Stenographisches Protokoll

 

 

 

 

 

11. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXIII. Gesetzgebungsperiode

 

Dienstag, 30. Jänner 2007

 

 


Stenographisches Protokoll

11. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXIII. Gesetzgebungsperiode              Dienstag, 30. Jänner 2007

Dauer der Sitzung

Dienstag, 30. Jänner 2007: 11.02 – 19.46 Uhr

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Tagesordnung

1. Punkt: Bericht über den Antrag 95/A der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Dr. Wolfgang Schüssel, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bun­desministeriengesetz 1986 geändert wird (Bundesministeriengesetz-Novelle 2007)

2. Punkt: Bericht über den Antrag 94/A der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Fritz Neu­gebauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird

3. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Herbert Scheibner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Erbschafts- und Schenkungssteu­ergesetz 1955 aufgehoben wird (34/A)

4. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Landwirtschafts­gesetz 1992, BGBl. Nr. 375, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. 298/1995 und das BG BGBl. 420/1996, geändert wird (22/A)

5. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dr. Peter Fichtenbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Bürgerliche Ge­setzbuch (ABGB) geändert wird (46/A)

6. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Behindertengleich­stellungsgesetz, das Behinderteneinstellungsgesetz und das Bundesbehindertenge­setz geändert werden (58/A)

7. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Führerscheingesetz geändert wird (57/A)

8. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das „Öffentlicher Personennah- und Regionalverkehrsgesetz“ (ÖPNRV-G) geändert und die Bestellerförderung des Bundes auf 80 Mio Euro erhöht wird (59/A)

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Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 2

Inhalt

Nationalrat

Angelobung der Abgeordneten Laura Rudas ........................................................ ..... 13

Personalien

Verhinderungen .............................................................................................................. 13

Geschäftsbehandlung

Antrag der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen, dem Verfassungsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 90/A(E) be­treffend Kärntner Ortstafeln gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung eine Frist bis 6. März 2007 zu setzen ............................................. 34

Verlangen gemäß § 43 Abs. 3 der Geschäftsordnung auf Durchführung einer kur­zen Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG .......................................................................................................... 34

Redner:

Mag. Terezija Stoisits ............................................................................................. ..... 84

Bundesminister Werner Faymann ....................................................................... ..... 86

Dr. Peter Wittmann ................................................................................................. ..... 87

Dipl.-Ing. Klaus Hubert Auer ................................................................................. ..... 89

Karl Öllinger ............................................................................................................ ..... 90

Dipl.-Ing. Karlheinz Klement, MAS ............................................................................. 92

Mag. Gernot Darmann ................................................................................................. 93

Ablehnung des Fristsetzungsantrages .......................................................................... 94

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung .......................................................................................................... 35

Wortmeldung des Abgeordneten Herbert Scheibner im Zusammenhang mit der Redezeitbeschränkung      ............................................................................................................................... 35

Unterbrechung der Sitzung ...................................................................................  35, 83

Aktuelle Stunde (3.)

Thema: „Schluss mit Lippenbekenntnissen: Klimaschutz jetzt – Der Job­motor der Zukunft!“    ............................................................................................................................... 13

Redner/Rednerinnen:

Dr. Eva Glawischnig-Piesczek .............................................................................. ..... 14

Bundesminister Dipl.-Ing. Josef Pröll .................................................................. ..... 17

Petra Bayr ................................................................................................................ ..... 19

Karlheinz Kopf ........................................................................................................ ..... 21

Dr. Gabriela Moser ....................................................................................................... 22

Ing. Norbert Hofer ................................................................................................... ..... 24

Ing. Peter Westenthaler .......................................................................................... ..... 25

Ing. Mag. Hubert Kuzdas ........................................................................................ ..... 27

Fritz Grillitsch .......................................................................................................... ..... 28

Mag. Werner Kogler ............................................................................................... ..... 29

Lutz Weinzinger ...................................................................................................... ..... 31

Veit Schalle .............................................................................................................. ..... 32

Ausschüsse

Zuweisungen .................................................................  34, 136, 142, 149, 154, 159, 162


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 3

Verhandlungen

Gemeinsame Beratung über

1. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 95/A der Abge­ordneten Dr. Josef Cap, Dr. Wolfgang Schüssel, Kolleginnen und Kollegen be­treffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesministeriengesetz 1986 geändert wird (Bundesministeriengesetz-Novelle 2007) (22 d.B.)           ............................................................................................................................... 36

2. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 94/A der Abge­ordneten Dr. Josef Cap, Fritz Neugebauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird (23 d.B.) .................................................................. 36

Redner/Rednerinnen:

Dr. Alexander Van der Bellen ................................................................................ ..... 36

Dr. Josef Cap ........................................................................................................... ..... 38

Mag. Ewald Stadler ................................................................................................. ..... 40

Dr. Wolfgang Schüssel .......................................................................................... ..... 43

Heinz-Christian Strache (tatsächliche Berichtigung) .................................................. 46

Ing. Peter Westenthaler .......................................................................................... ..... 47

Bundeskanzler Dr. Alfred Gusenbauer ................................................................ ..... 50

Mag. Andrea Kuntzl ................................................................................................ ..... 53

Mag. Terezija Stoisits ............................................................................................. ..... 54

Maria Rauch-Kallat ................................................................................................. ..... 56

Dr. Robert Aspöck .................................................................................................. ..... 57

Staatssekretär Dr. Reinhold Lopatka ................................................................... ..... 58

Otto Pendl ................................................................................................................ ..... 59

Herbert Scheibner .................................................................................................. ..... 62

Fritz Neugebauer .................................................................................................... ..... 70

Karl Öllinger ............................................................................................................ ..... 71

Gabriele Heinisch-Hosek ....................................................................................... ..... 73

Mag. Dr. Manfred Haimbuchner ........................................................................... ..... 75

Franz Morak ............................................................................................................. ..... 76

Ursula Haubner ....................................................................................................... ..... 77

Bundesminister Dr. Erwin Buchinger .................................................................. ..... 79

Mag. Christine Muttonen ....................................................................................... ..... 80

Mag. Brigid Weinzinger .......................................................................................... ..... 82

Ridi Steibl ................................................................................................................ ..... 94

Mag. Gerald Hauser ................................................................................................ ..... 95

Dr. Elisabeth Hlavac ............................................................................................... ..... 97

Josef Bucher ........................................................................................................... ..... 98

Karl Donabauer ............................................................................................................ 99

Michaela Sburny ......................................................................................................... 101

Peter Marizzi ............................................................................................................... 103

Dr. Kurt Grünewald ................................................................................................ ... 104

Dr. Peter Sonnberger ............................................................................................. ... 105

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber ........................................................................ ... 106

Mag. Elisabeth Grossmann ................................................................................... ... 107

Dr. Werner Fasslabend .......................................................................................... ... 109

Dr. Johannes Jarolim ............................................................................................. ... 111

Mag. Dr. Martin Graf ............................................................................................... ... 112

Michaela Sburny (tatsächliche Berichtigung) ............................................................ 115

Stefan Prähauser .................................................................................................... ... 117

Heinz-Christian Strache ......................................................................................... ... 118

Hannes Fazekas ...................................................................................................... ... 123

Dieter Brosz ............................................................................................................. ... 124


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 4

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Christine Muttonen, Franz Mo­rak, Herbert Kickl, Veit Schalle, Kolleginnen und Kollegen betreffend Baukultur­report – Annahme (E 9)  81, 126

Entschließungsantrag der Abgeordneten Michaela Sburny, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abänderung des Bundesministeriengesetzes 1986 – Ableh­nung ......................  102, 126

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen betreffend Begrenzung der Bundesminister und Staatssekretäre, Ernennung eines Staatssekretärs für Asyl- und Fremdenrechtsangelegenheiten und eines Staatssekretärs für Tourismus und mittelständische Wirtschaft – Ableh­nung ............................................................................................................  115, 126

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 22 und 23 d.B. ............................................. 126

3. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Herbert Scheibner, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955 aufgehoben wird (34/A) ............................................................................................................................. 128

Redner/Rednerinnen:

Herbert Scheibner .................................................................................................. ... 128

Kai Jan Krainer ....................................................................................................... ... 129

Edeltraud Lentsch .................................................................................................. ... 130

Mag. Bruno Rossmann .......................................................................................... ... 131

Alois Gradauer ........................................................................................................ ... 132

Veit Schalle .............................................................................................................. ... 133

Gabriele Tamandl ................................................................................................... ... 134

Michael Praßl .............................................................................................................. 135

Johannes Zweytick .................................................................................................... 136

Zuweisung des Antrages 34/A an den Finanzausschuss ............................................ 136

4. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirkl­huber, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Landwirtschaftsgesetz 1992, BGBl. Nr. 375, zuletzt geändert durch das Bundes­gesetz BGBl. 298/1995 und das BG BGBl. 420/1996, geändert wird (22/A)              ............................................................................................................................. 136

Redner/Rednerinnen:

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber ........................................................................ ... 137

Rainer Wimmer ....................................................................................................... ... 138

Nikolaus Prinz ......................................................................................................... ... 139

Dipl.-Ing. Karlheinz Klement, MAS ........................................................................... 140

Veit Schalle .............................................................................................................. ... 141

Norbert Sieber ......................................................................................................... ... 141

Zuweisung des Antrages 22/A an den Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft          142

5. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dr. Peter Fichtenbauer, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Bür­gerliche Gesetzbuch (ABGB) geändert wird (46/A) ....................................................................................................................................... 143

Redner/Rednerinnen:

Dr. Peter Fichtenbauer ........................................................................................... ... 143

Bettina Stadlbauer .................................................................................................. ... 144

Mag. Heribert Donnerbauer ................................................................................... ... 145

Dr. Kurt Grünewald ................................................................................................ ... 146

Mag. Gernot Darmann ........................................................................................... ... 146


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 5

Dr. Sebastian Eder ..................................................................................................... 147

Theresia Haidlmayr .................................................................................................... 148

Zuweisung des Antrages 46/A an den Justizausschuss ............................................. 149

6. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Theresia Haidlmayr, Kollegin­nen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Behinder­tengleichstellungsgesetz, das Behinderteneinstellungsgesetz und das Bundesbe­hindertengesetz geändert werden (58/A)                     149

Redner/Rednerinnen:

Theresia Haidlmayr .................................................................................................... 149

Mag. Christine Lapp ................................................................................................... 151

Dr. Franz-Joseph Huainigg ....................................................................................... 152

Ursula Haubner .......................................................................................................... 152

Mag. Dr. Beatrix Karl ................................................................................................. 153

Zuweisung des Antrages 58/A an den Verfassungsausschuss .................................. 154

7. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kollegin­nen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Führerscheingesetz geändert wird (57/A) ..................... 154

Redner/Rednerinnen:

Dr. Gabriela Moser ..................................................................................................... 154

Gabriele Binder-Maier ............................................................................................ ... 155

Dr. Andrea Eder-Gitschthaler ............................................................................... ... 156

Leopold Mayerhofer ............................................................................................... ... 157

Herbert Scheibner .................................................................................................. ... 157

Hermann Gahr ........................................................................................................ ... 158

Zuweisung des Antrages 57/A an den Verkehrsausschuss ........................................ 159

8. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kollegin­nen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das „Öffentlicher Perso­nennah- und Regionalverkehrsgesetz“ (ÖPNRV-G) geändert und die Bestellerför­derung des Bundes auf 80 Mio Euro erhöht wird (59/A) ............... 159

Redner/Rednerinnen:

Dr. Gabriela Moser ..................................................................................................... 159

Kurt Eder ................................................................................................................. ... 160

Mag. Helmut Kukacka ............................................................................................ ... 161

Josef Bucher ........................................................................................................... ... 162

Zuweisung des Antrages 59/A an den Verkehrsausschuss ........................................ 162

Eingebracht wurden

Petitionen ...................................................................................................................... 34

Petition betreffend „Mitwirkungsrechte der Bevölkerung bei der Neuerrichtung von Handymasten und Erlassung eines Grenzwertgesetzes durch den Bund“ (Ordnungsnummer 6) (überreicht von der Abgeordneten Mag. Christine Mutto­nen)

Petition betreffend „Um- bzw. Neubau des Bahnhofs Bruck an der Mur“ (Ord­nungsnummer 7) (überreicht vom Abgeordneten Erwin Spindelberger)


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 6

Petition betreffend Änderung der Terminologie „Geistig abnorme Rechtsbrecher“ sowie „Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher“ (Ordnungsnummer 8) (über­reicht vom Abgeordneten Mag. Johann Maier)

Regierungsvorlagen ................................................................................................... 33

24: Bundesgesetz, mit dem eine vorläufige Vorsorge für das Finanzjahr 2007 ge­troffen wird (Gesetzliches Budgetprovisorium 2007)

25: Bundesgesetz, mit dem das Katastrophenfondsgesetz 1996 und das Hoch­wasseropferentschädigungs- und Wiederaufbau-Gesetz 2005 geändert werden

Berichte ......................................................................................................................... 34

Vorlage 5 BA: Bericht betreffend Verfügungen über unbewegliches Bundesver­mögen im Jahr 2006; BM f. Finanzen

Vorlage 6 BA: Bericht über die Genehmigung von Vorbelastungen für das 4. Quartal 2006; BM f. Finanzen

III-20: Bericht betreffend Südtirol; Autonomieentwicklung 2003–2006; BM f. aus­wärtige Angelegenheiten

Zu III-15: Austauschseite zum Kulturbericht 2005; BM f. Bildung, Wissenschaft und Kultur

Anträge der Abgeordneten

Dipl.-Ing. Karlheinz Klement, MAS, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ermittlung der Volksgruppenzugehörigkeiten der Süd-Kärntner Bevölkerung mittels Durchführung einer Volksgruppenerhebung (96/A)(E)

Dr. Gertrude Brinek, Josef Broukal, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Hochschülerinnen- und Hochschülerschaftsgesetz 1998 geän­dert wird (97/A)

Ing. Peter Westenthaler, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Notwendigkeit eines nationalen Förderplans und internationalen Maßnahmenkataloges im Sinne des Klima­schutzes – „20-Punkte-Paket für ein lebenswertes Österreich“ (98/A)(E)

Ing. Peter Westenthaler, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994, geändert wird (99/A)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Masterplan Tourismus (100/A)(E)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Alpentransitbörse (101/A)(E)

Dr. Ruperta Lichtenecker, Kolleginnen und Kollegen betreffend fehlenden Klima­schutz-Aktionsplan der Bundesregierung (102/A)(E)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend dringende Klimaschutz-Maß­nahmen im Bereich Verkehr (103/A)(E)

Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einfuhr- und Handels­verbot für Robbenprodukte (104/A)(E)

Barbara Zwerschitz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Auszahlung der Basisförde­rung gemäß Bundes-Jugendförderungsgesetz am Jahresanfang (105/A)(E)


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 7

Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen betreffend bundeseinheitliche Rege­lung für § 29b StVO-Ausweise (106/A)(E)

Barbara Zwerschitz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Indexanpassung der Basis- und Projektförderung laut Bundes-Jugendförderungsgesetz (107/A)(E)

Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen betreffend moderne Verkehrspolitik für Menschen (108/A)(E)

Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen betreffend Beratungsstellen zur Si­cherstellung baulicher Barrierefreiheit (109/A)(E)

Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen betreffend jährliche Wertanpassung (Valorisierung) des Pflegegeldes (110/A)(E)

Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen betreffend Wohnkostenbeihilfe nach dem Heeresgebührengesetz (111/A)(E)

Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen betreffend jährlichen Bericht über die Tätigkeit der Behindertenanwaltschaft an den Nationalrat und an den Bundesrat (112/A)(E)

Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen betreffend Vereinbarung zur Weiter­entwicklung der Patientenrechte (Patientencharta) (113/A)(E)

Karlheinz Kopf, Kurt Eder, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ökostromgesetz geändert wird (114/A)

Mag. Johann Maier, Johann Rädler, Bettina Hradecsni, Harald Vilimsky, Ursula Haubner, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Maßnahmenpaket gegen Internet-Kriminalität sowie gegen unseriöse und rechtswidrige Internetdienste“ (115/A)(E)

Barbara Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schaffung der notwendi­gen, noch ausstehenden Strafbestimmungen für die Ahndung von Verstößen gegen die Verordnung (EG) Nr. 1/2005 über den Schutz von Tieren beim Transport und damit zusammenhängenden Vorgängen (116/A)(E)

Anfragen der Abgeordneten


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 8

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Privatisie­rung des Abfertigungsrisikos (257/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für auswärtige Ange­legenheiten betreffend Privatisierung des Abfertigungsrisikos (258/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissen­schaft und Kultur betreffend Privatisierung des Abfertigungsrisikos (259/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betref­fend Privatisierung des Abfertigungsrisikos (260/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend Privatisierung des Abfertigungsrisikos (261/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Privatisierung des Abfertigungsrisikos (262/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Privatisierung des Abfertigungsrisikos (263/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung betreffend Privatisierung des Abfertigungsrisikos (264/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forst­wirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Privatisierung des Abfertigungsrisi­kos (265/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend Privatisierung des Abfertigungsrisi­kos (266/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innova­tion und Technologie betreffend Privatisierung des Abfertigungsrisikos (267/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Privatisierung des Abfertigungsrisikos (268/J)

Mag. Birgit Schatz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Rainermuseum auf der Festung (269/J)

Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finan­zen betreffend Daten zur Erbschafts- und Schenkungssteuer (270/J)

Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Rückforderungsansprüche von ehemaligen Zivildienern (271/J)

Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Schaffung einer Entwicklungsbank in der AWS und damit Ver­schiebung von Personalkosten – Entwicklungshilfe für die AWS? (272/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend „Überfälle und Einbrüche in Apotheken“ (273/J)

Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Strafverfahren gegen LH Haider (274/J)

Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Schubhaft (275/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Ge­sundheit und Frauen betreffend „Gestohlene bzw. als verlustig erklärte e-cards im Jahr 2006“ (276/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend „Gestohlene bzw. als verlustig erklärte e-cards im Jahr 2006“ (277/J)

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Aktivitäten der ÖBf AG in Osteuropa (278/J)

Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bil­dung, Wissenschaft und Kultur betreffend irreführende Fleischwerbung der AMA an den Schulen und Universitäten (279/J)

Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Ge­sundheit und Frauen betreffend irreführende Fleischwerbung der AMA (280/J)


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 9

Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend irreführende Fleischwer­bung der AMA (281/J)

Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finan­zen betreffend Unterschied bei den Zahlen im Kassasturz und im Budgetpfad des Regierungsprogramms (282/J)

Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finan­zen betreffend Auftrag für Wissensmanagement im BMF um 3 Millionen Euro (283/J)

Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Untersagungen von Versammlungen zum Thema „Aufklärung über das Leid der Pelztiere“ (284/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Immobilien der ÖBB, 1. Teil – Nordbahnstraße (285/J)

Gerhard Reheis, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend die Realisierung des Tschirganttunnels (286/J)

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres be­treffend Ausbrüche aus Schubhafteinrichtungen (287/J)

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz be­treffend Ausbrüche aus Justizanstalten (288/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend „Kriminalitätsstatistik 2006 – Strafrechtliche Nebengesetze u.a.“ (289/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz be­treffend „Gerichtsgebühren – Eintragungsgebühren, etc. nach dem GGG im Jahr 2006“ (290/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesund­heit und Frauen betreffend „Radon: Gesundheit und Umwelt – Nationale Maßnahmen“ (291/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend „Radon: Gesundheit und Um­welt – Nationale Maßnahmen“ (292/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Steuerbefreiung für Fußballer etc. bei der Fußball-Europameister­schaft 2008 in der Schweiz und Österreich? (293/J)

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend ÖBB-Seebahnhof und Grund­stücksverkauf am Traunsee in Gmunden (294/J)


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 10

Ing. Peter Westenthaler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finan­zen betreffend Geheimkapitel des Regierungsprogramms für die XXIII. Gesetzge­bungsperiode (295/J)

Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betref­fend geplante jährliche Gebühren- bzw. Abgabenerhöhungen entsprechend dem Re­gierungsprogramm für die XXIII. Gesetzgebungsperiode (296/J)

Ing. Peter Westenthaler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Geheimkapitel des Regierungsprogramms für die XXIII. Gesetzgebungsperiode (297/J)

Elmar Mayer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innova­tion und Technologie betreffend „Todesdrama auf Schienen“ (298/J)

Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forst­wirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Offenlegung der Empfänger von Agrarsubventionen (299/J)

Dr. Elisabeth Hlavac, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Maßnahmen zur Verhinderung von Zwangsehen (300/J)

Franz Riepl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Informationsdefizite in Sachen Lehrlingsdaten (301/J)

Thomas Einwallner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend den Ausbau der S 36 und S 37 von Judenburg bis Klagenfurt (302/J)

Leopold Mayerhofer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend „Ersatzstandort für die Polizeiinspektion Wien 14., Isbarygasse 5-7“ (303/J)

Alexander Zach, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Fußball-Europameisterschaft 2008 (304/J)

Anfragebeantwortungen

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Gerhard Steier, Kolleginnen und Kollegen (100/AB zu 70/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Elmar Mayer, Kol­leginnen und Kollegen (101/AB zu 68/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Karlheinz Kopf, Kolleginnen und Kollegen (102/AB zu 66/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Fichtenbauer, Kolleginnen und Kollegen (103/AB zu 79/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (104/AB zu 95/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (105/AB zu 98/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Bettina Hradecsni, Kolleginnen und Kollegen (106/AB zu 83/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (107/AB zu 92/J)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordne­ten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (108/AB zu 85/J)


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 11

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (109/AB zu 94/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (110/AB zu 99/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Christian Füller, Kolleginnen und Kollegen (111/AB zu 174/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Bettina Stadl­bauer, Kolleginnen und Kollegen (112/AB zu 115/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen (113/AB zu 112/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen (114/AB zu 124/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (115/AB zu 153/J)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordne­ten Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen (116/AB zu 111/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Mag. Ewald Stadler, Kolleginnen und Kollegen (117/AB zu 109/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Mag. Ewald Stadler, Kolleginnen und Kollegen (118/AB zu 110/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Gerhard Steier, Kolleginnen und Kollegen (119/AB zu 113/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Michaela Sburny, Kolleginnen und Kollegen (120/AB zu 141/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Barbara Rosen­kranz, Kolleginnen und Kollegen (121/AB zu 150/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen (122/AB zu 134/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen (123/AB zu 232/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (124/AB zu 101/J)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordne­ten Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen (125/AB zu 138/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Mag. Ewald Stadler, Kolleginnen und Kollegen (126/AB zu 102/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ewald Stadler, Kolleginnen und Kollegen (127/AB zu 104/J)


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 12

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Bet­tina Stadlbauer, Kolleginnen und Kollegen (128/AB zu 116/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (129/AB zu 120/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Brigid Wein­zinger, Kolleginnen und Kollegen (130/AB zu 123/J)

*****

der Präsidentin des Nationalrates auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Peter Wes­tenthaler, Kolleginnen und Kollegen (1/ABPR zu 1/JPR)

 


11.02.51


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 13

Beginn der Sitzung: 11.02 Uhr

Vorsitzende: Präsidentin Mag. Barbara Prammer, Zweiter Präsident Dr. Michael Spindelegger, Dritte Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Die Sitzung ist eröffnet.

Die Amtlichen Protokolle der 9. Sitzung vom 16. und 17. Jänner 2007 sowie der 10. Sit­zung vom 17. Jänner 2007 sind in der Parlamentsdirektion aufgelegen und unbean­standet geblieben.

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Dr. Einem, Gaál, Haberzettl, Keck, Scharer, Spindelberger, Riener, Dr. Lichtenecker und Dolinschek.

11.03.22Angelobung

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Von der Bundeswahlbehörde ist die Mitteilung eingelangt, dass das durch den Verzicht der Abgeordneten Dr. Ursula Plassnik frei ge­wordene Mandat der Abgeordneten Adolfine Herta Mikesch zugewiesen wurde.

Wie bereits in der 9. Nationalratssitzung bekannt gegeben, wurde das frei gewordene Mandat der Abgeordneten Doris Bures Frau Laura Rudas zugewiesen.

Da der Wahlschein vorliegt und die Genannte im Haus anwesend ist, werde ich so­gleich ihre Angelobung vornehmen.

Nach Verlesung der Gelöbnisformel durch den Schriftführer wird die neue Mandatarin ihre Angelobung mit den Worten „Ich gelobe“ zu leisten haben.

Ich ersuche nunmehr den Schriftführer, Herrn Abgeordneten Rainer Wimmer, um die Verlesung der Gelöbnisformel.

 


11.04.10

Schriftführer Rainer Wimmer: „Sie werden geloben unverbrüchliche Treue der Re­publik Österreich, stete und volle Beobachtung der Verfassungsgesetze und aller an­deren Gesetze und gewissenhafte Erfüllung Ihrer Pflichten.“

 


11.04.25

Abgeordnete Laura Rudas (SPÖ): Ich gelobe.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Danke schön. – Ich begrüße die neue Abgeord­nete herzlich in unserer Mitte. (Allgemeiner Beifall.)

11.04.43Aktuelle Stunde

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nunmehr zur Aktuellen Stunde mit dem Thema:

„Schluss mit Lippenbekenntnissen: Klimaschutz jetzt –
Der Jobmotor der Zukunft!“

 


Als Erste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete, Dritte Präsidentin Dr. Glawischnig-Piesczek. Ich erteile es ihr und mache sie darauf aufmerksam, dass ihre Redezeit 10 Minuten beträgt. – Bitte.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 14

11.05.08

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig-Piesczek (Grüne): Einen schönen guten Morgen! Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Frau Bundesministerin! Das Interesse am Kli­maschutz dürfte nicht so groß sein: Der Herr Umweltminister ist zwar da, aber vielleicht nimmt auch noch der Herr Wirtschaftsminister Platz – das betrifft Sie, Herr Barten­stein –, das wäre schön! (Ruf bei der ÖVP: Es sind mehrere Minister da!) Mehrere Minister, ja.

Wir haben in den letzten Wochen und Monaten sehr intensiv über das Thema „Klima­schutz“ diskutiert, aber ich glaube, dass es an der Zeit ist, Nägel mit Köpfen zu machen und Schluss zu machen mit ständigen Bekenntnissen, die auf dem Papier geschrieben stehen, die aber vom Inhalt und von der Effizienz her wenig wert sind.

Glaubwürdigkeit ist, glaube ich, generell ein gewisses Problem dieser Bundesregie­rung, aber das war auch ein Problem der letzten Bundesregierung, insbesondere von Ihnen, Herr Umweltminister, was feststellbar ist, wenn man sich Ihre Klimaschutz-Bilanz ansieht. Ich würde mir wünschen, dass Sie sich heute nicht nur hier herstellen und sagen: Ja, wir sind auf einem schlechten Weg, aber jetzt wird alles besser, denn so gut wie jetzt war es noch nie, und das Regierungsprogramm ist so gut wie noch nie!, sondern dass Sie sich auch ein bisschen selbstkritisch mit der Vergangenheit ausein­andersetzen, daraus die richtigen Schlüsse für die Zukunft ziehen und auch die richti­gen Maßnahmen setzen.

Damit bin ich gleich beim ersten Punkt: erneuerbare Energien, Ökostrom in Österreich. (Die Rednerin stellt eine Tafel mit der Überschrift „Strom: Anteil erneuerbarer Ener­gie im Sinkflug“ vor sich auf.) Ökostrom ist in Österreich in letzter Zeit viel diskutiert worden, und Österreich versucht immer, sich sehr gut darzustellen mit „Leistungen“ – unter Anführungszeichen – aus der Vergangenheit.

Was Sie hier auf dieser Tafel sehen, sind die Entwicklungen der letzten Jahre und eine Trendprognose, wie es weitergeht, wenn man nicht dramatisch umlenkt, wenn man nicht eine absolute Kehrtwende in der Energiepolitik beim Ökostromgesetz vornimmt – und das ist das Gegenteil von dem, was in der Vergangenheit passiert ist, indem man die Förderung um 80 Prozent gekürzt hat!

Ausgangspunkt für den Anteil erneuerbarer Energien in Österreich waren 70 Prozent 1996 – also noch nicht so lange her –, mittlerweile ist dieser Anteil auf das dramatische Maß von 57 Prozent gesunken. 57 Prozent! Die österreichische Bundesregierung möchte in den nächsten vier Jahren 80 Prozent erreichen, und ich möchte heute gerne ein paar Maßnahmen dazu hören, wie Sie das erreichen wollen. Da reichen definitiv keine Lippenbekenntnisse, sondern dazu braucht es Maßnahmen – Maßnahmen und eine ordentliche Finanzierung, und dazu findet sich im Regierungsprogramm leider nichts.

Zum Thema „Glaubwürdigkeit“: Herr Wirtschaftsminister, Sie verwalten die Energiepo­litik, Sie gestalten die österreichische Energiepolitik, und Sie gestalten auch die euro­päische Energiepolitik. Ich glaube, dass es schon an der Zeit wäre, das, was man in Österreich predigt, auch auf europäischer Ebene umzusetzen. Das, was ich gestern erfahren habe, was sich in Brüssel im Moment abspielt, welche Positionen Österreich vertritt, ist haarsträubend! – Sie agieren fundamental gegenteilig zu dem, wie Sie sich in Österreich positionieren!

In Brüssel, innerhalb der Europäischen Union, ist Österreich, durch Sie vertreten, im Moment ein Lobbyist gegen Klimaschutz-Ziele, gegen verbindliche Ziele für erneuer­bare Energien und gegen eine Energiewende, wie sie notwendig wäre. (Ruf bei der ÖVP: Das ist falsch!) Das ist nicht falsch, sondern das ist definitiv die Wahrheit, das geht aus Dokumenten hervor, die jetzt aktuell aufgetaucht sind. Es geht um die große


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 15

Frage, wie sich die Europäische Union energiepolitisch weiter positioniert, es werden wichtige Entscheidungen getroffen – und Österreich agiert hier auf der Seite der Brem­ser und nicht auf der Seite der innovativen Länder! Dänemark zum Beispiel, auch die große Koalition in Deutschland sind für verbindliche Ziele, Österreich nicht.

Das erklären Sie einmal der österreichischen Bevölkerung: dass sich die österreichi­sche Bundesregierung in Brüssel nicht dafür stark macht, dass auf internationaler Ebene Klimaschutz-Ziele über das Kyoto-Ziel hinaus festgelegt werden. Sie wissen selbst, das Kyoto-Ziel ist ein Tropfen auf dem heißen Stein. Wenn der Kurs so weiter­geht und nur dieses Kyoto-Ziel und sonst nichts vereinbart wird, dann wird Österreich in Zukunft nicht mehr so aussehen, wie es jetzt aussieht. Ihre Kinder, Ihre Enkelkinder werden keinen Gletscher mehr sehen, die Regionen des Mittelmeers werden wahr­scheinlich unbewohnbar sein, es wird zu heiß sein, Tage über 40 Grad werden in Österreich und in Mitteleuropa die Regel sein und nicht mehr die Ausnahme. Um das abzuwenden, braucht es einen Kurswechsel und eine Trendwende, und dazu braucht es europäische Politik! (Beifall bei den Grünen.)

Herr Bundesminister Bartenstein! Warum blockieren Sie auf europäischer Ebene ver­bindliche Ziele nach Kyoto? Warum blockieren Sie, dass sich die Europäische Union für striktere, rigidere und engagiertere Ziele im Klimaschutz zusammenrauft? Warum blockieren Sie das, Herr Bundesminister Bartenstein? Warum blockieren Sie die Fest­schreibung von verbindlichen Zielen für erneuerbare Energien? – Österreich hat damit überhaupt kein Problem, ich verstehe daher nicht, wenn Sie da mit Argumenten kom­men, wie etwa: Das gefährdet Arbeitsplätze und ist mittelfristig eine Chancenverhinde­rung für Europa!

Das Gegenteil ist wahr: Es ist nicht ein Verhindern von Arbeitsplätzen, sondern es ist ein Schaffen von Arbeitsplätzen, sich für Klimaschutz und erneuerbare Energieträger einzusetzen! Das belegen nicht nur Studien, sondern mittlerweile auch die Praxis, und das belegen auch die österreichischen Unternehmen, die in diesem Bereich sehr gut unterwegs sind.

Aktiver Klimaschutz ist also nicht nur ein Umweltschutzgebot, sondern auch ein wirt­schaftspolitisches Gebot. (Beifall bei den Grünen.) Deshalb verstehe ich überhaupt nicht, warum Sie auf europäischer Ebene die Interessen der Gas-Lobby, vielleicht vom Iran oder von den russischen Energieriesen, vertreten, aber nicht die österreichischen Interessen. Die österreichischen Interessen heißen: Klimaschutz und erneuerbare Energien.

Immer wieder bestreiten Sie, dass das eine Chance für die Wirtschaft ist. – Ich glaube, das ist unbestritten. Es gibt eine kleine, feine Branche in Österreich, die Tausende Arbeitsplätze geschaffen hat. Einzelne Unternehmen investieren extrem viel und hätten eine gute Chance, auf diesem Weltmarkt, der sich nun auftut, mitzuspielen. Aber dazu brauchen sie in Österreich einen funktionierenden Heimmarkt und Unterstützung – und nicht Behinderung!

Ein einziges Beispiel: die Firma Fronius in Oberösterreich; Ex-Bundeskanzler und jetzt Klubobmann Wolfgang Schüssel hat sie besucht. Diese Firma hat vorgerechnet: jetzt schon 5 000 Arbeitsplätze allein im Bereich Sonnenstrom, über 20 000 Arbeitsplätze wären in diesem Bereich möglich. 20 000 zukunftssichere Arbeitsplätze – wenn das keine Wirtschaftschance ist, dann weiß ich nicht! Diese Firma gibt übrigens allein für ihre Forschungsarbeiten, allein für ihr Forschungsbudget im Bereich erneuerbare Ener­gieträger, Photovoltaik mehr aus als die Bundesregierung für die gesamte Ökostrom­förderung in ganz Österreich. Ein einziges Unternehmen gibt das nur für seine For­schungsförderung aus! – Ist das nicht ein gewisses Missverhältnis, Herr Minister, ein kleines Missverhältnis? (Beifall bei den Grünen.)


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Das Wirtschaftsforschungsinstitut prognostiziert fast 100 000 Arbeitsplätze in diesem Bereich. – Das ist eine Riesenchance! Wenn Sie das in Österreich weiter verhindern, dann verhindern Sie auch, dass diese Unternehmen auf dem Weltmarkt einen Fuß in die Tür bekommen. Dann werden eben die japanischen Unternehmen oder die ameri­kanischen Unternehmen das machen. Der „Economist“ schreibt mittlerweile „The greening of America“, abgebildet die Freiheitsstatue mit einer Energiesparlampe in der Hand, und der „Economist“ ist kein linkes Umweltschutzmagazin sondern ein libe­rales Wirtschaftsmagazin. Auch in Amerika beginnt nun ein radikales Umdenken, die ersten Klimaschutzgesetze werden wahrscheinlich heuer noch den Kongress passie­ren – und wir diskutieren seit 15 Jahren und handeln nicht! – Das ist der Vorwurf, den ich Ihnen beiden mache, Herr Landwirtschaftsminister und Herr Wirtschaftsminister! (Beifall bei den Grünen.)

Ich glaube, gerade die betroffene Wirtschaft in diesem Bereich kann es nicht mehr hö­ren, dass durch erneuerbare Energien und die Festschreibung von Klimaschutz-Zielen Arbeitsplätze vernichtet werden – das Gegenteil ist wahr!

Zum Abschluss: Ich glaube, dass es an der Zeit ist – wenn Sie schon selbst so wenig Maßnahmen in Ihr Regierungsprogramm hineingeschrieben haben –, ein bisschen zu unterstützen. Ihnen kann geholfen werden. Sie haben ja schon für das Regierungspro­gramm einige der Überschriften aus dem Klima- und Energiewendeprogramm der Grü­nen abgeschrieben, allerdings es ein bisschen verwässert. Sie haben ja selbst zuge­geben, dass Sie es abgeschrieben haben; das macht auch nichts, ist ja kein Problem. (Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: Warum regen Sie sich dann auf?) Nein, ich rege mich nicht auf, mir fehlen nur die konkreten Schritte und Maßnahmen. Überschriften allein sind ein bisschen zu wenig. (Beifall bei den Grünen.)

Ihnen kann geholfen werden – wir helfen gerne. Wir werden heute Nachmittag einen umfassenden Antrag einbringen, in dem wir eine Reihe von Vorschlägen machen, wie die Energiewende in Österreich aussehen kann, wie sie finanzierbar ist, wie sie unterm Strich mehr Arbeitsplätze schafft, auch neue, zukunftssichere Arbeitsplätze schaffen kann und auch die Haushalte entlasten kann. Das ist ein ganz wichtiger Punkt: Es geht nicht nur um die Wirtschaft, sondern es geht auch um die Haushalte.

Führen Sie sich vor Augen, dass Sie in Ihrem Haushalt 20 Prozent mehr Strom ver­brauchen als Sie eigentlich für Ihren Komfort brauchen! Sie könnten ohne Komfortver­lust, ohne dass Sie den Kühlschrank abschalten müssten oder Ihre Zeitung am Abend beim Kienspan lesen müssten, dasselbe Niveau halten und 20 Prozent weniger Strom verbrauchen. – Das geht ganz einfach mit einer flächendeckenden Energiesparbera­tung. Jeder Haushalt würde sich im Jahr mindestens 100 € sparen. Wir brauchen nicht auf eine Steuerreform im Jahr 2010 zu warten, die Entlastung kann gleich passieren: durch flächendeckende Stromsparberatung – ein Projekt zur Entlastung der Haushalte, ein Projekt zum Schutz des Klimas und auch ein Vorzeigeprojekt, das Sie in Angriff nehmen könnten, wenn Sie sich unseren Vorschlägen anschlössen. (Beifall bei den Grünen.)

Sie haben jetzt 3 Millionen € für Energiesparberatung budgetiert, mit 15 Millionen € könnte das flächendeckend gemacht werden, und das ist eine Miniinvestition, ver­glichen mit dem, was sie tatsächlich bringt. – Das war nur ein einfaches Beispiel aus unserem Programm; es gibt eine Reihe von anderen Vorschlägen.

Herr Bundesminister, wenn Sie sich jetzt hier herstellen und sagen, Sie hätten alles ge­macht und das Regierungsprogramm sei super, dann verweise ich auf die Vergangen­heit. Gar nichts ist super! Sie haben ein riesiges Problem, und ich glaube, Sie brau­chen in dieser Situation auch ein bisschen mehr Rückenwind und auch ein bisschen mehr Vorschläge. Ich wünsche mir dann von Ihnen auch Ernsthaftigkeit, diese Vor-


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schläge nicht gleich wieder abzutun, sondern sie ausnahmsweise einmal aufzugreifen im Sinne eines lebendigen Parlamentarismus – auch die Opposition hat einmal eine gute Idee – und vielleicht noch ein bisschen etwas zu konkretisieren bei den Maßnah­men, damit wir im Jahre 2010 nicht vor der Situation stehen, ein Budget, das die Euro­fighter-Dimension bei weitem übersteigen würde, nämlich 2 bis 4 Milliarden €, für Straf­zahlungen für die Verfehlung von Klimaschutz-Zielen aufbringen zu müssen. Jetzt investieren und nicht später Strafe zahlen! – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

11.15


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu einer einleitenden Stellungnahme zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll. Auch Ihre Redezeit soll 10 Mi­nuten nicht übersteigen. – Bitte.

 


11.15.48

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Meine sehr geehr­ten Damen und Herren! Ich bin sehr froh darüber, dass heute so viele junge Zuhöre­rinnen und Zuhörer da sind – um deren Zukunft geht’s beim Klimawandel! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.) Wenn Sie, meine Damen und Herren von den Grünen, sagen, es gäbe nur Lippenbekenntnisse, dann muss ich Ihnen sagen: Sie reden ständig – wir jedoch handeln! (Neuerlicher Beifall bei ÖVP und SPÖ.) Das ist der Unterschied in unserer Politik im Bereich Klimaschutz und Klimawandel!

Die Daten im europäischen Vergleich zeigen, wie effizient wir gewirtschaftet haben, nämlich in der Frage: Entkoppelung von Wirtschaftswachstum zur Umweltleistung, zum CO2-Ausstoß. Verglichen mit 30 Industrienationen liegen wir auf Platz 5. Das Institut der deutschen Wirtschaft sagt, Österreich sei vorbildlich in der Frage Emissionenaus­stoß, Umweltleistung zur Wirtschaftsleistung. Und das sollte uns stolz machen. Es ist aber auch so, dass wir natürlich nicht am Ende des Weges angelangt sind, was die Erreichung unserer Ziele – Basis 1990 minus 13 Prozent; übrigens auch ein sehr ambi­tioniertes Ziel – anlangt.

Der zweite Punkt, den wir als Erfolgsmeldung sehen können, ist etwas, das Sie an­gesprochen haben: Österreich und die Europäische Union haben sich immer dazu bekannt, international als Vorbild zu wirken. Und es war auch das Bohren harter Bretter, in allen Formationen – auf UNO-Ebene, auf internationalen Konferenzen nach Kyoto – darauf hinzuweisen, dass die Frage Klimawandel nicht in Österreich oder in der Europäischen Union allein entschieden werden kann, sondern dass wir Partner mit an Bord nehmen müssen. Dass es erste zaghafte Zeichen gibt, wo nicht zuletzt ein Österreicher in Amerika den Anstoß dazu gegeben hat, ist etwas Positives, das sollte uns auch Mut machen, weil natürlich die boomenden Länder und Volkswirtschaften wie die USA oder China und der asiatische Raum der Schlüssel sein werden in der Frage: Stopp dem Klimawandel und maximal 2 Grad Erderwärmung und nicht mehr! Diese Aufgabe haben wir gemeinsam zu verfolgen.

Was ist die Ausgangsposition? Wo stehen wir? Was haben wir uns vorgenommen? – Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben während der EU-Präsidentschaft Österreichs im ersten Halbjahr 2006 damit begonnen, ganz, ganz wichtige Impulse zu setzen. Ich erinnere daran, dass im Europäischen Rat – Frühlingsgipfel – ein Energie­einsparungspotenzial der Europäischen Union von 20 Prozent bis zum Jahr 2020 verankert worden ist. Ich erinnere auch daran, dass es Wolfgang Schüssel und wir ins­gesamt waren, die massiv darauf gedrängt haben, dass Europa sich dieses Ziel setzen muss. Wir haben auch ein Signal gesetzt, in Europa gemeinsam bis zum Jahr 2015 den Anteil der erneuerbaren Energien auf einen Zielwert von 15 Prozent und den Anteil der Biokraftstoffe auf einen Zielwert von 8 Prozent zu legen. Und wir haben auch das


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Signal gegeben, dass die Atomkraft für uns, wie für viele andere, kein Lösungsansatz ist, um Klimaschutz zu betreiben.

Das sind sehr wichtige Vorgaben gewesen, die wir gemeinsam entwickelt haben. Wir haben mit dem Biomasseaktionsplan die Grundlage gelegt für ein europäisches Pla­nungsinstrument, um Klimaschutz gemeinsam entsprechend zu entwickeln. Und wir haben mit der EU-Nachhaltigkeitsstrategie, die wir verabschiedet haben, Klima als einen wichtigen Schwerpunkt in dieser Strategie verankert.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, vergessen Sie nicht, dass wir in den letzten Jahren, seit 2000, ganz wichtige Impulse für den Klimaschutz in Österreich gegeben haben. Wir haben die Bundesmittel um 30 Millionen € pro Jahr erhöht. Wir haben damit Umweltinvestitionen im Inland, vor allem in die erneuerbare Energie und in die Energie­effizienz, vorgenommen, wir haben ein Ökostromgesetz auf den Weg gebracht, das uns bis 2010 (Zwischenrufe bei den Grünen), meine sehr geehrten Damen und Herren von den Grünen, einen 10-Prozent-Anteil an erneuerbarem Ökostrom bringen wird – mehr als Sie jemals in Ihren Papieren als Zielsetzung für das Jahr 2010 verankert ha­ben. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Das ist angewandte Klimaschutzpolitik!

Wir haben mit dem Road-Pricing für LKW in den abgelaufenen Jahren ein klares Signal der Kostenwahrheit, einen ersten wichtigen Schritt gesetzt, der die Verkehrsströme neu lenken soll, und haben im Bereich des Verkehrs, der sicher die zentrale Herausforde­rung im Klimaschutz ist, ein richtiges Signal gesetzt.

Wir haben, schmerzhaft für die Industrie, nach langen Diskussionen – wir zwei (in Rich­tung Bundesminister Dr. Bartenstein) wissen, wovon wir reden – einen Emissionshan­delsplan, eine Deckelung für die österreichische Industrie nach Brüssel gesandt, wo heute die Kommission sagt: vorbildlich, einer der ambitioniertesten Emissionshandels­pläne.

Also wir haben nicht nur im Verkehrsbereich, wir haben auch im Industriebereich mus­tergültig einen Plan auf den Weg gebracht im Vergleich zu allen anderen Bereichen der Europäischen Union.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben die Industrie aber nicht nur ge­deckelt, wir haben die Industrie auch gefördert. Einer der boomendsten Sektoren der österreichischen Industrie ist die Umwelttechnologie. 20 000 Arbeitsplätze – Tendenz stark steigend – sichert bereits die Umwelttechnologieindustrie, der Jobmotor der Ge­genwart.

Es sind zwei Seiten einer Medaille: Umweltpolitik und Wirtschaftspolitik, und wir wollen mit den umweltpolitischen Zielsetzungen, mit dem Erreichen der Klimaschutzziele auch den Jobmotor Umwelttechnologie weiter ankurbeln. (Beifall bei der ÖVP und bei Abge­ordneten der SPÖ.) Ich werde gemeinsam mit dem Wirtschaftsminister und mit den be­troffenen Industrieunternehmen eine Umwelttechnologieoffensive forcieren, damit wir mit Umwelttechnologie im Wasserbereich, im Abwasserbereich, vor allem aber auch in der modernen alternativen Energieversorgung auch Geschäft machen.

Das durchschnittliche Umsatzwachstum in der Umwelttechnologie ist doppelt so hoch in Österreich, nämlich 7,3 Prozent, als in der übrigen Sachgütererzeugung. Auch das erste wichtige Zeichen, dass man in der Umweltpolitik nicht nur Umweltziele erreichen, sondern auch die Wirtschaft ankurbeln kann, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Der letzte Punkt, den ich heute ausführen will, ist die Frage, was sich die Bundesregie­rung vorgenommen hat im Regierungsübereinkommen bei der Bildung der großen Koalition. Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Vergleich muss Sie sicher


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machen: Noch niemals zuvor hat sich eine Bundesregierung solch ambitionierte Ziele gesetzt und Maßnahmen vorgenommen, um Klimaschutz in Österreich zu betreiben.

Wir wollen gemeinsam als Dach darüber Energieeffizienz als das Hauptziel sehen. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.) Klar ist, wir müssen, was Energiesparen betrifft, effizienter werden. Gut für die Umwelt, gut für das Geldbörsel ist das Motto, und wir werden gemeinsam mit den Bundesländern im Bereich Raumwärme, Dämmung, Neu­errichtung, Passivhausstandard, Niedrigenergiehäuser, Sanierung von sehr problemati­schen Nachkriegsbauten einen wichtigen Impuls setzen. (Beifall des Abg. Großruck.) Ich bin diesbezüglich auch in Gesprächen mit den Bundesländern. Im Übrigen ist gera­de auch der Bereich der Sanierung ein Arbeitsplatzmotor, wie das in wenigen anderen Bereichen der Fall ist, weil sehr arbeitsinitiativ. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeord­neten der SPÖ.)

Wir werden 500 Millionen € in einen Energie- und Klimaschutzfonds einbringen, um Technologie, Entwicklung und Investitionen zu ermöglichen. Es wurde noch nie so viel Geld eingesetzt für den Klimaschutz und für die Energiefragen in diesem Land. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Aber noch nie so schlecht!)

Wir wollen den Anteil der erneuerbaren Energieträger an der Stromerzeugung bis 2010 auf 80 Prozent anheben, auf 85 Prozent bis 2020. Und wenn Sie von Maßnahmen reden: Ja, wir werden zum Beispiel auch einen Masterplan zur optimalen Nutzung der Wasserkraft entwickeln.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir werden – und das sehr rasch – das, was wir uns vorgestellt haben im Verkehrsbereich, nämlich 5,75 Prozent Beimischung von Bioäthanol und Biodiesel, noch ambitionierter anlegen, nämlich nicht nur 5,75 Prozent bis 2008, sondern bis 2010 10 Prozent Beimischung. Damit werden wir eine CO2-Ver­ringerung um mehr als 2 Millionen Tonnen erreichen. Auch damit sind wir federführend in Europa.

Es zahlt sich einmal mehr aus, dass der Landwirtschafts- und Umweltminister in einem Ressort die Verantwortung hat (Beifall des Abg. Hornek), weil wir genau in diesem Be­reich sehen: alternative Energiezukunft gut für die Umwelt, aber auch gut für den länd­lichen Raum und ein neues Einkommensstandbein für die österreichischen Bäuerinnen und Bauern, und das gilt es jetzt gemeinsam zu entwickeln.

Sie sehen, ohne Anspruch auf Vollständigkeit, sehr, sehr ambitionierte Ziele mit konkreten Maßnahmen, und wir werden damit auch unser Klimaschutzziel bis in das Jahr 2012, nämlich minus 13 Prozent, eines der ambitioniertesten in Europa und welt­weit, erreichen können. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

11.24


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich mache darauf aufmerksam, dass die Rede­zeit aller weiteren Teilnehmer und Teilnehmerinnen an der Aktuellen Stunde laut Ge­schäftsordnung 5 Minuten nicht übersteigen darf.

Als Erste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Bayr. – Bitte.

 


11.25.01

Abgeordnete Petra Bayr (SPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Die Welt hat Fie­ber – das hat sie unter anderem deswegen, weil wir ihr in den letzten Jahrzehnten zu viel eingeheizt haben. Wiewohl natürlich Klimaschutz eine globale Herausforderung ist, ist ein österreichischer Beitrag, ein spürbarer, effizienter Beitrag mehr als dringend not­wendig. In diesem Sinne begrüße ich auch sehr Minister Prölls letztwöchiges „Früh­lingserwachen“, das spät kommt, aber es kommt immerhin, und zwar sein Eingeständ­nis, dass unsere Zahlen grottenschlecht sind, sein Eingeständnis, dass es jetzt höchst an der Zeit ist, wirklich etwas zu tun. – Ja, das ist es, und ich bin mir sicher, dass in


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einer SPÖ-geführten großen Koalition wirklich eine breite Mehrheit dafür zu finden ist, prägnante Maßnahmen treffen zu können. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Welche Maßnahmen?) – Auf diese kom­me ich gleich zu sprechen.

Der Energie- und Klimaschutzfonds mit den 500 Millionen €, die erwähnt worden sind, wird dazu da sein, zusätzliche Investitionen zu mobilisieren, denn diese 500 Millionen € allein werden natürlich nicht reichen. Und dass das funktioniert, zeigt zum Beispiel die Stadt Wien mit einem sehr engagierten Klimaschutzprogramm, das seit 1999 besteht und wo schon sehr viele Maßnahmen umgesetzt worden sind und mittlerweile greifen. Ich will drei davon erwähnen.

Einerseits hat allein im letzten Jahr die Photovoltaikförderung (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Die wird jetzt halbiert im Übrigen! Die wird mit 1. Jänner halbiert!) – nein, wird sie nicht –, die im letzten Jahr 1,2 Millionen € betragen hat, 4,5 Millionen € an In­vestitionen ausgelöst. Ein sehr engagiertes Programm zur thermischen Wohnhaussa­nierung hilft nicht nur 50 000 Wohnungen langfristig wärmetechnisch zu sanieren und dementsprechend auch sehr viel CO2 zu sparen, sondern schafft auch 2 000 Arbeits­plätze, vor allem im Baugewerbe. Und das modernste Waldbiomassekraftwerk, das in Wien steht, hilft Jahr für Jahr 144 000 Tonnen CO2 einzusparen.

Klimaschutz macht sich für Wien bezahlt. Das zeigt sich dadurch, dass die Pro-Kopf-CO2-Ausstöße in Wien 5,7 Tonnen betragen, während sie auf Bundesebene 11,2 Ton­nen ausmachen. Also das sind schon sehr große Unterschiede, und das zeigt sehr klar, wohin die Reise gehen sollte.

Als neue Umweltsprecherin der SPÖ wird für mich die Frage des Klimaschutzes ganz sicher eine der Prioritäten meiner Arbeit sein. Ich möchte mich jetzt aktiv einbringen in die Neuformulierung der nationalen Klimastrategie, wo es mir sehr wichtig ist, wirklich eine ehrliche Diskussion auf der Grundlage jährlicher Berichte im Parlament zu führen, wo es nicht darum gehen soll, politisches Kleingeld zu wechseln, sondern darum, wirk­lich zu schauen, wie weit dieses Programm greift, was klappt, was nicht klappt. Ich wünsche mir, dass wir das wirklich ehrlich gemeinsam weiterentwickeln im Sinne einer gemeinsamen und gesunden Umwelt. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meiner Überzeugung nach sind vor allem natürlich die Maßnahmen im Inland relevant, die wir setzen müssen. Ich denke, dass wir jetzt anfangen müssen, darüber nachzu­denken, wie konkret eine postfossile Ära aussieht. Das ist allen klar, dass in wenigen Jahrzehnten Kohle, Gas und Öl Geschichte sein werden, und ich glaube, es ist in die­ser kurzen Zeit, die uns verbleibt, sinnvoll, intelligentere Dinge mit fossilen Ressourcen zu machen, als sie zu verbrennen. Ich denke da nur an die Pharmazie zum Beispiel, wo es ganz andere Möglichkeiten gäbe.

Wenn wir heute in die Forschung zur Förderung von Alternativenergien investieren, dann schaffen wir damit jetzt die Jobs von morgen und von übermorgen.

Ganz, ganz wichtig ist die Frage des Ausbaues des öffentlichen Verkehrs. Wir wissen, dass gerade der Verkehrsbereich mehr und mehr wächst, mehr und mehr CO2 emit­tiert. Das im Koalitionsübereinkommen festgeschriebene 6-Milliarden-€-Maßnahmen­paket zur Investition in die Schiene, die eine wirkliche Alternative zum motorisierten Individualverkehr sein kann, kann meiner Meinung nach helfen, Leute zu motivieren, umzusteigen, das Auto immer öfter stehen zu lassen und mit attraktiven öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs zu sein. (Beifall bei der SPÖ.)

Österreich muss sich intensiv einbringen in die Diskussion rund um den Prozess nach Kyoto, nach 2012 und schauen, dass wir ein breites tragfähiges Bündnis bekommen,


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das dafür sorgt, dass wirklich effektive Maßnahmen überall gesetzt werden, auch in den USA, auch in Australien, auch in Japan. Nur so wird es uns gelingen, eine einiger­maßen gerade noch erträgliche Erwärmung von 2 Grad im globalen Durchschnitt zu erreichen.

Alle die Maßnahmen, die wir im Rahmen des CDM-Programms setzen, das heißt in Entwicklungsländern, müssen wirklich entwicklungsrelevant sein, müssen armutsbe­kämpfend wirken, da müssen wir mit natürlichen Rohstoffen in den Ländern auch ver­antwortungsvoll umgehen. Es kann nicht sein, dass wir das jetzt quasi nur so als Frei­kaufen verstehen, sondern das sind wirklich wichtige Maßnahmen.

Sehr geehrte Damen und Herren, ganz zum Schluss: Die Diskussion der letzten Tage hat uns gezeigt, dass sehr viele Österreicherinnen und Österreicher bereit sind, für den Klimaschutz etwas zu tun, sich wirklich ins Zeug zu werfen, das Auto stehen zu lassen, anders zu heizen. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.) Ich kann Ihnen versprechen: Wir von der Sozialdemokratischen Partei werden ein starker Part­ner der Umwelt sein. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

11.30


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordne­ter Kopf. Ebenfalls 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


11.30.20

Abgeordneter Karlheinz Kopf (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Der Klimawandel ist für uns alle sichtbar, er ist für uns alle spürbar, vor allem in seinen Auswirkungen, er bringt viele Menschen dazu, darüber nachzudenken, was auf dieser Welt geschieht, aber wir sind als Öster­reicher natürlich nicht allein für dieses Phänomen, für diese Entwicklung verantwortlich. Aber im Gegensatz zu vielen anderen Ländern haben wir nicht nur sehr frühzeitig das Problem erkannt, sondern auch sehr frühzeitig bereits Maßnahmen eingeleitet. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Das sieht man am Ergebnis!)

Frau Kollegin Glawischnig, es ist in der Umweltpolitik nicht damit abgetan, dass man die Menschen draußen, so wie Sie es tun, ständig verunsichert. Sie haben die letzte Bundesregierung bezüglich ihrer Umweltschutzmaßnahmen kritisiert. (Abg. Dr. Gla­wischnig-Piesczek: Zu Recht!) – Wissen Sie, mit wem das Umweltprogramm auf Punkt und Beistrich verhandelt worden war, das wir in der letzten Periode umgesetzt haben? Mit Ihnen! Mit den Grünen! Wir haben dieses Verhandlungsergebnis dann eins zu eins in den Koalitionspakt mit FPÖ/BZÖ übernommen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten des BZÖ. – Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Abgeschrieben!)

Also, wenn Sie hier Kritik anbringen, dann kritisieren Sie sich selbst! (Abg. Dr. Gla­wischnig-Piesczek: Im Gegensatz zu Ihnen war ich dabei!) Nehmen Sie das, bitte schön, einmal zur Kenntnis, und seien Sie so ehrlich, und sagen Sie das den Men­schen auch! Sie kritisieren hier etwas, was Sie selbst mit zu verantworten haben! (Bei­fall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Sie waren nicht einmal dabei!) Ich war dabei! (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Nein!)

Meine Damen und Herren! Wir wollen Wohlstand für viele, wir wollen soziale Sicherheit für alle – dazu brauchen wir einen starken Wirtschaftsstandort, dazu brauchen wir Wirt­schaftswachstum. Unser Wirtschaftswachstum in Österreich ist Gott sei Dank in Ord­nung – dank vieler guter wirtschaftspolitischer Maßnahmen in Ordnung. Die Industrie­produktion ist in Österreich in den letzten 15 Jahren um 40 Prozent gestiegen. Gleich­zeitig aber ist der Ausstoß an Industriegasen um 20 Prozent gesunken. Einen besse­ren Beweis als diese zwei Zahlen für den Erfolg der Umweltpolitik in Österreich kann es gar nicht geben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)


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Das ist ja auch kein Wunder, denn wir haben viel getan: Rekordbudget – der Herr Bun­desminister hat es bereits erwähnt – für Klimaschutzprojekte, Deponieverordnung, die zum Beispiel die Methangasproduktion und den Methangasausstoß um über 40 Pro­zent gesenkt hat. Wir haben das LKW-Road-Pricing eingeführt, eine Ökologisierung des Steuersystems durchgeführt. Wir setzen die Biokraftstoff-Richtlinie vorzeitig um, lange bevor die EU uns das vorschreibt.

Wir haben uns auch ein Mega-Programm im neuen Regierungsprogramm vorgenom­men: Die Anstrengungen im Bereich der erneuerbaren Energieträger werden verstärkt; wir wollen auf 45 Prozent Einsatz erneuerbarer Energieträger bis zum Jahr 2020 kom­men, im Bereich der Stromproduktion auf 80 Prozent. Wir wollen den Einsatz der alter­nativen Kraftstoffe sogar auf 20 Prozent steigern. Wir brauchen natürlich dazu auch eine Vereinbarung mit der Bevölkerung – nicht alles kann Politik leisten.

Im Bereich der Mobilität liegt das größte Problem. Im Bereich des Verkehrs gibt es heute den größten Zuwachs an CO2-Ausstoß. Dagegen kann jeder Einzelne etwas tun, und ich möchte hier an dieser Stelle wirklich einen Aufruf an alle Menschen in Öster­reich starten. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Allen voran an den Umweltminister!) Es ist nicht nur Sache des Budgets und der Politiker. Wir tun sehr viel, aber es ist auch die Verantwortung jedes Einzelnen und jeder Einzelnen draußen, die Verantwortung von Ihnen, die Sie vielleicht jetzt an den Fernsehschirmen zusehen oder die Debatte anderweitig verfolgen. Wir alle können etwas tun, und wir alle sollten etwas tun!

Eine Bemerkung noch, liebe Frau Kollegin Bayr, zum Thema Investitionen im Inland oder im Ausland. Ich meine: sowohl als auch. Klar ist: Es gibt viele Länder, die in ihrer Energieeffizienz, in ihrer Effizienz bezüglich CO2 um vieles schlechter liegen als Öster­reich. Dort ist jeder eingesetzte Euro um vieles wirkungsvoller in der Verbesserung der Emissionssituation als bei uns auf diesem schon so hohen Niveau. Ich meine daher, dass es sehr richtig ist, dass wir auch Geld in die Hand nehmen und Projekte, an de­nen übrigens sehr viele österreichische Firmen immer wieder beteiligt sind, im Ausland unterstützen, weil wir dort mit jedem eingesetzten Euro ein Vielfaches an Verbesse­rung der Umweltsituation erreichen können. Klimabelastung ist ja kein nationales Pro­blem, das an Grenzen haltmacht. Also macht es sehr viel Sinn, sowohl unsere Anstren­gungen zum Klimaschutz im Inland weiterzuführen als auch Projekte im Ausland, an denen auch viele österreichische Firmen beteiligt sind, zu unterstützen.

Gemeinsam werden wir es schaffen, unsere zugegeben hochgesteckten Klimaschutz­ziele zu erreichen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

11.36


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Gabriela Moser. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


11.36.14

Abgeordnete Mag. Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Frau Ministerin! Meine Damen und Herren! Meine Vorredner haben ja herausgestrichen, vor allem von Seiten der ÖVP, auch der Herr Minister, Österreich sei mustergültig.

Herr Kollege Kopf, Sie haben darauf hingewiesen, die ÖsterreicherInnen sollen persön­lich einen Beitrag zur Verbesserung der Klimabilanz leisten. Sie haben hier einen Appell formuliert. Die Menschen sollen weniger Auto fahren, war Ihr Appell.

Herr Minister, Sie selber haben gesagt, der Verkehrsbereich ist einer der schwierigs­ten, was die Erreichung der Kyoto-Ziele anlangt. Ich frage Sie jetzt  (Abg. Kopf: Se­hen Sie das nicht so?) – Ja, selbstverständlich sehe ich das so! Aber ich sage Ihnen, Herr Kollege Kopf, wenn die einzelnen Menschen willens sind, vom Auto auf das


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öffentliche Verkehrsmittel umzusteigen, dann erleben sie leider täglich ihr blaues, ihr schwarzes, ihr rotes Wunder. Das sage ich Ihnen. Wenn es darum geht, endlich einmal mit dem Zug zur Arbeit zu fahren, dann kommt er vielleicht zu spät, dann gibt es viel­leicht keinen Platz, dann gibt es Schwierigkeiten mit den Fahrkartenautomaten, dann gibt es x Hindernisse.

Wenn es darum geht, attraktive öffentliche Verkehrsmittel flächendeckend zur Verfü­gung zu stellen, dann haben Sie in der vergangenen Periode ein Streichkonzert veran­staltet. Schauen Sie selber nach: Im entsprechenden Gesetzestext wäre vorgesehen gewesen, mindestens 70 Millionen € für den öffentlichen Verkehr einzusetzen, zur För­derung guter Buskonzepte den Bundesländern bereitzustellen. Und was haben Sie ge­macht? – Nicht einmal 7 Millionen € haben Sie dafür ausgegeben!

Das ist Ihr persönlicher Appell an die ÖsterreicherInnen, gemessen an dem, was Sie den Menschen an Alternative zur Verfügung stellen. Und da möchte ich einsetzen. (Beifall bei den Grünen.)

Sicherlich muss jeder Einzelne etwas tun, aber in erster Linie müssen wir es politisch ermöglichen, dass die Menschen Umstiegsmöglichkeiten haben, dass sie Umstiegs­möglichkeiten in Richtung Ökostrom verstärkt in Anspruch nehmen, dass sie Umstiegs­möglichkeiten im Verkehr haben, dass sie Umstiegsmöglichkeiten bei der Energiever­sorgung haben, dass sie Umstiegsmöglichkeiten bei der Nutzung und thermischen Sa­nierung ihrer Wohnung haben. – Da fehlt es ja vorne und hinten! Da gibt es keine Millionen! Da wird erst für die Zukunft von Ihnen etwas als Plan und so weiter in den Raum gestellt.

Ich bringe Ihnen jetzt ein ganz konkretes Konzept, anschließend an Ihren Appell an die einzelnen Menschen: Wir wollen gerade im Verkehrsbereich etwas tun. Hier haben wir eine Verdoppelung der negativen, klimazerstörenden Abgase seit 1990. Der Klima­rucksack des PKW ist zwölfmal schwerer als der Klimarucksack der Bahn oder der öffentlichen Verkehrsmittel. Hier müssen wir wirklich dringendst etwas machen! Hier zahlen wir über 1 Milliarde Pönale, nur weil bei uns im Vergleich zu anderen das Tan­ken billig ist. Und was wir machen sollen, zeige ich Ihnen anhand meiner mitgebrach­ten Tafel.

Wir Grünen haben die Idee einer Mobilitätscard für jede Person in Österreich entwi­ckelt. Die Mobilitätscard funktioniert wie eine Kreditkarte: Sie haben kein Schlamassel mehr beim Automaten, Sie müssen sich nicht mehr anstellen, Sie kriegen den optima­len Tarif abgebucht. So, wie jeder Mensch in Österreich eine e-Card hat, soll er auch eine Mobilitätscard haben und damit problemlos öffentliche Verkehrsmittel ohne Bar­riere gebrauchen und benützen können. (Beifall bei den Grünen.)

Diese Mobilitätscard muss sich umgehendst verwirklichen, Herr Minister! Ihr Bioätha­nol-Plan, Herr Minister – plus 10 Prozent im Jahr 2010 –, hilft überhaupt keiner Pendle­rin, denn das Benzin wird sauteuer werden – mit und ohne Äthanol! Der Äthanolplan schadet sogar den KonsumentInnen, weil er zulasten von Anbaugebieten für Nah­rungsmittel geht.

Lesen Sie doch die Zeitung! Da steht es genau drinnen. Reden Sie mit den Wirten! Die fürchten ja schon, dass alles teurer wird, einschließlich Zucker: Zucker, ein Überfluss­produkt, das rationiert werden könnte, wenn wir zu viele Flächen in Richtung Bioätha­nol, in Richtung Energiepflanze für den Verkehrsbereich umpolen.

Darum bin ich für die konkrete Alternative: Wir brauchen die Öffis. Danke, Frau Kolle­gin Bayr! Wir brauchen einen barrierefreien, guten Zugang und sollen gemeinsam an konstruktiven Konzepten arbeiten, die wirklich nachhaltig sind! (Beifall bei den Grünen.)

11.41



Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 24

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der nächste Abgeordnete, der zu Wort kommt, ist Herr Abgeordneter Ing. Hofer. Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


11.41.31

Abgeordneter Ing. Norbert Hofer (FPÖ): Geschätzte Frau Präsidentin! Frau Bundes­minister! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ich glaube, der Bio­äthanol-Plan ist schon in Ordnung. Da ist die Kritik nicht wirklich angebracht. Denn schauen Sie: Früher hat man ja auch für seine Pferde Hafer angebaut und damit die Mobilität gesichert. Wir machen in diesem Rahmen nichts anderes.

Was wir aber erkennen müssen, ist, dass wir in den letzten Jahren nicht das getan ha­ben, was nötig gewesen wäre, um unsere Ziele, die wir uns im Rahmen unseres Klima­schutzplanes selbst auferlegt haben, umzusetzen, um unsere Kyoto-Verpflichtung auch tatsächlich zu erreichen. Ich habe immer das Gefühl gehabt, dass der Herr Bundes­minister auch nicht daran geglaubt hat, diese Ziele jemals erreichen zu können. Öster­reich ist heute bei der Steigerung bei den CO2-Ausstößen vor dem Klimaschutzsünder USA angelangt.

Nun haben wir im Regierungsprogramm sehr schöne Ziele, uns fehlt aber der Weg zur Zielerreichung. Wie können wir diese sehr ambitionierten Ziele tatsächlich erreichen? Und hier ist für mich der Sündenfall, der in diesem Hohen Haus begangen worden ist, das Ökostromgesetz. Mit diesem Ökostromgesetz wird es schwer möglich sein, diese Ziele zu erreichen. Schauen Sie sich doch nur den Bereich der Windkraft an: Seit Juni 2006 ist kein einziges Windkraftwerk mehr gebaut worden. Das rechnet sich in diesem Ökostromgesetz nicht mehr!

Es gibt derzeit 600 Windräder in Österreich. Wenn wir diese Zahl auf 1 000 Windräder erhöhen würden und dazu 400 moderne, leistungsstarke Anlagen verwenden würden, dann könnten wir den Strombedarf, die Stromerzeugung aus diesem Sektor verdrei­fachen. Wir könnten 400 000 neue Haushalte mit sauberer, mit erneuerbarer Energie versorgen.

Wenn wir also unsere reichen Ressourcen in Österreich nutzen wollen, wenn wir die Sonnenkraft, die Geothermie, die Windkraft nutzen wollen, die Wasserkraft noch mehr als bisher nutzen wollen, dann brauchen wir ein neues Gesetz, ein österreichisches Erneuerbare-Energien-Gesetz nach dem Vorbild Deutschlands. Das wäre der richtige Weg für Österreich. (Beifall bei der FPÖ.)

Meine Damen und Herren! Natürlich gibt es auch Möglichkeiten, Energie zu sparen. Es steht auch im Regierungsprogramm, dass ab dem Jahr 2015 dem Passivenergie­hausstandard mehr Aufmerksamkeit geschenkt wird. Ich sage, dass jedes neue Haus, das heute gebaut wird und nicht nach dem Passivenergiehausstandard errichtet wird, Österreich von dem Ziel der Energieautonomie abbringt.

Daher müssen wir rascher reagieren. Wir müssen dafür Sorge tragen, dass es wieder zu einer Zweckwidmung bei den Wohnbauförderungsgeldern kommt, dass also nicht die Wohnbauförderungsgelder vom Bund an die Länder verschickt werden und dann Teile dieser Gelder verwendet werden, um Budgetlöcher zu stopfen – so wie das im Burgenland geschieht, wo ein Teil des Bank Burgenland-Skandals mit diesen Geldern bezahlt wird. Wir brauchen dieses Geld, um Passivenergiehäuser zu fördern. Dann müssten wir auch künftig keine Heizungsschecks mehr finanzieren! Dann wird das Hei­zen günstiger für die Menschen! Daher: Wiedereinführung der Zweckwidmung bei der Wohnbauförderung. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir wollen auch eine Steuerentlastung für all jene, die sich entscheiden, ein Fahrzeug anzuschaffen, das weniger als fünf Liter pro 100 Kilometer verbraucht. Ich fahre ein


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Drei-Liter-Auto. Ich habe zwar nur 40 PS, bin damit aber hochzufrieden. Ich finde auch immer einen Parkplatz. Ich kann das wirklich jedem nur empfehlen.

Ein ganz, ganz wichtiges Herzensanliegen ist für mich der Ausstieg aus dem EURATOM-Vertrag. Ich weiß, es kommen immer die Argumente, warum EURATOM auch für uns wichtig ist, weil in die Sicherheit von Atomkraftwerken investiert wird, weil in die moderne Fusionstechnologie investiert wird. Ich sage Ihnen: Diese Investitionen aus EURATOM betreffen nur neue Atomkraftwerke, und wir wollen keine neuen Atom­kraftwerke. (Beifall bei der FPÖ.)

Zur Fusion muss einmal gesagt werden, dass auch dabei in hohem Maß radioaktives Material anfällt – in hohem Maß! Zwar ist die Halbwertszeit bei weitem nicht so drama­tisch wie bei nuklearen Brennstäben, aber es fällt dieses Material an. Diese Technolo­gie wird erst ab dem Jahr 2050 wirklich – wenn überhaupt! – kommerziell nutzbar sein.

Derzeit gewinnen wir 57 Prozent unseres Energiebedarfs aus erneuerbarer Energie. Das Ziel der Bundesregierung sind 80 Prozent. 78 Prozent müssen wir erreichen, wenn wir Brüssel zufrieden stellen wollen. Ich wundere mich daher, dass es einen Brief des Wirtschaftsministeriums gibt, wo drinnen steht, dass dieses Ziel nicht erreichbar sein kann.

Wissen Sie, Energiepolitik und Umweltpolitik oder Klimaschutzpolitik, das sind zwei Seiten einer Medaille. Wir müssen diese zwei Bereiche einfach zusammenfassen! (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.)

Meine Damen und Herren! Ich bin davon überzeugt – und damit komme ich zum Schluss –, dass ein Volk, das aus den Trümmern des Zweiten Weltkrieges dieses Land aufgebaut hat, auch in der Lage ist, mit den vorhandenen Ressourcen Österreich ener­gieautonom zu machen. (Beifall bei der FPÖ.)

11.47


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Klubobmann Ing. Westenthaler zu Wort. – Bitte.

 


11.47.13

Abgeordneter Ing. Peter Westenthaler (BZÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminis­ter! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte Ihre Ziele, die Sie uns heute vermittelt haben, Herr Bundesminister, nicht grundsätzlich kritisieren. Eigentlich muss man als österreichischer Patriot und als Politiker, der in die Zukunft schaut, sagen: Ja­wohl, das sind sehr ambitionierte Ziele. In einem Vergleich – auch als österreichischer Patriot – wünsche ich mir, dass Österreich nächstes Jahr Fußball-Europameister wird. So ähnlich ist die Realisierbarkeit auch dabei einzuschätzen.

Ich gebe Ihnen aber schon Recht: Das sind ambitionierte Ziele. Wir wissen zwar noch nicht, wie Sie dort hinkommen wollen – vor allem, was die erneuerbaren Energien an­belangt –, aber wir nehmen das zur Kenntnis.

Wir sehen den Klimaschutz auch als notwendig. Das ist ein Bekenntnis gegenüber der nächsten Generation, eben eine funktionierende, eine lebenswertere Umwelt zu über­geben. Letztlich ist der Klimaschutz für uns auch ein Begriff des Heimatschutzes, in einer globalisierten Welt die Ressourcen unserer Heimat Österreich entsprechend zu schützen. Auch der Heimatschutz gehört hier dazu. Und deswegen ist es notwendig, Investitionen in Forschung und Entwicklung zu fördern und mehr zu tun und nicht weni­ger.

Der berühmte Weltbank-Ökonom Nikolaus Stern hat erst vor wenigen Wochen in einer viel beachteten Studie gesagt: 1 Prozent des Bruttosozialprodukts braucht man, um dem globalen Klimawandel entgegenzutreten, aber bis zum Zwanzigfachen, um die


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Schäden dieses Klimawandels zu beheben, wenn nichts getan wird. – Daher ist Klima­schutz selbstverständlich ein Problem, das uns alle betrifft. Aber eines – und da möch­te ich die Grünen schon auch in die Ziehung nehmen – ist Klimaschutz mit Sicherheit nicht, nämlich ein Hort des berühmten und jetzt aufkeimenden und modern werdenden Öko-Populismus, Frau Präsidentin Glawischnig. Das ist Klimaschutz sicherlich nicht! (Beifall beim BZÖ.)

Was meine ich damit? – Dass zum Beispiel von so manchem politisch Bewegten der Klimaschutz auch ein bisschen als Alibischutz für Grün-Politik gesehen wird, die mitt­lerweile ja in allen Parteien gelebt wird. Sie haben hier keinen Alleinvertretungsan­spruch bei der Klima- und Umweltschutzpolitik. Alle Parteien kümmern sich darum, dass das passiert. (Beifall beim BZÖ sowie des Abg. Dr. Schüssel. – Abg. Dr. Gla­wischnig-Piesczek: Ja, dann tun Sie was!)

Wogegen ich mich wehre und was mir nicht gefällt, ist, dass man unter dem Motto „Kli­maschutz“ Menschengruppen gegeneinander ausspielt und mit einer überbordenden Verbotspolitik, die gar nicht notwendig ist, vorgeht. (Zwischenruf der Abg. Dr. Gla­wischnig-Piesczek.) Wenn wir zum Beispiel über den Autoverkehr, öffentlichen Ver­kehr, Individualverkehr diskutieren, so kann doch nicht Ihr einziger Ansatz folgendes Motto sein: Weg mit der Mobilität, weg mit dem Auto und möglichst viele Steuern aufs Autofahren, die Mineralölsteuer erhöhen und die Vignette erhöhen! – Das ist kein An­satz von sehr progressivem, zukunftsorientiertem Klimaschutz, sondern das ist rück­wärtsgewandt und gegen den Klimaschutz gerichtet, weil die Menschen nicht mitge­hen, Frau Kollegin Glawischnig. (Beifall beim BZÖ sowie des Abg. Dr. Stummvoll.)

Das fängt mit Ihren 100-km/h-Zonen auf geraden, vierspurigen Autobahnen an – wie etwa bei Linz, wo es so schön ist. Da sehen Sie die 100-km/h-Tafel und im Hintergrund die rauchende Voest. Wunderbar! Das ist ein typisches Bild. Nur: Es wird Ihnen keiner mitgehen! Die Menschen werden es nicht glauben, vor allem diejenigen nicht – und da komme ich zur Frau Kollegin Moser –, die auf das Auto, auf das Kfz angewiesen sind: nämlich die Pendler, Hunderttausende Pendler in Österreich, die sich schön dafür be­danken, dass Sie die Kosten fürs Autofahren durch Steuererhöhungen hinaufschrau­ben wollen! Da werden wir der Anwalt dieser Pendler sein und diese entsprechend hier im Hohen Haus vertreten, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall beim BZÖ. – Zwischenruf der Abg. Dr. Moser.)

Klimapolitik ist nicht profane Steuererhöhungspolitik, sondern eine kluge, eine ausge­wogene Mischung aus Motivation, letztlich auch aus Anreizen und Förderungen. Des­halb werden wir heute im Laufe des Tages – dies geht ja beim jetzigen Tagesord­nungspunkt nicht – (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Tempo 160 einbringen!) einen Entschließungsantrag einbringen, ein Zwanzig-Punkte-Paket für ein lebenswertes Ös­terreich, wo eben genau in diese Richtung gegangen wird: Nicht schikanieren, keine Verbote, sondern zum Beispiel Anregungen, wie es in den skandinavischen Ländern der Fall ist. Wenn es hohe Emissionswerte gibt, dann ist dort eine flexible Gestaltung zum Beispiel des öffentlichen Verkehrs und seiner Tarife möglich, dann ist auf einmal die Nutzung des öffentlichen Verkehrs gratis. Vor Kurzem erst wurde ein Beispiel in einer Dokumentation im Fernsehen gezeigt.

Das ist die entscheidende Frage, die wir sehen. Daher gehen wir in diese Richtung einer gezielten Förderung von Maßnahmen, die dem Umweltschutz entsprechend die­nen, wie wir das zum Beispiel in Kärnten sehen. Kärnten ist da ein Musterland (Abg. Öllinger: Ja! Ja! – Abg. Dr. Moser: Das schlechteste Land!) – Sie wissen, ein BZÖ-re­giertes Land –, wo wir bereits 43 Prozent Anteil erneuerbarer Energien haben! – Öster­reichweit sind es 23 Prozent. (Beifall beim BZÖ.)


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Jährlich werden dort – das ist für ein so kleines Bundesland sehr viel! – 10 Millionen € an Förderung etwa für die Solarenergie bereitgestellt, ein Baukostenzuschuss für So­laranlagen von bis zu 5 000 € finanziert, was eine wesentliche Entlastung und ein Anreiz für den Bau von Solaranlagen ist, für den wir uns ganz massiv aussprechen. Das ist Politik des Anreizes! Das ist eine kluge Förderungspolitik! Daher ist Kärnten auch Musterland und führend in der entsprechenden Sparte, was Solarenergie und auch was erneuerbare Energie anbelangt. (Zwischenruf der Abg. Dr. Moser.)

Herr Minister Pröll, am 8. März nehmen Sie an einem Europäischen Rat teil. Ich glau­be, es ist notwendig, sich diese Punkte, die wir vorschlagen, genau anzuschauen und einen Schulterschluss für einen nachhaltigen und aktiven Klimaschutz in Österreich ohne Schikanen und mit Anreizen zu formulieren. (Beifall beim BZÖ.)

11.52


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Ing. Mag. Kuzdas zu Wort. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


11.52.43

Abgeordneter Ing. Mag. Hubert Kuzdas (SPÖ): Geschätzte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Ich möchte mit einem Zitat eines Topmanagers beginnen: Umweltschutz ist eine Chance und keine Last, die wir tragen müssen. – Ich glaube, wir sind uns einig, dass Umweltphänomene der letzten Jahre – El Niño, Hoch­wasser 2002, extreme Hitzeperioden, Winter ohne Schnee, Orkane über Mitteleuropa – keinen Zweifel daran aufkommen lassen, dass das Klima sich verändert. Zwischen den Schäden, die durch den Klimawandel entstehen, und den Präventionsmaßnahmen – das hat mein Vorredner schon erwähnt – liegt ein exorbitanter Unterschied. Vorbeugen ist besser als Behandeln!

Spät – viel zu spät! – haben sich die Staaten zusammengefunden, um über das Welt­klima zu verhandeln. Eines der Ergebnisse war das Kyoto-Protokoll. Es wird bezweifelt, ob diese Ziele tatsächlich ausreichen, um nachhaltig Verbesserung zu erzielen, aber es ist zumindest ein Anfang.

In Österreich gibt es große Sorgenkinder: Straßenverkehr – und da im Besonderen den „Tank-Tourismus“ –, Industrie und Stromerzeugung. Was wir brauchen, sind nicht nur Maßnahmen der Politik, sondern auch ein gesellschaftliches Umdenken – ein Umden­ken im Umgang mit wertvollen, insbesondere mit fossilen Ressourcen und ein Umden­ken, was die Erzeugung von Energie betrifft.

Die Politik kann durch Förderungen zum Beispiel für den Wohnbau einiges gestalten. Und das hat auch diese Bundesregierung vor: für Solaranlagen – da sehe ich Kärnten nicht so als Musterland, denn Solaranlagen werden österreichweit breit und intensiv gefördert – und andere Bereiche, die Zukunftspotential haben, wie Photovoltaik. Da gibt es keine einheitlichen Förderungsrichtlinien. Ich habe gestern auf der offiziellen Homepage des Landes Niederösterreich nachgeschaut: Es gibt Förderungsrichtlinien, die 2006 auslaufen, und etwas Aktuelles ist noch nicht zu finden. (Abg. Kainz: Vorbild­lich ist Niederösterreich! Vorreiterland!) Ich nenne das Beispiel Photovoltaik ganz be­wusst, weil es ein großes Potential für die Zukunft hat.

In unserem Bezirk – im Bezirk Mistelbach – gibt es einen innovativen Betrieb, die Pho­tovoltaik Technik Neudorf, die sich mit über 50 Mitarbeitern schon mit diesem Thema beschäftigt und bisher auch von der Landespolitik in Stich gelassen wurde. Das Thema Photovoltaik ist aber nicht nur für den Wohnbau interessant, sondern es gibt auch Ver­suche, diese für Lärmschutzwände bei Autobahnen oder zur Stromerzeugung heranzu­ziehen.


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Zweites Beispiel: Verwendung von Elektrofahrzeugen. Jene, die mit Elektrofahrzeugen fahren, werden noch immer als Eigenbrötler hingestellt. Die Unterstützung durch die Fahrzeughersteller ist auch nicht sonderlich stark. Es ist verwunderlich, dass viele Autoverkäufer und Mitarbeiter von Autofirmen gar nichts wissen. Ein Benutzer eines E-Fahrzeuges hat mir vor Kurzem gesagt: Als ich mein Auto an der Kasse bezahlt habe, war die Dame an der Kasse sehr erstaunt, als ich ihr gesagt habe, dass ein E-Auto be­zahlt wird.

Auch Strom-Tankstellen sind eine Seltenheit in Österreich. Es gibt nur 134 davon. In der Schweiz beispielsweise kann man bei mittlerweile 800 Tankstellen Strom tanken, und in Italien gibt es viele Städte, wo auf den Mittelstreifen Strom-Tankstellen zu finden sind. In Österreich dagegen gibt es große Hürden, die den Interessenten vom Kauf eines Elektrofahrzeuges abhalten. Der Bestand ist in Österreich mit in etwa 600 Ex­emplaren auch sehr gering. – Das sind nur zwei Beispiele, die zeigen, dass ein gesell­schaftliches Umdenken erforderlich ist.

Ich bin auch der Meinung, dass eine Initiative für den öffentlichen Personennahverkehr von ganz eminenter Bedeutung ist. Diese Mobilitätscard, die Kollegin Moser vorgestellt hat, ist zwar gut, aber nichts Neues. Wir sind in der Konzeption schon sehr, sehr weit damit. (Abg. Öllinger: Wo?)

Das Regierungsprogramm dieser Bundesregierung sieht vor, dass die Verwendung er­neuerbarer Energie wesentlich erhöht wird, dass die Haushalte auf erneuerbare Ener­gie umgestellt werden. Bei der Zukunftsbranche Umwelttechnologie streben wir eine Verdoppelung des Umsatzes an. Es handelt sich tatsächlich bei der Umwelttechnologie um einen Jobmotor, den es in den nächsten Jahren anzukurbeln gilt.

Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es gibt noch viel zu tun, um unser globales Klima zu retten. Sie werden mit mir eins sein: Es muss uns be­wusst sein, wir haben unsere Umwelt nicht von den Eltern geerbt, sondern von unse­ren Kindern geborgt. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

11.57


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Gril­litsch zu Wort. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


11.57.55

Abgeordneter Fritz Grillitsch (ÖVP): Frau Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, die letzten Wochen haben uns klargemacht, was Klimawandel bedeuten kann: Schneemangel und Orkane. Es ist traurig, dass uns Wetterstatistiker ständig bestätigen, dass diese Wetterkapriolen in den letzten Jahren in immer kürzeren Abständen gekommen sind, immer heftiger und auch immer regelmäßiger gekommen sind. Das hat natürlich unzweifelhaft Auswir­kungen auf die Natur. Ich sage das heute hier auch als Bauernvertreter, da gerade die Bäuerinnen und Bauern besonders prädestiniert sind, über dieses Thema zu sprechen, weil sie ihre Werkstätte in der freien Natur haben.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist, wie ich meine, unser aller Aufgabe, dieses The­ma nicht auf die leichte Schulter zu nehmen, sondern nachzudenken, was man dage­gen tun kann. Sie wissen es: weniger CO2 in die Luft zu blasen, das heißt, weniger Öl, Gas und Kohle zu verbrauchen und letztlich mehr erneuerbare Energieträger einzuset­zen.

Daher bin ich sehr dankbar dafür, dass sich gerade die Bundesregierung unter Wolf­gang Schüssel vom Jahr 2000 bis 2007 hiezu klare Ziele, aber dazu auch klare Umset­zungsmechanismen gesetzt hat, liebe Kolleginnen und Kollegen. (Abg. Dr. Glawisch-


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nig-Piesczek: „Klare Ziele“? – Klar verfehlt!) Internationale Vergleiche bestätigen uns, dass dieser Weg richtig war. Wir sind heute am ersten Platz beim Anteil der erneuerba­ren Energieträger, und wir sind auch am ersten Platz, wenn es um die Frage der bio­logischen Landwirtschaft geht, meine lieben Kolleginnen und Kollegen. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir setzen diesen Weg fort! Es wurde nun ein Klimafonds geschaffen, wo wir forschen und entwickeln können, wo wir aber auch eine Technologieoffensive starten können, wo wir Arbeit schaffen können, wo wir gleichzeitig einen wesentlichen Beitrag dazu liefern, die Umwelt zu schützen, und wo wir letztlich auch die Unabhängigkeit und die Versorgungssicherheit stärken.

Auch mit den Beispielen, die wir hier in diesem Parlament und mit Minister Pröll gesetzt haben, wo wir Markt geschaffen haben, mit dem Ökostromgesetz, aber auch mit der Biotreibstoffrichtlinie, sind wir, glaube ich, wirklich auf dem richtigen Weg, unsere hei­mischen Potentiale, die bei uns buchstäblich beim Fenster hereinwachsen, mit neuen Technologien entsprechend zu nützen.

Liebe Frau Dr. Glawischnig (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Jawohl!), ich sage Ihnen: Die Trendwende, die Sie angesprochen haben, hat längst eingesetzt! (Abg. Öl­linger: Wo denn?) Haben Sie sie verschlafen, Frau Dr. Glawischnig? – Während wir hier im Parlament und in der Regierung handeln (Abg. Dr. Moser: Minus 15 Prozent!), ist Grün mittlerweile die Farbe der verspielten Hoffnung geworden! (Beifall bei der ÖVP.) 20 Jahre Opposition, nie Verantwortung übernommen, nie gestaltet – schade, dass Sie diese Chance versäumt haben! (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Ich glaube, Sie haben etwas in Oberösterreich nicht mitbekommen!)

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Wir machen Gott sei Dank Politik, die keine Schulden bei unseren Kindern verursacht. Wir wollen insbesondere jene Potentiale verstärkt nützen, die auf unseren Äckern, auf unseren Wiesen und in unseren Wäldern wachsen, weil wir wissen, dass die erneuerbaren Energieträger letztlich auch ein Ar­beitsplatzturbo für unser Land sind. (Beifall bei der ÖVP.)

12.01


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Kogler. Auch für Sie gilt eine Redezeit von 5 Minuten. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


12.01.47

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Herr Bundesminister, irgendwie beschleicht einen ein komisches Gefühl hier. Es herrscht eine seltsame, groteske Diskrepanz zwischen dem, was hier an Problemstel­lung vorliegt, und dem, was hier an Antworten versucht wird von der Regierungsbank aus.

Ich schicke gleich voraus, dass die globale Klimaproblematik selbstverständlich nicht von Österreich allein gelöst werden wird, aber wir haben viele Chancen. Und das ist auch der Titel dieser Aktuellen Stunde, dass wir uns jetzt nicht nur quasi vor dem Welt­untergang fürchten müssen, sondern dass zumindest das, was Österreich tun kann, enorme wirtschaftliche Chancen beinhaltet. Das gilt es einmal zu realisieren. (Beifall bei den Grünen.)

Deshalb verstehe ich erstens den Vorhalt gegenüber den Grünen nicht – aber das sind wir schon gewohnt –, aber ich verstehe vor allem diese Lethargie der ÖVP nicht ganz. Aber darauf werde ich gleich zu sprechen kommen.

Noch einmal, um diese Diskrepanz zu beschreiben: Es ist ja nicht nur der „Economist“, der sich jetzt ständig diesen Themen zuwendet, es ist auch die Hamburger „Zeit“, für diejenigen, denen das lieber ist. Es ist ganz offensichtlich so, dass die globalen Leit-


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begriffe der Zukunft nicht mehr „War against Terror“ sein werden oder irgendetwas in dieser Richtung, sondern „Global Warming“ und „Fight against Climate Change“, das wird doch die Sache sein. Und wenn das die Herausforderung ist, so habe ich hier den Eindruck, dass zwar wieder alles Mögliche in Programme geschrieben wird – manch­mal nicht einmal das –, dass man sich aber sonst dem seligen Wenig- und Nichtstun hingibt.

Ich möchte das noch einmal kurz ausführen anhand des Regierungsprogramms – und was dem eigentlich gegenübergestellt gehört, nämlich im Wesentlichen die Handlungs­anleitung des Wifo-Weißbuches, und das ist doch eine Politberatungs-Institution der besten Instanz und der allerersten Güte. Die Darstellung dieser Diskrepanz zeigt ein­fach die Lücke zwischen dem, was Sie glauben, tun zu sollen, beziehungsweise was Sie hier erklären, und dem, was tatsächlich nicht passiert. Dieser Unterschied könnte größer nicht sein.

Noch einmal zu Ihrem Regierungsprogramm. Um jetzt nicht den „Economist“ zu zitie­ren, aber in „SPÖ Aktuell“ – der Herr Bundeskanzler ist gerade nicht im Saal – werden die Regierungserklärung und das Regierungsprogramm beschrieben, da kommen die Wörter „Umwelt“ und „Wirtschaft“ in Kombination überhaupt nicht vor. Stattdessen macht man sich halbseitenweise Sorgen, wie man die Industrie wieder mit billigem Strom versorgen könnte oder wie überall wieder 130 km/h gefahren werden könnten. – Das ist die authentische Interpretation des Regierungsprogramms durch die Sozial­demokraten, und das war ja zu befürchten und zu erwarten.

Die Strangulierung der sinnvollen Maßnahmen des Ökostromgesetzes war ja ein böser Vorbote. Da können Sie erzählen, was Sie wollen, Herr Umweltminister, das ist doch das, was tatsächlich getan wurde, was negative Auswirkungen hat, und das ist leider und in Vorauseilung offensichtlich in Tateinheit mit der SPÖ passiert. Und Sie müssen sich dann eben vorhalten lassen, dass Sie hier regelmäßig auslassen, wenn es darauf ankommt, wirklich etwas zu tun – in einer eigenartigen populistischen Allianz.

Da ich schon das Wifo-Weißbuch angesprochen habe: Daraus geht völlig klar hervor, worum es künftig geht! – Nämlich schon auch um Klotzen und nicht um Herumkleckern und Herumtröpfeln. Die wirkliche Schaltstelle ist doch das Wirtschaftsministerium – Herr Umweltminister, Sie wissen das –, und dort wird eine Blockade nach der anderen vollführt.

Wenn jetzt gesagt wird, dass ein Energiewirtschaftsfonds oder ein Energieforschungs­fonds aufgelegt wird, dann wollen wir erstens wissen, wie der dotiert wird. Es besteht ja nach wie vor die Gefahr, dass er aufgrund einer wenig intelligenten Fusionierung von Verbund und OMV entsteht, was nämlich dazu führt, dass das Geld, das offensichtlich in der Energiewirtschaft „herumkugelt“, nicht investiert wird in alternative Energieträger und in die Chancen der heimischen Ressourcen, sondern in Gasgroßkraftwerke und in Gaspipelines von irgendwoher. Das ist doch eine völlig falsche Haltung.

Ich darf Ihnen an dieser Stelle in Erinnerung rufen, dass es nicht nur um die Chancen der heimischen Arbeitsplätze geht, sondern auch darum, Energieunabhängigkeit zu er­reichen. (Beifall bei den Grünen.)

Es kann doch nicht so sein, dass wir jeden Winter darauf warten müssen, wie Putin oder sein Nachfolger gerade aufgelegt ist oder was gerade im Nahen Osten passiert. Ganz landläufig, das versteht jeder, reden Sie draußen im Wahlkreis mit den Leuten: Der Rubel soll nicht in Moskau rollen – soll er schon, aber nicht mit unseren Energie­geldern –, sondern – da passt der Begriff „Kreislaufwirtschaft“ in doppelter Hinsicht – das Geld soll in der Region bleiben und hier arbeiten.


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Wir haben ja nicht nur die Studien des Wifo, sondern auch der TU, wir selbst haben welche für die Steiermark in Auftrag gegeben, und es kommt dabei heraus, dass, wenn wir in Richtung Energieautarkie marschieren (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glo­ckenzeichen), mit relativ wenig an Mitteln Zehntausende Arbeitsplätze allein in diesem einen Bundesland geschaffen werden müssten.

Mein Schlusssatz: In Wirklichkeit haben wir es hier mit einem Politikversagen zu tun, weniger mit einem Marktversagen, und das ist eine Phantasielosigkeit, die Sie mit zu verantworten haben. Und wenn wir in Österreich nicht gescheit investieren, bleiben die Initiativen auf EU- und globaler Ebene natürlich völlig unglaubwürdig – deshalb: Ma­chen Sie etwas! (Beifall bei den Grünen.)

12.07


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächster Redner kommt Herr Abgeordneter Weinzinger zu Wort. Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


12.07.26

Abgeordneter Lutz Weinzinger (FPÖ): Herr Bundeskanzler! Meine Damen und Her­ren auf der Regierungsbank! Sehr geehrte Frau Präsidentin! Die Glaubwürdigkeit ist ein Problem in der Umweltpolitik, hat die „Kopf-Rednerin“ dieser Debatte, Frau Eva Glawischnig, gesagt. – Da hat sie Recht.

Ich erinnere mich: Vor vielen Jahren hat im Rahmen meiner Burschenschaft Professor Otto König eine Vortragsreihe gehalten, in der er darauf hingewiesen hat, was auf uns zukommt. Das war zur Zeit der Vranitzky-Regierung, also schon sehr lange her. (Abg. Grillitsch: ... Telefon schon erfunden!) Das Telefon war damals schon erfunden, ja. Aber schon damals haben gescheite Leute erkennen können, was auf uns zukommt.

Professor König hat plastisch geschildert, wie die Hänge herunterkommen, wie die Überschwemmungen nicht mehr im Zaum zu halten sind, wie das Eis schmilzt, die Wasserreserven dadurch verloren gehen, wie das Wasser insgesamt steigen wird – und wir haben das eigentlich nicht geglaubt, wir hielten das damals, vor 15 Jahren, für eine maßlose Übertreibung.

Inzwischen kommen die Hänge herunter, inzwischen schmelzen die Gletscher, inzwi­schen gibt es Überschwemmungen, wie wir sie nicht gekannt haben. Inzwischen er­leben wir Orkane, die über Europa und über unsere Heimat fegen, wie wir sie nicht für möglich gehalten haben. – Es ist alles eingetroffen.

Seit 15 Jahren sagt die Opposition der Regierung: Macht etwas! Seit 15 Jahren sagt die Regierung: Wir machen Hervorragendes, wir sind ja ohnehin Weltmeister! Es wer­den Zahlen und Prozentsätze genannt und noch einmal Zahlen und gesagt, wie viel Geld die Regierung opfert – das ist natürlich das Geld der Steuerzahler –, um die Um­weltfragen zu lösen. – Gelöst wird aber tatsächlich gar nichts, meine Damen und Her­ren. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Dr. Mitterlehner: Das gibt es ja nicht!)

Entsinnen Sie sich, als man begann, von Europa und von der Vereinigung Europas zu reden? – Die drei Freiheiten wurden immer genannt. (Der Redner hebt die rechte Hand und zeigt mit seinen Fingern die Zahl drei. – Ruf bei der ÖVP: Vier!) – Um Gottes willen, ich habe drei Finger gezeigt. Geht es mit der Linken? – Drei Freiheiten wurden uns zugesagt: die Freiheit der Niederlassung, die Freiheit des Geldverkehrs und die Freiheit des Waren- und Dienstleistungsverkehrs. (Abg. Dr. Mitterlehner: Personen­verkehr ...!)

Meine Damen und Herren! Über die Freiheit des Warenverkehrs können Ihnen nicht nur die Bewohner Tirols sehr viel erzählen, sondern auch die Bewohner des Innvier­tels. Vielleicht ist da etwas falsch gelaufen? Vielleicht sollten wir uns einmal überlegen, ob es wirklich notwendig ist, dass ein Hemd, bis es endlich zum Verkauf kommt, bis zu


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15 000 Kilometer durch Europa reisen muss? – Weil dort die Knöpfe angenäht werden und ganz woanders die Bügelei stattfindet, weil der Stoff von dort kommt und an einem ganz anderen Ort die billige Arbeitskraft eingesetzt wird, Kinder, wenn möglich, um die­ses Hemd herzustellen.

Warum können wir nicht darüber nachdenken, unsere Wirtschaft wieder in engere Räume zu verlegen, damit diese gigantischen Transporte nicht notwendig sind? Das wäre doch etwas? – Ein kleiner Beitrag, um Klimaschutz durchzuführen.

Lippenbekenntnis Klimaschutz – ja, es ist ein Lippenbekenntnis. Ich stehe zu dem, wie Sie es tituliert haben. Jobmotor der Zukunft – das kann ich nicht sagen, aber es ist eine unbedingte Notwendigkeit, wirklich etwas zu tun und nicht wie in den letzten 15, 20 Jahren nur darüber zu reden. (Beifall bei der FPÖ.)

12.12


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der letzte Redner innerhalb der Aktuellen Stun­de ist Herr Abgeordneter Schalle. Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


12.12.39

Abgeordneter Veit Schalle (BZÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Zunächst möchte ich mich bei den österreichischen Medien, allen voran beim ORF, dafür bedan­ken, dass man in der vergangenen Woche komprimiert durch Informationssendungen und Situationsberichte die Bevölkerung mit dem Klimawandel permanent konfrontiert hat.

Im Regierungsprogramm finde ich zum Thema Umwelt keine exakten Maßnahmen; auch die Ziele sind schwammig und mit unendlich langen Fristen ausgestattet.

Sehr geehrter Herr Minister, ich habe auch Ihre Statements bei den diversen Fernseh­auftritten registriert, aber all das Gesagte ist mir zu wenig genau, zu wenig effizient, vor allem fehlen mir aber kurzfristig terminisierte Vorhaben und absehbares Handeln.

Sie haben heute gesagt, es gibt einen Masterplan. Ich hoffe, er liegt bald auf, nachdem Sie Ihre Probleme lösen wollen. Gerade in Sachen Klimaschutz ist voller Einsatz sei­tens der Regierung notwendig, die die nötigen Rahmenbedingungen zu schaffen hat.

Wir vom BZÖ, die wir schon in den beiden vergangenen Legislaturperioden vehement auf Maßnahmen zur Erreichung der Kyoto-Ziele gedrängt haben, werden daher heute wieder einen Entschließungsantrag einbringen, um dieser neuen Regierung sozusagen auf die Sprünge zu helfen.

Herr Bundesminister Pröll, ich frage Sie: Was muss noch passieren, damit Sie endlich wieder aktiv werden? Auf die derzeit stattfindenden Wetterextreme und CO2-Emissio­nen müssen doch gerade auch Sie mit der Nase stoßen. Mein Appell daher: Nicht ruhen und anstreben, sondern weitermachen und tun! Denn noch sind wir weit davon entfernt, das Kyoto-Ziel zu erreichen. Bei Nichterreichung sind Umweltkatastrophen eine nur allzu logische Folgeerscheinung, die wiederum Folgekosten bis zu 6 Milliar­den € allein in Österreich in den nächsten fünf Jahren erwarten lassen.

Aktiver Klimaschutz bedeutet für mich daher nicht, einmal jährlich im Parlament einen Bericht vorzulegen, sondern raschest und wirklich zu handeln.

Abgesehen von der Bewusstmachung bei jedem Einzelnen, für Klimaschutz etwas tun zu müssen, braucht es aber auch stützende und unterstützende Maßnahmen. Die Ein­führung eines Klimaschutzführerscheins würde sozusagen vom Kindergartenalter an ein entsprechendes lebenslanges Handeln fördern.

Apropos fördern: Es bedarf konkreter einheitlicher und lukrativer Fördermaßnahmen, dass es zu einer weiteren CO2-Reduktion kommt, sei es durch Förderprogramme bei


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der Althaussanierung in puncto Wärmedämmung oder Fenster- und Türendichtheit oder eben die jeweilige Art der Wärme- und Stromgewinnung durch die Umstellung auf erneuerbare Energie.

Ich habe mit vielen Menschen gesprochen, die sofort bereit wären, auf Solaranlagen umzustellen, aber die Kosten dafür sind zu hoch. Hier gehört ein österreichweit einheit­liches Förderprogramm aufgelegt.

Auch eine nachhaltige Feinstaubbekämpfung kann nur durch gezielte und geförderte Maßnahmen erreicht werden, zum Beispiel durch die Gratisbenutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln – wird zurzeit, glaube ich, nur in Kärnten und in der Steiermark teil­weise umgesetzt –, ebenso die Nachrüstung mit Dieselpartikelfiltern, aber auch der Einsatz von Biodiesel muss vorangetrieben werden.

Herr Minister Pröll, ich frage Sie: Wo bleibt die Aufforstung von abgeholzten Wäldern? Sie kennen doch sicher die Studien über die Wälder und Klimaschutz? Sie brauchen nur mit offenen Augen durch die Steiermark zu fahren und werden sehen, dass jahre­lang nicht mehr aufgeforstet worden ist! (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Unser 20-Punkte-Programm für ein lebenswertes Österreich ist zugleich auch ein Job­motor für die Zukunft. Klar ist, dass Österreich als EU-Mitglied seine Position in der EU durchsetzen muss. Herr Minister Pröll, auch dazu sind Sie aufgefordert! (Zwischenrufe bei der ÖVP. – Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.)

Österreich hat selbstverständlich für sich selbst zu denken und zu handeln. Der Klima­wandel ist aber ebenso ein Weltproblem, wo nur ein echtes Miteinander zum Erfolg führen kann. Und Erfolg bedeutet für mich die Hinterlassung einer intakten Umwelt an die nachfolgenden Generationen. (Präsidentin Mag. Prammer gibt neuerlich das Glo­ckenzeichen.)

Herr Kollege Hofer von der FPÖ: Ihr Vorhaben, die DVD an die Schulen zu verteilen oder diesen zur Verfügung zu stellen, ist sicher eine super Idee, aber zuerst geben wir doch dem Herrn Bundesminister das Buch von Al Gore „Eine unbequeme Wahrheit“, damit er weiß, wo es langgeht. – Danke. (Beifall beim BZÖ. – Abg. Schalle überreicht Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll ein Exemplar des genannten Buches.)

12.18


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Die Dauer der Aktuellen Stunde ist abgelaufen. Die Debatte ist geschlossen.

12.18.16Einlauf und Zuweisungen

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsge­genstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsord­nung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A. Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Schriftliche Anfragen: 257/J bis 285/J;

2. Anfragebeantwortungen: 100/AB bis 130/AB;

Anfragebeantwortung (Präsidentin des Nationalrates): 1/ABPR;

3. Regierungsvorlagen:

Bundesgesetz, mit dem eine vorläufige Vorsorge für das Finanzjahr 2007 getroffen wird (Gesetzliches Budgetprovisorium 2007) (24 d.B.),


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Bundesgesetz, mit dem das Katastrophenfondsgesetz 1996 und das Hochwasser­opferentschädigungs- und Wiederaufbau-Gesetz 2005 geändert werden (25 d.B.);

4. Ergänzung oder Änderung von Regierungsvorlagen oder Berichten:

Austauschseite zum Kulturbericht 2005 der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur (Zu III-15 d.B.).

B. Zuweisungen:

1. Zuweisungen seit der letzten Sitzung gemäß §§ 32a Abs. 4, 80 Abs. 1, 100 Abs. 4, 100b Abs. 1 und 100c Abs. 1:

Budgetausschuss:

Bericht des Bundesministers für Finanzen betreffend Verfügungen über unbewegliches Bundesvermögen im Jahr 2006 (Vorlage 5 BA),

Bericht des Bundesministers für Finanzen über die Genehmigung von Vorbelastungen für das 4. Quartal 2006 (Vorlage 6 BA);

Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen:

Petition Nr. 6 betreffend „Mitwirkungsrechte der Bevölkerung bei der Neuerrichtung von Handymasten und Erlassung eines Grenzwertgesetzes durch den Bund“, überreicht von der Abgeordneten Mag. Christine Muttonen,

Petition Nr. 7 betreffend „Um- bzw. Neubau des Bahnhofs Bruck an der Mur“, über­reicht vom Abgeordneten Erwin Spindelberger,

Petition Nr. 8 betreffend Änderung der Terminologie „Geistig abnorme Rechtsbrecher“ sowie „Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher“, überreicht vom Abgeordneten Mag. Johann Maier;

2. Zuweisungen in dieser Sitzung:

zur Enderledigung im Sinne des § 28b GOG (vorbehaltlich der endgültigen Ent­scheidung des Ausschusses):

Außenpolitischer Ausschuss:

Bericht der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend Südtirol; Auto­nomieentwicklung 2003–2006 (III-20 d.B.).

*****

Fristsetzungsantrag

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Vor Eingang in die Tagesordnung teile ich mit, dass Frau Abgeordnete Mag. Stoisits beantragt hat, dem Verfassungsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 90/A(E) betreffend Kärntner Ortstafeln eine Frist bis 6. März 2007 zu setzen.

Ferner liegt das von fünf Abgeordneten gemäß § 43 Abs. 3 der Geschäftsordnung ge­stellte Verlangen vor, eine kurze Debatte über diesen Fristsetzungsantrag durchzufüh­ren.

Diese kurze Debatte wird nach Erledigung der Tagesordnung, jedoch spätestens um 15 Uhr stattfinden.


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Behandlung der Tagesordnung

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es ist vorgeschlagen, die Debatte über die Punkte 1 und 2 der Tagesordnung zusammenzufassen.

Wird dagegen eine Einwendung erhoben? – Das ist nicht der Fall.

Wir gehen damit in die Tagesordnung ein.

Redezeitbeschränkung

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: In der Präsidialkonferenz wurde Konsens über Gestaltung und Dauer der Debatten erzielt. Demgemäß wurde eine Tagesblockzeit von 6 „Wiener Stunden“ vereinbart, sodass sich folgende Redezeiten ergeben: SPÖ und ÖVP je 90 Minuten, Grüne und FPÖ je 72 Minuten sowie BZÖ 36 Minuten.


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Wir kommen sogleich zur Abstimmung. (Abg. Scheibner: Frau Präsidentin!)

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Vorschlag zustimmen ... (Abg. Scheib­ner: Zur Geschäftsordnung!)

Zur Geschäftsordnung hat sich der stellvertretende Klubobmann Herbert Scheibner zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


12.20.01

Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Frau Präsiden­tin! Diese Vereinbarung kenne ich nicht, nämlich hinsichtlich Minutenzuteilung. Ich weiß auch nicht, auf welcher Geschäftsordnungsbestimmung diese fußt, denn nach § 57 Abs. 5 kann die Gesamtredezeit eines Klubs auf nicht weniger als 60 Minuten be­schränkt werden. Bis jetzt hat man das auch so gehalten, und ich gehe davon aus, dass das auch in Zukunft so der Fall sein wird. (Beifall beim BZÖ.)

12.20


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Klubobmann, wir schauen sofort nach, was in der Präsidiale vereinbart wurde, und genau so werden wir es nämlich machen.

Ich werde die Sitzung kurz unterbrechen, um diese Frage klären zu können.

*****

(Die Sitzung wird um 12.20 Uhr unterbrochen und um 12.28 Uhr wieder aufgenom­men.)

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Meine Damen und Herren, ich nehme die unter­brochene Sitzung wieder auf.

Wir konnten die Unklarheiten beseitigen. Es wurde eine falsche Tabelle zur Berech­nung herangezogen. Ich bedauere diesen Umstand und entschuldige mich auch dafür.

Ich stelle fest, dass laut einem früheren Präsidialprotokoll bereits die Minuten pro Frak­tion im Falle von 6 „Wiener Stunden“ vereinbart wurden, und die haben wir jetzt auch bei der Berechnung herangezogen.

Das heißt im Konkreten: Die SPÖ und die ÖVP haben je 84 Minuten Redezeit, Grüne und FPÖ je 66 Minuten sowie das BZÖ 60 Minuten. – Das ist auch die Vereinbarung aus der Präsidiale.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Vorschlag zustimmen, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

12.29.141. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 95/A der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Dr. Wolfgang Schüssel, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesministeriengesetz 1986 geändert wird (Bun­desministeriengesetz-Novelle 2007) (22 d.B.)

2. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 94/A der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Fritz Neugebauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bun­desverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird (23 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zu den Punkten 1 und 2 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gelangen damit zur Debatte.

Als Erster gelangt Herr Klubobmann Dr. Van der Bellen zu Wort. Wunschredezeit: 8 Minuten. – Bitte.

 


12.30.07

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Frau Präsidentin! Meine Da­men und Herren! Ich werde ganz kurz zu drei Punkten Stellung nehmen: erstens zur Lex Molterer, die im Widerspruch zur Geschäftsordnung steht, zweitens zum Bundes­ministeriengesetz, das wenig angekränkelt ist von funktionalen Zweckmäßigkeiten, und drittens zu einem aktuellen Fall einer schwersten Menschenrechtsverletzung, die einem Abgeordneten dieses Hauses seiner Meinung nach gerade widerfährt.

Zunächst zur Verfassungsnovelle. Kurz gesagt geht es darum, dass auch Herr Lopatka im BKA die Möglichkeit haben soll, Herrn Vizekanzler Molterer, Finanzministerium, zu vertreten. Umgekehrt sollte Staatssekretär Matznetter die Möglichkeit haben, allenfalls Bundeskanzler Gusenbauer zu vertreten. Das kann die Bundesregierung im Prinzip re­geln, wie sie gerne möchte, es ist eine Anlassgesetzgebung par excellence. Vizekanz­ler Molterer scheint vergessen zu haben, dass er keinen „eigenen“ – unter Anführungs­zeichen – Staatssekretär hat, nämlich keinen von der ÖVP, sondern nur einen von der SPÖ im Finanzministerium, sodass man versucht hat, es auf diese Weise zu regeln.

Meine Damen und Herren – das kommt davon, wenn man das so husch-pfusch irgend­wie in der Nacht regeln will –, nehmen Sie bitte zur Kenntnis – von der SPÖ genauso wie von der ÖVP –, dass diese Verfassungsbestimmung im Widerspruch zum § 19 der Geschäftsordnung dieses Hauses steht. (Beifall bei den Grünen, beim BZÖ sowie bei Abgeordneten der FPÖ.) § 19 der Geschäftsordnung des Nationalrates besagt näm­lich, dass Staatssekretäre ausschließlich in Abwesenheit jenes Mitglieds der Bundes­regierung, dem sie beigegeben sind, das Wort ergreifen können, bei dessen Anwe­senheit im Einvernehmen mit diesem. Das Wort ergreifen! Teilnehmen können sie natürlich immer. Auch heute nehmen jede Menge Minister und Staatssekretäre, Staats-


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sekretärinnen an der Sitzung teil und können teilweise nach den Bestimmungen der Geschäftsordnung das Wort ergreifen.

Aber die Verfassungsbestimmung, die Sie heute beschließen, steht in klarem Wider­spruch zum § 19 der Geschäftsordnung, und die Geschäftsordnung ist nicht irgendein Papierl, sondern unterliegt ebenfalls einer Zweidrittelabstimmung in diesem Haus. Ich erwarte von den Regierungsfraktionen, dass sie sofort dem Haus eine Bereinigung dieser Angelegenheit zuleiten, denn es ist ja nicht vorstellbar, dass wir zwei einander widersprechende Gesetze haben, beide mit Zweidrittelmehrheit in diesem Haus von SPÖ und ÖVP beschlossen. (Beifall bei den Grünen, beim BZÖ sowie bei Abgeordne­ten der FPÖ.)

Der Rest dieses Punktes, was nämlich die Rechte und Pflichten des Bundespräsiden­ten betrifft, geht in Ordnung.

Zweiter Punkt: die Bundesministeriengesetz-Novelle. Na ja, die spiegelt halt die Koaliti­onsakrobatik wider, wie halt die Interessen da im Einzelnen liegen, von funktionalen Zweckmäßigkeiten unberührt. Ich verweise nur punktuell und beispielhaft darauf, dass die Zersplitterung der Forschungsagenden, die schon in der letzten Periode beklagt wurde, weiter vorangetrieben wird statt bereinigt, jetzt sind es fünf Ministerien statt vor­her vier, und dass man andererseits nach einer Zuständigkeit für Integration von Im­migranten und Immigrantinnen vergeblich sucht. Da scheint überhaupt niemand zu­ständig zu sein, auch wenn der eine oder andere Punkt im Regierungsprogramm steht. Und so weiter. Meine Kolleginnen und Kollegen vom Grünen Klub werden dazu Stel­lung nehmen und die Ablehnung dieses Punktes durch uns begründen.

Nun zum dritten Punkt: Ein Abgeordneter dieses Hauses behauptet schwerste Men­schenrechtsverletzungen ihm gegenüber. Wenn schon fast die gesamte Bundesregie­rung hier versammelt ist und wir auch hier im Haus voll versammelt sind, dann, so meine ich, muss man das sehr ernst nehmen. Herr Abgeordneter Strache hat nämlich die Medienberichterstattung über ihn mit dem „Stürmer“ verglichen. Er hat gesagt, sie erinnere ihn an den „Stürmer“-Stil.

Meine Damen und Herren! Der „Stürmer“ war eine deutsche Wochenzeitung von 1923 bis 1945, herausgegeben von Julius Streicher. Der „Stürmer“ war ein antisemitisches Hetzblatt der Sonderklasse, wie wir alle wissen. Ich zitiere nur ganz kurz drei Leitarti­kel, einen vom September 1938, in dem Juden als „Bazillus“ und „Pest“ bezeichnet werden. Ich zitiere wörtlich:

Der Jude ist „ein Schmarotzer, ein Feind, ein Übeltäter, ein Krankheitsverbreiter, der im Interesse der Menschheit vernichtet werden muß“. – Zitatende.

Auch andere Artikel heben hervor, dass erst „nach Vernichtung des Weltjudentums“ das „jüdische Problem“ als gelöst zu betrachten sei. (Abg. Mag. Stadler: Frau Präsi­dentin! Zur Sache! Was hat das mit dem Ministeriengesetz zu tun?) – Ich komme schon zur Sache. Ich habe versucht, Ihnen das zu erklären. Ein Angehöriger dieses Hauses behauptet schwerste Menschenrechtsverletzungen ihm gegenüber, und ich nehme das sehr, sehr ernst; den Vergleich mit dem „Stürmer“ und österreichischen Medien und unserem Verhalten damit implizit.

Zweites Zitat: „Ein Strafgericht muß über die Juden in Rußland kommen, ein Strafge­richt, das ihnen das gleiche Schicksal bereitet, das jeder Mörder und Verbrecher erwar­ten muß: Todesstrafe und Hinrichtung. Die Juden in Rußland müssen getötet werden. Sie müssen mit Stumpf und Stiel ausgerottet werden.“ – Genügt das als Charakterisie­rung dieser Zeitung?


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In den Nürnberger Prozessen wurde Julius Streicher, der Herausgeber dieser Zeitung, angeklagt wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit, schuldig gesprochen, zum Tode verurteilt und 1946 hingerichtet.

Herr Strache ist jetzt leider nicht anwesend, aber ich frage ihn und ich frage Sie, meine Damen und Herren aus seinem Klub: Entweder meint Herr Strache das ernst oder er meint es nicht ernst. Wenn er diesen Vergleich ernst meint, dann erwarte ich mir gera­dezu einen Aufschrei, ein großes J’accuse gegen die Medien dieses Landes, einen Hilferuf par excellence. Und wir alle in diesem Haus müssten hinter ihm stehen, wenn er angegriffen wird im Stil des „Stürmers“. Und ich glaube, keiner von uns wäre sich zu gut dafür. Das erwarte ich mir: nicht nur einen Hilferuf an die Justizministerin, an den Innenminister, an den Bundeskanzler, den Vizekanzler, sondern an uns alle! Und diese Hilfe würde er bekommen.

Aber wenn er das nicht ernst meint, hier einen Vergleich en passant macht, so neben­bei sagt, die Medienberichterstattung in Österreich erinnert ihn an den Stil des „Stür­mers“ – was ist das dann? Was ist das dann? Ist Herr Strache der „kleine Jude“, der „zur Ausrottung freigegeben“ ist, der dem „Stürmer“ machtlos gegenübersteht? Was ist das? – Ich betrachte das als die geschmackloseste, schäbigste Version eines Ver­suchs, sich selbst zum Opfer zu stilisieren! (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeord­neten der SPÖ. – Abg. Dr. Graf: Wollen Sie ihn jetzt zum Tod verurteilen, oder was?) Ich erwarte von Herrn Strache, dass er sich in geeigneter Weise entschuldigt!

Ich erwarte aber auch zum Beispiel von meinem Kollegen Cap, der ja nach mir spre­chen wird, dass er sagt, ob auch das eine Jugendsünde, eine Jugendtorheit ist. – Das kam ja von Herrn Strache gestern so, Herr Kollege Cap!

Ich erwarte auch vom Bundeskanzler, dass er sich in geeigneter Weise zu diesem Fall äußert. Das ist nicht irgendein Vergleich, der hier gezogen wird, sondern: Das geht ins Mark des Selbstverständnisses der Demokratie, finde ich, und es war das kein Aus­rutscher vor 20 Jahren. Das war gestern! Ich erwarte mir keine Beschwichtigung oder Verharmlosung so wie in den letzten Tagen. Jedenfalls wir, die Grünen und ich werden uns damit nicht zufrieden geben! – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

12.38


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Klubobmann, ich habe an dieser Stelle festzustellen, dass Sie nicht zum Thema gesprochen haben, nicht mit einer Silbe. Ich werde jetzt versuchen, in der Debatte auch ausgewogen zu sein, weil ich Sie auch hätte unterbrechen müssen.

Als Nächster gelangt Herr Klubobmann Dr. Cap zu Wort. – Bitte.

 


12.39.29

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Herr Klubob­mann Van der Bellen, da haben Sie meine gestrige Presseaussendung nicht gelesen, auch ich habe diesen „Stürmer“-Vergleich kritisiert – und dem gibt es nichts hinzuzu­fügen. Da geht der Vorwurf oder die Aufforderung, man hätte sich dazu nicht geäußert, wirklich ins Leere. Ich habe auch in dieser meiner gestrigen Aussendung darauf hinge­wiesen, dass man die Worte auch an den Taten zu messen hat, und das wurde dann auch in der „ZiB2“ gebracht – das werden Sie auch bemerkt haben, wenn Sie „ZiB2“ geschaut haben. Somit habe ich, wie ich meine, ausführlich dazu Stellung bezogen.

Das Thema jedoch, das wir auf der heutigen Tagesordnung haben, ist das Bundesmi­nisteriengesetz. Dieses regelt die Arbeitsaufteilung zwischen den einzelnen Regie­rungsmitgliedern.

Ich denke – und darüber wird hier im Plenum jetzt diskutiert –, die Art und Weise, wie sich eine neue Regierung die Arbeitsaufteilung gibt, ist auch Ausdruck des Mehrheits-


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verhältnisses, wie es am Tag der Nationalratswahl vom Souverän, vom Wähler, zum Ausdruck gebracht wurde. Es ist natürlich auch Ausdruck dessen, wie sich zwei Koali­tionspartner in den Verhandlungen zusammengefunden haben, die beschlossen ha­ben, die Arbeitsaufteilung, die thematische Aufteilung zum Nutzen und zum Wohle des Landes zu gestalten.

Ich glaube, dass es positiv ist, dass es ein Recht des Parlaments ist, darüber zu befin­den, es hier zu diskutieren und letztlich diese Arbeitsaufteilung zu beschließen – so wie es sehr, sehr positiv und ein Ausdruck von Demokratie ist, dass hier im Haus auch die Hoheit über Budget, über Finanzierung, indem hier eben die Budgetdebatten stattfin­den und das Staatsbudget zu beschließen ist, zum Ausdruck kommt.

Das ist natürlich eine heikle Balance, die hier zu berücksichtigen ist, eine heikle Ba­lance zwischen den beiden Regierungsparteien und ihren Mitgliedern in der Regierung, aber auch eine heikle Balance zwischen der Exekutive und der Legislative. Und auf diese wollen wir immer sehr genau schauen, weil wir glauben, dass es wichtig ist, dass dieses Parlament möglichst in diese Entscheidungsprozesse demokratisch einbezogen ist, dass die Regierungsfraktionen selbstverständlich – aber das ist im Innenverhältnis zu klären – in diese Meinungsbildungs- und Entscheidungsprozesse auf der Basis des Regierungsübereinkommens einbezogen sind.

Zugleich wollen wir auch dafür sorgen, dass hier die Rechte, die Möglichkeiten, aber auch der Umgang mit den Oppositionsparteien verbessert werden und dass vieles, was vielleicht in der Vergangenheit üblich war, hier nicht mehr stattfindet. (Abg. Ing. Westenthaler: Deshalb schickt man nur mehr den Staatssekretär!)

Herr Klubobmann Westenthaler, ich habe jetzt Ihren Antrag zu der Vertretungsge­schichte, den Sie freundlicherweise an die Klubs verteilt haben, studiert und darf Ihnen sagen: Ein bisschen sind Sie geistig noch in der Regierung! (Abg. Ing. Westenthaler schüttelt verneinend den Kopf.)

Es hat sich jetzt sehr vieles geändert: Wir sind zum Beispiel sehr sensibel, was die Frage der Vertretung betrifft. Wir legen großen Wert darauf, dass das angesprochene Regierungsmitglied größtenteils hier präsent ist, wenn es eine parlamentarische Aktion gibt. Es kann natürlich eine Situation geben – zum Beispiel aufgrund der Mitgliedschaft in der Europäischen Union et cetera –, wo dann eine Vertretung notwendig ist. (Abg. Scheibner: Das gibt es jetzt schon!) Das weiß ich. (Abg. Scheibner: Da kann man nichts ändern!) Aber wir legen jetzt schon größten Wert darauf, dass diese Vertretung hier im Endeffekt garantiert ist.

Nun möchte ich kurz auf die Diskussion im Verfassungsausschuss Bezug nehmen. Ich nehme die Kritik gerne auf, dass wir uns in Zukunft bemühen sollen, dass, wenn Vorla­gen kommen, diese rechtzeitig zum Studium durch die Oppositionsparteien eintreffen. Ich gebe zu, dass es diesmal nicht in dieser Perfektion gelungen ist, aber wir wollen uns in Zukunft bemühen, dass das möglich ist.

Aber wichtig ist natürlich der Geist einer Regierungszusammenarbeit, und der Geist einer Regierungszusammenarbeit ist eine Frage, die nicht nur im strengen Sinn poli­tisch-inhaltlich zu beantworten ist, sondern auch dahin gehend zu beantworten ist, ob es hier eine Teamstruktur, einen Teamcharakter gibt, nämlich ob die einzelnen Ministe­rien, wo es besondere Berührungspunkte gibt, die von den beiden Regierungsfrak­tionen unterschiedlich besetzt sind, zu einer Zusammenarbeit finden, damit es Er­gebnisse gibt, mit denen wir hier stolz vor dem Plenum auftreten können und dieselben präsentieren können.

Ich glaube, dass das wichtig ist, und es sollte sich auch unterscheiden, und daher wer­den wir jetzt versuchen – wir werden sehen, ob es gelingt –, hier eine Koalition-neu zu


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entwickeln. „Koalition-neu“ heißt, die Fehler der großen Koalition, wie sie vor 2000, noch vor 1999, mit Sicherheit stattgefunden haben, nicht zu wiederholen. Dazu gehö­ren der Umgang miteinander, eine funktionierende Teamstruktur, ein funktionierendes Informationssystem, aber auch eine Konfliktkultur, die so gestaltet ist, dass jeder Kon­flikt, jede Meinungsdifferenz zum Nutzen und zum Wohle des Landes und der Men­schen, die hier arbeiten und hier leben, umgesetzt wird, dass es hier nicht eine bloße Streitkultur und einen bloßen Konflikt um des Konfliktes willen gibt. – Das sind lauter Dinge, die, wie ich meine, ganz, ganz wichtig sind und wo man Schwerpunkte zu set­zen hat.

Ich möchte mit besonderer Freude zum Ausdruck bringen, dass es gelungen ist, im Kulturbereich eine kompetenzmäßige Konzentration durchzuführen. Ich glaube, dass das zum Nutzen der Kulturschaffenden, des Kulturlandes Österreich sein wird. Das kann man sehen, wenn man sich die Arbeitsaufteilung genau ansieht.

Wenn wirklich versucht wird, sich auch bei denjenigen Punkten der Regierungserklä­rung, die vielleicht noch nicht präzise formuliert sind, und bei denjenigen Punkten der Regierungserklärung, in denen drinnen steht, dass es dazu Arbeitsgruppen oder Ex­pertengruppen geben soll, bei der Präzisierung voll einzubringen, dann glaube ich, dass wir im Zuge der Tätigkeit in den Ressorts, aber auch in den Ausschüssen im Par­lament, wirklich eine konkrete nutzvolle Umsetzung für das Land erreichen. Das gilt natürlich auch dann, wenn es darum geht, bei der Erstellung des Budgets das Geld dafür aufzutreiben, wo es auch wieder darum geht, dass das zum Nutzen des Landes auch wirklich geschieht.

Also ich bin guter Hoffnung, dass von diesen Prinzipien her, von dieser Orientierung her versucht wird, die Arbeit aufzunehmen.

Auch da gilt: An unseren Taten werden wir zu messen sein! Diejenigen, die uns mes­sen werden, werden sowohl das Hohe Haus als auch insbesondere die Bevölkerung sein. Ich denke, wir sind gut beraten, wenn wir versuchen, aus diesem Projekt für Österreich etwas Sinnvolles und Nutzbringendes zu machen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

12.46


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Mag. Stadler zu Wort. 10 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.

 


12.46.23

Abgeordneter Mag. Ewald Stadler (FPÖ): Herr Bundeskanzler! Meine Damen und Herren von der Bundesregierung! Hohes Haus! Herr Kollege Klubobmann Van der Bellen, auf diese Seife steigen wir Ihnen nicht: Wenn Sie zu diesem Ministeriengesetz und zu diesem Verfassungsmissbrauch, wie wir meinen, nicht mehr zu sagen haben, als Sie heute von dieser Rostra aus gesagt haben, und daher ein anderes Thema suchen, ist das Ihr Problem und das Problem Ihrer Fraktion. Dass wir jetzt alle auf diese Ihre Äußerung eingehen, um uns von Ihnen die Debatte aufzwingen zu lassen, das findet nicht statt, das können Sie vergessen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Öllinger: Von Ihnen hätte es uns schon interessiert!)

Das können Sie vergessen! Sie haben nach der Geschäftsordnung andere Möglichkei­ten, wenn Sie eine ernsthafte Debatte führen wollen. So fangen wir das gar nicht erst an – unter Missbrauch der Geschäftsordnung!

Ich habe Ihre Wortmeldungen noch in Erinnerung, als Sie uns – wie der Herr Profes­sor! –, als wir noch da saßen, alle gemahnt haben, dass wir die Geschäftsordnung nicht missbrauchen sollen. – Heute haben Sie ein beredtes Beispiel dafür geliefert! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Van der Bellen: Überhaupt nicht!)


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Meine Damen und Herren, nun aber zur Sache selber: Man könnte bei dieser Bundes­regierung das eine oder andere mit Humor nehmen. Dass wir einen Verteidigungs­minister haben, der Zivildiener ist, das nimmt man mit Humor. Dass wir eine Familien­ministerin haben, die keine Kinder mag, das ist schon mit weniger Humor zu nehmen. (Abg. Dr. Schüssel: Das ist absolut unfair! Das stimmt überhaupt nicht! Nehmen Sie das zurück!)

Meine Damen und Herren, das können Sie ja nachlesen! (Abg. Dr. Schüssel: Nehmen Sie das zurück!)

Aber, meine Damen und Herren, dass Sie sich gleich bei der ersten Aktion, wenn die große Koalition sich hier herinnen zur ersten Arbeitssitzung präsentiert, an der Verfas­sung vergehen ... (Abg. Dr. Schüssel: Nehmen Sie das zurück!) – Herr Klubobmann, Sie haben dann die Möglichkeit, das richtigzustellen. (Abg. Dr. Schüssel: Nehmen Sie das zurück, Herr Abgeordneter!) Sie können das in Büchern nachlesen.

Wenn Sie sich aber, meine Damen und Herren, gleich in der ersten Arbeitssitzung an der Verfassung vergehen, dann ist Schluss mit Humor (Abg. Dr. Schüssel: Nehmen Sie das zurück!), denn das, was Sie heute hier machen, ist, dass Sie zum ersten Mal die große Koalition in eine Verfassungsbestimmung hineinschreiben. Es haben selbst frühere Koalitionen nicht gewagt, in die Verfassung eine Vertretungsregelung hineinzu­schreiben, die nur auf das Misstrauen von zwei Parteien gründet, die miteinander eine Regierung bilden müssen, weil es keine andere Koalitionsmehrheit gibt und weil keine eine Mehrheit zustande gebracht hat. (Beifall bei der FPÖ.)

Meine Damen und Herren, das ist der erste wirkliche Sündenfall! Herr Kollege Cap, Sie haben geschworen, Sie machen es anders. – Das ist der erste Sündenfall gegen die Bundesverfassung!

Weil Sie schludrig gegen die Bundesverfassung sind, wo zwei Staatssekretäre jeweils Minister und Bundeskanzler vertreten sollen, was so überhaupt nicht in die Systematik passt – das wissen Sie ganz genau –, weil Sie dort in der Schludrigkeit schon schludrig sind, ist das auch noch ein Widerspruch zur Geschäftsordnung. Da hat der Kollege Van der Bellen Recht: Es korrespondiert nicht mit der Bestimmung im § 19 der Ge­schäftsordnung. Das heißt, dass wir, wenn diese Bestimmung aufrecht bleibt, in Zu­kunft hier herinnen Staatssekretäre haben werden, die zwar schweigen dürfen, die hier anwesend sind, die hier vertreten dürfen, die aber nichts sagen dürfen.

Schauen Sie, Sie können das Ganze einfach machen: Sie brauchen nicht die Ge­schäftsordnung auch noch an Ihre große Koalition anzupassen; unterlassen Sie ein­fach heute diese unsinnige Vertretungsregelung! (Beifall bei der FPÖ.)

Das Einzige dieser Vertretungsregelung, meine Damen und Herren, ist nämlich der Missbrauch großkoalitionärer Macht. Herr Kollege Cap, Sie haben gesagt, Sie machen es anders. – Sie machen es genauso wie bisher! Das ist der erste Fall des Miss­brauchs großkoalitionärer Macht, und es verheißt nichts Gutes, wenn Sie so weitertun.

Wenn Sie schon gewollt hätten, dass der Herr Lopatka den Herrn Molterer und der Herr Matznetter den Herrn Bundeskanzler vertritt, warum ist dann der Herr Matznetter nicht im Bundeskanzleramt Staatssekretär geworden und der Herr Lopatka beim Finanzminister? Das wäre doch ganz einfach gewesen, da bräuchte es diese Vertre­tungsregelung nicht. Oder trauen Sie sich untereinander so gar nicht, sodass der Lo­patka auf den Herrn Bundeskanzler aufpassen muss und der Herr Matznetter auf den Herrn Molterer? – Das ist großkoalitionäre Logik, das kennen wir alles, meine Damen und Herren! (Abg. Hornek: ... Strache!)

Aber dass Sie daraus jetzt auch noch einen Verfassungsmissbrauch konstruieren, das ist ein starkes Stück! (Abg. Hornek: Passen Sie auf Ihre Finger auf!) Ich empfehle


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Ihnen, meine Damen und Herren, bevor Sie sich echauffieren und ins Messer rennen, gleich ein bisschen Studium der Bundesverfassung.

Die Bundesverfassung sieht im Artikel 78 Abs. 2 und 3 vor, dass der Staatssekretär in einem Weisungsverhältnis zum Bundesminister steht, dem er beigegeben wurde. Wir werden also jetzt die skurrile Situation haben, dass wir hier Staatssekretäre in Ver­tretung eines Regierungsmitgliedes haben werden, denen gegenüber dieses Regie­rungsmitglied nicht einmal weisungsberechtigt ist. Das heißt, die Weisungskette und somit die politische und verfassungsrechtliche Verantwortungskette ist damit durchbro­chen. Wir werden hier Staatssekretäre haben, die gar nicht in der verfassungsrechtli­chen Verantwortung stehen für jenes Regierungsmitglied, das sie hier vertreten sollen, weil sie einem ganz anderen Regierungsmitglied beigegeben wurden.

Meine Damen und Herren, das kann auch jemand vom Bauernbund begreifen, wenn ich Ihnen das referiere. (Abg. Dr. Schüssel: Was soll das? – Abg. Dr. Sonnberger: Diese Arroganz ist nicht übertreffbar! Das ist unerhört!) Das ist wohl so einfach, meine Damen und Herren! (Weitere heftige Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ja, wir wissen das alles. Schauen Sie, die Gewerkschaftsfunktionäre schweigen dazu betroffen, weil sie genau wissen, dass es Ihr Misstrauen gegen die rote Reichshälfte ist. Das ist der ganze Hintergrund! (Neuerliche Zwischenrufe bei der ÖVP.) Diese Regelung, die Sie heute verlangen, ist das „schwarze Misstrauen“ gegen die „rote Bud­getpolitik“, die Sie befürchten. Deswegen hat der Herr Bundeskanzler, bevor er Bun­deskanzler wurde, schon eine Erklärung unterschreiben müssen, dass er die Finanzen des „schönsten Finanzministers aller Zeiten“ nicht antastet, meine Damen und Herren. Weil Sie dem noch immer nicht trauen, müssen Sie jetzt eine gegenseitige Kontroll- und Vertretungsregelung in die Verfassung schreiben, meine Damen und Herren.

Das nenne ich Missbrauch der Verfassung! Das wiegt schwerer als der Versuch, den der Herr Kollege Van der Bellen in einer Fortführung der Debatte heute probiert hat. Das ist ein Missbrauch der Verfassung! (Beifall bei der FPÖ.)

Ein Missbrauch an der Verfassung gleich zu Beginn einer großen Koalition wiegt sehr schwer, Herr Bundeskanzler außer Dienst. Sie als Klubobmann hätten das wirklich anders regeln können. Wenn Sie Ihrem „Zwangspartner“ schon nicht trauen, dann gibt es andere Möglichkeiten, eine Kontrolle herzustellen. Aber bitte, um Himmels willen! Früher hat man wenigstens noch die Verfassung in Ruhe gelassen. Früher hat man, wenn man schon die Verfassung schludrig an großkoalitionäre Misstrauensverhältnisse anzupassen begonnen hat, wenigstens auch noch gleichzeitig die Geschäftsordnung mit im Auge gehabt.

Das ist jetzt schon der Beginn Ihres Umgangs mit dem Parlamentarismus und mit dem Parlament, indem man von vornherein sagt: Was in der Geschäftsordnung steht, das interessiert uns nicht, wir haben uns das untereinander ausgemacht, da fährt die Eisenbahn drüber! Der Artikel 78 unserer Bundesverfassung wird schlicht und einfach an die koalitionären Notwendigkeiten angepasst!

Meine Damen und Herren, das ist kein Umgang, den ein verfassungstreuer Parla­mentarier unwidersprochen hier im Haus zur Kenntnis nehmen darf! Das ist der zent­rale Punkt des Missbrauchs, den Sie heute hier machen! (Beifall bei der FPÖ.)

Ich habe auf Grund dieser Redezeitvereinbarung zu wenig Redezeit (Abg. Grillitsch: Viel zu viel!), um Ihnen noch klar ... (Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Schauen Sie, wenn ich weiß, dass sich die ÖVP aufregt, dann weiß ich, dass ich absolut richtig liege, meine Damen und Herren. Das ist ein verlässlicher Indikator! Das war immer noch so. (Neuerliche Zwischenrufe bei der ÖVP.)


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Schauen Sie, Ihren ganzen Schwüren über die Budgetdisziplin wird schon allein durch ein heute in Rede stehendes Faktum widersprochen: Wir haben die Eitelkeit einer Außenministerin, die nicht mehr Außenministerin sein will. Jetzt will sie „International-Ministerin“ sein. Daher muss sich das gesamte Ministerium umbenennen – das bringt enorme Kosten mit sich –, alles muss geändert werden, weil aus Eitelkeit eine Minis­terin sagt: Ich will nicht mehr Außenministerin sein! – wie das Generationen von Minis­tern davor waren.

Schütteln Sie nicht den Kopf, das war Ihre Idee, haben Sie sogar gesagt. (Zwischen­rufe bei der ÖVP.) Sie haben sogar gesagt, dass Sie diese „glorreiche“ Änderung er­funden haben. Das ist mit einem Millionenaufwand verbunden, das wissen Sie genau!

Wissen Sie, wenn man Budgetdisziplin bis hinunter zum letzten Beamten einmahnt, dann sollte man mit gutem Beispiel vorangehen und nicht solche unsinnigen Eitelkeiten veranstalten, meine Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ.)

Obwohl Sie – und damit bin ich wieder beim Kollegen Cap – geschworen haben, dass Sie dieses Bundesministeriengesetz und die Kompetenzverteilung im Gesetz so ge­stalten werden, dass es vernünftige arrondierte Besitzstände gibt, dass es handlungs­fähige Minister gibt, sind Sie im Wissenschafts- und Bildungsbereich hergegangen und haben die Agenden dort auf vier, fünf Ministerien zersplittert. – Das Landwirtschafts­ministerium, meine Damen und Herren von der grünen Fraktion, haben Sie vergessen, aufzulisten. Da sind nämlich auch noch Wissenschaftskompetenzen angesiedelt.

Nicht nur, dass man den Studenten in diesem Land Dinge versprochen hat, die man dann umgeschmissen hat, gehen Sie jetzt auch noch her und splitten den wichtigen, für alle unstrittig zukunftsträchtigen Wissenschafts- und Bildungsbereich auch noch auf, weil Sie sich untereinander so „viel“ trauen, dass keiner alleine die Macht haben darf, in Zukunft über Bildung und Wissenschaft allein zu befinden. Aber Sie versuchen damit auch noch, Ministerien mit Kompetenzen aufzufetten, wo, wenn sie die nicht hätten, kein Mensch erklären könnte, warum diese Damen und Herren auf der Regie­rungsbank sitzen und ein Gehalt dafür beziehen.

Meine Damen und Herren, das ist das Problem dahinter! Daher diese Aufsplitterung im Wissenschafts- und Bildungsbereich.

Sie sind nicht auf die Idee gekommen, den Bauernbereich oder den Arbeitnehmer­bereich aufzusplitten. Das haben Sie sich nicht getraut, zu machen. Aber über den Wissenschafts- und Bildungsbereich steigt man drüber. Und das halte ich für die nächste Sünde, meine Damen und Herren!

Ich richte diese Worte vor allem an Sie, meine Damen und Herren von der Sozialdemo­kratie: Wenn Sie so weitermachen, dass Sie sich von der ÖVP dermaßen am Nasen­ring vorführen lassen, dass Sie wegen der ÖVP und wegen des Misstrauens der ÖVP Verfassungen ändern müssen, dass Sie wegen des Misstrauens der ÖVP Ministerien aufsplitten müssen, wo man schon mühsam versucht hat, die Kompetenztatbestände zu arrondieren, wenn das die Politik der Zukunft ist, dann verheißt diese große Koali­tion in Zukunft wirklich nichts Gutes! (Beifall bei der FPÖ.)

12.55


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Klubobmann Dr. Schüssel zu Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. – Bitte.

 


12.56.08

Abgeordneter Dr. Wolfgang Schüssel (ÖVP): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Zu­nächst einmal: Es ist interessant, dass Abgeordneter Stadler schon vermutet, die Koali­tionsparteien trauten einander nicht, und sich deshalb Sorgen macht. – Ich habe ir­gendwo gelesen, Ihr Parteiobmann traut Ihnen nicht. Und das verstehe ich, ehrlich ge-


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sagt, nach dieser Rede, und zwar sehr gut. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Mag. Stadler: Deswegen ändern wir aber keine Verfassung!)

Zweitens: Es ist eine humorfreie Zone in diesem Bereich. Wenn Sie als einer, der be­hauptet, christliche Werte vertreten zu wollen, eine Familienministerin apostrophieren als die, „die angeblich keine Kinder mag“, in Wahrheit – leider, sagt sie – selber keine Kinder bekommen konnte, dann ist das eine ungeheuerliche Unterstellung und eine Frechheit! Wir weisen das entschieden zurück! (Beifall bei ÖVP, SPÖ und den Grü­nen. – Zwischenruf des Abg. Mag. Stadler.)

Sie sollten, Herr ehemaliger Volksanwalt, auch ein bisschen mehr Respekt vor 200 000 Bauern und Bäuerinnen haben, denen Sie offensichtlich nicht genügend Intel­ligenz zutrauen. Auch das weisen wir an dieser Stelle zurück! (Neuerlicher Beifall bei ÖVP, SPÖ und den Grünen.)

Meine Damen und Herren, wir beschließen heute eine Arbeitsaufteilung der Bundesre­gierung – das Bundesministeriengesetz ist ja nichts anderes –, und natürlich ist es so, dass am Anfang einer Legislaturperiode für vier Jahre die Aufgaben eben neu zugeord­net werden. Daher ist das keine Verschwendung, sondern die Frage ist: Was ist sinn­voll?

Was mich freut, ist, dass einige wesentliche Elemente auf dem bewährten Grundkon­zept der letzten Jahre aufbauen. So sind zum Beispiel die Infrastrukturagenden zusam­mengefasst geblieben: Schiene, Straße, Luftraum. Das finde ich sehr, sehr sinnvoll.

Wir haben Landwirtschaft und Umwelt zusammengefasst gelassen – ein echtes Le­bensministerium, wo von der Nahrung bis zur Luft, zum Wasser, zur Betreuung des ländlichen Raumes alles enthalten ist.

Auch die Agenden von Wirtschaft und Arbeit sind zusammengefasst geblieben – eine sehr sinnvolle Kombination!

Herr Abgeordneter und Professor Van der Bellen, bei allem Respekt, Sie haben zu Recht die Sprache und den Stil eingemahnt – ich komme dann noch darauf zurück –, aber eines möchte ich Ihnen schon sagen: Sie haben im Jahr 2000 diese sinnvolle Zusammenlegung von Wirtschaft und Arbeit – das sind zwei Seiten derselben Münze – mit dem Ständestaat verglichen. (Abg. Dr. Van der Bellen: Ja!) Und es gab eine Aus­sendung des Gewerkschaftsbundes, der das mit der Nazi-Zeit verglichen hat. – Das ist genauso unpassend! (Abg. Öllinger: Nein, das ist es nicht!)

Es ist eine sinnvolle sachliche Zusammenarbeit, die sich für die Jugendbeschäftigung, für die Vollbeschäftigung bewähren soll. Und immerhin gibt es jetzt auch eine neue Staatssekretärin für Arbeit, die das sehr gut machen wird. (Beifall bei der ÖVP.)

Im Bereich der Bildung sind jetzt die Kulturagenden zusammengefasst. Das finde ich sehr gescheit. Schön wäre es gewesen – Wittmann hat das einst verlangt, zwei Mal, 2000 und 2003 –, wenn man das auch bei der Forschung gemacht hätte. Das bleibt jetzt dem Fingerspitzengefühl mehrerer Ministerien überlassen. Aber ich bin sicher, dass die sich durchaus mühen werden, hier etwas Positives zustande zu bringen.

Die Bildung wird auf vier Schultern verteilt, was auch, glaube ich, durchaus sinnvoll ist, um hier etwas gemeinsam weiterzubringen.

Zur Staatssekretär-Regelung: Ich bin da ganz anderer Meinung als die Opposition. Ich sage Ihnen ehrlich – auch aus meiner langjährigen Praxis; ich war über achtzehn Jahre in der Regierung –: Wir haben heute eine völlig neue Situation. In der österreichischen Präsidentschaft gab es 51 Ministerräte, formelle und informelle. In der deutschen Präsi­dentschaft gab es bisher, glaube ich, 45 oder 46 solcher Treffen.


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Es ist doch an sich seltsam: Nach der österreichischen Verfassung kann jeder Staats­sekretär jeden Minister in der EU vertreten, aber er kann zum Beispiel nicht hier im Hohen Haus, im Plenum oder in einem Ausschuss, das vertreten und erklären, was er in Vertretung des Bundesministers oder der Bundesministerin in Brüssel, in Luxemburg oder wo immer verhandelt hat.

Daher: Meiner Meinung nach, wenn man schon auf Sparsamkeit und Flexibilität Wert legt, dann wäre mein Ansatz, dass man durchaus im Interesse des Teamcharakters in der österreichischen Bundesregierung wechselseitige Vertretungsregelungen ermög­licht. Meiner Auffassung nach wäre das der richtige Ansatz.

Wir haben zusätzlich auch noch Wünsche des Bundespräsidenten erfüllt: Er bekommt die Diensthoheit für die Präsidentschaftskanzlei, er bekommt die gleiche Vertretungs­regelung in der EU. (Abg. Mag. Stadler: Das ist wieder ganz was anderes!) Daher: Hören Sie auf mit der Legende, das sei eine „Lex Molterer“! Das ist eine sehr sinnvolle Regelung, die wir heute hier treffen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Mit Erlaubnis der Präsidentin möchte ich aber auch einige Worte zu dem Thema spre­chen, das sowohl Professor Van der Bellen als auch kurz Klubobmann Cap und Mag. Stadler angesprochen haben. (Präsident Dr. Spindelegger übernimmt den Vor­sitz.)

Ganz offen gestanden: Ich habe es sehr begrüßt, dass Klubobmann Strache eine Dis­tanzierung von der NS-Zeit vorgenommen hat. Ich halte das für absolut sinnvoll und notwendig, denn es muss so sein, dass wir in Österreich mit diesen dunklen Kapiteln der österreichischen Geschichte ein für alle Mal Klartext reden. Es kann nicht sein, dass hier Schatten übrig bleiben. Natürlich ist es so, dass es gerade in diesem Bereich bei Jugendlichen immer wieder eine Nähe – auch heute noch – zu Gewaltbereitschaft, eine Nähe zu rechtsradikalem Gedankengut, zur Leugnung etwa des Holocaust und vieler andere Dinge gibt – das muss man sehen –, auch eine Neigung, sich soldatisch, sich quasi-soldatisch zu gewanden und an Kampfspielen teilzunehmen.

Da kommt jetzt der Punkt dazu. (Abg. Öllinger: Auch ältere!) – Auch ältere, ja. Aber ich glaube, es ist wichtig, dass wir durchaus auch die Vorbildfunktion von Politik anneh­men und hier auch die richtigen Worte finden. (Abg. Dr. Graf: Manche schießen auch auf Bilder ...!) Und deswegen sage ich jetzt ganz offen: Es war spät, aber wichtig, eine solche Distanzierung vorzunehmen, nur: Sich von der Historie zu distanzieren, ist ja einfach, das hat noch jede Regierung getan und noch jeder ernst zu nehmende Poli­tiker. Das ist doch ganz klar. Der wirkliche Test aber ist meiner Meinung nach der, wie wir heute mit diesen Dingen umgehen, was wir heute den jungen Menschen vorleben: ob wir in der Lage sind, Feindbilder abzubauen, ob wir in der Lage sind, etwa in der Sprache eine zwar durchaus konfliktreiche Auseinandersetzung, aber mit friedvollen Mitteln, mit demokratischen Mitteln zu führen, ob wir in der Lage sind, Feindbildern ab­zuschwören, oder ob wir in den Wahlkämpfen in der Polarisierung, in der Zuspitzung immer noch ein Stückerl draufgeben. Das ist der entscheidende Punkt. (Beifall bei der ÖVP.)

Und da sage ich ganz offen: Da war es mir zu wenig. Herr Klubobmann Strache, da war es mir zu wenig.

Was mir noch aufgefallen ist – und da bin ich auch der Meinung von Klubobmann Van der Bellen –: Es geht nicht an, in einer Distanzierung vom „Dritten Reich“, von der Neo­nazi-Szene und von all diesen Dingen gleichzeitig sofort zum Gegenangriff anzutreten und die österreichischen Medien jetzt auch nur in die Nähe vom „Stürmer“, oder was weiß ich, zu rücken!


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Ich bin ein gutes Beispiel dafür, dass ich durchaus manches einstecken musste – man­ches auch zu Recht – von der österreichischen Medienszene, aber auch nur annä­hernd den Gedanken – nur den Gedanken! – zu haben, das habe irgendetwas mit tota­litären Regimes zu tun: Freunde, das ist jenseits! Das kann nicht sein! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von SPÖ und Grünen.)

Da muss auch das ganze Haus aufstehen und die österreichische Presselandschaft und die Journalistinnen und Journalisten in Schutz nehmen.

Herr Klubobmann Strache, Sie haben es auch nicht notwendig, Alfred Finz da herein­zunehmen. Ich habe viel Verständnis für Ihre Situation, wenn da aus dem rechtsradika­len Eck plötzlich Fotos aus Ihrer Jugendzeit auftauchen. Dass Sie dann aber plötzlich ebenso irgendwelche Fotos herhalten und den Eindruck erwecken wollen – und das ist nichts anderes –, Alfred Finz hätte etwas mit dieser Szene zu tun, mit Küssel, Honsik oder wem immer, das geht nicht! Alfred Finz war seit dem 15. Lebensjahr bei einer katholischen Verbindung, bei einer Mittelschülerverbindung. Seine Familie war in vielen Bereichen Opfer des Nationalsozialismus – die Großmutter wurde beispielsweise in Gugging umgebracht.

Wissen Sie überhaupt, was mit solchen Dingen leichtfertig angerichtet wird?! Wenn Sie, manchmal vielleicht zu Recht, das Gefühl haben, Ihnen geschieht Unrecht, dann überlegen Sie, was Sie mit solchen Vergleichen mit den Medien, mit Alfred Finz oder mit anderen Dingen anrichten!

Daher: Wenn schon, dann Distanzierung zu 100 Prozent: von der Geschichte dazu, aber auch von gegenwärtigen Tendenzen, die es natürlich immer gibt und die nicht nur vielleicht in einer politischen Gruppe beheimatet sind. Dann muss das ein Vorbild sein, wie wir in dieser neuen Legislaturperiode miteinander umgehen wollen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.) Nicht ausgrenzen, miteinander reden, aber sagen, was ist – und nicht verharmlosen! – Ich danke. (Anhaltender Beifall bei der ÖVP.)

13.05


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Klubobmann Strache zu Wort gemeldet. Ich mache Sie auf § 58 der Geschäfts­ordnung aufmerksam. Redezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


13.06.03

Abgeordneter Heinz-Christian Strache (FPÖ): Herr Klubobmann Dr. Schüssel hat behauptet, ich vertraue Mag. Ewald Stadler nicht. (Heiterkeit bei der ÖVP.)

Ich stelle richtig, dass Mag. Stadler vielmehr mein Vertrauen genießt, denn sonst wäre er nicht Klubobmann-Stellvertreter. Das muss man hier auch einmal richtig stellen. (Ruf bei der ÖVP: Ist schon daneben!)

Sie haben behauptet, ich hätte die Medien im Allgemeinen in Richtung „Stürmer“-Stil gebracht.

Nein! Ich stelle richtig: Ich habe ein Medium damit in Verbindung gebracht, denn was hier an Diffamierung, Denunziation und Manipulation stattgefunden hat, ist skandalös! (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Dr. Van der Bellen: Welches? – Abg. Brosz: Welches Medium?)

Sie haben behauptet, dass ein Foto offenbar nicht den Tatsachen entspricht.

Es ist Tatsache, dass es leider ein Foto von Herrn Staatssekretär Finz und Herrn Gott­fried Küssel gibt. Das ist eine Tatsache. – Und nicht mehr und nicht weniger habe ich festgemacht.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 47

Ich stelle weiters richtig, dass ich niemanden in ein rechtes Eck gestellt, sondern nur angemerkt habe, dass diese unglaublichen Darstellungen auch bei anderen Personen, wenn man gemein sein und diffamieren will, illustrierbar sind. – Nicht mehr und nicht weniger. (Beifall bei der FPÖ.)

13.07


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Herr Klubobmann, ich möchte Sie nur daran erinnern, dass der § 58 der Geschäftsordnung etwas anderes unter einer tatsächlichen Berichtigung versteht.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Klubobmann Ing. Westenthaler. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte.

 


13.07.38

Abgeordneter Ing. Peter Westenthaler (BZÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Geschätzte Bundesregierung! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte nur kurz auf das vorher Gesagte eingehen, weil es heute in der Debatte um das Bundesmi­nisteriengesetz und um die Regierung so viele kritikwürdige Punkte gibt. Ich gehe nicht konform mit Van der Bellen und meine nicht, dass man eine so wichtige Debatte – da geht es auch um das Hohe Haus – jetzt mit anderen Themen überfrachten sollte. Diese Debatte ist zu führen und man soll sie führen, ich bin dafür, aber nicht beim jetzigen Tagesordnungspunkt.

Trotzdem zwei Sätze dazu. Vor allem die gestrige Verteidigungslinie Ihres Klubob­mannes Strache ist zu verurteilen. Da waren diese zwei Punkte drinnen, sowohl diese „Stürmer“-Geschichte, aber es war mindestens genauso völlig absurd und selbstver­ständlich Unsinn, untadelige andere Politiker ein bisschen als Schutzschild für die eige­ne Verteidigungsstrategie zu verwenden.

Ich sage Ihnen etwas, Herr Kollege Graf und Herr Kollege Strache: Ich habe Herrn Staatssekretär Finz kennengelernt. Ihn jetzt in eine solche Reihe zu stellen, ihn hier anzupatzen und ihn in die Nähe einer fürchterlichen Ideologie zu rücken, das ist wirk­lich unfair, denn Herr Staatssekretär Finz ist ein untadeliger Mann, ein integrer Mann, der nichts verbrochen hat; und dem darf man das auch nicht vorwerfen, wie Sie es gestern getan haben. (Beifall bei BZÖ und ÖVP.)

Ähnliches gilt übrigens auch für mich selber, als Sie ein Foto aus einer Pressekonfe­renz hergezeigt haben, in der ich über Steuerreformen gesprochen habe, ich aber auch in eine Reihe mit irgendwelchen Wehrsportfotos gestellt werde. (Abg. Strache: Diffa­mieren, austeilen, aber selbst wehleidig sein!) – Herr Strache, überlegen Sie einmal selber: Das ist nicht nur unfair, sondern das ist auch keine Verteidigungsstrategie, es beschädigt Sie ja selber weiter!

Es würde Ihnen kein Zacken aus der Krone fallen, wenn Sie hier herauskommen und sagen: Dieser „Stürmer“-Vergleich, auch die Aufzählung anderer und die In-die-Nähe-Rückung anderer zu irgendwelchen ideologischen Abgründen, das war nicht so ge­meint. Das könnten Sie auch einmal in einem Redebeitrag sagen. Dann wäre alles vom Tisch. Wir werden uns mit dieser Angelegenheit sicherlich noch weiter beschäfti­gen. (Abg. Strache: Mit Gewalt haben nur Sie zu tun!)

Aber, was mindestens genauso interessant ist, Herr Kollege Cap und Herr SPÖ-Vorsit­zender Gusenbauer, das sind Ihre Stellungnahmen dazu. Und es kommt ja nicht von ungefähr, dass heute eine ganze Reihe von Abgeordneten Ihrer Fraktion offenbar unter Führung des gestern auch in der „ZiB 2“ aufgetretenen Herrn Einem gar nicht da ist. Das hat wahrscheinlich auch einen Grund, der damit zusammenhängt.

Ich will Ihnen und auch dem Herrn Kollegen Gusenbauer nichts unterstellen. Aber, Herr Kollege Cap, wenn bei Ihnen und bei der ganzen Bewertung dieser Geschichte, die Sie


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in den letzten Tagen vorgenommen haben, tatsächlich auch der Spruch gilt: Der Stand­ort bestimmt den Standpunkt!, und Sie zwar körperlich noch in diesem Sektor sitzen (nach links weisend), aber geistig vielleicht schon dort Platz genommen haben (nach rechts weisend), dann müssen Sie das schon noch genauer erklären und vor allem Ihren eigenen Parteifreunden erklären, die offensichtlich einen höheren Anspruch stel­len, was die Abgrenzung zum Nationalsozialismus und Rechtsextremismus und auch zur Gewalt angeht. Das ist ja alles nicht von Pappe, was auf diesen Fotos zu sehen ist. Und da ist mir, offen gesagt, Ihre Äußerung und auch die des Herrn Vorsitzenden Gu­senbauer, wie vielen Menschen in diesem Land, einfach zu wenig. Das war zu wenig, ist zu wenig, und das bedarf einer Richtigstellung! (Beifall beim BZÖ.)

Ich komme aber jetzt zum Bundesministeriengesetz, das für mich in Wirklichkeit nichts anderes ist als das, was wir das letzte Mal schon diskutiert haben, aber jetzt liegt sie vor: eine rote Abtretungsurkunde an die ÖVP, eine Kompetenzabtretungsurkunde, eine schwarze Regierung unter einem roten Kanzler. Man hat zwar ein Rechenbeispiel, ein Rechenexempel durchgesetzt, nämlich 19 ist nicht durch 2 teilbar, also geht man auf 20 hinauf. In Wirklichkeit sind es ja 21 Ministerien, die von 20 Personen besetzt wer­den. Das ist nichts anderes als eine der größten Regierungen in der Geschichte des Landes in der Zweiten Republik, eine der teuersten und größten Regierungen der Zweiten Republik! Nur die Regierungen Sinowatz und Vranitzky 1 waren größer. Dann kommen schon Sie. Sonst waren alle kleiner, unsere erste Regierung zum Beispiel hatte 16 Mitglieder.

Sie haben wirklich eine der größten Regierungen in der Zweiten Republik, mit Mehr­kosten in der Legislaturperiode von rund 1 Million € allein nur an Gehältern – und ich zähle jetzt nicht die Strukturmehrkosten, Sektionen, Personal und Infrastruktur dazu. Das geht dann überhaupt in die Millionen hinein. Das müssen Sie dem Wähler erst einmal erklären, dass Sie die Kompetenzen zwar nicht ausgedehnt, aber die Zahl der Sessel der Minister erweitert haben. Das ist nicht okay. Da ist nicht gespart worden. Das ist auch deshalb nicht okay, weil Sie immer vom Sparen bei den Bürgern sprechen und das auch im Regierungsübereinkommen niedergeschrieben haben.

Die Krankenversicherungsbeiträge werden erhöht, die Gebühren werden erhöht, die Mineralölsteuer wird erhöht. Wo man es braucht, wird gesenkt oder nicht erhöht wie beim Pflegegeld, wie bei den Sozialleistungen, aber die Regierung, die wird erweitert! Die kostet mehr. Hier wird mehr Geld ausgegeben.

Da kommt noch der Sozialminister her und formuliert schon eine nächste Steuererhö­hung. Er will eine Vermögenssteuer einführen, sagt aber nicht dazu, wie, an welcher Grenze und womit er das finanzieren will. Herr Kollege Cap und auch Herr Kollege Buchinger, das ist wirklich – vor allem im Sozialbereich, auf den ich noch gesondert zu sprechen komme – eine in Schrift gegossene tatsächliche Kapitulationsanzeige vor der ÖVP, die Sie hier formuliert haben.

Das passt ja auch so gut zum amtierenden Sozialminister, das ist ein Symbolbild. Der Herr Sozialminister – wir lesen das heute in allen Zeitungen – wird in den nächsten Tagen Haare lassen. Ich finde es wirklich super, dass ein Sozialminister zu einem Symbolbild einer gesamten Fraktion und Partei wird: Sie haben beim Sozialministerium im Bundesministeriengesetz schon Haare lassen müssen. Ihre Wähler wurden offen­sichtlich rasiert, was die Wahlversprechen anbelangt. Und jetzt kommt der Herr Sozial­minister daher und lässt sich öffentlich seine Haare schneiden, lässt die Haare fallen, weil er in seinem Ressort überhaupt keine Kompetenzen mehr hat. Da ist nichts mehr übrig geblieben.

Auch die Namensgebung verrät ja schon so einiges. Das heißt nicht mehr Ministerium für soziale Sicherheit und Generationen – das ist weg. Soziale Sicherheit gibt es nicht


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mehr. Abgeschafft! Die Generationenfrage ist weg. Sie müssen jedes Mal, Herr Sozial­minister, ob jetzt mit langen oder kurzen Haaren, zur ÖVP fragen gehen, zum Finanz­minister Molterer, zum Wirtschaftsminister Bartenstein: Darf ich das alles machen, was ich überhaupt will? – Weil Sie keine Kompetenzen mehr haben!

Das ist das, was wir Ihnen vorwerfen, dass Sie im Sozialbereich Wahlversprechen ge­brochen, keinerlei Kompetenzen mehr haben und daher auch Ihre Ansprüche über Bord geworfen haben, die Sie vor der Wahl gestellt haben. Und das kann man im jetzi­gen Bundesministeriengesetz ganz genau nachlesen. (Beifall beim BZÖ.)

Ich möchte noch zu einem speziellen Punkt kommen, zum Bereich Gesundheit, weil auch da offenbar sehr fantasielos vorgegangen wird. Es wird belastet, Krankenver­sicherungsbeiträge werden erhöht. Wir sagen aber, wir haben einen anderen Vor­schlag: Man soll entlasten, vor allem bei den Arzneimitteln. Deswegen werden wir auch heute einen Initiativantrag einbringen, mit dem wir die Mehrwertsteuer auf Arznei­mittel halbieren wollen. Sie liegt derzeit bei 20 Prozent, das ist die zweithöchste Steuer in Europa, nur in Dänemark ist sie höher. Sie ist auf 20 Prozent und soll auf 10 Prozent reduziert werden, damit auch die Kunden, in diesem Fall die Patienten, entlastet wer­den, weil die Arzneimittelpreise zu hoch sind.

Wir sind sehr gespannt, wie Sie von der Sozialdemokratie diesen Antrag behandeln werden und ob Sie uns Ihre Zustimmung geben. Auch in der Ärztekammer gibt es Zu­stimmung, weil es richtig ist, weil wir heute einen Zustand haben, dass etwa ein Essen in einem Luxusrestaurant mit 20 Prozent besteuert ist, ein Arzneimittel ebenfalls mit 20 Prozent besteuert ist, beziehungsweise das Essen dann nur mehr mit 10 Prozent und hier eine Ungleichgewichtung stattfindet. Wir wollen daher gerade für die Men­schen, die es brauchen, eine entsprechende Entlastung machen.

Genauso wie bei der Steuerreform, die nicht kommt, genauso wie beim Pflegegeld, wo wir weiter für eine Erhöhung eintreten. – Das sind alles Punkte, die Sie einfach verges­sen haben und die jetzt auch in dieser Ministerienaufteilung nicht entsprechend berück­sichtigt worden sind.

Zwei Sätze noch zu dieser Vertretungsregelung. Auch da üben wir natürlich gemein­sam mit den anderen Oppositionsparteien zu Recht massive Kritik. Es kann nicht sein, dass hier ein Missbrauch erster Ordnung stattfindet, dass sozusagen der Parteienpro­porz über die Hintertüre auch in der Verfassung niedergeschrieben wird.

Was ist denn der Hintergrund? – Der Hintergrund ist doch nur der, dass sich der schwarze Finanzminister nicht vom roten Staatssekretär vertreten lassen will und umgekehrt. Das heißt, dass in der Regierung vorherrschende Misstrauen zwischen den beiden Parteien ist letztlich ein Proporz- und Parteidenken, das über die Hintertür in der Verfassung niedergeschrieben werden wird. Dafür ist mir die Verfassung wirklich zu schade, meine sehr geehrten Damen und Herren. Das darf nicht sein! Und da wer­den wir uns massiv dagegen wehren. (Beifall beim BZÖ.)

Es kann nicht sein, Herr Bundeskanzler, dass Sie hier offenbar auch eine Flucht vor dem Parlament antreten. Ich bin froh, dass Sie heute hier sind, vielleicht auch Stellung nehmen und sagen: Jawohl, ich werde bei sämtlichen Sonderaktionen und bei wichti­gen Angelegenheiten des Parlaments auch hier im Parlament sein und den Abge­ordneten Rede und Antwort stehen und nicht ein Staatssekretär möglicherweise von einem anderen Ressort, der sich laut Geschäftsordnung gar nicht zu Wort melden darf, sondern der hier sozusagen den stillen Beobachter von der Regierungsbank gibt, aber gar keine Wortmeldung machen kann.

Vielleicht haben Sie diese Vertretungsregelung auch speziell deshalb unternommen, weil Sie ja noch immer viele, viele Mediengags vorhaben, von der öffentlichkeitswirksa-


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men Nachhilfestunde, wo ich nach wie vor hoffe, dass sie nicht stattfindet, bis hin zum öffentlichen Haareschneiden. Da braucht man Zeit, das dauert seine Zeit. Da muss man viele Stunden investieren. Da muss man die Medien einladen, und da geht man dann halt nicht so gerne stattdessen ins Parlament. Ich erwarte mir, dass eine Bundes­regierung, die heute hier im Parlament, zumindest zum Teil, anwesend ist, auch dann anwesend ist, wenn es wichtige Materien des Hohen Hauses zu beraten gilt. Ich hoffe, dass Sie das auch seitens der Abgeordneten als ein Anliegen verstehen. (Beifall beim BZÖ.)

13.17


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Von der Regierungsbank aus hat sich Herr Bundeskanzler Dr. Gusenbauer zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Bundeskanzler.

 


13.17.20

Bundeskanzler Dr. Alfred Gusenbauer: Herr Präsident! Mitglieder der Bundesregie­rung! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Debatte über das Bundesministe­riengesetz ist bisher sehr interessant verlaufen und gibt Gelegenheit, ein paar Dinge zu erläutern, die vielleicht für die Beratungen des Hohen Hauses von Bedeutung sind.

Wieso haben wir das Außenministerium in Ministerium für europäische und internatio­nale Angelegenheiten umbenannt? – Weil sich eben etwas geändert hat. Österreich ist nun seit über zehn Jahren Mitglied der Europäischen Union, es werden wesentliche europapolitische Agenden vom Außenministerium wahrgenommen, und es wäre eine irreführende Begrifflichkeit, wenn wir nach wie vor die Europäische Union als etwas Auswärtiges betrachten würden. – Ganz im Gegenteil! Österreich ist ein aktives Mit­glied der Europäischen Union und europäische Politik ist für uns Innenpolitik. Jede Po­litik von Staaten außerhalb der Europäischen Union sind eben die internationalen Be­ziehungen. Und daher ist es völlig richtig, diese Veränderung auch in der Bezeichnung des bisherigen Außenministeriums vorzunehmen, weil es dem Sinn und Inhalt Rech­nung trägt, für uns ist europäische Politik Innenpolitik. Daher ist diese Namensände­rung absolut sinnvoll. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Zum Zweiten, was den Bereich der Bildung und der Forschung betrifft: Ich glaube, es ist sehr wichtig, dass dieser große Bereich auf mehreren Schultern liegt. Wenn wir uns dazu entschlossen haben, dass Kultur und Kunst gemeinsam mit der Bildung gemacht werden sollen, weil es vor allem auch um den Zusammenhang der Bildung der Kinder und Jugendlichen und die Heranführung an Kultur und Kunst geht, dann wird man ver­stehen, dass der zweite große Schwerpunkt, nämlich die Universitäten und die For­schung, ein eigenes Ressort brauchen.

Jetzt gibt es in Österreich traditionell verschiedene Forschungstöpfe. Ich finde, die An­ordnung, die getroffen wurde, ist sinnvoll, nämlich dass in Zukunft für die universitäre Forschung das Wissenschaftsministerium und das Technologieministerium zuständig sind, weil es auch um die Verbindung der Universität zur angewandten Forschung geht. Und für die wirtschaftsnahe und betriebsnahe Forschung, wo es zwei Fonds gibt, sind klarerweise das Wirtschaftsministerium und das Technologieministerium zustän­dig.

Das heißt, wir haben die Kompetenzen dort gelagert, wo am engsten der Zusammen­hang mit den Betroffenen vorhanden ist, und daher ist – bei all dem, dass manche glauben, man sollte alles in diesem Bereich zusammenführen – wahrscheinlich diese Differenzierung eine sinnvollere (Abg. Dr. Graf: Das ist doch die Rede vom Gorbach!), weil sie auf die unterschiedlichen Zielgruppen auch in der Forschungslandschaft Rück­sicht nimmt.


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Zum Dritten: Was mir besonders wichtig erscheint, ist, dass sich diese Bundesregie­rung dazu entschlossen hat, wieder ein eigenes Ministerium für Frauen- und Gleich­stellungspolitik zu machen. Wir alle kennen die Berichte über die Lohnentwicklung vor allem der Frauen in Österreich und sind davon überzeugt, dass wir etwas unternehmen müssen für gleiche Löhne und gleichwertige Arbeit. Und daher ist es wichtig, dass sich diese Regierung entschlossen hat, ein eigenes Ministerium im Bundeskanzleramt dafür zuständig zu machen, damit die Frauen hier eine bessere Perspektive haben. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Was ich nicht verstehe, ist die Kritik des Herrn Abgeordneten Klubobmann Westentha­ler an der Sozialpolitik. Wir können gerne eine ausführliche gemeinsame Lektüre des Regierungsprogramms durchführen, aber das, was hier im Sozialbereich formuliert ist, ist eine Verstärkung des sozialen Schutzes für die Österreicherinnen und Österreicher. (Abg. Ing. Westenthaler: Auch bei den Studiengebühren?) Wenn allein die Mindest­pensionen auf 726 € angehoben wurden, mag das für Sie eine Bagatelle sein, aber für 222 000 Männer und Frauen in unserem Land bedeutet das pro Monat um 36 € mehr Pension (Ruf bei den Grünen: Das ist sehr wenig!) – und die haben sie sich wirklich verdient! Das ist ein Erfolg dieser Regierung! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ing. Westen­thaler: Das ist eine alte ...!)

Zum Zweiten: Wenn Minister Buchinger dafür zuständig sein wird, dass wir im Pensi­onsbereich einige der Giftzähne ziehen (Abg. Ing. Westenthaler: „Das beste System Europas“ ...!), indem zum Beispiel die lange Versicherungsregelung bis zum Ende der Legislaturperiode verlängert wird und die ungerechten Doppelabschläge bei der Korridor-Pension beseitigt werden, dann bedeutet das für 60 000 Menschen, die in den nächsten zwei Jahren in Pension gehen werden, eine Pensionserhöhung zwischen 50 € und 180 € pro Monat! – Das ist Sozialpolitik, von der die Menschen, die es brau­chen, in Österreich etwas haben, und eine Verstärkung des sozialen Schutzes, auf den wir stolz sind! (Beifall bei der SPÖ.)

Zu Ihrer dritten Bemerkung, Herr Klubobmann Westenthaler: Ihr Vorschlag, die Mehr­wertsteuer auf die Medikamente zu verkürzen, führt zu keiner Verbilligung für einen Großteil der Patienten (Abg. Ing. Westenthaler: Und wenn Sie es zweckwidmen?), sondern ist ausschließlich eine Verrechnungsangelegenheit (Abg. Ing. Westenthaler: Zweckwidmung!) zwischen dem Finanzminister und den Sozialversicherungen, denn ein Großteil der Menschen in Österreich bezieht nämlich Medikamente auf Basis der Rezeptgebühr – völlig unabhängig, wie teuer das Medikament auch ist. (Abg. Ing. Westenthaler: Sie können es ja zweckwidmen! – Niemand hält Sie ab, das zweckzuwidmen!) Das heißt, Ihr Vorschlag führt nicht zu einer Entlastung der Patientin­nen und Patienten, sondern nur zu einem Umschaufeln der Mittel: weg vom Finanzmi­nister, hin in die Krankenversicherung. – Das bringt wirklich nichts, Herr Klubobmann Westenthaler! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Aber ich kann Ihnen sagen, was den betroffenen Menschen etwas bringt: Die Festle­gung, dass ab 1. Jänner 2008 in Österreich die Rezeptgebühren auf 2 Prozent des mo­natlichen Nettoeinkommens beschränkt werden. Das heißt nämlich zum Beispiel, dass eine Pensionistin mit 900 € netto pro Monat in Zukunft nicht mehr als 18 € pro Monat für Rezeptgebühren bezahlen wird. Und jetzt sage ich Ihnen etwas: Es gibt genügend Frauen und Männer, die chronisch krank sind, die manchmal Medikamentenkosten von 50 €, 80 €, 100 € und mehr haben, und für die bedeutet diese Art der Begrenzung eine wirkliche Entlastung – denn diese Bundesregierung kümmert sich um die Rechte der Patientinnen und Patienten in Österreich! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Was die Feststellungen in Bezug auf die neuen Vertretungsregeln betrifft, so möchte ich schon darauf hinweisen, dass nicht jede Verfassungsänderung, die das Hohe Haus


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beschließt, ein Verfassungsmissbrauch ist. (Abg. Ing. Westenthaler: Das stimmt, aber die schon!) Mein Verständnis ist, dass Verfassungsrechte im Parlament auf Basis einer breiten Mehrheit, die dafür erforderlich ist, verändert werden können (Abg. Scheibner: Das kennen wir schon aus den neunziger Jahren!), und eine Verfassungsänderung (Abg. Ing. Westenthaler: Koalitionsmissbrauch!) als Verfassungsmissbrauch zu be­zeichnen, halte ich einmal nicht a priori für angebracht.

Wenn wir diese Vertretungsregel diskutieren, dann lassen Sie sich doch eine Sekunde auf die sachliche Argumentation ein. Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass sich auf europäischer Ebene jeder Minister durch einen anderen Minister oder Staatssekre­tär vertreten lassen kann. Dort gilt die enge Bindung des Staatssekretärs an einen Mi­nister nicht. (Abg. Ing. Westenthaler: Ein schlechtes Beispiel!) Viele Teile der Gesetz­gebung werden auf europäischer Ebene gemeinsam erledigt. Und im österreichischen Parlament war es bisher nicht möglich, dass man sich hier wechselweise vertritt. Wir sind zur Auffassung gelangt, es wäre eigentlich am allerbesten, wenn sich alle Mit­glieder der Bundesregierung wechselseitig vertreten könnten. Aber wieso bringen wir diesen Vorschlag hier nicht ein? – Das kann ich Ihnen sagen: weil es die Abgeordneten aus den Fraktionen waren, die gesagt haben, dann haben wir nur mehr Staatssekretä­re auf der Regierungsbank sitzen, und daher möge man diese Regel nicht auf alle aus­dehnen. Wenn es Ihr gemeinsamer Wunsch ist, dass sich alle wechselseitig vertreten lassen können, sind die Fraktionen des Hauses frei, bis zum Ende der Debatte einen Abänderungsantrag zu formulieren. (Abg. Ing. Westenthaler: Wir wollen Ressortzu­ständige!) Sie können die Vorschläge, die auf dem Tisch liegen, noch verbessern. Wir haben nichts dagegen, denn wir sind der Meinung, die Regierung stellt sich gemein­sam dem Parlament, ist bereit, die Politik hier zu verteidigen und zu vertreten. (Abg. Ing. Westenthaler: Dann können Sie einen Pappkameraden auch hinaufsetzen! Der kann auch nichts sagen!) Und ich sage Ihnen ganz offen: Ich werde öfter kommen, als Ihnen recht ist, Herr Kollege Westenthaler, und Herr Vizekanzler Molterer auch, da brauchen Sie keine Angst zu haben! (Beifall bei der SPÖ.)

Zum fünften Punkt möchte ich Folgendes feststellen: Ich finde jede politische Kritik und jede Auseinandersetzung hier im Hohen Haus, bei der es um Inhalte geht, legitim. Aber ich finde es absolut unangebracht, auf der Ebene persönlicher Angriffe gegen Mitglie­der der Bundesregierung, die sich wirklich nichts haben zuschulden kommen lassen, hier vom Leder zu ziehen. Diesen Stil sollten wir gar nicht einreißen lassen – hier trete ich für die gesamte Bundesregierung an, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Herr Klubobmann Van der Bellen hat Aussagen von Herrn Klubobmann Strache der letzten Tage und auch von gestern einer Bewertung unterzogen, und ich finde, es ist wichtig, dass über solche grundsätzliche Fragen gesprochen wird, vor allem, wenn man weiß, dass offensichtlich in Österreich trotz aller Bemühungen der Umgang mit der nationalsozialistischen Vergangenheit für manche etwas schwierig ist. Ich glaube, es ist wichtig, dass sich Österreich nicht nur bekennt zu dem, was geschehen ist, zur Verantwortung bekennt, zur Mitverantwortung, sondern dass sich Österreich auch dazu verpflichtet, daraus die notwendigen Konsequenzen zu ziehen. Und daher sollte es in diesem Hohen Haus niemanden geben, der nur irgendein Verständnis für die Gräuel­taten des Nationalsozialismus hat, und wir alle sollten einen Beitrag dazu leisten, dass es nie mehr ein Zurück zu solchen Zeiten und zu solchen Erscheinungen gibt.

Ich sage ganz offen: Ich habe in diesem Bereich genug erlebt und weiß, wie schwer es ist. In meiner eigenen Partei habe ich mich darum gekümmert, dass die braunen Fle­cken der Vergangenheit aufgearbeitet wurden. Das war nicht einfach. Es gab Leute, die nach dem Zweiten Weltkrieg auch wieder politisch tätig waren und wo wir konfron­tiert waren damit, dass manchmal ein Auge zugedrückt wurde oder auch zwei Augen.


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Und wir haben uns dieser Auseinandersetzung gestellt, so schmerzhaft sie auch war, weil ich der Meinung bin, dass man in Bezug auf die eigene Geschichte, sei sie eine individuelle oder eine kollektive, ein klares Verhältnis haben sollte.

Daher bin ich der Auffassung, dass wir hier alle eine gemeinsame Anstrengung unter­nehmen müssen und dass ein jeder nicht nur in Bezug auf die Geschichte unseres Landes, sondern auch in Bezug auf seine eigene Geschichte imstande sein sollte, Konsequenzen zu ziehen, Distanzierungen vorzunehmen und Klarstellungen zu treffen.

Herr Klubobmann Strache, selbst wenn Sie den Kreis der Medien in Österreich auf ein Medium, das mir nicht bekannt ist oder das Sie nicht genannt haben, eingeschränkt haben, möchte ich Ihnen eines ganz klar sagen: In Österreich gibt es Presse- und Medienfreiheit, aber es gibt eine ganz fundamentale Einschränkung dieser Presse- und Medienfreiheit, nämlich das Verbotsgesetz und das Gesetz wegen nationalsozialisti­scher Wiederbetätigung. Und würde es in Österreich eine Zeitung geben, die à la „Stür­mer“ agiert, dann wäre es die Aufgabe der Bundesministerin für Justiz, diese Zeitung zu verbieten. Ich kenne in Österreich von den gängigen Medien keine einzige Zeitung, die unter das Verbotsgesetz fallen würde, keine einzige Zeitung, der man vorwerfen könnte, dass sie „Stürmer“-Qualitäten hat, und daher ersuche ich Sie, im Sinne der Demokratie und der Meinungsfreiheit solche Vergleiche in Zukunft zu unterlassen! Sie sind nicht gerechtfertigt und absolut nicht nützlich für die politische Diskussion! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP sowie des Abg. Dr. Van der Bellen.)

13.29


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Als nächste Rednerin gelangt Frau Abgeord­nete Mag. Kuntzl zu Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

 


13.30.11

Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl (SPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Ich kann mich vor allem dem zuletzt vom Herrn Bundeskanzler Gesagten vollinhaltlich anschlie­ßen. Herr Abgeordneter Stadler (Rufe: Strache! Strache!), ich denke, dass Ihre Erklä­rung gestern nicht mehr als ein Anfang gewesen sein kann, dem wiederum klärende Worte folgen müssen. (Abg. Ing. Westenthaler: Strache! – Abg. Haidlmayr: Strache war es!) – Strache. – Entschuldigung, da habe ich mich versprochen, ja: Herr Klubob­mann Strache!

Das Problem ist, dass Ihren Erklärungen Eindeutigkeit fehlt, dass Sie immer so ein Einerseits-Andererseits einbauen und letztlich durch wirklich politisch höchst bedenk­liche Angriffe alles wieder relativieren, was Sie vielleicht an Klärendem zu sagen ver­sucht haben. Wie gesagt: Ich denke, es war ein Anfang, aber viele deutlichere, klären­dere Worte sind Sie uns schuldig geblieben, und dazu kann ich Sie auch nur noch auf­fordern.

Was die hier im Hause sehr umstrittene Vertretungsregelung, die wir jetzt eigentlich diskutieren, betrifft, so denke ich, dass man über die Sinnhaftigkeit dieser Regelung durchaus geteilter Ansicht sein kann, aber ich halte die Debatte hier – beziehungs­weise nicht die Debatte, sondern das Thema in der Debatte – für durchaus überbe­wertet. Ich kann Ihnen versichern, dass ich und, so denke ich, auch die Kolleginnen und Kollegen meiner Fraktion als nunmehr Abgeordnete einer Regierungspartei auch größtes Interesse daran haben, dass die einzelnen Regierungsmitglieder uns Abgeord­neten hier im Hause zur Verfügung stehen, persönlich Rede und Antwort stehen. Und in diesem Sinne sehe ich diese Regelung, die wir heute beschließen, als eine zusätz­liche Möglichkeit, wenn dies nicht der Fall ist.

Der Herr Bundeskanzler hat das gerade auch angedeutet und Ihnen versprochen – und ich habe mir das schon vorher aufgeschrieben gehabt; ich kenne ihn ja viele Jah-


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re –, und ich denke, er wird sicher jede Gelegenheit wahrnehmen, Ihnen selbst Rede und Antwort zu stehen. (Abg. Haidlmayr: Warum geht er dann schon wieder? Warum ist er dann schon wieder weg?) Ich habe ihn in all diesen Jahren kennengelernt als einen Mann, der sich vor direkter Auseinandersetzung nicht ... (Abg. Ing. Westentha­ler: Darum ist er jetzt auch weg!) – Nun, er kann davon ausgehen, dass von mir kein Angriff kommt, bei dem er Rede und Antwort stehen muss. – Also: Ich weiß, er ist ein Mann, der sich einer Debatte, einer konstruktiven Kritik, einer nicht konstruktiven Kritik nicht entzieht, und er wird Ihnen – wie er gesagt hat: mehr, als Ihnen lieb ist – in Hin­kunft persönlich Rede und Antwort stehen. (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Was das Bundesministeriengesetz betrifft, das wir heute beschließen, geht es, wie schon gesagt, um Arbeitsaufteilungen, zum Teil um Neuzuteilungen. Was die Aufteilung von Arbeit und Wirtschaft beziehungsweise Wirt­schaft und Arbeit betrifft, so halte ich es mit dem neuen Sozialminister: Auch ich hätte es sinnvoll gefunden, das im Sozialministerium anzusiedeln. Ich möchte Sie aber dar­auf hinweisen, dass natürlich auch im Ministerium für Wirtschaft und Arbeit für den Be­reich der Arbeitsmarktpolitik das gilt, was beide Parteien im Regierungsabkommen ver­einbart haben. Und da sind für uns sehr wesentliche Neuorientierungen in der Arbeits­marktpolitik vereinbart, wie zum Beispiel tatsächlich wirksame Maßnahmen zur Be­kämpfung der Jugendarbeitslosigkeit und aktive Arbeitsmarktpolitik.

Das Bildungsressort wird jetzt in zwei Ressorts geteilt. Ich glaube, das hat gute Be­rechtigung, da hier in den nächsten Jahren auch zwei Großbaustellen zu bearbeiten sind – zwei Großbaustellen, die wirklich wichtige Zukunftsfragen für die Kinder, für die Jugend in unserem Land und damit für unsere Gesellschaft an sich tangieren.

Was die Familienagenden betrifft, so sind diese jetzt ins Gesundheitsressort gewan­dert. Ich hätte auch gefunden, dass sie bei unserem neuen Sozialminister gut aufgeho­ben wären, aber ich bin auch wirklich guter Hoffnung, dass wir gemeinsam mit der neu­en Familienministerin einige wichtige Dinge bewerkstelligen können, und sehe einer gemeinsamen Arbeit schon sehr hoffnungsvoll und optimistisch entgegen. (Beifall bei der SPÖ.)

13.35


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. Ich stelle die Uhr auf die gewünschten 5 Minuten. – Bitte.

 


13.35.09

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Herr Präsident! Poštovane dame i gospodo! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Regierungsbank – Ministerinnen, Staatssekretärinnen, die beiden Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Her­ren! Ich bin überhaupt nicht der Meinung unseres Bundeskanzlers, dass die Tatsache, dass das Außenministerium jetzt nicht mehr „Bundesministerium für auswärtige Ange­legenheiten“, sondern „Bundesministerium für europäische und internationale Angele­genheiten“ heißt, irgendeine Art von Aussagekraft in die Richtung, wie er sie skizziert hat, hätte, sondern ganz im Gegenteil: Wir haben jetzt ein Ministerium, das „Bundes­ministerium für europäische und internationale Angelegenheiten heißt“ und damit zum Ausdruck bringt, dass europäische Angelegenheiten eine Sache des, sage ich jetzt, ehemaligen Außenministeriums sind – dem ist aber in der politischen Realität absolut nicht so!

Denn: Herr Minister Buchinger, Frau Ministerin Schmied, Herr Minister Hahn, auch die Damen Staatssekretärinnen, Sie werden zu Ministerräten der EU fahren, werden euro­päische Angelegenheiten im europäischen Ausland, das jetzt politisch betrachtet Inland ist, vertreten, weil europäische Angelegenheiten in den Fragen Ihrer Zuständigkeit Ihre Ressortangelegenheiten sind! – Die Außenministerin vertritt auch europäische Angele-


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genheiten in bestimmten Fragen, aber im Wesentlichen sind es genau jene hochsen­siblen und in der EU am meisten umstrittenen und kaum von einem Konsens gepräg­ten außenpolitischen Positionen, wo sich die Staaten der EU unterscheiden. Und jetzt geht Österreich her und benennt – statt auf Außenpolitik und internationale Politik zu fokussieren – das Ministerium in „europäische und internationale Angelegenheiten“ um, und durch diese Prioritätensetzung wird sozusagen jetzt auch noch zum Ausdruck ge­bracht: Wichtig ist das Europäische für die Außenministerin – die anderen, die lassen wir beiseite –, und internationale Angelegenheiten sind zweitrangig.

Deshalb halte ich von dieser Art von Umbenennungen nichts! Und wenn ich mich zu­rückerinnere, habe ich irgendwo gelesen, dass die Frau Außenministerin ja gesagt hat: Aber sie ist weiter Außenministerin. Denn: „Frau Bundesministerin für europäische und internationale Angelegenheiten“ zu sagen ist erstens einmal nicht sehr flüssig, und zweitens entspricht es offensichtlich auch ihrem Selbstverständnis, dass damit ganz andere Hintergründe verknüpft sind, wo es so quasi um die Außenrepräsentanz – jetzt ist das Wort angebracht – innerhalb der Europäischen Union geht.

Tacheles reden tut da keiner – und das gilt für dieses ganze Bundesministeriengesetz! Es ist – und glauben Sie mir, ich habe schon einige Bundesministeriengesetze hier zum Teil mit-, zum Teil nicht mitbeschlossen – immer Ausdruck von persönlichen, und nicht jetzt „persönlich“ im Sinne von individuell auf die Person bezogen, sondern von politischen Beziehungen in Koalitionen. Das ist es, und nichts anderes drückt das aus! Sonst kämen wir ja nicht zu der Absurdität, dass das bisherige Bildungsministerium, das Agenden sozusagen vom Kindergarten bis zu den Hochschulen hat, plötzlich nicht mehr „Bildung“ heißt, sondern reduziert wird auf „Unterricht“ – wobei dann zwar Volks­bildung und Ähnliches drinnen steht. Die Menschen, die an Erwachsenenbildungsinsti­tutionen tätig sind oder dort an Kursen und Vorträgen teilnehmen, werden sich schwer unter „Unterricht“ subsumieren lassen – aber das ist die Kompetenz der Frau Ministerin Schmied, die aber jetzt nicht für „Bildung“ zuständig ist, sondern für „Unterricht“! – Das ist alles Ausfluss dieses, ich weiß nicht, Beziehungsgeflechtes innerhalb der Bundes­regierung.

Meine Damen und Herren, jetzt noch ein paar Worte zur Causa FPÖ – denn es ist nicht eine Causa Strache, es ist eine Causa FPÖ insgesamt, was wir da in den letzten Tagen erlebt haben. Und es wurde auch zur Causa Gusenbauer durch die Art und Weise seiner Beurteilung. (Abg. Lutz Weinzinger: Das ist überhaupt keine „Causa“!)

Herr Klubobmann Strache! Wenn ein Mitglied dieses Nationalrates, das in jeder neuen Gesetzgebungsperiode – und Sie erst vor zwei Monaten – auf die österreichische De­mokratie und auf den demokratischen Rechtsstaat vereidigt wird (Abg. Lutz Weinzin­ger: Auf die Republik, heißt das!), sagt: Ich bin kein Neonazi, ich war nie einer und ich werde nie einer sein!, ja bitte, was hat denn das für einen Aussagewert?! – Wären Sie nämlich einer je gewesen, würden Sie einer künftig sein oder jetzt sein, dann hätten Sie hier in diesem Haus gar keinen Platz, und schon gar nicht ein Rederecht! – Das ist ja eine No-na-Aussage!

Aber – und das gebe ich Ihnen sozusagen als Ratschlag (anhaltende Zwischenrufe bei der FPÖ) – wenn man nicht alles vorgeworfen bekommen will, was man je in seinem Leben – und sei es als 18-Jähriger – gesagt, getan hat, woran man teilgenommen hat, was man geliebt hat oder was auch immer, dann gibt es nur eine Möglichkeit, nämlich dass sich Herr Klubobmann Strache heute, hier und jetzt – und da bin ich beim Herrn Bundeskanzler a. D., wenn er sagt, der wirkliche Test bezieht sich auf die heutigen Ein­stellungen; da bin ich ganz bei ihm – auch jenen simplen Satz abverlangt, der da lau­tet: Ja, ich habe als 18-Jähriger an Wehrsportübungen oder wehrsportübungsähnlichen Veranstaltungen teilgenommen, ja, ich war als 18-Jähriger dabei – aber heute bereue ich es, heute bereue ich es aus tiefstem Herzen!


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Das hat in Ihrer Distanzierung gefehlt, und deshalb passt sie genau in das Schema, das wir hier im Nationalrat schon oft diskutiert und erlebt haben – und da sage ich nur: Stichwort Haider. Stichwort Haider: Na, wenn es schon sein muss, entschuldige ich mich halt – und das nächste Mal geht’s wieder hurtig drauf los! (Beifall bei den Grü­nen.)

13.41


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Rauch-Kallat. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


13.41.22

Abgeordnete Maria Rauch-Kallat (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Der Herr Bundeskanzler ist leider nicht mehr da, aber zum Glück die Frau Frauenministerin, denn ich wünsche mir, dass viel­leicht die neue Bundesregierung, was die Frauenpolitik anlangt, in die Gegenwart kommt und aus der Polemik des Wahlkampfes ein wenig herausfindet.

Denn: Wenn der Herr Bundeskanzler heute hier und die Frau Frauenministerin in einem Interview mit den „Salzburger Nachrichten“ sagt, sie seien froh, dass es jetzt endlich wieder ein eigenständiges Frauenministerium gibt, dann denke ich: Vielleicht sind sie doch dem Märchen „Des Kaisers neue Kleider“ verhaftet, weil sie noch nicht erkannt haben, dass das eigenständige Frauenministerium, das bisher mit Gesundheit und Frauen ein wirklich eigenständiges war, auch mit einem eigenen Haus am Franz-Josephs-Kai, in der Zwischenzeit im Bundeskanzleramt angesiedelt ist und jetzt plötz­lich, eigentlich ohne Not – weil es hat ja immer geheißen, man braucht die ganze Kraft der Frauenministerin für die Frauenarbeit –, mit den Agenden der Verwaltungsreform und den Agenden des Personals angereichert wurde. – Ich wünsche Ihnen viel Glück, Frau Ministerin, bei dieser Arbeit, und vor allem, dass Ihnen genug Zeit und Energie für die Frauenarbeit bleibt!

Und Sie haben ja sehr schön – zumindest in Ihrem Interview in den „Salzburger Nach­richten“ – gesagt, es gab jetzt in den letzten sieben Jahren Stillstand in der Frauenpoli­tik, und Sie wollen sich jetzt auf Armut und Beschäftigung konzentrieren.

Ich darf Sie daran erinnern – und vielleicht hätten Sie sich doch ein bisschen damit auseinandersetzen sollen –, dass in diesen letzten sieben Jahren mit dem Kinderbe­treuungsgeld das größte Armutsbekämpfungsprogramm der Zweiten Republik gestar­tet wurde (Beifall bei ÖVP und BZÖ), dass wir erstmals allen Frauen, Müttern und Vätern dieses Kinderbetreuungsgeld zugestanden haben – auch jenen, die vorher nicht berufstätig waren, auch den Studentinnen, den Bäuerinnen, den Gewerbetreibenden –, dass wir mit der Anrechnung von vier Jahren auf die Pension – und zwar nicht wie bei Ihnen, in SPÖ-Regierungszeiten und unter SPÖ-Sozialministern, die Pensionsanrech­nung vom Mindestlohn, sondern von 1 350 € pro Monat auf vier Jahre (Beifall bei der ÖVP – Abg. Riepl: Aber da waren Sie auch in der Regierung! Da waren wir gemein­sam in der Regierung!) – das erste Mal auch einen Grundstein für eine eigenständige Frauenpension gesetzt haben, dass man schon mit sieben Jahren eigenen Zeiten einen eigenen Anspruch erwerben kann. – Das größte Armutsbekämpfungsprogramm in der Pension also, aber das ist an Ihnen, Frau Ministerin Bures, leider spurlos vor­übergegangen.

Sie haben auch nicht bemerkt, dass wir die Frauenbeschäftigungsquote in dieser Zeit um 6 Prozent erhöht haben. (Abg. Riepl: Teilzeit!) 1999 lag sie noch bei 59 Prozent, im November 2006 bei 64,7 Prozent (Beifall bei der ÖVP), im Jahr 2004 waren es 62 Pro­zent. – Wir liegen damit um sieben bis neun Prozent über dem Durchschnitt der Euro­päischen Union – aber das ist ja alles nichts, hat ja alles nicht stattgefunden.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 57

Sie haben auch übersehen, dass wir zum Beispiel bei unserem Programm für die Be­kämpfung der Arbeitslosigkeit von den 300 Millionen 100 Millionen ausschließlich für Frauen zur Verfügung gestellt haben und damit 22 000 Frauen zusätzlich qualifizieren konnten. – Ist Ihnen aber entgangen, Frau Ministerin Bures, denn Sie haben sich pri­mär mit der Polemik des Wahlkampfes – damals waren Sie auch Generalsekretärin – beschäftigt.

Aber jetzt – wenigstens jetzt! – sollten Sie in die Gegenwart zurückkommen und sich vielleicht mit Frauenanliegen beschäftigen, denn beides werden Sie in Ihrer Zeit brau­chen.

Sie haben geschrieben – oder es steht zumindest in der Zeitung; es wird schon stim­men –, die Bestrebungen, jungen Frauen Mut zu atypischen Berufen zu machen, seien eingeschlafen. – Ja, haben Sie die vielen Programme übersehen, die wir gestartet ha­ben, gemeinsam mit dem Forschungsministerium und anderen mehr?

Das heißt, vieles ist Ihnen entgangen, auch die Koordinierungskompetenz durch das Gender Mainstreaming, die Gender-Budgeting-Initiativen, die Initiativen gegen Gewalt an Frauen – zwei neue Notruf-Telefone, eine entsprechende Homepage dazu –, vor allem die Initiativen gegen traditionsbedingte Gewalt. Das haben SPÖ-Frauenministe­rinnen vorher nie gemacht, es gab keine Institutionen für Migrantinnen!

Frau Minister, Ihr Interview zeigt, dass Sie sich bisher mit Frauenpolitik nicht auseinan­dergesetzt haben. Vielleicht war es auch kein Zufall, dass Sie bei der Amtsübergabe nicht das Frauenministerium gefunden haben, sondern im Gesundheitsministerium ge­landet sind, und vielleicht liegt es doch an Ihnen und sollten Sie sich doch mit Frauen­anliegen auseinandersetzen.

Ich wünsche Ihnen dafür alles Gute! Schlagworte zu dreschen ist zu wenig – an Ihren Taten werden Sie gemessen werden, Frau Minister! (Beifall bei der ÖVP.)

13.46


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Als Nächster kommt Herr Abgeordneter Dr. As­pöck zu Wort. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


13.46.42

Abgeordneter Dr. Robert Aspöck (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wie Sie wissen, bin ich neu in diesem Haus, und ich als Jurist kapiere diese „Logik“ nicht: Ich höre immer wieder, da werden „heilige“ Gesetze geschaffen, Verordnungen, da gibt es alles Mögliche: Bestimmungen, Geschäftsordnungen, Zweidrittel-Mehrheiten. Und wie schaut dann die Praxis aus? – Da geht der erste Redner heraus und verstößt genau gegen diese Gesetze! Und die Präsidentin sagt: Na ja, jetzt habe ich Sie reden lassen, jetzt muss ich eigentlich die anderen auch diese Vorschriften brechen lassen!, und dann spricht noch jeder Zweite darüber. – Eine „Logik“, meine Damen und Herren, die mir nicht einleuchtet!

Ich glaube, dass all diese Äußerungen, die heute neben diesem Tagesordnungspunkt gefallen sind, eigentlich unnötig sind. Man soll über Dinge dort reden, wo sie auf der Tagesordnung stehen, aber Dinge nicht einfach herbeireden! (Beifall bei der FPÖ.)

Ich spreche nun ganz kurz zur Tagesordnung; ich möchte meinen Kollegen viel Zeit übrig lassen. – Wir Freiheitliche haben nicht das Gefühl, dass hier eine Koalition-neu kommt, wir fürchten eher eine Koalition-uralt. Und ich finde, insbesondere diese Cross-Regelung der Vertretung in Tagesordnungspunkt 2 – die verfassungsmäßigen Proble­me wurden ja schon aufgezeigt – ist schon sehr bedenklich.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 58

Ich darf zunächst zu Tagesordnungspunkt 1 ganz kurz einen Punkt herausgreifen: Aus dem bisherigen Wirkungsbereich des Bundesministeriums für soziale Sicherheit, Gene­rationen und Konsumentenschutz werden die Angelegenheiten der Familie und Jugend herausgenommen und dem Bundesministerium für Gesundheit und Frauen übertragen. Damit wird der wichtige Bereich der Generationen zerschlagen, was nicht im Sinne einer Politik für alle Generationen und einer gelebten Generationensolidarität sein kann.

Allein die Senioren- und die Männerabteilung werden im Bereich des Sozialministe­riums belassen.

Die vorgesehene Ministeriumsbezeichnung enthält auch keinen Hinweis mehr auf den dort angesiedelten Konsumentenschutz. – Ich hoffe nur, dass dies keinen Rückschluss auf die Wichtigkeit dieses Schutzes in der Koalition-neu oder Koalition-alt zulässt. (Bei­fall bei der FPÖ.)

Nun zu Tagesordnungspunkt 2. – Wie Sie wissen, haben wir auch in diesem Punkt schon im Ausschuss nicht zugestimmt. Diese Cross-Regelung wurde heute mehrfach behandelt und als verfassungswidrig entlarvt.

Es gibt da noch einen Abänderungsantrag, und dazu möchte ich nur noch kurz ausfüh­ren, meine Damen und Herren: Wenn man schon etwas in die Verfassung hinein­schreibt, dann sollte man – der Antrag ist noch nicht eingebracht, aber er kommt von den Koalitionsparteien – zumindest semantisch richtig schreiben!

Lesen Sie nämlich im 4. Punkt dieses Abänderungsantrages, der dann von ÖVP oder SPÖ – ich weiß es nicht – eingebracht werden wird, die ersten beiden Zeilen, dann ha­ben Sie genau die Cross-Regelung.

Da heißt es nämlich: „(1) Im Falle der zeitweiligen Verhinderung eines Bundesminis­ters“ – ich sage jetzt zur Erklärung dazu: Bundesminister A – „beauftragt dieser im Ein­vernehmen mit einem anderen Bundesminister“ – das ist der Bundesminister B – „die­sen, einen ihm beigegebenen Staatssekretär ... mit seiner Vertretung ...“.

Meine Damen und Herren, ich finde, solch missverständliche Sätze hat sich eine Ver­fassung nicht verdient. Wenn man in eine Verfassung etwas hineinschreibt, dann sol­len das klare, semantisch richtige deutsche Sätze sein. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.50


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Von der Regierungsbank aus hat sich Herr Staatssekretär Dr. Lopatka zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.

 


13.50.59

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Dr. Reinhold Lopatka: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Staatssekretäre sind heute bei diesem Bundes­ministeriengesetz schon mehrfach angesprochen worden, und ich glaube, dass mit die­sem Gesetz heute eine gute Grundlage geschaffen wird, um die erfolgreiche Arbeit der Bundesregierung in den letzten Jahren fortzusetzen.

Dieses Gesetz spiegelt nämlich genau die Arbeitsschwerpunkte der neuen Regierung wider:

Arbeitsschwerpunkt Nummer eins: Arbeit und Wirtschaft. – Hier Fortsetzung des Wachstumskurses und damit verbunden das Ziel der Vollbeschäftigung.

Als einen zweiten Schwerpunkt die langfristige Sicherung unseres hervorragenden Si­cherheits-, Gesundheits- und Pensionssystems.

Ganz wichtig und auch berücksichtigt im Ministeriengesetz der dritte Punkt: eine Offen­sive im Bildungsbereich, in der Forschungspolitik.


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Als vierter Schwerpunkt der Regierungsarbeit der Schutz unserer inneren und äußeren Sicherheit,

und nicht zuletzt auch der fünfte Punkt, eine effiziente Staats- und Verwaltungsreform umsetzen zu können.

Und nun, weil es auch von der Opposition angesprochen worden ist, zur Größe der Re­gierung. Hier halten wir vergleichbaren Staaten durchaus stand. Wenn ich Dänemark mit rund 5,5 Millionen Einwohnern hernehme: Dort gibt es 20 Ministerien. Wenn ich Schweden mit 9 Millionen Einwohnern hernehme: Dort gibt es 22 Ministerien.

Es war auch immer wieder ein Wunsch der Opposition, gerade der Grünen, ein eige­nes Frauenministerium zu haben, und auch ein Wunsch der Grünen, ein eigenes Ministerium für die Wissenschaft zu haben. – Das haben wir jetzt mit diesem Bundes­ministeriengesetz geschaffen, meine Damen und Herren! (Abg. Öllinger: Umwelt?!)

Und ein Punkt, den ich auch ansprechen möchte und der heute hier noch nicht erwähnt wurde: Der Herr Bundespräsident hat eine Reihe von Wünschen gehabt, dass es hier zu Vereinfachungen kommen soll, zu Vereinfachungen, die die Arbeit erleichtern und wo es schwer nachvollziehbar ist, wie die Regelung bisher war. Ich nenne Ihnen so ein Beispiel: Fährt ein Minister/eine Ministerin, ein Bundesminister/eine Bundesministerin in die Schweiz, so war es bisher so, dass dieser Bundesminister/diese Bundesministe­rin gemeinsam mit dem Bundesminister/der Bundesministerin, der/die ihn vertreten hat, das dem Bundeskanzler gemeldet hat. Der Bundeskanzler hat das dann dem Bundes­präsidenten gemeldet, und der Bundespräsident hat das in der „Wiener Zeitung“ ver­öffentlicht. Da war dieser Minister schon längst aus der Schweiz wieder in Österreich zurück, als das Ganze überhaupt erst den ordnungsgemäßen Weg gegangen ist. – Das ist jetzt anders. Richtigerweise ist dieser Weg verkürzt worden.

Oder: Wenn der Bundespräsident im EU-Ausland ist, hat er bisher eine Vertretung ge­habt. Der Bundeskanzler hat ihn zu vertreten gehabt. Es ist richtig, dass wir hier jetzt eine gleiche Regelung haben wie auch bei den Ministern, dass nämlich diese Vertre­tung wegfällt.

Summa summarum, als Resümee von meiner Seite her: Dieses neue Bundesministe­riengesetz bringt durchwegs Verbesserungen, Vereinfachungen und verstärkt den kur­zen Weg in der Kommunikation. (Beifall bei der ÖVP.)

13.54


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Pendl. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


13.54.24

Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Wir haben ja schon mehrere Diskussionen über Novel­len eines Bundesministeriengesetzes erlebt. Es ist immer wieder interessant, welche Ansichten man da hört. Aber ich glaube, eines ist klar: Am 1. Oktober hat eine Wahl stattgefunden. Der Souverän hat entschieden. Zwei Parteien haben sich geeinigt: Es gibt ein Regierungsprogramm. Das Bundesministeriengesetz ist ein Organisationsge­setz, das sich natürlich in erster Linie auf eine effiziente Umsetzung dieses Programms im Interesse der Österreicherinnen und Österreicher und der Republik stützt, und ich gehe davon aus, dass wir alle eigentlich einer Meinung sein sollten – oder ohnehin sind –, dass eine gute Politik für die Österreicherinnen und Österreicher herauskom­men sollte. Davon gehe ich aus. Wir sollten weniger darüber diskutieren, ob vielleicht die eine Kompetenz dort oder da ist, denn ich gehe auch davon aus, dass die beiden Parteichefs, die dieses Übereinkommen unterschrieben haben, meinen, dass für die Menschen das Beste und das Machbare umgesetzt werden muss.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 60

Daher ist es auch müßig, darüber zu diskutieren, ob wir 20 oder 18 oder 22 Ministerien haben. Wenn ich nur an den Verfassungsausschuss denke: Da kamen Vorschläge, wonach es noch mehr Ministerien geworden wären! Da hieß es: Teilen wir das noch!, oder: Warum ist die Kompetenz da?

Große Koalition-neu bedeutet auch das Gemeinsame, das Team. Querschnittsmate­rien gibt es überall, dass wissen wir. Ich gehe davon aus, dass hier im Interesse der Menschen zügig an die Arbeit gegangen wird, und ich möchte auch alle einladen – das habe ich noch bei jeder Diskussion getan –, immer auch auf die Bediensteten in den einzelnen Ministerien Rücksicht zu nehmen. Es ist wichtig, dass wir mit unseren öffent­lich Bediensteten partnerschaftlich umgehen.

Es wurde von Herrn Staatsekretär Lopatka angesprochen, dass es auch Wünsche des Herrn Bundespräsidenten gibt, und die Frau Staatssekretärin hat im Ausschuss eben­falls darauf hingewiesen. Ich darf daher auch einen Vier-Parteien-Antrag der Abge­ordneten Cap, Neugebauer, Fichtenbauer, Scheibner, Kolleginnen und Kollegen zum Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 94/A der Abgeordneten Cap, Neugebauer, Kolleginnen und Kollegen einbringen, betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird.

Der Antrag wird – davon gehe ich aus, Herr Präsident – schriftlich verteilt werden. Der Inhalt des Abänderungsantrages setzt also die Wünsche unseren hochgeschätzten Herrn Bundespräsidenten um, und ich darf diesen Antrag in seinen Kernpunkten erläu­tern.

Das Verfahren bei der zeitweiligen Verhinderung eines Bundesministers wird beschleu­nigt; das wurde bereits von meinem Vorredner angesprochen. Besonders wird aber auch der Fall geregelt, dass ein Bundesminister aus gesundheitlichen Gründen, etwa Unfall oder Krankheit, nicht mehr in der Lage ist, einen Vertreter zu ernennen. Hier beauftragt der Herr Bundeskanzler im Einvernehmen mit dem Vizekanzler seinen Ver­treter. So wie bei den Regierungsmitgliedern soll auch beim Bundespräsidenten der Aufenthalt in einem anderen EU-Staat nicht als Verhinderung gelten. Und letztlich ist vorgesehen, dass die Präsidentschaftskanzlei dem Bundespräsidenten untersteht und er deren Bedienstete ernennt und die Diensthoheit ausübt.

Ich glaube, meine geschätzten Damen und Herren, dass hier nicht nur ein gutes Regie­rungsprogramm und -übereinkommen vorliegt, sondern wir haben hier auch ein gut funktionierenden Konzept, was die Novelle zum Bundesministeriengesetz betrifft. Ich glaube auch, dass es zeitgemäß und sinnvoll ist, diese Änderungen der Verfassung vorzunehmen.

Ich lade Sie ein, hier mit uns zu stimmen – im Interesse unserer Österreicherinnen und Österreicher und im Interesse der Republik! (Beifall bei der SPÖ.)

13.58


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Der von Herrn Abgeordnetem Pendl einge­brachte Abänderungsantrag der Abgeordneten Dr. Cap, Neugebauer, Dr. Fichten­bauer, Scheibner, Kolleginnen und Kollegen zum Antrag 94/A ist ausreichend unter­stützt, wurde in den Kernpunkten erläutert und steht somit mit in Verhandlung. Auf­grund seines Umfangs werde ich ihn verteilen lassen.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Cap, Neugebauer, Dr. Fichtenbauer, Scheibner, Kolleginnen und Kollegen


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 61

zum Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 94/A der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Fritz Neugebauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesver­fassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der dem Bericht angeschlossene Gesetzentwurf wird wie folgt geändert:

a) Es werden folgende Ziffern 1 bis 4 eingefügt:

„1. In Art. 64 Abs. 1 wird nach dem ersten Satz folgender Satz eingefügt:

„Ein Aufenthalt in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union gilt nicht als Verhinderung.“

2. Nach Art. 67 wird folgender Art. 67a eingefügt:

„Artikel 67a. (1) Zur Unterstützung des Bundespräsidenten bei der Besorgung seiner Amtsgeschäfte ist die Präsidentschaftskanzlei berufen, die dem Bundespräsidenten untersteht.

(2) Art. 67 gilt nicht für die Ernennung von Bediensteten der Präsidentschaftskanzlei und die Verleihung von Amtstiteln an diese sowie für Akte des Bundespräsidenten in Ausübung der Diensthoheit diesen gegenüber.“

3. Art. 69 Abs. 2 zweiter und letzter Satz wird durch folgenden Satz ersetzt:

„Sind der Bundeskanzler und der Vizekanzler gleichzeitig verhindert, so wird der Bun­deskanzler durch das dienstälteste, bei gleichem Dienstalter durch das an Jahren äl­teste, nicht verhinderte Mitglied der Bundesregierung vertreten.“

4. Art. 73 Abs. 1 lautet:

„(1) Im Falle der zeitweiligen Verhinderung eines Bundesministers beauftragt dieser im Einvernehmen mit einem anderen Bundesminister diesen, einen ihm beigegebenen Staatssekretär oder einen leitenden Beamten des betreffenden Bundesministeriums mit seiner Vertretung; eine solche Beauftragung mit der Vertretung ist dem Bun­despräsidenten und dem Bundeskanzler zur Kenntnis zu bringen. Ein Aufenthalt in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union gilt nicht als Verhinderung. Ist ein Bundesminister nicht in der Lage, einen Vertretungsauftrag im Sinne des ersten Satzes zu erteilen, so beauftragt der Bundeskanzler im Einvernehmen mit dem Vizekanzler einen anderen Bundesminister, einen dem verhinderten Bundesminister beigegebenen Staatssekretär oder einen leitenden Beamten des betreffenden Bundesministeriums mit dessen Vertretung; eine solche Beauftragung mit der Vertretung ist dem Bundes­präsidenten zur Kenntnis zu bringen. Der Vertreter eines Bundesministers trägt die gleiche Verantwortung wie ein Bundesminister (Art. 76).“

b) Der bisherigen Novellierungsanordnung wird die Ziffernbezeichnung „5.“ vorange­stellt.

Begründung

Zu lit. a (Z 1 [Art. 64 Abs. 1], Z 2 [Art. 67a], Z 3 [Art. 69 Abs. 2] und Z 4 [Art. 73 Abs. 1]):

Im Abänderungsantrag wird vorgeschlagen, dass ein Bundesminister im Falle seiner zeitweiligen Verhinderung im Einvernehmen mit einem anderen Bundesminister die­sen, einen ihm beigegebenen Staatssekretär oder einen leitenden Beamten des be­treffenden Bundesministeriums mit seiner Vertretung beauftragen kann; eine solche Beauftragung mit der Vertretung ist unter einem dem Bundespräsidenten und dem Bundeskanzler zur Kenntnis zu bringen (Z 4). Mit diesem Zeitpunkt wird die Vertretung wirksam. Der Kreis der Vertretungsbefugten entspricht der geltenden Rechtslage.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 62

Für den Fall, dass ein Bundesminister zur Beauftragung eines Vertreters nicht in der Lage ist (etwa infolge eines Unfalls oder einer plötzlich auftretenden Erkrankung), hat der Bundeskanzler im Einvernehmen mit dem Vizekanzler einen Vertreter zu beauf­tragen; auch dies ist dem Bundespräsidenten zur Kenntnis zu bringen.

Für den Fall der Verhinderung des Bundeskanzlers selbst trifft Art. 69 Abs. 2 B VG Vor­sorge. Vor dem Hintergrund der in Z 4 vorgeschlagenen Änderung erscheint es aller­dings konsequent, auch die in dieser Bestimmung vorgesehene Zuständigkeit des Bun­despräsidenten zur Bestellung eines Vertreters für den Fall der gleichzeitigen Verhin­derung des Bundeskanzlers und des Vizekanzlers zu beseitigen (Z 3).

Ferner sollen aus gegebenem Anlass die Voraussetzungen für das Vorliegen einer Verhinderung der mit den obersten Verwaltungsgeschäften des Bundes betrauten Organe (gemäß Art. 69 Abs. 1 B VG der Bundespräsident, der Bundeskanzler, der Vizekanzler und die übrigen Bundesminister) vereinheitlicht werden. Dies bedingt eine Ergänzung des Art. 64 Abs. 1 B VG um eine dem geltenden Art. 73 Abs. 1 letzter Satz B VG entsprechende Regelung (Z 1).

Schließlich wird im Abänderungsantrag vorgeschlagen, nach dem Vorbild des Art. 30 Abs. 3 B VG in das B VG eine Bestimmung über die Aufgaben der Präsidentschafts­kanzlei aufzunehmen (Z 2). Diese soll ausdrücklich dem Bundespräsidenten unterstellt werden, was insbesondere auch bedeutet, dass die Diensthoheit gegenüber den Be­diensten der Präsidentschaftskanzlei vom Bundespräsidenten ausgeübt werden soll; insoweit sollen Akte des Bundespräsidenten weder an einen Vorschlag gebunden sein, noch der Gegenzeichnung unterliegen. Diesfalls erscheint es konsequent, auch die Er­nennung von Bediensteten der Präsidentschaftskanzlei und die Verleihung von Amts­titeln an diese (vgl. Art. 65 Abs. 2 lit. a B VG) von der Vorschlagsbindung und der Ge­genzeichnungspflicht auszunehmen.

Zu lit. b (Z 5 [Art. 78 Abs. 2]):

Die Ziffernnummerierung der Novellierungsanordnung ist entsprechend anzupassen.

Die vorgeschlagene Ergänzung des Art. 78 Abs. 2 soll auch im Falle des Art. 73 Abs. 3 B VG gelten, was bedeutet, dass sich bei einem Aufenthalt in einem anderen Mitglied­staat der Europäischen Union der Bundeskanzler und der Vizekanzler auch durch Staatssekretäre im Nationalrat und Bundesrat vertreten lassen können, die jeweils dem anderen beigegeben sind. Dass ein Bundesminister mit der Besorgung von in den Wir­kungsbereich des von ihm geleiteten Bundesministeriums fallenden Geschäften nur einen ihm beigegebenen Staatssekretär betrauen kann, gilt im Übrigen schon derzeit nicht ausnahmslos, kann er doch nach Art. 73 Abs. 2 B VG die Befugnis, an den Ta­gungen des Rates der Europäischen Union teilzunehmen und in diesem Rahmen zu einem bestimmten Vorhaben die Verhandlungen zu führen und die Stimme abzugeben, auch einem Staatssekretär übertragen, der ihm nicht beigegeben ist (vgl. Wieser, Der Staatssekretär [1997], 266 ff).

*****

 


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Scheibner. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


13.59.08

Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ): Herr Präsident! Werte Mitglieder der Bun­desregierung! Meine Damen und Herren! Lieber Kollege Pendl, ja – habe ich dich jetzt erschreckt?, entschuldige, das war nicht meine Absicht –, es stimmt: Eine neue Bun-


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desregierung sollte – du hast es richtig gesagt: sollte, und das „sollte“ hast du noch dazu betont – das Wohl der Bevölkerung im Auge haben. Die Begeisterung ist aber enden wollend, muss ich sagen, wenn ich hier so durch die leeren Reihen schaue. Auch auf der Regierungsbank liegen nur ein paar Mapperln herum. Also, so wirklich überzeugt ist man von diesem Projekt ja nicht, habe ich den Eindruck, ich kann das durchaus nachvollziehen.

Wenn Herr Bundeskanzler Gusenbauer heute das Sozialsystem und das Gesundheits­system gelobt hat, die Anhebung der Mindestpensionen ebenso, dann hat er in Wirk­lichkeit die Politik der letzten sieben Jahre gelobt! Eine Bundesregierung, die mit gro­ßem Eifer, mit Überzeugung und auch mit einer Begeisterung, lieber Kollege Pendl, an diese Arbeit, für Österreich gut zu wirken und zu werken, herangegangen ist! – Die­se Begeisterung fehlt jetzt jedoch völlig.

Ich bedauere nur, dass Herr Abgeordneter Cap jetzt nicht hier ist, da ich ihm noch etwas sagen wollte; aber vielleicht, Kollege Pendl, kannst du ihm das ausrichten. Ich habe durchaus seinen Versuch bewundert, auch Überzeugungskraft einzubringen. Er hat uns über viele Wochen und Monate immer vorgehalten, wie schlecht wir – als Re­gierungsparteien – die Opposition behandelt haben, und er hat gesagt: Sie werden se­hen, wenn wir einmal hier in der Regierung sind, werden wir das anders machen! Wir haben etwas dazugelernt seit den neunziger Jahren: Wir werden die Opposition gleich­wertig behandeln, werden sie einbinden, die Anträge rechtzeitig übergeben und, und, und.

Ich sage Ihnen, ich war wirklich nahe daran – ich kenne den Kollegen Cap auch schon viele Jahre und weiß, dass man ihm nicht alles glauben darf, weil er ein blendender Rhetoriker und Parteipolitiker ist –, aber da war ich wirklich nahe daran, zu sagen: Ich glaube, wenn einer das so oft sagt und mit so einer – hoffentlich nicht gespielten – Überzeugungskraft behauptet, dann wird es schon stimmen. Und habe ich mir gedacht: Schauen wir uns das an!

Jetzt ist es ja so weit – leider! Herr Cap ist Klubobmann einer Regierungspartei, und was passiert jetzt? – Jetzt könnte man sagen: Gut, oft werden Versprechen eben kurz­fristig einmal eingehalten, und später macht man das wieder anders. Aber da hat die­ses Versprechen wirklich nicht einmal bis zum ersten Antrag – nämlich zu dem, den wir heute hier besprechen – gedauert!

Es war ein Grundsatz der früheren Bundesregierung, dass man, soweit es geht, 24 Stunden vor dem Ausschuss der Opposition die Anträge und die Abänderungen übergibt. (Zwischenruf des Abg. Dr. Niederwieser.) Wir haben wenige Stunden vor dem Ausschuss – wenige Stunden, lieber Kollege Niederwieser, vor dem Ausschuss! – diesen Antrag über das Bundesministeriengesetz und über die Staatssekretärsrege­lung bekommen!

Es wundert mich deshalb, weil ich doch davon ausgehe, dass bei wochenlangen Re­gierungsverhandlungen die Frage der Kompetenzverteilung zwischen zwei Parteien wohl auf Punkt und Beistrich gelöst worden ist. Anscheinend nicht! Und so hat man noch bis wenige Stunden vor dem Ausschuss hier verhandelt.

Gut, also: Cap – Versprechen gebrochen! Er wollte das dann auf die Regierung ab­schieben und hat gesagt, er hat das ohnehin in der Ministerratssitzung angesprochen, kritisch angemerkt, und es wird nicht mehr vorkommen.

Dann kam Frau Staatssekretärin Silhavy – sie ist jetzt auch nicht hier –, die den Herrn Bundeskanzler im Verfassungsausschuss vertreten hat, und sie hat gesagt, was wir denn eigentlich wollen, das ist doch ein Initiativantrag, das haben die Abgeordneten zu verantworten!


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Herr Kollege Pendl, lieber Freund! Hast du diesen Antrag verhandelt, über den wir hier heute diskutieren? Muss ich mich in Wirklichkeit bei dir beschweren und bei all den anderen neben dir – den wenigen, die da noch herinnen sitzen –, dass ihr diesen von euch in stundenlanger Arbeit ausgearbeiteten Antrag verspätet vorgelegt habt? – Ich glaube nicht.

Aber da sieht man schon ein bisschen, welches Gespür da vorhanden ist, dass man nicht nur das Versprechen, die Opposition entsprechend einzubinden, nicht hält, son­dern dass man auch noch versucht, uns für dumm zu verkaufen. Dass eine ehemalige, langjährige Abgeordnete, kaum sitzt sie wenige Minuten auf der Regierungsbank, schon sagt: Bitte, was wollt ihr, das ist ein Initiativantrag, das ist die Verantwortung des Parlaments! – wenn das der Beginn der neuen Regierung ist, in der man so viel aus der Vergangenheit gelernt haben will, na, dann gute Nacht! Dann wissen wir schon, was wir zu erwarten haben, nämlich eine große Koalition à la neunziger Jahre. (Beifall beim BZÖ.)

Da ist ja noch etwas interessant, wenn wir schon bei diesen Programmen und Auftei­lungen sind. Ich habe wirklich den Eindruck, dass man sich noch nicht ganz bis zum Schluss geeinigt hat. Das letzte Mal ist mir schon aufgefallen, dass auf SPÖ-Seite immer von einem Regierungsprogramm mit 177 Seiten die Rede gewesen ist. Jetzt habe ich mir das Regierungsprogramm angeschaut: Das sind aber zehn Seiten weni­ger, nämlich 167 – auch noch viel, zumindest viel Lyrik und viel Text, aber nicht 177!

Ich glaube, sogar der Herr Bundeskanzler hat von 177 Seiten geredet. Dann haben wir gesagt: Wo sind denn diese restlichen zehn Seiten? Gibt es denn da vielleicht noch ein kleines Geheimpapier zu diesem Regierungsprogramm (Abg. Großruck: Dazugezählt haben Sie da die Präambel ...!), das wir hier als Abgeordnete nicht kennen dürfen? (Abg. Dr. Stummvoll: Über-Schmäh!) Herr Kollege Pendl, gibt es das? (Abg. Groß­ruck: Da haben Sie die Präambel dazugerechnet!) Oder ist es so – das hat man dann einfach gesagt –: Nein, nein, kein Geheimpapier, keine Sideletters, ein paar Seiten sind da unter den Tisch gefallen, als man den Seitenumbruch anders gestaltet hat!?

Meine Damen und Herren, wir sind alle schon lange genug hier im Hohen Haus, dass wir solchen Ausflüchten nicht glauben. Sie haben sogar das Regierungsprogramm hier zur Grundlage einer Entschließung gemacht, also sind Sie auch mit verantwortlich. Legen Sie diese zehn zusätzlichen, fehlenden Seiten einmal auf den Tisch, damit wir wirklich wissen, was Sie alles vorhaben!

Oder sind dort die versteckten Belastungen, die Sie auf die Österreicher abwälzen wol­len, noch zu finden? Was man jetzt wieder gehört hat: Vermögenssteuer will man ein­führen – vielleicht ist das da schon drinnen? (Abg. Ing. Westenthaler: Steuer über Steuer!) Abgabenerhöhungen? Was ist bei den Beamten mit den Dienstposten? Pen­sionsreform vielleicht? Was steckt denn dahinter, meine Damen und Herren von der Bundesregierung? – Wenn Sie einen Dialog mit dem Parlament machen wollen, dann legen Sie das entsprechend auf den Tisch!

Die Kritik am Bundesministeriengesetz möchte ich nicht wiederholen, die auch mein Klubobmann Westenthaler schon geübt hat. 18 Regierungsmitglieder hatten wir in der letzten Legislaturperiode zu Beginn, jetzt sind es 20 – merkwürdige Mathematik des Herrn Bundeskanzlers!

Man hat leider wieder das Bildungsthema getrennt in Wissenschaft und Unterricht, ob­wohl wir Bildung immer als Einheit gesehen haben. Die Universitäten haben uns immer wieder gesagt: Viele Probleme, die wir auf dem Ausbildungssektor haben, stammen aus dem Schulbereich, und man sollte das in einem behandeln.


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Die proporzmäßige Aufteilung der Forschungsfonds! Ein Frauenministerium als Titel ohne Mittel! (Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek.) Frau Kollegin Silhavy ist mir noch die Antwort schuldig über den Vergleich, wie viele Sektionen und Abteilungen das Frauenministerium hat und wie viele Sektionen und Abteilungen etwa das Infrastruktur­ministerium hat, damit man auch hier ein bisschen die Wertigkeit sieht. Es reicht ja nicht, ein Ministerium einzurichten und eine Ministerin zu ernennen, sondern die Frage ist auch: Was kann man denn in dieser Funktion tun? (Abg. Heinisch-Hosek: Mehr als vorher!)

Das werden wir uns anschauen, Frau Kollegin, genauso wie wir uns das mit den Staatssekretären anschauen. Die SPÖ war immer für die Abschaffung dieser „unnöti­gen“ Staatssekretäre. Jetzt haben wir nicht nur gleich viele Staatssekretäre wie vorher, sondern nun werden sie sogar auf den Schild gehoben: Die sind ja jetzt plötzlich die Über-Minister!

Ich habe wirklich die Staatssekretäre geschätzt; ich war nicht der, der für ihre Abschaf­fung eingetreten ist, auch früher nicht. Ich habe das immer genossen, wenn der dama­lige Staatssekretär Wittmann zu uns in den Ausschuss gekommen ist oder auch hier in Vertretung des Bundeskanzlers Klima seine Reden gehalten hat. Das war ja wirklich so: Da hat das Haus gebebt, wir haben diskutiert, und es gab hitzige und interessante Debatten.

Das würde ich mir durchaus auch in Zukunft vorstellen. Aber dass man einen Staats­sekretär wirklich für fähig hält, allwissend zu sein, sodass er in jedem Ressort so weit Bescheid weiß, dass er uns Abgeordneten hier Rede und Antwort stehen kann – das glaube ich nicht, meine Damen und Herren! Ich glaube auch nicht, dass Sie das glauben, aber das beschließen Sie jetzt. (Abg. Dr. Graf: Mit Initiativantrag!) Dass dann etwa Herr Matznetter hier zu Frauenfragen (Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek) oder zu Verfassungsfragen kompetent Auskunft geben kann, oder dass auf der ande­ren Seite Kollege Lopatka über die Finanzen Auskunft geben kann, oder dass Frau Staatssekretärin Silhavy uns etwa über den Finanzausgleich umfassend Auskunft ge­ben wird, das glaube ich nicht, und das kann auch niemand.

Der Staatssekretär soll sich in seinem eigenen Bereich auskennen, er soll sein Ministe­rium kennen und seinen Minister unterstützen, aber nicht als „Grüßaugust“ tätig sein. Ich sage das in aller Deutlichkeit. Er darf sich ja nicht einmal zu Wort melden – da kann man auch einen Pappkameraden hierher setzen. Das ist eine Missachtung des Parla­ments, meine Damen und Herren! Und dass Ihnen das egal ist, das verstehe ich über­haupt nicht. (Beifall beim BZÖ.)

In diesem Sinne sagen wir, wir kritisieren nicht nur, sondern wir bringen auch einen Vorschlag, wie man es anders, wie man es besser machen könnte. Deshalb schlagen wir vor – und ich werde dementsprechend zwei Anträge einbringen –, dass man dem Bundeskanzler und dem Vizekanzler je einen Staatssekretär beigibt, einen echten Staatssekretär, so wie wir es bisher gehabt haben; die brauchen das auch in der ent­sprechenden Vertretung.

Ansonsten soll jeder Bundesminister in seinem Ressort die Möglichkeit haben, einen beamteten Staatssekretär – so wie das etwa in Deutschland der Fall ist – einzusetzen beziehungsweise durch den Bundespräsidenten ernennen zu lassen. Das soll ein ho­her Beamter sein – ob das der Generalsekretär oder ein Sektionschef ist –, der sich in der Materie wirklich auskennt (Zwischenruf des Abg. Lutz Weinzinger), der keine zusätzliche Gage bekommt, lieber Kollege Weinzinger, der aber den Minister auch für uns, etwa im Ausschuss, kompetent vertreten kann und uns Auskunft geben kann.

Das wäre eine sinnvolle Vertretungsmöglichkeit, sodass der Bundeskanzler oder der Minister entlastet ist, aber trotzdem wir als Abgeordnete dieses Hauses auch mit einem


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kompetenten Vertreter diskutieren und einen entsprechenden Meinungsaustausch pfle­gen können. (Abg. Dr. Graf: Vor 14 Tagen habt ihr noch drei gehabt ...!) Wenn Sie wirklich den Parlamentarismus unterstützen wollen, meine Damen und Herren – vor allem von der SPÖ und von den Regierungsparteien –, dann lehnen Sie die jetzige Vorlage ab und stimmen Sie unserem Abänderungsantrag zu!

Den ersten Abänderungsantrag Westenthaler, Scheibner habe ich in den Grundzü­gen erläutert, wobei es darum geht, diese Vertretungsmöglichkeiten durch beamtete Staatssekretäre einzuführen.

Den zweiten Abänderungsantrag der Abgeordneten Westenthaler, Scheibner bringe ich hiermit ein:

„Es wird folgende Ziffer 24 eingefügt:“

„Ein Generalsekretär, oder wenn kein solcher bestellt ist, der Leiter einer Sektion (Abs. 1) oder ein Leiter einer gleichwertigen Einrichtung ... können für die Dauer der Ernennung durch den Bundespräsidenten mit der Funktion eines beamteten Staats­sekretärs (Art. 78 Abs. 4 B-VG) betraut werden. Für sie gilt § 9 sinngemäß. Für die Dauer dieser Verwendung gebührt“ ihnen „ausschließlich ein Fixgehalt in der Höhe des Betrages nach § 31 Abs. 2 Z. 3 lit. b des Gehaltsgesetzes 1956 in der jeweils gelten­den Fassung.“ (Abg. Dr. Graf: Das ist dann so hoch wie ...!)

Meine Damen und Herren, das ist, glaube ich, ein Signal, wie wir Oppositionspolitik verstehen: Wir werden die Missstände, die Sie hier betreiben, aufzeigen; wir werden aber auf der anderen Seite immer zeigen, wie es besser gehen kann, wenn wir die Möglichkeit haben, auch etwas umzusetzen. Wenn Sie den Parlamentarismus und sich selbst ernst nehmen, dann überlegen Sie sich das, lesen Sie sich das durch und stim­men Sie dieser Vorlage zu! (Beifall beim BZÖ.)

14.12


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Der soeben von Herrn Abgeordnetem Scheib­ner eingebrachte Abänderungsantrag der Abgeordneten Ing. Westenthaler, Scheibner, Kolleginnen und Kollegen über den Antrag 94/A wurde in den Grundzügen erläutert, ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung. Wegen seines Umfanges lasse ich ihn verteilen.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Ing. Westenthaler, Scheibner, Kolleginnen und Kollegen zum Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 94/A der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Fritz Neugebauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der dem Bericht angeschlossene Gesetzentwurf wird wie folgt geändert:

a) Es werden folgende Ziffern 1 bis 4 eingefügt:

„1. Artikel 73 Abs. 1 lautet:

„(1) Im Falle der zeitweiligen Verhinderung eines Bundesministers beauftragt dieser im Einvernehmen mit einem anderen Bundesminister diesen, oder den beamteten Staats­sekretär des betreffenden Bundesministeriums mit seiner Vertretung; eine solche Be­auftragung mit der Vertretung ist dem Bundespräsidenten und dem Bundeskanzler zur Kenntnis zu bringen. Ein Aufenthalt in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen


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Union gilt nicht als Verhinderung. Ist ein Bundesminister nicht in der Lage, einen Ver­tretungsauftrag im Sinne des ersten Satzes zu erteilen, so beauftragt der Bundeskanz­ler im Einvernehmen mit dem Vizekanzler einen anderen Bundesminister oder den be­amteten Staatssekretär des betreffenden Bundesministeriums mit dessen Vertretung; eine solche Beauftragung mit der Vertretung ist dem Bundespräsidenten zur Kenntnis zu bringen. Der Vertreter eines Bundesministers trägt die gleiche Verantwortung wie ein Bundesminister (Art. 76).“

2. Artikel 73 Abs. 2 wird folgender Satz angefügt:

„Inwieweit er sich bei sonstigen Verhandlungen der Europäischen Union durch einen leitenden Beamten seines Bundesministeriums vertreten lassen kann, regeln die Ge­setze.“

3. Artikel 73 Abs. 3 erster Satz lautet:

„(3) Ein Mitglied der Bundesregierung, das sich in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union aufhält, kann seine Angelegenheiten im Nationalrat oder Bundes­rat durch einen anderen Bundesminister wahrnehmen lassen oder den beamteten Staatssekretär seines Bundesministeriums; der Bundeskanzler und der Vizekanzler darüber hinaus auch durch den ihm beigegebenen Staatssekretär.“

4. Dem bisherigen Artikel 75 wird die Absatzbezeichnung „(1)“ vorangestellt; diesem werden folgende Abs. 2 und 3 angefügt:

„(2) Beamtete Staatssekretäre (Artikel 78 Abs. 4) sind nur insofern berechtigt, an allen Verhandlungen des Nationalrates sowie des Bundesrates teilzunehmen, als dies die Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Geschäftsordnung des Nationalrates sowie der Geschäftsordnung des Bundesrates zulassen. Sie sind jedenfalls berechtigt den Bundesminister, dem sie unterstehen, in den Verhandlungen der Ausschüsse (Un­terausschüsse) dieser Vertretungskörper zu vertreten.

(3) Sofern sich ein Bundesminister anlässlich eines Aufenthaltes in der Europäischen Union vertreten lässt (Artikel 73 Abs. 3) kann der Nationalrat sowie der Bundesrat seine Anwesenheit nur für einen späteren Zeitpunkt verlangen. Näheres regeln die Ge­setze.“

b) Der bisherigen Novellierungsanordnung wird die Ziffernbezeichnung „(5)“ vorange­stellt. Ziffer 5 lautet:

5. Artikel 78 Abs. 2 und 3 lauten:

„(2) Dem Bundeskanzler und dem Vizekanzler können zur Unterstützung in der Ge­schäftsführung und zur parlamentarischen Vertretung je ein Staatssekretär beigegeben werden, die in gleicher Weise wie die Bundesminister bestellt werden und aus dem Amt scheiden.

(3) Der Bundeskanzler oder der Vizekanzler können die ihnen beigegebenen Staats­sekretäre auch mit der Besorgung bestimmter Aufgaben betrauen. Der Staatssekretär ist dem Bundeskanzler oder Vizekanzler auch bei der Erfüllung dieser Aufgaben unter­stellt und an seine Weisungen gebunden.“

c) Es wird folgende Ziffer 6 eingefügt:

6. Artikel 78 wird folgender Abs. 4 angefügt:

„(4) Jedem Bundesminister kann aus dem Kreis der leitenden Beamten seines Bundes­ministeriums je ein beamteter Staatssekretär beigegeben werden. Dieser wird vom Bundespräsidenten auf Vorschlag des jeweiligen Bundesministers bestellt und kann je-


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derzeit von diesem auf Ersuchen des Bundesministers abberufen werden, dem er bei­gegeben ist.“

Erläuterungen:

Die derzeit unbefriedigenden Regelungen über die vorübergehende Vertretung der Mit­glieder der Bundesregierung allgemeiner Art, anlässlich eines Aufenthaltes in einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union sowie vor dem Nationalrat und Bundesrat soll hiermit neu geregelt werden. Diese neuen Regelungen bedürfen Novellen des Bundes­gesetzes über die Geschäftsordnung des Nationalrates sowie der Geschäftsordnung des Bundesrates.

Eine entsprechende Umsetzung im Bundesministeriengesetz wurde ebenfalls zeit­gleich von den unterzeichneten Abgeordneten eingebracht und steht in einem inhaltli­chen und formellen Zusammenhang.

Zu den Bestimmungen im einzelnen:

Zu Z. 1 (Art. 73 Abs. 1):

Durch diese Regelung wird die Vertretung eines Bundesministers im Verhinderungsfall durch einen anderen Bundesminister oder einen neu eingeführten beamteten Staats­sekretär lediglich durch eine Information an den Bundespräsidenten und den Bundes­kanzler in einer wesentlich erleichterten Form eingeführt.

Zu Z. 2 (Art. 73 Abs. 2.):

Mit dieser neue geschaffenen Bestimmung wird die Möglichkeit eingeräumt, im Bun­desministeriengesetz eine andere Vertretung von Bundesministerin in Gremien der Europäischen Union im Wege von leitenden Beamten ihrer Ressorts zu regeln. Dies war bisher nur durch den ständigen Vertreter Österreichs bei der Europäischen Union möglich, was im europäischen Umfeld völlig unüblich ist und zu teilweise Verständnis­losigkeit geführt hat. So ist es etwa im Bereich der Verteidigungspolitik völlig selbstver­ständlich, dass sich die Verteidigungsminister auch durch ihre Generalstabschefs ver­treten lassen können und dies nicht durch einen Diplomaten erfolgen muss. Gleiches gilt für andere Fachbereiche.

Zu Z. 3 und 4 (Art. 73 Abs. 3, Art. 75):

Diese Regelungen legen im Detail den Handlungsrahmen für die parlamentarische Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung gegenüber dem Nationalrat und Bun­desrat fest. Die näheren Bestimmungen wären in der Hoheit des Nationalrates und des Bundesrates zu regeln.

Zu Z. 5 (Art. 78 Abs. 2 und 3):

Politische Staatssekretäre wären in Hinkunft nur mehr beim Bundeskanzler und Vize­kanzler möglich. Diese sollten in Hinblick auf ihre Stellung von den beamteten Staats­sekretären abgehoben und nach den bisherigen Bestimmungen des B-VG bestellt werden. Ihre Rechtsstellung bliebe ebenfalls gleich.

Zu Z. 6 (Art. 78 Abs. 4):

Der vorliegende Abänderungsantrag schafft in Analogie zum gleichzeitig eingebrachten Abänderungsantrag zu einer BMG-Novelle die Voraussetzung für die Einführung eines in dieser Funktion jederzeit abberufbaren „beamteten Staatssekretärs“ aus dem Kreis der bestehenden leitenden Beamten eines Bundesministeriums. Dadurch wäre die In­formation des Nationalrates sowie des Bundesrates durch sachkundige und gleichzei­tig politisch versierte bzw. vertraute leitende Bedienstete gegeben, ohne gleichzeitig


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eine parteipolitische „Überwachung“ durch Staatssekretäre des jeweils anderen Koali­tionspartners in Schlüsselressorts notwendig zu machen, wie dies nunmehr durch die Regierungskonstellation faktisch wieder stattfindet. Die Betrauung eines solchen leiten­den Beamten mit der Fortführung der Verwaltung im Sinne des Artikel 71 B-VG und der vorübergehenden Vertretung anlässlich einer zeitweiligen Verhinderung nach Artikel 73 B-VG durch den Bundespräsidenten war ja schon bisher möglich.

Damit würden zum derzeitigen Zeitpunkt und in Hinkunft auch wesentliche finanzielle Einsparungen (dzt. bis zu vier Staatssekretärsgehälter, das sind € 56.916,16/Monat, 14mal pro Jahr, das sind € 796.826,24 oder ATS 10.964.568,11) möglich sein.

*****

 


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Der zweite von Herrn Abgeordnetem Scheibner eingebrachte Abänderungsantrag Ing. Westenthaler, Scheibner und Kollegen zum An­trag 95/A wurde von ihm vorgelegt, ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Ing. Westenthaler, Scheibner und Kollegen zum Bericht des Verfas­sungsausschusses über den Antrag 95/A der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Dr. Wolf­gang Schüssel, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz , mit dem das Bundesministeriengesetz 1986 geändert wird (Bundesministeriengesetz-Novelle 2007)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der dem Bericht angeschlossene Gesetzentwurf wird wie folgt geändert:

Es wird folgende Ziffer 24 eingefügt:

„24. Dem § 7 Abs. 11 wird folgender Satz angefügt:

„Ein Generalsekretär, oder wenn kein solcher bestellt ist, der Leiter einer Sektion (Abs. 1) oder ein Leiter einer gleichwertigen Einrichtung (Abs. 3, 9 und 10) können für die Dauer der Ernennung durch den Bundespräsidenten mit der Funktion eines beam­teten Staatssekretärs (Art. 78 Abs. 4 B-VG) betraut werden. Für sie gilt § 9 sinngemäß. Für die Dauer dieser Verwendung gebührt ihm ausschließlich ein Fixgehalt in der Höhe des Betrages nach § 31 Abs. 2 Z. 3 lit. b des Gehaltsgesetzes 1956 in der jeweils gel­tenden Fassung.“

Begründung:

Der vorliegende Abänderungsantrag schafft in Analogie zum gleichzeitig eingebrachten Abänderungsantrag zu einer B-VG-Novelle die Voraussetzung für die Einführung eines in dieser Funktion jederzeit abberufbaren „beamteten Staatssekretärs“ aus dem Kreis der bestehenden leitenden Beamten eines Bundesministeriums. Dadurch wäre die In­formation des Nationalrates sowie des Bundesrates durch sachkundige und gleichzei­tig politisch versierte bzw. vertraute leitende Bedienstete gegeben, ohne gleichzeitig eine parteipolitische „Überwachung“ durch Staatssekretäre des jeweils anderen Koali­tionspartners in Schlüsselressorts notwendig zu machen, wie dies nunmehr durch die Regierungskonstellation faktisch wieder stattfindet.


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Durch die Verweisung auf die Fixbezugsregelung des Gehaltsgesetzes ist klar gestellt, dass – außer für die Fälle in denen ein solcher leitender Beamter nicht über die Funktionsgruppe 9 ab dem sechsten Jahr verfügt – keinerlei Mehrkosten entstehen. Damit können zum derzeitigen Zeitpunkt wesentliche finanzielle Einsparungen (bis zu vier Staatssekretärsgehälter, das sind € 56.916,16/Monat, 14mal pro Jahr, das sind € 796.826,24 oder ATS 10.964.568,11) erzielt werden.

Die Anwendung des bestehenden § 9 BMG hat zur Folge, dass diese Bediensteten automatisch dienstrechtlich zu sog. „Molterer-Beamten“ würden, in gehalts- und pensi­onsrechtlicher Hinsicht aber nur für die Dauer dieser Verwendung. Danach sind auf sie wieder die sonst für sie anzuwendenden Bestimmungen heranzuziehen.

*****

 


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Neugebauer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte.

 


14.12.42

Abgeordneter Fritz Neugebauer (ÖVP): Meine sehr geehrten Kolleginnen! Herr Prä­sident! Mitglieder der Bundesregierung! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich denke, dass ich als bekannt voraussetzen kann, wie Koalitionsgespräche ablaufen. Zuerst gibt es die Programme (Abg. Dr. Graf: So wie in der Gewerkschaft!), dann bündelt man die in Ressorts und sucht die geeigneten Persönlichkeiten, die die Ministerverantwortlich­keit auch entsprechend wahrnehmen können. (Abg. Dr. Graf: Dann besetzen wir die Positionen, dann wird man nicht gewählt!)

Im Gegensatz zur Befürchtung der Kollegin Stoisits sage ich dazu: Weil das Programm in der Außenpolitik in der Koordinationsfunktion in allen europäischen Angelegenheiten Querschnittsmaterie durch alle Ressorts ist, hat Frau Dr. Ursula Plassnik in bewährter Weise die gesamte Koordination, und daher heißt das Ressort „Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten“. (Beifall bei der ÖVP.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Gleiche wurde auch im Verfassungsausschuss moniert, und Kollege Scheibner hat das jetzt auch gesagt: Bildung, der allumfassende Begriff. – Nach pestalozzischer Diktion hast du ohne Zweifel Recht. Aber was hier „Unterricht“ heißt, meint die allgemeine Wissensvermittlung, die durch Belehrung, An­schauung und Übung im Wesentlichen in tradierter Form durch Schule geschieht, da­her durch Unterricht, und die Wissenschaft beschäftigt sich im Wesentlichen mit Lehre und Forschung. Das heißt, es steht draußen am Taferl das, was auch tatsächlich drin­nen ist (Abg. Dr. Graf: Und die Pädagogischen Hochschulen?), und das ist auch eine sinnvolle Benennung. (Abg. Dr. Graf: Was sind Pädagogische Hochschulen?)

Ich möchte zum Zweiten sagen: Die Regelung mit den Staatssekretären halte ich für sinnvoll. Sie geht mir persönlich zu wenig weit, wenn ich etwa die Praxis auf der europäischen Ebene sehe. Ich gehe doch wohl davon aus, dass die Bundesregierung nicht jemanden hersetzen wird, der dann bei jeder Gelegenheit sagt: Das muss ich Ihnen leider schriftlich beantworten!, sondern sie wird uns die kompetenten Damen und Herren für Rede und Antwort zur Verfügung stellen.

Der vom Herrn Kollegen Pendl eingebrachte Antrag berücksichtigt die Wünsche des Herrn Bundespräsidenten. Nicht, dass man jeden Wunsch des Herrn Bundespräsiden­ten erfüllen muss, aber dass er künftig auch die Personalhoheit über die Mitarbeiterin­nen und Mitarbeiter der Präsidentschaftskanzlei haben sollte, das halte ich eigentlich nur für sachlogisch! Und letztendlich ist auch die neu gefundene Vertretungsregelung doch eine Verwaltungsvereinfachung.


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Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich komme jetzt nicht umhin, auch noch auf eine Äußerung des Kollegen Stadler zu replizieren. Figl, Schleinzer, Fischler, Riegler, Schierhuber, Molterer, Pröll, viele Bauernvertreter in allen Parteien und rund 200 000 Menschen, die sich um gute Nahrungsmittel bemühen, um eine hervorragende Umwelt bemühen, in dieser Form zu disqualifizieren, ist unmöglich! Herr Kollege Stadler braucht sich auch gar nicht zu entschuldigen. Ich glaube, dass die Bauern keinen Wert auf seine Entschuldigung legen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Stadler: Im Gegen­satz zu Ihnen bin ich selbst aus dem Bauernstand!)

Zur Causa prima dieser letzten Stunden und Tage hat Herr Mag. Stadler Humor einge­fordert. (Abg. Mag. Stadler: ... Funktionär aus dem Bauernstand! Das ist der einzige Unterschied!) Also der einzige Humor, Herr Magister, der mir noch einfällt: dass es mir relativ Wurst ist, wie Herr Kollege Strache sein Bier bestellt. (Abg. Mag. Stadler: Wieso reden Sie dann so lange?)

Darf ich Ihnen aber noch eines sagen, Herr Kollege: Sie waren nicht hier, als Herr Kol­lege Strache seine Solidaritätserklärung Ihnen übergeben hat; da hätten Sie sich vor Lachen zerkugeln müssen (Abg. Mag. Stadler: Ich habe alles gehört!) – wenn das Thema nicht so ernst und beklemmend wäre! Ich halte Formulierungen wie „Jugend­torheiten“, Botschaften des Herrn Kollegen Kalina in Richtung Molterer: „Pharisäertum“, „heuchlerisch“, für eine Sprache, die der beklemmenden Situation und Aufarbeitung der Geschichte mit Sicherheit nicht adäquat ist. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Stadler: Ihr habt eine Koalition!)

Was ich dem Herrn Kollegen Strache vorhalte – und ich habe keinen Grund, ihm nicht zu glauben, was er gestern gesagt hat –, ist, dass er Stunden und Tage braucht, um dazu Stellung zu nehmen. (Zwischenruf des Abg. Lutz Weinzinger.) Meine Damen und Herren, es sollte uns klar sein, dass eine deutliche Verurteilung totalitärer Systeme und insbesondere des Nationalsozialismus unverzüglich und zweifelsfrei zu erfolgen hat! Das duldet nicht einmal eine Schrecksekunde! (Beifall bei der ÖVP.)

14.17


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Öllinger. Ich stelle die Uhr auf die gewünschten 5 Minuten. – Bitte, Sie sind am Wort. (Abg. Dr. Graf – in Richtung des sich zu seinem Sitzplatz begebenden Abg. Neugebauer –: Jetzt haben wir wieder nichts über die Gewerkschaft gehört!)

 


14.17.26

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren auf der Regierungsbank und hier im Haus! Ich möchte zu Beginn schon etwas zum eigentlichen Thema sagen und es unter das Motto stellen: „Am Anfang war das Ende.“

Sie von ÖVP und SPÖ beginnen die große Koalition mit Stillstand und Misstrauen, mit dem Stillstand und Misstrauen der alten großen Koalition, stellen das Misstrauen in Form der Staatssekretariatsregelung in den Verfassungsrang, und der Stillstand kommt in der Ministerienorganisation zum Ausdruck. Und da sagt uns Herr Klubobmann Schüssel: Das ist doch ganz toll, Wirtschaft und Arbeit in einem Ministerium, Wahn­sinn! Welcher Fortschritt!

Wir haben diesen „Fortschritt“ sieben Jahre lang erlebt: was es heißt, wenn Arbeits-Agenden, wenn nicht nur die Arbeitsmarktverwaltung (Abg. Dr. Graf: Initiativantrag der SPÖ!), sondern auch die Arbeitsinspektion, die Kontrolle des Arbeitnehmerschutzes unter den Imperativen oder Direktiven der Wirtschaft abgehandelt werden und nicht im Zusammenhang mit Sozialversicherung, sozialen Agenden, Arbeitnehmerinnen und


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Arbeitnehmern. Das macht einen deutlichen Unterschied aus, meine sehr geehrten Da­men und Herren!

Wir haben jetzt sieben Jahre lang erlebt, was es heißt, wenn Umwelt und Landwirt­schaft in einem Ressort zusammengespannt sind. Natürlich gibt es da Interessenkon­flikte, wenn Umwelt und Landwirtschaft ... (Zwischenruf des Abg. Grillitsch.) – Nein, Herr Grillitsch? – Na selbstverständlich, dass Sie diese Interessenkonflikte, die es zwi­schen Landwirtschaft und einer echten, engagierten Umweltpolitik gibt, abstreiten, dass verstehe ich schon! Sie profitieren ja genau von dieser Zusammenlegung und dieser Zusammenfassung in einem Ressort! (Abg. Grillitsch: Nennen Sie Beispiele! Sie ken­nen keine! Nennen Sie Beispiele, Herr Öllinger!)

Aber was wir uns gewünscht hätten und wo ich schon noch irgendwie geglaubt habe: Vielleicht steckt eine Idee dahinter?, ist das, was Herr Bundeskanzler Gusenbauer gesagt hat: Die SPÖ hat sich deshalb bestimmte Ressorts genommen, weil in ihnen die Zukunft zum Ausdruck kommt. (Abg. Grillitsch: Nennen Sie ein Beispiel ...! – Abg. Dr. Graf: Es gibt keinen SPÖ-Plan ...!)

Forschungsministerium: Ein Ministerium für Infrastruktur und Forschung. Das bündelt die Forschungsaktivitäten in einem Ministerium. Das war die Ankündigung. Was haben wir jetzt? – Die Forschung ist auf drei Ministerien (Abg. Dr. Graf: Fünf!) – auf fünf, dan­ke! –, also noch schlechter verteilt, als das bisher der Fall war, und das war schon schlimm genug. Und das soll jetzt zukunftsfähig und die Zukunftshoffnung sein?

Soziales und Konsumentenschutz: Herr Bundesminister, es ist schlimm genug, dass die Arbeitsagenden nicht im Sozialministerium angelagert sind. Verraten Sie mir, wel­chen tieferen Sinn es hat, dass in Zukunft Pensionistinnen und Pensionisten, Behinder­te beziehungsweise Pflege und Konsumentenschutz als das Sozialministerium darge­stellt werden sollen. (Abg. Dr. Graf: Das ist wahr!) Worin liegt das Gemeinsame dieser Agenden? Was macht da den Sinn und die Perspektive aus? Und was macht dieses inzwischen schon sehr stark entschlackte Ministerium zukunftsfähig?

Frauenministerium: Meine sehr geehrten Damen und Herren von der Bundesregierung, Sie sagen, das sei jetzt ein eigenes Ressort. Ein eigenes Ressort hatten wir schon; nur etwas mehr Überlegung dabei wäre angebracht gewesen. Ich hätte es zum Beispiel spannend gefunden, Frauen und Wirtschaft zusammenzulegen, anstatt das Frauen­ministerium ohne jegliche Kompetenzen, ohne jegliche materielle Ausstattung im Bundeskanzleramt zu belassen. Aber sei’s drum. Man kann da verschiedener Ansicht sein, na sicher, aber erklären Sie mir, meine sehr geehrten Damen und Herren: Wo liegt dieser Ministerienaufteilung insgesamt ein zukunftsfähiges Konzept zugrunde, eine Vorstellung davon, wie es weitergehen soll, wie die Schwerpunkte in der österrei­chischen Innenpolitik gesetzt werden sollen?

Zum Abschluss komme ich jetzt auf den Punkt zu sprechen, zu dem ich natürlich auch Stellung nehmen möchte. Den stelle ich unter das Motto: Eigentlich bin ich ganz an­ders, aber ich komme so selten dazu. Das hat Ödön von Horvath gesagt, und es könn­te in gleichem Maße auf Herrn Strache als auch auf Herrn Schüssel zutreffen. Ich habe die Rede des Herrn Schüssel heute glänzend gefunden, aber er hat vergessen, das, was er jetzt eingebracht hat und was ich fast durchgängig teile, auf seine letzten sieben Jahre Koalition mit der FPÖ anzuwenden, auf den Herrn Haider und andere unsägliche Vorfälle, die in diesen letzten sieben Jahren passiert sind, wo wir uns diese klaren und auch deutlichen Worte eines Bundeskanzlers Schüssel durchaus gewünscht hätten und sie auch eingefordert haben. (Beifall bei den Grünen.)

Herr Strache ist jetzt leider nicht hier. – Ich finde es faszinierend, und ich habe mir immer wieder an den Kopf greifen müssen: Herr Strache, wie er da herinnen redet, wie er auch im Fernsehen redet, hat eine bestimmte Gesprächskultur, die beispielsweise


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Herr Westenthaler in öffentlichen Auftritten manchmal vermissen lässt. Ich habe mich irgendwie beim Ohrläppchen, beim Kopf angreifen müssen: Ist das der Herr Strache, der auch am Viktor Adler-Markt die Grauslichkeiten gesagt hat? Das ist doch ein und derselbe! Und dann kommt diese Sache, diese Sache, über die Sie nicht so gerne sprechen wollen. (Abg. Lutz Weinzinger: Sind wir schon wieder beim Thema!) Ja selbstverständlich, wir reden darüber, Herr Kollege Weinzinger, auch weil gerade Sie das gerne vermeiden wollen. Wir haben Herrn Strache durchaus auch die Chance ge­ben wollen, dass er tatsächlich Worte findet. Was ist gekommen? Nach mehreren Ta­gen: Die anderen tun’s auch. Es war ja ganz anders gemeint. Ich war jung und dumm. (Abg. Dr. Graf: Sie wollen es einfach nicht hören! – Abg. Strache: Und Sie wollen die Wahrheit nicht hören!)

Das waren Ihre Versuche, zu reagieren, Herr Strache! Das reicht nicht aus! Verharm­losen und entlasten durch Angriff; verharmlosen, indem Sie österreichische Medien mit den schlimmsten NS-Publikationen gleichsetzen, das ist eine Verharmlosung des Nati­onalsozialismus, Herr Strache! Das reicht nicht aus, Herr Strache! (Abg. Strache: Sie verdrehen alles!)

Nein, es geht nicht ums Verdrehen, Herr Strache! Was wir von Ihnen einfordern, sind deutliche Erklärungen, und wir fordern sie nicht nur von Ihnen ein – von Ihnen erhalten wir sie ja nicht. Sie machen sich ja lustig. Sie sagen, die drei Finger, die Sie hergezeigt haben, das war für drei Bier. Ja, wen in Österreich wollen Sie denn damit an der Nase herumführen? Das ist das typische Schenkelklopfer-Argument, das man in Ihren Krei­sen offensichtlich pflegt und sagt: Haha, jetzt haben wir es ihnen gezeigt! Das reicht nicht aus, Herr Strache!

Jetzt möchten wir nicht mehr von Ihnen eine Erklärung haben, denn die Erklärung, die Sie hätten geben müssen, wäre nicht nur eine allgemeine Distanzierung vom Natio­nalsozialismus gewesen – die macht jeder Rechtsradikale und jeder Neonazi in Öster­reich sowieso; das macht er mit drei oder mit fünf Fingern; das reicht nicht aus –, son­dern was wir von Ihnen eingefordert hätten, Herr Strache, wäre, dass Sie sich einbrin­gen in einer anderen Gesprächskultur, so wie Sie sie manchmal haben; dass Sie Ihre Ausgrenzungsversuche gegenüber bestimmten Minderheiten in Österreich fallen las­sen; dass Sie Ihre Sprache, die oftmals sehr gewalttätig ist, wenn es darum geht, Leute heimzuschicken – „Daham statt Islam“ – mäßigen, denn das sind die Vorboten eines Ungeistes, den wir in Österreich nicht mehr haben wollen, Herr Strache. Und dazu hätten wir auch gerne eine klare Erklärung nicht nur vom Herrn Schüssel gehabt, son­dern auch von Bundeskanzler Gusenbauer. Das wäre notwendig gewesen, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei den Grünen.)

14.26


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Hei­nisch-Hosek zu Wort. Ich stelle die Uhr auf die gewünschten 4 Minuten. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


14.26.27

Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ): Herr Präsident! Mitglieder der Bun­desregierung! Zum ersten Teil Ihrer Ausführungen, Herr Kollege Öllinger: nichts ver­wechseln! Wir haben jetzt nicht mehr eine schwarz-blau-orange Regierung, in der der eine Teil viel, der andere fast gar nichts hat durchbringen können. Wir haben jetzt eine rot-schwarze Regierung. (Abg. Mag. Brigid Weinzinger: Das muss man aber auch extra dazusagen!) Warten wir doch einmal ab – egal, was da jetzt draufsteht, was drinnen ist –, lassen wir diese Bundesregierung arbeiten und schauen uns dann an, ob dieses Gleichgewicht, das ich da sehe – es sind nur zwei Mandate Unterschied, den Bundeskanzler stellt die SPÖ, es gibt „Zwillingspärchen“ bei den Ministerinnen/Minis-


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tern, die schauen schon aufeinander –, funktioniert. (Abg. Öllinger: Genauso ist es! – Abg. Scheibner: Die aufeinander aufpassen!) – Sie brauchen keine Angst zu haben, dass Dinge geschehen, die nicht in unserem Sinne sind! Glauben Sie mir das! (Beifall bei der SPÖ.)

Zum zweiten Teil Ihrer Ausführungen: Da gebe ich Ihnen Recht. Der Druck auf Sie, Herr Kollege Strache, ist hoch, er ist nach wie vor da. Ich denke, der wird auch noch höher werden, und was Sie daraus machen, ist sowieso Ihre Sache. Ich finde die Aus­führungen des Kanzlers hiezu ausreichend. Sie waren klar und deutlich. (Abg. Öllin­ger: Nein, da war Schüssel deutlicher!) Man muss immer das Gesamte sehen, Herr Kollege, und es liegt jetzt bei Kollegen Strache, hier weitere Schritte zu unternehmen.

Zur heutigen Situation, zum Bundesministeriengesetz: Mich befremdet etwas Ihr Auf­tritt – und das war fast ein Auftritt jetzt, Frau Kollegin Rauch-Kallat. Sie kommen her­aus, referieren die letzten sieben Jahre und stellen die so dar, als hätte es massive und tolle Verbesserungen für Österreichs Frauen gegeben. (Abg. Rauch-Kallat: Ich habe das nur in Erinnerung gerufen!) Ich brauche keinen Nachhilfeunterricht, Frau Oberleh­rerin! (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Rauch-Kallat.) – Nein, Frau Ministerin Bures auch nicht! Sie sind mit uns in der Verhandlungsrunde gesessen und haben sämtlichen Verbesserungen, die wir hineinverhandeln konnten, zugestimmt bei dieser Verhand­lungsrunde, bitte. Bleiben wir doch am Boden der Realität, und reden wir nicht etwas schön, was nicht schön war die letzten Jahre! Gehen wir es jetzt gemeinsam an, und schauen wir, dass die Situation der Frauen verbessert wird. Schauen Sie doch nach vorn und nicht ewig zurück! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich sage Ihnen, wie das geschehen kann: Arbeitsmarktpolitik ist das Herzstück dieser Bundesregierung, weil das für die Frauen und Männer in diesem Land eklatant wichtig ist, und da baue ich auch auf die Frau Staatssekretärin Marek, Ihre Parteigenossin, die genau für diesen Bereich zuständig sein wird, dass sie hier auch Schritte setzt. (Abg. Scheibner: Gibt es da auch wieder ein Geheimpapier?)

Diese 100 Millionen € vom Arbeitsmarktservice für Frauen: Gut, die gab es, aber wis­sen Sie auch, was jetzt die Ergänzung dazu ist? – Um qualitative Ziele sind diese 100 Millionen € jetzt ergänzt worden! Das haben wir hineinverhandeln können. Die Frauen erhalten Berufslaufbahnberatungen. (Abg. Rauch-Kallat: Lesen Sie doch ...!) Nein, es waren quantitative Ziele, das wissen Sie genau, es waren keine qualitativen Ziele. Das ist neu, das ist sozialdemokratisch, und das ist gut so, Frau Kollegin. (Beifall bei der SPÖ.)

Zur Einkommensschere: Sie müssen den Tatsachen, bitte, schon ins Auge sehen. Die Einkommensschere ist größer geworden, und das hat nichts damit zu tun, dass sich die Frauenerwerbsquote, die Beschäftigungsquote erhöht hat. Vor allem wegen der Teilzeit arbeitenden Frauen hat sie sich erhöht. Vier von zehn Frauen in diesem Land arbeiten Teilzeit in Branchen, die schlecht bezahlt sind. Unsere Handschrift im Regie­rungsübereinkommen ist, dass es zu Verbesserungen für teilzeitbeschäftigte Frauen kommen wird, dass ein Mindestlohn ausverhandelt werden wird, der genau die Frau­en ... – da sind wir ohnehin d’accord gewesen, aber bleiben Sie dann bei der Wahrheit und sagen Sie nicht andere Dinge, zu den Pensionen zum Beispiel.

Ich nehme ein letztes Beispiel, bevor meine Redezeit zu Ende ist, weil es wirklich ein bisschen abenteuerlich war, was Sie getan haben. Sie sagen, die Pensionsreform war super, pensionsbegründende Zeiten, und mit sieben Arbeitsjahren kann sowieso jede Frau in Pension gehen. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Sie müssen doch auch die Le­bensdurchrechnung bedenken. Diese Gutschrift ist doch sofort aufgebraucht für Frau­en. Wir müssen – und das haben wir jetzt hineinverhandelt – die Kindererziehungszei-


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ten noch besser anrechnen, damit Frauen nicht arm sind, wenn sie in Pension gehen. (Abg. Dr. Graf: Jawohl!) Das ist auch sozialdemokratische Handschrift.

Gehen wir es doch jetzt gemeinsam an und schauen wir doch gemeinsam, dass sich die Situation der Frau noch weiter verbessert, dass wir Armut vermeidende Politik ma­chen! Fast 400 000 Frauen lebten, bitte, bis vor Kurzem an der Armutsschwelle. Wir haben es geschafft, dass wir die Mindestsicherung hineinverhandelt haben, und Sie mit Ihrem Ministerium allein konnten leider zu wenig ausrichten. Ich bin nach wie vor der Meinung, und das war unser Wunsch, dass die Ansiedlung der Frauenministerin im Bundeskanzleramt der bessere, weil der effizientere Weg ist, weil sie dort viel besser kooperieren und koordinieren kann. (Beifall bei der SPÖ.)

14.31


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Dr. Haimbuchner zu Wort. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


14.31.10

Abgeordneter Mag. Dr. Manfred Haimbuchner (FPÖ): Herr Präsident! Werte Vertre­ter der Regierungsbank! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Werte Besucher auf der Besuchertribüne! Ich habe gedacht, ich bin heute in der falschen Sendung, in der Sendung „Wünsch dir was“: Jeder redet über alles Mögliche, jeder darf über alles reden, denn keiner hält sich an irgendwelche Vorgaben. Ja, Parlamentarier halten sich nicht einmal an jene Vorgaben, die sie sich selbst gegeben haben. Nicht einmal das ist der Fall!

Lieber Herr Kollege Öllinger, eines sage ich Ihnen schon: Wer im Glashaus sitzt, der soll nicht mit Steinen werfen! Ich vermisse einmal die eindeutigen Abgrenzungen der Grünen von gewaltbereiten Opernballdemonstranten. Wo haben Sie da klare Worte gefunden? Und dann schauen wir uns einmal Ihren Kollegen an, Ihren ehemaligen Kol­legen, Herrn Joschka Fischer! Den schauen wir uns einmal an! Joschka Fischer hat gesagt: Ich war militant. Er hat einen Exekutivbeamten geschlagen. – Ja, was hat denn Herr Strache gemacht? Herr Strache hat sich von allem Möglichen distanziert! Ja, was wollen Sie denn noch? Was wollen Sie? Soll er zu Ihnen kommen in die Kommandan­tur und soll er dort alles Mögliche unterschreiben oder was weiß ich? Was wollen Sie bitte schön? Da kann man doch nur sagen: Bitte, kehren Sie vor der eigenen Haustüre! (Beifall bei der FPÖ.)

So, und jetzt, meine Damen und Herren, kommen wir einmal zur geschäftsordnungs­mäßigen Diskussion. Ja, jedes Regierungsmitglied darf also in Zukunft jeden vertreten. Mich wundert ja, dass man nicht in die Bundesverfassung hineingeschrieben hat: Jeder darf sich von jedem vertreten lassen, und wenn einmal Not am Mann ist, dann vielleicht auch vom Generalsekretär der Partei, weil es so schön ist. – Herr Kelsen würde sich im Grab umdrehen! (Beifall bei der FPÖ.)

Da kommt die ÖVP daher mit „staatspolitischer Verantwortung“. Da erinnere ich mich an die Aussage des Herrn Morak im Verfassungsausschuss, als wir das dort diskutiert haben: Ja, es gibt immer irgendwelche Termine. – Herr Kollege Morak, das Parlament ist nicht irgendein Termin! Hier sitzt der Souverän, hier sitzt das Volk. Und der Souve­rän hat das Recht, dass er von Regierungsmitgliedern Antworten bekommt! (Beifall bei der FPÖ.)

Das ist nicht irgendein großkoalitionärer Wunsch. Herr Morak, auch Sie sind Teil der Legislative, Sie sind da nicht als Regierungsmitglied. Sie haben hier die Verantwortung als Abgeordneter wahrzunehmen. Das sei Ihnen, bitte, einmal ins Tagebuch geschrie­ben! Darüber können wir uns unterhalten. Aber das ist ja überhaupt das Motto der ÖVP und überhaupt der großen Koalition: Wenn einem die Verfassung nicht passt, dann än-


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dert man sie einfach! Verfassungsrechtler, die Ihrem Lager nicht fernstehen, kritisieren das seit Jahrzehnten, und auch der Verfassungsgerichtshof selbst. (Abg. Mag. Stoi­sits: Da gibt es aber auch noch die Ortstafeln!) Das ist eine Anlassgesetzgebung, die unwürdig ist. Sie verhunzen dieses schöne B-VG, das verhunzen Sie mit Ihrer ...

 


Präsident Dr. Michael Spindelegger (das Glockenzeichen gebend): Herr Kollege! Ich würde Sie bitten, diesen Ausdruck zurückzunehmen, sonst muss ich Ihnen einen Ord­nungsruf erteilen.

 


Abgeordneter Mag. Dr. Manfred Haimbuchner (fortsetzend): Herr Präsident! Ich be­daure; ich nehme diesen Ausdruck zurück.

Wie gesagt, ich berichtige: Es wird verunstaltet. Ich hoffe, dass sich die große Koalition in Zukunft in diesem Punkt staatsmännischer gibt und in Zukunft nicht, weil ihr die Ver­fassung nicht passt, diese einfach abändern, sondern dass gewisse Grundregeln und auch ein gewisser Konsens eingehalten werden. Wir von der Opposition werden darauf sicherlich Bedacht nehmen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

14.34


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Morak. Ebenfalls 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


14.35.04

Abgeordneter Franz Morak (ÖVP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren Minister auf der Regierungsbank! Lieber Souverän! – Wo ist er denn jetzt? (Heiterkeit bei der ÖVP!) Meine Damen und Herren, es ist wahr, wir hätten uns das alles erspart. Ich sage das auch von Anfang an. Wenn Sie gesagt hätten: Ja, wir übernehmen Regierungsver­antwortung und gehen in die Regierung!, dann gäbe es in diesem Hause keine Zwei­drittelmehrheit und dann hätten Sie das Problem nicht. – Also das nur nebenbei.

Lassen Sie mich trotzdem sagen: Wir haben demnächst in diesem Parlament den Architekturreport zu behandeln. Der Architekturreport, beschlossen hier in diesem Par­lament, betrifft im Grunde sehr viele Ministerien – er betrifft das Wirtschaftsministerium, das Umweltministerium, die Verkehrsplanung, das Finanzministerium, das Sozialminis­terium, natürlich den Bund, die Länder und alles miteinander. Und jetzt frage ich Sie: Welcher Minister, welcher Staatssekretär sollte das alles vertreten können? Das ist nur Architektur. Und wir haben das in sehr, sehr vielen Bereichen, dass wir heute alles im Grunde als Querschnittsmaterie sehen.

Jetzt kann man – ich sage einmal als Opposition – natürlich sagen: Wir haben, ganz gleichgültig, wie sich die Regierung aufstellt, immer ein Problem damit. Ich kann mich noch erinnern, wie ich zum ersten Mal 2000 hineingekommen bin und gesagt habe: Ar­beit und Wirtschaft sind ein Ministerium!, und dann plötzlich die Abgeordnete Petrovic mir gesagt hat: Das ist 34er-Jahr, das ist Ständestaat!, und so weiter, und so weiter.

Ich meine, wir sind hier beim Problem, dass wir möglicherweise einmal anders mitein­ander umgehen sollten. Wir sollten andere Worte wählen. Das ist heute auch schon öfter erwähnt worden, und ich denke, wir täten gut daran, wir uns gegenseitig ernst nehmen würden und nicht dauernd irgendeinen Jux veranstalten würden. Dazu wurde dieses Parlament nicht gemacht. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Schopf.)

Ich erinnere mich noch, meine Damen und Herren, wie hier – ich glaube, Kollege Cap war da auch federführend dabei, aber der Rest seiner „Mannschaft“ auch – gesagt wurde, wie furchtbar es ist, dass es so viele Staatssekretäre gibt. Und ich erinnere mich auch, dass es jetzt im Ausschuss geheißen hat: Ja, das waren die guten Staats­sekretäre, die haben sich irgendwie ausgekannt, aber jetzt haben wir lauter Staatssek­retäre, die sich nicht auskennen!


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Also ich kann Ihnen sagen, meine Damen und Herren: Wahrscheinlich muss man als Staatssekretär erst tot sein, damit man hinterher der wunderbare Staatssekretär war. Wunderbare Staatssekretäre waren das. (Abg. Dr. Schüssel: Nein, nein! Bitte bleibt am Leben!) – Nicht tot? – Okay, gut, nicht tot, aber als Abgeordneter am Leben. Dann hört man es noch.

Meine Damen und Herren, wir haben jetzt auch die Frage erörtert: Was ist denn eigent­lich das Denken in die Zukunft? Wie organisieren wir Zukunft? (Abg. Dr. Graf: Ohne Ihre Auftritte! – Abg. Dr. Cap: Stimmt nicht! Sie haben immer Qualität!)

Herr Abgeordneter Öllinger hat behauptet, es gäbe hier überhaupt keinen Ansatz dazu. Ich sage Ihnen:

Wir haben Wirtschaft und Arbeit. – Ich glaube, das ist ein zukunftsorientierter Ansatz.

Wir haben Europa und internationale Angelegenheiten. – Ich glaube, das ist auch ein zukunftsorientierter Ansatz.

Wir haben Umwelt und Landwirtschaft. – Ich denke da anders als Sie, meine Damen und Herren von den Grünen, und meine, dass das auch ein zukunftsorientierter Ansatz ist.

Und ich glaube, das Schule und Kultur auch einer ist. (Beifall bei der ÖVP.)

Frau Minister, ich sage Ihnen: Ich bin glücklich darüber – ich weiß, Sie waren mögli­cherweise irgendwann einmal anderer Ansicht, aber ich bin glücklich darüber –, dass wir im Grunde Schule und Kultur zusammen haben und nicht ein so genanntes Kunst­ministerium. Ich glaube, der Worte in diesem Bereich sind genug gewechselt. Ich glaube, dass diese Lösung eine gute ist. Das tut der Kultur gut, es tut der Schule ganz gut, wenn wir hier im Grunde auch die Vermittlungsarbeit übernehmen. (Abg. Dr. Graf: Burgtheater!) – Geh bitte, quäle mich nicht mit deinen Zwischenrufen! Bitte Gnade! (Heiterkeit bei Abgeordneten von ÖVP und FPÖ.)

Eine Abgeordnete von der SPÖ hat gesagt, sie sei dankbar, dass das Frauenministe­rium im Bundeskanzleramt angesiedelt worden ist.

Meine Damen und Herren, ich war lange im Bundeskanzleramt angesiedelt und kann daher sagen: Ich habe mich dort auch bei den Budgetverhandlungen relativ leicht ge­tan, möglicherweise werden Sie – sie ist im Augenblick nicht da –, Frau Minister, an­dere Erfahrungen machen. Ich habe mit dieser Positionierung nur gute Erfahrungen gemacht. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

14.39


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Haub­ner. Ich stelle die Uhr auf die gewünschten 5 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


14.40.01

Abgeordnete Ursula Haubner (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Mit­glieder der Bundesregierung! Meine Damen und Herren! Ich spreche heute wirklich zur Sache, und ich denke, der heutige Beschluss ... (Zahlreiche Zwischenrufe bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Mag. Weinzinger: Nur heute? Und heißt das, dass andere Redner nicht zur Sache gesprochen haben?) Okay, ehemalige Staatssekretäre sind ausgenommen.

Der heutige Beschluss über die Verteilung der Aufgaben im Bundesministeriengesetz spiegelt meiner Auffassung nach sehr stark wider, dass es sich gerade im Bereich der Familien- und Generationenpolitik um ein Regierungsprogramm handelt, das keine nachhaltigen und keine klaren Antworten auf die großen gesellschaftlichen Herausfor­derungen gibt, nämlich den demografischen Wandel. Es gibt keine klaren und umfas-


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senden Antworten auf die zu langsam steigenden Geburtenzahlen, auf die steigende Altersprognose und somit auch keine Antworten auf die Gefahr, dass es zu Konflikten zwischen den Generationen kommt. Was macht man hingegen? Man filetiert in diesem wichtigen Bereich den ganzen Apparat der Generationenpolitik.

In der vergangenen Regierung unter BZÖ-Beteiligung haben wir in diesem Bereich vor­bildlich die Weichen gestellt. Wir haben uns ganz klar zu einer Politik bekannt, die es den Menschen erleichtert, Familie zu leben, die es den Menschen erleichtert, in der Fa­milie auch Pflege durchzuführen, und die es auch erleichtert, selbstbestimmt innerhalb der Familie alt zu werden.

Wir haben in verschiedenen Bereichen der Alterssicherung wesentliche Verbesserun­gen durchgeführt. Wir haben erstmals das Pflegegeld erhöht, wir haben Familienleis­tungen insgesamt ausgeweitet, und wir haben – was ganz wichtig ist – auch eine sehr funktionsfähige Allianz für die Familien mit der Wirtschaft gebildet. Es war inhaltlich richtig, und es war auch von der Aufteilung des Ministeriums her richtig.

Daher bin ich schon sehr erschüttert, dass gerade das Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz, wie es jetzt noch heißt, so aufge­teilt wurde, nämlich aufgeteilt nach mehr Schwarz und ein bisschen Rot. Ich muss ehrlich sagen: Es ist ein falsches Signal in der Generationenfrage, dass hier aufgesplit­tert wird! Und Sie, sehr geehrter Herr Sozialminister, tun mir wirklich leid mit den Agen­den, die Ihnen geblieben sind. Sie sind tatsächlich abgeräumt worden, und das Minis­terium ist nur mehr ein Torso.

Wenn ich mir anschaue, was in diesem neuen Ministerium, das jetzt BMSK heißt, weil das „K“ eben – Gott sei Dank, muss ich sagen – auch für Konsumentenschutz steht, drinnen ist, dann sehe ich: die allgemeine Sozialpolitik, Sozialversicherung mit Aus­schluss der Krankenversicherung, der Unfallversicherung und der Arbeitslosenversi­cherung – da bleibt nicht mehr sehr viel übrig –, allgemeine und besondere Fürsorge, insbesondere Mutterschafts- und Säuglingsfürsorge – höchst interessant, Mutterschaft ist eine soziale Angelegenheit; ich hätte geglaubt, dass das in das Familienministerium kommt –, Pflegevorsorge sowie Behindertenversorgungs- und Sozialhilfeangelegenhei­ten, allgemeine Bevölkerungspolitik – was immer das ist, denn Bevölkerungspolitik in Angelegenheiten der Familie und der Jugend gehört in das Ministerium für Familien und Gesundheit (Beifall beim BZÖ) –, und die Seniorenpolitik wird auch noch ganz ver­schämt angeführt.

Daher sage ich: Konflikte sind vorprogrammiert! Und ich wünsche Ihnen einen guten Geist der Teamarbeit, dass diese Dinge funktionieren. Auf Grund dessen, was ich bis­her gehört, gelesen und gesehen habe, zweifle ich ein bisschen an diesem guten Geist der Teamarbeit.

Auch das, was Frau Kollegin Heinisch-Hosek vorhin gesagt hat, hat mich schon ein bisschen verwundert. Sie hat nämlich gesagt, es gebe immer Zwillingspärchen, die auf­einander schauen. Gibt es also jetzt Aufpasser: in einem schwarzen Ministerium einen Aufpasser von der roten Seite, in einem roten Ministerium einen Aufpasser von der schwarzen Seite? Ich kenne das anders: Wir sind damals in dieser Regierung Partner und nicht gegenseitige Aufpasser gewesen! (Beifall beim BZÖ.)

Daher ist das für mich ein absoluter Rückschritt und kein Fortschritt, und man sollte die Bezeichnung „Zukunft“ in diesem Bereich zumindest nicht überstrapazieren.

Ein Rückschritt zeigt sich für mich auch im neuen Frauenministerium. Das Frauenmi­nisterium hat für mich wirklich nur Symbolcharakter. Vielleicht möchte man seitens der SPÖ auch eine längst überholte Legende wieder aufleben lassen: dass Frauenpolitik


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ausgesprochene SPÖ-Domäne ist. Dann kann ich es mir erklären, aber meine sehr geehrten Damen und Herren, die Zeiten haben sich geändert.

Ich frage mich: Warum haben Sie nicht den Mut gehabt, so wie in anderen euro­päischen Ländern, ein echtes Gleichstellungsministerium einzurichten? Wenn ich mir anschaue, wie das anderswo ist, zum Beispiel in Schweden, so sehe ich, dass es dort ein Ministerium für Integration und Gleichbehandlung gibt, kein Frauenministerium. In Dänemark gibt es das Ministerium für Gleichstellung. In Deutschland gibt es das Ministerium für Familien, Senioren, Frauen und Jugend, also ein wirkliches Generatio­nenministerium. Und in Finnland ist es ähnlich.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich denke – und es ist schade, dass die Frau Frauenministerin nicht mehr hier ist –, in der Gegenwart und in der Zukunft geht es um zwei, drei wichtige Probleme, so etwa darum, dass Männer gleiche Chancen in der Fa­milie haben und dass Frauen gleiche Chancen im Berufsleben haben. Und das gehört zusammen. Man kann nicht die Agenden betreffend Männer wieder irgendwo im Sozi­alministerium belassen und alles andere in einem anderen beziehungsweise in einem übernächsten Ministerium sozusagen.

Daher wünsche ich der Frau Frauenministerin wirklich sehr viel Glück bei ihrer Koordi­nierungsfähigkeit und bei ihren Koordinierungsaufgaben. Ich glaube, sie müsste ein Ministerium haben, das Kompetenzen hat und das handlungsfähig ist.

Wenn sie sagt, sie werde Kinderbetreuungsplätze mit den Ländern mit einer 15a-Ver­einbarung schaffen, dann wünsche ich ihre wirklich viel Glück, vor allem deshalb, weil kein einziger Euro im Budget für Kinderbetreuungsplätze vorgesehen ist, nicht einmal das, was bei der letzten Regierung von uns für innovative Kinderbetreuung hineinver­handelt wurde.

Also hier sind viele Gedanken im Umlauf, aber in der Umsetzung wird wenig passieren. Aber ich bin auch eine, die letztendlich die Minister oder diese Regierung an ihren Taten messen wird.

Wir werden jedoch dieser Vorlage, die nun vorliegt, keine Zustimmung geben, weil es einerseits die teuerste Regierung ist, weil sie eine unsinnige Vertretungsregelung hat und weil vor allem die Zukunftsperspektiven, die im Bereich der sozialen Sicherheit und der Familien notwendig sind, nicht gegeben sind. Wir wissen aber, wie man es anders machen kann, und ich ersuche um Zustimmung zu unseren Abänderungsanträgen. (Beifall beim BZÖ.)

14.47


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Von der Regierungsbank aus hat sich Herr Bundesminister Dr. Buchinger zu Wort gemeldet. Ich stelle die Uhr auf 2 Minuten, wie beabsichtigt. – Bitte.

 


14.47.32

Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz Dr. Erwin Buchinger: Herr Präsident! Meine sehr geschätzten Kolleginnen und Kolle­gen auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Ich verstehe, dass beim Thema Bundes­ministeriengesetz auch sehr pointiert über die Abgrenzung und die Veränderungen vom Sozialministerium zum Gesundheitsministerium oder auch über die nicht erfolgten Abgrenzungen zum Bereich Wirtschaft und Arbeit diskutiert wird. Die Damen und Herren unter Ihnen, die schon länger hier im Hause sind, werden wahrscheinlich schon sehr, sehr viele Spielarten von Kompetenzzuteilungen und Zusammenfassungen erlebt haben. Aus meiner Sicht ist das Entscheidende, dass die Inhalte, die in diesen Res­sorts in den nächsten Jahren als Regierungsvorlagen hier in das Hohe Haus zu brin-


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gen sind, und die Verwaltungstätigkeit in diesen Häusern im Interesse der Menschen dieses Landes vollzogen werden. (Beifall bei der SPÖ.)

Da ist es im Sozialministerium so, dass drei große Zukunftsaufgaben zu bewältigen sind. Das eine ist die Milderung jener Versäumnisse, meine sehr geschätzten Damen und Herren vom BZÖ, die Sie in Ihrer Ägide als Sozialministerin und Sozialminister in den letzten sieben Jahren mitzuverantworten haben, nämlich Härten im Pensionsrecht, die Zehntausende Menschen in diesem Land ungebührlich belasten. (Abg. Ing. Wes­tenthaler: Das beste System in ganz Europa!) Wir werden diese Härten in den nächs­ten Monaten sehr, sehr rasch korrigieren und werden Ihnen dann, sehr geschätzte Da­men und Herren vom BZÖ, die Gelegenheit geben, bei den materiell-rechtlichen Ände­rungen im Pensionsgesetz 2003 und 2004 auch zu zeigen, dass Sie aus Ihren Fehlern der letzten sieben Jahre gelernt haben und bereit sind, mit der neuen Bundesregierung auch den Kurs für ein moderneres und soziales Österreich mitzugehen. (Beifall bei SPÖ.)

Die zweite wichtige Aufgabe ist, den Bereich der Pflegesicherung zukunftsfähig zu ma­chen, und auch die Mindestsicherung ist eine große Herausforderung, die im Ressort anzugehen ist.

Nicht ganz verstanden, Frau Kollegin Haubner, habe ich Ihren Hinweis auf die Gleich­stellungspolitik. Wenn ich es richtig vernommen habe, so waren in Ihrer Männerabtei­lung die Frauenagenden nicht dabei. Das war vorher nicht Ihrem Ressort und ist jetzt auch nicht in diesem Ressort. Dass das perspektivisch in den nächsten Jahren zu einem Gleichstellungsministerium zusammengeführt werden soll, das halte ich für eine spannende Frage, die ich auch unterstützen möchte.

Ganz am Schluss, Frau Kollegin Haubner: Sie haben für fünf Sektionen eine Ministerin, vorher einen Minister und eine andere Ministerin und einen Staatssekretär gebraucht für die Vollziehung – wir werden das jedoch in viereinhalb Sektionen mit einem Minister schaffen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

14.49


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Als nächste Rednerin gelangt Frau Abgeord­nete Mag. Muttonen zu Wort. Ich stelle die Uhr auf die gewünschten 3 Minuten. – Bitte.

 


14.50.20

Abgeordnete Mag. Christine Muttonen (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Wir werden heute die Änderung des Bundesministeriengesetzes beschließen. Das wird auch Auswirkungen auf den Bereich Kunst und Kultur haben, und zwar sehr positive Auswirkungen, wie ich meine.

Das Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur wird in zwei Ministerien geteilt, in ein Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung und in eines für Unterricht, Kunst und Kultur. Mit diesem Ministerium werden wir erstmalig seit vielen Jahren Kunst und Kultur wieder unter einem gemeinsamen Dach haben. Da werden Fragen der Kunst ebenso zu behandeln sein wie Angelegenheiten der Bundesmuseen oder auch des Denkmalschutzes, aber auch Bereiche wie Filmförderung oder Fragen der Arbeits­bedingungen der Kulturschaffenden oder kulturelle Bildung.

Ganz wichtig ist – das habe ich immer wieder betont –, dass es jetzt der Ministerin auch möglich sein wird, auf selber Augenhöhe mit den anderen Ministern sowohl natio­nal als auch international zu verhandeln. Und ich finde es begrüßenswert, dass Kunst und Kultur mit der Bildung in einem gemeinsamen Ministerium zusammengefasst sind. Wir haben sehr viele positive Erfahrungen damit gemacht. Denken Sie an die Minister Sinowatz , Hawlicek oder auch Zilk, die beide Ressorts innehatten.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 81

Mit dieser Struktur wird aber auch betont, dass Kultur und Bildung immer kommunizie­rende Gefäße sind. Ein Beispiel dazu ist das Lesen. Lesen ist eine Kulturtechnik, und ohne gute Lesekenntnisse kann es keine gute persönliche oder auch berufliche Ent­wicklung geben. Wird Lesen aber nicht von Kindesbeinen an gelehrt, gefördert und ge­pflegt, bleibt auch der Zugang zu Kunst und Kultur, zu Literatur und Theater einge­schränkt. Die ressortmäßige Verschränkung von Bildung und Kultur garantiert, dass auch die Fragen der kulturellen Bildung und Partizipation künftig wesentlich höheren Stellenwert haben werden.

Ich möchte jetzt noch einen Antrag einbringen, der die Baukultur betrifft, damit die Bau­kultur besser öffentlich diskutiert wird.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Christine Muttonen, Franz Morak, Herbert Kickl, Veit Schalle und KollegInnen betreffend Baukulturreport

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung werden unter Bezugnahme auf den Bericht der Enquetekommission „Architekturpolitik und Baukultur“ der XXII. GP ersucht, dem Nationalrat den mittlerweile inhaltlich fertiggestellten Baukulturreport als Bericht zuzuleiten.

Die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung werden weiters ersucht, ihrerseits ge­eignete Maßnahmen zu setzen, um eine möglichst breite öffentliche Debatte des Bau­kulturreports zu ermöglichen.

*****

Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

14.53


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Der soeben von Frau Abgeordneter Mag. Mut­tonen eingebrachte Entschließungsantrag der Abgeordneten Muttonen, Morak, Kickl, Veit Schalle und Kolleginnen betreffend Baukulturreport ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Christine Muttonen, Franz Morak, Herbert Kickl, Veit Schalle und KollegInnen betreffend Baukulturreport,

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 95/A der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Dr. Wolfgang Schüssel, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesministerienge­setz 1986 geändert wird (Bundesministeriengesetz-Novelle 2007) (22 d.B.)

Die in der XXII. GP eingesetzte parlamentarische Enquete-Kommission „Architekturpo­litik und Baukultur in Österreich“ forderte im Zuge ihres Berichtes in einem gemeinsa­men Entschließungsantrag aller Parlamentsfraktionen die Bundesregierung auf, unter Einbeziehung der betroffenen Interessenorganisationen einen Baukulturreport zu be­auftragen und dem Nationalrat bis Mitte 2006 zuzuleiten.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 82

Dieser Baukulturreport soll die Basis für eine breite öffentliche Debatte zum Thema Baukultur darstellen und somit auch Ausgangspunkt für Maßnahmen zur Verankerung qualitativer Baukultur in allen Bereichen des öffentlichen Lebens sein.

Im Hinblick auf die durch die Änderungen des Bundesministeriengesetzes teilweise ge­änderten Zuständigkeiten stellen die unterfertigten Abgeordneten daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung werden unter Bezugnahme auf den Bericht der Enquetekommission „Architekturpolitik und Baukultur“ der XXII. GP ersucht, dem Nationalrat den mittlerweile inhaltlich fertiggestellten Baukulturreport als Bericht zuzuleiten.

Die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung werden weiters ersucht, ihrerseits ge­eignete Maßnahmen zu setzen, um eine möglichst breite öffentliche Debatte des Bau­kulturreports zu ermöglichen.

*****

 


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Weinzinger. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Frau Abgeord­nete.

 


14.54.01

Abgeordnete Mag. Brigid Weinzinger (Grüne): Herr Präsident! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Der Nachmittag hat ja doch die eine oder andere Erkenntnis gebracht, so zum Beispiel die, dass der Herr jetzt Abgeordnete Morak, kaum dass er sein Staatssekretariat los ist, plötzlich die Fähigkeit zur freien Rede erlangt hat, die noch dazu länger als zwei Minuten gedauert hat, also eine positive Ent­wicklung, verbunden mit dem Ausscheiden aus dem Staatssekretariat. (Beifall bei den Grünen.)

Auf das Einsetzen der Lernfähigkeit warte ich allerdings noch, denn dass man sich an­gesichts der Entwicklung der letzten Tage und Wochen wirklich da herstellen kann und öffentlich bedauern kann, dass nicht die FPÖ des Herrn Strache und des Herrn Stadler doch wieder mit der ÖVP eine Koalition gemacht hat, zeugt von wenig Lernfähigkeit. (Abg. Lentsch: Das hat er so nicht gesagt! – Abg. Praßl: Und auch nicht so gemeint!) Okay. Die Abgeordneten der ÖVP wissen jeweils, was der andere genau gemeint hat. Sie werden das sicher mit dem Herrn Abgeordneten Morak dann klären können. So wie es geklungen hat, war ein tiefes Bedauern durchaus herauszuhören. (Neuerliche Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Zum Vorredner von der FPÖ von vorhin braucht man eigentlich nichts zu sagen, weil er weder anwesend ist noch ohne das Soufflieren des Abgeordneten Stadler seine Rede hätte zu Ende führen können. Aber er hat auch wieder einmal das alte Muster bedient. Es reicht, sich von irgendetwas, von allem Möglichen zu distanzieren und dann auf vermeintliche Fehler bei anderen hinzuhacken, die in keinerlei Relation zu setzen sind. Daher gehe ich auch gar nicht weiter darauf ein, sondern gehe auf eine weitere Er­kenntnis dieses Nachmittags ein, die ich mit gewissem Amüsement – man mag mir das verzeihen – mitverfolgt habe.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 83

So hat sich nämlich Frau Abgeordnete Rauch-Kallat – ausgerechnet die Frau Abgeord­nete Rauch-Kallat, ihres Zeichens ehemalige Gesundheits- und Frauenministerin! – hier hergestellt und mit der Frau Ministerin Bures, die sie konsequent als Frau Minister bezeichnet hat, eine Debatte darüber angefangen, ob es eher jetzt ein eigenständiges Frauenministerium gibt oder ob es eher in der alten Regierung ein solches gegeben hat, obwohl mit allen geschäftsordnungskonformen Interpretationen nachzuweisen ist, dass es weder damals ein eigenständiges Ministerium für Frauenangelegenheiten gab noch jetzt ein solches gibt. Das hat, muss ich sagen, eine gewisse Ironie, der ich mich nicht entziehen kann.

Zur tatsächlichen Berichtigung des Herrn Bundeskanzlers sozusagen, der in seiner Rede auch diesem Irrtum aufgesessen ist, es gäbe ein eigenständiges Frauenministe­rium, zur Korrektur: Das gibt es nicht, so wie es das in der Vergangenheit unter Schwarz-Blau beziehungsweise Schwarz-Orange nicht gegeben hat. Es gibt eine Mi­nisterin im Bundeskanzleramt, die noch dazu nicht ausschließlich für Frauenagenden zuständig ist, sondern den gesamten öffentlichen Dienst und die Medien als zusätz­liche Kompetenz und Arbeitsbereiche hat. Das ist noch nicht einmal das, was Johanna Dohnal damals war, die tatsächlich ausschließlich für Frauenangelegenheiten zustän­dig war.

Da muss ich schon an die Adresse der Sozialdemokratie sagen: Es ist zwar schön und gut, sich an den Errungenschaften der Ära Kreisky zu orientieren, aber nicht alles, was damals eine Innovation war, ist es auch heute noch. Damals eine Ministerin für Frauen­angelegenheiten im Bundeskanzleramt einzuführen, war neu und sozusagen ein Zuge­ständnis, da die Zeit noch nicht so weit war, dass es ein eigenes Ministerium geben konnte, heute auf diesem Stand zu bleiben, ist ein wenig armselig. (Beifall bei den Grünen.)

Wenn dann die Ministerin im Bundeskanzleramt, die nicht nur für Frauen zuständig ist, sondern auch für anderes, in ihren Antrittsinterviews bereits ausführt, dass sie jeden­falls nicht daran denkt, der Privatwirtschaft mit Vorschriften zu kommen, dass sie nichts hält von Verpflichtungen, sondern lieber Best-Practice-Modelle in den Raum stellt, dann lässt dies ja auch schon einen Rückschluss darauf zu, wie kantig oder wie durch­schlagskräftig diese Politik sein wird, die Sie im Bundeskanzleramt macht.

Als Letztes lassen Sie mich auch noch auf eine nicht ganz uninteressante Parallele zwischen der Ministerin außer Dienst Rauch-Kallat und der jetzigen Ministerin Bures hinweisen, die ja beide eine gemeinsame Vergangenheit als jeweilige Generalsekretä­rin ihrer Partei hatten und damit eine große Nähe zum Parteivorsitzenden und Bun­deskanzler.

Ministerin Rauch-Kallat ist es damals nicht gelungen, sich aus dieser Nähe und aus dieser Rolle zu befreien, um eine eigenständige Stimme für Frauen zu werden, son­dern sie war Pflichtverteidigerin des Regierungsprogramms.

Ob es Frau Ministerin Bures, die eine langjährige gemeinsame Geschichte mit Kanzler Gusenbauer verbindet, die eine loyale Generalsekretärin war, gelingt, sich aus dieser Rolle zu emanzipieren und tatsächlich eine starke Stimme für Frauen zu werden, wird sie erst beweisen müssen. (Beifall bei den Grünen.)

14.59


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Meine Damen und Herren! Um 15 Uhr wird eine kurze Debatte durchgeführt. Die nächste Rednerin wäre Frau Abgeordnete Steibl, aber sie möchte, wie sie mir bedeutet hat, jetzt das Wort nicht mehr ergreifen, weil sich das für die eine Minute nicht auszahlt.

 


Ich unterbreche daher die Sitzung bis 15 Uhr.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 84

*****

(Die Sitzung wird um 14.59 Uhr unterbrochen und um 15.01 Uhr wieder aufgenom­men.)

*****

Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek (den Vorsitz übernehmend): Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf.

15.01.05Kurze Debatte über einen Fristsetzungsantrag

 


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Wir gelangen nun zur Kurzdebatte über den Antrag der Abgeordneten Mag. Stoisits, dem Verfassungsausschuss zur Bericht­erstattung über den Antrag 90/A(E) betreffend Kärntner Ortstafeln eine Frist bis 6. März 2007 zu setzen.

Nach Schluss dieser Debatte wird die Abstimmung über den gegenständlichen Frist­setzungsantrag stattfinden.

Wir gehen nun in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung kein Redner länger als 5 Minuten sprechen darf, wobei dem Erstredner/der Erstrednerin zur Begründung eine Redezeit von 10 Minuten zur Verfügung steht. Stellungnahmen von Mitgliedern der Bundesregierung oder zu Wort gemeldeten Staatssekretären sollen nicht länger als 10 Minuten dauern.

Das Wort erhält nun Frau Kollegin, Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. Ich erteile es hie­mit. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


15.02.07

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Frau Präsidentin! Poštovane dame i gospodo! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Frau Staatssekretärin! Frau Bundes­ministerin! Frau Staatssekretärin! – Danke für Ihre Anwesenheit! Sie müssten nicht hier sitzen, wenn Sie nicht wollten, denn Fristsetzungsanträge sind sozusagen originär par­lamentarische Angelegenheiten. Das freut mich sehr. Nicht ganz unerwartet ist es, dass Herr Bundesminister Faymann anwesend ist, denn er fühlt sich offensichtlich, ob­wohl sich das Parlament mit dem Antrag noch gar nicht beschäftigt hat, schon zustän­dig – das ehrt den Herrn Bundesminister außerordentlich. (Demonstrativer Beifall bei der SPÖ.) Die Damen natürlich auch, die hier bleiben.

Meine Damen und Herren, warum haben die Grünen diese Fristsetzungsdebatte bean­tragt? – Schlicht und einfach deshalb, weil alle politischen Parteien, die jetzt in der Re­gierung vertreten sind – sprich: ÖVP und SPÖ –, in den letzten Wochen und Tagen in der Öffentlichkeit wortreich versichert haben, dass das Thema „Lösung des so genann­ten Ortstafel-Problems“ ein prioritäres sei. In der Regierungserklärung wurde auch da­von gesprochen, dass bis zur Jahresmitte alles gelöst sein wird. Der Herr Bundeskanz­ler hat sogar davon gesprochen, dass die verfassungsmäßig gewährleisteten Rechte jetzt sogar noch durch ein Verfassungsgesetz eine besondere Krönung erfahren wer­den.

Das alles klingt doch gut! Dauernd spricht man von einem Verfassungsgesetz; es ist wahnsinnig wichtig. Bei der Debatte über die Tagesordnung im Verfassungsausschuss haben die jeweiligen Sprecher und Sprecherinnen der Parteien gemeint, dieses Thema sei so wichtig, die Lösung sei so außerordentlich wichtig und vorrangig, dass jetzt im


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Parlament nicht darüber diskutiert werden könne, denn eine Lösung sei bis Sommer in Aussicht genommen. – Ja, bitte, wo, wenn nicht im Parlament, werden Gesetze, in der Folge Verordnungen und offene politische Fragen diskutiert oder wo sollten sie disku­tiert werden? Intensive Diskussionen zu diesem Thema im Ministerrat sind mir bisher nicht bekannt, wiewohl ja mehrfach betont wurde, dass es eine ganz prioritäre Frage ist.

Deshalb wollen wir hier im Nationalrat über mögliche Ansätze der so genannten Lö­sung diskutieren und haben einen Entschließungsantrag eingebracht, der zwei Lö­sungsmöglichkeiten aus dieser wirklich mehr als verfahrenen Situation vorzeigt – vor­zeigt! Entschließungsanträge sind immer Bitten, Aufforderungen an zuständige in der Regierung, aktiv zu werden.

Ich möchte jetzt niemanden mit dieser never-ending story, die laut Gusenbauer im Sommer beendet sein wird – ich hoffe, wir werden das auch wirklich bis zum Sommer erleben dürfen –, langweilen, werde das auch nicht tun, sondern nenne nur zwei Eck­daten:

Es ist sechs Jahre und eineinhalb Monate her, seit der Verfassungsgerichtshof in der Frage der Ortstafeln erstmals judiziert und gesagt hat: Wir haben ein Gesetz, das ist – so bedauerlich das für manche ist – verfassungswidrig. Der Verfassungsgerichtshof, der ja weise, bedächtig und nie irgendwie weiß Gott wie – wie soll ich sagen? – revolu­tionär und mutig ist, sondern sich immer im Rahmen der von allen verkraftbaren – jetzt auch politisch verkraftbaren – Argumente bewegt, hat gesagt: Na gut, wenn wir jetzt ein Gesetz, das damals schon Jahrzehnte alt war, als verfassungswidrig aufheben, dann braucht die Politik, die diese Verfassungswidrigkeit über die Jahre sozusagen nicht erkannt hat, jetzt auch Zeit, das zu reparieren.

Die Frist, die der Verfassungsgerichtshof der Politik gegeben hat, war sehr, sehr lange. Aber was hat die Politik gemacht, damals Schwarz-Blau, noch eindeutig Schwarz-Blau? – Sie hat diese Frist ungenutzt verstreichen lassen und den verfassungswidrigen Zustand in Kärnten weiter aufrechterhalten. Das hat dazu geführt, dass sich Bür­ger/Bürgerinnen, Bewohner/Bewohnerinnen dieses Landes nicht nur gedacht haben, sondern auch tatsächlich aktiv geworden sind und gesagt haben: Man kann sich nicht alles gefallen lassen, man kann sich vor allem nicht gefallen lassen, dass permanenter Rechtsbruch quasi akzeptiert wird und nichts passiert!

Das hat zu den – unter Anführungszeichen – „weiteren Maßnahmen“ geführt und nicht zuletzt zum Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom letzten Jahr, worauf im Nati­onalrat prompt reagiert wurde. – Siehe da! Innerhalb kürzester Frist hat der Nationalrat eine Verordnung vorgelegt, vom damaligen Bundeskanzler Schüssel erlassen, und seit 30. Juni 2006 gibt es eine gültige Topographieverordnung für Kärnten, die über zwei Ortschaften mehr verfügt als die seit 1977 gültige. Die beiden Ortschaften Ebers­dorf/Drveša Vas und Bleiburg/Pliberk sind seit 30. Juni 2006 in die Topographieverord­nung aufgenommen. Seither gibt es eine mehr als lupenreine Rechtsgrundlage dafür, in diesen zwei Orten zweisprachige Ortstafeln aufzustellen.

Ich will jetzt nicht die bildreiche Geschichte nacherzählen – im wahrsten Sinne des Wortes bildreiche Geschichte; in diesen Fragen geht es vor allem dem Landeshaupt­mann von Kärnten immer nur um Bilder –, denn da geht es nicht nur um Bilder, son­dern da geht es auch um Schaufeln und da geht es um eine Arbeitsmontur, die man anzieht, und es wird immer heftig sozusagen mit Händen, manchmal vielleicht auch mit Füßen gearbeitet, wenn es um die Demontage im wahrsten Sinne des Wortes des Rechtsstaates geht. Denn es wurden nicht zweisprachige Ortstafeln in diesen beiden Ortschaften im Speziellen aufgestellt, sondern Zweisprachigkeit wurde demontiert, be­reits bestehende zweisprachige Ortstafeln abmontiert oder mit kleinen Zusatztafeln


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versehen, einsprachige Ortstafeln versetzt, um damit das zu tun, was ich für die poli­tisch relevante Sache oder das Faktum der letzten Jahre halte, nämlich: Rechtsbruch höchster politischer Verantwortungsträger wird jedes Mal, wenn solch eine Aktion pas­siert, um ein Stück mehr salonfähig gemacht. (Beifall bei den Grünen.)

Wir sitzen da – jetzt im bildlichen Sinn – und sind geradezu apathisch, wenn einer Er­kenntnisse des Verfassungsgerichtshofes, verfassungsmäßig verbriefte Rechte im Staatsvertrag von Wien, einfache Gesetze wie das Volksgruppengesetz ignoriert und schlicht und einfach nicht beachtet und das alles garniert mit der Verhöhnung der Repräsentanten dieser Institutionen, die dem Recht, in dem Fall dem Recht von Min­derheiten, zum Durchbruch verhelfen wollen. Deshalb unsere Initiative, die nicht – und das möchte ich jetzt ausdrücklich sagen – die große Lösung dieser Frage ist, sondern ein kleines Stückerl auf dem Weg zu mehr Rechtsstaatlichkeit in Bezug auf jetzt ganz konkret diese beiden Ortschaften.

Herr Bundesminister Faymann, der Landeshauptmann von Kärnten hat seit dem Er­kenntnis sozusagen nicht nichts getan, sondern das Gegenteil von dem getan, wozu er verpflichtet wäre, und deshalb wären unserer Ansicht nach Sie jetzt am Zug, dem auch in derselben Bundesverfassung vorgegebenen Instrumentarium dafür, was passiert, wenn einer den Rechtsstaat missachtet und verhöhnt, also sozusagen dem Rechts­staat zum Durchbruch zu verhelfen.

Das ist genau der Punkt, der die Menschen in Österreich am meisten bewegt: Wie kann es sein, dass es einen Landeshauptmann gibt, der sich um nichts kümmert, der Gesetze missachtet, der Repräsentanten verhöhnt, der ja geradezu nur hexenkreuz­mäßig Taferlan versetzt? Wie kann das sein? Jedes kleine Vergehen eines Bür­gers/einer Bürgerin wird geahndet: Wenn du nicht zahlst, wirst du exekutiert! Das haben vielleicht einige von Ihnen schon erlebt. Das geht nicht, ein Strafmandat nicht zu bezahlen, da ist man ganz genau, aber der Landeshauptmann von Kärnten kann tun und lassen, was er will. Und dem soll Bundesminister Faymann ein Ende setzen!

Die Diskussion über diesen Weg, um dem ein Ende zu setzen, und zwar in einem völlig demokratischen, auf Verfassungsrecht beruhenden Verfahren, wollen wir im National­rat führen, und das hat der Verfassungsausschuss abgelehnt. – Deshalb unser Frist­setzungsantrag, weil wir hier an sachorientierten Lösungen interessiert sind und weil wir nicht warten wollen, bis es dem Herrn Landeshauptmann von Kärnten genehm ist, etwas zu tun, oder bis er nicht mehr Landeshauptmann ist – wann auch immer. Wir wollen, dass diese beiden vom Verfassungsgerichtshof schon zwei Mal in einem Er­kenntnis benannten Ortstafeln in Ebersdorf/Drveša Vas und in Bleiburg/Pliberk aufge­stellt werden.

Das ist jetzt fast ein Stück weit Ihre alleinige Verantwortung, Herr Bundesminister – nicht nur Ihre alleinige; der Bundeskanzler sitzt mit im Regierungsboot, das heißt, er sitzt nicht im Regierungsboot, sondern er sitzt ihm vor, er ist der Steuermann –, das ist die Verantwortung von Gusenbauer/Faymann, das zu tun, sodass Worte nicht Worte sind, sondern dass den Worten auch Taten folgen. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

15.12


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Faymann. Ich mache Sie darauf aufmerksam, Ihre Redezeit soll 10 Minuten nicht überschreiten. – Bitte, Herr Bundesminister.

 


15.12.45

Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie Werner Faymann: Frau Präsidentin! Sehr verehrte Damen und Herren! Dass ich – zunächst zur politischen Frage – die Formulierung im Koalitionsabkommen nur zu 100 Prozent unterstreichen


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kann, nämlich die Regelung zur Umsetzung der Ortstafel-Erkenntnisse des Verfas­sungsgerichtshofes soll in möglichst breitem Konsens mit den Volksgruppen auf Basis der bisherigen Vorschläge verfassungsrechtlich abgesichert werden, ist eine Selbstver­ständlichkeit – ich tue es aber trotzdem!

Zu Wort gemeldet habe ich mich aber aus einem anderen Grund. – Zu Wort gemeldet habe ich mich, weil ich der Meinung des Präsidenten Jabloner, dass es einen Spiel­raum gäbe, einen Raum gäbe, der es mir ermöglicht, eine Weisung zu erteilen, natür­lich gewissenhaft nachgegangen bin, sowohl die Juristen meines Hauses dazu befragt habe, um eine Stellungnahme gebeten habe, als auch den Verfassungsdienst. Der Verfassungsdienst, den ich direkt beauftragt habe, hat mir heute seine Stellungnahme und damit sein Gutachten zugestellt; ich nehme auch vorweg, dass es für mich eine Selbstverständlichkeit ist, dass ich dieses Gutachten jedem Klub in diesem Hause, der es haben möchte, im vollen Wortlaut zur Verfügung stelle. Diese Stellungnahme des Verfassungsdienstes sieht keinen Raum für eine Ministerweisung vor.

Ich möchte Ihnen im Folgenden lediglich kurz, da ich es Ihnen ohnehin schriftlich gerne zur Verfügung stelle, zwei Passagen zitieren, die den Standpunkt des Verfassungs­dienstes zu diesem Thema „mögliche Ministerweisung“ deutlich machen:

Wenn für eine Ortschaft, die in der Topographieverordnung Kärnten genannt ist, in einer straßenpolizeilichen Verordnung nur einsprachige Ortstafeln vorgesehen sind be­ziehungsweise wenn verordnete zweisprachige Ortstafeln nur einsprachig aufgestellt werden, liegt – dezidiert hier angeführt –, folgt man der herrschenden Meinung – von der Jabloner in diesem Punkt abweicht –, kein Anwendungsfall des Artikels 16 Abs. 4 und 5 B-VG vor. – Das ist jener Punkt, der die Weisung in der Rechtsansicht Jabloners ermöglicht hätte.

In Bezug auf Ortschaften, die in der Topographieverordnung Kärnten nicht genannt sind, ist anzunehmen, dass für das Land zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine Verpflich­tung besteht, zweisprachige Ortstafeln anzubringen. Eine unmittelbare Anwendbarkeit des Staatsvertrages von Wien und die daraus resultierende Verpflichtung für das Land, zusätzliche zweisprachige Ortstafeln anzubringen, könnte sich erst dann ergeben, wenn der Verfassungsgerichtshof Teile der Topographieverordnung Kärnten aufhebt.

Ich wollte Ihnen das so rasch wie möglich – es ist mir heute zugegangen – zur Kennt­nis bringen, denn ich glaube, das Parlament und die Abgeordneten haben ein Anrecht darauf, den neuesten Stand auch der Information zu bekommen. Ich habe den Verfas­sungsdienst als jene Stelle, die, so meine ich, unbestritten in einer Auslegung ein Gut­achten abzugeben hat, und weil man doch sagen kann, es handelt sich natürlich nicht um eine gewöhnliche Frage, die ein Ministerium allein auslegen könnte, darum gebe­ten. Ich meine, dass diese Vorgangsweise eine gewisse Rechtssicherheit bringt, und bitte Sie, das so zur Kenntnis zu nehmen. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und BZÖ.)

15.16


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Ich mache darauf aufmerksam, dass alle Abgeordneten, die sich nun zu Wort gemeldet haben, eine Redezeit von 5 Minuten ha­ben.

Zu Wort ist nun Herr Abgeordneter Dr. Wittmann gemeldet. – Bitte.

 


15.16.54

Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr ge­ehrte Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Die Frage, die sich hier stellt, ist natürlich eine der wesentlichen Fragen, die in dieser Legislaturperiode im Verfassungs­bereich auf die Bundesregierung zukommt. Ich denke, dass diese Frage auch im Re­gierungsübereinkommen ihren Niederschlag gefunden hat, indem man im Wesentli-


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chen klargestellt hat, dass man sie lösen wird. Man wird eine Lösung im Einverneh­men, im größtmöglichen Einvernehmen mit den Volksgruppen herbeiführen und letzt­endlich auch darauf Bedacht nehmen, dass man eine Öffnungsklausel einräumt, weil es nicht sein kann, dass man bei Verschiebungen im Bereich der Volksgruppengebiete die dann festzulegenden Ortschaften auf ewige Zeiten festschreibt. Man muss auch künftige Entwicklungen ermöglichen und den Volksgruppen eine sogenannte Öffnungs­klausel einräumen. (Beifall bei der SPÖ.)

Das Schlimme, das in dieser Diskussion passiert, ist, dass man einen Landeshaupt­mann hat, der den Rechtsstaat in einer Art und Weise behandelt, dass man ein Bei­spiel für den einfachen Bürger setzt, ihn nicht zu beachten. Ich finde, den Schaden, der angerichtet wird durch diese Diskussion, die nur deswegen aufrechterhalten wird, um irgendwann politisches Kleingeld in Kärnten zu wechseln, kann man kaum wiedergut­machen.

Ich glaube auch, dass es der ganzen Diskussion nicht gut tut, wenn ein BZÖ-Landesrat in Kärnten sagt, der Rechtsstaat sei das eine und ein gesundes Volksempfinden sei das andere. Da sind wir bei der Debatte, die heute schon begonnen hat; das ist NS-Diktion, weil Goebbels 1939 erklärt hat, die Judenfrage werde in kürzester Frist einer das deutsche Volksempfinden befriedigenden Lösung zugeführt. Meine Damen und Herren, wenn man sagt, der Rechtsstaat sei das eine, und auf der anderen Seite eine Diktion des NS-Staates im Bereich der Volksgruppendiskussion anführt, dann sollte man sich überlegen, was man damit anrichtet. (Zwischenruf beim BZÖ.)

Der Zwischenruf, Herr Kollege, passt perfekt. Sie haben gesagt, die Kärntner Slowe­nen seien nur „Gast“. Wissen Sie, was Sie damit anrichten? Wissen Sie, was das für eine Diktion bedeutet? Entziehen Sie diesen „Gästen“ das Gastrecht nach Gutdünken? Sie haben einen Staatsvertrag zu erfüllen, Sie haben eine Angelobung auf die österrei­chische Verfassung geleistet.

Sie sind verpflichtet, diesem Gelöbnis nachzukommen! Sie müssen jede Bestimmung dieser Verfassung verteidigen! – Und Sie sagen, die sind nur zu Gast?! Sie haben wohl Ihre Rolle hier verwechselt. Sie müssen doch zu einer Lösung beitragen, wo es darum geht, in Koexistenz einen Ortstafelkonflikt in beiderseitigem Einvernehmen bestmöglich zu lösen – anstatt Öl ins Feuer zu gießen! Sie sind dieser Verfassung verpflichtet, auf die Sie angelobt worden sind! Die Diktion, die hier einreißt, ist beschämend und dem Rechtsstaat unwürdig. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Man sollte nicht immer so mit einem Augenzwinkern – man meint es ja nicht so – diese Formulierungen und diese Floskeln so dahinsagen. Ich glaube, das ist der falsche Weg. Wir haben da Vorbildwirkung, und wir sollten alle zu einer gemeinsamen Lösung beitragen und nicht die einen als Gäste bezeichnen, denen man jederzeit das Gast­recht entziehen kann. (Abg. Ing. Westenthaler: Nur habt ihr es verhindert voriges Jahr! Ihr habt die Einigung mutwillig zerstört! – Abg. Scheibner: Parteipolitik vor Staatspoli­tik, das ist bei euch die Devise!)

1955 haben unsere Vorgänger hier den Staatsvertrag verabschiedet, an den Sie noch immer gebunden sind, meine Damen und Herren, und auf den Sie angelobt wurden. Das, was Sie in Ihrer Diktion machen, ist, Öl ins Feuer zu gießen, ist, keine Lösung zuzulassen, damit Sie auch immer wieder einen Punkt haben, mit dem man in Kärnten auf Landesebene regional ein bisschen punkten kann. (Abg. Ing. Westenthaler: Fra­gen Sie einmal Ihre Bürgermeister in Kärnten, was die dazu sagen! – Abg. Scheibner: Zweimal habt ihr die Einigung verhindert!)

Dieser Landeshauptmann macht sich mit seinen Äußerungen und Taten lächerlich, verhöhnt den Rechtsstaat. Die Diktion eines Landesrates Dörfler sollte endlich einmal der Vergangenheit angehören. Das gesunde Volksempfinden und der Rechtsstaat ste-


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hen nicht in einem Widerspruch, sondern der Rechtsstaat steht über dem Volksempfin­den. Der Rechtsstaat ist das, was diese Republik zusammenhält, und in einer Demo­kratie das Wichtigste, nämlich die rechtliche Klammer, um diesen Staat zusammenzu­halten. Und wenn Sie das aushöhlen wollen, dann haben Sie hier nichts verloren. (Bei­fall bei der SPÖ und den Grünen. – Zwischenrufe beim BZÖ.)

15.22


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Auer. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


15.22.22

Abgeordneter Dipl.-Ing. Klaus Hubert Auer (ÖVP): Frau Präsidentin! Werte Damen und Herren Regierungsmitglieder! Hohes Haus! Ich glaube, die Antragsteller, in dem Fall die Grünen, und auch mein Vorredner und die SPÖ müssen sich schon fragen, warum wir hier dieses Thema heute nach wie vor am Tapet haben, warum das nach wie vor zur Tagesordnung dazugehört.

Da darf ich ein paar Monate zurückgehen, genauer gesagt rund ein halbes Jahr, und darauf verweisen, dass wir hier im Hohen Haus bereits sehr, sehr weit waren, und nicht nur im Hohen Haus, sondern auch in Kärnten waren wir sehr weit. Auch hier hat es einen breiten Konsens gegeben. Ich erinnere Jahre zurück: Es hat mehrere Konsens­konferenzen gegeben und letztendlich wirklich zwischen den Slowenen- und den Heimatverbänden im Großen und Ganzen Konsens gegeben. Aber die Kolleginnen und Kollegen der SPÖ, in dem Fall die Abgeordneten und auch die Kärntner Landes­vorsitzende, wurden damals von ihrem Bundesparteivorsitzenden im Stich gelassen. Denen hat der Mut dazu gefehlt, einen Schlussstrich unter dieses Kapitel zu ziehen. (Beifall bei ÖVP und BZÖ.)

Meine Damen und Herren von der grünen Fraktion! Sie haben nicht einmal den Mut gehabt – Sie waren jenseits des Konsenses diesbezüglich –, hier einem Konsens auch nur irgendwie näherzutreten, sondern Sie haben das grundsätzlich verneint und haben da, so wie es der Kollege Wittmann gesagt hat, auch Öl ins Feuer gegossen. Ich werde nachher noch einmal ganz kurz darauf zurückkommen. (Abg. Dr. Van der Bellen: Das ist ein Unsinn! Quatsch ist das!)

Was die SPÖ anlangt, so darf ich diesen Mut, der Sie damals verlassen hat, jetzt ein­fordern. Wie es der Herr Bundesminister bereits erwähnt hat, steht das ganz klar im Regierungsprogramm und ist das unser Ziel. Die Ausgangsbasis ist der Konsens, und daran gilt es anzuschließen.

An die Adresse der SPÖ noch gerichtet, darf ich daran erinnern, dass Sie gerade auch Ihre Bürgermeister entsprechend mit auf Linie bringen sollten, denn hier scheint ein ge­wisser Riss durch die Fraktion zu gehen.

Was den Entschließungsantrag anbelangt, so darf ich sagen – und das ist ja jetzt be­stätigt worden –, da sind keine Lösungen drinnen, Frau Kollegin Stoisits, sondern da ist nur ein Drüberfahren enthalten, das nicht rechtszulässig ist. Das wurde durch Verfas­sungsexperten jetzt bestätigt, wie Minister Faymann bereits erwähnt hat. (Abg. Öllin­ger: Was? Was?) Hier ist eine Brechhammer-Methode oder eine Schlagmethode ganz einfach nicht zielführend, dass da drübergefahren wird mit Weisungen oder mit Geset­zen, dass da Kräfte in die Schranken gewiesen werden. (Abg. Öllinger: Das ist ja unglaublich!) Das wissen Sie, damit wird nur ein Märtyrertum geschaffen, und daher ist das auch die völlig falsche Vorgangsweise. Wir werden dieser Fristsetzung keinesfalls zustimmen.

Dass die Linie des Kärntner Landeshauptmannes nicht immer ganz klar ist, ist keine Frage (Abg. Mag. Stoisits: Die Linie des Landeshauptmannes ist sonnenklar!), die ist


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einer gewissen Schwankung unterlegen, aber es gibt Anlass dazu, Hoffnung zu hegen, dass er diesem Konsens auch jetzt wieder zustimmen wird, so wie er ihm vor einem halben Jahr zugestimmt hat. Herr Kollege Van der Bellen, er hat ihm auch damals zu­gestimmt. Außerdem hat er den Bundeskanzler Gusenbauer, der jetzt im Besonderen am Zug ist, bereits nach Kärnten eingeladen. Das heißt, das seinerzeitige Spargel­essen findet seine Fortsetzung und könnte gerade hier einen tieferen Sinn haben.

Da auch immer eine Minderheitenfeststellung hier herumgeistert, darf ich sagen – ich glaube, es wird auch noch ein Antrag folgen –, dass für uns, für die ÖVP nach der Wahl das gilt, was vor der Wahl gegolten hat: Wir stehen zu unserer Linie, wir stehen auch dazu, dass das Zahlenmaterial, das uns damals vorgelegen ist, mit dem Durch­schnitt aus den statistischen Erhebungen ausreichend war. Außerdem sollten wir ein EuGH-Urteil in einem Verfahren, das anhängig ist, abwarten.

Zum Schluss noch einmal an Sie gerichtet, Frau Kollegin Stoisits, und an die Grünen: Wir sind vor einigen Monaten im Wahlkampf auf Einladung der Enotna lista gemeinsam in Tainach zusammengesessen und haben zu diesem Thema diskutiert. Ich kann nur sagen, seien Sie von den Grünen froh, dass Sie nicht in der Regierung sitzen, denn sonst hätten Sie jetzt auch mit Wahlversprechen zu kämpfen, die Sie nicht einhalten könnten! Dann hätten Sie jetzt ein Problem. (Abg. Öllinger: So haben Sie das Pro­blem!) Oder es hätte die Kärntner Bevölkerung ein Problem, und das wollen wir auch nicht.

Wir von der ÖVP wollen hier ganz klar den Konsens, der nur mit der breiten Zustim­mung der Bevölkerung umgesetzt werden kann. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

15.27


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Öllinger. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


15.27.34

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Auer, was Sie jetzt gesagt haben, das möchte ich wirklich mit aller Ent­schiedenheit und schärfstens zurückweisen! (Abg. Prinz: Die Wahrheit wird man sa­gen dürfen!) Es geht nicht um einen Rechtsbruch von unserer Seite – das ist ja unver­schämt, was Sie hier gesagt haben –, sondern es geht darum, dass in Kärnten durch den Landeshauptmann und durch Landtagsparteien seit Jahrzehnten, auf alle Fälle seit den letzten Jahren permanent das Recht gebrochen wird. Verfassungsbruch, offener Verfassungsbruch ist das, was der Landeshauptmann von Kärnten seit Jahren betreibt! Und da werfen Sie uns vor, wir würden Recht brechen, indem wir den Bundesminister auffordern, das Recht durchzusetzen!? Das ist doch absurd! Das ist doch grotesk! Jenseitiger geht es wirklich nicht mehr! (Beifall bei den Grünen. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Gehen Sie bitte, Herr Kollege Auer, mit mir noch zwei Jahre zurück – machen wir nicht die ganze Debatte auf, zwei Jahre! Im Jahr 2005 haben der damalige Bundeskanzler Schüssel und der Kärntner Landeshauptmann Haider Ortstafeln aufgestellt, in Orten, die nach der alten Topographieverordnung von 1977 unbestritten waren. Na klar, 2005 war das Jubiläumsjahr des Staatsvertrags, da hat man so etwas gerne gemacht, weil man ja aller Welt zeigen wollte, man bemüht sich, den Staatsvertrag einzuhalten, und gleichzeitig auch der österreichischen Bevölkerung mit unterschiedlichen Motiven zeigen wollte, wir strengen uns ja an.

2006 wird dann von diesem Parlament, von Ihrer Partei, vom BZÖ, von den Grünen und von der SPÖ, gemeinsam eine Topographieverordnung beschlossen welche be­sagt, es müssen auf alle Fälle in diesen zwei schon besprochenen Orten, Bleiburg und


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Eberndorf, Ortstafeln aufgestellt werden. Nur der Kärntner Landeshauptmann, der noch im Jahr 2005 gemeinsam mit dem Bundeskanzler Hand angelegt hat, weigert sich, er macht es nicht.

Der Kärntner Landeshauptmann setzt – und darauf haben Sie überhaupt keine Antwort gegeben; das finde ich ja grenzenlos – das „gesunde Volksempfinden“ ein und sagt, ich bin das gesunde Volksempfinden. Das ist die Anmaßung totalitärer Herrschaft, dass einer sagt, ich bin das gesunde Volksempfinden. Schon alleine – und da brauche ich gar nicht den Goebbels, der auch darauf rekurriert hat, heranzuziehen – deshalb geht das nicht! Das ist Verfassungsbruch, das ist Rechtsbruch!

Ja, da können Sie lachen, Herr Schalle, da lachen Sie vielleicht noch, denn Sie hätten ja die Slowenen sowieso lieber woanders – in Slowenien oder was weiß ich wohin. Vielleicht finden Sie noch die Zeit und Gelegenheit, dass wir Ihre Deportationspläne auch irgendwann einmal erklärt bekommen. (Zwischenrufe beim BZÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich finde das jenseitig (Abg. Rädler: Sie sind auch jenseitig!), jenseits der Parteipolitik, jenseitig, dass Volksgruppen in Österreich, für die wir nach dem Staatsvertrag zu sorgen haben, deren Rechte wir wahrzunehmen haben, seit Jahren das Recht verwehrt wird.

Ich finde es jenseitig, dass der Herr Westenthaler nach der Rede des Herrn Wittmann sagt, das werden wir euren sozialdemokratischen Bürgermeistern brühwarm eins zu eins mitteilen, was ihr da im Parlament sagt. (Abg. Ing. Westenthaler: Mit einem schö­nen Schleifchen drauf!) Damit wird versucht. wieder zu schüren. Für diese Politik des Schürens stehen Sie genauso wie der Herr Strache. Da können Sie sich an der Nase nehmen, da unterscheiden Sie sich überhaupt nicht: Haider, Westenthaler, Strache – ein und die dieselbe Mischpoche. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Scheibner: Na hallo, was ist denn das?! Das ist ja ungeheuerlich! – Weitere Zwischenrufe bei BZÖ und FPÖ.)

Herr Kollege Wittmann, ich war mit allem einverstanden, was Sie gesagt haben. Aber was ich mir gewünscht hätte, ist, dass Sie in einem Satz sagen, wie Sie mit diesem An­trag umzugehen gedenken.

Zu Ihnen, Herr Bundesminister Faymann, auch noch eine Anmerkung. Sie bringen uns ein Gutachten des Verfassungsdienstes. – Schön und gut, es gibt eine Rechtsmeinung dazu, nur: Wenn Sie den Verfassungsdienst mit der Bemerkung zitieren, dass die herr­schende Meinung sich in dieser Frage anders darstellt als die Meinung des Herrn Prä­sidenten des Verwaltungsgerichtshofes Jabloner, dann hätte ich schon gerne gewusst, worauf sich die herrschende Meinung stützt. Meines Wissens gibt es überhaupt keine herrschende Meinung zu diesem Vorfall, weil es noch keinen derartig unglaublichen Vorfall gegeben hat, dass ein Landeshauptmann, eine Landesregierung über Jahre das Recht und das Verfassungsrecht der Republik bricht – und die halbe Republik schaut zu, macht sich lustig darüber oder zuckt mit den Schultern und sagt, wir werden versuchen, eine breite Mehrheit herzustellen. Irgendwann wird es uns schon gelingen, das Volksempfinden umzudrehen und das Volksempfinden mit dem Rechtsstaat zu versöhnen. Das, sehr geehrter Herr Bundesminister, ist zu wenig! (Beifall bei den Grü­nen.)

15.33


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Herr Abgeordneter Öllinger, ich möchte Sie hiemit ermahnen, mit der Wortwahl ein bisschen vorsichtiger umzugehen und auf die Würde des Hauses zu achten. Ich möchte aber auch bitten, dass bei solchen Debatten jedenfalls Ruhe bewahrt wird und auch bei Zwischenrufen auf die Würde des Hauses geachtet wird. (Abg. Ing. Westenthaler: Nach der Geschäftsordnung sind Zwi-


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schenrufe nicht verboten! – Weitere Zwischenrufe bei Abgeordneten von BZÖ und FPÖ.)

Es geht vor allem um die Ruhe im Saal und darum, dass der Redner überhaupt noch zu Wort kommen und man hier heroben überhaupt noch etwas verstehen kann. – Danke. (Abg. Dr. Graf: Es war ja vorher ruhig!)

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Klement. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


15.33.44

Abgeordneter Dipl.-Ing. Karlheinz Klement, MAS (FPÖ): Geschätzte Damen und Herren! Hohes Haus! Das Einzige, was an diesem grünen Fristsetzungsantrag gut ist, ist, dass diese Sache schnell behandelt wird. Das ist aber schon das Einzige. Ihre hasserfüllten Tiraden, Herr Kollege Öllinger, sind wirklich eine Peinlichkeit für dieses Haus. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich darf Ihnen zur Erinnerung die geschichtlichen Tatsachen näherbringen. (Abg. Öllin­ger: Bitte, da sind Sie ja der geeignete Interpret für die Geschichte!) Es war im Jah­re 1976, als die Bundesregierung Kreisky die letzte geheime Erhebung der Mutterspra­che durchgeführt hat, und damals haben sich 3 941 Slowenen dazu bekannt, 0,87 Pro­zent. Von diesen Größenordnungen ist auszugehen.

Weil das offenbar zu wenig war und weil es zu Boykottaufrufen kam, wurde eine so genannte Feinbestimmung eingezogen. Diese Feinbestimmung erst ermöglichte es, dass in Ortschaften wie Bleiburg, Ebersdorf oder auch in Feistritz diese 25 Prozent er­reicht wurden. Das heißt, durch statistische Tricks und Umdrehungen war es erst mög­lich, dass in Feistritz von ungefähr 5 bis 6 Prozent auf 16 Prozent gezählt wurde, zu den slowenischen Stimmen die ungültigen dazu und dann noch die 13,7 Prozent über­schreitenden Nichtwähler, und dann erst war es möglich, in Feistritz diese 27,7 Prozent zu erreichen.

Das heißt, das sind statistische Verdrehungen, davon müssen wir ausgehen, das ist Tatsache. Nur so war es überhaupt möglich, in gewissen Gemeinden und Ortschaften zweisprachige Ortstafeln aufzustellen. Nehmen Sie das zur Kenntnis, das sind Fakten!

Seit damals, seit diesem 14. November 1976 hat es keine einzige weitere Mutterspra­chenerhebung gegeben. Das Einzige, was es gegeben hat, das waren Forderungen der Slowenen. Und bis heute lassen sich diese Herrschaften nicht zählen! Was in Europa Recht ist, muss auch in Österreich Recht sein, Frau Kollegin Stoisits!

Dazu auch Folgendes: Artikel 7 des Staatsvertrages ist erfüllt. Er ist längst erfüllt! Und sogar die „drei Weisen“ der EU haben festgestellt, dass sich Kärnten da mustergültig verhält und dass sich auch die Republik Österreich mustergültig verhält. (Beifall bei der FPÖ.)

Das Zweite – das auch zur Kenntnis –: Der Verfassungsgerichtshof ist nicht Gesetzge­ber! Er kann ein Gesetz aufheben, aber er kann nicht festschreiben, ab wann zweispra­chige Ortstafeln aufgestellt werden müssen.

Etwas kommt dazu, was Sie auch bedenken müssen: Das Kärntner Volk hat eine sehr leidvolle Geschichte und musste in den Jahren 1918 bis 1920 und nach 1945 feststel­len, was los war durch Ermordung und Verschleppung vieler heimattreuer Kärntner und immer wieder die Versuche, das Südkärntner Territorium abzutrennen. – Und, Frau Stoisits, auch Ihnen wird es nicht gelingen, aus Kärnten ein slowenisches Land zu machen! (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Schalle.)

Wenn Sie wirklich davon reden, dass wir in Europa dieses Recht einführen, dann sprechen Sie mit den slowenischen Kollegen über die AVNOJ-Beschlüsse und über die


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Beneš-Dekrete in Tschechien! (Abg. Dr. Van der Bellen: Das ist infam!) Deswegen hat die Freiheitliche Partei einen Entschließungsantrag eingebracht und fordert die Bun­desregierung auf, endlich eine Volksgruppenerhebung in Kärnten durchzuführen und alle legistischen und organisatorischen Maßnahmen zur Vorbereitung einer solchen Minderheitenfeststellung durchzuführen. Dann, liebe Kollegen von den Grünen, können wir über Zahlen sprechen und über eine echte faire Minderheitenpolitik in Kärnten. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Schalle.)

15.37


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Darmann. – Bitte.

 


15.37.22

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (BZÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Ge­schätzte Kollegen auf der Regierungsbank! Kolleginnen und Kollegen! Zu Beginn ein paar Worte zu den Ausführungen des Kollegen Wittmann: Es sei Ihnen schon einmal hier gesagt und auch festgestellt für das Hohe Haus, dass letztes Jahr im Sommer nicht die Kärntner Bevölkerung, sondern die SPÖ hier in Wien eine Konsenslösung verhindert hat! (Beifall beim BZÖ.)

Zum Kollegen Öllinger kurz und bündig: Sie haben zwar in großer Wortvielfalt ständig von Rechtsbruch im Zusammenhang mit Landeshauptmann Dr. Jörg Haider und der Ortstafelfrage in Kärnten gesprochen, nur: Sie sind uns aber bis jetzt Beweise für einen Rechtsbruch schuldig geblieben. Wie Sie gehört haben, haben sowohl der Verfas­sungsdienst des Bundeskanzleramtes als auch der Verfassungsdienst der Kärntner Landesregierung bestätigt, dass da absolut kein Rechtsbruch vorliegt. (Beifall beim BZÖ. – Abg. Dr. Van der Bellen: Unsinn! – Abg. Öllinger: Sie können ja nicht einmal zuhören!)

Aber ich werde hier die Chance nutzen, etwas Licht ins Dunkel zu bringen, da Ihr Ent­schließungsantrag, wie man offensichtlich sieht, voll auf Unwissenheit aufgebaut ist.

Der eine oder andere in diesem Saal wird wissen, dass die rechtliche Grundlage be­treffend den Minderheitenschutz in Österreich einerseits das Rahmenübereinkommen zum Schutz nationaler Minderheiten ist, das Österreich 1998 ratifiziert hat, welches im Artikel 3 besagt: „Jede Person, die einer nationalen Minderheit angehört, hat das Recht, frei zu entscheiden, ob sie als solche behandelt werden möchte oder nicht; ...“.

Artikel 1 besagt: Rechte aus diesem Rahmenübereinkommen sind Bestandteil der Menschenrechte. – Und wie wir alle wissen, steht im Artikel 6 des Staatsvertrages von Wien, das sich Österreich zur Einhaltung auch dieser Menschenrechte verpflichtet.

Ich sehe – da sind wir sehr wohl einer Meinung – auch eine Menschenrechtsverlet­zung, aber nicht in der Frage des Minderheitenschutzes, sondern der Minderheitenfest­stellung. Die Ergebnisse der im Rahmen der Volkszählung erhobenen Umgangsspra­che bilden das statistische Zahlenmaterial für die Erhebung der Stärke der sloweni­schen Minderheit in Kärnten. Mit der Tatsache, dass im Rahmen der statistischen Aus­wertung der Volkszählung Personen mit der Mehrfachangabe Deutsch und Slowenisch bei der Umgangssprache automatisch und ohne Wissen der betreffenden Person der slowenischen Volksgruppe zugerechnet wurden, mit dieser Tatsache verstößt die Re­publik Österreich gegen das Rahmenübereinkommen zum Schutz nationaler Minder­heiten und damit gegen die Menschenrechte. (Abg. Dr. Schüssel: Aber wirklich nicht!)

Es sei hier allen im Saal Folgendes gesagt – das ist vielleicht auch für die Besucher auf der Galerie interessant. Man möge sich vorstellen, bei dieser Volkszählung hat es einen Zettel gegeben, auf dem gestanden ist: Umgangssprache: Deutsch, Slowenisch, Kroatisch, Burgenlandkroatisch – alles Mögliche. Wenn man als Umgangssprache


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Deutsch und Slowenisch angegeben hat, ist man automatisch als Slowene gezählt worden – und das kann es nicht sein! (Beifall beim BZÖ.)

Daher fordert Landeshauptmann Dr. Jörg Haider eine Erhebung der Muttersprache, weil nur mit einer solchen die tatsächliche Stärke der slowenischen Minderheit in Kärn­ten festgestellt werden kann und nur eine solche dem Rahmenübereinkommen zum Schutz nationaler Minderheiten und damit den Menschenrechten entspricht.

Auf der Basis der Ergebnisse der Muttersprachenerhebung will Kärnten gemeinsam mit der österreichischen Bundesregierung eine dauerhafte und endgültige Lösung der Ortstafelfrage im Sinne der langfristigen Erhaltung des sozialen Friedens in Kärnten per Verfassungsgesetz erreichen.

Eines sei auch festgehalten – deswegen verstehe ich auch die Aufregung in diesem Zusammenhang bei der Fraktion der Grünen nicht –: Im Jahr 2002 hat Slowenien einen ethnischen Zensus mit Erhebung der Muttersprache und des Volkstums durch­geführt. Wenn es dort möglich ist, wird es auch eine korrekte Lösung für Österreich sein!

Zum Schluss komme ich noch einmal zum Rahmenübereinkommen zum Schutz natio­naler Minderheiten. Dieses legt auf den Seiten 937 und 938 den Artikel 1 und 3 des Vertrages fest:

„Die Republik Österreich erklärt, dass für sie unter dem Begriff ‚nationale Minderheiten‘ ... Gruppen österreichischer Staatsbürger mit nichtdeutscher Muttersprache und eige­nem Volkstum zu verstehen sind.“

In diesem Sinne wird die Bundesregierung gefordert sein, zusammen mit der Kärntner Bevölkerung eine Lösung zu finden. (Beifall beim BZÖ und bei Abgeordneten der FPÖ.)

15.41


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemel­det. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Mag. Stoisits, Kolle­ginnen und Kollegen, dem Verfassungsausschuss zur Berichterstattung über den An­trag 90/A(E) der Beilagen betreffend Kärntner Ortstafeln eine Frist bis 6. März 2007 zu setzen.

Ich bitte nun jene Damen und Herren, die für den Fristsetzungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

15.42.35Fortsetzung der Tagesordnung

 


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Ich nehme die Verhandlungen über die Punkte 1 und 2 der Tagesordnung wieder auf.

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Steibl. Redezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


15.42.47

Abgeordnete Ridi Steibl (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Staatssekretä­rin! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Mit dem neuen Bundes­ministeriengesetz kommen wir zu einigen wichtigen Veränderungen in der Ressort­verteilung. Aus meiner Sicht ist eine sehr wichtige Veränderung, dass nunmehr zur Ge­sundheit, die ja bei der ÖVP war, auch die Bereiche Jugend und Familie in einem Mi­nisterium zusammengelegt und auch in ÖVP-Hände gelegt wurden. Diese Vereinigung, denke ich, ist eine gute, da diese beiden Themen, Jugend und Familie, eng natürlich auch mit der Gesundheit der Menschen verknüpft sind.


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Das Regierungsprogramm zeigt, dass wir, die Koalitionspartner, uns in den wichtigsten Punkten, was die Familienpolitik betrifft, geeinigt haben und das Familienressort eben­falls in guten Händen ist – nämlich bei der Frau Bundesminister Dr. Kdolsky. Ich denke, es war gut so, dass sie am Anfang vielleicht ein bisschen polarisiert hat. So ist die Fa­milie wieder in den Mittelpunkt gerückt und es ist nicht nur bei Sonntagsreden geblie­ben. Ich glaube, das ist ja auch eine sehr spannende Diskussion. (Beifall bei der ÖVP.)

Uns ist es sehr, sehr wichtig, Zukunftsperspektiven für diese Gruppe in unserer Gesell­schaft zu entwickeln. Die vergangene Regierungsperiode hat ja schon gezeigt, dass Maßnahmen gesetzt worden sind. Ich denke etwa an Gespräche aus den Unterver­handlungen, wo auch die SPÖ-Kolleginnen gesagt haben, die Familienpolitik seitens der Finanzierung ist Spitze in Österreich beziehungsweise in ganz Europa.

Zum Beispiel die Elternteilzeit wurde eingeführt, eine Steuerreform für Familien umge­setzt – das Kinderbetreuungsgeld wurde heute schon erwähnt. Es gibt hier natürlich eine Weiterentwicklung – ich möchte nicht nur von der Vergangenheit zehren, sondern auch in die Zukunft blicken. Was wollen wir weiterentwickeln? Was wollen wir verbes­sern? – Zum Beispiel die Flexibilisierung des Kinderbetreuungsgeldes, wo eine wirk­liche Wahlmöglichkeit geschaffen wird, oder auch die Verbesserung in Bezug auf den Zuschlag für die Familienbeihilfe und auch bei der Anhebung der Einkommensgrenze für den Mehrkinderzuschlag.

Werte Kolleginnen und Kollegen, Familienpolitik ist eine Querschnittspolitik, die viele helle Köpfe benötigt. Es ist mir an dieser Stelle auch ein wichtiges Anliegen, allen Fa­milieninstitutionen mit unterschiedlichen Ansätzen für ihre Arbeit zu danken. Sie haben im Vorfeld auch für diese Regierungsverhandlungen vieles eingebracht. Ich möchte aber auch allen Institutionen danken, die sich ehrenamtlich, freiwillig oder auch beruf­lich mit der Thematik Familie beschäftigen. (Beifall bei der ÖVP.)

Wenn die Opposition jetzt von Rückschritt in der Familienpolitik spricht, dann sage ich: Es wäre gut, wenn wir gemeinsam einen Weg finden.

In diesem Zusammenhang noch zwei Anmerkungen: Es ist gut und richtig, dass die Familie & Beruf Management GmbH nunmehr wieder im Familienministerium verankert und dort zuzuordnen ist. Es ist aber dringend notwendig, eine neue Struktur bei der GmbH zu finden. Ich denke, der Frau Familienministerin wird das sehr wohl gelingen – in Kooperation mit der Staatssekretärin für Arbeit und mit unserem Wirtschaftsminister. Denn in der Familien GmbH liegen über 2 Millionen €, die intensiv in Kooperation mit dem Familienministerium für Vereinbarkeit von Beruf und Familie eingesetzt werden können.

Eine zweite Bemerkung: Ich meine, es ist gut so, dass die männerpolitische Grundsatz­abteilung im Sozialministerium bleibt. Ich werde den Herrn Minister nur bitten, dass er insbesondere den Publikationsschwall dieser Abteilung ein wenig reduziert. Ich denke, dass es gendergerecht notwendig ist – Frauenministerium, Männerabteilung –, aber man soll mit Steuergeldern behutsam umgehen. Ich denke nur an dieses eine Buch: Ein Alfons Haider muss nicht mit Steuergeldern über das Ministerium finanziert wer­den. (Abg. Steibl hält das Buch mit der genannten Abbildung in die Höhe. – Beifall bei der ÖVP.)

15.47


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Mag. Hauser zu Wort. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


15.47.30

Abgeordneter Mag. Gerald Hauser (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätz­te Regierungsmitglieder! Werte Kolleginnen und Kollegen! Die heutige Debatte zu den


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Tagesordnungspunkten 1 und 2 ist ja vor allem seitens der grünen Fraktion für eine mögliche weitere Verunglimpfung eines politischen Gegners verwendet, missbraucht worden. Man hat also seitens der grünen Fraktion versucht, hier auf unseren Bundes­parteiobmann Heinz-Christian Strache und auch weiterhin auf die komplette freiheit­liche Fraktion einzuwirken. Ich zitiere Herrn Öllinger, der hier festgestellt hat, wir sollten in uns gehen und unsere Politik verändern.

Dieses Denken hat sich in den Wortmeldungen der grünen Fraktion mit dem Hinter­grund durchgesetzt, diese Debatte dazu zu verwenden, einen politischen Gegner ein­fach ausschalten zu wollen – einen politischen Gegner, der von der Bevölkerung für seine Politik das Vertrauen bekommen hat, das die Grünen seit Jahren zu erheischen versuchen, aber auch nur in einem bescheidenen Umfang seitens des Wählers bekom­men. (Zwischenruf des Abg. Dr. Pirklhuber.) Das ist der Unterschied!

Die Stimmen werden nämlich in der Demokratie – und das ist das Schöne! – gezählt und nicht gewogen. Das heißt: Die Bevölkerung hat immer recht, der Wähler hat immer recht, und wenn er die freiheitliche Politik so, wie sie gemacht wird, wählt, schätzt er unsere Politik, und wir werden nicht das tun, was Sie natürlich gerne von uns hätten: auf Grund dieser Debatte unsere Politik verändern (Beifall bei der FPÖ), weil nämlich die Öffentlichkeit ein Recht auch darauf hat, dass wir weiterhin Themen ansprechen, die Sie unter den Tisch zu kehren versuchen.

Ich denke da wirklich mit Grauen an Vorgänge in Innsbruck, wo Sie versucht haben, die Bevölkerung aufzurufen, Asylwerber, die abgeschoben werden müssen, zu verste­cken – nämlich Asylwerber, die nachweislich versucht haben, Jugendlichen im Rapoldi­park Suchtgift zu vermitteln, die nachweislich kriminell geworden sind, die verurteilt worden sind, deren Asylverfahren negativ ausgegangen sind. Sie waren es, die dann die Bevölkerung in Tirol und in Innsbruck aufgerufen haben, diesen abgewiesenen Asylwerbern Unterschlupf zu geben! – Ich glaube, das ist die Politik, vor der wir warnen müssen, und nicht unsere Politik, mit der wir aufseiten der Österreicher stehen und diese Diffamierungen klar von uns weisen. (Abg. Öllinger: Oje! Oje! Oje!)

Sehr geehrter Herr Klubobmann Dr. Wolfgang Schüssel, Sie haben heute festgestellt, dass Sie einen besseren Stil und Umgang einmahnen. Da gebe ich Ihnen schon recht. Ich denke nur ein halbes Jahr zurück, wo Sie und das BZÖ uns einen Sitz in der Bun­deswahlbehörde genommen haben. Ich darf auch darauf verweisen, dass der ehe­malige Präsident des Hohen Hauses, Herr Dr. Neisser, aufgrund dessen festgestellt hat, dass der Rechtsstaat verludert. Professor Pelinka hat im Zuge dieser Diskussion festgehalten, dass wir in Österreich beinahe schon ukrainische Verhältnisse haben. Da gebe ich Ihnen schon recht: Dieser Stil ist zu ändern!

Es kann nicht sein, dass Sie in der Vergangenheit mit Hilfe Ihrer Kunst-Partei, dem BZÖ, versucht haben, eine freiheitliche Politik zu behindern, eine freiheitliche Partei auszuschalten, indem man uns den dritten Listenplatz auf der Liste streitig machen wollte, indem man uns Steuergelder vorenthält. (Ruf bei der ÖVP: Schnee von ges­tern!) – Nein, das ist kein Schnee von gestern. Auch das gehört zum Stil hier im Hohen Haus, und auch das muss einmal angesprochen werden.

Es kann nämlich nicht sein, dass man den ganzen Vormittag hier im Parlament sitzt und zuhören muss, wie man versucht, uns seitens anderer Fraktionen anzuschütten und zu maßregeln. (Zwischenruf des Abg. Öllinger.) Man muss auch einmal festhal­ten, dass vieles hier passiert ist, was uns als freiheitliche Fraktion natürlich ganz we­sentlich betroffen gemacht hat und uns auch dazu motiviert, unsere Politik dement­sprechend fortzusetzen.

Eines noch dazu, wenn man hier schon von einem geänderten Stil spricht: Es ist für mich als Parlamentarier schon befremdend, dass wir den ganzen Herbst über für


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21 Mandatare zwei Räumlichkeiten im Parlamentsklub zur Verfügung hatten und es den ganzen Herbst benötigt hat, bis man akzeptiert hat, dass die Freiheitliche Partei wieder mit 21 Mandataren hier im Hohen Haus vertreten ist (Beifall bei der FPÖ), und man es den ganzen Herbst über nicht zur Kenntnis nehmen wollte, dass die Freiheit­liche Partei die Klubförderung auch noch für die verbleibenden Monate natürlich zu be­kommen hat.

Auch da haben wir den Weg zum Verfassungsgerichtshof beschreiten müssen, eine Klage einreichen müssen, bis die SPÖ dankenswerterweise mit Frau Präsidentin Prammer hier einen Schlussstrich gezogen hat und gesagt hat: Das kann es nicht sein, dass versucht wird, eine Partei, die so viel Zustimmung seitens der Bevölkerung be­kommen hat, auszugrenzen und widerrechtlich zu behandeln.

Das ist mir schon ein großes Anliegen, Herr Klubobmann Dr. Wolfgang Schüssel, Ihnen das auch einmal zu sagen, dass nämlich der Stil, der hier im Hohen Haus ge­pflegt wird, auch inkludiert, dass man die politische Konkurrenz so behandelt, wie es nämlich der Wähler will – dementsprechend stark und mit allen Rechten, aber auch mit allen Pflichten.

Zum Inhalt des Bundesministeriengesetzes: Das, was ich persönlich bedauere – das habe ich das letzte Mal schon zu nächtlicher Stunde festgestellt –, ist, dass der Touris­mus hier tatsächlich unter die Räder gekommen ist. Ich habe nicht nur festgestellt, dass es der Regierung nur eine halbe Seite wert war, ihre programmatischen Darstel­lungen zum Tourismus niederzuschreiben. Wir stellen und halten auch fest, dass es der Regierung wiederum nicht wert war, der großen Bedeutung des Tourismus vor al­lem auch für den ländlichen Raum entsprechendes Augenmerk zu geben und ihm eine entsprechende Stellung einzuräumen.

Wir von der Freiheitlichen Partei sind der Meinung – und wir werden das heute auch noch beantragen –, dass auch ein Staatssekretariat für Tourismus höchst an der Zeit ist, um dieser wichtigsten Tourismusbranche, um diesem wichtigen Wirtschaftszweig auch die dementsprechende Unterstützung seitens der österreichischen Bundesregie­rung zukommen zu lassen. (Beifall bei der FPÖ.)

15.54


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Hlavac. Ihre Redezeit beträgt 4 Minuten. – Bitte.

 


15.54.20

Abgeordnete Dr. Elisabeth Hlavac (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Wir beraten jetzt über die Zusam­mensetzung der Bundesregierung, über die Aufteilung der Aufgaben nach dem Bun­desministeriengesetz. Herr Minister Buchinger hat gesagt, diejenigen Mitglieder des Hauses, die schon länger hier sind, haben auch schon verschiedenste Aufteilungen der Aufgaben erlebt. Das ist richtig. Ich erinnere mich an viele Novellen zum Bundesminis­teriengesetz und denke, dass es auch verschiedene Möglichkeiten gibt, die Aufgaben aufzuteilen.

Natürlich kann man bei der einen oder anderen Aufgabenzuteilung der Auffassung sein, dass sich eine andere auch angeboten hätte. Ich hätte mir zum Beispiel auch ge­wünscht, dass Arbeit und Familie beim Sozialministerium landen, allerdings denke ich andererseits, dass im Großen und Ganzen eine sehr gute und sinnvolle Lösung getrof­fen worden ist.

Ich möchte nur drei Bereiche kurz erwähnen. Zum Frauenministerium: Ich halte es für eine sehr, sehr positive Sache, dass es wieder eine Frauenministerin gibt, die sich voll und ganz auf die Aufgaben konzentrieren kann, denn es gibt gerade in diesem Bereich


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sehr viel zu tun und in dem Regierungsabkommen sind sehr viele Aufgaben vorgese­hen. Ich bin überzeugt, dass wir in dieser Gesetzgebungsperiode einen großen Schritt weiter nach vorne machen werden.

Ich möchte auch erwähnen, dass Kunst und Kultur zusammengefasst worden sind. Es war in der vergangenen Gesetzgebungsperiode nicht gut, dass das getrennt war. Es war oft schwierig, festzustellen, ob jetzt etwas zum Bundeskanzleramt und zum dorti­gen Staatssekretär oder zur Bildungsministerin ressortiert. Ich denke, dass die Zusam­menfassung der Aufgaben sinnvoll und notwendig war und erwarte mir auch hier neue Impulse.

Es ist die Frage der Integration angesprochen worden und dass es hier sozusagen keine eigenen Bestimmungen und keine eigenen Abteilungen und Zuständigkeiten gibt. Ich möchte darauf verweisen, dass im Regierungsübereinkommen ausdrücklich festge­halten ist, dass es sich dabei um eine Querschnittsmaterie handelt. Ich halte das für einen ganz entscheidenden Fortschritt, denn Integration ist nicht etwas, was mit der Fremdenpolizei zu lösen ist, sondern etwas, was wirklich alle Bereiche der Politik um­fasst und in jeden Bereich hineinwirkt. Ich glaube daher, dass es gut ist, dass das fest­gehalten wurde, dass es sich hier um eine Querschnittsmaterie handelt. Es soll ja auch eine Integrationsplattform geschaffen werden, die sich dann konzentriert mit diesen Aufgaben befassen wird.

Ich denke, dass das im Großen und Ganzen eine geglückte Lösung ist, dass eine gute Basis für die Arbeit der Bundesregierung geschaffen worden ist, und ich bin zuversicht­lich, dass im Interesse der Menschen in dieser Bundesregierung und in dieser Gesetz­gebungsperiode etwas erreicht werden wird. (Beifall bei der SPÖ.)

15.58


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Bucher zu Wort. – Bitte.

 


15.58.24

Abgeordneter Josef Bucher (BZÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundesmi­nisterin! Frau Staatssekretärin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Der Herr Bundeskanzler hat – wir erinnern uns – seine Regierungserklärung damit be­gonnen, dass er gesagt hat, die Menschen erwarten sich in diesem Land keine Wun­der. Ich habe das auch zustimmend zur Kenntnis genommen, weil natürlich heute in dieser schnelllebigen Zeit und bei der Aufgeklärtheit der Menschen nicht einmal jene an Wunder glauben, die streng katholisch sind.

Die Menschen wundern sich aber in unserem Land über die vielen Regierungspositio­nen, Regierungsämter, die es gibt. (Abg. Eder: Geh!) – Ja, schon, Herr Kollege! Du kennst dich auch ein bisschen aus in der Wirtschaft! – Sie wundern sich vor allem dar­über, dass wir immer wieder fordern: Wir brauchen einen schlankeren Staat, wir brau­chen eine effizientere Bürokratie! Es ist die EU dazugekommen, es ist mehr an Verwal­tungsaufwand hinzugekommen. – Wir sollten uns das doch einmal überlegen! Das sage ich in einer konzilianten Art und Weise. Ich sage das nicht beschämend, sondern ich rege an, darüber nachzudenken.

Warum gehen wir nicht mit einem guten Beispiel voran? Warum beginnen wir nicht oben mit den Einsparungen?

Warum überlegen wir uns nicht, woher diese Politikerverdrossenheit, unter der wir alle leiden, kommt? Jeder Einzelne von uns leidet darunter, wenn er sich Diskussionen mit den Bürgern stellt – jeder Einzelne von uns! Und da geht es nicht um Politikverdros­senheit, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, sondern um Politikerverdrossenheit,


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weil die Menschen nicht mehr verstehen, dass wir den Verwaltungsapparat Österreichs derart aufblähen und nicht in der Lage sind, ihn schlanker zu gestalten.

Ich komme aus der Wirtschaft und darf sagen: Das größte Anliegen der Wirtschaft ist es, die Verwaltungstätigkeiten einzudämmen, die Reglementierungen zu beseitigen, Wettbewerbsfreundlichkeit zuzulassen.

Herr Bundeskanzler Gusenbauer hat auch gesagt, er möchte Arbeitsplätze schaffen. – Niemand in diesem Hohen Haus wird etwas dagegen haben, wenn es darum geht, das ehrgeizige Ziel, Arbeitsplätze zu schaffen, zu erreichen. Aber die Arbeitsplätze schafft ja die Wirtschaft und nur in geringem Maße die Republik, das wissen wir mittlerweile. Das heißt, wir müssen der Wirtschaft auch den Stellenwert zuerkennen, den die Wirt­schaft haben muss, damit sie sich schwungvoll entwickeln kann in der Wettbewerbs­kulisse der Welt, Globalisierung et cetera, in der wir stehen. (Beifall beim BZÖ.)

Deshalb habe ich nicht verstanden, dass die Bundesregierung diese einmalige Chance nicht ergreift, zu sagen: weniger Ministerien, weniger Staatssekretäre! Wobei ich als Tourismussprecher und Unternehmer mir natürlich auch gewünscht hätte, dass wir ein Tourismus-Staatssekretariat haben, da der Tourismus gerade für den ländlichen Raum enorm wichtig ist und es unser aller Anliegen ist, dass der ländliche Raum auch künftig stärker berücksichtigt wird. Auch der Bauernbund (in Richtung des Abg. Grillitsch) hat natürlich großes Interesse daran, dass es den Menschen auf dem Land besser geht.

Die Menschen auf dem Land werden es in Zukunft nicht leicht haben – dies stellt man fest, wenn man das Regierungsprogramm anschaut. Man sieht, mit welchen Konse­quenzen die Pendler in nächster Zukunft zurechtkommen müssen, wenn sie eine hö­here MöSt zahlen müssen, wenn der Preis der Vignette erhöht wird. Das ist ja genau das Gegenteil dessen, was sich die Menschen auf dem Land erwarten!

Deswegen, sage ich, meine sehr geehrten Damen und Herren, hätte das Regierungs­programm ruhig ein bisschen ambitionierter ausfallen können, hätte auch das Bundes­ministeriengesetz etwas schlanker ausfallen können, hätte man bei den Regierungs­posten ein wenig den Sparstift ansetzen können. – Es sind ja nicht nur die Regierungs­posten, die Geld kosten, das wissen wir, es sind auch die Kabinette und die Beamten, die eine Menge Geld kosten. (Zwischenruf des Abg. Parnigoni.)

Im Grunde genommen haben Sie es wirklich verabsäumt, ein klares Signal in die Rich­tung zu setzen, dass wir in Österreich in der Lage sind, einen modernen Staat aufzu­ziehen (Abg. Brosz: Ist Ihnen das nach sieben Jahren Regierung mit Ihnen nicht pein­lich? Das ist ja unglaublich!), am Beispiel der österreichischen Wirtschaft, die es uns vormacht. Danke schön, dass die Unternehmer in diesem Land so fleißig sind! (Beifall beim BZÖ.)

16.03


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Donabauer zu Wort. Die Uhr wird auf 4 Minuten eingestellt. – Bitte.

 


16.03.06

Abgeordneter Karl Donabauer (ÖVP): Frau Präsident! Mitglieder der Bundesregie­rung! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Ich denke, wichtiger als das ewige Her­umnörgeln, ob ein Ministerium zu viel oder vielleicht doch eines zu wenig ist, ob die Verwaltung so oder so läuft, ist ein funktionierender Staat. Ich denke, dass wir eine gute Startposition haben. Natürlich ist jede Wahl spannend und noch viel spannender die Zeit danach – Regierungsbildung, Regierungserklärung, da gibt es viele Diskussio­nen, viele Denkansätze, das darf und muss so sein. Es ist natürlich auch das Bundes­ministeriengesetz eine weitere Materie, wo immer dieselbe Frage gestellt wird.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 100

Wir haben nun 13 Ministerien und 6 Staatssekretariate. Diese Regierung ist gut aufge­stellt und wird den Anforderungen und Herausforderungen gerecht werden. Ich bin da­von überzeugt.

Ich halte auch nichts davon, dass immer wieder versucht wird zu werten, welches Mi­nisterium eine besondere oder welches nur eine normale Stellung hat. Jedes Ministeri­um hat seine ganz besondere Aufgabe und ist nach meinem Dafürhalten – das, glaube ich, ist auch der Zugang jedes Demokraten – gleich zu beurteilen. Jeder hat seine Aufgabe zu erfüllen. Und das Ministerium wird so effizient sein, so gut es geführt ist. Ich meine, dass diesbezüglich gute Voraussetzungen geschaffen sind.

Ich persönlich bin der Meinung, dass Regierungsarbeit Teamarbeit ist. Diese Regie­rung hat sich viel vorgenommen – alles schon gesagt: Verwaltungsreform, gute Bud­getdisziplin, Platz für Reformen, Umwelt- und Energiefragen sollen engagiert ange­sprochen werden, Arbeit und Wirtschaft, Forschung; all das sind Kernthemen dieser Regierung.

Ich denke, dass die Diskussion notwendig ist, dass sie auf breiter Basis geführt werden soll, dass aber das Hineininterpretieren von Misstrauen genauso wenig angebracht ist wie Misstöne.

Herr Mag. Stadler, wir beide haben uns nichts vorzuwerfen, aber das war heute schon eine arrogante, eine ganz unpassende Feststellung, und ich würde mir erwarten, dass sich ein Mag. Stadler hier bei jenem Berufsstand entschuldigt, den er heute aufs Tiefste verleumdet und beleidigt hat! (Beifall bei ÖVP und SPÖ und Bravorufe bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Mag. Stadler.)

Man kann darüber urteilen, wie man will, es hat jeder sein Sozialempfinden (Abg. Mag. Stadler: Mein Vater ist vom Bauernbund nie vertreten worden ...!), und ein Stad­ler braucht sich dieser Rhetorik nicht zu bedienen. Das ist meine persönliche Meinung. (Abg. Mag. Stadler: Beleidigt kann nur Raiffeisen sein!)

Ich komme zur Sache. Das bisherige Außenministerium wurde nun neu ausgerichtet. Es gibt eine klare Begriffs- und Aufgabenbestimmung: europäische und internationale Angelegenheiten. Ich halte es für bahnbrechend, für gut, für positiv, dass wir in Öster­reich erstmals diese Vorgabe machen, denn ich denke, dass sich gerade diese Berei­che sehr wohl mit der europäischen und internationalen Politik zu beschäftigen haben, und ich bin auch überzeugt davon, dass sie von den beiden Persönlichkeiten, die dieses Ministerium verantworten werden, optimal und gut wahrgenommen werden.

Viele meinen, der Sozialminister habe nicht jene Rangordnung inne, die er haben sollte – ich bin da anderer Meinung. Wenn man sich die gesamte Thematik anschaut, die Alterssicherung, die Pensionsdiskussion in Fortsetzung der begonnenen Reform – ganz wichtig! –, wenn man sieht, dass der gesamte Konsumentenschutz dabei ist, die Pflegegeldkoordination – allein im Pflegegeldbereich gibt es enorm unterschiedliche Ausrichtungen –, dann kann man sagen, dass das eine gute Konzeption ist.

Ebenso bin ich froh, dass der Bereich Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasser­wirtschaft in der bisherigen Struktur weitergeführt wird. Das ist herzeigbar, und ich bin überzeugt davon, dass auch hier beste Arbeit zu erwarten ist.

Vielversprechend ist für mich auch das Gesundheitsministerium oder Ministerium für Gesundheit und Frauen. Ich halte es für positiv, dass hier alle Angelegenheiten des Gesundheitswesens zusammengefasst sind. Damit kann die Reform, die 2000 ange­dacht und zwischen 2002 und 2006 umgesetzt wurde, auch ordentlich weitergeführt werden (Abg. Brosz: Die Frauen sind nicht mehr bei der Gesundheit!), natürlich im Konsens in der heutigen Regierungskoalition, keine Frage.


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Ich bin weiters froh darüber, dass das Veterinärwesen insgesamt auch diesem Ministe­rium zugeordnet ist, vor allem auch deshalb, weil der Tiertransport, nicht nur der Agrar-Tiertransport, der landwirtschaftliche Tiertransport, sondern der Tiertransport insge­samt kompetenzmäßig klar hier gelagert ist – ganz wichtig! – und weil hier auch die ge­samten Thematiken der Sozialpolitik und der Sozialversicherungen zusammengeführt sind, natürlich in Koordination mit dem Sozialministerium, mit dem Finanzministerium; das ist so.

Ich bin überzeugt davon, dass das, was heute beraten und auch beschlossen wird, die beste Startvoraussetzung für eine gute Arbeit in den nächsten möglicherweise – davon bin ich überzeugt – doch vier Jahren sein wird. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

16.07


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Sburny. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte, Frau Abge­ordnete.

 


16.08.10

Abgeordnete Michaela Sburny (Grüne): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Frau Staatssekretärin! Herr Klubobmann Cap hat heute in der Früh gesagt, diese Ressort­verteilung ist geprägt vom Geist der Regierungszusammenarbeit. Ausnahmsweise gebe ich ihm recht, aber genau das Problem ist eben, dass in dieser Ressortverteilung der Geist der Regierungszusammenarbeit bereits zu erkennen ist. Ich möchte das an einem Beispiel darlegen, nämlich am Beispiel der Ressortzuständigkeiten, muss man sagen, für den Bereich Forschung, für die Forschungsagenden. Da ist sehr gut zu sehen, wie dieser Geist ausschaut.

Wie war der Stand bis jetzt? – Der bisherige Stand war schon äußerst unbefriedigend und verwirrend, die Forschungsagenden waren nämlich bis jetzt schon auf mehrere Mi­nisterien aufgesplittet: BMVIT, also Infrastrukturministerium, Wissenschaftsministerium, Wirtschaftsministerium, über all dem drüber das Finanzministerium, ein bisschen noch Umwelt und Landwirtschaft. Es war also völlig unübersichtlich.

Die Diskussion der Strukturfrage hat sich in den letzten Jahren darauf konzentriert, dass diese Struktur geändert werden muss. Wir waren uns einig, nicht nur die Grünen, sondern auch die SPÖ und sehr viele Experten und Expertinnen, dass Änderung nicht heißt: noch mehr Zuständigkeiten, noch stärkere Aufsplitterung, sondern dass Ände­rung Konzentration, Bündelung der Forschungsagenden heißt, am besten in zwei Mi­nisterien, wie das international üblich ist.

Das, was wir jetzt haben, was uns mit diesem Bundesministeriengesetz vorliegt, ist tat­sächlich das Gegenteil. Rein formal sind die Zuständigkeiten gleich geblieben, so aufs erste Hinschauen hat sich jedenfalls einmal nichts verbessert. Beim genaueren Hin­schauen sieht man, dass sich einiges verschlechtert hat, nämlich vor allem im Hinblick darauf, dass die Novelle jetzt vorschreibt, dass zum Beispiel die Organe der For­schungsförderungsagenturen von verschiedenen Ministerien beschickt werden. Und man wundert sich ja eigentlich nicht, dass das immer eine Mischung aus roten und schwarzen Ministerien ist.

Das heißt, hier wird wirklich in Gesetz gegossenes Misstrauen sichtbar, und das ist der Proporz, den wir von früher kennen, eben noch ein bisschen unterlegt mit dem Miss­trauen, das schon in den Verhandlungen spürbar war und das bis jetzt offensichtlich nicht ausgeräumt werden konnte.

Wir bringen deshalb folgenden Antrag ein:


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 102

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Sburny, Grünewald, Freundinnen und Freunde betreffend Abände­rung des Bundesministeriengesetzes 1986

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert eine Novelle des Bundesministeriengesetzes auszuarbeiten, die sicherstellt, dass sämtliche Forschungsagenden in zwei Ministerien konzentriert werden. Insbesondere soll darauf Bedacht genommen werden, dass be­stehende Forschungs- und Innovationsförderagenturen jeweils der ausschließlichen Verantwortung eines Ministeriums unterliegen. Die konkrete Zuordnung hat dabei auf sachlichen Kriterien zu basieren, um mögliche parteipolitisch motivierte Einflussnah­men zu vermeiden.“

*****

Meine Damen und Herren, es wird auch in den nächsten Jahren sehr viel Geld in die Forschung gehen, und das ist gut so, das war auch immer unser Wunsch. Wenn Sie allerdings wollen, dass dieses Geld effizient eingesetzt wird – im Wirtschaftsbereich, aber noch viel mehr im Sinne der Forscher und Forscherinnen –, dann werden Sie sich diese Ressortverteilung noch einmal überlegen müssen. (Beifall bei den Grünen.)

16.11


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Der Antrag der Abgeordneten Sburny, Grünewald, Freundinnen und Freunde ist ausreichend unterstützt und steht daher auch mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Sburny, Grünewald, Freundinnen und Freunde betreffend Abände­rung des Bundesministeriengesetz 1986, eingebracht im Zuge der Debatte über Bun­desministeriengesetz-Novelle 2007

Mit der vorgelegten Novelle des BMG droht im Forschungsbereich eine unübersicht­liche und verwirrende Regelung, die die bisherige Kompetenz-zersplitterung noch übertrifft: Die Aufteilung der Forschungsagenden auf drei Ministerien - Infrastruktur­ministerium (BMVIT), Wissenschaftsministerium (BMWF) und Wirtschaftsministerium (BMWA) - mit zusätzlichen Einfluss- und Mitsprachemöglichkeiten für das Finanzminis­terium widerspricht gängigen internationalen Standards.

Diese Verteilung behindert eine effiziente Ausrichtung der Forschungspolitik und ist sachlich nicht nachvollziehbar. Prinzipiell schreibt die Novelle den unbefriedigenden status quo fort; wo Zuständigkeiten geändert werden sollen, stellen diese eine weitere Aufsplitterung dar, die aus inhaltlichen Kriterien nicht gerechtfertigt erscheinen. Diese Situation wird von zentralen Akteuren wie dem Fonds zur Förderung der wissenschaft­lichen Forschung, dem Rat für Forschung und Technologieentwicklung, der Österrei­chischen Rektorenkonferenz, der Österreichischen Gesellschaft für Technologiepolitik sowie zahlreichen weiteren ExpertInnen kritisiert.

Weiters sollen die Organe der Forschungs- und Innovationsförderagenturen AWS (Austria Wirtschaftsservice GmbH), FFG (Forschungsförderungsgesellschaft mbH) und FWF (Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung) entsprechend der No­velle von VertreterInnen jeweils mehrerer Ressorts beschickt werden. Diese Aufteilung


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schafft einen organisatorischen Albtraum und erschwert das effiziente Funktionieren der betroffenen Institutionen. Mit einer sachlich sinnvollen Lösung hat diese Variante nichts zu tun. Gute Ansätze der Unterstützung von Forschung werden damit gefährdet.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert eine Novelle des Bundesministeriengesetzes auszuarbeiten, die sicherstellt, dass sämtliche Forschungsagenden in zwei Ministerien konzentriert werden. Insbesondere soll darauf Bedacht genommen werden, dass be­stehende Forschungs- und Innovationsförderagenturen jeweils der ausschließlichen Verantwortung eines Ministeriums unterliegen. Die konkrete Zuordnung hat dabei auf sachlichen Kriterien zu basieren, um mögliche parteipolitisch motivierte Einflussnah­men zu vermeiden.“

*****

 


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Marizzi zu Wort. – Bitte.

 


16.11.53

Abgeordneter Peter Marizzi (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesminister! Frau Staatssekretärin! Geschätzte Damen und Herren! Im Wesentlichen ist heute über die Aufteilung, die Neubesetzungen und über die Kompetenzen ausführlich gesprochen worden. Natürlich ist die Organisation sehr wichtig, sie ist wichtig für die Ministerien selbst, für das Parlament und auch für uns Abgeordnete. Aber einer der wichtigsten Punkte ist die Umsetzung des Regierungsprogramms.

Eine persönliche Anmerkung dazu: Ich denke, dass der Herr Bundeskanzler und der Herr Vizekanzler ganz genau wissen, wann sie hier im Parlament zu erscheinen haben und wann und von wem sie sich vertreten lassen können. Ich glaube, dass sie damit sehr sparsam umgehen werden. Selbstverständlich kann man diesbezüglich unter­schiedlicher Auffassung sein, aber glauben Sie mir, der Herr Bundeskanzler und der Herr Vizekanzler werden sicher bei den wichtigen Themen hier sein. Die Opposition hält die Kritik, die sie in diesem Zusammenhang hier vorgebracht hat, für notwendig, aber wir sind der Meinung, dass es diese Aufteilung geben soll und dass sie zur Um­setzung des Regierungsprogramms erforderlich ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ing. Westenthaler hat am Vormittag gemeint, dies sei eine Kapitulation dieser Bundesregierung. – Herr Ing. Westenthaler – er ist im Moment nicht im Saal –, wenn ich zurückdenke an Ihre Zeit als Klubobmann während vorangegangener Koalitionen, muss ich Sie schon daran erinnern: Da gab es Tagesmi­nister, Monatsminister und Jahresminister – ich könnte Ihnen einige Namen nennen –, die wahrscheinlich ihren eigenen Staatssekretär nicht gekannt haben, so schnell haben sie gewechselt (Abg. Dr. Graf: Staribacher!) – Ja, der auch. (Abg. Dr. Graf: Schmid!) Mir fallen sofort Namen ein, aber dann werde ich in den 4 Minuten nicht fertig, wenn ich all die freiheitlichen oder orangen Minister aufzähle. (Abg. Dr. Graf: Oder rote!) Das waren ja auch nicht Ruhmesblätter der Geschichte. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Graf: Staribacher und Schmid waren auch nicht lange!)

Herr Kollege, die jetzige Koalition, das wurde heute schon gesagt, hat eine Teamstruk­tur gewählt. (Zwischenruf des Abg. Scheibner.) Herr Kollege Scheibner, natürlich gibt


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es fraktionelle Unterschiede, natürlich ist es so, dass eine Koalition keine Ehe, sondern eine Partnerschaft auf Zeit ist. Aber das, was nach langen, schwierigen Verhandlungen herausgekommen ist, kann sich sehen lassen.

Allein die wichtigen Themen, die da aufgezeigt worden sind – es hat mir überhaupt nicht gefallen, wie Kollege Westenthaler heute das Sozialministerium und den Herrn Sozialminister degradiert hat –, denken wir nur an die zwei wichtigsten Themen: die Senkung der Arbeitslosigkeit, die Armutsbekämpfung, aber auch an das Thema faire Pensionen oder 1 000-€-Mindestlohn. Ich möchte da nur einige Punkte nennen und aufzeigen, wie wichtig es ist, dass dieses soziale Gefüge und das Programm (Zwi­schenruf des Abg. Öllinger), Herr Kollege Öllinger, das Sie immer gefordert haben, umgesetzt werden.

Kollege Bucher hat gemeint, die Regierung kann keine Arbeitsplätze schaffen. – Nein, das kann sie nicht. Aber wenn im neuen Infrastrukturpaket 10,5 Milliarden für die Stra­ße und Schiene vorgesehen sind, der Ausbau von verschiedenen Infrastruktureinrich­tungen, so wird das wesentlich dazu beitragen, dass das Ziel, die Arbeitslosigkeit um 25 Prozent zu senken, erreicht werden kann.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir sind froh, dass nach relativ langer Zeit der Regierungsverhandlungen und relativ langer Zeit der Abgleichung der Ministerien jetzt eine Basis zur Umsetzung des Regierungsprogramms geschaffen wurde. Ich meine, das ist unter dem Titel: Gemeinsam für Österreich, gemeinsam in einer großen Koalition, der Mensch soll im Mittelpunkt stehen!, zu sehen. – Das ist unsere Zielset­zung. Daher geben wir heute dieser Organisationsform, diesen beiden Gesetzen gerne unsere Zustimmung. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

16.16


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Dr. Grünewald zu Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

 


16.16.15

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Kollegin Sburny hat recht: Es gibt viele Gründe, von diesem Regierungsprogramm enttäuscht zu sein. Was mich nur wundert, ist, dass man gegenüber Leuten, die sich eine Wende erwartet haben und ihrer Enttäuschung sozusagen Ausdruck verleihen, völlig mit Unverständnis reagiert. Ich hätte mir das anders vorgestellt.

Auch Bundeskanzler Gusenbauer reagiert auf seine Kritiker letztlich so, dass er ihnen sagt, sie hätten nur die Weisheit seiner verschlungenen Konstrukte der Ministeriums­verteilung nicht verstanden, das sei alles so großartig, dass es der einfache Mann/die einfache Frau einfach nicht mehr versteht. Das ist keine wahnsinnig gute Argumen­tation.

Ich sage Ihnen schon, dass im Bereich der Forschung mehrere Fauxpas passiert sind. Schwächen und Defizite im Regierungsprogramm werden durch das Bundesministe­riengesetz verstärkt und einzelne durchaus passable und innovative Dinge werden durch das Bundesministeriengesetz konterkariert. Es kann nicht sein, dass man im schlimmsten Fall ein Forschungsprogramm in Brüssel von jeweils zwei Ressorts aus beschickt oder sich abwechselt.

Schüssel hat ja etwas Bezeichnendes gesagt: Was muss man in der Forschungsland­schaft haben? – Fingerspitzengefühl. – Also wenn Fingerspitzengefühl das ist, was eine innovative Technologie- und Forschungspolitik ausmachen soll, ist das zu wenig, denn es wird, wenn es ums Geld geht, meistens ja das Faustrecht effizienter sein als Fingerspitzengefühle.


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Und was passiert tragischerweise? – Die SPÖ zieht sich aus verständlichen Gründen, weil sie doch gewisse Vertrauensverluste provoziert hat, von den Universitäten, ver­mute ich, zurück. Sie wird kämpfen, dass die Forschungsgelder im Ressort für Verkehr, Innovation und Technologie fokussiert werden, und die Uni mit Hahn wird alle Hände voll zu tun haben, sozusagen ihre Agenden zu wahren – der Forschungsfonds ist nicht mehr bei Ihnen, aber es gibt noch viele andere Dinge.

Was ist das für eine – den Ausdruck kann ich jetzt nicht nehmen – Sonderbarkeit, dass pädagogische Universitäten und Hochschulen nicht zu dem Ressort gehören, das für Hochschulen und Universitäten zuständig ist? Mag sein, dass manche Angst haben, das der ÖVP zu überlassen, das mag eine begründete Sorge sein, aber sachlich, fach­lich ist es nicht gerechtfertigt. Denn dann, sage ich, gehört die Universität für Bodenkul­tur gleich einmal Landwirtschaftsminister Pröll, und die Fachhochschule der ehemali­gen Militärakademie wird dann Darabos übernehmen. Und wenn dann die erste juri­dische Fakultät im Justizressort landet, muss man sagen: Na sauber! Das ist wirklich ein Wahnsinn! – Das zeigt, es ist sehr viel Türschildpolitik, vor allem was pädagogische Hochschulen und auch Forschung betrifft. Sie werden es nicht ändern, ich weiß es, aber der Appell gilt nach wie vor.

Hinter uns stehen keine lächerlichen Gruppen und Leute. Der Forschungsfonds selbst, die Rektorenkonferenz, die österreichische Technologiegesellschaft und viele andere Experten mehr – glauben Sie denen, andernfalls entfernen Sie sich von der Klientel, das von Forschung wahrscheinlich mehr versteht als Einzelne, die sich darüber ver­geblich und frustran den Kopf zerbrochen haben. (Beifall bei den Grünen.)

16.19


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Dr. Sonnberger zu Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

 


16.20.12

Abgeordneter Dr. Peter Sonnberger (ÖVP): Frau Bundesministerin! Frau Staatssek­retärin! Hohes Haus! Wissenschaft und Forschung sind die Basis für die Schaffung weiterer Arbeitsplätze, für die Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit und für Wirtschafts­wachstum und damit für soziale Sicherheit. Der internationalen Vernetzung österrei­chischer Wissenschaftseinrichtungen wird künftig noch ein größerer Stellenwert einzu­räumen sein. Weitere Ziele sind der Ausbau der Chancen für den wissenschaftlichen Nachwuchs wie zum Beispiel Exzellenzprogramme und auch Angebote an österrei­chische Wissenschafter im Ausland. Die Erhöhung der Forschungsquote auf 3 Prozent des Bruttoinlandsproduktes bis 2010 wird – und davon bin ich überzeugt – sicherlich auch umgesetzt werden.

Allein diese Beispiele zeigen, dass die Teilung der Bildungs- und Wissenschaftskom­petenz grundsätzlich richtig ist.

Nun zur Vertretungsregelung ein paar Bemerkungen. Beim Europäischen Rat können derzeit schon Staatssekretäre alle Minister vertreten. Da gibt es eigentlich keine Pro­bleme. Wenn man weiß, wie oft unsere Minister beim Europäischen Rat vertreten sind, dann sieht man, dass eine Vertretungsregelung vice versa im Interesse des Parla­ments erforderlich ist. Weiters kann sich ein Mitglied der Bundesregierung, wenn sich dieses in einem EU-Land aufhält, durch ein anderes Regierungsmitglied und den bei­gegebenen Staatssekretär derzeit schon vertreten lassen. Da hat es noch nie Schwie­rigkeiten oder Probleme gegeben.

Wenn sich nun der Bundeskanzler durch Staatssekretär Matznetter vertreten lassen kann und der Vizekanzler durch Staatssekretär Lopatka oder Staatssekretärin Silhavy


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jeweils in deren Einvernehmen, ist das eine Verbesserung der Ermöglichung der An­wesenheit von Vertretern der Regierung im Parlament.

Die Argumentation von Präsidentin Glawischnig, dass laut Geschäftsordnung ein Re­derecht der Staatssekretäre nicht möglich sei, ist rechtlich nicht korrekt. Wer den Stu­fenbau der Rechtsordnung von Hans Kelsen in den Grundzügen kennt, muss wissen, dass die Geschäftsordnung als Bundesgesetz mit qualifizierter Mehrheit verfassungs­gemäß zu interpretieren ist und die Verweigerung des Rederechts der Staatssekretäre rechtswidrig wäre.

Im Übrigen hat Herr Bundeskanzler Gusenbauer angeboten, die Vertretungsregelung für Staatssekretäre noch weiter zu fassen und einem allfälligen Abänderungsantrag, der durch die Opposition eingebracht wird, zuzustimmen.

Herr Abgeordneter Stadler, Sie haben ja heute am Vormittag gesagt, dass Sie sich durchaus eine breitere Vertretungsregelung vorstellen könnten, dass alle Staatssekre­täre alle Minister vertreten könnten. (Abg. Mag. Stadler: Und die Minister untereinan­der!) Ich finde das sehr, sehr vernünftig. Sie brauchen nur einen Antrag zu stellen, und auch wir von der ÖVP-Fraktion werden natürlich diesem Abänderungsantrag zustim­men. Machen Sie das, dann haben Sie gleich einen Erfolg, und hier kann dann eine noch bessere Vertretungsregelung gemacht werden! (Abg. Dr. Graf: Sprechen Sie für die ÖVP?) Der Bundeskanzler hat zugestimmt, wir stimmen zu. Bringen Sie diesen An­trag ein! (Abg. Dr. Graf: Wir bringen ihn ein!)

Abschließend noch ein paar Bemerkungen zu Ihren Ausführungen, Herr Abgeordneter Stadler. Ihre Angriffe auf Familienministerin Kdolsky und auf die Bauern habe ich heute als beschämend empfunden. Ihr erfolgloses Wirken im Eurofighter-Untersuchungs­ausschuss wird hoffentlich nicht der Grund für Ihre Aggressivität sein, die Sie heute hier geboten haben. Diese Aggressivität ist dieses Hauses nicht würdig.

Auch das Verhalten des Heinz-Christian Strache, die Veröffentlichung der Fotos Küssel mit Finz und der „Stürmer“-Vergleich liegen auf einer ähnlich qualitativ schwachen Ebe­ne. Solche Aussagen richten sich selbst und sind dieses Hauses nicht würdig. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Stadler: Fürs Protokoll: Schwacher Applaus bei der ÖVP!)

16.24


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abge­ordneter Dipl.-Ing. Pirklhuber. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

 


16.24.12

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Frau Präsidentin! Meine Damen auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Kollege Sonnberger, einige Anmerkun­gen zu Ihrer brav heruntergelesenen Rede, die Ihnen offensichtlich zusammenge­schrieben worden ist. (Abg. Prinz: Hoffentlich schauen Sie nie in ein Manuskript! Das soll man nicht werten, Herr Kollege!) – Um das geht es nicht, Kollege Prinz, es geht darum, dass die Würde des Hauses, die Sie in Gefahr sehen, gerade mit solchen Ver­tretungsregelungen, wie Sie sie von den Regierungsfraktionen vorschlagen, hier gege­ben ist. Das ist eine Frage der Wertschätzungskultur in diesem Haus. Und da erwarten wir uns eine geschäftsordnungsgemäße Lösung und auch entsprechende Wertschät­zung gegenüber den Abgeordneten dieses Hauses. – Das vorneweg.

Eines wäre heute auch zu erwarten gewesen: dass nämlich ein neues Symbol gesetzt wird, eine neue Ära anbricht, dass man wirklich den Hauch einer neuen Politik spürt, auch im Bereich der Verteilung ministeriellen Kompetenzen. Das ist aber überhaupt nicht der Fall. Das ist eben die Tragödie.

Und ein Bereich, ja, meine Damen und Herren, ein Bereich, wo das ganz klar sichtbar wird, das ist eben die Umweltpolitik. (Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek.) Wir hät-


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ten uns erwartet, dass die SPÖ hier massiver und klarer ein eigenes Umweltressort einfordert, Frau Kollegin Heinisch-Hosek. Das wäre an sich logisch, wenn man sich das Umweltprogramm der SPÖ vom September 2006 anschaut. Dort heißt es noch klar – ich zitiere –:

„Österreich braucht einen neuen Umweltminister!

Und zwar rasch. Denn seit knapp 20 Jahren stellt die ÖVP den Umweltminister – und die Bilanz für unsere Umwelt ist bitter ...“ 

Ja, wir wissen, dass es bitter ist. Aber warum haben Sie sich da nicht entsprechend auf die Schienen gestellt? (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek.) Nein, es geht nicht darum, dem Minister auf die Finger zu schauen, das haben wir ja die ganzen Jahre über getan. Es geht darum, dass ein Umweltressort geschaffen wird, das endlich auch die Agenden der Energiepolitik und des Konsumentenschutzes zusammenführt. Und das wäre zu erwarten gewesen, aber nicht was Sie jetzt tun, nämlich diese Art von Unvereinbarkeit weiterzutreiben.

Ein Beispiel für Unvereinbarkeit sehe ich im Betriebsmittelrecht, bei der Genehmigung von Pflanzenschutzmitteln. Da ist das Landwirtschaftsressort auch für die Anwendung zuständig in den Bundessländern. Während auf europäischer Ebene Umwelt und Landwirtschaft ganz klar getrennt sind, wir haben dort klar verschiedene Kommissare. Es müsste auch bei uns Zeit sein, Umwelt und Landwirtschaft zu trennen. Und man hätte erwarten müssen, dass in einem Umweltministerium eben die Kompetenzen zu­sammengeführt werden vom allgemeinen Umweltschutz, von Energie-, Anti-Atompoli­tik, Strahlenschutz, Luftreinhaltung bis hin zu Wasser – da gibt es ja immer noch die Probleme mit der Nitratbelastung, mit der Pestizidbelastung –, Abfallwirtschaft, einheit­lichem Umweltanlagenrecht, um einige Beispiele anzuführen.

Meine Damen und Herren, Sie haben nicht die Chance genutzt, das zersplitterte Um­weltrecht, die zersplitterten Umweltkompetenzen zusammenzuführen und in einem eigenen Ministerium auch die Unabhängigkeit und Gleichwertigkeit des Umweltschut­zes sicherzustellen. Leider wird der umweltpolitische Stillstand der letzten Jahre eben durch diese Regierung fortgesetzt werden. Das ist schade und das ist heute und auch in Zukunft ein zentraler Teil unserer Kritik. (Beifall bei den Grünen. – Ruf bei der ÖVP: Sie haben heute in der Aktuellen Stunde nicht aufgepasst!)

16.27


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als Nächste zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Mag. Grossmann. 4 Minuten haben Sie sich vorgenommen, Frau Abgeordnete. – Bitte.

 


16.27.49

Abgeordnete Mag. Elisabeth Grossmann (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Frau Staatssekretärin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Pirkl­huber, Ihre Fraktion regt sich gebetsmühlenartig über die Größe der Bundesregierung auf, und bei jeder einzelnen Frage fordern Sie erst wieder ein eigenständiges Ressort. Also irgendwie sollten Sie sich doch entscheiden, was Sie wirklich wollen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Bundesministeriengesetz ist das Grund­gerüst für die Arbeit der nächsten vier Jahre, und im Gegensatz zu manchen Skepti­kern unter Ihnen gehe ich schon davon aus, dass es vier Jahre werden. Und zu tun ist in diesen vier Jahren wirklich sehr viel. Der Reformbedarf ist immens groß, und ich denke, diese Regierungsvereinbarung mit diesem Bundesministeriengesetz bietet wirk­lich ein brauchbares Gerüst dafür.


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Das Ergebnis kann sich sehen lassen, auch wenn die wenigen Wermutstropfen, die wir hinnehmen mussten, die vielen positiven Dinge aus der öffentlichen Aufmerksamkeit verdrängen. Ich kann es auch beim Namen nennen: Die Agenden der Arbeitsmarktpoli­tik hätte ich auch lieber aus dem Wirtschaftsministerium herausgelöst und im Sozial­ministerium angesiedelt gesehen, sie wären dort sicher sehr gut aufgehoben gewesen. Aber die Arbeitsschwerpunkte, die ich auch namens meiner Fraktion gerade im Bereich Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit mit verhandeln durfte, geben hier einen sehr klaren und ambitionierten Arbeitsauftrag. Es gibt ein umfassendes Maßnahmenpaket zur drastischen Reduzierung der Jugendarbeitslosigkeit, die AMS-Mittel werden aufge­stockt, es gibt eine Ausbildungsgarantie bis 18 Jahre, eine praxisorientierte Reform der Lehrlingsausbildung, die auf dem Arbeitsmarkt mehr Chancen bietet.

Der Widerstand gegen überbetriebliche Lehrwerkstätten – und hier wende ich mich an diese Seite – wurde endlich aufgegeben. Was jahrelang als Staatslehre abgelehnt wurde, wird nun als sinnvolle Ergänzung der betrieblichen Ausbildung erkannt. Die Be­rufsorientierung wird ausgebaut und ab der siebenten Schulstufe auch obligatorisch eingeführt. Das ist vom Bildungsministerium wahrzunehmen, so wie die Jugendmate­rien in vielen Ressorts wahrgenommen werden.

Ich würde da aber nie auf die Idee kommen, deshalb von „Zersplitterung“ oder gar von „Filetierung“ zu sprechen, wie Frau Kollegin Haubner.

Es gibt eben Themen, die lassen sich nicht ausschließlich in ein Kästchen pressen, sondern diese sind ressortübergreifend wahrzunehmen! Dazu gehören neben den Ju­gendagenden, der Forschung und Innovation ganz wesentlich die Frauenagenden. Es gibt dafür auch einen Fachausdruck, nämlich Gender Mainstreaming – ich weiß, für manche von Ihnen unaussprechlich und auch unbegreiflich, wie man in manchen Re­debeiträgen gemerkt hat. (Abg. Dr. Haimbuchner: Artikel 8 B-VG!)

Das Wesenselement von Gender Mainstreaming ist, dass alle Politikbereiche vom Gleichstellungsziel durchflutet werden und dass das auch ein primärer Handlungsauf­trag für alle Ministerien ist. Diese Zielerreichung muss natürlich koordiniert werden, und zwar auf höchster Ebene – und das geschieht im Frauenministerium beim Bundes­kanzleramt, wo alle Fäden zusammenlaufen. Also das, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist gelebtes Gender Mainstreaming.

In meiner Eigenschaft als Geschäftsführerin einer Frauenorganisation nehme ich auch regelmäßig an Netzwerktreffen teil, und da ist gerade diese Regierungskonstellation sehr positiv aufgefallen, wobei natürlich – das muss ich schon auch dazusagen – eine entsprechende budgetäre Ausstattung des Ministeriums Voraussetzung ist, aber die wurde uns ja zugesichert.

Im Ministerium für Gesundheit, Familie werden auch die Jugendagenden betreut. Und auch da gibt es ein umfassendes Arbeitsprogramm, das sicher mit größter Aufmerk­samkeit bedacht wird, wie etwa die Förderung von Partizipationsmodellen als flankie­rende Maßnahmen zur endlich durchgesetzten Wahlaltersenkung, verstärkte Suchtprä­vention nicht nur im Bereich der illegalen Drogen, sondern auch bei Alkohol, Nikotin und Spielsucht. Und hier, denke ich, ergeben sich gerade in diesem Ressort sehr viel­versprechende Synergien. Ich kann in der Kürze jetzt nicht alles erschöpfend auf­zählen.

Ich bin jedenfalls sehr zuversichtlich, dass wir mit diesem Programm und diesem Rah­men das Leben für viele Menschen in diesem Land verbessern können, und dazu sind wir schließlich da. (Beifall bei der SPÖ.)

16.32



Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 109

Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Fasslabend. – Bitte.

 


16.32.39

Abgeordneter Dr. Werner Fasslabend (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Mitglie­der auf der Regierungsbank! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zur Sache selbst ist heu­te, glaube ich, alles Wichtige gesagt. Ich werde daher diese Gelegenheit dazu nutzen, ein paar Worte in eigener Sache zu sagen.

Seit ich hier angelobt worden bin – das war im Jänner 1987 –, sind 20 Jahre vergan­gen. Es besteht jetzt eine neue Regierung auf breiter Basis, und ich denke, das ist ein guter Moment, eine gute Gelegenheit, persönlich von diesem Haus Abschied zu neh­men und Platz für Jüngere zu machen. Ich tue das auf der einen Seite – nach 20 Jah­ren – natürlich mit einer gewissen Wehmut, auf der anderen Seite aber durchaus auch in dem Bewusstsein, dass das kein Abschied aus der Politik ist, sondern einfach aus diesem Haus.

Ich möchte diese Gelegenheit dazu nutzen, ein paar Worte der Rückschau zu spre­chen: Ich bin in dieses Haus gekommen, und mein erster Schwerpunkt war die Um­weltpolitik – das war die erste Legislaturperiode, in der die Grünen im Haus waren, und eigentlich waren wir der Ansicht, dass wir die Grünen sind, und wir haben damals die Umweltgesetze gemacht.

Ich hatte dann Gelegenheit, ein Verkehrskonzept für die ÖVP zu erstellen und es wur­den später vor allem die Sozialpolitik auf der einen Seite und die Sicherheits- und Ver­teidigungspolitik auf der anderen Seite meine persönlichen Schwerpunkte. Und wenn ich so zurückdenke, muss ich sagen: Es hat daher sehr, sehr viele sehr schöne Mo­mente hier gegeben.

Für mich war es in der Politik immer das Wichtigste, dass die Menschen Arbeit haben, vor allem, dass die Schulabgänger einen Arbeitsplatz finden. Ich habe daher auch sehr viel Zeit und Energie darauf verwendet: Wir haben auch in diesem Haus in diesem Zusammenhang viel beschlossen, begonnen mit einem Start-Job-Programm über die Ausweitung der Lehrberufe bis zur Lehrlingsprämie, et cetera.

Aber auch die Altersteilzeit ist nicht nur über meinen Schreibtisch gegangen, sondern sie ist auf meinem Schreibtisch entstanden, verschiedene andere Dinge auch – bis hin zur Abfertigung.

Rückblickend gesehen war das für mich eine enorm schöne und fruchtbare Zeit, weil ich die Gelegenheit hatte, mitzuerleben, wie aus einer Idee etwas werden kann, dass man Ideen verwirklichen oder zumindest dazu beitragen kann.

Von besonderem Interesse war natürlich die Zeit – es war fast ein Jahrzehnt –, die ich als Verteidigungsminister verbracht habe. Mir war es ein Anliegen, nicht nur für die Sicherheit der Bevölkerung zu sorgen, sondern möglichst vorausschauend Sicherheits­fragen zu beantworten. Das hat letztendlich dazu geführt, dass wir im Bereich Beschaf­fung einiges erreichen konnten.

Ende der achtziger Jahre hatte Österreich keine einzige Lenkwaffe und das Bundes­heer war wahrscheinlich die einzige Armee der Welt, die derartige Geräte nicht beses­sen hat – de facto unfähig, einem Gegner auch etwas entgegenzusetzen –, und es ist dann auf diesem Gebiet einiges geschehen.

Es hat viele neue Einsätze gegeben an der ehemaligen jugoslawischen Grenze, in Bosnien, im Kosovo, in Albanien, um nur die wichtigsten zu nennen. Österreich ist der NATO-„Partnerschaft für den Frieden“ beigetreten und Beobachter bei der WEU ge­worden. Ich habe die Zentraleuropäische Kooperation ins Leben gerufen und intern die


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Strukturen reorganisiert. Als ich das Heer übernommen habe, hatte es eine Mann­stärke von 340 000; ich habe es nach dem Kalten Krieg in zwei Organisationsschritten auf zirka 100 000 reduziert, was nicht immer ganz leicht war, aber das gehört dazu.

Genauso aber auch im Sozialbereich – und dazu stehe ich –: Ich habe mir bei der Pen­sionsreform viel anhören müssen, als ich sie als ÖAAB-Obmann mitgetragen habe, aber ich bin heute mehr als je zuvor davon überzeugt, wie wichtig und wie richtig sie war und ist.

Ich sage daher heute ein herzliches Wort des Dankes allen, die mir dabei geholfen haben. Geholfen haben mir die Mitarbeiter, die Kollegen und natürlich einige in ganz besonderem Ausmaß: sicherlich Josef Riegler, der mich in die Bundesregierung geholt hat, Alois Mock, der mich immer auf das Hervorragendste unterstützt hat, und vor allem auch Wolfgang Schüssel, mit dem ich lange Zeit in der Regierung war, der als Vizekanzler mein Chef war, den ich für einen der größten Politiker Österreichs seit Beginn der Republik Österreich halte (Beifall bei der ÖVP) und dem ich hier ein ganz besonderes Danke sagen möchte, weil ich glaube, dass er die Weichen dafür gestellt hat, dass Österreich fit für das 21. Jahrhundert ist.

Man kann über Details streiten, und es gibt sicherlich auch das eine oder das andere zu kritisieren, aber im Bewusstsein, vor allem für die Zukunft unseres Landes zu arbei­ten und zu denken, habe ich sehr viel von ihm profitiert, und dafür möchte ich ihm auch ein herzliches Dankeschön sagen.

Ich wünsche euch allen – ihr verzeiht, wenn ich das so familiär sage – auch für die Zu­kunft alles Gute!

Ich selbst werde mich mit einigen Themen beschäftigen – das Thema Energie und Um­welt ist heute schon angesprochen worden. Mir ist insbesondere die Frage der Demo­graphie ein ganz großes Anliegen. Die Tatsache, dass in Österreich um ein Drittel zu wenig Kinder geboren werden – ein Drittel fehlt uns, um die Bevölkerung auf Grund der Geburtenrate konstant zu halten –, ist etwas, das uns allen zu denken geben sollte, weil in den nächsten Jahren der demographische Druck von außen zweifelsohne so gewaltig werden wird, dass wir uns alle damit auseinandersetzen müssen, dass dies für unsere Gesellschaft wahrscheinlich übermäßige Schwierigkeiten mit sich bringen wird.

Natürlich sind es die sicherheitspolitischen Fragen, mit denen ich mich schwerpunkt­mäßig beschäftigen werde, insbesondere die Situation im Nahen und Mittleren Osten, die ich bereits seit Jahren sehr intensiv verfolge und analysiere.

Damit möchte ich zum Schluss kommen. Ich möchte keine guten Ratschläge geben: Das Einzige, was ich mir auch für dieses Hause wünsche – das war auch ein Prinzip von mir –: Selbst in Wahlkampfzeiten habe ich versucht, den Kontakt auch zu opposi­tionellen Fraktionen zu suchen und zu finden. Ich halte es für enorm wichtig, dass wir Position beziehen – die Positionierung in der Bundespolitik ist wichtig! –, aber wir soll­ten eine Polarisierung, so wie sie in etlichen unserer Nachbarstaaten stattfindet, verhin­dern.

Wenn wir dazu miteinander einen Beitrag leisten können, dann ist das, so glaube ich, der beste Dienst, den wir unserer Bevölkerung tun können – ein Dienst an unserer Hei­mat Österreich.

In diesem Sinne alles, alles Gute und viel Erfolg! (Allgemeiner, von Abgeordneten der ÖVP und der SPÖ stehend dargebrachter, lang anhaltender Beifall.)

16.40


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Herr Abgeordneter Fasslabend, ich glau­be, ich kann Ihnen im Namen des ganzen Hauses für die Zusammenarbeit danken. Wir


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wünschen Ihnen persönlich alles Gute! Genießen Sie die politikfreie Zeit – auch die hat ihre Vorteile im Leben. Alles Gute! (Allgemeiner Beifall.)

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Jarolim. – Bitte.

 


16.41.18

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Minister! Meine Damen und Herren! Ich kann mich im Wesentlichen kurz hal­ten. Herr Kollege Sonnberger, Ihren Einwand, nämlich dieses Offert an den Kollegen Stadler, durch Antragstellung noch weiter zu gehen, kann ich nicht ganz nachvollzie­hen.

Ich meine, wir sollten damit sehr sorgsam umgehen. Man kann natürlich verschiedene Ansätze haben, aber einen Parlamentsstaatssekretär wünsche ich mir nicht. Es gibt Gründe für diese gesetzliche Regelung, die ja auch in der Anlage der Bundesregierung liegen. – Das mag so sein. Dass damit sehr sorgsam umgegangen wird, hat uns der Herr Bundeskanzler heute ja mitgeteilt, und daher sollten wir es auf sich beruhen lassen.

Ich möchte noch ein paar Sätze zur Aufteilung der Ministerien, aber insbesondere auch zur Frage der Besetzung der Ministerien sagen, weil ich glaube, dass das ein sehr wichtiges Argument ist und eine sehr wichtige Perspektive eröffnet.

Das Justizministerium war ja in den letzten Legislaturperioden durch so genannte neut­rale Minister besetzt, was sich eigentlich insofern negativ ausgewirkt hat, als relativ viele gute Ideen produziert worden sind, die aber allesamt nicht umgesetzt wurden.

Wenn ich mir etwa in der letzten Legislaturperiode die Ideen von einer Bundesministe­rin Gastinger anschaue und mir dann die Reden vom ehemaligen Präsidenten Khol und dem nunmehrigen Klubobmann Schüssel angehört habe, so habe ich einen un­überwindbaren Widerspruch bemerkt.

Ich denke, dass das auch einer der Punkte war, warum wir in den letzten Legislatur­perioden so einen Weg des Biedermeier eingeschlagen haben. Ich hoffe doch, dass es gelingt, die Justizpolitik wieder zu dem zu machen, was sie sein sollte: Sie sollte Rah­menbedingungen für die Weiterentwicklung der Gesellschaft schaffen und nicht ein Hindernis und Hemmschuh sein wie etwa derzeit im Familienrecht. Wir hoffen, dass wir da gemeinsam weiterkommen.

Da vielleicht auch gleich ein Nächstes: Wenn ich mir anschaue, wer nunmehr auf der Regierungsbank sitzt – und damit meine ich auch insbesondere die Vertreter des Koali­tionspartners –, so habe ich doch wesentlich mehr Hoffnung.

Wir haben ja heute auch in der Zeitung gelesen, was etwa im Bereich der Bildung pas­siert ist: Da sind wir an einen der letzten Plätze in Europa zurückgefallen. Das ist natür­lich nicht ganz wundersam, denn wer gesehen hat, wie Frau Minister Gehrer ihre Tätig­keit ausgeübt hat und wie wir hier so eine Art Kompetenzzentrum fürs Goldhauben­sticken hätten werden sollen, der hat natürlich gleichermaßen gemerkt, dass es da einen Aufbruch geben muss.

Wenn ich hier Frau Kdolsky, Frau Schmied und andere sehe, dann denke ich, dass allein auf Grund der Personen die Glaubwürdigkeit, Gas geben zu wollen und in Euro­pa wieder den Rang zu bekommen, der uns zustehen sollte, absolut gegeben ist. In diesem Sinne wünsche ich uns allen eine gute Legislaturperiode. – Danke schön. (Bei­fall bei der SPÖ.)

16.44


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abge­ordneter Dr. Graf. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

 



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16.44.59

Abgeordneter Mag. Dr. Martin Graf (FPÖ): Frau Staatssekretärin! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Es ist heute schon sehr viel über die neue Form des Regierens gesagt worden, und vor allem über die Bevollmächtigung der einzelnen Staatsekretäre, die ja eine schwarz-rote Paktfestschreibung in der Verfassung vorsieht – ein neuer Stil, der seit dem ersten Tag gepflegt wird, seit es den Bundeskanzler Gusenbauer gibt, der anderes in der Wahl versprochen hat.

Gusenbauer hat nämlich versprochen, dass der Parlamentarismus gestärkt wird, mehr an Beachtung geschenkt bekommt und dass es diesbezüglich insgesamt mehr Kompe­tenz geben wird. – All das ist leider Gottes nicht eingetreten – neben all den Unsäglich­keiten, die jetzt im Bundesministeriengesetz festgeschrieben wurden und heute lange diskutiert wurden.

Es hat uns als Parlamentarier nicht gefreut, wie durch Gusenbauer am ersten Tag der neuen Regierung hier im Parlament die Redezeit der Abgeordneten – insbesondere der oppositionellen Abgeordneten! – im TV beschränkt wurde. Es hat uns auch nicht gefreut, dass es der neue Stil ist, dass sich plötzlich 10 Minuten vor Ende der TV-Über­tragung Gusenbauer bei einer Dringlichen Anfrage an den Sozialminister, der ja in Wirklichkeit nur mehr ein Pensionistenminister mit Konsumentenschutzagenden ist, zu Wort meldet und damit dem Hohen Haus die Möglichkeit der Darstellung in der Öffent­lichkeit nimmt und ihm die Show stiehlt. – Das ist nicht der Parlamentarismus, den wir uns gewünscht haben! (Beifall bei der FPÖ.)

Vieles gibt es zu sagen. Das Bundesministeriengesetz ist zumindest in einem Punkt für mich wirklich befremdlich. – Auch da hat sich der Kollege Broukal nicht durchgesetzt: Es gibt nicht ein Forschungsministerium, es gibt nicht zwei Forschungsministerien, es gibt nicht drei Forschungsministerien, sondern es gibt nach wie vor vier Forschungs­ministerien – also wirklich ein Zustand, mit dem wir nicht zufrieden sein können und von dem es noch vor der Wahl geheißen hat, dass das anders aussehen wird. (Abg. Mag. Stadler: Der Broukal glaubt, das ist eine Aufwertung!)

Aber wir dürfen uns ja in Wirklichkeit nicht beschweren, Herr Kollege Broukal und auch meine lieben Kollegen von den Grünen, denn letztlich haben wir schon, bevor es zu dieser Regierungsbildung gekommen ist, auch im Parlament den ersten Schritt in diese Richtung der Zersplitterung begangen, indem wir ganz einfach bei den Ausschussein­teilungen die Forschungsagenden ebenfalls erstmalig in der Zweiten Republik zersplit­tert haben – über Intervention der Grünen. Das muss man auch so festhalten, wie es ist. (Abg. Sburny: Die Agenden sind genau so, wie sie vorher waren!)

Sie wollten einen neuen Ausschuss mit einer Ausschussvorsitzenden. – Das ist Ihr gutes Recht. Sie haben die Herauslösung der Forschungsagenden aus dem Wissen­schaftsausschuss verlangt und damit letztendlich Vorschub geleistet, dass die For­schungsagenden in diesem Hohen Haus ebenfalls zersplittert sind. – Das ist Faktum, Frau Kollegin, und das muss so festgehalten werden.

Ich habe aber auch noch einen Entschließungsantrag der Freiheitlichen Partei betref­fend die Spargesinnung der Regierung einzubringen. Wir wollen künftig eine Fest­schreibung der Anzahl der Ministerien und glauben, dass 16 Regierungsmitglieder ge­nug sind.

Ich bringe daher folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Graf, Aspöck, Hauser, Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Begrenzung der Bundesminister und Staatssekretäre, Ernennung eines


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Staatssekretärs für Asyl- und Fremdenrechtsangelegenheiten und eines Staatssek­retärs für Tourismus und mittelständische Wirtschaft

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Be­grenzung der Anzahl für Bundesminister und Staatssekretäre auf eine Gesamtzahl von höchstens 16 zu schaffen, wovon ein Staatssekretär für die Agenden des Asyl- und Fremdenwesens und einer für Tourismus und mittelständische Wirtschaft verantwort­lich sein soll.

*****

Das wäre unsere Vorstellung, weil wir glauben, dass Asyl- und Fremdenwesen und Integrationsangelegenheiten wichtige Bereiche sind, die in der Regierung abgebildet sein sollten, ebenso wie Tourismus und die Klein- und Mittelbetriebe, die eine Vertre­tung benötigen. (Beifall bei der FPÖ.)

Am Ende meiner Rede möchte ich mich noch mit den Ausführungen des Kollegen Van der Bellen beschäftigen, der uns hier heute wortreich erklärt hat, wie entsetzt er über den Vergleich mit dem „Stürmer“ sei. Van der Bellen hat auch aus dem „Stürmer“ zitiert – mir vollkommen neu, denn ich habe diese Zeitung, auch wenn sie historisch ist, noch nie gelesen –, und ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen: Ich bin ob dieser Diktion tatsächlich geschockt. Herr Kollege Van der Bellen hat mit seiner diesbezüglichen Ein­mahnung durchaus Recht.

Was mich allerdings an Ihrer Vorgehensweise – und Sie sind ein alter Hase im Parla­mentarismus und im Parlament – verwundert, ist, dass Sie immer nur, wenn von Frei­heitlichen Erklärungen abgegeben werden, wo vielleicht das eine oder andere Mal übers Ziel geschossen wird, plötzlich mit zweierlei Maß zu messen beginnen.

Mir fehlt nämlich Ihr Echauffieren im Jahre 1999: Da waren Sie, Herr Abgeordneter Van der Bellen, ebenfalls schon Klubobmann der Freiheitlichen Partei (Ruf bei der FPÖ: Hoffentlich nicht!) – der Grünen, entschuldigen Sie.

Da hat der damalige Generalsekretär Ing. Peter Westenthaler „NEWS“ vorgeworfen, es berichte wie der „Stürmer“. Westenthaler hat damals den Prozess verloren. Ihr Echauf­fieren – und das war auch eine heikle Auseinandersetzung! – hat mir damals gefehlt. Ein kleiner Zeitverzug, aber Sie sind nicht allein im Boot, möchte ich Ihnen nur sagen.

Im Jahre 1999 etwa äußert „NEWS“ selbst – „NEWS“, eine Zeitschrift, die ganz gut für die Grünen oder für das linke Spektrum in diesem Hohen Haus schreibt –, dass die FPÖ – der Pressedienst der FPÖ – in der Manier, Diktion und Sprache des „Stürmer“ schreibe. (Abg. Dr. Van der Bellen: Genauso inakzeptabel!) Wo ist Ihr Aufschrei ge­blieben, Herr Professor? Messen Sie mit zweierlei Maß? (Beifall und Bravorufe bei der FPÖ.)

Sie sind nicht allein im Boot. Ich habe auch genau gehört, was Klubobmann Schüssel heute gesagt hat. Mir hat auch bei ihm der Aufschrei gefehlt: Jeder sagt immer, es ist zu wenig, was Strache sagt und tut, und sieht nie auf sich selbst, sondern immer nur auf die anderen. Der damalige Wiener VP-Chef Bernhard Görg hat am 31. März 1999 über die Freiheitliche Partei im „NEWS“-Interview mit „scharfen Worten“ gesagt, er leh­ne eine Zusammenarbeit mit der FPÖ ab – ein Jahr vor der Regierungsbeteiligung.

Görg: Eine völlig irreale Option. Die FPÖ ist eine bürgerliche Partei. Die Freiheitlichen treten auf wie zu „Stürmers“ Zeiten, radikal und rüde. – Zitatende.


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Herr Professor Van der Bellen, wo ist Ihre Maßregelung in Richtung ÖVP, in Richtung Görg an dem Tag geblieben? Wo ist Ihr Aufbrausen gewesen, wo waren da Ihre Zitate aus dem „Stürmer“? – Sie lesen ihn ja offensichtlich, sind Sachkenner, zitieren dann und sagen, das kann man doch wohl nicht gleichsetzen.

Ich gebe Ihnen ja vollkommen Recht, aber Sie dürfen das Ganze nicht nur immer in eine Richtung sehen. Wir halten fest: „NEWS“, Westenthaler, Görg haben sich bis heu­te noch nicht von diesen „Stürmer“-Vorwürfen distanziert. Und der Kollege Neugebauer war es, der gesagt hat, ihm fehlt es an der Schnelligkeit. – Sie sind langsam wie eine Schnecke! Ebenso die ÖVP. Herr Kollege Neugebauer! Sie haben sich noch nicht von diesen wirklich ganz miesen, untergriffigen Vorwürfen des damaligen Wiener ÖVP-Ob­manns distanziert. (Abg. Mag. Stadler: Jetzt darf er den Görg kritisieren! Jetzt ist er abgewählt!)

Aber es geht noch weiter so. Er ist halt Gewerkschafter, der viel runterschlucken muss, aber er sieht die Geschwindigkeit immer nur bei den anderen, aber nie bei sich selber. Das ist das Problem. Aber der Andreas Wabl war auch nicht besser. Ein alter Bekann­ter, der hier im Parlament gesessen ist. Er sagt, die Aggressivität der FPÖ im Parla­ment werde immer widerlicher, in einer Sprache, die als „Stürmer“-Stil zu bezeichnen sei.

Ich weiß nicht, was der „Stürmer“-Stil ist, ich weiß nur, es ist ein grausliches Blatt ge­wesen, und Gott sei Dank gibt es das nicht mehr. Ich habe es auch noch nie gelesen, aber der Wabl weiß es. Er weiß, was diese Zeitung damals offensichtlich propagiert hat, er verwendet es ganz einfach und wirft anderen Leuten vor, im „Stürmer“-Stil zu agieren.

Sie selber haben gesagt, „Stürmer“ steht für Tod, Vernichtung, Ausrottung. – Sie kön­nen doch nicht im Ernst einer demokratisch gesinnten Partei hier im Hohen Haus vor­werfen, dass wir für dieses Gedankengut stehen. (Abg. Dr. Van der Bellen: Dann darf er den Vergleich nicht verwenden ganz einfach!)

Der Herr Bundeskanzler selbst hat gesagt, wenn in Österreich so etwas vorgeworfen wird, dann muss man agieren. Sie agieren immer nur dann, wenn es Ihnen passt. Der Standort bestimmt Ihren Standpunkt, und das ist nicht grundsätzlich. – Das ist Ihr Pro­blem. (Beifall bei der FPÖ.)

Aber zu guter Letzt, weil Jugendsünden natürlich immer vorhanden sind: Auch Herr Kollege Werner Amon – er sitzt ja immer noch hier im Hohen Haus – sagt im Jah­re 1994 in Richtung FPÖ, diese Partei entpuppe sich immer mehr als widerliches Sam­melsurium von Leuten, die nicht einmal genug Intelligenz aufbringen, ihren dumpfen Rassismus, ihre „Stürmer“-Natur – unter Anführungszeichen – und ihren demokrati­schen Aktionismus dort zu belassen, wo er hingehört. – Und so weiter.

Ich habe nur wenige Sekunden gebraucht, all das aus der APA auszudrucken, um fest­zustellen, dass Ihre Kritik zwar in der Sache berechtigt ist – zu sagen, das ist ein Un­tergriff, wenn man das so macht. Der Obmann wird sich heute noch erklären, keine Frage.

Ich wünsche mir dann aber, dass Sie Ihren Kollegen Wabl genauso in die Ziehung neh­men, der dies nämlich von anderen Leuten und anderen Medien behauptet. Ich wün­sche mir, dass Sie den Kollegen Görg von der ÖVP in die Ziehung nehmen und dass Sie den Kollegen Amon in die Ziehung nehmen. Ich wünsche mir von Neugebauer, dass er dem Amon sagt, er soll sich ein bisschen schneller bewegen, nicht länger als eine Schrecksekunde brauchen und Ähnliches. (Beifall bei der FPÖ. Abg. Neuge­bauer: Das kannst du ihm selber sagen!)


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Wenn ein Kollege aus Ihrer Fraktion – nämlich der Herr Kollege Öllinger – vom Red­nerpult aus einer ganzen politischen Partei, die mir wirklich nicht mehr nahe steht, zum Thema Integration Vorwürfe macht beziehungsweise sie auffordert (Rufe bei der ÖVP: Redezeit!) – freiwillige Redezeitbeschränkung, lernt Geschäftsordnung! –, sie solle her­auskommen, um ihre Deportationspläne offenzulegen, dann unterstellen Sie, Herr Kol­lege Öllinger, dass Deportationspläne existieren, und Pläne sind dazu da, um umge­setzt zu werden. Da sage ich Ihnen noch etwas: Sie wissen, was bei Deportationen passiert ist: Leid, Tod, Vernichtung von Menschen.

Wenn Sie solche Worte in der politischen Auseinandersetzung gebrauchen, dann bitte ich Sie: Entschuldigen Sie sich, wenn Sie überführt wurden. – Danke. (Beifall und Bra­vorufe bei der FPÖ.)

16.56


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Abgeordnete Sburny zu Wort gemeldet.

Sie kennen die gesetzlichen Bestimmungen; zuerst den zu berichtigenden Sachverhalt, dann den aus Ihrer Sicht richtigen Sachverhalt. – Bitte.

 


16.56.28

Abgeordnete Michaela Sburny (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Abgeordneter Graf hat behauptet, dass die Einrichtung des Ausschusses für Forschung, Technologie und Innovation dazu beigetragen hat, dass die Forschungsagenden erstmals zersplittert werden.

Richtig ist hingegen, dass die Forschungsagenden bereits bisher auf vier bezie­hungsweise mit dem Umweltministerium auf fünf Ministerien aufgesplittert waren. (Abg. Dr. Graf: In diesem Haus das erste Mal!)

Die zusätzliche Verschlechterung durch das Ministeriengesetz tritt dadurch ein, dass es einen vorgegebenen Zwang gibt, dass die Gremien beziehungsweise die Organe der Forschungseinrichtungen auch noch proporzmäßig mit Rot und Schwarz beschickt werden, sodass die Arbeit wirklich nicht einfacher wird. (Beifall bei den Grünen. Zwi­schenrufe bei der ÖVP.)

16.57


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Herr Abgeordneter Graf hat einen Ent­schließungsantrag eingebracht. Dieser ist ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Graf, Aspöck, Hauser, Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Begrenzung der Bundesminister und Staatssekretäre, Ernennung eines Staatssekretärs für Asyl- und Fremdenrechtsangelegenheiten und eines Staatssek­retärs für Tourismus und mittelständische Wirtschaft

eingebracht im Zuge der Debatte zu Tagesordnungspunkt 1 Bericht des Verfassungs­ausschusses (22 d.B.) über den Antrag 95/A der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Dr. Wolfgang Schüssel, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesministeriengesetz 1986 geändert wird (Bundesministeriengesetz-No­velle 2007) in der 11. Sitzung des Nationalrates am 30. Jänner 2007

Bei dieser Regierung ist speziell an der Anzahl der Bundesminister und Staatssekre­täre wieder einmal sehr klar die Handschrift einer „großen“ Koalition zu erkennen. Wir


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erinnern uns noch sehr gut an die Regierungen unter Bundeskanzler Vranitzky und Bundeskanzler Klima. Viele, viele Personen waren ja zu höherem berufen und so musste die Regierung wachsen.  Nun fühlt sich der mitunter doch auch interessierte Beobachter wieder in das vorige Jahrtausend zurückversetzt.

O tempora! O mores!

Diese Regierung ist wie erkannt, seit langem wieder einmal die Größte. Die Kosten belaufen sich bei 14 Bundesministern (216.364,40 €/Monat) und 6 Staatssekretären (83.454.60 €/Monat) gesamt auf 299.819 € pro Monat und dies immerhin mal vierzehn! Hier könnten Gelder eingespart und sinnvoller zum Beispiel in soziale Projekte für unsere Bürger und nicht nur für einzelne investiert werden.

Bei der ganzen „Freude“ über die neue Regierung vergisst man doch sehr schnell was sogar vorher von der Kanzlerpartei noch angedacht war. Ein Staatssekretär im Bun­desministerium für Inneres für Migrationsagenden war doch im Gespräch. Wie notwen­dig dieser wäre, ersieht man aus den Berichten der Statistik Austria und des Bundes­ministeriums für Inneres.

Laut Statistik Austria war im vergangenen Jahr die internationale Zuwanderung unver­ändert hoch. Während in den Jahren 2002 und 2003 der jährliche Wanderungssaldo (Zuwanderung minus Abwanderung) bei rund 36.000 Personen lag, stieg die Netto-Zuwanderung in den letzten beiden Jahren auf jeweils knapp über 50.000 Personen. Für 2005 zeigt die aus den Daten des Zentralen Melderegisters erstellte Wanderungs­statistik insgesamt 119.083 Zuzüge aus dem Ausland und 68.828 Wegzüge ins Aus­land, also ein Zuwanderungsplus von 50.255 Personen.

Mit dem Stand vom 31.10.2006 gab es 40.188 offene Asylverfahren und von Jänner bis Oktober 2006 wurden 32.659 Erstanträge gestellt. Insgesamt befinden sich jedoch (Stand 31.10.2006) 472.092 Drittstaatsangehörige mit aufrechtem Aufenthaltstitel in Österreich.

Die Zuwanderungszahlen herausgegeben von der Statistik Austria und die Statistiken des Asyl- und Fremdenwesens des Bundesministeriums für Inneres machen ersicht­lich, dass es sich hier um einen Bereiche handelt, der einer intensiven Zuwendung der Regierung bedarf. Da der Bundesminister für Inneres ein großes Spektrum an Aufga­ben von A wie Asyl bis Z wie Zuwanderung zu bedienen hat, ist es von hoher Notwen­digkeit einen Staatsekretär für Asyl- und Fremdenwesens, im Bundesministerium für Inneres, einzurichten.

Des Weiteren besteht auch die Notwendigkeit einen Staatssekretär für Tourismus und mittelständische Wirtschaft einzurichten, denn etwa 76% der nationalen Wertschöpfung stammen aus dem Leistungsportfolio der österreichischen Klein- und Mittelbetriebe. Im Unterschied zu anderen Ländern ist die Wirtschaftsstruktur in Österreich durch eine verhältnismäßig große Zahl von Kleinbetrieben gekennzeichnet, die für Österreich einen unerlässlichen Wirtschafts- und Beschäftigungsfaktor darstellen und eine nach­haltige und politische Vertretung verdienen.

Davon kommt dem Tourismus in der österreichischen Wirtschaft selbstständig eine bedeutende Rolle zu. Die nach der Statistik Austria und dem WIFO errechneten Wert­schöpfung für das Jahr 2005 beläuft sich auf 21,56 Mrd. €. Damit trug der Tourismus mit 8,7 % zur gesamtwirtschaftlichen Bruttowertschöpfung bei.

Daher besteht auch in diesem, für die österreichische Wirtschaft wichtigen Bereich, Be­darf an einer eigenen Vertretung in Form eines Staatsekretärs.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden


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Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Be­grenzung der Anzahl der Bundesminister und Staatsekretäre auf eine Gesamtzahl von höchstens 16 zu schaffen, wovon ein Staatssekretär für die Agenden des Asyl- und Fremdenwesens und einer für Tourismus und mittelständische Wirtschaft verantwort­lich sein soll.

*****

 


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Prähauser. – Bitte.

 


16.57.35

Abgeordneter Stefan Prähauser (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Staatssekretärin! Hohes Haus! Das Bundesministeriengesetz – sprich, die Arbeitsaufteilung der Regie­rung – beschäftigt uns schon einen ganzen Tag. Es ist schon bemerkenswert, wie tagesfüllend nur das Arbeitsvorhaben einer Regierung sein kann, wenn man nur dar­über reden kann, was möglicherweise vielleicht am Ende der Legislaturperiode nicht erwartet werden darf oder kann.

Ich bin zuversichtlich. Diese Regierung wird ihre Aufgabe erfüllen, die selbst gestellten Aufgaben entsprechend lösen und zum Wohle der Bevölkerung arbeiten.

Die Kollegin Grossmann hat in ihrem Redebeitrag noch einmal einzeln darauf hinge­wiesen, worum es geht. Ich darf nur ein paar spezielle Punkte herausgreifen, die sich aus der Diskussion ergeben haben.

Herr Kollege Scheibner! Sie haben heute hier gesagt, die große Hoffnung Josef Cap hätte nicht das gebracht, was Sie erwartet haben, nämlich die Stärkung der Oppositi­onsüberlegungen, die Notwendigkeiten, die die Opposition braucht, um demokratisch arbeiten zu können.

Sie haben gesagt, Sie ihm sogar geglaubt, dass er das alles ernst meint, was er sagt. Ich darf Ihnen sagen: Er hat es ernst gemeint. (Abg. Scheibner: Aber wo?) Ich habe Sie von hier aus in den letzten Debattenbeiträgen vor der letzten Wahl mehrmals ein­geladen, als Mitglied dieses Hauses für die Stärkung der Oppositionsrechte zu sorgen, sich daran zu beteiligen, schon mit dem zarten Hinweis darauf, mit 99,9-prozentiger Wahrscheinlichkeit werden Sie wahrscheinlich das nächste Mal der Regierung nicht mehr angehören.

Sie haben sich mehr darauf verlassen, regierungstreu zu sein. Die SPÖ wird es schon richten. Die SPÖ hat jetzt das Problem, nicht 51 Prozent zu haben, daher werden Sie das zur Kenntnis nehmen müssen, was wir gemeinsam zuwege bringen.

Sie haben die Verbesserung der Oppositionsrechte beizeiten versäumt, als Sie dazu die Kraft und die Stärke gehabt hätten. Sie heute zu monieren, das ist starker Tobak, Herr Kollege! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Wir regen uns auch darüber auf, wer der bessere Vertreter für einen Kanzler oder Vizekanzler ist. Ein Staatssekretär, um Gottes Willen, das könne man doch nicht annehmen, der wisse ja vielleicht gar nicht Bescheid! In der Vergan­genheit war es so, dass natürlich ein Minister einen anderen hat vertreten können, der nicht unbedingt so gut in der Materie Bescheid wissen musste, aber wir durften fest­stellen, dass jeder Minister bei einer Vertretung seiner Aufgabe gerecht wurde, und


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diese Intelligenz stelle ich auch unseren Staatssekretärinnen und Staatssekretären anheim. Ich erwarte mir entsprechend auch die Beantwortung der Fragen des Parla­ments. Ich habe keine Sorge, dass unser Wissensstand dadurch gemindert wird. (Prä­sidentin Mag. Prammer übernimmt wieder den Vorsitz.)

Meine Damen und Herren, nun zu einem weiteren Beitrag des Kollegen Bucher, der zeigt, was es heißt, Regierung oder Nichtregierung zu sein:

Abgeordneter Bucher hat in einem Aufwaschen gemeint, die Regierung sei die teu­erste, die wir seit langem hatten, 20 Regierungsmitglieder habe es noch nie gegeben, und hat dann im selben Atemzug gesagt, die Vignettengebühr werde erhöht.

Wir wissen, dass es eine Diskussion darüber gibt, aber was ist Tatsache, Herr Kollege Bucher? – Deine Fraktion hat dazu beigetragen, dass die Gebühr für die Vignette beim Antritt eurer Regierung verdoppelt wurde. Dein Vizekanzler hat sogar davon geträumt, sie jetzt wieder zu verdoppeln, nur kam er nicht mehr dazu.

Wenn der jetzige Minister darüber nachdenkt, die normale Wertsteigerung, die Teue­rung dabei zu berücksichtigen, was vielleicht einen Euro ausmachen würde, dann reden Sie von teuer?! – Das ist gerechte Aufteilung, die Sie entsprechend umzusetzen versäumt haben, als Sie an der Regierung waren, was auch mit ein Grund dafür ist, dass Sie nicht mehr gewählt wurden.

Meine Damen und Herren, ich darf zum Abschluss der Kollegin Sburny, die gesagt hat, in dieser Regierung sei es schlechter geworden, das sehe man, wenn man genau hin­schaut, Folgendes sagen: Ich bin überzeugt davon, dass es viel besser geworden ist, denn 50 Prozent Sozialdemokraten in der Regierung garantieren einen Aufschwung. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

17.01


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort gemeldet hat sich nun Herr Klubob­mann Strache. Wunschredezeit: 10 Minuten. – Bitte, Herr Klubobmann. (Ruf bei der ÖVP: 10 Minuten?)

 


17.01.45

Abgeordneter Heinz-Christian Strache (FPÖ): Werte Präsidentin! Sehr geehrte Re­gierungsmitglieder! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zu dem kurzen Zwi­schenruf, den ich da gehört habe: „10 Minuten?“: Zum Glück gibt es Demokratie, und zum Glück hat man ein Rederecht hier – weil so betroffen festgestellt wurde, dass man sich hier zu Wort melden kann. (Beifall bei der FPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich habe in meinem gesamten politischen Handeln und Tun als Mandatar immer sehr klar und deutlich einen Trennstrich gezo­gen beziehungsweise eine klare Ablehnung, eine klare Distanzierung zur nationalso­zialistischen Ideologie gelebt. Ich brauche mir daher heute hier nicht zum Vorwurf ma­chen lassen, dass ich eine Erklärung abgegeben habe, denn diese Erklärung ist eine konsequente Fortsetzung dessen, was ich immer schon in meinem politischen Handeln und Tun erklärt habe: nämlich eine klare Distanzierung von der nationalsozialistischen Ideologie, von den Verbrechen, die damals im Nationalsozialismus begangen worden sind. Das ist eine Selbstverständlichkeit für jeden aufrechten Demokraten in unserem Land. (Beifall bei der FPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, selbstverständlich ist es unsere Aufgabe und Verpflichtung, hinter unserem Rechtsstaat zu stehen, hinter unserer Verfassung zu stehen und genau diese auch zu vertreten. Genau das ist es, was mich als Politiker leitet, als einen freiheitlich gesinnten Menschen, der gerade diese Gesinnung auch im Programm der Freiheitlichen Partei lebt und auch festgemacht hat.


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Ich lehne alle Formen der Gewalt und des politischen Hasses, alle Totalitarismen ab. Auch Rassismus lehne ich heftigst ab, auch wenn uns das immer wieder in einer un­verschämten Art und Weise unterstellt wird. Das ist bei uns nicht vorhanden! Das gibt es bei uns nicht! Wir differenzieren hier ganz genau und ganz korrekt, wie es auch letztlich in der Politik differenziert zu werden hat.

Aber Sie kommen dann her und machen politisches Kleingeld. (Zwischenruf des Abg. Öllinger.) – Ja, wenn es um Gewalt geht, Herr Öllinger. Wir waren nicht bei Demonst­rationen, wo es zu gewalttätigen Ausschreitungen gekommen ist. Sie waren, glaube ich, nicht als Jugendlicher bei solchen Veranstaltungen, nein, Sie waren dort als Er­wachsener und Abgeordneter, soweit ich es in Erinnerung habe. Da gibt es ja auch schöne Bilder von Ihnen. (Abg. Öllinger: Welche?)

Es gibt schöne Bilder von Ihnen, die sind schon mehrfach medial gezeigt und kolpor­tiert worden. (Zwischenrufe bei den Grünen.) Es gibt ja einige Grün-Abgeordnete, die bei diversen Veranstaltungen, bei Demonstrationen waren, wo leider Gottes auch Molotow-Cocktails geworfen wurden. Das ist so! Peter Pilz und viele andere Kollegen; ein ehemaliges Mitglied der „Gruppe Revolutionärer Marxisten“. Ich glaube, bis heute ist er da nicht ausgetreten. Da gibt es ja vieles. (Abg. Dr. Van der Bellen: Wiederholen Sie das ohne Immunität!)

Wenn Herr Klubobmann Van der Bellen heute herauskommt und in einer ungebühr­lichen Art und Weise „Stürmer“-Zitate zum Besten gibt, so kann ich ihn nicht verstehen. Ich habe noch nie in meinem Leben diese Zeitung gelesen. Ich kenne diese Zitate nicht. (Abg. Dr. Van der Bellen: Sie haben den Vergleich gebracht!) Ich verabscheue diese Zitate.

Ich sage Ihnen klar und deutlich: So, wie Sie das dargestellt haben, habe ich das nicht gemeint und auch nicht zum Ausdruck gebracht! Wenn Sie mit Ihrer Diktion das in diese Richtung treiben, dann nehme ich diesen Begriff gerne zurück, denn so habe ich ihn nicht gemeint. Ich habe gemeint, dass man mit miesesten Diffamierungen, Unter­stellungen, Unwahrheiten und auch mit Manipulation, indem man Bilder gegenüberge­stellt hat, die mit mir nichts zu tun haben, ganz gemeinen Journalismus betrieben hat, der weit weg von jeder Ethik, weit weg von jeder Moral betrieben wurde, um ein Bild zu erzeugen, das man einfach so nicht zulassen kann. Das habe ich gemeint! (Beifall bei der FPÖ.)

Gerade dann, wenn es um Verhetzung und Menschenhatz geht und wenn es darum geht, dass manipuliert und mit Unwahrheiten gearbeitet wird, muss man das auch heftigst zurückweisen, dann muss man das auch dementsprechend aufzeigen.

Wenn man Situationen erlebt, wie sie meiner Familie in den letzten Tagen passiert sind: Stalking, hunderte Anrufe, wo Journalisten meiner gesamten Familie – ich sage das bewusst hier – mit Stalking begegnet sind und Leute aus meinem familiären Um­feld kontaktiert wurden, auch meine Ex-Frau, und man ihr sagte: Sagen Sie doch ir­gendetwas Negatives, was wir verwenden können, wir sind auch bereit, etwas dafür zu zahlen!, so ist das das Schäbigste, was ich jemals erlebt habe. Das ist zu verurteilen! (Beifall bei der FPÖ sowie der Abgeordneten Dr. Schüssel und Dr. Stummvoll.)

Wenn – heute wird in manchen Bereichen solch ein Journalismus gelebt – Fotos von mir der Öffentlichkeit bekannt gemacht und dann in einen Zusammenhang gestellt wer­den mit etwas, womit diese Fotos nichts zu tun haben, so ist das unredlich, so ist das kein objektiver Journalismus.

Wenn Berichterstattung stattfindet, dass Strache-Spur zur Honsik-Gruppe führt und ich mit der Honsik-Gruppe etwas zu tun gehabt hätte, was unwahr ist, wenn das in eine Richtung geht, dass ein Nazi-Denkmal angesprochen wird, das keines ist, sondern ein


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Weltkriegsdenkmal im Zusammenhang mit dem Ersten Weltkrieg und nicht mehr und nicht weniger, wenn angesprochen wird ein Nazi-Gruß, der keiner ist, dann ist das un­redlich und dann muss man das auch dementsprechend heftig zurückweisen.

So ein Journalismus hat in unserem Land nichts verloren! Das hat mit Objektivität nichts zu tun, sondern nur mit ganz mieser Methodik, mit ganz mieser infamer Unter­stellung, die offenbar ganz bewusst betrieben wurde. (Beifall bei der FPÖ.)

Es gibt auch im Journalismus Ethik-Regeln, an die man sich zu halten hat. Bei aller politischen Auseinandersetzung, die wir alle leben und wo wir auch Auseinanderset­zungen miteinander vornehmen, manchmal auch in einer nicht so eleganten Art und vielleicht manchmal auch in einer ein bisschen untergriffiger, polemischer Art, hat es gewisse Grenzen zu geben, und die sollte man nicht überschreiten. Und das ist eben genau die Machart, die hier betrieben wurde, indem man Tatsachenverdrehungen und propagandistische Aufmachungen vorgenommen hat, wo man letztlich ethik- und serio­sitätsfern war und wo man Tatsachenberichterstattung völlig über Bord geworfen hat.

Wenn ich heute in einer Tageszeitung lese, mein „Nazi-Deckname“ sei „Heinrich“ ge­wesen, dann kann ich nur als Mensch betroffen sein, wenn ich mit solchen Unsinnig­keiten konfrontiert werde, weil ich nichts mit einem Decknamen zu tun habe, sondern weil das bei meiner Verbindung mein Couleurname ist. Wahrscheinlich haben viele im KV, weil das eben Tradition ist, irgendeinen Couleurnamen, welchen auch immer sie sich geben. – Mit solchen Unsinnigkeiten konfrontiert zu werden, tut weh und ist schmerzvoll. Und wenn man sich da als Mensch nicht betroffen fühlt, ja dann ist man auch kein Mensch, dann ist man eiskalt wie ein Eisschrank. Aber da muss man sich zur Wehr setzen!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe dieses Bild nicht deshalb gezeigt, um die Frau Bundeskanzler unseres Nachbarlandes in ein rechtsextremistisches Eck zu stellen (der Redner zeigt die Titelseite einer Zeitung, auf welcher ein Konterfei der deutschen Bundeskanzlerin zu sehen ist mit drei abgespreizten Fingern der erhobenen rechten Hand, über welchem die Überschrift steht: „Was will (kann) Angela Mer­kel?“), nein, sondern deswegen, um eine Unsinnigkeit aufzuzeigen – eine Unsinnig­keit, dass eine Frau Merkel mit Sicherheit – hier abgebildet mit drei abgespreizten Fin­gern – nichts mit Rechtsextremismus oder Neonazismus zu tun hat.

Da kann man jetzt viele Bilder bemühen, ob das alte Jesus-Bilder sind, Bilder von Mar­tin Luther-Predigten, welche auch immer, wo drei Finger eine Rolle spielen, die nichts mit dem Neonazismus zu tun haben. Aus jeder Bewegung heraus, in einer Ansprache kann man kompromittierende Fotos letztlich machen, die man dann in einem falschen Zusammenhang manipuliert und anders darstellt. (Abg. Öllinger: Aber  drei Bier waren es nicht!)

Das wollte ich aufzeigen!

Ich habe auch Herrn Staatssekretär außer Dienst Finz nicht unterstellt, dass er ein Ge­dankengut hat, das in diese Richtung weisen würde.

Ich habe damit letztlich auch zum Ausdruck gebracht, welcher Wahnsinn da journalis­tisch betrieben wurde: nämlich einen Markt für Neurotiker, einen Markt für Verleumdun­gen wachzurufen, wo Neurotiker auf den Plan gerufen werden, die dann Bilder zum Besten geben, Bilder schicken, Bilder anbieten, Bilder kursieren lassen, wo solche Manipulationen passieren können. – Genau darum geht es!

Da sollten wir alle vorsichtig sein und aufpassen, dass so ein Markt der Verleumdun­gen und ein Markt für Neurotiker mit solchen Manipulationsmöglichkeiten nicht ent­steht. (Beifall bei der FPÖ.)


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Ich habe bewusst angesprochen, dass ich sehr wohl in Erinnerung habe, dass ein Gottfried Küssel JVP-Mitglied war – wenn auch nicht aktives Mitglied. (Ruf bei der ÖVP: Kehren Sie vor der eigenen Tür!) Sie haben dieses Problem gelöst. Das ist ent­scheidend! Genauso wäre es jetzt unredlich, herzugehen und zu sagen: Nein, das hat eine Methode, da ist ein Netzwerk dahinter! – Das ist Unsinn. Und genau das gilt es aufzuzeigen. (Ruf bei der ÖVP: ... Glaubwürdigkeit!)

„Glaubwürdigkeit“ – das ist ja genau die Doppelbödigkeit!

Wenn heute im ÖVP-Klub nach wie vor ein Bild von Dollfuß hängt, von einem Faschis­ten, von einem, der den Austro-Faschismus in diesem Land gelebt hat, dann ist das die Doppelbödigkeit, wo Sie endlich einen Trennstrich ziehen sollten! (Beifall bei der FPÖ.)

Bei einem Mann wie Dollfuß, der alle staatlichen Institutionen außer Kraft gesetzt hat, der die Arbeiterbewegung verboten hat, der Schießbefehle erteilt hat, ist gerade in die­sem Bereich ein Trennstrich zu ziehen – so wie es selbstverständlich in Richtung aller Totalitarismen und in Richtung Faschismus und Nationalsozialismus zu geschehen hat. – Das ist das, was wir als Demokraten erwarten! Und diesen Trennstrich haben Sie noch nicht gezogen, sonst würde dieses Bild nicht in Ihrem Klub hängen, meine sehr geehrten Damen und Herren von der ÖVP. (Abg. Neugebauer: Er war Opfer des Nationalsozialismus!)

Das muss ich an Doppelbödigkeit selbstverständlich festhalten. Und dass Sie das ver­teidigen, zeigt gerade diese Doppelbödigkeit. Das ist nicht zu verteidigen. Und genau darum geht es!

Wenn ein Herr Westenthaler gemeint hat, dass ihn diese Bilder an Gewalt erinnern, dann muss ich sagen: Der Einzige, der jemals irgendwie im Zusammenhang mit Ge­walt aufgedeckt worden ist, war der Herr Westenthaler im Wahlkampf am Wahlabend (Beifall bei der FPÖ – Zwischenruf des Abg. Scheibner), wo er offenbar mit irgend­welchen aufrufenden Worten dazu beigetragen hat, dass jemand tätlich geworden ist, nämlich gewalttätig geworden ist, worauf es ja dann auch zur Anzeige kam. (Neuer­licher Beifall bei der FPÖ.)

Mit Gewalttätigkeit habe ich nie etwas zu tun gehabt! Das sage ich in aller Deutlichkeit: Ich habe in meinem ganzen Leben nie etwas mit Gewalttätigkeit, Verbrechen und Ähn­lichem zu tun gehabt! Das muss einfach festgehalten werden.

Wenn man heute solche Vergleiche hört, wie Sie sie, Herr Klubobmann Van der Bellen, heute hier angestellt haben, dann muss man schon auch die Ikone Ihrer Grün-Bewe­gung, Joschka Fischer in Erinnerung rufen. Es schreibt Christian Schmidt in seinem Buch „Wir sind die Wahnsinnigen – Joschka Fischer und seine Frankfurter Gang“ seine Erinnerungen nieder, wo nachzulesen ist, dass Aggressivität und Brutalität vorge­herrscht haben.

Weiters heißt es da – ich zitiere –:

„Eine Zeit lang gehörte auch Hans Joachim Klein, der später als RAF-Terrorist und Komplize des Terroristen Carlos traurige Berühmtheit erlangen sollte, zu diesen Stra­ßenkämpfern. Über die Kampfeinsätze der ‚Putzgruppe‘ berichtete Klein im Jahre 1978 stolz in dem Magazin ‚Der Spiegel‘: ‚Da haben wir hingehauen wie die Kesselflicker.‘“ 

Es gibt eine weitere Passage, die Folgendes beschreibt – ich zitiere –:

„Dann brannte plötzlich ein Polizeiwagen. Einem der beiden Insassen, dem 23jährigen Polizeiobermeister Jürgen Weber, gelang es nicht sofort, sich aus dem Auto zu be­freien. Schließlich zerrten ihn einige Kollegen vom Fahrersitz und wälzten ihn – so die Lokalpresse – ‚wie eine lebende Fackel‘ auf der Straße hin und her, um die Flammen zu ersticken. Am nächsten Tag stellte sich heraus, dass die Haut des jungen Polizisten


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zu 60 % verbrannt war. Der Polizist überlebte nur knapp und wurde für sein weiteres Leben zu einem Schwerversehrten.“ 

Dabei war „ein Mann mit Bart und Brille, aber ohne Beruf: ‚der 28jährige Josef Martin Fischer.‘“ – Dieser war, wie Christian Schmidt schreibt, damals auch ein Mitglied dieser „Putzgruppen“-Kämpfer.

Also kein ... (Abg. Dr. Brinek: Das reicht!) – Dass Ihnen das reicht, das verstehe ich.

Aber das reicht wirklich! Das ist genau der Punkt, wo man festhalten muss, dass es in den Reihen der Grünen Gewalttäter gibt, die nicht in irgendeiner jugendlichen, spie­lerischen Art irgendetwas gemacht haben, sondern als 28-jährige bewusst mit Gewalt zu tun gehabt haben, auch den politischen Mord nicht abgelehnt haben, das auch nie bereut haben. (Abg. Dr. Van der Bellen: Was? Sind Sie noch ganz ...?)

All das steht in diesem Buch, ist hier dokumentiert. All das wird hier festgehalten. Das wurde nie bereut, und man hat sich nie für diese Entwicklungen entschuldigt. Und das ist das Bedenkliche!

Ich sage in aller Deutlichkeit: Ich habe einen ganz klaren Trennstrich zu jedweder tota­litärer Gedankenrichtung gezogen. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich habe das – das ist dokumentierbar – seit meiner Zeit als Mandatar in allen diesen Fragen als leidenschaftlicher Demokrat gelebt. Und ich habe das in allen meinen Ta­ten, Handlungen, Worten auch dementsprechend festgehalten. Und genau das ist letztlich der Maßstab, objektiv und korrekt beurteilt zu werden – und nicht mit solchen miesen Untergriffen, Diffamierungen konfrontiert zu werden!

Ich sage in aller Deutlichkeit: Jeder – jeder! – der hier anwesenden Abgeordneten hat da eine Verantwortung – nämlich eine Verantwortung, nicht im Sinne des Schlagens von politischem Kleingeld solche tiefen Ebenen zu beschreiten und in dieser Art und Weise Agitation zu betreiben. Und genau das mahne ich ein!

Ich könnte noch viel erzählen. Ich könnte noch viele andere Dinge erzählen. Nein, es ist müßig, ich werde das nicht tun. Aber: Fairness, eine faire, korrekte Beurteilung – und genau das ist die gemeinsame Klammer, die uns alle verbindet –, die Ablehnung einer nationalsozialistischen Ideologie und deren Verbrechen.

Es wäre daher auch ratsam, diese Klammer nicht mutwillig mit Diffamierungen zu durchbrechen, denn das ist eine Klammer, die jeden Demokraten in dieser Republik umfasst und wo jeder Demokrat auch eine Verpflichtung hat.

Es war mir ein Anliegen, das in dieser Ernsthaftigkeit hier gesagt zu haben, weil ich leider Gottes bei vielen Wortmeldungen heute Dinge herausgehört habe, wo – ich sage das in dieser Deutlichkeit – nicht unbedingt in einer würdigen Art und Weise bei diesem Thema vorgegangen wurde.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, an diesen Maßstäben sind wir alle zu mes­sen, dass wir in dieser Art und Weise ... (Zwischenruf des Abg. Öllinger.)

Dass Ihnen unsere Politik nicht gefällt, ist schon klar. Aber wir machen eine Politik für österreichische Interessen, und wir werden diese Politik, die uns erfolgreich gemacht hat, weil die Österreicher uns Recht geben, selbstverständlich fortsetzen. Das ist eine ganz, ganz wichtige demokratische Aufgabe, die wir als soziale Österreich-Partei ha­ben. (Beifall bei der FPÖ.)

Dass Ihnen das nicht gefällt und dass Sie vielleicht am liebsten die FPÖ, ich weiß nicht, abschaffen, verbieten wollten, das verstehe ich schon aus Ihrer Sicht heraus. Nein, das hat nichts mit Demokratie zu tun!


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Wir sind als Freiheitliche Partei ein wichtiger demokratischer Faktor in diesem Land. Wir sprechen Probleme an, die andere Parteien nicht erkennen oder nicht erkennen wollen, oftmals auch schönreden. Das ist eine ganz, ganz wichtige Aufgabe, die wir da in unserer Heimat Österreich erfüllen. Und genau diese Aufgabe werden wir fortset­zen – auch wenn das natürlich so manchem politischen Mitbewerber nicht genehm sein mag, weil wir in den Umfragewerten wieder zugelegt haben und bei 14 Prozent lie­gen. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Öllinger.)

Ich verstehe schon, dass Sie aufgeregt sind, Herr Kollege Öllinger, wenn Sie merken, dass die Freiheitliche Partei in allen Umfragewerten wieder steigt und offenbar die Grü­nen in den letzten Wochen in den Umfragewerten gesunken sind. Dann beginnt man natürlich, ein bisschen nervös zu werden. Das ist schon verständlich.

Aber ich sage Ihnen: Dann sollten Sie vielleicht einmal über Ihre Politik nachdenken, diese etwas hinterfragen, wenn Sie in den Umfragewerten nicht weiter steigen, son­dern einen Rückschlag erleiden. Es wird ja einen Grund geben, warum die Bürger das so bewerten. (Abg. Öllinger: Danke für den Ratschlag!)

Ich sage Ihnen zum Schluss in aller Deutlichkeit: Wir werden unseren Weg politisch, der in der Freiheitlichen Partei sehr deutlich programmatisch festgelegt ist, konsequent fortsetzen. Dieser Weg ist ein Weg, dem bei der letzten Wahl 11 Prozent der Österrei­cher eine große Unterstützung gegeben haben. Und wir werden bei den kommenden Wahlauseinandersetzungen die Österreicher beurteilen lassen, wie sie unseren Weg bewerten und wie sie Ihren Weg bewerten.

Und das ist das Schöne an der Demokratie, dass es politisch inhaltliche Auseinander­setzungen gibt, die der Wähler zu bewerten hat und nicht Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren von den Grünen. (Beifall bei der FPÖ.)

17.20


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich habe eingangs der Debatte Herrn Klubob­mann Van der Bellen gerügt, nicht zur Sache gesprochen zu haben, das tue ich hiemit auch bei Ihnen, Herr Klubobmann Strache.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Fazekas. 4 Minuten Wunsch­redezeit. – Bitte.

 


17.20.42

Abgeordneter Hannes Fazekas (SPÖ): Geschätzte Frau Präsidentin! Geschätzte Mit­glieder und Vertreter der Bundesregierung! Hohes Haus! Herr Klubobmann Strache, ich nehme Ihre Worte, wenn sie auch mit einer gewissen Verzweiflung vorgetragen wurden, zur Kenntnis. Ich glaube aber nicht, dass das Thema geeignet ist, hier darauf hinzuweisen, politisches Kleingeld daraus schlagen zu wollen. Dafür ist dieses Thema viel zu ernst. Und es sind eben immer wieder diese kleinen Verniedlichungen dabei, wenn jetzt wieder das Thema Kriegerdenkmal angesprochen wurde, das doch andere Funktionen hat. (Zwischenruf des Abg. Kickl. – Abg. Dr. Fichtenbauer: Ein Denkmal des Ersten Weltkrieges!)

Aber nun zum Thema der heutigen Abstimmung über dieses Bundesministeriengesetz, geschätzte Damen und Herren. Es wurde im Regierungsübereinkommen der ÖVP und SPÖ, auch in der letzten Nationalratssitzung ausführlich behandelt und diskutiert; na­türlich ist die heutige Sitzung wieder dazu geneigt gewesen, dieses Thema intensiv zu besprechen. Aber im Bundesministeriengesetz findet sich nun einmal das Regierungs­programm wieder, um dieses auch technisch umsetzen zu können. Und das gibt mir auch wieder die Möglichkeit, hier sehr viel Positives hervorzuheben. Vor allem erachte ich es als besonders wichtig, darauf zu schauen, was drinnen ist und nicht, was drauf steht.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 124

So finde ich den Ansatz, die Frauenagenden in die Nähe des Bundeskanzlers zu rü­cken, als ein äußerst positives Zeichen, weil gerade dem Bundeskanzler die Frauen­politik ein ganz besonderes Anliegen ist und damit auch die Wichtigkeit zum Ausdruck gebracht wird. Ich erachte es für sinnvoll und höchst notwendig, Gender Mainstream eigens zu verankern. (Abg. Mag. Hakl: Mainstreaming!)

Ich halte es auch für ein gutes Ergebnis, dass Unterricht mit Kunst und Kultur gekop­pelt wird, weil ich davon überzeugt bin, dass es gerade im Bildungsbereich besser gelöst werden kann, den jungen Menschen Kultur und Kunst näher zu bringen.

ÖVP-Klubobmann Dr. Schüssel muss ich ein wenig widersprechen, denn, Herr Kol­lege, Sie sehen ja, durch die Ansiedlung der Pädagogischen Hochschulen im Unter­richtsministerium erfolgt eine Fortsetzung der Schulpolitik der letzten sieben Jahre beziehungsweise eine Beibehaltung des jetzigen Schulsystems. Dem ist jedoch nicht so, denn ich glaube nicht, dass Sie beziehungsweise die vorige Regierung, um nur zwei Punkte zu nennen, in der Vergangenheit realistische Modelle zur Senkung der KlassenschülerInnen-Höchstzahl oder zur vorbereitenden Schuleingangsphase im letz­ten Kindergartenjahr erarbeitet hätten.

Aber Ihre Partei hat vielleicht doch auch bei der SPÖ ein wenig Nachhilfe genommen. Es ist zumindest in unserem Übereinkommen ein wichtiger Schritt in diese Richtung gemacht worden. Aber das ist auch ein Hinweis auf unsere Konfliktkultur, die wir heute schon einmal angesprochen haben.

Kritik hat es daran gegeben, die Pädaks quasi in das Unterrichtsministerium zu geben. Den Umstand der engen Verknüpfung der Materien erkenne ich zum Beispiel im militä­rischen Bereich durch die Zugehörigkeit der Militärakademie zum Bundesministerium für Landesverteidigung und mit der Einrichtung der Sicherheitsakademie beim Innen­ressort. Auf Grund dieser Tatsache ist die Ansiedelung der Pädaks im Unterrichts­ministerium in keiner Weise als Abwertung gegenüber der Lehrerinnen- und Lehreraus­bildung an Universitäten zu sehen. Hier geht es primär um die Vernetzung vor Ort. (Abg. Scheibner: Das ist aber kein Vergleich!) Mit dieser Zusammenlegung werden automatisch bürokratische Hürden umgangen.

Ein wesentlicher Aspekt, der uns alle nachhaltig betreffen wird, ist der Aspekt der Si­cherheit verknüpft mit dem Sport, meine sehr geehrten Damen und Herren. Österreich steht vor einem der größten Ereignisse, das uns im Sport- und im Veranstaltungsbe­reich tangieren wird. Da ist es notwendig, an die Arbeit zu gehen und danach zu trachten, dass gerade beim Sport und bei der Sicherheit alles getan wird, um diese Veranstaltung hervorragend über die Bühne zu bringen. Wir haben nicht nur einen Sport-Staatssekretär im Bundeskanzleramt, sondern wir haben auch einen Sport-Bun­deskanzler. Und das ist gut, und das ist positiv so.

Abschließend möchte ich nochmals dazu aufrufen, darauf zu achten, meine sehr ge­ehrten Damen und Herren, was im Regierungsprogramm beziehungsweise in dieser Gesetzesänderung steckt und welche Türen sich dadurch öffnen werden. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

17.25


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordne­ter Brosz. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


17.25.38

Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frauen Staats­sekretärinnen! Bei diesem Tagesordnungspunkt hätte man noch einiges ansprechen können, unter anderem den bemerkenswerten Umstand, dass das Bildungsministerium in Zukunft nicht mehr Bildungsministerium heißen wird, dass das Wort „Bildung“ aus


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dem Bundesministeriengesetz entschwunden ist und wir jetzt von Unterrichtsministe­rium bei einem Ministerium sprechen, das eigentlich für die gesamte Bildung, de facto vom Kindergarten bis zur Erwachsenenbildung, zuständig sein soll – ein Umstand übri­gens, mit dem die Bildungsministerin, wie sie gerne heißen würde, Unterrichtsministe­rin Schmied alles andere als zufrieden ist.

Man hätte darüber reden können, dass die Pädagogischen Hochschulen als Hoch­schulen offenbar ein Etikettenschwindel waren, weil sie nicht im Wissenschaftsministe­rium landen, sondern jetzt im Unterrichtsministerium gelandet sind, obwohl man natür­lich die Frage stellen kann, wer denn da die bessere Politik machen wird.

Aber nach Ihrer vorherigen Erklärung, Herr Klubobmann Strache, möchte ich schon ein paar Dinge festhalten. Sie haben heute nach der Rede unseres Klubobmannes Van der Bellen eine tatsächliche Berichtigung abgegeben. (Abg. Dr. Graf: Nach Schüssel! – Abg. Strache: Nach Schüssel war das!) – Ja. Es war auch nach Van der Bellen, es war auch nach Schüssel. Korrekt.

Sie haben gesprochen, nachdem Herr Klubobmann Van der Bellen ziemlich ausführlich zitiert hat, welchen Stil diese Zeitung, den Sie gestern österreichischen Medien unter­stellt haben, gewählt hat. (Abg. Strache: Ich habe das einem Medium unterstellt!) Und Sie sind dann nach Briefing durch den Herrn Kollegen Graf offenbar, denn Sie waren ja bei der Rede von Herrn Van der Bellen gar nicht da, hier heruntergegangen und haben gesagt, dass Sie nicht die gesamtösterreichische Medienlandschaft mit dem „Stürmer“-Stil vergleichen, sondern ein Medium. (Abg. Strache: So ist es! Genau!)

Glauben Sie, das ist jetzt besser? Glauben Sie, das ist besser, wenn Sie einem Medi­um, einer österreichischen Tageszeitung, die Sie offenbar gemeint haben, einem Medi­enkonzern „Stürmer“-Stil an den Hals hängen? (Abg. Strache: Ich habe es in der Form zurückgenommen! Hören Sie nicht zu? – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) Wenn Sie hier nachher herausgehen und sagen, Sie haben das noch gar nicht gelesen, Herr Strache, das macht es nicht besser. (Abg. Lutz Weinzinger: Fünf Mal! – Abg. Strache: Haben Sie nicht zugehört, dass ich das zurückgenommen habe?)

Jede Erklärung, die Sie abgeben, macht die Sache eigentlich schlimmer und nicht bes­ser. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Graf: Lesen Sie den „Stürmer“ dauernd?)

Herr Strache, um das festzuhalten: Wenn Sie hier um sich schlagen, gestern Bilder vom ehemaligen Staatssekretär Finz in die Medien halten, wenn Sie dann versuchen, wenn ich das richtig mitbekommen habe, dem ehemaligen deutschen Außenminister Fischer vorzuhalten, selbst diese Gewalttaten verübt zu haben, was ja völlig absurd ist (Rufe bei der FPÖ: Nein, nein, nein!), ich meine, das muss man sich wirklich vorstellen, was Sie hier sagen, der sich nicht vom politischen Mord distanziere oder daran beteiligt sei, also ich weiß nicht, was Sie hier von sich geben. (Abg. Strache: Das ist bildlich dokumentiert! Das steht in seinem Buch!)

Herr Strache! Wir halten fest, es gibt von Ihnen Fotos, wo Sie mit dem deutschen Neo­nazi-Gruß gezeigt werden. (Abg. Dr. Aspöck: Das ist gar nicht wahr!) Sie können es im „profil“ gerne nachlesen, wo eine ganze Galerie von Neonazis da steht, genau mit dem gleichen Gruß, mit dem Sie abgebildet sind. (Ruf bei der FPÖ: Das ist ein Blöd­sinn!)

Wir halten außerdem fest: Es gibt am 8. Mai eine Veranstaltung, bei welcher der be­dingungslosen Kapitulation Nazideutschlands gedacht wird. Dort sind Sie Festredner. (Zwischenruf des Abg. Strache.) Das ist keine Abgrenzung vom Nationalsozialismus, das ist ein bewusstes Spiel mit Symbolen. Und was Sie hier machen, da sollten Sie wirklich überlegen, ob Sie noch reif sind, an diesem Platz zu sitzen. (Beifall bei den Grünen.  Abg. Strache: Wie ist Ihre Reife? Das sollten Sie sich überlegen!)

17.28



Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 126

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es ist dazu niemand mehr zu Wort gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Der Berichterstatter/die Berichterstatterin wünschen kein Schlusswort.

Wir gelangen daher zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Zunächst gelangen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend Bundesministe­riengesetz-Novelle 2007 samt Titel und Eingang in 22 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Ing. Westenthaler, Kolleginnen und Kollegen einen Zu­satzantrag eingebracht.

Weiters hat Herr Abgeordneter Ing. Westenthaler getrennte Abstimmung hinsichtlich des soeben erwähnten Zusatzantrages verlangt. Ich werde zunächst über den vom Zu­satzantrag sowie über den vom Verlangen auf getrennte Abstimmung betroffenen Teil und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwur­fes abstimmen lassen.

Wir kommen zur getrennten Abstimmung über den Zusatzantrag der Abgeordneten Ing. Westenthaler, Kolleginnen und Kollegen, der die Einfügung einer neuen Ziffer 24 zum Inhalt hat.

Bei Zustimmung ersuche ich um ein Zeichen der Bejahung. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Ge­setzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist ebenfalls mehrheitlich angenommen. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Mag. Muttonen, Morak, Kickl, Schalle, Kolleginnen und Kollegen betreffend Baukulturreport.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen. (E 9.)

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Sburny, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abänderung des Bundesminis­teriengesetzes 1986.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Dieser Entschließungsantrag ist somit abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Dr. Graf, Kolleginnen und Kollegen betreffend Begrenzung der Zahl der Bun­desminister und Staatssekretäre, Ernennung eines Staatssekretärs für Asyl- und Frem­denrechtsangelegenheiten und eines Staatssekretärs für Tourismus und mittelständi­sche Wirtschaft.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 127

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesverfas­sungsgesetz mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 23 der Beilagen.

Zum gegenständlichen Gesetzentwurf haben die Abgeordneten Ing. Westenthaler, Kol­leginnen und Kollegen einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag einge­bracht.

Weiters hat Herr Abgeordneter Ing. Westenthaler getrennte Abstimmung über die vom Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag umfassten Ziffern 1 bis 4, 5 sowie 6 ver­langt.

Schließlich haben die Abgeordneten Dr. Cap, Neugebauer, Dr. Fichtenbauer, Scheib­ner, Kolleginnen und Kollegen einen Zusatzantrag samt der dadurch bedingten Ände­rung der Ziffernbezeichnung eingebracht.

Ich werde zunächst über die von den erwähnten Zusatz- beziehungsweise Abände­rungsanträgen sowie dem Verlangen auf getrennte Abstimmung betroffenen Teile der Reihe nach und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Da es sich bei dem vorliegenden Gesetzentwurf um ein Bundesverfassungsgesetz handelt, stelle ich zunächst im Sinne des § 82 Absatz 2 Ziffer 1 der Geschäftsordnung die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehe­nen Anzahl der Abgeordneten fest.

Die Abgeordneten Ing. Westenthaler, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatz­antrag eingebracht, der die Einfügung neuer Ziffern 1 bis 4 zum Inhalt hat.

Jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, ersuche ich um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über den Zusatzantrag der Abgeordneten Dr. Cap, Neugebauer, Dr. Fichtenbauer, Scheibner, Kolleginnen und Kollegen betref­fend die Einfügung neuer Ziffern 1 bis 4.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung geben, um ein beja­hendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen. Ausdrücklich stelle ich auch hier die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Die Abgeordneten Ing. Westenthaler, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abände­rungsantrag betreffend Artikel 78 Absätze 2 und 3 samt der beantragten Ziffernbe­zeichnung 5 eingebracht.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiefür sind, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über Artikel 78 in der Fassung des Ausschuss­berichtes unter Berücksichtigung der beantragten Ziffernbezeichnung der Abgeordne­ten Dr. Cap, Neugebauer, Dr. Fichtenbauer, Scheibner, Kolleginnen und Kollegen.

Ich bitte jene Mitglieder des Hohen Hauses, die sich dafür aussprechen, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen. Ich stelle auch ausdrück­lich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über den Zusatzantrag der Abgeordneten Ing. Westenthaler, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Einfügung einer neuen Ziffer 6.

Jene Damen und Herren, die sich hiefür aussprechen, ersuche ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und abgelehnt.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 128

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussbe­richtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung erteilen, um ein bejahen­des Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen. Ich stelle auch hier ausdrücklich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist mehrheit­lich angenommen.

Ausdrücklich stelle ich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

17.35.363. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Herbert Scheibner, Kolleginnen und Kol­legen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Erbschafts- und Schenkungs­steuergesetz 1955 aufgehoben wird (34/A)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zum 3. Punkt der Tagesord­nung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Scheibner. Wunschredezeit: 5 Mi­nuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


17.36.07

Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ): Frau Präsidentin! Meine Damen und Her­ren! Sie werden sich sicher alle noch an die Debatte erinnern, die vor den letzten Nationalratswahlen über eine allfällige Steuerreform und einige Fachbereiche und Teil­bereiche daraus geführt worden ist. Auch von der SPÖ haben wir gehört: 500 € Entlas­tung für jeden Haushalt, Gesamtvolumina einer Steuerreform. Finanzminister Grasser hat sich damals für eine restlose Aufhebung der Erbschaftssteuer ausgesprochen. Das hat uns besonders gefreut, denn ein halbes Jahr davor, im Winter 2006, als wir das noch in der Koalition im Zuge eines weiteren Teiles einer steuerlichen Entlastung ge­fordert haben, hat er gesagt, mit mir nicht.

Das ist umfassend diskutiert worden. In der SPÖ hat es Stimmen dafür gegeben, etwa Landeshauptmann Niessl, es hat Stimmen dagegen gegeben, der jetzige Minister Darabos, und es hat Abgeordnete gegeben, die eine Zwischenstellung eingenommen haben, wie etwa der jetzige Staatssekretär Matznetter, der gesagt hat, keine gänzliche Aufhebung, aber zumindest eine Erbschaftssteuerfreiheit, also die Anhebung der Frei­beträge, für den Mittelstand und Kleine.

Ein bisschen ist da beim Kollegen Matznetter so der Klassenkampf durchgekommen, weil er gesagt hat, Großgrundbesitzer wie etwa Herr Prinzhorn sollten Erbschaftssteuer zahlen. Er vergisst dabei immer – und es war ja ein SPÖ-Finanzminister, der diese Möglichkeit geschaffen hat –, dass die wirklich Reichen in Österreich davon ausge­nommen sind, weil sie ihr Geld, ihr Vermögen in Stiftungen geparkt haben, und da gibt es keine Erbschaftssteuer. Aber das sind wieder die Unschärfen, die immer dann zu­tage kommen, wenn man sich zu sehr in Ideologien verstrickt.

Aus unserer Sicht, meine Damen und Herren, geht es darum, die Menschen von einer Steuerpflicht zu entlasten, die ganz einfach nicht erklärbar ist. Bei der Schenkungs-


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 129

und Erbschaftssteuer ist die Steuerpflicht nicht erklärbar, denn es handelt sich hiebei ausschließlich um schon versteuertes Vermögen. Wie dieses versteuerte Vermögen verwendet wird von jenem, der bereits Steuer bezahlt hat, das sollte ihm allein über­lassen bleiben. Da hat der Staat, da hat der Finanzminister seine Finger von diesem Vermögen, von diesen Vermögenswerten zu lassen.

Dass das besonders schwer zu erklären ist, zeigt sich jetzt daran, dass sich etwa der Verfassungsgerichtshof mit der Frage der Einheitswerte zu befassen hat, dass also dort, wo jemand sein Geld nicht bar im Sparstrumpf behält, sondern etwa in Immobilien investiert, andere Bemessungsgrundlagen gelten. Wenn er das Geld auf ein Sparbuch legt, dann ist die Steuerpflicht auch noch mit 25 Prozent abgedeckt, aber wenn er das Geld quasi in der Kassa hat und weitervererbt oder weiterschenkt, dann gibt es plötz­lich eine Steuerbelastung von bis zu 50 Prozent, je nachdem, in welchem Verwandt­schaftsgrad der Beschenkte oder der Erbbegünstigte zum Schenker oder Erblasser steht.

Das ist ganz einfach nicht erklärbar. So groß ist das Aufkommen mit 140 Millionen € im Jahr auch wieder nicht, dass man sagt, der Staat geht zugrunde, wenn er dieses zu­sätzliche Steueraufkommen nicht hat. Deshalb aus unserer Sicht, meine Damen und Herren: Wenn man ein faires, ein gerechtes Steuersystem schaffen möchte, wenn man auch das Verständnis der Bürger und gerade des leistungsbereiten Mittelstandes für ein Steuersystem, das notwendig ist, um auch das Sozialsystem zu finanzieren, stär­ken möchte, dann muss man ganz einfach diese Erbschaftssteuer und Schenkungs­steuer ersatzlos streichen. Sie ist ungerecht, sie ist nicht nachvollziehbar, sie ist un­nötig!

Vor diesem Hintergrund hoffe ich, dass Sie dann im Ausschuss und in der zweiten Lesung auch im Plenum dieser wichtigen Initiative nachkommen – vor allem indem Sie von der ÖVP, die ehemaligen Koalitionspartner, Ihrem ehemaligen Finanzminister fol­gen, der auch gesagt hat, dass diese Steuer ersatzlos zu streichen ist. Ich hoffe, wir finden hier in diesem Hohen Haus im Interesse der Steuerzahler eine Mehrheit. (Beifall beim BZÖ.)

17.40


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Krainer zu Wort. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


17.40.37

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Wahlkampf zumindest hat zunächst die ÖVP vorge­schlagen (Abg. Scheibner: Nein, nein, nein, ...!), die Erbschafts- und Schenkungs­steuer zu streichen. Das war einer der ganz wenigen Vorschläge, die es überhaupt von der ÖVP gegeben hat. (Abg. Lentsch: Bitte! Nicht schon wieder!) Ich glaube, wenn Sie heute auf der Straße jemanden fragen, ist es überhaupt der einzige, an den sich je­mand erinnert. (Abg. Lentsch: Wir sind in einer Koalition! Steig oba!) – Das BZÖ hat noch andere Ideen gehabt, abgesehen davon, aber die gehören nicht hierher.

Das, was mir einfach nur auffällt, ist, dass das anscheinend so ein typischer Versuch ist, auf die politische Vergesslichkeit zu spekulieren, denn jene Parteien, die im Wahl­kampf jetzt gefordert haben, die Erbschafts- und Schenkungssteuer abzuschaffen, sind genau jene Parteien, die 2001 durch die Veränderung der Einheitswerte beim Erben und beim Schenken für eine Verdreifachung dieser Steuer gesorgt haben! (Abg. Scheibner: Das stimmt ja auch nicht, ...!) – Sie waren damals Regierungsmitglied, also werden Sie dem im Ministerrat ja zugestimmt haben, Herr Scheibner!


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Das ist genau das, was Sie 2001 gemacht haben. Und das ist schon ein bisschen er­klärungsbedürftig, dass Sie vor sechs Jahren die Verdreifachung wollten (Abg. Scheib­ner: ... nachrechnen! ... Ihre eigenen Zahlen!), es verdreifacht haben – und heute wol­len Sie es abschaffen! Sie haben noch überhaupt nicht plausibel darlegen können, wie es zu diesem Sinneswandel kommt! Die einzige Darlegung, die ich bis jetzt kenne (Abg. Scheibner: Wo haben Sie das her? Hat Ihnen das der Herr Matznetter gesagt?), ist gerüchtehalber überliefert – den Wahrheitsgehalt kann ich nicht überprüfen, glaub­würdig klingt es allemal –, nämlich dass der ehemalige Finanzminister mit seinem ehe­maligen Kabinettchef auf einen Kaffee im Hotel Sacher war und sie ein bisschen so die Ereignisse der letzten Monate Revue passieren haben lassen, übers Heiraten, und sie haben halt dann ein bisschen (Abg. Lentsch: Waren Sie dabei? Haben Sie das gese­hen, oder behaupten Sie das nur?) – Sie können ja im Protokoll genau nachlesen, was ich diesbezüglich eingangs ausdrücklich gesagt habe – auch über die Zukunft sinniert. Und da ist ihnen aufgefallen: Um Gottes willen, es könnte sein, dass irgendwann ein­mal – hoffentlich ganz, ganz spät – Erbschaftssteuer fällig wäre!, und das wollen sie vielleicht doch nicht. (Ironische Heiterkeit der Abgeordneten Hornek und Mag. Don­nerbauer.)

Und – rums! – ändern wir einfach die politische Einstellung: Gestern haben wir es ver­dreifacht – heute wollen wir es abschaffen, damit wir morgen steuerfrei erben! – Das ist die Politik, die anscheinend hier verfolgt wird. Die ÖVP hat anscheinend in Ermange­lung eigener Ideen – wie gesagt, an andere kann sich kaum jemand erinnern – diese Idee aufgegriffen. (Ironische Heiterkeit des Abg. Scheibner.)

Unsere Position ist hier sehr einfach: Wir von der SPÖ sind der Meinung, dass für eine durchschnittliche oder auch für eine etwas überdurchschnittliche Erbschaft keine oder kaum eine Erbschaftssteuer anfallen soll. Wir sind auch der Meinung, dass Betriebs­übergaben oder Hofübergaben nicht an Regelungen der Erbschafts- und Schenkungs­steuer scheitern sollten. Über entsprechende Anpassungen zu reden sind wir gerne bereit, aber wir sind der Meinung, dass jemand, der quasi das Glück hatte, in eine sehr vermögende Familie hineingeboren zu werden oder in eine vermögende Familie hin­einzuheiraten (Abg. Mag. Donnerbauer: „Dem soll man es wegnehmen!“), einen klei­nen Teil dieses großen Glücks auch mit der Gesellschaft teilen kann, und das eben auch in Form der Erbschafts- oder Schenkungssteuer. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Scheibner: 50 Prozent – das ist Enteignung! Enteignung ist das!)

17.43


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Lentsch zu Wort. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete. (Abg. Großruck – in Richtung der sich zum Rednerpult begebenden Abg. Lentsch, auf Abg. Krainer wei­send –: Edeltraud! Sag ihm, dass er in einer Koalition ist! Vielleicht weiß er das noch nicht! – Abg. Lentsch: Du hast ihm’s eh schon gesagt!)

 


17.43.59

Abgeordnete Edeltraud Lentsch (ÖVP): Frau Präsidentin! Geschätzte Damen und Herren! Hohes Haus! Sehr geehrter Herr Kollege Scheibner, auch wir von der ÖVP denken permanent über die Abschaffung der Schenkungs- und Erbschaftssteuer nach, denn wenn jemand ein Sparbuch verschenkt, dann kann man davon ausgehen, dass das Ersparte schon zweimal versteuert wurde – zunächst muss man das Geld erst einmal verdienen, dann zahlt man auf die Zinsen KESt –, und die Erbschaftssteuer ist schlussendlich dann die dritte Steuer auf ein und dasselbe Sparbuch! (Abg. Krainer: ... Vermögen!)


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 131

Einige von uns werden denken: Das kann es ja wohl nicht sein! Weg damit! – Aber so einfach ist das nicht. (Abg. Krainer: Aber die KESt besteuert Vermögen nicht!) – Sie waren gerade am Rednerpult. Lassen Sie mich jetzt reden!

So einfach ist das nicht, denn es muss uns bewusst sein, dass wir nur sehr wenig Spielraum beim Budget haben. Und es geht uns hier nicht um die 140 Millionen €, es geht uns eigentlich um jede Million – aus dem einfachen Grund, weil wir den soliden Budgetkurs der letzten Jahre nicht verlassen wollen.

Und wir müssen natürlich auch klare Spielregeln für die Stiftungen schaffen, denn wir können steuerschonend geparkte Großvermögen eigentlich nicht mit dem Sparbuch einer Pensionistin vergleichen, sprich mit dem Sparbuch einer Großmutter, die dieses Sparbuch an ihre Enkelkinder weitergeben möchte.

Die Volkspartei hat sich daher immer für große Lösungen eingesetzt. Das gilt auch für die Erbschafts- und Schenkungssteuer. Und es wurde sicherlich schon andiskutiert, und Sie wissen auch davon, dass man diese Steuern dann in eine größere Steuer­reform einbinden wird. Das ist gut so.

Daher wird dieser Antrag des BZÖ dem Finanzausschuss zugewiesen. Dort werden wir diesen Antrag ausführlich diskutieren. Natürlich muss man sich auch anschauen, was das für Auswirkungen hat. Das ist gut so. Alles andere wäre nicht verantwortungsvoll. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Lutz Weinzinger.)

17.46


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Mag. Rossmann zu Wort. 3 Minuten Wunschredezeit. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


17.46.21

Abgeordneter Mag. Bruno Rossmann (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Zunächst zur Erinnerung: Steuern aufs Vermögen sind im internationalen Vergleich in Österreich sehr gering und in den letzten Jahren kontinuierlich gesunken. Österreich ist ja gemessen am Steueraufkommen bekanntlich das Schlusslicht unter den Staaten der Europäischen Union. Das heißt mit anderen Worten: Vermögende zahlen in Österreich deutlich weniger zum Gemeinwohl ein als in anderen Staaten. (Zwischenruf des Abg. Lutz Weinzinger.)

Nun zum Antrag des BZÖ: Herr Scheibner, Sie haben damit argumentiert, dass diese Steuer nicht erklärbar ist und haben das Argument der Doppelbelastung verwendet (Abg. Scheibner: Stimmt ja auch!), das im Übrigen auch jetzt von der Abgeordneten Lentsch noch einmal verwendet wurde. Ich hätte mir gedacht, dass dieses Argument seit der Einführung der Kapitalertragsteuer überwunden ist, denn damals, zu Kreiskys Zeiten, war die Diskussion um die Einführung der Zinsertragsteuer, und damals wurde schon argumentiert: Hier besteuern wir ja Versteuertes noch einmal! (Abg. Scheibner: Das sind ja nur die Zinsen, der Zuwachs!)

Frau Kollegin Lentsch! Wenn ich mir aus Erspartem ein Packerl Zigaretten in der Trafik kaufe, dann habe ich auch eine Mehrfachbesteuerung. Ihrer Argumentation folgend müsste ich auch die Tabaksteuer abschaffen, müsste ich die Mehrwertsteuer abschaf­fen, und gleich dazu die Kapitalertragsteuer! (Abg. Lentsch: Dieser Vergleich hinkt aber sehr! Das ist kein Vergleich!)

Wenn ich die Meinung vertrete – und das tue ich –, dass die Erbschaft die Leistungs­fähigkeit erhöht, und mich zum Leistungsfähigkeitsprinzip der Besteuerung bekenne, dann muss ich Ja sagen zur Erbschaftssteuer! (Abg. Mag. Donnerbauer: Das stimmt ja nicht! Das ist ja leistungsmindernd, die Erbschaftssteuer!)


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 132

Das ist nicht leistungsmindernd! Sie erhöht die Leistungsfähigkeit, und wir verfolgen in Österreich, denke ich, bei der Besteuerung von Einkommen das Leistungsfähigkeits­prinzip, und wir haben daher auch das Prinzip der Progression im Einkommensteuer­gesetz verankert.

Herr Kollege Scheibner! Sie sprechen von einem fairen und gerechten Steuersystem. (Abg. Scheibner: Genau!) Erklären Sie mir einmal, wie ein Steuersystem fair und ge­recht sein kann, das die Vermögenden in unserem Lande zunehmend weniger be­steuert! (Abg. Scheibner: Das ist doch Ihr Gesetz!) Es sind in der Vergangenheit schon viele Vermögensteuern abgeschafft worden – von der Vermögensteuer bis hin zur Börsenumsatzsteuer. Von den Privatstiftungen, die sozusagen eine Mezzie für die Reichen und Superreichen im Land sind, wollen wir ja gar nicht sprechen. (Abg. Scheibner: Das haben Sie eingeführt! Sie haben die Stiftungen eingeführt!) Und wenn, wie die Grünen, jemand der Meinung ist, dass wir eine Vermögenskonzentra­tion, eine weitere Vermögenskonzentration im Lande verhindern wollen, ein Steuersys­tem mit einer ausgewogenen Steuerstruktur haben wollen – Stichwort: Entlastung des Faktors Arbeit –, dann muss man wohl ein klares Bekenntnis zur Erbschaftssteuer ablegen! (Ironische Heiterkeit des Abg. Scheibner.)

Natürlich – ich gebe Ihnen Recht –, es herrscht Besteuerungswillkür in diesem System, weil das System gewachsen ist. Aber gerade deshalb, weil es eine Besteuerungswill­kür in diesem System gibt, ist eine grundlegende Reform der Erbschafts- und Schen­kungssteuer erforderlich. Und wenn ich heute von den Vertretern der SPÖ und der ÖVP ein Bekenntnis zur Erbschaftssteuer höre, so fehlt mir ein bisschen der Glaube, weil ich im Regierungsabkommen dazu rein gar nichts finde – es schweigt! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Krainer – zu dem auf seinen Sitzplatz zurückkehrenden Abg. Mag. Rossmann –: Eben – das ist doch eine Bestätigung dafür! Wenn was drinnen steht, ...!)

17.49


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Grad­auer zu Wort. 3 Minuten Wunschredezeit. (Abg. Gradauer – auf dem Weg zum Red­nerpult –: Vier, bitte!) Sie können auch 4 Minuten haben. – Bitte.

 


17.50.23

Abgeordneter Alois Gradauer (FPÖ): Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der neue Sozialminister Buchinger hat gestern in der Mittags-„ZiB“ die Einfüh­rung, oder Neueinführung, der Vermögensteuer gefordert. Vermögen über 500 000 € sollten, so meint er, mit 0,5 Prozent besteuert werden. – Ist das, Herr Minister, ein klas­senkämpferischer Rückfall, oder hat Ihnen Ihr Koalitionspartner die Geldquellen abge­dreht, dass Sie jetzt versuchen, neue Geldquellen zu erschließen?

Wir von den Freiheitlichen sagen auf jeden Fall: Das ist der falsche Weg! Nicht neue Steuern sollten wir einführen, sondern, wenn es möglich ist, Steuern reduzieren und unnütze Steuern abschaffen! Und vor allen Dingen sollten wir uns die Frage stellen: Wie kann denn im Staat sonst eingespart werden? – Wir reden immer nur von neuen Belastungen, aber wenn man den Ergebnissen des Konvents folgt, dann weiß man, dass es im Staat Österreich Einsparungspotentiale von jährlich 3 Milliarden € in der Verwaltung gibt: durch Abbau von Doppelgleisigkeiten (Abg. Mag. Rossmann: Sagen Sie uns einmal, wie das gehen soll!) – fragen Sie die Leute, die im Konvent gesessen sind!; dort sind sie –, Reduzierung von Verwaltungs- und Politposten, Vereinfachung in der Verwaltung et cetera. Und ich bin sehr gespannt, ob die große Koalition diese Dinge auch umsetzen können wird.

Nun aber zum vorliegenden Antrag. Der ehemalige Finanzminister Karl-Heinz Grasser hat im August des vorigen Jahres die Abschaffung der Erbschafts- und Schenkungs-


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steuer gefordert, und er sagte, der Aufwand zur Einhebung sei größer als der Erlös – so sein Wortlaut. Und ich bilde mir ein, dass auch die Damen und Herren von der SPÖ-Fraktion vor der Wahl Ähnliches haben anklingen lassen. Nachher sieht es natürlich wieder anders aus. Und auch der Steuerexperte Werner Doralt hat im Dezember da­von gesprochen, dass die Erbschaftssteuer vom Verfassungsgerichtshof gekippt wird, weil es 80 verschiedene Steuersätze gibt und die Höhe von den Dingen abhängt, die geschenkt oder vererbt werden: Es gibt zum Beispiel keine Steuer auf Sparbücher und auf Aktien, aber sehr wohl Steuer auf Bargeld, und wieder andere Sätze auf Grund­stücke und Immobilien!

Dieses Gesetz ist undurchsichtig, unklar und ungerecht, weil ja bereits besteuerte Ver­mögen nochmals besteuert werden. Auch der Präsident des Verfassungsgerichtshofes Korinek hat erwähnt, dass bei der Erbschaftssteuer vieles nicht zusammenpasst.

Die Abschaffung dieser Erbschafts- und Schenkungssteuer ist schon eine langjährige Forderung des Ringes Freiheitlicher Wirtschaftstreibender, dem ich angehöre, und besonders bei der Betriebsnachfolge innerhalb der Familie ist die Abschaffung dieser Steuern unabdingbar.

Die KMUs sind in Österreich Arbeitgeber Nummer eins – das ist bekannt. In den nächsten zehn Jahren werden zirka 60 000 Betriebe übergeben; davon sind auch 440 000 Arbeitsplätze betroffen. Oft müssen diese neuen Jungunternehmer Fremdmit­tel aufnehmen, um die Erbschaftssteuer bezahlen zu können. Die Folge ist schlechte Kreditwürdigkeit – denken Sie an Basel II –, miserable Kapitalstruktur und ein schlech­ter Start für Jungunternehmer. (Abg. Mag. Donnerbauer: Das will ja der Herr Ross­mann!)

Aus all diesen Gründen unterstützen wir von der Freiheitlichen Partei den vorliegenden Antrag. Nicht neue Steuern einführen, sondern ungerechte, unsinnige Steuern ab­schaffen – dafür stehen wir! (Beifall bei der FPÖ sowie bei Abgeordneten des BZÖ.)

17.54


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Schalle zu Wort. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


17.54.48

Abgeordneter Veit Schalle (BZÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Im Spätsommer des vergangenen Jahres freuten sich Herr und Frau Öster­reicher über die Ankündigung des damaligen Finanzministers, die Erbschafts- und Schenkungssteuer abschaffen zu wollen. Alle Medien berichteten darüber. Auch im Wahlkampf wurde ganz intensiv damit geworben – vonseiten des BZÖ aus dem Grund, weil die 1955 eingeführte Erbschaftssteuer sehr viele Ungerechtigkeiten in sich birgt. Ob Grasser die Abschaffung der Erbschaftssteuer nur deshalb angekündigt hat, weil sich auch der Verfassungsgerichtshof in puncto Einheitswertbemessung damit be­schäftigt hat, entzieht sich meiner Kenntnis. Und auch Herr Staatssekretär Matznetter ist in seiner Oppositionsfunktion als Budgetsprecher dafür eingetreten, zumindest die Kleinen nicht mit der Erbschaftssteuer zu belasten. – Zu meiner Überraschung findet sich im Regierungsprogramm nichts mehr darüber.

Jetzt kann ich auch Herrn Klubobmann Schüssel verstehen, der dem ehemaligen Finanzminister nachtrauert, aber ich kann ihn beruhigen: Herr Klubobmann, Sie haben ja uns, die wir Sie als ehemalige Regierungspartner Gott sei Dank an das erinnern, was Sie vor der Wahl versprochen haben, und das jetzt auch einfordern!

Da Sie, meine Damen und Herren von der ÖVP, ja nach wie vor den Finanzminister stellen, lösen Sie doch Ihr Wahlversprechen ein und handeln Sie – und das aus mehr­fachen Gründen! – Ich darf aus der „Presse“ vom 8. August 2006 zitieren:


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 134

„Rein praktisch gesehen gehört die Erbschaftssteuer längst abgeschafft.“ – Und der Verfasser dieses Leitartikels, Michael Prüller, meint weiters: „Für den mickrigen Ertrag von 140 Millionen Euro im Jahr (0,36 Prozent aller Steuern und Abgaben) sind Erben, Notare, Gerichte, Grundbuchsämter, Banken, Gutachter und zahllose Finanzbeamte mit komplizierten Verfahren beschäftigt, die laut Finanzminister mehr kosten als sie einbringen.“

Ich meine, der Herr Finanzminister und der Herr Staatssekretär müssten das genauso sehen.

Hinzu kommt, dass das Erbschaftssteuersystem ausgesprochen ungerecht geregelt ist. Auch Gelehrte und Experten, wie die Wirtschaftskammer Österreich berichtet, empfin­den die Erbschaftssteuer in der jetzigen Form als ungerecht.

Viele Ausnahmen, vor allem bei Stiftungen und Wertpapieren, haben sogar den Verfas­sungsgerichtshof wegen des Bruchs des Gleichheitsgrundsatzes beschäftigt. Im Ge­gensatz zum Erben eines Sparbuches, das ja erbschaftssteuerfrei ist, ist dies beim Erben von Häusern, Liegenschaften und Gewerbebetrieben nicht der Fall: Der Wert der Liegenschaft sowie der Verwandtschaftsgrad bestimmen hier die Erbschaftssteuer. Je höher der Wert des Hauses, der Liegenschaft oder des Betriebes, je weiter entfernt verwandt, desto höher ist die Erbschaftssteuer. Auf Erben kommen also massive Be­lastungen zu, und oft können Erbschaften gerade von Immobilien und Eigenheimen gar nicht im Sinne der Erblasser angenommen oder übernommen werden, da sich der Erbe oder die Erbin das Erbe nicht leisten kann, sofern nicht Bares auf Sparbuchbasis zur Verfügung steht.

Die Erbschaftssteuer schlägt auch bei den Erben eines Klein- und Mittelbetriebes hart zu. Wer etwa von der Tante einen Gewerbebetrieb erbt, der 1 Million € wert ist, muss etwa 400 000 € an Steuer dafür bezahlen. Will man mit einem mit einer solchen Sum­me belasteten Betrieb weitermachen, fordert das von jedem Einzelnen schon eine gewisse Risikobereitschaft, und in vielen Fällen steht die Existenz der Firma auf der Kippe.

Ich glaube, das können Sie nicht verantworten! Die Erbschaftssteuer trifft hier genau jene Schicht, die das Aufkommen einer Zwei-Klassen-Gesellschaft verhindert, nämlich den Mittelstand, der ja der Motor der Wirtschaft ist! Laut Aussage der Wirtschaftskam­mer stehen fast 30 Prozent Betriebsübergaben an die nächste Generation unmittelbar bevor – und das sind über 40 000 Betriebe, nur damit Sie einen Begriff davon haben.

Nur wenn Erben nicht zur Mehrfachbelastung wird, kann man sicher sein, dass auch ideelle Werte Fortbestand haben werden! – Danke. (Beifall beim BZÖ.)

17.59


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Ta­mandl zu Wort. Ebenfalls 3 Minuten Wunschredezeit. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


17.59.41

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolle­ginnen und Kollegen! Wenn ich meinen Vorrednern so zuhöre, dann glaube ich, dass so mancher irgendwie Äpfel mit Birnen vermischt hat. Die Kapitalertragsteuer mit der Erbschafts- und Schenkungssteuer zu vergleichen, das ist ja wohl nicht richtig, Herr Kollege Rossmann, denn normalerweise war es ja früher, bevor die Kapitalertragsteuer oder Zinsensteuer seinerzeit mit 10 Prozent eingeführt wurde, so, dass eigentlich jeder seine Zinsen bei der Einkommensteuererklärung bekannt geben musste.

Das heißt, das ist eine Erleichterung für den Steuerzahler gewesen, dann eine pau­schale Endbesteuerung, eine Kapitalertragsteuer oder eine Zinsensteuer zu machen.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 135

Aber bei der Erbschafts- und Schenkungssteuer handelt es sich ja um eine klassische Doppelbesteuerung im Inland, die natürlich ungerecht ist, und ich kann Ihnen sagen, ich selbst bin auch für die Abschaffung der Erbschafts- und Schenkungssteuer.

Nur gebe ich Ihnen schon zu bedenken – all jenen Vorrednern, die gemeint haben, im Regierungsprogramm ist darüber überhaupt nichts zu finden –: Wenn Sie sich das Kapitel Finanzen ansehen, werden Sie sehen, dass sich die Bundesregierung zu einer Steuerentlastung beziehungsweise zu einer Steuerreform in dieser Legislaturperiode bekennt. Das heißt, zum gegebenen Zeitpunkt, wenn das Budget es zulässt bezie­hungsweise wenn hinreichend große Konzepte für eine Steuerreform vorliegen, wird man sich Gedanken darüber machen, wann der richtige Zeitpunkt für eine Steuerre­form sein wird.

Ich glaube, dass wir jetzt nicht beginnen sollten, da und dort zu drehen, sondern ich glaube, wir sollten uns wirklich auf ein Gesamtkonzept einigen. Wir haben ja in den nächsten Monaten auch das Budget zu beschließen. Ich glaube, wir sollten selbstver­ständlich auch im Finanzausschuss über den Antrag beraten, wir sollten alle Für und Wider abwägen, weil es natürlich Ungerechtigkeiten gibt, bei im Familienverband ver­erbten oder verschenkten Einfamilienhäusern genauso wie bei kleinen Vermögen im Familienverband beziehungsweise natürlich auch im Sektor der Klein- und Mittelbe­triebe, was die Betriebsübergaben in den Familien betrifft.

Aber ich fürchte, dass, würden wir sagen: Das machen wir, wir schaffen die Erbschafts- und Schenkungssteuer jetzt sofort ab!, wir wieder auf einer anderen Seite aufmachen müssten und sagen müssten: Jetzt machen wir wieder diese und jene Steuer, die verändern wir, oder die schaffen wir ab.

Das heißt: Warten wir ab, was uns eine Steuerreform bringt! Ich bin da ganz zuver­sichtlich, dass unser Finanzminister Molterer den erfolgreichen Kurs weitergehen wird. Wir haben ja schon bei der letzten Steuerreform gezeigt, dass wir einige Bagatellsteu­ern abgeschafft haben. Ich werde mich auch in meiner Fraktion thematisch einbringen und bin überzeugt davon, dass wir eine gute und sinnvolle Steuerentlastung durchfüh­ren und ein modernes Steuersystem für alle Österreicherinnen und Österreicher schaf­fen können. (Beifall bei der ÖVP.)

18.02


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Praßl zu Wort. 3 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.

 


18.03.11

Abgeordneter Michael Praßl (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Antrag der Abgeordneten Scheibner, Kol­leginnen und Kollegen auf Abschaffung des Erbschafts- und Schenkungssteuergeset­zes ist auf der einen Seite zielführend, auf der anderen Seite sollte man sich das auch genauestens überlegen.

Sie sagen, diese Steuer gehört abgeschafft, denn sie belaste den Übergang der Ver­mögen zwischen den Generationen, sie belaste auch entsprechende Übernahmen von Firmen. Ich meine dazu, dass man sich das sehr wohl überlegen sollte, denn es han­delt sich hier um eine Gesamtsumme von etwa 140 Millionen €.

Ich glaube auch, dass im Regierungsprogramm festgeschrieben ist, dass wir in Form von Steuerentlastungen solche Maßnahmen treffen werden, und ich bin davon über­zeugt und hoffe, dass der neue Vizekanzler und Finanzminister Mag. Wilhelm Molterer diesen intensiven Kurs der Steuerentlastung weiter fortsetzen wird – im Sinne der ös­terreichischen Bevölkerung. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

18.04



Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 136

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun kommt Herr Abgeordneter Zweytick zu Wort. Es wird eine Redezeit von 3 Minuten gewünscht. – Bitte, Herr Abgeordneter Zweytick.

 


18.04.48

Abgeordneter Johannes Zweytick (ÖVP): Frau Präsidentin! Geschätzte Damen und Herren! Von meinen Vorrednern wurde schon viel Wichtiges und Richtiges zum Thema Erbschafts- und Vermögenssteuer gesagt, und ich erkenne, alle Beiträge zusammen­fassend, doch Bewegung in jeder Fraktion dieses Hohen Hauses dahin gehend, dass erkannt wird, dass dieses Gesetz, das vor über 60 Jahren in diesem Land eingeführt wurde, längst nicht mehr zeitgemäß ist und dass hier etwas repariert werden müsste, weil viele Dinge nicht mehr übereinstimmen.

Noch dazu stellt uns der Verfassungsgerichtshof hier im Hinblick auf den Gleichheits­grundsatz mehr oder weniger die Rute ins Fenster. Das gibt eigentlich dem recht, was auch die vielen Abgeordneten hier schon in unterschiedlicher Weise dargelegt haben.

Es ist ohne Zweifel ein kompliziertes, aufwendiges Verfahren, es entstehen hohe Kos­ten im Verwaltungsbereich. Es wird von vielen als Nachteil angesehen, vor allem von Arbeitgebern, von Unternehmern. Es wurden hier schon die KMUs angesprochen, die kleinen Betriebe, die Familienbetriebe, und besonders wirkt es sich natürlich auch im bäuerlichen Bereich aus, im so wichtigen ländlichen Raum, wo über Jahrhunderte die Höfe vererbt wurden und werden, und gerade da, bei den Klein- und Mittelbetrieben, aber auch bei den gewerblichen Kleinbetrieben sind die Mittel nicht in dem Maße vor­handen, wie wir es natürlich gerne hätten.

Ich denke, dass es hier zu einer starken Entlastung kommen müsste, weil es hier ja auch um Arbeitsplätze geht. Es ist im Sinne aller, dass diese Betriebe weitergeführt werden und der Arbeitsplatz Bauernhof oder das kleine Unternehmen, Familienunter­nehmen, erhalten bleibt. Gerade im ländlichen Raum, dort, wo, wie ich meine, künftig die Energiewirte schlechthin des Landes tätig sein werden – umwelttechnisch, energie­politisch –, würden mehr Mittel frei, um auch hier entsprechend zu investieren. Hier sehe ich eine große Chance, besonders in der Produktion erneuerbarer Energie für den Umweltbereich.

Man muss diesen Menschen neue Chancen geben, man soll diese Menschen nicht belasten, sondern entlasten. Das ist, glaube ich, ein Gebot der Stunde, für das wir, alle 183 Abgeordneten hier, letztlich auch von den Menschen in diesem Land gewählt wur­den.

Wir sind, glaube ich, auf einem guten Weg. Es wird noch einige Monate dauern, weil auch, wie meine Kollegin gesagt hat, der Zeitpunkt für eine Steuerreform „passen“ muss und eine solche Reform leistbar sein muss. Dann werden wir, glaube ich, auch dem Land und den Menschen in diesem Land einen großen Dienst erweisen. Ich bin sehr zuversichtlich. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

18.07


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet.

Die Debatte ist geschlossen.

Ich weise den Antrag 34/A dem Finanzausschuss zu.

18.07.424. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kol­leginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Landwirt-


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schaftsgesetz 1992, BGBl. Nr. 375, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. 298/1995 und das BG BGBl. 420/1996, geändert wird (22/A)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zum 4. Punkt der Tagesordnung.

Als Erster zu Wort kommt der Antragsteller. Herr Abgeordneter, die von Ihnen ge­wünschte Redezeit beträgt 4 Minuten. – Bitte.

 


18.08.25

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Im vorliegenden Initiativantrag geht es darum, den biologischen Landbau zum agrarökologischen Leitbild zu entwickeln, weiterzuentwickeln, und damit Chancen für die Zukunft zu nutzen, indem man den biologischen Landbau auch im Landwirtschaftsgesetz als Perspektive, als Vision, als Chance, als Zukunftsorientierung festschreibt. – Das ist der eine Teil dieses Initiativantrages.

Der zweite Teil ist: Damit diese Perspektive abgesichert wird – Kollege Eßl, Sie haben ja inzwischen schon 40 Prozent Bio-Landbau in Salzburg; gute Voraussetzungen! –, ist die Verwendung von gentechnikfreiem Saatgut – das ist die Basis des biologischen Landbaus – abzusichern.

Das ist die große Chance für die bäuerliche Saatgut-Erzeugung in Österreich: Die Saatbau Linz und Saatbau Donau und die Verbindung der Saatbau-Initiativen auch im bäuerlichen und kleinbäuerlichen Bereich – dies ist die große Zukunftschance für die österreichische Landwirtschaft, sich hier offensiv zu positionieren.

Ich verweise darauf, dass im Regierungsprogramm von SPÖ und ÖVP leider nur ein kurzer Satz zum Bio-Landbau vorkommt, nämlich: Der Bio-Landbau soll weiter ausge­baut werden. (Abg. Sieber: Ja!) – Positiv, Kollege Sieber, natürlich ausgebaut, aber es wäre notwendig gewesen, auch die Maßnahmen, die Elemente einer solchen Politik kenntlich zu machen – und das ginge jetzt an den Agrarsprecher der SPÖ, der leider nicht da ist, an Kollegen Kurt Gaßner. Da ist jetzt die Chance gegeben, mit diesem Initiativantrag, die Zukunft auch konkret in ein Gesetz zu schreiben, die Perspektive anzugehen.

Schreiben wir es hinein, Kollege Wimmer! Entwickeln wir im Agrarausschuss eine Per­spektive, die wir gemeinsam tragen! Das ist mein Angebot wirklich an alle Fraktionen, auch an Kollegen Klement von der FPÖ. Ich glaube, das ist die Herausforderung, bei solch wichtigen Themen wie Gentechnikfreiheit und biologischer Landbau gemeinsam zu ziehen und in diesen Sachthemen auch die Allianzen zu suchen.

Und wenn Sie mit dem einen oder anderen Textvorschlag nicht einverstanden sind: Ich bin bereit, darüber im Ausschuss zu diskutieren. Reden wir darüber! Warum? – Weil das ja die Herausforderung ist, weil Bio-Landbau nicht nur gesunde Ernährung, ge­sunde Lebensmittel bedeutet, sondern auch Zukunftschancen für die bäuerliche Land­wirtschaft in Österreich bedeutet, bedeutet, die Märkte auch wirklich zu bedienen. Kol­lege Eßl, wir wissen es beide. (Abg. Eßl: Das können wir auch so machen!) – Das kön­nen wir auch so machen: Das ist, würde ich sagen, eine falsche Bescheidenheit. Das ist eine falsche Bescheidenheit, Kollege Eßl, weil wir vor der Herausforderung stehen, die Landwirtschaft des 21. Jahrhunderts klar zu sehen, und das ist der biologische Landbau.

Und da komme ich auf die internationale Perspektive. Das ist nicht nur eine Frage der Bergbauern, der Kleinbauern in Österreich, sondern das ist die Herausforderung im globalen Wettbewerb, im globalen Entwicklungsszenario. (Zwischenruf des Abg. Sie­ber.) Ja natürlich, Kollege Sieber, weil die Herausforderung heißt, den Hunger weltweit zu reduzieren. Und der biologische Landbau ist eine kreislauforientierte Landwirtschaft, die auch eine Chance für die Entwicklungsländer darstellt. In Afrika, in Südamerika, in


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Australien, wo Sie hinsehen, auf den Philippinen, in Indien, ja in ganz Asien – überall gibt es die biologischen Landbau-Bewegungen, und das sind unsere Freunde, das sind unsere Partnerinnen und Partner.

Und diese landwirtschaftliche Praxis ist ein Beitrag zum aktiven Klimaschutz, weil die Bio-Landwirtschaft den Humus – das ist das Wertvolle im Boden und gleichzeitig der CO2-Speicher – aufbaut, vermehrt und die Bodenfruchtbarkeit, die Basis der Ernährung des 21. Jahrhunderts, sicherstellt. Das ist eine ganz klare Orientierung, das ist die poli­tische Ausrichtung unseres Antrages.

Es gibt enorm viele Lippenbekenntnisse unseres – nicht anwesenden – Landwirt­schaftsministers dazu. Ich bestreite auch nicht, dass es die eine oder andere gute Maßnahme gab in der letzten Periode; überhaupt keine Frage. (Abg. Jakob Auer, der gerade den Saal betreten hat und sich zu seinem Platz begibt: Viele! Viele gute!) Kol­lege Auer, Sie kommen zu spät – außer Sie wollen im Ausschuss unserem Antrag bei­treten oder sich aktiv an dieser Debatte beteiligen. (Abg. Jakob Auer: In der Agrarpoli­tik ist der Pirklhuber immer zu spät dran!) Ich lade Sie entschieden dazu ein, und ich würde es wirklich als eine Wertschätzung auch der Opposition empfinden, wenn genau das, was angekündigt wurde, nämlich die Argumente der Opposition ernst zu nehmen, auch an diesem Beispiel umgesetzt wird und das auch wirklich gelebt wird.

Kollege Wimmer, das wäre eine große Chance, und daher mein Appell auch an die SPÖ gerichtet: Ich hoffen, dass wir wirklich zu einem konkreten Diskurs kommen.

Und mein Appell an Sie, Kollege Auer: Im ersten Landwirtschaftsausschuss sollte – und ich ersuche Sie wirklich darum – dieser Antrag auf der Tagesordnung sein, damit wir eine Vorgangsweise absprechen können. Ich bin bereit, was immer Sie dann vor­schlagen, eine entsprechende gemeinsame Vorgangsweise zu finden. Aber wir sollten ernsthaft über diesen Antrag diskutieren. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

18.13


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Wimmer. Gewünschte Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


18.13.48

Abgeordneter Rainer Wimmer (SPÖ): Frau Präsidentin! Meine sehr geschätzten Kol­leginnen! Liebe Kollegen! Kollege Pirklhuber, ich habe festgestellt, dass du das Regie­rungsübereinkommen nicht ganz genau durchgelesen hast. Sonst würdest du nämlich feststellen, dass sehr viele Dinge, die du jetzt angesprochen hast, wahrscheinlich einer Lösung zugeführt werden. (Abg. Sburny: Vielleicht!)

Ich glaube, meine Damen und Herren, dass der Vorschlag nicht schlecht ist, dass die Überlegungen, die Intentionen, die diesem Antrag zugrunde gelegt sind, grundsätzlich richtig und vernünftig sind. Aber vielleicht doch noch ein paar Fakten dazu – und gera­de du hast es ja schon angesprochen –: Österreich kann sich auch in diesem Zusam­menhang sehen lassen. Österreich hat einen der höchsten Anteile von Bio-Landwirt­schaftsbetrieben im gesamten europäischen Raum. Wir sind hier fast Spitzenreiter, wir liegen hier im europäischen Spitzenfeld, und das ist gut so.

Bio-Landbau hat für uns Sozialdemokraten – das weißt ja du ganz besonders – immer schon einen hohen Stellenwert gehabt, weil es natürlich darum geht, vor allem auch unser Grundwasser besser zu schützen als bisher. Wir kennen ja die Probleme, wir kennen ja die Problemregionen, wo Trinkwasser leider nicht mehr immer in ausreichen­der Qualität zur Verfügung gestellt werden kann. Wir kennen das Problem des Arten­schutzes – auch das ist bereits angesprochen worden –, und wir kennen natürlich auch das Problem der artgerechten Tierhaltung.


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Es stimmt natürlich, dass gerade biologischer Landbau hier große Hilfestellung geben kann. Daher war es für uns ganz besonders wichtig, im Regierungsprogramm im Be­reich Landwirtschaft besondere Schwerpunkte zu setzen. Ich als sozialdemokratischer Abgeordneter habe mich natürlich ganz besonders gefreut, als vorhin die Regierungs­fraktionen SPÖ und ÖVP ein klares Bekenntnis dazu abgegeben haben, den erfolgrei­chen Weg unserer Bio-Betriebe weiterzugehen und weiter mit aller Kraft zu unterstüt­zen.

Ein weiterer Punkt, der sehr wichtig ist in der zukünftigen Landwirtschaftspolitik, ist die Absicherung der Gentechnikfreiheit. Hier gibt es, glaube ich, drei Punkte, die wirklich zu beachten sind: Es geht um die Verteidigung der nationalen Verbotsordnungen, es geht um die Schaffung von funktionierenden Koexistenzregelungen, und es geht um die Absicht der Bundesregierung, die Bundesländer zu unterstützen, wenn freiwillig gentechnikfreie Regionen geschaffen werden.

Das heißt, wesentliche Teile dieses deines Antrages, lieber Kollege Pirklhuber, sind im Regierungsprogramm vorgesehen und werden auch umgesetzt. Dein Antrag wird in Wirklichkeit durch das Regierungsprogramm erledigt. Du hättest jetzt die Möglichkeit, ihn zurückzuziehen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Sburny: Das ist „regieren neu“!)

18.16


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordne­ter Prinz. 3 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.

 


18.16.47

Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es gibt keinen Anlass, wie im vorliegenden Antrag gefordert, das Landwirtschaftsgesetz zu ändern. Österreich ist nach wie vor Bio-Land Nummer eins in Europa!

Der aktuelle Grüne Bericht zeigt, dass gut 20 000 Betriebe rund 361 000 Hektar bio­logisch bewirtschaften. Das entspricht 15 Prozent der Gesamtfläche. Im Vergleich zu Europa liegt Österreich hier sehr weit vorne, ja sogar einsam an der Spitze. In Europa werden rund 4 Prozent der Fläche biologisch bewirtschaftet.

Mit dem Grünen Pakt, der eine nachhaltige und ökologisch orientierte Landwirtschaft garantiert, bekennt sich Österreich zu einer qualitätsorientierten Lebensmittel- und Agrarpolitik. Dass österreichische Lebensmittel, unabhängig davon, ob biologisch oder konventionell produziert, sehr hohes internationales Ansehen genießen, beweist das rege Interesse für unsere Produkte bei der letzten Grünen Woche in Berlin.

Zudem kann Österreich mit einem Plus von 10 Prozent im Jahr 2006 eine positive Agrarhandelsbilanz aufweisen.

Österreich ist eine der letzten Bastionen der Gentechnikfreiheit. (Abg. Dr. Pirklhuber: Nein, nein! Das stimmt nicht!) Der von Bundesminister Josef Pröll eingeleitete Diskus­sionsprozess während der österreichischen Ratspräsidentschaft hat zum Beispiel mit der in dieser Zeit abgehaltenen GVU-Konferenz gezeigt, wie wichtig das Thema Gen­technikfreiheit für die österreichische Landwirtschaft ist. Ein Großteil der Landwirte, aber auch die Konsumenten treten für gentechnikfreie Produkte ein. Besonders Ober­österreich, das zusammen mit der Toskana das Europäische Netzwerk gentechnik­freier Regionen ins Leben gerufen hat, sieht sich hier in einer Vorreiterrolle. Gemein­sam mit 40 anderen europäischen Regionen aus ganz Europa setzt sich das Netzwerk für das Recht der Regionen ein, gentechnikfreie Zonen zu erklären.

Dass dieser Weg ein steiniger ist, zeigen die Klagen und Verhandlungen beim Europäi­schen Gerichtshof. Dass er aber richtig ist, zeigt der Wille der Konsumenten zu gen­technikfreien Agrarprodukten und Lebensmitteln.


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Diese Bundesregierung hat sich in ihrem Regierungsübereinkommen für eine Verteidi­gung der nationalen Verbotsverordnungen ausgesprochen und tritt auf europäischer Ebene für eine funktionierende Koexistenzregelung ein. Die Wahlfreiheit und damit die Gentechnikfreiheit für biologisch, aber auch für konventionell bewirtschaftende Betriebe sowie für die Konsumenten muss auch in Zukunft gewährleistet werden. (Beifall bei der ÖVP.)

18.19



Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 141

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordne­ter Dipl.-Ing. Klement. Es wird ebenfalls eine Redezeit von 3 Minuten gewünscht. Ich mache darauf aufmerksam, dass der freiheitliche Klub insgesamt noch 8 Minuten Rest­redezeit hat. – Bitte.

 


18.19.37

Abgeordneter Dipl.-Ing. Karlheinz Klement, MAS (FPÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Zur Faktenlage der österreichischen Landwirtschaft: 1995 hatten wir 236 000 Betriebe, 2005 189 000; das bedeutet ein Minus von 47 000 Betrieben in zehn Jahren. Das heißt: Jeden Tag sterben in Österreich 15 Betriebe – jeden Tag!

Dadurch bedingt haben wir einen Abgang von 92 000 Arbeitskräften in der heimischen Landwirtschaft. Das ist ein Faktum, das ist festzuhalten, und hier zieht Schönfärberei nicht mehr. Was hier in Österreich passiert, ist eine Katastrophe, nicht nur für die Land­wirtschaft, sondern auch eine Katastrophe für alle damit verbundenen Bereiche, für die ländliche Kultur und auch für den Fremdenverkehr. (Abg. Parnigoni: Karikieren Sie ...! – Abg. Eder: Richtig!) Und stirbt der Bauer, stirbt das Land – nicht nur in Öster­reich, sondern in der gesamten Europäischen Union!

Nun stellen wir fest, liebe Kollegen von Rot und Schwarz, dass wir noch dazu bei der Förderquote aus dem Grünen Pakt ein Minus von 30 Prozent bei den Bio-Bauern ha­ben: bisher 114 Millionen, jetzt 80 Millionen. (Abg. Parnigoni: Schwarz-Blau/Orange war das in den letzten sieben Jahren!) Eine derart radikale Kürzung ist das falsche Sig­nal und wird dazu führen, dass auch weiterhin Biobauern ihren Betrieb aufgeben müs­sen. Dazu kommt der Förderdschungel, den uns die EU vorgibt und der für kleine Landwirtschaften eine beinahe unüberwindbare Hürde darstellt.

Die EU ist mit dieser Landwirtschaftspolitik gescheitert! Wir fordern eine Renationalisie­rung, mit anderen Worten: eine Entflechtung des Förderwirrwarrs. (Abg. Dr. Pirklhu­ber: Das ist falsch! Alles andere war bisher richtig!) Wie kann das geschehen? – Unter anderem mit der Schaffung eines Sockelförderbetrages für alle landwirtschaftlichen Be­triebe, unabhängig von der Betriebsgröße, um so auch die Arbeitsplätze in der Land­wirtschaft zu fördern.

Nun zur Gentechnik: Kollege Pirklhuber, danke für diese Ideen! Natürlich ist die Gen­technik völlig gegensätzlich zum Bioland Österreich. Bitte erklären Sie mir, wie eine Koexistenz zwischen dem Bioland Österreich und der Gentechnik möglich sein soll. Das ist wohl nur eine Illusion; eine Koexistenz ist nicht möglich! Wie wollen Sie verhin­dern, dass Pollen von Gentechnikpflanzen vom Wind zum Nachbarfeld des Biobaus getrieben werden? Oder wie wollen Sie einer Biene erklären, dass sie nicht auf ein Gentechnikfeld gehen soll?

Eine Koexistenz ist nicht möglich. Wir müssen also schauen, dass wir die Gentechnik verhindern. Lieber Kollege, ich werde natürlich alles tun, diesen Antrag von dir zu un­terstützen. Bewahren wir unsere Landwirtschaft vor dem Zugriff der Gentechnikkon­zerne, treten wir ein für freie Bauern und ein freies Land! (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Schalle.)

18.22


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordne­ter Schalle. 3 Minuten Redezeit sind gewünscht. (Abg. Jakob Auer: Jetzt wird es span­nend!)

 


18.22.16

Abgeordneter Veit Schalle (BZÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kollegen! Alle, die mich kennen (Abg. Dr. Pirklhuber: Jetzt bin ich neugierig!), müssten eigent­lich wissen, dass mir der biologische Landbau sehr am Herzen liegt. Ich bin ganz, ganz stolz darauf, dass wir in Österreich zurzeit mit 15 Prozent Europa-Spitze sind. Daran war ich ganz sicher nicht unbeteiligt, das können Sie mir abnehmen. Ohne mich und den Billa-Konzern wären wir heute nicht so weit, und wir haben da viel Geld in die Hand genommen, um das weiterzuentwickeln. (Abg. Prinz: Das ist richtig!)

Zu Ihrem Antrag, Herr Pirklhuber, ist aber festzuhalten, dass dies nicht zuungunsten des kommerziellen Landbaus gehen kann. (Abg. Dr. Pirklhuber: Steht aber nicht in dem Antrag!) Ich gebe nur zu bedenken, dass aus wirtschaftlicher Sicht laut Studien ein genereller biologischer Landbau zu einer Verringerung der Mengen und dadurch zu für den Konsumenten ungünstigen Preisen führen würde. (Abg. Dr. Pirklhuber: ... nicht drin!)

Ich nehme nur ein Beispiel dafür, wie bei der Tierhaltung ganz klar wird, dass man auf den kommerziellen Landbau nicht verzichten kann: Wir haben jetzt schon zu wenig Geflügel, wir kommen nicht durch.

Ich bin ganz bei Ihnen: Wenn es nach mir ginge, hätte ich am liebsten ganz Österreich biologisch. Darüber brauchen wir nicht zu reden, aber das wird nicht machbar sein; da müssen wir die Landwirtschaft noch sehr, sehr stark überzeugen. Ich glaube, das wer­den wir nicht schaffen. Aber ich glaube, es gibt einen Mittelweg, sowohl für die bio­logische als auch für die kommerzielle, normale Landwirtschaft.

Meine Damen und Herren! Was die Gentechnik betrifft: Ich weiß nicht, ob Sie die
Filme darüber gesehen haben, was sich in Mittelamerika mit gentechnikveränder-
ten Pflanzen abspielt. Dort wird der größte Teil der Bauernschaft in den Ruin getrie-
ben! Die haben keine Überlebenschance, die sind abhängig von Großbetrieben. Ich denke, das ist nicht der Weg, den wir in Österreich gehen dürfen! (Demonstrativer Beifall des Abg. Jakob Auer.)

Hier bin ich ganz bei Ihnen: Wir müssen alles tun – bevor wir nicht wissen, wohin sich die Gentechnik entwickelt –, um auf Gentechnik in Österreich zu verzichten! (Abg. Dr. Pirklhuber: Richtig! Überzeugen wir noch die SPÖ ...!) – Das war’s schon. Danke. (Beifall bei BZÖ und FPÖ.)

18.24


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Sieber. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

 


18.24.55

Abgeordneter Norbert Sieber (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Geschätzter Herr Pirklhuber, Sie haben davon gesprochen, dass wir Be­schlüsse fassen müssen, die wir alle gemeinsam tragen können. – Die Beschlüsse, die wir hier herinnen fassen, haben einzig und allein die Bäuerinnen und Bauern zu tragen! (Abg. Dr. Pirklhuber: Nein, die Beschlüsse ...!)

Herr Pirklhuber, Sie haben auch davon geredet, dass wir dafür sorgen müssen, dass die fruchtbaren Böden für das 21. Jahrhundert erhalten bleiben. – Die Bäuerinnen und Bauern in diesem Land sorgen seit Jahrhunderten mit ihrer Arbeit, die von einem ge­sunden Hausverstand getragen wurde, dafür, dass die Böden in Österreich hervorra-


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gend sind und die Menschen genug zu essen haben. (Beifall und Bravoruf bei der ÖVP.)

Zu Ihrem Antrag, Herr Pirklhuber, kann ich Ihnen nur empfehlen: Sehen Sie sich die Politik der vergangenen Jahre an und lesen Sie das neue Regierungsübereinkommen! Sie werden einige Ihrer Wünsche erfüllt sehen.

An vielen Ihrer Forderungen erkennt man aber wieder (Abg. Dr. Pirklhuber: Es sind nur zwei!), Herr Pirklhuber, wie praxisfern Sie von den Grünen gerade in der Landwirt­schaftspolitik agieren. (Abg. Dr. Pirklhuber: Reden Sie von ...?) Ihrem Ansinnen nach einer bodengebundenen und artgerechten Tierhaltung kommen die österreichischen Bäuerinnen und Bauern heute schon weitgehend nach.

Sie beachten bei Ihren Forderungen nach immer neuen Verschärfungen in den Land­wirtschaftsgesetzen in keiner Weise (Abg. Dr. Pirklhuber: Das ist ja keine Verschär­fung!), dass viele, vor allem kleine Betriebe den finanziellen Aufwand, der damit verbunden ist, nicht oder nur sehr schwer bewältigen können. (Abg. Dr. Pirklhuber: Da geht es um ein Leitbild!)

Darüber hinaus haben Sie offensichtlich von der individuellen Mensch-Tier-Beziehung, die darauf beruht, dass Kälber an die Berührung durch den Menschen gewöhnt werden müssen, noch nichts gehört. (Abg. Dr. Pirklhuber: Steht nicht drin in dem Antrag!) Die von Ihnen so forcierte Boxenhaltung für Kälber führt dazu, dass Kälber eine große Scheu vor dem Menschen entwickeln. Das führt dann zum Beispiel bei Verladetätigkei­ten zu immensen Stresssituation für Mensch und auch Tier, und auch die Verletzungs­gefahr steigt für beide erheblich an. (Abg. Dr. Pirklhuber: Kollege Sieber, langsam ...!)

Herr Pirklhuber, ich lade Sie ein: Kommen Sie einmal zu mir nach Vorarlberg, dann können wir gemeinsam zu einem Viehmarkt oder zu einem Alptag gehen, und dann können Sie einmal versuchen, Boxenvieh zu verladen! Sie sind herzlichst eingeladen! Dann würden Sie einmal sehen, wie das Ganze in der Praxis aussieht. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Pirklhuber: Haben Sie den Antrag gelesen?)

Auch gibt es durch die verpflichtende Gruppenhaltung von Kälbern zunehmend nicht unerhebliche wirtschaftliche Schäden durch gegenseitiges Besaugen der Kälber. Um das zu verstehen, muss man mit den Praktikern vor Ort reden. Aber dort habe ich von den Grünen noch nie jemanden getroffen. (Beifall und Bravoruf bei der ÖVP. – Abg. Dr. Pirklhuber: Das ist aber ...!)

Höchstes Gut für jede Bauernfamilie sind gesunde, langlebige und dadurch leistungs­bereite Tiere. Diese Faktoren begünstigen die emotionale Bindung zwischen Mensch und Tier und sind die tagtägliche Motivation für die harte Arbeit unserer Bäuerinnen und Bauern.

Den österreichischen Bauernfamilien wäre viel mehr geholfen, wenn unsere strengen gesetzlichen Herkunfts- und Produktionsbedingungen auch für alle Agrar- und Lebens­mittelimporte gelten würden. (Abg. Dr. Pirklhuber: Da bin ich bei Ihnen!) Noch mehr Ge- und Verbote wären einfach nur scheinheilig! (Abg. Dr. Pirklhuber: Da liegt unser Antrag aus der letzten Gesetzgebungsperiode ...!) Denn es würde Wertschöpfung ins Ausland verlagern, und dort würden die Tiere unter Bedingungen gehalten werden, die wir alle ablehnen – ich denke doch, auch Sie! (Beifall bei der ÖVP.)

18.28


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ich weise den Antrag 22/A dem Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft zu. (Rufe und Gegenrufe zwischen Abg. Dr. Pirklhuber und Abgeordneten der ÖVP.)


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Meine Damen und Herren, vielleicht könnten Sie diese Debatte außerhalb des Saals stattfinden lassen – wenngleich ich bitte, hierzubleiben, da die Anwesenheit ohnedies keine sehr intensive mehr ist.

18.28.235. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dr. Peter Fichtenbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Bürgerliche Ge­setzbuch (ABGB) geändert wird (46/A)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zum 5. Punkt der Tagesordnung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erster kommt der Antragsteller zu Wort. – Bitte, Herr Abgeordneter Dr. Fichten­bauer.

 


18.29.09

Abgeordneter Dr. Peter Fichtenbauer (FPÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Das Thema ist wohl gleich ernst wie das vorhin behandelte. Es geht um das menschliche Leben.

Durch eine nunmehr als verfestigt zu bezeichnende Judikatur des Obersten Gerichts­hofes, die Schadenersatz begründet gegen einen Arzt, der nicht hinreichend aufgeklärt habe, wodurch die unterbliebene Abtreibung eines schließlich als behindert zur Welt gekommenen Kindes schadenersatzbegründend judiziert worden ist, ist nunmehr nach einer Erstentscheidung aus dem Jahr 1999 auch eine Zweitentscheidung aus dem Jahr 2005, publiziert im Jahr 2006, festzustellen, wonach – unterschiedlich zu einer an­deren Entscheidung, in der für eine unterbliebene Abtreibung eines gesunden Kindes kein Schadenersatz zugesprochen worden ist – eine unterschiedliche Judikatur festzu­stellen ist: „Wrongful Birth“ – schadenersatzbegründend; „Wrongful Conception“ – nicht schadenersatzbegründend.

Diese Entscheidungslinien haben sowohl im ärztlichen als auch im juristischen Bereich zu einem Sturm der Aufregung – gerechtfertigter Aufregung – geführt, und ich konnte mich nicht enthalten, diese unterschiedliche, in der Entscheidung verborgene – natür­lich nicht so ausgesprochene – Grundethik als Judikatur im Sinn eines „lebensunwer­ten Lebens“ zu bezeichnen. Mit dem kann und will ich nicht zur Tagesordnung über­gehen.

Angesichts der Tatsache, dass der Oberste Gerichtshof eben in einer jetzt schon wie­derholt festgestellten oder festgeschriebenen Entscheidung eindeutig nicht von der be­schrittenen Judikaturlinie abgehen wird, sagt auch die Fachwelt – ich wiederhole: auch die juristische und medizinische Fachwelt, es gab darüber schon einige Symposien, ich verweise auf „Presse“-Berichte, „profil“-Berichte –, dass einzig eine legistische Maß­nahme einen Ausweg aus dieser Sackgasse eröffnen kann.

Ich schlage mit diesem Initiativantrag einen Ausweg vor, der darauf abzielt, dass aus der Tatsache der Geburt eines Menschen kein Anspruch auf Schadenersatz abgeleitet werden kann.

Ungeachtet des vielleicht kritisch zu würdigenden Satzes zwei des Vorschlages, dass bei Erlassung oder bei Kundmachung des Gesetzes bestehende Ansprüche null und nichtig sein sollten – ich wage aber trotzdem, diesen Satz zwei vorzuschlagen –, glau­be ich, dass die Beschäftigung mit dieser Materie einen derzeit nicht kontrollierbaren, unheilvollen Zustand, der gerade auch in der ärztlichen Beratung verankert sein dürf­te – ich verweise wieder auf den „profil“-Bericht vom 23. Oktober des Vorjahres –, der


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schlichtweg dazu verleitet, zwangsweise dazu verleitet, im Zweifel einer Frau zur Ab­treibung zu raten.

Meine Damen und Herren, ich erachte das als einen Zustand, der aus der Sicht des österreichischen Parlaments nicht auf die lange Bank geschoben und nicht hingenom­men werden kann. Ich werbe darum, dass Sie diesen Vorstellungen – nämlich einen ärztlichen Fehler, der sich auf der Tatsache der Geburt begründet, zum Schadener­satzanspruch zu führen – eine Absage erteilen und freue mich schon auf die lebendige Diskussion, die wahrscheinlich im Justizausschuss ihren Raum haben wird. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der FPÖ.)

18.33


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Stadl­bauer zu Wort. 3 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.

 


18.33.16

Abgeordnete Bettina Stadlbauer (SPÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Der Antrag regt also dazu an, den § 22 ABGB, der die Rechtsstellung ungeborener und tot gebore­ner Kinder regelt, um einen Abs. 2 zu ergänzen, nach welchem aus der Tatsache der Geburt eines Menschen ein Antrag auf Schadenersatz ausgeschlossen ist.

Der Antrag wurde infolge der OGH-Entscheidung 1 Ob 91/99 k formuliert, durch die – ich zitiere – „auf Grund der Geburt eines behinderten Kindes ein Schadenersatzan­spruch gegen einen Arzt zugesprochen“ worden ist, der – laut Ansicht des Gerichtes – „die Aufklärung über eine im Ultraschall erkennbare (schwere) Behinderung des unge­borenen Kindes unterlassen habe, sodaß die werdende Mutter darauf nicht so reagiert habe ..., rechtzeitig eine Abtreibung vornehmen zu lassen“. – Wir können das auch im Antrag lesen.

Kollege Fichtenbauer argumentiert mit scheinbar ethischen Argumenten. Wenn man sich das aber genauer und insbesondere juristisch anschaut, dann stellt sich heraus, dass der vorliegende Antrag noch reichlich unausgegoren ist beziehungsweise insge­samt der geplante Regelungsinhalt nicht ausreichend durchdacht ist.

Schauen wir uns an, was zurzeit im ABGB steht. Im § 1293 wird „Schade“ folgender­maßen definiert:

„Schade heißt jeder Nachteil, welcher jemandem an Vermögen, Rechten oder seiner Person zugefügt worden ist. Davon unterscheidet sich der Entgang des Gewinnes, den jemand nach dem gewöhnlichen Laufe der Dinge zu erwarten hat.“

Das heißt, die Frage im gegebenen Zusammenhang ist, ob die Geburt eines behin­derten Kindes ein Schaden sein kann. Eine Antwort hat darauf meiner Meinung nach sehr eindrucksvoll nicht eine Juristin, aber eine sehr angesehene Publizistin, nämlich Elfriede Hammerl in einer Ausgabe des „profil“ vom Jänner 2007 gegeben. Sie schreibt unter dem Titel „Schaden Kind?“: „Das Leben mag ein Geschenk sein. Aber manche zahlen mehr dafür als andere.“ – Ich zitiere:

„Ist ein behindertes Kind denn ein Schaden?

Nicht das Kind. Aber dass es behindert ist. Eine Behinderung oder eine schwere Krankheit ist ein Schaden für den betroffenen Menschen und seine Familie.

Die Behauptung, ein Kind sei doch ein Glück, ein Geschenk, und alles andere zähle nicht, die sagt sich leicht, aber eigentlich grenzt sie an Zynismus.

Ebenso gut könnte man nach einem Unfall oder einer Körperverletzung sagen: Wozu Schadenersatz, wozu Schmerzensgeld, das Opfer lebt ja, das ist die Hauptsache, das Leben ist doch ein Geschenk!“


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„Behinderung spielt in der Realität eine Rolle. Lebenslange Betreuung und vermehrte Kosten sind die Folge.“ – Zitatende.

Meine Damen und Herren, die Verwirklichung dieses Gesetzentwurfes würde demnach eine Verschlechterung der rechtlichen und vor allem tatsächlichen Position von behin­dert geborenen Kindern und deren Eltern bedeuten. Die Auswirkung durch diesen An­trag wäre so, dass die Stellung des Arztes an sich rechtlich sicherer wäre, was aber zur Folge hätte, dass die Beratung der betroffenen Frau dann nicht so ausführlich ist und gegebenenfalls die Entscheidungsfähigkeit, die Entscheidungsfreiheit der Frau tendenziell eingeschränkt werden würde.

Das lassen wir nicht zu, das wollen wir auf keinen Fall. Die freie Entscheidung der Frau ist nach wie vor das Wichtigste.

Aber eine Entwicklung in Richtung Defensivmedizin soll natürlich im Interesse der Pati­entInnen und ÄrztInnen auch nicht sein. (Abg. Dr. Haimbuchner: Entscheidung der Frau? „Mein Bauch gehört mir“ ...?) Daher ist es insofern gar nicht schlecht, dass die­ser Antrag nun auf der Tagesordnung ist. Ich hoffe, dass wir diese wichtige Sache sachlich erörtern können und hoffentlich zu Lösungen kommen. Die vorliegende scheint nicht dafür geeignet zu sein. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und den Grü­nen.)

18.36


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Mag. Donnerbauer zu Wort. 3 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.

 


18.36.58

Abgeordneter Mag. Heribert Donnerbauer (ÖVP): Werte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Der Antrag und die zugrunde liegende Judikatur, die Sachverhalte, die in diesen Entscheidungen eine Rolle spielen, führen uns zweifellos in einen sehr heiklen Bereich nicht nur der Judikatur, sondern unseres Rechtssystems überhaupt, weil es in diesem Bereich einfach auch um die Abwägung oder die vermeintliche Abwägung geht, die aus diesen Judikaten hervorkommt, zwischen dem Schutz des Lebens einerseits und der vertraglichen Schutz- und Sorgfaltspflicht und der Haftung für einen Verstoß dage­gen andererseits.

Es ist, glaube ich, sehr wichtig, zu sagen, dass einerseits diese Judikatur ganz klar­stellt, dass die Geburt eines Kindes keinen Schaden darstellt – das ist das eine, und das zu betonen ist, glaube ich, ganz wichtig –, dass es aber andererseits natürlich – und die Konsequenz, die vom Obersten Gerichtshof in den zitierten Entscheidungen abgeleitet wird, hängt ja damit zusammen – für eine Abtreibung behinderter Kinder rechtliche Möglichkeiten gibt und daher die Aufklärung des Arztes darüber für die Mut­ter eine ganz wesentliche Rolle spielt.

Insofern glaube ich, dass man sich in der Konsequenz dieser Judikate – da gebe ich dem Antragsteller durchaus recht – Gedanken machen muss. Es darf und soll nicht herauskommen, dass ein Unterschied gemacht wird zwischen gesund geborenen Kin­dern und behinderten Kindern.

Aber auf der anderen Seite weist der hier vorgeschlagene Weg meiner Meinung nach in die falsche Richtung, weil dies dann in Wirklichkeit letztlich die Aufklärungspflicht des Arztes und der Behandlungseinrichtungen minimieren würde und auch die Notwendig­keit einer Haftung eines Arztes für seine Behandlungstätigkeit und für seine Beratungs­tätigkeit quasi vom Tisch wischen würde.

Das ist, glaube ich, der Spannungsbogen, in dem wir uns bewegen und den wir im Zu­ge der weiteren Diskussion auch im Justizausschuss berücksichtigen müssen. Ich bin gespannt auf die weitere Diskussion. Ich glaube, es ist ein ganz wichtiger, ein heikler


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und auch ein spannender Bereich, und ich hoffe, dass uns hier einfach auch noch bes­sere Lösungen für dieses Problem einfallen als sozusagen nur, die Haftung überhaupt zu beseitigen. (Beifall bei der ÖVP.)

18.39


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun kommt Herr Abgeordneter Dr. Grünewald zu Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

 


18.39.39

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Sehr geehrte Präsidentin! Hohes Haus! Ich verstehe den Sturm der Entrüstung durchaus. Aber man muss sich schon über­legen, ob die vorliegenden Vorschläge nicht einen Orkan auslösen, dessen Folgen wir nicht kennen.

Prinzipiell ist festzuhalten, und niemand sagt da etwas anderes, dass alleine aus der bloßen Tatsache einer Geburt kein Haftungsanspruch entsteht, außer sie wäre mit einem rechtswidrigen Fehlverhalten verbunden. In Ihrem Antrag wird rechtswidriges Fehlverhalten auf Grund dieses Sturmes der Entrüstung überhaupt pauschal gestri­chen, negiert. Das kann es nicht sein!

Zum besseren Verständnis: Es gibt ja auch Erkrankungen während der Entwicklung eines Embryos zum gebärfähigen Kind, die im Uterus behandelbar sind. Man operiert bereits kleine oder mittelschwere Herzfehler in der Fruchtblase. Wenn hier etwas falsch gemacht wird, hier falsche Diagnosen stattfinden, wollen Sie dann wirklich sagen, dass da kein Haftungsanspruch besteht? Soll ein medizinisches Spezialfach wie die Präna­taldiagnostik sozusagen ohne die Qualitätssicherung durch ein Haftungsrecht gehand­habt werden? Sollen wirklich entstandene Ansprüche rückwirkend erlöschen? – Das ist grob verfassungswidrig! (Zwischenruf des Abg. Dr. Fichtenbauer.) – Na sicher, das sagen Experten.

Was ist die Symbolik dieses Antrages? Er richtet sich gegen die Freiheit einer Frau – und das ist ein Grundrecht auch im Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskon­vention –, sich zu entscheiden, eine Schwangerschaft auszutragen oder sie zu unter­brechen. Wenn im Umfeld dieser Entscheidung falsche Urteile, falsche Diagnosen ab­gegeben werden, entsteht natürlich schon ein Rechtsanspruch, und auf den würde ich als Frau unbedingt beharren. Dass gerade Kindern, die kein Schaden sind, die aber Zeit kosten, intensive Zuwendung benötigen, die Nerven kosten und die auch mehr Geld kosten, wenn man sie gut betreuen will, plötzlich diese Haftung mit Geldentloh­nung nicht mehr zustehen soll, stellt ja gerade eine Diskriminierung dieser Behinderten dar.

Also: Bevor man da etwas aus dem Ärmel beutelt, dessen Folgen man nicht kennt, würde ich dringend empfehlen, einmal eine ExpertInnenkommission einzuberufen und sich kundig zu machen, was ein solcher Radikalschnitt auslösen würde.

Und nochmals: Geburt ist kein Haftungsfall, außer wenn in der Diagnostik grob fahrläs­sig gehandelt wird. Und da gibt es dann den zivilrechtlichen Weg, und diese Möglich­keit würde ich einer Frau nicht entziehen wollen. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

18.42


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun kommt Herr Abgeordneter Darmann zu Wort. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


18.43.03

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (BZÖ): Sehr geehrte Präsidentin! Hohes Haus! Selbstverständlich kann die Geburt eines Menschen an sich nie ein Schaden sein,


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keine Frage, und ich stelle das hier auch eindeutig fest. Damit erübrigt es sich aber auch, über die Sorge des Antragstellers zu diskutieren, dass ein Gedankenmodell un­werten Lebens vom österreichischen Gesetzgeber akzeptiert werden würde. Es gibt kein unwertes Leben und es gibt auch kein Kind als Schaden. Sehr wohl kann es aber Schadensfälle geben – und damit verbunden Schadenersatzansprüche –, die im Zu­sammenhang mit der Geburt eines Kindes stehen, und genau darum ging es in einem der Fälle, die vom Antragsteller angeführt wurden. Selbstverständlich ist der Schaden in Form der Unterhaltspflicht für ein behindertes Kind höher als bei einem Kind, das nicht behindert ist. Dieser höhere Unterhalt könnte als Schadenersatz beansprucht werden.

Völlig absurd und mit der österreichischen Verfassung überhaupt nicht im Einklang ist die Forderung im Antrag, dass alle Titel, die sich auf Grund der bisherigen Judikatur schadenersatzbegründend auf die Tatsache der Geburt eines Menschen stützen, für unwirksam erklärt werden. (Abg. Dr. Fichtenbauer: Absurd ist das nicht!) Diese Forde­rung des Antragstellers würde jeder Gewaltentrennung Hohn sprechen, denn der Ge­setzgeber würde sich damit über alle richterlichen Urteile stellen. Dies ist mit der öster­reichischen Verfassung sicher nicht in Einklang zu bringen. Wenn dann im Antrag wei­ters gefordert wird, dass alle Schadenersatzansprüche, die sich auf die Tatsache der Geburt eines Menschen beziehen, ausgeschlossen sein sollen, so übersieht der An­tragsteller völlig, dass im Zusammenhang mit der Geburt sehr wohl schuldhaftes Ver­halten zu Schadenersatzansprüchen führen muss.

Aus dem hier Gesagten heraus ist dem Antrag des Abgeordneten Fichtenbauer nicht zuzustimmen. (Beifall beim BZÖ.)

18.45


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Dr. Eder zu Wort. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


18.45.13

Abgeordneter Dr. Sebastian Eder (ÖVP): Verehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Ich bitte vorweg um Verständnis dafür, dass ich als langjähriger praktischer Arzt in meiner ersten Rede hier in diesem Hohen Haus dieses schwierige Thema in der Kürze der Zeit auch ein wenig aus der Sicht des Arztes behandle.

Wir haben gehört, diesem Antrag liegt ein vielschichtiges medizinisches und recht­liches Problem zugrunde, das viele Fragen aufwirft. Beiden von Herrn Dr. Fichtenbauer geschilderten Fällen ist gemeinsam, dass die Existenz des Kindes nach dem Urteil des OGH die Folge eines nicht ordnungsgemäßen Verhaltens des Arztes und die Geburt schließlich gegen den Willen der Eltern erfolgt ist. Was sind jetzt die aufgeworfenen Fragen?

Zunächst brauchen wir eine gesetzliche Regelung im Schadenersatzrecht, um Recht­suchenden und Rechtsprechenden eine Orientierung und Leitlinie zu geben, vor allem in der Frage, ob ein Kind, in welcher Konstellation auch immer, überhaupt ein Schaden sein kann. Ich bin der Meinung, und das entspricht auch dem Menschenbild unserer Gesinnungsgemeinschaft, dass man vom Grundsatz ausgehen sollte: Menschliches Leben kann niemals ein Schaden sein. Die Bewertung eines Menschen als ein Scha­densfall, der der Familie und der Gesellschaft sozusagen aufgelastet wird, widerspricht der Menschenwürde. Und diese Würde ist unteilbar und unabhängig davon, ob ein Mensch krank oder gesund ist. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Manche Experten sind der Meinung, dass ein Schaden in Gestalt der Unterhaltspflicht zu sehen wäre. Ich denke, behinderte Menschen verdienen die volle Solidarität und Unterstützung unserer Gesellschaft. Der OGH hat in seinem Urteil letzen Endes einen


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Arzt zur Schadenersatzleistung verurteilt, weil seine Aufklärung unzureichend war und dazu geführt hat, dass die Schwangerschaft nicht innerhalb der gesetzlichen Frist be­endet werden konnte. Daher stand natürlich in der öffentlichen Diskussion besonders auch das Thema der umfassenden Informations- und Aufklärungspflicht von Patienten im Mittelpunkt, und das nicht nur in Bezug auf die pränatale Diagnostik, sondern ganz allgemein, und das hat zu einer großen Unsicherheit innerhalb der ärztlichen Kollegen­schaft geführt.

Es wird in der medizinischen Behandlung zunehmend zu einem Problem, wenn die Verantwortung trotz des viel beschworenen mündigen Patienten letztendlich nur mehr beim Arzt verbleibt. Ein Arzt muss sich darauf verlassen können, dass ein Patient einer Zuweisung in eine Spezialambulanz für eine nähere Abklärung einer Verdachtsdia­gnose auch Folge leistet, und wir sollten es nicht so weit kommen lassen, dass Ärzte wichtige, einfache Screening-Methoden nicht mehr anwenden, weil sie keine 100-pro­zentige Aussagesicherheit bieten können. Das würde zu einer Defensiv- und Absiche­rungsmedizin voller Misstrauen und Angst führen. Der medizinische Behandlungsab­lauf wäre behindert und nicht mehr zu bewältigen; außerdem würden die Kosten steigen. Wir haben das auch an der Zunahme der Frequenz bei pränatalen Untersu­chungen gesehen.

Es darf nicht so weit kommen, dass der Arztbesuch künftig vom Lesen von Merkblät­tern, Ausfüllen von Formularen, Unterschriften zur Absicherung geprägt ist und dabei vielleicht sogar die persönliche Beratung des Arztes zu kurz kommt. Das ist aber zu­nehmend der Fall, wenn nur mehr der Empfängerhorizont als der entscheidende Faktor bei der Aufklärung des Arztes gesehen wird. Das heißt: Nicht das, was der Arzt sagt, ist entscheidend – so, wie es im Gesetz an sich vorgesehen ist –, sondern wie es der Patient versteht.

Das ärztliche Handeln muss weiterhin auf der Basis eines partnerschaftlichen Verhält­nisses zwischen Arzt und Patient erfolgen und auch vom Mut des Arztes zur schnellen Entscheidung zum Wohl des Patienten gekennzeichnet sein.

Die Diskussion der Thematik des Antrages ist zweifellos sinnvoll, sie sollte aber in aller Ruhe in den dazu zuständigen Gremien geführt werden. Letzten Endes geht es darum, dass wir Rechtsicherheit für alle Beteiligten und Betroffenen schaffen.

Verehrte Mitglieder des Hohen Hauses! In jedem Fall ist der vorliegende Antrag ein An­lass, die an sich im Regierungsprogramm schon vorgesehene Evaluierung und Anpas­sung der Patientenrechte auch im Sinne einer sinnvollen Erweiterung vorzunehmen und die ebenfalls darin angeführte Grundrechtsreform anzugehen und zu diskutieren. – Herzlichen Dank. (Beifall bei ÖVP und FPÖ sowie der Abg. Csörgits.)

18.49


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun kommt Frau Abgeordnete Haidlmayr zu Wort. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


18.50.06

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Als ich letztes Jahr das Urteil gelesen habe, dass ein von Geburt an behindertes Kind ein „Schadensfall“ ist, bin ich sehr erschrocken. Ich bin deshalb erschrocken, und das sage ich ganz ehrlich, weil auch ich seit meiner Geburt behindert bin. Ich habe mich aber niemals als Schaden für mich, für meine Familie oder die Ge­sellschaft gesehen, sondern ich bin Teil dieser Gesellschaft – und kein „Schadensfall“. Das möchte ich hier einmal klarstellen, ebenso, dass meine Eltern mich nie als Scha­densfall gesehen haben. Ich war natürlich ein Kind, das einen enorm viel höheren


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finanziellen „Kostenaufwand“ erzeugt hat als meine Geschwister, die nicht behindert waren.

Dort muss die Diskussion auch ansetzen: Menschen mit Behinderungen – egal, wie die Behinderung zustande kommt – können niemals Schadensfälle sein, sondern es muss diesen Menschen ermöglicht werden, den Ausgleich ihres behinderungsbedingten Nachteils finanziert zu bekommen. Es ist daher selbstverständlich, dass die Frau, und darum ging es ja in dem Urteil, damals mehr Geld gefordert hat, das sie braucht, weil sie mit ihrem Kind entsprechende Therapien et cetera machen muss. Unglücklicher­weise ist das über eine Schadensfallsdiskussion erfolgt, aber es hätte auch eine an­dere sein können, nämlich dass man der Frau jene finanziellen Mittel bereitstellt, die sie braucht, um ihrem Kind dieselben gesellschaftlichen Chancen und Voraussetzun­gen zu ermöglichen, wie sie nicht behinderte Kinder auch haben. Das ist die Grund­satzfrage! (Beifall bei den Grünen und der FPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, diese Frage ist hier zu beantworten. Es geht also nicht um ein Abwägen: Schaden oder nicht Schaden, behindert oder nicht behin­dert, sondern es geht um den behinderungsbedingten Nachteilsausgleich von der Ge­burt bis zum Tod. Deshalb bin ich auch der Meinung, dass sich Ihr Antrag, Herr Abge­ordneter Fichtenbauer, mit Ihrer Textierung nicht eignet, dieses Problemfeld, diese Thematik abzuhandeln, weil er es in der Form tut, dass man den § 22 ändert und dann meint, alles ist gut. – Nichts ist gut, Herr Fichtenbauer, sondern Sie würden damit ein Kind mit dem Bade ausschütten und keine Diskussion zulassen, die sicherstellt, dass Menschen mit Behinderungen und auch ihre Eltern gesetzliche Grundlagen erhalten, die es ihnen möglich machen, den behinderungsbedingten Mehraufwand finanziell ab­gegolten zu bekommen, um damit wirklich Chancengleichheit mit nicht behinderten Menschen in unserer Gesellschaft zu erlangen. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

18.53


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete, Sie können gleich beim Rednerpult bleiben, denn Sie sind dann gleich die Nächste.

Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ich weise den Antrag 46/A dem Justizausschuss zu.

18.53.396. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Behindertengleich­stellungsgesetz, das Behinderteneinstellungsgesetz und das Bundesbehinder­tengesetz geändert werden (58/A)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zum 6. Punkt der Tagesordnung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Die Antragstellerin, Frau Abgeordnete Haidlmayr, gelangt zu Wort. 4 Minuten Wunsch­redezeit. – Bitte.

 


18.54.03

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich kann jetzt bei diesem Tagesordnungspunkt eigentlich gleich nahtlos anschließen am zuletzt Gesagten. Es geht um Gleichstellung von und um Chancengleichheit für Menschen mit Behinderungen in allen Bereichen des täglichen Lebens.


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Vor dem Sommer 2005 wurde von einigen Fraktionen ein von ihnen hochgejubeltes Behindertengleichstellungsgesetz verabschiedet, und alle außer uns Grünen haben ge­meint, dass jetzt alles in Ordnung sei und Menschen mit Behinderungen in allen Be­reichen des täglichen Lebens dieselben Rechte und Chancen eingeräumt würden, wie sie nicht behinderte Menschen auch haben. Das war ein großer Irrtum jener, die das behauptet haben. Und, Frau Ministerin Haubner, Sie werden mir da inzwischen auch recht geben.

Ich kann mich noch erinnern: Herr Mag. Haupt war damals Sozialminister, ist dort ge­standen (die Rednerin weist in Richtung Regierungsbank) und hat gesagt, dass, was man da erreicht habe, ein – wie nennt er das immer? – Meilenstein sei, dass man so gut sei und so weiter und so fort. – Wir haben ihm damals schon gesagt, dass es ein zahnloses Gesetz ist, dass es den Menschen mit Behinderungen im Endeffekt keine einklagbaren Rechte bringt und dass Übergangsfristen viel zu lange sind.

Außerdem wurde mit diesem Behindertengleichstellungsgesetz nicht einmal sicherge­stellt, dass es für Menschen mit Behinderungen, die eine Klage einbringen möchten, eine Beweislastumkehr gibt. Das alles fehlt in diesem Gesetz, und deshalb haben wir, nachdem das Behindertengleichstellungsgesetz der ehemaligen Bundesregierung be­schlossen wurde, in der vergangenen Legislaturperiode sofort einen Initiativantrag ein­gebracht, damit es in Österreich möglich wird, ein Behindertengleichstellungsgesetz zu erhalten, das auch tatsächlich ein Gesetz mit Inhalten ist, und kein Skelett. Mit diesem müssen für Menschen mit Behinderungen die rechtlichen Grundlagen geschaffen werden, damit sie ihre Rechte auch wirklich einklagen können. Übergangsfristen, wie es sie jetzt im baulichen oder im Verkehrsbereich gibt, müssen einfach gekürzt werden.

In der vergangenen Legislaturperiode haben wir unseren Antrag nicht mehr durchge­bracht. Deshalb haben wir zu Beginn dieser Legislaturperiode neuerlich unseren Initia­tivantrag eingebracht, damit es ein verbessertes Behindertenrecht gibt. Die Inhalte sind in diesem Antrag klar drinnen. Es geht darum, dass Menschen mit Behinderungen auch wirklich einklagbare Rechte haben und die Übergangsfristen nicht zehn Jahre dauern.

Ich kann mich erinnern, meine sehr geehrten Damen und Herren – es wird mir heute wahrscheinlich auch nicht anders gehen –, dass die VertreterInnen der Regierungspar­teien und der ehemaligen Regierungsparteien gesagt haben: Alles ist eitel Wonne und Sonnenschein, denn wir haben so ein tolles Gesetz! Und weiters: Es ist ja nicht viel möglich, und außerdem machen wir sowieso immer wieder Bündelgesetze; da wird das alles schon noch geregelt werden!

So ist es aber nicht, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir brauchen ein umfas­sendes Gesetz, und die Behindertenbewegung schreibt Ihnen das regelmäßig Monat für Monat, auch Ihnen, Frau Lapp. Ich hoffe, dass Sie nicht auch hievon Abstand neh­men, so wie Sie es bereits bei der Valorisierung des Pflegegeldes getan haben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nur ein umfassendes Behindertengleichstel­lungsgesetz mit klaren Rechten für Menschen mit Behinderungen schafft die Grund­lage dafür, dass es wirklich Chancengleichheit auf allen Ebenen für Menschen mit Be­hinderungen gibt. Wer mir noch immer nicht glaubt, dass dieses Gesetz ein zahnloses ist, der möge nur im Jahresbericht des Behindertenanwaltes Dr. Haupt nachlesen, der jetzt auch zugegeben hat, dass das Gesetz, das mit 1. Jänner 2006 in Kraft getreten ist, ein zahnloses, ein lückenhaftes Gesetz ist und absolut nicht die gesetzlichen Grundlagen schafft, die Menschen mit Behinderungen für die Einforderung ihres Rech­tes auf selbstbestimmtes Leben brauchen.

Deshalb, meine sehr geehrten Damen und Herren, werden wir die Diskussion zu einem tatsächlichen, umfassenden Behindertengleichstellungsgesetz wieder führen müssen,


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und ich hoffe, dass Sie diesmal dabei sind und bereit, aus den Fehlern des letzten Ge­setzes zu lernen, und wirklich unseren Initiativantrag annehmen und auch umsetzen, damit wir in Österreich ein tatsächliches Behindertengleichstellungsgesetz bekommen, das seinen Namen auch verdient. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

18.58


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun kommt Frau Abgeordnete Mag. Lapp zu Wort. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


18.59.07

Abgeordnete Mag. Christine Lapp (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Der Antrag, den Kollegin Haidlmayr mit der grünen Fraktion eingebracht hat, ist ein weiterer Baustein, mit dem wir uns in die Richtung bewegen, dass für behinderte Menschen Chancengleichheit geschaffen wird, Chancengerechtigkeit geschaffen wird und dass behinderte Menschen in unserem Land zu gleichen Rechten kommen.

Ich möchte Ihnen einige Punkte aus dem Regierungsprogramm vortragen, weil ich mir denke, dass wir uns im Regierungsprogramm auch sehr viele Gedanken dazu gemacht und ebenfalls sehr viele Punkte festgehalten haben, die für uns in der Koalition bindend sind, weil hier Weiterentwicklungen notwendig sind. Und vor allem haben wir unter dem Motto „Barrieren in Gesetzen und Köpfen abbauen“ zur Weiterentwicklung der Gleich­stellungspolitik weitere Vorschläge eingebracht. Ich denke mir, die Diskussionen zu dem Antrag und die Diskussionen zu den Punkten, die wir einbringen und weiter vor­bringen werden, werden sicher sehr spannende sein und dienen vor allem auch dazu, die Anliegen und Interessen von behinderten Menschen besser darzustellen, damit die Anliegen und die Rechte von behinderten Menschen stärker vertreten werden. (Präsi­dent Dr. Spindelegger übernimmt wieder den Vorsitz.)

Liebe Frau Kollegin Haidlmayr! Beim Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz der vergangenen Regierung hat die sozialdemokratische Parlamentsfraktion damals, ge­nauso wie die Grünen, ebenfalls nicht mitgestimmt. Das ist uns ein Auftrag, wenn wir Regierungsverantwortung haben, dass wir weitere Schritte setzen wollen. (Beifall bei der SPÖ.)

Was sind diese weiteren Schritte?– Es geht um die Effektivität der Umsetzung, es geht darum, dass es einen Bericht über behinderte Menschen alle zwei Jahre im Parlament geben soll, damit hier eine bessere Darstellung vollzogen werden kann und auch eine Öffentlichkeit geschaffen werden kann für behinderte Menschen.

Weiters ist es wichtig, dass wir planen, fördern und finanzieren, dass es bundesweite Programme zur Umsetzung des Gleichstellungsrechtes gibt, denn es kann nicht so sein, dass wir etwas in Buchstaben festhalten und dass dann der Lebensinhalt von be­hinderten Menschen von den Buchstaben des Gesetzes sehr weit entfernt ist. Hier haben wir sehr große Initiativen vor.

Weiters ist es uns auch wichtig, dass Dienstleistungsangebote für Selbsthilfe und Selbsthilfevertretungsorganisationen geschaffen werden, denn es muss auch so sein, dass die Menschen selbst ihre Rechte vertreten und selbst gehört werden. Die Stär­kung der Selbstvertretung ist ebenfalls ein großer Punkt im Regierungsprogramm, den wir mit Leben, mit gesetzlichem Leben erfüllen wollen.

Weiters ist auch die Fortsetzung der Beseitigung von diskriminierenden Bestimmungen in den Materiengesetzen notwendig. Hier ist noch sehr viel zu tun.

Werte Kolleginnen und Kollegen des Hohen Hauses! Ich freue mich auf die Zusam­menarbeit und auf die Weiterentwicklung von mehr Rechten für behinderte Men­schen. – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

19.02



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Präsident Dr. Michael Spindelegger: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Dr. Huainigg zu Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. Wir werden ihm dazu ein Handmikrophon geben, damit es ihm leichter fällt. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


19.02.45

Abgeordneter Dr. Franz-Joseph Huainigg (ÖVP): Herr Präsident! Hohes Haus! Das ist meine erste Rede mit Beatmungsmaschine. Ich weiß nicht, wer aufgeregter ist, ich oder meine Maschine, aber sie funktioniert. Sie hat ihre erste Bewährungsprobe bereits bei den Koalitionsverhandlungen bestens gemeistert, da hat sie nämlich harmonisch gesurrt und gesummt. Eine SP-Verhandlerin hat gemeint, das sei einschläfernd, und Maria Rauch-Kallat hat gemeint, wie ein Kätzchen.

Jedenfalls ist, glaube ich, ein sehr gutes Programm entstanden, das auch meine Kolle­gin Lapp vorhin kurz zusammengefasst hat, und ich glaube, dass wir einen guten Weg beschreiten.

Weil beim vorigen Tagesordnungspunkt das Thema „Kind als Schaden“ angesprochen worden ist, möchte ich hier anführen, was ich gestern gehört habe, nämlich dass be­hinderte Kinder nicht beatmet werden, weil der Pflegeaufwand zu hoch ist. Ich glaube, wir müssen die pflegenden Angehörigen wesentlich mehr unterstützen, damit auch eine 24‑Stunden-Betreuung möglich und machbar ist. Auch hier finden sich im Regie­rungsprogramm einige wichtige Punkte.

Es gibt zwei OGH-Urteile. In dem einen Fall ist ein behindertes Kind auf die Welt ge­kommen, und der OGH hat geurteilt, dass der Arzt Schadenersatz zahlen muss. In einem ähnlichen Fall ging es um einen sterilisierten Mann, und hier ist ein nichtbehin­dertes Kind unerwünscht zur Welt gekommen. Und diesmal hat der OGH geurteilt, dies ist kein Schaden. Und das, meine Damen und Herren, kann auch nicht sein. Das ist Unrecht, das ist ein Ungleichgewicht, und dies widerspricht auch der Verfassungsbe­stimmung, wonach niemand auf Grund seiner Behinderung benachteiligt sein darf. Wir müssen hier sicher eine Regelung finden, wodurch dieses Unrecht ausgeglichen wird.

Ich glaube nicht, dass der Antrag, der vorliegt, schon der Stein der Weisen ist, aber wir werden ihn vielleicht finden oder zumindest suchen. Ein erster Schritt dazu ist eine Enquete, die zu diesem Thema organisiert wird.

Zum Behindertengleichstellungsgesetz: Es ist erst seit einem Jahr in Kraft, und ich finde, es ist schon einmal ein großer Schritt von meiner Kollegin Theresia Haidlmayr, dass sie sagt, es gibt ein Gesetz, denn vor wenigen Monaten hat sie noch gesagt, es gibt überhaupt kein Gesetz. Immerhin gibt es jetzt ein Gesetz, das bei Bedarf auch anzupassen ist. Ich glaube, man muss diesem Gesetz einmal die Chance geben, sich zu bewähren, dass man auch sieht, wo liegen die Knackpunkte, wo greift es nicht.

Die Bilanz, die die Behindertenanwaltschaft und auch der Präsident des Behinderten­dachverbandes Dr. Klaus Voget zu Jahreswechsel gezogen haben, zeigt eine sehr positive Entwicklung auf. Ich glaube, dass wir einen sehr guten Weg gegangen sind – und diesen auch weiterhin gehen werden. – Danke. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

19.07


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Haub­ner. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


19.08.11

Abgeordnete Ursula Haubner (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Kollege Huainigg, ich freue mich, dass ich nach Ihnen das Wort ergreifen darf, denn ich habe unsere Verhandlungen zu dem vor einem Jahr in Kraft getretenen Behindertengleichstellungsgesetz noch in bester


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Erinnerung, und ich habe Ihren Weitblick und Ihre Kompetenz immer sehr zu schätzen gewusst. Mir hat sehr gut gefallen, dass Sie jetzt gesagt haben, auch ein Gesetz braucht eine Chance, um sich zu bewähren.

Dieses Gesetz, das mit 1. Jänner 2006 in Kraft getreten ist, ist ja etwas ganz Neues in Österreich gewesen und war Vorbild auch für vieles andere, was noch folgen kann. Es ist ein Gesetz, das erstmals im Bereich der Berufseinstellung, aber insgesamt im Be­reich der Behinderung eine ganz klare Absage gegen jegliche Diskriminierung erteilt und vor allem einen wichtigen Schritt zum Abbau von Barrieren auf den verschiedens­ten Ebenen gesetzt hat.

Gerade die Behindertenpolitik in der letzten Legislaturperiode war ein wesentlicher Teil und eine wesentliche Basis für die Sozialpolitik, und ich wünsche mir, dass auch in die­ser Regierung dieses Fundament der Sozialpolitik weiter entwickelt wird.

Ich hoffe auch, dass neben den gesetzlichen Rahmenbedingungen auch die notwendi­gen Geldmittel, die wir in der vergangenen Legislaturperiode in die Hand genommen haben, um gerade jungen Menschen, um älteren Menschen mehr Chancen zum Ein­stieg in den ersten Arbeitsmarkt zu geben, wieder zur Verfügung stehen.

Ich schließe wieder an: Jedem Gesetz soll man eine Chance geben, und die ersten Erfahrungen zeigen uns ja, dass gerade der Bereich der Schlichtungsverfahren als ein niederschwelliger Zugang zum Recht sehr gerne angenommen wird, dass sich die Zusammenarbeit mit der Behindertenanwaltschaft sehr gut bewährt und dass auch sehr intensiv an der Umsetzung der Etappenpläne zur Barrierefreiheit gearbeitet wird.

Der nun vorliegende Antrag der grünen Fraktion ist aus meiner Sicht eine Weiterent­wicklung und ist aus meiner Sicht auch etwas, was punktuell verschiedene Bereiche anspricht, seien es jetzt zum Beispiel die Kostenersatzansprüche, sei es die Aufwer­tung der Behindertenanwaltschaft. Dem kann ich nur zustimmen, denn wir wissen, dass diese Arbeit der Behindertenanwaltschaft sehr positiv angenommen wird. Sie ist mittlerweile zu einer Serviceeinrichtung geworden, ohne die wir nicht mehr auskommen würden.

Wenn hier im Antrag steht: „Sitz und Stimme im Bundesbehindertenbeirat“, so möchte ich darauf hinweisen, dass der Sitz im Bundesbehindertenbeirat jetzt schon vorgese­hen ist, aber man kann das sicher auch noch mit dem entsprechenden Stimmrecht verstärken. Ich würde in die Diskussion um diesen Antrag, der hier vorliegt – und ich sehe ihn als eine Weiterentwicklung –, auch den Bericht der Behindertenanwaltschaft, der bis spätestens 30. Juni vorliegen wird, mit einbeziehen, um dann aufgrund dieser Erfahrungen, die gesammelt wurden, die Diskussion über Verbesserungen oder viel­leicht auch die eine oder andere Änderung durchzuführen.

Wichtig, denke ich, ist, dass wir dieses Gesetz haben und dass sich das Gesetz im ers­ten Jahr auf vielen Ebenen schon sehr gut bewährt hat, aber es darf hier keinen Still­stand geben, sondern nur eine Weiterentwicklung. – Danke schön. (Beifall beim BZÖ.)

19.12


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Karl; ebenfalls selbst gewählte 3 Minuten. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


19.12.29

Abgeordnete Mag. Dr. Beatrix Karl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! In der hier vorliegenden Begründung zur Änderung von § 12 des Bundes-Behin­dertengleichstellungsgesetzes und § 7p des Behinderteneinstellungsgesetzes ist da­von die Rede, dass es in Umsetzung der Rahmengleichbehandlungsrichtlinie einer Umkehr der Beweislast bedarf. Eine solche Beweislastumkehr wird etwa auch in der Antidiskriminierungsrichtlinie, aber auch in der Beweislastrichtlinie gefordert.


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Das heißt also, dieser Grundsatz der Umkehr der Beweislast ergibt sich aus dem Anti­diskriminierungsrecht der Europäischen Union, das ist völlig richtig, aber richtig ist auch, dass dieser Grundsatz der Beweislastumkehr im Bundes-Behindertengleich­stellungsgesetz und im Behinderteneinstellungsgesetz heute bereits umgesetzt ist. (Abg. Haidlmayr: Das stimmt nicht!)

Oh ja! Dazu müssen Sie wissen, wie die Beweislastverteilung im österreichischen Zivil­prozessrecht tatsächlich aussieht. Die klagende Partei muss ihre Behauptungen im vollen Umfang beweisen, und die beklagte Partei ist zu keinerlei Rechtfertigung ihrer Motive verpflichtet. Nach der in Geltung stehenden Beweislastregelung im § 12 Bun­des-Behindertengleichstellungsgesetz und § 7p des Behinderteneinstellungsgesetzes muss demgegenüber die klagende Partei die Diskriminierung bloß glaubhaft machen. Es liegt sodann bei der beklagten Partei, aktiv zu werden und das Gericht vom Wahr­heitsgehalt ihrer Aussage zu überzeugen. Das heißt also, die beklagte Partei muss beweisen, dass sie nicht diskriminiert hat, wenn sie eine Abweisung der Klage erzielen will.

Wir haben also die von Ihnen angestrebte Beweislastumkehr bereits (Abg. Haidlmayr: Das stimmt ja nicht!), und in Wahrheit geht es Ihnen auch gar nicht um die Beweislast­umkehr, Ihnen geht es nämlich entgegen Ihrer Begründung im Antrag in Wahrheit um eine Änderung des Beweismaßes. In den gegenständlichen Regelungen wird ja näm­lich nicht nur die Beweislast umgekehrt, sondern auch das Beweismaß erleichtert. Die gewählte Beweismaßerleichterung macht aber gerade bei der Darlegung von Motiven wirklich Sinn und hat sich in der österreichischen Arbeitsrechtsordnung bisher auch bestens bewährt. Ich darf Sie nur daran erinnern, dass eine gleichlautende Beweis­maßerleichterung ja nicht nur im Antidiskriminierungsrecht vorgesehen ist, sondern dass sie etwa auch für die Anfechtung von Kündigungen und Entlassungen wegen ver­pönter Motive gilt.

Das hier in Rede stehende Beweissystem ist also nicht nur mit den europarechtlichen Vorgaben vereinbar, sondern fügt sich auch wirklich bestens in das österreichische Arbeitsrecht ein. Ich kann also diesbezüglich in Wahrheit keinen Änderungsbedarf er­kennen. (Beifall bei der ÖVP.)

19.15


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ich weise den Antrag 58/A dem Verfassungsausschuss zu.

19.15.407. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Führerscheingesetz geän­dert wird (57/A)

 


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Wir gelangen damit zum 7. Punkt der Tages­ordnung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Das Wort erhält zunächst die Antragstellerin, Frau Abgeordnete Dr. Moser. Ich stelle die 2 Minuten ein. – Bitte.

 


19.16.01

Abgeordnete Mag. Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sie alle haben das Regierungsübereinkommen präsentiert bekom-


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men. Da gibt es eine große Vision, die Vision Zero, null Tote im Verkehrsbereich, und ich möchte Sie mit unserem Antrag zur Änderung des Führerscheingesetzes hier in die Pflicht nehmen.

Unser Antrag zielt darauf ab, dass beim Vormerksystem als wesentliches Element im Hinblick auf mehr Verkehrssicherheit auch Delikte als Vormerkdelikte aufgenommen werden, die mit der Verkehrssicherheit am meisten zu tun haben, die nämlich Unfall­ursache Nummer eins sind: Geschwindigkeitsüberschreitungen beziehungsweise un­angepasste Geschwindigkeit.

Ein zweites Vormerkdelikt brauchen wir auch unbedingt, weil es in der Konzentrations­minderung genauso wirkt wie Alkoholkonsum, nämlich das Handytelefonieren am Steuer.

Diese zwei Vormerkdelikte müssen den traditionellen Punkteführerschein, das Vor­merksystem deutlich ergänzen, deutlich verbessern. Unser Antrag zielt darauf ab, dass wir sehr schnell im Hinblick auf die Vision Zero, null Verkehrstote, hier endlich Nägel mit Köpfen machen und die Verkehrssicherheit wirklich in die Richtung voranbringen, wo sie eigentlich schon hätte sein sollen. Ich hoffe auf Ihre Unterstützung. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

19.17


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Binder-Maier. Ich stelle die Uhr auf die gewünschten 3 Minuten ein. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


19.17.41

Abgeordnete Gabriele Binder-Maier (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Moser, Ihr Antrag beinhaltet vor allem jene Maßnahmen, die die Hebung der Verkehrssicherheit beschleunigen beziehungsweise die Sicherheit für die VerkehrsteilnehmerInnen erhöhen. Ich denke, das ist ein Ansinnen, dem wir uns prinzi­piell anschließen können, geht es doch darum, einerseits Unfälle zu vermeiden, ande­rerseits Risiken auszuschließen und die Sicherheit zu gewährleisten. Auch unter dem Blickwinkel, meine Damen und Herren, dass wir mit einer Zunahme beim Straßenver­kehr bis zum Jahr 2015 mit bis zu 40 Prozent rechnen können und im hochrangigen Netz um 30 Prozent.

Ich denke, unsere gemeinsamen Anstrengungen müssen dahin gehen, einerseits die­ser Zunahme gerecht zu werden, andererseits Sicherheit für die schwächeren Ver­kehrsteilnehmerInnen zu gewährleisten. Wir müssen miteinander alles unternehmen, diese Zunahme einzudämmen und den öffentlichen Verkehr zu fördern.

Meine Damen und Herren! Schnell fahren, rücksichtsloses Fahren, Fahren unter Alko­holeinfluss, Autofahren mit dem Handy in der Hand sind keine Kavaliersdelikte und sind auf keinen Fall zu akzeptieren, denn sie sind absolute Gefahrenquellen und beein­trächtigen vor allem andere VerkehrsteilnehmerInnen.

Wenn wir uns noch ein paar Zahlen anschauen: 2006 starben 727 Menschen im Stra­ßenverkehr. Besonders dramatisch ist für mich, dass auch Kinder zu Tode kommen. Ein wesentlicher Grund ist die mangelnde Kindersicherung in den PKWs. Unsere An­strengung muss in die Richtung gehen, diese Kinder zu schützen. Tatsache ist aber auch, dass gerade eine kleine Gruppe von AutofahrerInnen, maximal 1 Prozent, sich und andere Menschen übermäßig gefährdet. Das sind jene, die unbelehrbar sind, die sogenannten HochrisikolenkerInnen. Vor dieser Gruppe muss die große Gruppe der disziplinierten AutofahrerInnen und VerkehrsteilnehmerInnen geschützt werden. Wir brauchen Verkehrssicherheitsmaßnahmen, die klar, verständlich und nachvollziehbar sind.


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Ich bin davon überzeugt, Frau Kollegin Moser, dass wir in der nächsten Sitzung des Verkehrsausschusses Ihren Antrag sehr eingehend besprechen werden und so un­serem gemeinsamen Ziel, der Stärkung und Hebung der Verkehrssicherheit, wieder einen Schritt näher kommen werden. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Pilz.)

19.20


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Eder-Gitschthaler; ebenfalls für 3 Minuten. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


19.20.51

Abgeordnete Dr. Andrea Eder-Gitschthaler (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Ich kann Ihnen, Frau Abgeord­nete Moser, nur Recht geben: Jeder einzelne Verkehrstote ist wirklich einer zu viel. Und deshalb bemühen wir uns ja auch hier im Hohen Haus, Regelungen zu finden, die dem entgegensteuern.

Zum vorliegenden Antrag darf ich kurz Folgendes anführen: Ich habe heute im ORF-Teletext gelesen, es gibt derzeit auch wieder ein Problem mit dem Zebrastreifen, weil nämlich nur zirka 40 Prozent der österreichischen Autofahrer vor einem Zebrastreifen stoppen. – Auch hier ist Handlungsbedarf gegeben, weil für die Fußgänger ein trüge­risches Sicherheitsdenken. Ich denke, wir sollten auch dieses Faktum, Frau Dr. Moser, in unsere Handlungen miteinbeziehen.

Wie meine Vorrednerin schon gesagt hat, sind im vergangenen Jahr 727 Menschen auf Österreichs Straßen gestorben. Wir müssen wirklich alles daransetzen, diese Zahl weiter zu reduzieren. Es ist zwar positiv, dass diese Zahl die absolut niedrigste Zahl an Verkehrstoten seit dem Beginn der Aufzeichnungen vor 56 Jahren war, doch jedes Schicksal ist tragisch; da gebe ich Ihnen vollkommen Recht.

Jedem von uns, auch als Verkehrsteilnehmerin und Verkehrsteilnehmer und speziell mir als zweifacher Mutter, liegt besonders viel daran, die Straßen auch für unsere Kin­der sicherer zu machen. Die Vorschläge müssen gut durchdacht sein, durch genaue Studien belegt und gestützt sowie in Zusammenarbeit mit zahlreichen Experten über­arbeitet werden.

Ich möchte dazu anführen, dass sich das Führerschein-Vormerksystem seit der Einfüh­rung am 1. Juli 2005 generell bewährt hat. Es ergänzt das bestehende Straf- und Füh­rerscheinentzugsgesetz um eine weitere Ebene bei 13 Delikten. Bei Gefährdung eines Fußgängers am Schutzweg zum Beispiel, bei Nichteinhaltung eines entsprechenden Sicherheitsabstandes et cetera erfolgt als Vorstufe zum Entzug der Lenkerberechti­gung eine Vormerkung im Führerscheinregister, Wiederholungstäter müssen Schulun­gen absolvieren, und Unbelehrbare müssen nach drei Verstößen, wie bekannt, inner­halb von zwei Jahren den Führerschein abgeben.

Ob es richtig ist, den Katalog der Vormerkdelikte zu erweitern, das mag die Debatte im Ausschuss klären; es ist zu hinterfragen und zu diskutieren. Das Vormerksystem ist sicher ein guter und wichtiger Schritt in die richtige Richtung, es gilt, darauf aufzubau­en. Ich würde vorschlagen, eine neue Arbeitsgruppe im Verkehrsministerium zu instal­lieren, bestehend aus Vertretern der Autofahrerklubs, zahlreichen Experten aus den verschiedensten Bereichen, dass wir das auch mit einer breiten Öffentlichkeit diskutie­ren und neue Studien natürlich einfließen lassen. Also es geht darum, etwas mitein­ander zu bewegen.

Ich möchte noch sagen, dass ich auf unsere Exekutive vertraue, dass sie das gut im Griff hat, und ich möchte mich an dieser Stelle dafür bedanken, dass sie immer und stets für uns bereit ist.


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Ich hoffe, dass die Unfallstatistik im Jahr 2007 weiter unterboten werden kann. – Dan­ke. (Beifall bei der ÖVP.)

19.24


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mayer­hofer. 2 Minuten Redezeit, und das ist auch gleichzeitig die Restredezeit Ihrer Frak­tion. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


19.24.44

Abgeordneter Leopold Mayerhofer (FPÖ): Geschätzter Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren! – Auf der Regierungsbank befindet sich niemand. – Zwei Minuten sind wenig, aber es ist in Kürze gesagt: Zero Ahnung haben Sie, Frau Abgeordnete, das muss ich Ihnen einmal sagen! Sie haben leider einen sehr schlechten Kontakt zu Polizisten. Hätten Sie einen ganz einfachen Straßenpolizisten gefragt, hätte Ihnen dieser gesagt, dass zum Beispiel bei dem Delikt Handy-Telefonieren am Steuer der Autofahrer einen Rechtsanspruch auf die Verhängung eines Organmandates hat. Bei der Verhängung eines Organmandates ist auch impliziert und eingeschlossen – bitte, hören Sie zu! – die Anonymität. Das heißt, Sie tragen dann in eine Vormerkevidenz einen unbekannten Autofahrer ein – ich wünsche Ihnen beim Verwaltungsverfahren sehr viel Glück dabei!

Zum Schnellfahren sage ich Ihnen: Der Autofahrer ist einer der – ich sage das jetzt einmal so – am meisten Belasteten in jeder Form, auch bei den Strafen. Lassen Sie mich Folgendes anführen, damit auch Sie das vielleicht noch in Erinnerung bekommen: Nach § 7 (3) des Führerscheingesetzes gilt eine Person als unzuverlässig, welche die Geschwindigkeit im Ortsgebiet um mehr als 40 km/h, außerhalb des Ortsgebietes um mehr als 50 km/h überschreitet. Vorgesehen für diese Verfehlung sind zwei Wochen Führerscheinentzug, im höchsten Fall sechs Wochen. – Was wollen Sie noch alles? (Abg. Dr. Moser: Sie verstehen ja überhaupt nichts!) Sie wollen ein Volk von Sozial­fällen erzeugen. Das sind lauter Arbeitnehmer oder auch Mütter, die – wie soll man sagen? – die Familienbelange mit dem Fahrzeug abwickeln müssen. (Abg. Dr. Moser: Kommen Sie einmal in den Verkehrsausschuss!) Ich werde Ihnen das dann noch ganz genau erklären.

Tatsache ist, auch Sie hätten zu mehr Verkehrssicherheit beitragen können; ich erin­nere nur an die Jahre 2000 bis 2005, jeden Donnerstag im 1. Bezirk.

Wir werden sicherlich gegen weitere Belastungen für die Autofahrer sein, und ich weiß mich da nicht allein, das kann ich Ihnen sagen. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

19.26


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Scheib­ner; ebenfalls 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


19.26.58

Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist ja gar nicht so einfach, auch gemeinsam mit den Grünen einmal auf den Kern des Antrages zu kommen, weil es da noch Unsicherheiten gibt, was denn die Paragra­phen – ich sehe, es wird gerade wieder diskutiert – wirklich bedeuten. Vielleicht kann man das bis zum Ausschuss klären, damit wir dann auch wirklich in der Sache diskutie­ren können.

Frau Kollegin Moser, Sie schreiben in Ihrem Antrag immer „Vormerksystem (Punkte­führerschein)“. – Das Vormerksystem, das hier eingeführt worden ist, soll eben genau nicht der Punkteführerschein sein, so wie er in anderen Ländern eingeführt ist (Abg. Dr. Moser: Aber Sie haben immer gesagt, dass das die österreichische Variante ist!), wo man für jedes mögliche Delikt einen Punkteabzug bekommt und dann für wirkliche


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Kleinigkeiten auf den Führerschein verzichten muss. Für wirklich gefährliche Delikte, wie etwa überzogenes Schnellfahren – und deswegen ist das Schnellfahren eben nicht in dem Vormerksystem angeführt –, gibt es selbstverständlich die Konsequenz der so­fortigen Führerscheinabnahme, Frau Kollegin.

Aber wenn man etwa bei Linz, wo Ihr Landesrat gegen jede Vernunft Tempo 100 ver­ordnet hat – auf einer dreispurigen Autobahn! – 131 km/h fährt, was dort immer mög­lich ist und nicht verkehrsgefährdend ist, sollen schon Punkte vergeben werden? Wenn das ein Pendler ist, der das dreimal hintereinander macht, kann er seinen Führerschein abgeben. – Frau Kollegin, das ist Unsinn, wenn ich das so sagen darf, das hat nichts mit Verkehrssicherheit zu tun!

Wir sind sehr dafür, Verkehrssicherheit zu fördern. Die letzte Regierung mit Verkehrs­minister Gorbach und Staatssekretär Kukacka hat das auch geschafft. Es sind noch nie so wenig Verkehrstote zu beklagen gewesen wie im vorigen Jahr. Das ist das Ergebnis einer vernünftigen Verkehrspolitik – nicht aber solcher Alibihandlungen, die klar signali­sieren, es geht nicht um die Sache, sondern es geht darum, symbolhaft gegen die Autofahrer hier Anträge einzubringen. (Beifall beim BZÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

19.29


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Gahr; ebenfalls 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


19.29.09

Abgeordneter Hermann Gahr (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Ich meine, dieses Thema muss kein Kampfthema sein, son­dern grundsätzlich sind alle Anregungen und Vorschläge und Diskussionen, die die Si­cherheit im Straßenverkehr erhöhen, begrüßenswert. Es muss uns allen gemeinsam darum gehen, die Zahl der Verkehrsopfer zu senken und die Verkehrssicherheit zu erhöhen.

Es geht um die Sicherheit für aktive und passive Verkehrsteilnehmer, es geht aber auch darum, dass wir unsere Verantwortung als politische Vertreter wahrnehmen. Und ich möchte weiters betonen, dass es auch darum geht, dass wir uns aus der eigenen Verantwortung nicht ganz entlassen können, sondern dass wir auch die eigene Verantwortung einfordern.

Grundsätzlich, so meine ich, hat das Vormerksystem dazu beigetragen, dass sich die Verkehrssicherheit in Österreich positiv entwickelt hat. Die Zahl der Opfer ist gesunken.

Derzeit sind 13 Delikte in diesem Vormerksystem angeführt, und als aktiver Verkehrs­teilnehmer hat man irgendwo ein besseres Gespür für Verkehrssicherheit entwickelt. Ich persönlich beobachte, dass gerade bei den Gehsteigen – wenn das auch noch nicht überall richtig umgesetzt wird – die Autofahrer um vieles aufmerksamer sind.

Der vorliegende Antrag der Grünen ist ein Antrag, den wir im Ausschuss diskutieren werden. Es geht darum, dass es zwei Delikte gibt, über die man offen reden sollte. Kollegin Binder hat es angesprochen; ich glaube, das Telefonieren mit dem Handy am Steuer ist irgendwie schon so etwas wie ein Kavaliersdelikt geworden, aber es trägt doch zur Gefährdung der Straßenverkehrssicherheit bei, weil viele dieses Telefonieren am Steuer auch praktizieren. Wir sollten diesbezüglich sinnvolle Maßnahmen treffen: erstens mehr Aufklärungsarbeit betreiben und zweitens, das muss man auch ganz offen sagen, Kontrollmöglichkeiten der Exekutive in einem praktikablen Maß einführen.

Thema „Schnellfahren“ – da gebe ich Kollegem Scheibner Recht –: Man hat derzeit ein System, wo man von Geldstrafen bis hin zum Führerscheinentzug alles umsetzen kann. Dieses Modell funktioniert, und wir müssen zuerst ein besseres Modell präsentie-


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ren, um das alte Modell außer Kraft zu setzen. – Also so schnell, glaube ich, kann das nicht umgesetzt werden.

Von unserer Fraktion wird dieser Antrag nicht unterschätzt. Es wird auch das Problem nicht unterschätzt, wir nehmen das Problem ernst und freuen uns, dass wir mit unter­schiedlichen Positionen in den Ausschuss gehen und das diskutieren. Am Ende sollte ein sinnvolles Modell übrig bleiben, das uns alle – aber natürlich vor allem alle aktiven und passiven Verkehrsteilnehmer – schützen und uns sicher durch den Straßenverkehr begleiten wird. – Danke. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

19.31


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ich weise den Antrag 57/A dem Verkehrsausschuss zu.

19.32.058. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das „Öffentlicher Personennah- und Regionalverkehrsgesetz“ (ÖPNRV-G) geändert und die Bestellerförderung des Bundes auf 80 Mio Euro erhöht wird (59/A)

 


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Wir gelangen zum 8. Punkt der Tagesordnung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Das Wort erhält zunächst die Antragstellerin, Frau Abgeordnete Dr. Moser. Ich erteile es hiemit. 3 Minuten Redezeitbeschränkung, Frau Kollegin. – Bitte.

 


19.32.38

Abgeordnete Mag. Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben heute Vormittag schon über Klimaschutz-Maßnahmen diskutiert, und es ist uns allen klar geworden, dass es darum geht, den motorisierten Verkehr etwas zu reduzieren – nicht nur im Sinne des Klimaschutzes, sondern vor allem auch im Sinne des Energiesparens. Wir sind nahe dem „Peak Oil“, das heißt, in Zukunft wird der Energiepreis massiv steigen, wird der Treibstoffpreis massiv steigen. Daher müssen wir den Menschen, vor allem jenen Menschen, die bis jetzt auf das Auto angewiesen sind, Alternativen zur Verfügung stellen, und diese Alternativen sind einfach auch öffentliche Verkehrsmittel.

Wie wir wissen, hat es in der Vergangenheit ein zähes Ringen um die verbesserte Finanzierung und die bessere organisatorische Gestaltung des Angebots für öffentliche Verkehrsmittel gegeben. Die letzte Regierung hat noch eine Novelle eingebracht, nur ist diese Novelle des ÖPNRV-Gesetzes daran gescheitert, dass der Finanzminister keine zusätzlichen Mittel bereitgestellt hat. In der Novelle war noch von 30 Millionen die Rede, der Finanzminister hat gesagt: Nein! – Jetzt stehen wir wieder dort, wo wir 1999 gewesen sind, denn an sich hat das ursprüngliche ÖPNRV-Gesetz bereits 1999 vorge­sehen, dass den Ländern und Gemeinden zusätzliche Mittel von mindestens 50 Millio­nen zur Verfügung gestellt werden, damit sie innovative Verkehrsdienste – Busdienste, Bahndienste – finanzieren können. Seit 1999 sind es aber nicht 50 Millionen, sondern im Jahr 2006 de facto nur 7 Millionen gewesen. (Abg. Mag. Kukacka: 11!) – Herr Kol­lege, Sie sind gleich am Wort.

Unser Antrag zielt darauf ab, dass wir in Zukunft mindestens 80 Millionen zur Verfü­gung haben, damit umgestellt werden kann – umgestellt von dem Angewiesen-Sein auf das Auto, auf hohe Energiepreise, auf klimabelastenden Treibstoffverbrauch endlich


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auf umweltverträgliche, nachhaltige, attraktive öffentliche Verkehrsmittel; öffentliche Verkehrsmittel, die auch Arbeitsplätze schaffen, öffentliche Verkehrsmittel, die für mehr Verkehrssicherheit stehen, öffentliche Verkehrsmittel, die mehr Qualität bieten, mehr Qualität in der täglichen Versorgung der PendlerInnen, mehr Qualität auch bei Fern­reise-Zügen, und die insgesamt den Abschied von einer rein autozentrierten Verkehrs­politik bedeuten, wie sie leider Herr Verkehrsminister Gorbach in der Vergangenheit immer wieder betrieben hat.

Ich ersuche Sie, gerade Sie von der Sozialdemokratie, grünes Licht, ein deutliches Sig­nal in Richtung bessere finanzielle Dotierung des öffentlichen Personennahverkehrs zu geben. Ich weiß, das wird sehr, sehr intensive Verhandlungen mit dem Finanzminister, der ja jetzt von der ÖVP kommt, nach sich ziehen, und da vertraue ich auf Sie, Herr Kollege Kukacka – auf Sie, der Sie ja die Problematik sehr intensiv studiert haben, sich in Verhandlungen mit den Ländern auch intensiv eingesetzt haben –, dass Sie bei Ihrem Parteikollegen, bei Ihrem Landeskollegen, Herrn Finanzminister Molterer, ein sehr gewichtiges Wort einlegen, dass endlich der öffentliche Nahverkehr nicht nur or­ganisatorisch reformiert wird – keine Frage, der Rechnungshofbericht zeigt das deut­lich –, sondern auch finanziell auf neue Beine gestellt wird. – Danke für Ihre Unterstüt­zung. (Beifall bei den Grünen.)

19.36


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kurt Eder. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

 


19.36.19

Abgeordneter Kurt Eder (SPÖ): Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und Herren! Erlauben Sie mir, bevor ich zur Materie selbst etwas sage, den ÖBB-Bediensteten für die besonderen Leistungen, die diese in den letzten 24 Stunden auf Grund der Sturm­schäden auf der Südbahn erbracht haben, von diesem Rednerpult aus herzlichen Dank zu sagen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie bei Abgeordneten der Grünen.) Man hat deutlich gesehen, wie wichtig es ist, dass wir verlässliche Mitarbeiter bei den ÖBB haben, die möglichst rasch auch in Katastrophenfällen wirksam eingreifen. Ich danke, und ich darf den Applaus natürlich dorthin weitergeben, wohin er gehört.

Sehr geehrte Damen und Herren! Der Antrag der Kollegin Moser, wie er formuliert ist – ich habe Kollegin Moser das vorhin auch schon im persönlichen Gespräch gesagt –, beinhaltet Zahlen, die nicht mehr ganz korrekt sind, die nicht mehr aktuell sind und nicht stimmen. Man muss diese Zahlen zunächst einmal auf den aktuellen Stand brin­gen, und wenn das erledigt ist, dann können wir natürlich auch im Verkehrsausschuss über diese neue Situation entsprechend befinden und die Finanzgespräche überlegen.

Es ist in der Tat so, dass von der letzten Regierung schon eine Reihe von Vorarbeiten geleistet wurde – das muss man einfach feststellen. Es hat vor allem der damalige Herr Staatssekretär Kukacka versucht, in diesem Bereich einiges weiterzubringen. Man muss auch wissen, dass es nicht nur österreichische Lösungsvorschläge gibt, sondern es gibt auch auf europäischer Ebene Vorschläge, die wir mit integrieren müssen in die Vorschläge, die wir machen. Das ist im Rahmen dieser „PSO“-Verordnung auf europäi­scher Ebene ebenfalls diskutiert worden.

Ich gehe einmal davon aus, dass in erster Linie die Problematik natürlich darin be­stand, dass man wesentliche Bestandteile des Nahverkehrs den Ländern übertragen wollte und die Verhandlungen dann mit den Ländern, was die finanzielle Bedeckung anlangt, natürlich nicht ganz so einfach waren, wie man sich das vorgestellt hat. Aber ganz entscheidend – und da stimme ich auch mit dem, was Kollegin Moser gesagt hat, überein – wird in Zukunft sein, wie wir das so organisieren, dass möglichst viele Men­schen vom Nahverkehr Gebrauch machen, auf die öffentlichen Nahverkehrsmittel um-


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steigen, weg vom Individualverkehr, um nicht jeden Morgen in der Früh die Staumel­dungen beziehungsweise Meldungen darüber hören zu müssen, wo man im Stau mehr oder weniger nicht mehr weiterkommt, wo man im Stau erstickt.

Wichtig ist beim Nahverkehr natürlich die Qualität, wichtig ist die Pünktlichkeit, wichtig sind Takt-Fahrpläne, die man einführen muss, um auch die Sicherheit zu geben, dass man auch, wenn man ein öffentliches Verkehrsmittel in Anspruch nimmt, zur richtigen Zeit am richtigen Ort ist.

Es ist heute von der grünen Fraktion auch andiskutiert oder eingebracht worden, eine Mobilitätskarte für Österreich zu schaffen. – Auch das ist keine neue Idee, diese Idee ist bei den ÖBB schon in Arbeit, es ist eine gute Idee – egal, wer Urheber dieser Idee ist. Man sollte an diesen Dingen weiterarbeiten, damit man eben mit einer Fahrkarte auf allen öffentlichen Verkehrsmitteln quer durch Österreich fahren kann. Dann würden viele Hindernisse auf Bahnhöfen, bei Automaten und, und, und wegfallen, und die Menschen würden dann sicherlich diese Karten mehr in Anspruch nehmen.

Ich lade alle Fraktionen ein, im Verkehrsausschuss diese Thematik sehr wertfrei und offen zu diskutieren, und ich hoffe, dass wir nunmehr in der neuen Koalition auch mit den Bundesländern zu einer guten neuen Lösung kommen werden. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

19.40


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordne­ter Mag. Kukacka; ebenfalls 3 Minuten. – Bitte.

 


19.40.15

Abgeordneter Mag. Helmut Kukacka (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Ja, Frau Kollegin Moser hat Recht: Der öffentliche Verkehr hat große Bedeu­tung, sowohl was den Klimaschutz als natürlich auch die Mobilität der Menschen be­trifft. Er sichert Funktionsfähigkeit und Lebensqualität insbesondere im Ballungsraum, aber er ist natürlich auch ein wichtiger Teil der Daseinsvorsorge und damit auch der regionalen Chancengleichheit im ländlichen Raum. Deshalb bekennen wir uns auch zum öffentlichen Verkehr und zu seiner Reform und Verbesserung.

Schon die letzte Bundesregierung hat sich ja den öffentlichen Verkehr viel Geld kosten lassen. Der Bund gibt 500 Millionen € jährlich allein für Tarifstützungen des öffentlichen Verkehrs aus. Jeder Pendler, egal, ob er Wochen-, Monats- oder Jahrespendler ist, zahlt maximal ein Drittel seiner Kosten selbst. Zwei Drittel werden ihm auf Grund von Tarifstützungen vom Bund abgenommen.

Aber natürlich müssen wir diesen öffentlichen Verkehr weiterentwickeln, denn es erge­ben sich auch Probleme: Die öffentliche Hand, Bund und Länder haben in den letzten Jahren immer mehr Geld für den öffentlichen Verkehr ausgegeben, aber die Zahl der Nutzer des öffentlichen Verkehrs ist in vielen Regionen Österreichs leider zurückge­gangen. Das heißt, wir müssen die verkehrspolitische Effizienz des öffentlichen Ver­kehrs verbessern.

Auch der Rechnungshof – Kollege Eder hat es angesprochen – hat auf diese Pro­bleme, auf die Kompetenzprobleme hingewiesen und eben auch auf diese mangelnde Effizienz des öffentlichen Verkehrs. Wir haben schon versucht, mit den Ländern Refor­men anzudiskutieren, haben Konzepte entwickelt, sie zum Teil umgesetzt, aber noch nicht im vollen Umfang, weil es hier sehr viele komplexe Probleme gibt und es sich schwierig gestaltet, gemeinsam mit den Ländern, den Gemeinden, dem Städtebund, den Österreichischen Bundesbahnen und den Busbetreibern zu sinnvollen Lösungen zu kommen.


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Eines möchte ich auch sagen: Es hat kaum eine Bundesregierung bisher gegeben, die in ihrem Regierungsprogramm schon im Vorhinein so konkret auf bestimmte Zielvor­stellungen des öffentlichen Verkehrs eingegangen ist, wie das jetzt im Regierungspro­gramm der Fall ist. Wir haben uns darin dazu bekannt, dass es zu einer Weiterentwick­lung des öffentlichen Verkehrs kommen soll, dass neue Nahverkehrszüge eingesetzt werden sollen, dass der Taktverkehr ausgebaut werden muss, dass ein Österreich-Ticket für alle öffentlichen Verkehrsmittel verwirklicht werden soll.

Deshalb ist es zu kurz gegriffen, Frau Kollegin Moser, wenn Sie jetzt einfach 80 Millio­nen € mehr für den öffentlichen Verkehr verlangen, denn mit einer bloßen Erhöhung der Mittel ist noch keine Effizienz der Leistungserbringung verbunden, und auch das Kompetenzwirrwarr wird damit noch nicht gelöst. Und vor allem: Sie stellen auch die Länder und die Gemeinden vor große Probleme, denn der Antrag, wie Sie ihn einge­bracht haben, verlangt eine entsprechende Kofinanzierung mit gleich hohen Beträgen durch Länder und Gemeinden, und dazu sind ja die Länder, wie wir aus den Verhand­lungen wissen, überhaupt nicht in der Lage.

Also: Ja zu einer weiteren Reform, zu einer Verbesserung, zu einer Attraktivierung des Nahverkehrs – aber einfach Mittel zu erhöhen und sonst die Zustände so zu belassen, wie sie sind, das ist nicht zielführend. Wir wollen einen besseren, wir wollen einen attraktiveren Nahverkehr, und daran werden wir auch in der nächsten Legislaturperiode arbeiten. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

19.44


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Bucher; selbst gewählte 2 Minuten Redezeit. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


19.44.47

Abgeordneter Josef Bucher (BZÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Wir stehen traditionell natürlich zu einer entsprechenden Mittel­ausstattung für den öffentlichen Verkehr, haben nie ein Hehl daraus gemacht, haben in der letzten Legislaturperiode auch mit unserem Verkehrs- und Infrastrukturminister eine klare Position bezogen, dass es nicht darum geht, die Pendler, die automotiv un­terwegs sind, und die Pendler, die im öffentlichen Verkehr unterwegs sind, gegenein­ander auszuspielen, sondern es geht um das Gemeinsame, um das Miteinander.

Das impliziert natürlich auch, was die Finanzierung betrifft, dass der Bund gemeinsam mit den Ländern dafür sorgt, dass die finanzielle Grundlage geschaffen wird, damit vor allem die Pendler im ländlichen Raum eine entsprechende Verkehrsanbindung vorfin­den, damit sie möglichst kostengünstig zu ihrem Arbeitsplatz kommen.

Bisher ist es so, dass der Bund 1,1 Milliarden € dafür zur Verfügung stellt und die Län­der in etwa 470 Millionen € zur Verfügung stellen.

Wir haben sehr große Sympathien, was den Antrag betrifft, sind aber dafür, dass wir uns im Rahmen eines großen, generellen Konzeptbereichs darüber Gedanken ma­chen, wie wir hier eine Optimierung zustande bringen. – Danke schön. (Beifall beim BZÖ.)

19.46


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Zum Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ich weise den Antrag 59/A dem Verkehrsausschuss zu.

Die Tagesordnung ist erschöpft.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 163

19.46.21Einlauf

 


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Ich gebe noch bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 96/A bis 116/A eingebracht wurden.

Ferner sind die Anfragen 286/J bis 304/J eingelangt.

*****

Die nächste Sitzung des Nationalrates, die geschäftsordnungsmäßige Mitteilungen und Zuweisungen betreffen wird, berufe ich für 19.47 Uhr, also gleich im Anschluss an diese Sitzung, ein.

Diese Sitzung ist geschlossen.

19.46.47Schluss der Sitzung: 19.46 Uhr

 

 

 

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