mit
einer Reihe von konkreten Maßnahmenpaketen. 1 Gigawatt – oder
anders formuliert: 1 000 Megawatt, man kann sich das so schwer
vorstellen –, das ist eigentlich unfassbar viel, das ist eine Patzen
Leistung und natürlich eine Herausforderung für die nächsten
sechs Jahre, was aber, glaube ich, gelingen wird. Adressiert ist das ja vor
allem an die Großindustrie, an die Grundstoffindustrie, die den
Wasserstoff braucht – darauf komme ich noch zu sprechen. Also das
ist nicht gedacht für irgendwelche kleine Einheiten.
Diese 1 000 Megawatt heimischer
Produktionskapazität brauchen entsprechend Strom. Da zeigt sich
ein weiteres Mal, wie wichtig das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz ist, das
gesicherte Rahmenbedingungen für die Produzenten
schafft. Es geht darum – das ist auch mit ein Grund –,
dass wir im Zuge des Ausbaus von PV und Wind vor allem immer mehr Phasen
haben, in denen es
mehr Strom gibt, als in dem Moment gebraucht wird – zu Mittag zum
Beispiel –, und dass natürlich gerade dieser Strom dann
für die Wasserstoffproduktion genutzt und nicht irgendwie abgeriegelt oder
nicht mehr erzeugt wird.
Wasserstoff ist, um ein populäres Schlagwort zu
bemühen: sektorübergreifend. Das heißt: vom Strom zu anderen
Anwendungen, das ist mit sektorübergreifend gemeint. Elektromobilität
ist also sektorübergreifend, eine Wärmepumpe ist
sektorübergreifend: vom Strom zu Wärme. Man hat neue Namen
für Sachen gefunden, die wir schon lange kennen, zum Beispiel Kraft-Wärme-Koppelung.
Aber auch da hat Österreich unter Federführung des
BMK wirklich
innovative Arbeit geleistet und einen nationalen Infrastrukturplan erstellt,
der Strom, Methan, Wasserstoff inklusive Speicher gemeinsam betrachtet
und ein gesamtes Infrastrukturkonzept bis 2040 skizziert. – Das ist
schon etwas Neues und eine wichtige Grundlage wiederum für Planungs- und
Investitionssicherheit für diejenigen, die jetzt investieren: Das
sind die Netzbetreiber, die Industriebetriebe – und da geht es
wirklich um viele Milliarden Euro.
Ich erwähne das ganz bewusst, weil immer wieder Vorwürfe auftauchen,
es gäbe kein Gesamtkonzept, was natürlich nicht stimmt, denn es ist
durchaus
erlaubt, die Strategien im Zusammenwirken gemeinsam zu sehen.
Ich möchte noch auf eine wirklich wichtige Debatte in
diesem Zusammenhang eingehen: Ja, wir brauchen Wasserstoff für die
Dekarbonisierung, für
die Klimaneutralität – das ist unbestritten –,
deswegen sind wir intensiv dran. Es sind aber – wobei: aber muss man
gar nicht sagen –, gleichzeitig – ist
vielleicht besser – Dinge zu beachten und zur Kenntnis zu nehmen,
was einigen leider schwerfällt. Wasserstoff ist nämlich ein
besonderes Gas – nicht
nur aus chemischer Sicht, sondern es ist auf lange Zeit hinaus knapp und
relativ teuer.
Wir werden zum Beispiel in Österreich nicht in der Lage
sein, auch nur
den Industriebedarf an Wasserstoff selber zu decken. Wir werden auf Importe
angewiesen sein, was übrigens für ganz Europa gilt, und zwar
über lange
Zeit hinaus. Da können Sie Profis fragen, Leute, die Wasserstoff
gegenüber überhaupt nicht skeptisch sind.
Ich hatte übrigens vor
Kurzem ein Gespräch mit dem Vorstand der Baden-Württemberg
Kraftwerk AG, die allein so groß wie ganz Österreich
sind, die wirklich glaubhaft eine intensive Wasserstoffstrategie verfolgen und
auch Geld reinstecken, und die sagen ganz offen: Wir bauen jetzt die
Leitungen, aber wir wissen nicht, woher er kommt, und mit Sicherheit wird das
noch zehn, 20 Jahre lang teuer bleiben. Sogar die Gasversorger sagen,
was ich jetzt kurz zitieren möchte: Schaut, was ihr damit macht!
Wasserstoff muss also dort
eingesetzt werden, wo wir ihn wirklich brauchen. Und was ist mit wirklich
gemeint? – Wirklich bedeutet dort, wo es
keine Alternativen gibt. Das ist vorrangig in spezifisch energieintensiven Industriezweigen
der Fall – in der chemischen Industrie etwa, Stichwort Ammoniak,
respektive Stickstoffdünger. Das ist auch eine Botschaft an unsere
Koalitionskollegen in der ÖVP: Es ist wirklich wichtig, dass es Wasserstoff gibt, um
diese Dünger herzustellen. Auch in der Stahlindustrie wird er als
Reduktionsmittel gebraucht. Wasserstoff wird auch in der
Kraft-Wärme-Kopplung benötigt, Stichwort Fernwärmesysteme, wo
man anders dekarbonisieren kann, und wir werden Wasserstoff in
beschränktem Ausmaß in
ganz speziellen Transportsegmenten brauchen, wie zum Beispiel im Flugverkehr.
Was heißt das im
Umkehrschluss? – Im Umkehrschluss heißt das, es gibt
Orte, wo wir ihn definitiv nicht brauchen, wo es sogar fahrlässig
wäre, ihn einzusetzen, nämlich für die
Individualmobilität, sprich für Autos, und für die
Raumwärme. Alle, die etwas anderes erzählen, das tun leider viele,
erzählen Märchen, die sich vielleicht schön anhören,
aber eben Märchen sind. Um es
noch klarer zu sagen: All jene, die
Wasserstoff in diese Segmente abzweigen wollen, gefährden unsere
Industrie und gefährden damit die Arbeitsplätze in der Industrie,
weil ihnen die Energieversorgung fehlen wird.
(Beifall bei den Grünen.)
Stichwort Nutzen für Autos:
Wasserstoff – die Wirkungsgradkette über
den Verbrennungsmotor im Auto sind, das können Sie in den
wissenschaftlichen Publikationen nachlesen, 14 Prozent, im E-Auto 70 bis
80 Prozent. Da
brauchen wir nicht einmal zu diskutieren. Das ist schlichtweg ein
fahrlässiger Umgang mit einem knappen Gut, das wir ganz dringend brauchen.
Natürlich wird auch in Österreich
Wasserstoff hergestellt und benötigt, nur wird der jetzt aus fossilem Gas
gemacht, über ein Reformationsverfahren, und
das ist natürlich überhaupt das Allererste, was man tun wird, das
wird das erste Anwendungsgebiet sein: diese Produktion zu substituieren. Das
steht
übrigens sinnvollerweise auch in der Wasserstoffstrategie.
Und, vergessen wir das nicht, es ist somit
gleichzeitig eine wirklich wichtige Maßnahme, um uns von Importen mit
russischem Gas unabhängig
zu machen. Ich habe es heute in einem außenpolitischen Statement schon erwähnt:
Eine der ganz wichtigen Vereinbarungen, die gemeinsam mit Deutschland und
Italien abgeschlossen worden sind, ist der Bau dieser Pipeline vom Mittelmeer
bis nach Deutschland, um eben auch eine künftige
Versorgung sicherstellen zu können. – Danke. (Beifall bei
den Grünen sowie der Bundesrätin Miesenberger.)
17.21
Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Vielen Dank, Herr Bundesrat.
Zu einer Stellungnahme hat sich Frau Bundesministerin Leonore Gewessler zu Wort gemeldet. Ich erteile ihr dieses.
Bundesministerin für Klimaschutz,
Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie Leonore Gewessler,
BA: Sehr geehrter Herr
Präsident! Werte Mitglieder des Bundesrates! Werte Zuseherinnen und
Zuseher! Ich freue mich, dass wir heute auch im Bundesrat gute Neuigkeiten zum
Thema grünen Wasserstoff haben. Da Bundesrat Bernard meine Reden im
Nationalrat sehr genau verfolgt, werde ich die Einleitung jetzt ein bisschen
kürzen
(Bundesrat Bernard: Danke Ihnen!), aber trotzdem –
anschließend an das, was Bundesrat Gross gerade gesagt hat –
Folgendes sagen: Wasserstoff
ist ein zentraler Teil der Rechnung, wenn wir dreckiges Erdgas mit klimaneutralen
Energieträgern ersetzen wollen, und – das ist auch klar; das
haben wir in den letzten zwei Jahren gelernt – echte Sicherheit gibt
es dann, wenn
wir möglichst viel unserer Energieversorgung selbst in der Hand haben, und dazu zählt natürlich auch grüner Wasserstoff.
Wir haben –
eingehend auf die Frage des Bundesrates Bernard – in den
letzten Jahren auch den Aufbau einer Wasserstoffproduktion und einer Wasserstoffwirtschaft
im Ministerium umfassend vorbereitet und vorangetrieben. Die
Wasserstoffstrategie ist ein Baustein dazu. Wir haben gemeinsam mit dem BMAW
die Hydrogen Partnership Austria ins Leben gerufen,
die uns auch in den Materien, in den fachlichen, in den organisatorischen, in
den operativen Fragen sehr gut begleitet.
Wir haben uns mit
125 Millionen Euro an gemeinsamen europäischen
Projekten zum Wasserstoff, den Ipcei-Projekten, beteiligt. Wir haben im Netzinfrastrukturplan
das Wasserstoffkernnetz für Österreich entwickelt. Wir
haben mit dem International Hydrogen Trade Forum und mit dem Memorandum of Understanding
auch die Importseite diskutiert und abgetaktet, und –
wie gerade auch angesprochen – die trilaterale Partnerschaft mit
Deutschland und Italien ist sehr eng, sehr konstruktiv, sehr gut, um
Wasserstoff auch tatsächlich umfassend als Thema zu behandeln.
Wir sehen aber, die
Herausforderungen sind und bleiben groß. Auch Bundesrat Kovacs hat auf
die Preisdifferenz hingewiesen, die bei erneuerbarem Wasserstoff heute im
Vergleich zu fossil erzeugtem Wasserstoff einfach noch vorhanden ist. Das ist
für Unternehmen ein Problem. Damit wir Wasserstoff aber in
Zukunft in Österreich in ausreichender Menge für die Industrie zu
wettbewerbsfähigen Preisen zur Verfügung haben, müssen wir jetzt
vorsorgen, sonst sind wir zu spät dran – deswegen dieses Gesetz
mit in Summe 820 Millionen Euro zur Förderung der Erzeugung
erneuerbaren Wasserstoffs in Österreich.
Wie schaut die
Unterstützung im Detail aus? – Es ist schon angesprochen worden:
Einerseits nutzen wir da ein europäisches Instrument im Rahmen
des EU-Innovationsfonds, um Erzeugung von erneuerbarem Wasserstoff innerhalb
von Europa zu unterstützen. Im Rahmen dieser Auktionen auf
europäischer Ebene gibt es für österreichische Unternehmen die
Möglichkeit, sich zu beteiligen. Wir können österreichisch
nationale Mittel für
österreichisch nationale Projekte quasi einfüllen. Die erste
Pilotauktion fand 2023 statt, eine weitere ist für das Jahr 2024
geplant, und mit diesem Gesetzesbeschluss stellen wir sicher, dass auch
österreichische Unternehmen bereits 2024 teilnehmen können. Das ist
gut und das ist wichtig.
Vielleicht noch auf die Frage
eingehend – wieder von Bundesrat Bernard –: Woher kommt
die Definition, was hier gefördert wird? – Die kommt
direkt aus der europäischen Gesetzgebung. Wir haben europäisch
verpflichtende Ziele: Welchen Anteil von Wasserstoff eben nicht biologischen
Ursprungs,
aus erneuerbaren Quellen müssen wir bis zum Jahr 2030
nachweisen? – Das ist in der RED III – in der
Erneuerbare-Energien-Richtlinie III – genau definiert.
Dort ist die Biomasse ausgenommen. Daher: Das liegt in der EU-Gesetzgebung und
in der EU-Definition für diesen erneuerbaren Wasserstoff. Auf die
stellen wir ab, denn auf die stellt auch dann die Auktion auf europäischer
Ebene ab. (Bundesrat Steiner: Und wer sitzt im Rat!) –
Ich kann Sie beruhigen, wir
haben diese Diskussion intensiv geführt, ich war nicht mit allen Elementen
einverstanden, aber im Rat entscheidet eine qualifizierte Mehrheit, wie
Sie
wissen. Wir haben hart um eine gute Definition gekämpft. (Zwischenrufe
der Bundesräte Spanring und Steiner.)
Vor uns liegt ein echter
Kraftakt. Damit uns die Energiewende gelingt,
müssen wir jetzt alle daran arbeiten. Das ist mit Sicherheit kein
Spaziergang, das ist mit Sicherheit eine große Aufgabe, das will und muss
ich auch ganz
offen sagen, aber es ist richtig, es ist notwendig und es wird uns auch
gelingen, wenn wir uns jetzt auf die richtigen Lösungen konzentrieren,
smart eingesetzt in den richtigen Sektoren.
Es geht jetzt einfach darum, das Energiesystem so zu
verändern, dass wir unabhängig sind, dass wir möglichst
krisenfest sind, dass wir unsere Energieversorgung für die Zukunft
sicherstellen können und dass wir uns vor allem nicht weiter mit
Gaslieferungen aus dem Ausland erpressen lassen müssen,
denn das will, glaube ich, niemand von uns. Deshalb darf ich Sie heute sehr
herzlich um Zustimmung zu einem, wie ich meine, wirklich sehr guten Gesetz bitten. –
Herzlichen Dank. (Beifall bei den Grünen.)
17.26
Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Vielen Dank, Frau Bundesministerin.
Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor.
Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist somit geschlossen.
Wir gelangen zur Abstimmung. – Bitte nehmen Sie Ihre Plätze ein.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte,
die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates
keinen Einspruch
zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit.
Der Antrag ist somit angenommen.
Beschluss des Nationalrates vom 12. Juni 2024
betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gaswirtschaftsgesetz 2011,
das Gasdiversifizierungsgesetz 2022 und das
Energielenkungsgesetz 2012 geändert
werden (4074/A und 2576 d.B. sowie 11497/BR d.B. und
11500/BR d.B.)
Vizepräsident
Mag. Franz Ebner: Wir gelangen nun zum
13. Punkt
der Tagesordnung.
Als Berichterstatterin ist mir Frau Bundesrätin Elisabeth Kittl genannt. – Ich bitte um den
Bericht.
Berichterstatterin
MMag. Elisabeth Kittl, BA: Herr
Präsident! Ich bringe
den Bericht des Wirtschaftsausschusses über den Beschluss des
Nationalrates vom 12. Juni 2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das
Gaswirtschaftsgesetz 2011, das Gasdiversifizierungsgesetz 2022
und das Energielenkungsgesetz 2012 geändert werden.
Der Bericht liegt Ihnen in
schriftlicher Form vor, ich komme daher gleich
zur Antragstellung:
Der Wirtschaftsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 25. Juni 2024 den Antrag,
1. gegen den vorliegenden
Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch
zu erheben,
2. dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Art. 44 Abs. 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.
Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Vielen Dank für den Bericht.
Wir gehen in die Debatte ein.
Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Michael Bernard. Ich erteile ihm das Wort.
Bundesrat
Michael Bernard (FPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau
Minister! Kollegen des Bundesrates! Sehr geehrte Damen und Herren im Saal und
vor den Bildschirmen! Auch bei diesem Themenbereich
lässt die Ahnungslosigkeit der führenden Personen gepaart mit
falscher politischer Ideologie grüßen.
Aber zum Thema dreckiges Gas, Frau Minister: Das ist der
Unterschied. Für Sie und diese Bundesregierung ist mehr Bürokratie wichtig,
um Versorgungsposten zu schaffen, anstatt Versorgungssicherheit
für die österreichische Bevölkerung und die
österreichische Wirtschaft zu gewährleisten.
(Beifall bei der FPÖ.)
Wir Freiheitlichen treten für Wohlstand und Sicherheit ein – für die gesamte Bevölkerung und nicht wie diese Bundesregierung für einzelne Parteibucharbeitsplätze.
Natürlich
fürchtet diese Bundesregierung wie der Teufel das Weihwasser
wieder einmal das Begutachtungsverfahren. Die Zeitachsen, die von dieser Bundesregierung
teilweise für die – angeblich –
Ersatzbereitstellungen im
Bereich Gas geplant sind, sind Wunschdenken und vollkommen unrealistisch. Wie
aber bereits bei vielen anderen Themen ist es ja immer wieder das
Gleiche: Zu Fragen im Ausschuss gibt es durch das von Ihnen geführte
Ministerium entweder keine Antworten oder spärliche Beantwortung,
oder Sie entsenden zu Tagesordnungspunkten überhaupt keinen Experten.
Das ist Ihr
Verständnis von Parlamentarismus, von Demokratie, es passt aber auch zu
Ihrer Vorgangsweise beim Renaturierungsgesetz, das haben wir
ja gesehen.
Die gesamte Energiepolitik birgt aber natürlich auch erhebliche Gefahren, auf die nicht wirklich reagiert wird. Es gibt zwar die Androhung, dass ab 1. Jänner 2025 kein Gas mehr durch die Ukraine geleitet wird, aber dazu gibt es keinerlei Aktionen oder Aktivitäten der Regierung etwa in Richtung Evaluierung alternativer Pipelinerouten. Da gibt es gar nichts, keine Vorbereitungen, also droht Gasmangellage – aber man schaut nur zu. (Beifall bei der FPÖ.)
Ich habe Ihre Experten mehrmals nach einem
Ausfallsgesamtkonzept gefragt, welches die Versorgungssicherheit, falls dieser
Fall eintritt, realistisch
darstellt, und darauf keine Antworten bekommen. Auch auf meine Frage, ob es
überhaupt ein Konzept gibt, kamen zwei Mal die gleichen Stehsätze,
aufgrund dessen habe ich – falls es eines geben sollte –
die Vorlage eines Konzeptes bis zur heutigen Plenarsitzung des Bundesrates
verlangt, aber
natürlich ist bis jetzt nichts gekommen. Ich habe aber auch nichts anderes
erwartet.
Ich kann Ihnen ja eines verraten, Frau Minister: Es ist auch
das Gasleitungsnetz in Österreich nach wie vor nicht in der Lage, die
alternativen Ströme –
die ja dann von Rotterdam kommen oder vorher auch gekommen sind, also von West
nach Ost gehen – zu leiten, Stichwort: West-Austria-Gasleitung.
Die West-Austria-Gasleitung ist eine wichtige Erdgasleitung in Österreich,
die sich von der slowakischen bis zur deutschen Grenze erstreckt. Das
Projekt beinhaltet den Ausbau der bestehenden Pipeline durch Hinzufügen eines
parallelen Leitungsstrangs über 40 Kilometer zwischen Oberkappel
und Bad Leonfelden. Auch wenn jetzt irgendwann einmal das Budget oder die
Finanzen stehen, bis das Ganze umgesetzt ist, ist der 1. Jänner 2025
schon lange vorbei.
Das Projekt ist aber zum Beispiel entscheidend für die
Versorgungssicherheit Österreichs und seiner Nachbarländer. Der
Ausbau soll sicherstellen,
dass bei einem Ausfall der Gaslieferung über die Ukraine mehr Gas aus
westlichen Quellen – wie zum Beispiel aus Norwegen –
nach Österreich transportiert wird. Zweieinhalb Jahre
vollkommene Untätigkeit, Frau Minister, auf der anderen Seite wollen Sie
bis 2027 aus dem Gas aussteigen: Das geht sich
alles nicht aus!
Es geht um unsere Wirtschaft. Es geht um unsere
österreichische Bevölkerung, und die hat sich eine ausgewogene
Energiepolitik verdient, die in diesem
Dreieck von Versorgungssicherheit, Leistbarkeit und Wirtschaftlichkeit sowie
Kompatibilität mit der Wirtschaft agiert und eben nicht die
Zerstörung
der Wirtschaft aufgrund der explodierenden Preise beziehungsweise der riesigen
Unsicherheit, was die Versorgung mit Energie betrifft, riskiert. Freiheitliche
Energiepolitik ist eine ausgewogene im Sinne dieses Zieldreiecks, stärkt
unsere Industrie, stärkt unsere Wirtschaft und schafft Arbeitsplätze.
(Beifall bei der FPÖ.)
Ja, Frau Minister, zum Abschluss meiner Rede eine Frage:
Warum wollen Sie, obwohl Sie eh schon in so vielen Bereichen maßlos
überfordert sind,
jetzt noch eine eigene Abteilung in Ihrem Ministerium gründen, die sich
damit
beschäftigt, die überprüft, ob Autokennzeichen
diskriminierend sind
oder nicht? Haben Sie dafür auch schon ein Konzept? Unter welchen
Kriterien wollen Sie das beurteilen? Welche Zahlen oder Buchstaben auf den
Kennzeichen sind diskriminierend?
Wir Freiheitlichen sind der Meinung: Treten Sie zurück
und sorgen Sie so für die Wiedererlangung der Versorgungssicherheit
für die österreichische Bevölkerung! Falls Sie doch noch im Amt
bleiben sollten, fordern wir Sie
auf: Hören Sie in Ihren letzten verbleibenden Monaten damit auf,
Versorgungsposten zu schaffen und Hasspolitik gegen die eigene
österreichische Bevölkerung zu betreiben! (Beifall bei der
FPÖ. – Zwischenruf der
Bundesrätin Schumann.)
17.34
Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Danke, Herr Bundesrat.
Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Sandra Lassnig. Ich erteile ihr das Wort.
Bundesrätin
Sandra Lassnig (ÖVP, Kärnten):
Geschätzter Herr Präsident!
Frau Ministerin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen hier im Bundesrat! Liebe
Zuseher und Zuhörer via Livestream! Es ist ganz klar, für
Österreich gilt
natürlich, dass wir seit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine den
Anteil des russischen Gases verringern möchten.
Die vorliegenden Anpassungen dienen dazu, die
österreichische Versorgungssicherheit auch weiterhin zu
gewährleisten: mit Verlängerung der strategischen Gasreserve bis
April 2027, dem Gasdiversifizierungsgesetz sowie
den gesicherten Gasmengen.
Darüber hinaus werden Versorger dazu verpflichtet, Konzepte zu erstellen, in denen getroffene und geplante Maßnahmen im Hinblick auf einen möglichen Ausfall von Gaslieferungen gegenüber Regulierungsbehörden darzulegen
sind. Des Weiteren haben
diese Versorgungssicherheitskonzepte auch
eine Darstellung über Maßnahmen zur Reduzierung von russischem
Erdgas zu enthalten. Diese jeweiligen Konzepte sind heuer bis zum
31. Oktober
an die Regulierungsbehörde E-Control zu übermitteln.
Im Gegensatz zur FPÖ, die anscheinend auch weiterhin von russischen Gaslieferungen abhängig bleiben möchte, denn sie wird ja heute auch da nicht zustimmen, sichern wir mit diesen Schritten weiterhin die Versorgung. (Beifall bei der ÖVP.)
Sehr geehrte Damen und Herren! Die Speicher sind gut
gefüllt, im Moment
mit aktuell circa 80 Prozent. Auch die E-Control hat zuletzt berichtet,
dass wir uns bei unterschiedlichen Szenarien in den nächsten zwei Wintern
keine Sorgen um die Versorgungssicherheit in Österreich machen
müssen. Trotzdem müssen wir aber weiterhin dranbleiben, und
natürlich sind weitere Schritte notwendig, um von Russland und von
Putin – der jederzeit die Möglichkeit hat, das Gas wieder
abzudrehen und damit auch die Preise wieder in die Höhe zu treiben – unabhängiger beziehungsweise
unabhängig zu werden.
Diese Anpassungen sind ein wichtiger Schritt dorthin, und
deshalb bitte ich Sie um Zustimmung und Unterstützung bei diesem
Punkt. – Danke schön.
(Beifall bei der ÖVP und bei Bundesrät:innen der Grünen.)
17.36
Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Vielen Dank, Frau Bundesrätin.
Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Bettina Lancaster. Ich erteile ihr dieses.
Bundesrätin Mag. Bettina Lancaster (SPÖ, Oberösterreich): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen des Bundesrates! Werte Zuseher zu Hause vor den Bildschirmen! Vorab: Die sozialdemokratische
Fraktion wird diesem Gesetzentwurf zustimmen. Wir stellen uns der Verantwortung und bringen uns als Opposition konstruktiv ein. (Beifall bei der SPÖ.)
Enttäuschend ist wieder
einmal die Vorgangsweise, die bereits erwähnt
wurde: keine Begutachtung und kurzfristige Abänderungen. Es ist nicht gut,
auf Experten- und Praktikerwissen in der Begutachtung zu verzichten. Respekt
vor dem Gesetzwerdungsprozess sieht anders aus, meine sehr geehrten Damen und
Herren von den Regierungsparteien, aber diesen Respekt zollen Sie
sich auch gegenseitig nicht mehr, wie wir jetzt schon beinahe täglich
erleben. Das schadet Österreich in Europa, in der Welt und gibt auch innerhalb
Österreichs ein katastrophales Bild von der Politik ab. Ich ersuche Sie:
Lassen Sie es bleiben! Ihr fördert Politikverdrossenheit und spielt damit
den extremen rechten Rändern in die Hände. – Das schadet
der Demokratie.
Als Kommunalpolitikerin arbeite ich mit Konsens, Beteiligung und Überzeugung. Politik braucht Mut, da stimme ich Ihnen auch zu, Frau Ministerin, aber Umsetzung mit der Brechstange verursacht Kollateralschäden, die oft schwer einzufangen sind und oft längerfristig die Nachteile überwiegen lässt.
Noch ein paar Worte zu der alten
grünen Leier: Ihr hättet doch - -, ihr hättet können!, Warum habt ihr nicht? und so weiter,
wenn wir Kritik anbringen
oder unsere Zustimmung aufgrund fachlicher Bedenken verweigern. Jetzt
halte ich dazu einmal fest: Das ist unserer Meinung nach ein netter Versuch,
die Unzufriedenheit mit der eigenen Performance zu kaschieren, und nicht mehr. (Beifall
bei der SPÖ.)
Nun zum Thema: In diesem Gesetz
sind mehrere Gesetzesänderungen
enthalten, wie wir bereits gehört haben. Es geht um die Verlängerung
der strategischen Gasreserve bis 2027 im Gaswirtschaftsgesetz.
Dazu kommt ein Anhang,
der Versorgungsunternehmen und Gasimporteure
wie die OMV für den Ausfall von Gashauptlieferanten verpflichtet,
Versorgungssicherheitskonzepte zu erstellen. Der verpflichtende Ausstieg fehlt
noch.
Im Gasdiversifizierungsgesetz werden die Ausgleichszahlungen für Mehrkosten der Unternehmer beim Ausstieg aus russischem Gas bis 2027 verlängert. Somit dürfte auch das Problem um die Finanzierung der mangelhaften Infrastruktur angegangen werden.
Als Oberösterreicherin ist mir wie schon mehrmals
gesagt der Ausbau des WAG-Loops von essenzieller Wichtigkeit. Gerade bei der
Diversifizierung stellt
sich mir aber immer wieder die Frage: Welche Rolle nimmt dabei die
Förderung beziehungsweise Aufschließung von österreichischen
Erdgasfeldern ein?
Das interessiert mich deshalb besonders, da es in meinem Heimatbezirk Kirchdorf
in der Gemeinde Molln zu Probebohrungen und Erschließungen von Erdgasfeldern
kommen wird. Die vermuteten Erdgasfelder befinden sich in der Nähe des
Nationalparks Kalkalpen. Bürgerinitiativen, die sich gegen die
Förderung des Erdgaslagers aussprechen, werden, so wurde mir mitgeteilt,
vom grünen Landesrat in Oberösterreich unterstützt –
eine Position, die der Diversifizierung entgegenstehen und Ihren
Bemühungen, Frau Ministerin, widersprechen würde. Was soll man
davon in der Region halten? – Danke.
(Beifall bei der SPÖ.)
17.41
Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Vielen Dank, Frau Bundesrätin.
Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Adi Gross. Ich erteile ihm das Wort.
Bundesrat Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross
(Grüne, Vorarlberg): Herr
Präsident!
Werte Kolleginnen und Kollegen! Frau Minister! Vorab muss ich jetzt schon etwas
zu Ihren Ausführungen sagen, Frau Kollegin Lancaster, und zwar
zum Ersten zur „Brechstange“: Also mir ist noch keine Brechstange
aufgefallen. Die ökologische Steuerreform, zu der wir heute schon die
Debatte
hatten und der Sie nicht zustimmen, ist keine Brechstange, sondern eigentlich
ist
das Gegenteil der Fall. Das ist ein planbares Instrument, im Parlament beschlossen.
Auch das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz ist ein planbares Instrument, im Parlament beschlossen.
Wir haben reihenweise
exzellente Förderungen – ich habe das hier
herinnen schon oft erwähnt – zur Unterstützung
insbesondere von Haushalten, aber auch von Wirtschaft, Landwirtschaft, um den
ganzen Umbau vollziehen zu können. Auch das ist, denke ich,
ziemlich das Gegenteil einer Brechstange. Maximal ist es ein Hebel, aber sicher
keine Brechstange. (Beifall bei den Grünen.)
Mutig finde ich die Aussage, es
würde Frust über die Politik fördern, demokratiepolitischen
Schaden zu unterstellen. Ich kann mich noch gut an Rot-Schwarz erinnern.
Jahrelang war es fast zum Fremdschämen, da
zuzuschauen.
Etwas möchte ich schon noch anmerken, weil es vor
Kurzem dermaßen
heftig zugegangen ist und ein Kollege von Ihnen eine wirklich völlig
unfassbare Beleidigung mir gegenüber ausgesprochen hat: Man solle mich
abschaffen. – Bis jetzt gab es keine Entschuldigung.
Wissen Sie, dann spricht er von Skandal, weil ich Ihnen gegenüber Kritik
geäußert habe. Das habe ich,
ja. Nur: Der Unterschied ist, ich halte Kritik aus (Bundesrätin Schumann:
Nein, das glaube ich nicht! – Ruf bei der SPÖ: Nein, das halten
Sie eben nicht aus!), auch
die, die Sie geäußert haben, aber Sie halten die Kritik nicht aus.
Ich erwarte mir nach wie vor eine dezidierte Entschuldigung hier
heraußen. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen
der ÖVP.) Auch das zum Demokratieverständnis. (Zwischenrufe
bei der SPÖ.) – Ich muss auch einiges aushalten. (Bundesrätin
Schumann: Aber wir auch!) – Ja, aber ich bin nicht so
eine Mimose. (Bundesrätin Grimling: Nein!)
Zum Gesetz jetzt: Also ich gebe zu, dass ich mir zuerst
nicht gedacht
hätte, dass es gelingt, dieses Gesetz durchzusetzen, und dass endlich ein
Teil der Verantwortung für eine sichere Gasversorgung dort definiert wird,
wo sie hingehört, wo Geld mit dem Handel verdient wird und wo auch Profite
gemacht werden, nämlich bei den Gasversorgern. Schließlich sind es
auch die Gasversorger – das ist in den letzten Jahren ein bisschen
untergegangen –, die die Verträge mit den Lieferanten
abschließen. Das macht ja nicht der
Bund, jedenfalls macht es nicht das BMK, und wenn doch, dann im Auftrag, um die
strategische Reserve zu befüllen.
Es ist seitens der Regierung, vor allem seitens des BMK,
wirklich viel unternommen worden, um die Gasversorgung vor dem Hintergrund
der völkerrechtswidrigen Aggression Putins gegen die Ukraine zu
sichern. Das ist ein furchtbarer Krieg mit gigantischen Zerstörungen, der
jetzt schon über
zwei Jahre dauert. (Bundesrat Leinfellner: Nur, weil ihr ihn
finanziert!) – Ich komme eh noch auf Sie zurück. Es gibt
Auslöschungen ganzer Städte, Zehntausende Tote,
unfassbareres Leid, Millionen Menschen haben ihr Zuhause verloren, und der
Despot im Kreml finanziert seinen Krieg maßgeblich mit
dem Export von Gas und Öl, von Blutgas und Blutöl.
Betreffend gesetzte Maßnahmen erinnere ich nur an die
strategische Gasreserve in den Speichern. Die Kollegin hat es erwähnt, ich
habe auch noch einmal nachgeschaut: Es sind über 82 Prozent –
im Juni wohlgemerkt und nicht im Oktober. Wir haben die Use-it-or-lose-it-Regelung
eingeführt. Sie wissen,
man kann nicht einfach Speicherkapazität buchen, wie es die russische
Gasgesellschaft gemacht hat. Dann verliert man die, dann ist sie weg. Das
darf
nicht leer bleiben.
Es gibt auch ein Gasdiversifizierungsgesetz, und wir haben
eine Reihe von Fördermaßnahmen auf den Weg gebracht, um aus Gas
auszusteigen. Das
zeigt auch Wirkung, der Gasverbrauch ist nämlich deutlich gesunken. Wir
hatten von 2018 bis 2022 im Schnitt 91 Terawattstunden, und jetzt sind wir
bei 75 Terawattstunden, das ist ein Minus von 17 Prozent.
Noch immer – das ist ja klar, und das bestreitet
wirklich niemand, wir ganz bestimmt nicht – ist aber die
Abhängigkeit von Russland viel zu groß. Da herauszukommen ist eine
gemeinsame Aufgabe – ich möchte das betonen – aller
Gebietskörperschaften, auch der Wirtschaft, der Industrie, aber auch von
uns Bürger:innen, indem wir die Heizungen umstellen, aber eben auch der
Gasversorger. Diese werden nun verpflichtet, einen konkreten
Maßnahmenplan vorzulegen, was sie denn zu tun gedenken, wenn
der größte Einzellieferant ausfällt. Das ist derzeit oftmals
Russland. Dieser Plan ist der Regulierungsbehörde vorzulegen, die
sich das dann anschaut.
Das ist eine, denke ich, völlig normale Vorgangsweise. Da geht es ja um so viel. Also selbstverständlich muss das Hand und Fuß haben, es geht um die Versorgungssicherheit.
Nicht nur das: Die Gasversorger müssen darlegen, wie
sie ganz generell forcieren werden, aus der Abhängigkeit von Gasimporten
aus Russland zu gelangen.
Also das ist eine Supersache, gegen die man, meinen wir jedenfalls, im
Interesse der über eine Million Haushalte und der Wirtschaft
vernünftigerweise,
sofern man Hausverstand hat – um dieses Wort auch einmal zu
verwenden –, nicht sein kann.
Man kann nicht permanent – und da schaue ich
jetzt nach rechts
außen – Abfederungsmaßnahmen fordern und dann ebenso
permanent dagegen sein, wenn wirksame Maßnahmen gesetzt werden. Das geht
halt nicht zusammen, außer man ist ein Freund Putins und nimmt halt gern
Unterstützungsleistungen von derartigen Despoten entgegen und
außer man
will keine Versorgungssicherheit. Dann sagen Sie das auch einmal deutlich
genug: Ja, wir wollen keine Versorgungssicherheit! (Beifall bei
den Grünen.)
Erzählen Sie auch keine falschen Geschichten, was den WAG-Loop betrifft! Da ist aber schon gar nichts verzögert worden. Ich habe mir die Mühe gemacht, mit Gas Connect Austria, die das plant und auch umsetzt, ein Gespräch zu
führen, und die versichern, es ist keine Woche, kein Tag verloren worden.
Die Planungen gehen planmäßig voran. Wie Sie wissen, gibt es seitens
der Bundesregierung eine finanzielle Garantie. Dieser WAG-Loop wird gebaut
und dient vor allem dazu, gesetzt den Fall, dass die russischen Lieferungen ausbleiben,
auch unsere östlichen Nachbarn zu versorgen.
Spannend finde ich ja, dass
Herr Bernard das irgendwie bedauert, weil es
ja gerade Sie sind, die weiterhin Gas aus Russland beziehen wollen. Also haben
Sie Angst, dass es doch nicht kommen könnte? Das finde ich sehr erstaunlich. Sie sollten
sich irgendwann auf eine Position festlegen.
Richtig ist es natürlich
auch, die strategische Gasreserve zu verlängern, in diesem Fall bis 2027.
Nach unseren Zielsetzungen sollte bis dahin ohnehin ein kompletter Ausstieg aus
russischem Gas vollzogen sein. Die Konzepte hierfür – ich
betone das ein weiteres Mal – liegen vor, sogar sehr detailliert und
von Fachorganisationen. Die muss man nur nachlesen.
Ich möchte eines noch einmal sagen: Auch wenn die Preise im Moment sehr niedrig sind – das sind sie; an der Börse ist der Gaspreis bei unter dreieinhalb Cent –, möge sich bitte niemand etwas vormachen und sich verleiten lassen. Die Gasversorgung ist weiterhin nicht sicher.
Also ist Vorsorge eine Pflicht und der Ausstieg aus Gas ein
Gebot, wofür
wir, wie erwähnt, wahrlich exzellente Förderungen bereitgestellt
haben, eine Reihe von gesetzlichen Rahmenbedingungen, nie dagewesene Budgetmittel, um allen
den Umstieg auf Erneuerbare möglich zu machen. – Danke. (Beifall
bei den Grünen sowie der Bundesrätin Eder-Gitschthaler.)
17.50
Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Vielen Dank, Herr Bundesrat.
Zu einer Stellungnahme zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesministerin Leonore Gewessler. Ich erteile ihr das Wort.
17.50
Bundesministerin
für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und
Technologie Leonore Gewessler, BA:
Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Mitglieder des Bundesrates! Wir haben
seit Beginn des russischen Angriffskrieges – und Frau
Bundesrätin Lancaster hat Informationen dazu eingefordert –
gemeinsam eine Vielzahl von Maßnahmen gesetzt,
damit österreichische Kund:innen und Unternehmen sicher und
zuverlässig mit Energie versorgt werden können.
Mit den gesetzlichen Grundlagen, die wir hier im Haus
beschlossen haben,
haben wir vieles geschafft. Wir haben Gazprom aus unseren Speichern verdrängt,
wir haben eine strategische Gasreserve als Sicherheitspolster für die
Energieversorgung beschafft, den Versorgungsstandard erhöht
und vieles, vieles, vieles mehr, was wir hier in vielen Novellen, unter anderem
des Gaswirtschaftsgesetzes, des Energielenkungsgesetzes und des
Gasdiversifizierungsgesetzes beschlossen haben. Was wir da alles gemeinsam an
Maßnahmen geschafft haben, das vergisst man dann oft im politischen
Alltagsgeschäft schnell.
Auch wenn wir heute – und auch das ist schon
vorhin von Kollegin Lassnig erwähnt worden – darauf
zurückschauen oder jetzt sagen können, wir sind
in einer deutlich besseren Situation als noch vor zwei Jahren, so sehen wir
aber trotzdem in den letzten Wochen wieder, wie gefährlich die nach wie
vor
zu hohe Abhängigkeit von Russland ist.
Auch die OMV hat unlängst im Rahmen einer Remit-Mitteilung – Sie haben es vielleicht mitbekommen – vor einem Ende der Gaslieferung aus Russland gewarnt. Deswegen ist es so wichtig, dass sich alle Gasversorger gezielt darauf vorbereiten, denn – Bundesrat Gross hat es gesagt – es sind eben die Gasversorger, die Gas einkaufen.
Der vorliegende Initiativantrag ist ein weiterer Schritt, um
genau das sicherzustellen. Darin werden die österreichischen
Gasversorger – und zwar alle,
also auch alle Importeure, alle, die an Endkunden Gas abgeben –
verpflichtet, Versorgungssicherheitskonzepte zu erstellen, in denen die
getroffenen
und die geplanten Maßnahmen zur Absicherung der vertraglichen Versorgungsverpflichtungen
an Endkunden und Endkundinnen enthalten sind für
den Fall, dass ihre größte einzelne Gasbezugsquelle ausfällt.
Dass das wichtig ist, wissen die Versorger bereits. Wir sind zwei Jahre nach
Kriegsbeginn.
Niemand kann sich mehr auf höhere Gewalt ausreden, wenn Russland den Gashahn
abdreht. Damit haben die Versorger auch ihre Verantwortung den Kundinnen und
Kunden gegenüber.
Die Konzepte, die wir jetzt mit dieser Novelle einfordern,
sorgen aber für mehr Transparenz und mehr Versorgungssicherheit.
Gasversorger müssen ihre Gasbezugsquellen gegenüber der
Regulierungsbehörde offenlegen und müssen sich auf den Ausfall von
Gaslieferungen aus Russland vorbereiten. Wir
machen das selbstverständlich auch auf nationaler Ebene. Die E-Control
wird in den nächsten Tagen die Gesamtszenarien – auch darauf
hat Frau Bundesrätin Lassnig vorhin hingewiesen –
veröffentlichen.
Ich darf auch noch mit einem Mythos aufräumen. Wir sind
in einer Situation, in der wir genug nicht russisches Gas in Europa haben und in
der wir auch
genug Leitungskapazitäten haben, um dieses Gas nach Österreich zu
bringen. Wir haben derzeit 160 Terawattstunden technische
Leitungskapazität
für das Marktgebiet Ost. Ab Oktober sind wir bei 185 Terawattstunden,
also die technische Leitungskapazität nach Österreich übersteigt
unseren Bedarf
um das Doppelte. Das heißt, es ist möglich und machbar.
Es ist auch – das sehen wir jetzt, die Preise
sind günstig – besser aus der finanziellen Sicht, jetzt
vorzusorgen. Es müssen sich am Ende des Tages die Gasversorger und die
Geschäftsführerinnen und Geschäftsführer auch gegenüber
den Eigentümern rechtfertigen, dass sie wirtschaftliches Risiko
für ihr Unternehmen minimieren. Wir geben ihnen jetzt hier ein weiteres
Instrument dazu an die Hand.
Schließlich sieht der Initiativantrag auch eine Verlängerung der strategischen Gasreserve bis 2027 vor sowie die Verlängerung des Gasdiversifizierungsgesetzes, mit dem Mehrkosten aus dem Bezug von nicht russischem Gas abgedeckt werden, wie auch im Energielenkungsgesetz. Frau Bundesrätin Lancaster hat kritisiert, dass wir sehr kurzfristig einen Abänderungsantrag gemacht haben. Das war ein Abänderungsantrag auf Ersuchen der SPÖ-Nationalratsfraktion. Wir haben eine Verordnungsermächtigung gestrichen, was ihnen sehr wichtig war. Insofern bitte ich um Verständnis auch dafür, dass das dann kurzfristig passiert ist.
Insgesamt jedenfalls haben wir da viele, viele sinnvolle
Maßnahmen
und einen weiteren wichtigen nächsten Schritt. Ich darf Sie hier also um
Unterstützung bitten.
Auch um Unterstützung darf ich Sie für eine
andere Maßnahme bitten,
die angesprochen wurde. Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen, es gibt keine
neuen Abteilungen im Verkehrsbereich des Ministeriums. Es gibt aber
sehr wohl, im Verkehrsausschuss debattiert, eine neue Regelung, die
sicherstellen soll, dass auf österreichischen Straßen keine Autos
mit Nazicodes auf den Kennzeichen fahren. Ich war schon im Verkehrsausschuss
des Nationalrates sehr überrascht darüber, dass man so etwas kritisieren
kann. – Herzlichen Dank. (Beifall
bei den Grünen sowie der Bundesrätin Miesenberger.)
17.55
Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Vielen Dank, Frau Bundesministerin.
Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.
Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist somit geschlossen.
Wir gelangen zur Abstimmung. – Bitte nehmen Sie Ihre Plätze ein.
Dieser Beschluss ist ein Fall
des Art. 44 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz und bedarf daher der in
Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder
und mit einer Mehrheit von mindestens zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen zu erteilenden Zustimmung des Bundesrates.
Ich stelle zunächst die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der Mitglieder des Bundesrates fest.
Wir gelangen zunächst zur Abstimmung, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Ich ersuche jene
Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den
vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch
zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit.
Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.
Nunmehr lasse ich über den
Antrag abstimmen, dem vorliegenden
Beschluss des Nationalrates gemäß Art. 44 Abs. 2
Bundes-Verfassungsgesetz die verfassungsmäßige Zustimmung zu
erteilen.
Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der gegenständliche Antrag ist somit unter Berücksichtigung der besonderen Beschlusserfordernisse angenommen.
Ausdrücklich stelle ich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.
Beschluss des Nationalrates vom 12. Juni 2024
betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz zur Abmilderung von
Krisenfolgen und
zur Verbesserung der Marktbedingungen im Falle von marktbeherrschenden
Energieversorgern erlassen wird (4073/A und 2577 d.B.
sowie 11501/BR d.B.)
Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Wir gelangen nun zum 14. Punkt der Tagesordnung.
Als Berichterstatterin ist mir Frau Bundesrätin Elisabeth Kittl genannt. – Ich bitte um den Bericht.
Berichterstatterin
MMag. Elisabeth Kittl, BA: Herr
Präsident! Ich bringe
den Bericht des Wirtschaftsausschusses über den Beschluss des
Nationalrates vom 12. Juni 2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das
Bundesgesetz zur Abmilderung von Krisenfolgen und zur
Verbesserung der Marktbedingungen im Falle
von marktbeherrschenden Energieversorgern erlassen wird.
Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher gleich zur Antragstellung:
Der Wirtschaftsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 25. Juni 2024 den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Vielen Dank.
Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Vielen Dank für den Bericht.
Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Ferdinand Tiefnig. Ich erteile ihm das Wort.
Bundesrat
Ferdinand Tiefnig (ÖVP, Oberösterreich): Herr Präsident!
Frau Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte Damen und
Herren, die uns via Livestream zusehen! Wettbewerb am Energiemarkt
ist für uns in Österreich von essenzieller Bedeutung: als
Privatkunden, aber auch für die Wirtschaft. Dieser Wettbewerb am
Energiemarkt hat im Jahr 2022
fast in einer kartellrechtlichen Auseinandersetzung geendet.
Wir haben auf der einen
Seite den Krieg in der Ukraine gesehen, wo auch auf einmal Nord
Stream 2 in die Luft gesprengt worden ist, und die Angst
davor, dass die Gasversorgung in Europa nicht mehr sichergestellt werden kann.
Auf der anderen Seite gab es die niedrigen Wasserstände, wodurch die
Atomkraftwerke in Frankreich nicht mehr gekühlt werden konnten, aber auch
die Flüsse teilweise den Strom nicht mehr produzieren konnten. Somit
sind unsere Energieversorger, die in Österreich teilweise sehr
konzentriert sind, mit den Preisen extrem nach oben gegangen.
Die Taskforce hat dann festgestellt, dass Maßnahmen
notwendig sind.
Die Bundesregierung hatte aber die ersten Maßnahmen getroffen, bevor wir
jetzt zum heutigen Gesetzentwurf gekommen sind. Das waren die
Valorisierung der Sozialleistungen, die Stromkostenbremse, die Energiekostenpauschale,
der Klimabonus und vieles mehr, das die Bundesregierung
zum Kostenausgleich gegen die Steigerung der immensen Kosten für die
Privatpersonen getan hat, aber auch um den Unternehmerinnen und Unternehmern unter
die Arme zu greifen.
Jetzt, mit dem neuen Gesetzentwurf, gibt es eine
Beweislastumkehr:
Somit brauchen nicht die Behörden die Unternehmen zu kontrollieren,
sondern die Unternehmen müssen, wie es schon seit 2007 in Deutschland ist,
Beweise darlegen, dass die Stromkosten angemessen sind.
Mit dem heutigen Gesetzentwurf werden wir dem nachkommen, dass in Zukunft die Preisregulierung wieder im freien Markt erfolgt und keine kartellrechtlichen Bedenken entstehen. Wenn das doch der Fall sein wird, dann haben wir in Österreich auch die Möglichkeit, dementsprechende Strafen auszustellen.
In diesem Sinne stimmen wir gerne diesem Gesetzentwurf zu. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)
18.00
Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Vielen Dank, Herr Bundesrat.
Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Sandra Gerdenitsch. Ich erteile es ihr.
18.01
Bundesrätin
Mag. Sandra Gerdenitsch (SPÖ, Burgenland): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Werte
Kolleginnen und Kollegen! Mit dem Bundesgesetz zur Abmilderung von
Krisenfolgen und zur Verbesserung der Marktbedingungen im Falle von
marktbeherrschenden Energieversorgern soll
der Preismissbrauch verhindert werden – das haben wir ja bereits
gehört. (Präsidentin Göll übernimmt den
Vorsitz.)
Einmal mehr handelt es sich da um einen legistischen
Schnellschuss
der Regierung, der ohne jegliche Begutachtung beschlossen werden soll, aber ja:
Besser ein bisschen etwas als gar nichts, und deshalb stimmen wir zu.
Diesen vorgelegten Gesetzentwurf kann man wieder als
Eingeständnis des Versagens der Bundesregierung werten, was die
Teuerungsbekämpfung
betrifft. Sie haben es verabsäumt, rechtzeitig in die Preisbildung
einzugreifen, und im Nachhinein will man nun Regelungen treffen, die
vermeintlich
das eigentliche Problem lösen sollen. Mit Einmalzahlungen hat die
Regierung versucht, über ihre Untätigkeit in der
Teuerungsbekämpfung, über die
fehlenden Eingriffe in die Preise hinwegzutäuschen.
Sie haben es sicher gehört oder auch
gelesen – ich sage es Ihnen gerne noch einmal –:
Wifo-Chef Felbermayr führt die weiterhin hohe Inflation in
Österreich auf Fehler der Regierung zurück. (Beifall
bei der SPÖ.) Die Regierung hat sich länger als anderswo
bei Markteingriffen zurückgehalten.
Was jetzt auch durchaus problematisch sein kann: Anstatt das
Anliegen
einer Beweislastumkehr für die Energieversorger ordentlich, beispielsweise
im Kartellgesetz, und in einem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren zu
regeln, praktiziert die Regierung einmal mehr einen Gesetzgebungsaktionismus.
Bisher mussten die Wettbewerbshüter den Unternehmen einen Marktmissbrauch
nachweisen, künftig soll das eben umgekehrt sein. Genau da könnte es
problematisch werden, weil sich die Frage stellt, wie dieser
Nachweis erfolgen kann oder erfolgen soll.
Heute ist schon mehrfach der
Landeshauptmann des Burgenlandes, Hans Peter Doskozil, genannt worden, sehr
gerne tue ich das jetzt an dieser Stelle
auch noch einmal. Im Burgenland wurde bereits im Februar gemeinsam mit der
Burgenland-Energie ein Paket für Klarheit und Sicherheit für die
burgenländischen Kundinnen und Kunden geschnürt. Die
Burgenland-Energie hat es gemeinsam mit unserem Landeshauptmann für
die Kundinnen und Kunden geschafft, als kleinster Landesenergieversorger die
günstigsten Energiepreise anzubieten.
Frau Ministerin, Sie werden es vielleicht gehört
haben – wie immer lohnt sich der Blick in unser kleines, aber feines
Bundesland –: Zukünftig werden
auch die Erträge aus sauberer Energie herangezogen, um die Klinik Gols zu
finanzieren. – Vielen Dank. (Beifall bei der
SPÖ.)
18.03
Präsidentin
Margit Göll: Zu Wort gemeldet ist
Herr Bundesrat Klemens
Kofler. Ich erteile ihm dieses.
Bundesrat Klemens Kofler (FPÖ,
Niederösterreich): Sehr geehrte
Frau Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Der jetzige Gesetzentwurf ist
das Eingeständnis
der Regierung, bei der Teuerungsbekämpfung total versagt zu haben. Die
österreichische Bundesregierung verweigert dringend erforderliche
Maßnahmen,
um Preise zu senken, und verteilt lieber nach dem Gießkannenprinzip
Einmalzahlungen.
Die von den Regierungsparteien beschlossene
Gewinnabschöpfung entlastet jedenfalls niemanden. Sie hat lediglich
95 Millionen Euro gebracht. Im
gleichen Zeitraum hat allein der Verbund 2,3 Milliarden Euro Gewinn
gemacht, auch die EVN hat ihren Gewinn laut Auskunft der Wiener Börse
verdoppelt – das alles auf dem Rücken der
Konsumenten.
Die von der Regierung
beschlossene Strompreisbremse ist lediglich ein Umverteilungsmechanismus:
Die Konsumenten schauen durch die Finger und
die Energieversorger verdienen.
Die einzige sinnvolle Maßnahme ist eine massive Senkung der Verbrauchssteuer auf Energie. Das ist auch sinnvoll, um Österreich weiterhin als Wirtschaftsstandort attraktiv zu halten.
Außerdem ist es schon
irgendwo eigenartig: Wir stimmen dem Gesetzentwurf ja zu, es sind doch auch ein
paar sinnvolle Sachen dabei, aber warum machen
Sie das erst jetzt? Sie haben fünf Jahre Zeit gehabt. Jetzt vor den Wahlen
wird es gefährlich, weil der Konsument
ja auch Wähler ist. Jetzt reagiert man endlich darauf. Das ist halt
zu spät. (Beifall bei der FPÖ.)
Natürlich, ich sehe das schon ein, ihr seid ein bisschen durcheinander, ihr wisst nicht, wer wo unterschreibt: Der grüne Zwerg fährt nach Brüssel und unterschreibt, der schwarze Ochs bleibt daheim und spielt die beleidigte Leberwurst – so kann man halt nicht regieren.
Um mit etwas Positivem aufzuhören, kann ich nur sagen:
Am 29. September wird gewählt, und dann heißt unser
Kanzler Volkskanzler Kickl. –
Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)
18.05
Präsidentin Margit Göll: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross. Ich erteile ihm das Wort.
Bundesrat
Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross (Grüne, Vorarlberg): Frau Präsidentin!
Werte Kolleginnen und Kollegen! Frau Minister! Ich vermute, wir
alle – oder die meisten – haben uns zumindest schon
einmal gefragt, wie es sein kann,
dass in Zeiten der Preiskrise, in Zeiten, in denen von der öffentlichen
Hand Milliarden in die Hand genommen wurden, um vor allem Haushalten und
auch Betrieben zu helfen, so manche Energieversorger Rekordgewinne einfahren.
Wie kann es sein, dass die Endkundenpreise bei einem Anstieg der
Preise für Primärenergieträger – also vor allem
Gas – sehr schnell angehoben werden, aber erst mit einer
großen Zeitverzögerung wieder sinken?
Kann es sein, dass das mit den marktbeherrschenden Stellungen vieler Energieversorger
zusammenhängt?
Es ist eben so, dass vor allem die großen Strom- und
Gasversorger, aber
auch Fernwärmeunternehmen als Landesunternehmen eine marktbeherrschende
Stellung haben. Das heißt nicht – das möchte ich schon
betonen –, dass sie
diese Stellung per se missbrauchen. Niemand kann aus der Ferne ohne Weiteres
beurteilen, was wirtschaftlich begründbar ist und was eben nicht.
Auch die Wettbewerbsbehörde konnte das de facto nicht,
einfach weil
der Beweis eines Missbrauchs kaum zu erbringen ist, weil dafür einfach die
Informationen und Daten fehlen. Deswegen gibt es nun die Beweislastumkehr: Besteht
der Verdacht des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung, muss der
betreffende Versorger gegenüber der Wettbewerbsbehörde den Beweis
erbringen, dass das nicht der Fall ist. Das ist gut so. Die, die den Nutzen
haben, sollen auch den Beweis erbringen. (Beifall bei den
Grünen.)
Damit werden all jene unterstützt, die redlich arbeiten
und vorrangig im Interesse der Konsument:innen agieren. Das ist ja
überhaupt der Punkt bei der
ganzen Sache: Es geht um den Schutz der Energieverbraucher, denn Energie
brauchen wir, da gibt es keine Alternative, und wir sehen, dass die
unteren Einkommensgruppen einen weit höheren Anteil für Energie
ausgeben müssen als andere Einkommensgruppen. Es geht in diesem
Gesetzentwurf
also ganz grundlegend um Gerechtigkeit. (Beifall bei den
Grünen sowie
der Bundesrätin Eder-Gitschthaler.)
Ich möchte daran erinnern, dass wir eine
Abschöpfung von sogenannten Übergewinnen eingeführt haben,
teilweise sogar sehr kräftig, vor allem beim
Strom.
Ich möchte noch einmal daran erinnern, weil es vorhin
aus einem Bundesland so kritisiert worden ist: Na ja, die Landesgesellschaften
heißen ja nicht umsonst so. Sie sind Landesgesellschaften,
und natürlich liegt es somit auch in den Händen der Eigentümer
und Eigentümerinnen, wie mit der Preispolitik umgegangen wird. Wir sehen
halt, dass das in Österreich sehr, sehr unterschiedlich
erfolgt – zum Beispiel Fernwärme in Linz, wie da agiert wurde
und
wie zuerst auch in Wien agiert wurde. Das lässt sich auch nicht ohne
Weiteres wegschieben.
Was halt immer wieder kommt – wir sind es eh
gewohnt –, ist dieser
Vorwurf, es gäbe nur Einmalzahlungen, was so etwas von falsch ist. Es
stimmt einfach nicht. Es gibt eine ganze Reihe von dauerhaften
Unterstützungen.
Ich nenne die Strompreisbremse. Bei der Strompreisbremse zu sagen, da
würden die Konsument:innen durch die Finger schauen, ist ein bisschen
abenteuerlich. Den Konsument:innen wird leistbarer Strom um
10 Cent garantiert, auch wenn der Strompreis 30 Cent,
40 Cent ist – oder bis zu 50 Cent, das war die oberste
Grenze. Es ist schon cool, so etwas zu behaupten.
Ja, ich sage es eh immer wieder: Für uns und für
mich ganz persönlich ist
das ein wirklich fundamentales Anliegen. Die Transformation gelingt nur, wenn
wir gleichzeitig für Gerechtigkeit und sozialen Ausgleich sorgen. Klimaschutz braucht
eine gerechte und solidarische Welt und darum bemühen wir uns mit
Sicherheit auch weiterhin nach Kräften. (Beifall bei den Grünen
sowie der Bundesrät:innen Mertel und Sumah-Vospernik.)
18.10
Präsidentin
Margit Göll: Zu Wort gemeldet ist
Frau Bundesministerin
Leonore Gewessler. Ich erteile ihr das Wort.
Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie Leonore Gewessler, BA: Frau Präsidentin! Sehr geehrte Bundesrät:innen! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Gerade die krisenhaften
Entwicklungen der letzten Jahre und deren Folgen haben uns anschaulich verdeutlicht, wie wichtig Wettbewerb am Energiemarkt ist, und zwar für jeden und jede von uns.
Dass der heimische Strom-
und Gasmarkt in weiten Teilen durch eine hohe Konzentration
gekennzeichnet ist, wissen Sie alle, das ist kein Geheimnis. Auch die
Bundeswettbewerbsbehörde und die E-Control haben im Zwischenbericht 2023
ihrer gemeinsamen Taskforce Energie die Schlussfolgerung gezogen, dass der
Wettbewerb am inländischen Energiemarkt „2022 quasi
zum Erliegen gekommen“ sei, und daraus leitet sich natürlich ein
Auftrag an uns, an die Politikerinnen und Politiker ab, einen rechtlichen
Rahmen zu schaffen, der dazu beiträgt, potenzielle
Marktmissbräuche etwa durch die Forderung unangemessen hoher Preise
hintanzuhalten. Genau dieses Ziel möchten
wir mit dem vorliegenden Sondergesetz erreichen.
Mit dem vorgeschlagenen Bundesgesetz soll das ohnehin schon im Kartellgesetz bestehende und für sämtliche Märkte geltende Missbrauchsverbot einer marktbeherrschenden Stellung speziell für den Energiesektor konkretisiert und für marktbeherrschende Energieversorgungsunternehmen eben eine wettbewerbsrechtliche Beweislastumkehr eingeführt werden.
Warum ist das so wichtig und warum, denken wir, ist das so
wirkungsvoll? – Nach aktueller Rechtslage trifft die Beweislast
für den Nachweis des Missbrauchs von Marktmacht durch marktbeherrschende
Unternehmen die Kartell- und Wettbewerbsbehörden, insbesondere die
ermittelnde
BWB, also die Bundeswettbewerbsbehörde. Der gerichtsfeste Nachweis eines
Missbrauchs ist in der Praxis de facto kaum zu erbringen, denn es gibt
eine unglaubliche Informationsasymmetrie zwischen den Beteiligten. Um diesem
Umstand gerecht zu werden, gerade am Energiemarkt, wollen wir die
Beweislast umdrehen; die EVUs, also die Energieversorgungsunternehmen,
müssen gegenüber allenfalls ermittelnden Behörden beweisen, dass
sie ihre Marktmacht eben nicht missbraucht haben.
Eine vergleichbare Bestimmung gibt es schon in
Deutschland – bereits seit mehr als 15 Jahren bewährt,
bereits mehrfach verlängert. Die Bestimmung gilt
neben marktbeherrschenden Anbietern von Elektrizität und leitungsgebundenem
Erdgas auch für die Fernwärme. Weil natürlich gerade
inländische Fernwärmenetze regional und lokal begrenzt sind, auch
Alternativen nur eingeschränkt oder nicht verfügbar sind, ist es
eine gute Sache, dass das auch
für Fernwärme gilt.
Wichtig zu betonen ist auch noch – ich glaube,
das hat auch - -, jetzt bin ich mir nicht sicher, ob es
Bundesrätin Gerdenitsch oder Bundesrat Tiefnig gesagt
hat –, dass die Bestimmungen des Kartellgesetzes sowie des
Wettbewerbsgesetzes und somit auch sämtliche Ermittlungsbefugnisse
und Antragsrechte
der Wettbewerbs- und Kartellbehörden auch auf das Sondergesetz zur Anwendung kommen. Es kommen somit alle
kartellrechtlichen Folgen in Betracht,
wenn gegen das vorgeschlagene Gesetz verstoßen wird, von
Abstellungsmaßnahmen bis zu Bußgeldern durch das
Kartellgericht.
Da sich die Wettbewerbssituation rasch ändern kann, haben wir im Einklang mit der deutschen Rechtsprechung vorerst eine Befristung bis 31.12.2027 vorgesehen; analog zur deutschen Rechtslage natürlich, nicht Rechtsprechung.
Mir ist wichtig, noch eines zu betonen: Dieses neue Gesetz
soll mögliche schwarze Schafe am Energiemarkt, welche bislang nicht
wettbewerbsrechtlich belangt werden konnten und sich potenziell auf dem
Rücken der Endkunden und Endkundinnen
unrechtmäßig bereichert haben, verhindern. Es geht also nicht um
irgendeine Art von Generalverdacht, sondern darum, dass wir
die, die wirklich schwarze Schafe sind, zukünftig ausfindig machen und
dann auch sanktionieren können. Das ist, denke ich, im Interesse aller
Endkundinnen und Endkunden: einen fairen Wettbewerb am
österreichischen Energiemarkt sicherzustellen und potenziellem
Missbrauch keinen Platz zu geben.
Der Vorschlag ist im Nationalrat einstimmig angenommen
worden. Ich darf auch im Bundesrat um Ihre Unterstützung und Zustimmung
bitten. – Herzlichen
Dank. (Beifall bei den Grünen sowie der Bundesrät:innen Mertel,
Schmid
und Sumah-Vospernik.)
18.14
Präsidentin Margit Göll: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler. Ich erteile ihr das Wort.
Bundesrätin
Dr. Andrea Eder-Gitschthaler (ÖVP, Salzburg): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte
Frau Minister! Sehr geehrte Kolleginnen und
Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Mein Redebeitrag hat auch mit Energie
zu tun, mit der Energie einer Powerfrau, nämlich unserer
Präsidentin.
Da ja jetzt Tagesordnungspunkte folgen, die ohne
Redebeiträge abgewickelt werden, und nachher noch die Dringlichen,
möchte ich dir, liebe Margit,
namens unserer Fraktion ganz, ganz herzlich für die Präsidentschaft
danken. Du hast das großartig gemacht, du hast den Bundesrat sehr, sehr
gut vertreten. Mit deinem Motto „Gemeinsam über
Grenzen: Europa verbindet“ hast du gezeigt, dass wir Brücken bauen
können, gerade in diesem so wichtigen
Jahr der EU-Wahl. Du hast gezeigt, dass wir stolz darauf sein können,
Bundesländervertreterinnen und ‑vertreter zu sein, dass wir die
Regionen
stärken, uns für unsere Bundesländer und auch für Frauen einsetzen.
Dafür möchte ich dir ganz, ganz herzlich danken. (Anhaltender
Beifall bei ÖVP,
SPÖ und Grünen sowie der Bundesrätin Sumah-Vospernik.)
Du hast dich innerhalb sehr kurzer Zeit – du kamst im März 2023 zu uns – in die Position der Vizepräsidentin begeben dürfen und wurdest dann gleich Präsidentin, und du hast das wirklich sehr, sehr hervorragend gemacht – noch einmal: großes Danke. Wir freuen uns, dass du jetzt als normale Bundesrätin in unseren Reihen bist und uns mit deiner Expertise weiterhin betreuen kannst. – Vielen, vielen Dank, liebe Margit. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen sowie der Bundesrätin Sumah-Vospernik.)
18.17
Präsidentin
Margit Göll: Vielen Dank für
die vielen wertschätzenden
Worte. Ich nehme sehr viele Themen, aber auch neue Perspektiven für meine
Region und für meine Gemeinde im Zusammenhang mit dem Thema
„Gemeinsam über Grenzen: Europa verbindet“ mit. Dieses halbe
Jahr, diese Kontakte mit den vielen Botschaftern und Ministern haben mich
sehr bereichert. – Vielen Dank.
Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.
Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall. Die Debatte ist somit geschlossen.
Wir gelangen zur Abstimmung. Bitte nehmen Sie Ihre Plätze ein.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte,
die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates
keinen Einspruch
zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmenmehrheit,
der Antrag ist - - (Rufe: Einhellig! Einhelligkeit!) –
Ich bitte noch einmal um ein
Handzeichen. – Es ist dies die Stimmeneinhelligkeit,
der Antrag ist somit angenommen.
Beschluss des Nationalrates vom 13. Juni 2024 betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird (3848/A und 2593 d.B. sowie 11513/BR d.B.)
16. Punkt
Beschluss des Nationalrates vom 13. Juni 2024
betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Informationsordnungsgesetz, das
Datenschutzgesetz,
das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 und das Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985
geändert werden (2594 d.B. sowie 11514/BR d.B.)
17. Punkt
Beschluss des Nationalrates vom 13. Juni 2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Rechnungshofgesetz 1948 und das Volksanwaltschaftsgesetz 1982 geändert werden (2595 d.B. sowie 11515/BR d.B.)
18. Punkt
Antrag der Bundesräte Dr. Andrea Eder-Gitschthaler, Marco Schreuder, Korinna Schumann, Klemens Kofler, MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Änderung der Geschäftsordnung des Bundesrates (419/A-BR/2024 sowie 11516/BR d.B.)
Präsidentin Margit Göll: Wir gelangen nun zu den Tagesordnungspunkten 15 bis 18, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.
Berichterstatter zu den Punkten 15 bis 18 ist Herr
Bundesrat Markus
Stotter. – Ich bitte um die Berichte.
Berichterstatter
Markus Stotter, BA: Ich darf Ihnen den
Bericht des Geschäftsordnungsausschusses über den Beschluss des
Nationalrates
vom 13. Juni 2024 betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das
Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird, zur Kenntnis bringen.
Der Bericht liegt Ihnen vor.
Der Geschäftsordnungsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage einstimmig den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Weiters darf ich Ihnen den Bericht des Geschäftsordnungsausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 13. Juni 2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Informationsordnungsgesetz, das Datenschutzgesetz, das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 und das Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 geändert werden, zur Kenntnis bringen.
Der Bericht liegt Ihnen ebenfalls vor.
Der Geschäftsordnungsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage einstimmig den Antrag,
1. gegen
den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch
zu erheben,
2. dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 30a B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.
Des Weiteren darf ich Ihnen den Bericht des Geschäftsordnungsausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 13. Juni 2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Rechnungshofgesetz 1948 und das Volksanwaltschaftsgesetz 1982 geändert werden, zur Kenntnis bringen.
Dieser Bericht liegt Ihnen ebenfalls in schriftlicher Form vor.
Der Geschäftsordnungsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage einstimmig den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Zum Abschluss darf ich Ihnen den Bericht des Geschäftsordnungsausschusses über den Antrag der Bundesräte Dr. Andrea Eder-Gitschthaler, Marco Schreuder, Korinna Schumann, Klemens Kofler, MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Änderung der Geschäftsordnung des Bundesrates, 419/A-BR/2024, zur Kenntnis bringen.
Dieser Bericht liegt Ihnen ebenfalls vor.
Der Geschäftsordnungsausschuss stellt nach Beratung mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, der dem Ausschussbericht angeschlossenen Änderung der Geschäftsordnung des Bundesrates die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.
Präsidentin Margit Göll: Vielen Dank für die Berichte.
Wir gehen in die Debatte ein.
Wortmeldungen liegen dazu nicht vor. Die Debatte ist somit geschlossen.
Wir kommen zur Abstimmung, die über die gegenständlichen Tagesordnungspunkte getrennt erfolgt. – Bitte nehmen Sie Ihre Plätze ein.
Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des
Nationalrates
vom 13. Juni 2024 betreffend ein
Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz
geändert wird.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte,
die dem Antrag
zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch
zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmeneinhelligkeit, der
Antrag ist somit angenommen.
Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 13. Juni 2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Informationsordnungsgesetz und weitere Gesetze geändert werden.
Dieser Beschluss ist ein Fall des Artikels 30a Bundes-Verfassungsgesetz und bedarf daher der in Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder und mit einer Mehrheit von mindestens zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen zu erteilenden Zustimmung des Bundesrates.
Ich stelle zunächst die für die Abstimmung
erforderliche Anwesenheit
der Mitglieder des Bundesrates fest.
Wir gelangen zunächst zur Abstimmung, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates vom 13. Juni 2024 keinen Einspruch zu erheben.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte,
die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates
keinen Einspruch
zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmeneinhelligkeit.
Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.
Nunmehr lasse ich über den Antrag abstimmen, dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 30a Bundes-Verfassungsgesetz die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.
Ich bitte jene
Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um
ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmeneinhelligkeit.
Der gegenständliche Antrag ist somit unter Berücksichtigung der
besonderen Beschlusserfordernisse angenommen.
Ausdrücklich stelle ich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.
Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 13. Juni 2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Rechnungshofgesetz 1948 und das Volksanwaltschaftsgesetz 1982 geändert werden.
Ich ersuche jene
Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag
zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch
zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmeneinhelligkeit. Der
Antrag ist somit angenommen.
Wir gelangen zur Abstimmung
über den Antrag der Bundesräte Dr. Andrea Eder-Gitschthaler, Marco
Schreuder, Korinna Schumann, Klemens Kofler,
MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky, Kolleginnen und Kollegen betreffend die
Änderung der Geschäftsordnung des Bundesrates.
Da zu einem Beschluss des Bundesrates über eine Änderung der Geschäftsordnung gemäß § 58 Abs. 5 der Geschäftsordnung des Bundesrates die Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder des Bundesrates und eine Mehrheit von mindestens zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen erforderlich ist, stelle ich zunächst die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der Mitglieder des Bundesrates fest.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die der dem Ausschussbericht angeschlossenen Änderung der Geschäftsordnung des Bundesrates die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmeneinhelligkeit. Der Beschluss über eine Änderung der Geschäftsordnung des Bundesrates ist somit unter Berücksichtigung der besonderen Beschlusserfordernisse zustande gekommen.
Wahl der beiden Vizepräsident:innen, der Schriftführer:innen und der Ordner:innen für das 2. Halbjahr 2024
Präsidentin Margit Göll: Wir gelangen nun zum 19. Punkt der Tagesordnung.
Mit 1. Juli 2024 geht der Vorsitz im Bundesrat auf das Bundesland Oberösterreich über. Gemäß Art. 36 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz ist der an erster Stelle entsendete Vertreter dieses Bundeslandes, Herr Bundesrat Mag. Franz Ebner, zum Vorsitz berufen.
Die übrigen Mitglieder des Präsidiums des
Bundesrates sind gemäß § 6 Abs. 3 der
Geschäftsordnung des Bundesrates für das kommende Halbjahr neu
zu wählen.
Wahl der Vizepräsident:innen
Präsidentin Margit Göll: Ich werde die Wahl der beiden Vizepräsident:innen durch Erheben von den Sitzen vornehmen lassen.
Wir gehen nunmehr in den Wahlvorgang ein und kommen zur Wahl
der
ersten zu wählenden Vizepräsidentin beziehungsweise des ersten zu
wählenden Vizepräsidenten des Bundesrates.
Gemäß § 6 Abs. 3 der
Geschäftsordnung des Bundesrates kommt hierfür
der SPÖ-Fraktion das Vorschlagsrecht zu.
Es liegt mir ein Wahlvorschlag vor, der auf Herrn Bundesrat Dominik Reisinger lautet.
Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Wahlvorschlag zustimmen, sich von den Sitzen zu erheben. – Es ist dies die Stimmeneinhelligkeit. Der Wahlvorschlag ist somit angenommen. (Allgemeiner Beifall.)
Ich frage Herrn Bundesrat Dominik Reisinger, ob er die Wahl annimmt.
*****
(Bundesrat Dominik Reisinger bedankt sich für
das Vertrauen
und nimmt die Wahl an.)
*****
Wir kommen nunmehr zur Wahl der zweiten zu wählenden Vizepräsidentin beziehungsweise des zweiten zu wählenden Vizepräsidenten des Bundesrates.
Gemäß § 6 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates kommt hierfür der ÖVP-Fraktion das Vorschlagsrecht zu.
Es liegt dazu ein Wahlvorschlag
vor, der auf Dr. Andrea Eder-Gitschthaler
lautet.
Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Wahlvorschlag zustimmen, sich von den Sitzen zu erheben. – Es ist dies die Stimmeneinhelligkeit. Der Wahlvorschlag ist somit angenommen. (Allgemeiner Beifall.)
Und ich frage Frau
Bundesrätin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler, ob sie
die Wahl annimmt.
*****
(Bundesrätin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler bedankt sich für das Vertrauen und nimmt die Wahl an.)
*****
Ich darf beiden Vizepräsidenten sehr herzlich zu ihrer Wahl gratulieren.
Wahl der Schriftführer:innen
Präsidentin Margit Göll: Wir kommen nun zur Wahl der Schriftführerinnen beziehungsweise Schriftführer.
Es liegt mir der Vorschlag vor, die Mitglieder des
Bundesrates
Mag. Daniela Gruber-Pruner, Silvester Gfrerer,
Marlies Doppler, Daniel Schmid, Sandra Böhmwalder
für das 2. Halbjahr 2024 zu Schriftführerinnen beziehungsweise Schriftführern
des Bundesrates zu wählen.
Falls kein Einwand erhoben wird, nehme ich diese Wahl unter einem vor. (Ein Einwand wird nicht erhoben.)
Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die
diesem Wahlvorschlag
ihre Zustimmung geben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmeneinhelligkeit.
Der Wahlvorschlag ist somit angenommen.
Ich frage die Gewählten, ob sie die Wahl annehmen.
*****
(Die Bundesrät:innen Mag. Daniela Gruber-Pruner, Silvester Gfrerer, Marlies Doppler, Daniel Schmid und Sandra Böhmwalder nehmen die Wahl an.)
*****
Ich gratuliere allen gewählten Schriftführerinnen und Schriftführern zu ihrer Funktion. (Allgemeiner Beifall.)
Wahl der Ordner:innen
Präsidentin Margit Göll: Wir kommen nunmehr zur Wahl der Ordnerinnen beziehungsweise Ordner.
Es liegt mir dazu ein Wahlvorschlag vor, die Mitglieder des
Bundesrates
Klara Neurauter, Elisabeth Grimling, Andreas Arthur
Spanring und
Claudia Hauschildt-Buschberger für das
2. Halbjahr 2024 zu Ordnerinnen beziehungsweise zu Ordnern des
Bundesrates zu wählen.
Falls kein Einwand erhoben wird, nehme ich auch diese Wahl
unter
einem vor. (Ein Einwand wird nicht erhoben.)
Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Wahlvorschlag ihre Zustimmung geben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmeneinhelligkeit. Der Wahlvorschlag ist somit angenommen.
Ich frage die Gewählten, ob sie die Wahl annehmen.
*****
(Die Bundesrät:innen Klara Neurauter, Elisabeth Grimling, Andreas Arthur Spanring und Claudia Hauschildt-Buschberger nehmen die Wahl an.)
*****
Ich gratuliere allen Gewählten zu ihrer Funktion. (Allgemeiner Beifall.)
Die Tagesordnung ist erschöpft.
der Bundesrät:innen Christoph Steiner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für EU und Verfassung betreffend „Anschlag auf die Existenz unserer Landwirte“ (4203/J-BR/2024)
der Bundesrät:innen Christoph Steiner, Kolleginnen
und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie,
Mobilität, Innovation und Technologie betreffend „Anschlag auf die
Existenz unserer Landwirte“
(4204/J-BR/2024)
Präsidentin
Margit Göll: Wir gelangen nunmehr
zur Verhandlung
über die Dringlichen Anfragen der Bundesräte Christoph Steiner,
Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für EU und Verfassung sowie
an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität,
Innovation und Technologie.
Da die Dringlichen Anfragen allen Mitgliedern des
Bundesrates zugegangen
sind, erübrigt sich eine Verlesung durch die Schriftführung.
Ich darf auch noch Frau Bundesministerin Karoline Edtstadler sehr herzlich hier bei uns im Bundesrat begrüßen. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)
Ich erteile Herrn Bundesrat Christoph Steiner als erstem Antragsteller zur Begründung der beiden Anfragen das Wort.
Bundesrat
Christoph Steiner (FPÖ, Tirol):
Wunderbar, beide Ministerinnen sind da. Es war eine schwere Geburt, dass wir es
schaffen, dass Sie beide
kommen, aber darauf komme ich noch zu sprechen. Zumindest könnt ihr euch
jetzt sicher sein: Die Festung Steiner steht zwischen Ihnen, es kann Ihnen
beiden nichts passieren. (Heiterkeit des Bundesrates Tiefnig sowie
Heiterkeit und Beifall bei der FPÖ.)
Gehen wir gleich ein bisschen ins Inhaltliche: Was für
ein Schauspiel,
was für eine Schmierenkomödie, wie teilweise lächerlich, wie
peinlich sich diese Regierung in den letzten Tagen, Wochen, Monaten, Jahren
gegeben hat!
Was für eine Art von Regierenden, was für handelnde Personen:
derartig viel Inkompetenz, so viele Personen, die völlig
überfordert und oft auch total
fehl am Platz in dieser Regierung sind!
Es ist unglaublich peinlich, Frau Edtstadler und Frau
Gewessler, für unser wunderschönes Heimatland, aber vor allem
für unser Volk. Es steht ja jetzt die Urlaubszeit an und jeder
Österreicher, der sich nun in seinen wohlverdienten Urlaub, egal
wo auf diesem Planeten, begibt, wird sich für Ihre Unfähigkeit, Frau
Edtstadler, und für Ihre Unfähigkeit, Frau Gewessler, in Grund und
Boden genieren müssen, weil er wahrscheinlich in allen Ländern dieser
Welt auf diese versagende Regierung angesprochen wird.
Ihr beiden – Sie als Verfassungsministerin und
Sie als Verkehrs- und Klimaministerin – habt es nun geschafft,
nicht nur mit dieser unglaublich lächerlichen Aktion in den letzten Wochen
rund um das unsägliche – man muss es so
sagen – Renaturierungsgesetz, sondern auch schon in den letzten vier
Jahren Österreich in dieser Welt leider Gottes bis auf die Knochen zu
blamieren.
Ich erinnere nur daran: Wir waren eines von zwei oder drei Ländern auf
dieser Welt, die eine Impfpflicht eingeführt haben.
Was führt diese Regierung so auf, speziell wieder die
beiden Ministerinnen
links und rechts neben mir? – Ich glaube auch, dass Ihnen, Frau
Edtstadler, aber vor allem Ihnen, Frau Gewessler, einfach gar nichts mehr zu
blöd ist.
Schwarz und Grün – und wir sehen es ja, Gott sei Dank stehe ich
dazwischen – können sich weder riechen, noch können sie
sich sehen. (Bundesministerin Gewessler: Sie stehen dazwischen, ja!) –
Ja, ich stehe dazwischen, jetzt sehen Sie sich
Gott sei Dank nicht und haben einmal ein bissl Zeit. (Bundesministerin
Gewessler lehnt sich zurück und blickt in Richtung Bundesministerin
Edtstadler.) – Schau, Frau Gewessler fordert Sie schon wieder
hintenherum heraus! (Bundesministerin Edtstadler schüttelt den
Kopf.) – Ja, das Problem ist, Sie haben zugelassen, dass diese
Dame (in Richtung Bundesministerin Gewessler
weisend) sich jetzt immer über Sie lächerlich machen kann (Bundesministerin
Gewessler schüttelt den Kopf) – da sind Sie von der
ÖVP selber schuld,
selber schuld! Und sie genießt es ja. Sie genießt und kostet es
aus, wie sie die ÖVP und speziell Sie in den letzten Wochen
lächerlich gemacht hat.
(Beifall bei der FPÖ.)
Wenn ich sage, Sie können sich nicht mehr riechen: Es
ist dann halt so, dass man den Ministerrat einfach absagt und der Kanzler dann
lieber bei den Fußballspielen ist. Er sagt: Ich kann den Ministerrat
nicht machen, weil ich lieber beim Fußballspiel bin, als für
Österreich zu arbeiten! – Gut, Ministerrat
abgesagt – das soll nicht mein Problem sein, das ist eh euer
Problem. Weil es aber eh schon wurscht ist, sagt ihr euch dann noch: Wir
können weder gemeinsam regieren, noch können wir uns auf
persönlicher Ebene irgendwie noch einmal versöhnen! Es ist eh schon
wurscht, wir regieren weiter,
ganz nach dem Motto von Kurz: „Koste es, was es wolle“!
Man könnte ja eventuell noch damit leben, dass sich
Personen in dieser Regierung andauernd in Inkompetenz überschlagen,
sich in Österreich blamieren, auf internationaler Ebene
blamieren – und das ist das Interessante, über das schreiben
die Medien ja nie; auf internationaler Ebene blamieren wir uns sowieso
oft –, aber dann werden wir noch hintenherum von den anderen Regierungen
belächelt und mit dieser Regierung in Österreich regelrecht
verarscht. Also das habt alleine ihr zu verantworten!
Im September ist aber Gott sei Dank – darauf
komme ich später noch zu sprechen – dieser türkis/schwarz-grüne
Irrsinn dann hoffentlich enderledigt.
Den Schaden haben Sie aber angerichtet. Aufarbeiten müssen den Schaden
dann andere in jahrelanger Arbeit. Man muss
quasi den angerichteten Scherbenhaufen zusammenräumen,
bevor man als neue Regierung überhaupt erst zu arbeiten beginnen
kann.
Die Zustimmung, Frau Gewessler, zum EU-Renaturierungsgesetz
ist –
und ich sage es genau so, wie es werden wird und wie es kommen
wird – ein Bauernvernichtungsgesetz! (Beifall bei der FPÖ.)
Dieses Gesetz vernichtet die Existenz unserer
kleinstrukturierten österreichischen Landwirtschaft sowie von deren
Familien, weil die mit drinnen hängen, und somit auch die
Versorgungssicherheit des österreichischen Volkes
mit heimischen Lebensmitteln.
Warum sind die Landwirte und
somit auch bald das gesamte österreichische Volk in dieser
prekären Situation? – Einzig und alleine, weil euer Nehammer
und diese ÖVP, eine beliebig austauschbare Partei ohne
Gewissen, deren einziger Überlebensdrang Macht und Machterhalt um jeden
Preis sind, jetzt auch noch die Bauern verraten und verkauft haben. Mit
der Wirtschaft habt ihr das ja schon längst gemacht.
Das alles
dafür – das ist jetzt das Verwerfliche –, um ein
paar unfähige – man muss es so sagen – Personen noch
schnell in Amt und Würden kommen
zu lassen, um sich auf Steuerzahlerkosten, Frau Edtstadler, noch ein paar fette
Jahre zu sichern. Das ist das Grausige an dieser ÖVP, aber darauf komme
ich später noch zu sprechen, und das relativ ausführlich.
Natürlich hätte es Nehammer verhindern können; Nehammer hätte mehrere Möglichkeiten gehabt, Gewesslers Zustimmung zu diesem Bauernvernichtungsgesetz zu stoppen.
Eine kleine Randnotiz, damit wir wissen, wovon wir bei diesem Renaturierungsgesetz reden: Das Renaturierungsgesetz sieht vor, 20 Prozent aller ländlichen Flächen zu renaturieren. Das ist in Österreich eine Fläche so groß wie die Steiermark.
Was bedeutet dieses
unsägliche EU-Renaturierungsgesetz noch? – Es
ist ein massiver Eingriff in die Grund- und Freiheits- und vor allen Dingen Eigentumsrechte
der jeweiligen Besitzer, somit sind wir Enteignungen nahe – ganz im
Sinne der grünen Ideologie. Dazu, warum die ÖVP da zuschaut,
später
noch mehr.
Ackerböden dürfen nicht länger bewirtschaftet
werden. Das bedeutet
einen Rückgang der landwirtschaftlichen Produktion, das bedeutet eine
Gefährdung der Versorgungssicherheit und das bedeutet eine Vermehrung
der Abhängigkeit von internationaler Agrarindustrie.
Was bedeutet es noch? Jetzt haben wir eh schon ein massives Bauernsterben aufgrund der Unfähigkeit dieser ÖVP – ehemals Wirtschaftspartei, ehemals Bauernpartei –, aber was bedeutet das EU-Renaturierungsgesetz noch? – Das massive Bauernsterben wird damit noch beschleunigt.
Frau Gewessler, jetzt eine
Frage an Sie: Wenn wir renaturieren müssen,
was renaturieren wir denn alles? Renaturieren wir dann auch die Flächen
von Wind- und Solarparks? Auch das wird renaturiert? (Ruf bei der ÖVP:
Die
sind ausgenommen!) Frau Minister, wird auch das renaturiert? (Zwischenrufe
bei der ÖVP: Die sind ausgenommen! – Zwischenbemerkung von Bundesministerin Gewessler.)
Ja, gut, anscheinend wird auch bei Wind- und Solarparks rückgebaut –
das ist ja sehr sinnvoll!
Welche Möglichkeiten
hätte nun – nach der Randnotiz – dieser Kanzler
gehabt, damit er als Kanzler quasi als Schutzherr für die österreichische
Landwirtschaft, für die österreichische Versorgungssicherheit
eintreten
kann? – Eines kann man Frau Gewessler ja nicht vorwerfen: Sie hat am
Sonntag, also einen Tag bevor sie zum Ministerrat gefahren ist, offen und
ehrlich
mit offenen Karten gespielt und hat gesagt: Liebe ÖVP, liebe
Österreicher, ich stimme zu! – Somit hat der Kanzler
spätestens 24 Stunden vorher – ein
paar Minuten auf oder ab – gewusst, was die gute Dame im Schilde
führt. Sie war ehrlich, sie war offen – das ist einmal etwas Erfrischendes,
etwas
Neues in dieser Regierung.
Was hätte dann ein verantwortungsbewusster Kanzler in dieser Situation machen müssen?
Erstens – eine ganz
einfache Geschichte –: Er hätte zum Telefonhörer
greifen können – ich gehe einmal davon aus, dass er Ihre
Handynummer hat, Frau Gewessler; außer Sie haben ihn
blockiert –, hätte Sie anrufen und
zur Vernunft bringen und Sie zurückpfeifen können.
Hätte das nicht funktioniert – zweiter Schritt –: Er hätte – das wissen Sie als Verfassungsministerin hoffentlich – den Hauptausschuss im Parlament
einberufen können und hätte mit
unseren Stimmen einen Antrag auf Stellungnahme abstimmen lassen
können, und damit wäre Gewessler bei dieser Abstimmung an diese
gebunden gewesen und hätte beim Ministerrat dagegenstimmen
müssen. (Zwischenbemerkung von Bundesministerin Edtstadler.)
Ist nicht passiert. Ein ganz einfacher - - (Neuerliche
Zwischenbemerkung von Bundesministerin Edtstadler.) –
Bitte was? Sie hätte es nicht getan? (Bundesministerin Edtstadler:
Das hätte sie so auch müssen!) Jetzt habe ich es nicht verstanden.
(Bundesministerin Edtstadler: Ich will Sie nicht unterbrechen!) –
Okay. Sie hätte es anscheinend nicht getan, aber sei’s drum.
Dann kommen wir zu Schritt
drei – das wäre fast noch einfacher gewesen, als den
Hauptausschuss im Parlament einzuberufen –: Ich habe jetzt die
Meter vom Bundeskanzleramt bis zum grünen Bundespräsidenten nicht
abgemessen, aber er hätte bei seiner Tür im Bundeskanzleramt
hinausgehen,
dann über die Straße gehen können, bei der Tür zum
grünen Van der Bellen hineingehen können, und dann hätte er
sagen können: Lieber Herr Bundespräsident, bitte gar schön,
bringen Sie Ihre Parteikollegin zur Räson, schauen Sie, dass sie mit ihrer
Zustimmung die Bauern in Österreich
nicht vernichtet! – Auch das wäre eine Möglichkeit
gewesen. (Beifall bei der FPÖ.)
Was wäre die vierte
Möglichkeit gewesen, die dieser Nehammer gehabt
hätte? – Er hätte, wenn er es mit Österreich ernst
meinen würde, diese unsägliche Koalition in der Sekunde
aufkündigen können – in der Sekunde aufkündigen können!
Das wäre kein Problem gewesen. Somit hätte sie keine Kompetenz
mehr gehabt, zuzustimmen.
Wenn das alles nicht in Betracht gezogen wurde –
und leider wurde es
nicht in Betracht gezogen –, hätte er – und das
wäre die Mindestanforderung an einen Kanzler gewesen, der für
Österreich arbeitet und nicht dagegen –
dem Bundespräsidenten die Entlassung dieser Ministerin vorschlagen
müssen. Auch das hat er nicht gemacht. (Beifall bei der FPÖ.)
Im Gegenteil: Er will die Koalition weiterführen. Ich
darf Nehammer
jetzt zitieren. Er begründet, warum er die Koalition weiterführen
will, mit folgenden Worten (erheitert): Ich will Österreich
nicht ins Chaos stürzen.
(Heiterkeit bei der FPÖ.)
(Erheitert:) Ich weiß nicht, wo er lebt und wo
er die letzten vier Jahre gelebt hat, und ich weiß auch nicht, ob er sich
noch spürt, aber es stellt sich eine berechtigte Frage – und
das ist jetzt ganz, ganz wichtig für die ÖVP, bitte hört gut
zu! –: Ihr müsst bitte nicht alles so ernst nehmen, was
Nehammer
sagt. Er hat euch ja einmal vorgeschlagen und ans Herz gelegt, wenn wir so
weitermachen: Trinkt viel Alkohol und nehmt Psychopharmaka zu
euch! – Jetzt sage ich euch: Bitte lasst den Blödsinn!
Hört auf mit dem Alkohol und mit den
Psychopharmaka, bitte hört auf damit! (Heiterkeit bei der FPÖ.)
Bitte, das ist jetzt nicht nur wegen eurer Gesundheit, es
geht auch um die Gesundheit in dieser Republik, denn in einem
ständigen Rauschzustand und
unter Einfluss von Psychopharmaka darf man ja laut Gesetz in Österreich
nicht einmal Fahrrad fahren – ihr
aber wollt Österreich regieren. Ihr regiert unter ständigem
Einfluss von Alkohol und - - (Zwischenbemerkung von
Bundesministerin Edtstadler. – Bundesrat Buchmann: Hallo!)
Also Sie machen es nicht. Sie
sagen: Ich höre nicht auf den Kanzler, ich mache das nicht. –
Gut, ich gehe davon aus: Frau Edtstadler ist immer komplett frei von Alkohol
und Psychopharmaka – aber
dann frage ich mich, warum Sie so handeln, wie Sie handeln. Das wirft
eine Frage auf. (Heiterkeit und Beifall bei der FPÖ.)
Ich sage ganz ehrlich: Oft tut echt schon das Zuschauen weh.
Wenn es
für die Zukunft von Österreich und unserer Heimat - - (Bundesrätin
Jagl: Und das Zuhören!) – Gute Dame von den
Grünen, wenn du nicht zuhören willst,
steht es dir frei, diesen Saal zu verlassen. Iss eine Schokolade für die
Nerven, komm wieder herein, wenn ich fertig bin, und alles ist gut! (Weitere
Zwischenrufe der Bundesrätin Jagl.) Bitte, das steht
dir völlig frei. Österreich ist Gott sei Dank – bis auf
die kurze Zeit während Corona – ein freies Land, also
mach, was du willst! (Beifall bei der FPÖ.)
Oft ist es wirklich schwer, zuzuschauen, und wenn es nicht so traurig wäre, dann könnte man oft lachen.
Warum aber haben wir jetzt diese Dringliche gemacht und
warum war es
uns ein Anliegen, euch beide als zuständige Ministerinnen –
einmal für Verfassung und einmal für Umwelt –
zugleich hier bei uns zu haben? Warum
hat die ÖVP zugeschaut und warum pfeifen die Grünen auf den
Rechtsstaat? – Ich erkläre es kurz: Frau Minister, der
grüne Bundespräsident hat ja so
schön von der Schönheit der Verfassung (Bundesrat Schreuder:
Eleganz!) und der Eleganz gesprochen. Warum treten Sie dann diese
Verfassung, die so
elegant ist, mit Füßen? – Sie hätten, wenn Sie die
Worte Ihres eigenen Parteikollegen, Ihres grünen
Bundespräsidenten, ernst nehmen würden,
die Zustimmung der Länder einholen müssen, um so zu agieren, wie Sie
agiert haben. (Beifall bei der FPÖ.)
Noch dazu, Frau Gewessler, verstößt dieses Gesetz
ganz klar gegen
die EU-Verträge – ganz klar! Es folgt nämlich nicht dem
Subsidiaritätsprinzip und greift direkt in die Kompetenzen der Länder
ein. (Bundesministerin Edtstadler wiegt den Kopf.) Die
Frau Verfassungsministerin nickt, ergo gibt sie mir recht, dass dieses Gesetz
direkt in die Kompetenzen der Länder eingreift.
Naturschutz ist ja nicht umsonst – ihr werdet es
doch wohl wissen, ihr repräsentiert unsere Regionen in
Österreich –, Naturschutz ist ja nicht umsonst
Ländersache. Natürlich ist die Natur in unseren Tiroler Bergen eine
ganz andere als im Seengebiet Kärntens, weil ich gerade Kollegin Arpa
anschaue.
Natürlich ist die Natur in Kärnten eine ganz andere als in der
Tiefebene im Burgenland. Deshalb ist diese Kompetenz für Naturschutz,
Umweltschutz Ländersache. Aber das wirklich Skandalöse am Verhalten
dieser Ministerin Gewessler ist, dass erst mit ihrer Stimme die Mehrheit
im Ministerrat möglich war, um dieses Bauernvernichtungsgesetz
auf den Weg zu bringen (Beifall bei der FPÖ), obwohl dieses
Bauernvernichtungsgesetz auf EU-Ebene
ja längst schon zu Grabe getragen worden ist.
Das grausig Perverse dabei ist, dass die Grünen bei
ihrer Therapiesitzung mit den paar Hanseln am Parteitag diesem Verfassungsbruch
auch noch frenetisch zugejubelt haben. Mir ist das
vorgekommen – ich habe mir das nachher noch angeschaut, weil mir jemand gesagt hat, ich soll mir das
anschauen –
wie eine Sektenveranstaltung: Jetzt kommt die große
Sektenherrscherin. Da hat man noch froh sein müssen, dass sich die nicht
vor Gewessler hingekniet
und ihr die Füße geküsst haben. Diese Veranstaltung war irre.
Wer sich das als Österreicher angeschaut hat, der wird sich davor
hüten, jemals bei den
Grünen anzustreifen.
Aus all diesen Gründen bin ich mir nicht sicher, ob diese Partei nicht endlich – da kommen Sie wieder ins Spiel, Frau Verfassungsministerin – vom Verfassungsschutz unter Beobachtung gestellt werden sollte.
Ministerin Gewessler sollte schleunigst aus dieser Regierung
raus, um nicht noch mehr Schaden anrichten zu dürfen. Warum dürfen,
Frau Minister? – Weil
Sie als ÖVP und Sie als Vertreterin der ÖVP, eigentlich als
Verfassungshüterin, andauernd zuschauen, wie diese Grünen mit unserem
Land verfahren.
Sie schauen ständig zu! Wo sind sie, die ÖVP-Bauernbündler?
Einmal die Hand hinauf! Wie viel sind denn
da? Einer, den weiß ich. (Bundesrat Tiefnig nickt.)
Einer nur, gut. (Bundesrat Tiefnig –
auf seine Sitznachbarin weisend –: Sie auch! –
Bundesrätin Miesenberger: Da musst du dich ein bisschen
informieren!)
Ah, zwei! Die Kollegin aus Oberösterreich ist auch eine
Bauernbündlerin. Wir haben zwei hier sitzen. (Bundesrätin
Doppler – auf Bundesrat Gfrerer,
der als Schriftführer am Präsidium sitzt, zeigend –:
Drei!) – Drei. Ah, da hinten sitzt
der dritte. Ja, wunderbar, wir haben drei Bauernbündler der ÖVP hier
sitzen. Ich habe mir schon gedacht, ihr habt euch alle schon rausgeschwindelt,
damit ihr hier mit dieser Partie von Gewessler ja nicht in Berührung
kommt, aber gut.
Jetzt will ich nur wissen, warum diese Bauernbündler so feige sind und ihre Bauern innerhalb der Partei einfach verraten haben? Warum verraten? – Weil ihr – eins, zwei, drei – das ja duldet, was diese Dame aufführt. Und
dann sitzt
ihr heute hier herinnen und klatscht auch noch, wenn diese
eine Wortspende abgibt. Das ist ja – wie sagt man da? –
das
Stockholm-Syndrom. Was ist los mit euch? Was ist mit euch los?, frage ich mich.
(Beifall bei der FPÖ.)
Ich hätte gerne, dass mich einer von euch drei dann im
Nationalratswahlkampf einlädt, dass ich einmal eure Bauern mit
besuchen darf. Das wäre interessant, was die zu euch drei dann sagen.
Das würde mich interessieren,
was die zu euch drei sagen.
Habt ihr euch einmal Gedanken gemacht, was eure Vorfahren,
die eure Landwirtschaften aufgebaut haben, jetzt über euch denken? (Bundesrat Tiefnig: Alle schon gestorben!) – Ah, die sind schon gestorben, sagt er. Das ist
wurscht! Die Vorfahren, die es aufgebaut haben, sind schon gestorben.
Das ist die ÖVP, meine Damen und Herren: Das ist uns egal! (Beifall bei
der FPÖ.) Deswegen macht ihr das mit dem Land, was ihr macht, weil
euch das
scheißegal ist, was die Vorfahren aufgebaut haben. (Bundesrat Tiefnig:
Und du machst dich über Tote lustig! Schäm dich!) Einfach
hinausschreien: Die
sind schon tot, das ist mir wurscht! (Bundesrat Tiefnig:
Ja, die sind schon gestorben!), das ist primitiv, Herr Kollege,
so über Tote zu reden. (Bundesrat
Tiefnig: Ja, genau! So haben wir es schön beieinander!) Ja, da
seid ihr wohl schön beieinander.
Warum schaut die ÖVP zu und lässt den Grünen
alles durchgehen,
lässt sie schalten und walten – das ist ja leider der Fall,
Frau Minister Edtstadler –, wie es den Grünen gerade
passt?
Ich habe mir drei, vier
Erklärungen zusammengeschrieben, was dahinterstecken könnte,
warum ihr dieses Bauernvernichtungsgesetz mitgetragen habt. Entweder steckt ein
Plan dahinter oder Nehammer hat sich nicht getraut. Entweder sind Sie so
unfähig und lassen sich von dem kleinen, wirklich kleinen Beiwagerl am
Nasenring durch die Republik ziehen, dass es peinlicher
nicht mehr geht, oder man hat es sehenden Auges – und das wäre
ja noch viel
schlimmer – einfach bewusst zugelassen. Warum bewusst
zugelassen?
Könnte es sein, dass sich die ÖVP bis zur Wahl im September mit den
Stimmen der Grünen, die sie ja dann braucht, noch ein paar ÖVP-Posten
sichern
will: Stichwort EU-Kommissar, Stichwort Nationalbank?
Ich kann Ihnen aber jetzt schon
sagen, Frau Gewessler: Wenn das der Plan ist - - – Frau
Edtstadler, Entschuldigung! Wenn Sie beide hier sitzen,
ist das etwas schwierig. Bitte um Entschuldigung, es kann noch einmal
passieren, dass ich die Namen verwechsle. Ich entschuldige mich gleich schon im
Vorhinein. – Ich kann Ihnen aber jetzt schon sagen, Frau Edtstadler,
es wird wieder schiefgehen mit den Grünen. Es wird schiefgehen, denn was
wird passieren, Frau Edtstadler? Ich kann Ihnen jetzt schon prophezeien: Wenn
es einen ÖVP-Kommissar geben sollte, dann werden Ihnen die Grünen
den ihnen ideologisch mehr als nur nahestehenden Othmar Karas aufdrücken.
Warum komme ich auf Othmar
Karas? – Dieser Herr war ja in Brüssel Mitbetreiber dieses
EU-Renaturierungsgesetzes. (Beifall bei der FPÖ.) Dieser Herr hat
die ÖVP monatelang damit unter Druck gesetzt, dass er mit seiner
eigenen Liste kandidiert, nur um jetzt vor Kurzem zu verkünden, dass er
nicht mehr mit einer eigenen Liste kandidiert. Na warum wohl, Frau Edtstadler?
Und das ist der Plan der Grünen: lieber einen grünen Schwarzen als
gar keinen Grünen als Kommissar. Sie werden euch den Othmar Karas
aufdrücken.
Aus reiner Spekulation auf
bestimmte Postenbesetzungen die grüne Ministerin im Amt zu lassen, das ist
fahrlässig, das sage ich ganz ehrlich, denn Gewessler ist, wenn
es ganz blöd läuft, noch bis Jänner in Amt und
Würden. Kommt ganz darauf an, wie lange die Regierungsbildung dann ab dem
29. September dauern wird. In dieser Zeit kann diese Dame ja noch so
viel Schaden anrichten, und das haben Sie ganz alleine zu verantworten. (Beifall
bei der FPÖ.)
Man sollte ja als Kanzler der Kapitän sein, man sollte
Leadership zeigen.
Früher hat man von Führungsgrundsätzen gesprochen, und da habe
ich mir einmal angeschaut, was man alles für Leadership braucht, dass
jemand eine ordentliche Führungskompetenz hat. Man braucht klare und
verbindliche Kommunikation. Jetzt hat Nehammer zwar 104 PR-Berater,
klare Kommunikation hat aber noch nie funktioniert in seiner
Zeit als Kanzler.
Weitere Punkte: Man sollte feedbackfähig
sein – ist er nicht, weil man ihn nie im Plenum sieht. Man soll
Verantwortung übernehmen – hat er überhaupt
noch nie gemacht. Und man sollte ein Verantwortungsbewusstsein
haben – das hat aber leider die ganze ÖVP nicht. Man sollte
vertrauenswürdig sein
und positive Energie ausstrahlen, also eine gute Ausstrahlung haben. Man sollte
Entscheidungen treffen und zu denen stehen, auch wenn sie wie in diesem
Fall unangenehm sind – macht er auch nicht. Teamfähig sollte
man
sein, ein Vorbild sollte man als Führungskraft sein. Jetzt frage ich mich,
in welcher Beziehung dieser Nehammer ein Vorbild ist.
Man sollte die Einheit ordentlich führen. Man sollte
als Kanzler, würde
man meinen, auch einen Informationsvorsprung, eine
Informationsüberlegenheit haben – hat er, wie wir wissen,
nicht. Und was ganz wichtig ist, und deswegen vertrauen einem
zukünftigen Volkskanzler so viele Leute: Man soll Vertrauen
ausstrahlen und man soll vor allen Dingen geradlinig sein. Und geradlinig ist
nur einer in dieser Republik und das ist der zukünftige Volkskanzler
Kickl. (Beifall bei der FPÖ.)
Aber Nehammer hat all das nicht. All das, was
Führungsgrundsätze
eigentlich sein sollten, besitzt dieser Nehammer nicht. Er hat stattdessen
lieber Angst vor dieser Ministerin, lässt sie in Amt und Würden und
nimmt
dafür weiteres Bauernsterben in Kauf.
Das hat halt leider null mit Führungsqualität und Leadership zu tun. Das ist weder klar noch verantwortungsvoll. Das ist weder vorbildhaft noch vorbildlich. Das ist weder vertrauenswürdig, noch zeugt es von einer Einigkeit, die für
eine Regierung eigentlich, Frau Gewessler, Grundsatz wäre. Da
werden
wir uns einig sein, dass Vertrauen in einer Regierung Grundsatz ist, oder, Frau
Minister? (Bundesministerin Gewessler: Ich beantworte später
alle Ihre
Fragen!) – Nein, aber Vertrauen wird wohl Grundsatz sein. Das
habe ich in der Anfrage nicht drinnen stehen, das ist jetzt eine Zwischenfrage.
(Bundesministerin Gewessler: Pech!) – Ah,
Pech, okay. Also Vertrauen ist für die Grünen in einer Regierung kein
Grundsatz, Frau Edtstadler! (Zwischenruf der Bundesrätin Kittl.)
Und als was ist dieses Verhalten des Kanzlers
zu bezeichnen? – Das ist Duckmäusertum, so nennt man das
bei uns in Österreich, man stiehlt sich
aus der Verantwortung.
Die traurige Krönung aber, und jetzt
komme ich eh schon mehr zu Ihnen, Frau Edtstadler, ist dieses Schauspiel,
dieser peinliche Versuch der ÖVP, von
Ihnen, dem Volk wieder Sand in die Augen zu streuen und mit zahnlosen Aktionen
noch zu versuchen, zu retten, was aus ÖVP-Sicht irgendwie noch zu
retten sein sollte.
Es ist aber nichts mehr zu retten, denn mit
dieser Aktion der völligen Schwäche und Inkompetenz habt ihr nicht
nur in den letzten Jahren, sondern auch
jetzt noch den letzten tiefschwarzen Bauern verloren – und da meine
ich jetzt nicht die drei, die hier mit einem bezahlten Mandat sitzen, sondern die
anderen tiefschwarzen Bauern, die täglich arbeiten müssen.
Eine Strafanzeige wegen Amtsmissbrauchs, Frau
Edtstadler: Was ist das? Was nützt das? Was bringt das? Ändert das
diesen Beschluss? – Nein! Gut.
Ändert das etwas an der Bauernvernichtung, dem Bauernsterben? –
Nein. Hilft das irgendeiner Familie, deren Lebensgrundlage, die Landwirtschaft,
nun entzogen wird? – Nein. Hilft das irgendeinem Bauern, der dann
enteignet wird? – Nein. Hilft das irgendeinem Dorf, das
eine Flussverbauung hat, damit es nicht mehr überschwemmt wird, wenn diese
Flussverbauung dann renaturiert, zurückgebaut werden muss
und es dann immer wieder
überschwemmt wird, die Menschen um ihr Hab und
Gut fürchten
müssen? – Nein. Diese Alibiaktion mit der Anzeige gegen
Gewessler hilft niemandem in diesem Land. Das ist eine schwache
Ankündigung Ihrerseits und ist wieder einmal unglaubwürdig, und Sie
sind als Ministerin, als
Person für mich, aber auch für ganz, ganz viele Österreicher in
diesem Land einfach unglaubwürdig.
Für mich sowieso – mich als
Ungeimpften wollten Sie ja sowieso aus
diesem Land ausweisen (Bundesrat Spanring: Ja, das wollte sie!),
und jetzt behaupten Sie ja immer wieder, jetzt auch wieder, Sie haben das
nie
gesagt. (Bundesrat Spanring: Da gibt’s das Video!) Ich habe
es eh nicht für voll genommen, aber es gibt ja Videos davon, Sie haben es
in einem Interview gesagt. Sie vergessen schnell. Sie haben auch
schnell vergessen, dass Sie eine 41-Stunden-Woche gefordert haben, aber
sei’s drum.
Auf jeden Fall, wenn Sie so schnell vergessen
und wenn Sie so schnell
leugnen, was Sie sagen, sollen wir Ihnen jetzt
glauben – Sie haben ja auch verkündet, dass Sie und die
ÖVP mit den Grünen nicht mehr regieren
wollen. Jener Ministerin, also Ihnen, soll ich jetzt glauben, obwohl Sie ja unterschrieben
haben: Ich werde, wenn dieser Kurz geht, diese Regierung verlassen;
eine Edtstadler in einer Bundesregierung gibt es nur mit Kurz! – Das
haben Sie ja unterschrieben, oder? Oder nicht? (Bundesministerin
Edtstadler: Ist das jetzt ...?) Haben sie die Unterschrift
gefälscht oder waren das Sie selber? Haben Sie selber unterschrieben? (Zwischenruf
des Bundesrates Buchmann.)
Gut, Sie traut
sich nicht zu antworten, das sei mir auch recht. Zumindest soll ich jener Ministerin
jetzt glauben, die mit ihrer Unterschrift versucht hat,
glaubhaft zu machen, dass sie nur mit einem Kurz in der Regierung
bleibt. – Jetzt weiß ich nicht, ist Ihr Versprechen das wert,
was Sie dann umsetzen: Sie
bleiben einfach Ministerin? Ist Ihre Unterschrift nichts wert? – So
wird es nämlich sein, denn Sie
sitzen ja immer noch da. Es ist auch Ihre Ankündigung,
mit den Grünen nicht mehr regieren zu wollen, nichts wert, denn
wenn Sie es
ernst meinen, wären Sie schon weg. Sie sitzen aber immer noch
da.
(Beifall bei der FPÖ.)
Sie bleiben also jetzt auch sitzen? (Bundesministerin Edtstadler: Ja! ...!) Sie bleiben sitzen. Gut, dann weiß jetzt ganz Österreich, was wir von Ihrem Wort halten können. – Diese Dame hat einfach keinen Genierer.
Wenn Sie jetzt da
sitzen bleiben – denn wir waren als Fraktion so fair und haben
aufgrund der Brisanz, der Wichtigkeit dieses Themas unsere Fragen an
Sie drei Tage vorab an Ihre Partei geschickt, also am Montag übermittelt (Bundesministerin
Edtstadler – erheitert –: Ich glaube, ... Versehen,
aber bitte! – Bundesrätin Eder-Gitschthaler: Weil Sie es
falsch geschickt haben! – Ruf bei der ÖVP: Ha, ha! –
Heiterkeit bei der ÖVP) –, dann dürfen wir davon ausgehen, Frau Edtstadler,
nein, sondern wir erwarten uns jetzt zumindest eines: Ich erwarte mir nach
meiner Rede ehrliche, ich erwarte mir fachkundige,
ich erwarte mir gut begründete Antworten und Stellungnahmen Ihrerseits.
Wir wollen von
Ihnen nun Antworten auf unsere Fragen, die mit Ihren
viel zitierten Gutachten untermauert und hinterlegt sind, und ich fordere jetzt
ganz offiziell diese Gutachten von Ihnen auch zur Durchsicht und zur
Vorlage an alle Abgeordneten hier im Hause. (Bundesministerin Edtstadler:
Jetzt?) Die Mailadressen sind Ihnen bekannt, ansonsten hilft die Parlamentsdirektion sicher
aus.
Somit erwarten
zumindest wir von der freiheitlichen Fraktion im Hause uns jetzt zur
Abwechslung keine Edtstadler-Show, sondern belastbare, ehrliche Antworten,
denn dieses Thema ist zu wichtig, und Österreich hätte sich im
Übrigen, besonders von Ihnen, längst eine Entschuldigung verdient.
(Beifall bei der FPÖ.)
Damit ich nicht eine Genickstarre
kriege, weil ich immer zu Ihnen geschaut habe, wende ich mich jetzt dieser
grünen Dame links von mir zu. – Ihr Koalitionspartner
hätte ja heute bald verhindert, Frau Gewessler, das müssen Sie sich
einmal vorstellen, dass Sie mit Ihrem Lieblingspendant Frau Edtstadler
hier
bei uns – und das freut mich so schön – zugleich
Rede und Antwort stehen können; denn die ÖVP, Frau Gewessler,
wollte mit den parlamentarischen
Usancen einfach brechen und zwei vom Inhalt her idente Anfragen getrennt
verhandeln, damit Frau Edtstadler nicht zugleich mit Ihnen hier herinnen im Bundesrat
auf der Ministerbank sitzen muss. – Seid froh, jetzt habt ihr die
Festung Steiner zwischen euch, also alles gut. Man sieht aber, was für ein
trauriges Zeugnis diese Regierung abgibt. (Beifall bei der
FPÖ.)
Warum aber, Frau Gewessler, glauben Sie, dass
die ÖVP ein Aufeinandertreffen von Ministerin Edtstadler und Ministerin Gewessler
bei uns im Bundesrat verhindern wollte? Ich weiß schon, Ihnen ist das
egal, Sie kommen ja und genießen das, wie Sie die ÖVP
brüskieren. Aber warum wollte die ÖVP
diese Situation mit aller Gewalt und allen parlamentarischen Tricks vermeiden?
Ich habe versucht, mir einen Reim darauf zu
machen: Entweder ist
die ÖVP wirklich so feige, man tut nur in den Medien so stark und ist in
seinen Bauernzeitungen, Parteizeitungen gescheit, traut sich aber dann nicht,
dem Gegenüber in einer solchen Situation wie heute und hier das auch ins
Gesicht zu sagen, oder die ÖVP ist wirklich so eine hintertriebene
und
falsche Partei. Spielt die ÖVP wirklich ein Spiel mit Österreich?
Steht für die ÖVP der Postenschacher wirklich über dem Interesse
Österreichs?
Stehen für die ÖVP wirklich nur Macht und Machterhalt an erster
Stelle? Verrät die ÖVP für ein paar Posten in der Republik
wirklich die Bauern? – Wenn
ich nicht schon seit 2018 hier herinnen wäre, würde ich mich jetzt
nicht trauen, es zu beantworten; aber ich habe euch erlebt, und all diese
Fragen
beantworte ich mit einem klaren Ja! (Beifall bei der FPÖ.)
Ich habe euch jahrelang auf Gemeindeebene
erlebt und tue es immer noch. Ich kenne euch seit 2018 hier herinnen und es
passt die Aussage – ich
zitiere – falscher Fuffziger perfekt zu euch.
Aber auch die Grünen nehmen es mit der Wahrheit nicht sehr genau. Das wissen wir jetzt – spätestens seit Lena Schilling verdeutlicht. Aber auch mit dem
Anstand, Frau Gewessler, habt ihr ja
mittlerweile massivste Probleme bekommen, sogar die österreichische
Verfassung und den österreichischen
Rechtsstaat treten Sie mit Füßen und er ist Ihnen völlig egal.
Es interessiert Sie auch alles nicht mehr. In der letzten
Sitzung, ich kann mich noch gut erinnern, hat Kollege Bernard zu Ihnen
gesagt – also bevor
Sie da hingefahren sind, da war das noch drei, vier Wochen weit
entfernt –, Sie werden gegen den Willen der Bundesländer
abstimmen. Wissen Sie,
was im Protokoll als Ihr Zwischenruf steht? Wissen Sie, was Sie zwischengerufen
haben? – Das ist eine Unterstellung!
Wer hat jetzt unterstellt? Kollege Bernard, oder haben Sie gelogen? – Die Antwort haben Sie sich selber gegeben.
Ihr Grünen ordnet alles – und das ist das
Traurige – eurer verrückten und klimapolitischen Ideologie
unter, und das mit einer sehr ähnlich und diktatorisch wirkenden
Anführerin, die gerade hier links neben mir sitzt. Alles, was sich eurer
Klimadiktatur nicht unterordnet, wird einfach niedergebügelt oder als
„Gerülpse“ – à la Kogler –
abgetan. Aus grüner Sicht kann ich Ihren Bauernvernichtungsfeldzug völlig nachvollziehen. Seit
ihr in der Regierung seid, habt
ihr ja alle Wahlen verloren, egal auf welcher Ebene, und dank Lena Schilling
seid ihr auch noch bei der EU-Wahl krachend gescheitert – Gott sei
Dank!
Nun aber stellt sich aus grüner Sicht die Frage: Was
kann man tun? Wie können wir die Grünen und vor allen Dingen die
grüne Basis beruhigen und
irgendwie versuchen, die Abwanderung der grün-kommunistischen Wähler
zu den Kommunisten, zur Bierpartei, zur Islampartei, zu den NEOS, der
SPÖ und weiteren unnützen Parteien aufzuhalten? – Da wird
sich der Werner in einer lichten Sekunde
überlegt haben: Ja genau, wir haben ja unsere Ideologieministerin
Gewessler und es kommt ja noch die Abstimmung im Ministerrat zum
EU-Renaturierungsgesetz, und da soll sie zustimmen, soll die Bauern vernichten,
soll den bäuerlichen Familien die Lebensgrundlage entziehen, soll die
Versorgungssicherheit Österreichs aufs Spiel setzen! – Und
schau her:
Die paar Irrläufer am Parteitag der Grünen waren zufrieden und befriedet. Ein paar Wähler wählen nun doch wieder die Grünen. Österreich wird ruiniert. Österreich wird vernichtet, um einer Minderheitenpartei das politische Überleben zu sichern – und diese ÖVP schaut zu. (Beifall bei der FPÖ.)
Schämt euch! Schämt euch beide, beide Parteien, alle miteinander! Für dieses traurige Schauspiel müsstet ihr euch normalerweise in Grund und Boden schämen!
Kommen wir zu ein paar Schlagzeilen im In- und Ausland. Ich
zitiere nur drei, vier: „Für Grüne gilt der Rechtsstaat nicht
mehr“, schreibt jetzt nicht
die Parteizeitung der FPÖ, sondern schreibt die „Krone“.
Grüner Angriff auf Topjuristen. Gewessler unterstellt dem Verfassungsdienst, Gesetze im Sinne der ÖVP zu interpretieren. „Grüne halten Verfassungsdienst für parteilich, ÖVP brüskiert“.
Der „Schwarz-Grüne Trümmerhaufen“. „Die Reste aus beiden Welten regieren, beide Parteien zeigen für den Wahlkampf Kante. Bisher wurden Konflikte“ – und das ist das Schlimme – „mit viel Geld gekittet.“ Aber die „Rechnung folgt“, schreibt das „Profil“.
„Boykott gegen Grüne – aber Gewessler
redet weiter“. – Was für eine
Leistung! Koalitionskrach schlägt Wellen. Gemeinden wollen nicht für
Renaturierung bezahlen. „ÖVP
ortet ‚furchterregende Entwicklung‘ bei Gewessler.“ – Ja, das
habe ich euch schon beim Koalitionsabkommen sagen können, dass diese Frau
furchterregend ist. (Beifall bei der FPÖ.)
Grüne für Edtstadler „disqualifiziert“ für „weitere Regierungszusammenarbeit“. (Zwischenbemerkung von Bundesministerin Edtstadler: ... Regierung!) – Sie sitzen aber noch da und regieren bis September weiter.
„ÖVP bringt Strafanzeige
gegen Gewessler ein.“ – Jetzt wird es brisant, liebe Damen und
Herren, die ÖVP setzt sich jetzt ein. „Bauernbund bringt
Anzeige [...] gegen Gewessler ein.“ Renaturierung: „Nehammer
verteidigt Anzeige“. „Gewessler hat wohl verfassungswidrig
gehandelt.“ „Deutsche Europarechtler: Nehammers Klage gegen
EU-Beschluss hat
kaum Erfolgschance“.
Gewessler hat „genauso gehandelt wie ÖVP-Minister in der Vergangenheit“, rechtfertigt sich Gewessler. „Führt Koalitionsstreit zum explosiven Gas-Dilemma?“
Das waren jetzt ein paar
Headlines und Überschriften, die das verdeutlichen, wie lächerlich
diese Regierung in Österreich ist. Das Schlimme ist jetzt
aber –
das schreibt der „Standard“, und das haben wir euch zu verdanken,
eurer Regierung und euren beiden Parteien und eurer
Unfähigkeit –:
„Österreich droht
eine Rezession im Wahljahr“. „Die beiden wichtigsten
Forschungsinstitute korrigieren ihre Prognose für die Wirtschaft erneut
nach unten, das Wifo rechnet mit einem Nullwachstum. Österreich verliert
laut Ökonomen an Wettbewerbsfähigkeit“. Das geht noch über
Seiten weiter, wo Ihre Unfähigkeit und Ihr vernichtender Feldzug gegen
Österreich gut dokumentiert wird – im „Standard“.
Das soll euch zu denken geben, vor allem euch von den grünen Kommunisten!
Jeder, der nur ein bissel Gefühl hätte, ein bissel
Gefühl für sich selber,
zumindest ein bissel Anstand hätte, würde sich in Grund und Boden
schämen, zurücktreten und in der Versenkung verschwinden. Aber was
macht
diese Regierung? – Sie bleibt. Sie bleibt, ohne einen Genierer, ohne
Rücksicht auf Österreich, und dies alles wegen ein paar Posten,
Mandaten und gut
bezahlten Parteijobs. Nach der Wahl – das ist ja die große
Gefahr und davor habt ihr ja so Angst, deswegen klammert ihr euch ja noch bis
zum letztmöglichen Tag im September an diese Regierung – werden
halt viele Grüne und
Schwarze einfach übrig bleiben.
Was macht man dann mit diesen Personen? – Ich kann es
euch jetzt schon sagen, was mit diesen Personen passiert. Ein Gutteil dieser
Personen
wird den Österreichern weiterhin auf der Tasche liegen, aber nicht in
Ämtern und Funktionen, weil diese Personen schlicht und ergreifend am
Arbeitsmarkt nicht vermittelbar sind. – Armes
Österreich!
Ich habe zum Schluss, zum Ende hin eine Bitte – nein, ich flehe, das ist besser: Herrgott, schau oba auf dieses Land, beschütze uns vor weiteren Versagern, die unser Land in den Ruin treiben! Glück auf, Österreich! (Beifall bei der FPÖ. –Heiterkeit des Bundesrates Schreuder. – Bundesrätin Miesenberger: Bitte, lass den aus dem Spiel!)
19.18
Präsidentin Margit Göll: Zur Beantwortung hat sich Frau Bundesministerin Mag. Karoline Edtstadler zu Wort gemeldet. Ich erteile ihr das Wort.
Bundesministerin
für EU und Verfassung im Bundeskanzleramt Mag. Karoline Edtstadler: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau
Bundesministerin!
Geschätzte Bundesrätinnen und Bundesräte! Wer mich kennt,
weiß, dass ich immer klare Worte finde und die Dinge nicht
beschönige, dass ich
den klaren Weg, den geraden Weg gehe – und das werde ich auch heute
und hier tun.
Der gute Zweck heiligt nicht die schlechten Mittel. Niemand
ist gegen
Klima- und Umweltschutz, niemand in dieser Bundesregierung und niemand in der
Österreichischen Volkspartei. Klar ist allerdings, dass diese ambitionierten Ziele
nur gemeinsam erreicht werden können – gemeinsam mit der Bevölkerung,
gemeinsam mit der Industrie, mit der Wirtschaft und mit der Landwirtschaft.
Die vorliegende Zustimmung zum EU-Renaturierungsgesetz war ein Alleingang von Bundesministerin Leonore Gewessler. Sie hat sich damit über das Bundesministeriengesetz und über die Verfassung hinweggesetzt. Entlarvend ist für
mich schon, dass die Klubobfrau der
Grünen diesen Alleingang auf
Instagram als Bad Ass Move feiert. Ich sage Ihnen heute und hier, das ist nicht
cool, das ist nicht mutig, sondern das ist befremdlich und unverantwortlich. (Beifall
bei der ÖVP.)
Wir sind alle als Regierungsmitglieder auf die Verfassung
angelobt, und wir haben dem Bundespräsidenten in die Hand versprochen, die
Verfassung und alle Gesetze in diesem Land unverbrüchlich zu achten.
Deshalb möchte ich
heute auch alle daran erinnern.
Ich möchte auch noch einmal ganz klar festhalten: Es
geht nicht darum, dass irgendjemand gegen Klimaschutz ist, aber wir werden
immer aufstehen,
wenn Verfassungsbruch und Rechtsbruch in diesem Land passieren. (Beifall bei
der ÖVP.)
Es sind zwei Dinge ganz deutlich voneinander zu trennen: Das
eine ist
der Klimaschutz und das andere ist das Rechtliche. Und Recht, meine Damen und
Herren, muss Recht bleiben, Ideologie darf niemals über dem Recht
stehen! Genau das aber haben die Grünen gemacht. Sie haben die Ideologie
über das Recht gestellt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren hier, liebe
Bundesrätinnen und Bundesräte, Sie sind anwesend als Vertreterinnen
und Vertreter Ihrer Bundesländer. Sie wissen genau, dass es eine
aufrechte und einheitliche Bundesländerstellungnahme gegeben hat, die
auch weiterexistiert hat, obwohl ein, zwei Bundesländer sich
plötzlich nicht mehr daran gebunden fühlen wollten.
Diese Bundesländerstellungnahme ist ignoriert worden, und damit ist der
Föderalismus aus meiner Sicht mit Füßen getreten worden.
Die Klimaschutzministerin war
sich dessen offenbar auch bewusst, denn
anders wäre es nicht zu erklären, dass sie vier Privatgutachten
eingeholt hat, um die Rechtsmeinung des allseits anerkannten
Verfassungsdienstes zu konterkarieren. Sie selbst hat bei ihrer
Pressekonferenz am Sonntag vor bald
zwei Wochen eingestanden, sich die Entscheidung nicht leicht gemacht zu haben –
wohl deshalb, weil sie sich auch dessen bewusst war, dass sie die
geltende Rechtslage in diesem Staat missachtet und bricht.
Die Klimaschutzministerin hat
damit die Büchse der Pandora geöffnet. Wir müssen uns wohl
darauf vorbereiten, dass auch zukünftig Politikerinnen und Politiker mit
dieser Gewessler-Methode, nämlich mit Privatgutachten
den Rechtsstaat auszuhebeln, in ihrem Interesse durchsetzen wollen, was ihrer
Ideologie entspricht. Und das, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist
brandgefährlich. Es ist brandgefährlich für unsere Demokratie,
es ist brandgefährlich für unseren Rechtsstaat. (Beifall bei der
ÖVP.)
Ich verstehe die Emotionen auf
beiden Seiten. Ich verstehe die Emotionen derer, die nur mehr den Klimaschutz
sehen, die nur mehr den Schutz unserer
Umwelt und den Erhalt dieser lebenswerten Umwelt auch für nachfolgende
Generationen vor Augen haben und für die die rechtliche Komponente
bürokratisch und technisch klingt, denen Gesetze und die Verfassung als
lästiges Hindernis im Wege stehen. Ich verstehe aber auch diejenigen, die
den
Wunsch verspüren, dass nach diesem Bruch der Gesetze die Umweltschutzministerin,
Klimaschutzministerin aus der Regierung entlassen wird.
Ich sage Ihnen, für mich ist eines ganz klar: Recht und
Verfassung haben
in jedem Moment zu gelten, denn Recht und Verfassung, das ist die Grundlage
unseres Rechtsstaates, das ist das Wesen unserer Republik. Wenn man
aber all die Möglichkeiten, die es gibt, ausgeschöpft hätte,
dann würde man das Land ins Chaos stürzen. Das hätte wohl einen
Koalitionsbruch und danach
die Gefahr des freien Spiels der Kräfte bedeutet. Wir wissen, dass es die
Steuerzahlerinnen und Steuerzahler in der letzten Zeit, seit 2008, sehr
teuer gekommen ist, dass die Steuerzahler:innen die Leidtragenden waren
und die Rechnung dafür bis heute bezahlt wird. (Zwischenruf des Bundesrates Spanring.)
Deshalb steht die Österreichische Volkspartei, steht Bundeskanzler Karl Nehammer als Kraft der Mitte, als Kraft der Vernunft und als Kraft der Verantwortung (Bundesrätin Schumann: Na geh, bei dem Budget!) auch in dieser schwierigen Situation für Österreich klar bereit. (Beifall bei der ÖVP.)
Wir alle tragen mit ihm gemeinsam, mit ihm als Bundeskanzler
an der
Spitze dieser Regierung, diese Verantwortung weiter. (Bundesrätin Schumann:
Für das Budget, für die Wirtschaftszahlen, für die
Arbeitslosenzahlen, für all das
tragen Sie die Verantwortung!) Ich werde als Verfassungs- und
Europaministerin die notwendigen rechtlichen Schritte einleiten, um mit einer
Nichtigkeitsklage beim EuGH zu überprüfen, ob diese
Verordnung auf europäischer Ebene tatsächlich rechtmäßig
zustande gekommen ist.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich darf zur
Beantwortung der
Fragen kommen.
Zu den Fragen 1, 3, 8, 10 und 14:
Das ergibt sich aus der Beurteilung des Verfassungsdienstes
über die Handlungsingerenz der Klimaschutzministerin.
Bundesministerin Leonore
Gewessler hat Verfassungs- und Gesetzesbruch begangen. Den Umstand, dass
Bundesministerin Gewessler nicht befugt war, für Österreich mit Ja zu
stimmen, haben Bundeskanzler Karl Nehammer und ich dem Ratsvorsitz vor der
Abstimmung schriftlich mitgeteilt. Es gilt daher, auf europäischer Ebene
zu klären, ob die Verordnung überhaupt rechtmäßig zustande
gekommen ist.
Österreich wird daher im Auftrag von mir als
zuständiger Verfassungsministerin Nichtigkeitsklage beim EuGH
einlegen. Dies ist binnen zwei Monaten nach Veröffentlichung der
Verordnung im Amtsblatt der Europäischen
Union möglich.
Die ÖVP ist die Kraft der Mitte, der Vernunft und der Verantwortung, der wir auch in schwierigen Zeiten gerecht werden. Bundeskanzler Karl Nehammer hat sich aus dieser Verantwortung heraus entschieden, diese Koalition bis
zum Wahltermin
weiterzuführen und damit das freie Spiel der Kräfte
zu verhindern.
Wir wissen, dass seit 2008
durch ähnliche Situationen in der Vergangenheit Mehrkosten für die
Steuerzahlerinnen und Steuerzahler in der Höhe
von 30 Milliarden Euro entstanden sind.
Wir setzen daher auch in dieser schwierigen Situation ganz stark auf die
Professionalität und auch
Staatsräson der Grünen. Unser Land braucht gerade in schwierigen
Zeiten Stabilität, Chaos gilt es zu verhindern.
Zur Frage 2:
Es wäre Aufgabe der
Klimaschutzministerin gewesen, die Sorgen und
Bedenken der Bundesländer zu berücksichtigen, denen auf
europäischer Ebene entgegenzuwirken und
letztlich Einvernehmen mit den betroffenen Ressorts, im Speziellen
dem Landwirtschaftsministerium, herzustellen.
Zu den Fragen 4 und 5:
Der zuständige Verfassungsdienst im Bundeskanzleramt wurde befasst und hat klar festgehalten, dass die einheitliche Stellungnahme der Länder weiterhin aufrecht ist. Daran war die Klimaschutzministerin verfassungsrechtlich gebunden.
Zu den Fragen 6 und 9:
Die rechtlichen
Rahmenbedingungen sind klar: Sowohl das Bundes-Verfassungsgesetz als auch
das Bundesministeriengesetz gelten für alle Bundesministerinnen und
Bundesminister. Darauf sind wir angelobt, daran müssen wir uns alle
halten. Ich halte es daher nicht für das vorrangige Thema, in dieser
Situation die Dinge zu ändern. Die besten Gesetze und Vereinbarungen
helfen nichts, wenn sich manche nicht daran gebunden fühlen.
Zur Frage 7:
Das sind zwei voneinander zu trennende Fragen. Natürlich ist die Situation nicht einfach. Es geht aber hier nicht darum, parteipolitische Punkte zu machen, sondern um Staatsräson. Zu diesem Weg hat sich Bundeskanzler Karl Nehammer entschieden, und ich unterstütze diesen.
Zu den Fragen 11, 13 und 15:
Jetzt ist es notwendig, Schritt für Schritt zu planen.
Die EU-Verordnung
muss zunächst kundgemacht werden, danach können wir die rechtlichen
Schritte machen. Abhängig von der Dauer und dem Ausgang des Verfahrens
vor dem EuGH wird es dann notwendig sein, die nächsten Schritte zu planen.
Zur Frage 12:
Eine derartige Einschätzungsfrage ist nicht vom
Interpellationsrecht umfasst. Ich habe aber nie einen Hehl
daraus gemacht, dass die derzeitige Situation angespannt und schwierig ist. Wir
und hoffentlich auch die Grünen werden
aber weiterhin aus Verantwortung für Österreich agieren.
Zur Frage 16:
Nein, ich habe keine Anzeige erstattet. Alle Bundesminister
haben ihren eigenen Wirkungsbereich laut Verfassung und
Bundesministeriengesetz. Diese sind
nicht überlappend oder über- beziehungsweise untergeordnet. Dementsprechend
kann auch nicht ein Bundesminister eine Anzeigepflicht für die Handlungen
eines anderen Bundesministers haben.
Vielen Dank. (Lang anhaltender Beifall bei der ÖVP.)
19.29
Präsidentin
Margit Göll: Zur Beantwortung hat
sich weiters Frau Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie,
Mobilität, Innovation und Technologie
Frau Leonore Gewessler zu Wort gemeldet, und ich erteile ihr dieses.
19.29
Bundesministerin
für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und
Technologie Leonore Gewessler, BA:
Sehr geehrte Frau Präsidentin!
Geschätzte Mitglieder des Bundesrates! Sehr geehrte Damen und Herren, die
uns jetzt hier im Saal beziehungsweise eventuell auch zu Hause vor
den Bildschirmen zuhören! Die Natur ist unsere Lebensgrundlage. Ohne
intakte Natur gibt es kein gesundes, kein glückliches Leben, kein
erfolgreiches Wirtschaften, keine gute Zukunft für kommende Generationen.
Die Umwelt schützt uns. (Beifall bei den Grünen sowie des
Bundesrates Schmid.) Auf
lebendigen Böden versickert Wasser, das sonst in Sturzbächen durch
unsere Orte rauscht und schreckliche Schäden anrichtet. Moore speichern CO2,
Wälder sorgen für saubere Luft, Insekten bestäuben die Pflanzen,
die später zu
unseren Lebensmitteln werden. (Vizepräsident Reisinger
übernimmt den Vorsitz.)
Die Natur kann sich selbst aber leider nur schwierig
schützen. Das ist mittlerweile spür- und sichtbar:
Rücksichtsloser Ressourcenverbrauch, Beton und Asphalt zerstören
immer öfter und immer rasanter auch unberührte Naturräume. Wo
früher Rückzugsräume für eine beeindruckende Artenvielfalt waren,
sieht man heute nur mehr die Folgen von unserer Ausbeutung
von Naturräumen. Mehr als 80 Prozent der
geschützten – der geschützten! –
Lebensräume in der EU sind in einem schlechten Zustand.
Deswegen sind wir jetzt an einem Zeitpunkt angelangt, an dem
der
Naturschutz auch für uns selbst zu einer existenziellen Frage wird. Es ist
an der Zeit, dass wir wieder beginnen, im Einklang mit der Natur –
nicht gegen
sie – zu wirtschaften, und genau diesen Auftrag erfüllt das
EU-Renaturierungsgesetz. (Beifall bei den Grünen sowie des
Bundesrates Schmid.)
Dieses Naturschutzgesetz ist unser Bekenntnis, unsere
Anerkenntnis
auch, dass wir Menschen eine intakte Natur für unser eigenes Leben und
Glück brauchen, und genau vor diesem Hintergrund habe ich diesem Gesetz
vergangene Woche auch rechtskonform zugestimmt. (Beifall bei den Grünen
sowie Bravoruf des Bundesrates Schreuder.) Wer unsere wunderbare
Heimat erhalten will, der muss auch auf sie aufpassen. Das ist mein Anspruch an meine Arbeit.
Ich möchte aber auch ausführlich auf die Fragen
eingehen, die Sie mir
gestellt haben:
Zur Frage 1:
Nein, natürlich handelt es sich nicht um einen mir hier
unterstellten möglichen Verfassungsbruch. Wie Sie wissen, habe ich diese
Entscheidung nicht
auf die leichte Schulter genommen. Ich habe die rechtliche Möglichkeit
einer Zustimmung umfassend sowohl von Expertinnen und Experten meines
Ministeriums als auch von externen Experten und Expertinnen prüfen lassen.
Deren Einschätzung war klar: Ja, eine Zustimmung zu diesem so
wichtigen EU-Naturschutzgesetz ist zulässig. (Bundesrat Steiner:
Irgendeiner lügt! – Zwischenruf des Bundesrates Himmer.)
Die Experten zeigen dabei viele gute und nachvollziehbare
Argumente
auf, warum keine rechtlich bindende Stellungnahme der Länder vorliegt. Ich
möchte sie Ihnen auch gerne im Einzelnen noch einmal vorlegen. Aus Sicht
eines unserer Gutachter und gewichtiger Stimmen in der Verfassungsrechtslehre
muss eine Stellungnahme der Länder, um rechtlich bindend zu sein,
in der Integrationskonferenz der Länder beschlossen werden. Das ist bei
den Länderstellungnahmen vom November 2022 und Mai 2023 nicht
passiert beziehungsweise wurden diese formalen Erzeugungskriterien
für eine rechtsverbindliche, einheitliche Stellungnahme nicht
erfüllt. Das ist
ein Grund, warum den Stellungnahmen daher bereits deshalb keine rechtliche
Bindungswirkung zukommt.
Darüber hinaus weisen die
Länderstellungnahmen vom November 2022
und Mai 2023 keine Bindungswirkung in Bezug auf den zeitlich später
verfassten Trilogentwurf zum EU-Renaturierungsgesetz auf, weil sich die
sachliche Grundlage wesentlich geändert hat und die
Länderstellungnahmen insofern sich
nicht mehr auf den Entwurf, der zur
Abstimmung stand, bezogen haben. Außerdem konnte, wie aus der
Erklärung des Bundeslands Wien und allen daraus folgenden
Beschlüssen auch im Bundesland Wien – auf Landtags-
wie auf Regierungsebene – hervorgeht, davon ausgegangen werden, dass
eine neu zu bewertende Sachlage vorliegt, bei der man nicht mehr von einer
einheitlichen Stellungnahme der Bundesländer sprechen kann. Interessanterweise –
auch das ist in der Bundeskammer wahrscheinlich eine interessante Information
(Bundesrat Steiner: Länderkammer!); in der Länderkammer
natürlich, danke – hat Prof. Bußjäger im
gestrigen Ö1-„Morgenjournal“
auch auf einen Fall hingewiesen, in dem der frühere Bundesminister Mahrer
bei einer EU-Abstimmung ebenso von einer Länderstellungnahme abgewichen ist. Sie
sehen also, es handelt sich hier keineswegs um eine völlig unbekannte
oder neue Vorgehensweise. (Beifall bei den Grünen sowie der
Bundesrätin Sumah-Vospernik. – Bundesrat Himmer: Das
ist bemerkenswert!)
Sie haben mich auch nach der
Einschätzung des Verfassungsdiensts
gefragt. Es stimmt: Wenige Tage vor der Abstimmung im Rat am 17. Juni hat
uns das Kabinett des Bundeskanzlers eine vierseitige Kurzinformation des Verfassungsdiensts
zukommen lassen. Die von mir beauftragten Rechtsexperten und
-expertinnen kamen in ihrem Gutachten zum Ergebnis, dass – ich habe
es vorhin ausgeführt – eine Zustimmung im EU-Rat mit guten
Gründen rechtlich zulässig ist. Wie Sie wissen, hat eine
Einschätzung des Verfassungsdiensts keine bindende Wirkung. Sie
bringt eine Rechtsmeinung
zum Ausdruck, wie das auch die von mir beauftragten Expert:innen gemacht haben.
Der Verfassungsdienst ist nicht die letzte Instanz in Verfassungsfragen in Österreich.
Wer endgültig über strittige Themen entscheidet, das ist und bleibt
der Verfassungsgerichtshof, und das ist in einem Rechtsstaat
auch gut so, denke ich.
Der Vollständigkeit halber möchte ich auch darauf
hinweisen, dass es sich bei drei der vier Gutachter um an öffentlichen
Universitäten habilitierte
Expertinnen und Experten des öffentlichen Rechts handelt. Wie ich auch
mehrfach betont habe, arbeiten im Verfassungsdienst viele hochkarätige
und hochkompetente Juristen und Juristinnen. Sie sind aber eben in eine
Weisungskette eingebunden, arbeiten dort nicht vollständig
unabhängig. (Bundesrat Spanring: Ach so? Ach so ist
das? Interessant! – Bundesrat Steiner: Was für Vorwürfe!)
Deswegen wäre in meinen Augen für die Zukunft eine Debatte
über einen weisungsfreien Rechtsdienst, wie er in anderen EU-Ländern
existiert, denke ich, zu begrüßen. (Beifall bei den
Grünen. – Bundesrat Steiner: Was
für Vorwürfe! – Bundesrat Himmer: Ein paar
Grüne im Aufsichtsrat! So richtig unabhängig ist das nur, wenn
die Grünen dabei sind, oder? Dann ist es unabhängig!) –
Ich beantworte gerne Ihre Fragen.
Zur Frage 2:
„Welche verfassungsrechtlichen Prüfungen wurden
vor der Zustimmung durchgeführt?“ – Eine
verfassungsrechtliche Prüfung ist immer Teil des Verwaltungshandelns
meines Ministeriums (Bundesrat Himmer: Von den Expertinnen und
Experten!), sei es bei der Erlassung von Vollzugsakten oder wie hier bei
der Abstimmung im EU-Rat. Im vorliegenden Fall haben nicht nur die
Rechtsexperten, -expertinnen meines Ministeriums eine diesbezügliche
Prüfung vorgenommen, sondern eben auch die externen hochanerkannten
Experten
und Expertinnen des öffentlichen Rechts. Sie alle kamen zur
Einschätzung, dass eine Zustimmung zur Renaturierungsverordnung im EU-Rat
rechtlich
zulässig ist.
Zur Frage 3:
Gemäß den Veröffentlichungspflichten des
B-VG wurden alle Gutachten auf der Homepage des BMK veröffentlicht. (Bundesrat
Himmer: Die sind sicher
billig gewesen, diese Gutachter!) Konkret handelt es sich dabei um den emeritierten
Univ.-Prof. Dr. Karl Weber (Bundesrat Himmer: Der Weber!),
Univ.-Prof. Dr. Daniel Ennöckl,
Univ.-Doz. DDr. Alexander Egger und Dr. Florian Stangl.
Zur Frage 4:
Namhafte Experten und
Expertinnen, unter anderem der Doyen der österreichischen
Verfassungsrechtler:innen Heinz Mayer (Heiterkeit des Bundesrates Himmer),
sehen in meinen Vorgängen keinen Rechts-, geschweige denn einen
Verfassungsbruch. Außerdem geben die allermeisten Europarechtsexpert:innen der
Nichtigkeitsklage keine Aussicht auf Erfolg. Auch zur Frage der
strafrechtlichen Anzeige habe ich nur Experten und Expertinnen gehört,
die auch diesem Schritt keine Aussicht auf Erfolg attestieren. Insbesondere
habe ich aber nicht anders gehandelt als ÖVP-Ministerkollegen vor mir. Ich
denke, wir sollten den Eindruck vermeiden, dass wir hier mit zweierlei
Maß messen. (Beifall bei den Grünen, bei
Bundesrät:innen der SPÖ sowie der Bundesrätin Sumah-Vospernik.)
Zur Frage 5:
„Welche rechtlichen Grundlagen
stützen Ihre Entscheidung?“ – Dazu darf ich auf die zuvor
erwähnten und auf der Homepage des BMK veröffentlichten Gutachten
verweisen beziehungsweise auf die darin getroffenen rechtlichen
Ausführungen. Mittlerweile haben sich bereits auch einige andere Professoren und
Professorinnen und Experten, Expertinnen öffentlich zu Wort gemeldet
und meine Standpunkte als mit guten Gründen für vertretbar
eingestuft.
Zur Frage 6:
Zunächst ist festzuhalten, dass in die
mehrjährigen Verhandlungen auf EU-Ebene insbesondere alle relevanten
Regierungsstellen eingebunden wurden.
Leider haben wir uns entgegen unserer Bemühung zur Erlangung eines Konsenses
zuletzt auch gegen den vom Europäischen Parlament bereits beschlossenen Entwurf
ausgesprochen.
Nicht unerwähnt lassen
möchte ich – es ist ja auch hier schon angesprochen worden –,
dass unter anderem Othmar Karas erst vor Kurzem wiederholt hat, dass das
vorliegende Gesetz zustimmungsreif ist. (Bundesrat
Steiner: Oh, der EU-Kommissar! Aufpassen, liebe ÖVP! Aufpassen!)
Es gibt also auch innerhalb unserer Parteien unterschiedliche Stimmen, die
für dieses so
wichtige Naturschutzgesetz sind.
Zur Frage 7:
Wie zuvor
erwähnt – ich habe es ausgeführt und auch rechtlich
argumentiert – lag beziehungsweise liegt keine einheitliche
Länderstellungnahme vor,
nicht zuletzt durch die Beschlüsse und das Ausscheren der
Bundesländer Wien und Kärnten. Ich möchte hier aber mit aller
Deutlichkeit festhalten, dass
die Länderstellungnahme im Zuge der Verhandlung intensiv berücksichtigt
und keinesfalls ignoriert wurde. Sie wurde vollinhaltlich an die
Ratspräsidentschaft sowie an die EU-Kommission übermittelt.
Ihre Inhalte wurden in den Ratsarbeitsgruppen eingebracht und es wurden
zahlreiche Punkte im
finalen Text übernommen. Wien und Kärnten haben das in ihren
Ausführungen ja auch explizit anerkannt. (Beifall bei den Grünen
sowie der
Bundesrätin Sumah-Vospernik.)
Zur Frage 8:
Dass meine Zustimmung rechtlich zulässig war, habe ich bereits ausführlich dargestellt. Das bestätigen auch nach und nach immer mehr Experten und Expertinnen in der öffentlichen Debatte. Wir dürfen eines nicht vergessen: Das EU-Renaturierungsgesetz ist ein zentraler Baustein in einer guten und lebenswerten Zukunft, nicht nur für Österreich, sondern für ganz Europa. Ohne entschlossenen Naturschutz schreitet die Zerstörung unserer Lebensgrundlage immer weiter voran. Naturschutz sichert unsere Zukunft, deshalb sind wir es auch zukünftigen Generationen schuldig, dass wir handeln.
Zur Frage 9:
Wir gehen nicht davon aus, dass es zu Einkommensverlusten
kommt, im Gegenteil, gerade für unsere Kleinbäuerinnen und
Kleinbauern kann dieses
Gesetz viele Chancen bieten. Wenn sie auf ihren Flächen Maßnahmen
setzen, trägt diese Verordnung dazu bei, Budgets für die
ökologischen Leistungen
der Bäuerinnen und Bauern bereitzustellen – zum Beispiel durch
die Maßnahmen des Öpul, durch Maßnahmen, die den Waldumbau
absichern und auch ausweiten. Die Fördermöglichkeiten sind
vielfältig. Der zeitliche
Rahmen erstreckt sich mit Abstufungen bis 2050. (Bundesrat Leinfellner:
Das gibt’s ja nicht! – Bundesrat Steiner: Bist du
narrisch!)
Ich möchte auch noch einmal einem wirklich entschieden
entgegentreten: Keine Landwirtin, kein Landwirt wird gezwungen,
Renaturierungsmaßnahmen auf seinen Flächen zu setzen. Alle
Schritte basieren auf freiwilliger
Basis. (Beifall bei den Grünen. – Bundesrat Steiner:
Es wird keine Impfpflicht geben! Es wird keine Mauer gebaut! Es wird keinen
Lockdown geben!)
In erster Linie gibt das Gesetz den Mitgliedstaaten der EU
den Auftrag,
nationale Pläne zum Naturschutz zu erstellen. Die Mitgliedstaaten
können dabei flexibel die eigenen Bedürfnisse berücksichtigen.
Gleichzeitig stellt die
Union auch umfassende Finanzmittel für die Umsetzung zur Verfügung. Verpflichtungen
zu Außernutzungstellungen, wie von manchen hier wirklich fälschlich
ins Treffen geführt wird, beinhaltet das Gesetz nicht. (Bundesrat Steiner:
Ja, genau!)
Auch der Ernährungssicherheit wird große
Bedeutung eingeräumt. Viele aktuell kolportierte Fehlinformationen sind
wirklich nicht Teil des Gesetzes.
(Beifall bei den Grünen.)
Die Zeitpläne für das
Wiederherstellungsgesetz, also für unsere eigenen Pläne, wurden in
der überarbeiteten Form adaptiert. Der erste Plan darf nun primär die Ziele
und Maßnahmen bis 2030 umfassen. Erst der nächste
Plan soll auch die 2040er- und 2050er-Ziele erfassen. Ich kann Ihnen
versichern, dass ich mich in allen Verhandlungen mit aller Kraft auch weiter
für eine ausreichende Finanzierung einsetzen werde. (Beifall
bei den Grünen.)
Zur Frage 10:
Das EU-Renaturierungsgesetz
gefährdet die Ernährungssicherheit
nicht, ganz im Gegenteil, und das bestätigen uns auch alle
Naturwissenschaftler und Naturwissenschaftlerinnen. Die
Ernährungssicherheit steht bei
diesem Vorhaben an vorderster Stelle, denn nur eine gesunde Natur ist die Basis
einer gesunden und funktionierenden Lebensmittelversorgung. (Beifall
bei
den Grünen sowie der Bundesrätin Sumah-Vospernik.)
Die Ernährungssicherheit
wird als zentrales Ziel im Gesetzestext definiert. Ziel ist es, die
Lebensmittelproduktion insgesamt zu verbessern, indem fruchtbarere Böden,
bessere Widerstandsfähigkeit gegen extreme Wetterbedingungen, bessere
Arbeitsbedingungen und höhere Produktivität geschaffen
werden. Zusätzlich wurde auch eine Klausel eingebaut: Bei Gefahr für
die Versorgung mit Lebensmitteln kann die Kommission die Umsetzung
von Artikel 11 betreffend landwirtschaftliche Ökosysteme aussetzen.
Deshalb möchte ich an
dieser Stelle auch nochmals appellieren: Arbeiten wir in dieser wichtigen
Debatte bitte mit Fakten! (Beifall bei den
Grünen. –
Bundesrat Himmer: Das ist eine Verhöhnung! – Bundesrat Steiner –
in Richtung ÖVP –: Die watscht euch ab! Patsch, patsch, patsch!
Ich bin gespannt,
was der Bauernbund dazu sagt!)
Zur Frage 11:
Die Verordnung enthält keine Verpflichtung, Pflanzenschutzmittel und Düngemittel einzuschränken.
Zur Frage 12:
Wie zuvor erwähnt obliegt es den Mitgliedstaaten, Wiederherstellungspläne zu erstellen, welche auch mögliche Fehlentwicklungen hintanhalten sollen.
Auch dafür werden
wir, das Ministerium, Sorge tragen, dass wir das in
Österreich im guten Einklang mit der Landwirtschaft tun.
Zur Frage 13:
Wie zuvor erwähnt wird es durch die Umsetzung der anzustrebenden Maßnahmen zu keiner Verknappung der landwirtschaftlichen Produktion kommen.
Zur Frage 14:
Wesentliche Teile des EU-Renaturierungsgesetzes sind bereits
über
geltende Regelungen, nämlich die FFH- und die Vogelschutzrichtlinie, auf
europäischer Ebene budgetiert. Für die darüber hinaus
gehenden Kosten
können zahlreiche Fördertöpfe der Europäischen Union in
Anspruch genommen werden.
Mehrere EU-Instrumente unterstützen bereits jetzt die
Renaturierung
oder stehen dafür zur Verfügung, darunter der Kohäsionsfonds,
Horizon Europe, die Gemeinsame Agrarpolitik, das Life-Programm und Invest-EU.
Zudem haben sich das Parlament, der Rat und die Kommission im Mehrjährigen Finanzrahmen darauf geeinigt, im Jahr 2024 7,5 Prozent und in den Jahren 2026 und 2027 10 Prozent der jährlichen Ausgaben für die Ziele der biologischen Vielfalt zu verwenden, was mehr als 115 Milliarden Euro entspricht. Das entspricht also 16 Milliarden Euro jährlich. (Ruf bei der ÖVP: Super, super!)
Zusätzlich zu den öffentlichen Mitteln werden auch Private Regelungen unterstützen, darunter die Zertifizierung des Kohlenstoffabbaus, den wir gerade verhandeln, oder andere innovative Finanzierungsinstrumente wie Biodiversitätszertifikate und Gutschriften, um neue und zusätzliche Einkommensmöglichkeiten für Landbesitzer und -besitzerinnen und -verwalter und -verwalterinnen zu schaffen, die diese nutzen möchten.
Die überarbeitete Richtlinie über das
EU-Emissionshandelssystem wird
ebenfalls neue Finanzierungsmöglichkeiten für die Wiederherstellung
bieten.
Außerdem hat auch die Kommission bereits zugesichert, dass sie die Mitgliedstaaten in Finanzierungsfragen intensiv unterstützen wird. Zudem ist sie aufgrund der Verordnung, auch das ist ein wichtiger Verhandlungserfolg, verpflichtet, diesbezüglich innerhalb eines Jahres einen Bericht zu erstellen.
Insgesamt gehen alle
Einschätzungen der Experten, Expertinnen von eindeutig positiven
wirtschaftlichen Effekten aus, besonders was die Kosten der Wiederherstellung
von degradierten Ökosystemen betrifft – einer von vielen
positiven wirtschaftlichen Effekten –, die um ein Vielfaches
kompensiert werden. Das zeigt auch die Wirkungsanalyse der EU-Kommission,
die eine Kosten-Nutzen-Rechnung aufgestellt hat, die eindeutig für die
Renaturierung ausgeht.
Zur Frage 15:
Von steigenden Kosten für
Baumaterial und Heizen ist nicht auszugehen.
Im Gegenteil: Nur ein gesunder, klimafitter Wald kann uns weiterhin
und langfristig mit ausreichend Rohstoffen versorgen. Auch das Landwirtschaftsministerium
stellt deshalb bereits seit vielen Jahren Förderungen für den
klimafitten Umbau unserer Wälder zur Verfügung.
Zur Frage 16:
Wie bereits erwähnt
betrachte ich den Vorwurf strafrechtlich relevanter Handlungen als
haltlos. Ich habe mich während der gesamten Regierungszeit
nicht nur um einen professionellen, sondern auch um einen kollegialen Umgang
bemüht und werde daran selbstverständlich festhalten –
schließlich haben
wir noch viel zu tun.
Zur Frage 17:
Dieses Naturschutzgesetz sichert unsere Lebensgrundlage. Es
sorgt
für den wirksamen Schutz unserer Natur und sichert damit die Gesundheit
der
Menschen und eine nachhaltige Wirtschaft. Es ist im Rahmen der Umsetzung deshalb
mit langfristig und nachhaltig positiven wirtschaftlichen
und sozialen Folgen für die Landwirtschaft und die ländlichen Gebiete
sowie die österreichische Bevölkerung insgesamt zu rechnen. Wir
wollen unsere
Heimat erhalten und auch an künftige Generationen so ein lebenswertes und
schönes Land wie dieses Österreich, das wir kennen,
übergeben. –
Herzlichen Dank. (Beifall bei den Grünen sowie der
Bundesrät:innen Schennach
und Sumah-Vospernik.)
19.48
Vizepräsident Dominik Reisinger: Wir gehen in die Debatte ein.
Ich mache darauf aufmerksam,
dass gemäß § 61 Abs. 7 der Geschäftsordnung die
Redezeit eines jeden Bundesrates mit insgesamt 20 Minuten
begrenzt ist.
Als Erste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Andrea Michaela Schartel. Ich erteile ihr dieses.
Bundesrätin
Andrea Michaela Schartel (FPÖ, Steiermark): Herr Präsident!
Frau Minister Edtstadler! Frau Minister Gewessler! Es ist schon eine spannende
Geschichte, wenn man diese Dinge so präsent und live erleben darf.
Man muss wirklich sagen, die Fragen wurden in vielen
Bereichen sehr detailliert beantwortet. (Bundesrat Steiner: Da ist
die ÖVP ganz schwindlig vor lauter
pitsch, patsch!) Dazu könnte man eigentlich gratulieren. Was ÖVP
und Grüne wirklich eindeutig geschafft haben: Sie haben es nicht nur
geschafft,
dass der Wirtschaftsstandort Österreich total ruiniert ist und wir, wie
wir gehört haben, eine Rezession erwarten dürfen, nein, sie haben es
mit ihrer
Vorstellung hier noch dazu geschafft, dass das Vertrauen der Menschen in den
Rechtsstaat sinkt, wenn nicht sogar ganz schwindet. (Beifall bei
der FPÖ.)
Hier auf der einen Seite sitzt die Verfassungsministerin,
die klare Worte findet und sagt: Es ist ein Verfassungsbruch! Auf der anderen
Seite sitzt eine
andere Ministerin, die sagt: Na, überhaupt nicht! Wenn ich mir das so
überlege, kann das eigentlich nicht so schlimm sein, weil die ÖVP das
ja auch
manchmal macht! – Ja, was ist es jetzt?! Ist es ein Verfassungsbruch?
Ist es außerhalb des Verfassungsbogens? Ist es an und für
sich – so wie Sie es auch im „ZIB 2“-Interview sehr
eindeutig wiederholt haben – etwas, das eigentlich
nicht in Ordnung ist? Oder ist es so, wie Frau Gewessler sagt: Na ja,
die ÖVP macht es ja zwischendurch auch, ist ja nicht so
tragisch!? – Das ist also schon, muss ich ehrlich sagen, ein
Stimmungsbild, wie man miteinander
umgeht.
Ihre letzten Worte, Frau Minister Gewessler, waren: das
schöne Österreich, so wie wir es kennen. Der schlimmste Satz beim
Antritt der Regierung war
für mich, und da bin ich wirklich zusammengezuckt, als der Herr
Vizekanzler hergegangen ist und gesagt hat: Sie werden Österreich
nicht mehr wiedererkennen! – Das war der schlimmste Satz! (Beifall
bei der FPÖ.)
Jetzt muss ich Ihnen ehrlich sagen: Dass das nicht wirklich
etwas sehr Gutes heißen kann, war mir damals klar, aber das, was die nach
fünf Jahren –
und ich sage jetzt bewusst grün-schwarze Regierung, denn die Grünen
geben den Ton in dieser Regierung an und die Schwarzen laufen mehr oder
minder nur mit –, was die aus Österreich gemacht haben, das ist
eine Katastrophe, das ist entsetzlich, und das hätte sich niemand in
seinem Leben
und in diesem Haus vorstellen können – ein Wahnsinn! (Beifall
bei der FPÖ sowie Bravoruf des Bundesrates Steiner.)
Wissen Sie, wenn Frau Minister
Edtstadler mit ihrem Wissen von Verfassungsbruch
spricht, denkt man sich: Ja, aber bitte, warum? Warum hält man dann
fest und sagt zum Beispiel nicht: Diese Ministerin, die diese schwerwiegenden
Vergehen gemacht hat, muss ihres Amtes enthoben werden!? – Dann
kommt die Begründung: Wir wollen Österreich nicht ins Chaos
stürzen.
Wir wollen doch Österreich nicht noch mehr verschulden, wenn dann die Steuergeschenke der freien Kräfte kommen.
Ich sage Ihnen, dass all das, was jetzt noch von dieser Seite (in Richtung Bundesministerin Gewessler) beschlossen wird, ein x-Faches an Millionen kostet, mehr als das, was wir vielleicht in sinnvollen Mehrheiten für die Österreicher an Geld ausgegeben hätten und wovon diese etwas gehabt hätten. (Beifall bei der FPÖ.)
Ich meine, das ist wirklich eine
fadenscheinige Ausrede! Denn, wenn
man ganz ehrlich ist: Diese Regierung und der Nationalrat lösen sich auf,
und mit dem Tag der Wahl sind die Regierungsparteien an keine Koalition mehr
gebunden – es kann nur sein, dass sie sich für danach noch
gewisse Mehrheiten zusichern, aber es wäre kein Koalitionsbruch, wenn die
ÖVP mit der
SPÖ zu etwas zustimmen würde, oder die Grünen. – Nur
wegen der paar Wochen geht man jetzt so entrüstet her und stellt sich
hin und sagt: Der
Herr Kanzler rettet jetzt Österreich und schützt die
Österreicher vor dem Chaos! – Er hat tatenlos zugesehen, dass
Österreich ins Chaos gestürzt wurde! Das muss man ehrlich zugeben. (Beifall
bei der FPÖ sowie Bravorufe des Bundesrates Steiner.)
Natürlich sind wir einiges
von dieser Regierung gewohnt, ich brauche nur daran zu denken, wie es in
Coronazeiten war, welche Maßnahmen getroffen
wurden, wie sie mit den Menschen in Österreich umgegangen ist. Da
müsste man ja eigentlich einiges gewohnt sein. Eigentlich muss man sagen,
man
ist ja eh gewohnt, dass, egal welche Entscheidung – sowohl (in
Richtung Bundesministerin Edtstadler) von dieser Seite als auch (in
Richtung Bundesministerin Gewessler) von dieser
Seite – getroffen wird, diese niemals zum Wohle der
Österreicher getroffen wird, sondern immer nur zum eigenen Vorteil, aber
wirklich immer, oder weil die eigene Ideologie einen dazu zwingt.
Sie gehen her und sagen: Es kann nicht sein, dass zum Beispiel die Produktion der heimischen Lebensmittel weniger wird. – Bitte, wie soll das funktionieren? Man nimmt den Bauern Ackerfläche weg, weil dort die Blumenwiesen,
die Bienen, die Sumsi und was
weiß ich alles sein müssen, darf dort keine Lebensmittel anbauen,
aber die Lebensmittelproduktion in Österreich verringert sich dadurch
nicht. Machen wir das dann – ich weiß nicht – im
Glashaus
oder in der Glasvase oder sonst irgendwo? Das ist eine Rechnung, die nicht aufgehen
kann. (Beifall bei der FPÖ.)
Was ich auch so falsch bei Ihnen finde: Natürlich, wir
wissen alle, es muss
etwas getan werden, wir sind mit den Ressourcen auf diesem Planeten einfach wie
selbstverständlich umgegangen, es hat niemand darüber ernsthaft
nachgedacht. Wir wissen aber auch alle – und das ist schon seit
Jahren, seit Jahrzehnten eigentlich bewiesen –, dass der
Hauptverantwortliche
dafür, dass wir solche Wetterextreme haben, nicht das kleine
Österreich und der Bauer, der halt sein Ackerfeld oder sonst etwas hat,
sind. Nein, das ist
die Rodung des Regenwaldes, und das wissen Sie auch! Da höre ich weder
(in Richtung Bundesministerin Edtstadler) von der Seite noch (in
Richtung Bundesministerin Gewessler) von der Seite noch von einer EU,
dass man sich da endlich bemüht, die Rodung des Regenwaldes
einzudämmen, weil das der Hauptverursacher dieser Wetterkatastrophen und
Wetterkapriolen ist. (Beifall bei der FPÖ.)
Was ich auch fadenscheinig finde, ist zum Beispiel, dass wir
wie gesagt
den Bauern jetzt wertvolle Anbaufläche für Lebensmittel wegnehmen und
Sie gesagt haben: Um Gottes willen, Asphalt und Beton zerstören die Umwelt! – Sie haben
aber vergessen, dazuzusagen: Mit der Ausnahme, dass ein Grüner am
höchsten Berg ein Windradl hinstellen will, denn dass man
dort dann Wälder roden muss, den ganzen Weg asphaltieren, zubetonieren
muss, dass man überhaupt das Windradl dorthin bringen kann, das ist
dann wurscht. (Heiterkeit bei Bundesrät:innen von SPÖ und ÖVP.)
Das ist dann eine Fläche, die ruhig sterben kann.
E-Auto: Auch da ist es den Grünen vollkommen egal. Das
E-Auto ist,
wenn man es fährt, durchaus emissionsneutral, was das aber für einen
grauslichen Fußabdruck bei der Herstellung hat, speziell der
Batterie, und
wie viele Kinder da nach wie vor noch mitarbeiten müssen, das ist den Grünen auch wurscht – Hauptsache, E-Autos! (Zwischenruf bei der SPÖ.)
Das sind die Dinge, die eben falsch sind, und es ist schon
auch so, wie
Frau Minister Edtstadler im „ZIB 2“-Interview gesagt hat: Es
ist nicht nur ein neuerliches „Diktat aus
Brüssel“ – das waren (in Richtung Bundesministerin Edtstadler)
Ihre Worte beim Interview –, es ist auch wieder einmal ein
Diktat (in Richtung Bundesministerin Gewessler) der Grünen. Das ist
es,
und deswegen muss ich sagen (Bundesrat Spanring: Sie lacht ja! Sie
lacht! – Bundesrat Himmer: Ja, das ist lustig!), ich
finde den Vergleich von Kollegen Steiner, dass wir da schon mehr auf
kommunistischer als auf grüner Seite sind, sehr, sehr, sehr treffend. (Beifall
bei der FPÖ.)
Noch einmal, und das werden Sie den Menschen nicht
erklären können:
Sie sagen – und da bin ich auch der Meinung –, Sie haben
einen Eid auf die Verfassung geschworen, die Verfassung zu achten und zu
ehren, und dann
geht eine Ministerin her und sagt: Ist mir eigentlich wurscht, denn die
15 Prozent, die mich unter Umständen vielleicht doch noch
wählen könnten
(Ruf bei der FPÖ: 10 Prozent!), denen bin ich mehr
verpflichtet, und ich mache das, was ich glaube! Dann sagen (in Richtung Bundesministerin
Gewessler) Sie,
Ihre Zustimmung sei so wichtig gewesen, und dann gehen Sie heute her und
erklären: Was regen wir uns eigentlich auf, es ist eh nicht verpflichtend? – Ja, warum
war es Ihnen dann so wichtig, dass Sie zustimmen? – Denn wenn das
alles freiwillig ist, dann rede ich einfach mit den Menschen,
dann gehe ich hin und führe mit ihnen Gespräche oder lasse mir in
Österreich etwas einfallen, aber stimme nicht einem weitreichenden
„Diktat aus
Brüssel“ – wenn ich diese Aussage jetzt wieder
hernehme – zu. Dann gehen Sie her und sagen: Es ist alles nicht so
tragisch, es ist ja alles harmlos, es passiert ja eigentlich eh
nichts.
Wie gesagt: Ich finde diese Vorgehensweise überhaupt
nicht in Ordnung. Sie – vor allem die grüne Seite –
werfen unserer Partei sehr, sehr oft vor,
dass wir Antidemokraten sind. Ein wesentlicher Bestandteil der Demokratie ist
die Mehrheitsentscheidung, und selbst wenn nur fünf oder sechs zu
etwas Ja sagen und Sie als Siebente davon überzeugt sind, dass das nicht
so ist, so ist Demokratie Mehrheit.
Und eines muss ich aus vollster Überzeugung sagen:
Eine bessere Zukunft
für Österreich gibt es nur mit einem Volkskanzler Herbert Kickl!
(Anhaltender Beifall bei der FPÖ.)
19.58
Vizepräsident Dominik Reisinger: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Bundesrat Matthias Zauner. Ich erteile ihm dieses.
Bundesrat
Matthias Zauner (ÖVP, Niederösterreich): Herr Vizepräsident!
Sehr geehrte Frau Bundesministerin Edtstadler! Frau Gewessler! Hohes Haus!
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst auch von mir die
Vorbemerkung, dass sich die Österreichische Volkspartei natürlich zum
Naturschutz bekennt (Bundesrätin Schumann: Na bravo! –
weiterer Ruf bei der
SPÖ: Ah geh!), und ich möchte auch wirklich eine Lanze brechen
für unsere Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, für
unsere Landeshauptleute und für
all die Aktivitäten, die in den Ländern, in den Städten und in
den Gemeinden in Abstimmung, im Einklang mit der Bevölkerung für den
Naturschutz, für
den Umweltschutz passieren.
Wenn ich jetzt das Bundesland Niederösterreich
hernehme, wenn wir jetzt in Bälde Grenzen beschließen, wo nicht mehr
verbaut werden darf, wenn
ich an die Energie- und Umweltagentur des Landes Niederösterreich denke,
die einen hervorragenden Job macht, dann setzt sich das, was hier passiert,
aus ganz vielen Mosaiksteinen zusammen.
Warum wir aber heute hier diskutieren, ist ja vor allem
wegen des rechtlichen Zusammenkommens dieses Beschlusses. Frau Gewessler, da
darf ich
gleich am Beginn ganz klar sagen: Recht ist nicht biegsam. Auch nicht vor einem
grünen Bundeskongress, wenn man Erfolge braucht, um gewählt zu werden. Recht muss Recht bleiben. (Beifall bei der ÖVP.)
Meine Damen und Herren, was Frau Gewessler getan hat (Zwischenruf des Bundesrates
Schmid), ist nicht mehr und nicht weniger als ein Rechtsbruch.
Gegen eine einheitliche Stellungnahme der Bundesländer – und
ich sage das ganz bewusst hier im Bundesrat – und gegen eine
Akkordierung mit
dem zuständigen Landwirtschaftsministerium zu stimmen, geht nicht, denn es
ist einfach nicht rechtens. Das wussten Sie, denn die Stellungnahme des
Verfassungsdienstes war eindeutig. (Neuerlicher Zwischenruf des
Bundesrates Schmid.)
Dann dieser Winkelzug, mit privaten Gutachten diese
Erkenntnisse zu übertrippeln, den Juristinnen und Juristen
vorzuwerfen, dass sie nicht weisungsfrei agieren würden, den
Verfassungsdienst der Republik infrage zu stellen und mit Gutachten zu
kommen – wobei es überhaupt schwierig war,
Juristinnen und Juristen zu finden, die diese ausstellen –: Das
lässt schon ganz tief blicken. Im Vergleich zu Ihnen agiert der
Verfassungsdienst nämlich
nicht wie eine NGO, sondern arbeitet im Interesse der Republik, unabhängig
von Parteien und Interessenvereinigungen. (Beifall bei der ÖVP.)
Und das hat für mich noch eine Dimension: Haben Sie
eigentlich hinterfragt, was Sie als auf die Verfassung angelobte
Ministerin anrichten? In Wahrheit erschüttern Sie mit dieser
Vorgehensweise die Grundfesten unseres
Staates. Berechtigterweise muss man eigentlich fragen: Wer soll sich in der Republik
eigentlich an Gesetze halten, wenn es auf die Verfassung angelobte
Minister:innen nicht mehr tun? (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrat
Himmer: So ist es!)
Deswegen haben wir als Österreichische Volkspartei Frau
Gewessler auch wegen Amtsmissbrauch angezeigt. Jetzt gibt es viele, die sagen:
Warum haut ihr sie dann nicht raus? (Bundesrätin Schumann: Jetzt
sind wir aber schon
ganz tief!) Ich verstehe das, ich hätte das in der ersten Emotion auch
gerne getan. Was aber wäre denn die Konsequenz? – Die Frau
Verfassungsministerin
hat es angesprochen: die Gefahr ungeordneter Verhältnisse und das Chaos
des freien Spiels der Kräfte im Parlament, wie wir es 2008 erlebt haben.
Wir brauchen in dieser Phase, so kurz vor einer Nationalratswahl, aber nicht
wieder ein freies Spiel der Kräfte (Ruf bei der SPÖ: Habt eh schon
genug aussi
g’haut!), wir brauchen Stabilität statt Chaos. Dafür steht
der Bundeskanzler und dafür stehen wir als Volkspartei. (Beifall bei
der ÖVP.)
Dann gibt es noch einen ganz wesentlichen Grund, warum wir
uns nicht
zu diesem Koalitionsbruch verleiten lassen haben, und dieser Grund befindet
sich in diesem Haus, nämlich 60 Gesetzesvorlagen, die im Parlament
liegen und die wir im Interesse Österreichs noch umsetzen
wollen. Ich erwähne ganz bewusst eine Gesetzesvorlage im
Bundesrat – Bundesrätin Schartel:
ja, die kostet Millionen Euro –, und zwar ist das das Gemeindepaket
für die Städte und Gemeinden, das angekündigt, mit Städtebund
und Gemeindebund akkordiert, aber noch nicht beschlossen ist.
Dieser Gesetzentwurf und auch die anderen brauchen diese
Regierungsmehrheit im Parlament, um umgesetzt zu werden. Daher haben
wir
uns als Österreichische Volkspartei aus Staatsverantwortung (Bundesrat Schennach:
Mhm!) gegen den eigentlich logisch notwendigen Schritt entschieden. Aus
Staatsverantwortung setzen wir die Zusammenarbeit bis zur Wahl
fort, aus Staatsverantwortung verhindern wir ungeordnete Verhältnisse, und
wir werden Ihnen, Frau Gewessler, heute nicht das Misstrauen aussprechen,
nicht, weil wir Ihnen vertrauen – Sie haben unser Vertrauen mehr als
strapaziert –, sondern aus Staatsverantwortung für unser
Österreich.
(Beifall bei der ÖVP.)
Meine Damen und Herren, eine Rolle in diesem Schauspiel
gehört natürlich auch beleuchtet, und das ist die Rolle der
Bundeshauptstadt Wien. (Ruf bei der
SPÖ: Na, jetzt hat es aber lang
gebraucht!) Es war ja erst der
EU-wahltaktische Schwenk des Wiener Bürgermeisters – in
der Hoffnung, dass enttäuschte Grünwählerinnen und
Grünwähler, die mit der Show von Frau Schilling wenig anfangen
konnten, doch noch umgestimmt werden können – der
Auslöser und der vermeintliche Hebel, dass es so gekommen ist, wie es gekommen ist.
Da stelle ich mir schon ein paar Fragen: Was bedeutet das denn für den Donaukanal, der Wien jahrzehntelang vor Hochwasser geschützt hat? – Renaturieren wir den jetzt? (Bundesrätin Schumann: Die ÖVP hat gegen die Donauinsel gestimmt!) Was bedeutet das für den Lobautunnel? – Verabschiedet sich die Stadt Wien von diesem Projekt?
Aus Sicht der Länderkammer stellt sich schon auch die
Frage: War es das wert? War es das wert, die Landeshauptleutekonferenz zu
torpedieren, war
es der abgeschlagene dritte Platz bei der Europawahl wirklich
wert? – Das wird die Sozialdemokratie zu klären haben, nicht
nur intern. (Beifall bei
der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)
Eines ist aus Sicht der Länderkammer natürlich ein
absoluter Treppenwitz der Geschichte: wenn Frau Gewessler im Alleingang einen
Vertrag abschließt, der die Länder, Städte und
Gemeinden in die Verantwortung und in die Finanzierung zwingt – der
Gemeindebund hat das ja auch schon klar
zum Ausdruck gebracht ‑, und als diejenige, die abstimmt, dann in
Wahrheit überhaupt kein Risiko, überhaupt keine Verantwortung trägt,
sondern
sich zulasten der Städte, Länder und Gemeinden dann auch noch als
Heldin feiern lässt. In Wahrheit ist es nicht mehr und nicht weniger als
ein
Anschlag auf die föderale Struktur unseres Staates. Sie haben Aktionismus
über Recht gestellt, um ein gutes Ergebnis beim Bundeskongress zu
erreichen. Unrühmlicher geht es nicht mehr. (Beifall bei der ÖVP.)
Eines finde ich aus grüner Sicht dann überhaupt
speziell – in Wahrheit ist das, was Sie gemacht haben, Politik Marke
Kickl –: Dinge versprechen und ankündigen, die gegen das Recht
verstoßen, frei nach dem Motto: Das Recht muss der Politik folgen und
nicht die Politik dem Recht. Das Dramatische
dabei ist, Herr Kickl hat es bis jetzt nur angekündigt, Sie haben es
getan, und das ist unfassbar. (Beifall bei der ÖVP.)
Wir hätten diese
Legislaturperiode natürlich auch ganz anders beenden
können, indem wir das in den Mittelpunkt stellen, was diese
Bundesregierung – Grüne und Volkspartei gemeinsam –
erreicht hat. (Ruf bei der FPÖ: Gar
nichts!) Das war in den vergangenen fünf Jahren immens viel. In
krisenhaften Zeiten haben wir es geschafft, diese Republik durch diese
Unsicherheit
zu führen. Wir hätten diese Regierungsperiode auch so beenden
können (Bundesrätin Schumann: Mit einem Budgetdefizit,
dass die Tür nicht zugeht ...!),
leider haben Sie sich für einen anderen Weg entschieden.
Daher steht für uns klar
fest: Österreich braucht in diesen herausfordernden Zeiten eine
Bundesregierung, die Recht lebt, die Stabilität hochhält
und die Sicherheit gibt. (Bundesrätin Schumann: Genau!)
Dafür werden wir als Österreichische Volkspartei in den kommenden
Wochen und Monaten
werben, und wir werden gemeinsam mit den Österreicherinnen und
Österreichern dafür sorgen, dass nach dem 29. September der
Bundeskanzler
wieder Karl Nehammer heißt (Beifall bei der ÖVP), denn er ist
der Garant dafür, dass eine Politik der Vernunft, der Mitte und des
Hausverstandes umgesetzt wird.
Eine Schlussbemerkung erlauben Sie mir noch: Ich finde es
ehrlich gesagt eine scheinheilige Provokation, dass Sie, während die
Verfassungsministerin
hier sehr sachlich und sehr sorgenvoll die Entwicklungen betrachtet (Heiterkeit
des Bundesrates Gross), schmunzelnd danebensitzen. Auch das ist ein
Bild,
das Bände spricht. (Beifall bei der ÖVP.)
20.09
Vizepräsident Dominik Reisinger: Als nächster Redner ist Herr Bundesrat Stefan Schennach gemeldet. Ich erteile ihm das Wort. – Bitte sehr.
Bundesrat
Stefan Schennach (SPÖ, Wien): Herr
Präsident! Sehr geehrte Frauen Bundesministerinnen! Ich bedanke mich
für den Bundesrat, dass Sie beide
hier sind; das ist eine doch etwas außergewöhnliche Situation, vor
der
wir stehen.
Eines möchte ich gleich am Anfang feststellen: Der
Titel der Dringlichen ist falsch. Das Renaturierungsgesetz gefährdet
nämlich in keiner Weise
die Landwirtschaft und es gefährdet in keiner Weise die Ernährung
unseres Landes. Das ist Humbug. (Beifall bei SPÖ und Grünen sowie
der Bundesrätin Sumah-Vospernik.)
Wer die Ernährung unseres Landes gefährdet, sind
die Städte, die Gemeinden und die Länder, indem sie einen
unglaublichen Flächenfraß vornehmen.
(Beifall bei Bundesrät:innen der Grünen.)
Eine jener Regierungen, die ganz besonders scharf dagegen
aufgetreten ist, ist die Tiroler Regierung. Die soll eines einmal
erklären: In diesen Tagen
stimmte die Tiroler Landesregierung zu, eine landwirtschaftliche
Vorsorgefläche von 7,5 Hektar in Gewerbegebiet umzuwidmen. –
So schaut’s nämlich
aus. Das ist das, was in Wirklichkeit die Ernährungssicherheit
gefährdet, und nicht ein Gesetz. (Beifall bei SPÖ und Grünen.)
Schauen wir uns einmal das Land an: Liebe ÖVP, schaut
in den Spiegel! Österreich verliert täglich
18 Fußballfelder an wertvollen Böden. Der Bodenverbrauch ist
in den letzten 36 Jahren um 50 Prozent gestiegen.
Wir brauchen gar nicht die EM abzuwarten, wir sind nämlich Europameister im Flächenverbrauch.
(Beifall bei der SPÖ sowie der
Bundesrätin Hauschildt-Buschberger.)
Seit 1987 gingen in Österreich Ernährungsflächen
in der gesamten Größe des Burgenlandes verloren. Es sind
Alarmglocken, die da eigentlich zu läuten
haben. Ich verstehe eine solche Debatte nicht.
Jetzt muss man schon sagen: Liebe ÖVP, hört auf!
Hört auf, so viele Lügen
über dieses Renaturierungsgesetz zu verbreiten! (Beifall bei
Bundesrät:innen der SPÖ.) Der Bauernbund betreibt eine
Desinformationskampagne der Sonderklasse. (Beifall bei Bundesrät:innen
der SPÖ), und die FPÖ greift das auch noch auf und führt es
weiter. All das ist nicht der Fall.
Vielleicht wollt ihr nicht immer alles von mir nehmen. Dann
können wir
auch gerne zum Beispiel „Die Zeit“ hernehmen. Die anerkannte
„Zeit“ schreibt über dieses Gesetz, es sei die
„Auferstehung per Gesetz“, also Auferstehung im religiösen
Sinne. Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ schreibt, dieses Gesetz
sei eine „große Chance“ für die Landwirte und
Landwirtinnen.
Die „Kleine Zeitung“ hat auch über einen
interessanten Aspekt geschrieben. Da geht es ja immer darum: Ist das ein Bruch
des Rechts? – Die „Kleine
Zeitung“ erinnert daran, dass in diesem Land eigentlich nur Dollfuß
die Verfassung gebrochen und den Rechtsstaat unterwandert hat, dass dies
aber
nicht bei dieser Frage der Fall war.
Vorhin hat Kollege Zauner von der Rolle Wiens gesprochen. Es
ist nicht nur die Rolle Wiens, sondern auch die Rolle von Kärnten. Beide
Bundesländer
haben sich entschieden, die gemeinsame Länderstellungnahme zu verlassen.
Wonach? – Nachdem alle Verhandler des EU-Parlaments
sich auf dieses Gesetz geeinigt hatten. (Bundesrätin Miesenberger:
Es wurde im Umweltausschuss dagegengestimmt!) –
Bitte? (Bundesrätin Miesenberger: Es wurde
im Umweltausschuss dagegengestimmt!) –
Ja, aber in den Trilogverhandlungen haben sich die Verhandler des
EU-Parlaments geeinigt. Das ist das
Wichtige. Bei der wichtigen Abstimmung haben sich dann 15 Mitgliedstaaten,
die mehr als 65 Prozent der Bevölkerung repräsentieren,
dafür
entschieden.
Ich habe ja bei der Dringlichen Anfrage einen Hinweis auf
Düngemittel
und Pflanzenschutzmittel gefunden. Ich weiß nicht: Hat irgendjemand das
gelesen? – Davon steht da überhaupt nichts drin, nicht
eine einzige Zeile.
Es ist ein Fahrplan, nämlich bis 2030 20 Prozent der
geschädigten Flächen und Meeresgebiete wiederherzustellen, bis 2050
alle bedrohten Ökosysteme wiederherzustellen. Da steht überhaupt
nichts davon drin (Bundesrätin Miesenberger: Das ist ja das Problem!), aber der
Bauernbund hört nicht mit der Desinformation auf.
Die künftige Regierung
wird dann Maßnahmen setzen müssen, weil es
für die EU-Staaten bindend ist. Dieses Gesetz gibt einen Zeitrahmen vor. (Bundesrat
Himmer: Frag den Dornauer!) Man kann es auch anders sagen:
Das Renaturierungsgesetz ist ein Meilenstein (Beifall bei SPÖ und
Grünen), der nicht mit einem anderen Gesetz oder Plan zu vergleichen
ist.
Es geht einerseits darum, die Erhitzung des Klimas bei 1,5 Grad zu belassen, der Natur und der Menschheit nicht weniger als das künftige Überleben zu sichern. Es geht andererseits auch darum, dass es 81 Prozent aller Habitate bereits extrem schlecht geht. Wir müssen das zu Kenntnis nehmen.
Deswegen ist ja das Renaturierungsgesetz so wichtig: um Arten wieder anzusiedeln, Lebensräume zu renaturieren, für die Rückkehr der Bestäuberinsekten – die übrigens für die Landwirtschaft extrem wichtig ist – totes Holz im Wald zu belassen, um CO2 in den Mooren zu speichern und die Wälder miteinander zu verbinden. – All das ist der Kern und der Zweck und das Ziel.
Dieses Gesetz trifft auf zwei ganz wichtige Dinge: Das eine ist, die Klimakrise zu bekämpfen, und das andere ist die Biodiversität. Was nämlich einmal verschwindet, kommt nie wieder. (Beifall bei SPÖ und Grünen.)
Über 80 Prozent der Gene sind verschwunden. Wir benehmen uns wie beim letzten Tanz auf der Titanic – das geht einfach nicht.
Wenn man jetzt zu der interessanten Diskussion kommt: Die
Aussage
des Kanzlers war: „Das Votum [...] entspricht nicht dem innerstaatlichen Willen“. –
Na, so geht das nicht. Es entspricht vielleicht nicht dem Willen der ÖVP (Zwischenruf
des Bundesrates Himmer), aber über 80 Prozent
der Österreicherinnen und Österreicher sind für das
Renaturierungsabkommen. (Beifall bei SPÖ und Grünen sowie der
Bundesrätin Sumah-Vospernik. –
Bundesrätin Eder-Gitschthaler: Ja, aber es gibt ... rechtliche
Grundlage! – Bundesrat Himmer: Ja, die Mehrheit wird
überschätzt!)
Hier an diesem Rednerpult habe
ich schon einmal – jetzt schaue ich in
Richtung Salzburg – über diese Form des Money Launderings
gesprochen, das man Chaletbauten nennt. Beim Pass Thurn gibt es dieses
berühmte
Wasenmoos. Als der Schutz dieses Mooses mit dem Jahrzehnt des Schutzes der
Moore vorbei war, hatte die Regierung keine dümmere Idee, um das einmal so zu sagen,
als genau dort ein Chalet für Superreiche hineinzubauen, damit sie schnell
hintenherum - - (Bundesrätin Eder-Gitschthaler: Die
Landesregierung hat das nicht gemacht!) – Ja, aber es
ist trotzdem gebaut worden. Es ist ja nicht so, dass dort nichts gebaut wurde. (Bundesrätin
Eder-Gitschthaler:
Die Gemeinde Mittersill hat das gewidmet!) Ihr hättet das gesamte Moor
zerstört, wenn wir nicht eingegriffen hätten. So ist es.
Das ist nichts anderes als das, was in Sankt Johann mit der landwirtschaftlichen Vorsorgefläche passiert. Wenn es irgendwo eine Möglichkeit gibt, dann geht man in die Zerstörung.
Nun kommen wir zurück: Ich
komme gerade aus Straßburg. Ich war in
den letzten Tagen in Straßburg und bin die ganze Zeit auf diesen
seltsamen Brief von Frau Ministerin Edtstadler und Herrn Bundeskanzler Nehammer
angesprochen worden. Ich muss ehrlich sagen, sogar egal, von welcher
Fraktion sie waren, haben sie dort gefragt: Wieso gebt ihr euch so einem
Reputationsverlust hin? (Beifall bei der SPÖ. –
Zwischenruf des Bundesrates Himmer.) – Lieber Freund, ich
habe gute Kontakte in alle - - (Bundesrat Himmer: Ja, ja!
Ich
habe auch ...!) – Frag deine Nachbarin, sie weiß das
besser!
Jetzt kommen wir über
diese enorme staatspolitische - - (Bundesrat Himmer: Jetzt
bin ich ...!) – Du wirst Fraktionsvorsitzender. Heute bist
du ein
bisschen leiser, denn noch bist du es nicht. (Heiterkeit und Beifall bei
Bundesrät:innen der SPÖ.)
Kommen wir noch einmal kurz auf diese Frage der
Nichtigkeitsklage
zurück. Schaut euch doch einmal an: Es gibt aus Europa unterschiedliche
Gut-
achten, zum Beispiel aus Deutschland. Da gibt aber keiner dieser
Nichtigkeitsklage, die da von Österreich eingereicht wurde,
irgendeine Chance, und das ist auch gut so: Wo kämen wir denn hin, wenn
Minister und Ministerinnen
in den Gremien der Räte, in denen sie Österreich vertreten, nicht abstimmen könnten,
wie sie den Auftrag haben, es zu tun? (Beifall bei Bundesrät:innen
der Grünen. – Bundesrat Gfrerer: Den Auftrag!) –
Nein, es gibt keine einheitliche Stellungnahme, nachdem zwei Bundesländer
gesagt haben: Wir ziehen unsere Zustimmung zurück! (Zwischenrufe bei
der ÖVP.) – Das ist
etwas anderes.
Kommen wir aber noch ein bisschen zum Thema. Frau Schartel
hat vorhin über möglichst weit weg - - (Bundesrat Gfrerer:
Was ist mit dem Auftrag?) Ich
wundere mich, dass sich die FPÖ bei diesem Plädoyer der Kollegin beim
Lieferkettengesetz ein Nein herausgewürgt hat, wo sie hier gerade von
den
armen Kinder, die Kobalt abbauen müssen, ein Bild gemalt hat. Warum ist
die ÖVP, warum ist die FPÖ so gegen das Lieferkettengesetz, gegen
diesen wirklichen Meilenstein?
Frau Bundesministerin Edtstadler, Sie haben von der
„Gewessler-Methode“ gesprochen, was ich jetzt nicht gerade
sehr charmant finde, denn die
„Gewessler-Methode“ ist eigentlich eine ÖVP-Methode. (Heiterkeit
bei Bundesrät:innen der SPÖ.) Die ÖVP-Methode ist, dass
Sie nämlich, als es einen sozialdemokratischen Bundeskanzler gegeben hat
und wir in einer Koalition waren, sehr wohl ein Privatgutachten gegen den
Verfassungsdienst –
von Herrn Mazal – in Auftrag gegeben haben. Das heißt, Frau
Gewessler hat nichts anderes gemacht als das, was Sie schon vorgemacht und
vorgezeigt haben. (Beifall bei der SPÖ sowie der Bundesrät:innen
Gross
und Sumah-Vospernik.)
Dann haben wir noch einen amtierenden Minister aus (das S wie ein Sch aussprechend) Osttirol, Herrn Totschnig, dem es schnuppe war, was die Klimaschutzministerin denkt, und einem Landwirtschaftspaket einfach zugestimmt hat
(Bundesrätin Miesenberger:
Das war umgekehrt ...!), wo er auch eine Harmonie mit der
Ministerin hätte herstellen müssen. Das wissen Sie.
(Beifall bei Bundesrät:innen der
SPÖ sowie der
Bundesrät:innen Gross
und Sumah-Vospernik.)
Ich weiß nicht, warum der
Bauernbund da dermaßen nervös ist. Seid froh, dass das
Renaturierungsgesetz kommt, denn es hilft euch und der Landwirtschaft, zu überleben.
(Bundesrätin Miesenberger: Ja, genau! ... Bergbauern!)
Und es hilft uns und der Menschheit, zu überleben. Vor allem: Es wird am
Ende des Tages eine riesige Hilfe für die Landwirtschaft werden. (Bundesrätin
Miesenberger: Ja, genau!)
Wir sind jetzt ein bisschen
beim Hornberger Schießen, dass viele dieser
Angriffe ins Leere gehen. Jetzt frage ich mich – wenn der Bauernbund
erlaubt, dann stelle ich mir auch Fragen (Heiterkeit bei Bundesrät:innen
von SPÖ
und ÖVP) –: Warum wird diese Koalition, die offensichtlich
emotional und inhaltlich am Ende ist, weitergeführt? (Bundesrätin
Miesenberger: Der
Kollege Zauner hat das schon erklärt!) – Ja. Was er gesagt
hat, ist ja Schönfärberei. Die wird erstens weitergeführt, damit
es hier keine Gesetze gegen die
ÖVP gibt, denn die sind sehr wohl möglich. (Beifall bei der
SPÖ sowie der Bundesrätin Sumah-Vospernik.)
Zweitens: Sie wird
weitergeführt, weil es noch einen ganzen Haufen von
Posten zu vergeben gibt. (Beifall bei der SPÖ sowie der
Bundesrätin Sumah-Vospernik. – Bundesrätin Miesenberger:
Ah, geh!) Da wird es einen EU-Kommissar
geben, da wird es eine FMA-Aufsicht geben. Da muss man noch einen Minister in
die Nationalbank entsorgen. (Zwischenruf der Bundesrätin Eder-Gitschthaler.) All diese
Dinge sind noch zu tun.
Ich befürchte, die Grünen wird das noch teuer zu
stehen kommen, nämlich die Grünen kommt es teuer zu stehen. (Bundesrat
Schreuder: Mach dir keine
Sorgen um uns!) Nicht die Republik, aber die Grünen kommt es teuer zu
stehen,
denn da müssen sie noch einer ganzen Reihe von Personalentscheidungen zustimmen, denen sie vielleicht so nicht zugestimmt hätten.
In diesem Sinne: Meine Fraktion, die Stadt Wien, das Land
Kärnten, wir freuen uns, dass es dieses Renaturierungsgesetz gibt (Bundesrat
Gfrerer: Doskozil!),
das für die, die sich in Wien auskennen, etwas bringt. Bürgermeister
Ludwig hat gesagt, wir werden die Liesing wieder zu einem mäandrierenden
Fluss
machen – das ist im 23. Bezirk, wer sich nicht auskennt. (Bundesrätin
Eder-Gitschthaler: Und die Donauinsel gibt es dann nimmer! ...
Bauern renaturieren!) –
Komm! – Wir werden die Liesing dort herausholen, wo sie derzeit in
Rohren geführt wird. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) –
Hört einmal!
Ich verstehe es nicht: Sie wollen Landwirtschaft auf
Böden betreiben,
die meterweise unter Wasser stehen, weil der Boden nicht mehr in der Lage ist,
das Wasser aufzusaugen?! Da wollt ihr Landwirtschaft machen? Aber
komm! (Beifall bei Bundesrät:innen von SPÖ und Grünen sowie
der Bundesrätin Sumah-Vospernik.)
Das ist nämlich Sand in die Augen zu streuen. Ihr
könnt mir glauben: Die Österreicher und Österreicherinnen
wissen, was Flächenverbrauch heißt, und
wissen, wer dafür zuständig ist. (Zwischenruf der Bundesrätin
Miesenberger.) Ihr habt beim Flächenfraß in
Österreich überhaupt keinen Widerstand
geleistet, sondern ihr schaut, dass ihr eure Schäfchen ins Trockene
bringt – aber so wird das nicht gehen. (Bundesrat Tiefnig:
Es wird bald keine Schäfchen
mehr geben!)
In diesem Sinne kann ich seitens der SPÖ nur sagen:
Wir sind froh, dass es zu diesem Beschluss zur Renaturierung gekommen ist, dass
es die entsprechende Mehrheit, die dafür auf EU-Ebene notwendig
war, gegeben hat. Allen juristischen Spielchen werden wir mit
größter Gelassenheit entgegensehen. – Danke. (Beifall
bei der SPÖ sowie der Bundesrät:innen
Gross und Sumah-Vospernik.)
20.26
Vizepräsident Dominik Reisinger: Frau Bundesrätin Elisabeth Kittl ist als nächste Rednerin gemeldet. Ich erteile ihr das Wort.
Bundesrätin
MMag. Elisabeth Kittl, BA (Grüne, Wien):
Herr Präsident!
Sehr geehrte Ministerinnen! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseher:innen
vor den Bildschirmen! Ich finde es schon spannend, dass die FPÖ eine
Dringliche einbringt, jetzt aber an der Debatte kaum interessiert ist. (Widerspruch
bei der FPÖ.) Ich finde es aber auch toll, dass Herr Kollege Schennach
im
Herzen noch ein Grüner ist (Heiterkeit bei den Grünen), und
ich hoffe, die SPÖ Wien wird sich mit uns für den weiteren Stopp der
Lobauautobahn
einsetzen. (Beifall bei den Grünen.)
Aber noch vorweg – auch an die FPÖ
gerichtet –: Klimaschutz basiert nicht
auf Ideologie, sondern Klimaschutz basiert auf Fakten. Ideologie reißt
keine Häuser nieder, trocknet keine Felder aus (Zwischenruf der
Bundesrätin Schartel), überschwemmt keine Orte oder
vernichtet keine Waldgebiete, sondern das sind die verheerenden
Auswirkungen der Klimakrise. Die Natur zu schützen, zu erhalten oder
wiederherzustellen hat mit Ideologie gar nichts zu tun. Es ist
schlichtweg eine Notwendigkeit, denn wir brauchen eine intakte Natur zum Leben.
Und wir sind schlichtweg nichts und
niemand ohne Natur. (Beifall bei den Grünen. – Anhaltende
Zwischenrufe der Bundesrätin Schartel.)
Das Schöne bei der EU-Renaturierungsverordnung ist,
dass es um ganz Europa geht. Es geht um Wälder, Moore, Flüsse,
Wiesen, Meere und die Lebensräume von Tieren und Pflanzen von
der Ostsee über die Alpen bis zum Mittelmeer. Es geht darum, dass die
Luft, die wir atmen, und die Wolken voller
Hagel und Starkregen keine Grenzen kennen, und es geht darum, das für uns
unerlässliche und existenzielle Kapital der Natur in der gesamten Union
zu schützen, zu bewahren und zu verbessern. (Zwischenruf der
Bundesrätin Schartel.)
Ich schließe an Kollegen Schennach an. Ich habe es
auch letztes Mal schon gesagt: Jedes Jahr betonieren wir eine Fläche zu,
die so groß ist –
ich nehme jetzt Kärnten her – wie der Wörthersee. Jedes
Jahr wird ein Wörthersee mehr zubetoniert. Rechnet man den gesamten
Bodenverbrauch pro Jahr, sind es sogar zwei Wörtherseen pro Jahr. (Neuerlicher
Zwischenruf der Bundesrätin Schartel.) Wer glaubt, dass das
keine Auswirkungen hat, auch auf die Versorgung, ist realitätsfremd. (Beifall
bei den Grünen.)
Daher haben sich die EU-Abgeordneten dafür ausgesprochen, das Ökosystem zu bewahren und wieder auszubauen, damit es nicht nur Klimakatastrophen verhindern kann, sondern auch weiterhin die existenziellen Dienstleistungen bereitstellen kann, um unser Leben zu erhalten.
Dabei geht es um das Bestäuben unserer Obstanlagen, um
die Säuberung der Luft durch die Wälder, um das
Filtern von Wasser und die Aufnahme von CO2
durch Feuchtgebiete, um die Stabilisierung des Klimas durch
Abkühlung und um die Gesundheit der Böden durch Pflanzen und Tiere.
Es geht auch darum, Krankheitsrisiken zu verringern und uns vor Pandemien,
Naturgefahren und Naturkatastrophen zu schützen. (Zwischenruf der
Bundesrätin Schartel.) Das sind alles Ereignisse, die nicht nur
viel zu viele Menschenleben kosten, sondern auch Unmengen an Geldern
verschlingen. (Beifall bei den Grünen.)
Die Kosten des Erhalts und der Wiederherstellung der Natur
sind weit
geringer und werden noch dazu, wie wir gehört haben, größtenteils
von der EU getragen. Sie sind weit geringer als die Folgekosten, die durch die
Zerstörung der Natur auf uns zukommen. Das sind harte
Fakten, die uns richtiggehend anschreien, endlich ins Handeln zu kommen. Das
Renaturierungsgesetz
ist ein guter Antrieb dafür. (Beifall bei den Grünen.)
Immer wieder, auch heute, wird von Inszenierung gesprochen. Zu den heutigen zwei Dringlichen Anfragen passt dieser Begriff Inszenierung genau. Die Inszenierung liegt aber jedenfalls dort, wo vor dem Tod der Landwirtschaft und
der Gefährdung der Versorgungssicherheit gewarnt wird oder gar vorverurteilt oder gerichtet wird.
Lesen Sie bitte die
Verordnung durch! Herr Kollege Schennach hat Sie auch schon dazu
aufgerufen. Sie sagt nämlich dezidiert, dass bei der Wiederherstellung landwirtschaftlicher
Ökosysteme die nachhaltige landwirtschaftliche Erzeugung
sicherzustellen ist und Maßnahmen auszusetzen sind, falls sie wirklich gefährdet ist. Sie sagt auch, dass
die Wiedervernässung von Mooren auf landwirtschaftlichen Flächen
freiwillig sein muss. Meine Kollegin von
der ÖVP, meine Nachbarin, Kollegin Hutter, ist selbst Bäuerin und
sagt, genau das betrifft das Waldviertel sehr stark.
Verzichten wir hier also auf Inszenierung und lassen wir sie
dort, wo sie hingehört, nämlich im Theater! Schauen wir lieber
dorthin, wo tatsächlich landwirtschaftliche Flächen und lokale
Versorgung zerstört wurden und auch
noch werden (Zwischenruf des Bundesrates Steiner), nämlich
durch den Flächenverbrauch, durch die Versiegelung, wenn Straßen
durch Naturschutz-
und Waldgebiete gezogen werden oder Parkplätze, Einkaufszentren und Luxusimmobilien
auf Wiesen und Äckern gebaut werden. Schon
520 Fachmarkt- und Shoppingcenter stehen in ganz Österreich, und sie
stehen fast alle auf Feldern, die ursprünglich von lokalen Bäuerinnen
und
Bauern bewirtschaftet wurden. Die zerstören nicht nur die Natur, sondern
auch die lokale Versorgung. (Beifall bei den Grünen.)
Lassen Sie mich noch ein paar kurze Sätze zu den
Länderstellungnahmen
sagen. Wir sind hier in der Länderkammer und wir wissen: Betreffen
EU-Gesetze die Kompetenz der Länder, braucht es die Zu- und Mitbestimmung
der
Länder. Sie haben, wie Frau Ministerin Gewessler ausgeführt hat,
mitbestimmt, und diese Mitbestimmung wurde auch mitgenommen.
Eine solche Zustimmung sollte
aber auch demokratiepolitisch erzeugt
werden. Sie wird aber stattdessen in den Büros der Landeshauptleute
gefasst, abseits der Landtage. (Bundesrat Ruf: Die sind demokratisch
gewählt! Die
haben ein Mandat!) Da herrscht, würde ich sagen, sicherlich
demokratiepolitischer Reformbedarf. (Beifall bei den
Grünen. – Bundesrat Himmer: Zu
wenig Basisdemokratie? Deswegen ...!)
Nun liegt es an den
Mitgliedstaaten, die Wiederherstellungsmaßnahmen zu planen und
umzusetzen. Sie entscheiden, was wo renaturiert oder
erhalten werden soll. Erstellen wir also Konzepte im Kleinen, aber auch im
Großen, wie wir Bodenversiegelung und Artenverlust endlich stoppen
und Renaturierung vorantreiben können! Wir bekommen dafür ja sogar
Geld von der EU.
Viele bereits umgesetzte Projekte zeigen, dass wir es
können: die Renaturierung der Ybbs, der Traisen und des
Liesingbachs, genauso wie die Belebung und Begrünung von Ort- und
Stadtzentren in ganz Österreich oder die Wiedervernässung von Mooren
auch in ganz Österreich. Machen wir weiter so! Erstellen wir nationale
Wiederherstellungspläne, die die Bedürfnisse
der Natur und der Landwirte im Blick haben! – Vielen Dank. (Beifall
bei den Grünen.)
20.34
Vizepräsident Dominik Reisinger: Als nächste Rednerin ist Frau Bundesrätin Manuela-Anna Sumah-Vospernik zu Wort gemeldet. Ich erteile ihr dieses.
Bundesrätin
Dr. Manuela-Anna Sumah-Vospernik (NEOS, Wien):
Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Sehr geehrte Ministerinnen! Liebe
Kolleginnen und
Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Der Inhalt der heutigen Dringlichen
Anfrage zeigt den derzeitigen Zustand der österreichischen Innenpolitik,
insbesondere der österreichischen Regierung, auf. Wir müssen uns hier
mit Fragen beschäftigen wie: Frau Bundesministerin Edtstadler, haben
„Sie eine
Anzeige gegen Frau Bundesministerin [...] Gewessler eingebracht“?, oder:
Frau
Bundesministerin Gewessler, sehen „Sie durch Ihre Zustimmung zum
EU-Renaturierungsgesetz einen möglichen Verfassungsbruch?“
Die ÖVP zeiht den grünen Koalitionspartner in
Brüssel öffentlich des Koalitionsbruchs, macht aber
innenpolitisch weiter business as usual – Regierungszusammenarbeit
at its best, könnte man satirisch zusammenfassen. Die Österreicherinnen
und Österreicher sind aber seit Ibiza und der Ära Kurz ja
schon viel gewohnt. (Bundesrat Himmer: Ist das jetzt
eine eigene Rede oder ein Zitat?)
Ich selbst durfte während meines Studiums ein Praktikum
in Brüssel
absolvieren und hier in Wien ein Jahr lang für das Europäische
Parlament arbeiten. Die Prozesse in der Europäischen Union sind
hochkomplex,
aber die Beamtinnen und Beamten dort sind die besten Köpfe des Kontinents.
Der Concours, also das Auswahlverfahren für die jeweiligen Posten, ist
sehr streng. Welchen Eindruck unser Land in der Europäischen Union derzeit
abgibt, will ich mir ehrlich gesagt gar nicht vorstellen. Der belgische
EU-Ratsvorsitzende Alain Maron lässt nach Erhalt des – unter
Anführungszeichen – „Beschwerdebriefes“ der
ÖVP ausrichten, dass im Rat die Minister abstimmen und alles
andere innerösterreichische Kontroverse sei, die ihn nichts
angehe. – So ist es; so weit, so klar und so beschämend
für unser
Land.
Worum geht es aber inhaltlich? – Das
EU-Renaturierungsgesetz sichert unsere Lebensgrundlage, Klimaschutz ist
Menschheitsschutz. Die Wiener Landesregierung hat in ihrer Sitzung am
11. Juni daher folgerichtig ihr Ja zum Vorschlag der Europäischen
Kommission für die Verordnung über die Wiederherstellung der
Natur bekräftigt. Das Land Wien hat weiters eine neue einheitliche
Stellungnahme der Länder an die Bundesländer übermittelt und
damit
auf allen Ebenen klargemacht, dass es sich für das EU-Renaturierungsgesetz
einsetzt, allen voran auch wir NEOS.
Wir sind uns unserer Sache
inhaltlich sicher, aber wir wissen auch die österreichische
Bevölkerung hinter uns: 82 Prozent der Österreicherinnen und
Österreicher wollen dieses Renaturierungsgesetz. Die qualifizierte Mehrheit – nicht
nur die knappe Mehrheit, sondern zwei Drittel der europäischen Bevölkerung –
will dieses Renaturierungsgesetz zur Wiederherstellung der
Natur. Die FPÖ (Bundesrätin Schartel: Ja?), die ihre
Wählerschaft ja putzigerweise immer als das Volk und sich selbst als
Vertreter aller Österreicherinnen
und Österreicher bezeichnet (Bundesrätin Schartel: Ja, gut
erkannt!), matcht sich mit der ÖVP mit Zähnen und Klauen um die
Wählergunst des Bauernbundes. (Bundesrat Steiner:
Die Bauern haben es schon verstanden! – Bundesrat Leinfellner:
Aber euch sind sie anscheinend schon völlig wurscht!)
Was uns das für die Zeit
nach der nächsten Wahl sagt, ist ganz klar:
Sobald es für Blau und Türkis eine Mehrheit gibt – egal
wer von beiden auf dem ersten Platz landen wird –, ist die
nächste Regierung wieder schwarz-blau.
Das wissen wir wohl alle hier in diesem Raum. (Beifall bei der
SPÖ. –
Bundesrat Steiner: Wenn, dann blau-schwarz und nicht schwarz-blau! Wenn,
dann blau zuerst! Blau-schwarz!) – Ja, oder türkis, man
weiß es nicht.
Wir NEOS liegen in der
Zweitwählerumfrage seit Jahren konstant auf
dem ersten Platz, bei 42 Prozent. (Bundesrat Kofler: Noch
einmal, bitte!) Das heißt, 42 Prozent aller Wählerinnen und
Wähler in Österreich finden uns NEOS
super (Heiterkeit bei ÖVP und FPÖ – Zwischenrufe bei
der FPÖ), wählen uns dann aber oft doch nicht, weil sie der
Meinung sind, wir sind zu klein, wir
können nichts und sie müssen eine andere Partei wählen, um eine
dritte Partei zu verhindern. (Neuerliche Zwischenrufe bei der
FPÖ.)
Wenn aber jede und jeder, der die NEOS gut findet, bei der
nächsten
Wahl auch die NEOS wählt, dann bekommt Österreich eine
Bundeskanzlerin Beate Meinl-Reisinger. (Heiterkeit bei
ÖVP und FPÖ. – Zwischenruf
des Bundesrates Leinfellner.)
Ich darf daher hier eine Werbung schalten und sagen, wer
unser Land positiv verändern möchte, wer saubere Politik möchte,
Klimaschutz ohne Streit,
gleiche Chancen für alle Österreicher:innen: Österreich verdient
eine Bundeskanzlerin Beate Meinl-Reisinger. – Danke. (Heiterkeit
bei ÖVP und FPÖ.)
20.38
Vizepräsident Dominik Reisinger: Danke.
Als nächste Rednerin ist Frau Bundesrätin Marlies Doppler zu Wort gemeldet. Ich erteile ihr das Wort.
Bundesrätin
Marlies Doppler (FPÖ, Salzburg):
Herr Min- - Herr Minister, sage ich schon – Herr
Präsident! (Beifall der Bundesrätin Schumann.) Frau
Minister Gewessler! Frau Minister Edtstadler! Ich wollte jetzt eigentlich
mit dem Renaturierungsgesetz anfangen, aber was die neue NEOS-Kollegin
Sumah
hier von sich gegeben hat, von wegen 42 Prozent Wähleranteil: Ich
glaube, Sie haben sich um eine Kommastelle vertan (Heiterkeit bei FPÖ
und ÖVP) – 4,2 Prozent vielleicht, und das ist schon
hoch gerechnet, Frau Sumah! (Beifall bei der FPÖ.) Bei so viel
Schwachsinn und Blödsinn, den Ihre Partei macht,
wird sich da nicht viel mehr ausgehen.
Die Repliken auf meine Vorredner mache ich während der
Rede
oder am Schluss, ich möchte jetzt mit Frau Gewessler anfangen: Ihre Zustimmung,
Frau Gewessler, zur Renaturierungsverordnung ist eine echte
Schande. (Beifall bei der FPÖ.) Sie ist eine Schande: eine Schande
für die Österreicher, für die Bauern. Ich muss aber auch
sagen: Es ist eine Schande,
dass die ÖVP und auch Sie – da kann ich Sie nicht aus dem Kraut
lassen, Frau Minister
Edtstadler – diesem ganzen grünen ideologiegetriebenen
Wahnsinn zugeschaut haben und nicht rechtzeitig eingeschritten sind.
Frau Gewessler hat ja oft genug angekündigt – auch schon in der letzten Plenarwoche im Bundesrat –, dass sie dieser Bauernvernichtungsverordnung zustimmen wird. Es war ja hinlänglich bekannt, was da auf Österreich zukommen
wird. Da frage ich schon: Wie glaubwürdig ist man da als Minister? Wie
glaubwürdig ist die ÖVP, wenn sie als Regierungspartner keine
Konsequenzen zieht, wenn die Grünen so viel Blödsinn machen? Keine
Konsequenzen,
keine Handlungen, die nachhaltig waren, außer – sagen
wir – vollmundige Medieninterviews! Da kann ich nur sagen: gut
gebrüllt, Löwe!
(Bundesrat Himmer: Das ist euch ja komplett fremd ...!)
Sie setzen da aber allen Ernstes Scheinhandlungen, wenn die
Grünen, Ihr Regierungspartner, Verfassungsbruch begehen, und das ist
schon fast amtlich.
(Beifall bei der FPÖ.) Da gibt es dann zum Schein eine
Nichtigkeitsklage beim EuGH, obwohl Sie als wirklich
brillante Juristin ja wissen, dass es Jahre
dauert, bis von diesem Moloch einmal irgendetwas zurückkommt und ein
Urteil gemacht wird. Ich meine, es ist ja schade um die Zeit –
schade um die
Zeit! Es ist vielleicht medientechnisch ganz gut – wer sich damit
nicht ganz so sehr auskennt –, aber schade um die Zeit.
Als Sahnehäubchen wird der
Koalitionspartner dann noch wegen Amtsmissbrauchs angezeigt –
aber die Koalition agiert munter weiter. Sie koalieren nach wie vor mit einem
Partner, der Verfassungsbruch begeht, der wirklich öffentlich
offensichtlich Verfassungsbruch begeht, und Sie lassen diese Person im
Amt. Ich habe es von Ihnen und von Kollegen Zauner schon gehört,
dass Sie das aus Staatsverantwortung machen und um das Land nicht ins Chaos zu
stürzen. – Ja allen Ernstes: Mit den Grünen in der
Regierung, wie viel
mehr Chaos kann denn da noch kommen?! Viel mehr kann nicht mehr kommen! (Beifall
bei der FPÖ.) Also viel mehr Chaos, als diese Grünen angerichtet
haben und verbockt haben, kann nicht mehr kommen! Ihr wärt alleine besser
aufgehoben, glaubt mir das! Glaubt mir das und dass ihr Mehrheiten
suchen sollt! (Zwischenruf der Bundesrätin Miesenberger.) Also
ich hätte den Mut dazu gehabt. (Zwischenruf bei der FPÖ.)
Jeder von uns weiß, dass diese
Zustimmung von Frau Gewessler weitreichende Konsequenzen nach sich
ziehen wird. Das wird nicht nur die Existenz unserer Bauern gefährden,
sondern bedeutet in weiterer Folge, dass
die Bauern durch die Rückwidmung quasi enteignet werden. Da greift man
zutiefst in das Eigentumsrecht ein – und Frau Gewessler
schüttelt den Kopf. Das ist das Gleiche wie in der letzten Sitzung, als
sie Kollegen Bernard gesagt
hat, es ist mehr oder weniger eine Unterstellung, dass sie dem zustimmen
wird. – Ja, was haben Sie denn in Luxemburg getan? (Zwischenruf
der Bundesrätin Schartel.) Was haben Sie denn dort gemacht? Das
ist eine Farce,
es ist eine Farce! (Beifall bei der FPÖ.)
Sie, Frau Gewessler, sagen: Die Renaturierung
ist für die Bauern freiwillig! – Ja, für wie dumm halten
Sie uns alle zusammen und die Bauern denn? Das ist
ja eine Beleidigung, was Sie da machen, für wie dumm Sie uns verkaufen
wollen. Das glauben Sie ja wohl selber nicht, dass das freiwillig ist! Darum
haben
Sie so dafür gekämpft, gell, weil das alles freiwillig ist! Das ist
doch nur Placebo, was Sie da von sich geben, und Sie meinen es nicht ernst. Das
ist ideologiegetriebene Politik auf dem Rücken der Bauern, auf dem
Rücken der Österreicher und auf Kosten unserer Nerven, denn das,
was Sie da verzapfen,
das tut ja wirklich schon weh. Wir kriegen, glaube ich, kein Politikergehalt
mehr, wir müssten, wenn wir uns das anhören, Schmerzensgeld kriegen.
(Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Bundesrates Schmid.)
Wieder zurück zur ÖVP –
ich kann euch nicht ganz aus dem Kraut lassen –: Also diese Posse,
die da momentan gespielt wird, hat uns wirklich in der
ganzen EU der Lächerlichkeit preisgegeben.
Ja, die Versorgungssicherheit: Kollege
Schennach dürfte da anscheinend wieder einmal geschlafen haben (Bundesrätin
Huber: Das ist so letztklassig!); er ist
gerade wieder nicht im Plenum herinnen. Es ist immer so: Er redet kurz, dann
geht er wieder. Er dürfte da etwas verschlafen haben, denn dieses Renaturierungsgesetz
beeinträchtigt und gefährdet tatsächlich unsere Versorgungssicherheit.
Es werden die Kosten für Lebensmittel steigen – nämlich
dramatisch steigen –, und ich veranschauliche euch das ein
bisschen.
(Bundesrat Schmid: Hast du es gelesen?)
Mit dieser
Renaturierungsverordnung wird es einen Rückgang bei den Nutztierzahlen
geben: bei den Rindern minus 45 Prozent, bei den Milchkühen
minus 13,3 Prozent; und es wird einen signifikanten Rückgang bei der
landwirtschaftlichen Produktion geben: minus 21,4 Prozent bei
Getreide, minus 20 Prozent bei Ölsaaten, minus 20 Prozent bei
Rindfleisch. Das bedeutet dementsprechende Preissteigerungen für den
Konsumenten: plus 58 Prozent
bei Rindfleisch, plus 48 Prozent bei Schweinefleisch. Die Preissteigerung
zieht sich durch: Rohmilch, Obst, Gemüse, Ölsaaten, Getreide.
Die
Österreicher können sich, wir wissen es ja, aufgrund der Kostenexplosion, die
wir gehabt haben, aufgrund der hohen Inflation, jetzt schon das Leben kaum mehr
leisten. Wie soll denn das funktionieren? Und dieses
Dilemma habt ihr beide verantwortet: Grün-Schwarz, diese
Koalition. – Lasst sie gehen, die Grünen, ich glaube, es geht
uns dann allen besser!
(Beifall bei der FPÖ.)
Was ich wirklich nicht verstehe: Als
Salzburger kennt man sich, und ich
weiß ja, dass Sie (in Richtung Bundesministerin Edtstadler) mit
Ihrer Meinung nicht hinterm Berg halten – Sie haben das am Anfang,
heute zu Beginn der
Sitzung gesagt –, und uns gegenüber sind Sie ja auch nicht so
zimperlich. Ich erinnere mich da an Corona, da haben Sie uns nämlich
wirklich gesagt,
dass wir Ungeimpfte, wenn die Impfpflicht eingeführt wird –
beschlossen ist sie ja geworden –, dann illegal im Land sind (Zwischenbemerkung
von Bundesministerin Edtstadler), dass es rechtswidrig ist,
rechtswidriges Handeln, die Strafen dürfen nicht zu niedrig sein. Da
verstehe ich es nicht, Frau Minister,
warum Sie Frau Gewessler nur mit Glacéhandschuhen anfassen. (Bundesrat
Himmer – erheitert –: Weißt du, was
Glacéhandschuhe sind? – Heiterkeit
der Bundesräte Buchmann und Tiefnig.) Sie greifen Frau
Gewessler nur mit Glacéhandschuhen an. Sie greifen sie nur mit Glacéhandschuhen
an, also
wirklich ganz lieb und nett und zart. Ich meine, die gehört doch
schon lang entlassen.
Ideologiegetrieben
hat die gute Frau Gewessler gegen die Interessen und die Einwände aller
österreichischen Bundesländer dieser Verordnung
zugestimmt. (Bundesministerin Gewessler schüttelt den
Kopf.) – Nein, nicht den Kopf schütteln! Ja! (Beifall
bei der FPÖ.) Nicht den Kopf schütteln!
(Zwischenruf bei der SPÖ.) – Ja, weil zwei
Bundesländer nachträglich umgefallen sind; ja, ja, das mag schon
sein. Die Einwände der Bundesländer sind
einfach ignoriert worden. – Frau Gewessler, ich glaube, Sie wissen
nicht, was Föderalismus heißt. Das ist Ihnen vielleicht nicht ganz
klar. Ich meine,
Sie sitzen da jetzt im Bundesrat; das ist zum Beispiel ein Zeichen von
Föderalismus. Das kann Ihnen die Verfassungsrechtlerin, glaube ich,
bestätigen,
oder? Das, was ich sage, ist kein Blödsinn.
Das, was Sie da
gemacht haben – über die Interessen der Länder, über
die Einwände der Länder einfach
drüberzufahren –, ist ein ernsthaftes Problem.
Das ist tatsächlich ein ernsthaftes Problem, weil ja die föderale
Struktur bei uns ein Grundprinzip ist. Solche Entscheidungen, weitreichende
Entscheidungen wie diese komische Renaturierungsverordnung,
müssen in enger Abstimmung mit den Ländern getroffen werden. Sie
sind einfach drübergefahren. Ist das Ihre Art von Politik,
über die Menschen und ihre Sorgen drüberzufahren? –
Na, Prost Mahlzeit! Ich hoffe, dass das genügend Menschen mitbekommen
und ihr am 29. September die entsprechende Rechnung präsentiert
bekommt.
Ja, dieser ideologiegetriebene
Verfassungsbruch von Frau Gewessler ist tatsächlich ein Verrat an den
Bauern, ist ein Verrat an Österreich, aber – jetzt muss ich
wieder Sie (in Richtung Bundesministerin Edtstadler) und die ÖVP anschauen – mitunterstützt
habt es ja ihr. Das war eine Tat durch Unterlassung. Ich glaube, ich bin damit
jetzt auch bei einem juristischen Begriff, es gibt ja
auch Täterschaft durch Unterlassung. – Ihr habt nichts getan,
ihr lasst sie ja noch immer weiterwerkeln. Glaubt mir, es passiert nur
Blödsinn!
(Beifall bei der FPÖ.)
Aufgrund dieses Untätigseins, dieser
Unterlassung, dass ihr da nicht
sofort eingeschritten seid, mache ich euch mitverantwortlich. Frau Gewessler
hätte – und ich sage es jetzt salopp; ich bin ja sonst eine Ruhige,
aber
ich sage es jetzt ganz salopp – eigentlich sofort in die Wüste
geschickt gehört. Sie hätte sofort in die Wüste geschickt
gehört: Es hätte sofort der
Bundeskanzler zum Bundespräsidenten gehen müssen und die Entlassung
von Frau Minister Gewessler vorschlagen müssen. Das wäre der korrekte
Weg gewesen, da wäre uns viel erspart geblieben, aber das hat die ÖVP
leider verabsäumt. Ihr habt das nicht gemacht, ihr habt da den Grünen
die
Mauer gemacht, seid den Grünen da irgendwie ausgeliefert und lasst
euch – wir haben es heute schon einmal gehört – am
Nasenring durch die Manege
ziehen. Traurig ist dabei, dass die ÖVP durch diese Vorgangsweise
die Bauern eigentlich indirekt oder direkt mitverraten hat.
Dann habe ich vorhin schon gehört, eben auch von - -
Wer hat denn
das gesagt betreffend die Bauern? – Ist ja egal. Die Bauern brauchen
wir auf alle Fälle nicht mehr zu überzeugen. Die wissen schon, was
sie tun und wer
das Herz am rechten Fleck hat.
Weil Frau Kollegin Kittl sich vorhin so echauffiert hat und
behauptet hat, dass uns das nicht interessiert: Wir würden keine
Dringliche machen, wenn
uns dieses Thema nicht wirklich unter den Nägeln brennen und uns nicht
interessieren würde. (Zwischenruf der Bundesrätin Kittl.)
Und zu Ihrer Panikmache, dass
Flächen in der Größenordnung des
Wörthersees verbaut werden: Sie können sich ja noch daran erinnern,
dass Sie im Burgenland waren, um sich die Windräder anzuschauen? Sie
können
sich noch daran erinnern. – Die gehören übrigens nicht mit
elektrischem Strom angetrieben (Zwischenruf der Bundesrätin Kittl),
das ist ein Blödsinn, aber
Sie müssen eines wissen, wenn Sie schon von Bodenversiegelung sprechen und
sich ja so sehr für die Windräder starkmachen – auch
Kollege Schennach
macht sich sehr für Windräder stark und hat vorhin sehr besorgt
über die Bodenversiegelung gesprochen –: Ein einziges Windrad
verbraucht
1 000 Kubikmeter Beton, 500 bis 800 Tonnen Stahl und
erfordert
eine Bodenversiegelung in einem Ausmaß zwischen 2 000 und
4 000 Quadratmetern – ein einziges Windrad haben Sie
da –, das sind 0,2 bis 0,4 Hektar. Bitte zuerst
selber an der Nase oder an den Ohren nehmen, bevor Sie da irgendetwas von sich
geben, was ja wieder nur ein Placebo ist!
(Beifall bei der FPÖ.)
Baut ein bisschen weniger Windräder – überall kann man sie eh nicht aufbauen, aber denkt bitte an die Bodenversiegelung, die für ein einziges Windrad stattfindet! Es gibt genug andere Möglichkeiten für die Herstellung von alternativem Strom, wie etwa Wasserkraft.
Nichtsdestotrotz: Frau
Gewessler, ich glaube, Sie sind schon lange überreif dafür, dass Sie
diese Regierung verlassen sollten. Das, was Sie da jetzt aufgeführt haben,
hat wirklich das Fass zum Überlaufen gebracht. Ich stelle daher
folgenden Antrag:
Entschließungsantrag
der Bundesräte Christoph Steiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Entlassung der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie“
Der Bundesrat wolle beschließen:
„Der Bundeskanzler wird
aufgefordert, im Interesse Österreichs, dem Bundespräsidenten
vorzuschlagen, Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie,
Mobilität, Innovation und Technologie, Leonore Gewessler, BA,
zu entlassen und durch eine geeignete Persönlichkeit zu ersetzen.“
*****
Dieses ganze Schauspiel muss endlich ein Ende haben. Ich hoffe, dass spätestens am 29. September die Menschen die FPÖ wählen und wir dann einen Volkskanzler Kickl haben. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)
20.52
Vizepräsident
Dominik Reisinger: Der von den
Bundesräten Christoph Steiner, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte
Entschließungsantrag betreffend „Entlassung der Bundesministerin
für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und
Technologie“ ist genügend unterstützt und steht demnach
mit in Verhandlung.
Wir fahren in der Debatte fort.
Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin
Johanna Miesenberger. Ich erteile ihr dieses. (Bundesrat Steiner: Jetzt
kommt der Bauernbund! Hängts
euch ein, Grüne! Jetzt kommt der Bauernbund!)
Bundesrätin
Johanna Miesenberger (ÖVP, Oberösterreich): Geschätztes Präsidium! Geschätzte
Frau Bundesminister! Liebe Frau Gewessler! Es ist schon schön, wenn mir
solch ein Ruf vorauseilt. Deswegen habe ich mich auch
zu Wort gemeldet: weil ich es schon sehr interessant finde, dass nicht nur bei
der Debatte zur Änderung des Mineralölsteuergesetzes, sondern auch
jetzt, da es um die Renaturierungsverordnung geht, wieder einmal hier herinnen
von allen Seiten nur über die Bauern, aber nicht mit den Bauern geredet
wird. (Bundesrat Steiner: Tu dich nicht täuschen!) – Doch,
ich glaube schon. (Bundesrat Steiner: 100 Prozent der
Tiroler Gemüsebauern sind vom Bauernbund ausgetreten und bei uns
eingetreten!) Warten Sie einmal ganz kurz, Herr Kollege Steiner. (Bundesrat
Himmer: Schauen wir einmal bei der Kammerwahl, Landwirtschaftskammer
Tirol!)
Als ÖVP möchte ich zu
Beginn in Erinnerung rufen: Auch wir stehen für Naturschutz, wir
stehen für Umweltschutz, wir stehen für Ökologie und wir
stehen für Ökonomie. Ich darf Sie daran erinnern: Vor circa
30 Jahren hat unser
Joschi Riegler schon die ökosoziale
Marktwirtschaft ausgerufen und zu
unseren Werten und Grundwerten in der Politik genommen, weil wir davon
überzeugt sind, dass beides, im Einklang stehend, wichtig ist.
(Beifall bei der ÖVP.)
Natürlich ist es auch
für uns Bäuerinnen und Bauern eine große Verantwortung der
Natur gegenüber, aber auch unseren Höfen, unseren Betrieben
gegenüber, die schon seit Generationen bewirtschaftet werden,
Ökonomie und Ökologie zusammenzuführen – sonst
gäbe es die österreichische Landwirtschaft schon lange
nicht mehr. (Beifall bei der ÖVP.)
Wenn die FPÖ hier auf
Stimmenfang ist – Herr Kollege Steiner, schade, dass Sie den Saal
verlassen (Bundesrat Steiner – hinter den Bankreihen der ÖVP-Fraktion stehend –:
Wieso? Ich bin eh da! Ich wollt’ mich nur dem Bauernbund nähern! –
Heiterkeit bei Bundesrät:innen der FPÖ) –, wenn Sie
jetzt auf Stimmenfang bei den Bauern sind (Bundesrat Steiner: Sie
müssen sich mit mir abfinden jetzt! – Bundesrat Buchmann: Zwischenrufe
vom Platz, aber nicht von irgendwo!), weil ihr plötzlich
behauptet, die Interessen der Bauern zu vertreten oder auch nur zu kennen, so
darf ich Sie erinnern (Bundesrat Steiner: 100 Prozent der Tiroler
Gemüsebauern sind vom Bauernbund ausgetreten!), dass Sie unter anderem
zum Beispiel gegen ÖVP-Initiativen für Maßnahmen gegen
Stalleinbrüche gestimmt haben. Da haben Sie dagegengestimmt! (Bundesrat
Steiner: 100 Prozent der Tiroler Gemüsebauern sind vom
Bauernbund
ausgetreten! – Bundesrat Buchmann: Herr Präsident, das
ist ja unmöglich! Der kann nicht von da Zwischenrufe machen!)
Oder auch:
Übergangslösungen für Vollspaltenböden, Planungssicherheit
für die Landwirte, irrsinnig wichtig – Sie haben sich dagegen
ausgesprochen und auch gegen viele, viele andere Maßnahmen. Das muss man
auch den Landwirten sagen! Das ist Ihnen aber anscheinend nicht so
viel wert.
Liebe Frau Gewessler, als Mitglied einer föderalen
Kammer, die die Bundesländerinteressen vertritt und die
Bundesländerinteressen in die parlamentarische Diskussion
miteinbringt, erlaube ich mir schon eine Frage an
Sie: Wie können Sie als Regierungsmitglied mit Ihrem Gewissen –
nicht mit Ihrem Gewissen als Aktivistin, dieses scheint noch sehr
ausgeprägt zu
sein – vereinbaren, dass Sie sich mit Ihrem Abstimmungsverhalten
über die Verfassung stellen? Naturschutz, wissen wir, ist in
Österreich Ländersache. Die Länder haben Ihnen
klar einen Auftrag erteilt, den Sie – und das ist jetzt nicht meine
Definition, sondern die Definition von vielen Menschen, mit denen
auch ich gesprochen habe – eiskalt ignoriert haben. Sie treten damit
als Regierungsmitglied, das auf die österreichische Verfassung
angelobt ist, die Demokratie mit Füßen.
Das ist die eine Seite der Medaille, aber auf der anderen
Seite frage ich mich, ob Ihnen die ökologischen und die
sozioökonomischen Auswirkungen dieser Renaturierungsverordnung
auf Österreichs Wirtschaft, Österreichs Landwirtschaft und auf
die Menschen insgesamt, die davon in erster und zweiter
Linie betroffen sind, überhaupt wirklich bekannt und bewusst sind. Denn:
Wäre es so, dann könnten Sie Ihre Zustimmung dazu meiner Meinung nach
mit dem Gewissen eines politischen Verantwortungsträgers in diesem Land
nicht vereinbaren. (Beifall bei der ÖVP.)
Was mich persönlich, ich möchte fast sagen,
ärgert – aber viele andere
auch, nicht nur im bäuerlichen Bereich –, ist, dass Sie oder
dass man in dieser Sache nicht ganz ehrlich mit den Menschen ist, nämlich
was die Auswirkungen betrifft. Viele Punkte in dieser Verordnung sind
bedenklich, sind nicht ganz klar im Sinne einer Freiwilligkeit so quasi
definiert, sondern sehr
wohl mit Zielen, mit klaren Zielen definiert und haben enorme Auswirkungen,
nämlich auch im negativen Sinne. Ich möchte da auf ein paar Punkte
eingehen.
Es wurde schon einige Male die Finanzierung angesprochen.
Nicht geklärt ist in dieser Verordnung nämlich die Frage der
Finanzierung. Ausgehend von
der Erhebung des Status quo der einzelnen Mitgliedstaaten über die
notwendige Kartierung bis hin zur Umsetzung und zur Abgeltung der
Maßnahmen,
von der Sie auch gesprochen haben, sind laut groben Schätzungen über
150 Milliarden Euro notwendig. Meine Frage daher: Zahlen das die
Mitgliedstaaten? Zahlt das die EU selbst? – Es ist auf keiner Ebene
eine Budgetierung vorgesehen. (Bundesrat Schennach: Lesen Sie
einmal ...! – Bundesrätin Schumann: Wirklich!
Lesen Sie das Gesetz ein Mal! Ein Mal lesen! Ein Mal lesen
das Gesetz! Ein Mal lesen!)
Vor allem ist inhaltlich festgehalten – das steht
drinnen –, dass eine
nationale Umschichtung von Geldern, die die Landwirte, die Bäuerinnen und
Bauern für bereits umgesetzte Umweltleistungen bekommen, nicht verboten ist. Das
heißt, wir nehmen Gelder, schichten sie von den Bäuerinnen und
Bauern für Leistungen, die sie jetzt schon erbringen, um zu Leistungen,
die sie noch zusätzlich erbringen sollen. Damit ziehen Sie den Bäuerinnen
und Bauern den Boden unter den Füßen weg.
Mir ist es zwar als aktive Landwirtin aus der Betroffenheit
heraus sehr
wichtig, aber dennoch ist es mir auch wichtig, auf die Betroffenheit der
Bürger in diesem Land hinzuweisen – und daher danke ich auch
Kollegen Zauner,
der die Allgemeinheit da gut mit hereingenommen hat –, die von
diesen Maßnahmen sicher noch einiges spüren werden. (Bundesrätin
Schumann: Die Allgemeinheit? Wer ist die Allgemeinheit? Ich? Nein!)
Ein paar konkrete Beispiele, und da möchte ich doch
einiges von Ihnen wissen: Was wird das künftig dann für Sportanlagen
heißen? (Bundesrätin Schumann: Das ist die
erste Frage des Bauernbunds: Was ist mit den Sportanlagen?) Wir sind mitten
in der EM. Eine Sportanlage, eine Fußballsportanlage ist trockengelegt,
die ist drainiert, damit dort überhaupt Sport betrieben werden kann.
Freizeitanlagen, Skipisten, Langlaufloipen (Bundesrat Gfrerer:
Golfplätze!) – Golfplätze, genau, stimmt –:
Was bedeutet das in Zukunft? Sind diese rückzubauen? Da muss man aber
ehrlich zu den Menschen sein
und ihnen sagen, dass diese Freizeitanlagen dann nicht mehr zur Verfügung
stehen. (Bundesrätin Schumann: Was können Bauern auf
Golfplätzen
machen?) Oder ist da das öffentliche Interesse wieder einmal ganz oben
angesiedelt? Was bedeutet das für den Hochwasserschutz (Zwischenruf
der
Bundesrätin Huber), für Lawinenverbauung (Bundesrat Schreuder:
Wo steht, dass ...?), für Bauten, die Unmengen an
Steuergeld gekostet haben,
die auch gut sind und für die Sicherheit der Bevölkerung finanziert
worden sind? (Bundesrat Schennach: ... und die Kartoffeln!)
Was heißt das dort?
Was bedeutet das möglicherweise auch an Auswirkungen
auf den Tourismus oder auf Infrastrukturprojekte für die Wirtschaft,
für die Arbeit, damit
unsere Pendlerinnen und Pendler zur Arbeit kommen, die auch Wohlstand bedeuten,
die umgesetzt worden sind und hoffentlich auch noch
umgesetzt werden sollen? Was bedeutet das für diese Projekte, vielleicht
auch für zusätzliche Bahnprojekte? (Bundesrätin Grimling:
Ach so ...!) Auch dort
ist ein Eingriff in die Natur notwendig. Was bedeutet das dafür?
Am Beispiel der Umsetzung von Straßenprojekten: Wir kennen das in unserem Bezirk sehr gut, da haben wir die S 10 umgesetzt. Es sind über 300 Hektar an ökologischen Ausgleichsflächen geschaffen worden. Wir haben dann die Initiative ergriffen und werden da künftig nachhaltig Energie produzieren. (Bundesrätin Schumann: Am Golfplatz?) Das ist aber auf unsere Anregung als Grundbesitzer passiert. Wir sind also jetzt schon sehr gut unterwegs.
Ich denke, da wird nicht ehrlich mit den Menschen umgegangen. (Bundesrätin: Grimling: Ja, das glaube ich auch!) Oder wie ich eben schon gesagt habe: Argumentiert man künftig wieder mit dem öffentlichen Interesse (Zwischenruf des Bundesrates Schennach) und hängt dann den schwarzen Peter, die Umsetzung, wieder der Landwirtschaft um? (Bundesrätin Schumann: Am Golfplatz! Am Sportplatz!) Das finde ich nicht ehrlich und nicht richtig.
Sollen die bäuerlichen Familien den Preis dafür
zahlen, 20 Prozent der
Flächen in Österreich stilllegen? Wir haben es schon gehört:
eine Fläche so groß wie die Steiermark. 20 Prozent Außernutzungsstellung
bedeutet weniger heimische Lebensmittel im Regal, dafür mehr Produkte, die
aus Ländern zu uns importiert werden, die billig, ohne irgendwelche
ökologische oder soziale Standards produzieren. Ist das genau das, was Sie
wollen? (Bundesrat Schreuder:
Das stimmt nicht! – Bundesrat Schennach: Woher kommt das Märchen? Von der Bauernbundseite!)
Ein weiterer Kritikpunkt ist - - (Bundesrat Steiner: Jetzt hat sie der Schennach aus dem Konzept gebracht! – Weiterer Ruf bei der FPÖ: Aber nur, weil er munter geworden ist! – Bundesrat Steiner: Weil er munter geworden ist!) – Herr Kollege Steiner, aufpassen! (Heiterkeit bei Bundesrät:innen der FPÖ.)
Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass zuerst die
Natura-2000-Gebiete
betroffen sein werden. (In Richtung Bundesrat Steiner:) Haben Sie in
Tirol auch Natura-2000-Gebiete? (Bundesrat Steiner: Ja, richtig, in
Osttirol!) – Ja,
okay. Dann wissen Sie sicher, dass landwirtschaftliche Produktionsflächen
bereits einem Verschlechterungsverbot unterworfen sind. Das heißt,
dort
sind Naturschutz und Produktion im Einklang, aber Lebensmittelproduktion ist
dort wirklich sehr erschwert möglich. Und da soll noch einmal eins draufgelegt werden,
als Erstes in Natura-2000-Gebieten, die ausgewiesen
sind. (Vizepräsident Ebner übernimmt den Vorsitz.)
Da gibt es Gebiete wie die Wachau. Dazu muss ich die
Vorsitzende des Umweltausschusses in der EU, Sarah Wiener – den
Grünen hier, glaube ich, sehr bekannt –, zitieren, die in einem
Ö3-Interview sehr bald erkannt hat: Was würde das für die Wachau
als Natura-2000-Gebiet bedeuten? – Kein Pflanzenschutz, kein
Düngemittel, Renaturierung, Weinberge renaturieren. (Bundesrätin Schumann:
Ja, um Gottes Willen, ..., dass es dort kein Stauwerk gibt!) Es
gäbe
keine Wachauer Marille mehr, es gäbe keinen Wachauer Wein mehr. (Bundesrat
Schreuder: Das ist doch nicht wahr!) Also wir müssten auch
zukünftig - - (Zwischenrufe bei SPÖ und Grünen.) –
Na ja, das wären die Umsetzungen. (Bundesrätin Schumann:
Unpackbar!) – Also viel Unverständnis, viele Unsinnigkeiten. (Zwischenruf
der Bundesrätin Huber. – Bundesrat Schreuder: Das
ist einfach nicht wahr! Das ist ein Blödsinn!) – Nein, es
gibt keine Paragrafen. Das ist
in der Verordnung drinnen, 260 Seiten. (Bundesrätin Schumann:
Auf welcher Seite? – Bundesrat Schreuder: Es ist
wirklich nicht wahr! – Bundesrätin
Schumann: Auf welcher Seite bitte, Frau Bundesrätin? Wo steht denn
das?)
Unverständnis und Unsinnigkeiten gibt es auch, was die
Bewirtschaftung der Wälder anbelangt. Es steht drinnen: Drei Milliarden
zusätzliche Bäume
sollten bis 2030 gepflanzt werden. Jetzt mache ich ein kleines Rechenbeispiel
mit Ihnen hier. Man könnte jetzt zwar hoffen, dass möglicherweise
nicht
nur fruchtbares Grünland und Ackerland in Wald umgewandelt
werden soll, sondern auch Städte und verbautes Gebiet begrünt werden
sollen (Bundesrätin Schumann: Ja, dann mache ich dort einen
Riesenpark!), das
finde ich durchaus positiv und auch sehr gut.
Gehen wir jetzt aber zur Waldfläche zurück: drei
Milliarden Bäume. In Österreich hat die Waldfläche in den
letzten zehn Jahren – und ich bin mir sicher,
das haben Sie nicht gewusst – täglich um 6 Hektar
zugenommen. (Bundesrat Schreuder: Ja, ist eh super!) Gehen wir
davon aus, dass dieser Zuwachs
an Wald bis 2030 so bleibt – da ist das Ziel nämlich definiert:
plus drei Milliarden Bäume –, dann sind das umgerechnet
40 Millionen Bäume auf 13 000 Hektar Wald. Das
ist der normale Zuwachs, den wir in Österreich haben – das
nennt man Verwaldung –: plus 40 Millionen Bäume bis 2030,
13 000 Hektar Wald zusätzlich.
Österreich hat 2 Prozent der EU-Fläche, und 2 Prozent
von drei Milliarden Bäumen bedeuten zusätzlich
60 Millionen gepflanzte Bäume in Österreich. (Heiterkeit
bei der SPÖ.) Das würde jetzt eine 50-prozentige Steigerung – ich
weiß, ich habe zu schnell gerechnet – bei der Verwaldung in
Österreich, die ohnehin schon passiert, bedeuten. (Anhaltende
Heiterkeit der Bundesrätin Schumann. – Bundesrat Tiefnig:
Rechnen ist nicht die Spezialität ...!) – Sie lachen
jetzt darüber, Frau Kollegin Schumann, das finde ich eigentlich
sehr bedenklich (Bundesrätin Schumann: Ich habe nicht gelacht!
Ich warte darauf, dass Sie ..., wo es steht im Gesetz! Wo steht es denn in
dem Gesetz?), man
sieht nämlich wirklich, Sie setzen sich immer für die Interessen der
Bäuerinnen und Bauern ein – und wir sehen
einfach, dass unsere Produktionsgrundfläche zunehmend schwindet.
(Beifall bei der ÖVP. – Bundesrätin Schumann:
Beim Golfplatz! – Bundesrätin Grimling: Und im Urwald!)
Und warum? – Das ist
auch ein Kritikpunkt, der Ihnen, Frau Gewessler,
vielleicht nicht ganz bewusst ist. – Wir leisten in Österreich
bereits auf vielen Ebenen sehr viel für unsere Umwelt und für die
Natur. Wir haben im
EU-Vergleich schon sehr strenge Forstgesetze. Das war jetzt ein Teil davon, was
ich versucht habe, zu erklären: Es ist irrsinnig schwierig, in
Österreich Bäume zu fällen, einen Wald in
Grünland umzuwandeln ist schlichtweg unmöglich.
Wir haben in Österreich im
EU-Vergleich strenge Naturschutzgesetze,
aber auch höhere Produktionsstandards als im EU-Durchschnitt. (Bundesrätin
Schumann: Am Golfplatz! – Heiterkeit bei Bundesrät:innen
der SPÖ.) Daher
ist es notwendig, auch da – und ich glaube, dessen ist man sich auch
nicht bewusst – zu sehen, was wir im Status quo eines
Mitgliedstaates in Umweltprogrammen als Landwirte leisten.
Ich habe es in meiner
vorhergehenden Rede schon angesprochen:
Wir haben fast eine Verdoppelung der Biodiversitätsflächen. Das muss
berücksichtigt werden.
Abschließend: Für
mich ist diese Renaturierungsverordnung nicht allein
ein Beitrag zum Klimaschutz, sondern auch ein weiterer Schritt zu mehr
Bürokratie und vor allem zu Zentralismus.
Jetzt zu der Dringlichen Anfrage der FPÖ: Ja, uns als
ÖVP ist es, und
das hat unser Herr Bundeskanzler Karl Nehammer auch klar gesagt, wichtig, dass
wir in dieser Situation eben kein Chaos verursachen – kein freies
Spiel der
Kräfte im Parlament. (Bundesrätin Schumann: Genau, aber ein
Budgetdefizit, an dem wir noch jahrelang knabbern werden!) Das
hat, wie Sie wissen, in der Vergangenheit die Österreicherinnen und
Österreicher oft mehr gekostet
als sinnvoll war. (Bundesrat Steiner:
Die letzten drei Monate ...!) Wir sind für das Arbeiten
bis zum Wahltag und darüber hinaus. (Bundesrätin Schumann:
Wirtschaft unten, Budget hin! Bravo! Arbeitslosigkeit ...!) Das ist
die ÖVP-Handschrift (Bundesrat Steiner: Na, gratuliere zu
der Handschrift! Zu der
Handschrift kann man nur gratulieren!), und wir lassen es nicht zu, dass das Land im Chaos versinkt. (Beifall bei der ÖVP.)
Ja, wir wissen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der
FPÖ, Sie haben
nur mehr den 29. September im Kopf (Bundesrätin Schumann:
Aber Sie nicht? – Bundesrat Steiner: Dann hat das Leiden ein
Ende!), wir haben das in allen
Reden hier gehört. Wir von der ÖVP haben aber bis zum
29. September noch mehr im Sinn (Heiterkeit der Bundesrätin Schumann –
Bundesrat Steiner:
Bitte nicht!), und das wollen wir auch umsetzen. (Beifall bei der
ÖVP. – Bundesrätin Schumann: Eine
Jahrhundertrede! – Bundesrat Steiner: Das ist eine Drohung!) –
Okay, also ich habe jetzt nicht gewusst, dass Herr Kollege Steiner so
zartbesaitet ist. (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP. –
Bundesrat Steiner: Sie können ja nicht
der ganzen Republik drohen!)
Wir haben den Eindruck, dass Sie ganz bewusst versuchen, die Stimmung und auch das Miteinander hier zu vergiften. Sie scheuen nicht davor zurück, auch Verantwortungsträger zu diffamieren (Bundesrat Steiner: Das hast du in der Coronazeit gemacht!), das haben wir in der Rede gehört.
Wir in der ÖVP stehen für das Arbeiten, auf uns können sich die Menschen verlassen, und das sind wir ihnen auch schuldig. (Beifall bei der ÖVP.)
Sie wollen destabilisieren, Sie wollen
polarisieren – wir wollen bis zum 29. September
verantwortungsvoll politisch handeln. (Bundesrat Steiner: Das ist
jetzt ...!)
Sie von der FPÖ wollen auch die Menschen verunsichern
und ihnen Angst machen – wir von der ÖVP wollen über
den 29. September hinaus (Bundesrat Steiner: Nein,
bitte nicht!) in diesem Land für Leistung, für Sicherheit, vor
allem für den Frieden, für die Familie, für die Menschen und
für vieles mehr
arbeiten. (Bundesrat Steiner: Das
ist ein ...!) Davon werden wir die Menschen überzeugen.
(Beifall bei der ÖVP.)
21.10
Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Vielen Dank, Frau Bundesrätin.
Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Simone Jagl. Ich erteile ihr das Wort.
Bundesrätin
Simone Jagl (Grüne, Niederösterreich): Herr Präsident!
(Bundesrat Steiner: Jetzt gibt es wieder Pitschi-Patschi!) Sehr
geehrte Frau Bundesministerin Edtstadler! Frau Bundesministerin Gewessler!
Werte Kolleginnen und Kollegen! Frau Kollegin Miesenberger, wenn man
sich Ihre Ausführungen anhört, dann bekommt man es ja fast mit
der Angst zu tun, dass
wir wirklich Gefahr laufen (Bundesrätin Miesenberger: Reden Sie
einmal mit den Bauern!), demnächst bald einmal im Dschungel zu leben.
Ich finde es auch interessant, wie viel in den letzten
Wochen über die Renaturierungsverordnung geschrieben und gesagt wurde und
wie vieles da verdreht oder falsch verstanden wurde, so wie es auch Herr
Kollege
Steiner bei seinen langatmigen ersten Ausführungen getan hat, als er von
einem „Bauernvernichtungsgesetz“ gesprochen hat. Das Gegenteil ist
der Fall,
Herr Kollege Steiner! (Bundesrat Spanring: Die Bauern werden
mehr! – Bundesrat Steiner: Die Bauern werden mehr, bravo!)
Die Natur zu schützen sichert die Existenzgrundlage der
Landwirtinnen
und Landwirte. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenruf des
Bundesrates Steiner.) – Genau.
Spannend finde ich auch, wie
euch plötzlich solche Dinge wie Ernährungssicherheit so wichtig
sind (Bundesrat Spanring: Na, schau mich an! Mir ist das Essen schon
wichtig! – Bundesrat Steiner: Mir ist es auch wichtig!),
jene Ernährungssicherheit, die seit Langem – Jahr für
Jahr, Monat für Monat, Tag für Tag – durch den
hemmungslosen Bodenverbrauch aufs Spiel gesetzt wird.
Nein, Kolleginnen von der FPÖ Schartel und Doppler, daran sind nicht die
Windräder schuld, es geht um die Ernährungssicherheit, die unter
anderem
vom FPÖ-Landeshauptfraustellvertreter in Niederösterreich aufs Spiel
gesetzt
wird, wenn er zum Beispiel 20 Prozent mehr Budget für den Straßenbau vorsieht. (Demonstrativer Beifall bei der FPÖ.)
Das ist das, was unsere
Ernährungssicherheit gefährdet: wenn nämlich wertvoller
Boden unbedacht zubetoniert wird. (Bundesrat Spanring: Stimmt!
Gehen wir alle zu Fuß, Frau Kollegin! – Zwischenruf des
Bundesrates Leinfellner.)
Das ist das, was sie gefährdet – genau.
Das sehen auch viele auch
ÖVP-geführte Gemeinden so. (Bundesrat
Spanring: Fahren wir über den Feldweg!) Ich möchte da
gerne aus einem Blogbeitrag eines Bürgermeisters einer meiner
Nachbargemeinden zitieren.
Er schreibt da nämlich unter anderem (Bundesrat Steiner: Na,
zitieren ...!):
„Ich hätte nicht
erkannt, warum die Wiederherstellung gestörter biodiverser Lebensräume
schädlich wäre. Für mich wäre schädlich, nichts zu tun
oder
weiter zu tun, wie oftmals bislang. Ich hätte nicht erkannt, warum nicht
versucht werden sollte, die zurückgegangene Insekten-, Schmetterlings- und
Vögelpopulation wieder deutlich zu erhöhen. Ich hätte nicht
erkannt, was
daran schlecht wäre, wenn Gemeinden angehalten sind, städtische
Grünflächen zu vermehren.
Ich bilde mir ein, die
entsprechenden Kapitel auch so verstanden zu haben,
dass die Ernährungssicherheit, die einige mit diesem Gesetz für
gefährdet erachten, immer gegeben
sein muss und dass, wenn dies nicht der Fall sein sollte,
die Renaturierungsverordnung ausgesetzt werden kann bzw. sogar“
soll. – Wie gesagt: ein ÖVP-Bürgermeister.
All das untermauert auch der unlängst
veröffentlichte WWF-Bodenreport. Darin wird einmal mehr verdeutlicht, was
die negativen Folgen des hohen Bodenverbrauchs sind. Er bedeutet
nämlich eben Verlust der Artenvielfalt – und das ist das, was
unsere Ernährungssicherheit gefährdet –, aber nicht nur
das,
er befeuert die Klimakrise und deren Auswirkungen: Gesunder Boden dient als
CO2-Senke, er speichert CO2 langfristig. Je mehr gesunder Boden verbraucht wird, desto stärker werden wir alle die Folgen der Klimakrise wie Hitzewellen, Trockenperioden oder Extremwetterereignisse spüren.
Exzessiver Bodenverbrauch gefährdet auch unsere
Gesundheit. Nur
offener, gesunder Boden trägt zur Abkühlung bei, und ohne diesen
entstehen
in Städten Hitzeinseln, die sogar tödliche Folgen haben können.
Bodenverbrauch ist ein ganz wichtiger Faktor in Bezug auf
Katastrophenschutz. Versiegelte Flächen nehmen kein Wasser mehr
auf; bei den immer häufiger werdenden starken Regenfällen kommt
es dadurch immer häufiger
und eher zu Hochwasser.
Unser EU-Abgeordneter Thomas Waitz hat am Beispiel der
belgischen Stadt Löwen aufgezeigt, wie wichtig intakte Natur für den
Katastrophenschutz
ist. Anfang der 1990er-Jahre wurde ein ehemals landwirtschaftlich genutztes
Gebiet, Doode Bemde, renaturiert und der dortige Fluss Dijle wurde
quasi sich wieder selbst überlassen.
2021 war West- und Mitteleuropa, darunter waren auch
große Gebiete Belgiens, von verheerenden Überschwemmungen betroffen –
wir alle können uns
an die Bilder von zerstörten Häusern erinnern, von verzweifelten
Menschen, die ihr Hab und Gut verloren haben und auch viel zu oft ihre
Angehörigen
verloren haben. Die Stadt Löwen blieb dabei tatsächlich verschont.
Das renaturierte Gebiet konnte als natürlicher Hochwasserschutz
wirken: Die
immensen Niederschlagsmengen konnten sich in dem Gebiet natürlich
verteilen.
Ich hoffe, dass es uns allen ein Anliegen ist, unseren
Kindern und
Enkelkindern einen lebenswerten Planeten zu hinterlassen. Dazu ist die Renaturierungsverordnung
ein wesentlicher und absolut notwendiger Baustein. – Danke
schön. (Beifall bei den Grünen.)
21.16
Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Vielen Dank, Frau Bundesrätin.
Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Markus Leinfellner. Ich erteile ihm das Wort.
Bundesrat
Markus Leinfellner (FPÖ, Steiermark):
Herr Vorsitzender!
Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Liebe
Österreicher! Bei manchen Redebeiträgen habe ich schon den Eindruck,
dass der eine
oder andere ziemlich neben seinen Schuhen steht, aber darauf will ich jetzt gar
nicht näher eingehen. (Beifall bei der FPÖ.)
Wenn man sich hier herausstellt und behauptet, dass mit
diesem Renaturierungsgesetz die Ernährungssicherheit verbessert wird,
dann muss
man den Satz aber auch zu Ende sprechen. Wir reden nämlich nicht mehr von
einer österreichischen Ernährungssouveränität, wir reden
von einer
europäischen Ernährungssouveränität, so wie
Sie das meinen. Ich glaube aber, die Produkte, die außerhalb
Österreichs produziert werden, sind bei Weitem
nicht so hochwertig wie jene bei uns in Österreich – Gentechnik
und so weiter. (Beifall bei der FPÖ.)
Sie wissen das aber! Sie wissen das, und dann stellen Sie
sich hier heraus
und wollen die Österreicher für dumm verkaufen. – Aber da
komme ich mit meinen 20 Minuten Redezeit ja gar nicht aus.
Frau Bundesminister, Frau Bundesminister Gewessler, Sie
haben sich hierhergestellt und haben ganz viel über Rechtsexperten
schwadroniert. Ich sage Ihnen eines: Diese rechtliche Seite ist jetzt
einmal zweitrangig für mich,
aber was ich viel, viel schlimmer finde, ist Folgendes: Ich meine, dass es Sie
nicht interessiert, was ich hier jetzt erzähle, ist mir noch mehr oder
weniger
wurscht, aber dass es Sie nicht interessiert, was unsere Österreicher wollen,
das finde ich schlimm. (Beifall bei der FPÖ.)
Dass es Sie nicht interessiert, was unsere Bundesländer
wollen, das
finde ich erschreckend. Dass es Sie nicht interessiert, was unsere Bauern
wollen,
das ist eine Niederlage für ein Regierungsmitglied und auch eine Niederlage für Österreich. Sie sind da, um Österreich zu vertreten, um unsere Österreicher zu vertreten und nicht Ihre eigene Klimahysterie voranzutreiben. Es interessiert Sie in Wahrheit auch nicht, dass Sie mit der Zustimmung zu diesem Renaturierungsgesetz unsere kleinbäuerliche Landwirtschaft schlicht und ergreifend vernichten. (Beifall bei der FPÖ.)
Sie haben mit der Zustimmung zu diesem Renaturierungsgesetz
wieder eine Enteignung in Österreich möglich gemacht. Das
erinnert mich an dunkle Zeiten,
und das wollen wir nicht haben, Frau Bundesminister.
Aber da zeigen Sie Ihr wahres Gesicht, nämlich wen Sie
vertreten: Sie
vertreten sich selbst und sonst niemanden. Na ja, niemanden möchte ich
nicht sagen, vielleicht noch irgendwelche Klimaterroristen, die unsere
fleißigen Österreicher jeden Tag terrorisieren oder Einsatzfahrzeuge
behindern, weil sie auf der Straße herumpicken. Vielleicht vertreten Sie
die noch, aber einen vertreten Sie nicht, nämlich unsere
Österreicher, unsere normalen Österreicher und unsere Bauern. (Beifall bei der FPÖ.)
Aber es ist ja Gott sei Dank bald so weit: Am
29. September wird das
grüne Schmierentheater endlich ein Ende finden.
Ich bin aber auch nicht hier herausgekommen, um die ÖVP
zu loben oder in Schutz zu nehmen, denn eines muss man auch sagen: Die ÖVP
macht
genau dieser Klimahysterikerin auch noch die Mauer. Auf das werde ich noch
genauer eingehen, nämlich auf die Unehrlichkeit dieser ÖVP.
Draußen stellt ihr euch
hin und erklärt, was der Koalitionspartner nicht alles angerichtet
hätte und welche rechtlichen Schritte ihr nicht alle einleiten
werdet. Wenn das alles ehrlich gemeint wäre, dann wäre eine Person
heute ganz sicher nicht mehr in diesem Saal: Frau Bundesminister Gewessler.
Dann
hätten Sie alles gegen sie unternommen, dann wäre der Bundeskanzler
definitiv zum Bundespräsidenten gegangen und hätte die Frau
Bundesminister
nach dieser ideologiegetriebenen Geisterfahrt zur Entlassung vorgeschlagen, aber all das ist nicht passiert. (Beifall bei der FPÖ.)
Genau diesen Kniefall vor
dieser Klimahysterie kann ich euch auch anhand eines konkreten Beispiels
beschreiben: Gestern im EU-Ausschuss des Bundesrates
hat die ÖVP einen Punkt auf die Tagesordnung gesetzt, den sie dann
selbst wieder vertagt hat. Sie haben selbst einen Vertagungsantrag gestellt,
nur damit Sie unseren Antrag nicht ablehnen oder ihm zustimmen müssen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist erbärmlich, das ist eine
Missachtung des Parlaments, wie ich sie davor noch nicht gesehen habe.
Deswegen spreche ich auch davon, was ihr den Österreichern draußen vorgaukelt und was ihr in Wirklichkeit im Parlament macht.
Frau Bundesminister, nicht das
Erzählte reicht, das Erreichte zählt,
und davon haben wir gestern wieder genug gesehen. (Beifall bei
der FPÖ.)
Jedes Mal, wenn die ÖVP
Farbe bekennen müsste, zieht sie sich wieder feig aus der Verantwortung
und fällt vor allem den Bauern, wo sie doch immer
vorgibt, die Bauern zu vertreten, sprichwörtlich in den Rücken. Bevor
es zu einer Abstimmung hat kommen können, ist Kollegin Neurauter
aufgestanden –
nein, sie ist nicht aufgestanden, sie ist eh sitzen geblieben – und
hat einen Antrag auf Vertagung für den eigenen Tagesordnungspunkt
gestellt. Also
so etwas hat ja wirklich noch kein Mensch in diesem Haus gesehen. Das ist unglaublich.
(Beifall bei der FPÖ. – Bundesrat Buchmann:
Du vielleicht nicht,
aber andere schon!)
Aber ja, alles für den Postenschacher, wir haben es ja
heute in der Begründung schon gehört. Der EU-Kommissar sollte ja auch
noch entsandt werden
und vielleicht braucht man diesen Koalitionspartner noch. Da ist die Klimahysterie
dann völlig wurscht. Da ist es auch wurscht, wenn wir die Bauern
verraten. Da macht man dann wieder diesen Kniefall.
Bei dem, was wir gestern in diesem EU-Ausschuss erlebt
haben, war ja niemand von den Leuten draußen dabei, und deswegen sage
ich: Neue Chance,
neues Glück, wir bringen den Antrag als Entschließungsantrag heute
noch einmal ein, den könnt ihr nicht vertagen – und dann
schauen wir uns einmal an,
wie ihr heute hier herinnen abstimmt. (Beifall bei der
FPÖ.)
Ich möchte ein bisschen näher auf den Antrag eingehen und euch in Erinnerung rufen, was in der Vergangenheit passiert ist: Frau Bundesminister Edtstadler hat von einem „Verfassungs- und Gesetzesbruch“ gesprochen. Bundeskanzler Nehammer hat von einem „Rechtsbruch“ gesprochen, und der Landwirtschaftsminister, der sich im Bereich der Landwirtschaft auskennen sollte, hat selbst erkannt, dass dieses EU-Renaturierungsgesetz der Landwirtschaft schadet.
20 Prozent der Landflächen in der EU sollen
renaturiert werden, Ackerflächen dürfen nicht mehr bewirtschaftet
werden, die Produktion von Lebensmitteln wird gefährdet. Wir haben
inzwischen ein Bauernsterben, ich
glaube, da wird mir der Bauernbund auch recht geben: Drei land- und forstwirtschaftliche
Betriebe sperren pro Tag für immer ihre Türen zu. Jetzt
dürfen sie 20 Prozent nicht mehr bewirtschaften. Glaubt ihr, dass es
dadurch besser wird? Glaubt ihr, dass das besser wird, wenn wir unsere Bauern
enteignen, wenn man Flächen rückwidmet? Glaubt ihr, dass es das
besser macht, wenn allein die Verwaltungskosten in der EU für diesen
Schwachsinn 14 Milliarden Euro betragen und die Umsetzung der
Renaturierungsmaßnahmen rund 154 Milliarden Euro kosten wird?
Genau deswegen probieren wir es heute noch einmal und darf ich folgenden Entschließungsantrag einbringen:
Entschließungsantrag
der Bundesrät:innen Markus Leinfellner, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Rücknahme des EU-Renaturierungsgesetzes“
Der Bundesrat wolle beschließen:
„Der Bundeskanzler wird aufgefordert, sich auf
europäischer Ebene
für die Sicherstellung der heimischen
Ernährungssouveränität und somit für eine
Rückabwicklung des EU-Renaturierungsgesetzes einzusetzen.“
*****
Heute habt ihr noch einmal die Chance, probieren wir es.
Wir haben ja in der
Vergangenheit gesehen, was diese ÖVP draußen erzählt und wie
sie im Endeffekt wirklich tickt. Euch ist diese österreichische Ernährungssouveränität
völlig egal. Es geht um die EU-Ernährungssouveränität, und
bei einer Lebensmittelknappheit werden wir von diesem Gesetz nicht mehr
wegkommen. Dann haben wir das Glumpert aus dem Ausland da,
keine gentechnikfreien Nahrungsmittel mehr, wie wir es gewohnt sind. Unsere
heimischen, österreichischen Produkte wird es dann nicht mehr
geben –
nicht in dieser Menge, wie wir sie heute haben. Das könnt ihr euch auf
eure Kappe heften, dafür seid schlicht und ergreifend ihr verantwortlich.
(Beifall bei der FPÖ.)
Auch wenn sich viele von der
ÖVP heute hier herausstellen und versprechen, dass die Umsetzung zugunsten
der Land- und Forstwirtschaft ausfallen
wird: Ich glaube, jeder hat sich in den letzten Wochen ein Bild von der
Durchsetzungskraft dieser ÖVP machen können. Das war
erbärmlich. Es geht um Machterhalt, es geht um Postenschacher, aber es
geht nicht mehr um unsere Österreicher.
Eines kann ich euch noch sagen, und damit komme ich schon
zum
Schluss: Wir haben genug von diesem schwarz-grünen Schmierentheater. Die
Österreicher haben genug von diesem schwarz-grünen Schmierentheater. Genug ist
genug! (Beifall bei der FPÖ.)
21.27
Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Der von den Bundesräten Markus Leinfellner, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „Rücknahme des EU-Renaturierungsgesetzes“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.
Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Ferdinand Tiefnig. Ich erteile ihm das Wort.
Bundesrat
Ferdinand Tiefnig (ÖVP, Oberösterreich): Geschätzte Ministerinnen! Werte
Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Damen und Herren, die Sie heute noch
zuschauen! Für die ORF-Gebühren: Wenn es nicht so traurig
wäre, wäre es ein interessantes Theater, was sich hier zurzeit
abspielt. (Bundesrat Schennach: Was kann der ORF dafür?)
Leider müssen wir heute in der Debatte um diese
Renaturierungsverordnung feststellen: Es muss alles so bleiben, wie
es immer war. Ich glaube, es kann nicht alles so bleiben, wie es immer war.
Österreich hatte 7,3 Millionen Einwohner im Jahr 1970 und hat
jetzt zehn Millionen Menschen. Diese Menschen wollen ernährt werden,
diese Menschen brauchen Wohnraum.
In diesem Renaturierungsgesetz geht es nicht allein um die Landwirtschaft, es
geht um Wohnraumschaffung, um Betriebsbaugebiete. Vieles wird sich
da entsprechend verteuern und mit verschiedenen Maßnahmen auch
unmöglich gemacht werden.
Ich glaube, eine Maßnahme ist wichtig für die
Zukunft, nämlich dass
zumindest bei Handelsketten der Flächenfraß endlich ein Ende nimmt.
Das wird auch eine Aufgabe der Länder sein und sich auch in der
Raumordnung entsprechend wiederfinden müssen. In Oberösterreich haben
wir diesbezüglich schon Maßnahmen mit unserem Koalitionspartner getroffen.
Wasserschutz, Wasserkraftwerke – wir wollen in
Zukunft mehr erneuerbare Energie gewinnen. Wie wir gestern im
EU-Ausschuss gehört haben, wird halt dann vielleicht die neue Atomenergie
kommen. Ich sehe schon so
manches auf uns zukommen, wenn ich die deutschen Grünen höre. Herr
Aufreiter hat ja in der Cosac-Sitzung in Prag gesagt (Bundesrat Schennach:
Hofreiter! Panzer-Toni!): Um die Lebensmittelversorgung braucht sich Europa
keine Sorgen zu machen, das wird in Zukunft die Ukraine übernehmen.
Vielleicht brauchen wir uns auch um die Energieversorgung keine Sorgen zu
machen, weil wir das dann mit Atomstrom machen. Es ist also schon interessant,
was hier eigentlich alles auf dem Tisch ist.
Ich bin kein Jurist, aber unsere Verfassungsministerin ist
Juristin und
die wird sich wahrscheinlich in dem Gesetzesbereich schon besser auskennen als
so manche, die hier die Verfassungsministerin kritisieren und sagen, sie
macht Falschaussagen.
Ich bin überzeugt, liebe Frau Minister, Sie sind auf dem richtigen Weg, und wir vertrauen auf Ihre Aussagen. Danke schön! (Beifall bei der ÖVP.)
Die Landwirtschaft in Österreich: 80 Prozent der
Bäuerinnen und Bauern machen bei dem Umweltprogramm mit. Dieses
Umweltprogramm wurde schon verschärft, weil europäische
Maßnahmen getroffen worden sind,
die sich im österreichischen Umweltprogramm nicht mehr widerspiegeln.
Somit ist es nicht mehr möglich, dass die Bauern finanzielle Mittel
abschöpfen
können. Jetzt ist das Renaturierungsgesetz noch freiwillig. Ich bin
schon seit 2003 dabei und ich bin seit dem EU-Beitritt Landwirt und ich
habe gesehen: Was freiwillig war, ist irgendwann verpflichtend geworden.
(Beifall bei der FPÖ und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)
Natura 2000, ein Thema, das wir alle erlebt haben: ein
Weißbuch im Bezirk Braunau, das dann Gott sei Dank noch einmal vom Obmann
kontrolliert worden ist. Wir haben zwei verschiedene Unterlagen
gehabt – die Bezirksbauernkammer und die Betroffenen (Zwischenruf
bei der SPÖ); und da sieht man, wie man mit Naturschutz, wie man mit
den Menschen in Wirklichkeit
umgegangen ist, um Naturschutz voranzutreiben. Wer macht denn Naturschutz,
warum haben wir so eine Natur? (Bundesrat Schennach: ... Natura 2000 ...!) –
Weil eine flächendeckende Bewirtschaftung stattfindet. (Beifall bei der
ÖVP und bei Bundesrät:innen der FPÖ. – Bundesrat Schennach:
Seid ihr schon Koalition
jetzt, oder wie? Die klatschen da miteinander! – Bundesrat Leinfellner:
Ja, aber der redet gar nicht so einen Blödsinn wie du!)
Der Lawinenschutz: ein Beispiel, schauen Sie nach
Griechenland! Ich
bin 1987 das erste Mal in Griechenland gelandet. Damals waren die Schafe noch
am Flugplatz, da konnten wir wegen der Schafe nicht landen. Heute gibt
es kaum noch Schafe in Griechenland, aber es gibt Verbuschung, Verwaldung. Und
warum gibt es die Verwaldung? – Weil die Tiere nicht mehr vor Ort
sind. Und die Verwaldung führt dazu: Wenn jemand eine Zigarette wegwirft,
haben wir Riesenwaldbrände in diesen Gebieten, und diese wollen wir
nicht haben. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)
Ein weiterer Punkt: Wir sehen in den Gebirgsgebieten
Osttirols, Kärntens: Der Borkenkäfer hat uns massiv eingeholt. Was
aber jetzt noch kommt, sind
die Neophyten, und die Neophyten sind die Nächsten, die dann verhindern,
dass Aufforstung möglich ist. Ich lade alle, die auf den Straßen
kleben, ein, dass
sie bei der Aufforstung dabei sind, um den Naturschutz voranzutreiben. (Beifall
bei der ÖVP und bei Bundesrät:innen der FPÖ.)
Wir wissen, wie Landwirtschaft funktionieren sollte. Wir von
der Ortsbauernschaft in unserer Gemeinde machen immer eine Aktion: Saatgut
für Blühflächen. Wo nicht mitgemacht wird, ist in den
Hausgärten. Dort
fährt der Rasenroboter, dort sitzt man dann mit dem Glasl Wein, dort darf
keine Biene mehr fliegen, denn die Biene könnte uns ja stechen und
stört uns
in unserer Freizeit. (Bundesrat Steiner: Ja, und Steine!) Aber
der Swimmingpool muss Anfang Mai gefüllt sein. Das sind die Themen (Bundesrat
Steiner:
Überall Steine!), und die Landwirtschaft in Österreich wird
von allen so geliebt.
Es sind viele Punkte, die mich da stören, und besonders
die SPÖ.
Im EU-Ausschuss haben wir diesen Antrag leider nicht umsetzen können, den
wir ja von der SPÖ und von den Freiheitlichen gehabt haben, bezüglich
Bindung der Ministerin, weil es nicht gewünscht gewesen ist. Die SPÖ
hat diesen Antrag mit eingebracht, und heute applaudieren Sie der Ministerin
auf
einmal, dass das alles so toll ist. Und vorhin wurde die ÖVP kritisiert,
weil wir bei Ihrem Antrag, gegen das Renaturierungsgesetz zu stimmen, nicht
mitmachen. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des
Bundesrates Reisinger.)
Die Entwaldungsverordnung ist der nächste Punkt auf
europäischer Ebene, und dann kommt das EU-Bodengesetz. Ich habe mich
letztes Jahr noch gefreut, als Sie uns den Preis überreicht
haben: das beste Projekt von Leader bezüglich gesunder Böden.
Aber die EU sagt, der Großteil der Böden ist
schlecht. Wenn ich in meine Bezirke schaue – in einigen Gemeinden
gibt es zwölf verschiedene Bodenarten –, dann kann ich nicht
sagen, der Boden
ist schlecht, sondern es sind verschiedene Bodenarten; und diese Bodenarten
müssen auch entsprechend unterschiedlich bewirtschaftet werden,
und das, glaube ich, hat einzig und allein die Landwirtschaft sichergestellt.
Das größte Problem, das ich sehe: Wir sind
zurzeit in Österreich mit
der Lebensmittelversorgung nicht mehr hundertprozentig in der Eigenversorgung.
Schauen wir es uns an: In der Fleisch- und Milchproduktion haben
wir eine Überproduktion, aber in der Produktion von Gemüse und Obst
haben wir eine Unterversorgung von 300 000 Tonnen. In der
Fleischproduktion
haben wir eine Überversorgung von 100 000 Tonnen, also ist das
jetzt schon eine Differenz von 200 000 Tonnen Unterversorgung an
Lebensmitteln,
die wir deshalb nach Österreich importieren müssen. Wir haben bei den
Lebensmitteln nur deshalb eine positive Handelsbilanz, weil unsere
verarbeitenden Betriebe Produkte mit sehr hoher Wertschöpfung
erzeugen und diese im Export entsprechende Preise erzielen, aber die
Lebensmittelversorgung
wäre jetzt schon nicht mehr gesichert, wenn wir nicht Importe mancher Produkte
hätten. Das ist das Faktum, das wir haben.
Ja, wir haben ein Chaos, das
jetzt gelöst werden sollte, gelöst werden
wird. Ich bin überzeugt, unser Bundeskanzler und auch unser
Landwirtschaftsminister sowie unsere Verfassungsministerin werden sich bezüglich
dieser
langwierigen Situation, was sich im rechtlichen Bereich ja immer
widerspiegelt, bemühen. Das haben wir auch bei den
Untersuchungsausschüssen
gesehen. Wir haben im Untersuchungsausschuss Verurteilungen gehabt, in der
Rechtsprechung gab es dann Freisprüche.
Wir können aus dieser
Regierung aber jetzt nicht austreten – Kollege
Matthias Zauner hat es schon gesagt –: Es gibt viele Gesetze, die
uns noch beschäftigen. Wenn ich da allein an den Bereich der
Landwirtschaft denke:
etwa das Thema Vollspaltenverbot im Schweinebereich. Ich glaube, wir werden
keine Mehrheit zusammenbringen, weder mit der FPÖ, denn die war 2006
schon gegen eine entsprechende Regelung betreffend Vollspaltenböden im Schweinebereich,
noch mit der SPÖ noch mit den Grünen. Ich bin neugierig, was da im
Endeffekt herauskommt. Wir haben viele Gesetze,
die die Gemeinden betreffen, wir haben ein Pflegepaket, wir haben noch ein
Behindertengesetz auf Schiene, und es sind viele Punkte, die es wert
sind, in der Koalition zu bleiben und sie nicht aufzukündigen. Das ist
unsere Aufgabe als verantwortungsbewusste Politiker der ÖVP.
In diesem Sinne danke ich unserem Bundeskanzler für
die Verantwortung, die er für unser Land übernimmt, und ich
wünsche mir, dass er auch nach dem 26. September
unser Bundeskanzler bleibt. – Danke schön. (Rufe:
29.!) – Ah, 29. September: dass er nach dem
29. September unser Bundeskanzler
bleibt! – Danke. (Beifall bei der ÖVP. –
Allgemeine Heiterkeit.)
21.36
Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Vielen Dank, Herr Bundesrat.
Zu Wort ist nun niemand mehr gemeldet.
Wünscht noch jemand das Wort? – Es gibt eine weitere Wortmeldung, von Bundesrat Andreas Arthur Spanring. Ich erteile ihm das Wort.
21.36
Bundesrat
Andreas Arthur Spanring (FPÖ, Niederösterreich): Herr Vizepräsident! Die Frauen
Ministerinnen! Sehr geehrte Kollegen im Bundesrat, sehr geehrte Damen und
Herren Zuschauer! Ja, wir haben jetzt schon
viel über das EU-Renaturierungsgesetz gehört, und ich möchte ein
paar Punkte noch einmal nach vorne bringen, weil es wichtig ist, dass man
versteht,
warum es uns und vor allem die Österreicher besonders aufregt, dass das
alles so gelaufen ist, wie es gelaufen ist.
Da geht es in erster Linie einmal darum, dass dieses Gesetz
in Wahrheit
in der Europäischen Union schon vom Tisch war. Und warum war es vom Tisch?
Weil es so gut war? – Nein; weil es dermaßen viel Widerstand
gegeben
hat, dass Gott sei Dank viele Länder intelligent genug waren und gesagt
haben, dass sie dieses Gesetz, das wirklich bauernfeindlich, im Endeffekt aber
auch wirtschaftsfeindlich ist, nicht unterstützen können. (Beifall
bei der FPÖ.)
In diesem Fall war Österreich dann tatsächlich das
Zünglein an der
Waage, das den Ausschlag geben konnte, dass es dann eben nicht kommt oder schon
kommt. Und die Verständigung im österreichischen Parlament war
schon so, dass wir dem Ganzen Gott sei Dank nicht zustimmen.
Dann kam Frau Gewessler, hat das, ja, rotzfrech angekündigt und dann auch umgesetzt und hat uns jetzt nachhaltig in eine Krise gestürzt, denn die Auswirkungen werden wir alle erst in den nächsten Jahren erfahren, nicht nur, was die Ernährungssicherheit, sondern auch, was die finanziellen Auswirkungen angeht.
Stellen Sie sich einmal eines vor: Sie haben einen Garten,
haben in dem Garten fünf Hochbeete und haben in den Hochbeeten diverse
Pflanzen angesetzt,
die Sie zu Hause halt mögen. Und dann kommt irgendjemand und sagt: Eines
von den fünf Hochbeeten machst du jetzt zu, denn das gehört ab jetzt
nicht
mehr dir – obwohl du es gezahlt hast, obwohl du es aufgebaut hast,
obwohl du
es bepflanzt hast. – Genau das passiert. Das ist eine
kalte Enteignung, und
die Grünen stehen dazu, zu diesen 20 Prozent! (Beifall bei der
FPÖ.)
Was mich dabei aber auch ärgert, ist diese
Unehrlichkeit der ÖVP, denn eines muss ich schon sagen: Wenn wir uns den
Gesetzwerdungsprozess der
letzten Jahre anschauen, kann ich eines mit Sicherheit sagen: Wenn wir in
Österreich jetzt nicht Nationalratswahlen hätten, dann
hätte die ÖVP das
lange mitgetragen. (Zwischenruf der Bundesrätin Miesenberger.) Das
hat man in Brüssel gesehen, und ich sage Ihnen, warum: weil Herr Karas
einer
derjenigen war, der das immer mit unterstützt hat. Und von wem war denn
die Renaturierung im Green Deal ein
Herzensprojekt und ist es noch immer? –
Von Ursula von der Leyen, über die Herr Kanzler Nehammer vor Kurzem
noch gesagt hat: Die unterstützen wir, das ist eine gute Frau! (Bundesrätin
Miesenberger: ... Vizepräsidentin ...!) –
Also tut nicht so, als ob ihr in Wahrheit nicht eh auch dafür gewesen
wärt! (Beifall bei der FPÖ.)
Ja, aber so ist es. Das ist die ÖVP (Ruf bei der ÖVP: Nein!): Hier herinnen irgendetwas erzählen, und als Abgeordneter dann hinausfahren und in der Gemeinde erzählen, wie furchtbar das alles ist – in Wahrheit aber hier mitgestimmt haben. Das ist typisch ÖVP. (Bundesrat Steiner: Verlogen, verlogen, verlogen!)
Wenn ich heute gehört habe – und ich habe
das mehrmals gehört,
von Frau Minister Edtstadler, aber auch von
ÖVP-Bundesräten –, dass Herr Nehammer und die ÖVP die
Kraft der Mitte sind, dann glaube ich das.
Ich glaube es, dass sie die Kraft der Mitte sind, weil sie nämlich so sind:
Sie sind opportunistisch – einmal links, einmal rechts, einmal
links, einmal rechts,
wie es mir gerade passt; so macht sie es halt. Das ist ÖVP: für
nichts stehen, außer für Machterhalt. (Beifall bei der
FPÖ.)
Wenn ich dann heute höre, dass man die Koalition
deshalb nicht aufkündigen kann, weil ja seit dem Jahr 2008
das Spiel der freien Kräfte die österreichischen Steuerzahler
30 Milliarden Euro gekostet hat, möchte ich
nur auf eines hinweisen: 2019 betrug der Schuldenstand von Österreich
280 Milliarden Euro, viereinhalb Jahre später – unter der
Ankündigung des grünen Vizekanzlers: Sie werden Österreich
nicht wiedererkennen! – haben
wir 383 Milliarden Euro Schulden. Und Sie reden von 30 Milliarden
Euro, die das ab 2008 gekostet hat!
Noch etwas dazu: Wer war denn ab 2008 immer
dabei? – Die ÖVP. (Beifall
bei der FPÖ. – Zwischenruf der Bundesrätin Miesenberger.)
Die ÖVP stellt sich wie gesagt hierher und sagt, sie
könne das nicht machen, weil sie das Land ins Chaos stürzen würde.
Die Wahrheit ist: Sie können die Regierung deshalb nicht aufkündigen,
weil sie noch nicht alle Posten fertiggeschachert haben, sowohl die
Schwarzen als auch die Grünen. – Das
ist die einzige Wahrheit. (Neuerlicher Zwischenruf der Bundesrätin Miesenberger.)
Und wenn wir davon reden, wie viel uns die Finanzierung des
Renaturierungsgesetzes noch kosten wird, dann, muss ich sagen, bin ich
schon gespannt, wie hoch die Strafen sein werden, die wir zahlen müssen,
wenn wir das
eine oder andere nicht umsetzen.
Kommen wir zum angeblich kleineren Partner in der Koalition,
der aber komischerweise immer den großen schwarzen Stier am Nasenring
durch die Arena führt, nämlich zu den Grünen: Frau Gewessler
sitzt heute hier,
bei jeder zweiten Wortmeldung, die gegen sie gerichtet ist, lacht sie
verschmitzt, weil sie weiß, es ist ihr eh wurscht. Vorhin hat sie sogar
Frau Gewe- -,
Frau Edtstadler einmal ausgelacht – jetzt habe ich auch schon das
Problem mit dem Verwechseln, aber es liegt nur am Namen.
Man kann aber eines sagen: In der Anfragebeantwortung von
Frau
Gewessler hat diese eines klipp und klar gesagt: Sie hat das mit voller Absicht
gemacht, das war rein vorsätzlich und das war von langer Hand geplant.
Das war nicht von Sonntag auf Montag, sondern sie hat hinterrücks Leute
angestellt – wahrscheinlich hat sie eh lange suchen
müssen, bis sie einen
Juristen gefunden hat, der ihr das so begutachtet hat, dass das herausgekommen ist, was sie wollte. Das hat sie gemacht, und zwar am Koalitionspartner, der großen, starken ÖVP, vorbei. – Es kann sich jeder selbst ein Bild daraus machen.
Noch eines ist ganz klar: Diese Frau Gewessler –
das hat sich heute auch
ganz klar gezeigt – pfeift auf den Föderalismus. Der
Umweltschutz ist nach wie vor Ländersache, und das ist aus vielen, vielen
Gründen gut so. Jedes
einzelne Land weiß besser, wie es mit seiner Umwelt und seiner Natur
umgehen muss.
Und dann gibt es hier ÖVP-Bundesräte –
Entschuldigung, weil Sie von
der ÖVP mich so böse anschauen (Bundesrat Tiefnig –
erheitert –: Tatsächliche Berichtigung!): grüne
Bundesräte habe ich gemeint –, grüne Bundesräte,
die sich hierherstellen und das hier allen Ernstes verteidigen und sagen: Ja,
sie hat recht gehabt! – Ihr seid in der Länderkammer, liebe
Grüne, schämt
euch! Schämt euch, kann man da nur sagen, es ist wirklich zum
Schämen. (Beifall bei der FPÖ.)
Kollege Kovacs hat heute einmal gesagt – er hat
es anders gemeint,
aber im Grunde genommen hat er es schon richtig gesagt –, dass es
gut wäre, wenn die Grünen aus dem Bundesrat verschwinden würden;
aber nicht
nur aus dem Bundesrat, sondern in erster Linie einmal aus der Regierung. Denn:
Ihr seid nicht nur Verfassungsbrecher, ihr seid nachhaltig ein Schaden
für die ganze Republik, furchtbar! (Anhaltender Beifall bei der
FPÖ.) – Liebe Kollegen, klatscht nicht immer so lange, es
ist schon spät. (Bundesrätin Miesenberger: Bist
leicht schon müde?)
Eines war ja sehr enttarnend: Eine Ministerin dieser
Regierung geht her und sagt hier allen Ernstes zu Frau Minister Edtstadler,
dass der Verfassungsdienst
nicht unabhängig sei. Was bedeutet das? Denken wir einmal kurz
darüber nach: Der Verfassungsdienst ist nicht
unabhängig. – Das sagt nicht irgendjemand, das behauptet
nicht irgendein Journalist, das behauptet nicht irgendein
Bundesrat, sondern Frau Minister Gewessler behauptet, dass der Verfassungsdienst nicht unabhängig ist. Und was ist, wenn er nicht unabhängig ist? – Er ist weisungsgebunden.
Denken wir einmal alle darüber nach, was das bedeutet!
Ist es so? Wenn
ja, dann haben wir alle ein veritables Problem in dieser Republik.
Ich weiß es nicht, aber es ist euer Regierungspartner. Aber was bedeutet
das? Frau Minister Edtstadler, vielleicht können Sie uns helfen. Ist es
so,
ist der Verfassungsdienst wirklich nicht unabhängig? (Bundesministerin Edtstadler:
Er ist unabhängig!) – Er ist unabhängig, gut. Wenn Sie
das
sagen, warum sagt dann Frau Gewessler, dass es nicht so ist? – Also
nicht böse sein, meine Damen und Herren, das ist eine veritable
Regierungskrise.
Wir brauchen uns nicht zu wundern, warum alle auf Österreich schauen und
mit dem Zeigefinger auf uns zeigen und uns auslachen. Das ist eure
schwarz-grüne Politik. (Beifall bei der FPÖ.)
Ich bin davon überzeugt, dass das, was Frau Minister
Gewessler gemacht hat, natürlich ein lupenreiner Verfassungsbruch ist. Und
wie rechtfertigt
sie das? – Sie sagt, die ÖVPler haben das auch schon
gemacht. – Ich weiß jetzt nicht, welche ÖVPler.
Vielleicht war es so, ich kenne jetzt keine Beispiele. Vielleicht wollen Sie (in
Richtung Bundesministerin Gewessler) sich noch einmal zu Wort
melden – Sie haben noch die Möglichkeit – und uns
erklären, welche ÖVPler auch schon die Verfassung gebrochen haben.
Ich glaube sofort, dass es so war, aber dann bringen Sie auch Beispiele!
Fakt ist: Diese Regierung ist schon lange am Ende, und sie
halten nur
noch zusammen, weil sie sich halt gegenseitig noch ein paar Posten zuschanzen
müssen, weil sie Angst haben, dass es nach dieser Legislaturperiode
für
immer vorbei sein kann. Bei den Grünen wird es wirklich so sein, und
darauf freue ich persönlich mich ehrlich gesagt sehr.
Etwas, was da auch immer angesprochen wird: Es wird immer
vom
Klimaschutz gesprochen, und Klimaschutz wird dann mit Umweltschutz
gleichgesetzt.
Nein, meine Damen und Herren, Klimaschutz und Umweltschutz sind zwei Paar
Schuhe. Klimaschutz ist ein Schwachsinn, womit man
einfach nur viel Geld verdient, womit sich Leute bereichern und andere pflanzen –
um das böse Wort verarschen nicht zu sagen (Bundesrätin Huber:
So ein Blödsinn!) –, und Naturschutz ist etwas, das uns
allen, die wir hier sind, ein Anliegen ist. Vergessen Sie den Klimaschutz, in
zehn Jahren werden alle
darüber lachen, werden sagen: Wie blöd waren wir damals, da haben
sich einige an uns allen bereichert und sich eine goldene Nase verdient! (Beifall
bei
der FPÖ. – Bundesrat Schennach: Es ist die Uhrzeit!)
Am Ende meiner Rede kann ich die ÖVP aber trotzdem
nicht ganz wieder aus der Verantwortung nehmen, weil ich da noch etwas gefunden
habe.
Ich war vorige Woche wieder einmal im Gemeinderat unterwegs – das
muss man ja auch sein –, und wir kriegen ein tolles Hefterl, das
„Kommunal“ heißt.
Das ist die Bürgermeisterzeitung, das kriegen alle
geschäftsführenden Gemeinderäte und Bürgermeister und
Stadträte. Ich blättere es durch, und auf
der letzten Seite sehe ich ein Inserat und denke mir: Aha, Frau
Minister Gewessler inseriert da: „Mehr Natur für unsere
Gewässer“, „Gut für uns alle!“, „Holen Sie
sich bis zu 98 % Förderung für Ihr
Renaturierungsprojekt!“.
Dann schaue ich oben: „Bundesministerium für
Land- und Forstwirtschaft, Regionen und
Wasserwirtschaft“. – Moment, das ist ja die ÖVP! Na was
jetzt, seid ihr jetzt doch für die Renaturierung? Ist euch da etwas reingerutscht? Das
ist nämlich ganz aktuell, das ist die letzte Ausgabe der Zeitung. Ich habe
auf kommunalnet.at nachgeschaut, habe mir gedacht, ich schaue
noch einmal nach, ob ich das da finde, und komischerweise ist das Ganze auf
kommunalnet.at noch schön ausformuliert, aber das Wort Renaturierung ist aus all
dem herausgenommen.
Also, liebe ÖVP (Bundesrat Gfrerer: Wir
betreiben lange schon Naturschutz!
Wir betreiben 20 Jahre schon Naturschutz! Wir machen das ohne EU!),
das Problem ist: Euch kann man nicht trauen. Ihr seid die Partei der Mitte,
denn ihr
stellt euch einmal nach links, einmal nach rechts, so wie ihr gerade die
meisten
Stimmen bekommt. Das hat nichts mit Idealismus oder sonst irgendetwas
zu tun, sondern ihr wollt einfach nur um jeden Preis an der Macht bleiben. Das
ist schlecht für Österreich. Und weil wir es heute schon einmal
gehört
haben: Am 29. September werdet ihr die Rechnung dafür kriegen.
Jetzt muss ich noch etwas Kurzes zum Abschluss
erzählen: Ich war vor zwei oder drei Tagen unterwegs, habe einen Deutschen
beim Radfahren getroffen,
und der sagt zu mir: Braucht ihr in Österreich einen unfähigen
Kanzler? – Ich habe gesagt: Ne, hamma! (Beifall bei der
FPÖ.)
21.49
Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Vielen Dank.
Weitere Wortmeldungen liegen vor.
Zu Wort gemeldet ist Kollege Michael Bernard. Ich erteile ihm das Wort.
Bundesrat
Michael Bernard (FPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrter
Herr Präsident! Frau Minister! Ganz kurz zusammenfassend zum Thema
Reduktion der landwirtschaftlich genutzten Flächen um 20 Prozent:
Aktuell werden 2,72 Millionen Hektar landwirtschaftliche Flächen
bewirtschaftet, künftig werden es 2,17 Millionen Hektar
sein. Somit verringert sich die produzierte Lebensmittelmenge um
2,72 Millionen Tonnen. Das entspricht
der Menge des Gesamtjahresbedarfs von 2,72 Millionen Menschen.
8,9 Millionen Menschen leben derzeit in Österreich. Das heißt,
ohne SPÖ-Excel-Programm, dass 30,56 Prozent der österreichischen
Bevölkerung nach
diesem Gesetz nichts mehr zu essen haben.
Zum Abschluss noch zu einem zweiten Punkt, zum Thema Corona
(Bundesrat Schennach: Das hat nichts mit dem Renaturierungsgesetz zu
tun!): Die
globalen NOx-Emissionen sanken um 15 Prozent. Dieser
Rückgang führte zu einer Verringerung des bodennahen Ozons um
2 Prozent. Gleichzeitig
haben die Chemiekonzerne Milliardengewinne erzielt. Nun meine
abschließende
Frage: Wurde die österreichische Bevölkerung aus Ideologiegründen eingesperrt? – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)
21.51
Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Vielen Dank, Herr Bundesrat.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.
Wünscht noch jemand das Wort? – Bitte, Herr Bundesrat Silvester Gfrerer. Ich erteile das Wort. (Rufe bei der SPÖ: Na, bitte! Jetzt war eh schon der ganze Bauernbund draußen! Kommt jetzt der Wolf? – Bundesrat Steiner: Der nächste Bauernbündler! Jawohl!)
Bundesrat
Silvester Gfrerer (ÖVP, Salzburg):
Herr Präsident! Werte
Frau Bundesminister! Liebe Frau Gewessler! Liebe Kolleginnen und Kollegen! (Bundesrätin
Doppler: „Liebe Frau Gewessler!“) Es ist ein bissl ein
harter
Kautabak, den wir heute auf den Tisch kriegen. Ich möchte aber eingangs
sagen: Ich bewirtschafte mit meiner Familie seit 1992 einen Bergbauernbetrieb
im Großarltal. Ich habe vor zwei Jahren den Betrieb übergeben. Wir
sind seit 40 Jahren ein Biobetrieb, wir bewirtschaften biologisch. (Bundesrat
Schennach: Sehr gut!) Seit der EU-Bio-Verordnung ist uns das aber
leider nicht mehr möglich. So geht es einem mit Richtlinien und
Verordnungen,
so geht es einem, wenn aus der Europäischen Union etwas kommt: dass es in
der Praxis nicht mehr umsetzbar ist. Dadurch können wir nicht mehr
so bewirtschaften. (Zwischenrufe der Bundesrätinnen Hahn und Schumann.)
Das Renaturierungsgesetz ist ein Naturschutzgesetz und ein Umweltschutzgesetz, es ist aber kein Klimaschutzgesetz, und ich bin mir sicher, der Klimawandel wird deswegen gleich weiterverlaufen und die Erderwärmung wird gleich weiterverlaufen. Da bin ich mir zu 100 Prozent sicher. Wir müssten natürlich auch über die Flieger reden, über die Industrie reden und über viele andere Dinge, wenn wir den Klimawandel stoppen wollen. (Bundesrat Leinfellner: Übern Flieger darfst mit der Gewessler nicht reden!)
Ich möchte einen Menschen
zitieren, den wir alle kennen, es ist ein sehr berühmter Mann, es ist
unser Bundespräsident Alexander Van der Bellen. Er hat,
als die Oppositionsparteien mit der damaligen Regierungspartei, der FPÖ,
der Bundesregierung das Misstrauen ausgesprochen haben, gesagt: Wir
sollten besonnen sein, wir sollten Ruhe bewahren. Wir haben eine elegante
Verfassung, die es uns möglich macht, diese Krise zu bewältigen. Und
er hat auch gesagt: „So sind wir nicht!“ Ja, er hat gesagt, so sind
wir Österreicherinnen und Österreicher nicht!
Ich frage mich: Wo ist jetzt,
in dieser Krise – und das ist eine Krise! –,
die Stellungnahme von unserem Herrn Bundespräsidenten zu der Situation,
die wir jetzt haben, oder wo ist die Rechtsmeinung von der Justizministerin?
Ich gehe davon aus, dass beide die Verfassung ganz genau kennen, aber beide
äußern sich nicht. Das ist schon etwas eigenartig. (Beifall bei
der ÖVP
sowie des Bundesrates Leinfellner. – Bundesrat Spanring:
Wer hat ihn unterstützt, den Herrn Van der Bellen?)
Da hätten Sie sich, Frau
Gewessler, die privaten Gutachten sicherlich
sparen können. Ich behaupte, die Zustimmung von Frau Gewessler zum EU-Renaturierungsgesetz
ist eine rein parteipolitische Aktion, die mit allen Führungskräften
ihrer Partei inklusive Bundespräsident und auch mit dem Bürgermeister
und Landeshauptmann von Wien abgesprochen wurde.
Was die Bundesländer
betrifft, ist im Bereich Naturschutz, Umweltschutz, Biodiversität,
Nachhaltigkeit, Klimaschutz, Erhalt der Artenvielfalt, was Pflanzen und
Tierwelt betrifft, noch nie so viel umgesetzt worden wie in den letzten
zehn bis 20 Jahren.
Wir stehen zum Naturschutz, vor allem die Jugend ist
sensibilisiert,
wir machen tagtäglich Naturschutz. Hier die Verantwortlichen in den Bundesländern
und speziell die Landeshauptleute als zukunftsvergessen zu
bezeichnen ist ein Affront und eine Brüskierung der Bundesländer und
des
gesamten ländlichen Raums – das ist vermessen und das ist auf das Schärfste zurückzuweisen! (Beifall bei der ÖVP.)
Es scheint so, als sei der Herr Bürgermeister von Wien Bürgermeister von ganz Österreich. Er hat den Auftrag gegeben, dem Renaturierungsgesetz zuzustimmen. Ich wüsste gerne, wo die offiziell abgeänderte Stellungnahme ist. (Beifall bei der ÖVP.)
Wenn Sie eine einheitliche Stellungnahme aller
Landeshauptleute, die
Sie, Frau Gewessler, aufgrund unserer Verfassung verpflichtet hätte, dem
Renaturierungsgesetz nicht zuzustimmen, missachtet und ignoriert haben,
dann
muss ich Sie als Klimaaktivistin mit den Menschen, die sich auf die
Straße kleben, gleichstellen, nicht – als Ministerin der
österreichischen Bundesregierung –
mit einem auf die Verfassung angelobten Regierungsmitglied. Sie haben die demokratischen
Spielregeln und die Verfassung missachtet!
Wie geht es uns in Salzburg, welche Voraussetzungen haben
wir, vor
allem, was ist schon umgesetzt worden, und zwar ohne Renaturierungsgesetz? –
In Salzburg sind rund 80 Prozent unserer Landesfläche nicht
besiedelbar, aufgrund vieler Berge, Ödland und auch vieler bestehender
Gefahrenzonen. Nur ein Fünftel der gut 7 000 Quadratkilometer Fläche
unseres Bundeslandes Salzburg steht als Dauersiedlungsraum zur
Verfügung. Das heißt, um diese Fläche konkurrieren
Landwirtschaft, Bevölkerung, die Wirtschaft und
der Verkehr. Und einem stimme ich voll zu: Was den Flächenverbrauch
betrifft, sollten wir unbedingt besser werden und weniger verbrauchen.
Insgesamt steht ein Drittel der Landesfläche unter
Naturschutz. Unter Naturschutz verstehe ich Landschaftsschutzgebiete,
Naturschutzgebiete, Europaschutzgebiete
sowie geschützte Landschaftsteile, den Nationalpark
Hohe Tauern, Naturdenkmäler, Naturparks und vieles, vieles mehr.
45 Prozent der landwirtschaftlichen Betriebe
wirtschaften biologisch, 90 Prozent nehmen freiwillig am
österreichischen Umweltprogramm teil. Mit circa
der Hälfte der Landesfläche ist der Wald ein ganz bestimmender Faktor
der Salzburger Kultur- und Naturlandschaft. Neben der wirtschaftlichen
Bedeutung erfüllt der Wald auch eine ganz wichtige
Schutzfunktion vor Lawinen, vor Muren, vor Erosion und Steinschlag, er ist
Wasserspeicher bei Gewittern
und Starkregen und hat natürlich Wohlfahrtsfunktion für die Menschen in unserem
Land.
Diese wichtigen Funktionen, was Klimaschutz,
Biodiversität und CO2-Speicher betrifft, kann nur ein
bewirtschafteter gesunder Wald erfüllen. Und in
Salzburg – so wie in ganz Österreich – ist nicht die
Entwaldung die Herausforderung, sondern die Verwaldung. (Beifall bei
der ÖVP.)
Der Wald liefert auch regionalen Baustoff, erneuerbare
Wärme, ist Energielieferant und macht uns unabhängiger. Ein
wesentlicher Teil des Waldes ist als Schutz- und Bannwald deklariert. Wird
dieser unter Schutz gestellt
und nicht bewirtschaftet und werden durch Sturm oder Unwetterereignisse
Bäume umgeworfen, muss in große bauliche, teure
Schutzmaßnahmen
wie Fangnetze, um Verkehrswege freizuhalten, oder Wildbachsperren investiert
werden; mit Tausenden Kubikmetern Beton und Eisen müssen die Wildbäche verbaut
werden. – Schutz durch gesunden Wald wo möglich, Verbauung
dort, wo unbedingt notwendig!
Was macht Salzburg so einzigartig und wertvoll? –
Das sind unsere 1 800 bewirtschafteten Almen. Ein Viertel der
Landesfläche sind Almen. Es werden 60 000 Rinder,
8 500 Milchkühe, 25 000 Schafe, 3 000 Pferde
von 4 700 Betrieben auf Salzburgs Almen aufgetrieben. Das ist
extensive, natürliche und nachhaltige Landwirtschaft, die über
Generationen so
geführt wird. Das ist der beste Naturschutz, der beste Klimaschutz und die
beste Bewirtschaftung für den Klima- und Artenschutz. Das kann niemand
besser
und günstiger als die Bauern. (Beifall bei der ÖVP.)
Das sieht auch der österreichische Umweltdachverband so – mit diesem arbeiten wir als Almwirtschaftsverein zusammen. Darüber hinaus freuen
sich Einheimische und Gäste, wenn sie die Almen erwandern, sich erholen können und dabei auch noch mit regionalen Lebensmitteln von der Alm verköstigt werden.
Von der gesamten landwirtschaftlichen Nutzfläche in Salzburg werden 90 Prozent – das sind die Alm- und Weidegebiete, die Hutweiden, die Streuobstwiesen, die Bergmähder, die ein- und zweimähdigen Wiesen – sehr extensiv und nachhaltig bewirtschaftet.
Wir sehen, in Salzburg, aber sicher auch in allen anderen
Bundesländern,
kann man sagen: Die Verantwortlichen in den Gemeinden und Behörden, die
Gebietskörperschaften, die Landwirtschaft sind seit Langem schon sensibilisiert. Wir
alle tragen im ureigenen Interesse viel dazu bei, dass es der Natur gut geht,
dass wir gesunde Böden haben, dass alle unsere Flüsse und
Seen Trinkwasserqualität haben und dass wir der Jugend Perspektiven geben,
damit sie die landwirtschaftlichen Betriebe gerne übernimmt und
weiterführt.
Ich habe jetzt noch ein paar Renaturierungsbeispiele mit dabei, um zu zeigen, was in Salzburg in den letzten zehn Jahren so alles passiert ist (Bundesrat Schennach: Zufällig! – Heiterkeit bei SPÖ und Grünen):
Streuwiesenrenaturierung
Adneter Moor: 2 Hektar Wiederherstellung, Renaturierung; Salzacher
und Antheringer Au: Renaturierung von 520 Hektar
Salzach und zugehörigem Auwaldökosystem; Renaturierung des Hochmoors
im Naturschutzgebiet Blinklingmoos in Strobl: 20 Hektar; Naturschutzgebiet Egelseen,
Mattsee, Schleedorf: 1,5 Hektar; die Enns bei Mandling, Fluss mit
Auwaldstreifen: ein halber Hektar; Erstpflege ökologisch hochwertiger
Flächen seit über zehn Jahren, Flachgau und Tennengau: 20 Hektar
Wiederherstellung von brachgefallenen Mager- und Feuchtwiesen; Naturschutzgebiet Fuschlseemoor,
Thalgau und in Hof: 1 Hektar Rückführung von Fichtenforst
in Streuwiese; Neuanlage artenreicher Wiesen und Blühflächen
mit gebietseigenem Saatgut, eine landesweite Aktion (Bundesrat Schennach:
Sehr
gut!), landesweit 35 Projekte: 245 Hektar (Bundesrat Schennach:
Wo ist
das Saatgut? – Bundesrätin Schumann: Das Letzte habe ich
jetzt nicht mitgekriegt! – Ruf bei der SPÖ: Ich auch
nicht! – Heiterkeit bei der SPÖ); Renaturierung
von Niedermoorwiesen und Fließgewässern in der Haider Senke;
Renaturierung Mandlinger Moor: 19 Hektar Hochmoor, Übergangsmoor;
Renaturierung
von Feuchtwiesen im Oichtental: 3 Hektar; weiche Ufer Salzach, Sankt
Georgener Au: 4,2 Hektar, Flusskilometer mit Auwald; Renaturierung
eines Feuchtwiesenkomplexes in Sankt Martin: 2 Hektar; Wiederherstellung
eines degradierten Feuchtgebietskomplexes zur Förderung einer bedrohten
Schmetterlingsart (Unruhe im Saal – Vizepräsident Ebner
gibt das Glockenzeichen); Initiative Streuobst: 125 Hektar;
Renaturierung Naturschutzgebiet Ursprung der Mur: 16 Hektar;
Renaturierung Hochmoor Weidmoos: 3 Hektar; Life-Projekt Salzachauen:
127 Hektar; Renaturierung der Weitwörther Au:
37 Hektar, und so weiter und so fort (Beifall bei ÖVP, SPÖ
und Grünen sowie Bravoruf des Bundesrates Schreuder), insgesamt
1 200 Hektar, zum Teil in
Arbeit, zum Teil fertiggestellt und zum Teil in Planung.
Ich möchte dies deshalb so
hervorheben, weil man sieht: Es geht ohne Wien, es geht ohne Brüssel, weil
es, wenn man es im Land selber in die Hand
nimmt, trotzdem funktioniert. Ich möchte damit beweisen, dass uns der Naturschutz,
der Umweltschutz sehr viel wert ist. (Beifall bei der ÖVP.)
Jetzt noch ein paar Fakten zum
Renaturierungsgesetz, das in Luxemburg beschlossen worden ist (allgemeine
Heiterkeit – Zwischenruf der Bundesrätin Doppler –
Vizepräsident Ebner gibt neuerlich das Glockenzeichen):
Das ist ein Eingriff in die Grund- und Freiheitsrechte. Die jungen Leute, die
die Betriebe übernehmen, haben Pläne, die wollen den Betrieb
führen.
Denen nimmt man den Gestaltungsspielraum, den sie gerne hätten. Die sind
alle sensibilisiert, dass sie ihre Betriebe
artgerecht und nachhaltig bewirtschaften.
Das Nächste ist der Eingriff ins Eigentum. (Unruhe im Saal.)
Vizepräsident
Mag. Franz Ebner: Liebe Damen und
Herren! Ich weiß, es ist schon spät, aber ich bitte um etwas Ruhe im
Saal. Lassen wir
auch Bundesrat Gfrerer die ihm gebührende Aufmerksamkeit zukommen!
Bundesrat
Silvester Gfrerer (fortsetzend): Das
ist eine Maßnahme,
die uns zurückführt in eine Knechtschaft, in der wir abhängig
sind von Richtlinien, von Bürokratie, von Rahmenbedingungen und Gesetzen,
die in der Praxis zum großen Teil höchstwahrscheinlich nicht
umsetzbar sind.
Und wenn wir etwas umsetzen, bekommen wir eine Entschädigung? –
Wahrscheinlich je nach Maßnahme pro Hektar so viel, dass es zum
Leben
zu wenig ist und zum Sterben zu viel. (Bundesrat Schennach: Bei den
bäuerlichen Förderungen ...!)
Es gibt in Österreich
einen Plan, das ist der Österreichplan, das ist der Nehammer-Plan. (Heiterkeit
bei Bundesrät:innen der SPÖ.) Wir stehen für Leistung,
wir sorgen für Familien und Sicherheit (Bundesrat Schennach:
Bitte, der Nehammer-Plan! Jetzt kommt noch der Nehammer-Plan!), und alle
diese drei Begriffe finden sich auch in der Natur, in der Heimat, im
ländlichen
Raum, in der Stadt wieder.
Eines muss ich noch
erwähnen, worüber ich wirklich verärgert bin: Es wird die
Landwirtschaft für etwas verantwortlich gemacht. Es heißt, wir seien
die Verursacher. Es wird eine Glaskugel drübergestülpt und alles soll
unter Schutz und außer Nutzung gestellt werden. (Bundesrat Schennach: ...
ist der
Nehammer-Plan!) Das ist nicht unser Zugang!
Was die Lebensmittelversorgung betrifft, gibt es
Berechnungen, dass Rindfleisch um 25 Prozent teurer wird, wenn wir uns
nicht mehr selbst versorgen
können, und Milchprodukte um 20 Prozent. Und ich schaue mir an, was
Frau Schumann, die sich ja immer wieder hierherstellt und sagt: Die Lebensmittel sind viel
zu teuer!, dann sagt. (Bundesrätin Schumann: Endlich werde ich
geehrt! Danke, danke!) Ich bin mir auch sicher: Wenn die Lebensmittel
teurer werden, dann kommt das Geld nicht bei den Bauern an, sondern diese höheren Geldsummen kassiert irgendjemand anderer.
Noch einmal: Den Plan für Österreich werden wir
verfolgen, und wir
werden schauen, dass wir am 29. September die Wahl gewinnen, dass wir als
Erste durchs Ziel gehen, damit wir weiterhin Österreich sicher
führen können und gut gestalten können! – Vielen
Dank. (Beifall bei der ÖVP.)
22.08
Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Vielen Dank, Herr Bundesrat.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.
Wünscht noch jemand das Wort? (Bundesrat Steiner: Ich möchte mich nur für die spontane Rede bedanken!) – Es gibt also keine Wortmeldungen mehr. Die Debatte ist geschlossen.
Es liegt ein Antrag der Bundesräte Christoph Steiner, Kolleginnen und Kollegen auf Fassung einer Entschließung betreffend „Entlassung der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie“ vor. Ich lasse über diesen Entschließungsantrag abstimmen.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte,
die diesem Entschließungsantrag
zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenminderheit,
der Antrag auf Fassung der gegenständlichen Entschließung ist
somit abgelehnt.
Es liegt ein Antrag der Bundesräte Markus Leinfellner,
Kolleginnen
und Kollegen auf Fassung einer Entschließung betreffend
„Rücknahme des
EU-Renaturierungsgesetzes“ vor. Ich lasse über diesen Entschließungsantrag abstimmen.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Entschließungsantrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Auch das ist die Stimmenminderheit. (Oje-Rufe bei der FPÖ.) Der Antrag auf Fassung der gegenständlichen Entschließung ist somit abgelehnt.
Verlesung eines Teiles des Amtlichen Protokolls
Vizepräsident Mag. Franz Ebner: Es liegt mir ein schriftliches Verlangen von fünf Mitgliedern des Bundesrates vor, das Amtliche Protokoll hinsichtlich des Tagesordnungspunktes 5 zu verlesen, damit dieser Teil des Amtlichen Protokolls mit Schluss der Sitzung als genehmigt gilt.
Ich werde daher so vorgehen und verlese nunmehr diesen Teil des Amtlichen Protokolls:
„Tagesordnungspunkt 5
Abstimmung: Berichterstattung: Antrag, keinen Einspruch zu erheben, wird angenommen.“
*****
Erheben sich Einwendungen gegen
die Fassung oder den Inhalt dieses
Teils des Amtlichen Protokolls? – Das ist nicht der Fall.
Das Amtliche Protokoll gilt
daher hinsichtlich des Tagesordnungspunktes 5 gemäß
§ 64 Abs. 2 der Geschäftsordnung des Bundesrates
mit Schluss
dieser Sitzung als genehmigt.
Einlauf und Zuweisung
Vizepräsident
Mag. Franz Ebner: Ich gebe noch bekannt,
dass seit der letzten beziehungsweise in der heutigen Sitzung insgesamt
13 Anfragen,
4196/J-BR/2024 bis 4208/J-BR/2024, eingebracht wurden.
Eingelangt ist der
Entschließungsantrag 421/A(E)-BR/2024 der Bundesräte Korinna
Schumann, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Einführung
eines Kündigungsschutzes für schwer kranke Arbeitnehmerinnen und
eines Entgeltfortzahlungsfonds zur Absicherung der Betriebe“, der dem
Ausschuss für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz zugewiesen
wird.
*****
Die Einberufung der nächsten Sitzung des
Bundesrates wird auf schriftlichem Wege erfolgen. Als Sitzungstermine werden
Mittwoch,
der 10. Juli 2024, 13 Uhr, und Donnerstag, der 11. Juli 2024,
9 Uhr, in Aussicht genommen.
Für die Tagesordnungen dieser Sitzungen kommen insbesondere jene Beschlüsse in Betracht, die der Nationalrat bis dahin verabschiedet haben wird, soweit diese dem Einspruchsrecht beziehungsweise dem Zustimmungsrecht des Bundesrates unterliegen.
Die Ausschussvorberatungen sind für Dienstag, den
9. Juli 2024,
12 Uhr, vorgesehen.
Vielen Dank.
Die Sitzung ist geschlossen.
Schluss der Sitzung: 22.12 Uhr
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