Der Ablauf am Beispiel des ersten COVID-19-Gesetzespakets:
Da der Gesetzentwurf in Form eines Selbständigen Antrags von fünf Abgeordneten eingebracht wurde, bedurfte es weder eines vorparlamentarischen Begutachtungsverfahrens noch eines Ministerratsbeschlusses. Jedoch ist die Einbringung solcher Anträge nur in einer Plenarsitzung des Nationalrats möglich.
Da die Geschäftsordnung des Nationalrats zwingend die Vorberatung solcher Verhandlungsgegenstände in einem Ausschuss vorsieht, muss eine Zuweisung an einen Ausschuss zur Vorberatung erfolgen, wofür eine gesonderte Plenarsitzung erforderlich ist. Aus diesem Grund fanden am Samstag, dem 14. März 2020, um 17 Uhr zwei kurze, aufeinander folgende Plenarsitzungen des Nationalrats statt.
Um 18 Uhr trat der Budgetausschuss zur Vorberatung des selbständigen Antrags 396/A (COVID-19-Gesetz) zusammen. Im Zuge seiner Verhandlungen beschloss er drei weitere Gesetzesanträge in Form selbständiger Ausschussanträge gem. § 27 GOG-NR, also von Gesetzesvorschlägen, die erst im Ausschuss präsentiert und eingebracht wurden. Dazu zählt u.a. eine Ermächtigung des zuständigen Bundesministers zur Erlassung von Sonderregelungen für Reifeprüfungen im Schuljahr 2019/2020. – Von den zuständigen Bediensteten der Parlamentsdirektion waren in der Nacht auf Sonntag die Ausschussberichte für diese vier Gesetzentwürfe fertigzustellen, damit sie Gegenstand der Tagesordnung des Plenums sein konnten, das für Sonntag, 9 Uhr, anberaumt war.
Damit die Ausschussberichte vom Plenum in zweite und dritte Lesung genommen werden konnten, musste der Nationalrat zunächst (mit Zweidrittelmehrheit) beschließen, von der sonst geltenden 24-stündigen Aufliegefrist abzusehen. Nach einer Debatte von wenigen Stunden erfolgte am Sonntag mittags die Beschlussfassung im Nationalrat. Am Schluss der Sitzung musste noch das Amtliche Protokoll verlesen werden, damit es mit Ende der Sitzung als genehmigt gilt (und nicht erst am Ende des folgenden Arbeitstags). Die Beschlüsse konnten damit sofort ausgefertigt und an den Bundesrat weitergeleitet werden.
Der Bundesrat konnte diese am Sonntag bereits um 14:30 Uhr in Verhandlung nehmen – und zwar ohne vorherige Vorberatung in einem Ausschuss. Das ist im Bundesrat (anders als im Nationalrat) möglich, sofern er dies mit Zweidrittelmehrheit beschließt (§ 16 Abs 3 GO-BR).
Am Schluss der Plenarsitzung erfolgte wiederum die Verlesung des Amtlichen Protokolls, sodass noch am selben Tag die Beschlüsse ausgefertigt, dem Bundespräsidenten zur Beurkundung und dem Bundeskanzler zur Gegenzeichnung vorgelegt werden und die Gesetze schließlich im Bundesgesetzblatt kundgemacht werden konnten. Damit war, wie für die meisten der enthaltenen Gesetzesänderungen vorgesehen, ein Inkrafttreten mit Montag, dem 16. März 2020 (als dem "der Kundmachung folgenden Tag"), möglich.