Stenographisches Protokoll

98. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

XX. Gesetzgebungsperiode

 

Donnerstag, 13. November 1997

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Stenographisches Protokoll

98. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XX. Gesetzgebungsperiode Donnerstag, 13. November 1997

Dauer der Sitzung

Donnerstag, 13. November 1997: 9.02 – 22.20 Uhr

*****

Tagesordnung

Bundesfinanzgesetz für das Jahr 1998 samt Anlagen

Beratungsgruppe X: Wissenschaft und Forschung; Verkehr und öffentliche Wirtschaft

Beratungsgruppe VI: Unterricht und kulturelle Angelegenheiten

Beratungsgruppe XII: Militärische Angelegenheiten

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Inhalt

Personalien

Verhinderungen 7

Ordnungsruf 95

Geschäftsbehandlung

Antrag der Abgeordneten Andreas Wabl und Genossen, dem Verfassungsausschuß zur Berichterstattung über den Antrag 548/A (E) betreffend Versagung des Vertrauens gegenüber dem Bundesminister für Landesverteidigung gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung eine Frist bis 9. Dezember 1997 zu setzen 8

Verlangen gemäß § 43 Abs. 3 der Geschäftsordnung auf Durchführung einer Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG 8

Redner:

Andreas Wabl 129

Dr. Karl Maitz 131

Herbert Scheibner 132

Hans Helmut Moser 133

Mag. Doris Kammerlander 135

Ing. Gerald Tychtl 136

Ablehnung des Fristsetzungsantrages 137


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98. Sitzung / Seite 2

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung 9

Unterbrechungen der Sitzung 88, 137

Ausschüsse

Zuweisung 8

Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Reinhart Gaugg und Genossen an den Bundeskanzler betreffend "gerechte Pensionen für alle" (3309/J) 88

Begründung: Reinhart Gaugg 93

Bundeskanzler Mag. Viktor Klima 98

Debatte:

Dr. Jörg Haider 103

Heidrun Silhavy (tatsächliche Berichtigung) 106

Mag. Gisela Wurm (tatsächliche Berichtigung) 106

Helmut Dietachmayr (tatsächliche Berichtigung) 106

Inge Jäger (tatsächliche Berichtigung) 107

Mag. Walter Guggenberger (tatsächliche Berichtigung) 107

Annemarie Reitsamer 107

Mag. Helmut Kukacka 109

Dr. Volker Kier 111

Karl Öllinger 113

Dr. Andreas Khol (tatsächliche Berichtigung) 116

Mag. Johann Ewald Stadler 117

Franz Hums 119

Dr. Michael Spindelegger 120

Mag. Herbert Haupt 122

Mag. Walter Guggenberger 123

Andreas Wabl (tatsächliche Berichtigung) 124

Dr. Gottfried Feurstein 125

Mag. Gilbert Trattner (tatsächliche Berichtigung) 127

Sigisbert Dolinschek 127

Verhandlungen

Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (841 und Zu 841 d. B.): Bundesfinanzgesetz für das Jahr 1998 samt Anlagen (910 d. B.) 8

Beratungsgruppe X: Kapitel 14: Wissenschaft und Forschung (einschließlich Konjunkturausgleich-Voranschlag), Kapitel 65: Verkehr und öffentliche Wirtschaft (einschließlich Konjunkturausgleich-Voranschlag) 9

Redner:

Dr. Michael Krüger 9

Dipl.-Vw. Dr. Dieter Lukesch (tatsächliche Berichtigung) 11

DDr. Erwin Niederwieser 11

Dr. Martina Gredler 13

Dipl.-Vw. Dr. Dieter Lukesch 17

MMag. Dr. Madeleine Petrovic 19

Rudolf Parnigoni 24

MMag. Dr. Willi Brauneder 25

Mag. Helmut Kukacka 27


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98. Sitzung / Seite 3

Mag. Thomas Barmüller 29

Dr. Johann Stippel 33

Mag. Gabriela Moser 33

Ernst Fink 37

Peter Rosenstingl 38

Bundesminister Dr. Caspar Einem 41

Josef Edler 46

Dr. Martin Graf 47


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98. Sitzung / Seite 4

Dr. Gertrude Brinek 49

Dipl.-Ing. Leopold Schöggl 50

Dr. Irmtraut Karlsson 51

Hermann Mentil 52

Dr. Günther Leiner 53

Franz Hums 55

Johann Kurzbauer 55

Dr. Robert Rada 56

Kurt Wallner 57

Ing. Kurt Gartlehner 58

Gabriele Binder 58

Mag. Kurt Gaßner 59

Winfried Seidinger 60

Robert Sigl 61

Annahme der Beratungsgruppe X 62

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dipl.-Vw. Dr. Dieter Lukesch, DDr. Erwin Niederwieser und Genossen betreffend Erstellung eines Berichtes zur sozialen Lage der Studierenden – Annahme (E 91) 18, 62

Beratungsgruppe VI: Kapitel 12: Unterricht und kulturelle Angelegenheiten (einschließlich Konjunkturausgleich-Voranschlag)62

Redner:

Mag. Karl Schweitzer 62

Mag. Dr. Josef Höchtl 65

Mag. Karl Schweitzer (tatsächliche Berichtigung) 67

Maria Schaffenrath 68

Karlheinz Kopf (tatsächliche Berichtigung) 72

Dr. Dieter Antoni 72

Karl Öllinger 74

Bundesministerin Elisabeth Gehrer 78

Franz Morak 82

Elfriede Madl 83

Mag. Dr. Josef Höchtl (tatsächliche Berichtigung) 85

Mag. Walter Posch 85

Klara Motter 87, 137

Katharina Horngacher 138

Mag. Dr. Udo Grollitsch 139

Dr. Christa Krammer 140

Dipl.-Ing. Leopold Schöggl 143

Werner Amon 144

Dr. Michael Krüger 146

DDr. Erwin Niederwieser 147

Mag. Gabriela Moser 148

Maria Rauch-Kallat 149

Brunhilde Fuchs 151

Franz Stampler 152

Franz Riepl 153

Dr. Gertrude Brinek 154

Dr. Robert Rada 155

Wolfgang Großruck 156

Paul Kiss 157

Annahme der Beratungsgruppe VI 159

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Karl Schweitzer und Genossen betreffend Aussetzen der Rechtschreibreform – Ablehnung 85, 159

Beratungsgruppe XII: Kapitel 40: Militärische Angelegenheiten (einschließlich Konjunkturausgleich-Voranschlag) 159

Redner:

Herbert Scheibner 159

Dr. Karl Maitz 162

Hans Helmut Moser 164

Anton Gaál 169

Andreas Wabl 171

Bundesminister Dr. Werner Fasslabend 174

Willi Sauer 176

Wolfgang Jung 177

Anton Leikam 180

Mag. Helmut Peter 181

Dr. Michael Spindelegger 183

Andreas Wabl (tatsächliche Berichtigung) 184

Dipl.-Ing. Leopold Schöggl 184

Ing. Gerald Tychtl 185

Dr. Harald Ofner 186

Günther Platter 188

Wolfgang Jung (tatsächliche Berichtigung) 189

Ute Apfelbeck 189

Arnold Grabner 190

Mag. Herbert Haupt 191

Dr. Dieter Antoni 192

Dipl.-Ing. Werner Kummerer 193

Wolfgang Großruck 194

Mag. Doris Kammerlander 195

Annahme der Beratungsgruppe XII 196

Entschließungsantrag der Abgeordneten Herbert Scheibner und Genossen betreffend die Erhöhung des LV-Budgets für die Erfüllung der Aufgaben des österreichischen Bundesheeres – Ablehnung 162, 196

Eingebracht wurden

Regierungsvorlagen 7

913: Bundesgesetz über die Veräußerung von beweglichem und unbeweglichem Bundesvermögen

916: Bundesgesetz, mit dem das Zollrechts-Durchführungsgesetz, das Bundes-Verfassungsgesetz und das Ausfuhrerstattungsgesetz geändert werden (3. ZollR-DG-Novelle)

917: Bundesgesetz, mit dem das Investmentfondsgesetz (InvFG) geändert wird


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929: Bundesgesetz, mit dem das Börsegesetz 1989, das Börsefondsgesetz 1993, das Einführungsgesetz zur Zivilprozeßordnung, das Wertpapieraufsichtsgesetz, das Aktiengesetz 1965 und das Bankwesengesetz geändert werden

933: Abgabenänderungsgesetz 1997

934: Bundesgesetz, mit dem das Schulorganisationsgesetz geändert wird

935: Bundesgesetz, mit dem das Schulunterrichtsgesetz geändert wird

936: Bundesgesetz, mit dem das Land- und forstwirtschaftliche Bundesschulgesetz geändert wird

937: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über Schulen zur Ausbildung von Leibeserziehern und Sportlehrern geändert wird

938: Bundesgesetz über die Rechtspersönlichkeit von religiösen Bekenntnisgemeinschaften

939: Bundesgesetz, mit dem das Schulzeitgesetz 1985 geändert wird

940: Postgesetz 1997

941: Bundesgesetz, mit dem das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1985 geändert wird

943: Übereinkommen zwischen den Vertragsstaaten des Nordatlantikvertrages und den anderen an der Partnerschaft für den Frieden teilnehmenden Staaten über die Rechtsstellung ihrer Truppen samt Erklärungen Österreichs

946: Tiertransportgesetz-Eisenbahn – TGEisb

948: Eisenbahnrechtsanpassungsgesetz 1997 – EIRAG 1997

Antrag der Abgeordneten

Mag. Karl Schweitzer und Genossen betreffend Beibehaltung der Assistenzstellen an den Höheren Technischen Lehranstalten (631/A) (E)

Anfragen der Abgeordneten

Reinhart Gaugg und Genossen an den Bundeskanzler betreffend "gerechte Pensionen für alle" (3309/J)

Georg Wurmitzer und Genossen an den Präsidenten des Rechnungshofes gemäß § 91a GOG betreffend Weitergabe von vertraulichen Rohberichten des Rechnungshofes an die Öffentlichkeit (3310/J)

Dipl.-Ing. Leopold Schöggl und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend die Entwicklung der "Euro-Cryst" (3311/J)

Heinz Gradwohl und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend Sinnhaftigkeit und Wirksamkeit diverser AMA-Gütesiegel (3312/J)

Heidrun Silhavy und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend die Ausschließung von Blinden als Trauzeugen (3313/J)

Heidrun Silhavy und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend die Ausschließung von Blinden als Trauzeugen (3314/J)


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Herbert Scheibner und Genossen betreffend die nicht vorgenommene Übernahme der Behandlungskosten eines im Dienst verletzten Präsenzdieners durch das Bundesheer (Zu 3304/J)

Anfragebeantwortungen

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Alois Pumberger und Genossen (2890/AB zu 2951/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Robert Sigl und Genossen (2891/AB zu 3123/J)


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98. Sitzung / Seite 7

Beginn der Sitzung: 9.02 Uhr

Vorsitzende: Präsident Dr. Heinz Fischer, Zweiter Präsident Dr. Heinrich Neisser, Dritter Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder.

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine Damen und Herren! Ich eröffne die 98. Sitzung des Nationalrates.

Ich gebe bekannt, daß gegen das Amtliche Protokoll der 96. Sitzung vom 11. November 1997 keine Einwendungen erhoben wurden.

Am heutigen Sitzungstag als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Nürnberger, Schieder, Verzetnitsch, Mag. Frieser, Ing. Maderthaner, Murauer, Tichy-Schreder, Mag. Firlinger und Dr. Haselsteiner.

Einlauf und Zuweisungen

Präsident Dr. Heinz Fischer: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und ihrer Zuweisung verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A) Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Schriftliche Anfragen:

Beilage zur Anfrage: 3304/J.

2. Anfragebeantwortungen: 2890/AB und 2891/AB.

3. Regierungsvorlagen:

Bundesgesetz über die Veräußerung von beweglichem und unbeweglichem Bundesvermögen (913 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das Zollrechts-Durchführungsgesetz, das Bundes-Verfassungsgesetz und das Ausfuhrerstattungsgesetz geändert werden (3. ZollR-DG-Novelle) (916 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das Investmentfondsgesetz (InvFG) geändert wird (917 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das Börsegesetz 1989, das Börsefondsgesetz 1993, das Einführungsgesetz zur Zivilprozeßordnung, das Wertpapieraufsichtsgesetz, das Aktiengesetz 1965 und das Bankwesengesetz geändert werden (929 der Beilagen),

Abgabenänderungsgesetz 1997 (933 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das Schulorganisationsgesetz geändert wird (934 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das Schulunterrichtsgesetz geändert wird (935 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das Land- und forstwirtschaftliche Bundesschulgesetz geändert wird (936 der Beilagen),


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Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über Schulen zur Ausbildung von Leibeserziehern und Sportlehrern geändert wird (937 der Beilagen),

Bundesgesetz über die Rechtspersönlichkeit von religiösen Bekenntnisgemeinschaften (938 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das Schulzeitgesetz 1985 geändert wird (939 der Beilagen),

Postgesetz 1997 (940 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1985 geändert wird (941 der Beilagen),

Tiertransportgesetz-Eisenbahn – TGEisb (946 der Beilagen),

Eisenbahnrechtsanpassungsgesetz 1997 – EIRAG 1997 (948 der Beilagen).

B) Zuweisungen in dieser Sitzung:

zur Vorberatung:

Außenpolitischer Ausschuß:

Übereinkommen zwischen den Vertragsstaaten des Nordatlantikvertrags und den anderen an der Partnerschaft für den Frieden teilnehmenden Staaten über die Rechtsstellung ihrer Truppen samt Erklärungen Österreichs (943 der Beilagen).

*****

Ankündigung einer Dringlichen Anfrage

Präsident Dr. Heinz Fischer: Die Abgeordneten Gaugg und Genossen haben das Verlangen gestellt, die vor Eingang in die Tagesordnung eingebrachte schriftliche Anfrage 3309/J der Abgeordneten Gaugg und Genossen an den Herrn Bundeskanzler betreffend gerechte Pensionen für alle dringlich zu behandeln.

Nach den Bestimmungen der Geschäftsordnung wird die Dringliche Anfrage um 15 Uhr aufgerufen werden.

Fristsetzungsantrag

Präsident Dr. Heinz Fischer: Vor Eingang in die Tagesordnung teile ich weiters mit, daß Herr Abgeordneter Wabl beantragt hat, dem Verfassungsausschuß zur Berichterstattung über den Antrag 548/A (E) betreffend Versagen des Vertrauens gegenüber dem Herrn Bundesminister für Landesverteidigung eine Frist bis 9. Dezember 1997 zu setzen.

Es liegt auch das Verlangen vor, über diesen Fristsetzungsantrag eine Kurzdebatte durchzuführen.

Da soeben die Behandlung einer Dringlichen Anfrage für den heutigen Sitzungstag angekündigt wurde, wird die Kurzdebatte über den Fristsetzungsantrag nach Erledigung der Dringlichen Anfrage stattfinden. Die Abstimmung über den Fristsetzungsantrag erfolgt daher im unmittelbaren Anschluß an die Debatte.

Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (841 und Zu 841 der Beilagen): Bundesfinanzgesetz für das Jahr 1998 samt Anlagen (910 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gehen jetzt in die Tagesordnung ein, deren Gegenstand das Bundesfinanzgesetz für das Jahr 1998 samt Anlagen ist.


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Redezeitbeschränkung

Präsident Dr. Heinz Fischer: In der Präsidialkonferenz wurde Konsens über die Dauer der Beratungen erzielt. Demgemäß wurde eine Tagesblockredezeit von 9 "Wiener Stunden" vereinbart, sodaß sich folgende Redezeiten ergeben: SPÖ 135 Minuten, ÖVP 126 Minuten, Freiheitliche 117 Minuten, Liberales Forum und Grüne je 81 Minuten.

Sollte die Redezeit des jeweils zuständigen Regierungsmitgliedes 20 Minuten überschreiten, würde dies auf die Redezeit der jeweiligen Regierungsfraktion angerechnet werden.

Das Hohe Haus hat über diesen Vorschlag zu befinden. Ich frage daher: Gibt es gegen diesen Vorschlag Einwendungen? – Das ist nicht der Fall. Das ist so angenommen.

Beratungsgruppe X

Kapitel 14: Wissenschaft und Forschung (einschließlich Konjunkturausgleich-Voranschlag)

Kapitel 65: Verkehr und öffentliche Wirtschaft (einschließlich Konjunkturausgleich-Voranschlag)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen zur Verhandlung über die Beratungsgruppe X: Wissenschaft und Verkehr.

Ein Wunsch auf Berichterstattung liegt nicht vor.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Krüger. – Bitte.

9.05

Abgeordneter Dr. Michael Krüger (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nicht einmal der kühnste Optimist wird bestreiten, daß sich die Universitäten in Österreich in einer veritablen Krise befinden: zum Bersten gefüllte Hörsäle, zu wenige Übungsplätze, zu wenige Professoren. (Zwischenruf der Abg. Motter. )

Frau Kollegin vom Liberalen Forum! Da Sie das bestreiten, muß ich Ihnen sagen: Ich verstehe, daß Sie mir nicht glauben – Sie haben eine andere ideologische Sicht –, aber glauben Sie dann bitte wenigstens das, was der Präsident der Rektorenkonferenz Professor Peter Skalicky sagt. (Abg. Schwemlein: Der ist ein Lobbyist!) Er sagt: Wenn bei uns an der "Architektur" die Übungslisten ausgehängt werden, dann trampeln sich die Leute gegenseitig nieder! – Sehr geehrte Frau Kollegin Motter! Wenn Sie mir schon nicht glauben, dann glauben Sie wenigstens dem, der mit der Misere an den österreichischen Universitäten tagtäglich zu tun hat. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Man braucht sich über diese Situation nicht zu wundern, denn was ist von mehr als 25 Jahren sozialistischer Bildungspolitik an den Universitäten übriggeblieben? – Seit 1970 ist die Zahl der Studenten um das Vierfache gestiegen. Im selben Zeitraum sind die Budgetmittel um ganze 60 Prozent erhöht worden. Auf der einen Seite also 400 Prozent mehr Studenten, auf der anderen Seite aber nur 60 Prozent mehr Budgetmittel. (Abg. Dr. Lukesch: Das stimmt nicht! Das ist falsch!) Das heißt mit anderen Worten, daß die Zahl der Studenten siebenmal so hoch gestiegen ist wie die dafür bereitgestellten Budgetmittel.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist das Ergebnis von mehr als 25 Jahren sozialdemokratischer Bildungspolitik an den Universitäten. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich zitiere ein weiteres Mal den Präsidenten der Rektorenkonferenz Skalicky. Er meint, er werfe dem Ministerium – also Ihnen, geschätzter Herr Minister – generell vor, in der Budgetpolitik eine Konfusionstaktik zu betreiben. Das ist die Meinung dessen, der tagtäglich mit den Problemen an den Universitäten zu tun hat und der auch die Ehre hatte, in vielschichtigen Verhandlungen Ihren Verhandlungsstil, sehr geehrter Herr Bundesminister, und auch Ihre Einstellung zu den Universitäten kennenzulernen.


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Wir von der freiheitlichen Oppositionspartei sagen dazu folgendes: Sehr geehrter Herr Bundesminister! Der Status an den österreichischen Universitäten ist ein wirklich zutiefst beklagenswerter.

Herr Bundesminister! Sie verdienen eigentlich die Bezeichnung "Wissenschaftsminister" nicht – das ist keine persönliche Wertung; diese werde ich nicht vornehmen; es ist das kein persönlicher Angriff –, nämlich in Ihrer Funktion. Sie sind vielmehr eher ein Konkursmasseverwalter für die österreichischen Universitäten als ein Bildungsminister auf Universitätsebene. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Schwemlein: Ich dachte, die Rechtsanwälte wären Konkursmasseverwalter!)

Es stellt sich naturgemäß die Frage: Herr Bundesminister! Was fällt Ihnen dazu ein? Welche Reformvorschläge bringen Sie?

Die Leser der österreichischen Tageszeitungen sind im Spätsommer mit einer "gloriosen" – unter Anführungszeichen – Idee von Ihnen konfrontiert worden. Welche Idee war das? – Die Idee, die von Ihnen, Herr Bundesminister, ausgebrütet wurde, offensichtlich an lauen Sommerabenden, besteht darin, daß Sie wichtigste Kernstudien, nämlich Kernstudien, die seit der griechischen beziehungsweise römischen Antike zu den Kernstudien der Universitäten schlechthin zählen, von den Universitäten auslagern und zu den Fachhochschulen überleiten wollen. Meine sehr geehrten Damen und Herren! So kann es nicht gehen! Es stellt sich für die Opposition die Frage: Wie kann man auf die Idee kommen, beispielsweise das Studium der Rechtswissenschaften von den Universitäten abzuziehen, um es zu den Fachhochschulen überzuleiten?

Kürzlich, als eine ungarische Delegation mit mir eine Diskussion über den Wissenschaftsbereich und die Zusammenarbeit im Wissenschaftsbereich führte, sagte man mir – völlig unabhängig von der Diskussion, die in Österreich stattfindet –: In Ungarn ist das jetzt anders als damals in der kommunistischen Ära. In der kommunistischen Ära war es nämlich so, daß die Forschung auf der einen Seite und die Wissenschaft und Lehre auf der anderen Seite voneinander getrennt wurden, daß mehr in die Studienlehrgänge transferiert wurde.

Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sie haben also eine Idee, die schon einmal, nämlich östlich von Wien, mit sehr wenig Erfolg angewandt wurde. (Abg. Dr. Graf: Gesamtschule auf universitärem Boden!) Ich unterstelle Ihnen nicht, daß das Ihr ideologisches Vorbild ist, aber es liegt immerhin der Verdacht nahe. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Eine zweite Überlegung könnte sein – Herr Minister, Sie können sich ja heute hier erklären; ich nehme an, daß Sie sich zu dieser brisanten Frage nicht verschweigen werden –, daß Sie aus der Misere der Diskussion sozialistischer Bildungspolitik parteiintern einen Ausweg suchen. Worin besteht diese Misere? – Auf der einen Seite gibt es den Herrn Wissenschafts- und Bildungssprecher Niederwieser, der verlangt, daß an den Universitäten Studiengebühren eingeführt werden, und auf der anderen Seite gibt es Ihre bekannte Position, Sie sind dagegen. Es gibt auch eine Art vermittelnde Aussage eines prominenten Sozialdemokraten (Abg. Dr. Lukesch: Was sagt denn der Haider dazu?), nämlich kein Geringerer als Ihr Bundesgeschäftsführer Rudas sagt – und dem möchte ich ausdrücklich beipflichten –, über Studiengebühren könne erst dann gesprochen werden – und dem ist uneingeschränkt zuzustimmen –, wenn die Universitäten so eingerichtet sind, daß sie echte Serviceeinrichtungen sind, und wenn sie es den Studierenden ermöglichen, die Studien in einer akzeptablen Zeit zu absolvieren. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Die Redezeit ist wie immer bei den Budgetdebatten knapp bemessen. Ich darf daher zum Schluß meines Debattenbeitrages nur noch ein paar Anmerkungen zur Besetzungspolitik an den österreichischen Hochschulen und Universitäten machen, namentlich betreffen sie die Akademie der bildenden Künste.

Es ist folgendes dazu festzustellen: Es sind großartige österreichische Künstler, die an der Akademie der bildenden Künste in verantwortungsvoller Weise jahrelang als Professoren tätig waren, emeritiert. Es sind das, Sie wissen das, Professor Brauer, Lehmden, Mikl, Hundertwas-ser und Hollegha.


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Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch da zeigt sich ganz klar die ideologische Ausrichtung, die das Wissenschaftsministerium und die SPÖ einhalten: Ihr Kunstverständnis, Herr Bundesminister, und offensichtlich auch jenes der SPÖ ist deckungsgleich mit dem von Joseph Beuys, nämlich: Alles ist Kunst! Jeder ist ein Künstler! Und das ist anscheinend auch der Grund dafür, daß Sie sagen: Wozu brauchen wir die Malerei in der bildenden Kunst, wieso interessiert uns die Tradition eines Albert Paris Gütersloh, eines Herbert Böckl, eines Hundertwasser und eines Professor Lehmden?! Uns ist all das egal, wir brechen mit dieser Tradition, denn wir wollen die Kunststudenten gar nicht zu Künstlern ausbilden – Sie sagen ja: Jeder ist Künstler! –, und daher brauchen wir derartige Ausbildungsstätten gar nicht!

Ich möchte gar nicht bestreiten, daß Herr Schmalix, einer der neuen Gastprofessoren, die ja jetzt lediglich auf ein Jahr bestellt sind, ein großartiger Künstler ist; auch Peter Kogler, der erst jetzt bei der "documenta" mit seiner Rauminstallation einen Markstein österreichischer Kunst gesetzt hat. Das ist überhaupt keine Frage. Aber ich kann doch nicht hergehen, alle Professoren der Malerei in Frieden emeritieren lassen, die Malerei ad acta legen und mich lediglich der Video- und der Medienkunst widmen. So geht es nicht, Herr Bundesminister! Auch in diesem Zusammenhang sind Sie uns eine Antwort schuldig. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

9.15

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Lukesch gemeldet. Ich bitte, den zu berichtigenden Sachverhalt dem tatsächlichen Sachverhalt gegenüberzustellen. – Bitte, Herr Abgeordneter.

9.15

Abgeordneter Dipl.-Vw. Dr. Dieter Lukesch (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Dr. Krüger hat soeben in seinen Ausführungen behauptet, daß sich die Zahl der Hörer an den österreichischen Universitäten seit 1970 vervierfacht hätte, das Hochschulbudget im selben Zeitraum aber um lediglich 60 Prozent gestiegen sei.

Ich berichtige ihn tatsächlich: Das Hochschulbudget ist seit 1970 von 2,3 Milliarden auf 27 Milliarden gestiegen. (Abg. Dr. Khol: Nicht einmal rechnen kann er! Geh in die Volksschule, Krüger! – Abg. Schwarzenberger: Er hat ja "nur" einen Dezimalfehler drinnen!) Auch die Zahl des Personals hat sich in dieser Zeit verdoppelt, wobei insbesondere Anstiegsraten zwischen 1990 und 1994 von 10 bis 12 Prozent hervorzuheben sind. Das zur Wahrheit! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

9.16

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Niederwieser. – Bitte. (Abg. Dr. Khol: Zurück in die Volksschule, Herr Krüger, Grundrechnungsarten lernen!)

9.16

Abgeordneter DDr. Erwin Niederwieser (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Im Interesse des Kollegen Krüger hoffe ich, daß er bei seinen Abrechnungen mit den Klienten bessere Mathematikkenntnisse an den Tag legt als hier am Pult! (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Ironische Heiterkeit bei der ÖVP.) – Für wen es schlecht wäre, weiß ich nicht genau. (Abg. Schwarzenberger: Er rechnet auch immer das Datum dazu! – Heiterkeit.)

Wir haben im heurigen Budget 27,8 Milliarden Schilling; das ist eine Erhöhung – ich hoffe, Sie haben das auch so nachgerechnet – gegenüber dem letzten Jahr um mehr als 2 Milliarden Schilling, beziehungsweise es ist das eine Erhöhung um 7,75 Prozent gegenüber 1997. Bei den Forschungsaufwendungen haben wir ein Plus von fast 6 Prozent, beim Universitätsbudget auch ungefähr 5,6 Prozent, beim Budget der Kunsthochschulen – von Ihnen erwähnt – 7 Prozent, und bei den Fachhochschulen haben wir logischerweise ein Plus von nahezu 50 Prozent. Das zeigt doch wohl sehr deutlich, daß wir dem Wissenschaftsbudget eine überdurchschnittliche Bedeutung beimessen und daß den Fragen von Wissenschaft und Forschung in diesem Budget trotz des nach wie vor bestehenden Sparkurses höchste Priorität eingeräumt wird.


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Das zeigt aber auch, daß das Budget ein taugliches Instrument ist, um eine der Zielsetzungen des Arbeitsübereinkommens umzusetzen, nämlich jene: Bildung, Wissenschaft und Forschung sind wesentliche Grundlagen für die gesellschaftliche, kulturelle und wirtschaftliche Entwicklung und haben daher Vorrang zu haben.

Es ist das also ein ausreichendes, aber sicher kein üppiges Budget; es ist keine Frage, daß bei verschiedenen Punkten noch zusätzliche Wünsche übrigbleiben. Da Kollege Krüger keine Gelegenheit versäumt hat, die negativen Aspekte hervorzuheben – auch die anderen noch zu Wort kommenden Redner der Oppositionsparteien werden das wahrscheinlich machen –, lassen Sie mich ein paar von den positiven sagen, die es ohne Zweifel auch gibt, die Ihnen aber offensichtlich fallweise entgehen. (Abg. Dr. Graf: Haben Sie ein paar gefunden?) – Eine Menge habe ich gefunden, aber ich habe leider nicht soviel Redezeit, um Ihnen alle darzulegen. Ich bräuchte mindestens eine Stunde, um hier auch nur ansatzweise all das erzählen zu können, was es an Positivem an unseren Universitäten und in unseren Forschungsstätten gibt. Es wäre gut, wenn Sie sich das auch einmal anschauen würden, Kollege Graf! (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ein paar Beispiele – wirklich willkürlich –: Das Institut für Wirtschaftswissenschaften der Universität Wien liegt bei einem Ranking von 72 volkswirtschaftlichen Fachbereichen in Deutschland, Österreich und der Schweiz an zweiter Stelle hinter der Universität Basel. Aber nicht allein dieses Institut ist so weit vorne gereiht, denn an dritter Stelle ist jenes der Technischen Universität Wien und an sechster jenes der Universität Linz. (Abg. Dr. Graf: Es ist ja unbestritten, daß wir sehr gute Institute haben, aber wir wollen sie erhalten für die Zukunft!) Gemessen wurden die Forschungsproduktivität und das Forschungsoutput dieser Institute. Das sind doch Leistungen der österreichischen Universitäten, die anzuerkennen sind! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Oder: Nehmen Sie die Pläne, die jetzt in den Vereinigten Staaten hinsichtlich der Vernetzung der Schulen und Universitäten mit dem Daten-Highway bestehen. Das österreichische ACONET-System der österreichischen Universitäten ist etwas, das es schon seit Jahren gibt, und es funktioniert ausgezeichnet.

Oder: Schauen Sie sich zum Beispiel dieses Buch, das von den APA-Journalisten herausgegeben wurde, "Erfolg durch Forschung", oder dieses Buch (der Redner zeigt jeweils das entsprechende Buch) von Michael Freund über "GeistesBlitze", eine aktuelle Bestandsaufnahme der Forschungslandschaft Österreichs, an. Sie werden sehen, daß da sehr viel Wertvolles geleistet wird. Das sollen auch jene Kritiker zur Kenntnis nehmen, die an der österreichischen Inno-vationskraft nie ein gutes Haar lassen können.

Oder denken Sie an die Energiesparprojekte, die an den Universitäten stattfinden – sei es von privaten Unternehmen oder von der Energieverwertungsagentur.

Weiter mit dem Bau von Studentenheimen, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, auch unter dem Aspekt des erschwinglichen Wohnens. Der Regierungsplan hat – Kollege Krüger, vielleicht helfen Sie mir da beim Rechnen – von 1990 bis zum Jahr 2000, also innerhalb von zehn Jahren, 7 000 zusätzliche Heimplätze vorgesehen. Bis dato haben wir 6 000 davon errichtet, und derzeit sind 1 700 in Realisierung. Damit kommen wir über die 100 Prozent der Erfüllung dieses Ziels hinaus, und das auch noch früher, als geplant war. Das sind wirklich Leistungen, die anzuerkennen sind!

Ich möchte die Gelegenheit aber auch dafür nützen, einen ausgesprochen negativen Aspekt hier zu erwähnen, nämlich den, daß wir in diesem Parlament ein Universitäts-Studiengesetz beschlossen haben – nach den Verhandlungen, zu denen die Universitätsvertreter, ÖH, Mittelbau, Professoren, eingeladen waren –, das drei Prüfungstermine vorsieht – Kollege Lukesch, Sie erinnern sich daran, daß wir nach langen Diskussionen diesen Abänderungsantrag hier eingebracht und auch beschlossen haben –, und daß man jetzt laufend hört, daß das von verschiedenen Universitäten nicht eingehalten wird. (Abg. Dr. Brauneder: ... werden kann!) Kolleginnen und Kollegen! Ich muß sagen, der Nationalrat kann es sich nicht gefallen lassen, daß er ein Gesetz beschließt und dann an einigen Universitäten oder an einigen Instituten einfach gesagt wird: Das interessiert uns nicht! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.) Ich bitte


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den Herrn Bundesminister, sehr streng auf die Umsetzung der diesbezüglichen Regelung zu achten.

Noch kurz zu einigen unserer nächsten Aufgaben. Kollege Krüger! Die Studiengebühren sind keine vordringliche Aufgabe, die wir in irgendein Programm hineingeschrieben haben. Sie wissen, es gibt in diesem Bereich unterschiedliche Auffassungen, man kann sich dem auch von der Wissenschaft her unterschiedlich nähern. Ich glaube, der entscheidende Punkt ist aber: Auch bei Ihnen gibt es wahrscheinlich unterschiedliche Auffassungen zu verschiedenen Themen, nur: Bei uns dürfen sie auch offen gesagt werden. Das ist der große Unterschied zu Ihrer Partei! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Dr. Krüger: Ich verbiete es Ihnen auch nicht, aber dann sagen Sie es auch!) Das können Sie sowieso laufend nachlesen. Es ist das kein aktuelles Thema unserer Wissenschaftspolitik, und es wird in dieser Legislaturperiode auch überhaupt nicht dazu kommen, keiner braucht sich diesbezüglich Sorgen zu machen. (Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Ein "unglaubliches" Interesse an der Forschung hat Ihre Partei!)

Ein zweiter Punkt der kommenden Aufgaben ist die Fachhochschulentwicklung; darauf wird Kollege Gaßner noch genau eingehen. Aber, Kollege Krüger, zu Ihrer Aussage, die Entwicklung der Fachhochschulen sei ein Ostblockmodell, muß ich doch folgendes sagen: Ich meine, Sie haben von dem, was in der Hochschullandschaft international üblich ist, keine Ahnung! Ich kann das nicht anders sagen. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Es ist international üblich – egal, ob in den Vereinigten Staaten, in Frankreich, Italien oder Deutschland; schauen Sie sich an, was Sie wollen –, daß sich ungefähr ein Drittel bis 40 Prozent des tertiären Sektors an Fachhochschulen abspielt und ungefähr 60 bis 70 Prozent an den Universitäten. Und dieses Ziel wollen wir mit dem Fachhochschulausbau erreichen.

Haben Sie ein bißchen Phantasie! Könnten Sie sich vorstellen, daß es einen Fachhochschul-Studiengang geben wird, der sich Versicherungsrecht nennt? Wäre es denkbar für Sie, daß jemand so etwas beantragt, oder ist das nicht denkbar? (Abg. Dr. Krüger: Das ist überhaupt keine Frage! Als post-graduate!)  – Ein bißchen mehr an Kreativität in der Diskussion um die Universitätsentwicklung täte uns allen sicher gut.

Zum Forschungssektor werden einige Kolleginnen aus meiner Fraktion noch ausführlich Stellung nehmen, ich möchte nur darauf hinweisen, daß wir im Forschungsbereich sehr wesentliche Ausweitungen vorgenommen haben, daß einige im Budget noch gar nicht enthalten sind, weil sie noch über Budgetüberschreitungsgesetze aus den Privatisierungen dazukommen.

Eine klare Feststellung, was die Zukunft der Forschungspolitik anlangt: Bei all dem, was wir hier vorhaben, wird sich die Politik aus der Forschungspolitik – deswegen heißt sie ja auch so – nicht verabschieden können, und es wird sich auch dieses Parlament noch in die Überlegungen, wie Forschungspolitik in Österreich in Zukunft gestaltet werden kann, einzubringen haben. Ich sage zumindest für meine Fraktion: Das Parlament wird sich in diesem Bereich eine gewisse Mitsprache vorbehalten müssen. (Abg. Dr. Gredler: Danke!) Es ist wichtig, daß wir bei den Grundsätzen der Forschungspolitik mitreden. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

"Die Zukunft der Universitäten ist auch die Zukunft der modernen Welt" – das hat der Konstanzer Philosoph Jürgen Mittelstraß vor einiger Zeit geschrieben. Gehen wir mit dieser Zukunft sorgsam um, sie ist unser aller Zukunft. Dieses Budget bietet jedenfalls für das Jahr 1998 gute Voraussetzungen für unsere Universitäten. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

9.26

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Gredler. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. – Bitte.

9.26

Abgeordnete Dr. Martina Gredler (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich möchte zuerst über die berühmte "Technologiemilliarde" spre


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chen, hinsichtlich derer sich Forscherinnen und Forscher erwartet haben, daß ein wahres Füllhorn an Schillingen über ihren Häuptern ausgegossen werden wird, sodaß sie endlich das machen können, worauf sie schon sehr lange warten, nämlich forschen auf einem Niveau, das wieder internationale Vergleichbarkeit ermöglicht. Aber das, meine Damen und Herren, ist die Bundesregierung bis jetzt zur Gänze schuldig geblieben.

Herr Bundesminister! Sie haben im Ausschuß gesagt, 465 Millionen Schilling sind jener Teil, den Sie von der Technologiemilliarde aufteilen können. Sie haben auch aufgeschlüsselt, was Sie bisher verteilt haben, und es sind zirka 200 Millionen Schilling übriggeblieben. Ich frage Sie: Warum sind im November noch zirka 40 Prozent von Ihrem Bereich noch nicht zugeteilt? Diese Frage hat nichts damit zu tun, daß man das ganze Geld so schnell wie möglich ausgeben und nicht wirtschaften soll.

Herr Kollege Niederwieser, wenn ich Sie kurz ansprechen darf. (Abg. Dr. Niederwieser spricht mit Abg. Ing. Tychtl.)  – Nein, ich spreche Sie später an, wenn Sie wieder Zeit haben.

Ich verstehe nicht, warum 40 Prozent der Mittel bis zum Ende des Jahres zurückgehalten werden, das macht man doch in keinem ordentlich wirtschaftenden Betrieb. Das kann nicht richtig sein! Die Zuteilung muß vorher erfolgen, damit die Herrschaften, die forschen, die Möglichkeit haben, ein Programm zu erstellen, und nicht darauf warten müssen – sozusagen bis Weihnachten –, daß man noch ein Gerät anschaffen kann. Das halte ich für die falsche Vorgangsweise!

Aber vielleicht ist die Vorgangsweise auch dann falsch, wenn Sie das Ruster Papier, das Ihnen vorgestellt wurde, nicht akzeptieren, sondern sich mit dem Wirtschaftsminister über die Kompetenzen streiten, darüber, wer wen wann zu welchem Gremium entsenden darf und wer welches Gremium kontrolliert. Da Sie leugnen, Herr Bundesminister, daß es diesbezüglich Schwierigkeiten gibt, frage ich Sie: Wieso dauert es so lange, bis man sich endlich einig ist? Wenn sowieso alles klar ist, dann hätte man doch sofort nach Rust, innerhalb von zwei Monaten, in der Regierung Konsens haben müssen – aber das ist ja bis jetzt nicht der Fall!

Wir haben einen F-&-E-Anteil am BIP von 1,50, das ist zugegebenermaßen etwas höher als vorher, und zwar auch deswegen, weil der private Sektor eingesprungen ist. Der öffentliche Sektor, meine Damen und Herren, zieht sich zurück. Er sollte sich theoretisch zurückziehen, aber erst dann, wenn wir die OECD-Latte erreicht haben. Der Forschungs- und Entwicklungsanteil der OECD liegt bei 2,14 Prozent, in Deutschland – ein Land, mit dem wir sehr kooperieren – bei 2,33 Prozent. Ich vergleiche: 1,50 Prozent zu 2,33 Prozent. Das, was wir hier an Leistung erbringen, ist zuwenig. Wenn wir nachhaltige Jobs schaffen wollen, dann müssen wir uns anstrengen, daß wir diese Jobs auch im Bereich der Forschung in Österreich schaffen! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Im Forschungsbericht 1997, den ich jetzt zur Hand nehme, spricht der Rat für Wissenschaft und Forschung im Vorwort von "dramatischen Einbrüchen" oder davon, daß die derzeitige Budgetpolitik das Ergebnis einer "fatalen Fehleinschätzung" ist. Einer fatalen Fehleinschätzung! Diese Beurteilung stammt nicht von mir, sondern vom Rat für Wissenschaft und Forschung. Glauben Sie mir, es sitzen da sicher nicht nur Liberale, sondern die Posten sind "schön" verteilt.

Meine Damen und Herren! Ich meine, daß wir angesichts dieser Beurteilung die Situation im Bereich Forschung endlich ernst nehmen sollten. Herr Bundesminister! Einigen Sie sich und schütten Sie die 40 Prozent, die noch übrig sind, bitte aus!

Herr Niederwieser, der mir jetzt zuhört, hat gesagt, es wäre außerdem kaufmännisch nicht sehr klug, wenn zwei Monate vor Ende des Budgetjahres alle Mittel bereits verbraucht wären. Herr Abgeordneter Niederwieser! Zugeteilt sollen sie sein, nicht verbraucht, und 40 Prozent müssen im November nicht mehr zurückgehalten werden. Es ist kaufmännisch nicht richtig, was Sie sagen. Wenn Sie Nachhilfe brauchen, dann gehen Sie zum Kollegen Haselsteiner, der hat gezeigt, daß er das kann. (Abg. Dr. Lukesch: Was kann er?)


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Meine Damen und Herren! Im Budget ist eine bemerkenswerte Steigerung der Mittel für Krems vorgesehen. Krems bekommt um ungefähr 20 Prozent die Mittel aufgestockt. Das klingt im ersten Moment sehr gut, Herr Bundesminister. Sie haben gesagt, das sei deshalb der Fall, weil dort mehr Studenten sind. Ich kann momentan die Zahl nicht überprüfen, allerdings ist mir zu Ohren gekommen, daß die Kosten für Verwaltung in Krems ein so erhebliches Ausmaß am Budget einnehmen, daß eigentlich das, was den Studenten zugute kommt, unzureichend ist. Daher möchte ich da um eine Reform bitten, nämlich daß zumindest die Verwaltungsaufgaben in Krems im erforderlichen Ausmaß reduziert werden.

Nun, meine Damen und Herren, möchte ich Ihnen mitteilen, was mir vor kurzem ein österreichischer Professor, der an der Stanford University Economy lehrt, gesagt hat. Er hat mir gesagt, daß die letzten relevanten Publikationen in Ökonomie, die aus Österreich sind, aus den dreißiger Jahren stammen. Da erstarrte mein Blut zu Eis. (Abg. Dr. Lukesch: Wie alt ist der Herr?)

Herr Professor Lukesch! Ich kann es nicht beurteilen, ich habe leider kein Kamerateam dabei, wenn ich mich weiterbilde. Aber ich nehme an, daß ein Teil dieser Kritik des Herrn Professor Leube, der ein Ökonomieprofessor an der Stanford University ist, richtig ist.

Wenn ich lese, was der "trend" schreibt – wieder eine Quelle, wo ich nicht mitgetan habe –, dann muß ich sagen: Es ist erschreckend, was in Österreich passieren kann! Sie werden mir recht geben, Herr Professor Lukesch, wenn ich sage, daß die Kontroll- und Sanktionsmöglichkeit im Dienstrecht ja nur theoretischer Natur ist. Herr Höllinger vom Ministerium – Sie kennen ihn wahrscheinlich, Herr Kollege Lukesch – sagt zum Beispiel: Professoren müssen strafrechtlich verfolgt werden, damit ihre Unkündbarkeit aufgehoben wird! Es ist in dem Artikel im "trend" von einem Professor die Rede, der während seiner Tätigkeit als Professor eine 11jährige medizinische Ausbildungszeit absolviert hat, und zwar Studium und dann Turnus. Über 30 Jahre hat dieser Professor keine einzige wissenschaftlich verwendbare Arbeit geleistet. Über 30 Jahre! Also es ist nicht die Rede von einer kurzen Periode, in der er vielleicht einige Unpäßlichkeiten hatte.

Es heißt dann weiter: Es gibt Professoren, die einfliegen, um einen Tag in der Woche eigentlich ihrer Pflicht nachzugehen. Also ich halte das Verständnis, das Professoren von ihrer Pflicht an den Hochschulen haben, schon für sehr merkwürdig. Ich kann wieder nur Vergleiche ziehen mit den amerikanischen Universitäten, die ich besucht habe. Dort wird ein Professor nicht von einem Assistenten vertreten, denn das würden die Studenten nicht tolerieren. Dort wären die Studenten ganz nervös, wenn die Professoren eine Minute nach Vorlesungsbeginn nicht im Vorlesungssaal wären.

In dem Artikel vom "trend" steht des weiteren: Es gibt eine ausschweifende Laisser-faire-Stimmung, und es herrscht ein perfekter Chorgeist unter den Professoren.

Oder: Herr Felderer, den Sie, Kollege Lukesch, wahrscheinlich auch kennen, sagt: Zwei aktuelle zehnseitige Artikel in hochwertigen Qualitätsjournalen sind meist mehr wert als eine dicke veraltete Doktorarbeit.

Herr Bundesminister! Sie müssen doch diese Appelle und diese Schreie bemerken! Es stimmt an den Hochschulen nicht, es stimmt bei den Professoren nicht, es stimmt bei den Studenten nicht, es stimmt bei der Forschung nicht! Da sollten Sie, würde ich meinen, eingreifen!

Meine Damen und Herren! In Großbritannien beispielsweise – um einmal von Amerika wegzugehen – gibt es ein Ranking der wissenschaftlichen Produktivität. Wer nicht publiziert, verliert Forschungsgelder und Assistenten und muß gleichzeitig mehr administrative Tätigkeiten ausüben.

Ich sage Ihnen, meine Damen und Herren: In Stanford werden die Leute nach dreimaliger Mahnung einfach gekündigt. Dann gibt es halt diese Stelle nicht mehr. Es ist so, daß sie erst ab dem 65. Lebensjahr etwas Milde erfahren, aber vorher nicht. Also da geht es anders zu.


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Meine Damen und Herren! Wenn wir haben wollen, daß unsere Studenten ordentlich ausgebildet werden, dann müssen wir ihnen die Professoren auch zur Verfügung stellen, aber nicht nur einen Tag pro Woche! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Meine Damen und Herren! Wir haben wunderbare Professoren. (Abg. Dr. Lukesch: Gott sei Dank, daß Sie das auch sagen!) Ich war vor zwei Tagen bei der Abschiedsvorstellung von einem Professor an der Universität Wien, der Chef der Zahnklinik ist. Sein Ruf reicht so weit, daß sogar Leute aus Amerika eingeflogen sind, um ihn zu verabschieden. Wir haben hervorragende Leute. (Abg. Dr. Lukesch  – Beifall spendend –: Na also! Danke!) Ich will das nicht in Abrede stellen. Nur: Diese Leute lassen sich sicherlich auch gerne in ein Ranking, sozusagen in Disziplinierungsmaßnahmen einordnen (Abg. Dr. Lukesch: Disziplinierung nicht!), sie hätten nichts dagegen, denn sie würden damit in keinen Konflikt geraten. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Dr. Lukesch. ) Ich weiß nicht, was Sie wissenschaftlich leisten, Herr Professor Lukesch, ich will es auch gar nicht wissen, ich hoffe nur, daß Sie das Geld dafür in adäquater Höhe kassieren und nicht zuviel. (Abg. Kröll: Das war jetzt scharf daneben! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) Ich hoffe es nur, ich will es Ihnen nicht unterstellen, ich habe es nicht geprüft, aber ich bin überzeugt davon, daß Kollege Lukesch selber beurteilen kann, was richtig ist. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Nun möchte ich zuallerletzt noch, weil meine Redezeit bald abgelaufen ist, auf die Studenten zu sprechen kommen. Wir haben in Österreich die Situation, daß zwei Drittel der Studenten arbeiten. Dieser Anteil hat sich in letzter Zeit vervielfacht. Studenten, die arbeiten müssen, um einem Studium nachgehen zu können, haben ein anderes Anforderungsprofil an ihre Pflichten, stellen andere Anforderungen an die Vorlesungen, die sie besuchen wollen. Ich wünsche mir da mehr Flexibilität. Es sollte beispielsweise möglich sein, daß Vorlesungen desselben Inhalts, die von verschiedenen Professoren gelesen werden, zumindest einmal zu einem anderen Zeitpunkt gehalten werden als in prime time am Vormittag oder am Nachmittag, damit sie auch die arbeitenden Studenten besuchen können. (Abg. Mag. Mühlbachler: Was ist das Doppelte von zwei Dritteln? Sie sagten, der Anteil der arbeitenden Studenten habe sich vervielfacht! Was ist das Doppelte von zwei Dritteln?)

Nein! Der Anteil, der jetzt zwei Drittel erreicht hat, hat sich im Laufe der letzten Jahre vervielfacht. Aber ich bin gerne bereit, dafür zu sorgen, daß Sie einen Termin mit dem ÖH-Vorsitzenden bekommen. Er wird Ihnen das ganz genau und langsam erklären. (Abg. Dr. Puttinger: Was ist Vervielfachung von zwei Dritteln?)

Meine Damen und Herren! Wir sollten schauen, daß neue Technologien eingeführt werden, um die Möglichkeit zu haben, daß man über das Internet an den Vorlesungen und teilweise auch an Übungen teilnehmen kann. Sie schütteln alle mit dem Kopf. Wahrscheinlich haben Sie noch nie die Verwendung eines Computers in der Hochschule überlegt, meine Herren von der ÖVP. Es wäre aber höchste Zeit, daß Sie sich das überlegen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Es bleibt die Hardware auf den österreichischen Universitäten fünf Monate ungenützt. Wir leisten es uns, fünf Monate lang keinen universitären Betrieb an den Universitäten zu haben. Das kann nicht richtig sein! Überlegen wir uns doch gemeinsam, ob es nicht sinnvoller wäre, ein System von Trimestern einzuführen, wo wir die vorhandenen Ressourcen mehr ausschöpfen können, wo wir die Labors – zum Beispiel im Sprachbereich oder im wissenschaftlichen Bereich – mehr verwenden können, wo aber auch die Assistenten und Professoren Möglichkeit zu größerer Flexibilität haben, um eine kontinuierlichere Phase in ihrer Forschungstätigkeit zu erlangen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Aber Sie wollen keine Flexibilität, sondern Sie wollen die ganze Zeit regulieren. Das ist das Problem! (Heftiger Widerspruch bei der ÖVP. – Abg. Dr. Puttinger: Wer hat das Studiengesetz abgelehnt?)

Ja, ich habe das Studiengesetz abgelehnt! Wissen Sie, warum? Weil von Ihrer Fraktion alle Abänderungsanträge – es waren mindestens zehn –, die ich zur Deregulierung eingebracht habe, abgelehnt wurden. (Beifall beim Liberalen Forum.) Der größte Bremser in der Hochschulpolitik,


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meine Herren von der ÖVP, ist Herr Professor Lukesch, und wenn Sie mir das nicht glauben, dann fragen Sie einmal die Studenten von Ihrer Fraktion! Laden Sie sie zu einer Aussprache ein! Dann Sie werden sehen, daß das stimmt. Doch wenn Sie diesen nicht glauben, dann fragen Sie den ÖH-Vorsitzenden! Er wird Ihnen das bestätigen! Bremser sind Sie in der Hochschulpolitik! (Abg. Dr. Lukesch: Solch ein Unsinn!) Herr Bundesminister! Ich hoffe, daß Sie das ändern können. (Beifall beim Liberalen Forum.)

9.40

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zum Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Lukesch. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

9.40

Abgeordneter Dipl.-Vw. Dr. Dieter Lukesch (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Frau Kollegin Gredler! Das argumentum ad hominem hat noch nie jemanden ins Recht gesetzt oder hat seiner Argumentation mehr Glaubwürdigkeit verliehen. (Beifall bei der ÖVP.) Was Sie heute geboten haben, nämlich einen Rundumschlag in der österreichischen Hochschullandschaft mit einer ordentlichen Abwatschung der Professoren, das entlarvt sich selbst. Sie sind unglaubwürdig geworden. (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe beim Liberalen Forum.)

Wenn Sie sagen, unser Hochschulrecht sei zu unflexibel, so erinnere ich Sie daran, wer den Antrag zur Änderung des Dienstrechtes eingebracht hat. Es war der von Ihnen gescholtene "Bremser". Sie haben sich dem nur angeschlossen. Das war alles! (Beifall bei der ÖVP.)

Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe das Budgethearing mitgemacht. Alle Experten im Budgethearing haben dem nächstjährigen Voranschlag attestiert, daß sehr maßgebliche Konsolidierungserfolge erreicht worden sind – Konsolidierungserfolge zur Sicherung der Zukunft unserer Kinder und unserer Jugend. Das ist unbestreitbar! (Beifall bei der ÖVP.)

Aber – meine Damen und Herren, ich habe das immer gesagt – wir brauchen eine dynamische Politik unter der Nebenbedingung der Budgetkonsolidierung. Gerade im Bereich des Wissenschaftsbudgets – heute nachmittag werden wir das Schulbudget beziehungsweise das Bildungsbudget behandeln –, aber auch im Sicherheitsbereich hat die Bundesregierung genau im Sinne einer dynamischen Politik Schwerpunkte und deutliche Akzente gesetzt. Das nenne ich Zukunftssicherung! (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Dr. Niederwieser. )

Es ist schon gesagt worden: Zwei Milliarden Schilling mehr werden im nächsten Jahr ausgegeben werden können, etwa acht Prozent beträgt die Erhöhung. Österreich kann damit – auch das möchte ich der Frau Kollegin Gredler sagen – den 1993 begonnenen erfolgreichen Weg der konsequenten Reform unserer Universitäten fortsetzen.

Selbst die oppositionellen Kritiker – Kollege Brauneder ist jetzt nicht da; er hat sich nämlich im Ausschuß erkundigt, was denn die Universitätsreformen an Ersparnissen erbracht hätten – sollten einmal nachlesen, was sich der deutsche Bundespräsident Roland Herzog am 5. November anläßlich der deutschen Bildungstagung in Berlin für das deutsche Bildungs- und Hochschulsystem gewünscht hat, und dann den Vergleich ziehen mit dem, was wir in Österreich inzwischen alles an Reformschritten gesetzt haben. Roland Herzog sagte: Bildungsinhalte nicht durch bürokratische Vorgaben und möglichst einheitlich regeln – als neuen Auftrag.

Meine Damen und Herren! Wir haben das mit dem Uni-StG, das am 1. August 1997 in Kraft getreten ist, bereits getan. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Dr. Niederwieser. )

Der deutsche Bundespräsident Herzog sagte des weiteren: "Es ist falsch anzunehmen, daß die beste Bildung nur vom Staat geliefert werden kann." (Abg. Dr. Khol: Richtig!)  – Ich erinnere Sie daran: Wir waren es – speziell die ÖVP, aber gemeinsam mit unserem sozialdemokratischen Koalitionspartner –, die die Fachhochschulen auf privatorganisatorischer Ebene gegründet und zugelassen haben. (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Dr. Niederwieser. )


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Also: Was in Deutschland noch ein Traum ist, ist in Österreich längst Wirklichkeit!

Wir haben Autonomie und Verantwortung im UOG 1993 eingeführt! Wir haben zur Effizienzsteigerung zumindest die gesetzlichen Vorgaben gegeben! Und wenn ich unsere Hochschullandschaft mit der deutschen vergleiche – gerade die Kollegen von der FPÖ schauen immer nach Deutschland –, dann muß man schon sagen: Da trennen uns, zumindest vom Hochschulrecht her gesehen, Lichtjahre voneinander! Wir haben das wesentlich fortschrittlichere Konzept als vergleichbare Länder. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich begrüße den nächsten Schritt, den der Herr Bundesminister tun wird, der damit einer Forderung nachkommt, die auch wir immer wieder erhoben haben, nämlich den Schritt von der Teilautonomie hin zur Vollautonomie der Universitäten. Das wird jetzt einmal schrittweise an der Wirtschaftsuniversität und an der Veterinärmedizinischen Universität versucht. Das ist der richtige Weg, und wir werden für diesen Weg unsere Unterstützung geben!

Meine Damen und Herren! Ich habe vor zwei Jahren von dieser Stelle aus gesagt, daß es bedenklich ist – das sage ich vor allem den Grünen –, immer mehr Geld für das gleiche auszugeben. Ich sage Ihnen: Das wird nicht von Erfolg begleitet sein! Heute bin ich froh darüber, daß wir mehr Geld für anderes, für Neues, für Reformatorisches ausgeben können. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Dr. Niederwieser. )

Meine Damen und Herren! Wir haben in den vergangenen Jahren eine Reihe von Reformen auch bei den Sozialleistungen für die Studierenden, bei den studentischen Transfers angesetzt. Sie haben den einen oder anderen Studenten sehr wohl negativ betroffen. Da gab es Kürzungen, keine Frage. Ich meine daher: Wenn wir – das ist auch ein Prinzip der Österreichischen Volkspartei – soziale Gerechtigkeit zur Sicherung der Chancengleichheit für unsere Jugend erreichen wollen, wäre es an der Zeit, einmal zu studieren, wie die Jugend von der Reform der Transferleistungen betroffen ist. Ein neuer Bericht über die soziale Lage ist daher einzufordern.

Ich sage es gleich: Wir geben im nächsten Wissenschaftsbudget 2,1 Milliarden Schilling für soziale Transfers für Studierende aus, allein für die Studienförderung um 134 Millionen Schilling mehr als im vergangenen Jahr. Wir wollen aber wissen, ob diese Ausgaben treffsicher sind oder ob da Problembereiche existieren, die wir nicht sehen. Wir wollen entsprechend reagieren können.

Ich bringe daher folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Lukesch, DDr. Niederwieser und Kollegen betreffend Erstellung eines Berichtes zur sozialen Lage der Studierenden

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Der Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr wird ersucht, in Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium für Umwelt, Jugend und Familie, dem Bundesministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales sowie nach Anhörung der Österreichischen Hochschülerschaft bis längstens 1. Juni 1998 dem Nationalrat einen Bericht über die soziale Lage der Studierenden über den Beobachtungszeitraum 1994 bis 1997 unter Berücksichtigung folgender Eckdaten vorzulegen:

Studienbeihilfe,

Familienbeihilfen,

Krankenversicherung,

Altersstruktur und Eintrittsalter der Studierenden,


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studierende Mütter,

berufstätige Studierende,

Wohnsituation der Studierenden,

finanzielle Situation der Studierenden und

Ansichten der Studierenden zu hochschulpolitischen Themen."

*****

Soviel, Frau Abgeordnete Gredler, zur Bezeichnung "Bremser", zur angeblichen Behauptung der Studierenden, daß ich ein Bremser wäre. (Abg. Schaffenrath: Das stimmt ja!) Das haben Sie von irgendwo hergeholt, aber es entspricht sicher nicht der Realität.

Sie können ja unseren Antrag unterstützen. Wieder einmal können Sie da "draufgehen" und damit auf einen abgefahrenen Zug aufspringen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die letzte Minute, die ich noch zur Verfügung habe, möchte ich in einem kurzen Wort der Forschungs- und Technologiepolitik widmen. Es ist in bezug auf die gestrige Verlesung von Briefen durch den Kollegen Van der Bellen schon darauf hingewiesen worden, daß er nur die halbe Wahrheit gesagt hat, daß er dabei die ERP-Mittel-Widmungen und die Widmungen aus den Privatisierungserlösen nicht genannt hat. Ich möchte einen allgemeineren Ansatz finden. Ich glaube, daß die Neuorganisation der österreichischen Forschungs- und Technologiepolitik nach dem Schmidt-Hochleitner-Papiervgl.Jn Sinn macht – jedoch nur unter zwei Bedingungen.

Erstens: Unter der Bedingung, daß die notwendige Verzahnung zwischen universitärer, sprich Grundlagenforschung, und technologischer Forschung, sprich angewandter Forschung, sichergestellt ist. Dazu gehört meiner Meinung nach auch die personale Verantwortung des Wissenschafts- und Wirtschaftsministers für diesen Zukunftsbereich.

Zweitens: Unter der Bedingung, daß wir Geld für diese neuen Strukturen bereitstellen, um das Ziel, nämlich die österreichische Forschungsquote im Jahr 2002 auf den OECD-Mittelwert anzuheben, auch tatsächlich zu erreichen.

Dieses Geld – da werden die Kollegen von der FPÖ vielleicht aufmerksam werden – könnte durchaus mit Bewertungsreserven der Oesterreichischen Nationalbank und in Form der Gründung eines nationalen Forschungsfonds als Investitionsmittel in die Zukunft zur Verfügung gestellt werden – aber nicht zur Finanzierung von laufenden Lohnsteuerreformmaßnahmen, so wie Sie, meine Damen und Herren von den Freiheitlichen, das gefordert haben.

Zusammenfassend möchte ich sagen, meine Damen und Herren: Ich glaube, der Anstieg des Wissenschaftsbudgets und die Reformen sind ein entschlossener Schritt zur Verbesserung der Zukunft unserer Kinder und unserer Jugend, gleichzeitig aber auch ein verantwortbarer Schritt vor unserem Steuerzahler, der uns letztlich das Geld dafür gibt. Neues Geld für neue Wege in der Wissenschaft! – so lautet das Motto dieses Budgetkapitels. (Beifall bei der ÖVP.)

9.51

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Lukesch, DDr. Niederwieser und Kollegen betreffend Erstellung eines Berichtes zur sozialen Lage der Studierenden ist ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Dr. Petrovic. – Bitte, Frau Abgeordnete.

9.51

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Zunächst ein paar Worte zu den Ausführungen der Kollegin


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Gredler. In sehr genauer Kenntnis des Dienstrechtes für die öffentlich Bediensteten kann ich Ihnen sagen: Es ist nicht so, daß ein Professor silberne Löffel stehlen müßte, um dienstrechtlich irgend etwas tun zu können. Ich habe den Eindruck, daß man ein paar schwarze Schafe – die es zugegebenermaßen überall gibt – ganz gerne dazu verwendet, einen Grund zu konstruieren, um letztlich einen schonungslosen Abbau betreiben zu können, um beispielsweise einen ganzen Sektor, nämlich die universitäre Lehre und Forschung, in die Defensive zu bringen. In jedem Berufsstand gibt es Personen, die ihre Dienstpflichten nicht sehr genau nehmen, die Schindluder treiben. Aber es ist nicht so, daß der Dienstgeber dagegen nichts tun könnte. Es wäre gerade im Beamtendienstrecht sogar erheblich leichter, etwas gegen Menschen, die ihre Berufspflichten nicht ernst nehmen, zu tun, wenn der Dienstgeber das tatsächlich wollte. Es genügt eine dreimalige negative Dienstbeschreibung, um nicht eine Kündigung, sondern eine fristlose Entlassung vorzunehmen. Ich glaube, daß das in ganz wenigen Ausnahmefällen gerechtfertigt ist, und wenn es dort nicht gemacht wird, dann hat es meiner Meinung nach Methode, um insgesamt den öffentlichen Sektor und gerade den – so sage ich es jetzt einmal – zukunftsorientierten, modernen Sektor in die Knie zu zwingen, in die Defensive zu drängen. Es wird dasselbe, was man oftmals der FPÖ vorwirft, nämlich einen Flüchtling, der vielleicht zu Unrecht irgendeine Sozialleistung bezogen hat, herauszugreifen und damit insgesamt für Diskriminierung, für rassistische Argumentationen einzutreten, von der Regierungsseite im Bereich der Studien massiv betrieben. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Lukesch: Gredler!)

Nein, nicht von der Frau Gredler (Abg. Dr. Lukesch: Selbstverständlich!) , sondern von den Regierungsparteien. Es wird kein Ressortchef von den Grünen oder von den Liberalen gestellt, sondern die Ressorts im Bildungsbereich werden, schön aufgeteilt, von der SPÖ und von der ÖVP geleitet, und dort werden im Einzelfall keine Konsequenzen gezogen, denn man braucht, wie gesagt, diese kleine Minderheit, um den gesamten Sektor zu diskreditieren.

Meine Damen und Herren! Ich meine, daß die Bildung insgesamt leider in die Defensive geraten ist. Das hat Methode, das ist angestrebt! Ich müßte eigentlich dem Herrn Bundesminister und den Vertretern der Regierungsparteien sagen: Bravo, Sie scheinen alle Ihre Ziele zu erreichen! Jetzt haben wir das, was Sie immer wollten: eine Abkehr von der Freiheit der Bildung, ein Engermachen des Zugangs, eine Verteuerung, und das wirkt! Ihr Konzept ist ganz offenbar aufgegangen. Sie – insbesondere Sie, meine Damen und Herren vor der Sozialdemokratischen Partei! – wollen das nicht offen aussprechen, denn es klingt nicht gut, wenn man sagt: Das, was wir in den siebziger Jahren und noch in den achtziger Jahren wollten, nämlich mehr Leute zu einer hohen Bildung animieren, Bildung für breite Bevölkerungsschichten, und zwar oberste Bildungslehrgänge gerade für Angehörige unterer sozialer Schichten öffnen, das wollen wir nicht mehr! Davon kehren wir uns ab! (Abg. Dr. Niederwieser: Das ist eine gemeine Unterstellung!) Das ist keine Gemeinheit, Herr Kollege Niederwieser! Sie wissen das genau, nur, Sie wollen es nicht hören, und Sie machen es daher anders, und zwar, indem Sie zum Beispiel einige schwarze Schafe dulden, damit sich dann andauernd die Rektoren, der Mittelbau, die Studierenden für einzelne Mißstände rechtfertigen müssen. Genau das wird angestrebt!

Herr Kollege Niederwieser! Seit 1970 sind die Ausgaben pro studierender Person um mehr als 50 Prozent zurückgegangen. Ist das die Bildungsoffensive der Sozialdemokratischen Partei? Ist das ein Bekenntnis zu einer Bildung breiterer Bevölkerungskreise? Aber gerade dort, wo die Bildung teurer wird, wie zum Beispiel im naturwissenschaftlichen und im technischen Bereich, aber nicht nur dort, ist ein rapider Trend – wenn Sie sich die Budgetstrukturen anschauen, werden Sie das feststellen können; dies erfolgt unter sozialdemokratischer Mehrheitsbeteiligung – in Richtung Metternich-Staat zu verzeichnen. Im Bereich der inneren und äußeren Sicherheit, ganz traditionell im Sinne von Schießgewehr und all diesen Dingen verstanden, orte ich nicht denselben Sparwillen. In diesen Bereichen ist es ganz klar: Das müssen wir machen, da sind wir international verpflichtet, Schengen und Co.

Meine Damen und Herren! Ich frage Sie: Was ist mit den modernen Teilen des Staates, und zwar dort, wo es um Emanzipation geht, um die Herauslösung von Bevölkerungsgruppen aus der Abhängigkeit, um eine bewußte Förderung der Frauen, um eine bewußte Förderung der Studierenden?


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Man muß zugeben: Der sozialdemokratische Ansatz der siebziger Jahre hatte ja Erfolge. Nur: Man will sich daran nicht mehr erinnern! Man hört aber von Ihnen immer wieder, wie bei einer Gebetsmühle, das Gegenteil, um einmal mehr die Universitäten in die Defensive zu zwingen. Der offene Hochschulzugang hatte Erfolg. Es haben die unteren sozialen Schichten ganz überproportional davon profitiert. Wenn man sich das unterste Einkommenszehntel anschaut, dann kann man feststellen, daß sich die Zahl der Studierenden, die aus dieser Bevölkerungsgruppe kommen, zwischen 1983 und 1991 mehr als verdoppelt hat. Wenn man das unterste Viertel hernimmt – das ist eine etwas breitere Gruppe –, kann man feststellen, daß dort fast eine Verdoppelung der Zahl der Studierenden eingetreten ist. Auch der Frauenanteil an den Universitäten hat sich überaus erfreulich entwickelt. So beträgt der Frauenanteil bei den Studienanfängerinnen an den Universitäten 53 Prozent. Daß die Zahlen der Absolventinnen und dann die weitere universitäre Karriere der Frauen noch nicht so erfreulich sind, ist in meinen Augen erstens eine Frage der Zeit und zweitens auch eine Frage der Begleitmaßnahmen, wie zum Beispiel Kinderbetreuung, aktive Frauenförderung und so weiter.

Aber man will diese Politik nicht mehr betreiben, jetzt macht man zu. (Abg. Dr. Niederwieser verneint.) Sie brauchen den Kopf nicht zu schütteln, Herr Abgeordneter Niederwieser, es ist so! – Wenn ich dann von einem sozialdemokratischen Wissenschaftsminister höre, wir brauchen mehr berufsorientierte Studien ohne wissenschaftlichen Anspruch, dann muß ich sagen: Bravo, Herr Kollege Lukesch, Sie haben sich durchgesetzt! Die ÖVP wollte immer ein Konzept in Richtung Verdünnung (Abg. Dr. Lukesch: Das ist falsch!) , Elitenbildung, teure und enge Spitzenausbildungen, und für die Masse soll es Buchhalterkurse und ein wenig Technisches geben, die Masse soll ein bißchen Grundbuchsrecht und ähnliches lernen. Wozu braucht denn die Masse etwas Wissenschaftliches? Wozu braucht denn die Masse etwas Universitäres? Wozu denn ein paar philosophische Überlegungen in den Naturwissenschaften? Das braucht die Masse nicht!

Wozu braucht man denn das? Etwas Handfestes braucht man, etwas, was man täglich umsetzt – und bloß nicht viel in die Ferne schweifen. Die Leute an den Universitäten könnten ja politisch werden! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Lukesch: Ich habe das UOG nicht gemacht!)

Sie sagen: Jus, Veterinärmedizin, Lehramtsstudium – wozu den universitären Ballast? Wozu diese wissenschaftlichen Schnörksel? Streichen wir das doch! Etwas in der Art von Fachhochschulausbildungen ist doch viel gescheiter. Da kommen die Leute nicht auf dumme Ideen. Da werden sie nicht in irgendwelche politischen Grundsatzüberlegungen verwickelt. Handfest soll es sein! Berufsorientiert soll es sein! Das, was wir brauchen, sollen sie lernen, und zwar so, wie sich der Herr Kollege Lukesch das vorstellt. So, wie sich das die Herren Professoren vorgerückten Semesters vorstellen, so sollen Universitäten sein. (Abg. Dr. Lukesch: Das habe ich nie gesagt!) Da sind sie ja viel handzahmer, da sind sie ja viel praktischer. Da kommen dann viel weniger Proteste heraus. Und dort schaut es natürlich auch mit dem Frauenanteil anders aus: nicht einmal 20 Prozent! Das ist ja viel feiner. (Beifall bei den Grünen.)

Das ist in meinen Augen Planwirtschaft in Reinkultur. Man setzt das, was manche Konzerne am Markt brauchen, zum politischen Ziel. Und dann adaptiert man das in der Form, daß man auch weiß, daß sich in der Familie und überall der Druck auf die Frauen erhöht, so nach dem Motto: Ja wer braucht denn das? Für wen leisten wir uns die Zahlung von irgendwelchen Fahrtkosten? Na ja, für das Mädel zahlt es sich eh nicht aus, das kann ja ohnehin heiraten! – Das ist die Philosophie, die da ganz klar herauskommt. Die Sozialdemokraten sagen das natürlich nicht offen, aber sie machen mit. Bei jedem dieser Schritte machen sie mit.

Auch wenn Sie bei den Beratungen zum UniStG sagen, Ihnen geht es um Autonomie und Flexibilität: Ich habe im Ausschuß etwas anderes gehört. Erstens einmal war die ÖVP dort nur mit männlichen Professoren vertreten, und zwar mit nicht ganz jungen. Von Vertretern der Studierenden war dort nichts zu sehen. Die Herren Professoren vorgerückten Semesters haben sich große Sorgen darüber gemacht, was denn mit den jungen Studierenden wird, sie könnten ja – wortwörtlich so im Ausschuß! – "hirnrissige Kombinationen" wählen und sich damit die eigene Zukunft verbauen.


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Das war ihre Sorge: "hirnrissige Kombinationen"! – Ich meine, darüber, was die Jugend braucht, was die jungen Leute brauchen und was junge Frauen wollen, sollten sich nicht alte Männer den Kopf zerbrechen. (Beifall bei den Grünen.)

Das höchste Risiko bei der Wahl eines falschen Studiums haben nämlich die Studierenden. (Abg. Dr. Khol: Und wie ist das mit den alten Frauen, Frau Petrovic?) Die sind in der Regel weiser als die alten Männer, weil sie eine andere Sozialisierung haben und in ihrem Leben anderes mitmachen. Daher traue ich den älteren Frauen viel mehr Weisheit zu als den alten Männern, die in ihrer Sozialisation nur ein sehr kleines Segment der breiten Fülle des Lebens erfahren. (Abg. Dr. Khol: Und wann beginnt das Alter, Frau Petrovic? – Zwischenrufe des Abg. Dr. Lukesch. ) Ja, das regt Sie sehr auf. Wieso fühlen Sie sich denn so angesprochen bei den "alten Männern", meine Herren Professoren? Ich habe nicht speziell Sie angesprochen, aber wenn Sie sich angesprochen fühlen, dann kann ich auch nichts dafür. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Khol: Wann ist eine Frau alt? Wann ist eine Frau alt, möchte ich wissen!)

Über die "hirnrissigen Kombinationen", Herr Kollege Khol, sollten Sie sich nicht den Kopf zerbrechen. (Abg. Dr. Khol: Frau Petrovic, sind Sie alt? Frau Assistentin Petrovic, sind Sie alt?) Überlassen Sie mit Ihrer angeblich ach so marktwirtschaftlichen Gesinnung die Beurteilung der Studienkombinationen doch lieber denjenigen, die das selbst betrifft. Ich glaube, unsere Studierenden, die Frauen und die Männer, sind mündig genug, um zu wissen, was sie wollen. (Abg. Dr. Khol: Sagen Sie mir, wann das Alter beginnt!) Gerade in einer dynamischen Wirtschaft entwickeln sich sicherlich neue Anforderungsprofile, neue Aufgabenbereiche, die Sie nicht planwirtschaftlich steuern und vorgeben sollen und auch gar nicht können. (Abg. Dr. Khol: Keine Antwort! Die Frau Petrovic weiß nicht, was alte Menschen sind!)

Meine Damen und Herren! Es gibt mehr als 50 Prozent Rückgang bei den Ausgaben pro Studierendem. Da macht es dann kaum etwas aus, wenn jetzt eine minimale Steigerung eintritt. Letztlich und insgesamt ... (Abg. Dr. Khol: Der arme Sascha Van der Bellen! Kaum ist er nicht da, wird er von Frau Petrovic rücksichtslos kritisiert!) Herr Kollege Khol! Ihr Verhalten macht es nicht besser. Ich weiß schon, daß Sie sich ärgern, aber es ist so, und die Studierenden sehen das auch alle so. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Khol: Das ist die grüne "Solidarität"! Kaum ist er nicht da, fällt man unbarmherzig über ihn her!)

Herr Kollege Khol! Ich habe es bereits dem Kollegen Lukesch gesagt: Bravo, bravo, Sie haben sich durchgesetzt! Die Sozialdemokratie frißt Ihnen aus der Hand! Der geschlossene Universitätszugang ist offenbar das Modell der Zukunft. Es hat ja Wirkungen gehabt. Das, was Sie wollen, geht letztlich in Richtung einer Amerikanisierung: die Beschränkung auf einige wenige Eliteinstitute und für die breite Masse gibt es handfeste Buchhalterkurse und ähnliches. Dorthin sind wir unterwegs.

Zur sozialen Lage der Studierenden: Da geben Sie jetzt ... (Abg. Parnigoni: Das ist eine Geringschätzung der Fachhochschulen!) Ich schätze die Fachhochschulen nicht gering. Ich glaube, sie sind ein wichtiges ergänzendes Angebot. Wenn ich aber aus dem Munde des Wissenschaftsministers höre, daß das das eigentliche Modell sein soll (Abg. Parnigoni: Das ist Ansichtssache!) , und zwar für Ausbildungen wie Jus, Veterinärmedizin, Lehramtsstudium und so weiter, dann sage ich Ihnen: Das ist ein falscher Ansatz, das wäre eine absolute Verengung! (Demonstrativer Beifall des Abg. Dr. Krüger. )

Und eines ist auch eine typische Reaktion dieser Regierung: Sie lassen jetzt eine Studie über die soziale Situation der Studierenden machen. Sicherlich ist das zu untersuchen, aber ich frage Sie in aller Form: Warum ist denn das nicht schon lange passiert? Warum hören Sie denn nicht? – Es gibt im Bereich der österreichischen HochschülerInnenschaft sehr wohl bereits Zahlenmaterial. Es gibt natürlich auch einfach die Statistiken über den Zugang bei den Hochschulen. Es gibt etwa auch Statistiken, was den Frauenanteil, was die Veränderungen im Lichte der Sparpakete betrifft. Wir haben insgesamt einen Rückgang bei den Studierenden. Ich frage Sie: Warum hat man das nicht bereits erhoben? Warum macht man Sparpakete ohne eine begleitende Kontrolle, was dadurch passiert?


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Meine Damen und Herren – von der sozialdemokratischen Fraktion vor allem: Sie wissen ganz genau, daß Ihr eigener Wissenschaftssprecher und viele andere unter einer bewußten Mißdeutung der vorhandenen und bekannten Zahlen immer wieder fälschlicherweise behaupten, Studieren nütze nur den oberen sozialen Schichten. – Das stimmt nicht! Es ist wissenschaftlich widerlegt, es ist falsch. Dennoch vertreten Sie immer wieder gebetsmühlenartig diese These, und Sie haben dabei nur eines vor: Sie bereiten – zwar nicht bis zur Wahl 1999, aber bis dahin ist es entscheidungsreif – ein Modell von Studiengebühren vor. Es wird nicht in dieser Periode kommen, aber das Modell wird bei der Wahl 1999 fix und fertig in der Schublade liegen. Und was das bei einer nicht geänderten Struktur im universitären Bereich bedeutet, ist völlig klar: Die soziale Selektion der Studierenden geht weiter. Das wirkt sich zu Lasten der Frauen und zu Lasten der ärmeren sozialen Schichten aus, und es wirkt sich zu Lasten jener Studienrichtungen und Fächer aus, die nicht so direkt und handfest wie die Buchhalterei sind. Das ist ganz klar. (Beifall bei den Grünen.)

Ein Allerletztes zum Bereich der Forschung; zum Bereich des Verkehrs wird meine Kollegin Gabriele Moser dann noch Stellung nehmen. Was die Zusammenziehung dieser beiden Ressorts angeht, möchte ich sagen, daß heute, bei dieser Diskussion, der ganze Unfug wirklich deutlich zutage tritt: Da sitzen die RessortmitarbeiterInnen – auf verschiedenen Seiten. Die beiden Ressorts haben nach wie vor nichts miteinander zu tun. Von irgendeinem Synergieeffekt – dieses Wort ist ja sehr modern – durch dieses "Zukunftsressort", wie man es angekündigt hat, kann ich nichts erkennen. Es ist ein Pallawatsch geworden, und das bleibt es auch.

Daher von meiner Seite nur noch ein paar Worte zur Forschung. Auch da gilt: Man kann das Zahlenmaterial so oder so deuten. Man kann jetzt noch versuchen, durch Verscherbelung des Familiensilbers da oder dort ein bißchen etwas dazuzulegen, tatsächlich sind wir aber in allen Bereichen der Forschung im Vergleich der OECD-Staaten im untersten Bereich. Sogar bei den Forschungsgeldern, die gezahlt werden, ist alles Bluff und Schmäh. – Diese Wertung habe nicht ich erfunden, sondern ich schließe mich da dem Herrn Welzig, dem Präsidenten der Akademie der Wissenschaften, an, der in diesem Zusammenhang von "Bluff" und "Schmäh" spricht. (Abg. Dr. Khol: Das ist aber auch ein alter Professor männlichen Geschlechts!) Es ist ja nicht alles, was Professoren sagen, grundsätzlich falsch. Es ist nur falsch, wenn sie sich Gedanken über die Zukunft der Jugend machen und ihr in einer nicht marktkonformen Weise Vorschriften machen. Nichts anderes habe ich gesagt. Sie sollten etwas besser zuhören, Herr Kollege Khol.

Welzig spricht im Zusammenhang mit dem Forschungsbudget – und da konzediere ich dem Präsidenten der Akademie durchaus eine Kompetenz – von "Bluff" und "Schmäh". Ich weiß nicht, wie Sie es beurteilen, wenn etwa der Errichtungsaufwand für das AKH oder der Mehraufwand bei den Universitätskliniken, der klinische Mehraufwand, unter "Forschung" firmiert. Meine Damen und Herren! Das ist wirklich eine Zahlenspielerei, und das hat mit einer Unterstützung der Forschung nichts zu tun.

Und einmal mehr, Herr Kollege Lukesch: Auch ich bin absolut für die anwendungsorientierte Forschung, aber ich meine erstens, man sollte im Forschungsbereich viel klarer und deutlicher hervorheben, wo es eine Drittmittelfinanzierung gibt. Ich halte das ja für etwas höchst Löbliches, das braucht man ja nicht zu verstecken, das könnte man doch durchaus offenlegen. Ich finde es gut, wenn Wirtschaftsunternehmungen mit der Universität kooperieren, aber es gehört offengelegt, es gehört transparent gemacht, und ich glaube auch, daß ein gewisser Teil dieser Drittmittel der Universität zur Verfügung stehen sollte, etwa in der Größenordnung von 10 Prozent, unter anderem, um auch die sogenannten Orchideenfächer, die ich für sehr sehr wichtig halte, dotieren zu können, und zwar autonom durch die Universitäten, durch die Universitätsgremien.

Zweitens kann diese Entwicklung nicht darüber hinwegtäuschen ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Frau Abgeordnete, die 20 Minuten sind ausgeschöpft. Bitte um den Schlußsatz!

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (fortsetzend): ..., daß wir einen dramatischen Fehlbestand auch im Bereich der Grundlagenforschung haben. Und insgesamt tut es mir weh,


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bei dieser Diskussion einmal mehr das Rückzugsgefecht der Universitäten auch in diesem Hause ablaufen zu sehen. (Beifall bei den Grünen.)

10.12

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Parnigoni. – Die Uhr ist auf 5 Minuten freiwillige Redezeit gestellt. – Bitte.

10.12

Abgeordneter Rudolf Parnigoni (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Petrovic, daß die Mitarbeiter der beiden Teile des Ministeriums hier räumlich getrennt sitzen, hängt vielleicht doch eher mit der Architektur dieses Hauses zusammen. Wenn diese anders wäre, dann hätten die Kollegen vom Wissenschafts- und vom Verkehrsbereich auf einer einzigen Seite Platz. Die Architektur dieses Salales erlaubt das aber nicht.

Frau Kollegin Petrovic! Im übrigen bin ich davon überzeugt, daß gerade Wissenschaft, Forschung und Verkehr unsere Zukunft maßgeblich bestimmen. Aber ich gebe schon zu, daß die Grünen auf diesem "Zukunftsauge" möglicherweise leichte Erblindungserscheinungen haben könnten.

Meine Damen und Herren! Der Bedeutung des Verkehrs wird auch im Budget Rechnung getragen. Es stehen insgesamt 26,33 Milliarden Schilling für den Verkehr zur Verfügung. Die gemeinwirtschaftlichen Leistungen sind mit 8,2 Milliarden dotiert; 4,7 Milliarden sind für den Ökobonus, 1,2 Milliarden für den Verlagerungsbonus von der Straße auf die Schiene und 675 Millionen Schilling für die Verkehrsverbünde vorgesehen.

Die Fahrten zur Schule und zur Arbeitsstätte sind uns sehr wichtig, sie bedürfen einer Unterstützung. Erlauben Sie mir hier festzuhalten, meine Damen und Herren, daß nicht die Politik der SPÖ schuld daran ist, daß die Bahnpreise für die Zeitkarten seitens der ÖBB ab 1. Jänner 1998 um 15 Prozent erhöht werden, sondern daß das in erster Linie auf die Verringerung der Zuschüsse aus dem Familienministerium zu Lasten der Schüler und Pendler zurückzuführen ist.

Die Finanzierung des Nahverkehrs ist ein Thema, das wir gestern schon mit angesprochen haben. Diesbezüglich werden wir im Jahr 1998 ein Nahverkehrsgesetz hier im Haus diskutieren und beschließen müssen. Es muß in Richtung von mehr Kundenorientiertheit, einer Attraktivierung des Angebotes, mehr Kosteneffizienz und einer Steigerung des Wettbewerbs gehen. Unser Ziel ist eindeutig die Absicherung des öffentlichen Verkehrs auch im ländlichen Raum und eine Attraktivierung des öffentlichen Verkehrs.

Daß der Verkehr für uns wichtig ist, auch für die Wirtschaft, heißt nicht, daß wir die Belastungen nicht reduzieren müssen. Der Ausstoß an Stickoxyden, an Kohlendioxyd und die Lärmbelästigung durch den Verkehr sind beträchtlich. Auch die Zahl von mehr als 1 000 Toten pro Jahr spricht eine beredte Sprache.

Was die Trends für die Zukunft angeht: Bis zum Jahr 2020, so sagt die Verkehrsministerkonferenz, wird der Frachtverkehr auf der Straße um 90 Prozent, der Personenverkehr auf der Straße um 40 Prozent steigen. Die Grenzen der Akzeptanz sind eindeutig erkennbar.

Meine Damen und Herren! Wir brauchen eine Umorientierung in der Verkehrspolitik, und diese wird von den Sozialdemokraten bereits jetzt konsequent umgesetzt. Erstens sehen wir die Verkehrsvermeidung als oberste Priorität an. Es geht dabei um die Reduktion der Leerfahrten sowie darum, moderne Telekommunikationseinrichtungen zu nutzen. Erst vor kurzem haben wir daher auch als Rahmenbedingung ein modernes Telekomgesetz beschlossen. Zweitens geht es um die Verkehrsverlagerung zu umweltfreundlichen Verkehrsträgern, also zur Schiene, zur Bahn, beziehungsweise auf das Schiff.

Die ÖBB werden heuer eine Rekordergebnis einfahren, nämlich die Beförderung von insgesamt 75 Millionen Tonnen auf der Schiene – 1996 waren es im Vergleich dazu 71,2 Millionen –, obwohl alle Bahnen in Europa Anteile beim Frachtaufkommen verlieren. Die österreichische


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Güterbeförderungsleistung auf der Schiene beträgt pro Einwohner 8,7 Millionen, in Deutschland 3,5 Millionen Tonnen. Wenn wir in Österreich deutsche Verhältnisse hätten, würden wir um 40 Millionen Tonnen mehr auf der Straße transportieren müssen. Das wäre unvorstellbar.

Mit der Möglichkeit, aus dem SCHIG 140 Milliarden Schilling zur Verfügung zu haben, kann ein enormer Schub im Ausbau der Schieneninfraverkehrsstruktur gestartet werden und wird auch in Gang gesetzt. Meine Damen und Herren! Hier ist anzumerken, daß Österreich als moderner Industriestaat natürlich eine umweltgerechte Verkehrsinfrastruktur benötigt. Darum erschüttert mich die Haltung der ÖVP, der FPÖ-Niederösterreich und des Landeshauptmannes Pröll, daß er den Semmeringbasistunnel verhindert und damit der Wirtschaftsentwicklung der Zukunft entgegensteht. Ich appelliere an den Herrn Landeshauptmann, an die ÖVP-Niederösterreich und an die FPÖ-Niederösterreich, ihre Haltung zu überdenken. Sonst, meine Damen und Herren, wird der Herr Landeshauptmann zu einem Verhinderer werden oder, wie der "Standard" schreibt, zu einem Eröffner verkommen.

Ich zitiere nur ganz kurz aus dem "Standard": "Pröll hört die leisesten Signale dieser Art mindestens gemeindeweit, vor Wahlen sogar niederösterreichweit. Gott, was hat dieser Mann heuer schon eröffnet! Mauerwerke in allen Auf- und Umbauten, Asphalt in allen Längen und Breiten, 6 Kilometer lange Güterwege. Möge an dieser Stelle kein Mensch, kein Fahrzeug mehr zu Schaden kommen!, sprach Pröll in seiner Predigt zur Eröffnung des insgesamt 50. niederösterreichischen Kreisverkehrs." (Abg. Dr. Khol: Ein guter Mann!) "Eine Hollabrunner Verkehrsampel mußte eine Woche lang gelb blinken, weil der eröffnungsgestreßte Politiker keinen Termin frei hatte", heißt es da auch. (Abg. Dr. Khol: War das der Höger, Herr Kollege Parnigoni, der keine Zeit hatte? Durfte der eine Ampel eröffnen? Danke für die Werbung für Erwin Pröll! Ein guter Mann!) " Nur den Semmering-Tunnel mag er nicht. Für so viel Geld könne er alle 10 Kilometer Kreisverkehre errichten und eröffnen." – Ende des Zitats.

Meine Damen und Herren! Ich ersuche die ÖVP-Niederösterreich wirklich, ihre Haltung zu überdenken.

Meine Redezeit ist zu Ende. Ich möchte nur noch darauf hinweisen, daß wir uns in einem Bereich natürlich noch durchsetzen müssen, nämlich im Bereich der Kostenwahrheit. Wir werden um das LKW-Road-pricing kämpfen, denn wenn sich jetzt bei der Vignettenabrechnung herausstellt, daß die PKW-Fahrer – über 30 Prozent davon Ausländer – 2,8 Milliarden Schilling zahlen müssen, während der LKW-Bereich nur 300 Millionen Schilling in den Topf einbringt, dann sieht man, daß da eine massive Quersubventionierung vom PKW zum LKW stattfindet. Und das werden sich hoffentlich ÖAMTC, ARBÖ und der Verkehrsklub nicht gefallen lassen. Ich warte auf ihren Aufstand, denn dann werden Sie endlich begreifen, daß wir das, was wir im Koalitionsübereinkommen vereinbart haben, ein LKW-Road-Pricing schon 1998 einzuführen, auch durchzusetzen haben. Darauf hoffe und vertraue ich. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

10.19

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Brauneder. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte.

10.20

Abgeordneter MMag. Dr. Willi Brauneder (Freiheitliche): Herr Präsident! Sehr verehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich spreche nicht zum Thema Verkehr, zumindest nicht Verkehr in diesem Sinne. Ich möchte mich bei Frau Kollegin Petrovic für etwas bedanken, nämlich dafür, daß sie beim Zitat der verkalkten Professoren – ich glaube, sie müßte wohl sagen: männliche ProfessorInnen – nicht mich angesehen hat. Ich bitte, der Frau Kollegin Petrovic das ausrichten zu wollen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Khol: Mich hat sie angeschaut!)

Wir haben zu Sommerbeginn ein "Jahrhundertgesetz" verabschiedet, wenn ich das in Erinnerung bringen darf. Der nickende Herr Kollege Lukesch, glaube ich, war jener, der dies so bezeichnet hatte. Es war auch eine "Magna Charta", wenn ich mich recht erinnere, Herr Lukesch. (Abg. Dr. Lukesch: Jawohl!) Dieses "Jahrhundertgesetz" ist tatsächlich flugs auch in die ausländische Tagespresse eingegangen. Sogar die "Neue Zürcher Zeitung" schreibt: "Und wer soll noch einen Text ertragen wie den eines österreichischen – damals – Gesetzentwurfs ..." – und


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jetzt kommt daraus das Zitat –: "Der Studiendekan/Die Studiendekanin hat den/die Universitäts-/Hochschullehrer/in, der/die den/die Verfasser/in einer Dissertation betreut hat, jedenfalls zu einem/r Beurteiler/in zu bestellen."

Nun, ich will mich jetzt nicht nur über die Sprache dieses Gesetzes lustig machen – das war ein Zitat aus einer Schweizer Zeitung; ich möchte das betonen –, sondern in Erinnerung rufen, daß es Hauptaufgabe dieses Gesetzes war, den Universitäten mehr Autonomie zu bringen. Aber Autonomie gebracht oder angeblich gebracht – flugs – hat Herr Kollege Niederwieser – ich bitte, es ihm auszurichten. Er hat davon gesprochen, man müsse Druck auf die Unis ausüben. Man hat also Autonomie gewährt, aber kaum in Kraft getreten, hieß es, man müsse Druck – dieses Wort hat er laut "Presse" verwendet – ausüben dahin gehend, daß die Studienpläne rasch erlassen werden. Und auch Sie, Herr Minister, haben dann später einmal vom "zusätzlichen Druck" gesprochen, der hier auszuüben sei.

Ich will dem etwas Positives abgewinnen, nämlich die Einsicht, man müsse an diesem Gesetz möglicherweise doch etwas ändern. Aber Druck halte ich nicht für richtig. Herr Kollege Niederwieser hat auch gesagt, wie er sich diesen "Druck" vorstellt, nämlich durch die verschiedene Zuteilung von Mitteln. Man hängt also mit der Autonomie sozusagen am Gängelband des Geldes, und damit bin ich auch – manche Vorredner mögen mir das verzeihen – beim Thema Budget.

Der Preis für die Autonomie – oder für diese angebliche Autonomie – ist sehr vielfältig. Ich bedanke mich für die Beantwortung einer Anfrage, vor allem bei den Beamten des Ministeriums. Es hat mich tatsächlich überrascht, zu lesen, wie das Verhältnis der Planstellen des Verwaltungsdienstes an Universitäten zu den Planstellen für Lehrpersonal tatsächlich aussieht – ich lasse jetzt den Krankenpflegedienst beiseite –: Hochschullehrer etwa 54 Prozent des Personalstandes, 46 Prozent ist Verwaltungspersonal. Das heißt, die Autonomie hat zumindest – ich sage das schonungsvoll – keinen Abbau der Bürokratie an den Universitäten gebracht; ich würde sogar vermuten, einen Zuwachs von Bürokratie, vor allem durch das neue UOG.

Es ist der dritte Prüfungstermin angesprochen worden, und es ist gesagt worden, die Professoren wehren sich dagegen. Ich bitte um Verzeihung, daß ich einmal ausnahmsweise für meinen Stand etwas sage. Ich beispielsweise habe seit mehreren Semestern einen dritten Prüfungstermin wahrgenommen, mit anderen Kollegen, und ich muß sagen, dieser dritte Prüfungstermin zerhackt den Lehrbetrieb mitten im Semester und führt zu nicht immer positiv zu beurteilenden Blocklehrveranstaltungen. Vor allem ist jetzt, da auch die schriftlichen Prüfungen mit einbezogen werden, jedenfalls mehr Prüfungspersonal erforderlich, ist auf jeden Fall mehr administratives Personal erforderlich, und es sind natürlich auch Prüfungslokale bereitzustellen. Das geht mitten im Semester eindeutig auf Kosten der Lehre.

Meine Damen und Herren! Wenn es jetzt diese Divergenz gibt, daß manche Fakultäten da Bedenken anmelden, dann möchte ich sagen: Ich würde es nicht negativ sehen, daß man Bedenken anmeldet. Wenn man sich dem Gesetzestext verweigert, dann ist das richtigerweise zu kritisieren, aber auch hier hat die schlechte Gesetzeslage etwas gebracht, nämlich, daß sich dort, wo in den Studienplänen eine andere Anzahl von Prüfungsterminen, und zwar weniger, festgeschrieben ist und die Studienpläne jetzt eingefroren sind, im Konnex mit dem Gesetzestext – ich sage das einmal so – zumindest das rechtstheoretisch interessante Problem stellt: Welches Gesetz ist zu welchem die Lex specialis? – Man hätte das vielleicht, bei einem besseren Gesetz, Herr Kollege Lukesch, auch regeln können.

Schließlich könnte man jetzt zusätzlich sagen: Na schön, weniger Lehre, aber wir haben ja jetzt mehr Lehre durch die Lehrbeauftragung neuen Typs. Diesbezüglich entnehme ich auch der dankbar entgegengenommenen Anfragebeantwortung, daß es sich bei dieser neuen Lehrbeauftragung um eine Strukturbereinigung handeln soll. Eine Strukturbereinigung, bitte! Und auf der anderen Seite haben wir Autonomie. Ich frage mich: Wie paßt das eigentlich zusammen? – Diese Strukturbereinigung kostet Geld. Wenn das etwas bringt – warum auch nicht, selbst in Zeiten des Sparpakets –, dann wäre es ja gut, aber es werden ja jetzt mindestens dreisemestrig tätige Assistenten verpflichtet zu lehren. Und ich wage die Behauptung, daß man jetzt zwar mehr hat, quantitativ mehr hat, aber qualitatitiv ist hier nicht unbedingt eine Verbesserung eingetreten. (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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Ich möchte noch einmal den Bogen zur Autonomie spannen. Ich glaube, daß Dinge auf ministerieller Ebene und auch hier vom Hohen Haus geregelt worden sind, die tatsächlich in den Bereich der Autonomie gehören, etwa der dritte Prüfungstermin. Da sollte eine Kannbestimmung im Gesetz sein, denn der Bedarf und die Gestaltung des Unterrichts sind an den Fakultäten völlig unterschiedlich: schriftliche Prüfung – mündliche Prüfung, große Fakultät – kleine Fakultät. Das ist zu unterscheiden. Aber das, was ich eigentlich sehr bedauere, ist, daß wir die Gestaltung der Studienpläne aus der Hand gegeben haben. Ich will nicht autonomiefeindlich sprechen, aber wir werden sehen, daß die Gestaltung der Studienpläne, vor allem die möglichst bundeseinheitliche Gestaltung der Studienpläne, auf Probleme stoßen wird. Dieses Hohe Haus wäre der richtige Ort gewesen, um Studienrahmengesetze zu verabschieden. Auch wenn Sie das nicht glauben, Herr Kollege Lukesch, es ist meine volle Überzeugung, weil es auch an auswärtigen Universitäten so geht. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

10.26

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kukacka. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. – Bitte.

10.26

Abgeordneter Mag. Helmut Kukacka (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Wenn ich auf die Bänke der Grünen blicke, sehe ich vor allem Leere. Die Plätze sind verwaist. Ihr Interesse gilt wieder einmal einem anderen Thema. Und während uns wir hier pflichtgemäß mit dem Wissenschafts- und Verkehrsbudget beschäftigen, versuchen die Grünen gerade zu dieser Stunde außerhalb des Hauses, am Michaelerplatz, mit vordergründigem Aktionismus Emotionen zu schüren. Sie reiten wieder einmal – wie man in ihrem Flugblatt lesen kann – gegen die NATO und machen auch gegen das ohnedies äußerst bescheidene Verteidigungsbudget Österreichs mobil.

Dazu sprechen natürlich auch Abgeordnete dieses Hauses: der Herr Kollege Wabl und die Frau Pollet-Kammerlander. Meine Damen und Herren! Wir haben kein Verständnis, wenn sich Abgeordnete des Nationalrates während der Budgetdebatte außerhalb des Parlaments an billigem Aktionismus beteiligen und Sandburgen bauen! Sie haben hier im Haus zu sein! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Aber diese Sandburgen, die sie bauen, sind ohnedies wie ihre Argumente zur Sicherheitspolitik: Sie sind auf vordergründigen Effekt angelegt und tragen auch nur kurze Zeit. Der Wind der Zeitgeschichte – dessen sind wir sicher – wird sie verblasen, weil sie eben auf keinem festen Fundament, sondern nur auf Sand gebaut sind. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich aber jetzt wieder zum Verkehrsbudget kommen. Herr Verkehrsminister Einem hat zu Beginn des Jahres das Vekehrsressort von seinem Vorgänger übernommen und eine Reihe unerledigter Materien in Angriff genommen. Einige offene Fragen sind einer Lösung zugeführt worden; ich denke an das Telekomgesetz, die Novelle zum Kraftfahrzeuggesetz, das Führerscheingesetz – alles Materien, von denen ich glaube, daß wir sie gut erledigt haben. Eine Reihe von Aufgaben steht aber noch vor uns.

Was mich aber etwas stört – und vor allem auch die Öffentlichkeit, Herr Minister –, das ist die Tatsache, daß bei einigen Gesetzesvorhaben – ich meine hier ganz konkret das Führerscheingesetz – bezüglich der Umsetzung seitens des Verkehrsministeriums erhebliche Defizite erkennbar gewesen sind. Obwohl das Gesetz bereits im Juli dieses Jahres hier beschlossen wurde und mit 1. November in Kraft getreten ist, sind leider nicht alle vorbereitenden Maßnahmen, Überleitungsbestimmungen und Verordnungen so getroffen worden, daß die darin enthaltenen Vorschriften auch umgesetzt werden konnten.

So heißt es etwa in den "Oberösterreichischen Nachrichten": "Führerscheinchaos ist perfekt. Neue Verordnung widerspricht dem Gesetz. Die Verwirrung um das leidige Führerscheingesetz wird perfekt. Jetzt kam zutage, daß sogar die Durchführungsverordnung mit dem Gesetz in Widerspruch steht. Ämter und Behörden sind am Verzweifeln."

Und weiter heißt es: "Chaos in Ämtern. Prüflinge warten auf Führerscheine." Die Kommentare lauten von "Husch-Pfusch-Aktion" bis "Chaos", und zwar von Beamten, die seit gestern die neuen Führerscheine ausgeben sollten, aber nicht können.


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Meine Damen und Herren! Was ich damit ausdrücken möchte, ist, daß wir hier mit einem Vollzugsdefizit zu kämpfen haben, das leider wieder auf uns Politiker zurückfällt, weil selbstverständlich nicht die Administration, sondern wir Politiker dafür verantwortlich gemacht werden. So heißt es etwa in einem Kommentar der "Oberösterreichischen Nachrichten": Bei aller berechtigten Kritik gibt es einen schalen Nachgeschmack. Politiker haben das Gesetz im Parlament verabschiedet. Sie haben es aber offenbar nicht gelesen, sonst hätten sie den Unfug früher erkennen müssen. – Zitatende.

Meine Damen und Herren! Das tut weh, weil wir uns wirklich nicht für diesen Unfug verantwortlich fühlen – und es auch nicht sind –, sondern versucht haben, dieses Gesetz, so gut es in unseren Kräften stand, tatsächlich zu konzipieren und durchzusetzen. (Beifall bei der ÖVP.)

Herr Minister! Als Unfug angesehen wird – insbesondere von den betroffenen Jugendlichen – auch die Verordnung über den psychologischen Eignungstest, dem sich 15jährige Bewerber um den Mopedausweis unterziehen müssen. Jedenfalls muß die verkehrspsychologische Untersuchung, die Schülern oder Lehrlingen, die sich diesen Betrag sicherlich höchstens in Ausnahmefällen leisten können, 5 000 S kostet, billiger werden. Es muß auch das ganze Verfahren vereinfacht werden. (Beifall bei der ÖVP.)

In dieser Verordnung wird auch kein Unterschied zwischen "normalen" Bewerbern und denjenigen um den Führerschein ab 15 Jahren gemacht. Das sind jene Bewerber um eine Lenkerberechtigung – ich zitiere aus der Verordnung –, die fünfmal den theoretischen Teil der Fahrprüfung oder viermal den praktischen Teil der Fahrprüfung nicht bestanden haben, bei denen aufgrund einer ergänzenden amtsärztlichen Untersuchung Zweifel an deren kraftfahrspezifischen Leistungsfähigkeit, insbesondere an der Intelligenz und am Erinnerungsvermögen bestehen.

Meine Damen und Herren! Diese Gleichstellung ist absurd und lächerlich, ja geradezu beleidigend und zeigt nur, daß man den jungen Bewerbern Prügel vor die Füße werfen wollte. (Beifall bei der ÖVP.) Selbst der oberösterreichische sozialdemokratische Verkehrslandesrat Haider fordert die Abschaffung der verkehrspsychologischen Untersuchung. (Abg. Auer: Das ist vernünftig!) Er läuft damit bei uns offene Türen ein, denn die verkehrspsychologische Untersuchung wurde nur deshalb eingeführt, weil sie vom Kuratorium für Verkehrssicherheit und vom Verkehrsministerium zur Bedingung gemacht wurde, um überhaupt die Möglichkeit des Mopedfahrens ab 15 Jahren zu geben. (Abg. Schuster: Jugendfeindlich!)

Ich halte es in Zeiten des Wettbewerbsgebotes der EU rechtlich und politisch für bedenklich, daß das Kuratorium für Verkehrssicherheit durch die in der Verordnung festgelegten Bedingungen ein Quasimonopol für die Durchführung dieser Untersuchung erhält. Das halten wir für wirklich nicht richtig! (Zustimmung bei der ÖVP.)

In Bayern ist Mopedfahren schon ab 15 Jahren erlaubt, im übrigen auch in der Schweiz und in etlichen anderen Ländern. (Abg. Auer: In der Schweiz ab 14!) Das funktioniert problemlos. Dort hat man bei der psychologischen Untersuchung einen einfacheren und billigeren, aber dennoch effektiven Weg eingeschlagen. Die psychologische Prüfbescheinigung, die vom bayerischen TÜV ausgestellt wird, kostet 207 D-Mark. Die Untersuchung wird von einem amtlich anerkannten Prüfer nach dem deutschen Sachverständigengesetz vorgenommen.

Das alles funktioniert dort bestens und problemlos. – In Österreich hingegen kostet diese Untersuchung 5 000 S. Auf diese Art und Weise verschrecken wir die jungen Bürger, die auf das Moped angewiesen sind, weil sie sonst ihren Arbeitsplatz, ihren Lehr- und Schulplatz gerade im ländlichen Raum nicht unter adäquaten Bedingungen erreichen können. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Angesichts der aktuellen Verkehrsunfallzahlen bekräftige ich vor allem meine Forderung nach verursacherbezogener Unfallbekämpfung. Die Hauptursache von Verkehrsunfällen ist die hohe, nicht angepaßte Fahrgeschwindigkeit mit einer Häufigkeit von 42 Prozent. (Abg. Khol: So ist es!) Weitere Hauptunfallursachen sind Vorrangmißachtung mit 13 Prozent, riskantes Überholen mit 8 Prozent, vorschriftswidriges Überholen mit 10 Prozent, und erst dann kommt Alkoholisierung mit 7 Prozent. Ein großes Problem ist – das zeigen auch


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die Untersuchungen –, daß die vor Jahren eingeführten lebensrettenden Maßnahmen, wie zum Beispiel die Gurtenanlegepflicht, immer öfter negiert werden.

Meine Damen und Herren! Dieser Entwicklung muß sowohl mit verstärkter Kontrolltätigkeit durch die Exekutive, die mit Planquadraten und höherem Überwachungsdruck arbeiten sollte, als auch durch vermehrte Aufklärungs- und Überzeugungsarbeit entgegengetreten werden. (Beifall bei der ÖVP.) Gerade das Kuratorium für Verkehrssicherheit wäre prädestiniert dafür, diese Überzeugungs-, Informations- und Aufklärungsarbeit zu übernehmen und durch konkrete Kampagnen und Aktionen auf die Einhaltung der bestehenden Normen und Vorschriften hinzuweisen, anstatt immer wieder neue Forderungen aufzustellen, deren Wirkung zweifelhaft ist, da sie nicht ordentlich überprüft werden können. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Der Gesetzgeber hat deshalb vor einigen Jahren eine 20prozentige Zweckbindung der Strafen zur Intensivierung der Verkehrsüberwachung, für mehr Personal und für zusätzliche Überwachungsgeräte beschlossen. Aber Herr Innenminister Schlögl hat mir erst vor kurzem mitgeteilt, daß die Zahl der Dienstposten der Exekutive für die Überwachung – obwohl die Höhe der finanziellen Mittel durch die Zweckbindung deutlich angestiegen ist – seit Jahren gleich geblieben ist, und zwar bei 514 Planstellen. Es ist auch nicht daran gedacht, diese Zahl in Zukunft auszuweiten.

Hohes Haus! Das widerspricht klar der Absicht des Gesetzgebers, die dieser im Zusammenhang mit der Zweckbindung hatte. Wir meinen, daß die Zahl der Überwachungsposten, des Überwachungspersonals erhöht werden muß, sonst bleibt unsere Forderung nach höherem Überwachungsdruck ohne Folgen und sinnlos. Da liegt die Misere begraben, da muß angesetzt werden – und nicht bei neuen Normen, die wiederum nicht überwacht werden, weil angeblich zu wenig Geld vorhanden ist. Das Geld ist vorhanden. Es muß nur seinem Zweck entsprechend eingesetzt werden! – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

10.38

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Barmüller. – Bitte.

10.38

Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich möchte noch kurz an das anschließen, was Frau Abgeordnete Gredler gesagt hat, insbesondere in bezug auf Herrn Abgeordneten Lukesch, und zwar insbesondere deshalb, Herr Abgeordneter Lukesch, weil Sie im Ausschuß gesagt haben – und es quasi der Abgeordneten Gredler vorgehalten haben –, daß sie einen Antrag unterstützt hat, den die ÖVP beziehungsweise Sie eingebracht haben.

Sie wissen, daß es in Ausschußsitzungen üblich ist, Herr Abgeordneter Kopf, daß gerade auch die Opposition Anträge einbringt, die in der Regel weitergehen als das, wozu die Koalition bereit ist. (Abg. Dr. Lukesch: Sie haben gar keinen Antrag eingebracht!) Wir haben diesbezüglich einige Anträge eingebracht. Wenn es dann so ist, daß ein solcher Antrag eingebracht wird, wird von Ihnen immer nur geblockt. Wenn man dann von seiten der Opposition, nachdem der weitergehende Antrag abgelehnt worden ist, das, was da an "Trippelschrittchen" von dieser Koalition gemacht wird, unterstützt, dann wird im Plenum versucht, einem das vorzuhalten. Ich sage Ihnen dazu: Das wird einem konstruktiven Beratungsklima im Ausschuß nicht gerade zuträglich sein. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Ich kann Ihnen belegen – gerade am Beispiel Ihrer Rede, Herr Abgeordneter Lukesch, weil Sie von sozialer Gerechtigkeit für die Jugend gesprochen haben –, daß in Wirklichkeit, wenn Sie von sozialer Gerechtigkeit und Solidarität reden, Sie die Solidarität der Privilegierten mit anderen Privilegierten meinen. Sie meinen nicht die Solidarität zwischen Privilegierten und Nichtprivilegierten. (Abg. Dr. Lukesch: Was?) Der Beleg dafür, Herr Abgeordneter Lukesch, war doch wohl die Besoldungsreform im universitären Bereich, bei dem sich gerade die Professoren überhaupt nichts nehmen haben lassen – aber dafür wurde der ganze Mittelbau geopfert. (Abg. Dr. Lukesch: Ich bitte Sie!)


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Daß man in diesem Bereich das Einkommen dieser Leute mit bis zu minus 20 Prozent beschnitten hat, wissen Sie. Sie wissen ganz genau, daß man dem Mittelbau Versicherungszeiten einfach gekappt und gesagt hat: Naja, ihr müßt eben schauen, wie ihr weiterkommt. Auch wenn ihr eingezahlt habt, wird das nicht irgendwo anders angerechnet. Ihr müßt sehen, ob ihr noch zusätzlich Zeiten bekommt, damit euch daraus ein Anspruch erwächst; sonst ist er eben verfallen. – Das wissen Sie doch! (Abg. Dr. Lukesch: Bei den Professoren auch!)

Hier haben sich die Professoren überhaupt nicht für jene eingesetzt, die üblicherweise im universitären Bereich Seite an Seite mit ihnen den Lehrbetrieb aufrechterhalten. Sondern ganz im Gegenteil: Sie haben auf ihre eigene Tasche geschaut und haben die anderen sozusagen den Bach hinunterschwimmen lassen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Wenn wir Liberalen an dieser und anderer Stelle, Herr Abgeordnete Lukesch, davon reden, daß wir diese Art von "Solidarität" nicht meinen, werden Sie uns zugestehen müssen, daß wir, insbesondere wenn Sie sich das als Konzept der Grundsicherung ansehen, sehr wohl in der Lage sind zu erkennen – und auch bereit sind, das politisch durchzusetzen –, daß in unserem Land die Schere zwischen jenen, die immer mehr haben, und jenen, die immer weniger haben, einfach zu weit auseinandergeht. Wir müssen da einen ganz neuen Ansatz finden, über den Sie aber bisher nicht einmal sachlich zu diskutieren bereit waren. Hier zitiert sogar Herr Bundesminister Bartenstein auf der Regierungsbank Zahlen, von denen er nachher in der Cafeteria schulterklopfend sagt: Ich weiß eh, daß es nicht so ist und sie woanders eingerechnet werden.

Das ist genau jene Unredlichkeit, mit der die Diskussion hier im Hause geführt wird, weil man nicht bereit ist, über jene strukturellen Mängel, die es in diesem Land gibt, zu reden, weil eben die strukturellen Mängel solche sind, aus denen Sie Ihre Vorteile ziehen. Und Sie wollen diese Vorteile einfach um keinen Preis aufgeben. (Beifall beim Liberalen Forum. – Zwischenruf des Abg. Dr. Lukesch. ) Das Verhältnis zwischen Herrn Abgeordneten Haselsteiner und Ihnen, Herr Abgeordneter Lukesch, und wie Sie sich gegenseitig titulieren, möchte ich hier nicht kommentieren. Machen Sie sich bitte selbst aus, wer wen für einen "Klemmer" hält!

Ich möchte dem, was Frau Abgeordnete Petrovic gesagt hat, nämlich daß Frau Abgeordnete Gredler die schwarzen Schafe herausgreife, um einen Stand insgesamt in Mißkredit zu ziehen, folgendes entgegenhalten: Das, was Frau Abgeordnete Gredler gesagt hat, ist eine Kritik am System der Pragmatisierung. Das ist es, was sie herausgestrichen hat. Ich möchte, um hier keine Zweifel aufkommen zu lassen, noch einmal folgendes betonen: Es geht darum, daß wir das System der Pragmatisierung in diesem Bereich für leistungsfeindlich halten. Wir halten es für falsch, daß ein System aufrechterhalten wird, mit dem nicht das herausgeholt wird, was für Studierende, aber auch für Lehrende an positiven Effekten erreicht werden könnte. Daher kritisieren wir im Bereich der Universitäten das System der Pragmatisierung. Das hat Frau Abgeordnete Gredler nicht nur gemeint, sondern auch gesagt.

Meine Damen und Herren! Zum Budget 1998, was meinen unmittelbaren Bereich angeht, nämlich den Bereich das Kapitels 65, Verkehr und öffentliche Wirtschaft, möchte ich folgendes sagen: Es ist so, daß es in Wirklichkeit nur um eine Fortschreibung der Budgetansätze des Jahres 1997 geht. Die Veränderungen, die sich aufgetan haben, die erkennbar sind, sind bei weitem nicht spektakulär. Insofern ist im Budget eine Schwerpunktsetzung nicht zu erkennen, sondern es ist schlicht und einfach das gemacht worden, was man immer tut, wenn man politisch keinen Plan hat, nämlich, einfach die einzelnen Posten für sich genommen ein wenig zu erhöhen und weiterzuschreiben.

Herausgreifen möchte ich allerdings den Posten, der die Eisenbahninfrastruktur betrifft, bei dem es um 11 Milliarden Schilling geht, also knapp 1 Milliarde Schilling mehr als vorher. Wenn es so ist, daß das Budget in Wirklichkeit eine in Ziffernform gehaltene Politik oder Politikankündigung ist, dann sagt doch dieses Budget gerade im Bereich des Verkehrs mehr darüber aus, was versäumt worden ist, was nicht zwischen den Koalitionsparteien vereinbart werden konnte, als darüber, was man in Zukunft in diesem Land machen will – und das trotz einer großen Koalition, die angetreten ist, die großen Probleme in diesem Land zu lösen; also trotz einer 10jährigen Chance fehlt im Verkehrsbereich bis heute ein Masterplan; diesen gibt es nicht. Sie werden mir


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jedoch zugestehen, daß gerade jene Infrastrukturinvestitionen, die natürlich nach einem größeren, längerfristigen Konzept gehen müssen, von dieser Koalition nicht geschaffen wurden.

Es gibt auch nach wie vor keine Sicherung der Nahverkehrsfinanzierung. Ich weiß schon, daß das in hohem Maße auch mit den Ländern abgestimmt werden muß, und daß zum Beispiel Herr Landeshauptmann Pröll, wenn er nicht gerade, wie Herr Abgeordneter Parnigoni ausgeführt hat, einen Kreisverkehr eröffnet, natürlich lieber das Geld, das für den Bau des Semmering-Basistunnels eingesetzt wird, in seinem Bereich für andere Maßnahmen, und zwar für Nahverkehrsmaßnahmen, einsetzen möchte. Das mag ihm unbenommen sein, nur: Für eine größere Sicht der Dinge spricht das nicht gerade. Aber wahr ist, daß die Koalition von ihren Parteistrukturen her nicht in der Lage ist, diese großen Probleme auch übergreifend zwischen Bund und Ländern zu lösen.

Darüber hinaus – das ist etwas, was auch Herr Abgeordneter Kukacka angesprochen hat – ist es in Österreich nicht gelungen, eine Hebung der Verkehrssicherheit herbeizuführen. Wenn wir aber über das Budget und die Budgetansätze reden, dann sollten wir auch darüber sprechen, daß etwa mangelnde Verkehrssicherheit in diesem Land auch etwas mit volkswirtschaftlichen Kosten zu tun hat. Es hat mit menschlichem Leid und einfach wirklich sinnlosem Sterben auf unseren Straßen zu tun, es hat aber auch eine volkswirtschaftliche Kostendimension.

Da Herr Abgeordneter Parnigoni heute von einer Neuorientierung der Verkehrspolitik gesprochen hat, sage ich ihm folgendes: Ja, das ist schon richtig, aber eine Neuorientierung der Verkehrspolitik kann doch nicht auf jene Prognosen zurückgreifen, die jetzt gemacht werden, da man annimmt, daß das, was in der Verkehrspolitik bisher gemacht worden ist, einfach fortgeschrieben wird.

Man kann nicht davon ausgehen und sagen, daß unter den jetzigen Bedingungen der Gütertransport auf der Straße um 90 Prozent zunehmen wird und wir daher entsprechend mehr Straßenkapazitäten brauchen. – Das ist doch ein falscher Ansatz, denn wahr ist, daß wir genau mit diesen Maßnahmen immer der Entwicklung hinterherhinken werden. Wenn wir entsprechend größere Infrastrukturen und größere Kapazitäten schaffen, dann wird gemäß dem "Nährbodenprinzip", das nun einmal im Verkehrsbereich existiert, die einzelne Verkehrsart natürlich zunehmen. Dann werden wir zwar quasi der Prognose in fünf Jahren nachhinken, sie mit entsprechenden Infrastrukturmaßnahmen aber verwirklicht beziehungsweise die Basis dafür geschaffen haben, daß man diese Kapazität bewältigen kann. Es ist aber auch wahr, daß dann diese Dynamik natürlich weiter verstärkt wird.

Sie werden in diesem Bereich neuerlich Infrastrukturmaßnahmen ergreifen müssen. Es wird letztlich dabei herauskommen, daß wir in einem Ausmaß Infrastrukturflächen, etwa für den Straßenverkehr, brauchen, das in Österreich an Platz, an Raumnutzungspotential überhaupt nicht zur Verfügung steht. Daher muß doch der Ansatz ein anderer sein, und zwar der, daß wir fragen: Was müssen wir in der Raumordnung tun, um sicherzustellen, daß etwa Verkehrswege auf wichtigen Achsen, die nun einmal existieren, sichergestellt werden können? Wir müssen fragen: Wo fehlt es an der Kostenwahrheit? Das gilt nicht nur zwischen LKW und PKW, sondern für alle Verkehrsträger. Wo fehlt es an der Kostenwahrheit, wo verwirklichen wir das Verursacherprinzip nicht, und wie weit sind wir denn mit einer ökologischen Steuerreform gekommen? – Denn wenn wir uns dazu entschließen, in vermehrtem Maße Ressourcenverbrauch zu besteuern, dann wird diese Maßnahme im Verkehrsbereich auch zu einer Änderung des Verbrauchs und des Verkehrsverhaltens führen. Und dann, meine Damen und Herren, wäre es sinnvoll, Prognosen zu machen und zu sagen: Das und das brauchen wir.

Es gibt strukturelle Maßnahmen in der Verkehrspolitik, die nicht mit Straßenbau, nicht mit Schienenbau, sondern mit den Rahmenbedingungen zusammenhängen, um überhaupt den Bereich der Mobilität neu zu regeln. Wir befinden uns in einer Zeit, in der es auch in der Arbeitswelt extrem viele Umbrüche gibt. Es kann doch nicht so sein, daß wir mit niedrigen Preisen im Bereich der fossilen Energieträger und durch Straßenbau den Verkehr subventionieren, damit dann die Produktionsstätten ins Ausland ausgelagert werden, zu billigeren Arbeitskräften und zu noch billigeren Kosten, und damit dann die Produkte, die dort erzeugt werden, wieder dorthin


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gebracht werden, wo sie verkauft werden sollen. – Dem kann man mit einer ökologischen Steuerreform entgegenwirken. Man braucht nur den Mut, das hier im Hause zu diskutieren.

Der Vorschlag des Liberalen Forums, daß wir eine Enquete-Kommission einsetzen, in der wir einmal auf den Tisch legen, welche Vorstellungen jede Fraktion von einer ökologischen Steuerreform hat und in welchen Punkten man ohnehin deckungsgleich ist, wurde abgelehnt, obwohl wir das dann umsetzen könnten. Der Vorschlag, in jenen Punkten, in denen wir nicht deckungsgleich sind, bei denen wir aber mehr Informationen brauchen oder wir vielleicht überhaupt unterschiedlicher Meinung sind, sodaß einfach quasi mit Mehrheiten entschieden werden muß, ist bis heute nicht einmal aufgegriffen worden! Es reden zwar alle von einer ökologischen Steuerreform, aber die Regierungsfraktionen sind nicht bereit, diesbezüglich auch nur einen Finger zu rühren. (Beifall beim Liberalen Forum sowie der Abg. Mag. Gabriela Moser. )

Ich möchte daher abschließend, meine Damen und Herren, auf den Bereich Verkehrssicherheit und die 0,5 Promillegrenze zu sprechen kommen. Herr Abgeordneter Kukacka hat richtig angeführt, daß jene Unfälle, die durch eine Überschreitung der 0,8 Promillegrenze entstehen und Menschenleben auf der Straße kosten, in der Reihung der Unfallursachen weiter hinten liegen; an erster Stelle liegt überhöhte Geschwindigkeit. Sie wissen aber auch, Herr Abgeordneter Kukacka – und das ist ja nicht zuletzt jener Enquete zuzuschreiben, die Sie in diesem Hause veranstalten ließen; Gott sei Dank, sage ich jetzt –, daß bereits bei etwa 0,3 Promille eine wesentlich höhere Risikobereitschaft gegeben ist.

Ich möchte diesen Umstand in unserem Lande gerne einmal überprüft wissen, Herr Abgeordneter Kukacka, und erfahren, in welchem Maße schon eine geringfügige Überschreitung der Alkoholgrenze dafür verantwortlich ist, daß Lenker sich einfach überschätzen und zu schnell fahren. Wenn dann ein Unfall passiert, wird gesagt: Der Lenker ist zu schnell gefahren, aber ein Unfall unter Alkoholeinfluß war es nicht! (Abg. Dr. Khol: Das muß man untersuchen! – Abg. Mag. Kukacka: Ja, das muß untersucht werden!)

Herr Abgeordneter Khol! Daß bei der letzten Debatte über die Einführung einer 0,5 Promillegrenze – ich möchte Sie gar nicht an das Abstimmungsdebakel erinnern und an das Bild, das Sie da geliefert haben! – wir Liberalen einen Entschließungsantrag hier im Hause eingebracht haben, das wissen Sie doch. Wir haben zuerst vorgeschlagen und dann angeboten, diesbezüglich einen Fünf-Parteien-Antrag zu machen.

Darin stand genau das, was Sie heute gesagt haben, nämlich: mehr Kontrolle! Wir brauchen mehr Kontrolle im Bereich des Straßenverkehrs. – In Ordnung! Daher haben wir Liberalen gesagt: Gut, kontrollieren wir das strenger. Es war aber nicht zu erreichen – obwohl Sie damals gesagt haben, daß das Ihre Meinung sei und Sie das heute wiederholt haben –, daß ÖVP oder SPÖ auf diesen unseren Antrag draufgegangen wären und wir einen solchen Entschließungsantrag gemeinsam hätten einbringen können, um dem Innenminister gegenüber klarzulegen, daß wir eine verstärkte Kontrolle haben wollen.

Einen solchen gemeinsamen Entschließungsantrag hat es damals nicht gegeben – und es gibt ihn auch heute nicht. Ich sage Ihnen: Es ist unglaubwürdig, sich hier herauszustellen und zu sagen: "Wir wollen mehr Kontrolle!", aber diesbezüglich nichts zu tun, sondern quasi zu sagen: Wir geben dem Bundesminister für Inneres gegenüber keine Willensäußerung ab, damit er dieses Thema sozusagen auf seinem Tisch hätte und wüßte, was die Meinung des Parlamentes dazu ist.

Daher ist dieses Budget so wie die Verkehrspolitik insgesamt – und zwar nicht nur, was den Infrastrukturbereich, sondern auch, was den Verkehrssicherheitsbereich anlangt – von Versäumnissen geprägt, aber leider nicht von Schwerpunktsetzungen und Zielen, die einen hoffnungsfroh stimmen könnten. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)


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10.51

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Stippel. – Bitte.

10.51

Abgeordneter Dr. Johann Stippel (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Ich möchte versuchen, das Unmögliche ein klein wenig möglich zu machen, nämlich in drei Minuten etwas Grundlegendes zur Forschung und Forschungspolitik zu sagen.

Die Internationalisierung der Forschungspolitik hat in vielen Bereichen neue Dimensionen eröffnet, zugleich aber auch Barrieren und Defizite erkennen lassen. Neue Herausforderungen und neue Erwartungen sind mit der Internationalisierung und der nötigen Modernisierung der Forschungsorganisation verbunden. In den meisten OECD-Ländern steigt der Anteil der angewandten Forschung, welche in der Industrie durchgeführt und in der Regel auch von dieser finanziert wird, während die öffentliche Hand nach wie vor der Hauptfinancier der Grundlagenforschung an Universitäten und öffentlichen Forschungseinrichtungen ist.

Forschungspolitische Maßnahmen zielen daher überall darauf ab, die Verbindungen – und das ist ganz entscheidend – zwischen universitärem Bereich, öffentlichen Forschungseinrichtungen und Unternehmenssektor zu stärken, wobei ganz besonderes Augenmerk auf die Förderung gemeinsamer Forschung gelegt wird. Zugleich erfordern die fortschreitende Globalisierung und der transnationale Charakter der Wissenschaft, daß internationalen Entwicklungen wesentlich mehr Stellenwert bei der Formulierung und auch Implementierung nationaler Wissenschaftspolitiken zukommen soll.

Gewisse Entwicklungstendenzen verlaufen im gesamten OECD-Raum gleichförmig und führen zu ähnlichen politischen Reaktionsmustern. In fast allen Industriestaaten stehen daher weiterhin die Bemühungen um die Förderung der Humanressourcen und deren Entwicklung sowie die Effizienzsteigerung nationaler Innovationssysteme im Vordergrund, wobei gleichzeitig besonderes Augenmerk auf eine weitere verstärkte Internationalisierung der Forschungseinrichtungen und erhöhte Mobilität der Forscher gelegt wird.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Ziel der Forschungs- und Technologiepolitik in Österreich ist es, strukturelle Hindernisse für die Forschung abzubauen, die Effizienz der Forschung ebenso wie die Qualität des Outputs und die Effektivität der eingesetzten Mittel zu erhöhen und die Fähigkeit der österreichischen Unternehmen zur raschen Entwicklung technologischer Neuerungen, der Anpassung an die Bedingungen der internationalen Märkte und damit die Wettbewerbsfähigkeit insgesamt zu steigern.

Zur Verbesserung der Konkurrenzfähigkeit der österreichischen Forschungseinrichtungen – das ist ganz entscheidend – wurde daher ergänzend zu Maßnahmen im universitären Bereich vor allem ein technologiepolitisches Gesamtkonzept mit Maßnahmen zur Verbesserung der Koordinierung und Kooperation zwischen Wissenschaft und Wirtschaft und zur Erhöhung von Innovationsbereitschaft und Technologiediffusion ausgearbeitet.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Budget und die Budgetzahlen für das Jahr 1998 sowie die zwei noch zu erwartenden "Forschungsmilliarden" für die Jahre 1998 und 1999 scheinen mir weitere Realisierungsschritte in diese Richtung möglich zu machen. (Beifall bei der SPÖ.)

10.55

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Gabriela Moser. – Bitte.

10.55

Abgeordnete Mag. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter – nicht mehr anwesender – Herr Kollege Mag. Kukacka! Wenn man Beschuldigungen in den Raum stellt, dann muß man dableiben und Gegenargumenten auch die Stirne bieten. Es gibt die Beschuldigung, daß wir Grünen dieses Haus nicht ehren, weil wir während der Budgetdebatten zu den Leuten, zur Bevölkerung auf die Straße, auf den Michaelerplatz gehen und ihnen dort deutlich darstellen (Abg. Dr. Leiner: Ihre Aufgabe ist es, hier zu sein!) , daß Sicherheitspolitik nicht mit Hilfe der NATO, nicht mit Hilfe


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von Aufrüstung, nicht mit dem Beitritt zu einem Militärbündnis gewährleistet werden kann, sondern daß andere Strategien notwendig sind. (Abg. Auer: Sie mit Ihren grünen Visionen!)

Herr Mag. Kukacka hat uns das zum Vorwurf gemacht. – Ich mache ihm zum Vorwurf, daß er hier in diesem Haus (Zwischenruf des Abg. Scheibner ) dazu beiträgt, daß Budgetdebatten mehr oder weniger zu Sandkastenspielen werden, weil die Entscheidungen ohnehin schon vorher irgendwo anders gefallen sind, weil die Nägel – meistens ohne Köpfe – schon irgendwo anders geschmiedet wurden.

Unsere Reaktion darauf, daß man dieses Haus so abwertet, daß man den Parlamentarismus mit Abwesenheit straft, daß man den Parlamentarismus durch Vorentscheidung et cetera umgeht, ist doch auf Ihre Politik, auch auf die Politik des Herrn Kukacka, auf diese politischen Schachzüge beziehungsweise Mechanismen zurückzuführen! (Demonstrativer Beifall der Abg. Haidlmayr. )

Nun konkret zum Thema Verkehrspolitik: Ich möchte Verkehrspolitik grundsätzlich betrachten und Sie mit einer Feststellung provozieren, die Sie von mir als Abgeordnete der Grünen sicher nicht erwarten werden. (Abg. Schwarzenberger: Warum horchen Ihnen Ihre Kollegen nicht zu?) Ich verlange nämlich, daß Sie Verkehrspolitik endlich effizient gestalten. (Abg. Dr. Puttinger: Sie tun nur Sand spielen!) Ich verlange, daß Sie Verkehrspolitik zukunftsfähiger gestalten, und ich verlange, daß Sie vor allem Verkehrspolitik kostengünstiger gestalten. Ich trete für eine kostengünstigere Verkehrspolitik ein, die volkswirtschaftlich gesehen – ich betone und unterstreiche Ihnen zuliebe das Wort "volkswirtschaftlich"  – kostengünstiger und effizienter, umweltverträglicher und zukunftsfähiger wird! (Zwischenruf des Abg. Böhacker. )

Warum? – Budget und Verkehr haben eines gemeinsam: Es geht um Zahlen, und es geht leider immer wieder um Zunahmen. Deshalb gilt es in beiden Bereichen, nicht nur umzudenken, sondern auch anders zu handeln, umzuschichten und vor allem umzusteuern. Meiner Überzeugung nach ist da das Schlüsselwort schlechthin, das mein Vorredner Barmüller schon gebraucht hat: Kostenwahrheit! (Beifall bei den Grünen.)

Unter Kostenwahrheit ist natürlich – Sie wissen das ja hoffentlich – zu verstehen, daß das, was wir benützen, auch wirklich von uns bezahlt wird. Ich darf Ihnen in diesem Zusammenhang vielleicht zwei, drei oder vier Fakten aufzeigen. Budgetdebatten sollten ja dadurch gekennzeichnet sein, daß man Daten und Fakten darlegt.

Erstens: Im Jahre 1995 betrugen die Kosten für den Kraftfahrzeugverkehr in Österreich 139,6 Milliarden Schilling. Ich kann Ihnen das gerne tabellarisch zeigen (die Rednerin hält eine Tabelle in die Höhe) , leider nur aus der Ferne, denn hier gibt es keinen Overheadprojektor. (Abg. Schwarzenberger: Wir sind ja nicht in der Schule!) Diese Tabelle stammt aus einer Studie des Verkehrsklubs Österreichs. Diesen Kosten von 139 Milliarden Schilling stehen viel geringere Einnahmen gegenüber. Wir haben praktisch aus steuerlichen und privaten Börsen einen unglaublich hohen Anteil zu diesen Verkehrskosten beizusteuern, nämlich 89,8 Milliarden Schilling.

Diese 89,8 Milliarden Schilling sind nicht durch Kfz-Zahlungen gedeckt, sondern werden von Privaten und von der öffentlichen Hand durch Steuern sozusagen dazugeblecht. Und wieso? – Weil sonst der Verkehr und die gesamte Infrastruktur et cetera nicht möglich wären. Dadurch wird ein Schaden verursacht, den ich nachher auch noch beziffern möchte – und das alles auf Kosten einer Mehrheit der Bevölkerung, auf Kosten des Staates, auf Kosten der Steuerzahler.

Was konkret? – 35 Milliarden Schilling kostet uns volkswirtschaftlich gesehen allein der Stau. Das muß vermieden werden! Staus müssen vermieden werden! Ein Kollege hat gesagt, daß Vermeiden das oberste Prinzip beim Verkehr sei. (Abg. Schwarzenberger: Das heißt Straßenausbau!)

Sie wissen genau, daß durch einen Straßenausbau der Verkehr nur verlagert wird. Neue Wege werden frei, durch neue Wege steigt das Verkehrsaufkommen insgesamt natürlich wieder an – das ist eine banale Weisheit und Wahrheit, die Sie zum Beispiel in jeder Vorlesung von Profes


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sor Knoflacher hören können. (Abg. Kiss: Das ist der Knoblauch in jeder Suppe! – Zwischenruf des Abg. Dr. Puttinger. )

Ich habe gesagt, Verkehrskosten wie etwa die Kosten von Staus sind nicht durch Einnahmen gedeckt. (Präsident Dr. Neisser übernimmt den Vorsitz.)

Zweitens: Auch jene Kosten, die durch Lärm verursacht werden – über 7 Milliarden Schilling –, sind nicht gedeckt.

Drittens: Kosten, die durch Abgase wie etwa CO2, Stickoxide beziehungsweise flüchtige Kohlenwasserstoffe verursacht werden – 15,9 Milliarden insgesamt –, sind nicht gedeckt. Das sind Kosten, die sich im Bereich der Volksgesundheit niederschlagen. (Abg. Kiss: Der Anschober war besser!)

Viertens: Unfälle kosten uns 31,3 Milliarden Schilling. Ich führe hier nur die Kosten an, da das menschliche Leid dabei gar nicht quantifizierbar ist. Vorredner haben heute bereits darauf hingewiesen, daß die Unfallzahlen, aber auch die Zahl der Verkehrstoten wieder gestiegen sind. In Wien gab es um 20 Prozent mehr Verkehrstote als im Vorjahr.

Nicht zu Unrecht ist in diesem Zusammenhang auch der Alkoholkonsum als Ursache für die erhöhten Unfallkosten genannt worden. Daran tragen Sie maßgeblich die Schuld! Sie beharren auf der 0,8 Promille-Grenze, obwohl längst erwiesen ist, daß man diese Grenze zumindest auf 0,5 Promille senken sollte, um Leben beziehungsweise Gesundheit zu retten und damit volkswirtschaftliche Kosten zu sparen. (Abg. Schwarzenberger: Haben Sie Kukacka nicht zugehört?)

Ich kann Ihnen leicht, etwa anhand von Zeitungsartikeln, nachweisen, daß der Alkoholkonsum zur Zahl der Verkehrsunfälle und dem daraus entstehenden menschlichen Leid beiträgt. Einen größeren Teil tragen sicher das Schnellfahren und das Nicht-Einhalten von Verkehrsvorschriften dazu bei. Aber man muß auf allen Ebenen arbeiten, damit man a) die Unfallzahlen und damit menschliches Leid und b) auch die Kosten reduziert. (Abg. Schwarzenberger: Auch auf Autobahnen?)

Ich kann Ihnen zum Alkohol- und 0,8/0,5 Promille-Problem auch Daten bringen. Ich zitiere nur einen Artikel aus dem "Wiener": Es war, glaube ich, Anfang September, als ein Gastronom, nachdem er sieben Gespritzte getrunken hat – sieben Gespritzte! – sich "blunz’nfett" fühlte. Tatsächlich gemessen wurden 0,8 Promille. (Abg. Haigermoser: Ich bin so lärmempfindlich! Könnten Sie die Lautstärke etwas zurückdrehen?) Gerne! Ich kann auch ruhiger sprechen. Wenn Sie ruhiger sind, dann rede ich auch leiser. (Abg. Haigermoser: Jetzt paßt es!)

Insgesamt sind dadurch auch Einbußen beim Bruttosozialprodukt zu verzeichnen. Es gibt bereits entsprechende Berechnungen der EU. Die Europäische Kommission hat ein Grünbuch für den Verkehrsbereich herausgegeben, in dem dokumentiert ist, daß die volkswirtschaftlichen Kosten des motorisierten Verkehrs 2,2 Prozent des Bruttosozialproduktes ausmachen. Das ist Geld, das wir einfach beim Fenster hinauswerfen, das kontraproduktiv verwendet wird. Das sind angesichts der Unfallbilanz praktisch – und auf die Spitze getrieben – tödliche Steuergeschenke. – Nüchtern betrachtet kann man nur sagen: Wir finanzieren schlicht und einfach einen volkswirtschaftlichen Wahnsinn – Punkt. (Abg. Kiss: Was ist das Produkt dieses Wahnsinns?)

Das Ganze ließe sich noch weiter auf die Spitze treiben: Im Grünbuch der EU wird für die nächsten zehn Jahre eine Zunahme des motorisierten Individualverkehrs um 24 Prozent prognostiziert. Rechnen Sie sich das aus! Bereits jetzt beträgt das volkswirtschaftliches Defizit aus dem Verkehr über 89 Milliarden Schilling, in zehn Jahren werden es über 130 Milliarden sein. Und wir reden vom Budgetdefizit. Wenn Sie diese Form der Verkehrspolitik beibehalten, tun Sie alles dazu, im volkswirtschaftlichen Sinn beim Budgetdefizit eine Lawine loszutreten! (Abg. Scheibner: Haben Sie ein Auto?) Das ist alles durch wissenschaftliche Zahlen und Fakten EU-weit dokumentiert.

Herr Minister! Deshalb sehe ich auch einen logischen Zusammenhang zwischen Wissenschafts- und Verkehrsministerium. Die Wissenschaft argumentiert – normalerweise – rational, sie fußt in


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naturwissenschaftlicher Hinsicht auf Daten und Fakten. Koppeln Sie das rationale und datenorientierte Denken der Wissenschaft mit einem verkehrspolitisch zukunftsträchtigen Handeln! Das wäre meiner Überzeugung nach der geniale Ansatzpunkt einer Koppelung von Wissenschafts- und Verkehrsministerium.

Aber wie schaut Ihre Verkehrspolitik tatsächlich aus? – Sie geben in Zukunft mehr für die Bundesstraßen aus: statt 7,2 Milliarden 7,6 Milliarden Schilling. Sie lassen es zu, daß die Bahntarife für Pendler teurer werden, also gerade für jene Bevölkerungsgruppe, die Einbußen ihres persönlichen Komforts et cetera zugunsten der Allgemeinheit in Kauf nimmt, weil sie nicht Privatautos, sondern öffentliche Verkehrsmittel benützt. Die ÖBB werden, glaube ich, morgen offiziell verlautbaren, daß die Wochen- und Monatskarten teilweise bis zu 16 Prozent teurer werden.

Bei den ÖBB lassen Sie Kostenwahrheit walten, dort regiert der Rotstift! – In den motorisierten Individualverkehr hingegen, wo es Unfälle, Krankenstandskosten, Schäden durch CO2 und flüchtige Kohlenwasserstoffe et cetera gibt, fließen die Milliarden! (Abg. Wabl: Richtig! Wie kann Einem das vertreten?) Das ist ein Ungleichgewicht! Lassen Sie Kostenwahrheit walten, aber gerechterweise auch auf der Seite des motorisierten Verkehrs!

Ihre Verkehrspolitik mündet auch in den Autobahnausbau – als Oberösterreicherin nenne ich nur die Pyhrn Autobahn und die Westspange in Wels, Projekte, die den Transit- und den Gütertransport verschärfen sowie die Verkehrsbelastung und die Kosten ansteigen lassen. (Abg. Schwarzenberger: Autobahnen tragen zur Verringerung der Unfälle bei!)

Autobahnen tragen zur Erhöhung des Verkehrsaufkommens bei! Mehr Verkehrsaufkommen – lesen Sie das EU-Grünbuch! – bringt dann mehr Unfälle! Das ist ganz klar! (Abg. Schuster: Werden Sie Ihrer Aufgabe als Oberösterreicherin gerecht, Frau Kollegin!)

Zum Transit möchte ich noch eine Zahl bringen. Der Transitverkehr macht in Österreich 25 Prozent des gesamten Verkehrs aus. (Abg. Scheibner: Fahren Sie auch einen Pkw?) Der Hauptteil des Güterverkehrs ist also hausgemacht. Durch technisch intelligente Lösungen ließe sich der Güterverkehr österreichintern, abseits vom Transit, vermindern. Ich verweise zum Beispiel auf den Otto-Versand in Deutschland, der durch eine bessere Logistik die Kilometerleistungen reduzieren konnte. Dadurch wurden sowohl die betriebswirtschaftlichen Kosten als auch die CO2-Emissionen verringert. (Abg. Dr. Lukesch: Das machen viele Betriebe in Österreich auch!) Das läßt sich alles durch Zeitungsartikel dokumentieren.

Im Vergleich zur BRD beträgt die Transportleistung bei uns 5 000 Kilometertonnen pro Kopf, in der Bundesrepublik 3 800. Wir haben also in Österreich pro Kopf und Kilometer mal Tonnen gerechnet ein höheres Gütertransportvolumen als in der Bundesrepublik, die uns wirtschaftlich in vieler Hinsicht überlegen ist! (Abg. Schwarzenberger: Weil Deutschland auf dieser Fläche eine dichtere Besiedlung hat!)

Sie können lange von der dichteren Besiedlung et cetera reden: Fest steht, daß wir durch intelligente Transportmaßnahmen die sogenannte Streusiedlungsmöglichkeit auffangen und diese Kilometertonnen pro Kopf sehr wohl zumindest auf das Niveau Deutschlands reduzieren können.

Was den Transit betrifft, möchte ich nur noch darauf verweisen, daß wir im Zusammenhang mit den europäischen Verhandlungen über die Transitentwicklung der Schweiz auf jeden Fall den Rücken stärken und ihre Alpentransit-Initiative unterstützen und forcieren müssen.

Ich wiederhole: Meiner Überzeugung nach ist das Schlüsselwort auch im Zusammenhang mit dem Transit die Kostenwahrheit. Meine Vorredner haben bereits darauf hingewiesen, daß Pkw durch die Vignette et cetera mehr dazuzahlen als Lkw, deshalb gilt es, in Form von Kilometerabgabe beziehungsweise Road-Pricing für Kostenwahrheit auch bei Lkw zu sorgen.

In diesem Zusammenhang möchte ich auch auf unser ökologisches Steuermodell "Anders Steuern" hinweisen, durch das auf der einen Seite jeder, vom Säugling bis zum Greis, einen Öko-Bonus von 10 000 S erhält, und auf der anderen Seite mit Hilfe der Kilometerabgabe auch


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beim motorisierten Verkehr Kostenwahrheit gegeben wäre. (Abg. Böhacker: Der Anschober hat das besser formuliert!)

Diese Kilometerabgabe könnte auch dazu führen, durch die Reduktion der Emissionen um bis zu 80 Prozent weitere Kosten zu sparen, da wir dadurch die Umweltschäden verringern. Und sie würde uns auch konkurrenzfähiger machen, weil die Betriebe ihre Transporte effizienter gestalten müßten.

Sie wissen sicher alle aus dem "Standard", daß sich die Auswirkungen von Road-Pricing und Kilometerabgabe auf den Warenpreis im Hundertstel-Prozentbereich bewegen: im Bauwesen zum Beispiel bei 0,27 Prozent, in der chemischen Industrie 0,05 Prozent – also Marginalien! Deshalb gibt es sicherlich auch Konsens darüber, daß das Road-Pricing voranzutreiben ist. Ein entsprechender Konsens in der Frage der Kilometerabgabe wird noch herzustellen sein.

Die Kostenwahrheit durch die Kilometerabgabe würde nicht nur eine Effizienzsteigerung, sondern auch bruttosozialproduktmäßig eine Entlastung bewirken. Die EU hat in diesem Fall für das Bruttosozialprodukt einen Gewinn von 0,7 Prozent berechnet!

Auf Österreich übertragen bedeutet das konkret 10 Milliarden Schilling an Gewinn jährlich, auf den einzelnen Haushalt übertragen – ich darf das wieder anhand dieser bunt gestalteten Graphik dokumentieren (die Rednerin weist eine Graphik vor) – rund 1 500 S. Ich zitiere hiezu: "Werden mit höheren Einnahmen aus dem Straßenverkehr die externen Kosten des Kfz-Verkehrs finanziert, entlastet dies jeden Erwerbstätigen um durchschnittlich 1 500 S im Monat." Quelle: EU-Kommission, Institut "Sicher leben", Handbuch der kommunalen Verkehrsplanung und eigene Berechnungen des VCÖ.

Diese 1 500 S sprechen, wie ich glaube, für sich. Das bedeutet insgesamt, daß sich die Kostenwahrheit als der Schlüssel zu einer besseren Verkehrspolitik im Endeffekt durch Zahlen bestätigt, und daß dies der einzige Weg zu einer zukunftsfähigen Verkehrspolitik ist. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

11.13

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Fink. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

11.13

Abgeordneter Ernst Fink (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die erschreckenden aktuellen Unfallbilanzzahlen, die schweren Schäden an der Umwelt, die Energieverschwendung und die steigenden Kosten machen das Verkehrsproblem zu einer der zentralen Fragen der Zukunft.

Ich bin Steirer und brauche nicht extra darauf hinzuweisen, daß die Steiermark praktisch in der Mitte von Europa liegt. Die Öffnung des Eisernen Vorhanges und die EU haben leider auch den negativen Nebeneffekt, daß der Verkehr in besonderem Maße zunimmt. Wir müssen also grundsätzlich Verkehr vermeiden, verlagern und ökologisch gestalten, weil der Verkehr auch zu einer der größten umweltpolitischen Herausforderungen unserer Zeit wird. Verkehr ist normalerweise nicht Selbstzweck, sondern nur Mittel zum Zweck. Mit künstlichen Staus und Stopps den Verkehr zu erschweren, kann daher keine sinnvolle Verkehrsvermeidung sein, sondern ist glatter Unfug. (Beifall bei der ÖVP.)

Jedenfalls müssen die bereits bestehenden Kapazitäten auf der Schiene und der Straße intelligent genutzt werden. Das allein wäre aber zuwenig: Was dringend notwendig ist, ist die Realisierung wichtiger Vorhaben der Verkehrsinfrastruktur.

Ich darf die Probleme der Steiermark auf dem Bahnsektor kurz beleuchten: Die Steiermark und mit ihr der Wirtschaftsraum Graz haben große Sorgen. Die wichtigste und zweifellos aktuellste Infrastrukturmaßnahme im Schienenverkehr ist der Semmering-Basistunnel. Die Verkehrsinfrastruktur ist eine der wichtigsten Voraussetzungen, um in der Steiermark eine neue Standortqualität zu sichern und auch weiterzuentwickeln. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Sigl. )


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Die neue Südbahn mit dem Semmering-Basistunnel und auch mit dem Koralm-Tunnel sind deshalb für die südlichen Bundesländer wie die Steiermark und Kärnten unverzichtbar. Genauso wichtig sind sie jedoch als transeuropäische Hochleistungsstrecke in einem Schienennetz, das mit der Straße konkurrenzfähig sein will. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Parnigoni: Sagen Sie das dem Herrn Pröll!)

Wir wissen, daß ohne Tunnelbau die Gefahr besteht, daß die leistungsfähigen Verkehrsadern an uns vorbeiführen. Es droht uns eine Umfahrung Österreichs durch die anderen Transeuropäischen Netze über die Slowakei, Ungarn, Kroatien und Slowenien. Auch die Bundeshauptstadt Wien, die ein wichtiger europäischer Netzknotenpunkt sein sollte, würde in ein verkehrs- und wirtschaftspolitisches Abseits gedrängt.

Die Finanzierung dieses Tunnels darf aber nicht von jenem bisher noch nie erprobten Versuch, der mit den drei Buchstaben PPP – Private Public Partnership – bezeichnet wird, abhängig gemacht werden. Die Steiermark verlangt dieselbe Finanzierung wie bei anderen vergleichbaren Vorhaben: seien es nun Eisenbahntunnel auf der Westbahnstrecke, sei es die Güterumfahrung einer Landeshauptstadt – in St. Pölten sind die Kosten ähnlich hoch –, oder aber Straßenbauvorhaben in Österreich.

Dieser Grundsatz muß vom Bund, vom Herrn Bundeskanzler, vom Herrn Verkehrsminister und vom Herrn Finanzminister bei der für Ende November angekündigten Entscheidung eingehalten werden. Wenn PPP-Finanzierung nicht zustande kommt, muß eben eine öffentliche Finanzierung, wie das bei anderen Vorhaben der Fall ist, durch den Bund erfolgen. Die Investitionsbeschlüsse der Bundesregierung in Zusammenhang mit und entsprechend dem Schienen-Infrastrukturgesetz sind ein wichtiges Signal – so wie auch die Aussagen von EU-Verkehrskommissar Neil Kinnock. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es geht nicht für oder gegen ein, zwei oder drei Bundesländer, sondern es geht um den Wirtschaftsstandort Österreich – und auch um die Zukunft der Steiermark. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

11.18

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Rosenstingl. Herr Abgeordneter, Sie haben eine freiwillige Redezeitbeschränkung von 10 Minuten angegeben. – Bitte.

11.18

Abgeordneter Peter Rosenstingl (Freiheitliche): Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Fink! Ich wollte heute den Semmering-Basistunnel eigentlich nicht ansprechen, weil es, glaube ich, im Budget auch noch andere Bereiche gibt. Zwei Dinge muß ich aber schon erwähnen.

Erstens: Es ist wirklich wirtschaftspolitisch naiv, damit zu argumentieren, daß es in der Steiermark wirtschaftlich besser wird, wenn der Tunnel gebaut wird, denn es hängt wirklich nicht mit einem Loch durch den Berg zusammen, ob ein Wirtschaftsstandort besser oder schlechter wird. Dazu müßten andere Rahmenbedingungen geschaffen werden. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Wabl: Straßen bauen unter anderen Rahmenbedingungen!)

Zweitens: Herr Kollege Fink, Sie sollten sich einmal in Ihrer Fraktion einigen, denn es existiert ein Brief von Herrn Vizekanzler Schüssel, in dem es heißt, daß ein Bau des Tunnels nur in Frage komme, wenn er privat finanziert wird. (Abg. Parnigoni: PPP! Mitfinanziert!) Sie wollen wieder etwas anderes. Ich würde mich freuen, wenn ich einmal eine Meinung darüber hörte, was die ÖVP wirklich will in diesem Bereich. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Parnigoni, ich glaube, wir sollten uns darüber einig sein (Abg. Parnigoni: Bitte? Worüber?) , daß das Verkehrsbudget des Jahres 1998 mit denen der Vorjahre nicht mehr ganz vergleichbar ist, da bereits viele Ausgliederungen erfolgt sind. Ich möchte aber betonen, daß es sich dabei um Ausgliederungen handelt und nicht um Privatisierungen! Es ist – zumindest teilweise – nichts anderes, als daß Schulden beziehungsweise Aufwendungen des Budgets, die normalerweise im Budget enthalten sein müßten, jetzt nicht mehr darin angeführt werden und somit ein kleiner Budgetschwindel betrieben wird, Herr


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Kollege! (Abg. Parnigoni: Das ist eine Unterstellung! Das ist ein Schwindel – außerdem beleidigend!) Das ist keine Unterstellung. Es ist so!

Ich kann auch Ihre Euphorie nicht teilen, daß durch die SchIG einiges an Infrastrukturinvestitionen finanziert würde. Ich würde es teilen, wenn es sinnvolle Investitionen wären – darauf komme ich noch zurück.

Ich würde Ihre Euphorie dann teilen, wenn diese SchIG irgendwann einmal ihre Schulden zurückzahlen könnte. (Abg. Parnigoni: Selbstverständlich!) Diese SchIG ist eine Schuldengesellschaft und eine Erfindung dieser Regierungskoalition, die wirklich abenteuerlich ist. Man hat eine Gesellschaft gegründet, auf diese Gesellschaft Schulden aufgenommen und dabei von vornherein gewußt, daß diese Schulden nie zurückbezahlt werden. Es steht ja drinnen, daß nur die Zinsen bedient werden, Herr Kollege Parnigoni.

Herr Kollege! Eines sollte uns klar sein, weil ich gerade so viele junge Leute auf der Galerie sehe: Das, was jetzt außerbudgetär an Schulden aufgenommen wird, müssen unsere Kinder und Kindeskinder zurückzahlen, aber wir dürfen nicht auf Kosten unserer Kinder leben! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Parnigoni: Unsere Kinder und Kindeskinder werden auf diesen Schienen fahren, daher können sie einen Teil mitfinanzieren!)

Im Verkehrsbudget ist aber auch die Abgeltung der gemeinwirtschaftlichen Leistungen der Post in Höhe von 1,4 Milliarden Schilling enthalten, das ist in Ordnung so. Es hätte mich aber gefreut, wenn Sie auf unsere schriftliche Budgetanfrage, die wir gestellt haben, eine Antwort gefunden hätten, Herr Bundesminister.

Wir wollten nämlich im Detail von Ihnen wissen, um welche Beträge es sich hierbei handelt, beziehungsweise wollten wir von Ihnen die Steuerungsziele in diesem Bereich erfahren. Sie haben uns das nicht beantworten können oder wollen. Es besteht daher wieder einmal die Gefahr, daß in diesem Bereich, nämlich bei der Abgeltung von gemeinwirtschaftlichen Leistungen, nicht immer wirtschaftlich vorgegangen wird.

Ich weiß, daß es gemeinwirtschaftliche Leistungen geben muß, etwa bei der Post und bei der Bahn, aber ich stelle die Forderung, daß auch gemeinwirtschaftliche Leistungen wirtschaftlich abgerechnet werden müssen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir haben doch die Erfahrung, daß das bei der Bahn nicht immer so ist. Wir brauchen uns ja nur den Bericht über die gemeinwirtschaftlichen Leistungen anzusehen, dann stellt man fest, daß die Kosten immer höher werden, und von einer wirtschaftlichen Abrechnung kann keine Rede sein.

Den Gesamtbereich der ÖBB findet man nicht mehr im Verkehrsbudget, sondern man muß fast das gesamte Budget durchgehen, um festzustellen, was die ÖBB eigentlich wirklich an Unterstützung, an Zuschüssen, an Investitionen et cetera bekommen. (Abg. Dr. Niederwieser: Das ist der pädagogische Zweck, damit Sie das ganze Budget lesen!)

Dabei ist eine Zahl interessant, die man sich im Hinblick darauf anschauen sollte, daß die Regierungskoalition immer behauptet, daß es eine ÖBB-Reform gibt. Das war halt wieder ein Rohrkrepierer (Abg. Parnigoni: Das ist nur Ihre Interpretation!) , wie die meisten Reformen dieser Regierungskoalition, denn man stellt fest, daß die ÖBB im Jahr 1998 – zugegebenermaßen mit den außerbudgetären Finanzierungen, mit den außerbudgetären Investitionen – 45 Milliarden Schilling vom Staat bekommen werden. Ich halte fest, das ist mehr als je zuvor. Es ist meiner Ansicht nach keine Zukunftsperspektive, daß die ÖBB trotz einer ÖBB-Reform immer mehr Geld vom Staat brauchen. Es sollte doch eine Änderung in diesem Bereich herbeigeführt werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist aber klar, daß sich das so entwickelt hat, und zwar deswegen, weil es in Österreich im Verkehrsbereich keine Investitionskonzepte gibt. Daher wurden auch immer wieder Fehlinvestitionen getätigt. (Abg. Dr. Niederwieser: Sie reden so abstrakt! Sagen Sie uns konkret ein paar Fehlinvestitionen!)


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Es gibt die geforderte Prioritätenreihung für Investitionen noch immer nicht. Es gibt auch verschiedene Gesetze nicht, die wir immer wieder gefordert haben. Daher ist zu befürchten, Herr Kollege, daß auch in Zukunft Fehlinvestitionen im Bereich der Verkehrsinfrastruktur durchgeführt werden (Abg. Dr. Niederwieser: Sagen Sie uns eine! Können Sie eine einzige sagen? – Abg. Parnigoni: Ein Beispiel!), so wie die Fehlinvestitionen der Vergangenheit, Herr Kollege, die Sie und Ihre Regierungskoalition zu verantworten haben. Milliarden haben Sie fehlinvestiert, und damit müssen Sie leben, Herr Kollege! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Parnigoni: Sie wissen kein Beispiel einer Fehlinvestition!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Parnigoni! Es ist ja interessant, daß die Regierung im Bereich der Prioritätenreihung für Infrastrukturvorhaben keinerlei Tätigkeiten setzt. Herr Kollege! Die Anträge der Freiheitlichen werden entweder im Ausschuß abgelehnt oder gar nicht behandelt. Sie hätten gestern die Chance gehabt, zu zeigen, daß Sie wirklich an einer Diskussion interessiert sind. Sie hätten gestern unserem Fristsetzungsantrag betreffend der Nahverkehrsfinanzierung zustimmen können. Dann hätte ich Ihnen geglaubt, daß Sie an einer Diskussion interessiert sind. Ich nehme an, daß Sie deswegen nicht interessiert sind, weil Sie in Wahrheit keine Lösungsvorschläge haben. Das ist das Traurige, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir können nach mehr als einem Jahrzehnt Regierungskoalition nur feststellen, daß in dieser Regierung durch die Bank sozialdemokratische Verkehrsminister tätig waren (Abg. Parnigoni: Erfolgreiche!) : Streicher, Klima, Scholten, Einem. Sie alle waren erfolgreiche Versprecher, aber leider, sie haben nichts gehalten, Herr Kollege. (Abg. Dr. Niederwieser und Abg. Parnigoni: Sagen Sie ein Beispiel!) Keiner von diesen Bundesministern hat die Versprechen, die er gemacht hat, gehalten. Keiner hat irgend etwas in diesem Bereich zusammengebracht. (Neuerliche Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Herr Kollege! Passen Sie gut auf! Ich habe im Ausschuß hinterfragt, wie der jetzt amtierende Bundesminister zu den Versprechen seiner Vorgänger steht. Ich habe dort eine Antwort gehört, die für mich sehr interessant war. Der Herr Bundesminister hat nämlich gesagt, er ist für die Versprechen seiner Vorgänger nicht verantwortlich. (Abg. Böhacker: Kindesweglegung ist das! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Herr Kollege Parnigoni! Was bedeutet denn das? – Wir haben seit über zehn Jahren eine Regierungskoalition, in der sozialdemokratische Minister zuständig sind, und der derzeitige Verkehrsminister sagt, er ist für die Versprechen seiner Vorgänger Streicher, Klima, Scholten nicht verantwortlich. Was bedeutet denn das? – Es heißt, daß er nicht einmal loyal zu seinem derzeitigen Bundeskanzler steht! Aber vielleicht ist der Herr Verkehrsminister Einem schon draufgekommen, daß der Herr Bundeskanzler Klima eben viel verspricht und nichts hält. Wahrscheinlich sagt Herr Minister Einem deshalb: Ich bin für die Versprechen meiner Vorgänger nicht verantwortlich. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Parnigoni. )

Herr Bundesminister! Ich möchte noch eine Frage aufwerfen, und zwar geht es dabei um den Schuldenstand bei der U-Bahn-Mitfinanzierung. Im Budget sind dafür jährlich 1,5 Milliarden Schilling enthalten. Wir wissen aber, daß mehr verbaut wird. Wir haben Sie – ebenfalls schriftlich – gefragt, wie hoch der derzeitige Schuldenstand in diesem Bereich ist. Sie haben keine Antwort gegeben. Sie haben nicht gesagt, der Schuldenstand ist soundso hoch, sondern Sie haben lediglich auf den Vorfinanzierungsrahmen von 8 Milliarden Schilling verwiesen.

Da Sie keine Antwort gegeben haben, muß ich annehmen, daß der Vorfinanzierungsrahmen von 8 Milliarden schon in hohem Maße genutzt worden ist. Das bedeutet aber, daß weitere Milliarden Schilling Schulden, die eigentlich in ein Budget hineingehören, woanders versteckt sind, sodaß die Budgetwahrheit wieder nicht gegeben ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zusammenfassend möchte ich feststellen: Die Verkehrspolitik dieser Bundesregierung weist keine Zukunftsperspektiven auf. Das Verkehrsbudget ist nicht wahrheitsgetreu, weil Auslagerungen erfolgt sind. Es ist ein Schwindelbudget, genauso wie das Gesamtbudget dieser Bundesregierung. Der Schuldenstand ist wesentlich höher als im


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Budget angegeben, das Defizit ist wesentlich höher als im Budget angegeben, und es ist wirklich schade, daß diese Regierungskoalition bedenkenlos auf Kosten der nächsten Generationen lebt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

11.28

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt nun Herr Bundesminister Dr. Einem. – Bitte, Herr Minister.

11.28

Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr Dr. Caspar Einem: Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin natürlich nach den relativ vielen Vorrednern nicht in der Lage, auf jedes Detail einzugehen, das mir hier sozusagen kritisch oder zustimmend zugerufen worden ist. Ich möchte allerdings die Chance der Diskussion über die Budgetkapitel 14 und 65 nützen, um einige grundsätzliche Anmerkungen zu machen. Ich werde dann auch auf einige der kritischen Anmerkungen eingehen.

Lassen Sie mich zunächst grundsätzlich sagen: Das, wofür wir als Bundesregierung antreten – das gilt ganz generell, und es gilt spezifisch auch für die beiden Budgetkapitel, für die ich Verantwortung trage –, ist, daß wir für die Chancen der Menschen in diesem Lande heute und morgen zu arbeiten haben, und das tun wir mit den Budgetansätzen, die wir heute hier diskutieren. Wir haben beide Budgetansätze ausgeweitet, und in beiden geht es darum, Chancen für die Menschen in Österreich in der Zukunft zu sichern. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Zum Bereich der Wissenschafts- und Forschungspolitik: Lassen Sie mich einige der Grundsätze, denen ich dabei folgen will und denen ich bis jetzt auch schon gefolgt bin, darstellen.

Erstens: Wir treten für ein offenes Bildungssystem, ohne Zugangsbeschränkungen, das heißt auch ohne Studiengebühren und ohne generelle Aufnahmsprüfungen, ein, weil wir der Meinung sind, daß das Bildungssystem allen offenstehen muß. (Beifall bei der SPÖ und beim Liberalen Forum.)

Wir treten ferner für eine Vielfalt des Angebotes sowie für ein differenziertes Angebot ein, für ein Nebeneinander – etwa im Hochschulbereich – von Fachhochschulen, Hochschulen und Universitäten mit spezifischen Aufgaben.

Wir treten für eine klare Differenzierung in diesen Institutionen ein, in Verantwortung für die Studierenden und ihre Chancen nach Abschluß dieser Studien. Das heißt – um das etwas zu konkretisieren –, im Bereich der Universitäten treten wir eindeutig dafür ein, daß einerseits eine qualifizierte Berufsvorbildung geleistet und angeboten werden muß.

Im wesentlichen geht es darum, Methoden- und Systemsicherheit im jeweiligen Fach zu vermitteln und die Überfrachtung des einen oder anderen Studienangebotes mit Faktenwissen von heute, wo man ja nicht weiß, ob diese Fakten nicht in fünf Jahren bereits veraltet sein werden, zu reduzieren und zurückzunehmen. Genau in dieser Richtung ist auch das Universität-Studiengesetz, das heuer beschlossen worden ist und in Kraft tritt, angelegt.

Zweitens: Wir treten im Bereich der Universitäten neben der spezifischen Fachberufsvorbildung auch für einen universellen Bildungsanspruch ein, weil wir der Überzeugung sind, daß es gerade bei einem offenen Bildungssystem und gerade bei der nicht einzuschränkenden Freiheit der Studienwahl durch den einzelnen Studierenden notwendig ist, eine hinreichend generelle Qualifikation zu vermitteln, die es auch bei unsicheren Berufsaussichten in einem spezifischen Gebiet jedenfalls auch erlaubt, in anderen Gebieten tätig zu werden. Wir wollen es den Absolventen nicht als unnötiges Risiko auflasten, ein Universitätsstudium durchlaufen zu haben. Die Universitäten müssen auch ihrem universellen Bildungsanspruch gerecht werden.

Das dritte, was wir in den Universitäten gewährleisten müssen, ist, daß die Studierenden die Chance haben und auch ein entsprechendes Angebot vorfinden, grenzüberschreitend zu studieren. Das heißt auch, aber nicht nur – ich sehe Herrn Abgeordneten Lukesch nicken –, daß


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wir die Chancen, ins Ausland zu gehen und dort zu studieren, verbessern müssen – das werden wir mit konkreten Vorschlägen im Rahmen der Studienförderung auch noch weiter zu unterstützen haben –, sondern es heißt auch, daß wir die Chancen der Gesprächsfähigkeit der Studierenden über die Fächergrenzen hinweg vergrößern müssen.

Wir müssen auch die Fähigkeiten der Studierenden, was ihre Sprachkenntnisse betrifft, verbessern und dafür bessere Angebote schaffen, weil es nicht nur um die Chancen der Studierenden, sondern auch um die Chancen aller anderen Menschen in diesem Lande geht, die von diesen am besten Ausgebildeten mit profitieren sollen.

Vielleicht auch eine Anmerkung zum Bereich der Kunsthochschulen, weil diese Debatte in letzter Zeit auch öffentlich sehr lebhaft geführt worden ist. Im Bereich der Kunsthochschulen treten wir ganz entschieden dafür ein, jene bewährten Strukturen, die das Universitätsorganisationsgesetz 1993 vorgibt, auch, soweit sie anwendbar sind, auf die Kunsthochschulen zu übertragen. Dasselbe gilt auch für den Bereich des Universitätsstudiengesetzes.

Natürlich wollen wir eine Gleichstellung der Chancen der Studierenden an Kunsthochschulen mit den Chancen der Studierenden an anderen Hochschulen und Universitäten erreichen. Wir wollen allerdings nicht, das muß ich dazusagen, daß alles bloß gleichmacherisch gleich behandelt wird. Es gibt Differenzierungsnotwendigkeiten.

Es ist mir durchaus bewußt, daß etwa die Ausbildung zum akademischen Maler – Herr Abgeordneter Krüger hat in seiner Rede darauf hingewiesen – oder zum Komponisten durchaus andere Erfordernisse hat als eher wissenschaftsorientiert angelegte Studien in Kunsthochschulen. Es geht natürlich nicht darum, wie einer der Kommentatoren in den letzten Tagen geschrieben hat, daß wir primär Dissertationen für Posaunisten einführen wollen, sondern, meine sehr verehrten Damen und Herren, es geht darum, daß wir unsere Verantwortung auch wahrnehmen.

Wir müssen einsehen, daß viele von denen, die an die Kunsthochschule gehen, um dort zum Beispiel ein spezifisch künstlerisches Fach zu studieren, tatsächlich sehr, sehr geringe Chancen haben – wenn wir noch einmal das Komponistenbeispiel nehmen –, etwa als Beethoven aus dieser Schule hervorzugehen, und zwar schon deshalb, weil eben nicht jedes Jahr ein Jahrgang der Beethovens und Mozarts ist.

Für diese Studierenden brauchen wir eine ergänzende Qualifizierung, die es ihnen erlaubt, auch nach dem Studium eine Chance bei der Bewältigung ihres Lebens in unserer Gesellschaft zu finden. Sie müssen mehr als ausschließlich die enge Fachorientierung geboten bekommen. In diese Richtung soll die Reform gehen. (Beifall bei der SPÖ.)

Lassen Sie mich, was die Fachhochschulen betrifft, eine Anmerkung machen. Wir halten diesen Ansatz für ausgezeichnet, und ich bin deshalb ganz ungeniert im Lob für diesen Ansatz, weil ich nicht der Vater dieses Ansatzes bin; das Konzept dazu habe ich bereits vorgefunden. Ich halte es für ein großartiges Konzept.

Die Fachhochschulen sind ein neues Hochschulangebot, das gewissermaßen – um es neudeutsch zu sagen – bottom up entwickelt wird. Bei diesem System kommt es im wesentlichen darauf an, Branchenbedürfnisse und regionale Bedürfnisse zu befriedigen. Entsprechend dieser regionalen Nachfrage und Branchennachfrage werden Konzepte für Studiengänge entwickelt. Das führt dazu, daß wir eine stärkere Praxisorientierung erreichen, als wir sie sonst im postsekundären Bereich haben. Das führt dazu, daß schon während des Studiums direkte Kontakte zwischen den Studierenden und jenen Unternehmen stattfinden, die später ihre potentiellen Arbeitgeber sind. Das verbessert die Gesprächsfähigkeit der künftigen Absolventen mit ihren potentiellen, künftigen Arbeitgebern, das verbessert ihre Chance auf Berufstätigkeit, auf Arbeitsplätze. Das ist ein richtiges Konzept.

Das zweite, auf das ich hinweisen möchte, ist, daß auch die innere Organisation dieser Fachhochschulen sinnvoll gestaltet worden ist, und zwar in einer Richtung, die sicherstellt, daß eine Jahrgangskultur zustande kommt, ein wesentlich stärkerer sozialer Zusammenhang der Studierenden untereinander. Das halte ich für entscheidend.


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Es kommt nicht nur darauf an, die Verantwortung der Menschen füreinander dort zu üben, zu erfahren und zu lernen, sondern es kommt auch darauf an, soziale Kompetenz ausdrücklich zum Ziel des Studiums zu machen. Die Menschen, die wir ausbilden, sollen nachher in der Lage sein, die Probleme von heute gemeinsam mit anderen zu bewältigen. Dafür sind diese hohen Schulen da, und dafür werden wir sie weiterentwickeln. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Lukesch. )

Hohes Haus! Wir haben in der Wissenschafts- und Forschungspolitik ein ganz klares Ziel vor Augen. Dieses Ziel ist, die Chancen der Menschen, die in Österreich leben und arbeiten, zu verbessern. Dazu dient eine praxisorientierte, eine hinreichend generalistische Ausbildung, um den Menschen auch in den hohen Schulen ein hinreichendes Gefühl dafür zu vermitteln, daß die Probleme nur gemeinsam und in kooperativer Anstrengung zu lösen sind. Wir werden ihnen dafür das notwendige, sachliche Rüstzeug geben, und wir werden die Freiheitsräume, die durch das Studium gewährleistet sind, dazu nützen, den jungen Menschen verantwortlich und begleitend die Chance zum Lernen zu geben, die sie brauchen, nämlich die Chance, sich in Freiheit und auch in unsicheren Situationen selbst und verantwortlich zurechtfinden zu können. Das ist unser bildungspolitisches Ziel, und dafür setzen wir Mittel ein.

Ich darf nun zum Kapitel Verkehr noch einige Worte sagen. Es ist mir bewußt, daß ich Ihnen heute und hier nicht das gesamte Spektrum des Ressorts darstellen kann, weil ich auch die mir zur Verfügung stehende Zeit nicht über Gebühr in Anspruch nehmen will.

Zum Thema Verkehr. Auch dabei geht es, wie im Grundsatz schon angemerkt, im wesentlichen um Chancen und um eine Politik zugunsten der Schwächeren beziehungsweise der Benachteiligten im Verkehrsgeschehen. Welche Gruppen sind das? – Es geht zum Beispiel darum, eine Verkehrspolitik zu betreiben, die nicht nur Verantwortung zeigt, sondern diese auch in praktischen Handlungen umsetzt, etwa gegenüber den Anrainern, jenen, die vor allem passiv vom Verkehr betroffen sind und sich vielfach nicht ausreichend gegen eine übermäßige Belastung zur Wehr setzen können.

Es geht darum, Verantwortung auch gegenüber jenen zu zeigen, die nicht zu denen zählen, die selbst Verkehrsmittel besitzen oder nützen können. Das sind insbesondere Kinder, die auf den öffentlichen Verkehr angewiesen sind, das sind insbesondere vielfach immer noch Frauen, die selbst dann, wenn es in der Familie ein Auto gibt, in der Regel nicht damit fahren, weil der Mann damit fährt, und es sind insbesondere ältere Menschen, die vielfach nicht mehr in der Lage sind, autozufahren, oder auch nicht das Einkommen haben, um sich ein Auto leisten zu können. Für diese Menschengruppen – und das ist die Mehrheit der Österreicher! – haben wir Politik zu machen, um Chancen sicherzustellen, die für sie auch ergreifbar sind. Für diese Menschen machen wir Politik. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Wabl: Warum werden dann die Nebenbahnen teurer?!)

Ich möchte das noch ergänzen. Es geht auch darum, sicherzustellen, daß jenen Menschen, die von einem weniger verantwortlichen oder unverantwortlichen Verhalten anderer Verkehrsteilnehmer potentiell passiv betroffen sind, geholfen wird. Es geht darum, für diese Menschen eine Politik für mehr Sicherheit zu machen.

Meine Damen und Herren! Wir haben hier schon relativ heftige Diskussionen über die Frage geführt, welche Maßnahmen angezeigt sind, um zu mehr Sicherheit vor allem im Straßenverkehr zu kommen. Eines sollten wir dabei immer bedenken: Es geht dabei um eine Politik, mit der wirksam dafür gesorgt werden soll, daß die Zahl der Opfer – und das sind in der Regel unschuldige Opfer – reduziert wird. Da gilt es nicht so sehr, Grundsatzstreitigkeiten und Dogmen auszutragen, sondern da geht es im wesentlichen darum, wirksame Maßnahmen zu setzen, weil jeder einzelne Tote zuviel ist! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Mag. Kukacka. )

Noch eine letzte Anmerkung zu einem Bereich, der an sich zwischen dem Wissenschaftsbereich und dem Verkehrsbereich gelegen ist, nämlich zum Telekom-Bereich. Er ist heute bereits einmal kurz angesprochen worden.


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Auch in diesem Bereich geht es um Chancen. Es geht im wesentlichen um Standortchancen für jene, die in Österreich wirtschaftlich tätig sind. Es geht natürlich auch um die Chancen des einzelnen Konsumenten, der Telefon oder Datenübertragung in Anspruch nimmt. Es geht aber auch darum, sicherzustellen, daß Österreich als Standort für industrielle oder Servicedienstleistungen weiterhin attraktiv bleibt. Dabei geht es um die Öffnung sowohl des Festnetzes als auch um eine Vielfalt der Kommunikationsangebote im Bereich der funkunterstützten Kommunikation.

Kurz: Wir haben im heurigen Jahr wesentliche Schritte der Öffnung und der Schaffung zusätzlicher Chancen und besserer Leistungen unternommen und schaffen derzeit die Grundlagen für eine Liberalisierung im Jahr 1998, die auch zu einer deutlichen Verbilligung der Angebote und zu einer Verbesserung der Leistungen führen wird müssen. Ab dem Moment, da in diesem Bereich der Wettbewerb einsetzt, werden wir damit rechnen können, daß die Leistungen besser und preiswerter werden. Ich denke, auch das ist keine schlechte Perspektive.

In dieser politischen Orientierung sehen wir auch klare Schwerpunkte, was die Budgetierung betrifft, und klare Schwerpunkte, was unsere künftige Politik betrifft. Ich denke, daß auch diejenigen Oppositionsredner, die das in Frage gestellt haben, zugeben werden müssen, daß wir noch nie so viele Mittel für bessere Strukturen in diesem Bereich eingesetzt haben.

Wir sind für eine Verlagerung vor allem des Schwerverkehrs auf die Schiene. (Abg. Wabl: Ist das Verhältnis Autobahn zur Schiene besser geworden?) Wir sind daher für den Ausbau der notwendigen Infrastruktur, die das zuläßt; vielfach muß erst durch einen Ausbau der Infrastruktur die Voraussetzung dafür geschaffen werden – denken Sie etwa an das untere Inntal –, einen attraktiven Verkehr für Berufspendler einrichten zu können, besonders dort, wo es um die Beseitigung von Kapazitätsengpässen geht.

Daher treten wir entschieden für den Ausbau der Schieneninfrastruktur ein, und wir treten auch entschieden dafür ein, daß es zu flexibleren und preiswerten Angeboten der Anbieter auf den Schienen kommt. Aber dafür müssen Voraussetzungen geschaffen werden; wir sind gerade dabei, dies zu tun. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Wabl: Warum sind die Nebenbahnen teurer geworden?!)

Hohes Haus! Mir ist bewußt, daß gestern relativ ausführlich über die nächste Frage gesprochen worden ist. Ich möchte dazu sagen: Wir werden noch im Laufe des heurigen Jahres einen ersten Entwurf zur Neuordnung der Nahverkehrsfinanzierung vorlegen. Auch da geht es eindeutig darum, die Interessen der Pendler optimal zu vertreten, einen Schwerpunkt zugunsten der Pendler zu setzen. Das heißt, es geht zugleich auch um einen rationelleren Einsatz der Mittel und nicht primär um die Interessen der Verkehrsdienstleistungsanbieter.

Das ist eine Frage, in der wir mehrere Interessen unter einen Hut bringen müssen. Unser Herz schlägt dabei eindeutig auf seiten derer, die jeden Tag öffentliche Verkehrsmittel in Anspruch nehmen und in Anspruch nehmen müssen. Deren wirtschaftliche Interessen und deren Leistungsinteressen sind das Ziel der kommenden gesetzlichen Regelung, die noch im heurigen Jahr vorgestellt werden wird. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Wir sind, um auch diesen Punkt noch einmal anzusprechen, natürlich auch für eindeutige und klare Schritte zugunsten von mehr Verantwortung im Straßenverkehr, das heißt zugleich auch zugunsten von mehr Sicherheit im Straßenverkehr. Wir werden in den kommenden Wochen und Monaten diese Arbeit fortsetzen. Wir wissen, daß es sich dabei um ein schwieriges Thema handelt, das gelegentlich auch durchaus emotionell behandelt wird. Wir wissen aber zugleich auch – und ich denke, das sollte unsere Leitschnur sein –, daß wir eine große Verantwortung für jeden einzelnen Fall, bei dem Menschen verletzt oder gar getötet werden, tragen.

Ich komme zum Schluß dieser grundsätzlichen Ausführungen. Die Budgetansätze der Kapitel 14 und 65 tragen – wie ich meine – den von mir skizzierten Schwerpunkten Rechnung. Wir konnten eine deutliche Erhöhung der Ansätze erreichen. Wir haben einerseits dem Gesichtspunkt der Sparsamkeit eindeutig Rechnung getragen, und wir haben andererseits klare Schwerpunkte gesetzt. Dazu bekenne ich mich auch.


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Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich abschließend noch einige eher oppositionelle Anmerkungen kurz erwidern.

Ich war ein wenig überrascht, daß Herr Abgeordneter Krüger auf die griechisch-römische Tradition der Universitäten und insbesondere des Jusstudiums hingewiesen hat. Es fehlen mir tatsächlich in der Archäologie des Studienwesens vielleicht noch entscheidende Hinweise. Ich denke, wir sollten vielmehr bedenken, daß die Universitäten, wie wir sie vor uns haben, keine griechisch-römische, sondern eher eine mittelalterliche Tradition haben. Das ändert aber nichts daran, daß man darüber nachdenken muß, ob dort, wo dem universellen Bildungsanspruch, den die Universitäten nach meiner festen Überzeugung einzulösen haben, nicht entsprochen wird, vielleicht andere praktisch orientierte Berufsausbildung angezeigt wäre.

Ich habe nie vorgeschlagen, das Jusstudium ohne weiteres auf Fachhochschulen zu verlagern. Ich habe allerdings gesagt, wenn die Universitäten anläßlich der Umsetzung des Universitätsstudiengesetzes nicht realisieren, daß das, worauf es ankommt, einerseits die Denk- und Arbeitsfähigkeit in einem spezifischen Fach ist – in diesem Fall den Rechtswissenschaften –, und andererseits zugleich ein universeller Bildungsanspruch ist, und wenn dem nicht Rechnung getragen wird, dann hat dieses Studium an der Universität nichts verloren. Dazu stehe ich auch heute noch.

Vom Herrn Abgeordneten Krüger ist auch die Akademie am Schillerplatz und die Ausbildung zum akademischen Maler angesprochen worden. Herr Abgeordneter! Daß Sie als Oppositionspolitiker den Wissenschaftsminister kritisieren, ist natürlich Ihr gutes Recht. Daß Sie aber bei der gleichen Gelegenheit als Vorsitzender des Wissenschaftsausschusses vergessen, daß es auch etwas wie Universitätsautonomie gibt, finde ich bemerkenswert.

Sie sollten zumindest zur Kenntnis nehmen, daß jene Entscheidungen, die am Schillerplatz gefallen sind, auf Basis der gegebenen und eingeräumten Universitätsautonomie gefallen sind, und zu dieser bekenne ich mich, auch wenn ich bedauere, daß die Malerei dort jetzt etwas unter Druck geraten ist. Auch ich bin der Meinung, daß die Malerei zu den Ausbildungszweigen zählt, die auf einer Akademie Platz haben müssen. Aber mit dem Schritt zu mehr Autonomie für die Hochschulen müssen wir uns dazu bekennen, daß dieser Bereich nicht mehr obrigkeitlich gestaltet werden kann, sondern nur in einem Diskurs zwischen den politisch Verantwortlichen und den Verantwortlichen an der jeweiligen Hochschule oder Universität. Auch dazu bekenne ich mich. Ich will die Autonomie jedenfalls nicht wieder aufheben, falls dies Ihr Ansinnen sein sollte.

Frau Abgeordnete Gredler! Sie haben vorgeschlagen, man sollte die Professoren härter anfassen. – Wenn Sie das anregen wollen, dann vermisse ich Ihre diesbezüglichen Gesetzesvorschläge. (Abg. Haigermoser: Keine Polemik von der Regierungsbank!) Ich bin der Meinung, daß die vorhandenen Gesetze durchaus ausreichen und daß das Vorhandensein von "Ausreißern", die auch von der Frau Abgeordneten Petrovic angesprochen worden sind, nicht beweist, daß das System krank ist. Frau Abgeordnete Petrovic! "Ausreißer" sind nun einmal nicht vermeidbar. Wir produzieren sie nicht absichtlich, wie Sie das unterstellt haben. Ich gebe aber zu, als Oppositionspolitikerin muß man das wohl so darstellen.

Ich danke Ihnen andererseits dafür, daß Sie vehement die Meinung vertreten haben, daß die soziale Durchlässigkeit beziehungsweise der Zugang für die einkommensmäßig und sozial Schwächeren zu den Universitäten tatsächlich seit den siebziger Jahren besser geworden ist. Das sehe ich auch so. Aber ich denke, der Weg, den wir in diesem Bereich immer noch zurückzulegen haben, ist noch ziemlich weit.

Wir haben ein paar sehr entschiedene Maßnahmen ergriffen, die auch Wirkung zeigen, insbesondere im Bereich der Einrichtung von Fachhochschulen. Dort finden wir wesentlich mehr vorher berufstätig Gewesene vor, dort finden wir wesentlich mehr Menschen vor, die aus den unteren Einkommens- und Sozialschichten kommen. Wir werden diesen Weg fortsetzen.

Es geht nicht darum, ob wir sagen, das ist alles umsonst gewesen, sondern es geht darum, daß dieser Weg deutlich und mit Phantasie und Sachverstand fortgesetzt werden muß, weil wir für ein offenes Bildungssystem eintreten. Wir werden die notwendigen Schritte dafür ergreifen.


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Zum Führerscheingesetz. Es ist darauf hingewiesen worden, daß einzelne Behörden in den Ländern sich sehr darüber erregt haben, daß sie im November noch nicht gewußt haben, wie sie das anwenden sollen. Herr Abgeordneter Kukacka! Sie haben das angemerkt. Man sollte aber schon deutlich machen, daß erstens die Erlassung jener Verordnungen, die das Inkrafttreten des Gesetzes voraussetzen, nicht vor dem Inkrafttreten möglich war. Zweitens waren all jenen Behörden, die im November laut zu schreien begonnen haben, wie unendlich schwierig das ist, die entsprechenden Verordnungen schon im Juli bekannt. Damals haben sie nicht geschrien. Ich meine, daß ein verantwortliches Zusammenspiel zwischen zentralen und dezentralen Stellen schon auch etwas anders aussehen kann. Und in Wahrheit ist das Chaos, das gelegentlich beklagt worden ist, gar nicht eingetreten.

Zu den Schutzbestimmungen möchte ich – ohne neuerlich Öl ins Feuer zu gießen – folgendes sagen: Wenn wir uns dazu bekennen, daß wir Verantwortung auch den Schwächeren im Verkehr gegenüber tragen – und das tue ich –, dann müssen wir allerdings auch dafür sorgen, daß man bei jenen, die aufgrund ihres Alters oder aufgrund sonstiger Eigenschaften Anzeichen haben, daß sie gegebenenfalls nicht in der Lage sind, den Anforderungen des Verkehrs voll zu entsprechen, ein zweites Mal hinschaut beziehungsweise eine Kontrolle durchführt.

Wenn dies billiger machbar ist, als das derzeit angeboten wird, dann bin ich sofort dafür. Aber ich bin dagegen, zu sagen: Lassen wir sie einfach fahren!, denn den Preis zahlen die Jugendlichen selbst, und wir werden die Verantwortung dafür haben. Daher treten wir auch für eine verkehrspsychologische Untersuchung ein.

Abschließend zu den Ausführungen des Herrn Abgeordneten Rosenstingl. Sie haben kritisiert, daß wir ungeheuer goße Schulden auflasten, ohne zu bedenken, was das für die Zukunft heißt. – Herr Abgeordneter! Wir bedenken das sehr wohl. Die heutige Bahninfrastruktur ist vor 100 Jahren errichtet worden. Die Bahninfrastruktur, die wir jetzt errichten, wird auch die nächsten 100 Jahre halten. Ich denke, es ist richtig, auch im Interesse der heutigen Steuerzahler dafür Sorge zu tragen, daß die Finanzierung auf einen Zeitraum erstreckt wird, der der Nutzung entspricht, und das kann mit unserer Konzeption durchaus gewährleistet werden. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

11.51

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Edler. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

11.51

Abgeordneter Josef Edler (SPÖ): Hohes Haus! Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Eine kurze Replik auf Kollegen Rosenstingl: Sie hätten Ihre Rede zum vorigen Budget hier abgeben können. Sie haben nämlich das wiederholt, was Sie voriges Jahr gesagt haben.

Meine Damen und Herren! Kollege Rosenstingl! (Abg. Dr. Graf: Sie waren doch gar nicht dabei voriges Jahr!) Sie haben gesagt, das sei eine Fortschreibung der Skandalisierung, ein Schwindelbudget. Und Sie wenden sich an die Jugend. – Wir investieren in die Zukunft, damit gerade diese Jugend (Abg. Rosenstingl: Ehrlichkeit!) eine Chance hat! (Abg. Dr. Graf: Voriges Jahr hat es gar kein Budget gegeben! Das ist vor zwei Jahren gewesen!) Und gerade diese Investitionen in die Schieneninfrastruktur bringen uns als Umwegrentabilität rund 60 Prozent wieder zurück.

Meine Damen und Herren! Ich möchte einige Eckpunkte ansprechen, das Wesentliche hat der Herr Bundesminister bereits angesprochen. Ich glaube, wir sind auf dem richtigen Weg, die österreichische Verkehrspolitik ökologisch und zukunftsorientiert zu gestalten. Wir haben auch verstärkt in Brüssel Einfluß zu nehmen und dort Lobbyismus zu betreiben, meine Damen und Herren! Aber wenn wir in Brüssel bei dem Thema Verkehrspolitik nicht geschlossen auftreten, dann werden wir sicherlich nicht ernstgenommen werden. Gerade die unterschiedlichen Aussagen des Koalitionspartners, nämlich von Kukacka und Fink, zeigen dies auf. Ich bin bei Fink und kann die Linie von Kollegen Kukacka nicht vertreten. Ich glaube, die österreichische Bundesre


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gierung braucht in der Verkehrspolitik eine einheitliche Linie, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Kurz zu den Eisenbahnern und ihren Leistungen. Sie sind heute schon positiv erwähnt worden. Meine Damen und Herren! Diese großen Reformen und die Ausgliederungen sind sicherlich schmerzlich, und zwar nicht nur für die Personalvertreter, sondern natürlich besonders für die Tausenden Kolleginnen und Kollegen. Sie sind aber bereit, diese Reformen mitzutragen. 10 000 Kolleginnen und Kollegen wurden bei den Bundesbahnen in den letzten vier Jahren eingespart. Aber wir wollen diesen Weg mitgehen, um die Chancen des Bahnverkehrs in der Verkehrspolitik auch in Zukunft zu nutzen.

Meine Damen und Herren! Wir haben aufgrund einer Dringlichen am Nachmittag die Gelegenheit, die Positionen der Eisenbahner zu ihrem Dienstrecht zu diskutieren. Die Darstellung in den letzten Tagen, daß die Eisenbahner eine Sonderstellung hätten, war unseriös. Sie haben ein gleichwertiges Dienstrecht, das gesetzlich abgesichert ist, und es gibt Einzelverträge.

Meine Damen und Herren! Eines sei aber schon im voraus gesagt: Die Vorleistungen der Eisenbahner, die sich jährlich um rund 1 Milliarde Schilling bewegen, müssen erst einmal von anderen eingebracht werden. Das möchte ich nur erwähnt haben. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir werden selbstverständlich diesem Vorschlag zustimmen. Und ich sage es noch einmal: Das ist der richtige Weg für eine ökologisch vertretbare Verkehrspolitik. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

11.54

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Graf. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

11.54

Abgeordneter Dr. Martin Graf (Freiheitliche): Herr Minister! Lieber Freund, Kollege Edler! Du hättest dir einen anderen Einleitungssatz einfallen lassen müssen, weil voriges Jahr hat Kollege Rosenstingl gar keine Budgetrede gehalten und du auch nicht, weil voriges Jahr gab es kein Budget zu verhandeln. Wir hatten vor zwei Jahren ein Doppelbudget! – Das wollte ich nur dazusagen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich möchte auf die Wissenschaftspolitik zurückkommen und speziell einen Bereich beleuchten, der Ihnen unangenehm ist – das weiß ich –, nämlich die Österreichische Hochschülerschaft. Herr Minister! Sie haben gesagt, daß Sie in Ihrem Ressort Bildungsschwerpunkte setzen wollen, daß durch das in Zahlen gegossene Regierungsprogramm Bildungsschwerpunkte gesetzt werden. Ich hätte mir erwartet, daß die Österreichische Hochschülerschaft bei der gestrigen Zentralausschußsitzung einen Bildungsschwerpunkt setzt – angesichts der Zwangsbeiträge, die dort eingenommen werden.

Leider müssen wir zur Kenntnis nehmen, daß dort nun eine nach außen hin andere parteinahe Organisation am Ruder ist – die ÖVP-nahen Schwarzen, die AG –, und daß diese ÖVP-nahe Organisation in Wirklichkeit das gleiche Spiel betreibt wie ihre Vorgängerin, diese linksextreme Gruppierung, die an der Macht war, inklusive dem Liberalen Studentenforum. Sie perfektionieren dieses System sogar noch, und ich werde es Ihnen darlegen.

Für Bildung sieht die Österreichische Hochschülerschaft einen Sachaufwand in Höhe von 210 000 S im Jahr vor. Wenn man sich den Sachaufwand des Lesben- und Schwulenbereiches ansieht, dann erfährt man, daß dort 140 000 S Sachaufwand vorgesehen sind. Für den Sachaufwand der Anti-Rassismus-Kampagne, die gemeinsam mit dem Verein "Helping Hands" durchgeführt wird, werden 548 000 S ausgegeben. Man stelle sich das einmal vor! Noch dazu wird das von einem demokratisch nicht legitimierten Verein, von den "Helping Hands", bewerkstelligt. Für die Anti-Rassismus-Hotline" sind 100 000 S Telefonkosten vorgesehen. 100 000 S Telefonkosten sind ein Batzen Geld! Ich glaube nicht, daß man derart viele Aktivtelefonate führen muß, weil für Passivtelefonate zahlt man in Österreich nichts. Wir werden genau aufpassen müssen, wieviel versteckte Mittel dahinterstehen.


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Auf der anderen Seite enttäuscht es mich, daß Bildung auf der Universität – auch von der Hochschülerschaft selbst – fast gleichwertig mit dem Bereich der Lesben und Schwulen gesehen wird, der nicht einmal referatsfähig ist. – Und das noch dazu unter einer ÖVP-nahen Führung! Das muß man einmal feststellen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Aber ich habe überhaupt den Eindruck, daß die Österreichische Hochschülerschaft zu einem Selbstbedienungsladen für Randgruppen wird, und das wird noch massiv von der ÖVP-nahen AG unterstützt, und zwar gegen die Interessen der Studierenden. Es werden ganz einfach falsche Signale gesetzt. Gestern wurde beschlossen, daß der Zwangsbeitrag für die ÖH auf 370 S erhöht wird; ich bin der Meinung, daß man darüber diskutieren kann. Wenn man sich aber anschaut, wofür dieses Geld, diese Beiträge der Studierenden letztendlich ausgegeben werden, dann muß ich sagen, wird einem, gelinde gesagt, schlecht dabei. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die ÖVP-nahe Organisation verlangt natürlich, daß die Personalkosten erhöht werden. Man langt also voll zu. Die Referatsentschädigung steigt auf 55 330 S pro Referatsbereichsleiter. Der Lesben- und Schwulenbereich, der kein Referat – wie bereits gesagt – darstellt, bekommt natürlich auch 200 000 S dotiert. – Die Betonung liegt immer auf ÖVP-nah. Sonderprojekte werden mit 900 000 S unterstützt, wobei ein Drittel ausschließlich Lesben-, Schwulen- und Frauenprojekten zur Verfügung gestellt wird. Für den Allgemein-Studenten oder für den, der bloß in kürzester Zeit sein Studium fertigbringen möchte, um in einen Leistungswettbewerb eintreten zu können, wird nichts vorgesehen. Das muß man auch einmal feststellen.

Daß die ÖH seit Jahren schläft, zeigt auch der gestrige Antrag, der gestellt und auch beschlossen worden ist, mit dem gefordert wird, daß das UniStG novelliert werden soll. Wir hatten es kaum in Kraft gesetzt, soll es schon wieder novelliert werden, weil man sich nicht ordentlich damit auseinandergesetzt hat. Man möchte die Vereinfachung, die man eingeführt hat, nämlich daß man nur mehr einmal inskribieren muß und seinen Studienerfolg alle drei Semester nachweisen muß, wieder abschaffen. Die ÖH, die so gegen die Bürokratie auftritt, allen voran die AG, möchte nun wieder eine semestermäßige Inskription haben.

Einen Antrag – das hat mich besonders enttäuscht –, der gestern von der ÖVP-nahen Aktionsgemeinschaft – das sei noch einmal hinzugefügt – gestellt und auch durchgegangen ist, werden wir zu verteilen haben, damit man weiß, in welche politische Richtung die Schwarzen gehen.

"Der Zentralausschuß der Österreichischen Hochschülerschaft begrüßt das Vorhaben des österreichischen Lesben- und Schwulenforums zur rechtlichen Verankerung von hetero- sowie homosexuellen PartnerInnenschaften und sieht in der erhobenen Forderung die Chance, eine Grundlage für gleichberechtigte moderne Lebensformen zu schaffen." – Es wundert mich, daß die ÖVP zuschaut, wenn ihre Organisation genau für das, wogegen die ÖVP hier immer auftritt und stimmt, eintritt. Ich weiß nicht, ob das nicht bereits Vorbereitungshandlungen zur Änderung einiger Dinge sind.

Herr Minister! Ein Wort noch zu Ihrem Fachhochschulprojekt, weil Sie die Universitäten in Fachhochschulen umgruppieren wollen. Herr Minister! Ich habe den Eindruck – Kollege Krüger hat Ihnen auch schon gesagt, aus welcher politischen Ecke Sie offensichtlich Ihre Ideen fassen –, daß Sie auf universitärem Boden die Gesamtschule einführen wollen. Es gelingt Ihnen nicht auf Schulboden, daher wollen Sie es bei der Universität versuchen. Sie wollen zwischen Fachhochschule und Universität eine Nivellierung nach unten erreichen, die ich an sich nicht verstehe. Sie wollen die Lehre und die Forschung trennen, und das ist der falsche Weg. Das ist marxistisches Gedankengut, und wir werden Sie da ganz genau kontrollieren. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie hätten mit diesem Schritt auch den angenehmen Begleiteffekt – und das dürfte der tiefere Sinn sein –, daß es bei den meisten Fachhochschulen "geschmalzene" Studiengebühren gibt. Hinsichtlich der Universität reden Sie immer wieder davon, daß Studieren frei sein soll, daß der Zugang frei sein soll. (Abg. Dr. Niederwieser: An welchen Fachhochschulen gibt es Studiengebühren? Es gibt keine einzige!) Wenn Sie wirklich diverse Universitäten an Fachhochschulen auslagern wollen, dann schaffen Sie damit die rechtliche Voraussetzung dafür, Schulgebühren


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oder Studiengebühren einzuheben. (Abg. Dr. Niederwieser: Das ist ein Schmarren, was er da sagt!) Aber daran werden wir Sie hindern! – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

12.02

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Brinek. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

12.02

Abgeordnete Dr. Gertrude Brinek (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Die Zeit ist fortgeschritten, und Verkehr mischt sich mit Wissenschaft. Ich halte ein paar Positionen – nicht zuletzt aufgrund der Diskussion – für die ÖVP fest.

In der letzten Zeit ist die Diskussion darüber entstanden, ob nicht die Universitäten von "Schlacken" oder "Fakten" entleert werden müßten. Ich halte diese Diskussion und Beiträge dieser Art für nicht besonders hilfreich, weil sie insinuieren, daß schon jetzt dort Abfall und Schlacken existieren würden. Was damit bestenfalls gemeint sein kann, ist das, was der Herr Bundesminister in seinem Beitrag ausgeführt hat, daß wir in der Lehre nicht auf Fakten allein abstellen können.

Meine Damen und Herren! Fakten, die jetzt verfügbar sind, sind die Bausteine, um ins Methodensystem vorzudringen. Und wenn ich die negiere, dann negiere ich einen wichtigen Faktor, einen wichtigen Gedanken. Ich erinnere daran, daß in diesem Zusammenhang Kant – einer der stringentesten Denker – gesagt hat, daß Begriffe ohne Anschauung blind sind und Anschauung ohne Begriffe leer ist. Das heißt, ich kann nicht in die Begriffswelt, in die Systemwelt eindringen, ohne mit Fakten Anschauungen herzustellen. Ich bitte, das in der künftigen Diskussion um Universitäten und Studienpläne zu berücksichtigen.

Ich möchte weiters einige Positionen festhalten, und zwar, daß die Volkspartei ein klares Verhältnis zur Trennung von Fachhochschulen und Universitäten hat. Dies gilt insbesondere in Richtung Frau Kollegin Petrovic, die offenbar Minister Einem mit Lukesch beziehungsweise die jeweiligen Personen verwechselt hat. Die Volkspartei war immer diejenige, die klar gesagt hat, daß die Fachhochschulen ein wunderbares System sind, um auf aktuelle Wirtschaftsnachfragen fundierte, berufsspezifische, fachspezifische Antworten zu geben, und daß die Universitäten immer einem universellen Bildungsanspruch zu folgen hatten und haben. Ich bitte, hier keine Vermischung, keine Legendenbildung zu betreiben. Ich glaube auch, daß wir uns in diesem Zusammenhang eines differenzierteren Diskurses zu bedienen haben, gerade wenn es darum geht, in der Wissenschaft und in der Forschung Markierungen zu setzen.

Ich halte weiters in meinem Namen sowie im Namen der ÖVP fest, daß sie es war, daß ich es bin und war, die für differenzierte Ausbildung und ein differenziertes Bildungssystem steht. (Beifall bei der ÖVP.)

Daran wird sich auch in Zukunft nichts ändern. Das läßt sich auch gut soziologisch begründen. Die weiter ausdifferenzierte Gesellschaft kann nicht in einem vereinheitlichten System "untergebracht" oder ausgebildet werden und auch nicht vernünftig operieren. Ich halte daher fest, daß das Argument, Lehrerausbildung gehöre an die Fachhochschulen, weil es nur einen einzigen Dienstgeber gäbe, falsch ist; für falsch deshalb, weil es deshalb keinen Numerus clausus geben soll und weil man einem Absolventen eines Diplomstudiums – ob in Geschichte, Kunst, Mathematik oder Chemie – auch keinen Arbeitsplatz garantieren kann. Es wäre daher verfehlt, solch eine Garantiediskussion einzuleiten. Ich denke auch, daß wir uns nicht nur 1996 – das Jahr des lebenslangen Lernens – an diese Bedeutung erinnert und orientiert fühlen haben sollen. Das heißt, wir werden ein Lebtag lang lernen müssen und ein Lebtag lang mit Lehrenden konfrontiert sein. Daher entstehen gerade aus diesem neuen Anspruch Berufsfelder, lieber Erwin Niederwieser! (Beifall bei der ÖVP.) Wir sollten deshalb nicht unter falschen Voraussetzungen eine Strukturdiskussion führen.

Noch ein kleiner Hinweis: Stichwort: Pädagogische Akademien seien um vieles praxisgerechter. Das ist eine Schimäre. Warum? – Erstens sagt die Pädagogische Akademie, eine Schuleinrichtung, von sich selbst, es brauche eine Niveauanhebung, eine "Verschwierigung" – das sagen


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Autoren selbst in einem Artikel. Außerdem herrschen dort wunderbare Verhältnisse und Zustände. Es gibt ein Lehrer-Schüler-Verhältnis von 1  :  5 bis 1  :  10. Herr Bundesminister! Wenn Sie uns das bei der Lehrerausbildung an den Universitäten garantieren, dann habe ich überhaupt kein Problem. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich fasse also zusammen: Die Fachhochschulen sind ideale Einrichtungen für spezifische Studien und Nachfragen auf der Basis einer sich wandelnden Wirtschaftslage. Universitäre Studien lassen sich nicht per Assoziation in Fachhochschulen umwandeln. Und wenn der universelle Bildungsanspruch an den Universitäten nicht eingelöst wird, dann können wir sagen: Wir nehmen dieses Angebot weg und führen es in Fachhochschulen über!, aber wir können das, was dort an universitärer Bildung zu leisten ist, auch einklagen. Unser Weg ist es, dieses einzuklagen, damit Wahrheit und Aufklärung herrschen. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich komme zum Schluß. Herr Minister! Ganz kurz zu den Kunsthochschulen: Die Diskussion läuft, wie Sie selbst auch gesagt haben. Unser Prinzip ist: Geben Sie Einem eine Chance. Geben Sie Gottfried von Einem eine Chance, und geben Sie Caspar von Einem eine Chance. Auf dieser Ebene muß sich die Diskussion bewegen.

Ich schließe, meine Damen und Herren, und meine: Ein forschungsfreundlicheres und wissenschaftsfreundlicheres Klima erreichen wir nur dann, wenn wir das Forschungs- und Wissenschaftstreiben nicht diskriminieren und nicht für verzichtbar halten. Präsident Welzig – er wurde heute schon zitiert – hat gesagt, daß wir in Österreich eine sehr gute Kulturkultur, aber keine Wissenschaftskultur haben. Dem ist zuzustimmen. – Wir sind für eine geistige Vollbeschäftigung. Arbeiten wir mit dem neuen Budget daran! – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

12.08

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Schöggl. Herr Abgeordneter, Sie haben eine freiwillige Redezeitbeschränkung von 6 Minuten. – Bitte.

12.08

Abgeordneter Dipl.-Ing. Leopold Schöggl (Freiheitliche): Herr Minister! Sehr geehrter einsamer Wissenschaftssprecher von der SPÖ in der ersten Reihe! Da Sie in Ihrer Rede die Universitäten so gelobt haben ... (Zwischenruf der Abg. Dr. Karlsson. ) Inzwischen ist das Interesse "exorbitant", vorher war er allein. Es ist immer in der Mittagszeit so, daß ein bißchen mehr Leute hier sind.

Sie haben die Universitäten zu Recht gelobt. Die Leistungen an den Universitäten sind sehr gut, aber nicht wegen der Budgetpolitik und nicht wegen dieser Regierung, sondern trotz dieser Budgetpolitik und trotz dieser Regierung.

Kollege Lukesch feiert das UniStG als Erfolg. Das muß sich aber erst zeigen, denn das Universitäts-Studiengesetz ist erst beschlossen worden, und die Ausbildungspläne laufen noch nach den alten Studienplänen ab.

Da er die Privatfinanzierung der Fachhochschulen anspricht, muß ich sagen: Es ist zwar die Möglichkeit dazu da, aber nur theoretisch. In der Praxis hängen die Fachhochschulen doch noch weitgehend an der Nabelschnur der Bundesfinanzierung.

Ich bin völlig Ihrer Meinung, wenn Sie sagen, daß die Nationalbankreserven für die Forschung herangezogen werden sollten. Wir wären schon zufrieden, wenn zumindest die Privatisierungserlöse oder die zu erwartenden Privatisierungserlöse für Forschungs- und Technologieprojekte zweckgebunden werden würden. Da der Herr Minister vorhin gesagt hat, daß er für die Telekom-Struktur so viel getan hat, muß ich sagen, daß gerade der Post- und Telekom-Bereich durch die Verteidigung der Monopole – insbesondere durch die Sozialisten – bei der Telekommunikation und bei der Telekommunikationsanwendung in einen Rückstand geraten sind. Gerade an den Universitäten ist die Anwendung der Telekommunikation teilweise noch "steinzeitlich".

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich komme jetzt zu meinem eigentlichen Thema, das ich mir vorgenommen habe. Sie versuchen, das Wissenschaftsbudget mit dem Attribut einer


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Steigerung zu versehen, aber dem ist in Wirklichkeit nicht so. Wenn man die Zahlen mit jenen aus 1996 vergleicht, dann sieht man, daß zwar eine Steigerung in der Höhe von 697 Millionen enthalten ist, aber wenn Sie nur die Mehrausgaben für die Mieten für die BIG in Höhe von 768 Millionen berücksichtigen, bemerken Sie, daß ein Negativsaldo herauskommt. Wenn Sie dann noch den Bedarf, den wir für die Fachhochschulen haben, abziehen, dann bleibt für den übrigen Forschungsbereich ein starker Negativsaldo in der Größenordnung von über 430 Millionen übrig. Es ist also keine Rede von Steigerungen der Forschungsausgaben, keine Rede von einer Forschungsinitiative!

Jetzt muß ich noch einmal auf die BIG zurückkommen. Sie haben in der Anfragebeantwortung in etwa geschrieben, daß diese Steigerungen für die BIG das Universitätsbudget nicht interessieren, daß Sie das vom Finanzminister quasi als Draufgabe bekommen. Das führe zu keiner Kürzung. Ich schließe mich dieser Meinung nicht an. Ich meine, daß wir, da sich diese exorbitanten Steigerungen für die BIG durch alle Budgetkapitel ziehen, einmal überprüfen müßten, ob wir nicht eine neue Hydra an der Budgetbrust nähren, der man rechtzeitig den einen oder anderen Kopf abschlagen sollte. Vielleicht sollte sich auch der Rechnungshof rechtzeitig mit der BIG beschäftigen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Niederwieser: Sie müssen auch das BÜG, das Budgetüberschreitungsgesetz, dazuzählen!) – Ich habe sehr wenig Redezeit.

Nun zur Vorgangsweise bei der Vergabe der Technologiemilliarden. Herr Minister! Wissen Sie, in welchem Budgetheft die Technologiemilliarde enthalten ist? – Ich habe sie nicht gefunden. Sie ist im Budgetheft 51/Kassenverwaltung unter "sonstige Vorsorgen" enthalten. Sie ist deswegen dort enthalten, weil es Ihnen nicht gelungen ist, sich mit dem Wirtschaftsministerium und allen anderen beteiligten Stellen über die Kompetenzen und über die Verteilung dieser Technologiemilliarden zu einigen. Darum ist sie noch als Komplettpaket drinnen. Und das ist genau das, was wir nicht brauchen, weil sie damit nicht zur Ausschüttung kommen wird.

Herr Minister! Zum Schluß kommend möchte ich noch sagen, daß wir sehr viele gescheite Leute haben, einer der gescheitesten ist Professor Tichy. Er sagte am 11. November 1997: Zahlreiche Staatsaufgaben, vor allem solche für Bildung und Forschung, wirken jedoch wachstumsfördernd. – Dies sagte er unter der Überschrift: "Neue Erkenntnisse über die Budgetpolitik". Daher frage ich mich: Wenn das solche Kapazitäten in Österreich behaupten, warum geben wir dann nach wie vor so wenig Geld für Forschung und Entwicklung aus? – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

12.13

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nunmehr ist Frau Abgeordnete Dr. Karlsson zu Wort gemeldet. Frau Abgeordnete, Sie haben eine freiwillige Redezeitbeschränkung von 3 Minuten. – Bitte.

12.13

Abgeordnete Dr. Irmtraut Karlsson (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Hohes Haus! Eine viertel Minute muß ich mir für Herrn Abgeordneten Graf Zeit nehmen. Herr Abgeordneter Graf hat meinen Freund Pepi Edler verhöhnt und gesagt, daß voriges Jahr kein Budget diskutiert worden sei. Ich weiß nicht, wo Herr Abgeordneter Graf wochenlang war, wahrscheinlich hat er das Parlament geschwänzt, denn wir haben voriges Jahr sehr wohl über das Budget diskutiert. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Rosenstingl: Welches denn?)  – Die Budgets 1996, 1997! Wissen Sie das nicht mehr? Wo sind Sie? Sie nehmen Ihre Pflichten hier im Parlament offensichtlich nicht ernst genug!

1995 sind wir an der Erstellung des Budgets gescheitert und haben neu gewählt. 1996 haben wir diskutiert. Das wissen Sie nicht mehr, weil Ihnen das Parlament Wurscht ist. Es ist Ihnen ganz egal, was hier passiert. Sie wollen nur Theater spielen und alles herabmindern. Das ist die Wahrheit! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Fraktion unterstützt – das wurde noch nicht gesagt – ganz besonders den Antrag betreffend einen Bericht über die soziale Lage der Studenten. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Das ist ja peinlich, so ein Unsinn!) Das ist nicht peinlich! Ihnen muß es peinlich sein (Abg. Dr. Partik-Pablé: Das ist peinlich, Frau Karlsson! Das ist ein Unsinn, was Sie reden!), wenn Sie nicht einmal wissen, was Sie voriges Jahr diskutiert haben. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Wo ist


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98. Sitzung / Seite 52

Ihre Fraktion, der alles so wichtig ist?) Sie haben nicht einmal gewußt, was Sie diskutieren. – Aber ich brauche meine Redezeit für etwas anderes.

Den Antrag betreffend die soziale Lage der Studenten unterstützen wir. Ich glaube, daß es auch wichtig ist, die soziale Lage und die Studienbedingungen der berufstätigen Studenten herauszuarbeiten. Deshalb möchte ich noch ganz kurz über ein in Österreich leider nicht sehr ausgebautes System sprechen, nämlich über das System der Fernstudien.

Für mich sind Fernstudien die Zukunft, auch im Sinne der Entwicklung der multimedialen Lernformen, auch im Sinne der Informationstechnologie. Die Zukunft liegt nicht in der Präsenz-Uni, wo einem Ordinarius – je nach finanzieller Zugangsbeschränkung – 30, 100 oder 1 000 Studenten zu Füßen sitzen. Die Zukunft wird in einer europäischen Fernausbildung liegen, in deren Rahmen es die besten Wissenschaftler Europas und der Welt auf multimedialem Weg, mit zusätzlichen virtuellen Klassen, Diskussionsforen, Mailboxen, jedem, also auch der Studentin im Waldviertel oder im Bregenzerwald, ermöglichen, die beste Hochschulausbildung zu bekommen. Als Ergänzung ist auch, wenn dies notwendig ist, der persönliche Kontakt vorgesehen.

Das wird unsere Zukunft sein! In diesem europäischen und weltweiten Wissensrahmen sollten wir uns in Österreich bewegen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

12.16

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nunmehr ist Herr Abgeordneter Mentil am Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

12.17

Abgeordneter Hermann Mentil (Freiheitliche): Herr Präsident! Lieber Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ihre Kollegen wissen, daß ich mich uneingeschränkt zur Schiene bekenne, weil ich überzeugt davon bin, daß das die einzige Chance ist, unsere ökologischen Probleme in den Griff zu bekommen und eine Verkehrspolitik zu entwickeln, die sinnvoll und zukunftsträchtig ist.

Ich glaube aber trotzdem nicht, Herr Minister, daß die Chancensicherung, die Sie zuvor von der Ministerbank aus zitiert haben, so garantiert werden kann. Wie schaut denn diese Chancensicherung aus, wenn man sich beispielsweise in der heutigen Zeit vorstellt, daß ein Lokführer kein Handy mit hat und vom Bahnhof aus nicht kurzfristig erreicht werden kann? – Das ergänzt sich dann mit Ihrer Aussage, die da lautet: Wir werden jetzt eine Infrastruktur für die nächsten 100 Jahre schaffen. Ich muß Ihnen sagen: Damit bestätigen Sie, daß Sie in den vergangenen 100 Jahren nichts in Ihr Unternehmen investiert haben. Das heißt, Sie haben die Infrastruktur nicht auf dem laufenden gehalten, Sie haben nicht regelmäßig investiert.

Stellen Sie sich vor, ein Unternehmer investiert 100 Jahre lang nicht viel in sein Unternehmen. Wie wird dieses ausschauen, beziehungsweise wie lange wird er Unternehmer bleiben? (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die Umstrukturierung beziehungsweise Kompetenzbereichsauslagerung aufgrund der Gesetzesänderung 1996 läßt Sie natürlich nur begrenzt verantwortlich sein. Es wäre unfair, Sie dafür zu prügeln und Ihnen die Schuld zu geben dafür, daß Sie auf einem Trümmerhaufen sitzen – das kann man für den verkehrspolitischen Bereich absolut sagen und behaupten.

Wenn man das Budgetkapitel 65 heranzieht, muß man zur Kenntnis nehmen, daß aufgrund der strukturellen Veränderungen die Zahlen mit jenen aus dem Vorjahr nicht vergleichbar sind. Das ist ein Ding der Unmöglichkeit, man kann im Verkehrsbereich die Budgetzahlen nicht jenen der vergangenen Jahre gegenüberstellen. Reduziert haben Sie im Bereich des Budgets von den Ausgaben her gesehen bei der Eisenbahninfrastruktur, bei den Zinsen, also bei der Schuldenauslagerung, sprich SCHIG und ASFINAG. Bei den gemeinwirtschaftlichen Leistungen haben Sie die Möglichkeit, abzudecken, und zwar im ÖBB-Bereich, bei der Privatbahn, bei der Post, bei den Verkehrsverbünden, und dann sind wir schon fertig. Das bedeutet, die Logistik beziehungsweise das strukturgeschädigte Ministerium – warum strukturgeschädigt?, weil Sie nicht die Kompetenz für ein allumfassendes Verkehrsgeschehen in Österreich haben – schlägt sich in einer


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wirklich unangenehmen Form nieder. Das wird Sie das Ziel nicht erreichen lassen, das Sie von der Regierungsbank aus vorgegeben haben.

Sehen wir uns beispielsweise die Ausgliederung von Post und Bahn näher an. Dort haben Sie fast keine Zugriffsmöglichkeit, wenn nicht schlechthin keine Kompetenz mehr. Die Post steht quasi im Eigentum des Finanzministers, damit müssen wir leben.

Herr Minister! Dort, wo Sie Kompetenzen haben – im Bahnbaubereich –, geht es drunter und drüber. Das Trauerspiel um den Semmering-Basistunnel ist mittlerweile weltweit bekannt und bühnenreif. Ich frage mich, ob Sie als Minister schon darüber nachgedacht haben, wieviel es die österreichischen Steuerzahler aufgrund der Haftungen täglich kostet, was dort inzwischen an Millionenbeträgen verwirtschaftet worden ist, weil sich die Frau Klasnicek – oder wie sie heißt – und der Herr Pröll über den Berg nicht verständigen können beziehungsweise weil man nicht in der Lage ist, zu koordinieren und eine Politik zu machen, die eine zügige Entscheidung ermöglicht. (Abg. Steibl: Ein Abgeordneter weiß nicht einmal den Namen einer Landeshauptfrau! – Weitere Zwischenrufe.)

Trauerspiel HL-AG: Sie haben Ihre einstigen ÖBB-Manager ausgegliedert und ihre Posten höher dotiert, jetzt treiben sie im HL-AG-Bereich ihr Wesen. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Ich wette mit Ihnen, Herr Minister: Diese HL-AG-Geschehnisse werden Sie noch einholen! Darauf gebe ich Ihnen mein Wort. Die sind nicht ohne, glauben Sie mir das, ich weiß, wovon ich rede. (Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Wenn Sie sich weiters im Kompetenzbereich der gemeinwirtschaftlichen Leistungen umschauen, sehen Sie die Tragödie der Doppelgleisigkeit: Wir haben noch immer nicht erreicht, daß sich Schiene und Bus nicht konkurrieren. Wir haben noch immer das Problem, daß wir nicht wissen, wie wir die Busse finanzieren. Die Gemeinden sagen, sie haben kein Geld.

Stichwort Nebenbahnen: Unterbau beziehungsweise Infrastruktur der Nebenbahnen befinden sich teilweise in katastrophalem Zustand. Ich zitiere Ober-Grafendorf–Wieselburg, aber es gibt auch andere Nebenbahnen mit denselben Problemen. Kollege Sigl wird mir das bestätigen.

In letzter Konsequenz bleiben Förderungen in Höhe von 3 Milliarden Schilling, die Sie zur Verfügung haben; Kollege Rosenstingl hat bereits darüber gesprochen. Mich interessiert insbesondere, wie Sie mit dem Mehr an Ausgaben im U-Bahn-Bereich – für den Sie die Haftung übernommen und entsprechende Verpflichtungen zu tragen haben – umgehen, wie Sie uns das in Zukunft erklären werden und wie das gedeckt werden wird.

Zum Schluß kommend: Ich wünschte Ihnen ein Ministerium, in dem der Verkehrsminister Kompetenzen hat und Verkehrspolitik so machen kann, daß er sie allumfassend gestalten kann. Aber ich denke, das werden wir bei dieser Regierung und bei diesem Politiker nicht mehr erleben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

12.22

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Leiner. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

12.23

Abgeordneter Dr. Günther Leiner (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Meine Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Hermann Mentil! Eine Klarstellung und Richtigstellung: Die Dame heißt Frau Klasnic. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Steibl: Ja! So heißt sie!)

Ich möchte mich in meinen Ausführungen jetzt in erster Linie ein wenig über das Medizinstudium ausbreiten. Wenn wir nicht bald etwas tun, dann werden wir in diesem Bereich den Anschluß verlieren – das meinte der Dekan der Medizinischen Fakultät Wien, Herr Professor Schütz. Er meinte weiter: Noch immer gilt der Studienplan 1905. Unterrichtet werde ein Fächerkanon aus der Kaiserzeit. – Das schrieb er am 3. Jänner 1997 in den "Salzburger Nachrichten".


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In diesem Jahr tritt auch an der Medizinischen Fakultät das Universitätsstudiengesetz in Kraft, und demnach kommt es zu einer Reform. Nicht mehr die Politiker haben die Verantwortung zu übernehmen, sondern es wird an den einzelnen Fakultäten liegen, wie sie die Studienpläne bis 2002 gestalten werden.

Das Ziel ist klar: Das Studium soll kürzer, moderner und praxisnäher werden. Gefordert wird fächerübergreifender Unterricht, und in erster Linie ist eine Aufwertung der klinischen Fächer angezeigt. Zurzeit dominieren die theoretischen Fächer. Zentrale Fächer wie Kardiologie – also Herzerkrankungen –, Gynäkologie und so weiter kommen im Medizinstudium erst im letzten Abschnitt zum Tragen, und das ist eigentlich der kürzeste Abschnitt.

Man könnte sich zum Beispiel folgendes vorstellen: Wenn das Zentralnervensystem auf dem Stundenplan steht, könnte es gleich von allen Seiten beleuchtet werden: vom Aufbau, von der Neurologie, von der Psychiatrie, von der neurologischen Rehabilitation, von der Neurochirurgie her und so weiter.

Gleichzeitig sollten die Ärzte früher und häufiger mit den Patienten zu tun haben. Die Neuerungen betreffen unter anderem – das möchte ich hier als eine wirkliche Errungenschaft hervorheben – eine verpflichtende Ausbildung in ethischen Fragen. Es geht in der Medizin nicht nur darum, was möglich ist, sondern auch darum, was sinnvoll und den Patienten zumutbar ist, sowie um die Frage, wo eigentlich die technischen Grenzen liegen.

Eine weitere deutliche Ausweitung ist im Praktikumsbereich vorgesehen, dort aber treten Schwierigkeiten auf. Herr Minister! Ich möchte dazu einen Vorschlag machen: Könnte man nicht den Vorschlag aufgreifen, den auch die "F" immer wieder vorbringt – diesen Vorschlag möchte ich hier unterstützen –, nämlich die Landeskrankenhäuser aufzumachen? – Es gibt dort genügend Habilitierte – innerhalb von zwei Jahren sind an den Medizinischen Fakultäten Österreichs 250 Mediziner habilitiert worden. Es gibt dort einen starken Trend, sie nur deshalb zu habilitieren, damit sie später ein Primariat bekommen können. Die Lehre und das Lehren sind in den Hintergrund getreten. Aber es gibt die Chance, an die Landeskrankenhäuser – in Salzburg, in Linz, in St. Pölten oder in Feldkirch, überall dort, wo Habilitierte tätig sind – auch die Lehre, das Lernen und das Praktikum zu verteilen. Das würde ich sehr begrüßen. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich möchte darauf aufmerksam machen – weil es mich sehr störte, als ich das las –, daß es im Medizinerbereich 287 ordentliche Professoren gibt, davon jedoch nur 3 Professoren Frauen sind. Das ist eine ganz trübe Angelegenheit, daran müßte man etwas ändern, insbesondere weil es jetzt genau 100 Jahre her ist – 1897 war es –, daß mit Gabriele Possanner von Ehrenthal die erste Frau in der österreichisch-ungarischen Monarchie promoviert wurde.

Sie durfte nicht in Österreich studieren, sondern mußte in der Schweiz, in Zürich, studieren und erhielt dort bereits 1893 ihr Diplom. Erst 1897 durfte sie aufgrund einer Intervention des Kaisers in Österreich promovieren. Denn der Senat hatte 1873 verlautbart, daß Dozenten vieles, was sich für das Ohr der Männer eigne, erst jenem der Frauen, namentlich züchtiger Jungfrauen, anpassen müßten. Daher konnten die Frauen damals noch nicht studieren.

Herr Minister! Ich möchte noch auf etwas hinweisen, das mich persönlich sehr betrübt gemacht hat. Am 13. Jänner 1997 forderte Stadtrat Rieder eine eigene medizinische Universität, und am 27. August haben Sie, Herr Minister, eine Fachhochschule gefordert – ein zweieiiger Zwilling, der zwei verschiedene ideologische Väter hat. "Der Vorschlag des Ministers ist nicht das Papier wert, das man dieser Meldung gewidmet hat" – das sagte daraufhin der Rektor der Uni Graz, Professor Konrad, der schon einmal als SP-Wissenschaftsminister im Gespräch war. Weiters sagte er, daß Ihr Vorschlag eine "Sprechblase" sei.

Ich denke, daß Forschung und Lehre unbedingt verbunden sein müssen. Junge Menschen müssen beides lernen, deshalb haben meiner Ansicht nach die Universitäten durchaus ihren Platz.

Ich denke, daß die Entwicklung bei den medizinischen Universitäten und Fakultäten in diese Richtung gehen sollte, und hoffe, daß die neuen, autonomen Initiativen greifen werden. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

12.29


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Präsident Dr. Heinrich Neisser:
Als nächster ist Herr Abgeordneter Hums zu Wort gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

12.29

Abgeordneter Franz Hums (SPÖ): Sehr geehrte Damen! Sehr geehrte Herren! Es ist schlichtweg falsch, wenn manche Oppositionspolitiker Investitionen in die Eisenbahninfrastruktur als Verschuldung zu Lasten der Jugend bezeichnen. Im Gegenteil: Nicht in ein umweltfreundliches Verkehrssystem, nicht in die Bahn zu investieren, wäre ein grobes Verschulden an der Jugend. (Beifall bei der SPÖ.) Nur damit sichern wir den Wirtschaftsstandort Österreich. Durch umweltverträgliche Transporte sichern wir die Umwelt, und wir tragen erheblich dazu bei, daß die Verkehrssicherheit gesteigert wird.

Die Eisenbahnerinnen und Eisenbahner haben diese Investitionen auch sehr gut genützt. In den letzten Jahren konnten im Güterverkehr Jahr für Jahr neue Rekordleistungen beim Bahntransport präsentiert werden, einsame Spitzenrekorde in ganz Europa.

Entscheidend hat dazu beigetragen, daß die Eisenbahn dazu übergegangen ist – sicher in Zusammenarbeit mit anderen Verkehrsträgern und den Spediteuren –, gesamtlogistische Angebote zu machen. Ich darf daran erinnern, daß dieser Vorschlag, der immer wieder von uns gekommen ist, daß nämlich die Bahn in die gesamte Logistik einsteigt, von FPÖ und ÖVP immer vehement abgelehnt wurde. Die Verkehrspolitik, die wir betreiben, ist richtig. Sie wurde von der Opposition in diesem Bereich leider immer wieder kritisiert.

Eines noch in aller Kürze: Nicht ganz so befriedigend verläuft die Entwicklung im Personenverkehr. Auch dort sind bereits Steigerungen zu verzeichnen, aber es sind noch wesentliche Steigerungen möglich. Massive Tariferhöhungen sind aber sicher nicht der richtige Weg.

Dazu meine Bitte, Herr Verkehrsminister: Die Länder müßten endlich daran erinnert werden, daß sie die Mittel, die ihnen noch unter Lacina aus der Mineralölsteuer zweckgebunden zugestanden wurden, wirklich für den öffentlichen Verkehr verwenden. Außerdem müßte das Familienministerium seine Verhandlungspolitik mit den Österreichischen Bundesbahnen überdenken. (Abg. Sigl: Jawohl!)

Insgesamt ist es auch im Personenverkehr notwendig, von Haus zu Haus zu denken. Ein regionales Nahverkehrsmanagement für alle Bürger sollte in den einzelnen Regionen errichtet werden. (Beifall bei der SPÖ.)

Noch einmal herzlichen Dank für Ihre Bemühungen, Herr Minister! Unser ganz besonderer Dank muß den Eisenbahnerinnen und Eisenbahnern für ihre exorbitanten Leistungen gelten – Dank, aber nicht ständig ungerechtfertigte Privilegiendebatten! (Beifall bei der SPÖ.)

12.32

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kurzbauer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

12.32

Abgeordneter Johann Kurzbauer (ÖVP): Werter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir behandeln das Kapitel 65, Verkehr und öffentliche Wirtschaft.

Wir stellen fest, daß der Voranschlag mit 26,3 Milliarden Schilling eine rechnerische Erhöhung von rund 1,4 Milliarden Schilling aufweist. Zu nennen ist vor allem der Kostenersatz von den ÖBB an die Schieneninfrastrukturfinanzierungs-GesmbH in Höhe von 1,3 Milliarden Schilling. Zusätzliche Ausgaben wurden vor allem veranschlagt für die Restfinanzierung des elektronischen Ökopunktesystems, das zentrale Führerscheingesetz, die Reform der Lenkerprüfung, die Neuorganisation der Kfz-Zulassungen und für die EU-Präsidentschaft im nächsten Jahr.

Wir alle wissen, daß bei den Einnahmen Umstrukturierungsmaßnahmen vorgenommen wurden. So sind gegenüber dem Jahr 1997 Verringerungen von 6,1 Milliarden auf insgesamt 825 Milli


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onen Schilling zu verzeichnen. Das betrifft vor allem zwei Bereiche: Die bis 1997 veranschlagten Einnahmen für die Benützung der Eisenbahninfrastruktur werden von den ÖBB ab 1998 direkt an die SCHIG-Ges.m.b.H 3,1 Milliarden Schilling abgeführt. Ein Einnahmenrückgang von 3 Milliarden ergibt sich aus dem Entfall des noch für 1997 veranschlagten Konzessionsentgelts im Fernmeldebereich der Post & Telekom Austria AG.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Schieneninfrastrukturfinanzierungsgesetz, das wir im April 1996 hier im Hohen Haus beschlossen haben, ist eine der wesentlichen Voraussetzungen, um die Finanzierung der geplanten Erweiterung des Hochleistungsstreckennetzes umzusetzen. Allein bei den bereits verordneten Programmen geht es um ein Investitionsvolumen von 74 Milliarden Schilling.

Ein weiterer wichtiger Bereich ist der Ausbau der Donauachse. Dazu ist noch die Bauübertragung an die Eisenbahn-Hochleistungsstrecken-AG notwendig.

Herr Bundesminister! Ich möchte konkret auf die Hochleistungsstrecke St. Pölten–Wien – die sogenannte Tullnerfeld-Strecke – hinweisen. Dafür wurde das UVP-Verfahren abgeschlossen. Mittlerweile wurden auch die Gutachter bestellt. In einigen Monaten wird die Entscheidung über die Trassenführung fallen. Nach meinem Wissensstand gibt es derzeit noch ein Problem mit den beiden Gemeinden Weißenkirchen und Würmla. Aus derzeitiger Sicht dürften dort die Fronten festgefahren sein, deshalb möchte ich Sie ersuchen, dahin gehend einzuwirken, daß ein Konsens herbeigeführt wird, damit rasch eine Trassenbauverordnung ausgestellt werden kann.

Herr Bundesminister! Besonders möchte ich auf den Ausbau des Nahverkehrs hinweisen, vor allem auf die S 2, die Strecke Mistelbach–Laa/Thaya, auf die S 7, die Flughafen Autobahn, weiters die Umspurung Wieselburg–Gresten und auf die Pottendorfer Linie.

Herr Bundesminister! Als niederösterreichischer Abgeordneter möchte ich auf die Bedeutung des Ausbaus des Nahverkehrs besonders hinweisen, weil dieser meiner Ansicht nach wichtiger ist als der Neubau des Semmeringtunnels. Dort müssen wir mit ökologischen Problemen rechnen, und viele in der Region wollen diesen Tunnel nicht haben.

Herr Kollege Parnigoni! Als Niederösterreicher kann ich deine Polemik gegenüber unserem Landeshauptmann Dr. Pröll nicht im Raum stehen lassen. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Herr Kollege Parnigoni hat insbesondere auf die Signalanlage, auf die Ampel in Hollabrunn hingewiesen. Dazu möchte ich feststellen, daß unserem Landeshauptmann Dr. Pröll kein Problem zu klein ist, wenn es um die Sicherheit unserer Bürger geht. Dafür ist ihm auch kein Dorf zu klein, darauf möchte ich hinweisen. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich möchte Ihnen ein paar Zahlen nennen: Niederösterreich hat während der letzten Jahre einen sehr wesentlichen Beitrag zum Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs geleistet. Seit 1993 betragen die Investitionen in neue Verkehrswege 10 Milliarden Schilling, davon gingen 7,5 Milliarden Schilling in den Ausbau des öffentlichen Verkehrs. Es gibt 4 500 neue Park-and-Ride-Plätze. Jetzt haben wir in Niederösterreich 20 000 Pkw- und 18 000 Zweiradabstellplätze. Zu den 10 Wiesel-Schnellbuslinien nach St. Pölten werden in den nächsten Jahren 180 Wiesel-Doppelstockwaggons auf allen Hauptstrecken in Niederösterreich kommen. (Abg. Dr. Stippel: Das ist ja die Katastrophe, daß man überhaupt nach St. Pölten fahren muß!) Meine sehr verehrten Damen und Herren! All das sind Maßnahmen, um die Situation der Pendler zu verbessern.

Zum Schluß kommend: Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben die Budgets 1997 und 1998 in den Griff bekommen. Ohne den konsequenten Schüssel-Kurs hätten wir heute kein Budgetdefizit von 2,8 Prozent, sondern eines von weit über 7 oder 8 Prozent. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Niederwieser: Da kann ich ja nicht klatschen!)


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12.38

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Ich erteile nunmehr Herrn Abgeordneten Dr. Rada das Wort. Alle nun folgenden Redner haben eine freiwillige Redezeitbeschränkung von 3 Minuten bekanntgegeben. – Bitte, Herr Abgeordneter.

12.38

Abgeordneter Dr. Robert Rada (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Es gehört zweifelsfrei zu den wesentlichsten Anliegen unseres Bundeskanzlers und der gesamten Bundesregierung, der Arbeitslosigkeit Herr zu werden und für Vollbeschäftigung einzutreten.

Wenn ich das aus österreichischer Sicht beleuchte, so kann es nicht dahin gehend sein, daß wir mit den östlichen Billiglohnländern konkurrieren, sondern wir sollten uns verstärkt unseres High-Tech-Bereiches besinnen. Dazu gehört meiner Ansicht nach nun einmal die Forschung. Forschung kostet Geld, und daher scheint es auch legitim zu sein, daß all die Ausgaben dafür nicht bloß über das Bundesbudget zu bedecken sind.

Sehr wichtig ist es aber auch, nicht nur das Geld zur Verfügung zu stellen, sondern vor allem zeitgemäße Strategien zur Umsetzung der Forschung zu entwickeln. Sie ist insofern sehr wichtig, als diese Zeit besonders schnellebig ist. Was heute noch modern ist, ist morgen schon überholt und bedarf neuer Ergebnisse.

Man möge mir verzeihen, daß ich als niederösterreichischer Abgeordneter kurz auf das Forschungszentrum Seibersdorf eingehe, denn es besitzt (Abg. Dr. Lukesch: Da möchte sich das Land Niederösterreich beteiligen!) – darauf werde ich noch zu sprechen kommen, Herr Abgeordneter – einen hervorragenden Ruf. Die Mitarbeiter haben jedoch Sorgen, wenn es darum geht, gewisse, sehr wichtige Bereiche auszugliedern beziehungsweise sich von diesen zurückzuziehen. Ich weiß, Österreich hat sich von der Kernenergie zurückgezogen, aber Seibersdorf hat gerade in diesem Forschungsbereich einen hervorragenden Ruf und auch wesentliches Know-how zu den Maßnahmen nach dem Reaktorunfall in Tschernobyl geliefert.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Der Zwischenruf hat es notwendig gemacht, daß ich zum Schluß auf die Beteiligungswünsche des Bundeslandes Niederösterreich eingehe. Ich begrüße diese Beteiligungswünsche, weil sie auch für die Bundesländer entsprechende Belebungen und Impulse – da meine ich nicht nur Niederösterreich – bewirken können, aber ein seriös gemeintes Angebot scheint mir das Angebot der Frau Landeshauptmann-Stellvertreterin mit 1 Million Schilling Beteiligung nicht zu sein. Ich denke, hier muß ein Umdenken in höhere Größenordnungen stattfinden. (Beifall bei der SPÖ.)

12.42

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Wallner. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Oststeirischer Abgeordneter! Gestern im Pressedienst! Oststeirischer Abgeordneter!)

12.42

Abgeordneter Kurt Wallner (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich möchte zum Bereich Verkehr sprechen und Ihnen sagen, daß in ganz Europa die Schienenverkehrswege verstärkt ausgebaut werden. Ich möchte von dieser Stelle aus noch einmal den besonderen Ausbau des Südbahnbereiches urgieren. Ich glaube, es ist wichtig, daß wir in Österreich zu einer Entscheidungsfindung kommen, damit nicht die Gefahr besteht, daß Österreich umfahren wird.

Ich glaube, die rascheste und kostengünstigste Variante ist, wie gesagt, der Ausbau der Südbahn – im Interesse von Süd- und Ostösterreich –, und da gibt es zwei Projekte, die mir besonders am Herzen liegen, nämlich der Bau des Semmering-Basistunnels, aber auch der Knoten Obersteiermark.

FPÖ-Redner Hermann Mentil meint, daß der Bau des Semmeringtunnels ein Trauerspiel ist, weil sich die ÖVP nicht einigen kann. Ich gebe ihm darin vollkommen recht. Ich möchte aber auch sagen, daß die FPÖ dem keinesfalls nachsteht: Durch ihre ständigen Anträge, einen Baustopp herbeizuführen, hat sie ebenfalls dazu beigetragen, daß die Diskussion unendlich geworden ist.

Ich möchte es noch einmal sagen, Kollege Schöggl – du hast bei meiner Rede mit einem Zwischenruf begonnen –: Du und deine steirischen Kollegen sollten endlich einmal den Mut auf


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bringen, innerhalb der Fraktion meinungsbildend zu wirken, damit diese Anträge nicht mehr kommen. Ich möchte euch auffordern, dann, wenn ihr noch einmal für einen Baustopp stimmt, im Hinblick auf die Verantwortung, die ihr auch gegenüber euren Wählern und gegenüber eurem Bundesland habt, euer Mandat zurückzulegen! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Es werden immer mehr!)

Es genügt eben nicht, zur verständlichen Heimattreue den Steireranzug oder den "Bergkittel" zu tragen und hier in Wien für ganz andere Interessen zu stimmen. (Weiterer Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Schöggl. )

Meine Damen und Herren! Ich möchte aber auch meinen eigenen Minister ersuchen, im Bereich des Knotens Obersteiermark tätig zu werden und sich ernsthaft vorzunehmen, die Trassenverordnung für den Traidersbergtunnel zu unterschreiben. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

12.44

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Ing. Gartlehner. – Bitte, Herr Abgeordneter.

12.44

Abgeordneter Ing. Kurt Gartlehner (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Viele meiner Vorredner haben schon auf das doch überdurchschnittlich gestiegene Budget im Kapitel 14, Wissenschaft und Forschung, hingewiesen. Ich glaube, wir können stolz darauf sein, daß wir seit Jahren über überdurchschnittliche Wachstumsraten verfügen. Wer die Unterlagen aus dem Wissenschaftsministerium gelesen hat, hat in einer Tabelle die Bundesvoranschläge von 1964 bis 1998 und die Entwicklung der Budgetansätze gesehen. Es ist beeindruckend und liegt weit über dem Durchschnitt der allgemeinen Budgetausgaben.

Grundsätzlich noch einen Satz zur Neuordnung der Technologiepolitik: Ich glaube, daß es derzeit in einem sehr schwierigen Verfahren auch um eine Neuordnung der österreichischen Technologiepolitik geht. Ich bin überzeugt davon, daß am Ende der Pipeline eine vernünftige und gute Lösung für die österreichische Technologie- und Forschungspolitik herauskommen wird. Ich bin auch sicher, daß es nicht mehr lange dauern wird, bis dieser schwierige Prozeß der Harmonisierung und der Klärung der Vielfachkompetenzen, die derzeit noch vorhanden sind, abgeschlossen sein wird.

Ich möchte – da ich nur sehr wenig Redezeit zur Verfügung habe – anregen, sich eine neue Form unserer parlamentarischen Budgetdebatte zu überlegen. Ich glaube, daß es nicht sehr sinnvoll ist, sieben, acht oder neun Tage lang die einzelnen Kapitel – sehr mühsam – zu diskutieren, bis jeder Abgeordnete zwei- bis dreimal oder auch öfter gesprochen hat. Es wäre wahrscheinlich sinnvoller, im Ausschuß intensiver zu debattieren und hier im Plenum nur eine kürzere, effizientere Generaldebatte zum Budget abzuhalten.

In diesem Sinne möchte ich diesen Vorschlag den Fraktionen unterbreiten, um ihn innerfraktionell zu diskutieren. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

12.46

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Binder. – Bitte.

12.46

Abgeordnete Gabriele Binder (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Ein Wort zu Kollegen Mentil: Ich finde es unseriös, wenn Sie – so, wie Sie es gemacht haben – eine Gruppe von Menschen einfach abqualifizieren und verächtlich machen, nämlich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der HL-AG. Ich weiß, daß sie hervorragende Arbeit leisten, und vor allem – das ist mir sehr wichtig – unter Einbeziehung aller betroffenen Bürgerinnen und Bürger. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Öffentlicher Verkehr und Verkehrssicherheit stehen in engem Zusammenhang, wie grundsätzlich das Sicherheitsbedürfnis einen großen Stellenwert in der Ge


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samtbevölkerung hat. Verkehrssicherheit betrifft alle Maßnahmen, geltend vom Fußgänger bis zum LKW-Fahrer, vom Radfahrer bis zum PKW-Fahrer, und bezieht sich deshalb auf alle Verkehrsteilnehmer.

Es geht meiner Meinung nach um eine ausgewogene Balance in bezug auf den Stellenwert von Mensch, Fahrzeug und Infrastruktur. Was brauchen wir, meine Damen und Herren, um die notwendige Sicherheit zu gewährleisten?

Erstens: gesetzliche Regelungen; zahlreiche Veränderungen in diesem Sinne und Verbesserungen sind schon durchgeführt worden.

Wir brauchen zweitens auch bewußtseinsbildende Maßnahmen. Mir geht es dabei vor allem auch um die Fragen, wie hoch der Stellenwert des Autos an und für sich für viele Bevölkerungsgruppen ist, und warum wir Verkehrsregeln einhalten. – Nur deshalb, weil es dann, wenn wir sie nicht einhalten, Strafen gibt?

Drittens muß es tatsächlich verstärkte Kontrollen geben.

Meine Damen und Herren! Vorrangiges Ziel muß es sein, die Menschen zu schützen, ein verstärktes Umweltbewußtsein zu erzeugen und vor allem die Unfallrisken und deren verheerende Auswirkungen zu vermeiden beziehungsweise einzudämmen.

Wie schaut die Unfallstatistik tatsächlich aus? – Laut Auskunft des ÖAMTC nimmt die Verkehrssicherheit kontinuierlich zu. Wir haben Vergleichszahlen von 1972 und 1996. Es gab eine Reduktion der Zahl der Unfälle um insgesamt 80 Prozent. Leider müssen wir aber für 1997 feststellen, daß im Vergleich zum Vorjahr die Zahl der Unfälle um rund 6 Prozent gestiegen ist. Das sind nüchterne Zahlen, meine Damen und Herren, hinter denen viel Betroffenheit, Schmerz und persönliches Leid stecken.

Die Betroffenheit ist meiner Meinung nach dann besonders groß, wenn Kinder von Unfällen betroffen und in Unfälle verwickelt sind. In Niederösterreich verunglücken täglich zwei Kinder, rund ein Zehntel der Unfälle passiert auf dem Schulweg. Was bedeutet das, meine Damen und Herren? – Eine verstärkte Verkehrserziehung ist nach wie vor notwendig, Schutzmaßnahmen für unsere Kinder im Infrastrukturbereich und Hilfestellungen für unsere Kinder im Straßenverkehr sind weiter auszubauen und zu forcieren. (Beifall bei der SPÖ.)

Noch ein paar Zahlen zu den Unfallkosten: 600 Milliarden Schilling pro Jahr EU-weit, 50 Milliarden Schilling pro Jahr in Österreich laut Kuratorium für Verkehrssicherheit – 50 Milliarden Schilling sind fast die Hälfte unseres Budgetdefizits!

Eine der Strategien der EU-Kommission, um die Verkehrssicherheit innerhalb der EU zu erhöhen, ist eine einheitliche Grenze von 0,5 Promille. Meine Damen und Herren! Ich persönlich bin nach wie vor von dieser sinnvollen Maßnahme überzeugt, und wir müssen schleunigst darangehen, diese auch in Österreich umzusetzen, um nicht Schlußlicht innerhalb der EU zu werden, denn auch in Deutschland gibt es diesbezüglich schon ganz klare Vorgaben.

Meine Damen und Herren! Alle Maßnahmen, die das Unfallrisiko senken und die Sicherheit im Straßenverkehr erhöhen, sind wichtig und notwendig. Wir müssen klare Bestimmungen formulieren – im Sinne einer höheren Sicherheit und zum Wohl der Menschen und der Kinder, die sich auf den Straßen bewegen. (Beifall bei der SPÖ.)

12.51

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Gaßner. – Bitte.

12.51

Abgeordneter Mag. Kurt Gaßner (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In der gebotenen Kürze sind die Fachhochschulen mein Thema. Der Ansatz für die Fachhochschulen für 1998 beträgt 591,590 Millionen Schilling; um 192 Millionen Schilling mehr als im Vorjahr. Das ist der richtige Weg, um zur Jahrtausendwende die angepeilten


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10 000 Studienplätze erreichen zu können. Derzeit studieren 6 200 in diesen Schulen, und 2 300 Anfänger sind im heurigen Herbst dazugekommen.

Als Mitfinancier neben dem Bund treten Länder, Gemeinden und private Institutionen auf und – mit einem eher bescheidenen Beitrag von deutlich unter 5 Prozent – der größte Nutznießer, die Wirtschaft.

Vor vier Jahren wurden die Fachhochschulen in die österreichische Bildungslandschaft aufgenommen. Derzeit werden 43 Studiengänge angeboten. Ich hoffe, daß sehr bald auch noch die Sozialakademien dazukommen. Diese Studien bilden regionalspezifisch, nachfrageorientiert und sehr praxisnahe aus, was vor allem auch wieder die Wirtschaft zu schätzen weiß. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Angebotspalette ist hochinteressant und reicht – ich habe nicht genug Redezeit, um näher darauf eingehen zu können – von internationalen Wirtschaftsbeziehungen bis hin zu kommunalem Management. Die Inhalte werden laufend evaluiert, um eine möglichst bedarfsgerechte Ausbildung zu garantieren. Die Durchlässigkeit vom Lehrling bis zum Fachhochschulabsolventen, für die sich der ÖGB sehr stark eingesetzt hat, ist durch die Berufsreifeprüfung gewährleistet und ein wesentlicher Beitrag zum Prinzip des lebenslangen Lernens.

Zu diesem Prinzip meint der Arbeitsplatzexperte Geldner vom Wifo: 80 Prozent der Technologien von heute werden in zehn Jahren nicht mehr angewendet werden, aber 80 Prozent der Menschen von heute stehen dann noch im Produktionsleben.

Die Bildungspolitik ist Zukunftspolitik, die die Chancen des Wirtschaftsstandortes Österreich nachhaltig beeinflußt – so der Vizepräsident der Industriellenvereinigung. Die Fachhochschulen sind sicher der richtige Weg und ein wesentlicher Beitrag zu diesem zitierten Standortvorteil Österreichs.

Zum Schluß noch ein Zitat der Industriellenvereinigung: Wir geben derzeit 90 Prozent unserer Bildungsausgaben für die Erstausbildung und 10 Prozent für die Weiterbildung aus. In den USA beträgt das Verhältnis 40 : 60. Ich lade die österreichische Wirtschaft ein, durch ein großzügigeres Sponsoring bei den Fachhochschulen dieses Verhältnis zu verbessern. (Beifall bei der SPÖ.)

12.55

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Seidinger. – Bitte.

12.55

Abgeordneter Winfried Seidinger (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Die Südbahn: ein Teil der Transeuropäischen Netze, ein Teil der Nord-Süd-Verbindung zur Pontebbana, Semmeringtunnel, Koralm; dergleichen gehören dazu. Die Verkehrspolitik – ich bin leider dazu gezwungen, wie in der Kurzschrift in Kürzel geschrieben wird, jetzt in Kurzform zu sprechen – ist eine staatliche Aufgabe. Die Bereitstellung der Infrastruktur darf sich aber nicht nur regional auf den Osten Österreichs beziehen.

Die Steiermark und Kärnten haben unlängst eine sehr demonstrative, plakative Forderung für den Bau des Semmeringtunnels erhoben. Sie haben gemeinsam am Sondierungsstollen die Forderung für den Bau aufgestellt, und sie meinen auch, daß die Finanzierung, wie immer sie gestaltet werden sollte – ob das Private Public Partnership ist; das Hearing wird demnächst erfolgen –, ebenso mit staatlichen Mitteln zu erfolgen hat. Dieses PPP-Projekt darf kein APP-Projekt, nämlich ein Anti-Pröll-Projekt, werden, dagegen verwahren wir uns! (Beifall bei der SPÖ.)

Wir Steirer und Kärntner legen ein Bekenntnis zum Nah- und zum Fernverkehr ab. Wir wissen, daß Wien die zentrale Drehscheibe des Verkehrs ist, aber der Verkehr darf, so wie es manche Damen und Herren auch in diesem Saal meinen, Österreich nicht umfahren. Es gibt auch ein Bekenntnis zur Ghega-Bahn als Kulturdenkmal. Es gibt ein Bekenntnis zur Umwelt.

Für mich ist nicht ganz nachvollziehbar, warum das naturschutzrechtliche Verfahren für den Semmering-Bahntunnel nun schon mehrere Jahre dauert, hingegen das naturschutzrechtliche


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Verfahren zum Semmering-Straßentunnel in wenigen Wochen abgewickelt werden konnte. Ich sehe darin eine ungleiche Behandlung, die wir uns einfach nicht gefallen lassen. (Abg. Kampichler: Grundwassergefälle!)

Noch etwas: Wir verstehen, daß in Niederösterreich Wahlen vor der Tür stehen und Landeshauptmann Pröll diese zu schlagen hat. Ich konstatiere aber eine gewisse Schizophrenie in den Aussagen seiner Parteifreunde, ob diesseits oder jenseits des Semmerings. Ich meine, das Bekenntnis zum gesamtösterreichischen und europäischen Verkehr müßte eigentlich im Vordergrund stehen.

Ich sage noch etwas – und ich sage das sehr locker und sehr leicht, weil es nicht aus meinen Reihen stammt, sondern vom ÖVP-Landesrat für Wirtschaftsfragen in der Steiermark, Herrn Landesrat Ing. Paierl –: Herr Landesrat Ing. Paierl hat gesagt, er macht Herrn Landeshauptmann Pröll ein Geschenk, nachdem dieser gesagt hatte, er habe noch kein Zweitbuch studiert: Er schenkt ihm einen Europa-Atlas mit allen Verkehrsverbindungen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

12.58

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Als letztem Redner in dieser Debatte erteile ich Herrn Abgeordnetem Sigl das Wort. – Bitte, Herr Abgeordneter.

12.58

Abgeordneter Robert Sigl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Die wesentlichen Ausgaben im Budgetkapitel Verkehr und öffentliche Wirtschaft betreffen die Kosten der Eisenbahninfrastruktur und sind in der Höhe von rund 11 Milliarden Schilling, um den weiteren zügigen Ausbau eines leistungsfähigen Schienennetzes in Österreich zu gewährleisten. Denn nur ein EU-konformes Schienennetz wird uns die optimale Nutzung des europäischen Binnenmarktes erlauben und Österreich für ausländische Investoren interessant machen.

Hohes Haus! Obwohl vor einiger Zeit diese Infrastrukturvorhaben lauthals kritisiert wurden, ist die Kritik bis auf einige wenige verstummt. Wir haben heute vielfach die Namen zitiert bekommen. Einzelne Stimmen torpedieren vereinzelt gewisse Bauvorhaben. Aber die Erfordernisse im Schienenverkehr gehen heute eben unter anderem in Richtung Neu- beziehungsweise Ausbau von Hochleistungsstrecken und streckenbezogene Investitionen im Hinblick auf Kapazitätserweiterungen. Nur so können wir eine Anhebung der Streckenkapazitäten, die Beseitigung von Langsam-Fahrstellen, die Verbesserung des technischen Standards und die notwendigen Modernisierungen in den Bahnhofsbereichen realisieren.

Ich fordere Sie, meine Damen und Herren, daher auf, den Infrastrukturausbau weiterhin ernst zu nehmen, um die Anliegen der Bevölkerung auch wirklich umsetzen zu können.

An dieser Stelle möchte ich nur kurz erwähnen, daß sich aufgrund dieser Infrastrukturmaßnahmen der Regierung ein langjähriges Anliegen der Bevölkerung aus meinem Heimatbezirk St. Pölten, nämlich der Neu- beziehungsweise Ausbau des Hauptbahnhofes, in der ersten Realisierungsphase befindet.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Geben wir weiterhin der Schiene gegenüber den anderen Verkehrsträgern den Vorrang, denn dieser Weg sorgt nicht nur für wirtschaftliche Konkurrenzfähigkeit, sondern verspricht auch die nötige Lebensqualität, die wir uns für die nächsten Generationen wünschen!

Aus all diesen Gründen ersuche ich Sie nun, dieser Regierungsvorlage Ihre Zustimmung zu geben. (Beifall bei der SPÖ.)

13.00

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es liegt hiezu keine Wortmeldung mehr vor. Die Debatte ist geschlossen.

Der Herr Spezialberichterstatter hat kein Schlußwort gewünscht. – Ich bitte, die Plätze einzunehmen!


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Wir kommen jetzt zur Abstimmung und stimmen ab über die Beratungsgruppe X des Bundesvoranschlages für das Jahr 1998.

Diese umfaßt die Kapitel 14 und 65 des Bundesvoranschlages samt den dazugehörenden Teilen des Konjunkturausgleich-Voranschlages in 841 der Beilagen in der Fassung des Spezialberichtes in 910 der Beilagen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Die Beratungsgruppe X des Bundesvoranschlages 1998 ist mehrheitlich angenommen.

Es ist in diesem Zusammenhang ein Entschließungsantrag eingebracht worden, bei dem ich vorschlage, daß wir im Sinne des § 55 Abs. 5 der Geschäftsordnung die Abstimmung sogleich vornehmen.

Besteht ein Einwand dagegen? – Das ist nicht der Fall.

Ich  lasse  daher sogleich abstimmen über den  Entschließungsantrag  der Abgeordneten Dipl.-Vw. Dr. Lukesch, DDr. Niederwieser und Genossen betreffend Erstellung eines Berichtes über die soziale Lage der Studierenden.

Wer diesem Entschließungsantrag zustimmt, den bitte ich um ein Zeichen. – Dieser Entschließungsantrag ist einstimmig angenommen. (E 91.)

Beratungsgruppe VI

Kapitel 12: Unterricht und kulturelle Angelegenheiten (einschließlich Konjunkturausgleich-Voranschlag)

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Wir kommen jetzt zur Verhandlung über die Beratungsgruppe VI: Unterricht und kulturelle Angelegenheiten.

Eine mündliche Berichterstattung des Spezialberichterstatters wurde nicht verlangt.

Wir gehen sofort in die Debatte ein, und ich erteile als erstem Debattenredner Herrn Abgeordneten Mag. Schweitzer das Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. – Bitte.

13.03

Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Budgetkapitel Unterricht ist schon über mehrere Jahre hinweg gekennzeichnet durch kontinuierlich steigende Ausgaben, heuer budgetiert mit 69,4 Milliarden oder 7,43 Prozent des Gesamtbudgets. Das ist eine durchaus günstige Ausgangsposition für die Schulpolitik in diesem Lande. (Präsident Dr. Brauneder übernimmt den Vorsitz.)

Dazu kommt, daß Österreich über ein äußerst günstiges Lehrer-Schüler-Verhältnis verfügt: Immerhin kommen auf einen Lehrer im Primärbereich nur 11,8 Schüler, im OECD-Vergleich sind es 16,1 Schüler. Im Sekundärbereich beträgt das Lehrer-Schüler-Verhältnis in Österreich 1 : 8,2, im OECD-Vergleich 1 : 13. Das heißt, wir haben das mit Abstand günstigste Lehrer-Schüler-Verhältnis, also eine überdurchschnittliche finanzielle und auch personelle Ausstattung im österreichischen Bildungsbereich.

Frau Bundesministerin! Umso unerklärlicher ist es für uns, wie es trotz dieses Lehrer-Schüler-Verhältnisses, das in ganz Europa seinesgleichen sucht, überfüllte Klassen geben kann, wie es trotzdem immer wieder Klagen über das Ausbildungsniveau von Lehrherren, von Universitätsprofessoren und allen anderen, die mit Abgängern unseres Schulsystems konfrontiert sind, geben kann.


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Das kann doch wohl nur heißen, Frau Bundesministerin, daß mehr Geld für Bildung nicht automatisch bedeutet, daß dadurch auch bessere Bildungsergebnisse erzielt werden. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Das heißt, die Effizienz unseres Bildungswesens ist offensichtlich nicht im Steigen begriffen, trotz laufend steigender Ausgaben.

Die seit Jahren und in vielen Regierungserklärungen bereits angekündigte Bildungsoffensive ist bisher ausgeblieben. Teilreparaturen, die von Ihnen immer wieder durchgeführt werden, korrespondieren in keiner Weise mit den gesellschaftlichen Veränderungen. Ich glaube, genau das ist der Punkt: Sie haben die gesellschaftlichen Veränderungen bei Ihrer Bildungspolitik viel zuwenig berücksichtigt.

Schon Nestroy hat gesagt: "Das Leben ist die wahre Schul’!" – Dieses Leben hat sich gerade in den letzten Jahren und Jahrzehnten grundlegend geändert, unsere Schule aber nicht. Das Bildungswesen ist mit gesellschaftlichen Veränderungen konfrontiert, die aber eine Neuorientierung notwendig machen.

Es gibt einen raschen Strukturwandel in der Berufs- und in der Arbeitswelt. Menschliche Routinetätigkeit ist kaum noch gefragt. Mechanisierung, Automatisation übernehmen diese Routinetätigkeit, und hierarchische Ebenen verschwimmen in zunehmendem Maße. Zusammenarbeit und Teamfähigkeit sind gefragt.

Die Ansprüche an Mitarbeiter werden also zunehmend komplexer, Multifunktionalität ist gefragt, und darauf gibt unser Bildungssystem keine Antwort beziehungsweise noch viel zuwenig Antworten.

Zudem sind wir nicht nur in der Berufs- und Arbeitswelt, sondern auch im öffentlichen und im privaten Leben mit einem Strukturwandel konfrontiert: im privaten Leben durch technische Entwicklungen, die immer mehr Einzug halten, auch im Freizeitbereich, im privaten Bereich.

Frau Bundesministerin! Daraus resultiert, daß jeder einzelne in zunehmendem Maße gefordert ist, Eigeninitiative zu ergreifen, Verantwortung zu übernehmen, selbst auf die Gestaltung seiner Situation Einfluß zu nehmen. Da liegt die Herausforderung für die künftige Bildungspolitik. Wir müssen gemeinsam Antworten darauf finden.

Das bedeutet für die künftige Bildung, daß die Erwartungen, die immer höher, immer widersprüchlicher sind, im Detail nicht erfüllt werden können. Das heißt, die Schule kann heute nicht mehr auf den klassischen Beruf, den man dann zeit seines Lebens ausüben sollte, vorbereiten. Das wird es nicht mehr geben. Daher soll die Schule befähigen, selbständig zu werden, Eigenverantwortung zu übernehmen, mit laufenden Veränderungen fertigzuwerden. Komplexe Probleme, die gelöst werden sollen, erfordern vernetztes Denken. Das heißt – diesbezüglich ist die Schulpolitik bis jetzt noch nicht weit gekommen, Frau Bundesministerin –, Fächergrenzen müssen endgültig überwunden werden. Stundentafel, Stundenplan müssen völlig neu konzipiert werden. Da warten wir auf Ansätze, aber diese gibt es bei Ihnen nicht – zumindest nicht soweit, daß sie bis zu uns vorgedrungen wären. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Flexible Gestaltung des Unterrichtes, Blockunterricht, all das gibt es in der normalen Schulpraxis kaum oder gar nicht. (Abg. Dr. Krammer: Das glauben Sie aber selbst nicht!) Also an deiner Schule mit Sicherheit überhaupt nicht. (Abg. Dr. Krammer: Dann komm einmal und schau es dir an!) Ich schaue mir das einmal an. Ich kenne den durchaus zu 95, 100 Prozent gerade an deiner Schule durchgeführten Frontalunterricht. (Abg. Dr. Krammer: Den Turnsaal kennst du – und sonst nichts!) Genau das läuft in unseren Schulen. Ihr habt bis jetzt nichts weitergebracht! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Eine wesentliche Voraussetzung – da wurde der erste Schritt gemacht, und das begrüßen wir auch sehr – ist die Teilrechtsfähigkeit. Ich hoffe, es wird einmal Möglichkeiten geben, bis zur Vollrechtsfähigkeit ein eigenes Schulprofil zu entwickeln.

Frau Bundesministerin! Was wir aber auch fordern, ist, daß mehr Wettbewerb in die Schulen gebracht wird: mehr Wettbewerb unter den Lehrern, unter den Direktoren, die unter Umständen


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in Hinkunft Schulmanager sein werden. Da muß man auch überlegen, ob es nicht einen Leistungslohn für Lehrer geben soll, etwa auf der Basis eines Punktesystems. Engagement, gute Ideen und deren Umsetzung im Bereich der Fortbildung et cetera müssen sichtbar gemacht und auch belohnt werden. Wer das nicht tut, muß auch dementsprechend mit Kürzungen rechnen. Das Leistungsprinzip hat auch in die Schule Einzug zu halten! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wer eine Mindestpunkteanzahl – wie immer man diese dann berechnet – nicht erreicht, muß auch entlassen werden können. Es kann doch nicht so sein, daß man seinen Platz in der Schule behält, auch wenn man die Leistung nicht erbringt. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Stadler: Oder wenn man Ministerin wird!) Das entspricht nicht freiheitlicher Schulpolitik, wie wir sie uns vorstellen.

Zudem würden auch gegenwärtige sogenannte Objektivierungssysteme der Vergangenheit angehören. Dann würde tatsächlich die Leistung über eine Stelle an einer Schule entscheiden – und nicht das Parteibuch, wie das heute leider Gottes noch immer der Fall ist. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Frau Bundesministerin! Nächster Ansatz: Lehrerausbildung. Wir sind der Ansicht, es kann nicht so sein, daß jeder, der glaubt: Das ist fein, da habe ich Ferien, da kann mir nichts passieren, wenn ich einmal dabei bin!, Lehrer werden kann. Jeder muß bestimmte Mindestvoraussetzungen erfüllen, bevor er überhaupt mit der Ausbildung zum Lehrer anfangen kann. Deshalb treten wir durchaus für den Erwerb einer Zugangsberechtigung ein. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Das ist jetzt das Parteibuch!) Es muß einmal nachgewiesen werden, daß man auch eine emotionale Ebene zu Kindern und Jugendlichen hat und diesen auch etwas vermitteln kann. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Frau Bundesministerin! Das ist das, was wir von einer künftigen Lehrerausbildung fordern, bevor sie begonnen wird.

Die Volksschule, die wir heute haben, zeigt, daß allzu vieles viel zu früh gebracht wird, daß aber der Schwerpunkt, das Erarbeiten und Festigen von Grundfertigkeiten, das Lernen lernen, durch viel zu viele Experimente zu kurz kommt. Frau Bundesminister! Der Schwerpunkt heißt nach wie vor: Erarbeiten und Festigen von Grundfertigkeiten! Das sollen die zentralen Inhalte der Volksschule sein. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die Schule der 10- bis 14jährigen hat unter dieser äußerst unglücklichen Hauptschulreform ganz besonders gelitten, vor allem in den Ballungsräumen. Die "Abstimmung mit den Füßen" hat ja bewirkt, daß im 13. Wiener Gemeindebezirk fast 90 Prozent aller Jugendlichen in diesem Alter an den AHS zu finden sind. Die Hauptschule haben Sie zur Restschule degradiert. Die Negativauslese ist in der Hauptschule. Die Lehrlingsproblematik ist ja ein direktes Ergebnis dieser verfehlten Hauptschulpolitik. Das Abschaffen der Aufnahmsprüfung an den Gymnasien hat ja dazu geführt – sagen wir es positiv! –, daß die Gymnasien heute gezwungen sind, ein äußerst breites Spektrum an Begabungen aufzunehmen. – Die Folge ist logischerweise ein Niveauverlust.

Frau Bundesminister! Lösung: Attraktivierung der Hauptschule, ersatzloses Streichen der Leistungsgruppen – ich würde gerne Ihre Meinung dazu hören –, eigener berufsbezogener Lehrplan, Aufwertung der Hauptschule zur Realschule oder zu einer berufsbildenden mittleren Schule. Das neunte Schuljahr müßte in Wahrheit den Abschluß der Schulausbildung mit sich bringen. Nach Vorstellung von uns Freiheitlichen sollte das neunte Schuljahr als Berufsfindungsjahr dienen und gleichzeitig als erstes Berufsschuljahr gerechnet werden. Das wäre eine Entlastung für die Wirtschaft, das wäre in Zukunft ein Anreiz, mehr Lehrlinge einzustellen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Frau Bundesminister! Die neue Schule nach freiheitlichen Vorstellungen bedarf einer grundlegenden Reform auf Basis des eben Gesagten. Die überkommenen und zum Teil wirklich leistungsfeindlichen Bildungseinrichtungen, die es bei uns gibt, noch dazu gekennzeichnet durch Proporz und Ideologisierung, sind einfach überholt. Zentrale Lebensbereiche der Menschen werden – noch – nicht behandelt: Kooperationsfähigkeit, Kritikfähigkeit, Selbstbewußtsein, Realitätsbezogenheit, Neugier, Widerstandsfähigkeit und so weiter. Das sind die Bildungsziele, für die es


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sich lohnt, über eine neue Schule nachzudenken und auch entsprechende Realisierungsansätze zu schaffen.

Frau Bundesminister! Die neue Schule muß Gelegenheit geben, selbstständig Entscheidungen zu treffen, eigenverantwortlich zu handeln. Je feiner die Macht in einer Gesellschaft verteilt ist, desto größer ist die Beweglichkeit und die Anpassungsfähigkeit zur Bewältigung neuer Probleme. Ich glaube, davon ausgehend sollten Ihre Überlegungen in bezug auf neue Schule stattfinden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.13

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Höchtl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. – Bitte.

13.13

Abgeordneter Mag. Dr. Josef Höchtl (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herrn Kollegen Schweitzer bei seinem Debattenbeitrag zuzuhören, heißt, einiges an Leidensfähigkeit aufbringen zu müssen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Herr Kollege Schweitzer! Wenn Sie die Stirn haben, hier zu behaupten, die Bildungsoffensive sei ausgeblieben (Zwischenruf des Abg. Mag. Schweitzer ) , wir hätten nichts weitergebracht, dann muß ich dem entgegnen: Sie haben sich selbst, Kollege Schweitzer, die Antwort auf diese beiden falschen Behauptungen gegeben. Sie haben nämlich einige Sätze später gesagt: Bis zu mir beziehungsweise bis zu uns ist das nicht vorgedrungen. Das heißt, Sie haben all das, was in den vergangenen Jahren an Verbesserungen im österreichischen Schulsystem gemacht worden ist (Abg. Mag. Schweitzer: Was ist das?) , verschlafen. Das ist die Antwort! So ist es in Wirklichkeit! Nehmen Sie das zur Kenntnis! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Schweitzer: Warum wird das Ausbildungsniveau dann immer schlechter?)

Kollege Schweitzer! Ich gebe Ihnen nicht nur meine persönliche Antwort, die Sie ja in Ihrer eigenen Rede selbst antizipiert haben, sondern ich bringe Ihnen auch die Antwort zur Kenntnis, die seitens der österreichischen Bevölkerung auf diese Reformen, auf diese Verbesserungen in den letzten drei Jahren gegeben worden ist. Ich möchte sie heute diesem Hohen Haus bekanntgeben. (Abg. Mag. Schweitzer: Warum bringen wir die Lehrlinge nicht unter?) Es gibt eine repräsentative Untersuchung aus dem Jahre 1995, Herr Kollege Schweitzer. 2 000 Österreicherinnen und Österreicher ab dem 16. Lebensjahr wurden befragt. Und es gibt eine vergleichbare Untersuchung aus dem Jahre 1997. Wissen Sie, Herr Kollege Schweitzer, was die österreichische Bevölkerung sagt? – Insgesamt 72 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher sind mit diesem differenzierten österreichischen Bildungssystem "sehr zufrieden" oder "zufrieden". Das ist gegenüber dem Jahre 1995 eine Steigerung um sage und schreibe 7 Prozent. Das ist die Antwort der Österreicherinnen und Österreicher, die die Evaluierung des österreichischen Schulsystems positiv finden. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es wird in manchen Beiträgen freiheitlicher Autoren oder zumindest als Autoren fungierender Personen auch über die Lehrerinnen und Lehrer hergezogen. (Abg. Mag. Schweitzer: So?) Ja, ich habe da einiges. Zum Beispiel habe ich mir aus dem von der FPÖ herausgegebenen Buch unter dem Kapitel "Verhinderte Bildungskatastrophe" einige Bemerkungen herausgeschrieben. Wissen Sie, wie sich aber die Bewertung der Lehrerschaft durch die österreichische Bevölkerung zwischen 1995 und 1997 tatsächlich verändert hat? – Waren es im Jahre 1995 noch 49 Prozent, die die österreichischen Lehrer als "sehr positiv" beziehungsweise "positiv" bezeichnet haben, so sind es zwei Jahre später, also jetzt, 59 Prozent, das heißt, 10 Prozent mehr!

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin stolz auf das – und ich möchte das auch heute hier sagen –, was die österreichische Lehrerschaft mit viel Einsatz, positiven Bemühungen und Engagement in dieses österreichische Bildungssystem einbringt, denn das ist die Voraussetzung dafür, daß unser Bildungssystem auch positiv bewertet wird. Ein Dank der österreichischen Lehrerschaft! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Stadler: Das kann ich Ihnen erklären! Da


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greift erstmals ein bißchen die Objektivierung der Postenvergabe! – In Niederösterreich ist das ÖAAB-Parteibuch ja Voraussetzung für die Einstellung!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Vor wenigen Tagen, nämlich am 5. November, hat der Präsident der Bundesrepublik Deutschland in Berlin eine sehr gut aufgenommen wordene, breit kommentierte Rede über die Notwendigkeiten einer Änderung des Bildungssystems gehalten. Ich bin einverstanden mit dem, was er sagt: Bildung ist der Schlüssel zum Arbeitsmarkt, ist die beste Prophylaxe gegen Arbeitslosigkeit, hält die Mechanismen des sozialen Auf- und Abstiegs offen, hält unsere offene Gesellschaft in Bewegung, ist das Lebenselexier der Demokratie, bringt enorm viele Forderungen mit sich. – Genau das, was Präsident Herzog in dieser Rede an sechs zentralen Forderungen für die deutsche Bildungslandschaft aufgestellt hat, haben wir unter der Führung von Frau Bundesministerin Gehrer gemeinsam in dieser Koalitionsregierung verwirklicht. Das, was Bundespräsident Herzog für Deutschland gefordert hat, ist in Österreich bereits Realität geworden. Ich glaube, das ist etwas, worauf wir stolz sein können. Ich möchte das auch hier bei dieser Debatte erwähnen. (Beifall bei der ÖVP.)

Bundespräsident Herzog geht natürlich auch kritisch mit einigen Dingen um, die in Deutschland passierten und die wir ja nicht als Fehler in Österreich nachvollziehen sollten. Beispielsweise können wir manchmal auf dieser oder jener Seite eine Diskussion über die Abschaffung der Noten verfolgen. Es ist sehr interessant, was Bundespräsident Herzog dazu sagt – ich zitiere –:

"Es gibt keine Bildung ohne Anstrengung. Wer die Noten aus den Schulen verbannt, schafft Kuschelecken, aber keine Bildungseinrichtungen, die auf das nächste Jahrtausend vorbereiten."

Ja, ich bin mit dieser Aussage des deutschen Bundespräsidenten vollkommen einverstanden. Wir bekennen uns zur Leistung, wir bekennen uns zur Benotung, und wir bekennen uns zu unserem Notensystem, denn die Schüler wollen benotet werden, sie wollen Leistungen erbringen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Stadler: Roman Herzog wird zum Bundespräsidentschaftskandidaten der ÖVP!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Roman Herzog stellt die Forderung auf, daß unser Bildungssystem wertorientiert, praxisbezogen, international, vielgestaltig, den Wettbewerb zulassend und die Ressource Zeit vernünftig anwendend sein soll. (Abg. Mag. Stadler: Was sagt der Roman Herzog zur Rechtschreibreform?) Das sind jene Kriterien, an denen wir uns in unserem Bemühen orientieren, das österreichische Bildungssystem voranzutreiben, zu verbessern.

Ich frage: Was waren unsere Bemühungen in letzter Zeit, und was steht unmittelbar bevor? (Abg. Mag. Stadler: Die Rechtschreibreform!)  – Wir haben in dieser österreichischen Bildungspolitik in den letzten Monaten die wichtige Reform der Polytechnischen Schule verwirklicht – nicht gefordert, sondern verwirklicht! Wir haben die Lockerung des Werbeverbotes nicht nur gefordert, sondern verwirklicht. Wir haben die Anerkennung von Schulbesuchszeiten im Ausland nicht nur gefordert, sondern verwirklicht. Wir haben eine zunehmende Selbständigkeit der österreichischen Schulen im pädagogischen und im finanziellen Bereich nicht nur gefordert, sondern verwirklicht. Wir haben den Ausbau des Fremdsprachenunterrichtes nicht nur gefordert, sondern verwirklicht. (Abg. Mag. Schweitzer: Leistungsprinzip!) Wir haben die Einführung der Berufsreifeprüfung und die völlige Durchlässigkeit in unserem Bildungssystem nicht nur gefordert, sondern verwirklicht. Wir haben die Verbesserung der Förderung begabter Menschen nicht nur gefordert, sondern schrittweise verwirklicht.

Es ist die Lehrplanreform in Angriff genommen worden. (Abg. Mag. Schweitzer: Wo ist sie?) Es gibt Pilotschulen in Österreich, die sie bereits erproben. Das heißt, nicht die Forderung, nicht das laute Hinausschreien, sondern die Verwirklichung steht auf der Tagesordnung! Und die Verwirklichung liegt in den Händen der beiden Regierungsparteien. Und wir bekennen uns auch weiterhin dazu. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir haben unmittelbar in den nächsten Wochen weitere Reformen vor. Sie haben als einzig Positives erwähnt, daß wir die Teilrechtsfähigkeit an den österreichischen Schulen einführen. Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es gab eine lange Diskussion. Die österreichischen Universitäten haben mittels Einführung der Teilrechtsfähigkeit erreicht, daß dem Universitäts


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bereich alleine im Jahre 1996 1 200 Millionen Schilling zusätzlich zum Budget durch eigene Aktivitäten zugeführt werden konnten. Diese Chance wollen wir auch den österreichischen Schulen eröffnen. Deswegen hoffe ich, daß Sie im Dezember, wenn wir das hier diskutieren, auch ein Ja zu dieser Reform sagen werden. Das wäre ein echter Fortschritt in der finanziellen Autonomie, der den österreichischen Schulen die Chance zu mehr Engagement, zu noch mehr Aktivität und Kreativität bietet. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir eröffnen in wenigen Wochen die Diskussion über die verbindliche Übung "Berufsorientierung", weil wir glauben, daß die Kinder an unseren Schulen rechtzeitig mit 13, 14 Jahren über das Angebot des Arbeitsmarktes der Zukunft und über die beruflichen Chancen, die sich ergeben, informiert werden sollen. Ich hoffe, das findet auch die Zustimmung der Opposition.

Oder: Wir haben jetzt – ich sage das, weil Kollege Kopf und Kollege Feurstein vor mir sitzen – auf Wunsch der Vorarlberger eine Änderung des Schulzeitgesetzes vorgeschlagen. Die Frau Bundesministerin hat das vor zwei Tagen im Ministerrat eingebracht. (Abg. Mag. Schweitzer: Freiheitlicher Antrag! – Ruf bei der ÖVP: Kopf-Antrag!) Wenn die Freiheitlichen das nach der Forderung des Kollegen Kopf auch gefordert haben, finde ich nichts dabei. Je mehr unsere Forderung unterstützen, desto besser ist das, mit desto größerer Mehrheit bringen wir das durch. Flexibilität ist angesagt! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Schweitzer: Ihr verhindert das Ganze!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben beispielsweise auch eine rechtliche Reform für den Bereich der vielen Sekten – oder wie all diese Gruppierungen zu bezeichnen sind – vor zwei Tagen im Ministerrat eingebracht. Wir haben rund 60 000 Mitglieder als harter Kern und rund 150 000 Sympathisanten solcher Sekten und anderer Gruppierungen in Österreich zu verzeichnen. (Abg. Mag. Schweitzer  – auf dem Weg zum Präsidium –: Das ist eine Frechheit!) Das wird ein Gesetz, mit dem wir eine wirkliche rechtliche Maßnahme zur neuen Behandlung dieser Situation setzen. Wir handeln, Sie schreien! Das ist die Alternative, die sich hier in Österreich stellt. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Durch all diese Bemühungen wollen wir gemeinsam mit unserem Koalitionspartner eine Bildungspolitik gestalten, die auf der Höhe der gesellschaftlichen Notwendigkeiten und Anforderungen steht und Österreich dazu bringen soll, Europameister im Bildungsbereich zu sein. Deswegen sagen wir ja zu diesem Budget und ein Ja zum Europameister. (Beifall bei der ÖVP.)

13.25


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Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder:
Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Mag. Schweitzer gemeldet. (Rufe bei der ÖVP: Oje! – Abg. Kopf: Das wird sicher keine!) Zuerst der zu berichtigende Sachverhalt und dann die Berichtigung, und zwar in der Dauer von höchstens 2 Minuten. – Bitte.

13.25

Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Was von vielem, was Kollege Höchtl gesagt hat, zu halten ist, soll nachfolgende tatsächliche Berichtigung klarstellen:

Herr Kollege Höchtl hat behauptet, es sei eine ÖVP-Initiative gewesen, die zur Reform der Schulzeitgesetze geführt habe, vor allem betreffend Staffelung der Semesterferien.

Tatsache ist: Kollege Höchtl hat einen Antrag, der dies zum Inhalt gehabt hat, immer wieder nicht auf die Tagesordnung des Unterrichtsausschusses gesetzt (Rufe bei der ÖVP: Das ist keine Berichtigung!) , bis ein freiheitlicher Antrag, vom Kollegen Stadler mehrfach eingebracht, zur Behandlung gekommen ist. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Höchtl  – auf Abg. Kopf deutend –: Bei ihm war das schon vorher da! – Abg. Dr. Stummvoll: Sie streiten, wir handeln!)

Das heißt, richtig ist: Es war eine freiheitliche Initiative, die zu dieser sinnvollen Neugestaltung des Schulzeitgesetzes geführt hat. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.26

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Schaffenrath. – Bitte, Frau Abgeordnete.

13.26

Abgeordnete Maria Schaffenrath (Liberales Forum): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Meine Damen und Herren! Als Mitglied des Unterrichtsausschusses kann ich die tatsächliche Berichtigung des Kollegen Schweitzer nur bestätigen. Es hat sich genauso verhalten. Ein Antrag der Opposition wurde nicht in Verhandlung genommen, um selbst einen einbringen zu können. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Freiheitlichen. – Abg. Kopf: Das stimmt nicht!)

Herr Kollege Höchtl! Sie haben heute hier eine Ihrer Standardreden gehalten. Ich werde mir noch die Mühe machen, diese mit den Reden bei vorangegangenen Diskussionen zu vergleichen. Es gab keinen einzigen neuen Punkt! Es war eine absolute Lobeshymne, ohne auch nur in irgendeinem Bereich zu differenzieren. (Beifall beim Liberalen Forum. – Abg. Dr. Stummvoll: Das war eine Erfolgsbilanz!) Lauwarme Luft würde ich sagen!

Sehr geehrte Frau Ministerin! Es ist mir aufgrund der aktuellen Diskussion – ich habe erst kürzlich eine in Radio Tirol gehört – und auch aufgrund der Diskussion in den Medien ein Bedürfnis, zur Rechtschreibreform Stellung zu nehmen. Ich gebe gerne zu, daß Sie gemeinsam mit der Kommission da einen Kompromiß gefunden haben. Ich persönlich halte so wie die Mitglieder der Kommission diesen Kompromiß für sicherlich nicht weitgehend genug, aber ich möchte ihn einfach deshalb nicht geringschätzen, weil er Erleichterungen für die Kinder mit sich bringt und weil es uns ein Anliegen sein muß, die Kinder in den Mittelpunkt unserer Überlegungen zu stellen.

Jüngste Umfragen haben ergeben, daß die Fehleranzahl deutlich zurückgegangen ist und daß 90 Prozent aller Lehrer und Lehrerinnen an Schulen, in denen die neue Rechtschreibung bereits unterrichtet wird, diese Form der Rechtschreibung auch beibehalten wollen. Diesen Lehrern und Lehrerinnen möchte ich einfach die Kompetenz zuschreiben, daß sie wissen, wovon sie sprechen.

Ich möchte Sie, Frau Ministerin, wirklich von dieser Stelle aus im Namen der Liberalen gerne dahin gehend unterstützen, ihre Position beizubehalten und nicht populistischen Querschlägen zu weichen, egal, ob sie jetzt von den Grünen oder von der libe..., von der freiheitlichen Seite kommen. (Abg. Mag. Stadler: Wir sind liberal?! Danke sehr! Das war eine hervorragende Freudsche Fehlleistung!)  – Herr Kollege Stadler! Wenn Sie den Begriff "liberal" für sich beanspruchen wollen, dann haben Sie ihn einfach nicht verstanden. Das macht aber gar nichts. (Beifall beim Liberalen Forum. – Abg. Mag. Stadler: Wir sind es!)

Ich möchte die Diskussion rund um die Rechtschreibung dafür zum Anlaß nehmen, von Ihnen einen Schwerpunkt einzufordern im pädagogisch-inhaltlichen Bereich, im fachdidaktischen Bereich, daß diese bestehende Überbewertung der Rechtschreibung an unseren Schulen, wie sie derzeit gehandhabt wird, hintangehalten wird. Rechtschreibung alleine darf kein Maßstab für Selektion sein. Ich glaube, wir sollten diesbezüglich Aktivitäten setzen im Bereich der Lehrer- und Lehrerinnenaus- und -fortbildung, und diese Aktivitäten müssen bis hinauf zur Schulaufsicht gehen.

Sehr geehrte Frau Ministerin! Was mich allerdings betroffen gemacht hat, war, wie Sie und Ihr Ressort mit Anfragen der Abgeordneten umgehen. Ich möchte Ihnen heute hier nur ein konkretes Beispiel von mehreren nennen, eine Anfrage, die im Rahmen des Budgetausschusses gestellt wurde.

Ich habe Sie gefragt, aufgrund welcher Verträge beziehungsweise Vereinbarungen die Internationale Schule in Wien in diesem Ausmaß gefördert wird und wie sich die Höhe der jährlichen Subvention berechnet. – Sie haben mir zur Antwort gegeben: Es gibt einen Vertrag, und die Höhe der Subvention ist gemäß dem Vertrag an die Anzahl der Schüler und an die Lehrergehälter gebunden.


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Diese Antwort mag ohne weiteres formal richtig sein, aber ich meine, sie ist geradezu unhöflich knapp, und ich fühle mich wirklich nicht ernst genommen, weil ich in der Substanz der Beantwortung eigentlich den Eindruck habe, daß Informationen eher zurückgehalten werden, als sie im Sinne der Anfragesteller bekanntzugeben. Ich möchte Ihnen keinesfalls Unwissenheit in diesem Bereich unterstellen, und daher bitte ich Sie wirklich, mir eine substantielle Antwort nachzureichen.

Nun aber zum vorliegenden Budget. Da kann ich mich an und für sich sehr kurz fassen, denn es gibt im großen und ganzen keine wesentlichen Veränderungen. Es gibt eine Anhebung im Bereich der Personalkosten, aber das ist ja in hohem Maße oder primär zumindest, möchte ich sagen, aufgrund der Struktur und aufgrund der Personalkostenexplosion einfach notwendig gewesen. Es gibt Bemühungen, die Zahl der Überstunden zu reduzieren; das erkenne ich an. Ich denke aber doch, daß diese Bemühungen noch viel intensiver werden müssen.

Dieses Budget läßt allerdings – und da muß ich Kollegen Schweitzer recht geben – keine Gestaltungsbereitschaft, keine Bereitschaft erkennen, unser Schulsystem auf die neuen Herausforderungen der Gesellschaft umzustellen. Ich muß jedoch zugeben, daß die Möglichkeit der Neugestaltung, die Möglichkeit, die Schulqualität zu verbessern, die pädagogische Bedingungen an Schulen zu verbessern, das schulische Angebot zu verbreitern, einfach ihre Grenzen hat in der Budgetsituation. Die Personalkosten im derzeitigen System verhindern jedenfalls diesen Gestaltungsfreiraum, den wir so dringend bräuchten.

Es wurde im Rahmen der Sparpakete 1 und 2 insbesondere im Bereich der Werteeinheiten drastisch gekürzt. Das hat tatsächlich zu einer Verschlechterung der pädagogischen Bedingungen an unseren Schulen geführt. Ich brauche das hier gar nicht im Detail auszuführen. Diese Kürzung der Werteeinheiten hat allerdings die Zustimmung der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst gefunden.

Ich möchte heute hier einen neuen Anlauf nehmen, die 45-Minuten-Stunde, und zwar bei gleichzeitiger Anhebung der Lehrverpflichtung, wieder in Diskussion zu bringen. Das heißt, die Gesamtunterrichtszeit würde in etwa gleichbleiben. Ich verlange das ausdrücklich nicht als Sparmaßnahme – ausdrücklich nicht als Sparmaßnahme! –, sondern die so gewonnenen Werteeinheiten sollten zur Verbesserung der pädagogischen Bedingungen an den Schulen eingesetzt werden. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Ich meine, die Anhebung der Lehrverpflichtung bei gleichbleibender Gesamtunterrichtszeit ist zumutbar. Österreich liegt im OECD-Vergleich, was die Lehrverpflichtung anlangt, bei allen Schultypen im unteren Drittel.

Sehr geehrte Frau Ministerin! Sie werden diese zusätzlichen Werteeinheiten an den Schulen auch dringend brauchen. Sie haben die "Berufsorientierung" – von unserer Seite durchaus positiv bewertet – in der dritten und vierten Schulstufe der Sekundarstufe 1 eingeführt. Sie kürzen damit aber wieder andere Gegenstände. An den Schulen herrscht darüber nicht nur Freude. Sie wissen, daß ein zusätzliches Problem darin liegt, daß entsprechend qualifizierte Lehrer und Lehrerinnen nicht in ausreichendem Maße für diesen Unterrichtsgegenstand zur Verfügung stehen. Das wurde von verschiedenen Direktoren und Direktorinnen an mich herangetragen.

Sie werden auch zusätzliche Werteeinheiten brauchen, wenn Sie es mit Ihren "99 Punkten zur Mädchenförderung" ernst meinen, wenn da wirklich Maßnahmen gesetzt werden sollen. – Herr Kollege Höchtl ist jetzt leider nicht mehr da, ich hätte ihm gerne noch etwas gesagt. (Abg. Dr. Höchtl, der in der Nähe des Präsidiums steht: Ich höre aufmerksam zu!) Aus dem Hintergrund, Herr Kollege Höchtl! Das freut mich. Es muß Ihnen das ein Bedürfnis sein, denn Sie haben, als die Liberalen bewußt die Koedukation in Diskussion gebracht haben, geradezu höhnisch darauf reagiert. Ich hoffe, Ihre Unterrichtsministerin konnte Sie in der Zwischenzeit sozusagen vom Saulus zum Paulus machen und davon überzeugen, daß Mädchenförderung im Rahmen der Koedukation, so wie wir sie immer verlangt haben, etwas höchst Notwendiges und Wünschenswertes ist. (Beifall beim Liberalen Forum. – Abg.


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Dr. Höchtl: Ich weiß nicht, wen Sie da gesehen haben, aber nicht mich!) Lesen Sie Ihre eigenen Pressedienste nach (Abg. Dr. Höchtl: Die kenne ich besser als Sie!) , dann werden Sie es schon herausfinden, Herr Kollege Höchtl! Ich wünsche Ihnen ein besseres Gedächtnis. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Dr. Höchtl. ) Davon bin ich nicht so überzeugt.

Sehr geehrte Frau Ministerin! Sie werden diese zusätzlichen Werteeinheiten auch ganz dringend brauchen, um die durchschnittlichen Klassenschülerhöchstzahlen wieder zu senken. Wir sind in vielen Schulbereichen bereits wieder bei 36 Schülern pro Klasse. Die Lehrer und Lehrerinnen haben neue Aufgaben zu erfüllen, und das ist bei einer Klassengröße von 36 Schülern weitaus schwerer zu bewältigen.

Ich glaube, es wäre notwendig, unser schulisches Angebot im Bereich der Freigegenstände, im Bereich der Wahlpflichtgegenstände wieder zu erweitern, weil es eben neue Herausforderungen aufgrund eines gesellschaftlichen Wandels gibt und weil eine breite Ausbildung jedenfalls unseren Kindern zugute kommt.

Wenn Sie es ernst meinen mit der Autonomie, dann müssen Sie den Schulen mehr Freiraum zur Gestaltung geben, dann müssen Sie den Schulen die Möglichkeit geben, diese neue Selbständigkeit auch zu nützen. Und dazu brauchen sie diese Bedingungen.

Sehr geehrte Frau Ministerin! Ich weiß von vielen Lehrerinnen und Lehrern, daß sie gerne die 45-Minuten-Stunde bei gleichzeitiger Erhöhung der Lehrverpflichtung annehmen würden. Ich vermisse aber Ihre Solidarität mit diesen engagierten Lehrern und Lehrerinnen, die gestalten wollen, die die Kinder in den Mittelpunkt stellen, die sich Mühe geben, den Unterricht wertvoll zu machen. Diese Lehrer und Lehrerinnen fühlen sich von der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst jedenfalls nicht vertreten, die sich eher auf jene konzentriert, die ihren Besitzstand wahren wollen und nicht bereit sind, ihre Privilegien zugunsten der Interessen der Kinder hintanzustellen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Wenn wir heute hier von einer "neuen Solidarität" sprechen, die wir Liberalen einfordern, dann gebe ich schon zu bedenken, daß wir innerhalb des Schulbereiches nach wie vor zwei Klassen von Lehrern und Lehrerinnen haben: auf der einen Seite die Pragmatisierten und auf der anderen Seite die Vertragsbediensteten, mit einem doch sehr unterschiedlichen Dienstrecht. Wir haben zum Beispiel die pragmatisierten Bundeslehrer, die nach wie vor ein medianes Einkommen, inklusive Überstunden, von rund 49 000 S haben. In diesem medianen Einkommen sind durchschnittlich 6 400 S Überstundenentgelt enthalten. Es kommen auf jeden Lehrer noch immer knapp drei Werteeinheiten als Überstunden. – Diese Zahlen hat mir dankenswerterweise der Landesschulratspräsident von Tirol zur Verfügung gestellt.

Auch innerhalb der pragmatisierten Bundeslehrer und -lehrerinnen gibt es noch zwei Gruppen: die AHS-LehrerInnen, die kaum mehr Überstunden beanspruchen, und die BHS-LehrerInnen, die den Großteil der Überstunden beanspruchen. Das sind genau jene, deren Personalvertreter beziehungsweise Gewerkschaftsvertreter am lautesten schreien: Der Raubzug der Regierung!, weil sie eben nicht mehr alle Überstunden bezahlt bekommen, die sie nicht gehalten haben.

Sehr geehrte Frau Ministerin! Sie wissen natürlich, daß Vertragsbedienstete ein geringeres Einkommen haben. Sie wissen natürlich, daß die Vertragsbediensteten im Rahmen des jetzigen Frühpensionierungsmodells keine Möglichkeiten haben. Und Sie wissen natürlich auch, daß Vertragsbedienstete nicht in den Vorteil des "Sabbaticals", das ich in besonderem Maße begrüße, kommen können.

Sie haben im Budgetausschuß eigentlich sehr dezidiert angekündigt, Sie werden weiter pragmatisieren. Sie haben ein ungebrochenes Bekenntnis zu dieser Zwei-Klassen-Lehrer-Gesellschaft abgelegt. Ich weiß zum Beispiel von Herrn Kollegen Niederwieser von der SPÖ, daß auf Seite Ihres Regierungspartners dazu durchaus eine andere Meinung vertreten wird. Da scheint sich die Koalition nicht auf einen Weg einigen zu können. Man weiß, daß Klubobmann Khol die Pragmatisierung mit Zähnen und Klauen verteidigen will, aber ich hoffe doch, daß es diesbezüglich zumindest zwischen den Koalitionsparteien zu einer Einigung kommt.


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Die Liberalen jedenfalls fordern eine Abschaffung der Pragmatisierung und ein einheitliches Dienstrecht für alle Lehrer und Lehrerinnen, und zwar auf Basis einer gemeinsamen Ausbildung nach dem Stufenlehrerprinzip. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Auf der anderen Seite, sehr geehrte Frau Ministerin, haben Sie in der "Presse" vom 22. Oktober 1997 angekündigt, daß im Jahre 2000 ein neues Lehrerdienstrecht vorliegen soll, das haben Sie bereits mit dem Herrn Staatssekretär vereinbart. Da frage ich Sie schon: Wofür stehen Sie? Für Pragmatisierung? Für ein einheitliches Lehrerdienstrecht? Ich frage Sie das unabhängig davon, daß ich es schon ein bißchen als Ausdruck politischer Mutlosigkeit empfinde, einen Zeitpunkt für die Vorlage dieses neuen Dienstrechtes festzusetzen, der gar nicht mehr innerhalb dieser Legislaturperiode liegt.

Im Zusammenhang mit diesem Artikel ist es mir wirklich noch einmal ein Bedürfnis, darauf hinzuweisen, was Sie selbst sagen: Sie rechnen bei diesem Lehrerdienstrecht mit der Zustimmung der Lehrer, aber eigentlich nicht mit jener der Lehrervertreter. Und Sie sagen selbst: Es gibt einen Unterschied zwischen den Funktionären und den vielen Hunderten Lehrern. – Ich frage Sie jetzt: Mit wem erklären Sie sich denn solidarisch? Auf wessen Seite stehen Sie? Stehen Sie auf der Seite der Gewerkschaftsfunktionäre, oder erklären Sie sich solidarisch mit den vielen Hunderten engagierten Lehrern und Lehrerinnen, deren oberste Instanz eigentlich Sie sind? Falls Sie sich doch mit der Gewerkschaft solidarisch erklären, tut es mir leid, dann haben Sie in Ihrer Funktion den Begriff "Solidarität" nicht verstanden.

Ich komme zum letzten Punkt. Frau Ministerin! Ein Ausdruck von Ihnen hat mich wirklich sehr verwundert, und ich glaube, dieser Ausdruck gibt mir das Recht, Sie heute hier noch einmal zu fragen, wie Sie denn tatsächlich zur Integration stehen. Sie haben auf unsere Forderung nach Verlängerung der Schulpflicht für Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf, auf unsere Forderung nach gleichen Chancen und Möglichkeiten für Kinder in Sonderschulen, in Integrationsklassen wie natürlich auch in Regelschulen mit dem Begriff "Sozialromantik" geantwortet, uns Sozialromantik vorgeworfen. Ich muß Ihnen schon sagen, ich ertrage den Begriff "Sozialromantik" leicht. Jedenfalls würde mich der Begriff "Behindertenfeindlichkeit" schmerzen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Aber so, sehr geehrte Frau Ministerin, wie Sie und Ihr Ressort in den vergangenen Wochen und Monaten auf Probleme im Bereich der Integration reagiert haben, müssen Sie sich zumindest den Vorwurf gefallen lassen, daß Sie Behindertenfeindlichkeit an den österreichischen Schulen zulassen.

Darüber hinaus ist es mir schon wichtig, heute hier herauszustreichen, daß der Vorwurf "Sozialromantik" in diesem Zusammenhang wirklich falsch ist. Es ist eigentlich eine reine Unterstellung, um von politischen Schwächen in diesem Bereich abzulenken. Es geht uns nicht darum – Sie haben das unterstellt –, Integrationskinder ohne zeitliche Grenzen quasi auf "ewig" an den Schulen zu belassen. Es geht uns nur darum, daß sie so lange an den Schulen bleiben können, daß sie so lange im Rahmen der Integration zu fördern sind, wie es ihrer Entwicklung nützt, wie das zu Fortschritten im schulischen und persönlichen Bereich dieser Kinder beiträgt. Ich denke, das ist eine demokratische Gesellschaft ihren schwächsten Gliedern jedenfalls schuldig. Und wir sollten hier keine Chance vorübergehen lassen, um ihnen auch die bestmögliche Förderung zukommen zu lassen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Die Liberalen stehen für eine offene Gesellschaft, und für uns – ich werde das hier immer wieder einmahnen – ist es eine Selbstverständlichkeit, daß behinderte Menschen, daß Minderheiten, daß benachteiligte Menschengruppen, genauso wie es in unserer Verfassung steht und wie wir das hier alle gemeinsam beschlossen haben, in unserer Gesellschaft gleiche Chancen und gleiche Möglichkeiten vorfinden. (Beifall beim Liberalen Forum.)


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13.45

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Kopf, und zwar zu einer tatsächlichen Berichtigung. Bitte zuerst den zu berichtigenden Tatbestand darlegen und daran anschließend die Richtigstellung, und das innerhalb von 2 Minuten. – Bitte.

13.45

Abgeordneter Karlheinz Kopf (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Frau Abgeordnete Schaffenrath hat – so wie schon zuvor Kollege Schweitzer in seiner tatsächlichen Berichtigung – behauptet, daß die sich in der Regierungsvorlage findende Änderung des Schulzeitgesetzes hinsichtlich der Semesterferienregelung auf einem Antrag der Freiheitlichen basiere. – Das ist falsch!

Richtig ist vielmehr, daß im Unterausschuß des Unterrichtsausschusses auch ein Antrag der Abgeordneten Kopf, Feurstein vorliegt, und wenn Sie den Antrag mit der Regierungsvorlage vergleichen, werden Sie unschwer erkennen können, daß nur dieser Antrag die Basis für die Regierungsvorlage sein konnte.

Im übrigen ist der Antrag der Freiheitlichen mit ziemlicher Sicherheit verfassungswidrig. (Beifall bei der ÖVP.)

13.46

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Antoni. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten der ÖVP und des Liberalen Forums.)

13.46

Abgeordneter Dr. Dieter Antoni (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Vielleicht wäre es möglich, zurück zur Bildungspolitik zu kommen. Ich muß Herrn Kollegen Schweitzer, den ich ja sehr schätze, schon sagen: Lieber Freund, es gehen an dir offenbar viele, viele Neuerungen, aber auch die Diskussion über Neuerungen im Bereich der österreichischen Schule vorüber.

Ich kann auch nicht mit dir einer Meinung sein, wenn du hier wirklich verkürzt über Entwicklungen im österreichischen Schulwesen herfällst und sagst, das sei alles nichts. (Abg. Mag. Schweitzer: Das habe ich nicht gesagt!) Das widerspricht nicht nur zu 100 Prozent internationalen und nationalen Studienergebnissen: Vielmehr ist es eine Beleidigung der österreichischen Schulbehörden, auf welcher Ebene immer, und meines Erachtens auch eine Verunglimpfung der an unseren Schulen tätigen LehrerInnen. Und das weise ich namens meiner Fraktion mit aller Deutlichkeit zurück! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Die österreichische Bundesregierung hat mit dem vorliegenden Budget der Bildung wirklich eindeutig und klar Vorrang eingeräumt. Trotz Fortsetzung des Konsolidierungskurses im Bundeshaushalt werden im nächsten Jahr rund 3,5 Prozent mehr an Budgetmitteln für die Sicherstellung unseres anerkannten Bildungswesens, aber auch für die Umsetzung weiterer Reformmaßnahmen zur Verfügung gestellt. Wenn auf der einen Seite die Vertreter der Oppositionsparteien hier sagen, sie lesen in den Medien und hören in Interviews mit der Frau Bundesministerin und wahrscheinlich teilweise auch mit mir, was wir alles vorhaben, was wir bereits diskutieren, dann kann man doch nicht auf der anderen Seite sagen, es tue sich nichts, es gebe in diesem Bereich einen Stillstand und unser Bildungswesen verkomme.

Meine Damen und Herren! Bei allen Überlegungen, die wir anstellen, bei allen Entscheidungen, die wir treffen, muß es uns bewußt sein, daß Lernzeit in der Schule, aber auch Lehrzeit in der Berufsausbildung für unsere Jugendlichen eine nicht erneuerbare Ressource ist. Was will ich damit sagen? – Ich meine, Schülerinnen und Schüler, die jetzt in ihrer Ausbildung stehen, brauchen jetzt die besten Angebote, brauchen jetzt eine gute Vorbereitung, um wirklich in Zukunft lebens- und berufsbegleitend lernbereit, lernwillig zu sein, damit sie Herausforderungen entsprechend annehmen können.

Ich meine, daß es mit dem Budget 1998 schon gelungen ist, auch weitere wichtige Signale, was die Entwicklung unseres Schulwesens angeht, zu setzen. Es ist zumindest folgendes klar erkennbar: Die Finanzierung unseres gesamten Bildungswesens ist primär Aufgabe der öffentlichen Hand, also Aufgabe des Staates. Und genau damit stellen wir sicher, daß der breite Zugang zur Bildung gewährleistet ist, und wir stellen auch das Prinzip der Chancengerechtigkeit weiterhin sicher. (Beifall bei der SPÖ.)


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Geschätzte Damen und Herren! Ausbildung – und das ist schon etwas, zu dem wir uns endlich bekennen müssen – ist nie aus, Weiterbildung ist nie abgeschlossen. Die Grundbildung, die wir an unseren Schulen vermitteln können, ist somit nur ein Teil des Lernens. Gerade in diesem Zusammenhang möchte ich doch darauf hinweisen, daß wir bereits in dieser Legislaturperiode einige wirklich wichtige Reformschritte in diese Richtung gesetzt haben: Ich erwähne das Schulunterrichtsgesetz für Berufstätige. Ich betone ganz besonders die Realisierung der Berufsreifeprüfung als Meilenstein für lebensbegleitendes Lernen. Und auch die Fortsetzung der Integration von Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf in die AHS-Unterstufe und die Hauptschule soll nicht unerwähnt bleiben.

Frau Kollegin Schaffenrath, sich hierherzustellen und zu sagen, das seien keine Neuerungen, widerspricht eigentlich dem, was sich wirklich in diesem Bereich tut. (Abg. Schaffenrath: Was habe ich gesagt, was keine Neuerungen sind? Ein Beispiel!) – Sie können es im Protokoll nachlesen. (Abg. Schaffenrath: Ich habe von Neuerungen nicht einmal gesprochen! Sie haben nicht zugehört!)

Meine Damen und Herren! Nun gilt es, den Reformweg zügig fortzusetzen. Auch dafür ist das Budget 1998 gerüstet.

Kollege Höchtl hat schon darauf hingewiesen, daß wir noch heuer die Einführung der verbindlichen Übung "Berufsorientierung" für die dritte und vierte Klasse der Hauptschule und AHS-Klassen einführen wollen. Wir wollen die Aufgabenstellung der Berufsschule erweitern, insbesondere in Richtung Vorbereitung auf die Berufsreifeprüfung.

Schließlich arbeiten wir derzeit – und auch das ist schon gesagt worden – intensiv an der Vorbereitung der nächsten Reformschritte. Dazu zählt eine flexible integrative Schuleingangsphase, die ganz bewußt auf individuelle Lernvoraussetzungen und Fähigkeiten der Kinder beim Schuleintritt Bedacht nimmt. Das ist ein wichtiger Schritt zur Verringerung von Schullaufbahnverlusten, aber auch ein wichtiger Schritt in Richtung von Möglichkeiten des Erkennens und Entdeckens von Begabungen. Die Fremdsprachenoffensive ab der ersten Schulstufe der Grundschule soll zügig fortgesetzt werden. Im Bereich der Sekundarstufe 1 soll es flexiblere Formen der Leistungsdifferenzierung geben, aber auch in diesem Bereich soll die Fremdsprachenoffensive zügig weiter vorangetrieben werden.

Aber auch Entwicklungsschritte im Bereich der AHS-Oberstufe und im Bereich des berufsbildenden mittleren und höheren Schulwesens sind anzudiskutieren und vorzubereiten.

Unsere Kinder, meine Damen und Herren, gehen einer instabilen Welt und einer weitgehend unbekannten Zukunft entgegen. Man erwartet sicher nicht zu Unrecht, daß die Zeit, in der man einen Beruf erlernt hat und in demselben Beruf in Pension gegangen ist, vorbei ist. Berufswechsel, notwendige Umschulung und Weiterbildung werden häufiger, als das bisher der Fall war, erforderlich sein. Weiterbildung muß daher mittelfristig ein fester, aber auch ein fest budgetierter Bestandteil des österreichischen Bildungswesens werden.

Meine Damen und Herren! Um österreichische Kinder, Jugendliche, aber auch alle Weiterlernenden entsprechend aus- und weiterbilden zu können, brauchen wir hochqualifizierte Pädagoginnen und Pädagogen. Wir Sozialdemokraten stehen daher massiv für eine breite, umfassende und vollakademische Ausbildung für pädagogische Berufe. (Beifall bei der SPÖ.)

Lassen Sie mich abschließend, meine Damen und Herren  – das ist mir ein ehrliches Bedürfnis –, auch noch all jenen ein herzliches Danke sagen, die für die Schule Verantwortung tragen. Das ist das Team, das gesamte Team, sage ich ganz bewußt, unseres Bundesministeriums für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten, das sind die Tätigen im Bereich der Landes- und Bezirksschulräte, und das sind vor allem die Lehrerinnen und Lehrer an Österreichs Schulen, die die Herausforderungen beachtenswert meistern. Was sie allerdings brauchen, sind entsprechende Rahmenbedingungen sowie die Unterstützung der Öffentlichkeit und insbesondere die der Politik. – Ich bedanke mich. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

13.55


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Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder:
Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Öllinger. –Bitte, Herr Abgeordneter.

13.55

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Werter Herr Präsident! Werte Frau Ministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nachdem es dem Abgeordneten Höchtl gelungen ist, in einem wahrhaft kühnen rhetorischen Bogen das Bekenntnis zum Präsidenten mit dem Bekenntnis zur Leistung und zur Note zu verbinden, wobei es nach wie vor sein Geheimnis bleibt, was das eine mit dem anderen zu tun hat, nach diesem wahrhaft kühnen Ereignis, Herr Kollege Höchtl, haben wir jetzt von den Vertretern der Regierungsparteien mehrmals zu hören bekommen, die Regierungsparteien eilten in der Bildungspolitik von einem Erfolg zum anderen. (Abg. Dr. Höchtl: Das ist untersuchungsmäßig bewiesen! Zum Unterschied von Ihren Behauptungen!)

Ich kann dazu nur sagen: Sie stolpern in der Gegend herum, und ich bringe Ihnen auch einige Beispiel dafür, Herr Kollege Höchtl. Etwa die Ferienzeit-Frage. Das ist doch ein lächerliches Drama, was sich da abgespielt hat. Lächerlich! (Abg. Dr. Höchtl: Wieso?) "Drama" paßt nicht, ich gebe es zu, "Komödie" ist besser geeignet, um das zu charakterisieren, was sich diesbezüglich in den letzten Jahren getan hat.

Sie haben vor einigen Jahren infolge eines mißverstandenen Föderalismus eine völlige Freigabe für die Bundesländer propagiert und durchgesetzt, und es hat sich dann herausgestellt, das hält nicht. Dann haben Sie wieder eine zentralistische Regelung gemacht, wo dann letztendlich das Bundesland Vorarlberg gesagt hat, das geht auch nicht. Dann wurde das von den Sozialdemokraten in Vorarlberg blockiert, und jetzt gibt es eine "tolle" Neuordnung, die unter Umständen dazu führen wird, daß alle Bundesländer in derselben Woche, wenn sie sich wieder nicht absprechen, ihre Ferienzeit haben. (Abg. Dr. Höchtl: Das ist ja überhaupt nicht wahr! Sie müssen sich einmal die Gesetzesvorlage durchlesen!)

Was daran großartig und ein Fortschritt sein soll, das müssen Sie mir noch erklären, Herr Kollege Höchtl. Das ist aber nur ein einfaches Beispiel. Ich verweise darauf, daß wir schon seit längerer Zeit im Zusammenhang mit der Debatte um die Arbeitszeit der Lehrer – Kollege Höchtl, Sie haben ja einen guten Draht zur Lehrergewerkschaft, nehme ich an – darauf drängen, daß endlich Schluß gemacht wird mit einem Bewertungssystem, das nichts mit der realen Arbeitszeit von Lehrerinnen und Lehrern zu tun hat. Was wir brauchen, ist ein Arbeitszeitmodell, das die Echtarbeitszeit bemißt. Was wir derzeit nicht haben, ... (Abg. Dr. Khol: Herr Öllinger! Werden Sie grüner Bundesobmann? Werden Sie grüner Präsidentschaftskandidat?)

Das ist eine interessante Frage, Herr Kollege Khol, die wir an anderer Stelle klären können. Sie könnten sich aber ruhig auch mit bildungspolitischen Zwischenrufen betätigen. Aber dazu reicht es offensichtlich nicht.

Ich möchte doch wieder zum Thema sprechen. Was wir brauchen, ist eine Echtzeitmessung bei der Arbeitszeit von LehrerInnen, weil ich glaube, daß das Bewertungsmodell bei den Lehrern, das wir derzeit haben, den Realitäten sowohl in die eine als auch in die andere Richtung nicht gerecht wird. Es gibt Lehrer und Lehrergruppen, die wesentlich mehr arbeiten, als es durch das derzeitige Bewertungsmodell ausgedrückt werden kann, und es gibt Lehrer – und damit meine ich nicht die individuelle Person, das wäre ein Spezialkapitel –, die aufgrund ihrer Lehrfächer relativ günstig bewertet werden. Und ich glaube, Kollege Niederwieser, wir wissen, wovon wir sprechen, nämlich daß es einen großen Unterschied macht, der durch das bestehende Bewertungsmodell nicht zum Ausdruck kommt, ob jemand Turnen, Geographie oder Mathematik unterrichtet oder ob jemand Fächer unterrichtet, in denen sehr viel mehr an Arbeitsvorbereitung zu leisten ist.

Ich halte es für ein Unding, den Versuch, Echtarbeitszeit zu beschreiben, die natürlich wesentlich mehr als die reine Arbeitszeit in der Schule umfassen muß, zu verhindern, weil die Gewerkschaft überhaupt kein Interesse daran hat, daß diese Frage debattiert wird. Und gleichzeitig müssen sich die Lehrer dadurch in der Öffentlichkeit zu Recht und zu Unrecht in der politischen Debatte dem Vorwurf aussetzen, sie würden zuwenig arbeiten. Es würde anders ausschauen,


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wenn wir tatsächlich eine andere Bewertung der Arbeitszeiten der Lehrer, auch der Vorbereitungszeiten, auch der Zeiten, die Lehrer mit den Schülern verbringen, auch der Projektarbeiten, vornehmen würden. Wenn wir das alles – die Klassenarbeiten, die Klassenvorstandsarbeiten et cetera – hineinarbeiten würden, dann würde ein korrekteres Bild herauskommen.

Es gibt Länder, in denen das anders gerechnet wird, und es ist unverständlich – und diese Debatte wäre eigentlich im Zusammenhang mit dem Lehrerleitbild notwendig gewesen; das war auch wieder so ein "Erfolg" –, daß es hier keine Bestrebungen gibt, tatsächlich so etwas wie eine Echtzeitmessung zu machen. Das ist in allen anderen Berufsgruppen auch möglich und wird auch durchgeführt, auch im öffentlichen Dienst, bei den Postbeamten und was weiß ich noch wo, nur bei den Lehrern soll es nicht möglich sein. Selbstverständlich ist es möglich, und ich glaube, wir würden uns endlich von dieser elendiglichen Debatte darüber, daß die Lehrer nichts arbeiten, befreien können, wenn wir hier endlich die Fakten auf dem Tisch hätten.

Die Realität sieht anders aus, und wahrscheinlich wäre sie für das Unterrichtsministerium gar nicht so angenehm, weil unter Umständen eine effektive Arbeitsbelastung bei bestimmten Gruppen herauskommen könnte, die wesentlich höher ist als das, was derzeit über das Bewertungsmodell abgegolten wird.

Das ist eine Frage, die ich nicht für irrelevant halte, weil von ihr sehr viel an Motivation der Lehrer und Lehrerinnen in den Schulen abhängig ist. Mit diesen Regelungen, die Sie im Rahmen der Budgetbegleitgesetze beschlossen haben, wurde wieder der Versuch unternommen, den Lehrern mit Maturazeiten, Zeiten in der Klasse an einer Ecke etwas "herunterzuzwicken", wogegen sich die Lehrer gewehrt haben, mit Argumenten, die teilweise unberechtigt sind, teilweise aber durchaus ihre Berechtigung haben, aber es findet keine Auseinandersetzung statt. Wir könnten auf ganz anderen Grundlagen debattieren, wenn es in diesem Bereich Echtzeitmessungen geben würde. Dann würden wir auf ganz anderen Grundlagen debattieren. Das, was derzeit stattfindet, ist unerträglich, weil es das Klima in den Schulen belastet.

Frau Ministerin! Ich komme immer wieder auf das Klima in den Schulen zurück. Sie wissen das, ein gutes Klima ist die Voraussetzung dafür, daß eine Reform funktionieren kann, ist die Voraussetzung dafür, daß in den Schulen gearbeitet werden kann. Ich glaube, dieses Klima wird nicht nur durch die Sparpakete beeinträchtigt, sondern es wird auch durch die Nichtbereitschaft von seiten der Lehrergewerkschaft, auch von seiten des Ministeriums beeinträchtigt, einen Dialog mit den Schülern und Schülerinnen, mit den Lehrerinnen und Lehrern über die erklärten Reformziele zu führen.

Über die letzten Jahre könnten wir lange debattieren. Mit Ausnahme der Integration, die ich für eine sehr verunglückte Reform in der Art und Weise halte, wie sie durchgesetzt wurde, weil sie viel zuwenig von der Bereitschaft gestützt ist, diese Reform zu tragen, mit Ausnahme dieser einen Maßnahme hat sich nichts Großartiges im Schulbereich ereignet. Aber ich gestehe zu, auch wenn es ein Reformschritt ist, der mir viel zuwenig weit geht, es war ein wichtiger. Aber von welchen Mühen, von welchen Auseinandersetzungen gerade auch wieder mit der Lehrergewerkschaft war das in den letzten Jahren begleitet!

Da komme ich gleich zum nächstenThema, weil Kollege Höchtl so mutig das Noten- und Leistungssystem verteidigt hat. Herr Kollege Höchtl! Sie stehen auf einem Stand der Debatte über das Noten- und Leistungssystem in den Schulen, der veraltet ist. Tut mir leid, aber das ist der Stand von vorgestern! (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Schaffenrath.  – Abg. Dr. Höchtl: Ich teile nicht den linksgrünen Standpunkt!) Das hat nichts mit "linksgrün" zu tun, Herr Kollege Höchtl, sondern das, was Sie hier machen, indem Sie die Ziffernnote in den Himmel hochjubeln ... (Abg. Dr. Höchtl: Ich bekenne mich eindeutig zum Leistungs- und Benotungssystem! Ich bin auch für eine Ergänzung der verbalen Beurteilung!)

Herr Kollege Höchtl! Sie sollten einmal die Literatur dazu lesen, Sie sollten vielleicht auch mit Landesschulratspräsidenten, die Ihrer Fraktion angehören, etwa dem oberösterreichischen Landesschulratspräsidenten, sprechen und sich erkundigen, was es an Reformmodellen alleine im Bereich der schulischen Bewertung in Oberösterreich gibt. Dieser weiß ganz genau, daß die


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Ziffernnote in dieser Form nicht das Nonplusultra ist, weil sie nicht imstande ist – und da bin ich durchaus einer Meinung mit Kollegen Schweitzer –, beispielsweise Kooperationsfähigkeit, Teambildung adäquat auszudrücken, weil es nicht möglich ist, ein Individuum in einer Teamarbeit zu benoten.

Da haben Sie ein Problem damit, das zu erklären. Wenn wir über diese Ziele diskutieren, die Kollege Schweitzer in die Debatte eingebracht hat, und mich wundert, daß das ausgerechnet der Kollege Schweitzer macht (Abg. Dr. Khol: Der Bankomat ist wieder in Tätigkeit! Grün-blau!), der ja genau derselben Auffassung in bezug auf die Ziffernnote anhängt wie Sie, aber wenn wir schon darüber diskutieren ... (Abg. Mag. Schweitzer: Wer sagt denn das?) – Zumindest in der Vergangenheit habe ich von den Freiheitlichen nichts anderes gehört. Vielleicht war deine individuelle Stimme zuwenig laut, um hier die Differenz zu anderen freiheitlichen Positionen auszudrücken, aber wenn dem nicht so ist, nehme ich das gerne zurück.

Die Frage ist tatsächlich, ob es überhaupt möglich ist, Teamfähigkeit, Kooperation in der Schule auszudrücken. Aber eines ist klar, Herr Kollege Höchtl: Die Ziffernnote ist dafür eine ganz schlechte begleitende Maßnahme. Dazu brauchen wir viel mehr Maßnahmen, die natürlich weit über unser derzeitiges Leistungsbeurteilungssystem hinausgehen, das nicht nur auf Ziffernnoten aufgebaut sein müßte. Und auch wenn es auf Ziffernnoten aufgebaut ist, Herr Kollege Höchtl, ist noch lange nicht gesagt, daß eine negative Ziffernnote zum Nichtaufsteigen führen muß.

Das ist doch gerade der Eiertanz, den Sie in den letzten Jahren pausenlos akrobatisch aufführen mußten, weil Sie es nicht argumentieren können, daß jemand mit einem Nichtgenügend nicht aufsteigen darf. (Abg. Dr. Höchtl: Wir können leicht argumentieren! Sie kommen mit Ihrer Argumentation nicht durch!) Ich will jetzt gar nicht auf die Detailregelungen, die akrobatischen gesetzlichen Verrenkungen eingehen, unter welchen Bedingungen ein Aufsteigen mit einem Nichtgenügend doch möglich ist, nämlich nur dann, wenn nicht schon im vorhergehenden Jahr die Leistung im gleichen Fach mit einer negativen Note beurteilt wurde. Diese Regelungen, die Sie hier unter akrobatischen Verrenkungen treffen wollen, sind für niemanden einsichtig.

Ich glaube, da brauchen wir andere Regelungen und eine offene Bereitschaft, aber keine ideologischen Scheuklappen, Herr Kollege Höchtl, die Sie offensichtlich als Ihr primäres Kennzeichen in der Bildungspolitik verwenden. Wir brauchen eine offene Bereitschaft, nicht ideologische Scheuklappen! (Abg. Dr. Höchtl: Wir sind ja offen!)

Ich komme auf einen anderen Punkt. Ich denke, es ist ... (Abg. Dr. Höchtl: Als ehemaliger Kommunist haben Sie weniger zur Offenheit beizutragen! Das ist klar!) Herr Kollege Höchtl, Sie sollten sich besser informieren. (Abg. Dr. Höchtl: Sie sind ja Marxist gewesen, oder? – Abg. Mag. Stadler: Er ist immer noch einer!) Sie sollten sich besser informieren!

Meine Damen und Herren! Wenn Ihnen die Argumente ausgehen, dann greifen Sie zum Vorschlaghammer. Herr Kollege Höchtl, das ist ein bißchen billig. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Höchtl: Aber das sind Sie doch, oder? Ich lasse mich auch als Christdemokrat bezeichnen! Da habe ich gar kein Problem damit! Sie sind halt ein alter Marxist – aus! Ist ja nichts dabei!)

Meine Damen und Herren! Es ist in der Debatte die Teilautonomisierung als Erfolg dieser Bildungspolitik bezeichnet worden, und ich habe da schon einige kritische Anmerkungen dazu. Selbstverständlich kann die Teilautonomisierung ein Erfolg sein, nur hängt es sehr von den begleitenden Umständen ab. Meine Kollegin Moser wird Ihnen dann ein praktisches Beispiel, wie Teilautonomisierung sich in der Schule auswirkt, bringen, ein praktisches Beispiel, das Ihnen gleichzeitig die Grenzen aufzeigt.

Ich will auf einen anderen Aspekt eingehen. Teilautonomisierung würde auch voraussetzen – und mich würde interessieren, Frau Ministerin, was hier an Vorschlägen von Ihrer Seite eingebracht wird –, daß wir uns über die Rolle der Schulleitung völlig neue Gedanken machen. Derzeit ist es so, daß die Schulleitung der Hauptträger und der Hauptverantwortliche für diese Autonomisierung ist. Der Direktor ist pädagogischer Leiter der Schule, Manager, Finanzverantwortlicher, Akquisiteur von Aufträgen, Werber für Aufträge an die Schule, und wir haben das Problem dabei, daß der Direktor in allen diesen Belangen nur unzureichend qualifiziert ist und er vor


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allem zu viele Rollen in einer Person vereinigt. (Zwischenruf des Abg. Dr. Niederwieser. )  – Ich kann Sie akustisch nicht verstehen.

Wir brauchen daher dringend eine Debatte über die Rolle der Schulleitung und über ihr spezifisches Profil: Was soll ein Direktor, eine Direktorin in der Schule machen? Wofür ist er oder sie zuständig? Er kann nicht das alles bewältigen, und ich sehe hier derzeit große Defizite und keine Bereitschaft, auch die Schulleitungen in der einen oder anderen Richtung zu qualifizieren, hier klare Profile zu erarbeiten und Verantwortlichkeiten festzulegen, was durchaus auch heißen könnte, daß bestimmte Tätigkeitsbereiche nicht nur vom Administrator, sondern auch von anderen übernommen werden können.

Wenn die Schule tatsächlich teilautonom wird, dann wird es nicht mehr so abgehen, daß der Direktor das Mädchen für alles und gleichzeitig für nichts ist. Dann brauchen wir auch eine andere Anforderung, dann brauchen wir andere Profile für die Direktoren, dann brauchen wir auch andere Zugänge, Herr Kollege Khol, aber nicht die parteipolitischen Zugänge, die nach wie vor dominierend und ausschlaggebend dafür sind, ob jemand Direktor oder Direktorin an einer Schule wird oder nicht. (Abg. Wabl: Das mußt du aber der FPÖ sagen!) – Das gilt natürlich auch für andere. – Das ist das Problem, das wir derzeit in der Frage der Schulleitung haben. Mehr Freiraum für die Schule heißt nicht nur mehr Verantwortung und mehr Aufgaben für den Direktor, sondern heißt meiner Ansicht nach mehr Demokratie in der Schule. Die Schulgemeinschaft, der Schulgemeinschaftsausschuß muß in größerem Umfang tätig werden können, als das derzeit der Fall ist. Und es gibt, egal, ob es um die Regelung der Sechs-Tage-Woche oder der Fünf-Tage-Woche geht, Blockaden, die im System eingebaut sind und die jegliche Veränderung verhindern, die sich Eltern, Schüler oder meinetwegen auch Lehrer wünschen.

Klar ist: Man braucht an den Schulen ein Aufeinander-Zugehen. Aber was Sie in diesen Bereichen verankert haben – ich könnte Ihnen diesbezüglich noch viele andere Beispiele aufzählen –, das ist kein Versuch, die Schulgemeinschaft tatsächlich als ein verantwortliches Gremium zu installieren.

Ich komme zu einem ganz anderen Bereich, der schon angesprochen worden ist, er betrifft auch ein Hin- und Herstolpern der Schule. Ich kann mich noch gut daran erinnern, daß vor einigen Jahren – ich glaube, es war unter Unterrichtsminister Busek – die Fremdsprachenoffensive an den österreichischen Schulen propagiert wurde. Wo sind wir mit der Fremdsprachenoffensive gelandet? – Bei höheren Teilungsziffern, bei der Unmöglichkeit, Teamarbeit im Fremdsprachenunterricht zu machen. Wir sind bei höheren Klassenschülerzahlen gelandet – Kollegin Schaffenrath hat schon eine magische Zahl erwähnt. Klassen können nicht nur maximal 36 Schüler umfassen, und das sind die Eröffnungszahlen, sondern auch darüber hinausgehen.

Also wo befinden wir uns? Ich erinnere mich daran, daß wir vor gar nicht allzu vielen Jahren in der Steiermark ein Volksbegehren hatten, das niedrigere Klassenschülerzahlen verlangt hat. Dieses Volksbegehren ist auch von der Elternschaft unterstützt worden (Abg. Wabl: Ignoriert von der ÖVP!) , und es war von seiten der Eltern die Bereitschaft vorhanden, das mitzutragen, weil der Sinn dieser Maßnahme wohl verstanden wurde. Und jetzt stehen wir mehr oder weniger achselzuckend vor der Situation, daß es manchmal auch mehr als die maximal 36 erlaubten Schüler pro Klasse werden sein müssen.

Das ist inakzeptabel, und das ist auch ein Beispiel dafür, daß es in der Ausbildung der Jugendlichen nicht so weitergehen kann – das mit dem Verweis darauf, daß das nicht nur für ein paar Übergangsjahre so ist, sondern die Methode auch System hat.

Ich komme in diesem Zusammenhang auf ein Problem zu sprechen, das vor allem im Bereich der berufsbildenden Schulen tatsächlich ein großes zu sein scheint, wenn ich mir den Stellenplan für 1997/98 ansehe: Es sind die erbrachten Mehrdienstleistungen, die meiner Ansicht nach jedes vertretbare Ausmaß übersteigen. Es gibt natürlich auch in diesem Bereich gute Gründe, warum es zu diesen Mehrdienstleistungen hat kommen müssen, aber es gibt nichts, was das Anhalten dieses Zustandes über Jahre hinweg entschuldigen kann.


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Wir haben im Bereich der technischen und gewerblichen Lehranstalten einen Lehrerwochenstundenaufwand von 63 000 oder 64 000 Stunden, davon sind 44 000 Stunden Mehrdienstleistungen. Wir haben im Bereich der Pädagogischen Akademien einen Lehrerwochenstundenaufwand von 6 280 Stunden, und davon sind 5 000 Stunden Mehrdienstleistungen. – Frau Ministerin, ich wünsche mir schon eine Erklärung dafür. Ich halte das für undenkbar, aber vielleicht gibt es eine Erklärung dafür.

Ein ähnliches, wenn auch nicht ganz so ausgeprägtes Bild gibt es im Bereich der Handelsakademien. Ich weiß schon, daß Sie Schwierigkeiten haben, für bestimmte technische Fächer qualifizierte Lehrende zu finden. Aber dieser Zustand über Jahre hinweg, der das Bild einer Schule prägt, zusammen mit den überfüllten Klassen, von denen ich vorher gesprochen habe, genau in diesen Bereichen scheint mir ein unhaltbarer zu sein, der auch verhindert, daß sich etwas Positives entwickeln kann in der Beziehung zwischen den Lehrenden und den Schülern. Denn weder die hohen Klassenschülerzahlen noch eine entsprechende Überlastung der Lehrenden sind geeignet, um eine intensive Beziehung zwischen den Lehrenden und den Belehrten herstellen zu können.

Eine letzte Anmerkung, weil es auch Kollegin Schaffenrath angesprochen hat, zur Rechtschreibreform – natürlich immer noch ein Dauerthema. Frau Kollegin Schaffenrath, es geht nicht um billigen Populismus (Abg. Schaffenrath: Doch!), es geht nicht darum, daß wir zu einem Stand der Rechtschreibung zurückkehren wollen, der nicht in der Lage war, die Probleme der Rechtschreibung tatsächlich klar und überzeugend zu beantworten. (Abg. Schaffenrath: Das stimmt ja gar nicht!) Ich weiß auch, daß der Duden nicht das Kriterium für die Rechtschreibung im deutschen Sprachraum sein kann, was er ja nie war. Aber gleichzeitig eine Reform zu verteidigen, die in vielen Punkten – und da nehme ich die Berichte der Rechtschreibreformkommission aus Österreich her – von den Mitgliedern dieser Kommission als unzureichend, mangelhaft, widersprüchlich qualifiziert wurde, das erscheint mir zu billig.

Wir haben jetzt das Problem, daß wir mit dieser Reform in den Schulen leben und arbeiten müssen, und ich hoffe – das würde ich mir wünschen und dazu erwarte ich auch eine Erklärung von Ihnen, Frau Minister –, daß das, was als Übergangsstadium festgeschrieben wird, nämlich daß man bis zum Jahr 2005 die Regeln der alten und der neuen Rechtschreibung miteinander kombinieren kann, als minimale Voraussetzung auch über das Jahr 2005 hinaus beibehalten wird. Ich halte es für ein Unding, daß wir nach 2005 zu einer Rechtschreibung zurückkehren sollen, die es in dieser Form als einheitliches Regelwerk nicht mehr geben wird, nicht geben kann, weil dieses einheitliche Regelwerk weder derzeit herstellbar ist noch in den letzten Jahrzehnten vor dieser Rechtschreibreform herstellbar war.

Da hat der Duden große Mühe aufgewandt, aber tatsächliches Faktum ist: In den Schulen wird die Rechtschreibung nach wie vor überbetont, unabhängig von der Rechtschreibreform, und ich würde mir auch wünschen, Frau Ministerin, daß wir in der Frage der Betonung der Rechtschreibreform für die Beurteilung von Schülerleistungen eine Maßnahme setzen, die die Rechtschreibung etwas zurücknimmt, weil es nicht sein kann, daß die Rechtschreibung nach wie vor als qualifizierendes Selektionsinstrument in den Schulen verwendet wird. Das wäre eine mutige Ansage von Ihnen, Frau Ministerin! (Beifall bei den Grünen.)

14.17

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort ist Frau Bundesministerin Gehrer gemeldet. – Bitte.

14.17

Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten Elisabeth Gehrer: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Zuerst einige Bemerkungen zu meinen Vorrednern. Herr Kollege Schweitzer! Sie haben zahlreiche Forderungen aufgestellt, Forderungen, die gut sind – wir haben sie bereits längst in unserem Arbeitsprogramm drinnen. Und ich kann Ihnen nur sagen, Sie haben nicht registriert, daß der Zug schon abgefahren ist. Sie laufen hinter dem Zug nach! (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Dr. Krammer. )


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Zu Frau Kollegin Schaffenrath möchte ich feststellen, daß die Pragmatisierung derzeit geltendes Dienstrecht ist, und derzeit geltendes Dienstrecht ist ganz einfach umzusetzen. Es ist von der Regierung beschlossen worden, daß dann, wenn jemand, der pragmatisiert ist, in Pension geht, jemand anderer pragmatisiert werden kann. Es gibt keine Ausweitung. Ich glaube, das ist eine vernünftige Lösung.

Es wird ein neues Dienstrecht erarbeitet, das auch von der Gewerkschaft gewünscht wird, nämlich ein Vertragsbedienstetenrecht, bei dem das Lebensgehalt neu verteilt wird, also die Anfangsgehälter etwas höher sind. Im Zuge der Erstellung dieses Dienstrechtes ist selbstverständlich die Frage der Pragmatisierung zu diskutieren. Es ist festzustellen, wer besonderen Schutz braucht, und ich glaube, man muß sich da auf eine offene und ehrliche Diskussion einlassen.

Was mich etwas kränkt, das gebe ich ehrlich zu, ist, daß Sie behaupten, ich sei behindertenfeindlich – so habe ich es jedenfalls verstanden. Ich sage Ihnen ganz ehrlich, ich habe mich sehr für die Integration der geistig Behinderten in der Sekundarstufe 1 eingesetzt. (Abg. Mag. Posch: Das stimmt!) Ich muß aber folgendes feststellen: Behinderte nur für die Integration in der Schule vorzuschlagen, nur diese Art der Integration zu fordern, das halte ich für falsch. Und wenn Sie davon sprechen, daß Sie für eine offene Gesellschaft sind, dann sage ich Ihnen: Ich bin dafür, daß die Behinderten auch tatsächlich in die Gesellschaft integriert werden und diese Integration nicht nur auf die Schule abgeschoben wird. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Mag. Posch. )

Es ist unsere Aufgabe, den geistig behinderten Jugendlichen, die neun oder zehn Jahre in der Schule gewesen sind, die Möglichkeit zu geben, in eine berufliche Tätigkeit einzusteigen, ihnen auch die Chance auf Integration in die Gesellschaft zu geben.

Herr Kollege Öllinger! Sie haben die langen Ferien der Lehrer erwähnt. Sie haben es wahrscheinlich umgekehrt gemeint, aber ich glaube, es ist nicht gut, wenn man das immer wieder erwähnt. Man sollte vielmehr immer wieder herausstreichen, daß Lehrerinnen und Lehrer genau wie alle anderen Arbeitnehmer in unserem Land 1 793 Stunden im Jahr arbeiten und davon 700 bis 800 Stunden in der Klasse stehen. Die restliche Zeit, nämlich 1 093 Stunden, ist zwar unterrichtsfreie Zeit, aber Dienstzeit, in der all das zu erledigen ist, von dem hier herinnen immer wieder gesprochen wird: die Gespräche mit den Eltern und den Schülern, die Vorbereitung, die Nachbereitung, die Projektarbeit, die Teamarbeit, der Einsatz für neue Lehr- und Lernmethoden, die Lehrerweiterbildung. All das fällt in diesen Bereich.

Die Lehrerinnen und Lehrer nehmen das sehr ernst. Wir haben in den letzten Jahren versucht, die Lehrerweiterbildung in diese unterrichtsfreie Dienstzeit zu verlegen. 25 000 Lehrerinnen und Lehrer haben in Österreich in den Sommermonaten Weiterbildungsveranstaltungen besucht. Und das ist ein schönes Zeichen für die Einsatzfreude unserer Lehrerschaft. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Sie haben auch von der Teilautonomisierung gesprochen – ich weiß nicht genau, was Sie damit meinen. Es gibt auf der einen Seite die Autonomie und auf der anderen Seite die Teilrechtsfähigkeit. Die Teilrechtsfähigkeit ist die Möglichkeit für die Schulen, selbständige Angebote zu machen; sie soll im Herbst beschlossen werden.

Meine Damen und Herren! Dieses Budget ist ein klares Signal dafür, daß die Regierung der Bildung großen Stellenwert einräumt, aber auch der Kultur. Für die steigenden Schülerzahlen wurden im Budget 500 Dienstposten mehr vorgesehen, die aber nicht nach dem Gießkannensystem verteilt, sondern dort eingesetzt werden, wo sie gebraucht werden.

Der Zuwachs bei den Schülerzahlen erfordert natürlich auch mehr Sachaufwand. Der Sachaufwand für die AHS wurde um 4 Prozent erhöht, der Sachaufwand für die berufsbildenden Schulen um 8 Prozent. Ich stelle daher klar und nachdrücklich fest: Die Schulkassen sind nicht leer! Die Direktorinnen und Direktoren haben Steigerungen beim Sachaufwand, und es kann somit im gesamten Bereich der Ersatzbeschaffungen, der Schulveranstaltungen, der Energiekosten das Notwendige abgedeckt werden.


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Es sind im Budget auch für die Bundesimmobiliengesellschaft, das heißt für die Schulneubauten, mehr Mittel vorgesehen, es sind für die Schülerbeihilfen mehr Mittel vorgesehen und auch für unsere EU-Programme.

Dieses Budget enthält aber auch den Kulturbereich, und besonders dem Kulturbereich wurde in diesem Budget Augenmerk geschenkt. Für die Fertigstellung des Technischen Museums sind 82,4 Millionen Schilling vorgesehen – es wird übrigens am 22. April 1999 eröffnet. Das Museumsquartier ist aufgrund des Bescheides des Bundesdenkmalamtes auf der Schiene – es ist dies der größte Kulturbau in Österreich seit der Monarchie! (Beifall bei der ÖVP.)

Im Budget 1998 sind dafür 105 Millionen Schilling vorgesehen. Das Startfest für das Museumsquartier findet am 8. Dezember 1997 um 18 Uhr statt und die Eröffnung im Jänner 2000.

Für die Albertina sind die notwendigen Geldmittel für das Studiengebäude und die Fortführung der Renovierung vorgesehen. In der Nationalbibliothek wird unter dem Prunkraum ein schöner neuer, großer Veranstaltungsraum errichtet, eine sehr attraktive Räumlichkeit, die im Rahmen der EU-Präsidentschaft als Journalistenzentrum benützt und dann für Publikumsveranstaltungen zur Verfügung stehen werden wird.

Auch im Ausstellungsbereich werden wir unsere erfolgreiche Arbeit weiterführen. Die große Schiele-Ausstellung, die derzeit in New York beachtlichen Erfolg hat, wird im nächsten Jahr in Barcelona und in Paris gezeigt werden.

Nach der am vergangenen Wochenende eröffneten Bhutan-Ausstellung – ich lade Sie herzlich ein, hinzugehen; es ist die größte jemals im Ausland gezeigte Ausstellung von bhutanischen Kunstschätzen – und der Ausstellung "Land der Bibel" wird es im nächsten Jahr eine Brueghel-Ausstellung und eine Ausstellung zum Thema "Schrift und Zeichen" geben. Die Österreichische Galerie wird im Zuge des EU-Vorsitzes eine große Expressionismus-Ausstellung in Brüssel zeigen.

Durch diese Schwerpunktsetzung im Kulturbereich sind die Ermessensausgaben um 14,1 Prozent erhöht worden – das ist ein Bekenntnis der Regierung zur Kultur. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Dr. Niederwieser. )

Das gesamte Budget mit Unterricht und Kultur erfährt eine Steigerung von etwa 3,5 Prozent, aber – ich will es nicht verhehlen – ich muß selbstverständlich auch zum Sparkurs beitragen, ich muß selbstverständlich auch zum Konsolidierungskurs beitragen. Und so habe ich den Auftrag, bis Ende 1999 400 Dienstposten aus dem Nichtlehrerbereich – das heißt, aus dem Verwaltungsbereich, aus dem Kulturbereich – einzusparen. Wir sind dabei, das umzusetzen.

Bei allen Strukturmaßnahmen, die wir getroffen haben, haben wir immer darauf geschaut, daß es keine unerträglichen Einschnitte für die Schulen gibt. Es wurden vernünftige Strukturmaßnahmen gesetzt, die mit den vorhandenen Ressourcen, mit den vorhandenen Mitteln neue Entwicklungen ermöglichen. Es ist ein altes Denken, immer zu sagen, wir können nur etwas Neues umsetzen, wenn wir mehr Geld, mehr Werteinheiten haben. Ich muß mich fragen, wie ich mit den bestehenden Ressourcen neue Schwerpunkte setzen kann, was es noch braucht, was es nicht mehr braucht, was ich Neues machen kann. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Dr. Niederwieser. )

Im Schulbereich ist das mit Strukturmaßnahmen gelungen: mit der Entlastung der Schüler durch eine moderate Kürzung der Stundentafel, mit mehr Selbständigkeit für die Schulen, mit eigener Entscheidungsmöglichkeit, mit der Modernisierung der Lehrpläne, mit gerechten Kennzahlen für Schüler, für Sachaufwand, für Energiekosten, für Reinigungskosten. Und die vielen Ängste und Befürchtungen – Sie wissen ja, es gibt viele Menschen, die sich prophylaktisch fürchten –, die hier geäußert wurden, haben sich einfach nicht bewahrheitet. Ich möchte das auch an einem Beispiel konkret aufzeigen.

Hier herinnen wurde immer wieder gesagt, daß durch die Strukturmaßnahmen die sportliche Ertüchtigung an unseren Schulen zurückgehen werde. Ich sage Ihnen, das Gegenteil ist der


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Fall: Es gab noch nie so viele Teilnehmer bei Sportwochen von Schulen wie im vergangenen Schuljahr! 280 685 Schülerinnen und Schüler und 26 783 Lehrerinnen und Lehrer haben an Sportwochen teilgenommen, das entspricht 29 Prozent der Schüler und Schülerinnen Österreichs. Wir haben Maßnahmen zur Qualitätssteigerung dieser Sportwochen angeboten, die sehr gut angenommen wurden.

Auch bei den unverbindlichen Übungen ist keineswegs die erwartete Minderung des sportlichen Anteils eingetreten. 23 Prozent aller Schülerinnen und Schüler besuchen unverbindliche Übungen, die Hälfte davon sind im Bereich Leibeserziehung angesiedelt. Und die Tendenz im Bereich Leibeserziehung ist weiterhin steigend.

Ich möchte also klar und deutlich feststellen, daß die Rahmenbedingungen, die wir geschaffen haben, sehr wohl zu Innovationen anregen. (Beifall bei der ÖVP.)

Mit dem Budget, das wir heute beschließen werden, sind auch weitere Strukturmaßnahmen im Schulbereich verbunden. Auf der einen Seite steht die flexible Gestaltung der Lebensplanung – ich nenne nur das Sabbatical, den freiwilligen Vorruhestand, mehrere Möglichkeiten zur Teilzeitarbeit. Und dazu möchte ich folgendes festhalten: Besonders der Vorruhestand ist ein Angebot an Lehrer und Lehrerinnen, das sich selbst finanziert. Die voraussichtlich zu erwartende Pension wird auf mehr Jahre aufgeteilt, dadurch entsteht natürlich ein Abschlag bei der Pension. Und ich stelle klar und deutlich fest: Es soll keine der älteren Lehrerinnen, keiner der älteren Lehrer aus der Schule hinausgedrängt werden – wir brauchen das Wissen, wir brauchen die Erfahrung dieser Kolleginnen und Kollegen! Ich habe aber vielfach den Wunsch gehört, daß es Ausstiegsmöglichkeiten geben soll, auch ohne krank zu sein, ohne arbeitsunfähig zu sein. Und mit dem Vorruhestand haben wir das Modell für einen Ausstieg geschaffen.

Auf der anderen Seite haben wir Forderungen des Rechnungshofes berücksichtigt. Der Rechnungshof hat gefordert, daß Berechnung und Bezahlung der Mehrdienstleistungen auf eine neue Basis gestellt werden müssen. Es wird nun dazu übergegangen, genau festzuhalten, welche Mehrdienstleistung erbracht wurde, und diese Mehrdienstleistung wird auch tatsächlich bezahlt. Das hat zur Folge, daß jene Leistung, die mehr erbracht wird, auch tatsächlich abgegolten wird. Ich halte das für eine richtige und neue Weiterentwicklung der Qualität der Schule, nämlich der Qualität, wie Leistung belohnt wird. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Schaffenrath. )

Gesamthaft möchte ich zum Schulbereich folgendes feststellen, und ich gehe an viele Schulen: Es herrscht ein positives Klima, die Lehrerinnen und Lehrer, die Eltern, die Schülerinnen und Schüler bringen sich ein: sie kritisieren, sie fragen, sie haben Vorschläge, sie haben neue Ideen, sie diskutieren.

Ich halte es für wichtig und gut, daß eine lebendige Schulpartnerschaft an der Schulentwicklung arbeitet, und ich möchte ihnen allen, den Lehrern und Lehrerinnen, den Schülern und Schülerinnen sowie auch den Eltern, für diese Bereitschaft zur Innovation danken. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Dr. Krammer. )

Ein besonderes Anliegen ist mir als Unterrichtsministerin, den Jugendlichen, die ihre Schulpflicht erfüllt haben, Perspektiven zu geben, entweder eine weitere Schule zu besuchen, aber auch, in einen Lehrberuf, in einen Beruf einzusteigen. Deshalb hat auch die Regierung das Sonderprogramm der Bundesregierung zur Jugendbeschäftigung beschlossen.

Ich meine, daß dieses Sonderprogramm zu einer Trendumkehr geführt hat, und zwar dahin gehend, daß die duale Ausbildung in ihrer Wertigkeit voll erkannt wird. Wir haben heuer 2 675 Lehrverträge mehr. Das ist immerhin eine Steigerung von 5,9 Prozent. Ich danke allen Betrieben, die bereit waren, für diese sinnvolle Ausbildung unserer Jugend tätig zu werden. (Beifall bei der ÖVP.)

Im Schulbereich hatten wir die Vorgabe, 5 600 zusätzliche Schulplätze in weiterführenden Schulen für unsere Jugend zu ermöglichen, und wir haben diese Vorgabe erfüllt. In den Schulen der Vierzehn- bis Neunzehnjährigen sind heuer um 7 632 Schüler und Schülerinnen mehr. Wir haben darüber hinaus eine Erhebung gemacht, ob es noch freie Schulplätze gibt. Es gibt noch


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freie Schulplätze, in einzelnen Schulen auf ganz Österreich verteilt. Wir haben aber, und das haben mir die Landesschulräte und der Stadtschulrat bestätigt, alle Schülerinnen und Schüler, die die Voraussetzungen für eine Schule erfüllen, in unsere Schulen aufgenommen. Diejenigen, die jetzt noch auf der Liste der Lehrstellensuchenden stehen, möchten eine Lehrausbildung machen und nicht mehr in die Schule gehen. Deshalb kann das Problem derer, die noch eine Lehrstelle suchen, nicht durch eine Zuweisung an eine Schule gelöst werden. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich darf also feststellen: Die Schule hat ihren Auftrag im Bereich des Sonderprogramms sehr ernst genommen. Wir haben die Zielsetzung mit 7 632 Schülerinnen und Schülern übertroffen, und ich möchte allen herzlich danken, besonders denen, die sich in den Bundesländern für die Jugendlichen so enorm engagiert haben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

14.33

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Vielen Dank, Frau Bundesministerin.

Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Morak. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

14.33

Abgeordneter Franz Morak (ÖVP): Herr Präsident! Frau Minister! Meine Damen und Herren! Wir alle haben soeben gehört, daß die Frau Minister nicht ausschließlich für die Schulen, sondern auch für einen stark identitätsstiftenden Bereich zuständig ist, nämlich den Bereich der Nationalbibliothek, der Bundesmuseen und natürlich auch des Denkmalschutzes.

Wir sehen es als Aufgabe, die Gegebenheiten und Strukturen demnächst in einem Ausschuß zu behandeln. Ich möchte mich einem Thema widmen, das lange Zeit die Causa prima in dieser Stadt und möglicherweise auch in diesem Land war, nämlich dem Museumsquartier.

Mit dem Bescheid vom 30. Oktober 1997 kann das Museumsquartier gebaut werden – wir haben es heute schon gehört –, das heißt elf Jahre nach der Ausschreibung und mehr als sieben Jahre nach dem Juryentscheid für Ortner & Ortner. Gebaut wird letzten Endes eine Version des Museumsquartiers von Wehdorn, Ortner & Ortner, und dazu hat es fünf Minister bedurft und des Stahlbades einer selbst für Wiener Verhältnisse erbittert geführten Debatte um das Für und Wider. Der Standard der Brutalität wurde neu definiert. Früher hat es geheißen, Brutalität ist Simmering gegen Kapfenberg. Seitdem heißt es: Brutalität ist die Diskussion um das Museumsquartier. Es war wirklich jeder gegen jeden und jeder gegen alle und alle gegeneinander.

Die ehemaligen Pferdestallungen, die in den fünfziger Jahren durch die Messe AG wirklich verschandelt wurden, ohne daß es ein Wehgeschrei darum gegeben hätte, wurden in dieser Diskussion zu einem unüberbietbaren und unberührbaren Baujuwel hochstilisiert. Alle Ansätze einer zeitgemäßen Gestaltung, einer zeitgemäßen architektonischen Intervention im Bereich der ehemaligen Hofstallungen konnten nicht verwirklicht werden. Eine neue, vertretbare Sinngebung der historischen Bausubstanz wurde verunmöglicht und damit die Öffnung in den 7. Bezirk. Die von Busek propagierte Museumsmeile im Zentrum der Stadt wurde gnadenlos torpediert, gejagt und abqualifiziert. Das Projekt schien zu Bruch zu gehen zwischen den Maximalisten und den Denkmalschützern. Aber letzten Endes ist eine Lösung herausgekommen, die viel mehr ist, das muß man betonen, als die Diskussion, die voranging, erwarten hat lassen. (Abg. Dr. Krüger: Mit der aber keiner zufrieden ist!) Das ist nicht wahr, denn ich bin damit zufrieden! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Haigermoser: Ausnahmen bestätigen die Regel!) Bitte geht einmal hin, schaut euch das an, und dann reden wir weiter. (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Khol: Ich bin auch zufrieden!)

In der strikten Trennung der Baukörper, auch im Verringern – ich sage das jetzt bewußt – der Kubatur können Alt und Neu atmen, sind gegeneinander gestellt, ohne daß das eine das andere dominiert, überlagert, sich verschleift.

Möglich wurde das auch dadurch, und damit bin ich beim Inhaltlichen, daß abgerückt wurde vom starren Nutzungskonzept hin – und da hat Frau Ministerin Gehrer einen sehr sensiblen Ansatz


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gezeigt – zur tatsächlichen Entwicklung und zur Urbanisierung dieses Stückchens, dieses Fleckchens der Stadt: Leben statt Repräsentanz, Werkstatt statt Permanenz. Es ist alles im Fluß, vor allem in der neuen Vermittlungsdebatte. Es gibt ein Museum in progress, und das ist auch die Botschaft. (Beifall bei der ÖVP.)

Die Diskussion um die Architektur hat damit wieder weg von Gehässigkeit und hin zu einer Bodenhaftung geführt. Das gibt den Blick frei für das, was dort sein soll, was dort gestaltet werden soll, was dort gezeigt werden soll, was in den Räumlichkeiten drinnen sein soll. Es gibt auch ein Leben nach dem Spatenstich. Dieses Leben gilt es zunehmend zu erhalten, so wie es gerade wächst, auch in der Zeit der Veranstaltungen im Museumsquartier, bei der Sammlung Leopold im Museum Moderner Kunst, in der Veranstaltungshalle, im Kindermuseum, im Kinderkreativzentrum, im Architekturzentrum und so weiter.

Das Museumsquartier ist natürlich auch ein Fallbeispiel einer unendlichen Erregung, und das Phänomen dabei ist: Aus dieser déplorablesten Debatte leitet sich ein passables, unaufgeregtes Ergebnis ab, also etwas zutiefst Österreichisches. Darüber sollte man sich – wenn Sie Zeit haben, Herr Krüger – einmal freuen und sagen: Guat is’ gangen, nix is’ g’schehn! (Beifall bei der ÖVP.)

14.40

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Madl. 6 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

14.40

Abgeordnete Elfriede Madl (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Hohes Haus! Frau Bundesminister! Die Art und Weise, wie Sie eine zehnminütige Rede meines Kollegen Karl Schweitzer kaltschnäuzig mit dem Stehsatz abqualifiziert haben, der Zug sei bereits abgefahren, ohne zu präzisieren, inwiefern Sie das so sehen, ist meiner Meinung nach einer Ministerin nicht würdig und qualifiziert Sie nicht besonders für das Amt, das Sie innehaben. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Khol: Kaltschnäuzig!)

Frau Bundesminister! Wo ist der Zug für unsere Forderung nach einer Hauptschulreform bereits abgefahren? Wo ist der Zug bezüglich des 9. Schuljahres und dessen Einrechnung in die Berufsschulzeit abgefahren? Was haben Sie betreffend Lehrerausbildung und Leistungslohn für Lehrer gemacht? Was haben Sie hinsichtlich Lehrplanreform oder Neugestaltung der Stundentafel getan? Wo ist in all diesen Dingen der Zug abgefahren, Frau Bundesminister? Sie können das nicht mit einem einzigen Satz abtun, nur weil das Publikum oben zuhört. Das ist eine "Qualifikation"! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Mag. Schweitzer. )

Aber Sie haben sich auch im Bereich der Rechtschreibreform mit jenem Erlaß, mit dem Sie die Rechtschreibreform in Österreich eingeführt haben, eher nicht für das Amt, das Sie innehaben, qualifiziert. Sie haben angeordnet, die neue Rechtschreibreform in den Volksschulen schon ab dem Schuljahr 1997/98 unterrichten zu lassen. Obwohl Sie nun merken, daß in Österreich mehr als 80 Prozent der Bevölkerung gegen diese Reform sind (Zwischenruf der Abg. Dr. Brinek ) , haben Sie den Auftrag gegeben, Schulbücher entsprechend den neuen Regeln drucken zu lassen. Das kostet den Steuerzahler – entgegen Ihren Beteuerungen im Ausschuß, Frau Bundesminister, denn auch im Ausschuß haben wir Sie nach den Kosten gefragt – natürlich eine Menge Geld.

Das erinnert mich daran, daß Sie auch im Ausschuß gesagt haben, in der Frage der Vorruhestandsregelung für Lehrer hätten Sie die Lehrer hinter sich. Ich frage Sie nun, welche Lehrer Sie hinter sich haben. Etwa jene, die uns Pakete von Protestbriefen bezüglich dieser Vorruhestandsregelung geschrieben haben? (Abg. Dr. Höchtl: Das ist ja freiwillig, Frau Kollegin!) Wo sind diese Lehrer? Bewegen sie sich im Dunstkreis Ihres Bekanntenkreises? (Abg. Dr. Khol: Ein Können, kein Müssen!) Herr Klubobmann Khol! Es kann doch etwas nicht stimmen, wenn man auf der einen Seite paketweise Protestbriefe bekommt, aber auf der anderen Seite die Frau Bundesministerin – wie auch heute wieder – sagt, diese Vorruhestandsregelung sei eine Errungenschaft. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Höchtl: Kein einziger muß in die Pension gehen, wenn er nicht will!)


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Wissen Sie, was die Frau Bundesminister mit diesen Äußerungen und mit dieser Vorruhestandsregelung bewirkt hat? – Sie hat Tausende Junglehrer getäuscht (Abg. Dr. Höchtl: Wieso hat sie die getäuscht?) , und zwar deswegen, weil gar nicht so viele diese Vorruhestandsregelung in Anspruch nehmen werden. (Abg. Dr. Maitz: Eine primitive Unterstellung!) Jene 200 bis 300 Personen, die diese Möglichkeit vielleicht in Anspruch nehmen werden, befriedigen nicht den Bedarf von 8 000 Junglehrern, die keinen Arbeitsplatz haben. (Abg. Dr. Höchtl: Das hat sie auch nicht gesagt! Das ist nicht wahr!) Sie hat damit falsche Hoffnungen geweckt, und das ist besonders kritikwürdig, Herr Kollege. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich komme nun wieder auf die Rechtschreibreform zurück. Sie haben im Vorfeld der Neuorganisation der Schulbuchaktion behauptet – das wäre schon fast lustig, wenn es nicht so viel Geld kosten würde –, daß im Zuge der Erneuerung der Schulbücher diese langsam entsprechend den Regeln der neuen Rechtschreibreform geändert werden.

Frau Bundesminister! Ich würde gerne wissen, wovon Sie eigentlich reden. Entweder Sie sagen nicht die Wahrheit, was ich nicht annehme und Ihnen auch nicht unterstellen will, oder Sie haben keine Ahnung. (Abg. Dr. Khol: Keine Ahnung, worüber Sie sprechen!) Ich könnte Ihnen einen zehn Zentimeter dicken Katalog von Schulbüchern, die einfach nicht neu aufgelegt werden müssen, überreichen. Ich nenne zum Beispiel Fremdsprachenwörterbücher, die doch nicht alle zwei, drei Jahre reformiert werden müssen. Das ist überhaupt nicht wahr. (Zwischenruf des Abg. Dr. Krüger. )

Was ist mit den Lateinbüchern, dem "Liber Latinus" oder dem Kleinen und Großen Stowasser? Was ist mit den Religionsbüchern? Es ist doch nur eine Alibiaktion, wenn Sie sagen, die gehören erneuert. Das ist doch gar nicht wahr! Sie wollen nur die neue Rechtschreibreform implizieren. Das kostet den Steuerzahler zwar 100 Millionen Schilling, aber um unser Geld, das Geld des Steuerzahlers, ist der Frau Bundesminister nichts zu teuer. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Frau Bundesminister! Ein anderer Aspekt ist, daß diese Rechtschreibreform für die Bundesländer nicht bindend sein wird. Wie sollen wir uns denn das vorstellen? Das Bundesland Kärnten führt sie ein, das Bundesland Oberösterreich aber nicht. Gibt es dann ganz verschiedene Regelungen? Stellen Sie sich vor, ich als Kaufmann bekomme einen Brief, eine Angebotslegung, in der eine Rechtschreibung verwendet wird, die ich als nicht richtig empfinde. Ich schaue mir dann nicht einmal mehr die Zahlen an, weil ich annehme, daß, wenn ein Mensch nach meinem Empfinden nicht einmal rechtschreiben kann, auch die Zahlen nicht stimmen können und der Auftrag auch nicht erfüllt werden kann. (Abg. Dr. Krüger: Peter Handke, Günter Grass!) So ist es.

Frau Bundesminister! Eine Rechtschreibreform hat nur dann einen Sinn, wenn sie auch von der Bevölkerung akzeptiert wird, und das ist offensichtlich weder in Österreich noch in Deutschland oder in der Schweiz der Fall. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Deshalb ist es sinnlos, über die Hintertür Schule die Bevölkerung zu zwingen, eine Rechtschreibreform anzunehmen, die sie letztendlich nicht will.

Der deutsche Außenminister Klaus Kinkel hat erst vor ein paar Tagen etwas gesagt, das Sie sich einmal verinnerlichen sollten. Er hat gesagt, daß man doch auch einmal klüger werden könne und sich auch dazu bekennen müsse, daß man sich irren kann. (Abg. Dr. Khol: Aber auch Sie, Frau Kollegin!) Auch ein zeitgenössischer Schriftsteller hat gesagt – das hätte Ihnen sogar eine Schiene gelegt –, er verstehe die Schwierigkeiten, die die Politiker haben, sich aus einem unhaltbaren Zustand zurückzuziehen, aber das sei keine Schande, sondern ein Verdienst.

Frau Bundesminister! Diese Worte sollten Sie sich zu Herzen nehmen! Deswegen bringe ich auch einen Antrag ein. Der Ring Freiheitlicher Jugend hat eine Unterschriftenaktion gestartet und bereits viele tausend Unterschriften gesammelt. Ich weiß nicht, woraus Kollegin Schaffenrath eine Unterstützung der neuen Rechtschreibreform durch die Lehrerschaft schließen kann. Woher sie diese Zahlen hat, weiß ich nicht. In der Bevölkerung und auch bei der Jugend stößt sie jedenfalls auf sehr großen Widerstand. (Abg. Dr. Krüger: Kollege Khol! Können Sie das bestätigen?)


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Ich bringe folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Schweitzer, Mag. Dr. Grollitsch, Madl, Dr. Preisinger, Dipl.-Ing. Schöggl und Kollegen betreffend Aussetzen der Rechtschreibreform

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten wird ersucht, für das Aussetzen der neuen Rechtschreibung umgehend Sorge zu tragen und dem Parlament einen umfassenden Bericht über die tatsächlichen Kosten, insbesondere vor dem Hintergrund der aus der Novelle zum Familienlastenausgleichsgesetz resultierenden Neuorganisation der Schulbuchaktion und die Erfahrungen in der Umsetzung der neuen Rechtschreibung vorzulegen."

*****

(Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.46

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Der soeben verlesene Entschließungsantrag wurde ordnungsgemäß eingebracht, ist entsprechend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Dr. Höchtl, und zwar zu einer tatsächlichen Berichtigung.  – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.47

Abgeordneter Mag. Dr. Josef Höchtl (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Kollegin Madl hat soeben zwei Behauptungen aufgestellt, die unrichtig sind.

Sie hat erstens festgestellt, daß die Frau Bundesministerin mit der Ankündigung des Vorruhestandsmodells falsche Hoffnungen bei den jungen Lehrern geweckt hätte. (Abg. Madl: Hat sie auch!)

Ich stelle richtig: Die Frau Bundesministerin hat ein Vorruhestandsmodell vorgeschlagen, das freiwillig von jenen, die früher in Pension gehen wollen, in Anspruch genommen werden kann. Wenn es in Anspruch genommen wird, können junge Lehrerinnen und Lehrer den freigewordenen Posten bekommen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Böhacker: Das ist keine tatsächliche Berichtigung! Das ist eine Bewertung! – Abg. Madl: Sie wecken falsche Hoffnungen!)

Zweite Behauptung: Sie haben gesagt, daß der Frau Bundesministerin dazu Tausende Protestunterschriften zugegangen sind.

Ich stelle richtig: Es ist keine einzige Protestunterschrift gegen dieses Vorruhestandsmodell eingegangen. (Abg. Madl: Bei Ihnen nicht, bei uns!) Das ist die Wahrheit! Das, was Sie gesagt haben, ist nicht richtig. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Jung: Erst hören, dann reden! – Abg. Böhacker: Er kennt unsere Post! Datenklau!)

14.48

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Die nächste Wortmeldung liegt von Herrn Abgeordneten Mag. Posch vor. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Zwischenrufe der Abgeordneten Dr. Krüger und Dr. Höchtl. )

14.48

Abgeordneter Mag. Walter Posch (SPÖ): Herr Präsident! Frau Minister! Hohes Haus! Zunächst einmal möchte ich sagen, daß es positiv ist, daß das Unterrichtsbudget auch in diesem Jahr eine Steigerung um insgesamt 2,3 Milliarden Schilling erfahren hat. Das ist, gemessen an den anderen Budgetkapiteln, eine beachtliche Leistung! Ich halte Ihnen das zugute.


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Ich möchte aber auch vermerken, daß es im Bereich Unterricht große Einsparungen gegeben hat, etwa im Zuge des Lehrerpakets, wo es beispielsweise zu massiven Einsparungen im Bereich der Mehrdienstleistungen, insgesamt von 900 Millionen, also von fast 1 Milliarde Schilling, gekommen ist. Das ist ziemlich viel. Ich verkenne nicht, daß es damit Probleme gibt, wenn ich etwa an die Matura denke oder an die Probleme, die sich unter Umständen bei der Erstellung der Stundenpläne ergeben können, weil manche bereits am Plafond angelangt sind. Es ist der Leistungsmotivation der Lehrer nicht immer förderlich, wenn sie durch die Matura große Belastungen haben und ihnen dann noch die Mehrdienstleistungen gestrichen werden.

Auf der anderen Seite bekenne ich mich dazu, da es im Sinne einer Güterabwägung ein höheres Gut ist, wenn für junge Lehrer Arbeitsplätze geschaffen und damit junge Leute in Beschäftigung gebracht werden. Insofern ist die Maßnahme mit den Mehrdienstleistungen nach meinem Dafürhalten in Ordnung.

Ebenso finde ich Ihr Vorruhestandsmodell in Ordnung. Das ist eine gute Maßnahme – wiederum nicht nur, um neue Lehrerplätze zu schaffen, sondern auch, um Lehrern, die sich ausgebrannt fühlen oder weniger arbeiten möchten, die entsprechende Möglichkeit zu geben. Auch das Sabbatical in seinen verschiedenen Varianten halte ich für eine gute Maßnahme.

Frau Ministerin! Zu den betreffenden Maßnahmen im Zuge der Pensionsreform haben Sie nicht meine ungeteilte Zustimmung. Die Einführung von Durchrechnungszeiträumen auch bei den Lehrern bringt eine massive Verschlechterung in der Pensionshöhe mit sich. Ich anerkenne zwar, daß es eine Deckelung der Verluste gibt. Insgesamt bin ich aber gegen eine Budgetsanierung, die einseitig zu Lasten der Arbeitnehmer geht, egal, ob es sich dabei um Beamte, Lehrer oder Eisenbahner handelt. Ich trete dafür ein, daß im Zuge der Pensionsreform alles einmal Grenzen finden muß. (Abg. Dr. Graf: Aber Sie haben selber mitgestimmt, Sie haben zugestimmt im Parlament!)

Noch zu einem Punkt, der die berufsbildenden mittleren und höheren Schulen betrifft. (Abg. Dr. Graf: Es ist eh besser, wenn Sie das geflissentlich übergehen! Dagegen sein, aber dafür stimmen, das ist ein Widerspruch!) Sie wissen, es gibt eine Regelung, wonach Schüler, die in der ersten Klasse mehr als drei Nicht genügend haben, nicht länger die Schule besuchen dürfen. Das grenzt eigentlich an ein Berufsverbot! Es sind sehr viele Schülerinnen und Schüler davon betroffen. Ich halte dies aus Verfassungsgründen für problematisch. Ich habe das seinerzeit auch im Ausschuß moniert und wäre sehr dafür, diese Maßnahme noch einmal zu überdenken.

Abschließend möchte ich mich auch noch einmal zur Rechtschreibreform äußern. Wie Sie wissen, hat die IG Autoren beim Handelsgericht Wien eine Musterklage betreffend die Rechtschreibreform eingebracht. Der Widerstand gegen diese Reform wächst. Ich weiß, daß diese Reform aus Ihrer Sicht schwer zu sistieren ist. (Abg. Dr. Graf: Schwer, aber nicht unmöglich! Die Frau Ministerin ist angetreten, Unmögliches möglich zu machen!) Trotzdem sollte man das überlegen, wenn Künstler und Schriftsteller fast geschlossen dagegen auftreten. (Abg. Dr. Graf: Die Frau Ministerin ist angetreten, Unmögliches möglich zu machen! – Abg. Dr. Krüger: Richtig!) Diese Zwischenrufe sind einfach lästig! (Abg. Dr. Graf: Parlamentarismus ist lästig! Das ist Ihre Einstellung! Ja, ja!)

Es ist schwierig, das zu sistieren. Aber vielleicht könnte man auf Basis der Substantivkleinschreibung, der Doppel-S-Schreibung, der Zusammen- und Getrenntschreibung doch weitere Reformschritte setzen, denn für mich ist das keine Reform, sie geht zuwenig weit. Man bedenke, daß dies ein Gesetzeswerk ist, an dem einige Experten insgesamt fast zehn Jahre gearbeitet haben. Ich sehe ein, daß es schwierig ist, einen Konsens zu finden, da diese Frage in der Bundesrepublik Deutschland Ländersache ist und es unterschiedliche Positionen gibt, aber vielleicht könnte Österreich eine Vorreiterrolle in dieser Richtung übernehmen und diese Angelegenheit ein kleines Stück vorantreiben. Das wäre mein Anliegen dazu.

Frau Ministerin! Ich wollte Sie noch einmal bitten, dazu Stellung zu nehmen, ob Sie den Ministerratsbeschluß dieser Woche, wonach Sie weitere 3 500 Ausbildungsplätze in Aussicht gestellt haben, tragen werden oder nicht. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der SPÖ.)

14.54


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98. Sitzung / Seite 87

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder:
Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Motter. – Bitte, Frau Abgeordnete, ich mache Sie darauf aufmerksam, daß ich Sie in 6 Minuten unterbrechen müßte, falls Ihre Rede bis dahin nicht beendet ist. (Abg. Dr. Krüger: Das wird eine Erlösung sein für uns! – Rufe im Plenum: Haha! Sehr nett! – Abg. Motter: Also das war jetzt sehr unfair! – Abg. Dr. Khol: Kollege Krüger, entschuldige dich!)

Ich möchte doch bitten, von solchen Zwischenrufen abzusehen. Sie fördern sicher nicht die Kommunikation. Frau Abgeordnete! Sie sind am Wort! – Bitte. (Beifall bei der SPÖ. – Rufe der Abgeordneten Dr. Khol und Dr. Mertel: Ein Rüpel! – Abg. Scheibner  – in Richtung der Abg. Dr. Mertel  –: Sie haben es notwendig! – Abg. Dr. Mertel: Regen Sie sich nicht auf!)

14.54

Abgeordnete Klara Motter (Liberales Forum): Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Ich möchte mich in aller Kürze mit den kulturellen Angelegenheiten befassen und zunächst feststellen, daß es ein achtbarer Erfolg ist, daß die Dotierung dieses Budgetkapitels um fast 200 Millionen Schilling gestiegen ist. Aber Zahlen sind nicht alles, und hier setzt gleich meine Kritik ein.

Frau Bundesministerin! Ihrem Ministerium fehlt eine kulturpolitische Vision, die aufzeigt, wohin der Weg der Bundesmuseen gehen soll. Was soll zum Beispiel ihre Aufgabenstellung im nächsten Jahrtausend sein? Sollen die Bundesmuseen Depots, Bildungsinstitutionen oder Tourismusattraktion sein? – Ihrem Kulturbericht, der erstmals vorliegt, kann ich nichts entnehmen, und ich bitte Sie, sich mit diesen Fragen ehestens auseinanderzusetzen.

Es wurde meines Wissens auch nie untersucht, welche Erwartungen die interessierten Besucher beziehungsweise Besucherinnen in einen Museumsbesuch setzen. Für mich ist das eine zentrale Frage, die ebenfalls noch im Raum steht.

Ich schließe eine weitere Frage an: Wie reagieren Sie als verantwortliche Ministerin auf die Tendenz, daß Museen immer öfter wie Theater ein Programm anbieten, daß Ausstellungen einander in kurzen Abständen folgen? Ist das eine zukunftsweisende Museumspolitik oder nicht? Ich glaube, darüber sollten wir auch einmal diskutieren.

Weiters gibt es meines Erachtens keine Koordination zwischen den einzelnen Museen. Oft finden an einem Abend drei Ausstellungseröffnungen statt, davon zwei in Bundesmuseen. Ich glaube, eine Harmonisierung in diesem Bereich wäre nicht nur wünschenswert, sondern auch sinnvoll. Frau Ministerin! Vielleicht könnten auch Sie diesbezüglich etwas Positives erwirken.

Meine Damen und Herren! Die berechtigte Ausgliederung der Museen ist eine alte Forderung von uns Liberalen und sicher ein richtiger Schritt. Es sollte aber nicht so sein, daß eine kleine Gruppe unter der Leitung von Sektionschef Wran ein Konzept erarbeitet, wobei die betroffenen Museumsdirektoren weder eingebunden noch ausreichend informiert werden.

Frau Ministerin! Es herrscht große Verunsicherung unter den Angestellten der Museen. Ich frage Sie daher, warum diese ebenfalls betroffenen Personen nicht darüber informiert werden, in welche Richtung Sie sich die Ausgliederung vorstellen. Warum herrscht ein absolutes Informationsvakuum?

Eine weitere Frage: Welche nationalen und internationalen Experten wurden zur Vorbereitung dieser Ausgliederung herangezogen? Ich glaube, bei dieser bahnbrechenden Umstellung, die ein Jahrhundertvorhaben ist, sollten möglichst viele eingebunden sein, auf jeden Fall aber die Betroffenen. Nicht zuletzt sollte auch rechtzeitig Vorsorge dafür getroffen werden, daß entsprechende Schulungen und Kurse angeboten werden, die die organisatorischen Fähigkeiten für ein wirtschaftliches Management sichern. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Frau Ministerin! Ich habe von Ihnen im Ausschuß und auch heute – Sie haben die Kulturdebatte schon vorweggenommen, ich hoffe, daß Sie sich noch einmal zu Wort melden werden – erfahren, daß der Spatenstich für das Museumsquartier im Dezember stattfinden wird. Meine


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Freude darüber hält sich in Grenzen, denn vom ursprünglichen Konzept von Ortner & Ortner ist leider nicht mehr viel übriggeblieben. Wir wissen auch, warum. Aufgrund des Drucks einer Massenzeitung und der damals bevorstehenden Gemeinderatswahlen in Wien wurden wichtige architektonische Signale, wie zum Beispiel der Leseturm, einfach gestrichen. Das Architektenduo mußte sich dem Denkmalschutz beugen.

Aus dem einst zukunftsweisenden architektonischen Konzept wurde ein Rumpfentwurf, und meine Freude, Herr Kollege Morak – er ist im Moment nicht da –, hält sich in Grenzen. Ich bedaure dies zutiefst, und es ist für mich bezeichnend für die Geisteshaltung in diesem Land, daß der gesellschaftliche und politische Kleingeist über eine Vision, deren Realisierung durchaus möglich gewesen wäre, gesiegt hat. (Präsident Dr. Fischer übernimmt den Vorsitz.)

Wir werden mit diesem neuen Entwurf sicher keine Architekturgeschichte schreiben, und wir können nur mit Neid auf den beispielhaften Museumsbau in Bilbao schauen. Dort wurde ein Projekt verwirklicht, das bereits Architekturgeschichte geschrieben hat, und die Weltöffentlichkeit ist dadurch auf eine eher unbedeutende Stadt aufmerksam gemacht worden. Eine Kunstmetropole wurde geschaffen! Ein neuer Impuls wurde für eine ganze Region gesetzt! Politischer Wille und Weitsicht waren dabei federführend.

Österreich beziehungsweise die Kulturmetropole Wien, die sie so gern sein möchte, hat eine große Chance verspielt. – Das ist zumindest mein Resümee!

Ich werde nach der Dringlichen Anfrage noch weitere Fragen an Sie richten. (Beifall beim Liberalen Forum.)

14.59

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich unterbreche nunmehr kurz die Beratungen, da für 15 Uhr die Dringliche Anfrage anberaumt ist und die Aufrufung eines weiteren Redners für eine Minute nicht sinnvoll wäre.

Die Sitzung ist kurz unterbrochen.

(Die Sitzung wird um 14.59 Uhr unterbrochen und um 15.01 Uhr wiederaufgenommen. )

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf .

Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Gaugg und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend "gerechte Pensionen für alle" (3309/J)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen nun zur Behandlung der schriftlichen Anfrage 3309/J. Da diese inzwischen allen Abgeordneten zugegangen ist, erübrigt sich eine Verlesung durch den Herrn Schriftführer.

Die Dringliche Anfrage hat folgenden Wortlaut:

"Nach langem Tauziehen zwischen den Regierungsparteien und der Gewerkschaft wurden vor wenigen Tagen im Nationalrat nicht ohne große Turbulenzen Änderungen des Pensionsrechts der Beamten und der nach dem ASVG, dem GSVG und dem BSVG Pensionsversicherten beschlossen.

Diese Änderungen werden von der Bundesregierung als große Pensionsreformen gefeiert, die die Finanzierung der Pensionen weit über das Jahr 2020 hinaus ohne weitere Einschnitte sicherstellen würden.

Bundeskanzler Mag. Klima versucht, den Österreicherinnen und Österreichern in einer Inseratenwelle ernsten Blickes einzureden: "Gerechte Pensionen für alle".


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Tatsächlich erweisen sich die Maßnahmen in erster Linie als Geldbeschaffungsaktionen für das marode Bundesbudget und lassen trotz massiver Pensionskürzungen in einigen Bereichen keine echte zukunftsweisende Strukturreform, sondern wenig durchdachte und wegen kurzfristiger Einsparungseffekte getroffene Einzelmaßnahmen erkennen.

Der in der Vorbereitungsphase der pensionsrechtlichen Maßnahmen von der Bundesregierung beigezogene Experte Prof. Bert Rürup erklärte dazu, daß es sich aus seiner Sicht um einen Kompromiß handle, der "geprägt vom Altersprofil im ÖGB" sei und vor allem der Einkommenssicherung der über 50jährigen diene. Für die jungen Beitragszahler und die langjährig Versicherten blieben hingegen deutliche Ungerechtigkeiten. In dieser Form werde die Umstellung maximal drei Prozent Einsparungen bringen, statt der von ihm als nötig angesehenen 20 Prozent. So wie die Maßnahmen derzeit aussehen, reiche das nicht aus, um das System zukunftssicher zu machen.

Rürup brach eine Lanze für die gemischte Pensionsfinanzierung, wo einander staatliche Sicherung mit dem Umlagesystem und private bzw. betriebliche Vorsorge ergänzen.

Tatsächlich hat somit der von der Bundesregierung gestellte Experte den von der Bundesregierung eingeschlagenen Weg als unzureichend bzw. sogar verfehlt kritisiert und dadurch auch das freiheitliche Pensionsmodell, das auf drei Säulen beruht, als zukunftsweisende Alterssicherung bestätigt. Das Drei-Säulen-Modell sieht als erste Säule eine Basispension für alle Erwerbstätigen vor, die durch ein Umlageverfahren finanziert wird. Die zweite Säule bildet ein System der verpflichtenden betrieblichen Altersvorsorge durch Pensionskassen, zu dem Arbeitgeber und Arbeitnehmer beitragen. Als dritte Säule der Alterssicherung muß die Eigenvorsorge forciert werden.

Dieses Modell soll grundsätzlich für alle Berufsgruppen gelten, wobei ein längerer kalkulierbarer Harmonisierungszeitraum bestehen muß. Im Bereich der Beamten müßte im Zuge einer leistungsorientierten Besoldungsreform das Lebenseinkommen neu verteilt werden, wobei in Abkehr vom Dienstaltersprinzip eine erhebliche Verbesserung der Bezüge bis zu einem Lebensalter von 40 Jahren stattfinden muß. Für alle neu eintretenden Bediensteten sowie bereits im Dienststand befindliche Beamte mit einem Lebensalter unter 35 Jahren soll das freiheitliche Drei-Säulen-Modell uneingeschränkt gelten.

Für Beamte zwischen dem 35 und 40sten Lebensjahr bildet die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens geltende Höchstbeitragsgrundlage (öS 42.000,--) nach dem ASVG auch die Obergrenze zur Bemessung der Beamtenpension. Hinsichtlich jener Einkünfte, die in den Folgejahren der Aktivzeit die genannte Beitragsgrundlage übersteigen, erfolgt eine Beitragsleistung in eine Pensionskasse.

Für jene Beamte, die bereits das 40ste Lebensjahr überschritten haben, sind hingegen die von der Bundesregierung verordneten Eingriffe nicht zumutbar.

Die freiheitlichen Anträge, die zur Verwirklichung eines die Altersversorgung der Österreicherinnen und Österreicher sichernden Gesamtkonzeptes eingebracht wurden, haben SP/VP aber bisher abgelehnt.

Die Behauptung der Bundesregierung, daß die Maßnahmen das Pensionssystem bis weit über das Jahr 2020 sichern würden, erweist sich als unrichtig.

Auch die Behauptungen im eingangs dargestellten Inserat halten einer näheren Prüfung nicht stand und zeigen um so mehr, wie unglaubwürdig diese Bundesregierung und insbesondere der Bundeskanzler geworden sind:

Gerechtigkeit für alle Berufsgruppen:

Bundeskanzler Klima sind offenbar einige Berufsgruppen entfallen: Unerwähnt bleiben einerseits die selbständig Erwerbstätigen, die z.T. dramatisch steigende Beiträge hinnehmen müssen, und andererseits – sicherlich bewußt – "vergißt" der Kanzler insbesondere die alteingesessenen Po


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litiker, die auch weiterhin das Privileg einer Pensionsbemessung vom Höchstbezug eines Sektionschefs (IX/6 – teilweise mehr als 100 % des Letztbezuges) genießen und für die es weiterhin weder eine Durchrechnung noch Ruhensbestimmungen geben wird, sowie die Mitarbeiter von Kammern, Sozialversicherungsträgern und der OeNB, wobei ältere Bedienstete der OeNB 85 % des Letztbezuges nach 35 Dienstjahren in einem Alter von 55 Jahren beziehen können.

Gerechtigkeit für sozial Schwache:

Der Bundeskanzler ist nicht bereit, für Bezieher niedriger Einkommen Altersarmut durch eine stärkere Umverteilung im Pensionsversicherungssystem (etwa durch eine Aufhebung der Höchstbeitragsgrundlage für die Dienstnehmerbeiträge) wirksam zu vermeiden. Er hat nur die negativen Auswirkungen der vielen Maßnahmen, die künftig für deutlich niedrigere Pensionen sorgen werden, durch eine "Deckelung" begrenzt. Diese Beschränkung der Pensionskürzung endet aber jedenfalls im Jahr 2020 abrupt. Ab dann werden keinerlei Härtefälle mehr vermieden.

Gerechtigkeit für Frauen:

Eine Bemessungsgrundlage in Höhe des Ausgleichszulagenrichtsatzes ist noch lange keine Gerechtigkeit. Dies gilt vor allem für Frauen, die ihre Kinder nach 1971 geboren haben und deren individuelle Bemessungsgrundlage höher ist als öS 7.887,-- oder die lange gearbeitet haben, da hier die schon seit der Pensionsreform 1993 geltenden Bestimmungen eine deutliche Verschlechterung gegenüber der vorher geltenden Regelung bedeuten. Die Verlängerung des Durchrechnungszeitraumes trifft die Frauen generell besonders hart, weil sie bedingt durch die Kindererziehung meist nicht durchgehend beschäftigt sind und oft im Interesse der Familie längere Zeit hindurch Teilzeitarbeit verrichten oder eine geringfügige Beschäftigung annehmen. Nun werden diese Phasen eines deutlich niedrigeren Einkommens vielfach für die Pensionsbemessung herangezogen werden.

Gerechtigkeit für Pensionisten:

In bestehende Pensionen wird derzeit schon durch eine jährliche Pensionsanpassung eingegriffen, die nicht einmal die Höhe der Inflationsrate erreicht. So soll 1998 eine Anpassung der Pensionen um 1,33 % erfolgen, obwohl 1,6 % Inflation prognostiziert werden. Das bedeutet einen Eingriff in bestehende Pensionen durch eine Kürzung ihrer Kaufkraft. Ab 2000 soll eine nochmals verringerte Pensionsanpassung in Kraft treten, die auch noch die Lebenserwartung in der Berechnung berücksichtigt.

Gerechtigkeit für geringfügig Beschäftigte:

Der soziale Schutz der geringfügig Beschäftigten ist durch Beiträge teuer erkauft. Daß es vor allem um den Schutz der Einnahmen der Sozialversicherung geht, zeigt die Beitragspflicht der Arbeitgeber, die auch dann besteht, wenn die Beschäftigten sich ihren Beitragsteil nicht leisten können und damit auch keinen Versicherungsschutz haben.

Gerechtigkeit für die Jungen:

Experten halten die nächste Pensionsreform schon kurz nach der Jahrtausendwende für unumgänglich und weisen darauf hin, daß die Einschnitte im Pensionsrecht um so schmerzlicher sein müssen, je später sie kommen. Die Jugend wird von der Regierung durch das weitere Hinausschieben einer echten Systemreform und die weiterhin vorgetäuschte Sicherheit der Pensionen um eine sinnvolle Lebensplanung betrogen. Die Regierung mutet den Jungen zu, daß sie selbst nur noch dramatisch verringerte Pensionen erhalten werden, obwohl sie jetzt einen hohen Anteil ihres Einkommens in Form von Beiträgen zur Finanzierung der Pensionen bezahlen müssen.

Gerechtigkeit für ältere Arbeitnehmer:

In fünf Jahren kann eine auf die Verläßlichkeit der staatlichen Pensionsleistungen aufgebaute Lebensplanung nicht mehr umgestellt oder zum Ausgleich der Verluste ausreichend angespart


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werden. Die Koalition hat die Pensionsreform, deren Notwendigkeit zumindest seit 1991 feststeht, jahrelang zum Schaden der Bevölkerung hinausgezögert, sonst wären zumutbare Übergangsfristen von zumindest zehn Jahren möglich gewesen. Darüber hinaus hat das Scheitern der Arbeitsmarktpolitik der Bundesregierung dazu geführt, daß ältere Arbeitnehmer in zunehmendem Maße aus der Arbeitswelt hinausgedrängt werden.

Festzuhalten ist, daß die Bundesregierung nicht nur unglaubwürdig geworden ist, sondern darüber hinaus auch versucht hat, die ÖBB-Bediensteten wegen der bevorstehenden Personalvertretungswahlen zu täuschen:

Bereits am 10. Oktober 1997 faßte sie nämlich den Beschluß, auch im Bereich der ÖBB die pensionsrechtlichen Maßnahmen analog den ASVG-Versicherten und den Beamten (d.h. Durchrechnung, Ruhensbestimmungen) durchzuführen.

Die am 5. und 6. November 1997 durchgeführten Personalvertretungswahlen haben dazu geführt, daß dieser Beschluß geheim blieb, weil die SPÖ ihre Wahlaussichten bei den ÖBB-Bediensteten nicht schmälern wollte und sich die ÖVP ruhig verhielt, um den Bundeskanzler nach den Wahlen um so mehr unter Druck setzen zu können. Erst nach den Wahlen wird jetzt auf die ÖBB-Belegschaft Druck ausgeübt und sogar die Befassung des Bundesrates mit dem 1. und 2. Budgetbegleitgesetz bis Dezember 1997 aufgeschoben.

Offenbar will die Bundesregierung durch eine Kürzung der Pensionen der ÖBB-Pensionen jene finanziellen Mittel erlangen, die ihr für dringend notwendige Investitionsmaßnahmen fehlen.

Alle pensionsrechtlichen Maßnahmen bleiben jedoch so lange unglaubwürdig, solange die Pensionsprivilegien der Politiker aufrechterhalten werden, den

wie ist es zu rechtfertigen, daß ein Bundesminister bereits nach vier Jahren Funktionsdauer einen Pensionsanspruch von öS 83.453,-- aufweist, der bis öS 133.526,-- steigen kann,

wie ist es zu rechtfertigen, daß für Politikpensionisten eine Bezugsobergrenze von öS 160.000,-- gilt,

wie ist es zu rechtfertigen, daß die Pensionsbemessungsgrundlage bei Politikern teilweise mehr als 100 % des Letztbezuges beträgt,

wie ist es zu rechtfertigen, daß Politiker keinen Durchrechnungszeitraum befürchten müssen,

wie ist es zu rechtfertigen, daß für Politiker keine echte Ruhensbestimmungen bestehen, und

wie ist es zu rechtfertigen, daß Politiker eine Bezugsfortzahlung bis zu 12 Monaten lukrieren können?

Die freiheitlichen Abgeordneten sind der Meinung, daß pensionsrechtliche Einschnitte erst dann gerechtfertigt sind, wenn die Politiker mit gutem Beispiel vorangehen und zuerst ihre eigenen Privilegien beseitigen.

Aus diesem Grund richten die unterfertigten Abgeordneten an den Herrn Bundeskanzler gemäß § 93 Abs. 1 GOG-NR nachstehende

Dringliche Anfrage

1. Wie ist der genaue Inhalt der Protokollanmerkung im Ministerrat vom 10. Oktober 1997?

2. Auf wessen Initiative kam diese Protokollanmerkung zustande?

3. Weshalb wurde der Inhalt dieses Beschlusses des Ministerrates geheimgehalten?

4. Trifft es zu, daß Bundesminister Dr. Einem als Gegner dieses Beschlusses aufgetreten ist und in der Folge keinerlei Maßnahmen zu seiner Realisierung getroffen hat?


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5. Wie rechtfertigen Sie den Umstand, daß den ÖBB-Bediensteten die Absicht der Bundesregierung, ihre Pensionen zu kürzen, bis nach den Personalvertretungswahlen verheimlicht wurde?

6. Ist diese Vorgangsweise Ausdruck der neuen Qualität des Umganges mit den Österreicherinnen und Österreichern?

7. Welche Maßnahmen plant die Bundesregierung im Pensionsrecht der Eisenbahner, fällt darunter auch die Einführung eines Durchrechnungszeitraumes sowie von Ruhensbestimmungen? Wenn ja, wie sollen der Durchrechnungszeitraum und die Ruhensbestimmungen gestaltet sein?

8. Das Verhandlungskomitee der Bundesregierung, bestehend aus den Ministern Molterer, Edlinger und Einem, hat gestern mit Vertretern der Gewerkschaft der Eisenbahner verhandelt. Was war das Ergebnis dieses Gespräches und wurden weitere Gesprächstermine vereinbart? Wenn ja, wann werden diese stattfinden?

9. Plant die Bundesregierung analog den Eingriffen in die Verträge der Eisenbahner auch Eingriffe in die Verträge der Bediensteten der OeNB, der Kammern und der Sozialversicherungsträger? Wenn nein, warum nicht? Wenn ja, welche konkreten Maßnahmen sind wann geplant und wie sollen diese realisiert werden?

10. Kommt für Sie dabei auch ein gesetzlicher Eingriff in privatrechtliche Verträge in Frage? Wenn ja, auf Grund welcher Erwägungen? Wenn nein, warum nicht?

11. Trifft es zu, daß Sie nicht für eine Reduktion der überzogenen Pensionshöhe der Politiker eintreten? Wenn ja, mit welcher Begründung?

12. Wie rechtfertigen Sie die enorme Höhe Ihrer eigenen Politikerpension sowie die aller Politiker, die durch die gegenwärtigen Maßnahmen in keiner Weise nachteilig betroffen sind?

13. Ist dies Ausdruck von "Gerechtigkeit für alle Berufsgruppen", wenn ein Bundesminister nach nur vier Funktionsjahren bereits einen Pensionsanspruch von öS 83.453,-- aufweist, der sich bis öS 133.526,-- erhöhen kann? Wenn ja, wie begründen Sie diese Auffassung? Wenn nein, welche konkreten Maßnahmen werden sie wann treffen?

14. Ist dies Ausdruck von "Gerechtigkeit für alle Berufsgruppen", wenn für Politikerpensionisten eine Bezugsobergrenze von öS 160.000,-- besteht. Wenn ja, mit welcher Begründung?

15. Wie stehen Sie dazu, daß die Koalitionsparteien den freiheitlichen Antrag auf Harmonisierung der Pensionssysteme und Abbau der Politikerprivilegien abgelehnt haben?

16. Unterstützen Sie als Bundeskanzler den unter Frage 15 erwähnten Antrag?

17. Wie beurteilen Sie die wiedergegebene Kritik des Pensionsexperten Prof. Rürup zu den Pensionsmaßnahmen der Bundesregierung?

18. Ist Ihnen bewußt, daß die Bundesregierung durch diese Maßnahmen die Pensionserwartungen der jüngeren Österreicherinnen und Österreicher massiv beeinträchtigt hat, ohne aber gleichzeitig das Pensionssystem für die Zukunft wirklich finanziell abzusichern? Wenn ja, weshalb haben Sie diesen Maßnahmen zugestimmt? Wenn nein, warum nicht?

19. Können Sie es trotz der Kritik von Prof. Rürup ausschließen, daß es in den nächsten 10 Jahren nochmals zu erheblichen Einschnitten im Pensionsrecht der ASVG und der Beamten kommen wird? Wenn nein, warum nicht?

20. Weshalb hat die Bundesregierung nicht den von Prof. Rürup aufgezeigten Weg einer Altersvorsorge durch ein Mischsystem von Umlage- und Kapitaldeckungsverfahren beschritten, wie er auch im freiheitlichen Drei-Säulen-Modell und in den entsprechenden freiheitlichen Anträgen aufgezeigt wird?


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21. Weshalb hat die Bundesregierung trotz des erklärten Zieles, das Pensionsantrittsalter anzuheben, zugestimmt, daß in den ausgegliederten Bereichen wie ÖBB, PTA, ÖBF, usw., großzügige Vorruhestandsmodelle umgesetzt werden, die das soziale Netz noch weiter erheblich belasten?

Es wird beantragt, die Dringliche Anfrage gemäß § 93 Abs. 1 GOG-NR zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu behandeln."

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich erteile Herrn Abgeordneten Gaugg als erstem Fragesteller zur Begründung der Anfrage das Wort. Seine Redezeit darf gemäß § 93 Abs. 5 der Geschäftsordnung 20 Minuten nicht überschreiten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

15.02

Abgeordneter Reinhart Gaugg (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Herr Präsident! Ich freue mich, daß der Bundeskanzler der Republik Österreich in dieser Woche einmal Zeit findet, hier im Parlament zu sein, weil es doch um wesentliche Zukunftsentscheidungen in diesem Land geht (Abg. Dr. Haider: Beim Budget hat er sich eh nicht getraut!) , so auch um die Frage der Pensionsreform, bei der letztlich die Wahrheit schneller an den Tag kommt, als es Ihnen lieb ist.

Diese Pensionsreform hat "stolze" 3 Prozent gebracht. Von den geplanten 20 Prozent dieser Pensionsreform ist nicht mehr zustande gekommen. Es ist eben so, daß sich Unanständigkeit rascher rächt, als gewünscht ist. Das Ziel dieser Reform war nicht die Zukunftsgestaltung der Pensionen, sondern das Ziel dieser Reform war ausschließlich darauf gerichtet, die Zustimmung der Sozialpartner zu erlangen. Ich sage Ihnen dazu nur: Das war ein Fehler! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ein weiterer schwerer Fehler dieser Bundesregierung ist, daß sie anders redet, als sie handelt. So wird beispielsweise ständig über das Anheben des Pensionsalters gesprochen, doch es wird das Gegenteil davon gemacht, was die steigende Zahl der Frühpensionisten beweist. Weiters wurde eine Harmonisierung der Pensionssysteme versprochen. Doch es sind die Ungerechtigkeiten manifestiert worden. Am wahren Problem dieser Republik wurde vorbeidiskutiert. Es ging nur mehr darum, wer wen schützt. Es ging nicht darum, auf die mangelnde aktive Beschäftigungspolitik in unserer Republik einzugehen.

Die Politik des Schuldenmachens hat ihren Höhepunkt erreicht. Es gibt kein Geld für Innovationen und kein Geld für Investitionen. Das Budget 1998 beweist dies wieder. So enthält das offizielle Defizit von rund 67 Milliarden Schilling nur 13 Milliarden Schilling für Investitionen. Meine Damen und Herren von den Regierungsparteien! Sie sind sich dieser Unfinanzierbarkeit des Systems durchaus bewußt, aber es fehlt Ihnen der Mut zu einer echten Reform, zu einer echten Systemänderung. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die jetzige Situation stellt sich so dar, daß es sich jene, die verhandelt haben, gerichtet haben und der Rest auf der Strecke bleibt. Es wurde Jung gegen Alt ausgespielt.

Wir haben mit unserer Kritik, die nicht nur die Oppositionsparteien in dieser Republik artikuliert haben, recht behalten: Rürup sagt, es sei keine Reform. Marin sagt, es sei ein Ansatz einer Reform. Felderer sagt, es sei keine Reform. Marin sagt, man werde in Kürze wieder über eine Reform reden müssen. – Das ist die Realität!

In der Zeit – ich möchte fast sagen, daß Sie schon fast Vranitzky-Qualität haben – nach Beschlußfassung der Pensionsreform haben Sie folgendermaßen argumentiert: Das ist ein Stück, wo wieder etwas weitergegangen ist, das wir herzeigen können, und ähnliches mehr! – Das reicht aber wahrscheinlich nicht einmal bis zum nächsten Jahr, wir werden dieses Problem also bald wieder auf dem Tisch haben.


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Das schlechte Gewissen manifestiert sich auch darin, daß Sie nach der Beschlußfassung ganzseitig in den Medien inseriert haben. Das kostet Ihrer Bewegung viel Geld. (Abg. Ing. Reichhold: Und den Bundeskanzler!) Sie müssen – verzweifelt! – versuchen, der Öffentlichkeit zu erklären, warum diese Pensionsreform gerecht ist. Ich werde Ihnen jetzt sagen, warum sie nicht gerecht ist.

Sie sprechen von Gerechtigkeit für alle Berufsgruppen, von gleicher Durchrechnung und von gleicher Pensionserhöhung. Da muß ich Sie schon fragen: Wo ist bei Ihrer Politikerpension der Durchrechnungszeitraum? – Der fehlt zur Gänze! Das ist gerettet! Sie haben das Ganze noch rechtzeitig über die Bühne gebracht und gerettet. Wo ist der Durchrechnungszeitraum bei den Angestellten der Oesterreichischen Nationalbank? Wo ist der Durchrechnungszeitraum bei den Angestellten der Sozialversicherungsanstalten? Wo ist der Durchrechnungszeitraum bei den Funktionären des Österreichischen Gewerkschaftsbundes?

Wissen Sie, was mich so betrübt? (Abg. Wabl: Na geh, er ist betrübt!)  – Sie sagen immer, Sie seien der Freund der Eisenbahner, der Postler und ähnliches mehr. Angeblich sind das alles Ihre Freunde, doch gerade diese Berufsgruppe haben Sie besonders hinters Licht geführt. Ich kann Ihnen das an vielen Dingen beweisen. Die Frühpensionskampagnen laufen überwiegend in jenen Bereichen, auf die die Politik – Ihre Politik! – mittelbar oder unmittelbar Zugriff hat. Das betrifft die Creditanstalt-Bankverein Wien, die OMV – dieses Unternehmen kennen Sie und Ihr Staatssekretär Ruttenstorfer persönlich –, den Verbundkonzern, die Lehrer, die Post und die Bahn.

Über die Post und darüber, wie unmenschlich man dort beim Personalabbau mit den Mitarbeitern umgeht, haben wir schon mehrfach in diesem Parlament diskutiert. 9 500 Mitarbeiter müssen abgebaut werden, aber nicht deshalb, weil die Postler so schlecht gearbeitet haben, sondern deswegen, weil dieses Unternehmen finanziell ausgehöhlt wurde, was Sie und Ihre Vorgänger zu verantworten haben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Heute soll sich die Post dem Wettbewerb stellen; heute wird von Chancengleichheit geredet. Tatsache ist, daß diese Ihre Post hohe finanzielle Verpflichtungen hat, die ihr niemand abnimmt. Das ist keine Wettbewerbsgleichheit, das ist kein Vorgeben von Chancen.

Neben dem Kopfgeld, das gezahlt wird, gibt es nun als Zubuße noch die Abschußprämie. Sie haben mit Ihrem Ministerratsbeschluß in der letzten Ministerratssitzung auch noch eine Abschußprämie genehmigt. Je nach Länge der Dienstdauer bekommt man neben der gesetzlichen Abfertigung auch noch eine freiwillige Prämie. Diese ist im Strukturanpassungsgesetz nicht vorgesehen, sondern es wurde eine Kommission, bestehend aus zwei Arbeitgeber- und zwei Arbeitnehmervertretern, eingerichtet, die über die Höhe dieser Abschußprämie entscheiden. Dabei wäre interessant, zu wissen, nach welchen Kriterien die Höhe dieser freiwilligen Abfertigung festgesetzt wird: Wenn jemand ein braver Genosse ist, bekommt er dann mehr, und wenn jemand ein "schlimmer" Freiheitlicher oder ein Parteiloser ist, bekommt er dann nichts? Das würde ich gerne wissen.

Noch etwas Unmenschliches: Bis 31. Dezember 1997 sind alle Mitarbeiter, die für die Frühpensionierung in Frage kommen, aufgefordert, unwiderrufliche Erklärungen abzugeben, daß sie von ihrem Arbeitsplatz verschwinden. – Das ist unmenschlich! Das ist eine Handlungsweise, die strikt abzulehnen ist! Besonders wundert mich dabei – aber mich wundert bei der SPÖ eigentlich ohnehin nichts mehr –, daß es gerade die SPÖ ist, die in diesen Fragen ein besonderer Scharfmacher ist.

Es ist zwar der Schüssel-Ditz-Kurs, der da versagt, denn letztlich werden dadurch immer mehr Arbeitslose produziert, aber die SPÖ läßt sich in dieser Frage gewaltig mißbrauchen.

Meine Damen und Herren! Es gibt einen ganz aktuellen sogenannten Sozialplan – es wäre treffender, Sie würden "Un sozialplan" sagen – der Österreichischen Bundesforste. Dieser taucht interessanterweise auch erst nach den Verhandlungen über die Pensionsfrage auf. Vor wenigen Tagen wurde dieser Sozialplan in den Bundesforsten beschlossen, mit dem einzigen Ziel, 188 Mitarbeiter abzubauen. Diesen unterstellt man, daß sie nicht in der Lage seien, der neuen


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Technologie zu folgen, daher müsse man sie hinauswerfen und durch 60 neue Mitarbeiter ersetzen. Das ist die Politik, die heute in Österreich gemacht wird! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Das ist die Arbeitnehmerpolitik der Roten und Schwarzen in diesem Land. Man unterstellt den älteren Beschäftigten, sie wären nicht in der Lage oder nicht bereit, sich den modernen Technologien anzupassen. Da frage ich, ob bei den Verantwortlichen im Vorstand jemals geprüft wurde, ob sie dazu bereit sind. Denen passiert wie immer nichts. Bei der Post wurde Herr Ditz versorgt, in anderen Unternehmen ist das ebenfalls üblich.

Zur Frage der Kosten: Wenn das Unternehmen die Kosten der Bundesverwaltungskündigungen von 188 Mitarbeitern trüge, könnte man sagen: Das ist eine Entscheidung des Unternehmens, die zwar unsozial und unmenschlich ist, aber leider erfolgt. Tatsache ist jedoch, daß alle Mitarbeiter ein Jahr vor der Pensionierung in die Arbeitslose geschickt werden. Allein diese Maßnahme kostet die österreichischen Steuerzahler rund 30 Millionen Schilling. Die Differenz zahlt das Unternehmen in dieser Zeit weiter. Es hat auch geheißen: Jeder, der bei der Pensionierung Schwierigkeiten hat, soll sich an die Direktion wenden, die das parteipolitisch schon richten wird, und ähnliches mehr. Die Dienstwohnungen dürfen diese Leute Gott sei Dank noch behalten, bevor man sich endgültig von ihnen verabschiedet. – Das ist Ihre Sozialpolitik in dieser Republik!

Jetzt zum wesentlichsten Teil und zu einem der Hauptgründe der Dringlichen Anfrage betreffend "Gerechte Pensionen für alle". Sie haben die Bediensteten der Österreichischen Bundesbahnen mit dem Ruster Mogelpaket belogen! (Abg. Dr. Mertel: Hallo! – Unruhe bei der SPÖ.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter! Ich erteile Ihnen einen Ordnungsruf , auch wenn das einer bestimmten Fraktion nicht gefällt. Und ich richte an alle Abgeordneten den Appell, eine Diktion dieser Art zu vermeiden. Es steht nun einmal in der Geschäftsordnung, daß die Würde des Hauses zu wahren ist.

Herr Abgeordneter, Sie sind am Wort! (Abg. Dr. Haider: Was heißt das "einer bestimmten Fraktion nicht gefällt"? Was heißt denn das? Was heißt denn das wieder?)

Abgeordneter Reinhart Gaugg (fortsetzend): Herr Präsident!

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter! Sie haben nicht mit mir zu diskutieren. Setzen Sie bitte Ihre Rede fort! (Unruhe bei den Freiheitlichen.)

Abgeordneter Reinhart Gaugg (fortsetzend): Ich würde mir in dieser Republik wünschen (Abg. Mag. Stadler: Ihnen wird noch manches nicht taugen, was wir Ihnen heute servieren! Verlassen Sie sich drauf! – Abg. Dr. Haider: Flegelhaftes Verhalten!) , daß die sozialdemokratischen Abgeordneten die Empfindsamkeit, die sie gegenüber einzelnen Wortspenden im Parlament an den Tag legen, auch einmal gegenüber der Bevölkerung hätten, die darunter leidet, daß Sie so eine Politik machen! Das würde ich gern einmal erleben. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Schwemlein: Ich würde mir überlegen, wie man "Nazi" buchstabiert!)

Ich würde gern einmal erleben, daß Sie mitfühlen und mitdenken und es sich nicht immer selbst richten. Jenen, die Sie hinauswerfen, geben Sie eine kleine Zubuße. Das ist der Punkt! Ihr seid immer sehr empfindlich! Ihr seid die Hof- und Nobelsozialisten, seid empfindlich, sehr empfindlich! Immer wenn ihr aufgelegt werdet, herrscht große Empörung! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es kommt alles immer wieder – wie bei der tibetanischen Gebetsmühle. Ich könnte Ihnen auch jedes Mal erzählen, was mit dem Herrn Metelko in Klagenfurt los ist, und ähnliches mehr. (Abg. Koppler: Wieso schreist du denn so? – Abg. Dr. Haider: Weil du auch so schreist!)  – Weil mich das ärgert! Dich, Koppler, müßte das besonders berühren! Weißt du, wie das bei dir ist? – Den Betrieb, in dem du Betriebsratskaiser warst, gibt es nicht mehr, aber Kaiser bist du noch immer! (Abg. Dr. Partik-Pablé: Mit Dienst-Mercedes!) Dir wurden der Dienstwagen und der Chauffeur gelassen, aber die anderen haben keine Beschäftigung mehr. Das ist die Realität! (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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Daher müßtest gerade du, der du angeblich jeden Tag mit Arbeitern zu tun hast oder vielleicht einmal in vergangener Zeit zu tun gehabt hast, nachvollziehen können, was 9 500 Postler, 10 000 Eisenbahner und 3 500 andere betrifft. Wenn Herr Draxler, Ihr Parteifreund Draxler, öffentlich erklärt ... (Abg. Dr. Mertel: Sie hat der Dienstgeber ausgesperrt! Der Gaugg wurde ausgesperrt! – Abg. Dr. Haider: Was ist mit Ihrem Schreibtisch, Frau Kollegin? Da ist schon der Holzwurm drin, weil Sie dort nie sitzen!) Dazu kann ich Ihnen etwas sagen, Frau Mertel. Derzeit haben die ÖBB 56 000 Beschäftigte. Nach den Vorstellungen des Herrn Draxler wird die Bahn in Kürze nur noch 40 000 Mitarbeiter haben. Die 16 000 Mitarbeiter, die entlassen werden, werde ich zu Ihnen schicken, Frau Kollegin Mertel! Ich sage Ihnen folgendes: Wissen Sie, warum man mich damals in der Zentralwerkstätte Linz aussperren wollte? (Rufe bei der SPÖ.)  – Weil dort unzumutbare Arbeitsbedingungen herrschen. Unzumutbare Arbeitsbedingungen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wissen Sie, warum es gut ist, daß es uns gibt? – In der Zwischenzeit ist die Werkshalle saniert worden und sind Türen in der Lackiererei eingebaut worden. Dies hat es im Jahre 1996 noch immer nicht gegeben – aufgrund Ihrer Politik! (Abg. Dr. Mertel: Bei der Bank hat man Sie ausgesperrt!) Sie freuen sich darüber. Das ist in Ordnung, das ist Ihre Angelegenheit. Mich interessiert das relativ wenig.

Ich sage Ihnen nun folgendes: Ihre Form der Arbeitsmarktpolitik, die auch ein Herr Draxler vertritt, enthält zwar den Personalabbau, aber wenn ein privater Unternehmer das machte, was Herr Draxler mit den ÖBB macht, wären Sie die ersten, die aufstehen und sagen würden: Schweinerei! Von den 6 Millionen Überstunden, die von den Eisenbahnern geleistet wurden, wurden bis dato nur 2,5 Millionen bezahlt. Kollege Edler von der Eisenbahn weiß das sicher. Herr Draxler sagt dazu aber nur: Das war es! Daran sind die Gewerkschafter selbst schuld, denn sie wollen diese Situation! – Das sagt Ihr Herr Draxler, Ihr Parteimitglied! Ich kenne kein Parteiausschlußverfahren gegen den Herrn Draxler.

Noch etwas darf ich Ihnen sagen: Bundeskanzler Klima, Frau Hostasch und Herr Rudas sagen immer wieder, sie stünden zu den ÖBBlern oder zu den Postlern. Ich halte das für eine gefährliche Drohung für die dort Beschäftigten. Das ist es nämlich in Wahrheit (Beifall bei den Freiheitlichen), denn das Täuschen von Wählern hat ja in Ihrer Partei System. (Abg. Dr. Nowotny: Die Trauben sind Ihnen zu sauer!)

Ich werde Ihnen gleich etwas sagen, Herr Universitätsprofessor: Die Eisenbahner wurden bei der Pensionsdebatte ausgespart, und es wurde immer wieder beteuert: Bei euch tun wir nichts, denn ihr seid ja unsere klassen Burschen! Jetzt ist die Wahl geschlagen. Aber unter welchen Bedingungen? In Protokollen steht, wenn die Mitbewerber an einer Tafel im Betrieb irgend etwas aufhängen, gehört dies heruntergenommen. Damit müssen wir leben. – Das ist Ihr Verständnis von Demokratie! (Abg. Dr. Nowotny: Die Trauben sind Ihnen zu sauer!)

Aber jetzt ist die Wahl vorbei, und jetzt gehen Sie es an: Man schickt Herrn Einem vor, in der Hoffnung, daß er, da dort ohnehin alle seine Freunde sind, dort etwas ausrichten kann.

Herr Bundeskanzler! Ich werde Sie daran messen, was Sie bei den Eisenbahnerpensionen machen werden. Ich bin ganz gespannt darauf. Ihr versteht es noch immer, Wählertäuschung zu betreiben, nur um Macht zu erhalten, nach dem Motto: Jede Wahl werden wir irgendwie überstehen, wenn wir nur lange genug täuschen! Bis zur nächsten Wahl wird das schon vergessen werden! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich werde Ihnen jetzt beweisen, daß diese SPÖ permanente Wählertäuschung betreibt. (Abg. Schwemlein: Geh!) Mir liegt nämlich ein Protokoll vor, das das beweist. All jene, die lang genug im Parlament sind, die alle in den Genuß der Politikerpensionen kommen, sind bereit, ein bißchen nachzugeben. (Abg. Dr. Mertel: Sie nicht und ich nicht!) Sie sollten aber zumindest einmal darüber nachdenken und unseren Vorschlag unterstützen!

Zu den VOEST-Pensionisten: In den Jahren 1989 und 1990 ist es mit der VOEST abwärts gegangen, sind Mitarbeiter gekündigt, viele in Frühpension geschickt worden, in Pension gegangen; ohne irgendwelche Zusagen einzuhalten. Sie haben immer gesagt, es wird eine Betriebs


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pension geben. Dann war diese Möglichkeit weg. Damals hat diese – noch durchaus beachtliche – SPÖ befürchtet, daß es zur Gründung einer Pensionistenpartei in Österreich kommen wird. (Abg. Dr. Haider: Kommen könnte! – Abg. Schwemlein: Was Sie alles wissen!)

Das hat viele auf den Plan gerufen. Wissen Sie, warum wir das wissen? – Weil Ihre Wähler, Ihre Mitglieder von Ihnen heute sehr enttäuscht sind, weil nämlich kurz nach der Wahl bei den Eisenbahnern die Pensionsdiskussion schon wieder losgegangen ist. (Abg. Schwemlein: Sie haben den Computer geknackt!) Diese Leute schicken uns Dinge und sagen: Im Pensionistenverband hat man sich diesbezüglich Gedanken gemacht. Herr Abgeordneter Edgar Schranz hat am 6. Mai 1990 an den Herrn Minister a.D. Otto Rösch einen handschriftlichen Vermerk geschickt. (Abg. Dr. Nowotny: Etwas Neueres fällt Ihnen nicht ein?) Schauen Sie nach, Herr Professor! Vielleicht sind Sie Graphologe. Wissen Sie, was er da schreibt? (Abg. Mag. Stadler: Passen Sie auf! Das wird Ihnen auch nicht taugen!) Hören Sie zu!

Wir müssen uns jetzt bald überlegen, schreibt er, ... (Abg. Aumayr: Das ist ein Skandal!) Hört zu! (Abg. Dr. Kostelka: Der Rösch hat Otto geheißen!) Er schreibt: Wir müssen uns jetzt bald überlegen, ob wir etwas tun (Schmähkandidatur und Rückzug), und allenfalls mit der Partei reden. Herzlichst Edgar. – Das ist Ihre Partei! (Abg. Dr. Haider: Betrug verjährt nicht so schnell, Herr Professor!)

Herr Parteivorsitzender und Bundeskanzler! Dieser Partei stehen Sie vor. Diese Partei bereitet eine Schmähkandidatur für die SPÖ vor, betreibt Wählertäuschung und will dann irgendwann und irgendwo in diesem Staat die Moral noch großschreiben. Wo ist die moralische Grundlage dieser SPÖ? (Abg. Dr. Kostelka: Das soll der Rösch geschrieben haben?)

Wissen Sie, was interessant ist, Herr Klubobmann Dr. Kostelka? – Daß genau Sie sich melden! Wissen Sie, warum es interessant ist, daß Sie sich melden? Wissen Sie, wer die juristische Beratung bei dieser Aktion gemacht hat? – Ihre Gattin! Und Sie waren damals Landesparteisekretär in Wien. Das ist nämlich sehr interessant! Es ist gut, daß Sie sich melden. Sie werden sich ja bestens erinnern. Schauen Sie, da ist der handschriftliche Vermerk! (Abg. Mag. Stadler: Ihre Frau! So schaut es aus! Da haben Sie den Mund zu früh aufgemacht! – Beifall bei den Freiheitlichen.)

Das ist Ihre Moral! Das ist Ihre Anschauung von Politik! Sie wollen nicht zugeben, daß Sie Unanständigkeit anscheinend unterstützen. (Abg. Ing. Reichhold: Du kannst ihm das Protokoll zeigen! – Abg. Mag. Stadler: Das hat seine Frau, das brauchst du ihm nicht zu zeigen!) Sie wollen nicht zugeben, daß dieses System, das Sie krampfhaft aufrechterhalten, unfinanzierbar geworden ist. (Abg. Schwemlein: Sie sollten es buchstabieren! Dann geht es!) Das wäre vielleicht leichter.

Wir haben bei dieser sogenannten Reform wieder miterlebt: mehr Aufwand, weniger Pension! Das ist Ihr Ziel! Ich sage Ihnen aber folgendes: Die Freiheitliche Partei wird keiner einzigen Pensionsverschlechterung in dieser Republik ihre Zustimmung erteilen, weil es nicht einzusehen ist, daß immer wieder einzelne Berufsgruppen von Ihnen massiv benachteiligt, andere Berufsgruppen aber wie goldene Eier behandelt werden!

Ich erwarte mir, daß, bevor bei der Eisenbahnerpension auch nur ein Strich geändert wird, die Frage der Politikerpensionen gelöst wird (Abg. Schwemlein: Sie kriegen keine, und ich kriege keine! Das ist gelöst! Was wollen Sie?), die Frage der Pensionen in der Oesterreichischen Nationalbank und auch die in den Kammern. Schwarz und Rot – das ist klar – sind sich da immer völlig einig. Ich sage Ihnen folgendes: Einige von Ihnen werden den Tag in diesem Parlament mit Sicherheit noch mit Freude feiern, an dem wir endlich auch in unserer Republik Österreich zum Drei-Säulen-Modell wechseln (Abg. Schwemlein: Gott bewahre!) , das in anderen Ländern schon Erfolge zeitigt. Ich sage Ihnen noch einmal: Diese SPÖ ... (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen. – Abg. Schwemlein: Sagen Sie nichts mehr! Das reicht schon aus!)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich bitte um den Schlußsatz!


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Abgeordneter Reinhart Gaugg
(fortsetzend): Diese SPÖ ist ein einziges Täuschungsmanöver! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

15.22

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zur Abgabe einer Stellungnahme zum Gegenstand beziehungsweise zur Beantwortung der Dringlichen Anfrage hat sich der Herr Bundeskanzler zu Wort gemeldet. Seine Redezeit soll 20 Minuten nicht überschreiten. – Bitte, Herr Bundeskanzler.

15.22

Bundeskanzler Mag. Viktor Klima: Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Redezeitbeschränkung zwingt mich, jetzt nicht auf die verschiedenen Arten der Wählertäuschung der Freiheitlichen Partei einzugehen. (Zwischenruf des Abg. Ing. Reichhold.  – Abg. Dr. Haider: In 20 Minuten können Sie alles sagen! – Abg. Dr. Partik-Pablé: Jetzt ziehen Sie sich zurück auf die Redezeit!) Gerade was den Bereich der Verstaatlichten betrifft, sind die Krokodilstränen, die Sie, sehr geehrter Herr Abgeordneter Gaugg, hier vergießen, unangebracht. Ich erinnere nur daran, daß es Vorschläge eines Spitzenpolitikers Ihrer Partei gab, Donawitz zuzusperren – und all diese Dinge mehr –, wo heute wirklich Tausende qualifizierte Arbeitsplätze bestehen und die Mitarbeiter weltweit hervorragende Produkte erzeugen. (Beifall bei der SPÖ.)

Aber ich lasse das jetzt, denn sonst reicht die Redezeit von 20 Minuten wirklich nicht aus, wenn ich auf die einzelnen Punkte eingehen möchte.

Erlauben Sie mir aber doch, eine grundsätzliche Bemerkung zu dieser Diskussion der letzten Tage zu machen. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe manchmal den Eindruck, als ob es Menschen oder Gruppen in unserem Lande gäbe, die so gar nicht zufrieden mit dem Umstand sind, daß wir in Österreich große politische Probleme in sozialer Gemeinsamkeit lösen. (Zwischenruf des Abg. Dr. Haider. ) Diese Leute hätten anscheinend lieber Instabilitäten, Hunderttausende Menschen auf der Straße, Blockaden, Demonstrationen und Aufruhr. Das werden wir ihnen als diese Bundesregierung nicht bieten! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Wir werden die soziale Gemeinsamkeit, die Sozialpartnerschaft, die Zusammenarbeit mit der Regierung und dem Parlament und den sozialen Frieden als hohes Gut in unserem Lande bewahren – auch wenn es manchen nicht paßt! (Neuerlicher Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Ich meine, daß das sehr wichtig ist, zumal sich die Bundesregierung vorgenommen hat, unser Land für das neue Jahrtausend fit zu machen. (Abg. Dr. Krüger: Eine Million Menschen am Existenzminimum!) Dazu bedarf es sehr vieler Maßnahmen, für die der soziale Friede eine wichtige Voraussetzung ist.

Meine Damen und Herren! Wir haben das Thema der Pensionsreform aufgegriffen, obwohl sie auf die Budgets 1998 und 1999 kaum Auswirkungen hat, weil wir eine Verpflichtung sahen, für die Zukunft unseres Landes etwas zu tun – gemeinsam mit den konstruktiven Kräften in diesem Parlament. Das wird sich die Bundesregierung auch in Zukunft nicht verbieten lassen! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Wir haben uns etwas ganz Einfaches vorgenommen. Wir haben uns, um Unsicherheit zu vermeiden, vorgenommen, in diesem Jahr gemeinsam eine Reform zu beschließen. Ich betone noch einmal: gemeinsam! Wir haben uns vorgenommen, nicht über irgend jemanden drüberzufahren, sondern – wie es bei uns üblich ist – in Gesprächen zu einer Lösung zu kommen. Diese Reform sollte aus unserer Sicht dafür sorgen, daß es in Zukunft mehr Gerechtigkeit und eine Harmonisierung der Pensionssysteme gibt, daß es mehr Schutz für sozial Schwache gibt und daß es vor allem für ältere Menschen eine Übergangsfrist, den sogenannten Vertrauensschutz, gibt, daß es für die Pensionisten die Sicherheit gibt, daß es zu keinen Kürzungen ihrer bestehenden Pensionen kommt. – Das haben wir gemeinsam geschafft, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Wenn ich Gerechtigkeit für alle Berufsgruppen sage, dann zu Recht, denn es ist einfach Tatsache, daß wir mit diesem Schritt in Richtung Harmonisierung der Bemessung, in Richtung


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Ruhensbestimmungen und auch in Richtung Pensionsvalorisierungen für Arbeiter, Angestellte, Gewerbetreibende und Bauern einen wesentlichen Schritt tun, der von den Menschen auch als solcher empfunden wird. Diese Harmonisierung, diese Gerechtigkeit wird von den Menschen als sehr positiv empfunden. Daher steht diese Bundesregierung zu dieser Reform. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gerechtigkeit für sozial Schwache bietet ein System – und dieses haben wir daher ganz bewußt gewählt –, bei dem jene mit kleinerem Einkommen weniger beizutragen haben und jene mit höherem Einkommen mehr beitragen müssen. Das heißt, daß es auch eine sozial gestaffelte Deckelung für die Auswirkungen dieser Pensionsreform geben wird. Diese Bundesregierung bekennt sich zur sozialen Gerechtigkeit. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Gerechtigkeit für Frauen wird dadurch erreicht, daß wir die Kindererziehungszeiten in Zukunft deutlich besser berücksichtigen werden, als es in der Vergangenheit der Fall war. Gerechtigkeit für Frauen stellen wir aber auch dadurch her, daß wir – und es sind zumeist Frauen, die Angehörige pflegen – erstmals die Chance bieten, durch Pflege von Angehörigen auch eine Pension zu erreichen, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.) Und Gerechtigkeit für Frauen wird auch dadurch erzielt, daß wir die geringfügig Beschäftigten in die Sozialversicherung mit einbeziehen. Und diese Bundesregierung steht zur Gerechtigkeit für Frauen!

Zur Gerechtigkeit für Pensionisten: Ich meine, daß es wichtig ist, von Anfang an klar gesagt zu haben – und es auch in der Tat zu beweisen –, daß wir die bestehenden Pensionen nicht angreifen, daß wir sie nicht kürzen werden. Wir sind gemeinsam den Pensionistenorganisationen dafür dankbar, daß sie bei der Pensionserhöhung, die in Summe in etwa die Inflationsrate ausgemacht hat, von sich aus den Vorschlag gemacht haben, die Pensionen der sozial Schwächeren durch höhere Beiträge, die Pensionen von Ausgleichszulagenempfängern, die sozial schwächer sind, durch höhere Leistungen in Zukunft besser auszugleichen. Auch das ist soziale Gerechtigkeit! Diese haben die Pensionistenvereinigungen der Regierungsparteien mitgetragen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Ich möchte aber auch darauf hinweisen, daß es aus meiner Sicht ein Stück sozialer Gerechtigkeit für ältere Arbeitnehmer ist, daß wir den Vertrauensschutz, nämlich die Übergangsregelungen, geschaffen haben und daß wir gleichzeitig Instrumente entwickelt haben, wie zum Beispiel die Gleitpension mit Recht auf Teilzeit und ein Solidaritätsmodell für Beschäftigung innerhalb der Betriebe, Modelle entwickelt haben, die älteren Arbeitnehmern die Chance geben, im Betrieb zu verbleiben. Das ist soziale Gerechtigkeit für ältere Arbeitnehmer, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Gerechtigkeit für die Jungen haben wir dadurch erreicht, daß wir ein Stück mehr an Zukunftssicherheit geschaffen haben, daß wir ihr Aktiveinkommen in jungen Lebensjahren, in denen sie es brauchen, um einen Hausstand, eine Familie zu gründen, nicht durch höhere Beiträge belastet haben. Wir haben aus gutem Grund auf höhere Beiträge verzichtet und eine Reform geschaffen, die den Jungen in unserem sehr guten Umlagesystem die Chance gibt, auch einmal eine Pension zu bekommen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Ich möchte ganz kurz auf das von Ihnen so propagierte Drei-Säulen-Modell eingehen, meine sehr geehrten Damen und Herren von den Freiheitlichen. Ich glaube, daß da Offenheit und Ehrlichkeit angebracht wären: Das Drei-Säulen-Modell berücksichtigt keine Zeiten der Arbeitslosigkeit! Das Drei-Säulen-Modell berücksichtigt keine Ausgleichszulage für die älteren Arbeitnehmer in diesem Lande! Das Drei-Säulen-Modell berücksichtigt keine Ersatzzeiten für Kindererziehung! Daher ist das Drei-Säulen-Modell, das Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren von den Freiheitlichen, vorschlagen, ein unsoziales Modell! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Diese Bundesregierung ist völlig zu Recht vom Umlageverfahren ausgegangen. Da zitieren Sie, meine Damen und Herren von den Freiheitlichen, Professor


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Rürup falsch. Er sagt nämlich, das Umlageverfahren, dieses Generationenprinzip in Österreich, sei gut, sei hervorragend, sei eines der besten der Welt. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Es ist eh alles so super!) Wir werden seine Finanzierung gewährleisten, wenn wir diese Maßnahmen setzen. Wir als österreichische Bundesregierung wollen auch in Zukunft an diesem Generationenvertrauen , an diesem Umlageverfahren festhalten. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Wieso sind dann die Kassen leer, wenn alles so gut ist?)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zu Ihrer Aufregung bezüglich der Eisenbahner, die möglicherweise damit zusammenhängt, daß dort das Wahlergebnis für die Kommunisten besser war als jenes für die Freiheitlichen. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Apropos Geheimhaltung: In der Zeitschrift "Der Eisenbahner" vom Oktober des Jahres 1997 steht wörtlich – ich zitiere –, daß am 10. Oktober 1997 bezüglich der Pensionsreform ein Schreiben des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr Dr. Einem eingelangt ist – auch bei der Personalvertretung der Eisenbahner –, in welchem der Vorstand aufgefordert wurde, Verhandlungen aufzunehmen.

Ich frage Sie: Das ist Geheimhaltung? (Bundeskanzler Mag. Klima hält eine Zeitschrift in die Höhe.) Das ist jedem Eisenbahner, jeder Eisenbahnerin zur Kenntnis gelangt. (Abg. Gaugg: Weiterlesen!) Ich weiß nicht, wo Sie da etwas von Geheimhaltung lesen? Daher würde ich Sie ersuchen, hier weniger mit falschen Behauptungen zu operieren, als vielmehr zur Kenntnis zu nehmen, daß diese Information an jeden Eisenbahner und an jede Eisenbahnerin bereits im Oktober dieses Jahres ergangen ist.

Nun ein paar Worte zu Ihren Bemerkungen bezüglich des Rürup-Gutachtens. Darf ich Sie etwas fragen? Sind Sie der Meinung, daß wir das Rürup-Gutachten hätten umsetzen sollen? – Gut, keine Antwort, ist auch in Ordnung!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Da gibt es einen großen Unterschied: Experten sind dazu da, eine Vielzahl von Vorschlägen auszuarbeiten, Tendenzen festzustellen und all diese Dinge mehr. Aber ich würde davor warnen, daß Sie als Abgeordnete in diesem Hohen Haus sich die Kraft, politisch zu gestalten, nehmen lassen und einfach Experten-Gutachten eins zu eins umsetzen. (Abg. Wabl: Es hat uns niemand gefragt!)

Meine Damen und Herren! Was hätte denn der Vorschlag von Professor Rürup bedeutet? – Wären Sie dafür gewesen, wie Professor Rürup vorgeschlagen hat, das Pensionsantrittsalter der Frauen nicht im Jahre 2018, wie wir es verfassungsrechtlich festgesetzt haben, sondern bereits im Jahre 2005 hinaufzusetzen? Ich hoffe nicht! Wir haben diesen Rürup-Vorschlag nicht umgesetzt – zum Schutze der Frauen, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Es hätte der Vorschlag von Professor Rürup auch bedeutet, daß es für die Invaliden und Berufsunfähigen eine dramatische Senkung ihrer Pensionen gegeben hätte. Aus diesem Grund hat die Bundesregierung auf Basis eines Expertenvorschlages eine sozial verträgliche Lösung ausgearbeitet. Wir waren nicht bereit, zu akzeptieren, daß jede Pension im Durchschnitt um 20 Prozent gesenkt wird, wie es Professor Rürup vorgeschlagen hat, und zwar auch die Mindestpensionen und Kleinstpensionen. Dazu waren wir als Bundesregierung trotz Expertenvorschlägen aufgrund unserer sozialen Haltung nicht bereit! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Nun zu Ihren konkreten Fragen:

Zu den Fragen 1 bis 6:

Die angesprochene Protokollanmerkung vom 10. Oktober 1997, die ja nichts Unübliches ist – es gibt im Ministerrat immer viele Protokollanmerkungen, wie Sie wissen – lautet:

"Bundesminister Einem wird unverzüglich die Organe der ÖBB auffordern, mit den Belegschaften Verhandlungen zur Pensionsreform der ÖBB aufzunehmen, wobei vor der Beschlußfassung im Plenum des Nationalrates, die noch im November 1997 erfolgen soll" – ist schon erfolgt –, "Einvernehmen zur Neuregelung des Pensionsrechtes (analog zu dem der Beamten


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und zum ASVG) erzielt werden soll. Wenn erforderlich, wird von der Bundesregierung eine einfachgesetzliche Grundlage fristgerecht beschlossen.

Am 10. Oktober, also am selben Tage, ist ein Brief – ich habe es schon zitiert – des Bundesministers Einem an die Gewerkschaft und an den Vorstand der ÖBB ergangen, daß Verhandlungen aufzunehmen sind. Natürlich ist es notwendig, zu wissen, was bei den anderen Bereichen überhaupt herausgekommen ist, um Verhandlungen starten zu können. (Ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen.) Na selbstverständlich! Man kann ja nicht Verhandlungen anfangen, wenn man die Basis dieser Verhandlungen nicht kennt.

Ich möchte in diesem Zusammenhang klipp und klar feststellen, meine sehr geehrten Damen und Herren, daß wir grundsätzlich – das ist die Antwort auf die Frage 7 – zur Harmonisierung der Pensionssysteme stehen. Ich bin aber nicht bereit, über Gewerkschaften, über Personalvertreter "drüberzufahren". Wir haben immer gesagt: Wir wollen Verhandlungen, und wir wollen bei den Verhandlungen ein Ergebnis erzielen! Daher werden wir auch dieses Mal verhandeln, so wie wir es mit dem öffentlichen Dienst getan haben. Ich persönlich, aber auch die anderen Mitglieder der Bundesregierung haben immer Dialog- und Verhandlungsbereitschaft signalisiert, und es kam auch zu einem gemeinsamen Ergebnis. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Ich bin überzeugt davon, daß es auch bei den Eisenbahnern zu einem gemeinsam Ergebnis kommen wird. Wir sollen auch diese Verhandlungen möglichst in Ruhe und in sozialpartnerschaftlicher Atmosphäre ablaufen lassen, und ich bin sicher, daß es ein gemeinsames Ergebnis geben wird. (Neuerlicher Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Zur Frage 8:

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Zuge des ersten Gespräches wurde vereinbart, daß für die weiteren Verhandlungen alle Details und das erforderliche Datenmaterial, also alle dafür notwendigen Unterlagen, erhoben und zusammengestellt werden. Die Verhandlungen werden nächste Woche fortgeführt.

Zu den Fragen 9 und 10:

Ich sage es noch einmal klar und deutlich: Wir wollen in Verhandlungen mit den Eisenbahnern, mit der Personalvertretung der Eisenbahner die Lösungen im Einvernehmen erzielen. Ich bin überzeugt davon, daß uns dies gelingen wird. Wir alle kennen die rechtliche Problematik beziehungsweise wir alle wissen, daß mit Verfassungsbestimmungen in privatrechtliche Verträge nicht eingegriffen werden soll – das hat diese Bundesregierung immer klar abgelehnt –, denn dann sind wir mit dieser Frage das nächste Mal bei den Kaufverträgen, bei den Mietverträgen und bei ähnlichen Verträgen konfrontiert. Wir werden daher eine gemeinsame Lösung erarbeiten, bei der die Gleichwertigkeit der Bestimmungen definiert ist. (Abg. Dr. Haider: Das werden wir uns anschauen!)

Sie haben es ja auch bei den anderen Pensionssystemen nicht geglaubt, daß wir eine gemeinsame Lösung erreichen werden. Wir haben es erreicht! Üben Sie sich ein bißchen in Geduld! Sie werden sehen, daß wir es erreichen können. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Dr. Haider: Was haben Sie erreicht?)

Zu den Fragen 11 bis 16:

Ich könnte jetzt eigentlich auf die Ausführungen des Staatssekretärs Wittmann vom letzten Freitag verweisen, die inhaltlich das gleiche Thema berührt haben. – Es wurde bereits vor dem Sommer der gesamte Bereich der Politikerbezüge neu geregelt. Die Neuordnung und Begrenzung wurden nicht von den Politikern für sich selbst entworfen, sondern gehen auf den Vorschlag einer unabhängigen Expertenkommission zurück, die unter dem Vorsitz des Präsidenten des Rechnungshofes stand und der sechs weitere, höchst angesehene Persönlichkeiten angehörten. (Abg. Mag. Stadler: Jetzt gelten wieder die Experten! Beim Rürup geht das nicht!) Die Politik hat es sogar noch schärfer gemacht, als es diese Experten vorgeschlagen hatten, wie


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Sie wissen. (Zwischenruf des Abg. Gaugg. ) Sie waren wirklich die einzigen, die bei diesem Bogen der Vernunft nicht mitgetan haben.

Unter diesen Persönlichkeiten befanden sich die Präsidenten der Kammern der Wirtschaftstreuhänder und der Rechtsanwälte, Mitglieder von Höchstgerichten und so weiter. Der Vorschlag wurde von vier der fünf Fraktionen dieses Hauses aufgrund der politischen Beratungen in teilweise noch schärferer Form, als ursprünglich vorgeschlagen, umgesetzt. Dabei wurden, wie Sie wissen, für neue Politiker die Politikerpensionen zur Gänze abgeschafft, lediglich bereits erworbene Ansprüche wurden in einer Übergangsregelung berücksichtigt. Die Einkommensdeckelung, die Sie gefordert haben, gibt es bei Politikern in keiner wie immer gearteten Weise. Ich zitiere in diesem Zusammenhang Herrn Abgeordneten Haselsteiner, der wohl ein unverdächtiger Zeuge ist (Abg. Mag. Stadler: Der soll unverdächtig sein?) , der in diesem Haus betont hat, daß die Reform der Politikerbezüge jedem "Drittvergleich" standhält, dem Vergleich mit entsprechenden Regelungen in der Privatwirtschaft.

Ich hoffe, meine sehr geehrten Damen und Herren, daß hinter diesem andauernden Anpatzen von Politikern kein System ist, nämlich daß in Zukunft vielleicht nur mehr Großindustrielle und Bärentalbesitzer im Parlament vertreten sein können. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Werden Sie nicht polemisch!)

Zu den Fragen 17 bis 20:

An dieser Stelle darf ich noch einmal darauf verweisen, daß Ihre Interpretation des Rürup-Gutachtens explizit falsch ist. Professor Rürup schlägt nie vor, das bestehende Umlagesystem in ein Dreistufenmodell überzuführen. Vielmehr soll das umlagefinanzierte System durch entsprechende Anpassungen auf seinem hohen Niveau aufrechterhalten werden.

Wenn über die Höchstbeitragsgrundlage hinaus Bedarf besteht nach einer zweiten und dritten Säule, dann gibt es in Österreich die Möglichkeiten dazu. (Abg. Dr. Haider: Seit wann denn?) Es gibt sehr gute Möglichkeiten mit einem sehr modernen Pensionskassengesetz (Abg. Dr. Haider: Das haben Sie abgeschafft!) und auch die Möglichkeit einer steuerbegünstigten Individualvorsorge, die natürlich einen sozialen Deckel hat. Ich bin nicht dafür, daß man dem Einkommensmillionär 50 Prozent Steuerprivileg für seine private Altersvorsorge gibt, Herr Kollege! (Beifall bei der SPÖ.)

Dabei möchte ich noch dazusagen: Ich glaube, daß wir mit der derzeitigen Nettoanpassung von etwa 70 Prozent im Bereich der Bauern, der Gewerbetreibenden und der Arbeiter und Angestellten das Leistungsniveau des Umlageverfahrens bereits erreicht haben. Ich glaube, daß es wichtig ist, daß wir in Zukunft dafür sorgen, daß ältere Arbeitnehmer die Chance haben, zu arbeiten. Das wird eine sehr wirksame Maßnahme sein, um unser Pensionssystem in Zukunft zu sichern. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Zur Frage 21:

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Natürlich ist es bedauerlich, daß Unternehmen Erfahrung, Wissen und auch Firmentreue von älteren Arbeitnehmern anscheinend weniger schätzen, als es in der Vergangenheit der Fall war. Aber mir ist es lieber, wenn Unternehmen über Sozialpläne dafür sorgen, daß ältere Arbeitnehmer die Zeit bis zum Pensionsantrittsalter von 60 überbrücken können, als daß sie auf die Straße gestellt werden und arbeitslos sind.

Sie behaupten, daß zum Beispiel das Modell der Post mehr Sozialversicherungskosten verursacht. Das ist nicht richtig! Das sind Sozial- und Solidarmodelle, die die Unternehmen in Form von Sozialplänen selbst finanzieren. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Dr. Haider: Irgendwer muß es ja zahlen!)

In Summe glaube ich, daß wir mit diesem Schritt ein Stück mehr Gerechtigkeit, ein Stück mehr Zukunftssicherheit für die Menschen in unserem Lande geschaffen haben. Wir machen uns bereits auf zur nächste Aufgabe (Abg. Dr. Graf: Zur Pensionsreform!) , nämlich unser Land für


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das neue Jahrtausend fit zu machen. Daran können Sie uns nicht hindern! – Danke. (Langanhaltender Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

15.43

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke, Herr Bundeskanzler.

Wir gehen in die Debatte ein.

Es ist bekannt, daß jede Fraktion eine Redezeit von 25 Minuten und jeder Redner eine solche von maximal 10 Minuten hat.

Erster zu Wort gemeldeter Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Haider. – Bitte, Herr Abgeordneter.

15.43

Abgeordneter Dr. Jörg Haider (Freiheitliche): Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Herr Bundeskanzler! Kein Mensch, und schon gar nicht die freiheitliche Fraktion, will Sie daran hindern, dieses Land fit zu machen. Nur sollten Sie uns einmal sagen, wie das funktionieren soll. Es hätte Sie niemand gehindert, die VOEST nicht kaputtzumachen und dort nicht 40 000 Arbeitsplätze abzubauen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es hätte Sie, Herr Bundeskanzler, niemand gehindert, die Post ordentlich zu betreuen und die Gewinne nicht abzuschöpfen und sie mit Schulden zu hinterlassen, sodaß jetzt 10 000 Postler abgebaut werden müssen. (Neuerlicher Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es hätte Sie niemand gehindert, meine Damen und Herren, die ÖBB rechtzeitig fit zu machen, sodaß sie nicht 10 000 Eisenbahner hätten abbauen müssen und jetzt nicht noch 3 500 Eisenbahner abgebaut werden müssen.

Es hätte Sie niemand gehindert, die AMAG fit zu machen und dadurch zu verhindern, daß dort 9 000 Arbeitsplätze verlorengehen.

Es hätte Sie niemand gehindert, Herr Bundeskanzler, hier vor das Parlament zu treten und die volle Wahrheit über die Eisenbahnerpensionsdiskussion zu sagen.

Herr Bundeskanzler! Sie haben dieses Blättchen der sozialistischen Gewerkschafter vorgelesen. (Der Redner hält eine Zeitschrift in die Höhe.) Da steht etwas mehr drinnen, als Sie vorgelesen haben. So sagt Herr Nowak, der Chef der Eisenbahnergewerkschaft, zum Beispiel folgendes: "Wie schon in der Regierungsklausur von Rust verlangt auch jetzt die ÖVP gleichwertige Maßnahmen für die künftigen ÖBB-Pensionisten." – Also die ÖVP ist schuld. – "Aufgrund der neuerlichen nachdrücklichen Forderungen der Österreichischen Volkspartei langte am 10. Oktober 1997 ein Schreiben des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr Dr. Einem bei uns ein, in dem er uns auffordert, mit dem Vorstand der ÖBB Verhandlungen aufzunehmen. Aufgrund des vorgenannten eindeutigen Beschlusses des ÖGB-Vorstandes sind Verhandlungen derzeit nicht aktuell. Anläßlich der seinerzeitigen ÖBB-Ausgliederung hat uns die Bundesregierung versprochen, daß das Dienst-, Besoldungs- und Pensionsrecht der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unberührt bleibt." (Rufe bei den Freiheitlichen: Ah!) Unberührt!

Ich zitiere weiter: "Wer innerhalb von zwei Jahren" – so heißt es da, Herr Bundeskanzler – "gemeinsam beschlossene Verträge brechen will, ist weder seriös noch demokratisch noch sozial", sagt Ihre SPÖ. "Wir erwarten daher, daß man uns gegenüber fair und nicht vertragsbrüchig wird." – Das sagte Herr Nowak.

Er schreibt dann an die ÖBB-Bediensteten vor der Wahl:

"Das Dienstrecht der Eisenbahnerinnen und Eisenbahner darf nicht angetastet werden. Die Zusage der Politik, daß die Rechte der Eisenbahner unverändert gewahrt bleiben müssen, müssen eingehalten werden. Dazu muß auch die ÖVP als Koalitionspartner der SPÖ stehen." – (Abg. Mag. Stadler: Ah da schau her!)


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Also das haben sie Ihnen gesagt! Doch jetzt stellt sich der Herr Bundeskanzler hier her und sagt: Wir werden im Konsens das alles verhandeln! – Er hat offenbar ein traumatisches Erlebnis gehabt, als ihn – das erste Mal – seine eigene Genossen am Gewerkschaftstag ausgepfiffen haben, und jetzt ist er auf einmal für einen Konsens, der Herr Bundeskanzler. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wenn Sie das wirklich wollen, Herr Bundeskanzler, dann frage ich Sie, warum Sie am 10. Oktober in der Protokollanmerkung zum Ministerrat unter anderem folgendes beschlossen haben: "Einem muß Verhandlungen aufnehmen, um noch gleichzeitig mit der Pensionsreform auch die ÖBB-Pensionsreform zu verhandeln. Wenn erforderlich" – so steht im Beschluß –, "wird von der Bundesregierung, wenn es keine vertragliche Lösung gibt, eine einfachgesetzliche Grundlage fristgerecht beschlossen werden." (Abg. Mag. Stadler: Ah da schau her!)

Also was ist jetzt mit dem Konsens, Herr Bundeskanzler? Sie drohen: Wenn ihr Eisenbahner euch nicht biegen läßt und wenn ihr den Verhandlungslösungen nicht zustimmt, dann werde ich, Klima, mit dem Gesetz über die vertraglichen Verpflichtungen "drüberfahren" und nehme euch euer Pensionsrecht weg! – Das haben Sie hier nicht gesagt, Herr Bundeskanzler! Das sind Ihre Beschlüsse, zu denen Sie sich endlich einmal bekennen sollten. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Das ist es, worum es geht. Wenn Sie harmonisieren wollen, dann sagen wir: Jawohl!, aber dann, bitte, überall und nicht nur dort, wo es gerade möglich ist. Anzufangen ist im Bereich der Politik. Es ist nicht unbillig, wenn wir verlangen: Harmonisieren Sie auch im Bereich der Politik! Es kann doch nicht so sein, daß ein Minister nach vier Jahren 85 000 S Pensionsbezug in der Tasche hat, vom Höchstbezug eines Sektionschefs bemessen, aber beim kleinen ASVG-Versicherten wollen Sie 18 oder 20 Jahre lang durchrechnen. Sie werden den Österreichern erklären müssen, warum die Politik eine Sonderstellung in dieser Frage hat! Wir sagen: Kehren Sie um, es ist ein verderblicher Weg, den Sie da gehen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Nächster Punkt: Was ist mit den Pensionen der Sozialversicherungsbediensteten? Jene Leute, die die Pensionsgelder verwalten, haben ein Sonderrecht? Ist da keine Änderung, kein Durchrechnungszeitraum vorgesehen? Das kann doch nicht möglich sein! Nur 50 Prozent der Zusatzpensionen bei den Sozialversicherungsbediensteten sind durch Beiträge gedeckt. Wenn es um die Gewerbetreibenden und um die Bauern geht, kommen die Sozialisten heraus und sagen: Da müssen höhere Beiträge kommen, denn da gibt es eine Unterdeckung der Finanzierung bei den Pensionen! Aber bei den Bauern geht es um Pensionen zwischen 4 000 S und 7 000 S, während es bei den Bediensteten der Sozialversicherungsanstalten um Pensionen in der Höhe von 60 000 S oder 70 000 S geht, wobei nicht einmal 50 Prozent der Kosten dafür durch Beiträge aufgebracht werden. Da laßt ihr alles unverändert! Deshalb, weil rote und schwarze Bonzen in den Sozialversicherungsanstalten davon betroffen sind, ändert sich nichts, und deshalb, weil das eure Trutzburgen sind, die ihr braucht, um politisch überleben zu können, ändert sich nichts! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Stadler: So ist es!)

Oder: Wie sieht es bei den Pensionen der Angestellten der Oesterreichischen Nationalbank aus? – Dort zahlt man zwei Prozent Pensionsbeitrag, damit jeder der dort Angestellten im Schnitt mehr als 1 Million Schilling an Pension nach Hause trägt. Für nicht einmal 900 Pensionisten 903 Millionen Schilling Pensionsaufwand! Ja geniert ihr euch nicht schön langsam?! Für einen Politiker einen Pensionszuschuß von 640 000 S pro Jahr! Ja ist das nicht zum Genieren, wenn ich auf der anderen Seite den kleinen ASVG-Rentnern oder den Gewerbepensionisten neue Beiträge aufhalse, indem ich sage: Das ist nicht mehr finanzierbar!?

Herr Bundeskanzler! Was haben Sie da harmonisiert? Hier stellen Sie sich her und versuchen, uns das zu erklären. Die Bundeskammer ist heute gar nicht mehr vertreten, weil sie das letzte Mal gemerkt hat, daß für die Sonderpensionen im Kammerstaat schon 15 Milliarden Schilling an Sonderverpflichtungen aufgelaufen sind. Das ist so viel wie der Bund für alle Eisenbahner zuschießen muß. Hier gehen die Kammerfunktionäre heraus und sagen: Bei der Eisenbahn nehmen wir weg, aber bei der Bundeskammer bleibt alles beim alten, da hauen wir die Zwangsbeiträge hinaus! (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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Hier geht der Herr Bundeskanzler her und sagt, er sei froh, wenn die älteren Arbeitnehmer Arbeitsplätze haben, und wo es nicht mehr geht, muß man halt schauen, daß es einen Sozialplan gibt. Jetzt frage ich Sie: Wo sind denn die Frühpensionsaktionen momentan so steil im Gange? – Das ist bei der Post der Fall – öffentliches Unternehmen, staatliches Unternehmen. Das ist bei der Eisenbahn der Fall – staatliches Unternehmen. Das sind jene Bereiche, für die Sie die Verantwortung tragen! Das ist auch bei den Österreichischen Bundesforsten der Fall. Ja kennen Sie die Vereinbarung, die die Österreichischen Bundesforste als Ihr Unternehmen geschlossen haben, nicht? Sie sagen, Herr Bundeskanzler, da seien keine öffentlichen Mittel beteiligt. Sie reden ja wirklich wie der Blinde von der Farbe. Es steht da ausdrücklich drinnen, daß die Leute in die Frühpension gehen sollen, und bevor Sie das Pensionsalter erreichen, werden sie zum Stempeln geschickt, sprich: öffentliche Mittel werden ausgegeben, und die Differenz auf 80 Prozent des Letztbezuges zahlt das Unternehmen. Wiederum zahlt die öffentliche Hand. Das ist die Politik, die Sie machen! Unglaubwürdig! Sie kündigen etwas anderes an, als wir an Ihren Taten tatsächlich beobachten können. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Gerecht ist das, sagt er!)

Was ist das für eine ehrliche Politik, Herr Bundeskanzler, wenn Sie sagen: Gerecht harmonisiert!, und dann gibt es bei der Post ein Rundschreiben, in dem der Herr Ditz, der lange dieser Bundesregierung angehört hat, mitteilt, diejenigen Führungskräfte in der Post, die am meisten Leute hinausschmeißen, haben die besten Karrierechancen. (Abg. Mag. Stadler: Wahnsinn!) Das steht wörtlich so drinnen! Das ist Ihre Politik, meine Damen und Herren! Deshalb glaubt man Ihnen nicht, Herr Bundeskanzler. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Das ist das System der Gerechtigkeit!)

Herr Bundeskanzler! Sie gehen her und sagen, auch für die Jugend müsse man etwas machen, für die Lehrlinge. Da haben Sie auch Maßnahmen groß angekündigt. Heute sagte Ihnen die Frau Gehrer im "Mittagsjournal", der Lösungsansatz, den Sie vertreten, sei falsch. Außerdem hätten es nur Sie angekündigt und nicht die ganze Bundesregierung. Also: Wenn Sie es sagen, ist es nichts wert, wenn es die Bundesregierung ankündigt, gilt es offenbar etwas.

Herr Rudas wiederum hat heute die Frau Gehrer gerügt. Der Parteisekretär rügt die Kollegin des Herrn Klima. Da kennt sich keiner mehr aus, da weiß niemand, was wirklich los ist! (Abg. Scheibner: Das sind Zustände!) Sie sollten in dieser Bundesregierung endlich führen, und führen heißt, das Pensionssystem zu harmonisieren. Fangen Sie bei den Politikern an! Nehmen Sie die geschützten Bereiche nicht heraus! Gehen Sie in die Sozialversicherung hinein! Gehen Sie in die ÖVUs hinein! Kümmern Sie sich um die Kammerfunktionäre! Kümmern Sie sich um die Kammerpensionen! Kümmern Sie sich um den ÖGB und all die selbsternannten Retter des Abendlandes! Dann wird Sie niemand hindern, diese Republik nach vorne zu bringen, Herr Bundeskanzler. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Dann wird Ihre Regierung die Möglichkeit haben, Zukunft zu schaffen. Aber nicht mit zweierlei Maß, wie Sie das tun: Die einen werden hinuntergetragen, und den anderen vergoldet man das Leben.

Herr Bundeskanzler! Nun zu Ihrer Aussage, das Drei-Säulen-Modell passe Ihnen nicht. Das glaube ich Ihnen schon. Informieren Sie sich einmal, wie es in der Schweiz funktioniert, wo es vor zwölf Jahren eingeführt wurde! Erste Säule: sozialer Ausgleich, sprich Umverteilung, ohne Höchstbeitragsgrundlage.

Lieber ÖMV-Millionär Klima! Ohne Höchstbeitragsgrundlage zahlen dort die Reichen für die Armen hinein, damit es nicht so schändliche ASVG-Pensionen gibt wie in Österreich, wo zwei Drittel weniger als 10 000 S Pension haben. Nach dem Schweizer Modell hat jeder Pensionist über 10 000 S an Grundpension.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um den Schlußsatz, Herr Abgeordneter!

Abgeordneter Dr. Jörg Haider (fortsetzend): Nach dem Schweizer Modell hat jeder Pensionist über 10 000 S Grundpension – das ist die Realität! –, und zwar auch invaliditätsgeschützt, auch berufsunfähigkeitsgeschützt, auch vor Unbilden des Lebens geschützt. Daher empfehle ich


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Ihnen: Studieren Sie zuerst einmal die Unterlagen, bevor Sie hier hergehen und den Österreichern die Unwahrheit sagen! (Langanhaltender Beifall bei den Freiheitlichen.)

15.54

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Abgeordnete Silhavy zu Wort gemeldet. (Rufe bei den Freiheitlichen: Oje! – Abg. Dr. Partik-Pablé: Sie sagen uns etwas über die Gerechtigkeit des Herrn Bundeskanzlers!) Ich bitte, zuerst die zu berichtigende Behauptung wiederzugeben und dieser dann den tatsächlichen Sachverhalt gegenüberzustellen. – Bitte, Frau Abgeordnete.

15.54

Abgeordnete Heidrun Silhavy (SPÖ): Herr Präsident! Herr Abgeordneter Gaugg hat in seinem Debattenbeitrag die Behauptung aufgestellt, die Zahl der Frühpensionisten sei gestiegen. Das ist unrichtig! Ich möchte diese Behauptung in zwei Punkten widerlegen.

Wahr ist erstens, daß es den gesetzlichen Begriff "Frühpensionisten" gar nicht gibt. (Ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen.) Es gibt vorzeitige Alterspensionen, Berufsunfähigkeitspensionen, Invaliditätspensionen, Pensionen der geminderten Erwerbsfähigkeit.

Ich möchte das deshalb klarstellen, damit jedem auch klar ist, worüber wir hier reden.

Zweitens: Wahr ist, daß die Zahl der Antragsteller von Jänner bis September dieses Jahres im Vergleich zum Vorjahr zurückgegangen ist.

15.55

Präsident Dr. Heinz Fischer: Frau Abgeordnete! Ich bin von der Präsidialkonferenz aufgefordert worden, die tatsächliche Berichtigung streng zu handhaben. Das muß so funktionieren, daß zuerst die zu berichtigende Behauptung wiedergegeben wird und dieser dann der tatsächliche Sachverhalt gegenübergestellt wird. Das darf kein Debattenbeitrag sein. Ich bitte Sie, das Rednerpult zu verlassen. (Abg. Silhavy verläßt das Rednerpult. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Das war wirklich hervorragend!)

Die nächste tatsächliche Berichtigung kommt von Frau Abgeordneter Gisela Wurm. (Abg. Mag. Stadler: Es gibt keine Frühpensionisten!)

15.56

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Hohes Haus! Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Abgeordneter Gaugg hat in seinem Redebeitrag behauptet, daß sämtliche Abgeordnete hier eine Politikerpension erhalten würden. (Ruf bei den Freiheitlichen: Nein, sicherlich nicht! Wieder falsch! – Abg. Ing. Reichhold: Er hat nicht gesagt "sämtliche"! Also nicht zugehört!)

Jedenfalls kann ich sagen: Richtig ist ... (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Am Wort ist Frau Abgeordnete Wurm, die eine Behauptung wiedergibt und dieser einen Sachverhalt entgegenstellt. – Bitte, Frau Abgeordnete.

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (fortsetzend): Richtig ist vielmehr, daß ein Großteil der hier anwesenden Abgeordneten eine ASVG-Pension erhält wie jeder andere Österreicher und jede andere Österreicherin auch. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

15.57

Präsident Dr. Heinz Fischer: Es liegt mir ein weiteres Verlangen nach tatsächlicher Berichtigung vor, und zwar von Herrn Abgeordneten Dietachmayr. – Bitte, dem Präsidenten den Vorsitz nicht schwerzumachen.

15.57

Abgeordneter Helmut Dietachmayr (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Entschuldigung! Herr Bundeskanzler! (Abg. Gaugg: Das ist eine Degradierung!) Herr Abgeordneter Haider hat in seinem Debattenbeitrag gesagt, daß es bei der ÖBB eine Frühpensionierungsaktion gäbe.


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(Abg. Dr. Haider: Das habe ich nicht gesagt!) Ich stelle richtig: Bei den ÖBB gibt es keine Frühpensionierungsaktion! (Beifall bei der SPÖ.)

15.58

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort zu einer tatsächlichen Berichtigung gelangt Frau Abgeordnete Inge Jäger.

15.58

Abgeordnete Inge Jäger (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Dr. Haider hat behauptet, daß es eine Protokollanmerkung des Ministerrates gibt, daß dann, wenn es kein Einvernehmen mit der Eisenbahnergewerkschaft gibt, die Maßnahmen einfachgesetzlich beschlossen werden sollen. (Abg. Dr. Haider  – ein Schriftstück in die Höhe haltend –: Das steht da drinnen! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Das ist unrichtig!

Richtig ist vielmehr, daß nur für den Fall, daß dies aus rechtlichen Grundlagen erforderlich ist, eine einfachgesetzliche Grundlage beschlossen werden soll. (Abg. Mag. Stadler: Das hat der Bundeskanzler vorgelesen!) Das bedeutet keinesfalls, daß kein Einvernehmen mit den Eisenbahnern beschlossen wird. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Haider: Wie ist das jetzt zu verstehen?)

15.59

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Guggenberger gemeldet. – Ich bitte, die Geschäftsordnung zu beachten.

15.59

Abgeordneter Mag. Walter Guggenberger (SPÖ): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Abgeordneter Gaugg hat berichtet, daß die Zahl der Frühpensionisten gestiegen ist. Das ist unrichtig! (Abg. Dr. Partik-Pablé: Die gibt es ja gar nicht! – Abg. Ing. Reichhold: Er hat gesagt, in bestimmten Bereichen!)

Die Zahl der Anträge auf Zuerkennung einer Frühpension ist heuer vom 1. Jänner bis September um 26 Prozent und die Zahl der Zuerkennungen um 17 Prozent gesunken. Das ist die Wahrheit! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ing. Reichhold: Ihr berichtigt Dinge, die gar nicht gesagt worden sind!)

16.00

Präsident Dr. Heinz Fischer: Als nächste gelangt Frau Abgeordnete Reitsamer zu Wort. Freiwillige Redezeit: 7 Minuten, maximale Redezeit: 10 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

16.00

Abgeordnete Annemarie Reitsamer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Meine Damen und Herren! Es ist ein Glück, daß wir nicht zugelassen haben, daß der Herr Haider Donawitz zusperren kann. Das wollte er bekanntermaßen! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Stadler: Schwacher Applaus bei der SPÖ!)

Jetzt zurück zur Dringlichen Anfrage. (Abg. Mag. Stadler: Schwacher Applaus bei der SPÖ!) Ihre Argumente werden nicht besser, wenn Sie sie lauter vortragen. Das ist ein Irrtum, Herr Kollege Stadler! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf der Abg. Dr. Partik-Pablé. )

Sie haben gesagt, Professor Rürup wäre der Meinung, die Pensionsreform wäre ein Kompromiß. Jawohl, sie ist ein Kompromiß! (Abg. Gaugg: Ein Pfusch!) Denn Kompromißfähigkeit ist eine sehr wichtige Voraussetzung für diejenigen, die politische Verantwortung zu tragen haben. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Gaugg: Ein Pfusch ist das! – Abg. Mag. Stadler: Weiterhin schwacher Applaus bei der SPÖ! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Daß Sie diese Fähigkeit nicht besitzen, wurde Ihnen erst gestern wieder mitgeteilt. (Abg. Gaugg: ... Vorsitz geführt! Aber man weiß schon, was los ist!) Sie beklagen, daß die Einsparungen nur 3 Prozent betragen, reden von einer Geldbeschaffungsaktion und sagen, daß 20 Prozent nötig wären. (Zwischenruf der Abg. Dr. Partik-Pablé. ) Ich habe Ihnen schon letztes Mal gesagt, daß es einen Unterschied zwischen den Zielen, die ein Experte vorgibt, und der politi


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schen Verantwortung geben muß. (Abg. Gaugg: Warum hat die Gewerkschaft dagegen gestimmt?) Radikallösungen würden radikale Härte bedeuten. Die Zielrichtung des Rürup-Gutachtens ist jedoch erfüllt: mehr Gerechtigkeit zwischen den Generationen! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Gaugg: Ist nicht gelungen!)

Sie behaupten auch, Professor Rürup hätte eine Lanze für eine gemischte Pensionsfinanzierung gebrochen. Ihr Pressesprecher Westenthaler hat am 17. Oktober erklärt: Am alten Umlagesystem herumzudoktern, bringt nichts. Wie erklären Sie sich denn das? (Dr. Partik-Pablé: Hat Ihnen der Herr Bundeskanzler das aufgesetzt?)

Dem steht ein Gutachten der Gesellschaft für Versicherungswissenschaften entgegen – ich zitiere wörtlich –: Angesichts ihres Umfanges an Beiträgen und Leistungen ist die gesetzliche Rentenversicherung grundsätzlich im Umlageverfahren richtig finanziert. Eine vollständige Umstellung der Finanzierung der Anwartschaften und Ansprüche der gesetzlichen Rentenversicherung von Umlage- auf Kapitaldeckung erscheint weder sinnvoll noch möglich. – Zitatende. (Abg. Dr. Haider: "Ich bin sehr für das Drei-Säulen-Modell", hat der Guger gesagt!)

Sie sprechen die Gerechtigkeit für die Jungen an und reden dem Drei-Säulen-Modell das Wort. Was würde denn das bedeuten? (Abg. Dr. Haider: "Ich bin sehr für das Drei-Säulen-Modell", hat der Guger gesagt! Ihr Experte! – Abg. Mag. Stadler: Wo Sie den Vorsitz führen!)  – Für die Jungen haben Sie ja schon längst vier Säulen propagiert: zum einen die Beiträge für die ältere Generation, dann die Beiträge für das Umlageverfahren, weiters den Dienstnehmerbeitrag für die betriebliche Vorsorge und schließlich die Beiträge zur Eigenvorsorge. Die jungen Menschen werden sich bedanken, wenn sie draufkommen, was Sie ihnen damit für ein Kuckucksei ins Nest gelegt haben! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Stadler: Fürs Protokoll: noch schwächerer Applaus bei der SPÖ!)

Ist das kapitalgedeckte Verfahren krisensicherer? – Nein! Die Pensionskassen müssen das Geld ja anlegen: 40 Prozent in Schilling-Anleihen, 40 Prozent in Aktien und Wertpapieren – davon 15 Prozent inländische Papiere, 25 Prozent ausländische – und 20 Prozent in Grundstücken. Ist das umverteilungsgerecht? – Ich sage nein. Mieten und Grundstückspreise gehen damit in die Höhe. Aber Sie vertreten ja die fleißigen, braven, kleinen Österreicher. (Dr. Partik-Pablé: Das hätten Sie besser begründen müssen!) Wie erklären Sie sich diesen Widerspruch? (Zwischenruf des Abg. Mag. Peter. )

Weiters darf ich auf den Börsencrash hinweisen. Wie die Anteile bei den Geldanlagen sind, habe ich schon gesagt.

Die Frage nach der Sicherheit, gemessen an der Alterspyramide, muß ich ebenfalls negativ beantworten. Beispiel Japan: Dort haben sie schon heute die demographischen Probleme, die uns für das Jahr 2020 prognostiziert werden. Das heißt, sie müssen Kapitalstöcke abschmelzen. Die Folge ist eine Kursspirale nach unten. (Dr. Partik-Pablé: Hat Ihnen das der Herr Bundeskanzler aufgesetzt?)  – Ich brauche niemanden, zum Unterschied von Ihnen! (Beifall bei der SPÖ.)  – Unser Umlageverfahren ist jedenfalls inflationssicher.

Ich möchte nur noch einen Punkt ansprechen, nämlich die Gerechtigkeit für die geringfügig Beschäftigten. Immer wieder wird die Beitragspflicht der Dienstgeber beweint: Das Opting-in bei den Dienstnehmern sei nicht leistbar. – Es mag schon sein, daß es für manche nicht leistbar ist, die nur ein solches Arbeitsverhältnis haben; deshalb auch das Opting-in. Aber das Weinen um die Dienstgeberbeiträge läßt Sie wirklich in einem ganz speziellen Licht erscheinen.

Da erinnere ich mich an einen Spendenaufruf, den der Herr "Kollege Buchstabierer" gemacht hat, einen Aufruf an die Unternehmer, als es um eine Gewerkschaftsgründung ging. Sie möchte unabhängig sein, deshalb mögen die Wirtschaftstreibenden spenden. (Abg. Dr. Nowotny: Pseudogewerkschaft!) Ja natürlich! Mit einem fiktiven Gewerkschaftsbeitrag von 1 Schilling bin ich sicherlich unabhängig vom Dienstnehmer – aber ich begebe mich in die Geiselhaft des Dienstgebers! Das ist wahrscheinlich beabsichtigt. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Stadler: Noch schwächerer Applaus bei der SPÖ!)


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Sie haben gesagt, Sie werden Verschlechterungen nicht zustimmen. Sie haben auch Verbesserungen nicht zugestimmt, und das werden die Österreicher nicht vergessen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

16.05

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kukacka. Maximale Redezeit: 10 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

16.05

Abgeordneter Mag. Helmut Kukacka (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Hohes Haus! Es hat uns nicht sehr beeindruckt, was die Freiheitliche Partei in der Dringlichen Anfrage bisher vorgebracht hat. (Abg. Dr. Haider: Das ist ja auch nicht die Absicht, euch zu beeindrucken!) Das war nur der zweite Aufguß der Freitagsvorstellung und eigentlich überhaupt nichts Neues: dieselben Halbwahrheiten, dieselben Unterstellungen (Abg. Mag. Stadler: Herr Geschäftsführer! Sie tun sich ja leicht mit einer Subvention von 160 Millionen!) , dasselbe Anpatzen und Schlechtmachen der Politiker, dieselben Vorwürfe, die Versuche, immer wieder dieselben Gruppen gegeneinander auszuspielen. (Abg. Mag. Stadler: Herr "Volksblatt"-Geschäftsführer! – Zwischenruf der Abg. Dr. Partik-Pablé. ) Und dieselben Wiederholungen, Herr Kollege, machen Ihre Ausführungen nicht besser! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Stadler: Mit 160 Millionen vom Steuerzahler!)

Sie beweisen nur, daß Sie mit Ihrer Politik unglaubwürdig sind, denn heute spielt sich die Freiheitliche Partei auf als ... (Abg. Mag. Stadler: Mit beiden Händen holt er es heraus! 160 Millionen für das Parteiblatt "Volksblatt"! Herr Geschäftsführer!) – Lassen Sie mich zum Thema kommen! Über dieses Thema werden wir uns schon noch unterhalten. (Abg. Mag. Stadler: 160 Millionen allein für sein notleidendes Blättchen! 160 Millionen! Da würde ich mich eher genieren! – Abg. Dr. Khol: Helmut, es ist deine Zeit! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Herr Kollege! Sie sind nicht in der Lage und nicht bereit, sich mit Ihren Argumenten zum heutigen Thema auseinanderzusetzen. (Abg. Mag. Stadler: Sie sind ein Subventionsnehmer! Mit beiden Händen nehmen Sie heraus!) Sie müssen immer in andere Themen ausweichen, weil Sie nicht in der Lage sind, uns und unseren Argumenten hier Paroli zu bieten! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Mag. Stadler: 160 Millionen!)

Sie liefern heute dasselbe klägliche Schauspiel, das Sie schon am Freitag geliefert haben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.) Wenn sich heute der Herr Gaugg und der Herr Haider als Verteidiger der Eisenbahner herstellen (Abg. Mag. Stadler: Bei 160 Millionen kann man richtig zulangen!) , dann möchte ich Ihnen sagen, was der Herr Haider am 17. 9. 1995 in der "Kleinen Zeitung" gesagt hat: Es ist nicht zu erklären, warum der ÖBB-Buschauffeur früher in Pension geht als der Buschauffeur eines Reisebüros, der die gleiche Strecke fährt. (Abg. Mag. Stadler: Rechnet den anderen vor, was sie übernehmen sollen! – Weitere Zwischenrufe.) Es muß einmal gesagt werden: Freunde, der Kirchtag ist aus! – Das ist es, was Sie von den Eisenbahnern halten! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Mag. Stadler: Auf Kosten der Steuerzahler kann man groß reden! – Weitere Zwischenrufe. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

Für uns war immer klar, daß es bei der Pensionsreform um ein Gesamtkonzept geht, das alle Beschäftigungsverhältnisse und alle Pensionssysteme erfaßt. Die Eckpunkte der Reform – die Harmonisierung des Pensionssystems, die Verlängerung der Durchrechnungszeiträume und die Anhebung des faktischen Pensionsalters – müssen selbstverständlich für alle in diesem Land gelten, im Sinne der Gerechtigkeit für alle Erwerbstätigen (Abg. Dr. Haider: Auch für Politiker!)  – selbstverständlich auch für Politiker –, im Sinne von Solidarität unter allen Arbeitnehmern und im Sinne des verfassungsrechtlichen Gebotes der Gleichbehandlung aller Bürger durch den Staat. (Abg. Dr. Haider: Ja dann macht es endlich! Warum gibt es das noch nicht? Bei den Eisenbahnern wollt ihr es, bei euch nicht!)

Meine Damen und Herren! Deshalb war für uns von Anfang an klar, daß auch die Bediensteten der ÖBB unter das Gleichbehandlungsgesetz fallen werden und müssen. (Abg. Mag. Stadler: So ein notleidendes Blättchen! 160 Millionen sind kein Klacks!) Und deshalb haben wir auch nie


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manden darüber im unklaren gelassen, was wir wollen. Ich möchte deshalb eine klare Chronologie darstellen.

Schon in der Regierungsvorlage zum Beamten-Dienstrechtsgesetz heißt es im Vorblatt, für jeden Abgeordneten ganz klar und eindeutig zu lesen: Gleichwertige Pensionsreformmaßnahmen werden auch für den Bereich des bestehenden Pensionsrechtes der Österreichischen Bundesbahnen gesetzt.

Es war also bereits vor den Personalvertretungswahlen klar, daß niemand angelogen und daß auch nichts verheimlicht wird. Ich halte daher fest: Die Regierung hat nichts verheimlicht, und die führenden Gewerkschaftsvertreter der Bundesbahnen haben bereits vor den Personalvertretungswahlen – diese haben bekanntlich von 4. bis 6. November dieses Jahres stattgefunden – genau gewußt, was die Regierung beabsichtigt. (Zwischenruf des Abg. Mag. Stadler. )

Diese Feststellung im Vorblatt der Regierungsvorlage ist auch die Konsequenz aus der Protokollanmerkung des Ministerrates vom 10. 10., die festhält, daß Verhandlungen mit der ÖBB-Gewerkschaft zu führen sind, die noch im November Einvernehmen erreichen sollen, wobei – wenn erforderlich – von der Bundesregierung eine einfachgesetzliche Grundlage fristgerecht beschlossen werden soll.

Meine Damen und Herren! Dazu bekennen wir uns, und wir stehen selbstverständlich dazu. Ich bin optimistisch, daß es zu einer Regelung kommen wird, die derjenigen gleichwertig ist, die im öffentlichen Dienst gilt und die auch für die bereits ausgegliederte Post gefunden wurde. (Beifall bei der ÖVP.) Diesen Verhandlungen will und kann ich nicht vorgreifen, auch nicht der Frage, welche rechtliche Qualität diese Lösung haben wird: ob es zu einer Änderung des Bundesbahngesetzes kommt oder ob die Einzeldienstverträge der ÖBB-Bediensteten abgeändert werden. Es muß nur dasselbe Ergebnis herauskommen: eine Gleichbehandlung der Bediensteten der Österreichischen Bundesbahnen, was die Harmonisierung, die Durchrechnung und die Anhebung des faktischen Pensionsantrittsalters betrifft. Nicht der Weg, sondern das Ziel ist für uns wichtig. (Beifall bei der ÖVP.)

Die Bahn erbringt erhebliche Leistungen für die österreichische Transportwirtschaft, insbesondere die Zuwachsraten im Güterverkehr können sich herzeigen lassen. Auch das ist das Verdienst vieler Tausender Mitarbeiter bei der Bahn, deren Leistungen wir von dieser Stelle auch würdigen wollen und die sich ihr Geld zweifellos nicht leicht verdienen. (Zwischenruf des Abg. Haigermoser. )

Man wird aus Anlaß der heutigen Diskussion auch erwähnen dürfen, daß der Steuerzahler erhebliche Mittel für die Österreichischen Bundesbahnen aufbringt, die auch und vor allem den rund 57 000 ÖBB-Aktiven und den rund 74 000 Pensionisten zugute kommen. Immerhin zahlt der Bund an gemeinwirtschaftlichen Leistungen aus dem heurigen Budget 8,8 Milliarden Schilling an Kosten für die Eisenbahninfrastruktur, 12,3 Milliarden an Gehältern, er zahlt für den Infrastrukturbereich, der ja zur Hälfte vom Bund finanziert wird, 11 Milliarden Schilling und für Pensionszahlungen 16 Milliarden Schilling. Immerhin werden heuer 48,12 Milliarden Schilling aus dem Budget für die Österreichischen Bundesbahnen zur Verfügung gestellt.

Daher halte ich es nicht für gerechtfertigt, wenn die Eisenbahnergewerkschaft jetzt im Zusammenhang mit der Pensionsreform so tut, als hätten die Österreichischen Bundesbahnen mit dem Staat nichts mehr zu tun. Eines muß uns klar sein: ohne Staat, ohne Bund, ohne Steuertopf keine Österreichischen Bundesbahnen! Deshalb halte ich es auch für selbstverständlich, daß bei den Eisenbahnern ebenfalls das neue Pensionsrecht zum Tragen kommt.

Ich halte es selbstverständlich auch für politisch legitim, wenn die Eisenbahngewerkschaft ihre Interessen und die Interessen der ÖBB-Bediensteten konsequent verteidigt und das Optimale für sie herausholt. Aber es darf nicht nur Gruppeninteressen geben, sondern es müssen auch das gesamtstaatliche Interesse und das Gemeinwohl berücksichtigt werden. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Stadler: Endenwollender Applaus bei der ÖVP!)


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Es ist die vornehmste Aufgabe des Gesetzgebers und des Parlamentes, dem gesamtstaatlichen Interesse zu dienen und die notwendige gesellschaftliche Solidarität auch in dieser Frage zum Durchbruch zu bringen.

Meine Damen und Herren! Ich denke, in diesem Sinne sind wir alle davon überzeugt, daß es auch in dieser Frage eine Lösung geben muß: eine Lösung, die nur in Übereinstimmung mit den Vereinbarungen auf Regierungsebene fallen kann und die auch im Interesse der Eisenbahner ist. Denn sonst müssen sie sich auch in Zukunft Privilegien vorwerfen lassen, und das ist weder in ihrem noch in unserem Interesse. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Stadler: Oh! Herr Hums: Kronzeuge Kukacka!)

16.14

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Kier. Die Uhr ist auf 10 Minuten eingestellt. – Bitte, Herr Abgeordneter.

16.14

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Sehr geehrte Damen und Herren! So einfach, Herr Bundeskanzler, dürfen Sie sich das nicht machen, und auch nicht die Kolleginnen und Kollegen von den Regierungsfraktionen. So einfach ist das nicht. Ich möchte den Finger auf die Wunde legen ... (Abg. Dr. Khol: Jetzt kommt der Herr Oberlehrer Kier und sagt uns allen genau, wie es geht!)

Herr Klubobmann Khol! Wenn Sie hier weiter mit Verbalinjurien arbeiten, dann ist das Ihr Stil! Mir gefällt das nicht. (Beifall beim Liberalen Forum. – Abg. Dr. Khol: Wollen Sie jetzt Verbalinjurien hören?)  – Von Ihnen höre ich nur Verbalinjurien, daher ist die Frage eigentlich tautologisch. (Abg. Dr. Höchtl: Ist "Oberlehrer" eine Verbalinjurie?)

Herr Bundeskanzler! So einfach dürfen Sie sich das nicht machen. Bei den Bundesbahnen gibt es ein reales Problem: Die Ausgliederung ist Ihnen mißlungen. Wenn Sie das nicht zugeben, machen Sie einen Fehler, denn Sie werden so, wie Sie es jetzt vorhaben – mit einfachgesetzlicher Regelung für den Fall, daß die Verhandlungen mit den Eisenbahnern scheitern –, nicht recht weiterkommen.

Denn Verhandlungen mit der Eisenbahnergewerkschaft würden voraussetzen, daß sie in diesem Fall überhaupt ein Verhandlungsmandat hat. Wenn Sie wüßten, wie die Sache wirklich ist – anscheinend wissen Sie das nicht –, dann wüßten Sie, daß es dort um Einzelverträge geht. Das ist der gordische Knoten, der selbstverständlich durchschlagen werden muß. (Abg. Mag. Stadler: Fürs Protokoll: Beifälliges Nicken beim Kollegen Hums!)

So einfach können Sie sich das nicht machen. Zeigen Sie mir die einfachgesetzliche Regelung, mit der Sie in Individualverträge eingreifen! Dieser Fehler ... (Bundeskanzler Mag. Klima: Das wollen wir gar nicht!)  – Ja, Sie wollen nicht! Aber wenn Sie das nicht wollen, dann können Sie auch keine solche Regelung machen. Mit der Gewerkschaft können Sie zwar einen Goodwill verhandeln, aber Sie müßten dann jeden einzelnen Eisenbahner dazu zwingen, tatsächlich einen neuen Vertrag abzuschließen.

Wie das die Gewerkschaft machen wird, weiß ich nicht. Es wird vielleicht zu einer Fluchtbewegung aus der Gewerkschaft kommen, aber nicht zu neuen Verträgen. Daher ist Ihnen die Ausgliederung mißlungen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Wenn Sie das nicht verstehen, dann machen Sie einen Fehler. Denn dann werden Sie das Thema auf immer und ewig auf dem Tisch haben, sozusagen bis der letzte der Altpensionisten verstorben ist, und das wird 30, 40 Jahre dauern. Daher meine ich, daß Sie es sich nicht so leicht machen und nicht so tun sollten, als ob das eine Frage von Verhandlungen wäre, die erst zu führen sind.

Auch der ÖVP ins Stammbuch: Hier Verhandlungen zu fordern, von denen man weiß, daß sie in der geforderten Form gar kein Ergebnis bringen können, das ist bitte ein Beim-Fenster-hinaus-irgend-etwas-Tun. Sie haben daher ein echtes Problem.


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Das nächste echte Problem bekommen Sie selbstverständlich mit den Kammern. Denn die Kammern sind Organisationsformen der Selbstverwaltung, und da schaue ich mir dann an, wie Sie das beseitigen werden, was Sie dort auch in Jahrzehnten an Privilegien entwickelt haben. Das wird auch nicht ganz so einfach sein, außer es kommt zu einer Selbstreinigung in diesen Organisationen. Aber auch dort gibt es zum Teil Individualverträge. Daher werden Sie aus diesem Dickicht Ihres eigenen Dschungels nicht so leicht herausfinden.

Harmonisierung ist eine harte Aufgabe, die nicht leicht zu lösen ist. Sie halten ja unseren Antrag in Händen, denn die liberale Fraktion hat einen Selbständigen Entschließungsantrag gestellt, der noch der Ausschußbehandlung harrt. Die Kollegin Reitsamer hat ihn offenbar deswegen bis heute noch nicht auf die Tagesordnung gesetzt, weil sie erkannt hat, daß unser Antrag auch dann aktuell bleibt, wenn Sie jetzt eine – Sie nennen es so – Reform machen. Daher hat sie ihn vorsorglich aufgehoben, damit wir ihn bei einer der nächsten Sozialausschußdebatten behandeln können. Dieser zielt auf die volle Harmonisierung ab.

Ihre eigene Vorsitzende im Sozialausschuß hat diesen Antrag nicht etwa jetzt, zusammen mit den Budgetbegleitgesetzen oder mit dem ASRÄG, in Verhandlung genommen. Das wäre logisch gewesen, wenn sie selbst der Meinung gewesen wäre, daß das ASRÄG eine Harmonisierung ist. Sie hat aber erkannt, daß dieser Antrag weiter geht und erst nachher verhandelt werden kann. Daher sage ich Ihnen: Sie selbst geben zu, daß noch nicht harmonisiert ist! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Weil mehrfach eitel der Professor Rürup genannt worden ist: Er hat in seinem Policy-Mix ein Volumen von 20 Prozent gezeigt, und von diesem gezeigten Volumen haben Sie nur 3 Prozent umgesetzt. Das ist eben nur ein Sechstel. Niemand hat verlangt, daß Sie alles, was Rürup sagt, auf Punkt und Beistrich machen müssen. Aber Sie haben nicht einmal seine Mindeststandards erfüllt.

Rürup hat sich wiederholt geäußert, zuletzt erst wieder in einer sehr interessanten Beilage im "Standard": Das Lebenseinkommen ist nach wie vor außer Sicht als Bemessungsgrundlage, einheitliche Steigerungsbeträge sind nach wie vor nicht in Sicht, die rasche Angleichung der Pensionsantrittsalter ist nicht in Sicht. Die wirkliche Erfassung aller Erwerbstätigen ist Ihnen mißlungen, die beitragslosen Zeiten sind nach wie vor nicht mit Beiträgen ausgependelt. Sie haben zwar bei den Müttern immerhin ein bißchen etwas anerkannt – aber wo sind die äquivalenten Zahlungen für die Bundesheersoldaten? – Wieder nichts.

Rürup fordert auch Anreize zum Ausbau des privaten Pensionsabsicherungsbereiches. Das fordert er auch! Außerdem führt er ausdrücklich aus, daß mit dem Umlagesystem der hohe Lebensstandard auf Dauer nicht gehalten werden kann. Also bitte: Was heißt denn das anderes?

Und er führt aus: In diese Lücke sollte die Eigenvorsorge treten. Rürup sagt, in Österreich sind das bestenfalls 10 Prozent, er meint aber, es sollten mindestens 25 bis 30 Prozent sein. Nehmen Sie das daher zur Kenntnis: Auch Rürup ist für ein duales System und nicht für ein ausschließlich auf Umlagefinanzierung gestütztes System (Beifall beim Liberalen Forum) , allerdings für ein duales System, das der Eigenvorsorge mehr Raum gibt. Und das sollten Sie bitte zur Kenntnis nehmen!

Von dem Policy-Mix haben Sie also nur Bruchstücke umgesetzt, die Gesamtharmonisierung ist Ihnen nicht gelungen. Es mag Ihnen die Dringliche Anfrage so unangenehm sein, wie sie im Detail teilweise auch ist, aber im Kern, Herr Bundeskanzler, machen Sie einen schweren Fehler, wenn Sie jetzt hier behaupten, die Welt sei heil, und die Opposition – im speziellen Fall die Antragsteller – sei böse. Sie mag manchmal böse sein, aber da hat sie den Punkt getroffen, und daher hilft Ihnen das gar nichts. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Ein weiterer Gesichtspunkt, Herr Bundeskanzler: Wenn Sie wirklich der Meinung sind – und da würde ich Sie fast um eine zweite Wortmeldung ersuchen –, daß Sie das Eisenbahner-Problem in irgendeiner Weise durch Verhandlungen mit der Gewerkschaft und/oder durch einfachgesetzliche Regelungen lösen können, dann sagen Sie uns wenigstens andeutungsweise, wie! Ich bitte Sie herzlich darum!


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Aber es wird nur gehen, wenn alle Beteiligten an einem Strick ziehen. (Abg. Mag. Stadler: Kollege Kier, er hat ein Verfassungsrecht ausdrücklich ausgeschlossen!)  – Ja, noch dazu, wo Sie sich dazu bekannt haben – was ich ja begrüße –, nicht zu einer Verfassungsbestimmung greifen zu wollen. Das begrüße ich. (Abg. Mag. Stadler: Das schau ich mir an!) Das wäre aber die einzige Möglichkeit gewesen, Herr Bundeskanzler, denn das, was Sie einfachgesetzlich machen müßten, hätte enteignenden Charakter. Wenn Sie wirklich enteignen wollen, dann werden Sie ein Verfassungsgesetz brauchen (Bundeskanzler Mag. Klima: Das wollen wir nicht!) , denn sonst wird Ihnen der Verfassungsgerichtshof – Sie wissen das – ein entsprechendes Erkenntnis zustellen. (Abg. Mag. Stadler: Fürs Protokoll: Der Bundeskanzler sagt: Das wollen wir nicht!) Und in diesem Fall wären wir dann sogar grundsätzlich – im Unterschied zu anderen Erkenntnissen, wo wir nicht so jubeln – an der Seite des Verfassungsgerichtshofes, denn einseitige und entschädigungslose Enteignung ist nicht gut. Fairerweise muß man das schon erwähnen.

Daher: Wie, Herr Bundeskanzler, wollen Sie das machen? Entweder Sie melden sich heute noch ein zweites Mal von dieser Regierungsbank aus, oder Sie schweigen. Wenn Sie schweigen, dann werden wir wissen, daß das auch eine Antwort ist – ich wiederhole: das ist auch eine Antwort –, denn einfach in Verträge einzugreifen wird nicht möglich sein, aber es ist vielleicht zu überlegen, ob man nicht über die Umstandsklausel einmal ein bißchen nachdenken sollte, ob also alle diese Verträge, um die es geht, nicht unter anderen Umständen abgeschlossen worden sind.

Ich habe schon darüber nachgedacht, aber leider – so lange ist die Ausgliederung noch nicht her – haben Sie die Ausgliederung von A bis Z verdorben (demonstrativer Beifall des Abg. Meisinger ) beziehungsweise hätten Sie sie gar nicht durchführen dürfen. Denn um die jetzige Situation zu erreichen, daß nämlich ohnehin die Republik die Pensionen bezahlt, hätten Sie gleich die Ausgliederung sein lassen können. Denn jetzt haben wir das Problem, daß der Generaldirektor zwar die arbeitsorganisatorischen Anweisungen geben kann, aber die Republik bezahlt die Bezüge – vereinfacht gesagt. Sie spalten damit sozusagen die Arbeitnehmer auf: Auf der einen Seite ist nun eine ausgegliederte Organisation, ein Rechtsträger, der vor sich hin werkt, und auf der anderen Seite sind die Pensionisten, die vom Bund bezahlt werden. Jeder, der bei der Bahn früher in Pension geht, ist ein Geschenk, denn er ist früher weg. – Das hinkt doch auf allen vier Füßen!

Daß es für die neuen Eisenbahner eine andere Regelung gibt, erkennen wir an. Aber aufgrund der relativ hohen Personalstände und der Strukturnotwendigkeiten sind die Neuaufnahmen der seltene Fall und die längerdienenden Altbestände der häufigere Fall. In einem Unternehmen, in dem es mehr Pensionisten als Aktive gibt, ist das Pensionsproblem eben ein doppeltes. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

16.24

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Öllinger. Er hat das Wort. Redezeit: maximal 10 Minuten.

16.24

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Werter Herr Bundeskanzler! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Da Herr Kollege Kier mir die Arbeit abgenommen hat, das Problem im Zusammenhang mit den Eisenbahnerpensionen zu erklären, stelle ich nochmals die Frage, Herr Bundeskanzler, und bitte Sie wirklich, sie auch zu beantworten: Wie stellen Sie sich das vor? Wie wollen Sie durch Verhandlungen mit der Eisenbahnergewerkschaft in Einzelarbeitsverträge eingreifen? Das ist denkunmöglich! Das können Sie nicht machen! Diesbezüglich sind Sie uns eine Antwort schuldig. – Herr Kollege Khol! Es kann auch sein, daß Sie uns diese Antwort geben wollen. Es würde mich wundern. (Abg. Dr. Khol: Nein, der Dr. Feurstein! Der Dr. Feurstein wird sie geben!)

Dasselbe Problem, das wir bei den Eisenbahnern haben, stellt sich natürlich auch in anderen Bereichen. Kollege Kier hat es schon erwähnt: Auch im Bereich der Kammern gibt es Pensionsregelungen, die auf Einzelverträgen beruhen, und auch in diesen Bereichen besteht an und


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für sich die Notwendigkeit, die Harmonisierung durchzuziehen und anzuwenden, und auch da gibt es Probleme.

Anders, Herr Kollege Haider, sieht es im Bereich der Sozialversicherungen aus. Auch da gibt es natürlich ein Problem, aber es handelt sich erstens nicht um Einzelverträge, sondern um kollektivvertragliche Regelungen, und zweitens – was Sie nicht erwähnt haben – gibt es da sehr wohl zusätzliche Beiträge, die an das Einkommen beziehungsweise an die Höchstbeitragsgrundlage gekoppelt sind. (Abg. Dr. Haider: 50 Prozent!)

Ich gebe Ihnen vollkommen recht, man muß auch im Bereich der Sozialversicherungen darüber reden, weil es nicht sein kann, daß diejenigen, die die Pensionen auszahlen, sich höhere Pensionen genehmigen, als jene bekommen, denen die Pensionen ausbezahlt werden.

Das ist eine Frage der Gerechtigkeit, und dieser Frage, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, müssen Sie sich schon annehmen! Das, was im gleichen Ausmaß für andere Gruppen gilt und gelten soll, gilt auch für Gruppen, die aus der Betrachtung bisher völlig ausgenommen waren.

Das gilt natürlich in ähnlichem Ausmaß auch für die Kammern, obwohl es da viel schwieriger zu erreichen sein wird. Egal, ob es die Wirtschaftskammer betrifft oder die Arbeiterkammer oder die kleinen Kammern, bei denen die Regelungen und auch der Wildwuchs bei diesen Regelungen deswegen nicht ersichtlich sind, weil sie nur ein paar Dutzend Personen betreffen. Dennoch stellt sich die Frage nach der Gerechtigkeit, vor allem für die Beitragszahler, denn die Beitragszahler sind in diesem Fall die Pflichtangehörigen dieser Kammern, die dieses Pensionssystem – ohne gefragt zu werden – ermöglichen.

Im Unterschied zu Ihnen, Herr Bundeskanzler, der Sie gemeint haben, die Eisenbahnergewerkschaft habe sozusagen ihre Verhandlungsbereitschaft ja eigentlich schon dadurch angekündigt, daß in einem Blatt der sozialdemokratischen Fraktion darauf hingewiesen wurde ... (Bundeskanzler Mag. Klima: Ich habe ja nur gesagt, daß es nicht geheim war! Das war der Vorwurf, daß es geheim war, und ich habe gesagt, es war nicht geheim!)

Okay, Herr Bundeskanzler, ich nehme das zur Kenntnis, aber es bleibt natürlich das Faktum bestehen, daß schon mit etwas gezinkten Karten gespielt wurde. – Herr Kollege Hums, das werden Sie mir bestätigen müssen. (Beifall bei den Grünen.) Sie werden mir bestätigen müssen, daß auf der einen Seite den Eisenbahnergewerkschaftern sehr wohl bekannt gewesen sein dürfte, daß es ernst wird mit Nachverhandlungen um ein zukünftiges Pensionssystem, daß man aber diese Tatsache natürlich vor den Wahlen, die an diesem Wochenende stattfanden, nach Tunlichkeit – und das ist durchaus verständlich – nicht in dem Umfang an das Licht der Öffentlichkeit bringen lassen wollte, daß man sagt, wir sind bereit zu verhandeln. Das würde mich interessieren, Herr Kollege Hums. Sie haben die Möglichkeit, zu erklären, wie Sie sich das vorstellen. (Abg. Dr. Haider:  Da habt ihr was zusammengedreht!)

Im Unterschied zur Kollegin von der sozialdemokratischen Fraktion bin ich der Meinung, daß es nicht viele in diesem Haus betrifft, die tatsächlich schon als harmonisiert zu betrachten sein werden. Es gibt wenige Kollegen hier im Haus, die in Zukunft ihre Pensionsbeiträge nach dem ASVG zahlen und eine ASVG-Pension erhalten werden. Das ist nicht die Mehrheit, das ist eine Minderheit. Das ist auch das Manko dieser Bezügeregelung, so wie sie beschlossen wurde, daß sie nämlich mit allzu vielen Ausnahmen und Übergangsbestimmungen nur für eine kleine Gruppe von Abgeordneten – nämlich die neu eingetretenen – überhaupt die Voraussetzungen schafft, eine ASVG-Pension zu erhalten.

Im Unterschied zum Abgeordneten Haider bin ich einer von denen, die diese ASVG-Pension erhalten und die sie auch wollen, weil ich dazu stehe und von dieser Möglichkeit, die es geben würde, sich auch noch in das alte Pensionssystem hineinzuoptieren, bewußt nicht Gebrauch machen will. Ich halte es für richtig, daß diese neue Regelung durchgeführt wurde. Ich halte das für einen Fortschritt, aber mit diesen Möglichkeiten, die auch für die neueingetretenen Abgeordneten geschaffen wurden, doch noch in die alte Regelung hineinzukommen, gibt es zu viele Ausnahmebestimmungen, als daß diese Regelung tatsächlich im vollen Umfang glaubwürdig


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werden würde. Das führt zu einem Problem in bezug auf unsere Glaubwürdigkeit: In der öffentlichen Darstellung haben wir in dieser Frage ein Glaubwürdigkeitsproblem.

Im Unterschied zum Abgeordneten Haider bin ich allerdings nicht der Meinung, daß wir eine Debatte über einen Durchrechnungszeitraum führen können. Bei den neuen Abgeordneten kommt die Durchrechnung nach dem ASVG zur Anwendung, aber bei den alten Abgeordneten einen Durchrechnungszeitraum einzuführen, wenn ein Pensionsanspruch schon nach vier oder fünf Jahren erworben werden kann, ist ein Unding. Entweder gibt es diesen Pensionsanspruch – dann kann man aber auch keinen Durchrechnungszeitraum einführen –, oder es gibt diesen Pensionsanspruch nicht. Dann müßte man sagen: Wir wollen auch für alle alten Abgeordneten, für alle, die schon in Pension sind, ein völlig neues System ausverhandeln. – Sie, Herr Abgeordneter Haider, genausogut wie ich und alle anderen, wissen, daß das nicht geht. Lassen Sie also bitte die Fiktion vom Durchrechnungszeitraum für die Politikerpensionen fallen! Ein solcher ist nicht möglich.

Wir sollten uns darüber unterhalten, wo in diesem System, das wir ausverhandelt haben, wo in all den anderen Bereichen von halbstaatlicher Wirtschaft, von selbstverwalteten Betrieben und Organisationen – damit meine ich die Kammern, die Sozialversicherungen und die beigeordneten Behörden – Anpassungen möglich sind. Das sollte in einem Klima erfolgen, in dem solche Verhandlungen auch möglich sind. Ich hielte es daher für einen gar nicht so schlechten Vorschlag, diese Debatte, die wir jetzt führen, an einen ganz anderen Ort beziehungsweise in einen anderen Raum zu verlagern und tatsächlich – analog dem, was die Beiratsstudie schon im Jahre 1992 zu erarbeiten versucht hat – ein unabhängiges Gremium mit einer genaueren Untersuchung der Pensionssysteme in diesem Bereich zu befassen. Das kann, genauso wie bei den Bezügegesetzen, ein Gremium von unabhängigen Experten sein. Ich wäre sehr dafür. Wir werden auch in einer der nächsten Sitzungen einen entsprechenden Antrag einbringen, weil ein solcher dieser Frage vielleicht etwas auf die Sprünge hilft.

Worum ich Sie, meine Damen und Herren von der Freiheitlichen Partei, aber schon noch bitten würde, wäre, sich zu erklären, wie Sie zu dem Gedanken der Harmonisierung stehen, ob Sie dafür oder dagegen sind. (Abg. Mag. Stadler: Das haben wir ja gesagt: Bei den Politikern anfangen, und dann sind wir dafür! – Abg. Dr. Haider: Das haben wir ja schon gesagt!) Wenn ich mir Ihre Erklärungen ansehe – auch in den heute vorliegenden Unterlagen –, dann kann ich daraus nicht erkennen, daß von Ihrer Seite tatsächlich eine Harmonisierung vertreten wird, wenn Sie auf der einen Seite die erhebliche Belastung beklagen, die durch die Harmonisierung entsteht, auf der anderen Seite aber genau diese Harmonisierung als Voraussetzung sehen wollen. Sie können nicht dieses Bäumchen-wechsle-dich-Spiel ad infinitum weiterbetreiben, Sie müssen irgendwann einmal Stellung nehmen, Sie müssen erklären, wie Sie sich das vorstellen.

Wenn ich mir Ihr Papier, das Sie heute vorgelegt haben, genauer ansehe, diesen Antrag, in dem Sie zum einen für ältere Arbeitnehmer – ich nehme an, ASVG – einen Übergangszeitraum von 10 Jahren und zum anderen für Beamte einen Übergangszeitraum von 20 Jahren fordern, dann muß ich sagen: In einem Detail – das nicht das wichtigste ist, das gebe ich zu – sind Sie offensichtlich nicht bereit, eine tatsächliche Harmonisierung vorzunehmen. Es geht nicht so!

Wenn ich mir dazu noch Ihr Pensionssystem ansehe – und ich kenne jetzt nur drei Seiten Ihres Drei-Säulen-Modells –, dann muß ich Ihnen, Herr Stadler, schon erklären: Mit diesen drei Seiten Papier würden wir uns nicht trauen, eine Pensionsdebatte über ein neues Modell zu führen. (Abg. Mag. Stadler: Ich werde Ihnen noch ein paar Seiten mehr zukommen lassen!) In Ordnung, aber ich möchte gerne auch tatsächlich die Möglichkeit haben, mich über ein System zu unterhalten, das grundlegende Änderungen vorsieht. Sie sollten nicht den Fehler machen, hier auf das Schweizer Modell zu rekurrieren, weil das Schweizer Modell, inklusive der zweiten und dritten Säule (Abg. Mag. Stadler: Ist Ihnen Holland lieber?) , sich von Ihrem Modell grundlegend unterscheidet und in bezug darauf auch grundlegende Risken hat. (Abg. Mag. Stadler: Wir können auch über Holland reden!)

Wenn wir über Kapitaldeckungsverfahren diskutieren – was Sie hier als die neue Hoffnung anpreisen –, dann sollten wir auch darüber diskutieren, welche Risken für die Betroffenen damit


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verbunden sind, was auch in der Schweiz eine Rolle gespielt hat, wo Mieten, Grund und Boden enorm verteuert wurden, sodaß die Jungen die Zeche für ein Pensionsmodell zahlen ...

Präsident Dr. Heinz Fischer (das Glockenzeichen gebend): Bitte um den Schlußsatz, Herr Abgeordneter!

Abgeordneter Karl Öllinger (fortsetzend): Die Jungen zahlen bei dem Kapitaldeckungsverfahren die Zeche für ein Pensionskonzept, das nicht in der Lage ist, Pensionen tatsächlich dauerhaft zu sichern. Denn Pensionen können nur durch den sozialen Zusammenhalt und durch eine Beschäftigungspolitik dauerhaft gesichert werden, die die Voraussetzung für jede Art von Alterssicherung ist. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Koppler. )

16.35

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Khol gemeldet. Ich bitte, den zu berichtigenden Sachverhalt zu definieren und ihn dem tatsächlichen gegenüberzustellen.

16.35

Abgeordneter Dr. Andreas Khol (ÖVP): Abgeordneter Haider hat in seiner Wortmeldung aus einem Brief zitiert, der angeblich von Vorstandsdirektor Ditz unterzeichnet ist und worin erklärt wird, daß jene Manager der Post, die die meisten Leute freisetzen, eine bessere Karriere haben. (Abg. Dr. Haider: So ist es! Das stimmt wörtlich!)

Ich zitiere aus dem Originalbrief, unterzeichnet von Dr. Johannes Ditz, Generaldirektor-Stellvertreter, Ing. Josef Sindelka, Generaldirektor (Abg. Dr. Haider: Ist es jetzt richtig oder nicht? Was ist daran falsch?), Vorstandsdirektor Richter und Vorstandsdirektor Martinek (Abg. Dr. Haider: Was ist falsch?): "Es wird vor allem in Ihrer Verantwortung als Manager liegen, Mittel und Wege zu finden, wie Sie Ihre Aufgaben auch mit weniger Personal organisieren können." (Abg. Dr. Partik-Pablé: Wo ist die Berichtigung?) "Gerade die rationelle Arbeitsorganisation ist eine der obersten Aufgaben jeder Führungskraft."

Ich zitiere weiters aus einem Brief der gleichen ... (Abg. Mag. Stadler: Lesen Sie weiter! – Abg. Dr. Haider: Weiterlesen! – Weitere lebhafte Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) "Der Vorstand wir daher" – wenn Sie wollen, lese ich auch weiter – "in Zukunft ein besonders wohlwollendes Augenmerk auf jene Mitarbeiter und Führungskräfte ..."

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich will aber nicht, daß Sie weiterlesen, Herr Abgeordneter. (Abg. Dr. Haider: Wieso? Lassen Sie ihn weiterlesen!)

Herr Abgeordneter, wir werden in der nächsten Präsidialsitzung, wie wir schon letztes Mal vereinbart haben, über die tatsächlichen Berichtigungen sprechen. Ich habe die Frau Kollegin unterbrochen, ich muß auch Sie unterbrechen.

Abgeordneter Dr. Andreas Khol (fortsetzend): Ich mache eine tatsächliche Berichtigung. (Abg. Mag. Stadler: Wo denn? Lernen Sie die Geschäftsordnung, Kollege Khol!)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Was ist der zu berichtigende Sachverhalt?

Abgeordneter Dr. Andreas Khol (fortsetzend): Ich habe den zu berichtigenden Sachverhalt klargestellt: Die Behauptung, es gäbe einen Brief von Ditz, wonach Manager dafür belohnt werden, wenn Sie möglichst viele Personen freisetzen. Ich habe einen Brief verlesen, der nicht von Ditz ist, sondern vom gesamten Vorstand (Abg. Dr. Haider: Aber von Ditz unterschrieben! Lesen Sie weiter!), und in dem der inkriminierte Sachverhalt ein anderer ist. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Haider: Ich lese Ihnen den ganzen Satz vor!)


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98. Sitzung / Seite 117

16.37

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Stadler. Freiwillige Redezeit: 5 Minuten.

16.37

Abgeordneter Mag. Johann Ewald Stadler (Freiheitliche): Herr Präsident! Ich werde den Brief gleich fertig lesen, den Herr Kollege Khol fertig zu lesen vergessen hat. Dieser Brief lautet nämlich weiter:

"Der Vorstand wird daher in Zukunft ein besonders wohlwollendes Augenmerk auf jene Mitarbeiter und Führungskräfte legen, welche sich in diesem Projekt durch konkrete Beiträge und Kreativität hervorgetan haben. Wir bekennen uns dazu, daß ihnen für diesen Einsatz für die Zukunft unseres Unternehmens nicht nur keine Nachteile erwachsen dürfen, sondern daß dies sogar zur Förderung ihrer Karriere beitragen wird." – Unterzeichnet vom Herrn Ditz. (Lebhafte Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Schauen Sie, der Herr Ditz! Da! Sehen Sie es? (Abg. Dr. Khol: Ich habe den Brief auch!) Ah, Sie haben es auch! Dann setzen Sie die Brille auf und lesen Sie es noch einmal vor, Herr Kollege Khol, weil Sie gar so wichtig getan haben. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Khol: Ich wollte es ja lesen, aber der Herr Präsident hat mich nicht lassen!) Oder borgen Sie sich das Monokel vom Kollegen Haselsteiner aus; der braucht es vielleicht nicht.

Meine Damen und Herren! Ich bin ja froh, daß sich der Herr Bundeskanzler wieder einmal ins Parlament getraut hat, er hat ja in seiner Rede beschworen, daß er die konstruktiven Kräfte des Parlamentes anspricht. Nur frage ich Sie, Herr Bundeskanzler: Wo waren Sie denn bisher während dieser gesamten Budgetdebatte? Sie waren ja nie da (Abg. Dr. Haider: Richtig!) , Sie waren nicht einmal da, als wir über Ihr eigenes Bundeskanzleramt diskutiert haben. Ein Novum! Der Bundeskanzler fehlt, wenn man über das Budget des Bundeskanzleramtes redet. Und dann kommt er daher und beschwert sich darüber, daß man mit ihm nicht konstruktiv diskutiert.

Wir sind ja froh, daß Sie heute überhaupt da sind. Aber ich sehe, Sie bringen schon wieder Ihren Staatssekretär mit, der Sie jetzt wahrscheinlich wieder vertreten soll, weil Sie sich vor der Debatte fürchten. (Ironische Heiterkeit des Abg. Dr. Khol. ) Mit dem, was der Herr Bundeskanzler an Schablonensätzen abgesondert hat, werden Sie die Debatte nämlich nie erfolgreich bestreiten können, meine Damen und Herren. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Bundeskanzler! Sie sollten, anstatt Ihre Schablonensätze auswendig zu lernen, einmal in sich gehen und prüfen, ob es wirklich anständig ist, die alten Menschen in diesem Lande permanent an der Nase herumzuführen und sie zu mißbrauchen. (Abg. Dr. Nowotny: Für Anstand sind Sie nicht zuständig!)

Aber Sie doch nicht, Herr Professor! Erklären Sie mir, wieso man die alten Menschen beschwindelt hat! Das eine Mal hat der Bundeskanzler Vranitzky – das ist ein Parteigenosse von Ihnen, falls Sie sich nicht mehr daran erinnern –, und zwar genau am 7. Dezember 1995, einen Brief geschrieben, von dem heute jeder Pensionist weiß, daß das ein Schwindelbrief war. Und dann hat Ihr Genosse Swoboda das gleiche noch einmal probiert, nämlich im September 1996 bei der EU-Wahl. Wiederum unterzeichnet von Ihrem ehemaligen Parteivorsitzenden. (Abg. Dr. Nowotny: Reden Sie mit Ihren Parteifreunden! Sie wissen schon, was ich meine! – Abg. Dr. Haider: Betrug am Wähler ist Kalkül bei euch!)

Wissen Sie, Herr Kollege Nowotny, jetzt werde ich Ihnen einmal einen schlüssigen Beweis liefern, wie das mit dem Beschwindeln, mit dem massiven Mißbrauch alter Menschen bei Ihnen läuft. Ich werde es Ihnen jetzt beweisen, und ich bin dankbar, daß jetzt auch der Kollege Kostelka da ist. Ihr Genosse Schranz hat – das ist ein Aktenvermerk auf einem Zettel des "Vorwärts"-Verlages ... (Abg. Dr. Nowotny: Der Edgar Schranz hat wirklich etwas gemacht für die Menschen!) Herr Professor! Jetzt seien Sie einmal ruhig da drinnen, Herr Professor! Jetzt muß ich Sie ermahnen, Herr Professor. Schauen Sie sich das einfach einmal an, Herr Professor, sonst müssen Sie nachsitzen und Strafe schreiben! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Nowotny: Sie glauben, wenn Sie reden, darf ich nicht zwischenrufen!)

Im "Vorwärts"-Verlag schreibt der Genosse Schranz an den Genossen Rösch (Abg. Dr. Nowotny: Die beiden haben wirklich etwas für die alten Menschen gemacht!) : "Genosse Rösch! Wir müssen uns bald überlegen, ob wir etwas tun, Klammer auf: Schmähkandidatur, Rückzug,


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Klammer geschlossen, und allenfalls mit der Partei reden. Herzlichst Edgar." 6. Mai 1990. (Abg. Dr. Haider: Was? – Abg. Dr. Nowotny: Herr Abgeordneter! Was haben Sie für die alten Menschen gemacht?)

Meine Damen und Herren! Der Herr Bundeskanzler und nunmehrige Parteivorsitzende hat keine Silbe davon dementiert. Keine Silbe davon! Er weiß, daß es eine Schmähgeschichte war. Eine Schmähgeschichte! Mit alten Menschen kann man ja einen Schmäh machen. (Abg. Dr. Nowotny: Außer persönlichen Angriffen können Sie nichts!)

Dann leistet auch noch die hochverehrte Gattin des nunmehrigen Klubobmannes Kostelka tätige Unterstützung, indem sie mit dem Genossen Schranz über die Schmähkandidatur und die Schmähparteigründung, die "Grauen Österreichs", korrespondiert, denn sie hat ihn nämlich anwaltlich vertreten. Herr Kollege Kostelka! Sie können das im häuslichen Bereich klären, wie Sie hier die alten Menschen beschwindeln. Es kommt aber noch viel dicker. – Ja, greifen Sie sich nur ans Köpfchen, Herr Kollege Kostelka, es kommt nämlich noch dicker.

Ihre Frau Gemahlin hat mitgewirkt, als die Statuten, die man nach dem Parteiengesetz an sich in einem Medium kundmachen müßte, in einer beschränkten Auflage für das Innenministerium gedruckt wurden, und zwar auf Seite 30, "Rentner und Pensionist", September 1989. (Abg. Dr. Kostelka: Ist das keine Zeitung? – Abg. Dr. Nowotny: Ist das keine Zeitschrift?)

Und jetzt schauen Sie sich die Pensionisten-Zeitung der Sozis an, die wirklich gedruckt und veräußert wurde! Da steht etwas ganz anderes. Seite 30, "Rentner und Pensionist", September 1989: "40 Jahre Pensionistenverband – das sind auch 40 Jahre sozialer Aufstieg." (Abg. Dr. Haider – eine photokopierte Zeitungsseite in die Höhe haltend –: Das ist Täuschung!) Die Satzung wurde nur für das Innenministerium gemacht (Abg. Dr. Haider: Manipuliert!) , nicht für die Öffentlichkeit, meine Damen und Herren! Nicht für die Öffentlichkeit! Das wird noch bei der Staatsanwaltschaft landen. Das garantiere ich Ihnen!

Sie haben damit nicht nur die alten Menschen beschwindelt, Sie haben auch noch das Gesetz gebrochen. Und das mit tätiger Unterstützung Ihrer werten Frau Gemahlin als anwaltliche Vertretung, Kollege Kostelka. So schaut es aus! So schaut es aus! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Dr. Nowotny. )

Sie mißbrauchen alte Menschen und führen sie an der Nase herum mit Schmähkandidatur. Sie mißbrauchen alte Menschen als Stimmbürger, indem Sie ihnen vor der Wahl Pensionen versprechen, die sie ihnen bei nächster Gelegenheit kürzen. (Abg. Dr. Nowotny: Der Edgar Schranz hat wirklich etwas gemacht für die alten Menschen!) Das ist Ihre Politik: Mißbrauch der alten Menschen! Mißbrauch! Schändlichster Mißbrauch der alten Menschen, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Und jetzt sind die Eisenbahner dran. Der Kollege Hums – jetzt mußte er schon zurückgereiht werden auf der Rednerliste, weil die Frau Reitsamer sich vorgedrängt hat – ist der einzige Eisenbahner, der sich überhaupt noch ans Rednerpult traut, und er weiß genau, daß seine Genossen bei der Eisenbahn nicht mehr verstehen, was diese Regierung mit ihnen aufführt. Man hat sie beschwindelt! Das gibt ja sogar schon Ihr "Genosse" Öllinger zu, Herr Kollege Hums! Man hat sie beschwindelt. Man hat den Eisenbahnern vor der Wahl nicht gesagt, was auf sie zukommen wird. Man hat sie beschwindelt, und Ihr Nachfolger Nowak hat sie auch noch in Ihrem Parteiblättchen entsprechend beruhigt: Es wird keine Änderungen geben.

Darum waren die Herrschaften von der Gewerkschaft ja gestern auch so überrascht, als Sie verhandelt haben. Sie haben gesagt, sie wollen sich erst einmal anhören, was die Bundesregierung überhaupt will. Wenn sie eh alle gewußt haben, was los ist, wieso haben Ihre Genossen von der Eisenbahnergewerkschaft dann gestern so überrascht getan? – Weil man die Menschen getäuscht hat. Sie beschwindeln alte Menschen, das ist Ihnen nicht zu schäbig, und Sie beschwindeln die Eisenbahner, und zwar nach Strich und Faden, wie sich jetzt herausstellt, meine Damen und Herren. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Nowotny: Das ist ja unglaublich!)


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Wissen Sie, Herr Präsident und stellvertretender Parteivorsitzender, das ist – um Sie selber zu zitieren – auch etwas, was Ihnen nicht taugen dürfte, nehme ich an. Oder taugt Ihnen das, was Ihre Partei hier aufführt? Sie haben nämlich vorhin gesagt: Es wird uns Freiheitlichen nicht taugen. (Abg. Dr. Nowotny: Ja, Sie taugen wirklich nichts!) Diese bestimmte Fraktion, die ich jetzt gemeint habe, in der Sie Vorsitzender sind, dieser Fraktion wird es auch nicht taugen, wenn beim Staatsanwalt nachgewiesen wird, wie man in diesem Land schändlichst alte Menschen mißbraucht und dabei auch noch das Gesetz verletzt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

16.44

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Hums. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

16.44

Abgeordneter Franz Hums (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich glaube (Abg. Mag. Stadler: Ich glaube, daß euch das weh tut!) , wir sollten zur Sachlichkeit zurückkehren (Abg. Dr. Haider: Da sind wir schon lange dabei!) , auch wenn es für die Opposition nicht angenehm ist. (Abg. Mag. Stadler: Wenn Sie die alten Menschen täuschen, dann müssen wir einschreiten! Da tun Sie den alten Menschen weh!)

Herr Kollege Stadler! Die Aussage des früheren Bundeskanzlers Dr. Vranitzky, daß es keine pensionsrechtlichen Kürzungen bestehender Pensionen geben werde, wurde bisher und wird in Zukunft vollinhaltlich eingehalten. Es wurde keine Pension gekürzt. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Haider: Aber geh! In welcher Welt leben Sie?)

Daß Pensionisten, wenn es Steuermaßnahmen gibt (Abg. Dr. Haider: Wo leben Sie?) , bei gleichen Einkommensverhältnissen die gleichen Steuermaßnahmen zu tragen haben, ist aber selbstverständlich keine Pensionskürzung. (Abg. Ing. Reichhold: Schauen Sie sich doch einmal den Lohnzettel von einem Pensionisten an! Wenn Sie wollen, bringe ich Ihnen einen!) Wenn es Steuermaßnahmen gibt, wird das niemand als Pensionskürzung darstellen können, denn daß Steuermaßnahmen Aktive und Pensionisten bei gleichem Einkommen gleich treffen, wird wohl jedem klar sein.

Der nächste Punkt: Die Eisenbahner sind angeblich beschwindelt worden. Bitte, es liegt eindeutig vor: Noch am 10. Oktober, am gleichen Tag, an dem die Ministerratssitzung mit der Protokollanmerkung war, ist nachweislich die Information der Gewerkschaft hinausgegangen. (Abg. Mag. Stadler  – ein Blatt aus einer Zeitschrift in die Höhe haltend –: Wieso dann diese Zeitung?) Diese Zeitung stellt das noch einmal fest. (Abg. Mag. Stadler: Da steht drin, daß nichts geschehen ist!)

Darf ich Ihnen aus meiner langen Funktionärstätigkeit sagen: Ein Gewerkschafter wäre ja dumm, wenn er nicht von vornherein Verhandlungen, die drohen, darstellen würde, denn gerade das hat dazu geführt, daß die Eisenbahner in Solidarität, in Stärke zu ihren Vertretern stehen. (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geehrte Kollegen und Kolleginnen von der Freiheitlichen Partei! Ich weiß ja bis heute nicht: Sind Sie jetzt für oder gegen die Eisenbahner? (Abg. Dr. Khol: Das weiß man ja nie! – Abg. Schwarzenberger: Das weiß man bei denen nie!) Für beides haben Sie eine Variante: Den Eisenbahnern werden Sie sagen, Sie waren für sie, den anderen, Sie haben die Privilegien der Eisenbahner bekämpft. (Beifall bei der SPÖ.)

Als Eisenbahnervertreter habe ich mich jahrelang mit den heftigsten Angriffen aus Ihren Reihen auseinandersetzen müssen (Abg. Mag. Stadler: Wieso? Wir nehmen die Eisenbahner vor dieser Regierung in Schutz!) , mit Angriffen auf die Eisenbahn, mit Angriffen auf die Eisenbahner. Wir haben sie alle pariert. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Stadler: Sie sollten uns dankbar sein! Wir nehmen die Eisenbahner vor dieser Regierung in Schutz!)

Die Eisenbahner sind lange genug in Privilegiendiskussionen hineingezogen worden, und ich möchte nicht, daß Sie jetzt, weil Sie Ihre Gunst bei den Wählern schwinden sehen, eine neue Privilegiendiskussion über die Eisenbahner anzetteln. Das haben sich die Eisenbahner nicht ver


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dient! Ihre Leistungen steigen Jahr für Jahr. (Beifall bei der SPÖ.) Europaweit gibt es kein zweites Bahnunternehmen mit derartigen Güterverkehrsleistungen – trotz Rationalisierungen. (Abg. Mag. Stadler: Sie verwechseln uns mit der ÖVP! Das war Ihr Regierungspartner!) Das gilt in manchen Bereichen für beide. Auch gegenüber der ÖVP habe ich die Eisenbahner sehr, sehr oft verteidigen müssen. (Abg. Mag. Stadler: Ah da schau her!)

Aber meine Bitte: Beginnen wir nicht neuerlich diese Diskussion. (Abg. Ing. Reichhold: Schwamm drüber! – Abg. Mag. Stadler: Sagen wir, es war nichts!) Es wird natürlich, so wie es immer war, auch im Bereich der Eisenbahner, wenn es vom Arbeitgeber, vom Unternehmer her den Wunsch nach Verhandlungen gibt, die Belegschaftsvertretung verhandeln. Das geschieht auch derzeit. Nur eines möchte ich nicht: daß man ununterbrochen nur die Vorteile der Eisenbahner darstellt und nicht die Nachteile, die sie in ihrem Dienstrecht haben.

Die Eisenbahner waren die erste Gruppe überhaupt, die 1992 gleichzeitig mit der Ausgliederung der ÖBB akzeptiert hat, daß auf dem Weg in die Harmonisierung künftig das ASVG zur Gänze für die Eisenbahner gilt. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ing. Reichhold: Warum sagt das die Frau Reitsamer nicht? – Abg. Mag. Stadler: Warum hat das die Kollegin Reitsamer nicht gesagt?) Und wir haben damals, Herr Kollege Kukacka, nicht junktimiert, daß das gleichzeitig auch im öffentlichen Dienst geschehen müsse. Jede Gewerkschaft verhandelt für sich. Die Eisenbahner haben Einzelverträge, privatrechtlich abgesichert, und zwar nicht erst seit der Ausgliederung, Kollege Kier. Das ist das einzige – das muß ich jetzt feststellen –, das auch vorher schon so war. Nicht die neue Führung hat irgend etwas in dieser Richtung vereinbart.

Die Eisenbahner haben zwar ein besseres Pensionsrecht, sie haben auf der anderen Seite aber wesentlich flexiblere Arbeitszeitregelungen, das Arbeitszeitgesetz gilt nicht für sie. (Abg. Dr. Graf: Dann gehört das harmonisiert! Es gibt viel Harmonisierungsbedarf!) Sie haben längere Wochenarbeitszeiten; auf schwächeren Dienststellen ohne Zeitausgleich, ohne Überstunden bis zu 45 Stunden und 44 Minuten in der Woche, ohne Überstundenabgeltung in schwächeren Bereichen. Die Eisenbahner bekommen keine Abfertigung. (Abg. Dr. Graf: Bekommen sie Jubiläumsgelder?) Die Eisenbahner haben einen wesentlich geringeren Versetzungsschutz, weil das betrieblich notwendig ist. – Von all dem reden Sie nicht! Oder sind das Privilegien?

Die Eisenbahner waren bereit, in ihren Einzelverträgen (Abg. Mag. Stadler: Sagen Sie das der ÖVP!) – das sage ich allen (Abg. Mag. Stadler: Ja, bitte!)  – zu akzeptieren, daß als gleichwertige Maßnahmen zu anderen Bereichen im Bereich der Eisenbahner die Beitragssätze – das ist vertragsmäßig möglich – wesentlich erhöht wurden, und zwar für Aktive und für Pensionisten. Aktive zahlen derzeit 13,25 Prozent, ab einem bestimmten Einkommen 14,25 Prozent; ab 1999 14,25 Prozent, ab einer bestimmten Einkommenshöhe 15,25 Prozent. Pensionisten zahlen dann 5,25 Prozent ab einer bestimmten Einkommenshöhe.

Das alles hat ihre Solidarität gezeigt: die Solidarität der Alten mit den Jungen, die soziale Solidarität derer, die mehr verdienen. Jetzt laufen eben diese Verhandlungen, und die Gewerkschaft wird dabei die Interessen der Eisenbahnerinnen und Eisenbahner vertreten. Ich hoffe, daß man in allen Bereichen zur Einsicht gelangt, daß die Eisenbahner sehr viel leisten. Wir sollten ihnen danken für diese Leistungen für Österreich, für die Umwelt, für die Wirtschaft und sie nicht dauernd mit Privilegiendiskussionen quälen! – Danke. (Anhaltender Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Stadler: Sagen Sie das Ihrem Kanzler!)

16.50

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Spindelegger. Redezeit: maximal 10 Minuten. – Bitte.

16.51

Abgeordneter Dr. Michael Spindelegger (ÖVP): Herr Präsident! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Ich glaube, daß Emotion bei dieser Debatte eigentlich fehl am Platz ist, denn es steht schon im Vorblatt zum 1. Budgetbegleitgesetz, geschätzte Kollegen von den Freiheitlichen: Gleichwertige Pensionsreformmaßnahmen werden auch für den Bereich des bestehenden Pensionsrechts der Österreichischen Bundesbahnen gesetzt. Und damit werden wir jetzt beginnen.


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Die wesentlichen Aspekte liegen dabei klar auf der Hand: Gleiches Recht für die einen muß gleiches Recht für die anderen sein. Das heißt, wenn es einen Durchrechnungszeitraum für Beamte gibt, dann wird man, weil das pensionsmindernd für Beamte ist, genauso darüber reden müssen, ob 83 Prozent des Letztbezugs für den ÖBB-Bediensteten die Voraussetzung für sein Pensionsrecht sein können, meine Damen und Herren.

Der zweite Punkt, der ebenso klar feststeht: Wenn jetzt auch der ASVG-Versicherte Abschläge hinnehmen muß, wenn er früher in Pension geht, wird man ein gleichwertiges Instrument auch bei den ÖBB-Bediensteten finden müssen.

Auch der dritte Schwerpunkt ist klar: Es wird so sein, daß man auch beim Pensionsalter eine ähnliche Gleichbehandlung herbeiführen muß. Wenn wir nämlich nunmehr die Voraussetzungen für den vorzeitigen Ruhestand in allen Systemen wesentlich erschweren, dann kann es auch nicht sein, daß man bei den ÖBB mit 53 Jahren in Pension gehen kann.

Genauso emotionslos muß diese Verhandlung geführt werden und zu einem Ergebnis führen, wie der Herr Bundeskanzler es heute von der Regierungsbank aus erklärt hat. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Ich glaube, das ist aber auch letztlich im Interesse der Mitarbeiter der Bundesbahnen, denn wir wollen ja nicht erreichen, daß sie jetzt nach den Beamten diejenigen sind, die einer Hatz ausgesetzt sind und die man tagtäglich anschüttet. Nein, sondern für sie soll einfach der Grundsatz gelten: Was für Beamte und was für ASVG-Versicherte jetzt neu eingeführt wird, das soll auch für den Bundesbahnbediensteten gelten. Mit diesem Grundsatz muß man in die Verhandlungen gehen. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Ich möchte mich aber auch mit dem zweiten Punkt beschäftigen, der heute hier wieder einmal strittig erschienen ist, weil die Freiheitlichen sich so besonders engagiert haben: mit der Frage der Politikerprivilegien, wie das bezeichnet wird. Sie haben sich bei dieser Neuordnung der Bezüge enthalten. (Abg. Madl: Enthalten!) Sie haben keine Durchsetzung erzielt mit Ihren Maßnahmen, die vier anderen Fraktionen in diesem Haus waren es. Aber was mich besonders stört, das ist die Darstellung des Herrn Dr. Haider, der sich hier in der Rolle von "Jörg dem Gerechten" immer so wohl fühlt.

Meine Damen und Herren! "Jörg der Gerechte" ist aber eigentlich der falsche Ausdruck. Er steht heute in Wahrheit auf dem Podest von "Haider dem Reichen" (Abg. Aumayr: Nur keinen Neid, Herr Kollege!) , und die Leiter hat er sich nicht durch seine Leistung aufgestellt, sondern die hat ihm sein Onkel gebaut, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP. – Weitere Zwischenrufe der Abg. Aumayr. ) Vom Podest von "Haider dem Reichen" aus kann man natürlich großartig Maßnahmen vorschlagen. Wenn man selbst mit trockenen Füßen auf der Schatzinsel steht, dann kann man die anderen sehr wohl leicht rundherum schwimmen lassen. Aber ich glaube, es ist eigentlich nicht legitim, in dieser Frage so zu argumentieren. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Khol: Da schauen alle Betroffenen weg!)

Ich würde Herrn Dr. Haider und auch dem Kollegen Stadler empfehlen, einmal in der eigenen Fraktion mit ihren Kollegen zu reden, für die eigentlich auch ein Vertrauensschutz gelten muß, damit sie nicht immer zu unseren Verhandlern kommen müssen, um sicher zu sein, daß das sowieso nicht passiert, was Herr Dr. Haider von hier aus immer verlangt. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich würde Ihnen überhaupt empfehlen, da Sie ja jetzt auch das christliche Menschenbild entdeckt haben und ein "wehrhaftes Christentum" in Ihr eigenes Parteiprogramm aufgenommen haben: Verkaufen Sie Ihren Porsche, Herr Dr. Haider! (Abg. Wenitsch: Keinen Klassenkampf!) Spenden Sie Ihre ganzen Einkommen, bringen Sie das Bärental in eine Stiftung ein! Dann können Sie mit Recht sagen: Ich habe Asche auf mein Haupt gestreut, ich habe das Gewand des Büßers angezogen. (Abg. Mag. Stadler: So primitiv! Geht’s noch primitiver?) Dann ist es auch legitim, meine Damen und Herren, mit dem Zeigefinger auf andere zu zeigen. Aber ich glaube, zuvor sollten Sie von diesen Maßnahmen wirklich Abstand nehmen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

16.55


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Präsident Dr. Heinz Fischer:
Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Haupt. – Bitte.

16.55

Abgeordneter Mag. Herbert Haupt (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist ja wenigstens erträglich, daß der Kollege Spindelegger heute nicht behauptet hat, daß Eigentum in Österreich schon ein Verbrechen ist. Das hätte nämlich gerade noch gefehlt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Kollege Spindelegger! Ich darf Ihnen sagen: Laut Ihrer Definition haben wir bereits Asche auf unser Haupt gestreut, denn wir haben das, was wir mit dem 60 000 S-Paket versprochen haben, eingehalten. Die Solidaritätsleistungen derjenigen von uns, die über 60 000 S netto verdienen, sind nicht nur eingetroffen, sondern bei der österreichischen Bevölkerung auch nachweislich angekommen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sehr geehrte Damen und Herren von der linken Reichshälfte! Von Ihnen habe ich mehrfach versprochen bekommen, daß der Herr Bundeskanzler und was weiß ich noch wer verzichten und das Geld karitativen Zwecken zuführen wird. Der Nachweis, von einem Notar unterzeichnet, ist zumindest aus der sozialdemokratischen Fraktion bis heute unterblieben. Und auch der Herr Kollege Wabl verteilt keine Privilegien-Zwanziger mehr in Graz, wie er es noch im letzten Jahr gemacht hat. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Wurmitzer: Hast du bereits alles abgeliefert über die 60 000 hinaus?) Selbstverständlich, Herr Kollege, und ich kann es auch jederzeit nachweisen! Selbstverständlich habe ich alles abgeliefert, Herr Kollege Wurmitzer, auf Heller und Pfennig, was ich über die 60 000 S verdient habe. (Abg. Schwarzenberger: Ins Bärental!) Herr Kollege Wurmitzer! Wenn Sie es mir nicht glauben, kann ich Ihnen entsprechende Beweise bringen.

Aber eines noch, Herr Kollege Wurmitzer: Nur die, die kassieren, sind es, die hier aufgeregt sind! Jene aber, die ihren Solidaritätsakt geleistet haben, können in Ruhe der österreichischen Bevölkerung ihre Abrechnungen vorlegen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Und Sie werden auch in Kärnten nächstes Jahr erleben, daß Sie sich zu früh gefreut haben. Die freiheitliche Fraktion wird, so wie vergangenen Monat, geschlossen all das, was ihnen die Bezügeregelung mehr bringt, an die Bevölkerung abgeben. (Abg. Wurmitzer: Mitstimmen und kassieren!) Sie von der Österreichischen Volkspartei werden das Lachen noch verlernen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Nunmehr zum Herrn Bundeskanzler. – Der Herr Bundeskanzler hat gemeint, daß der Herr Rürup von uns falsch zitiert wurde: Ich zitiere Rürup, 28.10., APA-Meldung Nr. 350, dritter Absatz, da kann es jeder nachlesen: So wie die Zukunft derzeit aussieht, reicht das nicht aus, um das System zukunftssicher zu machen, sagte Rürup. Aus seiner Sicht sei der Kompromiß geprägt vom Altersprofil im ÖGB und diene vor allem der Einkommenssicherung der über Fünfzigjährigen. Für die jungen Beitragszahler und die langjährig Versicherten blieben hingegen deutliche Ungerechtigkeiten.

Der Herr Bundeskanzler – und ich hoffe, Herr Staatssekretär, Sie richten es ihm aus – verbreitet also wider besseres Wissen in Österreich, daß das eine Reform im Interesse der Jugend war. Sogar der eigene Experte Rürup, der seinerzeit von Bundesminister Hums geholt worden ist, sagte es deutlich und klar: nicht nachhaltig genug und auf Kosten der Jugend.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich glaube daher, daß der Herr Bundeskanzler den Herrn Dr. Haselsteiner besser damit zitiert hätte, als dieser vor etwa einem Jahr bei der Bezügereform gemeint hat, daß jeder Betrieb in Österreich gut beraten ist, zuerst – zuerst! – in der Vorstandsetage einzusparen, um dann auch von den Arbeitnehmern in entsprechender Form gerechte Beteiligungen zu erreichen. – Nichts anderes verlangen wir Freiheitlichen (Beifall bei den Freiheitlichen): von der Führungsetage in dieser Republik ein Solidaritätsmodell, damit auch der "einfache Mensch" in Österreich den Solidaritätspakt über die Generationen für alle Österreicher, die heute unter 40 sind, mittragen kann.


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Kollege Hums, zu Ihnen und zur Eisenbahn. – Wir Freiheitlichen sind immer hinter den "kleinen" Eisenbahnern gestanden, und wir sind immer hinter den Privilegien her gewesen, die es für die Zentralstellen gegeben hat, auch in der jetzigen Diskussion. Herr Kollege Hums! Sie haben recht gehabt damit, daß die Eisenbahner jetzt höhere Beiträge zahlen und daß die Pensionisten im Schnitt auch einen 5prozentigen Pensionssicherungsbeitrag, der in Zukunft weit über 5 Prozent betragen wird, zahlen müssen.

Aber behaupten Sie bitte nicht, Herr Kollege Hums, daß diese Zahlungen für den Pensionssicherungsbeitrag nicht eine Schmälerung der Eisenbahnerpensionen gewesen sind. (Beifall des Abg. Mag. Stadler. ) Sie haben den Vertrag mit den Pensionisten nicht auf Punkt und Beistrich, sondern nur im Sinne des Herrn Ministers Edlinger "kreativ" eingehalten. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.01

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder (den Vorsitz übernehmend) : Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Guggenberger. 7 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

17.01

Abgeordneter Mag. Walter Guggenberger (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir sind gerne bereit, uns heute und auch nächste Woche und wann immer Sie von der freiheitlichen Opposition wollen einer Debatte über die Inhalte jener Pensionsreform zu stellen, wie wir sie letzte Woche mehrheitlich beschlossen haben. Das ist eine Pensionsreform, die auf die Mehrheit in diesem Haus zurückgreifen kann. Das ist aber vor allem, meine sehr geehrten Damen und Herren, eine Pensionsreform, die – und die Umfragen, die wir durchführen haben lassen, beweisen es (Abg. Dr. Partik-Pablé: Die verstecken Sie aber, glaube ich!) – von der großen Mehrheit der Bevölkerung als eine Reform empfunden wird, die sozial gerecht ist und die notwendig war. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ing. Reichhold: Kaum hörbarer Applaus bei der SPÖ!)

Es ist eine Pensionsreform, die Gerechtigkeit für alle Berufsgruppen bringt, weil es gleiche Durchrechnungszeiträume für Angestellte und Arbeiter gibt, weil die Pensionserhöhungen für alle künftighin gleich sein werden, für Angestellte, Arbeiter und Beamte. (Abg. Ing. Reichhold: Die werden schon noch draufkommen, daß sie belogen worden sind!)

Es ist eine Pensionsreform, die mehr Gerechtigkeit für Pensionisten bringt, weil sie einen Eingriff in bestehende Pensionen ausschließt.

Es ist eine Pensionsreform, die mehr Gerechtigkeit für Frauen bringt, weil Kindererziehungszeiten besser als derzeit angerechnet werden. (Abg. Schaffenrath: Aber immer noch schlecht!)

Es ist eine Pensionsreform, die mehr Gerechtigkeit bringt für jene, die geringfügig beschäftigt sind, weil auch diese Gruppe – und es werden leider immer mehr – mehr sozialen Schutz haben wird als bisher.

Und es ist nicht zuletzt eine Pensionsreform, die mehr Gerechtigkeit bringt für die Jungen (Ruf bei den Freiheitlichen: Das glauben Sie ja selber nicht!) , weil dadurch ihre Zukunft beziehungsweise die Wahrscheinlichkeit, einmal selbst eine gesicherte Altersversorgung zu haben, deutlich höher ist als ohne diese Reform.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Man kann sich sicherlich sehr kritisch mit den Thesen von Herrn Professor Rürup auseinandersetzen; das ist ja auch von unserer Seite an diesem Pult sehr deutlich geschehen, aber eines hat er sich sicher nicht verdient: daß er für Sie von den Freiheitlichen als Kronzeuge dafür herhalten muß, daß das Drei-Säulen-Modell, so wie Sie es sich vorstellen, das beste ist. Wer das behauptet, der hat das Gutachten von Rürup nicht gelesen, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Mag. Stadler: Ermatteter Applaus bei der SPÖ!)


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Das Gutachten Rürups steht felsenfest auf dem Boden des Umlagesystems. Wir wollen kein Kapitaldeckungsverfahren, wie Sie es wieder einmal vorschlagen. Das bedeutet nichts anderes als eine Sozialisierung des Börsenrisikos. Und ich wiederhole es: Gerade die letzten Wochen und Monate haben gezeigt, daß das eine sehr bedenkliche Sache ist, eine Perspektive, die die Pensionen nicht dauerhaft sichern kann.

Aber was mich ganz besonders ärgert, meine sehr geehrten Damen und Herren von den Freiheitlichen, ist, daß Sie immer wieder versuchen, eine Politikerprivilegiendebatte im Zusammenhang mit den Pensionen am Köcheln zu halten. Ich halte fest: Die Mehrheit der Kolleginnen und Kollegen in diesem Haus ist nach 1990 hereingekommen, und diese Kolleginnen und Kollegen haben entweder die Möglichkeit einer Option oder sie werden in Zukunft überhaupt keine Politikerpensionen mehr haben. Das sei einmal ganz klar festgehalten. Es ist wirklich unverschämt, daß Sie das immer wieder falsch darstellen! (Beifall bei der SPÖ.)

Es ist auch eigenartig, wenn man meint, man sollte denjenigen in diesem Haus, die aufgrund der Beiträge, die sie über all die Jahre entrichtet haben – und das sind nach 12, 13 Jahren, wenn man so lange Abgeordneter ist wie ich, beispielsweise über 3,5 Millionen Schilling –, Pensionen bekommen werden, diese Pensionen ganz einfach streichen.

Und ich darf Ihnen noch eines sagen – und das ist der Gipfel der Unverfrorenheit –: Eine ganze Reihe von Kolleginnen und Kollegen auf Ihrer Seite – Holger Bauer, Herbert Haupt, Partik-Pablé, Haigermoser, Harald Ofner und wie sie alle heißen – sind die Nutznießer dieses System, das Sie nach außen immer so heftig anprangern. (Abg. Mag. Stadler: Schaffen Sie es doch endlich ab! – Abg. Dr. Graf: Wir wollten es jetzt eh abschaffen!)

Ich will ja, weil ich ein freundlicher Menschen bin, niemanden outen, sonst müßte ich nämlich sagen, wie viele von eurer Seite damals zu uns antichambrieren gegangen sind und gesagt haen: Bitte, um Himmels willen, tut uns das doch nicht an! (Abg. Dr. Partik-Pablé: Jetzt träumen Sie aber! Das glaubt Ihnen doch niemand!)

Das ist die Wahrheit, meine sehr geehrten Damen und Herren! Nach außen schreien und nach innen die Nutznießer dieses Systems sein! Das ist Doppelmoral, das ist freiheitliche Doppelbödigkeit, und das muß auch einmal gesagt werden, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)  – Der Beifall war ein sehr dürftiger. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrte Damen und Herren! Diese Debatte war wie so oft Debatten im Rahmen von Dringlichen Anfragen: Es war wieder einmal viel Lärm um nichts. Uns und vor allem die Bevölkerung werden Sie mit dieser Argumentation nicht auf Ihre Seite bringen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

17.07

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Wabl gemeldet.

17.07

Abgeordneter Andreas Wabl (Grüne): Herr Präsident! Kollege Haupt hat hier behauptet, daß der Abgeordnete Wabl keine Privilegien-Zwanziger mehr verteilt. Damit unterstellt er, daß es noch Privilegien-Zwanziger gäbe.

Herr Abgeordneter Haupt! Ihnen ist irgendwie entgangen bei Ihrer Wahrnehmung, daß genau dieses Privileg, das Sie 1983 mitbeschlossen haben, bereits abgeschafft ist. Deshalb kann ich überhaupt keine Privilegien-Zwanziger mehr verteilen, weil ich keine beziehen kann. (Abg. Dr. Graf: Das ist aber keine tatsächliche Berichtigung!) Das war eine ganz subtile Unterstellung und eine falsche Behauptung von Ihnen. (Beifall bei den Grünen.)


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98. Sitzung / Seite 125

17.08

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Nächste Wortmeldung: Herr Abgeordneter Dr. Feurstein. – Bitte, Herr Abgeordneter.

17.08

Abgeordneter Dr. Gottfried Feurstein (ÖVP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sie wissen, daß ich den Abgeordneten Haupt schätze. Er hat zu uns gewandt gemeint, der ÖVP werde noch das Lachen vergehen. (Ruf bei den Freiheitlichen: In Kärnten!) Herr Abgeordneter Haupt! Ich erinnere mich, daß vor wenigen Tagen der Abgeordnete Trattner hier ans Rednerpult getreten ist und gesagt hat, aus dem Sozialfonds, der aufgrund der Überbezüge der FPÖ-Politiker gebildet worden ist, sind 700 000 S zusammengekommen und verteilt worden. (Abg. Dr. Krüger: Das ist nicht richtig! In welchem Zeitraum?) 700 000 S! (Abg. Ing. Reichhold: Da kriegen Sie eh eine "Tatsächliche"!)

Ich rechne jetzt nur ein Jahr: Wenn Sie das annähernd richtig machen, müssen allein zwei Personen in ihrem Klub mindestens 700 000 S in diesen Sozialfonds einzahlen. (Abg. Mag. Trattner: Was Sie für einen Blödsinn verzapfen!) Dann haben aber die Landesräte noch nichts in diesen Fonds bezahlt. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Es wäre besser, wenn Sie sich nicht soviel mit uns, sondern mit der ÖVP befassen würden!) Ich frage mich, ich frage Sie: Wo ist dieses Geld von einem Jahr geblieben, wenn Sie korrekt abgerechnet haben, meine Damen und Herren? (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Graf: Wieviel haben Sie denn hineinbezahlt?)

Herr Abgeordneter Trattner! Wenn Sie zum Rednerpult kommen, bringen Sie uns die tatsächliche Berichtigung, wieviel Geld eingegangen ist und was mit dem Geld geschehen ist. Das ist die entscheidende Frage. (Abg. Mag. Stadler: Gottfried, ich lade dich ein, du darfst sogar Einsicht nehmen!) Ja, ich darf? (Abg. Mag. Stadler: Ich erlaube es dir, du darfst Einsicht nehmen!) Wenn ich einen Zwischenruf vom Abgeordneten Stadler bekomme, muß ich noch kurz etwas anderes erwähnen. Heute wurde in der APA ausgesendet: Stadler arbeitet, Haider kassiert die Zulagen. (Abg. Dr. Khol: Man sieht es ja! Der Haider ist nicht da, der Stadler ist da!) Meine Damen und Herren: Stadler arbeitet, Haider kassiert die Zulagen. – Man sieht, Stadler ist da.

Und dann meint der Abgeordnete Stadler: Eines ist sicher: Der Abgeordnete Haider liefert alles ab, was über 60 000 S ist. (Abg. Schwarzenberger: Ins Bärental!) Das ist die Frage, wie es mit diesen Geldern ist, meine Damen und Herren. Aber es geht um etwas anderes. Es sollte zu dieser ganzen Politikerbezügedebatte nur einmal klargestellt werden, wie unehrlich sie im Grunde von Ihrer Seite, meine Damen und Herren von der FPÖ, geführt wird. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Sie kennen ja das vom Schelm, nicht?)

Meine Damen und Herren! Es war kein Fehler, daß die Zustimmung der Sozialpartner erreicht werden konnte. Wir sind angetreten, eine Sozialpartner ... (Abg. Mag. Stadler: Gottfried, jetzt erklär’ mir einmal, was da unehrlich ist!) Ich habe das vorhin erklärt. Ich habe diese Fakten auf den Tisch gelegt, und ich erwarte, daß sie widerlegt werden, meine Damen und Herren. Diese Fakten sind klar auf dem Tisch. (Abg. Mag. Stadler: Du kannst Einsicht nehmen! Du kannst Belege prüfen! Du bist ein Statistiker!)

Meine Damen und Herren! Es war kein Fehler, daß wir verhandelt haben. Wir haben – anders als in anderen Ländern – eine Pensionsreform zustande gebracht. Heute steht im "Standard": Deutschland: Pensionsdebakel stürzt Bonner Koalition in Chaos. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Sagen Sie, wie ist das überhaupt mit Ihnen? Sie reden im Parlament anders, als Sie draußen reden, Herr Feurstein!) Ich lasse mir das nicht von Ihnen sagen, Frau Abgeordnete. Ich kann nachweisen, daß ich, anders als alle anderen auch in Ihrem Klub, eine saubere Lösung gefunden habe, und zwar seit dem Jahre 1975. Nennen Sie mir eine Person aus Ihrem Klub, die eine ähnlich saubere Lösung gefunden hat wie ich! Seit dem Jahre 1975! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Stadler: Hast du einen Notar dafür, Gottfried? Du hast das doch vor einem Notar gemacht? – Ruf bei den Freiheitlichen: Wo ist der Notar?) Ich brauche keinen Notar! Ich habe eine saubere Lösung mit meinem Dienstgeber gefunden. Das ist der große Unterschied: Ihr kassiert, und nachher müßt ihr mit Notaren verteilen. Das ist der große Unterschied! Ich brauche keinen Notar zum Verteilen, denn ich kassiere gar nicht, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Stadler: Du brauchst das nicht?! Okay, Gottfried! Deine Glaubwürdigkeit ist dahin!) Ich habe da eine saubere Lösung mit dem Dienstgeber. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Ich


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kenne Sie noch von den Behinderten her, Herr Abgeordneter! Sie reden draußen immer ganz anders, als Sie hier im Parlament reden!)

Meine Damen und Herren! Noch etwas muß ich Ihnen sagen: Wehe uns, wenn Ihre Vorschläge zur Pensionsreform Wirklichkeit werden! Sie haben am 4. November Ihr Pensionskonzept auf den Tisch gelegt. Was würde es bedeuten? – Es würde keine Harmonisierung zwischen den einzelnen Systemen bedeuten, wie wir sie anstreben und verlangen – Abgeordneter Spindelegger hat das sehr deutlich gesagt –, aber, meine Damen und Herren, es würde für die Österreicherinnen und Österreicher eine Volkspension bedeuten, eine Grundpension, und ich sage Ihnen ganz klar: Eine Grundpension, eine Volkspension lehnen wir ab! Das kommt für uns nicht in Frage! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Wir wollen das Versicherungsprinzip in unserer Pensionsversicherung. (Beifall und Bravorufe des Abg. Meisinger. ) Sie wollen eine Aufhebung der Höchstbeitragsgrundlage für den Arbeitnehmer, meine Damen und Herren. Jeder bekommt zwar nur eine Grundpension, soll aber 22,8 Prozent ... (Ruf bei den Freiheitlichen: Es kann weniger auch sein!) Sie sagen, das kann etwas weniger sein, aber er muß von seinem vollen Gehalt die Beiträge bezahlen, bekommt dann aber nur eine Grundpension. Danke schön für diesen Vorschlag! Den lehnen wir ab, meine Damen und Herren! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Sie sagen ganz deutlich: Wir verlangen (Abg. Dr. Graf: Sie haben es sich noch nicht einmal durchgelesen!) , daß die Pensionsbemessungsgrundlage eingefroren wird. Das heißt also, keine Verbesserung der Pensionen für die Jungen. Wer in den nächsten Jahren in Pension geht, hätte ein Einfrieren der Pensionsbemessungsgrundlage zu erwarten, meine Damen und Herren. (Abg. Mag. Stadler: Die letzten Wahlen wurden wegen dir verloren! – Abg. Dr. Partik-Pablé: Die ÖVP hat schon einmal wegen Ihnen eine Wahl verloren!) Überlegen Sie einmal, was das bedeutet: Wer in zehn Jahren geht, hätte genau die gleiche Pension wie derjenige, der im Jahre 1997 geht, meine Damen und Herren! Keine Berücksichtigung der Inflation, keine Berücksichtigung der Lohnentwicklung, keine Berücksichtigung der Entwicklung des Lebensstandards. – Nein danke für diese Pensionsreform! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Graf: Sie geben Zeitungswissen her! Das ist Ihr normales Niveau!)

Sie wollen eine Absenkung der Nettoersatzrate für die Pensionen, meine Damen und Herren. Wir geben heute den Pensionisten eine Nettoersatzrate im gesetzlichen Bereich von ungefähr 70 bis 74 Prozent. Wenn wir das absenken, führt das zu einer Verarmung der Pensionisten. Wollen Sie wirklich nur eine Nettoersatzrate von im Durchschnitt 50, von 40 Prozent geben? Nennen Sie mir die Zahl, die Sie wirklich geben wollen! Absenkung der Nettoersatzrate: Nein danke! Eine solche Pensionsreform lehnen wir grundsätzlich ab. So etwas kommt für uns nicht in Frage! (Beifall bei der ÖVP.)

Wir sagen allerdings ja zur zweiten Säule. Wir waren diejenigen, die das Pensionskassengesetz, die das Betriebspensionsgesetz im Jahre 1972 initiativ hier im Parlament eingebracht haben. (Abg. Dr. Khol: Ein Gesetz!) Wir verlangen aber, daß es auf freiwilliger Basis geschieht. (Abg. Mag. Stadler: Ein Gesetz auf freiwilliger Basis! Gottfried, jetzt wird es gefährlich!) Wir verlangen, daß es auf freiwilliger Basis ist und nicht verpflichtend. In diesem Punkt können wir mit der FPÖ auch nicht mitgehen, so sehr wir diese zweite Säule anerkennen. (Abg. Dr. Graf: Die zweite Säule haben wir schon, in 13 Jahren sind Sie bei der dritten!)

Ich möchte einen letzten Punkt noch erwähnen. Meine Damen und Herren! Es wurde hier immer gesagt, wir können nicht in die Angleichung der Beamtenpensionen an die Bundesbahnbedienstetenpensionen eingreifen. Wir haben im Jahre 1992 eindeutig – eindeutig! – im § 22 festgelegt: Bis zu ihrer Neuregelung bleiben durch dieses Bundesgesetz die Bestimmungen über das Dienst-, Besoldungs- und Pensionsverhältnis der Bundesbahnbediensteten unberührt. Aber es ist gleichzeitig gesagt worden: bis zur Neuregelung, und wenn eine Neuregelung durch Gesetz kommt, haben wir natürlich die Möglichkeit, daß wir auch diese Frage der Angleichung im Gesetz lösen können. Und dafür treten wir ein. Wir wollen ein klare, eindeutige gesetzliche Regelung für diese Angleichung, für diese Harmonisierung mit den Bundesbahnbediensteten, und wir wollen nicht, daß das in einem nebulosen Bereich bleibt. Für uns ist es ganz wichtig, daß


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eine klare und eindeutige Grundlage – auch im Interesse der Bundesbahnpensionisten – in Zukunft geschaffen wird, so wie wir das im Jahre 1992 im Bundesbahngesetz grundsätzlich bereits verankert haben. Deshalb wollen wir auch eine gesetzliche Grundlage für diese Neuregelung, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)

17.18

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Abgeordneter Mag. Trattner gemeldet. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Schwarzenberger: Er wird uns jetzt die Summe nennen, wieviel eingezahlt worden ist!)

17.18

Abgeordneter Mag. Gilbert Trattner (Freiheitliche): Paß ein bißchen auf! – Kollege Feurstein! Sie haben in der heutigen Rede behauptet, ich hätte anläßlich meiner tatsächlichen Berichtigung gesagt, bisher seien in den freiheitlichen Sozialfonds 700 000 S eingegangen. Diese Behauptung ist falsch.

Richtig ist vielmehr, daß alle Einkommensbestandteile über 60 000 an den Sozialfonds abgeführt werden, und richtig ist vielmehr, daß ich gesagt habe, in der ersten Jahreshälfte ... (Zwischenruf des Abg. Dr. Schwimmer. ) Jetzt seien Sie einmal ruhig! (Lebhafte Heiterkeit.) Wenn Sie etwas zu sagen haben, dann kommen Sie da heraus! (Lebhafte Zwischenrufe bei der ÖVP.) Ja, Wurmitzer, du bist der erste, der herausgehen kann! (Anhaltende Zwischenrufe. – Präsident Dr. Brauneder gibt das Glockenzeichen.)

Bin schon ich am Wort, oder, Herr Präsident?

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Ich bitte um Entschuldigung! Ich höre gar nichts im Augenblick, außer Lärm. (Heiterkeit und Zwischenrufe.)

Herr Abgeordneter! Wenn Sie bitte fortsetzen mit der tatsächlichen Berichtigung.

Abgeordneter Mag. Gilbert Trattner (fortsetzend): Ich setze mit meiner tatsächlichen Berichtigung fort. (Zwischenrufe des Abg. Koppler. ) Ja, Koppler, du bist genau der Richtige! (Anhaltende Zwischenrufe. – Präsident Dr. Brauneder gibt neuerlich das Glockenzeichen.) Weiters habe ich behauptet, daß in der ersten Jahreshälfte 1997 700 000 S an sozial bedürftige österreichische Familien aus diesem Fonds verteilt worden sind. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.20

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zum Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Dolinschek. – Bitte, Herr Abgeordneter. Restredezeit: 4 Minuten. (Lebhafte Zwischenrufe bei allen Fraktionen. – Unruhe im Saal.)

17.20

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! (Anhaltende Unruhe im Saal. – Präsident Dr. Brauneder gibt das Glockenzeichen.)

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Dürfte ich um Aufmerksamkeit für den Redner bitten!

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (fortsetzend): Hohes Haus! Man sieht ganz deutlich, daß die Abgeordneten der beiden Koalitionsparteien recht nervös werden, wenn wir eine Dringliche Anfrage zur Pensionsreform stellen. Nach den letzten beiden recht langweiligen Tagen ist das eine Bereicherung hier im Hohen Haus.

Ich möchte ganz kurz zum Herrn Kollegen Guggenberger etwas sagen. Kollege Guggenberger! Du hast gesagt, ihr habt Umfragen, aus denen hervorgeht, daß diese Pensionsreform, so, wie sie jetzt geschaffen wurde, als gerecht empfunden wird. – Ich muß dir sagen, ich habe einen ganz anderen Eindruck von der Bevölkerung! Die Bevölkerung sagt nämlich, und das sagen auch Meinungsforscher, daß die Flucht in die Frühpensionen dadurch noch verstärkt werden wird, man sagt, daß es eine zu geringe Berücksichtigung der Frauenfragen gibt und daß keine Ausgewogenheit zwischen Jung und Alt vorhanden ist. Das ist überall nachzulesen. Wo finden Sie bei dieser Reform Gerechtigkeit?


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Zu den Ausführungen des Kollegen Feurstein. Herr Dr. Feurstein! Wenn Sie bei Ihrer Beschlußfassung hier im Hohen Haus die Regelung über die Politikerbezüge nicht in ein Verfassungsgesetz umgewandelt hätten, dann hätten wir selbstverständlich die Möglichkeit, das Geld auch so weiterzugeben. Jetzt ist es einfach nicht möglich, auf gewisse Bezüge zu verzichten. Deswegen haben wir bei uns die 60 000 S Nettoobergrenze als Deckelung eingeführt. (Lebhafte ironische Heiterkeit bei der ÖVP.) Wenn Sie das auch einführen würden, dann hätten wir das Problem nicht. Aber jetzt ist alles notariatsbeglaubigt verteilt worden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Kollege Feurstein! Sie verwechseln das Einfrieren der Höchstbemessungsgrundlage mit der Aufhebung der Höchstbemessungsgrundlage laut unserem System. Wir wollen die Aufhebung der Höchstbemessungsgrundlage, sodaß derjenige, der mehr verdient, auch mehr für die anderen, die weniger verdienen, einzahlt, damit das Umlagesystem durch eine Grundvorsorge auch weiterhin gewährleistet ist. (Abg. Steibel: Langsamer! Man versteht nichts!)

Man hat eine verunglückte Reform im ASVG- und Beamtenbereich geschaffen, und jetzt ist das ganze Kapitel um eine Facette, nämlich die ÖBB-Pensionen, reicher geworden. Was hat sich die Bundesregierung eigentlich dabei gedacht, diese Regelung nicht in die Pensionsverhandlungen mit einzubeziehen? Der Grund dafür waren wahrscheinlich die Personalvertretungswahlen bei den ÖBB! Man hat dort Flugblätter verteilt, auf denen gestanden ist: Keine Veränderungen bei den ÖBB-Pensionen.

Nachdem diese Personalvertretungswahlen nunmehr durchgeführt sind, werden jetzt anscheinend auch die Pensionen der ÖBB-Bediensteten geschmälert. Offenbar will die Bundesregierung durch eine Kürzung der Pensionen und durch die Erhöhung der Beiträge bei den ÖBB-Bediensteten jene finanziellen Mittel erlangen, die für dringend notwendige Investitionsvorhaben erforderlich wären.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es gibt keine Harmonisierung der Pensionsversicherungssysteme. Das, was das große Ziel bei dieser Pensionsreform war, ist nicht eingetreten, denn Harmonisierung bedeutet für mich, Ungerechtigkeiten und Privilegien innerhalb der verschiedenen Alterssicherungssysteme zu beseitigen, vor allem dann, wenn diese Privilegien von jenen finanziert werden, die diese Vorteile nicht beanspruchen können.

Ich habe hier einen Artikel aus einer Tageszeitung, in dem steht: "Eine Million Österreicher leben an der Armutsgrenze, haben weniger als 8 000 S im Monat."

Ich empfinde das als schlimm, aber ich weiß schon, Sie von den Regierungsparteien werden hier herausgehen und wieder einmal sagen, daß Österreich damit im EU-Vergleich noch immer im Mittelfeld liegt.

Ich habe hier auch einen Leserbrief aus einer heutigen Tageszeitung. Darin heißt es: "Keine Spur von sozial ausgewogen. Mit meiner Pension von 6 747 S könnte ich noch etwas dazu brauchen, darf aber nichts verdienen, sonst wird mir etliches von meiner Pension abgezogen. Ich müßte teilweise umsonst arbeiten. Wäre ich aber ein Pensionist mit 50 000 oder 100 000 S, hätte ich kein Problem. So schaut die soziale Ausgewogenheit der heutigen Regierung aus. Wir ASVG-Pensionisten dürfen bei unserer Gewerkschaft nicht einmal ins Pfeiferl blasen."


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Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder:
Bitte um den Schlußsatz, Herr Abgeordneter!

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (fortsetzend) : Ich komme zum Schlußsatz, Herr Präsident. – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das System, an dem die Bundesregierung festhält, das Umlagesystem, funktioniert nicht mehr, weil ganz einfach die Akzeptanz der Bevölkerung in Zukunft dafür nicht mehr gegeben ist.

Wir müssen zu einem Mischsystem zwischen einer Grundvorsorge nach dem Umlagesystem, einer Betriebsvorsorge und einer Privatvorsorge nach dem Kapitaldeckungssystem kommen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP.)

17.25

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Damit ist die Debatte geschlossen.

Kurze Debatte über Fristsetzungsantrag

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Wir kommen nunmehr zur Durchführung einer kurzen Debatte, und zwar betrifft sie den Antrag des Herrn Abgeordneten Wabl, dem Verfassungsausschuß zur Berichterstattung über den Antrag 549/A betreffend Versagung des Vertrauens gegenüber dem Bundesminister für Landesverteidigung eine Frist bis 9. Dezember 1997 zu setzen.

Nach Schluß dieser Debatte wird die Abstimmung über diesen Fristsetzungsantrag erfolgen.

Wir gehen in die Debatte ein. Die Redezeitbeschränkungen lauten wie folgt: Für jeden Redner 5 Minuten, für den Erstredner 10 Minuten.

Erstredner ist Herr Abgeordneter Wabl. – Bitte.

17.25

Abgeordneter Andreas Wabl (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Die Fraktion der Grünen hat noch im Juli dieses Jahres einen Mißtrauensantrag im Zusammenhang mit der Versagung des Vertrauens gegenüber dem Bundesminister für Landesverteidigung eingebracht, der dem Verfassungsausschuß zugewiesen wurde.

Meine Damen und Herren! Ein Mißtrauensantrag ist die stärkste Waffe in der Demokratie und im Parlamentarismus gegen einen Minister. Ich finde, diese Waffe sollte man nur dann einsetzen, wenn wirklich ein schwerwiegender Grund dafür besteht. (Abg. Dr. Maitz: Das wird ein Sonntagsroman!)

Meine Damen und Herren! Wenn ich mir ansehe, was der Grund dafür ist und wie die Sozialdemokratische Partei als Regierungspartner der ÖVP auf die betreffende Vorgangsweise des Bundesministers Fasslabend reagiert hat, dann wundere ich mich darüber, daß Sie von der SPÖ diesen Antrag im Verfassungsausschuß nicht behandeln.

Ich weiß schon und wir sind es gewöhnt, daß Sie im wesentlichen neben dem Parlament agieren und daß Sie im wesentlichen keine Rücksicht mehr auf die parlamentarischen Gepflogenheiten nehmen.

Ich habe es heute im Zusammenhang mit dem Herrn Bundeskanzler als sehr merkwürdig erachtet, daß der Herr Bundeskanzler gemeint hat, die Politiker in diesem Hause sollten sich die Entscheidungen vorbehalten. Die Experten sollen Vorschläge machen, aber die Politik soll letztendlich die Entscheidungen treffen. Das war, gelinde gesagt, eine Verhöhnung dieses Hauses!

Meine Damen und Herren! Was aber hat der Herr Verteidigungsminister in den letzten Monaten und im letzen Jahr gemacht? – Er hat Stück für Stück die österreichische Verfassung ausgehöhlt, Scheibchen für Scheibchen von der Neutralität abgeschnitten und hat sich ohne Kritik aus den eigenen Reihen internationale Auftritte geleistet, bei denen er verkündet hat, Österreich verhält sich bereits so, also ob es in der NATO wäre.

Meine Damen und Herren! Das Originalzitat des Herrn Landesverteidigungsministers in Prag hat gelautet: "Für Österreich wäre es gut, sich schon jetzt auf die NATO-Mitgliedschaft vorzubereiten. Dies bedeute, daß sich etwa das Bundesheer so verhält, als ob Österreich bereits NATO-Mitglied wäre."

Meine Damen und Herren! Dies ist eindeutig ein Bekenntnis zum Bruch der Neutralität. (Abg. Schwarzenberger: Er hat von der Vorbereitung gesprochen!) Herr Abgeordneter Schwarzenberger! Ich weiß schon, daß Sie das anders sehen. Sie drängen in die NATO hinein. Sie kennen


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die Verfassung nicht mehr, Ihnen sind die Gesetze im Zusammenhang mit der Neutralität egal. (Abg. Schwarzenberger: Den Grünen sind in der Regel die Gesetze egal!)

Herr Kollege! Sie sollten sich aber vielleicht die Presseaussendung Ihres Regierungspartners ansehen, und zwar die vom 23. Juni dieses Jahres: "Kostelka" – der Klubobmann der immerhin stärksten Partei in diesem Haus – "empört über Fasslabend. Sollte es sich wirklich so abgespielt haben in Prag, daß der Herr Bundesminister Fasslabend behauptet hat, daß sich das Bundesheer schon heute so verhalten solle, als ob Österreich bereits NATO-Mitglied wäre, würde er wider die Verfassung und wider die Rechtslage handeln."

Wir alle haben darauf gewartet, daß der Herr Bundesminister Fasslabend dies widerruft, denn Kostelka hat in den Raum gestellt, eine Rücktrittsforderung sei nicht ausgeschlossen. Ich weiß nicht, wie das der Herr Kollege Khol sieht, auf jeden Fall ist der Herr Bundesminister Fasslabend nach Österreich gereist und hat dort noch nachgelegt, meine Damen und Herren: "Man soll damit nicht warten, bis Beitrittsfragen entschieden sind. Ich handle im autonomen Vorvollzug."

Und im Rahmen der Fragestunde vom 10. Oktober 1997 hat der Herr Bundesminister folgendes festgehalten: "Selbstverständlich ist unsere gesamte Planung, insbesondere auch die Beschaffungsplanung und die Maßnahmen, bereits darauf ausgerichtet, einen Schritt zwar nicht vorwegzunehmen" – das hat er noch nicht getan; er hat noch nicht gesagt, wir treten schon bei –, "aber soweit zu berücksichtigen, daß alle Maßnahmen so erfolgen, daß bereits eine Situation mit einkalkuliert ist, die vielleicht erst in den nächsten Jahren eintreten wird."

Das heißt: Selbstverständlich verhalten wir uns bei allen Änderungen, bei allen Neueinführungen bereits so, als würden wir eine Mitgliedschaft fix ins Auge fassen.

Meine Damen und Herren! Ich finde, Sie können ja im Verfassungsausschuß gegen diesen Mißtrauensantrag stimmen. Sie können dem Koalitionspartner ja erklären, das sei alles nicht so gemeint. Der Herr Bundesminister kümmert sich zwar nicht um die Verfassung, der Herr Bundesminister hat bereits eine Regierungsvorlage vorgelegt, laut der die Wehrpflichtigen kein Treuegelöbnis auf die Republik Österreich mehr ablegen müssen, denn das wird nicht mehr gehen, Herr Kollege Wurmitzer und Herr Kollege Maitz, wenn Österreich sich schon so verhält, als ob es bei der NATO wäre, wenn dann die Beistandsverpflichtung der Türkei gegenüber wirksam wird, wenn diese beispielsweise vom Irak angegriffen wird, weil sie dort Truppen stationiert hat. Dadurch wird das Gelöbnis, das Vaterland zu verteidigen, ohnehin obsolet. Deshalb gibt es bereits eine Regierungsvorlage, in der der autonome Vorvollzug bereits vorgezeichnet wird.

Meine Damen und Herren! Wenn der Herr Bundesminister das in dieser Art und Weise im Verfassungsausschuß wiederholt, dann bin ich gespannt, wie der außenpolitische Sprecher der SPÖ und wie der Herr Klubobmann Kostelka auf diese eklatante Verletzung der österreichischen Verfassung reagieren werden. (Beifall bei den Grünen.)

Meine Damen und Herren! Sie werden mit Ihren Darstellungen das Volk falsch informieren können, Sie werden möglicherweise noch weiter und noch dramatischer die Unwahrheit verbreiten – ich will heute keinen Ordnungsruf riskieren –, aber Sie werden immer unverschämter die Unwahrheit verbreiten müssen, bis alle entdecken, wie Sie in dieser Sache vorgehen.

Ich frage Sie: Ist in Österreich tatsächlich der Souverän, das österreichische Volk, noch das Volk, das Sie vertreten und das der Herr Bundesminister vertritt? Und geht tatsächlich alles Recht vom Volk aus? – Wenn das der Fall wäre, dann müßten Sie diesen Antrag ernst nehmen, darüber offensiv diskutieren und Ihren Regierungspartner überzeugen.

Für uns ist dieser Verteidigungsminister nicht mehr akzeptabel. (Beifall bei den Grünen.)


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17.32

Präsident Dr. Willi Brauneder: Ab jetzt beträgt die Redezeit 5 Minuten pro Redner.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Maitz. – Bitte.

17.32

Abgeordneter Dr. Karl Maitz (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Lautstärke ersetzt keine Argumente. Ein Beispiel dafür haben wir gerade gehört. (Beifall bei der ÖVP.)

Ziel der Sicherheitspolitik des Verteidigungsministers Werner Fasslabend ist, mit den zur Verfügung stehenden knappen Mitteln die bestmögliche äußere Sicherheit für Österreichs Bevölkerung zu schaffen. Und diese bestmögliche Sicherheit ist nur zu erreichen mit einem offenen System – offen für internationale Entwicklungen, offen für die Weiterentwicklung der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik innerhalb der EU und offen für gesellschaftspolitische Veränderungen in Österreich.

Deshalb trifft Minister Fasslabend seine Entscheidungen so, daß für alle diese Entscheidungen beide möglichen realistischen Optionen, die zur Zeit für die künftige Sicherheitspolitik diskutiert werden, Gültigkeit haben.

Diese beiden Optionen lauten: NATO neu oder Neutralität pur. Neutralität pur heißt schlicht und ergreifend: nach Schweizer Muster, das bedeutet eine massive Erhöhung der Landesverteidigungsausgaben. NATO neu als politische Sicherheitsgemeinschaft mit Durchsetzungskraft heißt im wesentlichen ... (Abg. Jung: 40 Jahre lang waren wir neutral! Weil ihr euch gedrückt habt vor der Realität!)

Weißt du, warum wir bisher damit auskommen konnten? – Weil wir bis zum Jahr des Fallens des "Eisernen Vorhangs" eine faktische Beistandsgarantie der NATO hatten. Wir waren immer in der westlichen Welt zu Hause, und bei jedem Angriff auf Österreich hätten die NATO-Länder selbstverständlich aus ihrem eigenen Interesse heraus eingegriffen. Deshalb konnte man das Verteidigungsbudget relativ niedrig halten.

NATO neu oder Neutralität pur, das sind die beiden Optionen. Bei der Version NATO neu würden wir im wesentlichen mit Mitteln in Höhe von einem Prozent des Bruttoinlandsprodukts für die künftige Verteidigung auskommen. Bei der Alternative Neutralität pur müßten wir die Verteidigungsausgaben wie in der Schweiz verdoppeln! Das ist die Realität. (Abg. Jung: Jetzt erzählen Sie das nächste Märchen!)

Daher hat der Bundesverteidigungsminister verantwortungsvoll gehandelt (Abg. Wabl: Deswegen war Kostelka empört?! Warum war Kostelka empört?!) , wenn er bei Beschaffungen, Personalentscheidungen, Systementscheidungen, bei der Führungsstruktur und bei Kommunikationsstrukturen so entschieden hat, daß diese Entscheidungen für beide Optionen geeignet sind. Fasslabend ist also nicht nur der längstdienende Verteidigungsminister der Zweiten Republik, sondern auch ein sachkundiger, konsequenter und für Österreich erfolgreicher Bundesminister. (Beifall bei der ÖVP.)

Dr. Werner Fasslabend verdient unser uneingeschränktes Vertrauen, denn er handelt verfassungskonform und hat ein Recht auf politische Meinungsfreiheit, das Sie von den Grünen ihm nicht absprechen werden. (Beifall bei der ÖVP.)

Daher ist der Fristsetzungsantrag auch überflüssig.

Unserem steirischen Kollegen, Herrn Abgeordneten Wabl, empfehle ich die heutige Zeitung "Kurier", Seite 2. Dort steht über Wabl geschrieben: "Manche Grünen wollen nicht erwachsen werden. Die jüngste Kinderei des Abgeordneten Wabl: Er verschönte im Parlamentsklub ein Gemälde seiner Klubobfrau Petrovic ... mit einem zwei Zentimeter kleinen roten Pünktchen. Außerdem sprühte Wabl auf die Zimmerwand ein rosarotes Blümchen."

Und solche Kindereien, wie Sie sie anscheinend da im Klub gemacht haben, haben Sie ja auch heute auf dem Michaelerplatz gemacht, wo Sie ein Sandhäufchen aufgeschüttet und mit Küberl und Schauferl sandgespielt haben, während Ihre Kollegen hier gearbeitet und das Wissenschafts- und Bildungsbudget beraten haben!


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Die verehrte Kollegin Kammerlander hat bei dieser Veranstaltung auf dem Michaelerplatz gesagt: In Zeiten von Sparbudgets wird das Landesverteidigungsbudget als einziges massiv aufgestockt. (Ah- und Oh-Rufe bei den Freiheitlichen.)

Das ist eine bewußte Unwahrheit. Die 500 Millionen Schilling, die wir mehr bekommen haben – leider ist es nicht mehr geworden! –, sind lediglich eine Abgeltung der Teuerungsrate.

Wissen Sie, welcher Bereich massiv aufgestockt wurde? – Das Bildungsbudget! Wissenschaft und Unterricht bekommen gemeinsam um 4 500 Millionen Schilling mehr. Das ist das Neunfache des Betrages, um den die Landesverteidigung aufgestockt wurde.

Frau Kollegin Kammerlander! Ich würde Sie dringend ersuchen: Bleiben Sie bei der Wahrheit und betreiben Sie keine Hatz auf eine staatsnotwendige Einrichtung, wie es unser Heer ist! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Khol: Ausgezeichnet!)

17.38

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zum Wort gelangt Herr Abgeordneter Scheibner. – Bitte, Herr Abgeordneter.

17.38

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte eingangs gleich klarlegen, daß wir diesem Fristsetzungsantrag aus prinzipiellen Gründen zustimmen werden (Abg. Wabl: Sehr gut!) , weil wir jedem Antrag zustimmen, der eine möglichst rasche Behandlung von parlamentarischen Initiativen zum Ziel hat.

Allerdings, Kollege Wabl, muß ich dazusagen, daß wir in diesem Fall nur zähneknirschend und nur deshalb zustimmen (Abg. Wabl: Von mir aus!) , weil wir dieses Prinzip nicht verlassen wollen. Es ist nämlich, Kollege Wabl, schon sehr merkwürdig, daß man das – wie du richtig gesagt hast – stärkste parlamentarische Mittel gegen einen Minister hier in Form eines Selbständigen Antrages eingebracht hat (Abg. Wabl: Den der Koalitionspartner angedroht hat!) , der doch eine gewisse Zeit zur Behandlung benötigt.

Wenn Sie sagen, dieser Minister ist nicht tragbar – und auch ich bin der Meinung, daß es Gründe dafür geben kann, gerade gegen diesen Minister Mißtrauen zu hegen –, und wenn Sie meinen, daß wirklich Gefahr im Verzug ist, dann muß man das in Form eines unselbständigen Antrages machen, der sofort abzustimmen ist.

Aber noch einmal: Wir werden der Fristsetzung aus prinzipiellen Gründen zustimmen. Vom Inhalt und der Begründung dieses Entschließungsantrages her können wir dem natürlich nicht beitreten. Denn, lieber Kollege Wabl, es ist, wie ich meine, eine Tatsache, daß man nicht mit Aussagen, sondern nur mit Handlungen die Verfassung brechen kann. Es gibt oder gab in der Geschichte der Zweiten Republik eine ganze Reihe von Handlungen, die gegen das Neutralitätsgesetz verstoßen haben, gegen die Anforderungen der dauernden Neutralität. (Abg. Wabl: Sie kennen Wittgenstein nicht! Lesen Sie Wittgenstein!)

Das war in erster Linie der UNO-Beitritt im Jahr 1955, das waren die Durchfuhrgenehmigungen zur Zeit des Irak-Krieges, und das war das völlige Mißachten des Gebots der bewaffneten Neutralität.

Kollege Wabl! Wenn du so für die Neutralität eintrittst, dann mußt du auch sagen, was das in der Praxis für die eigene Landesverteidigung bedeutet. Die muß dann nämlich so stark sein, daß man sich gegen jeden potentiellen Aggressor zur Wehr setzen kann. Das haben wir über 40 Jahre lang vernachlässigt. (Abg. Wabl: Das ist ein ganz anderes Friedenskonzept als unseres, Kollege Scheibner!)

Letztlich war der Beitritt Österreichs zur Europäischen Union, die im Maastrichter Vertrag die Zielsetzung und das Bekenntnis zur Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik beinhaltet, ein eindeutiger Bruch der Neutralität und des Neutralitätsgesetzes. (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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Das sind die Dinge, die zu diskutieren gewesen wären. Deshalb sind wir ja der Meinung, daß das Neutralitätsgesetz materiell längst derogiert worden ist. Nicht Aussagen brechen ein Gesetz, lieber Kollege Wabl, sondern Handlungen, und solche Handlungen sind bereits mehrfach gesetzt worden. (Abg. Wabl: Fasslabend hat gesagt, wir verhalten uns so, als ob wir Mitglied wären!)

Kollege Wabl! Das Argument mit dem Bruch der Verfassung und dem Bruch der Gesetze ist natürlich gerade dann, wenn es von euch gebracht wird, sehr interessant. Denn es war doch aus euren Reihen der Aufruf zum Gesetzesbruch, der Aufruf zur Befehlsverweigerung zu hören!

Letztlich ist aus den bereits erwähnten Sandspielaktionen auch ein Flugblatt hervorgegangen (der Redner hält ein Flugblatt kurz in die Höhe) , in dem es heißt: "Spart euch dieses Wehrbudget!" – "Spart euch dieses Wehrbudget" heißt aber zugleich: Spart euch das Bundesheer! Auch das ist ein Bruch der Verfassung, denn das österreichische Bundesheer ist in der österreichischen Bundesverfassung verankert. (Demonstrativer Beifall bei der ÖVP.)

Also nicht mit zweierlei Maß messen und hier mit jeweils unterschiedlichen Argumentationen agieren! Eure Ziele kennen wir, Kollege Wabl! Eure Ziele kennen wir! Euch ist alles, was Uniform trägt, ein Greuel! (Abg. Wabl: Die Exekutive! Das ist ein Unterschied! Das Rote Kreuz lieben wir!) Euch ist jede Ordnung ein Greuel, und euch ist das österreichische Bundesheer ein Greuel. Das muß man auch einmal ganz klar zum Ausdruck bringen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir sehen das anders. Für uns ist eines klar: Die Neutralität, Kollege Wabl, ist ein wichtiges historisches Gut. Es war die Bedingung der Sowjetunion für die Freiheit und Unabhängigkeit Österreichs. Dieses Gut soll man hochhalten. (Zwischenruf der Abg. Schaffenrath. )  – Frau Kollegin! Fragen Sie Herrn Kollegen Moser. Der wird Ihnen das hoffentlich erklären, wenn er das noch sagen darf.

Wir wollen heute aber auch darauf hinweisen, daß die Neutralität auf die Fragen der Zukunft der österreichischen Sicherheitspolitik keine Antworten mehr geben kann (Abg. Dr. Petrovic: Wo bleibt da die Verfassung?!) und daß es daher unser Ziel sein sollte, Frau Kollegin Petrovic, mit allen Rechten und Pflichten in die vorhandenen Sicherheitsorganisationen wie NATO und Westeuropäische Union hineinzugehen und gemeinsam mit den anderen europäischen Staaten am Aufbau einer funktionierenden und dauerhaften Sicherheits- und Friedensordnung mitzuwirken.

Das wäre unsere Verantwortung auch für künftige Generationen. Ich hoffe, daß endlich auch die Bundesregierung in diese Richtung gehen wird und daß wir nicht immer nur ein beschämendes Schauspiel, ein Ping-Pong-Spiel, in den Medien zu verzeichnen haben. Der Verteidigungsminister geht zwar richtigerweise einen Schritt vor, wird aber sofort wieder zurückgepfiffen, und letztlich bleibt nur eine große Verunsicherung in der Bevölkerung zurück. Da wäre extremer Handlungsbedarf gegeben. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Wurmitzer: Und warum stimmst du dann dem Antrag zu? – Abg. Scheibner  – auf dem Weg zu seinem Platz –: Nur wegen der Fristsetzung! – Abg. Wurmitzer: Das ist eine Logik!)

17.43

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zum Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Moser. – Bitte, Herr Abgeordneter.

17.43

Abgeordneter Hans Helmut Moser (Liberales Forum): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Ich darf eingangs gleich feststellen, daß auch die Fraktion der Liberalen diesem Fristsetzungsantrag zustimmen wird, weil ich denke, daß es notwendig ist, uns in diesem Hohen Hause über das Verhalten und die Amtsführung des Herrn Bundesministers Fasslabend auseinanderzusetzen, daß es sehr wohl notwendig ist, über die Amtsführung des Herrn Bundesministers Fasslabend zu diskutieren, weil Minister Fasslabend aus meiner Sicht dabei ist, unser Vertrauen in seine korrekte und verfassungskonforme Amtsführung zu verlieren.


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Meine Damen und Herren! Das ist leider Gottes eine Tatsache. Daher werden wir diesem Fristsetzungsantrag zustimmen, damit wir hier im Hohen Hause darüber diskutieren können.

Meine Damen und Herren! An die Fraktion der Grünen gerichtet muß ich aber festhalten, daß die Begründung in diesem Antrag wirklich nicht stichhaltig ist. Wenn darin etwa argumentiert wird, daß der Grund, warum man Minister Fasslabend das Mißtrauen aussprechen soll, der ist, daß das Bundesheer an NATO-PfP-Übungen teilnimmt, dann muß ich Ihnen sagen, das geschieht auf der Grundlage eines Staatsvertrages, den diese Bundesregierung mit der NATO abgeschlossen hat. Daher ist dieses Verhalten beziehungsweise die Teilnahme an diesen Übungen nicht gesetzwidrig.

Herr Kollege Wabl! Wir können allerdings darüber debattieren, inwieweit dieser Staatsvertrag verfassungskonform zustandegekommen ist. Ich meine, daß es sogar höchste Zeit ist, zu prüfen, ob die Staatsverträge, die mit der NATO abgeschlossen wurden – und wir sind ja auch dabei, weitere Staatsverträge mit der NATO abzuschließen –, tatsächlich verfassungskonform sind oder ob es nicht doch notwendig gewesen wäre, das Parlament entsprechend einzubinden.

Meine Damen und Herren! Nach Artikel 50 der Bundesverfassung ist dieses Parlament nämlich zu befassen, wenn es darum geht, politische Staatsverträge abzuschließen. Alle diese Verträge sind jedoch am Parlament vorbeigeführt worden. Das halte ich politisch für unklug und verfassungsrechtlich für bedenklich. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Meine Damen und Herren! Zum zweiten. Es wurde hier dagegen argumentiert, daß Minister Fasslabend erklärt hat, daß der NATO-Beitritt für Österreich bloß noch eine Frage der Zeit ist. – Nach meinem Dafürhalten kann man einem Bundesminister seine politische Meinung nicht wirklich nehmen. Die Qualität seiner Aussage wäre in dieser konkreten Frage am besten daran zu messen, wieweit schon Handlungen in dieser Richtung gesetzt worden sind oder ob das bloß seine Meinung ist. (Abg. Wabl: ... Mißtrauensantrag! Er ist ja nicht Sozialminister!)

Ich kann seine Meinung akzeptieren, wiewohl ich sage, Herr Kollege Wabl, daß es sich dabei um eine gravierende Fehleinschätzung handelt, denn wenn man ein aufmerksamer Beobachter der politischen Diskussion ist, dann sieht man doch, daß Österreich nicht so schnell Mitglied der NATO werden wird.

Ich bedauere auch, daß Kollege Maitz diese Frage der zukünftigen Sicherheitspolitik unseres Landes auf nur zwei Optionen polarisiert hat: entweder NATO neu oder Neutralität pur. – Herr Kollege Maitz! Das ist eine völlig verkürzte Sicht der Dinge, weil der Weg in die NATO auch ein Weg mit Zwischenschritten sein kann. Es besteht sicherlich die Möglichkeit, einen Zwischenschritt in Richtung der europäischen Sicherheitsstruktur, in Richtung einer Einbindung Österreichs in diese Sicherheitsstrukturen zu setzen. Das kann eine rein politische Mitgliedschaft oder auch ein Weg zwischen der derzeitigen PfP- und der NATO-Mitgliedschaft sein. Aber diesen Weg nur schwarz-weiß zu zeichnen, das ist sicher zu wenig. (Abg. Scheibner: Der Frischenschlager hat Sie schon überzeugt!)

Meine Damen und Herren! Diskutieren wir doch über die Optionen! Man kann doch nicht vorneweg etwas behaupten oder feststellen, was eine absolut verkürzte Darstellung ist. Es gibt zum Beispiel auch die Möglichkeit, daß Österreich einen Beitrag leistet, um die europäische Verteidigungs- und Sicherheitsidentität im Rahmen der Europäischen Union zu vertiefen. Auch diese Optionen gehören auf den Tisch! Daher ist es unredlich, Herr Kollege Maitz, wenn diese Frage auf einerseits: Entweder in die NATO oder nicht in die NATO!, und andererseits auf ein Festhalten an der Neutralität verkürzt wird. (Zwischenruf bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Aus unserer Sicht ist Minister Fasslabend aus zwei weiteren Gründen dabei, das Vertrauen in ihn zu verspielen, und wir überlegen uns, auch aus zwei weiteren Gründen dem Mißtrauensantrag zuzustimmen. Minister Fasslabend hat im Zusammenhang mit der Realisierung der Heeresreform beziehungsweise im Zusammenhang ...

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Den Schlußsatz bitte, Herr Abgeordneter!


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Abgeordneter Hans Helmut Moser
(fortsetzend) : Ich komme schon zum Schluß, Herr Präsident. – Minister Fasslabend hat im Zusammenhang mit der Realisierung der Heeresreform nicht verfassungskonform gehandelt. Er hat seine Kompetenzen überschritten, meine Damen und Herren! Das ist ein Faktum, und wir werden heute noch die Möglichkeit haben, uns im Rahmen der Debatte zum Thema Budget ausführlich damit auseinanderzusetzen. – Danke. (Beifall beim Liberalen Forum.)

17.49

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Kammerlander. – Bitte, Frau Abgeordnete.

17.49

Abgeordnete Mag. Doris Kammerlander (Grüne): Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! Ich begrüße vor allem die sozialdemokratische Fraktion, die sich jetzt wieder im Plenarsaal eingefunden hat, nachdem Sie, meine Damen und Herren von der SPÖ, an der Debatte nicht teilgenommen haben, weil Sie offensichtlich noch immer nicht wissen, wie Sie eigentlich zu dieser Frage stehen. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Stippel: Sie waren den ganzen Tag nicht da! – Weitere lebhafte Zwischenrufe bei der SPÖ.) Dabei sind Sie die eigentlichen Geburtshelfer bei dieser Salamitaktik, die wir da vorfinden: Ein Stück nach dem anderen wird von der Neutralität abgeschnitten.

Zum Antrag und zur Fristsetzung selbst: Es kommen fast täglich neue Dokumente ins Haus, und heute ist das Truppenstatut gekommen. Bezeichnenderweise ist es schon das zweite. Es nennt sich "State of Force Order" – abgekürzt heißt das pikanterweise SOFOR –, und darin steht einiges, was unseren Antrag bekräftigt.

Herr Kollege Moser! Ich wäre schon froh, wenn wir uns einmal darüber einigen könnten, ob es ein Staatsvertrag oder ein Rahmendokument ist. Wir sind auch der Meinung, daß es ein Staatsvertrag ist, und dieses Truppenstatut, das ich heute bekommen habe, gibt mir in meiner Anschauung völlig recht, daß es ein Staatsvertrag ist, denn hier steht schwarz auf weiß, daß alle Staaten so zu behandeln sind – auch jene, die der "Partnerschaft für den Frieden" angehören –, als wären sie Vertragsstaaten der NATO.

Das ist nicht meine Interpretation, sondern das ist die Interpretation, die in den Erläuterungen zu finden ist. Darin steht, dieser Artikel 1 – den ich zitiert habe – ist verfassungsändernd. Wissen Sie, daß Sie das heute schriftlich mitgeteilt bekommen haben, obwohl es schon lange beschlossen ist? – Und Sie als Abgeordnete haben dagegen überhaupt nichts einzuwenden, obwohl wir heute von Bundeskanzler Klima wieder gehört haben, daß angeblich wir diejenigen sind, die letztendlich über alles entscheiden. Das ist ja ein Witz und ein Hohn! (Beifall bei den Grünen.)

Und wenn kein anderer Grund vorläge, so wäre es zumindest seit heute dringend notwendig, diese Fristsetzung zu beantragen, um endlich darüber zu diskutieren, daß es hier einen Minister gibt, der dafür verantwortlich ist, der Staatsverträge abschließt und dabei das Parlament umgeht – hier steht es ja schwarz auf weiß –, das Parlament nicht informiert. Es gibt keine Verfassungsänderung, damit das auf legaler Ebene durchgeführt werden könnte. Diese Dinge werden einfach am Parlament vorbeigeschmuggelt. Heute ist das mit der Post gekommen. Schauen Sie sich das doch an, bevor Sie sich, Herr Kollege Maitz, hier herausstellen und irgend etwas erzählen, was überhaupt keine Grundlage hat! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Maitz: So wie Sie jetzt!)

Herr Kollege Scheibner! Sie verwechseln die Exekutive mit der Legislative. Es besteht immer noch ein Unterschied, ob ich als Minister derlei Dinge zu vertreten habe oder ob ich als Abgeordnete sage, ich würde das gerne haben. Ich halte das Bundesheer für überflüssig, das ist meine Anschauung, dafür trete ich ein, darüber diskutiere ich, dafür mache ich allenfalls auch politische Veranstaltungen oder Aktionen. (Abg. Scheibner: Sie sind auch auf die Verfassung vereidigt!) Das ist meine Einstellung. Dafür kann ich kämpfen, dafür kann ich eintreten, dafür kann ich meine politische Überzeugung ins Spiel bringen! (Beifall bei den Grünen.)


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Aber ich bin nicht Ministerin, ich bin nicht verantwortlich für die Einhaltung der Verfassung, und ich schließe auch keine Staatsverträge ab, bei denen in der Erläuterung steht, daß sie verfassungsändernd sind. Das mache ich nicht, aber der Herr Minister macht das, und das ist der entscheidende Punkt.

Und da Sie sich fragen, warum wir das als Entschließungsantrag eingebracht haben: Wir haben diese Form gewählt, weil wir darüber diskutieren möchten und weil wir keine andere Möglichkeit haben, über die Haltung des Ministers zu diskutieren, als mit solch einem Antrag, über den im Ausschuß eine Debatte stattfinden kann. Darüber ist einmal in Ruhe zu diskutieren. Wie kommt ein Minister, der auf die Verfassung vereidigt ist, dazu, fast tagtäglich einen Verfassungsbruch zu begehen und uns hier dann zu erzählen, es sei irgendein Rahmendokument, das keine politische Wirkung hätte, irgendein technisches Abkommen? – Darüber wollen wir diskutieren, und darüber stimmen wir dann ab im Verfassungsausschuß. Nicht mehr und nicht weniger wollen wir.

Erst heute – oder gestern – ist dieses Dokument gekommen, das demnächst im Parlament behandelt werden wird, und damit werden die nächsten Schritte gesetzt werden. Es geht ja längst nicht mehr um die Frage: Frauen zum Heer!, hier geht es um viel mehr. Hier geht es bereits um die "Partnerschaft für Frieden Plus", wie sie die SPÖ will. In diesem Paket ist ja bereits Ihr Zugeständnis enthalten. Hier geht es um das Treuegelöbnis, das nicht mehr auf die Republik geleistet wird. Wo sind denn die Verfassungsänderungen? – Wissen Sie, daß diese Koalitionsregierung das im Verteidigungsausschuß im buchstäblichen Sinn entsorgen will, ...

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Frau Abgeordnete, den Schlußsatz bitte.

Abgeordnete Mag. Doris Kammerlander (fortsetzend): ... statt es in den Verfassungsausschuß zu bringen, wohin es gehört, denn darin sind Verfassungsänderungen enthalten! (Beifall bei den Grünen.)

17.54

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ing. Tychtl. – Bitte, Herr Abgeordneter.

17.54

Abgeordneter Ing. Gerald Tychtl (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geschätzte Damen und Herren! Auch ich verhehle nicht, daß es einige kritische Anmerkungen zu einzelnen Äußerungen des Herrn Bundesministers für Landesverteidigung auch von meiner Fraktion gibt. Meine Vorrednerin hat zu Recht eine Diskussion eingefordert, und gerade das sollten wir tun. Ich meine, daß es allemal besser ist, kritischen Äußerungen auch kritische Diskussionen folgen zu lassen, in den hiefür vorgesehenen Ausschüssen die eigenen Standpunkte einzubringen und vielleicht sogar einen Umschwung in der Meinung, die man selbst hat, durchführen zu können. (Abg. Wabl: Wir wollen eine parlamentarische Behandlung!) Herr Wabl! Es ist ausgezeichnet, was Sie da laut sagen, aber es wird durch die Lautstärke nicht besser. Ich bin wie Ihre Kollegin für eine Diskussion, und das wollen wir in Angriff nehmen.

Da wir aber grundsätzlich zum Bundesheer stehen, wollen wir zwar diese Diskussion führen, werden jedoch dem Fristsetzungsantrag, aber auch dem Antrag betreffend das Versagen des Vertrauens gegenüber dem Herrn Bundesminister für Landesverteidigung nicht unsere Zustimmung geben. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

17.56

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort ist nun niemand mehr gemeldet. Damit ist die Debatte geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung, und ich bitte die Damen und Herren Abgeordneten, jeweils den Platz einzunehmen.


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Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag, dem Verfassungsausschuß zur Berichterstattung über den Antrag 549/A (E) betreffend Versagung des Vertrauens gegenüber dem Bundesminister für Landesverteidigung eine Frist bis 9. Dezember zu setzen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem Ihre Zustimmung erteilen wollen, um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Minderheit. Der Antrag ist damit abgelehnt.

Fortsetzung der Tagesordnung

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Ich nehme nun die Verhandlungen über die Beratungsgruppe VI betreffend Unterricht und kulturelle Angelegenheiten wieder auf.

Am Wort ist weiterhin Frau Abgeordnete Motter. – Bitte, Frau Abgeordnete. (Abg. Hans Helmut Moser: Herr Präsident! Wo ist die Frau Ministerin?)

17.58

Abgeordnete Klara Motter (Liberales Forum): Herr Präsident! Ich würde gerne meine Rede fortführen, kann dies aber nur im Beisein der Frau Ministerin machen, da ich ganz konkrete Fragen an sie zu stellen habe.

17.58

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Ich unterbreche die Sitzung kurz, um festzustellen, ob die Frau Bundesministerin im Haus ist, ob sie sogleich kommt oder ob es noch etwas dauert.

(Die Sitzung wird um 17.58 Uhr unterbrochen und um 17.59 Uhr wiederaufgenommen. )

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf.

Frau Abgeordnete Motter! Die Frau Bundesministerin ist jetzt da, Sie können mit Ihrer Wortmeldung fortsetzen. – Bitte, Frau Abgeordnete, Sie haben das Wort.

17.59

Abgeordnete Klara Motter (Liberales Forum): Herr Präsident! Hohes Haus! Frau Bundesministerin! Ich setze mit den kulturellen Angelegenheiten fort und habe einige konkrete Fragen an Sie.

Zum Museumsbereich möchte ich nur anmerken, daß sich neue Vorhaben nur langsam entwickeln. So ist auf massiven Druck der Öffentlichkeit und der kleinen Oppositionsparteien endlich die längst überfällige Renovierung beziehungsweise der Zubau der Albertina in Angriff genommen worden. Meine Frage, Frau Ministerin, die ich bereits im Budgetausschuß an Sie stellte, aber nicht beantwortet bekam, lautet daher: Wann kann der Zubau eingeweiht werden?

Zum Technischen Museum: Sie haben uns den geplanten Eröffnungstermin genannt, allerdings bekam ich auf die Frage, ob es ein Einrichtungskonzept gibt, keine Antwort. Vielleicht kann das heute nachgeholt werden.

Ebenfalls haben Sie uns im Budgetausschuß eine Liste versprochen, die darüber Aufschluß gibt, welche Beträge welchen Museen zufließen. Auch diese Liste haben wir bis heute nicht erhalten.

Ein weiterer ungeklärter Punkt ist die Zukunft des Bundesdenkmalamtes. Seit Jahren wird an der Neuformulierung eines Denkmalschutzgesetzes sowie der Statuten des Bundesdenkmalamtes gearbeitet. Es ist bekannt, daß sich zwei Denkrichtungen widersprechen: Sollen den Bundesländern mehr Kompetenzen übertragen und Kosten weitergereicht werden, oder soll die Expertenmacht gegenüber den politischen Wünschen von Bürgermeistern und Landeshauptleuten gestärkt werden? Dazu hat der Rechnungshof in seiner Überprüfung von 1993 geraten, die Stellung des Bundesdenkmalamtes zu stärken und autonomer zu gestalten. Frau Ministerin! Ganz konkret: Bis wann ist mit der Neuformulierung dieses Gesetzes zu rechnen?


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Abschließend: Sehr geehrte Frau Ministerin! All das sind Fragen, die einer Beantwortung harren, denn viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Bundesmuseen, im Bundesdenkmalamt und in der Nationalbibliothek wünschen sich eine Klärung dieser Fragen. Ich fordere Sie daher auf, mit der längst überfälligen Klärung zu beginnen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

18.02

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Nächste Wortmeldung: Frau Abgeordnete Horngacher. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Frau Abgeordnete.

18.02

Abgeordnete Katharina Horngacher (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Das differenzierte Schulwesen in Österreich bietet für jeden Jugendlichen den seinen individuellen Fähigkeiten und Interessen entsprechenden geeigneten Schultyp. Eine umfassende Bildung ist nicht nur Wissensvermittlung, sondern auch Charakterbildung. (Beifall bei der ÖVP.)

Mit der Erhöhung des Budgets in diesem Bereich mit insgesamt 2,3 Milliarden Schilling wird der Wichtigkeit und Bedeutung Rechnung getragen.

Gerade in den letzten Jahren hat sich im Bildungsbereich sehr vieles geändert. Die polytechnische Schule wurde zu einer echten Schule als Berufsvorbereitung weiterentwickelt. Es ist eine wesentliche und zentrale Aufgabe, auch in Zukunft unseren Jugendlichen die Möglichkeit einer qualifizierten Facharbeiterausbildung zu bieten; das duale Ausbildungssystem unserer Lehrlinge ist anerkannt.

Auch künftige Initiativen wie zum Beispiel Berufsorientierung in der 7. und 8. Schulstufe sind sehr sinnvoll. Eine weitere positive Entwicklung – ich freue mich ganz besonders darüber – ist die Einführung der Berufsreifeprüfung. Damit wird jungen Menschen, die eine Facharbeiterlehre absolviert haben, die Chance gegeben, eine weitere Schiene zur höheren Qualifikation zu nutzen. Ich freue mich besonders darüber, daß dies gelungen ist, und ich danke Frau Bundesministerin Gehrer für die Realisierung. (Beifall bei der ÖVP.)

Es hat dies auch eine große Bedeutung für die landwirtschaftlichen Schulen. Die Absolventen der dreijährigen landwirtschaftlichen Fachschulen können genausogut diese Berufsreifeprüfung machen. Außerdem, muß man sagen, ist gerade das landwirtschaftliche Fachschulwesen sehr gut. Es ermöglicht jungen Bauern, mit 20 Jahren bereits zwei abgeschlossene Berufsausbildungen zu haben, die sie heutzutage als Nebenerwerbsbauern brauchen. Sie können die dreijährige Fachschule machen, diese wird auf die Lehre angerechnet, und können mit einer kürzeren Lehrzeit rechnen. Mit 20 Jahren haben sie also zwei Berufe.

Es gibt aber noch weitere Vorhaben, die es in der nächsten Zeit zu forcieren gilt. Die Autonomie an den Schulen wurde verstärkt erweitert, und in diesem Bereich wird es in den nächsten Jahren weitere Arbeitsschwerpunkte geben. Schulen sollen mehr Möglichkeiten zur eigenen Gestaltung im Bereich der Finanzen, der pädagogischen Schwerpunktsetzung und der innerschulischen Organisation erhalten. Auch die Integration als Basis für eine menschlichere Gesellschaft wurde umgesetzt.

Schwerpunkte werden auch im Bereich der Begabtenförderung gesetzt werden. Hier wurde ein eigenes Referat eingerichtet. Auch die Teilrechtsfähigkeit für die Schulen ist im Hinblick auf die Finanzierung und auf das Sponsoring eine gute Möglichkeit.

Zur Einführung des Ethikunterrichts möchte ich folgendes feststellen: Die Vermittlung von Werten ist für die Orientierung der Jugendlichen in unserer Gesellschaft unbedingt notwendig, und durch das Abmelden vom Religionsunterricht darf kein Vakuum entstehen. Deshalb ist ein verpflichtender Ethikunterricht als Alternative zum Religionsunterricht sinnvoll.

Erfreut bin ich besonders darüber, daß wir nun auch in Kufstein eine Fachhochschule haben.

Zu meinen Vorrednern möchte ich folgendes sagen: Herr Abgeordneter Schweitzer – er ist zwar nicht mehr im Raum, aber er wird es trotzdem hören – hat behauptet, seine Anträge würden


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nicht umgesetzt werden. Dazu möchte ich sagen – diese Erfahrung habe ich aus dem Unterrichtsausschuß –, seine vernünftigen Anträge wurden umgesetzt, aber alle waren nicht vernünftig. (Beifall bei der ÖVP.)

Zur Frau Abgeordneten Schaffenrath: Sie fragten unsere Ministerin, ob im Mittelpunkt der Schulpolitik die Lehrer oder die Lehrergewerkschafter stehen. Ich bin überzeugt davon, daß im Mittelpunkt die Schüler stehen. Sie haben aber heute differenzierter gesprochen, Frau Abgeordnete! Sie haben gesagt, es sei kein Gestaltungswille vorhanden. (Abg. Schaffenrath: Das stimmt!) Ihre Presseaussendungen allerdings zielen immer wieder darauf ab, unsere Ministerin als Ankündigungspolitikerin hinzustellen. (Abg. Schaffenrath: Das stimmt auch in vielen Bereichen!) Aber gerade das ist sie nicht. Sie hat hohe Gestaltungsbereitschaft und ein sehr großes Umsetzungsvermögen. (Beifall bei der ÖVP.)

Zur Frau Abgeordneten Madl möchte ich sagen: Ich möchte keine Oppositionspolitikerin sein, wenn damit unbedingt verbunden ist, alles schlechtmachen zu müssen, selbst dann, wenn es sehr gut läuft. (Beifall bei der ÖVP.) Laut IFES-Studie ist eine sehr hohe Zufriedenheit mit unserem Schulsystem und auch mit der Frau Ministerin gegeben. (Abg. Schaffenrath: Das denke ich mir!) Wir sollten uns eigentlich gemeinsam darüber freuen können. (Beifall bei der ÖVP.)

18.07

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Petrovic. – Frau Abgeordnete Dr. Petrovic ist nicht im Saal. Damit ist die Wortmeldung verfallen. (Abg. Kiss: Von den Grünen ist überhaupt niemand da!) Im Augenblick ist nur Frau Dr. Petrovic gemeldet, und daher ist diese Wortmeldung verfallen.

Ich rufe jetzt den nächsten Kontraredner auf. Das ist Herr Abgeordneter Dr. Grollitsch. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

18.08

Abgeordneter Mag. Dr. Udo Grollitsch (Freiheitliche): Verehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Bundesministerin! Ich möchte mich für die ungewohnt sachliche und ausführliche Beantwortung der 20 schriftlichen Anfragen der Freiheitlichen bedanken. Wenn Sie mir Ihr geneigtes Ohr leihen wollten – es geht immerhin um ein Lob und einen Dank auch an Ihre Beamten. Die Anfragen sind ausführlich, jedenfalls in einer für uns ungewohnten Form beantwortet worden, und das sei hier auch einmal gesagt.

Auch jene fünf Fragen, die ich im Bereich der kulturellen Angelegenheiten an Sie gerichtet habe, zeigen uns, daß die Rechnungshofkritik an der Höherentwicklung der Zahl des künstlerischen Personals bei der Hofmusikkapelle ihre Gründe hat. Weiters möchte ich für die Vorlage der Besucherzahlen danken – zumindest für jene Museen unter Ihrer Verwaltung, die Steigerungsraten aufweisen. Daß in erster Linie die zugkräftige Monet-Ausstellung dafür verantwortlich ist, daß die Gesamtzahl gestiegen ist, wäre ergänzend zu erwähnen.

Über eine weitere Anfragebeantwortung erfahren wir als Opposition auch von der Verwendung der berühmten Museums-Milliarde. Und in diesem Zusammenhang ersuche ich Sie, verehrte Frau Bundesministerin, ein freiheitliches Anliegen zu unterstützen.

Das sündteure Planungschaos rund um das Technische Museum führt aus momentaner Sicht dazu, daß das Fahrzeug- beziehungsweise Eisenbahnmuseum im erweiterten Museum keinen Platz haben wird. Wie Ihre Anfragebeantwortung zeigt, fällt Ihnen zum vertriebenen ehemaligen Kernstück des Technischen Museums, dem Eisenbahnteil, nichts ein, weshalb Sie die Landeshauptleute von fünf Bundesländern um Ideen bitten. Frau Bundesministerin! Vergessen Sie die unglückselige Idee von Siegendorf, lassen Sie die dislozierten Varianten sausen und versuchen Sie, doch noch im umgebauten Museum das Eisenbahnmuseum unterzubringen. Verzichten Sie vielleicht auf die geplante Leuchtturmattrappe und die rostige Bessemerbirne zugunsten einer vergrößerten Fahrzeugabteilung. Die Besucher würden es Ihnen danken!

Nun einige Worte zur Unterrichtspolitik. Im Zuge der Erörterung der Wortmeldung von Kollegen Schweitzer haben Sie gemeint, der Zug sei abgefahren. Verehrte Frau Bundesministerin! Der


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Zug, in dem Sie Lokführerin sein wollen, hat jedenfalls keinen Hauptschulwaggon angehängt. Im Gepäckwagen Ihres Zuges wird die Schattenschule des Nachhilfeunterrichts mitgeführt. In der ersten Klasse sitzen nach wie vor die roten und schwarzen Parteibuchdirektoren. (Beifall bei den Freiheitlichen.) In der zweiten Klasse sitzt, so glaube ich, ein Haufen demotivierter und durch die Pensionsreform zusätzlich gedemütigter, speziell jüngerer Kollegen. Mit in diesem Zug fahren eine bildungspolitische Nivellierung nach unten, eine unglückselige Berufsreifeprüfung, ein unerreichbarer Lernzielkatalog und ein überkommener Frontalunterricht. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Hinter Ihrem Zug, Frau Bundesministerin, laufen teuer ausgebildete Junglehrer, die überdurchschnittlich Begabten hurteln hinterher und all jene Schüler, die nach einer berufsbezogenen Ausbildung hungern. Ein Waggon hängt an Ihrem Zug dran, und der ist mit haltungsgeschädigten jungen Menschen gefüllt, womit ich bei meinem Ceterum-censeo-Thema gelandet bin, nämlich beim Schulsport.

Sie haben heute ein paar Worte zum Schulsport gefunden und uns weiszumachen versucht, daß 29 Prozent Steigerung bei den Schulsportwochen zu verzeichnen sind. Vergessen haben Sie zu erwähnen, in welchem Zeitraum das geschah. Nach meinen Informationen ist von 1992 bis 1996 diese Steigerung in erster Linie auf die Verstärkung der Sommerschulwochen zurückzuführen. Ich bitte Sie aber, der Ehrlichkeit halber uns auch die Zahlen des letzten Studienjahres vorzulegen. Vor allem der Vergleich mit dem nächsten Schuljahr wird Ihnen die Augen öffnen.

Sie rühmen sich auch damit, daß 23 Prozent der Schüler an unverbindlichen Übungen teilnehmen, davon die Hälfte an Leibesübungen. Das bedeutet, daß 11,5 Prozent unverbindliche Leibesübungen inklusive Heilgymnastik besuchen. Wenn wir die Zahlen, die uns die Arbeitsgemeinschaft für Vorsorgemedizin vor kurzer Zeit zur Verfügung gestellt hat, nämlich daß 50 bis 60 Prozent aller 8- bis 18jährigen Schüler in Österreich Haltungsschäden und Haltungsfehler aufweisen, in Relation dazu setzen, dann glaube ich schon, daß hier ein Nachholbedarf vorhanden ist.

Ich werde von Ihnen wegen meiner kritischen Wortmeldungen gegenüber dem Schulsport immer als anachronistischer Solonörgler apostrophiert. Daher bringe ich Ihnen abschließend einen Ausschnitt aus einem Artikel der "Tiroler Tageszeitung" vom Frühjahr dieses Jahres zum "Tag des Schulsportes" in Seefeld. Dort sagten die Leibeserzieher: Es zwickt nicht nur hier und dort, es zwickt überall im Schulsport – mit einem geharnischten Protest gegen den Kahlschlag an der Gesundheit, an Freude, Spaß und Erholung, ein Protest gegen den Abbau der motorischen Funktionsentwicklung und Persönlichkeitsbildung unserer Schüler. Der "Tag des Schulsportes" in Tirol war ein Aufschrei und Hilfeschrei aus 2 000 Schülerkehlen den Schulsport betreffend. – Dies ein Zitat aus Ihrem Heimatland. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

18.14

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Krammer. – Bitte, Frau Abgeordnete.

18.15

Abgeordnete Dr. Christa Krammer (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! (Abg. Haigermoser: Potzblitz!) Abgeordneter Höchtl hat gesagt, einer Rede des Abgeordneten Schweitzer zuzuhören, heißt Leidensfähigkeit zu haben. Ich teile diese Auffassung des Abgeordneten Höchtl überhaupt nicht. Wenn ich sehe, daß der Schweitzer Karli auf der Rednerliste steht, dann kommt Freude bei mir auf, denn es ist ein Genuß ist, nach ihm zu reden. Er gibt mir immer "Aufgelegte", da kann ich so schön weiterpassen.

Bei ihm habe ich den Eindruck, er holt seine Rede aus der Mottenkiste, staubt sie ein bisserl ab, und dann liest er sie wieder vor. So schauen die Reden dann auch aus. Da hört man Sätze wie: Die Effizienz unseres Bildungswesens ist nicht im Steigen begriffen. – Es ist ihm überhaupt nicht bekannt, daß es ein weltweites Ranking gibt, bei dem unsere Volksschulen an erster Stelle rangieren. Wo ist er denn, der Karli? – Haltet ihn nicht unter Verschluß, wenn ich rede, er soll zuhören und soll sich das anhören. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)


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98. Sitzung / Seite 141

Es gibt ein OECD-Ranking, da liegen wir hinsichtlich der Naturwissenschaften an neunter Stelle. Nächstes Zitat von Schweitzer Karli: Die Teamfähigkeit ist gefragt. – Ich habe mitgeschrieben. Kollege Öllinger ist leider nicht da, ich habe es ihm aber eh schon gesagt. Lieber Kollege Öllinger! Sie haben den Schweitzer Karli gründlich mißverstanden, Sie haben nämlich bei ihm etwas vorausgesetzt, was er nicht hat: Wissen. (Abg. Haigermoser: Zum Kuckuck! Kommen Sie jetzt zur Sache!)

Der Kuckuck ist ein anständiger Vogel, glauben Sie mir das! Bei Ihnen wird bald der Lämmergeier kommen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Haigermoser: Nein, das Kuckucksei!)

Kollege Öllinger hat den Schweitzer Karli mißverstanden, denn er hat den Lehrern mangelnde Teamfähigkeit vorgeworfen. (Abg. Haigermoser: In der Ornithologie sind Sie nicht zu Hause! Den Pleitegeier müßten Sie eigentlich kennen!) Das schließe ich aus der sehr abfälligen Bemerkung, die er über die Bundeshandelsakademie und -handelsschule in Oberpullendorf gemacht hat. Er hat so getan, als ob er diese Schule kennen würde. Ich habe ihm unterstellt, er kennt bestenfalls den Turnsaal und sonst nichts. Sagen Sie ihm das, wenn er es nicht verstanden hat. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Haigermoser: Dort sollten Sie einmal hingehen!)

Das war ein starkes Stück, was er sich da erlaubt hat. Ich werde das den Lehrern an der Bundeshandelsakademie und -handelsschule in Oberpullendorf erzählen. (Abg. Haigermoser: Körperertüchtigung würde Ihnen guttun!) Die Kommentare sage ich dann dem Karli in einer stillen Stunde, wenn er es verträgt, wenn er es aushält! (Beifall bei der SPÖ.)

Eines sei dem Schweitzer Karli ins Stammbuch geschrieben: Ohne Teamfähigkeit zu lehren und ohne Teamfähigkeit anzuwenden (Zwischenruf des Abg. Böhacker ), wäre es heute unmöglich, zu unterrichten. Es gibt Fächer, bei denen es gar nicht anders geht, als daß man Teamfähigkeit lehrt und diese auch von den Schülern einfordert. Es gibt den Projektunterricht, es gibt die Übungsfirmen, und es gibt Gegenstände wie Rechnungswesen und Betriebswirtschaftslehre. Davon hat er zwar noch nie etwas gehört, aber er geht hierher, staubt seine Rede ab und liest sie uns wieder vor – so wie jedes Jahr. Geschenkt! Schickt einen anderen! Er soll sich eine neue Rede schreiben lassen! (Heiterkeit und Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Schweitzer Karli hat das Wort "Projektunterricht" noch nie gehört und Sie auch nicht, hochgeschätzter Vorredner! – Wo ist er denn? Ich habe mitgeschrieben. (Abg. Haigermoser: Frau Kollegin! Jetzt müssen wir eine Schutzzone errichten, sonst kommen Sie noch in unsere Reihen!) Sie haben allen Ernstes gesagt – Frau Ministerin, das muß Sie entsetzt haben –: "überkommener Frontalunterricht". Großer Gott, das ist die Urzeit, das ist die Steinzeit im Unterricht! Von der redet die Freiheitliche Partei heute. Das muß man sich geben! Pauli, das muß man sich (Abg. Haigermoser: Pauli!) auf der Zunge zergehen lassen! (Abg. Dr. Grollitsch: Frau Gesundheitsministerin! Den gibt es doch nicht!)  – Er ist ein Lehrerkollege aus einer sehr guten Schule aus dem Burgenland. (Neuerliche Heiterkeit und Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Noch etwas: Ich bleibe gleich bei Ihnen. Das letzte Mal waren Sie auch mein Vorredner, und das habe ich genossen. Sie geben mir auch so gute Passes. Sie sprachen von den Haltungsschäden. Überfrachten Sie doch nicht die Lehrer! An allem sollen die Lehrer schuld sein! Ja was denn noch?! Man muß auch den Mut haben, den Eltern zu sagen: Sorgt dafür, liebe Eltern, daß sich die Kinder in der Freizeit mehr bewegen, und stopft sie nicht mit Pommes frites voll, und setzt sie nicht zum Fernsehapparat. (Lebhafte Heiterkeit und Beifall bei SPÖ und ÖVP.) – Das ist es! Auch das ist Gesundheit.

Dann sage ich Ihnen noch etwas: Eine sehr vife und gescheite Burgenländerin hat eine sehr intelligente Schultasche erfunden. Diese kann man vorne und hinten am Rücken tragen. Kaufen Sie sie! Die Freiheitlichen sind eh so reich – kein Wunder bei diesem Obmann! Kauft sie für ganz Österreich, für jedes Kind. Die Burgenländerin wird sich freuen, sie wird Millionärin.

Jetzt möchte ich dem Schweitzer Karli noch etwas ins Stammbuch schreiben: Weiß er, was Qualitätsmanagement ist? Weiß er, daß das schon längst in den Schulen Einzug gehalten hat? – Noch einmal: Laß dir eine neue Rede schreiben, Karli, die alte ist verstaubt! – Jetzt ist es genug, sonst widme ich ihm viel zuviel Zeit. 


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98. Sitzung / Seite 142

An etwas möchte ich noch anknüpfen. (Zwischenruf des Abg. Haigermoser. ) – Ja, das ist logisch. Ich schreibe sie selbst, ich denke sie selbst, und ich rede sie selbst. Das ist unnachahmlich. Das bringen Sie nicht zusammen! (Lebhafte Heiterkeit und Beifall bei SPÖ und ÖVP, den Grünen sowie beim Liberalen Forum. – Abg. Haigermoser: Selten so "jelacht"! Selten so "jelacht"!) – Nein, in Wahrheit vergeht es Ihnen. Das merke ich schon schön langsam.

Etwas möchte ich noch zur Presseaussendung richtigstellen, wonach sehr viele Ausbildungsplätze im weiterführenden Schulsystem angeboten worden sind, nämlich 5 600. Das heißt, viele Kinder haben zusätzlich Platz im Schulwesen gefunden. Das mag seine Richtigkeit haben, und das freut uns auch. Aber mein Thema und unser Thema sind immer die Kinder, die eigentlich nicht in die Schule gehen wollten, sondern einen Lehrplatz gesucht hätten. Aber obwohl der Bundeskanzler der Wirtschaft sehr viel Förderung angeboten hat, muß ich sagen, die Wirtschaft hat sich leider nicht in ausreichendem Ausmaß willens und bereit gefunden, diese Lehrplätze zur Verfügung zu stellen.

Also muß man, wenn Kinder Lehrplätze suchen und keine bekommen, ihnen etwas anbieten. Ich würde in Absprache mit den Lehrern anbieten, daß man die Kinder am Nachmittag – da braucht man keinen zusätzlichen Schulraum – an die Schulen holt und ihnen jene Fertigkeiten beibringt, die sie dann in die Lage versetzen, als gut qualifizierte Jugendliche einen Lehrplatz zu suchen. Jeder Lehrherr wird sich nach diesen Lehrlingen die Finger abschlecken, denn diese werden dann tatsächlich ausgezeichnet sein. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Das Angebot steht, das ist mit den Lehrern ausgemacht. Sie sind auch tatsächlich bereit, das zu tun.

Es ist sehr angenehm, zu einem Budgetkapitel zu reden, das im Verhältnis zum Vorjahr mehr Mittel bekommen hat. Denn damit wird sichtbar und fühlbar zum Ausdruck gebracht – auch in Sparzeiten –, daß sich die Bundesregierung sehr wohl der Bedeutung und der Wichtigkeit der Ausbildung bewußt ist, sich dessen sehr bewußt ist, daß der Grundstein für diese Ausbildung an den Schulen gelegt wird, und sich auch dessen bewußt ist, daß dazu motivierte Mitarbeiter notwendig sind.

Mit der Aufstockung der Budgetmittel hat die Bundesregierung – bei aller Spargesinnung, bei allem Zwang zum Haushalten – ein Bekenntnis zu diesen Mitarbeitern abgelegt, ein Bekenntnis zu jenen Leuten, in deren Händen die Ausbildung unserer jungen Menschen liegt. Diese Motivation durch die Aufstockung des Budgets ist beileibe notwendig. Denn ich brauche nur auf meinen geschätzten Vorredner zu verweisen. Jeder glaubt, weil er irgendwann einmal in seinem Leben nolens volens mit den Lehrern zu tun gehabt hat, kann er auf dieser Berufsgruppe herumtrampeln. Dagegen verwahre ich mich. Ich gehöre auch dazu. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Die Lehrer werden als so etwas wie Allgemeingut hingestellt, jeder kann sich über sie in abfälliger Weise, also negativ äußern – mit dem Hintergedanken, aus irgendeiner Ecke wird der Beifall schon kommen. Die Schule hat – sehr zu meinem Mißfallen und zum Mißfallen wahrscheinlich vieler – die Funktion einer gesellschaftlichen Reparaturwerkstätte, und dagegen muß ich mich allen Ernstes verwahren. Kaum gibt es irgendein Problem mit jungen Leuten, erschallt der Ruf an die Schule, an die Lehrer, sich doch dieses Problems anzunehmen. Warum habe man denn das und jenes nicht schon längst gemacht? – Diese bösen Lehrer, diese böse Schule!

Natürlich ist den Lehrern bewußt, daß man sich in einer Schule nicht nur auf die Wissensvermittlung beschränken soll. Selbstverständlich muß die Schule auch anderes vermitteln. Das passiert auch. Man muß sich halt ein bißchen darum kümmern, damit man weiß, was in den österreichischen Schulen gearbeitet wird.

Nur eines ist wichtig – da kehre ich wieder zu meinem Ausgangspunkt zurück –: Man darf die Schule, die Lehrer nicht überfrachten. Dann resignieren sie. Denn dann müssen sie vor der Aufgabe kapitulieren, die die Gesellschaft, die die Allgemeinheit und – ich sage es auch ganz offen – die manche Politiker an die Lehrer herantragen oder von ihnen fordern.


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Für die Opposition ist es natürlich – unter Anführungszeichen – "leiwand", zu einem Budget zu reden, wenn man dann loslegen, alles sagen und alles fordern und Ostern, Weihnachten und Pfingsten auf einen Tag fallen lassen kann. Man muß es doch nicht verantworten!

Ich würde Sie bitten, einmal in konstruktiver Weise mitzuarbeiten und auch einzugestehen, daß die hohe Leistungsfähigkeit unseres Schulsystems erhalten geblieben ist. Wir bemühen uns ständig, diese Leistungsfähigkeit zu steigern, und niemand, aber auch schon gar niemand braucht Angst um die Qualität zu haben – nicht heute und nicht morgen.

Die Aufgaben, die in Zukunft zu lösen sind, sind nicht immer von Budgetmitteln abhängig. Diese sind auch oft vom Selbstverständnis der Lehrer abhängig. Die Anerkennung, die Achtung, die Beachtung und die geistige Unterstützung für die Arbeit der Lehrer in österreichischen Schulen erfordern keine Budgetüberschreitung. Ich möchte Sie alle einladen: Arbeiten Sie mit, arbeiten wir gemeinsam am österreichischen Schulsystem! Eine Bitte an alle, die das sonst so gerne machen: Lassen Sie die Lehrer außerhalb Ihrer Kritik, diese arbeiten hart genug. – Danke vielmals. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

18.26

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Schöggl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

18.26

Abgeordneter Dipl.-Ing. Leopold Schöggl (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Frau Ministerin! Geschätzte Damen und Herren! An den Unterhaltungswert meiner Vorrednerin werde ich bei weitem nicht herankommen. (Abg. Kiss: Das ist schwer!) Es kann das allgemeine Image des Burgenlandes sicher nichts dafür, wenn Sie als Repräsentantin des Burgenlandes Leute ausbilden. (Zwischenruf der Abg. Dr. Krammer. ) – Sie müßten eine Imagekampagne für die Burgenländer machen. Da kann ich mir vorstellen, daß Ihnen die Sympathien überall zufliegen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Thema ist aber das Budget. Herzlichen Glückwunsch, Frau Ministerin! Ihnen ist es gelungen, das Budget zu erhöhen. Aber Sie werden diese Erhöhung auch dringend brauchen, denn Sie müssen – obwohl der morgige "Kurier" anders titelt: "Lehrlinge: Gehrer läßt Kanzler Klima abblitzen" – aufgrund der Lehrlingspolitik der Bundesregierung die vergeblich arbeitsplatzsuchenden Lehrlinge zumindest ein Jahr in Ihren Schulen "zwischenparken". Dafür werden Sie dieses Geld auch dringend brauchen, denn Sie müssen damit die etwas erhöhte Jugendarbeitslosigkeit kaschieren.

Sehr geehrte Frau Ministerin! Sie versuchen aber auf der anderen Seite, einen Grund für die Jugendarbeitslosigkeit zu beseitigen, wie wir den Ministerratsprotokollen entnehmen: Sie planen eine Berufsvorbereitung in den Stufen. Das wird auch sehr dringend notwendig sein, wobei ich aber annehme, daß diese Berufsvorbereitung wieder in den regulären Stunden abgehalten werden wird. Damit wird aber ein Fehler begangen: Es fehlt nämlich, soweit mir Lehrer berichten, aufgrund der Überfrachtung der Lehrpläne an wichtiger Übungszeit, sodaß wesentliche Grundfähigkeiten nicht mehr vorhanden sind.

Es ist oft in den kleinen Regionalbeilagen der Zeitungen etwas Wichtiges zu lesen. So beschweren sich in der "Kleinen Zeitung" vom 26. Oktober zwei Unternehmer aus unserer Region. Kollegen Seidinger sind sie wahrscheinlich bekannt, Frau Kollegin Huber sind sie auch bekannt. Die beiden Unternehmer klagen, daß es immer schwerer wird, brauchbare Lehrlinge zu bekommen. Das wird von Jahr zu Jahr schlimmer. Da sind zwei exemplarische Beispiele angeführt.

So sagt ein Firmeninhaber: Es wird ständig über die Unternehmer hergezogen, aber es ist fast unmöglich, brauchbare Lehrlinge zu bekommen. Darunter steht: Analphabeten?

Dasselbe Problem hat ein anderer Unternehmer, der sagt, er habe ein Testbeispiel gegeben: Wieviel Quadratmeter ergibt ein 2 Meter breiter und 6 Meter langer Boden? – Die Kandidaten für diesen Lehrberuf konnten diese Flächenberechnung nicht durchführen.


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Frau Ministerin! Ich glaube, das ist ein wesentlicher Grund. Grundfähigkeiten, die notwendig sind, wie auch die Kollegin vorhin angesprochen hat, damit die Lehrlinge unterkommen, gehen verloren. Das ist sicherlich ein wesentlicher Grund, daß die Kinder nicht mehr so untergebracht werden können. (Beifall bei den Freiheitlichen.) – Danke für den längst verdienten Applaus!

Einigermaßen verwundert, Frau Ministerin, bin ich über Ihre Bemerkung im Ausschuß betreffend die arbeitslosen Lehrer. Es wurde Ihnen vorgeworfen, es gebe 7 000 arbeitslose Lehrer, worauf Sie festgestellt haben, beim Arbeitsmarktservice seien nur 1 800 gemeldet. Also wo sind diese arbeitslosen Lehrer?

Frau Ministerin! Wie Sie wissen, hat es keinen Sinn für einen Lehrer, der noch nie gearbeitet hat, sich arbeitslos zu melden, weil er keine Arbeitslose bekommen kann, da er ohnehin noch nie gearbeitet hat. Man sollte von dieser Stelle aus die arbeitslosen Lehrer einmal auffordern, sich zu melden, damit man die tatsächliche Zahl einmal erheben kann. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sehr geehrte Frau Ministerin! Zum Abschluß mein alter Vorschlag: Man müßte sich einmal die Schulen anschauen – ich habe auch im Ausschuß darauf hingewiesen –, die noch zusammengelegt werden könnten. Ich weiß aus meiner Heimatgemeinde, da sind zwei Hauptschulen und zwei Volksschulen jeweils in einem Gebäude untergebracht. Ich nehme an, daß es Synergieeffekte gibt, ich weiß aber, daß es dann, wenn man die zwei Schulen zusammenlegen würde, zu einer Erhöhung der Schülerzahl und über die Teilungszahl natürlich zu höheren Klassenschülerzahlen und auch zu einer Verringerung der Lehrerposten käme. Daher ist mit erheblichem Widerstand der Interessenvertretung der Lehrer zu rechnen.

Ich glaube aber, daß es sich auszahlen würde, diese Sache zu untersuchen. Wo gibt es noch Synergiemöglichkeiten? Wo gibt es Einsparungsmöglichkeiten? – Die Einsparung kann aber natürlich nicht zu Lasten der Schüler gehen. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

18.31

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Amon. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

18.31

Abgeordneter Werner Amon (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Ein wenig verwundert bin ich doch über die Ausführungen des Abgeordneten Schöggl, der die Situation so darzustellen versucht, als ob die Bundesregierung für das Problem verantwortlich sei, das wir bei den arbeitslosen Junglehrern haben. Im Gegenteil: Die Bundesregierung hat durch ein spezielles Angebot an ältere und auch an junge Lehrer ausdrücklich versucht, Maßnahmen zu setzen, um diesem Problem entgegenzuwirken. Man muß aber auch bei der Wahrheit bleiben: Wahr ist, daß seit über zehn Jahren hinlänglich bekannt ist, daß es äußerst schwierig ist, wenn man ein Lehramtsstudium absolviert hat, danach sofort eine Anstellung zu finden. Bleiben wir also seriös!

Herr Abgeordneter Grollitsch hat heute von einem fahrenden Zug gesprochen, an dem unterschiedliche Waggons hängen. Ich habe den Eindruck gehabt, er ist zu spät auf den Bahnhof gekommen und hat den Zug nur noch von hinten gesehen.

In Wahrheit macht es Freude, zum Unterrichtsbereich zu sprechen, weil sowohl die Maßnahmen, die in der jüngeren Vergangenheit getroffen worden sind, als auch die Maßnahmen, die auf dem Tisch liegen, durchaus positiv zu bewerten sind. Man kann nicht oft genug daran erinnern, was unter Unterrichtsministerin Gehrer in letzter Zeit passiert ist. Ich denke an die Behindertenintegration, ich denke an die Anerkennung von Schulbesuchen im Ausland, ich denke an die Lockerung des Werbeverbots, und ich denke an massive Fortschritte im Zusammenhang mit der Autonomie der Schule.

Gerade in diesem Zusammenhang sei erwähnt, daß das Paket zur Teilrechtsfähigkeit, das nunmehr durch den Ministerrat gegangen ist, eine äußerst erfolgreiche Maßnahme ist. Damit wird den Schulen tatsächlich Autonomie, Handlungsspielraum geboten. Auch da sehen die Frei


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heitlichen in Wahrheit wieder dem Zug nach. Kollege Höchtl hat heute schon gesagt: Sie fordern das, und wir haben es umgesetzt. (Beifall bei der ÖVP.)

Auch ist mit dieser Maßnahme eines sichergestellt, nämlich daß auch die Schülermitbestimmung im Zusammenhang mit dem Schulgemeinschaftsausschuß ausgeweitet wird. Besonders hervorheben möchte ich die Berufsreifeprüfung, die ein Meilenstein in der Bildungspolitik ist. Mit der nunmehr vom Ministerrat beschlossenen Schulorganisationsgesetz-Novelle besteht auch an den Berufsschulen die Möglichkeit, über den Weg von Freigegenständen eine dementsprechende Vorbereitung auf diese Berufsreifeprüfung anzubieten.

Ich möchte aber, wenn ich im Zusammenhang mit den Lehrlingen zu Reformen spreche, doch noch etwas anmerken. Es ist so, daß manche – das sagt ein altes chinesisches Sprichwort –, wenn ein Sturm aufkommt, geneigt sind, eine Mauer zu errichten, andere aber Segelboote mit großen Segeln bauen. – Unser Segelboot, mit dem wir unterwegs sind, ist ein Dreimaster, ein Dreimaster, der aus der Durchlässigkeit, aus der Differenzierung und aus den Möglichkeiten, die wir anbieten, besteht.

Ich darf mich diesbezüglich an den Koalitionspartner wenden, weil der morgige "Kurier" dieses Thema bringt. Ich würde Sie bitten: Überlegen Sie es sich noch einmal, ob Sie zur Teillehre nicht endlich Ihre Zustimmung geben. (Beifall bei der ÖVP.) Denn ich sage Ihnen ganz ehrlich, daß jene Maßnahmen, die wir in den letzten Wochen und Monaten gemeinsam im Lehrlingsbereich gesetzt haben, durchaus Früchte getragen haben. Angesichts der Zahlen – im Oktober 1996 hatten wir 44 987 Lehrverträge im ersten Lehrjahr, und im Oktober 1997 hatten wir 47 662 Lehrverträge im ersten Lehrjahr – kann man sagen, diese Maßnahmen haben gegriffen. Jene 3 000 Jugendlichen, die nun noch auf Jobsuche sind, können wir über den Weg der Teillehre auch in den Arbeitsprozeß eingliedern.

Ich glaube, daß es keine Lösung ist, wie etwa Kollege Schweitzer heute gesagt hat, daß man die Hauptschulen zu berufsbildenden mittleren Schulen umbaut. Ich weiß nicht, was das soll. Das soll offensichtlich die kaufmännische Gesamtschule der 10- bis 17jährigen werden. Ich glaube, daß das nicht die Lösung sein kann.

Die Lösung kann nur sein, wenn wir auf der einen Seite über die Berufsreifeprüfung oben aufgemacht haben und die Durchlässigkeit sozusagen zur Gänze geschafft haben, damit auch Leute, die eine Lehre absolvieren, den Weg zur Hochschule finden können, daß man eben jenen, die zunächst offensichtlich nicht die Fähigkeiten mitbringen, eine Vollehre zu absolvieren, sehr wohl auch die Möglichkeit bietet, über den Weg der Teillehre eine berufliche Ausbildung und einen Abschluß zu erlangen.

Ich halte das für wichtig, ich halte das für notwendig, und ich würde die Vertreter des Österreichischen Gewerkschaftsbundes und der SPÖ ersuchen, dem nicht weiter entgegenzustehen, keine Mauer aufzurichten, sondern die Segel zu hissen und weiterhin erfolgreich in die Zukunft zu segeln! (Beifall bei der ÖVP.)

Abschließend möchte ich sagen: Ich freue mich darüber, daß im Budgetvoranschlag 1998 im Unterrichtsbereich 3 Milliarden Schilling mehr vorgesehen sind. Das ist ein Erfolg unserer Frau Bundesministerin! Sie hat auch die Reformer auf ihrer Seite. Es ist ein gutes Zeichen, wenn ein Unterrichtsminister auch immer die Schülervertretung hinter sich hat. Das weiß ich von Freunden aus der Schülervertretung.

Frau Bundesministerin! Du hast die Schülervertretung und die Reformer an deiner Seite, und du bleibst für uns, was du bist, nämlich die Mutter Courage der österreichischen Bildungspolitik! (Beifall bei der ÖVP.)


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18.37

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Krüger. 6 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

18.37

Abgeordneter Dr. Michael Krüger (Freiheitliche): Herr Kollege Amon! Wenn Sie den Inhalt des Buches "Mutter Courage" kennten, dann hätten Sie wahrscheinlich diese Bezeichnung nicht auf die Frau Ministerin bezogen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Abgeordneter Amon hat davon gesprochen, daß wir Freiheitlichen wieder einmal dem Zug nachschauen. Das mag schon sein, aber ich muß Ihnen sagen: Wenn der Zug in eine falsche Richtung abfährt, dann ist es gut, daß man diesem Zug nachschaut, und in diesem Zug müssen wir Freiheitlichen nicht unbedingt sitzen, wenn er in die falsche Richtung fährt! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Kollege Amon! Sie sprechen davon, daß wir dem Zug nachschauen. Das ist der Unterschied: Wir schauen manchmal dem Zug gerne nach, aber Sie schauen den Wählern nach, die Sie laufend verlieren.

Es ist aber immerhin bemerkenswert, daß der ÖVP ein Kunststück geglückt ist, das in der Zweiten Republik noch nie eingetreten ist, nämlich das Kunststück, sehr geehrte Damen und Herren von der Österreichischen Volkspartei, daß während einer laufenden Legislaturperiode ohne Neuwahlen aus einer großen Koalition eine kleine Koalition wird. Das sollte Ihnen eigentlich zu denken geben! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Kurz zur Frage des Museumsquartiers, die Kollege Morak thematisiert hat. Wir wissen, daß es jetzt den Bescheid des Bundesdenkmalamtes gibt und daß in Kürze mit dem Spatenstich zu rechnen ist. Die Euphorie allerdings, die Kollege Morak hier verbreiten will, wird in breitesten Bevölkerungskreisen, aber auch in Kreisen von Fachleuten keineswegs geteilt, sondern muß als vereinzelt dargestellt werden. So sind etwa einmal die ausführenden Architekten nicht zufrieden; das ist gar keine Frage, weil von deren Entwurf nicht mehr sehr viel übriggeblieben ist. Unzufrieden sind weiters jene, die für eine weitgehende Erhaltung der Substanz des Fischer-von-Erlach-Ensembles eingetreten sind.

Unzufrieden sind aber auch die Betroffenen selbst. Denken Sie etwa an Dieter Schrage, der alles andere als den Freiheitlichen nahesteht, Mitglied des Kuratoriums des Museums moderner Kunst, der sehr unzufrieden damit ist, daß das Museum moderner Kunst, das auch nur in einem Provisorium untergebracht wird, letztlich ins Museumsquartier übersiedeln soll und im Museumsquartier eine geringere Ausstellungsfläche zur Verfügung steht als jetzt im Provisorium.

Aber unzufrieden ist insbesondere auch, meine Damen und Herren, der Steuerzahler. Denn bevor noch überhaupt ein Ziegel des Umbaues des Museumsquartiers bewegt wird, sind bereits sage und schreibe 600 Millionen Schilling "verbraten" worden. Das heißt, die Zeche bezahlt der Steuerzahler, und es bleibt natürlich nicht bei diesen 600 Millionen Schilling, weil jetzt überhaupt erst mit der Bauausführung begonnen wird.

Auf der anderen Seite gibt es bekanntlich das Museum der "Albertina". Die "Albertina" beherbergt die größte graphische Sammlung der Welt. Hier sind einzigartige Exponate untergebracht, die aber einer breiten Öffentlichkeit nicht zugänglich gemacht werden können. Sie wissen, daß die "Albertina" im wesentlichen geschlossen ist. Es erscheint nicht nachvollziehbar, daß auf der einen Seite 600 Millionen Schilling an reinen Projektkosten und Vorlaufkosten beim Museumsquartier "verbraten" werden und auf der anderen Seite die "Albertina" weiterhin für die Bevölkerung unzugänglich bleibt und es aufgrund von Baumängeln weiter hineinregnet.

Meine Damen und Herren! Zur Sprache gekommen ist bereits das Bundesdenkmalamt, dessen Präsident Dr. Sailer bekanntlich in den Ruhestand tritt. Ich leite kurz zu einem Kapitel über, das normalerweise politisch eher sträflich behandelt wird, nämlich zum Kapitel des Bundesdenkmalamtes. Durch die Pensionierung des Herrn Dr. Sailer – ich glaube, mit Ende des Jahres oder mit 30. 11. 1997 tritt er in den, wie ich hoffe, wohlverdienten Ruhestand; nachdem er ein Abschiedsgeschenk in Form eines positives Denkmalbescheides für das Museumsquartier gegeben hat, tritt er in den Ruhestand – wird die Stelle neu ausgeschrieben.


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Ich habe diese Stellenausschreibung vor mir, und ich halte Ihnen, Frau Bundesministerin, vor, daß diese Stellenausschreibung gesetzwidrig und nicht nachvollziehbar ist. Bewerbungsvoraussetzung ist nämlich neben dem Bestehen eines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses oder dem Vorliegen der Voraussetzungen für die Übernahme in ein solches und anderen Bedingungen auch der Abschluß des Studiums der Rechtswissenschaften.

Nun steht aber in einem weiteren Absatz, daß dann, wenn keine geeigneten Bewerber vorhanden sind, von diesem Erfordernis Abstand genommen werden kann. Dann kann ein Bewerber, der ein abgeschlossenes Studium der Kunstgeschichte, der Architektur beziehungsweise Restaurierung und Konservierung hat, miteinbezogen werden.

Das heißt, zuerst schließen Sie ihn aus: Voraussetzung der Bewerbung ist ein Studium der Rechtswissenschaften!, und hinterher schließen Sie ihn plötzlich wieder ein. Also einer, der sich gar nicht bewerben darf, könnte theoretisch zum Zug kommen, aber er kann rechtlich nicht zum Zug kommen, weil er sich nicht bewerben darf. Das ist ein Widerspruch in sich. Wir sind der Sache auf den Grund gegangen. Natürlich gibt es einen Hintergrund, und dieser Hintergrund besteht offensichtlich darin, daß diese Position schon großkoalitionär ausgepackelt und diese Stellenausschreibung eine reine Scheinausschreibung ist. Frau Bundesministerin! Ich fordere Sie auf, Stellung zu beziehen, denn diese Ausschreibungsbedingungen sind gesetzwidrig und unschlüssig. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

18.43

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter DDr. Niederwieser. – Bitte, Herr Abgeordneter.

18.43

Abgeordneter DDr. Erwin Niederwieser (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Kollege Schöggl hat gemeint – es lohnt sich, darauf näher einzugehen –: Wenn wir Jugendlichen, die derzeit eine Ausbildung suchen, auch eine schulische Ausbildungsmöglichkeit bieten, dann werden sie irgendwo "zwischengeparkt". "Zwischengeparkt" hat er gemeint. Da frage ich mich schon: Welches Bild haben Sie eigentlich von unseren berufsbildenden mittleren und höheren Schulen (Abg. Dr. Krammer: Gar keines!) , an denen tatsächlich ausgezeichnete Ausbildungsarbeit, ausgezeichnete Bildungsarbeit geleistet wird?

Sie wissen vielleicht gar nicht, daß wir sogar eine Schule haben, nämlich die HTL in der Spengergasse, die es nicht nur geschafft hat, eine ausgezeichnete Ausbildung anzubieten, sondern in einem neuen Vertrag mit einer englischen Universität sogar erreicht hat, daß die Absolventen einer österreichischen HTL dort in den zweiten Studienabschnitt eines vollwertigen akademischen Studiums einsteigen können. – Ein internationaler Austausch auf der einen Seite, eine ausgesprochen hohe Anerkennung für unser Schulsystem insgesamt. – Da können Sie doch nicht sagen, daß wir da jemanden "zwischenparken", wenn wir solche Ausbildungsplätze ebenfalls anbieten wollen!

Zur Jugendarbeitslosigkeit noch ein Satz: Es ist ohne Zweifel auch für uns nicht zufriedenstellend, daß Jugendliche noch immer eine Lehrstelle oder einen anderen Ausbildungsplatz suchen. Aber wir müssen schon die Kirche im Dorf lassen. Wenn man sich anschaut, mit welchem Erfolg oder Mißerfolg dieses "Gespenst" der Arbeitslosigkeit in Europa bekämpft wird, dann stellt man fest, Österreich liegt in bezug auf die Gesamtarbeitslosigkeit unbestritten nach Luxemburg an zweiter Stelle, also in zweitbester Position. Bezüglich Jugendarbeitslosigkeit hat Österreich überhaupt seit langem schon die niedrigsten Zahlen, nämlich ungefähr 4,5 Prozent. Das ist ein Wert, den kein anderer Staat in Europa auch nur annähernd erreicht. Diesbezüglich müssen wir die Bemühungen fortsetzen, aber das ist auch einmal anzuerkennen.

Von den Themen, die demnächst anstehen oder noch vervollständigt werden müssen, möchte ich zwei anführen. Das eine ist die Behindertenintegration, für die, so denke ich, das Parlament die Voraussetzungen geschaffen hat, damit sie in den Schulen umgesetzt werden kann. Sie, Frau Bundesministerin, haben in Ihrem Haus dafür auch ausgezeichnete Expertinnen und Experten. Ich denke aber, daß es durchaus manchmal notwendig ist, mehr Druck zu machen, auch


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von Ihrem Ressort aus klarzumachen, daß dieser gemeinsame Unterricht von behinderten und nichtbehinderten Kindern für uns ein großes Anliegen darstellt.

Die Berufsreifeprüfung wurde ebenfalls schon erwähnt. Das ist ein Angebot, das wir demnächst erweitern werden, indem an den Berufsschulen Vorbereitungsmöglichkeiten geboten werden. Es war auch nicht ganz leicht, diese vom Kollegen der ÖVP gelobten Freigegenstände vorzusehen. Es hat letztlich auch von Ihrer Seite eine Klärung gegeben.

Es wurde heute in diesem Saal mehrfach die Gewerkschaft angesprochen, und damit komme ich schon zum Schluß. Es wurde die Gewerkschaft als Bremser hingestellt, Kollege Öllinger hat das gemeint, Kollegin Schaffenrath hat auch in etwa das erwähnt, und ebenso Sprecher der Freiheitlichen. Ich gebe zu, auch mir ist es manchmal schwergefallen, mit den Kolleginnen und Kollegen der Gewerkschaft oder der Lehrergewerkschaften zu einem Ergebnis zu kommen. Es war manchmal wirklich sehr mühsam, wenn es um Schulreformen gegangen ist – Direktor respektive SchulleiterIn auf Zeit fällt mir da ein; das war gar nicht leicht –, aber letztlich muß uns eines klar sein: Die Gewerkschaften sind nicht dazu da, es uns in der Politik immer leichtzumachen, sie sind dazu da, um die Interessen ihrer Mitglieder zu vertreten. Das tun sie mit aller Vehemenz, und das ist auch richtig so. Wir sollten uns nicht den Zustand wünschen, in einem Staat zu leben, in dem die Gewerkschaften nichts mehr oder wenig zu sagen haben, denn dann geht es uns allen schlechter. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

18.48

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Nächste Wortmeldung: Frau Abgeordnete Mag. Moser. – Bitte, Frau Abgeordnete.

18.48

Abgeordnete Mag. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Heute haben wir zum Teil wieder das Hohelied auf die Schulautonomie, das Hohelied auf die Teilrechtsfähigkeit der Schule gehört. Ich möchte dieses Hohelied mit ein paar Grundtönen aus der Praxis begleiten.

These eins: Schulautonomie bedeutet nicht Entbürokratisierung. Persönliches Beispiel eins: Wegen der Landtagswahl ließ ich mich freistellen. Es wurde statt mir nicht ein junger Kollege – Deutsch und Geschichte sind meine Fächer – mit der Vertretung beauftragt, sondern in einer ersten Klasse AHS unterrichteten fünf Lehrer in einer Woche, weil es fünf Deutschstunden gab. Ich kam nach der Landtagswahl wieder in die Schule zurück und unterrichtete fünf Wochen. Ich war praktisch der sechste Deutschlehrer. (Abg. Dr. Krammer: Das ist schlecht!)

Jetzt geht es weiter: Nach meiner Wiederaufnahme der parlamentarischen Arbeit kommt jetzt der siebente Deutschlehrer oder die siebente Deutschlehrerin in die Klasse. Das ist Bürokratismus. Auf diese Art und Weise wird man dem pädagogischen Auftrag der Schule beileibe nicht gerecht. – Das war These eins, Beispiel eins.

These zwei: das Hohelied der Schulautonomie. Man verwaltet selbst, man beschafft selbst, man kann selbst einiges regeln. Finanziell verantwortlich ist die Direktion.

Ich bringe das Beispiel Nummer zwei aus einer anderen Schule: Es gilt, eine Schulbibliothek einzurichten. Möbel wurden geliefert. Computer muß man schon früher bestellen, wurden aber nicht bestellt. Es gibt einen leistungsfähigen Computer, der aber nicht in die Bibliothek gestellt wird, sondern er bleibt als Statussymbol in der Direktionskanzlei, obwohl der Leiter der Schule an sich nicht mit ihm umgehen kann. (Abg. Dr. Krammer: Das ist ein Mann?!) Die Bibliothek bleibt geschlossen. – Das war das Beispiel Nummer zwei, wozu Schulautonomie in der Praxis auch führen kann. Ich weiß, es liegt oft an der mangelhaften Leitung.

Beispiel Nummer drei: Teilrechtsfähigkeit, das aktuelle Beispiel, auf das heute schon hingewiesen worden ist. Das bedeutet, daß sich die Schule finanzielle Mittel auf Basis von Werbeeinnahmen organisieren kann. So weit, so gut.


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Konkret: Die Schulmilchaktion ist an unserer Schule ausgelaufen. Es gibt einen Automaten, dessen erste Etage mit Milch besetzt ist, die zweite mit irgendwelchen Milchprodukten et cetera. Es gibt gleichzeitig an unserer Schule sage und schreibe – ich zählte sie nach – vier "Cola"-Automaten, die auch noch andere Getränke von, sagen wir einmal, etwas zweifelhaften gesundheitlichen Wert anbieten. All diese Automaten brauchen Strom. Schulautonomie auf der einen Seite, Teilrechtsfähigkeit auf der anderen Seite. Nun kann man Mietgebühren für die Automaten einnehmen. Das sind 5 600 S pro Automat. Auf der anderen Seite hängen diese Automaten am Stromnetz der Schule. Stromkosten – wir haben den Gewerbetarif von 3 S –: 7 700 S.

Das Perfide daran ist nicht, daß sozusagen die Negativrechnung die Schule trägt, sondern die Stromkosten zahlt der Landesschulrat, im Endeffekt das Unterrichtsressort. Die Gewinne von 5 000 S bleiben zwar der Schule, aber insgesamt hat die öffentliche Hand zugunsten des "Cola"-Konzerns beziehungsweise dieses internationalen Multis eine wunderbare Sponsoraktion von über 2 000 S geleistet. – Das ist ein Beispiel für die sogenannte Teilrechtsfähigkeit. So schaut es dann konkret aus, wenn man das ganze durchrechnet. Das ist alles haarklein mit Rechnungen zu belegen.

Teilrechtsfähigkeit heißt natürlich auch andere Werbeeinnahmen durch die Schule. Heute wurde bereits als Beispiel die "Fanta"-Werbung in der Turnsaalumgebung gebracht. Diesbezüglich kann ich auch mindestens drei Schulen anführen. Und welchen erzieherischen Effekt diese "Fanta"-Werbung hat, können Sie sich ja an zwei Fingern ausrechnen. Der Milchkonsum ist massiv zurückgegangen, der "Fanta"- und "Cola"-Konsum ist massiv gestiegen. Wenn die Schüler mit dem Turnen fertig sind, stürmen sie die Automaten. Das ist sicherlich nicht im Sinn und Zweck einer Schule gelegen, die – das gilt nach wie vor seit den sechziger Jahren – als oberstes Bildungsziel ganz in der Klassik des deutschen Humanismus "das Wahre, Gute und Schöne" hat. Nur hat dieser Humanismus schon längst internationalen Konzernen wie "Unilever", "Fanta", "Cola" et cetera Platz gemacht.

Diese Schizophrenie wird uns Lehrern jetzt ständig während des Unterrichts vor Augen geführt. Versetzen Sie sich einmal in die Lage eines solchen Turnlehrers, der ständig die "Fanta"- oder "Cola"-Werbung vor sich hat! Sie brauchen sich nur vorzustellen, hier unter dem Bundesadler würde permanent das "Brau AG"-Zeichen hängen. Würden Sie sich wohl fühlen in solch einer Umgebung? Würden Sie das für diesem Haus angemessen erachten? – Ich glaube nicht. (Beifall bei den Grünen.)

18.53

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Nächste Wortmeldung: Frau Abgeordnete Rauch-Kallat. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

18.53

Abgeordnete Maria Rauch-Kallat (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Eigentlich wollte ich mich in meiner heutigen Wortmeldung auf die Integration behinderter Kinder im allgemeinen Schulwesen beschränken, aber nachdem ich vorhin den "Kurier" gelesen habe, möchte ich doch auch eine kurze Bemerkung zur Lehrstellenproblematik machen.

Die Bundesregierung hat sich angesichts einer großen Zahl von Arbeitslosen und einer großen Zahl beschäftigungssuchender Lehrlinge ein sehr ehrgeiziges Ziel gesetzt, das wir voll und ganz unterstreichen können, nämlich daß kein Jugendlicher auf der Straße stehen soll. Dieses Ziel wollte man durch die Schaffung von zusätzlichen Lehrstellen über die Wirtschaft und durch die Schaffung von zusätzlichen Schulplätzen an den berufsbildenden höheren Schulen und an den allgemeinbildenden höheren Schulen verwirklichen.

Der Herr Bundeskanzler hat sich ein noch ehrgeizigeres und besonders mutiges Ziel gesetzt, nämlich sich persönlich verantwortlich zu fühlen für jeden einzelnen Lehrling. Er hat auch im Sommer angeboten, daß jeder sich direkt an ihn persönlich wenden könne, wenn er auf der Straße stehe.

Ich entnehme dem heutigen "Kurier" eine Bemerkung meines Kollegen, des Generalsekretärs beziehungsweise des Geschäftsführers der Sozialdemokratischen Partei, die mich sehr ver


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wundert hat, nämlich daß Frau Bundesministerin Gehrer ihre Aufgabe nicht erfüllt hätte. Ich darf dazu ganz sachlich aus dem Ministerratsvortrag zitieren: Es wurde in Rust beschlossen, daß 5 600 Schulplätze zusätzlich zu schaffen seien, und es konnte erreicht werden, daß alleine an berufsbildenden höheren Schulen 5 632 Schüler in 291 Klassen mehr unterrichtet werden seit Schulbeginn, und es konnte darüber hinaus erreicht werden, daß an allgemeinbildenden höheren Schulen 2 000 Schüler mehr unterrichtet werden. – Das heißt, daß die Frau Unterrichtsministerin ihre Aufgabe, die sie in Rust übernommen hat, nicht nur erfüllt, sondern überfüllt hat, denn statt 5 600 sind es nunmehr 7 632 Schulplätze. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir werden sicher nicht zulassen, daß der Herr Bundeskanzler, weil er das mutige und ehrgeizige Ziel, das er sich gesetzt hat, nicht in dem Maße erreicht hat, jetzt versucht, sich an unserer Unterrichtsministerin abzuputzen. Dem werden wir sicher nicht die Zustimmung erteilen können. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Parnigoni: Ich habe gedacht, das ist eine gemeinsame Aktion der Regierung!)

Lassen Sie mich aber jetzt in der wenig verbliebenen Zeit – wir haben uns ja auf eine sehr kurze Redezeit geeinigt – doch noch ein paar Sätze zur Integration behinderter Kinder im allgemeinen Schulwesen sagen. Sie wissen, daß mir die Integration behinderter Kinder immer ein besonders großes Anliegen war, weil es auch für mich gar nicht so einfach war, einen Schulplatz für meine eigene Tochter zu bekommen. (Zwischenruf der Abg. Dr. Mertel. ) Frau Abgeordnete Mertel! Ich möchte mich in meiner kurzen Redezeit den behinderten Kindern widmen. (Abg. Dr. Mertel: Frau Generalsekretärin! War das nicht eine gemeinsame Aktion?) Wenn es eine gemeinsame Aktion war, dann erwarte ich auch von Herrn Bundesgeschäftsführer Rudas, daß er sich dementsprechend verhält. (Beifall bei der ÖVP.)

Und jetzt lassen Sie mich bitte freundlicherweise in der mir von den 5 Minuten noch verbleibenden kurzen Zeit über die behinderten Kinder reden, weil mir das ein ganz besonderes Anliegen ist. (Zwischenruf des Abg. Gaál. ) Es ist sehr traurig, daß Sie die behinderten Kinder nicht interessieren, Herr Abgeordneter. (Abg. Gaál, auf Abg. Grabner deutend: Sie reden, und da ist Praxis!)

Ich darf dazu etwas sagen: Ich habe eine blinde Tochter, die 27 Jahre alt ist. (Abg. Gaál: Ich werde Ihnen einmal sagen, was die Wahrheit ist! Gerade was Sie berührt!) Darf ich Ihnen etwas von der Praxis der Erziehung eines behinderten Kindes erzählen? Ich habe eine 27jährige blinde Tochter. (Abg. Gaál: Das wissen wir!) Ich habe alle Höhen und Tiefen eines Elternteiles mit einem behinderten Kind erlebt, die Auseinandersetzung in der Schule, die Frage der Integration. Ich glaube, ich kann durchaus mit Glaubwürdigkeit von Praxis in dieser Sache reden. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Gaál: Richtig!)

Leider ist es mir jetzt fast nicht mehr möglich, sehr viel dazu zu sagen. (Zwischenruf der Abg. Dr. Partik-Pablé. ) Es ist, glaube ich, ein sehr wichtiger Ansatz mit der 17. Schulorganisationsgesetz-Novelle gelungen, nämlich die gesetzliche Verankerung zur Weiterführung der Integration in der Oberstufe der Volksschule, in der Hauptschule und in der Unterstufe der AHS. Ich bin auch sehr froh, daß die Fortsetzung an den polytechnischen Schulen möglich geworden ist. Ein sehr wichtiger Aspekt für Eltern behinderter Kinder in allgemeinen Sonderschulen ist auch die Möglichkeit, diese zwölf Jahre lang zu besuchen, um die Zeit bis zur Berufsausbildung, bis die Reife auch beim Sonderschulkind erreicht wird, zu überbrücken und dem Kind auch einen schulischen Abschluß zu vermitteln.

Ich glaube auch, daß es gelungen ist, bei den Schulversuchen, die durchgeführt wurden, durchaus positive Ergebnisse zu erzielen. In den Integrationsklassen konnten nicht nur bei den behinderten Kindern, sondern vor allem auch bei den nichtbehinderten Kindern Erfolge erreicht werden, und zwar dahin gehend, daß deren soziale Kompetenz durch den natürlichen, permanenten Umgang und Kontakt mit behinderten Kindern wesentlich gestiegen ist. Ich glaube doch, daß man, auch wenn es in Einzelfällen manchmal Schwierigkeiten gibt, bei denen man versuchen muß, individuelle Lösungen zu finden, die Integration als ein gelungenes Modell bezeichnen kann. (Beifall bei der ÖVP.)

18.59


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Stenographisches Protokoll
98. Sitzung / Seite 151

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder:
Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Fuchs. – Bitte, Frau Abgeordnete.

19.00

Abgeordnete Brunhilde Fuchs (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Ich möchte auf eine sehr aktuelle Problemstellung eingehen, nämlich auf die flexible Gestaltung des Schuleingangsbereiches, die seit einigen Jahren erfolgreich im Rahmen von Schulversuchen durchgeführt wird, jedoch aufgrund der derzeitigen gesetzlichen Vorgaben in diesem Schuljahr letztmalig begonnen werden konnte. Leider ist ein Übernahme in das Regelschulwesen im Augenblick noch nicht vorgesehen.

Jedes einzelne Kind tritt zu Beginn der Schulpflicht mit unterschiedlichen Vorerfahrungen, Wünschen und Bedürfnissen in diese neue Lebensphase ein. Die meisten Kinder sind sehr motiviert und leistungsbereit. Aber jedes Kind bringt andere Anlagen, einen anderen Wissens- und Entwicklungsstand, kurz: andere Lernvoraussetzungen, mit. Ziel muß daher sein, den Schuleinstieg so zu gestalten, daß möglichst alle Kinder erfolgreich beginnen können und allen genügend Möglichkeiten geboten werden, ihre körperlichen, geistigen und seelischen Anlagen in Ruhe und ohne negativen Leistungsdruck zu entwickeln und zur Entfaltung zu bringen. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Startbedingungen beim Schuleinstieg prägen die weitere Schullaufbahn in bedeutendem Ausmaß. Mit der Übernahme eines flexiblen Modells des Schuleingangs in das Regelschulwesen bestünde die einmalige Möglichkeit, Chancengleichheit auch für jene Kinder anzubieten, die aufgrund unterschiedlicher Zugangsmöglichkeiten zum Bildungssystem bisher nicht alle Angebote nutzen konnten.

Werte Damen und Herren! Ich kann nicht nachvollziehen, daß Kinder mit pädagogischem Sonderbedarf, Kinder mit Behinderungen verschiedenster Art oder Kinder mit nichtdeutscher Muttersprache, daß all diese Kinder erfolgreich unterrichtet werden können. Und ich betone: erfolgreich!; das hat ja meine Vorrednerin, Frau Kollegin Rauch-Kallat, auch gesagt, und ich kann das wirklich nur bestätigen. Es ist so, daß diese Schulversuche wirklich erfolgreich gewesen sind, es ist also möglich, daß Kinder mit Entwicklungsverzögerungen gemeinsam mit anderen Kindern Unterricht erhalten. Es ist nur schade, daß sie diese spezielle Möglichkeit der Integration noch nicht nützen können.

Die Tatsache, daß für eine große Anzahl von Schulanfängerinnen und Schulanfängern der erste Kontakt mit der Schule mit Enttäuschungen, Frustrationen oder einem Fehlstart verbunden sein kann, beweist, wie wichtig die flexible Form der Schuleingangsphase auch im Hinblick auf eine positive Einstellung für ein später wünschenswertes lebensbegleitendes Lernen ist. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir wissen, daß jährlich 1 700 Kinder mangels sogenannter Schulreife abgewiesen werden. Wir wissen, daß 17 Prozent der Schülerinnen und Schüler in die bestehenden Volksvorschulklassen zurückgestellt werden. Und wir wissen, daß im Vergleich dazu im Schulversuch der integrativen Form der Schuleingangsphase nur 4,5 Prozent der Schüler drei Jahre lang verbleiben. Wir wissen aber auch, daß bei 60 Prozent der Volksschulen – das gilt vor allem im ländlichen Bereich – gar keine Möglichkeit besteht, Vorschulklassen zu bilden, sodaß dann zumeist eine Rückstellung in den häuslichen Bereich erfolgt und damit die Chance auf eine spezielle Förderung in Frage gestellt ist.

Aufgrund der eben genannten Fakten folgt für mich, daß die Schule reif für die Kinder werden muß und nicht umgekehrt. Die Schule ist nicht mehr ausschließlich für die Wissensvermittlung und auch nicht nur für die Lern- und Leistungsentwicklung zuständig, sondern vielmehr auch für die Persönlichkeitsentfaltung und Entwicklung aller Fähigkeiten und Begabungen. Speziell die Grundschule soll als Lebens- und Lernort gestaltet werden und Erfolgszuversicht und Selbstvertrauen vermitteln.


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Um dies alles gewährleisten zu können, ist eine rechtlich verbindliche Regelung unentbehrlich. Ich fordere daher für meine Fraktion die Übernahme der flexiblen Schuleingangsbereichsform in das Regelschulwesen. Es steht nämlich in unserer politischen Verantwortung, allen Kindern das Recht auf optimale Bildungschancen zu geben. (Beifall bei der SPÖ.)

19.05

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zum Wort gelangt Herr Abgeordneter Stampler. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

19.05

Abgeordneter Franz Stampler (ÖVP): Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn man immer wieder davon spricht, daß das Budget ein in Zahlen gegossenes Regierungsprogramm ist, so folgt daraus, daß man mit Recht auf diese Regierung stolz sein kann. Mit Weitblick hat diese Regierung erkannt, daß die Zukunft unseres Landes in der Jugend liegt. So konnte Frau Bundesministerin Gehrer erreichen, daß in Zeiten des allgemeinen Sparens das Budgetkapitel 12 als eines von wenigen höher dotiert wurde. Bildungspolitik ist somit für uns von der ÖVP Zukunftspolitik! (Beifall bei der ÖVP.)

Für den Bildungsbereich bedeutet das: Bewährtes bewahren, die Herausforderung annehmen, offen sein für Neues. Bewährtes bewahren heißt: Wir haben an unserer Schule eine hohe Qualität, wie uns internationale Vergleichsstudien immer wieder bescheinigen. Dieses Niveau müssen wir sichern und ausbauen. Mit Offensein für Neues meine ich Autonomie und Dezentralisierung, Selbständigkeit und Eigenverantwortung von Lehrern und Schülern und Modernisierung der Lehrpläne. Diesen Trends müssen wir uns stellen.

Im Voranschlag für das Jahr 1988 sind für das Kapitel Unterricht 69,4 Milliarden Schilling an Ausgaben vorgesehen. Knapp 26 Milliarden Schilling entfallen dabei auf Personalausgaben und 43,5 Milliarden Schilling auf Sachausgaben. Das bedeutet eine Erhöhung gegenüber dem Vorjahr um 636 Millionen Schilling beim Personalaufwand und um 1,6 Milliarden Schilling beim Sachaufwand. Bis 1999 werden für das Unterrichtsressort 4,5 Milliarden Schilling und für den Wissenschaftsbereich 2,5 Milliarden Schilling mehr ausgegeben.

Trotz Reduzierung der Zahl der Dienstposten im öffentlichen Dienst von 250 000 auf 220 000 werden in Zukunft, da auch die Schülerzahlen steigen, 500 neue Lehrer eingestellt werden. Zusammen mit dem Vorruhestandsmodell wird damit die Lehrerarbeitslosigkeit wirksam bekämpft.

Die ÖVP mit Frau Bundesministerin Gehrer hat die Bildungspolitik zum vorrangigen Ziel für die Zukunft erklärt. Es ist notwendig, der Jugend durch neue und verbesserte Ausbildungsangebote neue Perspektiven zu geben! (Beifall bei der ÖVP.)

Für die ÖVP, für die Frau Bundesministerin und für mich ist klar: Das Bundesministerium für Unterricht muß eines der wichtigsten Ministerien unseres Landes sein. Österreichs Schulen sollen im internationalen Vergleich sowohl im Angebot als auch in der Ausrüstung die besten sein. Wir brauchen die besten Lehrer und die motiviertesten Pädagogen. Deshalb sollten wir uns davor hüten, uns der allgemeinen Lehrerhatz anzuschließen.

Wir brauchen Leistungsstandards. Wir müssen die Schüler fordern, und wir müssen sie auch fördern. Jeder 14jährige sollte mit EDV umgehen können und vielleicht als Abrundung seiner musischen Begabung auch ein Instrument spielen können.

Die Autonomie wird mancherorts vielleicht noch nicht richtig umgesetzt. Begleitende Maßnahmen sind daher, wie ich glaube, sinnvoll und notwendig. Bezirksschulinspektoren und Direktoren werden dahin gehend bereits geschult.

Ziel der AHS soll eine breite Ausbildung in bezug auf die universitäre Weiterbildung sein. Wenn man mit Schülervertretern spricht, so melden sie folgende Wünsche an: Speziallehrgänge als Vorbereitung auf das Studium, noch mehr Projekte an den AHS als bisher und eventuell auch die Miteinbindung der Schüler in den Bereich der Teilrechtsfähigkeit. Im Bereich der allgemeinbildenden höheren Schulen mit Landeslehrern kam eine Steigerung der Budgetansätze von


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1993 bis 1998 von 40,51 Prozent auf 45,42 Prozent zustande, was sehr zu begrüßen ist. (Präsident Dr. Neisser übernimmt den Vorsitz.)

Wenn heute viel von Integration gesprochen wurde, so muß ich sagen, es freut mich, daß auch in den Kapiteln "Schulaufsicht" und "Schulpsychologischer Bildungsbereich" die Ansätze erhöht werden konnten. Ich meine, gerade diese beiden Institutionen haben wichtige Beratertätigkeiten zu leisten.

Meine Damen und Herren! Ich möchte zum Abschluß noch einmal betonen, wie wichtig Investitionen in die Bildung unserer Kinder sind. Mit den besten Schülern, den besten Schulen, den besten Lehrern und – das möchte ich einfügen – mit der besten Ministerin werden wir im europäischen Wettbewerb und Kampf leichter bestehen können. (Beifall bei der ÖVP.)

In diesem Sinne: Wer in die Zukunft investiert, investiert in die Sicherheit und somit auch in die Stabilität unseres Landes. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Hans Helmut Moser. )

19.11

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zum Wort gelangt jetzt Herr Abgeordneter Riepl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

19.11

Abgeordneter Franz Riepl (SPÖ): Sehr verehrter Herr Präsident! Sehr verehrte Frau Bundesminister! Hohes Haus! Es ist schon mehrmals in dieser Debatte über die Berufsreifeprüfung für Lehrlinge gesprochen worden. Sie wurde dank eines Beschlusses hier im Hohen Haus Realität. Es ist unter anderem auch von Herrn Kollegen Amon gesagt worden, sie sei ein Meilenstein in der Bildungspolitik gewesen. Ich stimme ihm da zu.

Ich denke, daß jetzt die Umsetzungsphase begonnen hat und daß es dabei auch ein Ziel sein muß, jenen interessierten Lehrlingen, die sich für diesen Weg entscheiden, gebührenfreie Kurse während der Berufsschulzeit anzubieten. Wenn ich etwa an die Zentralberufsschulgebäude in Wien denke, so muß ich sagen, es wäre organisatorisch wahrscheinlich gar nicht so schwierig, dort schulübergreifende Angebote in Deutsch, in Mathematik oder in Englisch zu organisieren. Es bestehen Zeitressourcen am Abend oder auch am Samstag. Ich glaube, so könnte man relativ rasch mit der Umsetzungsphase beginnen und sie abschließen.

Für mich wäre es aber auch denkbar, bei Bedarf – und ich betone: bei Bedarf! – eine Mitverwendung von Landes- und Bundeslehrern bei diesen Kursen zu ermöglichen. Man könnte das über eine Clearing-Stelle im Bereich der Schulverwaltung sicherlich leicht organisieren. Es ist natürlich erforderlich, die notwendigen finanziellen Mittel für diese Angebote sicherzustellen.

Sehr verehrte Damen und Herren! Herr Abgeordneter Amon hat in seinem Redebeitrag kurz von der Berufsreifeprüfung gesprochen. Er hat gemeint: Wir haben das Bildungssystem nach oben hin aufgemacht. Ich stimme Ihnen da völlig zu, Herr Kollege. In Ihrem nächsten Satz haben Sie allerdings die Teillehre erwähnt. Und mir ist dazu eingefallen: Jetzt wird er gleich sagen, wir müssen auch nach unten aufmachen. Sie haben das zwar nicht gesagt, aber mir ist das dazu eingefallen. (Zwischenrufe der Abgeordneten Amon und Dr. Brinek. )

Eigentlich ist die Teillehre, wenn wir den Vorschlägen der Österreichischen Volkspartei folgen, eine bessere Hilfsarbeitertätigkeit. Sie haben uns mit Ihren bisherigen Konzepten nicht davon überzeugen können, daß das etwas Sinnvolles für die Jugendlichen ist. (Zwischenruf des Abg. Kopf. )

Und wenn Sie sagen, es gebe noch 3 000 Jugendliche, die eine Lehrstelle suchen und die wir in den Arbeitsprozeß einbinden wollen, so fordere ich den Jugendsprecher beziehungsweise den Jugendchef der ÖVP auf, doch gemeinsam mit allen konstruktiven Kräften in diesem Haus dafür zu sorgen, daß wir für diese 3 000 Jugendlichen reguläre Lehrplätze bekommen und nicht etwas Neues erfinden müssen. (Beifall bei der SPÖ.)


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Ich glaube auch, daß diese 3 000 Jugendlichen, die jetzt noch eine Lehrstelle suchen, auch die Fähigkeiten mitbringen, um eine Lehre zu absolvieren. Daher müssen wir alles daransetzen, Lehrplätze zu finden. Wir müssen eigentlich nur die Ärmel aufkrempeln!

Wenn Frau Kollegin Rauch-Kallat gemeint hat, der Herr Bundeskanzler sei mutig mit seiner Aussage, er bemühe sich, für jeden einen Platz zu finden, ob Schule oder Lehrstelle, so muß ich sagen: Ich glaube nicht, daß das unbedingt ein Zeichen von Mut ist. (Abg. Rauch-Kallat: Persönlich verantwortlich!) Okay. Sie haben gesagt: eine mutige Initiative. (Abg. Rauch-Kallat: Mutig ist die persönliche Verantwortung!) Ich glaube, das ist nicht unbedingt Mut, sondern etwas, was für uns alle eigentlich selbstverständlich sein sollte: Wenn wir erkennen, daß in dieser Republik 15jährige keine Perspektive haben, dann müssen wir gemeinsam dafür sorgen, daß sie eine Perspektive und eine Chance für die Zukunft bekommen! (Beifall bei der SPÖ.)

19.15

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Brinek. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

19.15

Abgeordnete Dr. Gertrude Brinek (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Eine kurze Anmerkung zu meinem Vorredner: Betrachten Sie doch das Teillehremodell als modularen Weg, zu einem Lehrabschluß zu kommen. Befreien Sie sich ein bißchen von der ideologischen Enge und von der Vorstellung, daß wir nur ein Downgrading machen wollen. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich kann den weiteren Entwicklungen und Gesprächen mit großer Hoffnung entgegensehen und möchte mich in die abschließende grundsätzliche Betrachtung zum Schul- und Lehrerwesen einmischen und einen Befund versuchen, warum es denn zuletzt manchmal Bewegung oder Irritation im Schul- beziehungsweise Lehrerwesen gegeben hat.

Ich meine, daß es noch nie so anstrengend und gleichzeitig aufregend und herausfordernd war, Lehrer zu sein – und zwar weil gleichzeitig so viel erwartet wird. Der Lehrer – es ist immer auch mit gemeint die Lehrerin – soll nämlich gleichzeitig Traditionsvermittler, Lebenshandwerker, Freizeit- und Gruppenpädagoge, Ganzheitstherapeut und was weiß ich noch alles sein. Ein Kollege hat das einmal so überschrieben: "Vom Pauker über den Kurpfuscher zum Animateur". Daneben soll der Lehrer/die Lehrerin auch noch Verwaltungs- und Vollzugsorgan einer bestimmten staatspolitischen Erwartungshaltung und gleichzeitig selbständiger Bildungsmanager sein.

Das verlangt sehr viel, und für manchen Lehrer war dies in den letzten 10, 15 Jahren eine große Umstellung. Und nicht immer war ihm die Tatsache bewußt, daß es nur mit Motivation geht. Ich glaube aber, daß der Großteil der Lehrerinnen und Lehrer – das ist von meinen Vorrednern schon angesprochen worden – sich auf dieses Umlernen, auf diese dynamische Herausforderung gut eingestellt hat und damit auch manchmal eine allgemein vorherrschende gesellschaftliche Geringschätzung überwindet.

Worin liegt nun diese Geringschätzung, die vielfach Lehrerinnen – und jetzt tatsächlich mit kleinem "i" geschrieben – entgegengebracht wird? – Sie liegt darin, daß sie ja "nur" mit Kleinen, mit Halbwüchsigen zu tun haben, und das oft auch nur einen halben Tag lang. Diese Geringschätzung in der Gesellschaft, in der hauptsächlich technische und kaufmännische Berufe, hard science, zählen, drückt natürlich auf die Psyche und führt dazu, daß der Alltag als besonders erschwernisreich erlebt wird.

Der Alltag erschwernisreich – warum? Und verantwortungsreich – warum? – Weil man gleichzeitig feststellen kann, daß sich in der letzten Zeit die Familie – und da besonders der Vater – aus dem Erziehungsgeschehen ziemlich zurückgezogen hat und so auf die Lehrerin auch noch die spannende Aufgabe zukommt, an der Herausbildung von Männerimages mitzuwirken. In der Schule an den Männerimages vaterloser Kinder zu arbeiten, ist nicht ganz ohne, denn gegenwärtig funktioniert diese Imageherausbildung über "Terminator", "Kommissar Rex" oder "Bat


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man". Das ist eine schwierige Aufgabe, und da gilt es einfach auch, den Lehrerinnen mit Sensibilität zu helfen.

Eine weitere wichtige Frage – das ist ein Problem der Definition – lautet: Was ist guter Unterricht? – Diese Frage konnten wir in den letzten Jahrzehnten viel besser und eindeutiger beantworten als heute, weil alte Selbstverständlichkeiten inzwischen verschwunden sind. Ich begrüße es daher sehr, daß sich die Frau Bundesministerin in einer Offensive dem Thema "Qualitätssicherung und Qualitätsentwicklung" gewidmet hat und weiter widmen wird. Ich sehe diesem Thema im Arbeitsjahr 1998 mit großer Aufmerksamkeit entgegen.

Ich meine, im Fokus dieser Überlegungen steht die Aufgabe des Schulinspektors und der Schulaufsicht. Das jetzige Bundesschulaufsichtsgesetz regelt die Aufgaben des Schulinspektors sehr dynamisch, sehr modern. Man glaubt es kaum, wenn man diese Dinge nachliest, was da jetzt schon betreffend Schulklima, Kooperation mit Eltern und Schülern, moderne Unterrichtsmethoden und so weiter berücksichtigt werden muß. Im Fokus steht also der Schulinspektor und die Möglichkeit, mit einer permanenten Leistungsprofilerstellung und Rückmeldung gut an der Weiterentwicklung der Schule zu arbeiten.

Ich halte, wenn ich das als Beispiel noch nennen darf, den Weg, den die Wiener Schulverwaltung mit den sogenannten Feedback-Bögen gegangen ist, für schlecht. Es wurden 250 000 Feedback-Bögen ausgesendet. Kein Mensch fragt, wer die Auswertung macht und welche Konsequenzen das hat. Der Stadtschulratspräsident hat gesagt: Natürlich denkt man in diesem Zusammenhang auch an Lehrerentlassungen.

Ich frage mich: Welche Beurteilungskompetenz haben Eltern, die dem Unterricht ja nicht beiwohnen? Welche Beurteilungskompetenz haben Schüler, die ja pädagogisches Subjekt und Objekt in einem sind?

An einem Beispiel will ich Ihnen die Fragwürdigkeit dieser Methode aufzeigen. Ich halte es für einen problematischen pädagogischen Rückschritt, wenn es zum Beispiel in einer Frage heißt, man möge rückmelden, ob der Schüler alles, was er für die Prüfung braucht, gelernt hat. – Jetzt haben wir uns Jahre und Jahrzehnte lang angestrengt, um von dem wegzukommen, daß man für die Schule, für die Prüfung und für das Aufsagen in der Schule lernt, und dann wird offenbar wieder der pädagogische Trichter eingeführt und der Lehrer dafür verantwortlich gemacht, ob er gut "eingefüllt" hat. Ich denke, diesen Wiener Weg sollten wir nicht beschreiten. Wir sind gerne bereit, in der Qualitätsoffensive einen modernen, dynamischen Weg zu gehen.

Lassen Sie mich abschließend sagen: Der Verweis auf die amerikanische Rückmeldekultur zählt auch nicht. Dort gibt es Schulleistungstests in Serie. Dort gibt es überhaupt eine andere Evaluationskultur. Der Verweis auf die Universität gilt ebensowenig.

Ich denke, angesichts dieses Beispiels und vieler anderer, die heute schon zitiert worden sind, können wir mit dem neuen dynamischen Budget zuversichtlich in das Jahr 1998 gehen – mit der Ministerin an der Spitze und mit kooperationsbereiten Partnern hier im Parlament. (Beifall bei der ÖVP.)

19.21

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zum Wort gelangt nunmehr Herr Abgeordneter Dr. Rada. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

19.22

Abgeordneter Dr. Robert Rada (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Sehr geschätzte Damen und Herren! Ich hatte mir zwar vorgenommen, heute auf keinen der Vorredner einzugehen, weil das zeitlich auch kaum möglich ist, aber angesichts des Lamentos der Abgeordneten Mag. Moser, daß während ihrer Wahlkampfzeit die Kinder von fünf verschiedenen Lehrern unterrichtet wurden, kann ich diesen meinen Vorsatz nicht einhalten. Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Das ist keine Sache der Gesetzgebung, sondern die Sache eines ungeschickten Schulleiters oder Administrators. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)


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Weiters hat sie beklagt, daß die Autonomie mehr und mehr scheitert, nur weil es Cola-Automaten und derartige Getränke in den Schulen gibt. – Sie ist mir als eine Kollegin bekannt, die nicht auf den Mund gefallen ist, mich wundert es daher, daß sie das in ihrer Schule zuläßt.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Es wurde heute schon des öfteren angesprochen, daß im Schulbereich vieles bewegt wurde, und ich gebe gerne zu, daß im Grundschulbereich tatsächlich sehr viel bewegt wurde. Ich freue mich auch persönlich sehr darüber, daß wir vor einer Vollendung der Fremdsprachenoffensive stehen und daß wir endlich von den diesbezüglichen Schulversuchen wegkommen, die diese zukunftsorientierten Projekte mehr als eindeutig und umfassend bestätigt haben.

Ich möchte aber hier noch einen Schritt weitergehen. Wir hatten ähnliche Probleme bei der Integration, diese in weiterer Folge auch im Sekundarbereich umzusetzen. Das ist aber bereits geschehen und legistisch mehr oder weniger vollzogen. Ich hoffe, daß das gleiche auch mit der Fremdsprachenoffensive passiert und daß nicht dann, wenn unsere Volksschulkinder mit einer zweiten Fremdsprache die Volksschule verlassen, der große Knick kommt, sondern daß diese Offensive in der AHS-Unterstufe und der Hauptschule weitergeführt wird.

In diesem Zusammenhang sehe ich ein spezielles Problem: Wir haben doch einige AHS-Standorte, an denen Latein eine verpflichtende Fremdsprache ist. Jenen Schülern, die mit Englisch und Französisch aus der Grundschule kommen, muß aber auch die Wahlmöglichkeit eingeräumt werden, diese lebenden Fremdsprachen in diesen Schulstufen weiter zu erlernen. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Frau Bundesministerin hat heute betont, daß wir in einer vernetzten, globalen Welt leben und daß Fremdsprachen etwas ganz Wichtiges für die Zukunft unserer Schüler sind. Ich bin überzeugt, daß wir dieses Problem auch werden lösen können, wenn alle Beteiligten, die am Schulgeschehen Interesse haben, dieses Problem der verpflichtenden Fremdsprache Latein an der AHS zielgerichtet, couragiert und engagiert angehen. (Beifall bei der SPÖ.)

19.25

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Großruck. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

19.25

Abgeordneter Wolfgang Großruck (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Hohes Haus!

"Ich erinnere daran, daß wir zu Beginn des Vorjahres ein umfangreiches und tiefgreifendes Konsolidierungsprogramm für den Bundeshaushalt erarbeiten mußten, denn es waren in den Jahren vorher mehrere Entwicklungen zusammengetroffen, die die Budgetsituation dramatisch verschlechterten. Das waren vor allem rezessionsbedingte Einnahmenausfälle und Ausgabensteigerungen in den Jahren 1992/93, die Ausweitung des Personalaufwandes im öffentlichen Dienst, zusätzliche Familien- und Sozialleistungen, ..., sowie erhebliche Einnahmenausfälle durch die Steuerreform 1994.

Das Budgetdefizit verdoppelte sich in den Jahren zwischen 1992 und 1995 auf 118 Milliarden Schilling. Hätte es keine Veränderung der Defizitentwicklung gegeben, so wäre der budgetpolitische Handlungsspielraum völlig verlorengegangen. Die Schulden wären noch stärker angewachsen, und immer höhere Anteile der Steuereinnahmen müßten für Zinsenzahlungen aufgewendet werden.

Auch heute muß fast jeder siebente Budgetschilling allein für die Zinsen der Staatsschulden ausgegeben werden; Budgetmittel, die ohne jeden Zweifel sinnvoller für Investitionen, für Beschäftigung, für Förderungen, für die Ausbildung oder auch im Sozialbereich verwendet werden könnten."

Meine Damen und Herren! Das, was ich Ihnen jetzt vorgelesen habe, stammt nicht von mir, sondern – Sie werden es erkannt haben – ist ein Auszug aus der Budgetrede des Herrn Finanz


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ministers Edlinger, die er vor kurzem hier gehalten hat. Und wie recht hat er mit seiner Prognose, mit seiner Darstellung gehabt!

Es ist das historische Verdienst – und das muß am Ende einer Budgetdebatte auch gesagt werden – des Parteiobmannes Dr. Wolfgang Schüssel, der im Jahr 1995 die Notbremse gezogen hat, die Reißleine gezogen hat und in einer historischen Tat den Schritt zu Neuwahlen gewagt hat, um eine Trendumkehr in der Budgetentwicklung zu bewerkstelligen. (Beifall bei der ÖVP.) Es ist ihm gelungen, meine Damen und Herren, und kein Geringerer als der sozialdemokratische Finanzminister bestätigt das in seiner Budgetrede. Dr. Schüssel hätte wahrscheinlich vor 200 Jahren den Maria-Theresien-Orden bekommen oder wäre sonst in die Geschichte eingegangen. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ und den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Ihr (zu den Freiheitlichen) kommt später dran, laßt mich inzwischen weiterreden!

Heute ermöglicht uns diese Trendumkehr, daß wir auch auf dem bildungspolitischen Sektor Reformen – notwendige Reformen – durchführen können. Die Frau Bundesminister Elisabeth Gehrer hat heute eine stolze Erfolgsbilanz ihrer Reformen vorgestellt, und sie wurde auch von einigen Rednern hier aufgezeigt. Ich erinnere an die 500 neuen Lehrerstellen, an die Reform der polytechnischen Schule, an den leichteren Zugang zu Schulen im Ausland und vor allem an die Anerkennung des Auslandsschulbesuches, an die pädagogisch-finanzielle Teilautonomie, an die Fremdsprachenforcierung, an die Berufsreifeprüfung, an die geplante Teilrechtsfähigkeit, aber auch an die effiziente und einfache Begabtenförderung. (Abg. Parnigoni: Warum lesen Sie sozialdemokratische Bildungsprogramme vor?)

Herr Parnigoni! Mich freut es, wenn Sie unsere Bildungsstrategie übernommen haben (Abg. Parnigoni: Es ist umgekehrt!), wie Sie in vielen anderen Dingen auch letztendlich zu der Meinung gekommen sind, daß die Richtung, die die ÖVP vorgibt, doch die bessere ist. (Beifall bei der ÖVP.)

Es geht uns nicht nur um die Förderung der Schwachen – obgleich diese sehr lobenswert ist, Frau Bundesministerin –, sondern auch um die Förderung der Elite. Es gibt eine Reihe von Modellen, von Bildungseinrichtungen, die genau dem Rechnung tragen. Denn auch Eliten braucht das Land: gut ausgebildete, hervorragende, begabte Schüler, die gefördert werden und nicht in einen Einheitstopf kommen sollen. Und genau das will die Frau Bundesministerin mit ihren Reformen auch erreichen. Wir haben hervorragende Modelle in Oberösterreich, wo dies schon funktioniert.

Frau Bundesminister! Ich empfehle Ihnen – aber Sie werden das natürlich besser wissen als ich –, auch Landesschulratspräsident Riedl aus Oberösterreich da mit einzubinden, der in Modellbeispielen hervorragende Ergebnisse erzielt hat, was Sprachenförderung, Talenteförderung und so weiter anbelangt. Man könnte dies nach einer entsprechenden Prüfung auch österreichweit durchführen. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Wir können mit der Bildungspolitik, mit der Kulturpolitik unserer Unterrichtsministerin zufrieden sein, wir können stolz darauf sein, und ich bin überzeugt, daß dieser Budgetansatz, den wir jetzt beschließen werden, auch weiterhin Spielraum für eine positive Entwicklung bieten wird. (Beifall bei der ÖVP.)

19.30

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Als letzter Redner in dieser Debatte hat sich Herr Abgeordneter Kiss zu Wort gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

19.30

Abgeordneter Paul Kiss (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Eine "Fußnote" möchte ich am Beginn meiner Ausführungen doch noch der geschätzten Kollegin Christa Krammer widmen. Sie hat in einer wirklich amüsanten, gescheiten, unnachahmlichen Art und Weise den Schweitzer Karli karikiert, denn letztlich hat er ja eine Karikatur dessen geboten, was der Berufsstand der Lehrer so hervorbringt. Ich kann der Kollegin Christa Krammer nur eines attestieren: Sie sollte nicht nur hier im Parlament reden und an ihrer Schule Direktorin sein. – Liebe Christa Krammer! Geh wieder in die Klasse, wieder zu den Schülern,


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dort bist du glänzend aufgehoben! Laß dir das von mir als Kompliment sagen! (Beifall bei der ÖVP. – Rufe bei den Freiheitlichen: Mein Gott! Mein Gott!)

Geschätzte Damen und Herren! Hohes Haus! (Abg. Aumayr: Schleimi!) Nein, aber geh bitte! Man wird doch noch, werte Kollegin von der FPÖ, jemandem etwas sagen können, was eben Sache ist. Im speziellen Fall war es ein Höhepunkt des heutigen Tages während dieser Diskussion um Bildung und Kultur, und ich habe ihr das von Burgenländer zu Burgenländerin gesagt. Nehmen Sie mir das ruhig so ab, ich habe es so gemeint, wie ich es gesagt habe! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich habe in meiner gestrigen Rede zum Kapitel Innere Sicherheit gesagt, es gibt nur zwei Bereiche, in denen die Bundesregierung Ziele vorgegeben hat, die auch mit Budgeterhöhungen bedacht worden sind, nämlich den Bereich der inneren Sicherheit, das ist gut und richtig so, und den zweiten wesentlichen Bereich, in dem in unsere Zukunft investiert wird, das Unterrichtskapitel und den Wissenschaftsbereich.

Frau Bundesministerin! Für diese Steigerungen bist du verantwortlich, und das Lob gebührt an dieser Stelle natürlich auch dir.

Ich möchte abschließend auch jene Überlegungen – wie ich glaube, zu Recht – mit ins Gespräch einbringen, die die Verhandler der Gewerkschaft zum Lehrerstrukturpaket über dich zum Ausdruck gebracht haben. – Als ich das Ergebnis dieses Lehrerstrukturpaketes in der Hand gehabt habe, habe ich auch mit jenen gesprochen, die die Verhandler auf gewerkschaftlicher Seite gewesen sind und dir gegenübergesessen sind. Sie haben mir erzählt, wie du als Chefin für dieses Kapitel, als politisch Verantwortliche reagiert hast. Sie haben mir eine 3-K-Formel mitgegeben, und diese 3-K-Formel hat mir getaugt.

Sie haben gesagt, da sitzt eine Unterrichtsministerin, die kompetent ist. – Das erwartet man normalerweise von einem Minister, daß er in seinem Fachbereich versiert ist. Sie haben gesagt, sie ist auch konsequent . – Das ist eben ein ganz persönliches Attribut der Elisabeth Gehrer. Sie haben aber auch etwas gesagt, was dem Lehrerstand gerecht wird: Du warst in den Verhandlungen kollegial.

Die Formel lautet also: kompetent, konsequent, kollegial. Diese 3-K-Formel der Gewerkschafter trifft auf die Elisabeth Gehrer zu, und dazu möchte ich dir herzlich gratulieren. (Beifall bei der ÖVP.)

Es ist auch so, daß dieses Strukturpaket von den Lehrern angenommen wird – das kommt klar heraus, wenn man mit ihnen redet –, beispielsweise das Modell des Vorruhestandes, das freiwillig gewählt werden kann. Diese Regelung wird vor allem von weiblichen Lehrern – in vielen Gesprächen konnte ich mich davon überzeugen – angenommen. (Abg. Mag. Schweitzer: Das schauen wir uns an!) – Natürlich werden wir uns das anschauen. Wo ist die Alternative der FPÖ? Wo hat es ein Modell eurerseits gegeben, das zu diesem freiwilligen Modell des Vorruhestandes eine entsprechende Alternative bieten würde? Ich habe nichts gesehen, ich habe nichts gehört. Meckern, das ist die Devise gewesen. (Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Die erweiterte Chance auf Teilzeitarbeit und schließlich auch das Angebot des "Sabbaticals" wurden ebenfalls in Rahmen dieses Strukturpaketes verhandelt.

Geschätzte Damen und Herren! Liebe Frau Unterrichtsminister! Du hast in deiner Tätigkeit als Ministerin vieles bewegt. Unsere Bitte, unser Ersuchen: Bewege vieles weiter im Interesse der Bildung dieses Landes, im Interesse der Ausbildung der Jugend unseres Landes! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

19.35

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es ist dazu niemand mehr zu Wort gemeldet. Ich schließe die Debatte.

Der Herr Berichterstatter hat auf ein Schlußwort verzichtet.


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Ich bitte, die Plätze einzunehmen, wir haben zwei Abstimmungen durchzuführen.

Wir stimmen zunächst ab über die Beratungsgruppe VI des Bundesvoranschlages für das Jahr 1998. Diese umfaßt das Kapitel 12 des Bundesvoranschlages – samt dem dazugehörenden Teil des Konjunkturausgleich-Voranschlages – in 841 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dieser Beratungsgruppe ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Diese Beratungsgruppe ist mit Mehrheit angenommen worden.

Es wurde im Zuge der Verhandlung dieser Beratungsgruppe ein Entschließungsantrag eingebracht. Im Sinne des § 55 Abs. 5 der Geschäftsordnung würde ich Ihnen vorschlagen, daß wir diese Abstimmung über den Entschließungsantrag sogleich durchführen.

Hat jemand dagegen einen Einwand? – Das ist nicht der Fall.

Ich lasse daher abstimmen über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Schweitzer und Genossen betreffend Aussetzung der Rechtschreibreform.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Antrag zustimmen, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Beratungsgruppe XII

Kapitel 40: Militärische Angelegenheiten (einschließlich Konjunkturausgleich-Voranschlag

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Wir kommen nun zur Verhandlung über die Beratungsgruppe XII: Militärische Angelegenheiten.

Ein Wunsch auf eine mündliche Berichterstattung liegt nicht vor. Wir können daher sofort mit der Debatte beginnen, und ich erteile als erstem Redner Herrn Abgeordneten Scheibner das Wort. (Abg. Mag. Schweitzer ruft etwas laut in Richtung Abg. Amon.) – Herr Abgeordneter Schweitzer! (Abg. Mag. Schweitzer: Die ÖVP ist unglaubwürdig!) Machen Sie sich das im Couloir mit dem Kollegen Amon aus! Jetzt ist nämlich Ihr Fraktionskollege Scheibner am Wort.

Herr Abgeordneter Scheibner, bitte beginnen Sie. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten.

19.37

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Herr Verteidigungsminister! Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Abgeordneter Kiss hat anscheinend sein Redekonzept da am Pult vergessen, diese Zeitung. Ich bringe sie dir dann nachher. (Abg. Kiss: Das ist nicht von mir!)

Herr Verteidigungsminister! Sie haben als Kommentar zu diesem Budget im Ausschuß gesagt, es könnte mehr sein, aber es ist ausreichend für Ihr Ressort, für die Aufgaben, die Ihrem Ressort zukommen. Herr Minister, das ist jetzt, glaube ich, Ihr achtes Budget und auch mein achtes Budget, das ich als Abgeordneter hier erlebe, und Ihre Antwort auf unsere Kritik, daß das Budget nicht ausreichen wird, um die notwendigen Aufgaben der österreichischen Landesverteidigung umsetzen zu können, war immer die gleiche. Sie sagen immer wieder: Es könnte mehr sein, aber an und für sich ist es ausreichend.

Genau diese Verharmlosung der wahren Situation, das Verschweigen der katastrophalen budgetären Situation, in der sich unsere Landesverteidigung befindet, kritisieren nicht nur wir an Ihnen, Herr Bundesminister, sondern das ist auch zunehmend verantwortlich für die Demotivation im Bereich des österreichischen Bundesheeres. Die Soldaten würden nämlich von Ihnen verlangen, daß Sie – wenn Sie sich schon innerhalb der Bundesregierung nicht damit durchsetzen können, daß das Landesverteidigungsbudget ordentlich dotiert wird – zumindest zuge


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ben, daß unter diesen Voraussetzungen die Aufträge und Ansprüche, die wir alle an die österreichische Landesverteidigung stellen, nicht erfüllt werden können.

Wir würden von Ihnen erwarten, daß Sie hier nicht gesundbeten und verharmlosen, sondern daß Sie auch uns als verantwortlichen Abgeordneten die Realität klar vor Augen führen. Denn, meine Damen und Herren und Herr Bundesminister, Sie wissen ganz genau, daß wir immer mehr dem sicherheitspolitischen Supergau zusteuern. Über Jahre hinweg wurden wichtige Neubeschaffungen aus Geldmangel hintangestellt. Jetzt, wo das absolute Ende der Hauptwaffensysteme auf uns zukommt, haben Sie wieder kein Geld, um die entsprechenden Dinge nachzubeschaffen.

Herr Bundesminister, Sie rühmen sich immer damit, daß Sie der am längsten dienende Verteidigungsminister Europas sind. Sie sind aber damit auch der Minister, der über so viele Jahre die Situation, in der sich die österreichische Landesverteidigung derzeit befindet, voll zu verantworten hat. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir brauchen in diesem Zusammenhang gar nicht unsere eigenen Analysen zu zitieren, wir brauchen nur die Analysen Ihres Ressorts zu zitieren, etwa aus dem Mech-Konzept, Herr Verteidigungsminister. Darin wird von einer minimalen Überlebenschance unserer Panzergrenadiere gesprochen, und über das Hauptfahrzeug der Panzergrenadiere, über den Schützenpanzer, wird in diesem Konzept folgende Beurteilung getroffen:

"Technischer Stand: Anfang der sechziger Jahre, Panzerung wird sogar von Gewehrmunition durchschlagen, keine Abwehrmöglichkeit gegen moderne gegnerische Schützenpanzer, keine Schutzmöglichkeit gegen Kampfstoffe."

Meine Damen und Herren! Das ist Ihre eigene Analyse über den Zustand der mechanisierten Brigaden und über die Frage, ob unsere Soldaten, unsere Grundwehrdiener im Ernstfall die Chance haben, ein derartiges Gefecht überhaupt zu überleben. Von Gewinnen möchte ich gar nicht reden. Diese Verantwortung, die Sie selbst in den Papieren festschreiben, sollten Sie auch in den Debatten und in den entsprechenden Analysen festhalten.

Die Jägertruppe – Sie wissen es so gut wie wir – ist schlecht ausgerüstet, mit veralteten Helmen, mit veralteten Ausrüstungsgegenständen. Sie verfügt über keine gepanzerten Radfahrzeuge und hätte ebenfalls, wenn Sie in den Einsatz geschickt würde, was wir natürlich alle nicht hoffen wollen, kaum eine Überlebenschance.

Und diese Liste könnte man noch einige Zeit fortsetzen. Das gleiche gilt für die Panzertruppe, die Luftabwehr et cetera et cetera.

Meine Damen und Herren! Herr Bundesminister! Hier geht es um nicht mehr und nicht weniger als um die Frage: Können Sie es verantworten, im Ernstfall österreichische Grundwehrdiener als Kanonenfutter in den Einsatz zu schicken? – Wir hätten die Aufgabe, durch ordentliches Gerät, durch ordentliche Infrastruktur das Leben und die Gesundheit der Soldaten bestmöglich zu schützen, und dafür müßten Sie im Budget auch die notwendigen Vorkehrungen treffen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie machen aber das Gegenteil: Sie sparen genau dort ein, wo wir bereits diese Defizite haben, nämlich im Bereich der Truppe. Sie sparen bei der Bekleidung und bei der Ausrüstung – minus 36 Millionen Schilling. Das ist ein Minus von 15 Prozent. Sie sparen bei der Munition – minus 95 Millionen. Das ist ein Minus von 20 Prozent. Sie sparen bei der Instandhaltung von Anlagen – minus 112 Millionen Schilling. Und Sie sparen beim Kraftfahrgerät – minus 107 Millionen Schilling.

Sie sparen beim Kraftfahrgerät, Herr Bundesminister, obwohl Sie selbst im Situationsbericht noch festgehalten haben, daß demnächst – Sie haben gesagt: demnächst! – 1 000 LKWs nachbeschafft werden sollen. Herr Bundesminister! Wann ist für Sie "demnächst", wenn Sie im Budget 1998 eine Reduzierung um mehr als 100 Millionen Schilling vorgesehen haben?


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Sie haben im Bereich der freiwilligen Waffenübungen die Mittel um 25 Millionen Schilling gekürzt und so den Milizsoldaten eine wichtige Weiterbildungsmöglichkeit genommen. In diesem Zusammenhang möchte ich eines konzedieren, Herr Verteidigungsminister: Ich wurde gerade vorhin darüber informiert, daß aufgrund unserer Anfragebesprechung, in der wir auf diese Problematik bei den freiwilligen Waffenübungen hingewiesen haben, eine Adaptierung dieses Erlasses stattfinden wird, weil man gesehen hat, daß wir mit unserer Kritik recht gehabt haben, daß es speziell bei der Miliz-Unteroffiziersausbildung zu Härten kommen würde.

Deshalb wäre es durchaus vernünftig, Herr Kollege Maitz, nicht reflexartig alle Kritik, die wir hier äußern, abzulehnen und als Polemik abzutun, so wie Sie es bei der Anfragebesprechung gemacht haben, sondern sich zu überlegen, ob wir das nicht doch in der besten Absicht für die Landesverteidigung und für unsere Soldaten machen.

Herr Bundesminister! Ich hoffe, daß Sie so wie bei diesen freiwilligen Waffenübungen auch andere Kritikpunkte von uns aufgreifen und im Sinne unserer Landesverteidigung zu einer besseren Lösung kommen.

Sie sparen zwar bei der Truppe ein, aber im Personalbereich gibt es Erhöhungen, nämlich ein Plus von 350 Millionen Schilling, trotz eines für die Truppe verheerenden Aufnahmestopps. Sie erhöhen die Mittel für Dienstreisen, und Sie erhöhen die Mittel für Ihre Zentralstelle, das Verteidigungsministerium, um 40 Millionen Schilling.

Dadurch bleibt Ihnen kein Spielraum für Neubeschaffungen, obwohl diese in Ihren Konzepten als notwendig erachtet werden und vorgesehen sind. Zum Beispiel der Draken-Ersatz: Ihr Konzept sagt, 1996 ist die Garantie für den Draken abgelaufen, es wäre dringend notwendig, die Typenentscheidung spätestens im nächsten Jahr zu treffen. Oder: Hubschrauber-Nachbeschaffung und neue Transportsysteme. All das sind Dinge, die auch im zivilen Bereich notwendig wären, aber dafür sind keine Geldmittel vorhanden. Oder: die Beschaffung von Radpanzern und Kampfschützenpanzern.

Herr Bundesminister! Das sind Dinge, die wir schon beschlossen haben. Es gibt einen Ministerratsbeschluß, es gibt eine Empfehlung des Landesverteidigungsrates dazu. Im Mech-Paket ist enthalten, daß neben dem Kampfpanzer Leopard II auch Radpanzer und Schützenpanzer angeschafft werden sollen. Wir hören jetzt, daß es diesbezüglich noch nicht einmal Vertragsverhandlungen gibt, daß es kein Mengengerüst gibt, daß es keine Leistungsbeschreibung gibt. Sie haben zwar versprochen, daß mit Ende dieses Jahres der Vertrag abgeschlossen werden wird, es wird aber aufgrund der knappen Zeit überhaupt nicht möglich sein, diesen Zeitplan einzuhalten. Und warum ist das so? – Das hört man auch aus Ihrem Ressort: Weil in diesem Budget nicht einmal mehr ein Schilling für die bereits beschlossenen notwendigen Neubeschaffungen vorhanden ist.

Herr Bundesminister! Da können Sie nicht hergehen und sagen, Sie würden sich zwar mehr erhoffen, aber es ist ausreichend. – Ein Budget, das nicht einmal die Möglichkeit schafft, die bereits beschlossenen notwendigen Nachbeschaffungen auch in die Realität umzusetzen, kann nicht ausreichend sein!

Herr Bundesminister! Sie machen jetzt, ohne das Parlament zu befassen, ohne den Landesverteidigungsrat zu befassen, ohne Ihre eigene Bundesregierung zu befassen, eine Adaptierung der Heeresgliederung-Neu und zeigen damit einmal mehr, daß die Kriterien, die für die Umsetzung dieser Heeresgliederung-Neu notwendig gewesen wären, eben zum Beispiel eine entsprechende budgetäre Absicherung, nicht gegeben sind.

Herr Minister! Ich halte es für unverantwortlich, daß man funktionierende Truppenteile auflöst, daß man ins Blaue hinein plant, wieder einmal ohne zu fragen: In welche Richtung soll die österreichische Landesverteidigung gehen? Wo bleibt die Grundsatzentscheidung in der Sicherheitspolitik, und welche budgetären Absicherungen werden diese neuen Reformen bringen? – Das ist verantwortungslos, auch was das Ansehen und die Motivation unserer Soldaten betrifft!


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Wir würden uns von Ihnen erwarten, daß Sie zuerst möglichst rasch die Grundsatzentscheidung über die Zukunft der österreichischen Landesverteidigung treffen – das geht unserer Meinung und anscheinend auch Ihrer Meinung nach in Richtung Beitritt zur NATO und zur Westeuropäischen Union –, dann aufgrund der neuen Auftragslage auch eine angemessene Heeresumgliederung vornehmen und auch die entsprechenden budgetären Maßnahmen dafür setzen.

Wenn Sie uns alle einbinden, dann werden Sie uns auch als Partner haben und unsere Unterstützung bekommen. Wenn Sie aber weiterhin glauben, daß Sie derartige Reformen auf dem Rücken der Soldaten und im stillen Kämmerlein umsetzen können, dann werden Sie sich täuschen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Verteidigungsminister! Ich weiß, das vorhin Gesagte ist eine mittelfristige Perspektive, aber kurzfristig würde es ausreichen und uns auch Ihre Heeresgliederung-Neu-Neu ersparen, wenn man zumindest die zusätzlichen Aufgaben, die das Bundesheer in den letzten Jahren für andere Ressorts übernommen hat, im Landesverteidigungsbudget dotieren würde, wie etwa die Assistenzeinsätze im Burgenland, wie etwa die vermehrten Auslandseinsätze und auch die Assistenzleistung für die EU-Präsidentschaft Österreichs.

In diesem Sinne bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Scheibner, Jung, Mag. Haupt, Dr. Ofner, Dipl.-Ing. Schöggl, Apfelbeck und Kollegen betreffend die Erhöhung des LV-Budgets für die Erfüllung der Aufgaben des österreichischen Bundesheeres

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird aufgefordert:

die notwendige budgetäre, materielle und personelle Ausstattung des Bundesheeres auf vergleichbarem europäischen Niveau, die sich aus den neuen Aufgaben ergeben hat, mittelfristig sicherzustellen und dem Bundesministerium für Landesverteidigung kurzfristig zumindest jene zusätzlichen Kosten der Assistenz- und Auslandseinsätze durch nachträgliche Refundierungen aus Mitteln der anfordernden Institutionen und Organe zu ersetzen."

*****

Das würde ausreichen, zumindest kurzfristig das Überleben einer halbwegs gesicherten Landesverteidigung zu organisieren. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

19.48

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der soeben verlesene Entschließungsantrag ist geschäftsordnungsgemäß überreicht worden, ausreichend unterstützt und wird in die Verhandlung miteinbezogen.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Maitz. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. – Bitte.

19.49

Abgeordneter Dr. Karl Maitz (ÖVP): Verehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Zu einigen aktuellen Themen der Landesverteidigung möchte ich aus der Position des Wehrsprechers der Volkspartei Stellung nehmen.

Ich möchte sagen, das Kapitel Militärische Angelegenheiten würde ich lieber "Kapitel Äußere Sicherheit" nennen, denn es geht ja um weit mehr als um das Militär. Es geht um Schutz und Hilfe im In- und Ausland, und es geht um Friedensarbeit im besten Sinne des Wortes.


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Die österreichische Bevölkerung schätzt unser Heer. Ich erinnere nur an den Vorbeimarsch am Ring 1995. Über 200 000 Österreicherinnen und Österreicher waren damals live dabei, und über eine Million hat diese Parade vor dem Fernsehschirm verfolgt. Ich erinnere an die Leistungsschau vom 26. Oktober des heurigen Jahres, die in allen Bundesländern gezeigt wurde, wo neuerdings etwa 500 000 Österreicherinnen und Österreicher mit dem Bundesheer in Kontakt getreten sind.

Meine Damen und Herren! Die Österreicher haben zu Recht Vertrauen zu diesem Bundesminister Dr. Werner Fasslabend. (Beifall bei der ÖVP.) Er geht mit großem Verantwortungsbewußtsein an seine Aufgaben heran, das kann man an jeder seiner Entscheidungen ablesen. (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP.)

Zu den Budgetzahlen im Kapitel Äußere Sicherheit: Es stehen im Jahr 1998 21,4 Milliarden Schilling zur Verfügung, das sind 0,83 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (Abg. Mag. Peter: Wollen Sie uns das auch noch als Erfolg verkaufen?!) oder 2,9 Prozent des Gesamtbudgets. In diesem Spannungsfeld (Abg. Wabl: Wo ist der Feind?!)  – ein bisserl warten, dann haben Sie gleich die Antwort! – zwischen Beitrag zur Konsolidierung des Staatshaushaltes und Aufgabenerfüllung des österreichischen Bundesheeres ist der Mittelweg zu finden, und trotz dieser Schwierigkeit können wir im Jahr 1998 400 Millionen Schilling mehr für Investitionen bereitstellen. (Abg. Öllinger: Jetzt sind Sie fast lyrisch geworden!)

Die Heeresgliederung-Neu und deren Adaptierung 1997, die heute schon vom Kollegen Scheibner hier angesprochen wurde, hat sich aus zwei Gründen ergeben, aus der sicherheitspolitischen Lage einerseits und aus dem Ergebnis des Situationsberichtes 1997 andererseits, und hat eine Reduktion des Mobilmachungsrahmens von 150 000 auf 110 000 Mann ermöglicht.

Die personelle Reduktion bei den Overheads – wohlgemerkt, Kollege Scheibner, bei den Overheads! – im Ministerium, in den Ämtern, durch die Zusammenlegung und durch die Reduktion bei den Schulen des Heeres und bei den Kommanden ist eine klare Vorgabe, die natürlich nicht von heute auf morgen erreicht werden kann, aber sie paßt sich der Gesamtsituation an. Das Ziel dieser Adaptierung ist mehr Qualität und weniger Quantität mit Hilfe der zur Verfügung stehenden Ressourcen – das ist Geld, das sind Grundwehrdiener und Kaderpersonen –, mehr Qualität sowohl bei Ausrüstung, Unterbringung und Ausbildung als auch beim Personal.

Der Rahmenerlaß gibt diese Richtung klar an und ist der Auftakt, der Beginn für eine fachliche und politische Diskussion. Wichtig ist auch, daß alle personellen Reduktionen ausschließlich durch natürlichen Abgang erreicht werden und alle Kameraden, die in einer Einheit dienen, die möglicherweise in dieser Form nicht mehr gebraucht wird, in eine qualitativ gleichwertige Verwendung kommen werden.

Bei allen Strukturmaßnahmen – und da ist natürlich in den Ländern und Bezirken sehr viel an Diskussion im Gang – muß man drei Gesichtspunkte abwägen: erstens die militärische Notwendigkeit, und das ist wohl das Wichtigste, zweitens das Sicherheitsgefühl der Mitbürgerinnen und Mitbürger und drittens die regionalpolitischen Folgen. Aber ich bin sicher, daß diese Gesichtspunkte bei einem ruhig, konsequent und verantwortungsbewußt handelnden Minister Fasslabend gut aufgehoben sind. (Beifall bei der ÖVP.)

Zu dem in der letzten Zeit ausgesandten Frauenausbildungsverhältnisgesetz "Frauen freiwillig zum Bundesheer". Wir haben damit zwei Ziele verfolgt: das Berufsfeld Unteroffizier und Offizier für Frauen zu öffnen und – das sage ich freimütig und unumwunden – um einen positiven Beitrag für die größere Akzeptanz des Soldatenberufes in der Bevölkerung zu leisten. Wie meine ich das? – Ich bin überzeugt davon, daß Frauen, die als Soldatinnen im Dienst für Frieden und Freiheit auftreten und diesen Dienst leisten, das Ansehen dieser Arbeit in der Gesellschaft heben. Dafür bin ich heute schon dankbar.

Frauen sollen aber auch eine Milizlaufbahn einschlagen können. (Demonstrativer Beifall des Abg. Scheibner. ) Ich glaube, daß wir diesbezüglich in den parlamentarischen Verhandlungen noch einiges an Argumenten einzubringen haben werden. Meine Meinung ist, daß wir selbst


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verständlich die freiwillige Milizlaufbahn anbieten und ermöglichen sollen. (Abg. Scheibner: Machen wir! Da haben Sie unsere Zustimmung!)

Nun zur wichtigsten Frage, der Sicherheitspolitik der Zukunft. Was ist für die österreichische Bevölkerung die größtmögliche Sicherheit in der Zukunft? – Wir haben heute schon einmal darüber gesprochen. Meine feste Überzeugung ist, daß es nur zwei echte Alternativen gibt: Neutralität pur nach Schweizer Muster oder die NATO-Neu in der Form, die sie jetzt als politische Sicherheitsgemeinschaft mit Durchsetzungskraft darstellt, als euroatlantische Partnerschaft mit Rechten und Pflichten.

Die Neutralität pur nach Schweizer Muster ohne faktische Beistandsgarantie, wie wir sie von 1955 bis 1989 hatten, würde notwendige Aufstockungen des Heeresbudgets erfordern, da wir zumindest annähernd an die Größenordnung der Schweiz herangehen müßten. Wenn wir neutral bleiben und keinerlei Unterstützung mehr zu erwarten haben, dann müssen wir das Verteidigungsbudget verdoppeln; wenn wir hingegen mit der Sicherheitsgemeinschaft NATO-Neu die Sicherheit für Österreich garantieren und unseren Beitrag für den Frieden in der Welt leisten, werden wir mit dem seinerzeit angepeilten 1 Prozent des Bruttoinlandsprodukts das Auslangen finden.

Wir wollen – damit da keinerlei Irrtum entsteht – diese grundsätzliche Entscheidung ausdrücklich und nicht nur aus rechtlichen und faktischen Gründen mit der größeren Koalitionspartei gemeinsam treffen. (Abg. Hans Helmut Moser: Danke für die Einladung zur Zusammenarbeit!) Selbstverständlich sind alle willkommen, die dieses Ziel mitverfolgen, das ist überhaupt keine Frage, Herr Brigadier Moser!

Wenn, wie immer wieder gesagt wird, in der nächsten Zeit drei Länder zur NATO dazustoßen werden, die unsere Nachbarstaaten sind, dann werden wir ohnedies weitgehend von NATO-Staaten umgeben sein. Dazu möchte ich sagen: Wir von der Volkspartei wollen nicht, daß Österreich von einer "Insel der Seligen" zu einer "Insel der Erpreßbaren" wird (Abg. Wabl: Horror! Ein neues Bedrohungsbild!), denn jeder von uns weiß heute, daß tatsächlich jede – zum Beispiel auch staatsterroristische – Organisation mittels Flugzeugen aus der Luft Erpressungen vornehmen kann. (Abg. Jung: Gehen wir es an!)

Meine Damen und Herren! Die Volkspartei tritt also für Verhandlungen mit der NATO ein, mit dem Ziel eines Beitritts als Vollmitglied. Im Zeitalter der Vernetzung ist eine Splendid isolation für Österreich ein grober Unsinn, denn Chancen und Risken sind weltweit vernetzt, und auch die Sicherheit ist eine Frage, die weltweit zu lösen ist. Im Falle einer solchen Verhandlung mit der NATO gilt für uns wie seinerzeit bei der Europäischen Union: Gemeinsam ist besser als einsam! (Abg. Wabl: Das kann bei Partnern vernünftig sein, bei Ehepartnern!) Und wir haben viel anzubieten. Wir haben auch viel zu verhandeln. Was wir erreichen wollen, ist: soviel Friedensvorsorge wie möglich und soviel militärische Durchsetzungskraft wie notwendig. Dafür steht Werner Fasslabend, und dafür steht die Volkspartei! (Beifall bei der ÖVP.)

19.58

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Hans Helmut Moser. – Bitte. (Abg. Hans Helmut Moser: 12 Minuten bitte!)

19.58

Abgeordneter Hans Helmut Moser (Liberales Forum): Sehr geehrter Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Bevor ich auf das eigentliche Thema, nämlich das Budget 1998 für das österreichische Bundesheer, eingehe, noch einige Anmerkungen zu meinem Vorredner und auch zur aktuellen politischen Diskussion zum Thema Landesverteidigung und zum Thema zukünftige österreichische Sicherheitspolitik.

Meine Damen und Herren! Herr Kollege Maitz, es ist eigentlich wirklich peinlich, wenn von dir soviel Lobhudelei von diesem Rednerpult aus gegenüber dem Verteidigungsminister betrieben wird. (Abg. Dr. Maitz: Die reine Wahrheit, Herr Major!) Heute nachmittag warst du mit dem Lob für den Herrn Minister etwas bescheidener, als du gesagt hast, der Herr Bundesminister sei ein


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Garant für eine wirksame Landesverteidigung, ein Garant für eine sinnvolle künftige österreichische Sicherheitspolitik. (Demonstrativer Beifall des Abg. Dr. Maitz. )

Ich glaube, das hast du aber nicht wirklich ernst gemeint, denn ich meine, wenn Herr Bundesminister Fasslabend so weitermacht, wie es derzeit der Fall ist, dann ist er der Garant für den Zusammenbruch der militärischen Landesverteidigung (Abg. Dr. Maitz: Dann braucht er den Moser als Berater!), dann ist Minister Fasslabend der beste Verbündete der Grünen für die Abschaffung des Bundesheeres (Abg. Wabl: Dann machen wir ihn zum Ehrenmitglied der Zivildienervereinigung!), denn eines, meine Damen und Herren, ist evident: Wir haben bereits mit einem dramatischen Rückgang der Einsatzbereitschaft des Bundesheeres zu rechnen. Das ist ein Faktum, und das muß hier einmal klar gesagt werden.

Meine Damen und Herren! Zur Frage des NATO-Beitritts und zur Frage unserer zukünftigen Sicherheitspolitik. Herr Kollege Maitz – jetzt hat er die Flucht ergriffen –, ich meine, daß es wirklich eine sehr verkürzte ... (Abg. Böhacker: Er ist nicht auf der Flucht, hier ist er!)  Ah, da bist du. Suchst du einen neuen Verbündeten? Herr Kollege Maitz! Es ist wirklich etwas zu kurz ... (Abg. Schwarzenberger: Der Moser ist zu unverläßlich!)

Es ist eine etwas sehr einfache Darstellung, wenn man in der Diskussion über die zukünftige österreichische Sicherheitspolitik die Optionen, die sich für unser Land darstellen, wirklich nur auf die beiden Optionen entweder NATO-Neu oder Neutralität pur eingrenzt. Herr Kollege Maitz, das ist zu wenig, das ist zu einfach. Das ist nur Schwarzweißmalerei. So kann keine sinnvolle und gute Sicherheitspolitik für unser Land betrieben werden.

Meine Damen und Herren! Eines muß uns auch klar sein: Der Weg in die NATO ist sicherlich eine ganz wesentliche Option. Das wird auch die Zukunft für die österreichische Sicherheitspolitik sein. Nur kann der Weg in die NATO in verschiedenen Zwischenstufen, verschiedenen Zwischenschritten erfolgen, nach Maßgabe der politischen Möglichkeiten. Und es gibt eine Vielzahl von politischen Möglichkeiten, die wir im Zuge der Diskussion des Optionenberichtes auch dahin gehend beurteilen müssen, was politisch machbar ist, was politisch realisierbar ist.

Daher glaube ich, daß wir weitere Optionen mit berücksichtigen müssen. Eine Option, die für mich ganz wichtig, ganz wesentlich ist, ist die Frage der Entwicklung einer europäischen Sicherheits- und Verteidigungsidentität (Abg. Scheibner: Du hast immer gesagt, das ist ein Blödsinn!)  – warte einmal, ich komme schon darauf, Herr Kollege Scheibner – im Rahmen der Europäischen Union. Da sind wir gefordert, da sollten wir Akzente und Schritte setzen im Rahmen unserer Gespräche und Beratungen in Brüssel, im Rahmen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik, damit Europa im Rahmen einer transatlantischen Partnerschaft mit einer Stimme spricht. (Abg. Jung: Er spricht schon wie der Frischenschlager!) Das ist eine günstige Lösung im Sinne einer europäischen Verteidigungsidentität. (Abg. Scheibner: Sprichst du für einen NATO-Beitritt oder dagegen?) Diese Option dürfen und sollen wir nicht außer acht lassen, meine Damen und Herren! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Die Grünen haben heute im Rahmen einer Aktion in Wien gegen das ohnehin sehr bescheidene Verteidigungsbudget protestiert, und Frau Kollegin Kammerlander und Herr Kollege Wabl haben sich in einer Presseaussendung dazu selbst disqualifiziert. Ich möchte mich ganz entschieden gegen zwei wesentliche Aussagen, die darin enthalten sind, wenden.

Zum einen wurde es so dargestellt, als würde Österreich möglichst schnell auf einen waffenstarrenden und chromblitzenden NATO-Zug aufspringen wollen. – Meine Damen und Herren von den Grünen! Wenn Sie im Rahmen der sicherheitspolitischen Diskussion über die zukünftige österreichische Sicherheitspolitik ernst genommen werden wollen, wenn Sie hier ernsthaft mitdiskutieren wollen, dann darf ich Sie bitten, sich über die sicherheitspolitische Entwicklung der letzten Jahre in Europa zu informieren, über die Abrüstungsschritte, die in den letzten Jahren seitens der NATO und auch seitens des Warschauer Paktes, den es jetzt ja nicht mehr gibt, gesetzt worden sind. Dann würden Sie solche Aussagen nämlich nicht treffen, Herr Kollege Wabl!


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Zu deiner Information, Herr Kollege Wabl, einige Zahlen, damit sie auch im Protokoll nachgelesen werden können. Die Gesamtverteidigungsausgaben der NATO-Länder in Europa haben 1990 186 Milliarden US-Dollar betragen. 1995 waren es 158 Milliarden US-Dollar. Das heißt, in den letzten fünf Jahren sind die Verteidigungsausgaben real um 30 Milliarden US-Dollar zurückgegangen. – Das, meine Damen und Herren, war die Friedensdividende, die aufgrund der politischen Entwicklung in den osteuropäischen Ländern eingefahren werden konnte.

In den europäischen NATO-Ländern ist der Anteil der Verteidigungsausgaben am Bruttoinlandsprodukt seit 1990 von 3,3 Prozent auf 2,3 Prozent zurückgegangen. 1 Prozent des Bruttoinlandsproduktes konnte als Friedensdividende für andere Aufgaben zur Verfügung gestellt werden. Und da sprechen Sie von einem waffenstarrenden und chromblitzenden Zug! Meine Damen und Herren von den Grünen, informieren Sie sich bitte!

Auf die folgende Aussage antworte ich den Grünen auch als Offizier. Hier steht: Gebt den Generälen Sandburgen und Spielzeugpanzer. – Meine Damen und Herren von den Grünen! Wir brauchen keine Sandburgen und Spielzeugpanzer. Was wir Offiziere von der Politik verlangen – in unserer Mitverantwortung für eine wirksame Landesverteidigung, in unserer Verantwortung für die uns anvertraute Jugend –, sind optimale Voraussetzungen, optimale Rahmenbedingungen zur Auftragserfüllung. Dazu gehört auch modernes Gerät und eine moderne Ausrüstung. Das möchte ich hier ausdrücklich sagen. (Beifall beim Liberalen Forum sowie des Abg. Dr. Maitz. )

Nun zum Verteidigungsbudget. Meine Damen und Herren! Kollege Scheibner hat es ja schon auf den Punkt gebracht: Dieses Verteidigungsbudget ist ein sehr bescheidenes. Wir haben zwar real eine Steigerung, in Wirklichkeit ist der Anteil am Bruttoinlandsprodukt jedoch rückläufig. Das zeigt für mich einmal mehr, daß der Herr Bundesminister die Interessen der Landesverteidigung, die Interessen des Bundesheeres in der Bundesregierung nicht wirklich hat durchsetzen können. Daher, Herr Bundesminister, kann dieses Budget für Sie kein Erfolg sein. Das Lob, das Herr Kollege Maitz ausgesprochen hat, ist wirklich nicht begründet. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Für mich ist es schon bemerkenswert, daß Sie als verantwortlicher Minister im Ausschuß feststellen, daß das, was Sie hier ausverhandelt haben, ausreichend ist. Ich darf Sie wirklich bitten, die hier anwesenden Generäle einmal danach zu fragen. Soweit mir bekannt ist, sind sie mit der Dotierung der Landesverteidigung nicht einverstanden. Es ist im Rahmen der vorgegebenen Mittel nicht möglich, die notwendigen Beschaffungen entsprechend zu tätigen. (Abg. Dr. Maitz: Die Kunst des Möglichen!) Ich komme dann noch darauf zurück.

Meine Damen und Herren! Mit diesem Budget hat der Herr Bundesminister eine Bankrotterklärung abgegeben. Das ist einmal mehr ein Zeichen dafür, daß die Heeresgliederung 1992 endgültig gescheitert ist.

Herr Bundesminister! Sie haben die 1992 festgelegten rüstungspolitischen Ziele nicht wirklich erreicht. Ich erinnere Sie in diesem Zusammenhang an das Mech-Paket. Es wurde ein Mech-Paket beschlossen, und Sie haben zwar die ausländischen Waffensysteme beschafft, die inländischen Waffensystem haben Sie aber bis heute noch nicht beschafft. Bis heute gibt es noch keine Vertragsverhandlungen.

Ich möchte Ihnen, damit im Protokoll festgehalten ist und jeder nachlesen kann, wie ernst Sie die Beschlüsse Ihrer Bundesregierung nehmen, wie ernst Sie die Empfehlungen des Landesverteidigungsrates nehmen, einen Brief vorlesen und zu Protokoll geben, wie es mit der Umsetzung des Mech-Paketes tatsächlich steht.

Ich habe hier einen Brief vom Generaldirektor der Firma Steyr:

"Sehr geehrter Abgeordneter, (...) möchte ich Sie davon informieren, daß wir nach wie vor keine Einladung zur Angebotslegung seitens des Bundesministeriums für Landesverteidigung erhalten haben. Demgemäß sind wir nicht in der Lage, die umfangreichen Arbeiten im Zusammenhang mit der Angebotsausarbeitung zu beginnen; Vertragsverhandlungen können naturgemäß erst nach Angebotsabgabe einsetzen. Gleichzeitig höre ich" – und Sie haben uns das ja auch im Rahmen der Ausschußberatungen immer wieder kundgetan –, "daß der Herr Bundesminister


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sich unverändert dahin gehend äußert, daß noch heuer zumindest ein Abschluß für den ASCOD/ULAN erzielt werden müsse. Da die konkrete Terminlage dieser Vorstellung mehr und mehr widerspricht, habe ich ihn heute erneut um die Aufforderung zur Angebotslegung ersucht, nachdem mein diesbezügliches Schreiben vom 22. Oktober bislang unbeantwortet blieb.

Entsprechend den Informationen seitens der Sektion IV, Bundesministerium für Landesverteidigung" – der zuständige General ist hier –, "ist nach wie vor die Finanzierbarkeit der österreichischen Panzerprojekte offen – im Gegensatz zu den beiden ausländischen Panzerbeschaffungen. Dieser Umstand ist offensichtlich für die Tatsache maßgeblich, daß die Realisierung des österreichischen Teils des ,Mech-Pakets’ noch immer nicht anlaufen konnte." (Abg. Dr. Maitz: Ein ausgezeichneter Verkäufer!)

Herr Bundesminister! (Abg. Apfelbeck: Lauter!) Ich spreche doch laut genug! – Jetzt ist das Mikrophon lauter geschaltet, daher wird man mich vielleicht besser hören. (Abg. Leikam: Jetzt ist die Zeit vorbei!) Aber vielleicht war es Absicht, damit man meine Ausführungen nicht hört.

Herr Bundesminister! Mit der Tatsache, daß Sie uns im Landesverteidigungsrat zugesagt haben, daß noch heuer die Umsetzung dieses Pakets erfolgt, mit der Tatsache, daß Sie uns Ihr Wort gegeben haben, daß die Vertragsverhandlungen bis Ende dieses Jahres abgeschlossen sein werden, haben Sie aus meiner Sicht mir, dem Parlament und den Mitgliedern des Verteidigungsrates gegenüber einen Vertrauensbruch begangen. Das möchte ich hier mit aller Deutlichkeit gesagt haben. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Herr Minister! Dann darf es Sie nicht wundern, daß unser Vertrauen in Ihre Amtsführung zu schwinden beginnt. (Beifall des Abg. Wabl. )

Herr Bundesminister! Schauen Sie sich die Struktur des Budgets an. Wir haben bereits an die 63 Prozent Personalkosten, lediglich 37 Prozent werden für den Investitionsbereich und für den Betrieb des Bundesheeres aufgewendet. (Abg. Schwarzenberger: Unser Vertrauen in den Offizier Moser ist schon lange gesunken!) Aufgrund der Tatsache, daß derzeit maximal 15 Prozent für Investitionen zur Verfügung stehen, ist es nicht möglich, die vorgegebenen Zielsetzungen zur Modernisierung des Bundesheeres entsprechend zu erreichen. Und die politische Verantwortung dafür tragen Sie!

Meine Damen und Herren! Die Situation, daß das Bundesheer einen massiven Verlust an Einsatzbereitschaft zu verzeichnen hat, führt natürlich auch dazu, daß es innerhalb des Heeres zu Frust und Verunsicherung kommt, noch dazu, wo der Herr Bundesminister eine sogenannte Adaptierung der Heeresreform losgetreten hat. Diese Adaptierung, Herr Bundesminister, ist, so wie Sie sie begonnen haben und wie Sie versuchen, sie umzusetzen und zu realisieren, politisch eine Zumutung – eine Zumutung deshalb, weil es entgegen Ihren Behauptungen zu keiner Abstimmung mit den Wehrsprechern im voraus gekommen ist, und eine Zumutung auch deshalb, weil Sie damit politisch Ihre Kompetenzen überschritten haben. Das möchte ich hier klar festhalten. (Beifall beim Liberalen Forum sowie des Abg. Wabl. )

Warum haben Sie Ihre Kompetenzen überschritten? Herr Bundesminister! Die Anordnung einer Neugliederung, die Anordnung der Umsetzung einer neuen Heeresgliederung (Rufe: Schlußsatz!) bedarf einer vorherigen Entscheidung der Bundesregierung, mit einer Empfehlung des Landesverteidigungsrates. Und Sie haben uns – das geht aus einem Erlaß des Heeres eindeutig hervor – ja auch im Rahmen des Ausschusses darüber informiert.

Hier steht, und das soll auch im Protokoll festgehalten werden:

 

"Der Herr Bundesminister hat nach Prüfung von Varianten zur Adaptierung der Herresgliederung-Neu die Entscheidung für zwei Korpskommanden, drei Jägerbrigaden, zwei mechanisierte Brigaden, territoriale Truppen in der Kommandantenbesprechung vom 17.10.1997 bekanntgegeben und die Einleitung der Umsetzung angeordnet. Damit wird der konkrete militärische Planungsprozeß eingeleitet."


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Weiters heißt es: "... Überlegungen zur Umsetzung der Entscheidung des Herrn Bundesministers anzustellen."

Herr Bundesminister! Sie haben die gesetzlich vorgegebenen Abläufe und Regelungen klar mißachtet. Das ist ein weiterer Vertrauensbruch gegenüber dem Parlament und gegenüber der Politik! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Dies ist so typisch dafür, wie es der Herr Verteidigungsminister mit dem Parlament hält.

Zum zweiten (Abg. Cap: Zeit!): Ich habe genügend Zeit! Wir haben noch 28 Minuten, Herr Kollege Cap, also genügend Zeit, uns ausführlich mit der Verteidigungspolitik des Herrn Ministers Fasslabend auseinandersetzen.

Herr Bundesminister! Die Adaptierung der Heeresreform, die Sie gestartet haben, ist auch fachlich äußerst fraglich. Ich formuliere das sehr höflich. Ich will hier und heute gar nicht zu einer Kommentierung dieser Ihrer Vorstellungen kommen, weil ich davon ausgehe, daß Sie uns ja irgendwann einmal zu den politischen Gesprächen einladen werden, die Sie zumindest angekündigt haben, oder daß wir irgendwann einmal im Ausschuß oder im Verteidigungsrat weiterdiskutieren können, obwohl ich höre, daß Sie keine Zeit haben, daß der Verteidigungsrat in absehbarer Zeit tagen kann.

Inhaltlich ist die Adaptierung jedenfalls fraglich. Denn Sie, Herr Bundesminister, gehen vom Umfang der Streitkräfte her zurück auf ein Bundesheer, das schwächer ist als das Bundesheer des Jahres 1956, aber Sie belassen die gesamte Führungsstruktur so, wie sie das Bundesheer zur Zeit der Raumverteidigung gehabt hat. Das heißt, Sie reduzieren wieder einmal nur bei der Truppe, die Strukturen lassen Sie bestehen. Sie bauen damit ein Potemkinsches Dorf auf. (Abg. Schwarzenberger: Sie plädieren für die Entlassung der Offiziere!)

Herr Kollege, das ist auch die Bewertung eines Offiziers! Der Herr Bundesminister hat ja aus vielen Vorschlägen der Offiziere, der verantwortlichen Planungsoffiziere ausgewählt. Das war die Entscheidung des Herrn Bundesministers. Und ich weiß, daß es viele, viele Varianten, bessere Varianten als die vom Herrn Bundesminister ausgewählten, gegeben hat.

Meine Damen und Herren! Die Frage der Zerschlagung der mechanisierten Truppen, die Frage, daß es keine politisch abgesicherten Rahmenbedingungen gibt, die Frage, daß es keinen Finanzplan gibt – all diese Fragen verurteilen die Heeresreform, die der Herr Bundesminister starten will, schon zum Scheitern, bevor diese Reform überhaupt eingeleitet ist. Und auf die kritischen internen Anmerkungen in den Krisensitzungen, die in den verschiedensten Landeshauptstädten stattgefunden haben – angefangen vom Ländle bis nach St. Pölten – möchte ich hier gar nicht näher eingehen. Das zeigt, Herr Minister, daß Sie wirklich eine falsche Maßnahme ohne vorherige konkrete politische Abstimmung gesetzt haben und daß es höchste Zeit ist, daß Sie sich überlegen, wie Sie in Zukunft damit umgehen werden und wie Sie auch Ihre persönliche Zukunft sehen, wie Sie in notwendigen Gesprächen zu einer für die militärische Landesverteidigung sinnvollen Lösung kommen wollen.

Meine Damen und Herren! Ich möchte zum Schluß noch einen Punkt anschneiden, weil ich glaube, daß er sehr wichtig ist auch im Zusammenhang mit dem Selbstverständnis des Parlaments, nämlich die Frage des Assistenzeinsatzes des Bundesheeres. Das Bundesheer ist seit acht Jahren im Assistenzeinsatz an der burgenländisch-ungarischen Grenze. Selbstverständlich ist das Bundesheer zu einer Assistenzleistung heranzuziehen, wenn die zivilen Behörden zur Auftragserfüllung nicht in der Lage sind.

Meine Damen und Herren! Eine Assistenzleistung bedeutet aber eine kurzfristige Aushilfe für die zivile Behörde, und zwar so lange, bis sie in der Lage ist, die ihr verfassungsmäßig zugeordneten Aufgaben zu erfüllen. Und es ist verfassungsmäßig die Aufgabe des Innenministeriums, unsere Grenze zu überwachen. Es ist nicht eine Aufgabe des Bundesheeres, sicherheitspolizeiliche Tätigkeiten wahrzunehmen! Und wenn das Bundesheer acht Jahre lang sicherheitspolizeiliche Aufgaben wahrnimmt und weitere zehn Jahre in diesem Sicherungseinsatz sein soll, dann bedeutet dies eine schleichende Änderung der wehrgesetzlichen Aufgaben, der wehrge


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setzlichen Grundlagen des Bundesheeres. Und dagegen möchte ich mich ganz entschieden aussprechen! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Herr Bundesminister! Noch etwas in diesem Zusammenhang. Sie wissen, daß das Bundesheer dadurch bestimmte Aufgaben für das Innenministerium übernimmt. Die jährlichen Mehrkosten belaufen sich nach Ihren Angaben im Ausschuß auf 400 Millionen Schilling. Das bedeutet, daß das Bundesheer für das Innenministerium in der Vergangenheit an die 3,2 Milliarden Schilling ausgegeben hat. Und wenn Sie das Bundesheer noch zehn Jahre weiter im Einsatz lassen, dann werden es weitere 4 Milliarden Schilling sein.

Daher ist es legitim, Herr Kollege Leikam, daß die Bundesregierung (Zwischenruf des Abg. Leikam )  – lassen Sie mich ausreden! – sich überlegt, für jene Einsatzaufgaben, die das Bundesheer über die normale Friedensaufgabe hinaus wahrzunehmen und zu erfüllen hat, auch eine finanzielle Sicherstellung zu gewähren? (Beifall beim Liberalen Forum und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Herr Bundesminister! Mein Schlußsatz: Aufgrund einer, wie ich meine, verfehlten und unzureichenden Verteidigungspolitik Ihrerseits und auch der Tatsache, daß Sie ein Budget als ausreichend bezeichnen, von dem Sie selbst wissen, daß Sie damit nicht in der Lage sein werden, die vorgegebenen Aufgaben des Heeres zu erfüllen, werden wir diesem Budget nicht unsere Zustimmung geben. – Danke. (Beifall beim Liberalen Forum.)

20.19

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Gaál. Herr Abgeordneter, wollen Sie eine freiwillige Redezeitbeschränkung? – 10 Minuten. Bitte.

20.20

Abgeordneter Anton Gaál (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Es ist von meinem Vorredner schon darauf hingewiesen worden, daß das Budget 1998 ein Budget der Vernunft ist, also ein Budget, bei dem der Gedanke des Sparens im Vordergrund steht. Es werden damit bei einer richtigen Prioritätensetzung sowohl notwendige Modernisierungsmaßnahmen als auch Verbesserungen bei der Ausrüstung ermöglicht. Daher halte ich es für überhaupt nicht zielführend, wenn in dieser Situation lauthals Budgeterhöhungen oder Sonderfinanzierungen et cetera gefordert werden, gleichzeitig jedoch niemand Lösungen anbietet, woher die finanziellen Mittel kommen sollen. (Zwischenruf des Abg. Scheibner. ) Ohne einen konkreten Vorschlag, Kollege Herbert Scheibner, erübrigt sich, wie ich meine, wirkliche jede Diskussion! (Abg. Scheibner: Wir haben einen Antrag eingebracht, der ganz konkret ist!)

Um der Wahrheit die Ehre zu geben, möchte ich festhalten, daß ich über weite Strecken eurer Kritik – und das gilt für dich, für Kollegen Moser und auch für den Koalitionspartner – recht geben muß, was mich nicht gerade sehr freut, aber wenn man bei der Wahrheit bleiben will, muß das gesagt werden: Es ist auch dem Verhandlungsgeschick des Herrn Bundesministers zu verdanken, daß der Budgetvoranschlag, den wir heute beschließen, eine leichte Steigerung aufweist. Ein Betrag von immerhin einer halben Milliarde ist in Zeiten des Sparens, wie ich meine, ein sehr positives Signal für den Stellenwert der Landesverteidigung.

Für mich ist in diesem Zusammenhang die zentrale Frage, ob dieser Budgetvoranschlag mit den angekündigten Redimensionierungsmaßnahmen beziehungsweise mit der sogenannten Neuadaptierung der Heeresgliederung abgestimmt ist. Herr Bundesminister! Wenn das der Fall ist, dann wäre das eine Vorwegnahme der Entscheidung, die durch die Bundesregierung in Form eines Ministerratsbeschlusses nach vorangegangener positiver Empfehlung durch den Landesverteidigungsrat erfolgen müßte. Wenn dem aber nicht so ist, dann meine ich, Herr Bundesminister, daß Ihre Anordnung auf Umsetzung dieser Organisationsänderung vom 17. Oktober ein voreiliger Schritt von Ihnen war, der unsere Zustimmung nicht finden wird! (Beifall bei der SPÖ, bei Abgeordneten der Grünen sowie der Freiheitlichen.)

Über die von Ihnen angekündigten Maßnahmen – da es sich um einen vertraulichen Geheimerlaß handelte, war er ja nur den Zeitungsredaktionen zugänglich – müssen wir noch sehr viel


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und sehr ausführlich beraten und im Detail Gespräche führen. Ich meine, ich habe recht, wo Sie doch im nachhinein immer wieder sagen, daß es sich um einen heeresintern eingeleiteten Planungsprozeß handelt. Herr Bundesminister! Ich habe den begründeten Verdacht, daß Sie mit diesem fehlerhaften und Widersprüche provozierenden Konzept von den wirklichen und wahren Strukturproblemen des Bundesheeres einfach ablenken wollen! (Abg. Dr. Maitz: Mein Gott, Toni, das darf ja nicht wahr sein!)

Lieber Freund Dr. Maitz! Daher richtet sich unsere Kritik vor allem gegen die fehlende Strukturreform, von der du heute hier kein einziges Wort gesagt hast. Herr Bundesminister! Ich muß Ihnen sagen – das kann ich Ihnen nicht ersparen, wobei jedoch keine persönliche Empfindlichkeit im Vordergrund steht – , daß Ihre Vorgangsweise einfach nicht zu akzeptieren und gutzuheißen ist. Sie sehen selbst, was Sie mit diesem Alleingang angerichtet haben, insbesondere wenn Sie sich die interne Diskussion und Situation beim Bundesheer vor Augen führen. Das bestätigen auch alle Wehrsprecher, die tagtäglich eine Vielzahl von Briefen bekommen, mit welchen in Form von Hilferufen gebeten wird, doch zu versuchen, die von Ihnen befohlene Umsetzung dieser Neuadaptierung hintanzuhalten.(Abg. Scheibner: Der Minister lacht dazu! – Abg. Hans Helmut Moser: Er ist ja der Sunnyboy!) Ich glaube, daß einem, wenn man wirklich von einer glaubwürdigen und effizienten Landesverteidigung sprechen will, das Lachen vergehen muß, denn die Situation ist sehr ernst. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.) Ich glaube, du hast dich geirrt! Der Bundesminister hat in diesem Zusammenhang bestimmt nicht gelächelt! Ich glaube eher, daß er uns insgeheim im nachhinein recht gibt.

Herr Bundesminister! Ich konnte mich mit den Gegebenheiten und Sachverhalten nicht auseinandersetzen, ich konnte nicht Einblick nehmen in Ihre konzeptiven Unterlagen, weil mir diese nicht zur Verfügung standen. Ich weiß nur das, worüber uns einige Ihrer Herren mit Ihrem Wissen im nachhinein informiert haben. Und ich stehe nicht an zu sagen, daß in diesem Konzept Schritte in die richtige Richtung zu erkennen sind. (Demonstrativer Beifall des Abg. Dr. Maitz. ) Ich weiß diese militärische Planungsarbeit sehr wohl zu würdigen, doch werden durch diese organisatorischen Änderungen für meine Begriffe die Strukturprobleme des Bundesheeres nicht beseitigt.

Herr Bundesminister! Darüber hinaus sprechen Sie immer wieder davon, daß diese Organisationsänderungen sich an den modernen NATO-Strukturen orientieren, weil die NATO eben weltweit das Modell für eine effiziente militärische Organisation darstellt. In diesem Punkt gebe ich Ihnen auch recht. Es fällt mir jedoch auf, daß Ihr Konzept diesem internationalen Standard überhaupt nicht Rechnung getragen hat.

Ich bringe dazu ein Beispiel: Wie Sie wissen, sind nach NATO-Standard zehn Brigaden von einem militärischen Kommando immer noch führbar. Wir in Österreich geben es billiger: Bei uns sind für fünf Brigaden zwei Korpskommanden notwendig. – Aber damit nicht genug: Nun unterstellen Sie die an sich schon kleine österreichische Mech-Truppe zwei verschiedenen Kommanden! Damit werden Mehrkosten in Führung und Logistik buchstäblich vorprogrammiert. Dabei ist die Umgliederung der Mech-Truppe von drei auf zwei Brigaden sowie die Schaffung eines Kommandos für internationale Einsätze sehr positiv zu bewerten. Das wurde von uns immer wieder gefordert, und dem tragen Sie jetzt in bescheidenem Maße auch Rechnung. Uns geht es jedoch, Herr Bundesminister – und ich habe das immer wieder wiederholt – um einen umfassenden Reformansatz, der weit über die von Ihnen beabsichtigte reine Organisationsänderung hinausgeht. Die jetzt von Ihnen hier angeordnete sogenannte Adaptierung ist allerdings weit von dieser notwendigen Gesamtstrukturreform des Bundesheeres entfernt!

Herr Bundesminister! Ich glaube, wir haben alles zu unternehmen, daß es zu einer Umschichtung der Planstellen hin zur Truppe kommt. Die zentrale Frage des finanziellen Einsparungspotentials bleibt gänzlich offen. Sie wissen, daß wir im personellen Bereich mehr Einsparungen denn je benötigen, um den Investitionsspielraum etwas erweitern und auch die notwendigen Beschaffungen vornehmen zu können. Das ist letztlich eines der Hauptziele der Strukturreform, welche jedoch derzeit in keiner wie immer gearteten Weise gegeben ist. Eine Strukturreform ist in diesem Bereich nicht zu erkennen, nicht zu sprechen von dem Fehlen der Strukturmaßnah


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men im territorialen Bereich und nicht zu sprechen von den Doppelgleisigkeiten, die es in bezug auf Militärkommanden und Korpskommanden gibt.

Herr Bundesminister! Ich möchte das wiederholen, was ich bereits beim letzten Budget gesagt habe: Wir sind zur Mitverantwortung, zur Mitgestaltung und zur Mitentscheidung bereit. Daher meine ich, daß die entsprechenden Maßnahmen auf breitester Ebene unter Einbeziehung einer sehr kooperativen und konstruktiven Opposition erfolgen müssen. Bemühen wir uns und sorgen wir gemeinsam dafür, daß wir endlich eine glaubwürdige und effiziente Landesverteidigung bekommen, damit wir jenen Beitrag für die Sicherheit Österreichs leisten können, den die Bevölkerung von uns erwartet. Herr Bundesminister! Wir sind bereit, aktiv mitzutun! Es liegt an Ihnen, diese ausgestreckte Hand zu ergreifen! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten des Liberalen Forums und der Freiheitlichen.)

20.30

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Wabl. Herr Abgeordneter, Sie haben noch eine Redezeit von 18 Minuten zur Verfügung und wollen keine freiwillige Redezeitbeschränkung. (Abg. Ing. Tychtl: Schade!)  – Bitte.

20.30

Abgeordneter Andreas Wabl (Grüne): Sehr aufmerksam, Herr Präsident! – Herr Bundesminister beziehungsweise Herr Noch-Bundesminister! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Wurmitzer, wenn Sie aufmerksam der Rede gefolgt wären und nicht in dem interessanten Programmheft der ÖVP – im Noch-Programm der ÖVP! – nachgeschaut hätten, dann hätten Sie vielleicht beobachten können, daß die Mehrheit in diesem Haus der Meinung ist, daß das Vorgehen des Bundesministers äußerst bedenklich ist. (Zwischenruf des Abg. Wurmitzer. ) Ja, die Mehrheit dieses Hauses! Das haben Sie nicht beobachten können, aber das waren die Sozialdemokratische Partei, die Liberalen, die Grünen und auch die FPÖ. (Abg. Dr. Maitz: Das ist auch falsch!) Herr Abgeordneter Maitz! Das können Sie dann im Protokoll nachlesen!

Herr Bundesminister! Wir haben heute über den Fristsetzungsantrag bezüglich eines Mißtrauensantrages für ... (Zwischenruf des Abg. Mag. Kukacka. ) Herr Abgeordneter Kukacka! Herr Abgeordneter Wurmitzer! Ich weiß, daß Sie wegen dieser Angelegenheit ein bißchen nervös sind! (Abg. Dr. Maitz: Nein, wirklich nicht!) Wenn die Freiheitliche Partei sagt, daß Kollege Fasslabend der beste Mann der Grünen ist, dann bedeutet das nicht, daß er der beste Mann der Grünen in der Regierung ist, sondern daß er meines Erachtens alles tut, um das Bundesheer in Österreich in Mißkredit zu bringen. Denn die österreichische Bevölkerung hat bisher immer darauf vertraut, daß die Verfassung ... (Abg. Dr. Maitz: Ihr wollt das Bundesheer abschaffen und im Sandhauferl spielen!) Mein Gott! Herr Abgeordneter Maitz ist ein bißchen nervös geworden, als er einen Sandhaufen gesehen hat! Diese Bemerkung hat nicht Sie betroffen, sondern die Generäle! Aber Sie können sich gerne dort anreihen, das ist sicherlich kein Problem! Der Sandhaufen war groß genug! (Abg. Dr. Maitz: Das ist so kindisch, daß es wirklich arg ist!) Sie haben wenig übrig für Symbolik! Sie tragen die Symbole lieber an der Brust! Das ist Ihnen viel angenehmer als irgendwelche Metaphern!

Meine Damen und Herren! Herr Minister Fasslabend! Sie haben das Problem, daß es in Österreich offensichtlich auch in diesem Parlament keinen Konsens mehr gibt. Es ist kein Geheimnis, wie kritisch die Grünen zum Bundesheer stehen. Es ist auch kein Geheimnis, daß die Liberalen, die Freiheitlichen und auch die ÖVP in die NATO drängen. Herr Bundesminister! Ihre Vorgehensweise bleibt aber nicht im Rahmen der Meinungsfreiheit in Österreich. Es wurde heute, wie ich glaube, von Kollegen Maitz, gesagt, daß wir hier die Meinungsfreiheit nicht abschaffen können werden. (Zwischenruf des Abg. Dr. Maitz. ) Herr Abgeordneter Maitz! Da gibt es einen klitzekleinen Unterschied: Herr Minister Fasslabend sitzt auf der Regierungsbank und ist Vertreter der Exekutive. (Abg. Dr. Maitz: Und deswegen soll er einen Maulkorb bekommen?) Ich weiß, das schreckt Sie nicht!

Problematisch ist es nur, wenn es um Publizistikförderung geht, wenn es um Ihre politischen Gegner geht. Dann sagen Sie: Die höhlen die Verfassung aus und halten sich nicht an die Gesetze! Dann sind Sie streng, dann gibt es kein Geld und alle möglichen Kautelen gegen diese


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Personengruppen. Wenn es aber um Ihren eigenen Minister geht, dann sagen Sie: Was, der Herr Minister berücksichtigt die Verfassung nicht? Na so etwas Tragisches! – Er spricht bereits von einem autonomen Vorvollzug. Aber das regt Sie nicht mehr auf! Denn die Neutralität war, wie ich vor kurzem vom ehemaligen Bundesminister für Landesverteidigung Lichal gehört habe, Selbstbetrug. (Abg. Dr. Maitz: Politische Meinungsfreiheit: Gott sei Dank haben wir sie!) Meine Damen und Herren! Lichal geht zu Versammlungen und verkündet frank und frei, daß die Neutralität Selbstbetrug und ein reines Scheingefecht der österreichischen Bevölkerung gemeinsam mit der Regierung war. Die Regierung habe der Bevölkerung offensichtlich etwas vorgemacht. Das sei Selbstbetrug gewesen. – Das sagt ein ehemaliger Bundesminister in den Veranstaltungen, in denen er offen für den Beitritt zur NATO wirbt! Das ist aber jetzt sein gutes Recht. (Zwischenruf des Abg. Dr. Maitz. )

Herr Maitz! Sie übersehen etwas dabei: Es handelt sich nicht um einen Diskussionsbeitrag des Herrn Bundesministers, wenn er in seiner offiziellen Funktion als Minister für Landesverteidigung in Tschechien auftritt. (Abg. Dr. Maitz: Ich verstehe: Ein Minister ist für euch nur gut, wenn er außer Dienst ist!) Bei einem Auftritt des Bundesministers für Landesverteidigung bei einer NATO-Veranstaltung handelt es sich nicht um das Kundtun einer persönlichen Meinung bei einer Privatveranstaltung! Der kleine Unterschied besteht darin: Auf der einen Seite sitzen die Volksvertreter, die hier ihre politische Meinung zu artikulieren und das Volk zu vertreten haben, auf der Regierungsbank aber sitzt die Exekutive, die das durchzuführen hat, was hier in diesem Haus beschlossen wird. (Abg. Dr. Maitz: Sie hat selbstverständlich auch politische Meinungsfreiheit! Wo kommen wir denn sonst hin?) Herr Abgeordneter Maitz! Es geht nicht um Meinungsfreiheit, wenn der Bundesminister für Landesverteidigung bei der Anfragebeantwortung sagt: Wir machen im autonomen Vorvollzug alles so, als ob wir bei der NATO wären. (Abg. Dr. Maitz: Sehr verantwortungsbewußt!)

Man muß sich das einmal anschauen: Der Herr Bundesminister hat – was besonders bezeichnend war – gesagt, daß das gemacht wird, "um nicht im Falle des Beitritts dann mit noch größeren Kosten kurzfristige Änderungen vornehmen zu müssen". Beeindruckend dabei ist, daß er von "noch größeren Kosten" spricht. Im Originalzitat ist von "noch größeren Kosten" die Rede. (Bundesminister Dr. Fasslabend: Ich gebe Ihnen das Originalzitat!) Danke, ich habe es hier! Aber es freut mich, daß Sie es auch haben! Sie sind sehr gut vorbereitet für die heutige Sitzung!

"Noch größer" besagt, daß Sie schon einmal bekanntgegeben haben, daß es sehr hohe Kosten bei einem NATO-Beitritt geben wird. Und es würde noch größere Kosten geben, würden Sie nicht jetzt in weiser Voraussicht und unter Inanspruchnahme der Meinungsfreiheit agieren. – So etwas habe ich überhaupt noch nicht erlebt! Herr Kollege Maitz! Diese Art der Interpretation in dieser Frage halte ich wirklich für unglaublich! Das kann nur Ihnen einfallen! Aber Sie haben offensichtlich ein merkwürdiges Rechtsverständnis. (Abg. Dr. Maitz: Jawohl, Herr Jurist Wabl!)

Meine Damen und Herren! Abgeordneter Gaál hat hier davon gesprochen, daß eine Strukturreform fehlt, daß diese Vorgangsweise nicht zu akzeptieren ist – und er ist immerhin der Wehrsprecher der SPÖ! (Abg. Dr. Maitz: Wir werden darüber diskutieren!) Selbstverständlich werden wir darüber diskutieren! Wir diskutieren mit dem Minister, ob er richtig vollzieht! Wir diskutieren mit dem Herrn Minister, ob die Neutralität schon obsolet ist! Wir diskutieren mit dem Minister, ob die Neutralität ein Selbstbetrug war! Wir diskutieren mit dem Minister, ob die Verfassung überhaupt noch unsere Verfassung ist oder ob sie nicht schon längst obsolet ist! Wir diskutieren mit dem Minister, ob die Neutralität nicht schon längst zu entsorgen ist!

Kollege Maitz! All das ist korrekt! Sie können das auf jeder Veranstaltung tun. Es ist selbstverständlich Ihre Pflicht, das kundzutun, was Sie politisch meinen! (Abg. Dr. Maitz: Das ist Demokratie! Gott sei Dank sind es nicht die fundamentalistischen Grünen, die das bestimmen!) Das, was der Minister macht, ist meines Erachtens ein glatter Bruch der Verfassung! Aber das hat auch schon sein Kollege Lichal getan! (Beifall bei den Grünen.)

Meine Damen und Herren! Lichal hatte ein ähnliches Rechtsverständnis. Als er auf der Regierungsbank saß, hat er einmal hier gesagt, daß für ihn alles erlaubt ist, was nicht verboten ist. (Abg. Guggenberger: Das hat Haider unlängst auch gesagt!) Ich weiß, es gibt mehrere, die das


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behaupten! Nur sitzt Herr Haider zum Glück nicht auf der Regierungsbank. Das wird hoffentlich nie der Fall sein! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Guggenberger: Hoffentlich! – Abg. Dr. Cap: Das war der wichtigste Satz, den Sie heute gesagt haben!)

Gut! Dann kann ich jetzt zu den unwichtigeren Sätzen kommen, und zwar zu den Ausführungen des Kollegen Cap über die NATO. Meine Damen und Herren! Das war wirklich sehr interessant! Ich habe heute dankenswerterweise von Kollegen Maitz eine Unterlage darüber bekommen. Ich habe mich zwar gut im Hinblick auf die Aussagen von Minister Fasslabend vorbereitet, aber noch nicht im Hinblick auf die Aussagen des Kollegen Cap. Cap ist ein glühender Verfechter eines NATO-Beitritts. Er ist deshalb ein bißchen in die dritte Reihe gerutscht bei den Agenden im Zusammenhang mit dem Bundesheer und der NATO. (Zwischenruf des Abg. Dr. Cap. ) Ja, hier im Parlament schauen die Reihen anders aus!

Herr Cap träumt von einer NATO, bei der in Österreich keine fremden Truppen stationiert werden! (Abg. Gaál: Er ist ein sehr realitätsbezogener Mann!) Das ist ein ganz beachtlicher Vorschlag: Wir sind bei der NATO dabei, fremde Truppen dürfen jedoch hier nicht stationiert werden! – Er nimmt dabei allerdings nicht zur Kenntnis, daß Minister Fasslabend in Ausübung seines Rechts auf freie Meinung in Allentsteig bereits Truppenübungen mit radioaktivem Material abhält, weil es möglicherweise zur Stationierung von Atomwaffen kommen wird, was Kollege Cap auch nicht wünscht. (Abg. Gaál: Dazu kommt es sicherlich nicht!) Er möchte das nicht! (Abg. Hans Helmut Moser: Wabl! Du hast das nicht verstanden! Da geht es um eine Spürausbildung!) Und er möchte auch keine Einsätze außerhalb Europas: Wenn die USA einen Beistandsfall hat, dann mögen die Österreicher bitte nicht dabei sein! Denn wir sind zwar bei der NATO, aber wenn es nach Ihnen geht, gehören die USA nicht zur NATO. Und sollte zum Beispiel die Türkei mit dem Irak aufgrund der Truppenstationierung im Irak in Krieg geraten, dann werden wir dort auch nicht aufmarschieren, denn wir sind ja NATO-Mitglied im Capschen Sinn und im Fasslabendschen Sinn. Wir werden uns doch dort nicht einmischen! Wir wollen zwar bei der NATO dabei sein, wir wollen den chromblitzenden Zug von hinten besteigen, wir wollen auf den fahrenden Zug aufspringen, Kollege Maitz möchte im Zug sitzen und Wurstsemmeln essen und sich freuen, daß er in Sicherheit ist und sicher um die Erde fährt. (Zwischenruf des Abg. Gaál. )

Bei Eingriffen wollen Sie jedoch nicht dabei sein! Das ist etwas ganz anderes. Das wollen Sie den Menschen auch nicht erzählen, denn sie würden sich ja ängstigen, wenn ein NATO-Mitglied sich gleichsam in einem regelrechten Krieg befände gegen die eigene Bevölkerung und gegen ein benachbartes Land. Meine Damen und Herren! Man spricht immer davon, daß die NATO die große Friedensorganisation ist. Tatsächlich verhält es sich so, daß einzelne NATO-Mitglieder offensichtlich in diesem Augenblick Krieg führen und ein anderes NATO-Land bereits mit dem Säbel rasselt und sagt, daß bereits ein militärischen Schlag vorbereitet wird, um den Frieden zu sichern. Zum Glück gibt es im Sicherheitsrat ... (Abg. Hans Helmut Moser: Das hat doch mit der NATO nichts zu tun! Das ist eine souveräne Entscheidung!) Herr Kollege Moser! Ich bin gespannt, ob all das mit der zukünftigen Oberbefehlshaberin des Bundesheeres abgestimmt ist. Denn wenn all das mit Ihrer Chefin abgestimmt ist, dann kann ich auf keinen Fall ins Personenkomitee von Frau Heide Schmidt gehen! Ich sage Ihnen das jetzt!

Meine Damen und Herren! In Ausübung der freien Meinungsäußerung schickt unser zweiter Befehlshaber des Bundesheeres unsere Soldaten zu Einsätzen in die USA, um friedenserhaltende Maßnahmen zu üben. Meine Damen und Herren! Diese bürgerkriegsähnlichen Übungen und Manöver werden – wie heißt die genaue Formulierung, damit ich hier keinen Fehler mache? (Abg. Dr. Cap: Bildungsreisen!)  – als reine Bildungsreisen bezeichnet. So bezeichnet er Training von Straßenkampf und Bürgerkriegseinsatz in Ausübung der freien Meinungsäußerung. (Zwischenruf des Abg. Mag. Kukacka. )

In Ausübung der freien Meinungsäußerung hat er jetzt bereits eine Regierungsvorlage in dieses Haus gebracht, in der steht, daß wir uns, wenn wir ein Vertragswerk kündigen wollen, in den USA melden müßten. Das ist nachzulesen in der jüngsten freien Meinungsäußerung unseres Bundesministers Fasslabend. Zu dieser Meinungsäußerung fühlt er sich bemüßigt in einer Republik, die frei ist und in der jeder Bürger gleich ist. Er sitzt halt zufällig auf der Regierungsbank


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und hat sich zufällig an eine Verfassung zu halten. Aber die ist ihm nicht so wichtig, Herr Kollege Maitz, denn die freie Meinungsäußerung ist ja viel wichtiger!

Meine Damen und Herren! (Abg. Dr. Cap: Ist das nicht antiquierter Antiamerikanismus?) Nein, Herr Kollege Cap! Mir können Sie Antiamerikanismus nicht vorwerfen! Ich liebe Amerika. Es ist eines der wenigen Länder, das ich ausgesprochen gern besuche. Ein Bruder von mir ist sogar amerikanischer Staatsbürger geworden – ich habe ihm dazu gratuliert –, und jetzt hat er zum Glück eine Doppelstaatsbürgerschaft. – Antiamerikanismus ist etwas anderes! Den hat es früher in der SPÖ und in der Friedensbewegung aus einem ganz bestimmten Grund sehr stark gegeben. Es ist aber etwas anderes, wenn wir sagen, daß wir etwas dagegen haben, daß Amerika ausschließlich über unsere Sicherheits- und Friedenspolitik bestimmt. (Abg. Dr. Cap: Das will doch niemand!) Das will niemand? – Ich weiß, Sie haben ein ernstes Wort mit Bill Clinton gesprochen, und Fasslabend ist, als er neulich mit Madeleine Albright zusammengesessen ist, sehr heftig mit ihr zusammengekracht und hat gesagt: Liebe Frau, es kommt nicht in Frage, daß Sie allein darüber entscheiden, wo Krieg und Frieden gespielt wird! Wir möchten mitreden können, ob wir mit Hussein so oder so umgehen, und dann werden wir mit unseren Truppen eingreifen. Aber so lassen wir es nicht zu! – Und ich habe die Garantieerklärung von Maitz, daß das nur freie Meinungsäußerung ist! (Zwischenruf des Abg. Dr. Cap. )

Herr Kollege Cap! Wir haben von der freien Meinungsäußerung des Kollegen Fasslabend genug! Das ist vielleicht in Kärnten möglich, im Haider-Land oder im Wurmitzer-Land, aber in diesem Haus ... (Abg. Dr. Maitz: Keine Ausfälle gegen Kärnten!) Herr Abgeordneter Maitz! Das Haider-Land und das Wurmitzer-Land ist ein wunderschönes Tourismusland, aber die politischen Verhältnisse dort sind sehr besorgniserregend, dort könnte auch Fasslabend reüssieren! (Beifall bei den Grünen.)

20.43

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Herr Bundesminister Dr. Fasslabend hat sich zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Minister.

20.43

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Der Bundesvoranschlag 1998 für militärische Angelegenheiten ist zweifellos im Rahmen des gesamten Spar- und Konsolidierungsbudgets zu sehen. Ich glaube, daß die österreichische Bundesregierung mit diesem Budget einen erfolgreichen Weg beschreitet, weil damit einerseits der Grad der Verschuldung, den die Republik auf sich genommen hat, reduziert werden soll, andererseits so maßvoll vorgegangen wurde, daß damit nicht ein harter Einschnitt in die wirtschaftliche Situation des Landes erfolgte. Alle volkswirtschaftlichen Daten zeigen, daß der Schritt so angesetzt wurde, daß es zu einer weiteren Steigerung des Wirtschaftswachstums kommt und daß damit auch eine weitere Wohlstandsentwicklung für unsere Republik gewährleistet ist.

Im Rahmen dieses maßvollen Konsolidierungsbudgets ist selbstverständlich auch der Ansatz für militärische Angelegenheiten zu sehen. (Abg. Scheibner: Das sagen Sie jedes Mal!) Mit den Steigerungen, die 536 Millionen Schilling für das nächste Jahr ausmachen, werden wir insgesamt, wenn man das Baubudget mit einkalkuliert, eine Größenordnung von 22 Milliarden Schilling erreichen. Ich gehe davon aus, daß damit zweifelsohne nur maßvolle weitere Schritte der Modernisierung durchgeführt werden können, jedoch in sehr konsequenter Weise. In den letzten vier Budgets verzeichnete das Kapitel "Militärische Angelegenheiten" jeweils eine kleine Anteilssteigerung am Bundesbudget. Mit diesen Steigerungen können wir im wesentlichen das Niveau halten und haben die Voraussetzung dafür, den Kurs in kleinen Schritten fortsetzen zu können.

Auf dieser Basis wird das Jahr 1998 ein weiteres Jahr der Innovation mit der Zielsetzung sein, die Interoperabilität und die Einsatzkapazität des Bundesheeres weiter entscheidend zu steigern. Es wird ein Jahr der Innovation sein, weil es das Jahr der Implementierung des sogenannten Mech-Paketes ist, mit welchem es zu einer wesentlichen Verstärkung der Kampfkraft


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des österreichischen Bundesheeres kommen wird. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Scheibner: Was soll denn implementiert werden, wenn es nicht existiert?)

Herr Abgeordneter Scheibner! Ich verstehe Ihre Unruhe! Ich möchte Sie aber darauf hinweisen, daß wir im nächsten Jahr den stärksten Kampfpanzer der Welt, LEOPARD, und einen neuen Raketenpanzer JAGUAR im österreichischen Bundesheer einführen, und daß wir gleichzeitig weitere Schritte betreffend den Radpanzer setzen, von dem wir bereits 68 Stück haben. (Abg. Wabl: Für Bürgerkriegseinsätze oder für den Straßenkampf?) Selbstverständlich ist im Budget auch für die Beschaffung des ULAN, wie Sie selbst bereits im Ausschuß erfragt haben, entsprechend vorgesorgt worden.

Natürlich gibt es außerdem eine ganze Reihe von weiteren Projekten, die für die Zukunft anstehen. Ich möchte daher auch einige ganz wichtige Prioritäten nennen: Im Vordergrund steht bei den Neuinvestitionen der Ankauf von Geräten insbesondere zur Verbesserung im Raketensektor, und zwar nicht nur der Ankauf von Hot 2 und Hot 3, sondern auch die Beschaffung weiterer terrestrischer Raketen. (Abg. Mag. Haupt: Aber sehr zögernd!) Natürlich soll es auch zu einer weiteren Verbesserung der Artillerie kommen, was die Kampfkraft des österreichischen Bundesheeres entscheidend stärken wird.

Der zweite große Brocken beinhaltet bereits einen Hinweis darauf, daß insbesondere die Führungs- und Kommunikationssysteme im Vordergrund stehen werden. Das ist eine Priorität, die nicht nur in Europa insgesamt im Vordergrund der Überlegungen und der Anschaffungen stehen wird, sondern weltweit. Es geht dabei um Beobachtungs- und Meßgeräte, Fernmelde- und Radargeräte. (Zwischenruf des Abg. Scheibner. )

Weil Sie es angesprochen haben: Es ist zwar nur ein bescheidener Betrag, aber es ist für das nächste Jahr auch die Neuanschaffung von Kraftfahrzeugen im Wert von 387 Millionen Schilling vorgesehen. (Abg. Jung: Wo sind die 1 000 LKW, die Sie selbst gefordert haben?) Das ist, zugegeben, kein ausreichender Betrag, um alles abdecken zu können, was wir benötigen, aber ein Betrag, den man nicht einfach vom Tisch wischen sollte! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Das Jahr 1998 ist aber auch in vielen weiteren Bereichen ein Jahr der Innovation. Es ist bereits darauf hingewiesen worden, daß es das erste Jahr sein wird, in dem auch Frauen Wehrdienst ableisten können werden, indem sie auf freiwilliger Basis einen Ausbildungsdienst absolvieren können und damit die Möglichkeit einer Berufskarriere im österreichischen Bundesheer haben. (Beifall bei der ÖVP.)

Darüber hinaus wird es in diesem Jahr auch weitere umfangreiche Rationalisierungsmaßnahmen und Verbesserungsmaßnahmen im Bereich des Bundesheeres geben. Die Verwaltung wird abgebaut, und es wird noch mehr Kapazität in die Truppenteile hinein versetzt werden, und zwar durchaus in dem Sinn, daß meines Erachtens die – wenn man es ganz nüchtern betrachtet – minimalen Differenzen, die etwa zur SPÖ aufgezeigt wurden, in relativ kurzer Zeit überwunden werden können. Der Wehrsprecher unseres Regierungspartners hat selbst angekündigt, daß nach dem Konzept der SPÖ die wesentlichen Merkmale der Heeresneuorganisation die Reduzierung im Korpsbereich und eine Neustrukturierung in der Jägertruppe sein sollen, daß es zwei mechanisierte Brigaden und einen Kommandoauslandseinsatz geben soll. Und wenn ich das vergleiche, dann kann ich ausschließlich im Korpsbereich und im Bereich der Jägertruppen eine kleine Abweichung feststellen, sodaß ich glaube, daß man, wenn man wirklich konstruktive Gespräche führt, auch sehr rasch und sehr zielführend zu konstruktiven Lösungen kommen kann. (Beifall bei der ÖVP.)

1998 wird aber auch das erste Jahr sein, in dem im Rahmen der Militärakademie Hörer – nämlich Offiziersanwärter – bereits auf eine Art und Weise ausgebildet werden, daß ihr Studium als Fachhochschullehrgang anerkannt wird und damit eine weitere Bildungsvoraussetzung erfüllt ist, die zweifellos die Wertigkeit, die Qualität und das Niveau der Ausbildung entscheidend weiter erhöhen wird. (Abg. Wabl: Im Rahmen der Meinungsfreiheit? – Abg. Mag. Kammerlander: Für Frauen auch?) Das erfolgt auf einer Basis, auf der die Unteroffiziersausbildung bereits weit


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gehend verbessert worden ist und auf der wir die Umstellung von einer Heeresunteroffiziersschule auf eine Heeresunteroffiziersakademie vorgenommen haben, womit wir den gesamten Führungsbereich von der Gesamtqualität her entscheidend verbessern konnten. (Beifall bei der ÖVP.)

1998 wird auch ein Jahr der sicherheitspolitischen Weichenstellungen sein, weil die Bundesregierung sich vorgenommen hat (Abg. Wabl: Volksabstimmung!) , spätestens bis Ende des ersten Quartals einen Optionenbericht der weiterführenden sicherheitspolitischen Optionen abzugeben. (Abg. Wabl: Volksabstimmung!) Ich bin vollkommen überzeugt davon, daß dieser Bericht in sehr konstruktiver Art und Weise erstellt wird und damit auch eine entscheidende Weichenstellung für die sicherheitspolitische Zukunft Europas und damit auch Mitteleuropas erfolgen wird. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Wabl: Machen Sie eine Volksabstimmung! – Zwischenruf des Abg. Scheibner. )

Meine Damen und Herren! Wie wichtig dieser Schritt ist (Abg. Mag. Kammerlander: ... beweist eine Volksabstimmung!) , können Sie vielleicht daran ersehen, daß Ungarn bereits in drei Tagen eine Volksabstimmung über einen NATO-Beitritt durchführen wird (Abg. Mag. Kammerlander: Genau! – Abg. Wabl: Sehen Sie! Dort ist Demokratie zu Hause! – Weiterer Ruf bei den Grünen: Genau! Eine Volksabstimmung!) und damit sehr deutlich zum Ausdruck bringt, daß sich dort Regierung und Parlament bereits in eindeutiger Weise für einen ganz klaren NATO-Beitritt ausgesprochen haben. (Abg. Dr. Mertel  – in Richtung Grüne blickend –: Da sind sie geradezu begeistert!) Ich hoffe, daß diese Bundesregierung und dieses Parlament (Abg. Mag. Kammerlander: ... auch eine Volksabstimmung macht!) sich in kurzer Zeit ebenfalls in ähnlich klarer und deutlicher Weise dafür aussprechen werden. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Wabl: Eine Volksabstimmung! – Ruf bei den Grünen: Einen Antrag auf Volksabstimmung einbringen! – Zwischenruf bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es geht dabei um die Frage, ob es in Zukunft gelingt, europäische Sicherheitspolitik gemeinsam zu gestalten, ob es gelingen wird, Krisen präventiv zu bekämpfen – nämlich in der Form, daß sie gar nicht erst zum Ausbruch kommen –, und daß, falls eine Krise entsteht, auf gemeinsamer Basis – und nicht nach dem Gutdünken einzelner – die Entscheidungen getroffen und durchgeführt werden, damit solche Krisen rasch und entschieden bekämpft werden können. Das muß unsere Zielsetzung sein. Ich denke, daß gerade die Lehren der letzten Jahre ein sehr deutliches Beispiel für die Notwendigkeit einer derartigen Maßnahme sind. Dabei bitte ich auch um Ihre Unterstützung. (Abg. Wabl: Zu spät!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Budget 1998 wird ein Beitrag zur weiteren Modernisierung des Bundesheeres sein, und das in einer Situation, in der diese Modernisierung auch erforderlich ist (Abg. Scheibner: Es wird aber nicht bezahlt werden können, was Sie jetzt anschaffen!) , weil nur durch einen weiteren Technologieschub auch die Sicherheit unseres Landes entsprechend sichergestellt werden kann. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Scheibner: Nicht mehr als eine Anzahlung, Herr Minister!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich danke Ihnen daher für die an Ihnen auf zwar durchaus unterschiedliche Weise, aber doch vom Grundsatz her erkennbare Unterstützung (Abg. Mag. Kammerlander: Das kann aber niemanden überzeugen!) , die Sie der militärischen Landesverteidigung auch in Zukunft angedeihen lassen wollen, und empfehle ihnen die Annahme dieses Vorschlages. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Ing. Tychtl. )

20.54

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nunmehr ist Herr Abgeordneter Sauer zu Wort gemeldet. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte. (Abg. Jung: Sag ihm die Wahrheit! – Abg. Scheibner: Willi, du weißt, wie es wirklich ist! – Zwischenruf der Abg. Dr. Partik-Pablé. )

20.54

Abgeordneter Willi Sauer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch wenn die grüne Fraktion unser Bundesheer immer wieder herabmachen und schlechtmachen will (Abg. Wabl: Nein, wir machen das Bundesheer nicht herab! Das ist falsch!) , möchte ich Ihnen im Gegensatz dazu erklären, daß das öster


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reichische Bundesheer nicht nur im Inland, sondern auch im Ausland hohes Ansehen genießt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Wabl: Das ist eine Unterstellung!)  – Aber, Herr Kollege Wabl, das glauben Sie doch selbst nicht! (Zwischenruf des Abg. Leikam. )

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Beweis dafür, daß das stimmt, was ich jetzt gesagt habe (Heiterkeit bei den Grünen) , ist, daß unser Bundesheer nicht nur im Militärischen, sondern auch bei Hilfseinsätzen immer wieder vorne mit dabei ist und unserer Bevölkerung hilft. Das hat gerade die Hochwasserkatastrophe im heurigen Jahr gezeigt (Abg. Kröll  – in Richtung Grüne –: Aber wenn Sie Hilfe brauchen, dann sind Sie froh darüber!) , als das österreichische Bundesheer an sehr vielen Hilfseinsätzen beteiligt war, insbesondere im Raum Lilienfeld, wo unsere Soldaten, Unteroffiziere und Offiziere sehr viel geleistet haben. Dafür gebührt ihnen auch ein Dankeschön! (Allgemeiner Beifall.)

Aber nicht nur im Inland, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist das österreichische Bundesheer bei Hilfseinsätzen positiv in Erscheinung getreten. Ich erinnere an einen Hilfseinsatz in Polen, möchte aber auch auf die gesetzlichen Voraussetzungen dafür hinweisen. (Rufe und Gegenrufe zwischen Abg. Wabl und Abgeordneten der ÖVP.) Österreich ist das einzige Land, in dem gesetzlich verankert ist, daß militärische und zivile Hilfskräfte miteinander arbeiten können und sogar dürfen. Nachdem von Polen anläßlich des katastrophalen Hochwassers der Ruf um Hilfe ans österreichische Bundesheer ergangen ist, muß besonders auf die Organisation der Hilfe hingewiesen werden, mit der die österreichischen Soldaten dort die Bevölkerung mit Trinkwasser versorgt haben, um Seuchengefahr hintanzuhalten. 40 Mann unter Hauptmann Otto Strele als Einsatzleiter haben vor Ort mit Spezialgeräten das Trinkwasser aufbereitet und ungefähr 25 000 Menschen mit Trinkwasser versorgt. (Beifall bei den Grünen.)  – Sehen Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren von den Grünen, auch Ihnen kann man hie und da einen Beifall für das österreichische Bundesheer abringen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie bei den Grünen.)

Das österreichische Bundesheer und die Soldaten, die dort im Einsatz waren, waren Botschafter der Menschlichkeit, weil es ... (Abg. Wabl: Der Militärattaché in China, das ist auch so einer!) – Herr Kollege Wabl! Ich bin froh, daß Sie nicht als Botschafter der Menschlichkeit im Ausland auftreten müssen. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte gerade in diesem Zusammenhang sagen, daß das österreichische Bundesheer auch im Ausland einen sehr hohen Stellenwert genießt. Es zeigt sich, daß die Erfahrung, die das österreichische Bundesheer hat, bei internationalen Einsätzen sehr oft gefragt ist. (Abg. Wabl: Beim Schifahren!) So fand Mitte Oktober in Kärnten ein umfangreicher Ausbildungskurs statt, an dem Militärs aus Belgien, Deutschland, Italien, Polen, Tschechien, Rumänien, Rußland, Estland, Ungarn und der Ukraine teilnahmen. Dabei ging es darum, österreichische Erfahrung im internationalen Katastropheneinsatz weiterzugeben. (Abg. Dr. Schwimmer: Wabl ins Kisterl!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bedanke mich nochmals bei den Soldaten und bei den Offizieren des österreichischen Bundesheeres für den Einsatz im Katastrophendienst. Ich bedanke mich im Namen der Österreichischen Volkspartei und der österreichischen Bevölkerung dafür, daß sie auch Botschafter der Menschlichkeit im Ausland sind. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

20.59

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Jung. 8 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte. (Ruf bei der ÖVP: Das wird eine Peinlichkeit werden!)

20.59

Abgeordneter Wolfgang Jung (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Sauer hat soeben mit Recht davon gesprochen, daß das österreichische Bundesheer auch im vergangenen Jahr viel geleistet hat. Dem ist voll zuzustimmen. Es hat viel geleistet – trotz unzureichender Bedingungen. Aber der Minister, der Ressortchef dieses Heeres, hat sich auch einiges geleistet, und das verdient ebenfalls, aufgedeckt zu werden. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Präsident Dr. Fischer übernimmt den Vorsitz.)


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Ein Beispiel dafür haben wir heute bekommen, als wir in unsere Postmappe geschaut und darin die Unterlagen über das SOFA-Abkommen vorgefunden haben. Ich habe vor ungefähr sechs Wochen eine Anfrage über dieses SOFA-Paket – es behandelt die Entsendung fremder Truppen nach Österreich – an den Herrn Bundesminister gestellt. Das hat ihn offensichtlich aufgeschreckt, und jetzt hat man die Unterlagen der Regierung vorgelegt. Denn er hat es ja lange Zeit auch dem Koalitionspartner SPÖ still und heimlich verschwiegen. (Zwischenruf des Abg. Mag. Kukacka. )

Sie haben wahrscheinlich zum Teil noch nicht ganz kapiert, was darin steht, denn sonst hätten wir heute in diesem Zusammenhang schon einige Stimmen mehr gehört. Aber wir werden auf diese Sache noch zu sprechen kommen, Herr Bundesminister. Das entspricht aber ganz der Art und Weise, wie Sie das Parlament informieren – oder besser gesagt: nicht informieren. Sie regieren nämlich geradezu mit Begeisterung an diesem Haus vorbei.

Da Kollege Gaál vorhin von "konstruktiver Opposition" gesprochen hat: Wir sind dazu bereit. Aber das heißt auch: rechtzeitige und ausreichende Information – und keine Alleingänge. Solche sind aber in letzter Zeit leider mehr als gewohnt gewesen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir haben das bei der Albanien-Entsendung erlebt, als Sie uns versprochen haben, daß ein eventueller Rückzug der österreichischen Verbände aus Albanien durch die NATO gedeckt würde. General Joulwan hat Sie eines Besseren belehrt, oder besser gesagt: Er hat gezeigt, daß Sie uns – wie heißt es hier so schön? – bewußt die Unwahrheit gesagt haben. Das betrifft Ihre oftmals sehr schnoddrigen Anfragebeantwortungen, die in der Art eines preußischen Junkers ergehen. Ich erinnere an Ihre Beantwortung betreffend Munition, an die Beantwortung über die Panzer, die Sie in letzter Zeit abgegeben haben, und so weiter. (Abg. Kröll: Zumutung!) Es erinnert nicht zuletzt an Ihr letztes Heeresreförmchen, das Sie uns da überraschend aufs Auge drücken wollten, Herr Bundesminister. (Beifall des Abg. Scheibner. )

Schon der Vorläufer dieser Heeresreform, die sogenannte Heeresgliederung-Neu, mußte ja eine Pleite werden, denn Sie haben die Voraussetzung dafür nicht erfüllt. Sie haben dem Heer weder – wie auch von Ihren Planern gefordert – 1 Prozent des BIP, noch die nötigen Kräfte in Stärke von 36 000 Mann zur Verfügung gestellt. Es konnte ja nichts anderes als eine Pleite herauskommen. Die Folge für Sie: Statt der Durchführungs- und Nutzungsphase der Heeresreform sind Sie jetzt zur Heeresreform-Neu-Neu getaumelt.

Dazu möcht ich Ihnen kurz etwas vorlesen, das Ihr oberster Soldat, der Herr Generaltruppeninspektor, in diesem Haus, und zwar am 23. Mai dieses Jahres gesagt hat:

Für die Streitkräfte ist hinsichtlich der Organisation eine Klarheit des politischen Willens unabdingbar. Es ist etwas anderes, ob sie in ein Bündnis eingebunden sind oder ob sie ihre Aufgaben ins Blaue hinein formulieren müssen. – Zitatende. (Beifall des Abg. Scheibner.  – Rufe bei der ÖVP: No na!)

Für die neue Heeresreform formulieren Sie wieder ins Blaue hinein. Sie sagen dem Heer wieder nicht – und Sie können das auch nicht, weil Sie sich in der Koalition nicht einig sind –, ob es mit oder ohne Bündnis zu planen hat. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Sie geben ihm nicht die notwendigen Voraussetzungen. Wir haben ein seit Jahren gleichgebliebenes Heeresbudget, das kaum die Inflationsrate abdeckt. (Abg. Auer: Wir kontrollieren schon! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)  – Ich kann leider nicht auf all das eingehen, was Sie da vorbringen. Es fehlt jetzt die Zeit; aber wir können uns nachher darüber unterhalten.

Dieses Heeresbudget liegt nach wie vor bei besseren 0,8 Prozent des BIP. 1,5 Prozent sind ihm allein von der Planung her in der letzten Zeit verlorengegangen gegenüber dem, was Sie eigentlich vorausgesetzt haben. Und was ist jetzt der Fall? – Nicht, daß Sie sich begnügen und in den Aufgaben beschneiden würden, nein – vielmehr sammeln Sie zusätzlich alles, was noch an Aufgaben möglich ist: an die 15 UNO-Einsätze, "Partnerschaft für den Frieden", die an sich sehr wichtige Grenzsicherung, und demnächst – so haben wir gehört – werden wir auch noch EU-Chauffeure spielen. Womöglich wird das Heer auch noch als Wach- und Schließgesellschaft bei


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der Euro-Einführung dienen, wie man neulich im Fernsehen sehen konnte. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Sie assistieren dem Innenminister an der Grenze. Das kostet Sie nach Ihren eigenen Angaben 600 Millionen Schilling. In Wirklichkeit ist es um einiges mehr. Aber wer bekommt das Geld, Herr Bundesminister? – Der durchschlagskräftige Innenminister und nicht Sie, der Sie die Arbeit machen. Dem Bundesheer fehlt dieses Geld, Herr Minister!

Auf diese Art und Weise fehlen Ihnen jährlich mindestens 1,5 Milliarden Schilling im Budget für neue Aufgaben, die es vorher nicht gab. Da darf man sich nicht wundern, daß das Heer am Hungertuch nagt und mit seinen Möglichkeiten eigentlich schon fast am Ende ist. Es wurde heute schon aufgezählt: Die Schützenpanzer sind am Ende; die Lastwagen fehlen; die neuen Kampfpanzer, die aus den achtziger Jahren stammen, sind ohne Munition; Soldaten werden mit dem Sturmgewehr 58 angelobt, das doppelt so alt ist wie die Wehrmänner, die es tragen; und es fehlt ihnen – jetzt wird es ernst – die nötige Schutzausrüstung, Herr Minister. Das hat man beim Einsatz unserer UNO-Soldaten in Zypern gesehen – denen Sie auch die Schützenpanzer versprochen haben –, die dort im Steinehagel standen. (Zwischenruf des Abg. Schwarzenberger. )

Nein! Dieser Herr Minister hat auf die Frage, was die Soldaten tun sollen, wenn sie mit Steinen beworfen werden, gesagt: Sie sollen sich bücken. (Abg. Schwarzenberger: Entweder ist er ein schlechter Offizier ...! – Ruf bei der ÖVP: Guter Minister!) Das ist die Verantwortung, die dieser Minister für die Soldaten trägt: Die sollen sich bücken, damit er sich im Scheinwerferlicht sonnen kann. So schaut die Realität im Verteidigungsministerium aus, meine Damen und Herren! (Abg. Schwarzenberger: Wenn jemand wie Sie Offizier werden kann, dann glaube ich ...! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

All diese Probleme fallen ihm selbstverständlich auf den Kopf, denn ein Heer zu führen, ist etwas anderes, als schöne Sprüche, wie das vorhin geschehen ist, zu klopfen. Das ist wesentlich anders, da hat er natürlich Probleme. Und was macht der Herr Minister? – Er flüchtet ins Ausland. 18 Auslandsreisen und entsprechend viele Gegenbesuche allein im vergangenen Jahr! Von 1995 auf 1996 eine Steigerung von 50 Prozent, bei den Kosten 200 Prozent! (Abg. Scheibner: Das ist ja schon fast ein Außenminister!) Zusammengezählt waren Sie mit Reisen und Gegenbesuchen 1996 über 70 Tage beschäftigt. Das entspricht 14 Arbeitswochen. Legt man einem Arbeitsjahr 220 Tage zugrunde, so waren Sie ein Drittel des Jahres unterwegs und sind vor heimischen Problemen geflüchtet, Herr Minister! (Abg. Schwarzenberger  – in Richtung Bundesminister Dr. Fasslabend –: Herr Verteidigungsminister! Haben Sie mehr solche Offiziere?)

Ein einziges Beispiel: Die China-Reise dieses Herrn Ministers hat so viel gekostet wie drei Viertel des ganzen Reisebudgets aus dem Jahre 1995. Das ist selbstverständlich lustiger, als den Problemen zu Hause ins Auge zu schauen und zu sehen, wie bei Ihrem Bundesheer, Herr Minister, langsam, aber sicher der Bundesadler dem Pleitegeier weichen muß. Die Grenadierbataillone trauen sich nicht mehr hinauszufahren, weil die SPz vor den Kasernen verrecken – und Sie gondeln im Ausland herum, Herr Minister! Dazu kommen noch die Sorgen des Kaderpersonals, das nicht weiß, wo es in Zukunft unterkommen wird. Mit Ihrer Heeresgliederung haben Sie ja genügend Unruhe geschaffen.

Nein, das ist wirklich kein Führungsstil, Herr Bundesminister! Mit diesen Managementmethoden kann man heute nicht einmal mehr Waschmittel verkaufen, Herr Minister, geschweige denn ein Ministerium führen. Sie sind vielleicht etwas überfordert und sollten sich unter Ihren beiden Aufgaben, die Sie zurzeit wahrnehmen, auf die andere konzentrieren. Werden Sie ÖAAB-Obmann – und lassen Sie das Bundesheer in Ruhe! Sie haben auch dort genügend Handlungsbedarf, und dem Bundesheer ist geholfen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Leikam: Maschinenpark! – Abg. Wurmitzer: Das ist ein Stil, hörst! – Rufe und Gegenrufe zwischen der ÖVP und den Freiheitlichen.)

21.06


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Präsident Dr. Heinz Fischer:
Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Leikam. (Abg. Wabl steht seit ein paar Minuten neben den Sitzreihen.) Herrn Kollegen Wabl möchte ich sagen, daß auch für ihn ein Sitzplatz im Sitzungssaal reserviert ist.

Am Wort ist nun Herr Abgeordneter Leikam. ( Rufe und Gegenrufe zwischen der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Leikam: Nicht ganz einfach, Herr Präsident! – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

21.06

Abgeordneter Anton Leikam (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Liebe aufgeregte Kolleginnen und Kollegen! (Abg. Wabl: Pazifistische Rede vom Leikam! – Unruhe im Saal.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Kollege Leikam, ich stelle die Uhr noch einmal auf Null, weil Sie noch nicht die Chance zu beginnen hatten. Aber jetzt geht’s los! (Bundesminister Dr. Fasslabend spricht mit einem an der Regierungsbank stehenden Abgeordneten.)

Abgeordneter Anton Leikam (SPÖ): Herr Bundesminister! Wenn Sie mir auch Ihr Ohr leihen würden, wäre ich Ihnen sehr dankbar. Ich denke, Ihrem Parteikollegen können Sie das nächste Mal im Klub die entsprechende Auskunft erteilen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Wabl: Kein Vorteil! – Abg. Ing. Reichhold: Uhr noch einmal stellen? – Weitere Zwischenrufe.)

Dritter Versuch, das Wort an den Herrn Bundesminister zu richten. Herr Bundesminister! Sie haben in Ihrer Replik auf unseren Wehrsprecher, Abgeordneten Gaál, gemeint, Ihr Ziel sei eine gemeinsame europäische Sicherheitspolitik. Selbstverständlich! Auch unser Ziel ist diese gemeinsame europäische Sicherheitspolitik, und wir bekennen uns durchaus zu den grundsätzlichen Gemeinsamkeiten für eine gemeinsame europäische Sicherheitspolitik.

Über den Weg dorthin bestehen allerdings noch größere Unterschiede in den Auffassungen darüber, wie wir dieses Ziel erreichen können. Wenn Sie gemeint haben, wir sind gar nicht so weit auseinander, dann muß einmal mehr festgestellt werden, daß eine reine Organisationsänderung unserer Überzeugung nach zuwenig ist. Was wir wollen, was wir seit Jahren einfordern und was bisher leider noch nicht umgesetzt wurde, ist eine umfassende Reform des Bundesheeres. Dazu bieten wir gerne unsere Mitarbeit an. Aber da sind Sie leider noch nicht allzu weit gekommen. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Herr Kollege Sauer hat sich in seinem Debattenbeitrag sehr intensiv mit den Einsätzen des Bundesheeres bei Elementarereignissen beschäftigt. Ich möchte das auch tun, weil ich darin einen sehr wichtigen gesetzlichen Ansatz des Bundesheeres sehe. Denn eine der gesetzlichen Aufgaben des Bundesheeres ist nun einmal die Hilfeleistung bei Elementarereignissen und Unglücksfällen, und die Akzeptanz des Bundesheeres ... (Abg. Hans Helmut Moser geht auf Bundesminister Dr. Fasslabend zu.)  – Abtreten, Herr Brigadier! (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ.)

Herr Bundesminister! Die Akzeptanz des Bundesheeres in der Bevölkerung beruht in nicht unerheblichem Maße nicht zuletzt auf den Leistungen, die vom Bundesheer bei Hilfseinsätzen insgesamt erbracht werden. Es ist eine durchaus stolze Bilanz, die für das Jahr 1996 von Ihnen hier vorgelegt wurde: Über 17 000 Mann des Bundesheeres haben bei diesen Elementarereignissen und Unglücksfällen der Bevölkerung über 200 000 Stunden lang Hilfestellung geleistet. Das ist meiner Ansicht nach wirklich ein Grund, unseren Soldaten hier noch einmal nachdrücklich für diese Arbeit zu danken. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP und der Grünen.)

Darauf, daß das sowohl bei nationalen als auch bei internationalen Einsätzen geschehen ist, hat Kollege Sauer schon hingewiesen. Das Bundesheer ist eben im Hinblick auf diese Assistenzfähigkeit im Katastrophenfall in den einzelnen Bereichen meiner Meinung nach – diese Kritik wird auch in Ihrem Bereich deutlich geäußert – am Tiefpunkt seiner Leistungsfähigkeit angelangt, Herr Bundesminister.


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Dem Vernehmen nach soll es derzeit kein einsatzbereites Brückengerät mehr geben. Vielleicht können Sie mir darauf in Ihrer Stellungnahme antworten. Die Pionierboote dürfen nur noch unter bestimmten Auflagen für die Ausbildung, nicht aber für den Einsatz verwendet werden. Bei der Truppe soll unter anderem auch kein Schnellbrückengerät und kein entsprechendes Fährmaterial mehr vorhanden sein. Herr Bundesminister, wenn dem so ist, dann ist das meiner Ansicht nach ein sehr trister Zustand, und dieser Zustand sollte uns allen sehr zu denken geben. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Jung. )

Herr Bundesminister! Wenn es so ist, dann vermisse ich im Budget 1998 geeignete Ansätze, damit insbesondere in diesem wichtigen Bereich eine entsprechende Nachjustierung erfolgen kann. Denn die Bevölkerung ist auf diese Assistenzleistung in Katastrophenfällen sehr stark angewiesen. Sie haben – und das ist auch richtig so – den Schwerpunkt im Beschaffungswesen selbstverständlich in anderen Bereichen gesetzt, in erster Linie bei der Bewaffnung und zum Teil, wie wir gehört haben – aber auch das ist viel zu wenig –, bei der Nachbeschaffung von Kraftfahrzeugen.

Aber ich möchte Sie trotzdem bitten, auch für den sehr wichtigen Bereich der Hilfeleistung in Katastrophenfällen dem Bundesheer die entsprechende technische Ausrüstung zur Verfügung zu stellen. Ich habe das im Sommer dieses Jahres in meinem Bezirk selbst miterlebt, in der Gemeinde Metnitz in Kärnten, die sie sehr stark von einer Unwetterkatastrophe betroffen war. Da war die Bevölkerung sehr darauf angewiesen, wie schnell und wie rasch das Bundesheer dort Hilfestellung geleistet hat. Ich denke, das hat sicherlich – wie ich eingangs gesagt habe – ein gutes Image des Bundesheers zur Folge, und auch der nicht ganz unbeteiligte Herr Bundesminister kann ein bißchen davon profitieren, wenn sein Heer ein gutes Image in der Öffentlichkeit zu verzeichnen hat. Nochmals herzlichen Dank für diese Einsatzleistung! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Herr Bundesminister! Zur Umgliederung der Heeresorganisation kommend, von der Kollege Gaál sehr ausführlich gesprochen hat und über die wir noch relativ weit auseinander sind, möchte ich nur einen Punkt herausgreifen. Als Kärntner Abgeordneter möchte ich an Sie eine Bitte richten und Ihnen sagen, daß in den kommenden Verhandlungen – diese wird es wohl geben müssen, da es keinen Alleingang in dieser wichtigen Umgliederung der Heeresorganisation geben kann – Ihre Absicht, die Aichelburg-Kaserne in Wolfsberg zu schließen, von uns Kärntnern nicht mitgetragen werden kann. (Zwischenruf des Abg. Wabl. )

Sie selbst haben darauf hingewiesen, daß besonders der militärische Einsatzbereich von Ihnen als wichtigstes Ziel der Aufgabenstellung des Bundesheeres gesehen wird. Ich denke, daß es insbesondere in einem Bundesland in Grenznähe nicht gerechtfertigt ist, daß dort eine Kaserne geschlossen wird. (Abg. Mag. Kammerlander: "Katastrophe" Grenznähe!)

Ich möchte Sie ersuchen, noch einmal darüber nachzudenken. In künftigen Gesprächen werden wir darauf pochen, daß diese Kaserne in einem Grenzbundesland nicht geschlossen wird. (Beifall bei der SPÖ, bei Abgeordneten der ÖVP sowie des Abg. Ing. Reichhold.  – Abg. Wabl: Für Kindergärten ...!)

21.14

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Peter. Die Uhr ist auf 8 Minuten gestellt. – Bitte, Herr Abgeordneter.

21.14

Abgeordneter Mag. Helmut Peter (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren des Hohen Hauses! Es ist vielleicht ungewöhnlich, wenn sich ein Wirtschaftssprecher in einer Wehrdebatte zu Wort meldet. Ich tue es – in aller Kürze – aus zwei Gründen. (Abg. Wabl: "Weißes Rößl" statt Panzer!)

Erstens möchte ich mich hier ausdrücklich zum Bundesheer bekennen. (Demonstrativer Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.) Ich denke, daß dort viele Männer und in Zukunft auch Frauen sehr wichtige Sicherheitsarbeit für Österreich geleistet haben und leisten werden. Ich kann den Grünen Klub nicht ganz verstehen. Ich verstehe schon, daß es leichter ist, sich über die Landes


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verteidigung und über Sandburgen lustig zu machen. Das alles ist wahnsinnig witzig. Aber trotzdem ist es ganz gut, wenn man eine funktionierende Sicherheitspolitik hat. (Abg. Wabl: Wenn wir eine Sicherheitspolitik hätten und keine NATO-Manöver von Herrn Fasslabend!)

Ich kann auch nicht verstehen, wie man einem Prinzip der Gewaltfreiheit anhängen kann, das nicht einmal eine Vision, sondern leider nur eine Schimäre ist. Ich denke, sich zur Friedenserhaltung zu bekennen, und das auch mit militärischen Mitteln, wird in unserer Welt wohl notwendig sein. Die Herren des Bundesheeres – einige sitzen hier – leisten dafür großartige Arbeit. (Beifall beim Liberalen Forum sowie bei Abgeordneten der SPÖ, der ÖVP und der Freiheitlichen.)

Die Unehrlichkeit der österreichischen Politik ist die, daß wir uns alle zum Bundesheer bekennen, es letztlich aber finanziell ausgehungert wird. Ich habe mich selbst in einigen Kasernen in Gesprächen mit Bataillonskommandanten unterhalten und mir ihre Kasernen angesehen. Ich muß Ihnen sagen, es ist wirklich spannend: Es ist tatsächlich ein Teil der österreichischen Schizophrenie, daß wir uns zwar auf der einen Seite zum Bundesheer bekennen, auf der anderen Seite aber nicht bereit sind, jene finanziellen Mittel aufzubringen, die notwendig sind, um eine wirklich funktionierende Landesverteidigung zu ermöglichen.

Wir haben heute teilweise militärisches Gerät – davon hat auch Leikam gesprochen –, das mehr zur Selbstgefährdung des Heeres als zum Schutz der eigenen Truppe dient. Ich kann mir nicht vorstellen, wie man dieser Schizophrenie in Österreich weiterleben will. Wenn man sich zum Bundesheer bekennt, dann wird man ihm meiner Ansicht nach auch eine entsprechende finanzielle Ausstattung geben müssen. Die "Friedensrente", von der heute gesprochen wurde, lukrieren wir bereits seit 1956, seit der Gründung des Bundesheeres.

Wir haben regelmäßig – mit ganz wenigen Ausnahmen – unter 1 Prozent des Bruttoinlandsproduktes für unsere Landesverteidigung ausgegeben. Andere Staaten haben nach dem Zusammenbruch des Kommunismus jetzt eine "Friedensdividende" lukrieren können und ihr Budget von 3,3 auf 2,3 Prozent gesenkt. Wir stehen heute bei 0,83 Prozent. Herr Landesverteidigungsminister! Wie Sie das als große Leistung hinstellen können, bleibt Ihnen überlassen.

Als zweites Thema möchte ich ein wirtschaftliches anschneiden. Im Juni 1996, vor eineinhalb Jahren, ließ uns die Österreichische Volkspartei stolz wissen, daß die Modernisierung der Heerespanzer vor der Tür stehe. Im Dezember 1996, also vor einem Jahr, beschloß der Landesverteidigungsrat die Zustimmung sowie die Realisierung des Mech-Paketes. Der ausländische Teil davon ist realisiert, der inländische Teil nicht.

Es gibt – Gott sei Dank! – in Österreich noch eine Wehrindustrie, die Wertschöpfung schafft und – soweit es mit den Gesetzen vereinbar ist – Exporte realisiert, die auch Joint ventures in anderen Ländern hat, wo österreichischen Know-how verkauft wird, und die zwei Waffensysteme – ASCOD und PANDUR – entwickelt hat, wirkliche Qualitätsprodukte, die auch in anderen Armeen Verwendung finden. Dennoch hat die österreichische Waffenindustrie heute noch immer keine Zusage; was sage ich denn "Zusage": Sie hat noch nicht einmal eine Ausschreibung, noch nicht einmal eine Einladung zur Angebotslegung für die versprochenen Aufträge!

Herr Bundesminister! Wie stellen Sie sich das im ökonomischen Bereich vor? Wie sollen Firmen, die ja nur deswegen diese Technologie entwickeln können, weil sie auch im Inland gebraucht wird, planen, wie sollen sie Arbeitsplätze bereitstellen, wie sollen sie Beschäftigung sichern, wie sollen sie österreichisches Know-how und österreichische Wertschöpfung verwenden, wenn Sie ihnen – nach jetzt schon über einem Jahr – nicht einmal die nötigen Ausschreibungsunterlagen zugeschickt haben, damit sie einen Auftrag verwirklichen können! (Abg. Wabl: Kollege Peter! Sie sollten sich nicht die Rede vom Krünes schreiben lassen!)

Herr Bundesminister! Mir fällt dazu nur ein schöner Satz von Max Frisch ein, den er in "Homo faber" geschrieben hat. Er sagt dort: "Es ist ein Delirium fröstelnder Entschlußlosigkeiten", und in das sind Sie offensichtlich gefallen. – Ich bedauere das im Sinne des österreichischen Bundesheeres, und ich bedaure das auch im Sinne der österreichischen Wehrwirtschaft. (Beifall beim Liberalen Forum. – Abg. Wabl: Krünes ist ja ein schlechter Redenschreiber!)

21.19


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98. Sitzung / Seite 183

Präsident Dr. Heinz Fischer:
Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Spindelegger. Er hat das Wort.

21.19

Abgeordneter Dr. Michael Spindelegger (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich möchte mit zwei Bemerkungen beginnen, die den Herrn Bundesminister persönlich betreffen.

Erste Bemerkung: Er hat es als einer der wenigen Bundesminister dieser Bundesregierung ernstgenommen, daß Jugendbeschäftigung auch im Bundesheer Platz greifen soll. Die Lehrstellen wurden in diesem Jahr um 30 Prozent aufgestockt, und das Bundesheer, meine Damen und Herren, beschäftigt ein Drittel aller Lehrlinge, für welche die Bundesregierung überhaupt ein Lehrstellenangebot bereithält. Das ist eine Leistung! (Beifall bei der ÖVP.)

Zweite Bemerkung, Herr Bundesminister: Ich bekomme viele positive Rückmeldungen über die Informationspolitik des Bundesheeres. (Abg. Leikam: Kein Wunder bei einem ÖAAB-Generalsekretär!) Die Informationspolitik rund um den Nationalfeiertag, mit welcher wir unserer Bevölkerung vermitteln, wozu das Bundesheer da ist, welche Aufgaben und welche Möglichkeiten es hat, wurde von der Bevölkerung hervorragend angenommen. Ich gratuliere dazu! (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Um das Budget der Landesverteidigung gibt es wirklich jedes Jahr wieder die gleiche Debatte: Abgeordnete treten zum Rednerpult – und dabei nehme ich auch Kollegen Gaál nicht aus – und erklären, daß sich eigentlich bei der Gliederung des Bundesheeres nichts ändern darf, die SPÖ aber dennoch bereit sei, alles von Grund auf zu diskutieren. Und er tritt wie seine Kollegen heraus und sagt, daß er sich den Wehrsprechern von der FPÖ und des Liberalen Forums, lieber Kollege Moser, in der Meinung anschließt, daß eigentlich viel mehr Budget für das Bundesheer zur Verfügung stehen müßte. – Liebe Kollegen! Dann müssen Sie einmal in Ihrer Fraktion Aufklärungsarbeit betreiben und dafür sorgen, daß man auch bereit ist, dem Bundesheer mehr Geld zur Verfügung zu stellen! Dann dürfen Sie nicht nur vollmundig erklären, wofür Sie eigentlich sind, ohne daß Sie das selbst zu Hause durchsetzen können! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Gaál: Eine richtige Prioritätensetzung ist wichtig!)

Meine geschätzten Damen und Herren! Ich möchte mich noch mit dem Standpunkt der Grünen auseinandersetzen. Die Grünen sind ja die Fraktion, die sich nicht in diesen Reigen gesellen, sondern lieber mit Sandspielen ihre Zeit verbringen. (Abg. Wabl: Sie spielen lieber mit Provisionen aus Waffengeschäften!) Meine Damen und Herren von den Grünen! Wirklich interessant ist für mich dabei Ihre Einstellung, die Sie uns hier immer wieder uns vor Augen führen.

Erstens wird "Partnership for Peace", also eine gemeinsame Übung zum Zweck der Katastrophenhilfe, der humanitären Hilfe und des Friedenseinsatzes im Ausland, abgelehnt. – Wir haben gerade in diesem Jahr ein neues Entsendegesetz beschlossen. So wurde das Bundesheer etwa bei der Hochwasserkatastrophe in Polen eingesetzt. 850 000 Liter Trinkwasser wurden Ende Juli, Anfang August aufbereitet, als Menschen in Not waren. Das wird von den Grünen abgelehnt!

Wie wir heute sehen, wird das Bundesheer, wird die militärische Landesverteidigung abgelehnt. Das ist eben Ihr Prinzip der Gewaltlosigkeit! Sie haben angeblich auf Ihrem Parteitag lange darüber diskutiert und sich über Ihr Programm schon in diesem Punkt nicht einigen können. Das ist eine interessante Angelegenheit! Meine Damen und Herren von den Grünen! Ich persönlich kann akzeptieren, wenn Sie dem Prinzip der Gewaltlosigkeit anhängen, aber das ist kein Instrument der Sicherheitspolitik in diesem Land. Sicherheitspolitik muß darauf begründet sein, daß es auch eine militärische Landesverteidigung gibt, und wir stehen dazu! (Beifall bei der ÖVP.) In diesem Punkt unterscheiden wir uns ganz grundsätzlich.

Wenn Sie schon diese Einstellung haben, dann verwenden Sie zumindest im Zusammenhang mit Ihrem Prinzip der Gewaltlosigkeit nicht das stolze Wort, daß Sie für die Neutralität sind, denn das vertragen wir alle miteinander nicht. Neutralität hat mit Gewaltlosigkeit nichts zu tun. Neutra


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lität bedeutet auch – das können Sie in unserem Neutralitätsgesetz nachlesen –, daß wir mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln unsere Grenzen verteidigen. Das lehnen Sie ab. Dann sprechen Sie nicht davon, daß Sie für die Neutralität sind! Sie sind für Gewaltlosigkeit – und das ist ein ganz anderes Thema! (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Ich bin zuversichtlich, daß, wenn die vielen Hände, die auch Sie heute gereicht haben, wirklich genommen werden, und wenn Sie einen Überzeugungsprozeß auch in Ihrer Fraktion beginnen, der Landesverteidigung im nächsten Jahr eine solche Budgetdebatte erspart bleibt. Ich würde es mir wünschen! (Beifall bei der ÖVP.)

21.24

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Wabl gemeldet. Ich bitte ihn, zuerst den zu berichtigenden Sachverhalt darzulegen und dann in Kurzform den tatsächlichen Sachverhalt gegenüberzustellen. – Bitte.

21.24

Abgeordneter Andreas Wabl (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Abgeordneter Spindelegger hat hier behauptet, daß die Grünen den Einsatz des österreichischen Bundesheeres bei einer Hilfsmaßnahme für Polen im Zusammenhang mit dem Hochwasser abgelehnt hätten. (Abg. Schwarzenberger: Er hat behauptet, daß die Grünen mit Worten gewalttätig sind!) Darf ich berichtigen?

Ich persönlich bin von Kollegen Kostelka angerufen worden, ob die Grünen mit diesem Einsatz, bei dem unbewaffnet mit Ausrüstungsgegenständen bei der Aufbereitung von Trinkwasser und anderen Maßnahmen Hilfe geleistet wird, einverstanden sind. – Ich habe gesagt: Selbstverständlich!

Ihre Behauptung ist deshalb falsch! Sie paßt nur in das alte Bild der Unterstellungen, das Sie ständig hier abgeben!

21.25

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Zusatz war außerhalb der Bestimmungen der Geschäftsordnung!

Zu Wort gelangt jetzt Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Schöggl. (Zwischenrufe bei der ÖVP. – Abg. Wabl: Ihr seid inferior! – Rufe und Gegenrufe zwischen der ÖVP und den Grünen.) Jetzt wird die Uhr wieder auf Null gestellt, und Abgeordneter Schöggl kann beginnen!

21.26

Abgeordneter Dipl.-Ing. Leopold Schöggl (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Geschätzte Damen und Herren! Kollege Spindelegger hat den Herrn Minister gelobt, weil er die Zahl der Lehrstellen intensiviert hat. – Er hat aber auch die Zahl der Leerstellen mit Doppel-"e" sehr gefördert, denn es gibt jetzt überall leere Hallen, leere Hangars, leere Werkstätten, weil es einfach nichts mehr hineinzustellen gibt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Minister! Die Vorgangsweise bei der Umgliederung beziehungsweise bei der Schaffung der Heeresgliederung Neu-Neu-Neu war ausgesprochen ungeschickt. Ich weiß, daß man gerade im sehr sensiblen Bereich der Landesverteidigung, wo Gerüchte sehr schnell laufen, viel geredet wird und gerade die Offiziere und die Mannschaften ständig darauf warten, daß sich in der Landesverteidigung etwas tut und etwas weitergeht, nicht nur in sich hineinhorcht, sondern auch darauf hört, was so geredet wird. Und dann gibt es neue Gliederungen, und die Leute sind alle unheimlich sensibel und reagieren auf Gerüchte übernervös.

Es war ausgesprochen ungeschickt, daß diese unausgegorene und undurchdachte Heeresgliederung so vorschnell abgeschossen wurde. Herr Minister! Sie werden wissen, daß es einige Dinge gibt, die man nicht mehr zurückholen kann, etwa das gesprochene Wort und die Kugel, die aus dem Lauf abgeschossen wurde. Wenn diese draußen sind, dann sind sie draußen, da kann man sich nachher noch so winden, man kann sie nicht mehr zurückholen!


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Sehr geehrter Herr Minister! Ich glaube, daß in Wirklichkeit die Personalpyramide nicht stimmt. In diesem Zusammenhang gibt es einen schönen Vergleich: Es gibt meiner Meinung nach viel zu viele Häuptlinge und zu wenige Indianer in unserem Bundesheer. Es gibt viel zu viele Häuptlinge, und damit den Häuptlingen in Wien nicht zu langweilig ist, haben sie sich noch das Zugriffsrecht auf 400 Leute aus der Truppe gesichert, die sie dann nach Wien in die Zentralstellen beordern können, um dort ihren Dienst zu tun. Diese Leute gehen jedoch draußen bei der Truppe ab.

Ich meine, daß Ihre Berater und Ihr Planungsstab öfter hinausfahren und in die Werkstätten, Garagen und Hangars schauen sollten. Die sind nämlich wirklich leer. Ich habe mich gewundert, als in einigen Kasernen ganz martialisch in Reih und Glied, wie es sich für das Bundesheer gehört, 20, 30 oder 40 LKW abgestellt waren. Ich war der Meinung, daß sie für die Fahrt zu einer Übung dort standen, mußte dann aber feststellen, daß diese LKW keine Nummerntafeln haben und fürs Verschrotten bestimmt sind. Und es gibt dafür keinen Ersatz. Ich selbst bin bei meiner letzten Übung mehr oder weniger gezwungenermaßen auf Fahrzeugen gefahren, die in einem äußerst bedenklichen Zustand waren.

An dieser Stelle möchte ich mich bei den Truppenoffizieren, die draußen bei den Einheiten Dienst tun, wirklich bedanken, weil es verblüffend ist, mit welch geringfügigen Mitteln dennoch sehr gute Leistungen in den einzelnen Garnisonen vollbracht werden. Das ist sehr, sehr wichtig, denn diese Leute haben ein Motivationsdefizit, das dringend zu beheben wäre! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Minister! Ich möchte ein bißchen Zeit einsparen, damit andere Kollegen auch noch etwas sagen können. Ich glaube, dem Bundesheer fehlt – das hat Kollege Jung auch schon gesagt – außer Geld der klare politische Auftrag, in welche Richtung es weitergehen soll. An diesem klaren politischen Auftrag versucht sich die Koalition herumzuschwindeln, und das führt zu Demotivation und zum Verlust an Leistungswilligkeit. Wenn Sie sich aber durchringen können, diesen politischen Auftrag klar zu erteilen, dann wird es mit dem Bundesheer auch wieder aufwärtsgehen. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

21.30

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Tychtl. Ich erteile ihm das Wort. Die Uhr ist auf 6 Minuten eingestellt.

21.30

Abgeordneter Ing. Gerald Tychtl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben heute schon einige Male von einigen Rednern vernommen, daß dieser Budgetvoranschlag kein Jubelbudget darstellt, sondern im Lichte des Sparprogramms der Bundesregierung erstellt wurde.

Dazu kommt, daß sich die militärstrategischen Rahmenbedingungen grundsätzlich verändert haben, wodurch der Stellenwert der klassischen militärischen Landesverteidigung an Bedeutung verloren hat beziehungsweise verliert. Regionale Grenzsicherung und Grenzverteidigung sind an die Stelle der Gesamtverteidigung getreten. Das österreichische Bundesheer und Österreich haben sich bereit erklärt, im internationalen Bereich solidarisch mitzuwirken, und zwar auf dem Gebiet der Friedenserhaltung, des Katastropheneinsatzes, der humanitären Hilfe. – Ich glaube, das ist heute auch schon einige Male zu Recht vermerkt worden. – Diese Willenserklärung wurde sowohl gegenüber den Vereinten Nationen artikuliert als auch im Abkommen mit der NATO betreffend die Teilnahme der "Partnerschaft für den Frieden" abgegeben.

Ich glaube, gerade beim Einsatz im Rahmen der UN-Friedenstruppen, bei UN-Beobachtermissionen, im Rahmen der NATO-Mission SFOR und mit Truppenkontingenten und Einzelpersonen, aber auch beim letzten Kontingent der OSZE-Mission in Albanien hat das österreichische Bundesheer wieder einmal unter Beweis gestellt, daß es nicht nur gut ausgebildet, sondern auch bereit ist, entsprechende Aufgaben zu übernehmen.

Herr Bundesminister! Jetzt komme ich auf einen Bereich zu sprechen, in dem meiner Meinung nach wirklich etwas geschehen muß: Ich konnte mich selbst überzeugen, daß die Gerät


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schaften, die die NATO beziehungsweise die UN unseren Truppen heute bereitstellen, in vielfacher Hinsicht nicht den Standards der Gerätschaften entsprechen, die wir unseren Soldaten im Inland, aber auch andere Armeen ihren Leuten zur Verfügung stellen.

Ein Beispiel hiezu: Es gibt Kfz im Bereich der UN-Truppen, die zum Einsatz auf dem Golan bereitgestellt werden, die kein Zweikreisbremssystem besitzen. Die Bremsen sind unterdimensioniert, und daher sind diese Fahrzeuge gerade für den Einsatz im hügeligen und bergigen Gelände wie dem Golan nicht geeignet. Trotzdem haben wir keine Möglichkeit, unsere Truppen dort mit unseren Gerätschaften zu versorgen, sondern sie müssen mit diesen Geräten, die letztendlich lebensbedrohend sind, ihre Aufgaben erfüllen. Ich glaube, wir sollten uns verstärkt einsetzen, um auf diesem Gebiet etwas zu erreichen!

Zweitens: Von einem meiner Vorredner ist heute schon die Frage des Einsatzes unserer UN-Truppen in Zypern angesprochen worden. – Es ist richtig, daß die Tätigkeit unserer Soldaten gerade in der Pufferzone oftmals äußerst schwierige und äußerst gefährliche Situationen mit sich bringt und letztendlich die Frage zu stellen ist, ob unsere Mannschaften wirklich ausreichend geschützt beziehungsweise ausgerüstet sind. – Ich behaupte, daß das nicht der Fall ist! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.) Das sollte uns wirklich ein bißchen an die Nieren gehen!

Ich gehe davon aus, daß wir unseren Soldaten jenen Standard angedeihen lassen sollten, den andere Armeen haben – und ich bin in diesem Zusammenhang bereit, NATO-Standard zu fordern –: ordentliche Helme, Splitterschutzwesten, ordentliche Einsatzfahrzeuge und eine ordentliche Bewaffnung.

Herr Bundesminister! Ich hoffe, all unsere Mitglieder haben gesehen, wie es unseren Soldaten im Vorjahr bei den Zwischenfälle auf Zypern ergangen ist. Meiner Meinung nach waren sie zuwenig auf die Situation vorbereitet. Daher glaube ich, daß wir sie, da solche Provokationen immer wieder auftreten, mit denen sie rechnen müssen, entsprechend schulen müssen. Dazu gehört aber auch eine Ausrüstung mit Vollvisierhelmen. Irgend jemand hat die Behauptung aufgestellt, daß man sich bei Steinschlägen bücken soll. – Ich glaube, ein Helm ist allemal besser, als sich zu bücken, denn ein Stein erwischt einen auch, wenn man sich bückt! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Dr. Ofner. )

Herr Bundesminister! Nun noch ein Wort – denn die Lampe hier blinkt schon – zu den Einsätzen im Inland: Auch da ist es notwendig, gerade die Pioniertruppe besser auszurüsten. Bereits bei den Budgetverhandlungen habe ich die Frage an Sie gerichtet, wie wir vorgehen werden. Ich habe gehört, daß es kein einsatzfähiges Brückenmaterial gibt, jene Brücken, die wir haben, sind seit dem letzten Hochwassereinsatz verbaut. Wir haben keine Rammgeräte, um effizient Pfähle in den Boden rammen zu können. All diese Dinge müßten angeschafft werden. Ich hoffe und appelliere an Sie, daß die im Budget vorgesehenen Mittel für die Pioniertruppe raschest eingesetzt werden, damit die Truppe wieder die Möglichkeit hat, bei etwaigen Katastrophen – vor denen Gott schützen möge, die aber leider immer wieder auftreten! – wirklich zum Einsatz zu kommen.

Ich hoffe in diesem Sinne auf eine Zusage von Ihnen und darf dazusagen, daß wir diesem Budgetansatz die Zustimmung geben werden. (Beifall bei der SPÖ.)

21.35

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Ofner. – Bitte.

21.35

Abgeordneter Dr. Harald Ofner (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Einer der drei Vorsitzenden der Beschwerdekommission, Abgeordneter Tychtl, hat soeben geredet. Ich kann dazu nur sagen, daß ich in weiten Bereichen mit seinen Ausführungen übereinstimme.

Die Zahl der Beschwerden ist groß, und sie wird nicht geringer. Es sind aber eigentlich nur relativ wenige Soldaten, die sich über persönliche Unbill beschweren, die sie wirklich erlitten


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haben oder erlitten zu haben glauben. Immer mehr Soldaten bringen in ihren Beschwerden die tiefe Verunsicherung beziehungsweise geradezu Erbitterung, die sie über den Zustand des Heeres als Ganzes empfinden, zum Ausdruck.

Da gibt es etwa die Beschwerde, daß eine Einheit ohnehin nicht um ein Fahrzeug mehr hat, als unbedingt gebraucht wird, dann aber unter einem Vorwand, etwa daß man kurzfristig ein Geländefahrzeug herborgen müsse, dieses Fahrzeug weggenommen wird und man es nicht mehr zurückbekommt, weil irgendeine Verwaltungsstelle in der Landeshauptstadt es dringender benötigt hat. Eine Beschwerde des erbitterten Kompanie-Kommandanten ist die Folge.

Weiters gibt es Beschwerden von Grundwehrdienern, die als Pioniere einrücken und feststellen müssen, daß sie keinen Pionierdienst versehen und auf diesem Sektor nichts lernen können. Denn wenn sie urgieren, warum sie nicht für Wasserbauten, Brückenbauten oder ähnliches ausgebildet und eingesetzt werden, wird ihnen bedeutet: Erstens haben wir kein Material und keine Geräte dafür, zweitens haben wir auch nicht genug Leute. Grundwehrdiener werden zu Dutzenden aus dem Pionierbereich versetzt und anderswo zugeteilt, weil man nicht genug Mannschaften, Geräte und auch nicht die notwendigen Werkzeuge hat, um das, was Pioniere lernen müssen, auch tatsächlich vermitteln zu können.

Ferner hört man, daß es etwa bei den "neuen" – unter Anführungszeichen, denn sie sind auch bereits recht überwutzelt – Panzerverbänden zuwenig Munition gibt. Es gibt nicht einmal die Erstausstattung an Munition für die LEOPARDEN und JAGUARE. Man kann sich vorstellen, was im Kopf eines verantwortlichen Kommandanten vorgeht, wenn er sich mit seinen Leuten einer solchen Situation gegenübersieht!

Auch besteht die Situation – einer meiner Vorredner, Abgeordneter Schöggl, hat es ja schon gesagt –, daß es immer mehr Häuptlinge und immer weniger Indianer gibt. Das führt dazu, daß zum Beispiel in Vorarlberg ein Divisionär als dortiger Militärkommandant nur etwas mehr als eine Kompanie in den Grenzen des Bundeslandes unter seiner Obhut weiß. Es gibt schöne, neu hergerichtete und große Kasernen in Vorarlberg, aber nur eineinhalb Kompanien, die ein Divisionär unter sich hat.

All diese Übelstände bringen die Soldaten, die Offiziere, die Unteroffiziere und auch die Mannschaften und Grundwehrdiener, zum Zweifeln und zum Verzweifeln. Immer wird dann politisch argumentiert, wie denn Investitionen vorgenommen werden sollen und man wissen solle, was wirklich anzuschaffen ist, wenn man nicht weiß, wohin der Weg politisch geht, wenn man nicht weiß, ob der Weg jetzt in die NATO führt oder nicht, ob wir neutral und allein bleiben oder uns in einem Bündnis wiederfinden werden. – Das ist in Wahrheit jedoch nichts als eine billige Ausrede, meine Damen und Herren! Denn egal, ob wir letztendlich in der NATO landen – und ich bin überzeugt davon, daß es auf Dauer so kommen wird, ob viele von uns das wollen oder nicht –, oder ob wir allein, mehr oder weniger neutral oder nicht neutral bleiben: Das Heer wird sich in dem Zustand, in dem wir es jetzt vorfinden, so und so nicht halten können. Die genannte Ausrede ist also eine faule Ausrede! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Soviel zum Zustand des Heeres selbst, wie er sich einem Vorsitzenden der Bundesheerbeschwerdekommission aus seiner Erfahrung im Umgang mit dem, was aus dem Heer an ihn herangetragen wird, darstellt.

Erlauben Sie mir nun, von den täglichen Sorgen der Beschwerdekommission noch etwas ins Treffen zu führen: Für die nächste Novellierung des Heeresgesetzes, die ja bevorsteht, wünschen wir uns – und das kann keine parteipolitische Frage sein, das müßte man eigentlich durchsetzen können – zwei Dinge:

Einerseits wünschen wir uns eine Bagatellgrenze für die Behandlung von Beschwerden. Denn das Heer ist kein Mädchenpensionat, das wissen wir alle. Echte Unbill und echtes Unrecht sollen geahndet werden. In solchen Fällen soll der Beschwerdeführer recht bekommen. Für die Fälle, in denen es aber wirklich nur um einen Schmarrn geht, will die Beschwerdekommission die Möglichkeit haben, die Behandlung ablehnen zu können. Wir wollen also die Einführung einer Bagatellgrenze. (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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Zweitens: Es soll eine Verjährungsfrist von etwa einem Jahr eingeführt werden. Wenn jemand wirklich glaubt, etwas vermelden und sich beschweren zu müssen, dann soll er es tun. Dann soll er aber nicht ein oder zwei Jahre warten, bis es ihm – aus welchen Gründen auch immer – einfällt, sich erst dann an die Kommission zu wenden.

Ich möchte diese Wünsche der Kommission, die von den Mitgliedern aus allen fünf Fraktionen geteilt werden, hiermit zur Anmeldung bringen und Sie bitten, dieses Versprechen bei der nächsten Novelle, die ja kommen wird, verwirklichen zu helfen! (Beifall bei dem Freiheitlichen.)

21.41

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Platter. – Bitte.

21.41

Abgeordneter Günther Platter (ÖVP): Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich wollte heute eigentlich näher auf den Assistenzeinsatz des Bundesheeres an der Grenze eingehen, weil das Bundesheer auf diesem Gebiet in den letzten sieben Jahren zweifellos Großartiges geleistet und 73 Prozent der illegalen Grenzgänger aufgegriffen hat. Aufgrund der heutigen Debatte und da mir nur eine kurze Redezeit zur Verfügung steht, möchte ich nur kurz auf einige Ausführungen hier eingehen.

Am ärgsten war heute zweifellos das Verhalten der Grünen. Ich habe ganz genau beobachtet, wie Sie sich über das Bundesheer lächerlich machen. Meine Damen und Herren! Sie vergessen, was das Bundesheer für die Sicherheit unseres Landes leistet! Denken Sie etwa an die Jugoslawien-Krise, in der das Bundesheer Großartiges geleistet hat. (Abg. Mag. Kammerlander: Was?) Es hat der österreichischen Bevölkerung Schutz und Sicherheit gegeben und die österreichischen Bevölkerung ernstgenommen! (Beifall bei der ÖVP.)

Sie können darüber lachen! Uns ist hier mit Sicherheit nicht zum Lachen! Gerade in Fällen von Einsätzen wie desjenigen in der Jugoslawien-Krise gibt es immer eine vorbehaltlose Zustimmung zum Bundesheer. Wenn wir jedoch – erfreulicherweise – Ruhe im Land haben, dann meinen manche, vor allem die Grünen, daß wir in einem Schlaraffenland leben, und sofort sind die Populisten am Werk. Die grünen Populisten lassen vernehmen, daß jeder für das Bundesheer investierte Schilling zuviel sei.

Herr Abgeordneter Jung! Es ist erstaunlich, was Sie sich heute hier geleistet haben! Sie haben zum Herrn Minister gesagt, daß es für ihn gescheiter wäre, Waschmittel zu verkaufen. (Abg. Scheibner: Das ist falsch!) Herr Brigadier Jung! Das ist ein Skandal ersten Ranges! (Zwischenruf des Abg. Jung. ) Bei allem Verständnis für unterschiedliche Meinungen, Herr Brigadier: In diesem Fall haben Sie den Bogen überspannt! Sie haben sich disqualifiziert, daher ist es nicht der Mühe wert, näher auf Ihre Ausführungen einzugehen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich muß leider auch ein Wort zu den Ausführungen des SPÖ-Wehrsprechers, des Abgeordneten Gaál, sagen. – Wenn Sie sich darüber beschweren, daß unser Verteidigungsminister voreilige Schritte setze und fehlerhafte und widersprüchliche Konzepte berate, die dann in den Medien abgedruckt würden, so möchte ich folgendes dazu sagen: Der Innenminister hat uns auch nicht gefragt, bevor er seine Überlegungen über die Novellierung des Waffengesetzes in den Medien verbreitet hat. Ich hatte dagegen aber nichts einzuwenden! Ich kritisiere diese Vorgangsweise des Innenministers nicht, obwohl ich zu einer weiteren Verschärfung des Waffengesetzes eine andere Meinung habe.

Wenn jedoch der Verteidigungsminister Ähnliches macht, dann schaut die Sache ganz anders aus! (Zwischenruf des Abg. Leikam. ) Geschätzter Herr Abgeordneter Gaál! Ich verstehe Ihre Empfindlichkeit in dieser Angelegenheit überhaupt nicht. Ich wünsche mir einen Verteidigungsminister, der neue Schritte setzt und Reformen durchsetzt. Ich freue mich daher, daß wir mit Werner Fasslabend einen aktiven, offensiven Verteidigungsminister haben. (Beifall bei der ÖVP.)


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Meine Damen und Herren! Abschließend möchte ich noch festhalten, daß das österreichische Bundesheer eine äußerst wertvolle zentrale Einheit für die Friedenssicherung in unserem Land ist, für die Erhaltung der Stabilität und für den Schutz der Menschen in Österreich ist. Ebenso wie mein Kollege, Abgeordneter Spindelegger, meine ich daher, daß sich das Bundesheer diese heutige Debatte nicht verdient hat! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

21.46

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Jung gemeldet. Ich bitte, die Bestimmungen der Geschäftsordnung, so wie sie heute schon mehrfach skizziert wurden, zu beachten. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

21.46

Abgeordneter Wolfgang Jung (Freiheitliche): Entschuldigen muß man sich, wenn man etwas Falsches gesagt hat!

Ich berichtige folgendes: Kollege Platter hat behauptet, ich hätte gesagt, der Herr Bundesminister solle Waschmittel verkaufen. – Dies ist unwahr!

Ich habe gesagt: Mit solchen Managementmethoden kann man heute nicht einmal mehr Waschmittel verkaufen, geschweige denn ein Ministerium führen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

21.47

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt als nächste Rednerin Frau Abgeordnete Apfelbeck. – Bitte.

21.47

Abgeordnete Ute Apfelbeck (Freiheitliche): Herr Präsident! (Rufe und Gegenrufe zwischen der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Präsident Dr. Heinz Fischer (das Glockenzeichen gebend): Am Wort ist jetzt Frau Abgeordnete Apfelbeck!

Abgeordnete Ute Apfelbeck (fortsetzend) : Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Mit dem Budget für unsere Landesverteidigung wurde auch diesmal die Tradition gewahrt: Seit über 40 Jahren ist es ein Sparbudget.

Folgende Vorhaben sollten umgesetzt werden: erstens die Aufrechterhaltung des Betriebes des Bundesheeres, zweitens die Aufrechterhaltung der Ausbildung der Wehrpflichtigen und die Weiterbildung des Kaders, drittens die Weiterführung der Modernisierung der Ausrüstung des Bundesheeres, viertens die Berücksichtigung jener Erfordernisse, die der Erhaltung der Infrastruktur dienen.

Betreffend dieser Vorhaben blieb es jedoch bei zwar schönen, aber leeren Worte. Daher frage ich Sie, Herr Bundesminister: Nach welchen Parametern wird eigentlich beim Bundesheer gemessen? Welche Zielvorstellung, gemessen am internationalen Standard, hat man beim Bundesheer? Und vor allem, Herr Bundesminister: Welche Berater haben Sie?

Es hat den Anschein, daß in Ihrem Bundesministerium spätpubertäre Sandkasten-Landesverteidigungsspiele betrieben werden! Es werden Bataillone, ja sogar ganze Kasernen hin- und hergeschoben, ausgelöscht und aufgelöst. – Für solche Spielchen ist uns das Bundesheer zu schade! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Maitz: Waren Sie heute auch auf dem Michaelerplatz im Sandkasten spielen?)

Es handelt sich hiebei nicht um Zinnsoldaten, sondern um Menschen, und hinter jedem Menschen steht eine Familie. Daher meine ich, Herr Bundesminister, daß Ihr Plan, die Kaserne Gratkorn als Artilleriestandort aufzulösen, ein Skandal ist! Es ist dies eine Herzeigekaserne, wie wir immer wieder in den Medien gesehen haben; ich erinnere nur an die Verabschiedung der IFOR-Truppen! Herr Bundesminister! Zuerst pumpen Sie Millionen Steuergelder hinein – über 100 Millionen Schilling waren es in den letzten Jahren! –, und dann lösen Sie sie auf! Da frage


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ich mich: Was ist das für eine Wirtschaftspolitik? Nach der Wehrpolitik will ich erst gar nicht fragen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

In der Kaserne Gratkorn gibt es eine im Bundesheer wohl einmalige Artillerieinfrastruktur. Mit mehreren Millionen Schilling wurde erst kürzlich eine Artillerieschießanlage installiert. Betonen möchte ich die extrem hohe Qualität des Kaderpersonals, die daher rührt, daß das Bataillon seit seiner Aufstellung ausschließlich ein Artillerieverband ist. Ich halte es für unverantwortlich, diesen Truppenkörper in seiner derzeitigen Konstellation aufzulösen, denn damit, Herr Bundesminister, würden Sie das Ergebnis jahrelanger Ausbildung und auch Investitionen mit einem Schlage vernichten. (Zwischenruf des Abg. Dr. Maitz. )

Ich frage mich nur, wie das der Wehrsprecher der ÖVP in der Steiermark vertreten wird. Werden Sie sagen: Ja, ich bin dafür, daß Gratkorn geschlossen wird!? – Das schaue ich mir an, Herr Kollege Maitz. Wir Freiheitlichen sind gegen eine Zerschlagung bestehender und funktionierender Strukturen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Bundesminister! Schicken Sie Ihre – wie man sieht – schlechten Berater in die Wüste und lassen Sie uns unsere bewährten Kasernen! Landesverteidigung kann man nicht nur auf Glück aufbauen, sondern auch auf Können. Österreich hat Glück gehabt: 1956 – Ungarn, 1968 – !SSR und 1991 – Jugoslawien.

Eine letzte Anmerkung, meine Damen und Herren hier im Hohen Haus: Hätten alle Ressorts in den letzten 40 Jahren solche Sparbudgets gehabt wie die Landesverteidigung, dann wären uns die drei bisherigen sowie auch die sicherlich noch nachfolgenden Belastungspakete erspart geblieben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

21.51

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Arnold Grabner. – Bitte, Herr Abgeordneter.

21.51

Abgeordneter Arnold Grabner (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Die Zeit ist schon sehr vorgeschritten, daher möchte ich mich nur mit der Heeresgliederung beschäftigen.

Herr Bundesminister! Bisher haben wir versucht, die Landesverteidigung aus der Tagespolitik herauszuhalten. Bei der sogenannten Heeresgliederung-Neu war das nicht der Fall. Wir haben als Koalitionspartner das entsprechende Papier immer wieder verlangt, es aber nicht bekommen. Die Wehrsprecher haben keine Informationen bekommen! Die Mitglieder des Landesverteidungsausschusses haben das Ergebnis aus der Presse erfahren müssen. (Demonstrativer Beifall des Abg. Jung. ) Das ist einfach unmöglich! (Beifall bei der SPÖ, bei den Freiheitlichen und bei den Grünen.)

Meine Damen und Herren! Der Herr Bundesminister hat im Landesverteidigungsausschuß nicht richtig informiert. (Neuerlicher demonstrativer Beifall des Abg. Jung. ) Er hat gesagt: Es gibt noch keine Veränderung in der Truppe, sondern nur eine Mitteilung. Herr Bundesminister! Ich bringe Beweise: Es sind bereits Vorkehrungen zur Schließung einzelner Kasernen getroffen worden. (Abg. Scheibner: Skandalös!) Nicht ein Sozialdemokrat, sondern Funktionäre des ÖAAB haben mir diese Papiere gebracht. (Ruf bei den Freiheitlichen: Hört, hört!)

Meine Damen und Herren! Ich darf daran anschließend noch etwas hinzufügen: Dieser Funktionär des ÖAAB hat mir gesagt: Es sollen Kasernen geschlossen werden. Wir jammern hier seit Jahren, daß für das Bundesheer und die Landesverteidigung zuwenig Geld da ist, aber zugleich wurden während der letzten Jahren viele Millionen in Kasernen investiert, die heute geschlossen werden. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Ich nenne Ihnen ein paar Beispiele dieses ÖAAB-Funktionärs: durchgeführte Modernisierung, neues Küchengebäude mit großem, modernem Speisesaal, moderne Großküche, neue UO-Messe, moderne Magazine, zwei Mannschaftsräume, Hauptgebäude und und und – hat er gesagt. (Abg. Schwarzenberger: Wo? Ist diese Kaserne in der Schweiz? – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)


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Meine Damen und Herren! Ich möchte mit diesen Worten schließen (in Richtung Bundesminister Dr. Fasslabend) : Das wird Ihnen noch auf den Kopf fallen, Herr Präsident, weil das Ihre Funktionäre und Ihre Wähler sind! Zum Schluß sagte mir dieser Funktionär: Wer kämpft, kann verlieren, wer nicht kämpft, hat schon verloren! (Beifall bei der SPÖ, den Freiheitlichen, beim Liberalen Forum und bei den Grünen. – Rufe bei den Freiheitlichen: Jawohl!)

21.54

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Haupt. Er hat das Wort.

21.54

Abgeordneter Mag. Herbert Haupt (Freiheitliche): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir stehen nunmehr fast am Ende einer Debatte über das Heeresbudget, die von einem Aspekt gekennzeichnet ist: Alle Fraktionen sind sich einig darin, daß es ein Sparbudget ist. Und wieder einmal, Herr Bundesminister, zum x-ten Mal, ist es Ihnen "gelungen", das Heeresbudget unter jenen budgetären Präliminarien halten, die nach der Heeresgliederung-Neu erforderlich wären, nämlich unter 1 Prozent des Bruttoinlandsproduktes.

Ich möchte daran anschließen, daß der Kollege vom Liberalen Forum hier gemeint hat: An ihren Taten sind die Heerespolitiker zu messen. Das letzte Mal lag das Heeresbudget über 1 Prozent, nämlich bei 1,1 Prozent des BIP, als vor nahezu 15 Jahren die Freiheitlichen in der Regierung waren. Seit dieser Zeit bewegt sich dieses Budget ständig nach unten und hat nie mehr wieder die erforderliche Zahl von 1 Prozent des Bruttoinlandsproduktes aufgewiesen. (Abg. Wabl: Das war der Frischenschlager!) Herr Bundesminister! Ich denke, daß die Zeit der Sparpakete, die auf Kosten des Heeres gehen, beendet werden muß.

Kollegen Spindelegger muß man klar und deutlich eines sagen: Er soll nicht die Kritik an seinem Bundesminister mit der Kritik am Heer verwechseln! Das Heer, die Heeresangehörigen und dort tätigen Unteroffiziere und Offiziere hat niemand hier kritisiert, sehr wohl aber Ihren Minister und seine Berater mit der Heeresreform-Neu-Neu. Und dazu besteht Grund genug! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich darf dort weitermachen, wo Kollegin Apfelbeck mit dem Beispiel Gratkorn begonnen und Kollege Grabner aus Wiener Neustadt fortgesetzt hat. Herr Bundesminister! Was hier als Artilleriekonzept auf dem Tisch liegt, ist schlicht und einfach abzulehnen. Nicht nur die Tradition von Gratkorn und die artilleristische Ausbildung in der Steiermark wird darin schlichtweg negiert, sondern auch die Arbeit der AR III in Wiener Neustadt und die dortigen vier Einheiten, die für den Mob-Fall zur Bereitstellung zur Verfügung zu stellen wären, sowie die dortige hervorragende artilleristische Arbeit wird negiert.

Das gleiche müssen wir für den Bereich der AR II in Klagenfurt feststellen. Weiters ist die Eingliederung der Klagenfurter in das Korpskommando West schlicht und einfach falsch und neu zu überdenken. Herr Minister! Ich bitte Sie als ehemaliger Angehöriger dieses Truppenkörpers, das Artillieriekonzept gänzlich neu zu überdenken! Was in der Heeresgliederung-Neu-Neu steht, kann man nur ablehnen.

Herr Bundesminister! Was sich Rechnungshofberichten nach in den Einheiten des Bundesheeres derzeit abspielt – ich erinnere Sie etwa an den Rechnungshofbericht zur PzA 9, aber auch zu allen anderen mechanisierten Truppenkörpern –, ist schlicht und einfach Potemkinsche Politik, die dort errichtet wird.

Es gibt demnach Einheiten, die 1 500 Mann Bedarf haben und in den letzten drei Jahren über maximal 900 Grundwehrdiener verfügt haben. Wenn ich die Pz 9 als Beispiel heranziehe: nicht einmal mehr 1 000 Grundwehrdiener im letzten Jahr, nicht einmal 1 000 Grundwehrdiener im vorletzten Jahr, 860 beim einen Einrückungstermin, 230 beim anderen Einrückungstermin, 760 beim einen Einrückungstermin, 190 beim nächsten Einrückungstermin – und das, obwohl nach der nie umgesetzten Heeresgliederung-Neu der Mindestbedarf zwischen 1 500 und 1 600 Grundwehrdienern läge, um alle Einheiten hinreichend mit Personal zu besetzen.


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Die Kritik des Rechnungshofes ist nachlesbar. Sie kommt weder von der Opposition noch von der sozialdemokratischen Mehrheitsfraktion noch von den Grünen noch vom Liberalen Forum. Herr Bundesminister! Allein diese Kritik des Rechnungshofes hätte Sie in den Budgetverhandlungen in die Lage versetzen müssen, mehr als dieses Sparpaket für das Bundesheer zu lukrieren. Diese Last, Herr Bundesminister, werden Sie zu tragen haben! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Bundesminister! Von den 4 500 freien Planstellen werden maximal 200 bis 300 für Frauen, die nunmehr zum Heer kommen, auch lukrierbar sein. Ich denke daher, daß damit Leuten wieder falsche Hoffnung gemacht wird, da sie die Planstellen nicht vorfinden werden. Ich hoffe, Sie werden das in der Öffentlichkeit bald einmal richtigstellen, um dieses Verwirrspiel zu beenden.

Noch etwas zu den Pioniereinheiten: Wir stellen fest, daß bei den Pioniereinheiten Caterpillar aus dem Jahre 1949 in Verwendung sind, daß die derzeitigen Brückengeräte aus Aluminium für maximal 2,5 Tonnen genehmigt sind, daß die Rammgeräte nicht mehr verfügbar sind, daß dem entsprechenden Ausweis gemäß etwa die Pioniere in Villach drei Jahre kämpfen mußten, um eine billige Feldschmiede wieder zu erhalten, damit sie ihre Werkzeuge schärfen können.

Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sie müssen dankbar dafür sein, daß unsere Pioniertruppen unter solchen Einsatzbedingungen nicht nur Anerkennung bei der Bevölkerung bekommen, sondern diese Anerkennung zu Recht bekommen, weil sie Übermenschliches – und das rund um die Uhr – im Katastropheneinsatz leisten! Herr Minister! Sie und Ihr Ministerium haben die Pioniertruppen nicht mit jenen grundlegenden Mitteln ausgestattet, die ihnen im Katastrophenfall eine Unterstützung zur effizienten Hilfe wäre. Teilweise müssen sie Gerät von privaten Firmen ausleihen, um ihrer Arbeit nachkommen zu können. Ich betrachte das schlicht und einfach als Schande, Herr Bundesminister! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Bundesminister! Das Heeressanitätskonzept ist schlicht und einfach abzulehnen. Es ist meiner Ansicht nach ein Trauerspiel, wenn von der IGM und dem ehemaligen Oberstleutnantarzt Häfele ein Schreiben aus Innsbruck an alle Mitglieder ergeht, in dem wortwörtlich folgende Tatsache nachzulesen ist: Daß der Sanitätsdienst des österreichischen Bundesheeres seit Jahren reich an großen Absichtserklärungen und arm an zielorientierten, realisierbaren Konzepten dahinvegetiert, hat zur Gründung der Interessensgemeinschaft beigetragen. – Mit herzlichen Weihnachtsgrüßen für 1997 schließt dieses Schreiben, sehr geehrter Herr Bundesminister – es ist also nicht alten, sondern jüngsten Datums!

Sie sollten sich auch die Diskussion um die Heeressanitätsanstalt in Klagenfurt zu Herzen nehmen. 60 Millionen Schilling waren nicht vorhanden, eine Leasingvariante, die Ärztekammerpräsident Leitner kostengünstig angeboten hat, wurde ebenfalls nicht aufgegriffen. Sie sind unfähig, in Klagenfurt ein Grundstück am Wörthersee der Gemeinde Klagenfurt zu verkaufen, obwohl bei Angeboten mit Grundstückspreisen von 6 000 S und 10 000 S diese Kosten zumindest zu einem Fünftel hereingebracht werden könnten. Das bringen Sie nicht zustande!

Unsere Soldaten einzuziehen und keine Heeressanitätsanstalt zu haben, ist Tatsache. Herr Bundesminister! Sie haben dringenden Handlungsbedarf. (Beifall bei den Freiheitlichen sowie des Abg. Hans Helmut Moser. )

22.01

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Antoni. Er hat das Wort. (Abg. Dr. Khol: Bitte alles verlesen!)

22.01

Abgeordneter Dr. Dieter Antoni (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Zum Abschluß ein paar Bemerkungen zur Ausbildungssituation beim Bundesheer. (Abg. Dr. Mertel: Militärische Donauwellen!) Ich darf positiv vermerken, daß die in Angriff genommene Umstrukturierung der Militärakademie in Richtung Fachhochschule – präziser gesagt: in Richtung eines Fachhochschullehrganges – bereits relativ weit gediehen ist.


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Ich halte diesen Schritt ausbildungsspezifisch für durchaus richtig und denke, daß der damit eingeschlagene Weg weiter fortzusetzen ist. Wichtigste Merkmale dieses Fachhochschullehrganges sind: Er wird im Frühjahr 1998 beginnen, die Dauer ist auf drei Jahre – also sechs Semester – ausgelegt, 90 Studienplätze sind vorgesehen, und die Abschlußbewertung wird mit einem Magisterium (FH) Militärische Führung erfolgen.

Wir Sozialdemokraten sind auch deshalb der Auffassung, daß der eingeschlagene Weg richtig ist, weil die Bereiche inhaltliche Ausbildung, Ausbildungsdauer und Ausbildungsqualifikation europaspezifisch einer Harmonisierung gleichkommen. Diese ist letztlich anzustreben.

Dennoch, Herr Bundesminister, darf ich darauf aufmerksam machen, daß das Ausbildungsprogramm – besser gesagt: das Studienprogramm – einen ganz besonderen Zuschnitt braucht, und zwar deshalb, weil man von Anfang an darauf achten sollte – dies möchte ich als Warnung hinzufügen –, nicht sämtliche Ausbildungsinhalte ausschließlich auf eine militärische Laufbahn hin auszurichten. Das Heer wird meines Erachtens nach sicherlich nicht in der Lage sein, jährlich 90 Absolventen des Fachhochschullehrganges Berufskarrieren für Offiziere anzubieten. Vielmehr glauben wir, daß es erforderlich ist, das Verständnis von Führungskräften viel breiter und differenzierter anzulegen, um Absolventinnen und Absolventen dieses Fachschullehrganges auch eine Berufskarriere auf ziviler Ebene anbieten zu können.

Der flexible Einsatz auch außerhalb des Militärs, also auch im zivilen Bereich, ist vor allem deshalb wichtig, weil Sie, Herr Bundesminister, bereits in Zusammenhang mit der Adaptierung der Heeresgliederung 1992 einen Schrumpfungsprozeß beim Bundesheer eingeleitet haben. – Ich bedanke mich. (Beifall bei der SPÖ.)

22.04

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Kummerer. Er hat das Wort.

22.04

Abgeordneter Dipl.-Ing. Werner Kummerer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Ich möchte zum Unterschied von Kollegen Maitz, der über das "Kapitel Äußere Sicherheit" gesprochen hat, über das Kapitel Militärische Angelegenheiten sprechen und beziehe mich dabei hauptsächlich auf die Umsetzung des Wehrgesetzes, das auch wesentliche Ansätze im Budget hat.

Ich möchte auch kurz auf den Debattenbeitrag des Kollegen Platter Bezug nehmen, der sich hier über eine Empfindlichkeit beschwert hat. Selbstverständlich besteht eine Empfindlichkeit, wenn man auf solch eine Art informiert wird. Insbesondere in der ÖVP ist in letzter Zeit diesbezüglich Eigenartiges vorgekommen. Ich erinnere daran, daß die Abgeordneten der ÖVP eine Novelle zum Vereinsgesetz erfunden haben (Abg. Rosemarie Bauer: Ich habe eine Einladung zu einer Veranstaltung bekommen!), diese Novelle daraufhin plakatiert haben und Innenminister Schlögl jetzt gesagt hat: Bevor es dazu einen Entwurf gibt, wird Verbindung mit dem Koalitionspartner aufgenommen werden. (Abg. Rosemarie Bauer: Ja, aber wir alle haben eine Einladung zu einer Veranstaltung bekommen! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) Wir sind so "empfindlich", daß wir auch vom Verteidigungsminister gerne hätten, daß er, bevor solche Papiere hinausgehen, Verbindung mit dem Koalitionspartner aufnimmt. (Beifall bei der SPÖ.)

Es ist ja nicht nur ein Zettel, der hier verteilt wurde, sondern ein Erlaß, den der Generaltruppeninspektor am 17. Oktober genehmigt hat. Für jeden Soldaten ist dieser Erlaß ein Befehl, und dieser Befehl ist umzusetzen. Ich bin aber froh darüber, daß ich heute aus dem Munde des Ministers hören konnte, daß ein Brainstorming eingeleitet wird und daß dabei die Adaptierung erst geprüft wird sowie Varianten erarbeitet werden. Solche Varianten sind meiner Ansicht nach notwendig.

Diese Diskussion hatte aber zweifelsohne auch etwas Positives. Die Darstellung von Herrn Divisionär Hessel im Landesverteidigungsausschuß am 28. Oktober hat mir gut gefallen. Er hat nachvollziehbar die Wahrscheinlichkeit von Konflikten ermittelt und die Szenarien zukünftiger Gefahren dargestellt. Interessant für mich war, daß ich den Verteidigungsfall im klassischen


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Sinne in diesen Szenarien nicht mehr vorkommen gesehen habe. Er hat auch die operativen Erfordernisse dargestellt, dabei aber die Abwehr in einem begrenzten Operationsraum erst an fünfter Stelle genannt. Daraus sind Schlüsse zu ziehen, und darauf ist bei der Adaptierung Rücksicht zu nehmen. Das ist auf alle Fälle diskussionswürdig.

Wir setzen uns – wie viele meiner Kolleginnen und Kollegen – dafür ein, die Truppe zu stärken. Auch dieses Ziel erblicke ich in dem Entwurf nicht – ich bezeichne das jetzt absichtlich als Entwurf. Wir haben mit dieser Adaptierung 117 erlaßgebende Stellen und 27 nachgeordnete Kommanden, die diese Erlässe zu exekutieren und umzusetzen haben. Auch in den höheren Kommanden sehen wir keinen Einsparungseffekt. Jetzt gibt es 15 höhere Kommanden. Sollte die Umgliederung wie geplant kommen, werden es 16 Kommanden sein sowie zusätzlich ein Logistikkommando, ein Brigadekommando für internationale Einsätze und ein Sondereinsatzstab, insgesamt daher 19, also eine Vergrößerung um vier Stellen. Ich halte die Militärkommanden auch für überbesetzt. Die Reduktion um 30 Prozent ist für die neuen Aufgaben meiner Ansicht nach zuwenig. Wir glauben, daß auch da über ideologische Hindernisse gesprungen werden muß. (Beifall bei der SPÖ.)

Eine kurze Anmerkung noch zum Beschaffungswesen: Dabei haben wir ein gemeinsames Steckenpferd, Herr Bundesminister, und das ist die Artillerie. Jetzt haben wir 162 Geschütze, in Zukunft sollen es 144 sein; 18 kommen in die Umlaufreserve. Trotzdem beabsichtigen Sie, nächstes Jahr weitere Artilleriegeschütze anzukaufen. In dieser Hinsicht möchte ich Ihnen wieder die Frage stellen, wie ein vernünftiger Einsatzbefehl für die Artillerie auszusehen hat nach dem Bedrohungsbild, das Divisionär Hessel aufgezeigt hat.

Kollege Moser hat mir einmal dabei geholfen und über Gefechtsfeldbeleuchtung gesprochen – sicherlich ein interessanter Aspekt, aber mit zusätzlichen Geschützen: Wollen wir Flutlicht für ganz Österreich, Herr Minister? – Ich denke, unsere Prioritäten liegen woanders: Unsere Prioritäten liegen im paktierten Mech-Paket sowie in der Anschaffung der österreichischen Rad- und Schützenpanzer. Sie selbst haben von 75 Prozent inländischer Wertschöpfung gesprochen. Herr Bundesminister! Ich bitte Sie: Setzen Sie diese inländische Wertschöpfung um!

Zum Schluß danke ich allen unseren Soldaten für ihren Dienst an der Republik. (Beifall bei der SPÖ.)

22.10

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Großruck. Die restliche Redezeit Ihrer Fraktion beträgt 2 Minuten. – Bitte.

22.10

Abgeordneter Wolfgang Großruck (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich muß etwas schneller sprechen. Herr Bundesminister, in Oberösterreich ist Feuer am Dach. ("Oh!"-Rufe bei der SPÖ.) Sie wissen es: Die Aufregung über die Schlagzeilen der Heeresgliederung-Neu ist groß, denn es sollen einige Kasernen geschlossen beziehungsweise teilweise geschlossen werden. (Abg. Wabl: Kindergärten! Wohnungen!) Der Entwurf sieht vor, daß speziell Kirchdorf, Steyr und Freistadt davon betroffen sein sollen. Herr Bundesminister! Ich bitte Sie, geben Sie dieses Papier dorthin, wohin es gehört: in einen großen Tresor, sperren Sie den Tresor zu, vergessen Sie die Zahlenkombination und verlegen Sie den Schlüssel! (Beifall bei der SPÖ, den Freiheitlichen sowie den Grünen.)

Herr Bundesminister! Das ist ein Anliegen der Oberösterreicher und Gesamt-Oberösterreichs, und dafür gibt es Begründungen. Oberösterreich ist das Bundesland mit dem höchsten Grundwehrdieneraufkommen in Österreich. Von diesen Grundwehrdienern müssen schon derzeit 40 Prozent in anderen Bundesländern einrücken. Die Folge sind Ausweichen auf Zivildienst – oder Frustration.

Mit der Neuadaptierung der bestehenden Heeresgliederung ist neuerlich die Stillegung eines ganzen Bataillons in den Kasernen Kirchdorf und Steyr vorgesehen, und so weiter. Herr Bundesminister! Ich darf Sie namens der oberösterreichischen Kollegen ersuchen, genau zu überlegen und zu prüfen, wie sinnvoll und notwendig es ist, die Reform in dieser Art durchzuführen. Denn


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alle Gemeinden, die von einer teilweisen Schließung von Kasernen betroffen sind, haben auch große wirtschaftliche Nachteile zu erleiden. Ich hoffe auf Ihr Verständnis. (Demonstrativer Beifall des Abg. Grabner. )

Ich weiß, daß Sie ein Bundesminister sind, der sich auch an den Bedürfnissen der Bevölkerung und der Bürger orientiert, und ich bin davon überzeugt, daß Sie eine richtige und tragbare Lösung finden werden. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ, den Freiheitlichen und beim Liberalen Forum.)

22.12

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Kammerlander. – Bitte.

22.12

Abgeordnete Mag. Doris Kammerlander (Grüne):Herr Präsident! Herr Bundesminister! Kolleginnen und Kollegen! Herr Bundesminister, ich gratuliere Ihnen, denn Sie haben etwas zusammengebracht, was vor Ihnen wahrscheinlich kaum einer zusammengebracht hat: Sie haben nicht einmal die Mehrheit in Ihrer eigenen Fraktion. (Heiterkeit und Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.) Vor zwei Stunden habe ich noch geglaubt, Sie haben mit Ihrer Fraktion hier im Haus nur die Minderheit. Aber tatsächlich haben Sie nicht einmal die Mehrheit in Ihrer eigenen Fraktion. Das ist wirklich ein Kunststück, das beachtet gehört. (Abg. Dr. Maitz: Tatsächliche Berichtigung!)

Es gibt auch noch andere Kunststücke, wie ich heute festgestellt habe. Es ehrt uns selbstverständlich, daß wir als eine kleine Oppositionspartei in dieser Debatte am häufigsten zitiert worden sind. Wir besitzen in Ihren Augen offensichtlich eine gewisse Seriosität, weil Sie sich mit unseren Argumenten sonst nicht so abmühen würden. Nur das kann ich daraus schließen.

Aber Ihre Bemühungen, Herr Kollege Spindelegger, waren ziemlich daneben. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Statt mit vorgetäuschter Seriosität und Untergriffen zu arbeiten, sollten Sie lieber auf das bewährtere Rezept eines gewissen Schmähs zurückgreifen, wenn Sie schon glauben, im Bereich von Halbwahrheiten operieren zu müssen. (Abg. Zweytick: Das sind Sandspiele, Frau Kollegin!)

Wenn Sie sich auf die humanitären Einsätze beziehen und damit das Entsendegesetz meinen, dann wissen Sie und all diejenigen, die im Verfassungsausschuß anwesend waren, ganz genau, daß wir selbstverständlich für ein Entsendegesetz wie das alte Entsendegesetz waren, das humanitäre Einsätze, Katastropheneinsätze und Friedenseinsätze regelt, aber daß wir nach wie vor entschieden gegen ein Entsendegesetz sind, das genau den Optionen, die wir heute schon diskutiert haben, Tür und Tor öffnet: allen zukünftigen Optionen eines NATO-Beitritts und einer Vollmitgliedschaft dort den Boden bereitet und der Neutralität – damit sind wir wieder beim Thema des heutigen Tages – wieder ein Stück abkappt und wieder ein Stück wegschneidet.

Es ist klar, daß Sie das nicht dazugesagt haben, also sage eben ich es dazu, weil wir es ja wissen. Wir haben es hier begründet, und alle, die im Ausschuß waren, wissen es auch.

Noch eines vergessen Sie zu sagen: Es ist Ihre Fraktion, die sich im Rechnungshofausschuß dagegen sperrt, daß Auskunftspersonen über diese doch sehr dubiosen Vorgänge im Zusammenhang mit Waffenbeschaffung geladen werden. Es gibt – wie mein Kollege Wabl schon gesagt hat – nur einen Wehrsprecher hier im Haus, der wegen unaufgeklärter Waffenkäufe zurücktreten mußte. Es scheint nicht in Ihrem Interesse zu sein, diese Materie aufzuklären, denn sonst würden Sie der Ladung von Auskunftspersonen im Rechnungshofausschuß zustimmen. (Beifall bei den Grünen.)

Lassen Sie mich zum Schluß folgendes sagen: Was mich in dieser Debatte verwundert und immer wieder zum Lächeln gebracht hat, ist die Tatsache, daß Sie alle, die Sie hier heraußen über das Bundesheer geredet haben, sich irgendwie selbst nicht ganz ernst nehmen. (Abg. Dr. Maitz: Das ist ein Sandspiel!) Denn alle Redner haben vorwiegend über Katastrophenschutz und humanitäre Einsätze geredet, die wichtig und gut sind, aber für die wir – das weiß jeder, und das sagen Ihnen Angehörige, auch hohe Angehörige des Bundesheeres selbst als erste –


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eigentlich kein Bundesheer brauchen. Aber es ist eine gute und billige Legitimation nicht nur für ein Heer, sondern für alle Waffenkäufe und für all das, was Sie in den letzten eineinhalb Jahren angeschafft haben, was man aber für Katastropheneinsätze und humanitäre Einsätze wirklich nicht braucht. (Beifall bei den Grünen.)

Wenn das von Kollegen Peter heute hier gar mit der Wehrwirtschaft begründet wird, so befindet er sich damit ja in guter Gesellschaft, denn das haben wir Ihnen hier vom Rednerpult aus auch schon immer gesagt. Selbstverständlich besteht ein enger Zusammenhang mit einem Beitritt und ein großes Interesse der Rüstungsindustrie an einem Beitritt Österreichs zur NATO! Aber das sollten Sie offen aussprechen und nicht als liberaler Wirtschaftssprecher – oder was Sie bei den Liberalen sind – mit der Wehrwirtschaft kaschieren. (Zwischenrufe beim Liberalen Forum.)

Wenn Sie von internationalen Friedenseinsätzen reden, sind wir dabei – dort, wo es Friedenseinsätze im klassischen Sinn sind, aber nicht dort, wenn es darum geht, mit Waffen Frieden zu schaffen. Denn das hat noch nie zu Frieden geführt. Es führt das nur zu einer sehr blauäugigen Auffassung.

Damit möchte ich zum Schluß auf die Sozialdemokratie zurückkommen, die da – durch Josef Cap vertreten – meint, daß ein NATO-Beitritt möglich wäre ohne Atomwaffenstationierung, ohne fremde Truppenstationierung und ohne Einsatz österreichischer ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um den Schlußsatz, Frau Abgeordnete!

Abgeordnete Mag. Doris Kammerlander (fortsetzend):  ... Militärangehöriger im Ausland. Das ist allein durch das Entsendegesetz nicht mehr möglich. Sie sollten sich endlich entscheiden, wohin Ihr Weg geht! (Beifall bei den Grünen.)

22.18

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zugsführer Fischer berichtet, daß keine weiteren Wortmeldungen vorliegen. (Heiterkeit und Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Die Debatte ist daher geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlußwort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zu den Abstimmungen.

Als erstes stimmen wir ab über die Beratungsgruppe XII des Bundesvoranschlages für das Jahr 1998. Diese umfaßt das Kapitel 40 des Bundesvoranschlages – samt dem dazugehörenden Teil des Konjunkturausgleich-Voranschlages – in 841 der Beilagen.

Ich bitte, daß jene Damen und Herren, die diesen Budgetteilen zustimmen, sich von den Sitzen erheben. – Dies ist mit Mehrheit angenommen.

Nach § 55 Abs. 5 der Geschäftsordnung schlage ich vor, daß die Abstimmung über den bei der Verhandlung der Beratungsgruppe XII eingebrachten Entschließungsantrag sogleich vorgenommen wird.

Gibt es dagegen eine Einwendung? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag des Herrn Abgeordneten Scheibner betreffend die Erhöhung des Landesverteidigungsbudgets für die Erfüllung der Aufgaben des österreichischen Bundesheeres.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Entschließungsantrag zustimmen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist daher abgelehnt.

Die Tagesordnung ist erschöpft.


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Einlauf

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich gebe noch bekannt, daß in der heutigen Sitzung der Selbständige Antrag 631/A (E) eingebracht wurde.

Ferner sind die Anfragen 3309/J bis 3314/J eingelangt.

*****

Die nächste, also 99. Sitzung des Nationalrates berufe ich für Freitag, den 14. November 1997, 9 Uhr, mit folgender Tagesordnung ein:

Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (841 und Zu 841 der Beilagen): Bundesfinanzgesetz für das Jahr 1998 samt Anlagen (910 der Beilagen).

Zur Beratung kommen die Beratungsgruppen VIII, XIII, VII und XI.

In dieser Sitzung findet keine Fragestunde statt.

Die Sitzung ist geschlossen.

Schluß der Sitzung: 22.20 Uhr