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Stenographisches Protokoll

 

 

 

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43. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

XXIV. Gesetzgebungsperiode

 

Donnerstag, 5. November 2009

 

 


Stenographisches Protokoll

43. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXIV. Gesetzgebungsperiode  Donnerstag, 5. November 2009

Dauer der Sitzung

                                  Donnerstag, 5. November 2009:  8.00 –   8.02 Uhr

                                                                                                    11.02 – 14.37 Uhr

*****

Inhalt

Personalien

Verhinderungen .............................................................................................................. 12

Ordnungsruf ................................................................................................................... 49

Geschäftsbehandlung

Unterbrechung der Sitzung .......................................................................................... 13

Wortmeldung des Abgeordneten Karlheinz Kopf betreffend ordnungsrufwür­dige Äußerungen des Abgeordneten Mag. Ewald Stadler ................................................................................. 49

Wortmeldungen zur Geschäftsbehandlung betreffend Dauer des Debattenbei­trages von Bundesministerin Mag. Dr. Maria Theresia Fekter:

Mag. Dr. Martin Graf ............................................................................................... ..... 52

Dr. Eva Glawischnig-Piesczek .............................................................................. ..... 53

Mag. Ewald Stadler ................................................................................................. ..... 54

Karlheinz Kopf ........................................................................................................ ..... 54

Dr. Josef Cap ........................................................................................................... ..... 55

Bundesregierung

Vertretungsschreiben ..................................................................................................... 12

Ausschüsse

Zuweisungen .................................................................................................................. 12

Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesminis­terin für Justiz betreffend Regierungsjustiz und Ministerblockade (3556/J) ........................................................... 14

Begründung: Dr. Peter Pilz ........................................................................................... 20

Bundesministerin Mag. Claudia Bandion-Ortner .................................................... 25


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll43. Sitzung / Seite 2

Debatte:

Mag. Albert Steinhauser ........................................................................................ ..... 34

Dr. Josef Cap ................................................................................................................ 36

Werner Amon, MBA ..................................................................................................... 39

Mag. Dr. Martin Graf .................................................................................................... 42

Mag. Ewald Stadler ................................................................................................. ..... 45

Bundesministerin Mag. Dr. Maria Theresia Fekter .................................................. 49

Mag. Werner Kogler ..................................................................................................... 56

Otto Pendl ..................................................................................................................... 58

Mag. Heribert Donnerbauer ................................................................................... ..... 60

Dr. Walter Rosenkranz ........................................................................................... ..... 62

Ing. Peter Westenthaler .......................................................................................... ..... 65

Dr. Peter Pilz ............................................................................................................ ..... 69

Dr. Johannes Jarolim ............................................................................................. ..... 71

Werner Neubauer .................................................................................................... ..... 72

Dr. Martin Strutz ..................................................................................................... ..... 74

Mag. Christine Lapp ..............................................................................................  75, 79

Ing. Peter Westenthaler (tatsächliche Berichtigung) ................................................... 76

Hannes Weninger ................................................................................................... ..... 76

Gerhard Huber ........................................................................................................ ..... 77

Erwin Hornek .......................................................................................................... ..... 79

Bundesministerin Mag. Claudia Bandion-Ortner .................................................... 80

Entschließungsantrag der Abgeordneten Otto Pendl, Werner Amon, MBA, Kolleginnen und Kollegen betreffend erste Maßnahmen aufgrund der Erkennt­nisse des Untersuchungsausschusses zur Untersuchung von Abhör- und Beein­flussungsmaßnahmen im Bereich des Parlaments – Annahme (E 53)       42, 80

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Ewald Stadler, Kolleginnen und Kollegen betreffend Auskunftspersonen im Spitzel-Untersuchungsausschuss – Ablehnung ................  69, 80

Eingebracht wurden

Petitionen ...................................................................................................................... 13

Petition betreffend Aufhebung des Berufsverbotes „Polizei“ für Zivildiener (Ord­nungsnummer 38) (überreicht vom Abgeordneten Mag. Johann Maier)

Petition betreffend die weitere Vorgangsweise zur Errichtung von Schutzbauten durch die Wildbach- und Lawinenverbauung (Ordnungsnummer 39) (überreicht von der Abgeordneten Elisabeth Hakel)

Petition betreffend Ablehnung einer BIG-(Teil-)Privatisierung (Ordnungsnum­mer 40) (überreicht vom Abgeordneten Mag. Johann Maier)

Regierungsvorlagen ................................................................................................... 12

399: Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regie­rung des Königreichs Bahrain auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll

400: Geodateninfrastrukturgesetz – GeoDIG

Berichte ......................................................................................................................... 12

Vorlage 25 BA: Monatserfolg September 2009; BM f. Finanzen


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll43. Sitzung / Seite 3

Vorlage 26 BA: Bericht über die Entwicklung des Bundeshaushaltes von Jänner bis September 2009; BM f. Finanzen

III-96: Bericht, Reihe Bund 2009/12; Rechnungshof

Unterrichtung gemäß Art. 50 Abs. 5 B-VG ................................................................. 13

Aufnahme der Verhandlungen mit dem Commonwealth der Bahamas zum Ab­schluss eines Abkommens über den Auskunftsverkehr in Steuersachen

Anträge der Abgeordneten

Stefan Petzner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Österreichischen Rundfunk (ORF-Gesetz) geändert wird (840/A)

Harald Jannach, Kolleginnen und Kollegen betreffend Importverbot von Agro-Energie­stoffen (841/A)(E)

Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umsetzung der Toleranz­vereinbarungen „Mindestanforderungen für die Haltung von Rindern in bergbäuerlichen und kleinbäuerlichen Betrieben“ (842/A)(E)

Maximilian Linder, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Dringlichkeit der Halbie­rung des Mehrwertsteuersatzes für Beherbergungsdienstleistungen (843/A)(E)

Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend Qualitätsverbesserung an österreichischen Hochschulen (844/A)(E)

Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend sofortiges Notbudget von 200 Millionen € für Universitäten (845/A)(E)

Tanja Windbüchler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen betreffend Gesetzentwurf über die Grundsätze für soziale Arbeit mit Familien und Erziehungshilfen für Kinder und Jugendliche (846/A)(E)

Carmen Gartelgruber, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gerichtsgebührengesetz geändert wird (847/A)

Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen betreffend Uni-Milliarde und 2 Prozent BIP Ziel bis 2015 (848/A)(E)

Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz über die Ge­währung eines Bundeszuschusses an das Bundesland Kärnten aus Anlass der 90. Wiederkehr des Jahrestages der Volksabstimmung (849/A)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Streichung der steuerlichen Förderung kapitalgedeckter Pensionsvorsorge (private Altersvorsorge als 3. Säule „prämienbegünstigte Zukunftsvorsorge“) (850/A)(E)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend weitergehende Fahrgast­rechte im Bahn-Fernverkehr nach dem Vorbild anderer europäischer Staaten (851/A)(E)

Anfragen der Abgeordneten

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Unterstützung von Pendlerinnen und Pendlern (3502/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend den Präsidenten des Österreichischen Patent­amtes und sein Umfeld (3503/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll43. Sitzung / Seite 4

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend die Holzverkäufe der Österrei­chischen Bundesforste AG im Bundesland Burgenland (3504/J)

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend die Holzverkäufe der Österrei­chischen Bundesforste AG im Bundesland Kärnten (3505/J)

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend die Holzverkäufe der Österrei­chischen Bundesforste AG im Bundesland Niederösterreich (3506/J)

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend die Holzverkäufe der Österrei­chischen Bundesforste AG im Bundesland Oberösterreich (3507/J)

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend die Holzverkäufe der Österrei­chischen Bundesforste AG im Bundesland Salzburg (3508/J)

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend die Holzverkäufe der Österrei­chischen Bundesforste AG im Bundesland Steiermark (3509/J)

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend die Holzverkäufe der Österrei­chischen Bundesforste AG im Bundesland Tirol (3510/J)

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend die Holzverkäufe der Österrei­chischen Bundesforste AG im Bundesland Vorarlberg (3511/J)

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend die Holzverkäufe der Österrei­chischen Bundesforste AG im Bundesland Wien (3512/J)

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend die Beteiligungsverwaltung der Österreichischen Bundesforste AG (3513/J)

Mag. Ewald Stadler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz be­treffend Verlegung von Strafgefangenen aus Wien in andere Bundesländer (3514/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend „Glücksspielangebote – Vollziehung des Glücksspielgesetzes 2008“ (3515/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz be­treffend „Glücksspiel- und Wettangebote: Illegales Glücksspiel/Glücksspielbetrug – ge­richtliche Verfahren 2008“ (3516/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesvertei­digung und Sport betreffend Luftraumsicherung des ÖBH für NATO-Treffen in Press­burg (3517/J)

Bernhard Vock, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit be­treffend Kosten für die Einrichtung einer zentralen Hundedatenbank (3518/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll43. Sitzung / Seite 5

Dr. Gerhard Kurzmann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäi­sche und internationale Angelegenheiten betreffend rechtliche Einschränkungen von Nicht-Regierungs-Organisationen durch die israelische Regierung (3519/J)

Dr. Gerhard Kurzmann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäi­sche und internationale Angelegenheiten betreffend vermuteten Wahlbetrug bei der Präsidentenwahl in Afghanistan (3520/J)

Mag. Heidemarie Unterreiner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend Demonstrationen im 1. Wiener Gemeindebe­zirk und deren negative Auswirkungen auf den Tourismus- und Handelsstandort Innere Stadt (2521/J)

Harald Jannach, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend die Ausarbeitung von Gesetz­entwürfen (3522/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend gefälschte Dokumente im Asylwesen (3523/J)

Werner Herbert, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Aus- und Fortbildung im Bereich des Donaudienstes beim LPK Wien (3524/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Aufenthaltstitel von Studenten der International University (3525/J)

Dr. Johannes Hübner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäi­sche und internationale Angelegenheiten betreffend Ungereimtheiten bei der Austrian Development Agency (ADA) (3526/J)

Bernhard Vock, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit be­treffend drohende Strafverhängung gegen Hundehalter trotz Registrierung (3527/J)

Edith Mühlberghuber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirt­schaft, Familie und Jugend betreffend Auszahlung von Familienbeihilfe (3528/J)

Dr. Andreas Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Ge­sundheit betreffend Nanomaterialien (3529/J)

Edith Mühlberghuber, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Drogenvortestgeräte (3530/J)

Bernhard Vock, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forst­wirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Wildtierauffangstation (3531/J)

Leopold Mayerhofer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Aufnahme in den Polizeidienst – Auswahlverfahren im Landespolizeikom­mando Kärnten (3532/J)

Leopold Mayerhofer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Aufnahme in den Polizeidienst – Explorationsgespräch (3533/J)

Carmen Gartelgruber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissen­schaft und Forschung betreffend den Universitätsrat der Medizinischen Universität Innsbruck (3534/J)

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Sozia­les und Konsumentenschutz betreffend irreführende Werbung auf „Ariel“-Waschmittel­flaschen (3535/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit be­treffend Behandlung von Patienten ohne e-card im Unfallkrankenhaus Graz (3536/J)

Werner Herbert, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Waffengebrauch (3537/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll43. Sitzung / Seite 6

Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finan­zen betreffend Finanzierungsaspekte der UN-Klimakonferenz in Kopenhagen (3538/J)

Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Finanzierungsaspekte der UN-Klimakonferenz in Kopenhagen (3539/J)

Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inne­res betreffend Bekämpfung von Kinderpornographie im Internet (3540/J)

Hannes Weninger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres be­treffend Personalsituation bei der Polizei im Bezirk Mödling (3541/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll43. Sitzung / Seite 7

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend „Schulmilchaktion in Öster­reich – Entwicklung/Nachfrage“ (3542/J)

Dr. Johannes Jarolim, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend „Wirksame Maßnahmen gegen uner­wünschte Telefonwerbung“ (3543/J)

Dr. Johannes Jarolim, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend „Wirksame Maßnahmen gegen unerwünschte Telefonwerbung“ (3544/J)

Dr. Johannes Jarolim, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend „Wirksame Maßnahmen gegen unerwünschte Telefonwerbung“ (3545/J)

Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung und Sport betreffend Aufarbeitung dubioser Vorgänge bei der Bewerbung Salz­burgs für die Olympischen Spiele 2014 (3546/J)

Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend VIP-Behandlung des Grasser Anwalts durch die Justizministerin (3547/J)

Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Verdacht auf Spekulation im Patentamt (3548/J)

Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Bericht der Financial Action Task Force (3549/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Aufklärung der Vorgänge um den Verkauf der bundeseigenen Wohnbauge­sellschaften (3550/J)

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend Finanzmisere der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) (3551/J)

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Finanzmisere der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (3552/J)

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Finanzmisere der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (3553/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres be­treffend „Glücksspiel- und Wettangebote: Illegales Glücksspiel & Glücksspielbetrug – Kriminalpolizeiliche Ermittlungen 2008“ (3554/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend „Vollziehung des Pflanzen­schutzmittelgesetzes für das Jahr 2008“ (3555/J)

Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Regierungsjustiz und Ministerblockade (3556/J)

Andrea Gessl-Ranftl, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend „Mehr PolizistInnen für die Stadt Leoben und den Bezirk Leoben“ (3557/J)

Andrea Gessl-Ranftl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend „Sonderbedarfszuweisungsmittel“ (3558/J)

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend die in der Steiermark von der Wirtschaftskammer ange­botene Betriebshilfe (3559/J)

Carmen Gartelgruber, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend den aktuellen Stand hinsichtlich des Baus der Zulassung von Tragschraubern in Österreich (3560/J)

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, So­ziales und Konsumentenschutz betreffend Anträge für Invaliditätspensionen (3561/J)

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, So­ziales und Konsumentenschutz betreffend QuiCare (3562/J)

Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Maria Stopes und die Namensgebung des Abtreibungs-Ambulatoriums am Standort Fleischmarkt 26 in der Wiener Innenstadt (3563/J)

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend Gewährung von „Pull-on“-Hosen für geistig behinderte Menschen (3564/J)

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, So­ziales und Konsumentenschutz betreffend Mindestsicherung (3565/J)

Bernhard Vock, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit be­treffend Prüfpraxis der AGES (3566/J)

Bernhard Vock, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit be­treffend Personalkosten der AGES (3567/J)

Bernhard Vock, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forst­wirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Personalkosten der AGES (3568/J)

Bernhard Vock, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forst­wirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Gebühren der AGES (3569/J)

Bernhard Vock, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit be­treffend Gebühren der AGES (3570/J)

Bernhard Vock, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forst­wirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Prüfpraxis der AGES (3571/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminis­ter für Gesundheit betreffend schweren Fall von Schweinegrippe bei 11-jährigem Mäd­chen (3572/J)

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend eine TV-Produktion für migrantische Gründer und Un­ternehmer (3573/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll43. Sitzung / Seite 8

Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Europaregion (3574/J)

Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Euro­paregion (3575/J)

Stefan Petzner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Kosten für „Tag der offenen Tür“ (3576/J)

Stefan Markowitz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend die Broschüre „FICKEN?! Endlich Klartext reden!!!“ (3577/J)

Stefan Markowitz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend die Broschüre „FICKEN?! Endlich Klartext reden!!!“ (3578/J)

Stefan Markowitz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend die Broschüre „FICKEN?! Endlich Klartext reden!!!“ (3579/J)

Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit be­treffend „Thiomersal (Quecksilberverbindung) in Impfstoffen gegen die Schweine­grippe“ (3580/J)

Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betref­fend „Vertragsbruch der Republik Österreich gegenüber dem Land Tirol“ (3581/J)

Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Fa­milie und Jugend betreffend „Sanierung von Universitätsgebäuden“ (3582/J)

Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend „Entlastung der Bevölkerung durch Senkung der Gebühren bei Strafregisterauszü­gen“ (3583/J)

Stefan Petzner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Kosten für „Tag der offenen Tür“ (3584/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend „Gebäude der Bundesimmobiliengesellschaft im Bundesland Steiermark“ (3585/J)

Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesund­heit betreffend „Verpfuscht und vertuscht – Verschlusssache Medizin“ (3586/J)

Elisabeth Hakel, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend weitere Vorgangsweise zur Errichtung von Schutzbauten durch die Wildbach- und Lawinenverbauung (3587/J)

Gerhard Köfer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend das Integrationsprojekt OSETO (3588/J)

Mag. Birgit Schatz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz be­treffend Verfahrenseinstellungen bei Sexualdelikten (3589/J)

Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finan­zen betreffend die Stellenausschreibung für den „Superpraktikant“ (3590/J)

Anfragebeantwortungen

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen (2907/AB zu 2921/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll43. Sitzung / Seite 9

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen (2908/AB zu 2961/J)

des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abgeord­neten Mag. Ewald Stadler, Kolleginnen und Kollegen (2909/AB zu 2922/J)

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abgeordne­ten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen (2910/AB zu 2962/J)

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abgeordne­ten Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen (2911/AB zu 3042/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ewald Stad­ler, Kolleginnen und Kollegen (2912/AB zu 2923/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen (2913/AB zu 2933/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen (2914/AB zu 2942/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (2915/AB zu 2943/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen (2916/AB zu 2948/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Walter Rosen­kranz, Kolleginnen und Kollegen (2917/AB zu 2954/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (2918/AB zu 2937/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (2919/AB zu 2945/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen (2920/AB zu 2964/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen (2921/AB zu 2944/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ewald Stadler, Kolleginnen und Kollegen (2922/AB zu 2983/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen (2923/AB zu 2932/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Christian Hö­bart, Kolleginnen und Kollegen (2924/AB zu 2951/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Walter Rosen­kranz, Kolleginnen und Kollegen (2925/AB zu 2957/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Walter Rosen­kranz, Kolleginnen und Kollegen (2926/AB zu 2963/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll43. Sitzung / Seite 10

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen (2927/AB zu 2965/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Stefan Petzner, Kolleginnen und Kollegen (2928/AB zu 2966/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen (2929/AB zu 2959/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Riepl, Kolleginnen und Kollegen (2930/AB zu 2934/J)

des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abgeord­neten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (2931/AB zu 2936/J)

des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abgeord­neten Mag. Rainer Widmann, Kolleginnen und Kollegen (2932/AB zu 2940/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen (2933/AB zu 2941/J)

des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abgeord­neten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen (2934/AB zu 2958/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Christian Höbart, Kolleginnen und Kollegen (2935/AB zu 3030/J)

des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abgeord­neten Mag. Ewald Stadler, Kolleginnen und Kollegen (2936/AB zu 2926/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeordne­ten Mag. Silvia Fuhrmann, Kolleginnen und Kollegen (2937/AB zu 2919/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeordne­ten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen (2938/AB zu 2956/J)

des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die An­frage der Abgeordneten Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen (2939/AB zu 2967/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Walter Ro­senkranz, Kolleginnen und Kollegen (2940/AB zu 2953/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Mo­ser, Kolleginnen und Kollegen (2941/AB zu 2935/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen (2942/AB zu 2931/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ewald Stadler, Kolleginnen und Kollegen (2943/AB zu 2924/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (2944/AB zu 2928/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen (2945/AB zu 2949/J)

der Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst auf die Anfrage der Abgeord­neten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen (2946/AB zu 2947/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll43. Sitzung / Seite 11

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Rainer Widmann, Kolle­ginnen und Kollegen (2947/AB zu 2938/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen (2948/AB zu 3004/J)


08.00.18


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll43. Sitzung / Seite 12

Beginn der Sitzung: 8 Uhr

Vorsitzende: Präsidentin Mag. Barbara Prammer, Zweiter Präsident Fritz Neuge­bauer.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Guten Morgen, meine Damen und Herren – im wahrsten Sinne des Wortes! Ich eröffne die 43. Sitzung des Nationalrates, die auf­grund eines ausreichend unterstützten Verlangens gemäß § 46 Abs. 7 des Geschäfts­ordnungsgesetzes einberufen wurde.

Die Amtlichen Protokolle der 40. Sitzung vom 21. Oktober 2009, der 41. Sitzung vom 22. Oktober 2009 und der 42. Sitzung vom 23. Oktober 2009 sind in der Parlaments­direktion aufgelegen und unbeanstandet geblieben.

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Mag. Lohfeyer, Mag. Wurm, Großruck, Mag. Hakl, Dr. Plassnik, Scheibner, Brosz, Mag. Jarmer und Dr. Fichtenbauer.

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Für diese Sitzung hat das Bundeskanzleramt über Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung folgende Mitteilung gemacht:

Der Vizekanzler und Bundesminister für Finanzen Dipl.-Ing. Josef Pröll wird durch die Bundesministerin für Inneres Dr. Maria Fekter und die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied wird durch den Bundesminister für Gesundheit Alois Stöger vertreten.

08.01.37 Einlauf und Zuweisungen

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsge­genstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsord­nung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A. Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Schriftliche Anfragen: 3502/J bis 3555/J;

2. Anfragebeantwortungen: 2907/AB bis 2948/AB;

3. Regierungsvorlage:

Geodateninfrastrukturgesetz – GeoDIG (400 d.B.).

B. Zuweisungen:

1. Zuweisungen seit der letzten Sitzung gemäß §§ 32a Abs. 4, 80 Abs. 1, 100 Abs. 4, 100b Abs. 1 und 100c Abs. 1:

Budgetausschuss:

Monatserfolg September 2009, vorgelegt vom Bundesminister für Finanzen (Vorlage 25 BA),


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll43. Sitzung / Seite 13

Bericht des Bundesministers für Finanzen über die Entwicklung des Bundeshaushal­tes von Jänner bis September 2009 (Vorlage 26 BA);

Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen:

Petition Nr. 38 betreffend Aufhebung des Berufsverbotes „Polizei“ für Zivildiener, über­reicht vom Abgeordneten Mag. Johann Maier,

Petition Nr. 39 betreffend die weitere Vorgangsweise zur Errichtung von Schutzbauten durch die Wildbach- und Lawinenverbauung, überreicht von der Abgeordneten Elisa­beth Hakel,

Petition Nr. 40 betreffend Ablehnung einer BIG-(Teil-)Privatisierung, überreicht vom Abgeordneten Mag. Johann Maier;

2. Zuweisungen in dieser Sitzung:

zur Vorberatung:

Finanzausschuss:

Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung des Königreichs Bahrain auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermö­gen samt Protokoll (399 d.B.);

Rechnungshofausschuss:

Bericht des Rechnungshofes, Reihe Bund 2009/12 (III-96 d.B.).

C. Unterrichtung gemäß Art. 50 Abs. 5 B-VG:

Aufnahme der Verhandlungen mit dem Commonwealth der Bahamas zum Abschluss eines Abkommens über den Auskunftsverkehr in Steuersachen.

*****

Ankündigung einer Dringlichen Anfrage

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Die Abgeordneten Dr. Pilz, Kolleginnen und Kol­legen haben das Verlangen gestellt, die am Beginn der Sitzung eingebrachte schriftli­che Anfrage 3556/J der Abgeordneten Dr. Pilz, Kolleginnen und Kollegen an die Frau Bundesministerin für Justiz betreffend „Regierungsjustiz- und Ministerblockade“ dring­lich zu behandeln.

Der Aufruf der Dringlichen Anfrage wird um 11 Uhr erfolgen.

Weiters gebe ich bekannt, dass die Sitzung von 11 bis 13 Uhr vom ORF live übertra­gen wird.

Nun unterbreche ich die Sitzung bis 11 Uhr.

*****

(Die Sitzung wird um 8.02 Uhr unterbrochen und um 11.02 Uhr wieder aufge­nommen.)

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Meine Damen und Herren, ich nehme die unter­brochene Sitzung wieder auf.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll43. Sitzung / Seite 14

11.01.48Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesminis­terin für Justiz betreffend Regierungsjustiz und Ministerblockade (3556/J)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zur dringlichen Behandlung der schriftlichen Anfrage 3556/J.

Da diese inzwischen allen Abgeordneten zugegangen ist, erübrigt sich eine Verlesung durch den Schriftführer.

Die Dringliche Anfrage hat folgenden Wortlaut:

Am 10. Juli 2009 beschloss der Nationalrat die Einsetzung eines Untersuchungsaus­schusses zur Untersuchung von Abhör- und Beeinflussungsmaßnahmen im Bereich des Parlaments. Gegenstand der Untersuchung ist unter anderem die Aufklärung, ob politische Mandatare in der XXIII. Und XXIV. Gesetzgebungsperiode gesetzwidrig überwacht wurden.

Der Untersuchungsausschuss fasste zu diesem Teilbereich der Untersuchung in seiner Sitzung vom 17. Juli 2009 folgenden Beweisbeschluss:

2.1. Aufklärung darüber, ob und gegebenenfalls welche Abgeordneten zum Nationalrat oder zum Bundesrat in der XXIII. oder XXIV. Gesetzgebungsperiode durch Maßnah­men nach dem XII. Hauptstück der StPO (aF) bzw. dem 8. Hauptstück der StPO (nF) betroffen waren, ob die Abgeordneten dabei als Zeugen oder Beschuldigte geführt wur­den, welche Umstände dazu führten, ob dabei die gesetzlichen und verfassungsrechtli­chen Vorgaben eingehalten wurden, wie mit den ermittelten Daten weiter verfahren wurde, welche Bedeutung sie im jeweiligen Strafverfahren erhielten, ob die Rechte der betroffenen Abgeordneten verletzt wurden, und welche Konsequenzen im Bereich des Bundesministeriums für Justiz allenfalls aus solchen Vorfällen gezogen wurden, wobei jedenfalls aber nicht nur folgende Fälle untersucht werden sollen:

a) die Einholung von Auskünften über Daten einer Nachrichtenübermittlung betreffend den Abgeordneten Ing. Peter Westenthaler für einen bestimmten Zeitraum am 14.8.2008 und allenfalls damit zusammenhängende weitere Maßnahmen;

b) die Anregung der Beschlagnahme von Datenträgern des Abgeordneten Dr. Peter Pilz in einem Ermittlungsauftrag der Staatsanwaltschaft Wien an das Büro für interne Angelegenheiten ;

c) das Verfahren 322 St 7/08z der Staatsanwaltschaft Wien und allenfalls weitere damit zusammenhängende Verfahren gegen den Abgeordneten Dr. Peter Pilz und dort allen­falls gegen Dr. Pilz oder weitere Personen verhängte Maßnahmen.

2.2. Aufklärung darüber, ob und gegebenenfalls welche Abgeordneten zum Nationalrat oder zum Bundesrat in der XXIII. oder XXIV. Gesetzgebungsperiode durch Maßnah­men nach dem 3. oder 4. Teil des SPG betroffen waren, welche Umstände dazu führ­ten, ob dabei die gesetzlichen und verfassungsrechtlichen Vorgaben eingehalten wur­den, wie mit den ermittelten Daten weiter verfahren wurde, welche Bedeutung sie im jeweiligen Verfahren erhielten, ob die Rechte der betroffenen Abgeordneten verletzt wurden, und welche Konsequenzen im Bereich des Bundesministeriums für Inneres allenfalls aus solchen Vorfällen gezogen wurden.

2.3. Aufklärung darüber, ob und gegebenenfalls welche Abgeordneten zum Nationalrat oder zum Bundesrat in der XXIII. oder XXIV. Gesetzgebungsperiode in Schriftstücken des Heeresnachrichtenamtes oder des Heeres-Abwehramtes oder allfälliger weiterer mit nachrichtendienstlicher Tätigkeit oder ihrer Kontrolle betrauter Dienststellen des Bundesministeriums für Landesverteidigung (und Sport) erwähnt wurden, von diesen


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll43. Sitzung / Seite 15

Stellen überwacht wurden, von der Erfassung oder Speicherung personenbezogener Daten bei diesen Stellen betroffen waren oder außerhalb der dafür vorgesehenen par­lamentarischen Ausschüsse geheime Informationen von diesen Stellen oder einzelnen Bediensteten erhielten, welche Vorgeschichte und Umstände jeweils dazu führten, ob dabei die gesetzlichen und verfassungsrechtlichen Vorgaben eingehalten wurden, wie mit den gegenständlichen Daten weiter verfahren wurde, welche Bedeutung sie im Weiteren erhielten, ob die Rechte der betroffenen Abgeordneten verletzt wurden, und welche Konsequenzen im Bereich des Bundesministeriums für Landesverteidigung (und Sport) allenfalls aus solchen Vorfällen gezogen wurden.

2.4. Aufklärung darüber, ob und gegebenenfalls welche Abgeordneten zum Nationalrat oder zum Bundesrat in der XXIII. oder XXIV. Gesetzgebungsperiode allenfalls nach an­deren Bestimmungen oder ohne gesetzliche Grundlage von staatlichen Überwachun­gen ihres Aufenthaltsortes, ihrer Kommunikation, ihres Verhaltens oder ihrer persönli­chen Gegenstände betroffen waren, welche Umstände dazu führten, wer diese Über­wachung anordnete und durchführte, ob dabei die gesetzlichen und verfassungsrechtli­chen Vorgaben eingehalten wurden, wie mit den ermittelten Daten weiter verfahren wurde, welche Bedeutung sie im jeweiligen Verfahren erhielten, ob die Rechte der be­troffenen Abgeordneten verletzt wurden, und welche Konsequenzen im Bereich des Bundesministeriums für Justiz, des Bundesministeriums für Inneres oder des Bun­desministeriums für Landesverteidigung (und Sport) allenfalls aus solchen Vorfällen gezogen wurden.

Bis heute hat der Untersuchungsausschuss in diesem Zusammenhang insbesondere die in Ziffer 2.1. erwähnten Strafverfahren, weiters zwei Strafverfahren betreffend Pres­seaussendungen eines Parlamentsklubs und ein Strafverfahren wegen Verleumdung gegen einen Abgeordneten wegen dessen Tätigkeit im vertraulichen ständigen Unter­ausschuss des Landesverteidigungsausschusses durch Beischaffung von Akten und Einvernahme von Auskunftspersonen untersucht.

Dabei haben sich zahlreiche Missstände in der Führung von Strafverfahren mit Berüh­rungspunkten zu Abgeordneten des Nationalrates, vor allem auch im Bereich der soge­nannten „politischen Abteilung“ der Staatsanwaltschaft Wien, gezeigt, welche umfas­send im abschließenden Bericht des Untersuchungsausschusses zu würdigen und zu beurteilen sein werden.

Als wesentliche Mängel lassen sich jedoch bereits jetzt festhalten:

Im Fall der Rufdatenerfassung von Ing. Peter Westenthaler zeigte sich, dass die Ein­griffsmöglichkeiten der Staatsanwaltschaft gegenüber Dritten wie etwa Zeugen zu weit gefasst sind, und dass auf die Wahrung der Rechte solcher Dritter nicht ausreichend Bedacht genommen wird. Dies bestätigte sich auch bei der versuchten Beschlagnah­me eines Datenträgers von Dr. Peter Pilz. Dieses Problem betrifft alle Bürgerinnen und Bürger.

In diesen wie auch in anderen Fällen zeigte sich die Problematik der Abgrenzung zwi­schen Beschuldigten und Zeugen, wobei der Eindruck entstand, dass durch die Benen­nung als Zeuge Immunitätsrechte umgangen werden sollten.

Bei Verfahren gegen mehrere Beschuldigte sind die Auswirkungen von Ermittlungs­handlungen gegen einzelne Beschuldigte auf die Verfahren gegen andere Personen problematisch. Auch dieses Problem betrifft alle Bürgerinnen und Bürger.

Die verfassungsrechtlichen Regelungen über die Immunität (insb. die Art 33 und 57
B-VG) sind nicht allen beteiligten Personen bei Staatsanwaltschaft und Polizei in all ih­ren Konsequenzen bewusst.

In mehreren Verfahren hat sich der Verdacht einer politisch einseitig agierenden Staatsanwaltschaft erhärtet.


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Massive Verfehlungen von Staatsanwälten („übersehene“ Anzeige, Bruch der Immuni­tätsbestimmungen) wurden nicht oder zu spät entdeckt und blieben bisher ohne Kon­sequenzen.

Weitere Probleme ergeben sich im Zusammenhang mit der Einschaltung von BIA und LVT auch abseits der vorgesehenen Zuständigkeiten.

Die Ergebnisse der bisherigen Befragungen ermöglichen einen vorläufigen Befund: Vom Bereich der Staatsanwaltschaft Wien bis zu den Ermittlungsbehörden des Innen­ministeriums hat sich ein System der Regierungsjustiz gebildet. Seine Aufgabe ist einerseits der Schutz von Regierungsmitgliedern vor Strafverfolgung und andererseits die Verfolgung von Abgeordneten der Opposition weit über die Grenzen von Gesetzen und Verfassung hinaus.

Da es sich offensichtlich nicht um Einzelfälle handelt und die systematische Regie­rungsjustiz bis zum Beginn der Arbeit des Untersuchungsausschusses auf allen Ebe­nen geduldet und gedeckt wurde, gibt es eine zentrale Person, die nach den Gründen für die Duldung dieser Zustände befragt werden kann: die Bundesministerin für Justiz. Genau das wollen aber die Regierungsparteien verhindern.

Dabei brechen ÖVP und SPÖ auch die Vereinbarung, die am Beginn des Ausschusses zwischen allen Fraktionen geschlossen wurde: dass nämlich wie in früheren Untersu­chungsausschüssen am Ende des jeweiligen Beweisthemas das jeweils zuständige Regierungsmitglied befragt wird. Aus parteipolitischem Kalkül verhindert wird auch die für die Untersuchung wesentliche Ladung des ehemaligen Innenministers Dr. Ernst Strasser.

Eine Befragung im Rahmen einer Dringlichen Anfrage kann natürlich eine Befragung unter Wahrheitspflicht im Untersuchungsausschuss nicht ersetzen. Sie kann nur eines sein: ein erster Schritt, mit dem die Opposition der Regierung klar macht, dass die Sa­botage der parlamentarischen Kontrolle durch die Ministerblockade nicht akzeptiert wird.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

A) Verfahren 503 UT 1/09 x (17 UT 1438/08y) der StA Wien

Causa „Westenthaler – Rufdatenrückerfassung“

1. Mit Schreiben vom 10.7.2009 an die Nationalratspräsidentin haben Sie im Wesent­lichen die Vorgehensweise der Staatsanwaltschaft in diesem Verfahren als rechtmäßig verteidigt. Bleiben Sie auch nach den bisherigen Ergebnissen den Untersuchungsaus­schusses bei dieser Beurteilung?

2. Wie beurteilen Sie den Umstand, dass dem Abgeordneten Westenthaler bis zuletzt der Beschluss über die Rufdatenrückerfassung gesetzwidrig nicht zugestellt wurde, so dass ihm die gesetzlich vorgesehenen Rechtsschutzmöglichkeiten verwehrt blieben?

3. Der Fall zeigt deutlich, dass die Möglichkeiten der Gerichte, Maßnahmen nach dem 8. Hauptstück gegenüber bloßen „Zeugen“ anzuordnen zu weit gehen. Hätte es im ge­genständlichen Fall das Ermittlungsverfahren beeinträchtigt, wenn der „Zeuge“ Wes­tenthaler vor Anordnung der Rufdatenrückerfassung über das Verfahren informiert und um Kooperation gebeten worden wäre, bzw. wenn ihm ansonsten noch vor Durchfüh­rung der Maßnahme der Beschluss über die Anordnung zugestellt worden wäre, so dass angemessener Rechtsschutz ermöglicht worden wäre?

4. Wäre ein solches „zeugenfreundliches Vorgehen“ gesetzlich gedeckt gewesen?

5. Falls ja: weshalb wurde es nicht gewählt?


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6. Falls nein: Werden Sie eine Überprüfung der diesbezüglichen Rechtslage im Hin­blick auf gesetzgeberischen Änderungsbedarf vornehmen, um Zeugen nicht unnötig und ohne adäquate Rechtsschutzmöglichkeit Überwachungsmaßnahmen auszusetzen?

7. Können Sie ausschließen, dass die Einstufung des Abgeordneten Westenthaler als „Zeuge“ statt als „Beschuldigter“ (angesichts einer zumindest denkbaren Beitragstäter­schaft) zur Umgehung immunitätsrechtlicher Vorschriften herangezogen wurde?

8. Welche Maßnahmen der Dienstaufsicht wurden aufgrund der Vorfälle in diesem Ver­fahren bisher gesetzt?

B) Verfahren 502 St 20/08k und 502 St 26/08k der StA Wien

Causa „Westenthaler – Presseaussendungen“

9. Im Verfahren 502 St 20/08k musste der Staatsanwalt Mag. Kronawetter im Zuge sei­ner Befragung im Untersuchungsausschuss eingestehen, dass sich seine Ermittlungen wegen des Verdachts der üblen Nachrede auch auf eine wahrheitsgetreue Presseaus­sendung über eine Rede des Abgeordneten Westenthaler im Plenum des Nationalrates erstreckten, und dass er somit gegen den Art 33 B-VG verstoßen hat. Welche Konse­quenzen haben Sie aus diesem eingestandenen Verfassungsbruch bisher gezogen?

10. Wurde gegen Mag. Kronawetter ein dienstrechtliches bzw. Disziplinarverfahren ein­geleitet?

11. Falls nein: weshalb nicht?

12. Falls ja: in welchem Stadium befindet sich dieses?

13. Das Verfahren richtete sich weiters gegen Pressemitarbeiter des BZÖ-Parlaments­klubs. Können Sie ausschließen, dass diese Beschuldigten zur Umgehung immunitäts­rechtlicher Vorschriften herangezogen wurden?

14. Im Verfahren 502 St 26/08t wurde ein Zeuge einvernommen bevor ein Ausliefe­rungsantrag gegen den Abgeordneten Westenthaler gestellt wurde, obwohl zu diesem Zeitpunkt klar sein musste, dass sich die Ermittlungen inhaltlich gegen den Abgeordne­ten Westenthaler richteten, da dieser auch in der zugrundeliegenden Sachverhaltsdar­stellung als Beschuldigter behandelt wurde und das OLG Wien in einem Beschluss ausdrücklich auf Art 57 B-VG hingewiesen hatte. Diesbezüglich wurde durch die Ober­staatsanwaltschaft Wien eine Rechtsverletzung festgestellt. Stimmen Sie dieser Beur­teilung durch die OStA zu?

15. Welche Konsequenzen wurden daraus bisher gezogen?

16. Sehen Sie gesetzgeberischen Änderungsbedarf, um in Zukunft die Wahrung der immunitätsrechtlichen Vorschriften durch die Staatsanwaltschaften zu ermöglichen, oder genügt nach Ihrer Auffassung die derzeitige Rechtslage für eine verfassungskon­forme Verfahrensführung?

C) Verfahren 501 UT 10/08g und 501 UT 19/08p der StA Wien

Causa „Strasser-Mails“

17. In diesem Verfahren musste der ermittelnde Staatsanwalt Mag. Walzi eingestehen, eine Anzeige samt E-Mail-Beilagenkonvolut von über hundert Seiten über mehrere Mo­nate hinweg im Akt „übersehen“ zu haben, weshalb Vorwürfe des Amtsmissbrauches bei Postenbesetzungen im Kabinett des früheren Innenministers Ernst Strasser letztlich aufgrund von Verjährung nicht mehr eingehend untersucht werden konnten. Hat nach Ihrer Beurteilung Mag. Walzi das Verfahren korrekt geführt?

18. Mag. Walzi gestand im Untersuchungsausschuss auch ein, dass seine Vorgehens­weise bezüglich der vom ehemaligen Innenminister Ernst Strasser in einer Anzeige an­geregten „Beschlagnahme“ eines Datenträgers des Abgeordneten Pilz sich mit den


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Wünschen des Ex-Innenministers gedeckt habe. Durch welche organisatorischen Maß­nahmen werden Sie derartige parteipolitisch motivierte „Wunscherfüllungen“ in Zukunft verhindern?

19. Im Berichtsweg hat auch die Oberstaatsanwaltschaft die nicht geführten Ermittlun­gen gegen Strasser „übersehen“. Handelt es sich Ihrer Ansicht nach auch hier um ein zufälliges „Übersehen“?

20. Parallel zu StA Walzi hat auch das BIA die Ermittlungen gegen Strasser „überse­hen“. Auch hier wurde nur den Wünschen des Ex-Innenministers gemäß ermittelt. Es scheint wenig wahrscheinlich, dass erfahrene polizeiliche und gerichtliche Ermittler gleichzeitig ein berichtspflichtiges Verfahren von großer öffentlicher Bedeutung „über­sehen“. Haben Sie Ermittlungen eingeleitet um zu klären, ob das „Übersehen“ zuguns­ten von Ex-Bundesminister Strasser auf allen Ebenen bewusst und vorsätzlich war?

21. Auch in diesem Verfahren wurde der Abgeordnete Pilz nicht als Beschuldigter, son­dern als Zeuge geführt. Können Sie ausschließen, dass diese Einstufung (angesichts einer zumindest denkbaren Beitragstäterschaft) zur Umgehung immunitätsrechtlicher Vorschriften herangezogen wurde?

22. Wurde aufgrund der Vorfälle ein Dienst- bzw. Disziplinarverfahren eingeleitet?

23. Falls nein: weshalb nicht?

24. Falls ja: Gegen wen und in welchem Stadium befindet sich dieses?

25. Wurde im Zuge der Beurteilung der Verjährungsfrage überprüft, ob allenfalls noch gleichgelagerte Delikte nach dem Zeitraum, aus dem die gegenständlichen E-Mails stammten, im Kabinett des ehemaligen (oder auch späterer) Innenministers bzw. in der Personalabteilung des BMI insbesondere durch den Parteibuchspezialisten Mag. Kloib­müller gesetzt wurden, so dass eine Verjährung nicht eingetreten ist?

26. Falls nein: Wird eine derartige Prüfung noch nachgeholt werden?

27. Konnten Sie aus den sogenannten „Strasser-Mails“ Hinweise für die Vorgehens­weise bei parteipolitisch motivierter Umfärbung von Bundesbehörden gewinnen?

28. Besteht ein Zusammenhang zwischen diesen Erkenntnissen und der zuletzt be­kannt gewordenen Auflassung der Sektion II im Justizministerium, deren Leiter sich nach Medienberichten kritisch gegenüber der Einstellung von Ermittlungen gegen einen Richter geäußert haben soll und darüber hinaus noch von Ihrer SPÖ-Vorgänge-rin im Justizressort berufen wurde?

29. Werden Sie Ihre Arbeitsweise im Justizressort auch in anderen Bereichen an jener des früheren Innenministers Ernst Strasser orientieren?

30. Sehen Sie nicht auch ein organisatorisches und rechtliches Problem darin, dass in Zukunft die politisch brisanten, berichtspflichtigen Verfahren (auch) gegen Abgeordnete von derselben Sektion und denselben Personen im Justizministerium betreut werden sollen, die zugleich gemeinsam mit dem Nationalrat an der Gestaltung der Rahmenbe­dingungen des Strafrechts arbeiten werden?

D) Verfahren 501 UT 42/08p der StA Wien

Causa „Pilz-Haidinger“

31. Ausgangspunkt auch dieses Verfahrens ist eine Anzeige durch einen Politiker der ÖVP, den damaligen Abgeordneten Kukacka. Auch hier hat der Staatsanwalt alle „An­regungen“ des ÖVP-Politikers befolgt. Im Verfahren wurde zunächst gegen den Abge­ordneten Pilz wegen des Verdachts der Beitragstäterschaft zum Verrat des Amtsge­heimnisses ermittelt. Dieses Verfahren sollte abgebrochen werden, da der Nationalrat einer Verfolgung des Abgeordneten die Zustimmung nicht erteilte. Dazu kam es jedoch


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nicht, da die diesbezügliche Genehmigung des Vorhabensberichtes über mehrere Mo­nate verzögert blieb. In der Zwischenzeit wurde der Abgeordnete Pilz jedoch als Zeuge einvernommen, was nach der Einschätzung des BMJ rechtswidrig war und gegen Art 57 B-VG verstieß. Durch welche organisatorischen Maßnahmen möchten Sie derartige Rechtsverletzungen in Zukunft verhindern?

32. Teilen Sie diese rechtliche Beurteilung des Vorganges durch Beamte des BMJ?

33. Wurde aufgrund der Vorfälle ein Dienst- bzw. Disziplinarverfahren eingeleitet?

34. Falls nein: weshalb nicht?

35. Falls ja: Gegen wen in welchem Stadium befindet sich dieses?

D) Oberstaatsanwaltschaft

36. Nur ein einziger der oben beschriebenen Verstöße gegen Bundesverfassung, Ge­setze und Verfahrensvorschriften wurde von der im Berichtsweg befassten Oberstaats­anwaltschaft erkannt. Verwechselte Aktenzahlen und „übersehene“ Anzeigen und Tat­bestände wurden ebenso übersehen wie gesetz- und verfassungswidrige Ermittlungen. Warum hat die Kontrolle der Tätigkeit der Staatsanwaltschaft durch die Oberstaatsan­waltschaft in fast allen genannten Fällen versagt?

E) Regierungsjustiz

37. Während in den bekannten Verfahren Abgeordnete der Opposition weit über den Rahmen von Gesetzen und Verfassung hinaus verfolgt wurden, konnten Mitglieder der ÖVP-Bundesregierungen seit dem Jahr 2001 mit größtmöglicher staatsanwaltschaft­licher Milde rechnen. Das „übersehene“ Strasser-Verfahren bildet den vorläufigen End­punkt einer Kette von Verfahren, in denen die politische Abteilung der Staatsanwalt­schaft Wien wie im Verfahren „Grasser-Homepage“ ausschließlich die Interessen ver­dächtiger oder beschuldigter Minister vertreten hat. Warum gelten im Bereich der Staatsanwaltschaft für Verfahren gegen Oppositionsabgeordnete andere Regeln als für Verfahren gegen Mitglieder einer ÖVP-Bundesregierung?

38. Sind die Berichte zutreffend, wonach auch die sogenannte „BUWOG-Affäre“ rund um den ehemaligen Finanzminister Mag. Karl-Heinz Grasser bereits seit mehreren Mo­naten in der Staatsanwaltschaft bekannt war jedoch nicht bearbeitet wurde, obwohl möglicherweise auch hier Verjährung drohen könnte?

F) Konsequenzen

39. Welche Konsequenzen beabsichtigen Sie aus den bisherigen Untersuchungser­gebnissen zu ziehen?

40. Sie haben wiederholt medial die Arbeit des Untersuchungausschusses kritisiert und die Arbeit der Staatsanwälte verteidigt (vgl. etwa „Die Presse“, 14.9.2009). Wie begrün­den Sie diese Kritik, wenn die oben aufgelisteten, durch den Untersuchungsausschuss aufgedeckten Fehlleistungen und Versäumnisse im Bereich des Justizministeriums trotz mehrstufiger Kontrollverfahren unentdeckt bzw. ohne Konsequenzen blieben?

41. Wie soll nach Ihrer Auffassung die offenbar dringend notwendige Kontrolle der Staatsanwaltschaften in Zukunft ausgestaltet werden?

42. Weshalb lehnen Sie die Einrichtung einer weisungsfreien Spitze der Staatsanwalt­schaft ab (wie Sie übrigens von Ihnen selbst noch vor mehreren Jahren gefordert wurde)?

43. Mit welchen Maßnahmen im Bereich der Justiz kann der Rechtsschutz der Bürge­rInnen vor Überwachungsmaßnahmen, die insbesondere auch gegen bloße ZeugInnen verhängt werden können und – wenn überhaupt – erst im Nachhinein mitgeteilt wer­den, verbessert werden?

44. Wird die „politische Abteilung“ der Staatsanwaltschaft Wien abgeschafft?


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45. Inwieweit wird im Rahmen der Kontrolle durch das BMJ in berichtspflichtigen Ange­legenheiten auch das Kabinett der Bundesministerin informiert?

46. Wie wurde dies in den oben genannten Verfahren gehandhabt?

47. Wie werden Sie eine parteipolitische Einflussnahme auf „politische Causen“ in Zu­kunft vermeiden?

In formeller Hinsicht wird die dringliche Behandlung dieser Anfrage unter Verweis auf
§ 93 Abs 1 GOG verlangt.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich erteile Herrn Abgeordnetem Dr. Pilz als ers­tem Fragesteller zur Begründung der Anfrage, die gemäß § 93 Abs. 5 der Geschäfts­ordnung 20 Minuten nicht überschreiten darf, das Wort. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


11.02.22

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kolle­gen! Ich gehe davon aus, dass die meisten von Ihnen so wie die Justizministerin nicht besonders erfreut darüber sind, dass heute eine Sondersitzung stattfindet. Unserer Meinung nach muss sie jedoch stattfinden. Ich werde das in weiterer Folge noch in vielen Details begründen.

Zuerst zu einer Kritik, die nicht nur uns Abgeordneten in diesen Tagen auf der Straße entgegengebracht wird. (Abg. Rädler: Ihnen nicht!) Nicht nur Studentinnen und Stu­denten sagen: Warum beschäftigt sich das Parlament, warum beschäftigt sich der Na­tionalrat in den Tagen und Wochen der größten Krise der österreichischen Universitä­ten nicht mit unserem Bildungssystem, sondern – wie es insbesondere, aber nicht nur von der ÖVP behauptet wird – nur mit sich selbst? Zu diesem „mit sich selbst“ werde ich dann noch kommen, aber zuerst etwas zu dieser Frage.

Wir werden im Verlauf der Debatte sehen, dass die Gründe für die Krise der Universitä­ten, die bei der Regierung liegen, und die Gründe dafür, warum wir heute über eine Ministerblockade reden, die weit über die Interessen des Parlaments hinausgeht, gar nicht so verschieden sind.

Wenn heute die Studentinnen und Studenten auf die Straße gehen, dann haben wir uns als Abgeordnete zu fragen: Warum gehen sie denn auf die Straße? Sie sagen ja: Wir wollen studieren! Warum müssen sie auf die Straße gehen? – Weil eine verant­wortungslose Regierungspolitik seit vielen Jahren die Universitäten Österreichs aus­hungert und die Zukunft dieses Landes – und nicht nur jene der Studentinnen und Stu­denten – gefährdet. (Beifall bei den Grünen.)

Wenn die Regierung nicht bereit ist, auf die Nöte der Universitäten einzugehen, dann muss das das Parlament tun! Daher ist der Nationalrat gefragt.

Die Universitäten brauchen ein Notbudget von mindestens 200 Millionen €. Die Uni­versitäten brauchen das Geld, das der Nationalrat – ausschließlich gegen die Stimmen der ÖVP letztes Jahr beschlossen hat. Sie brauchen das Geld; und das Ziel ist eine Verdopplung der Universitätsbudgets bis zum Jahr 2020. Sie brauchen heuer 200 Mil­lionen €, nächstes Jahr 400 Millionen € und im Jahr 2020 Ausgaben für Wissenschaft und Forschung in der Höhe von 2 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. (Beifall bei den Grünen.)

Weil der Nationalrat den Studentinnen und Studenten im Wort ist, werden wir diesen Entschließungsantrag heute wieder einbringen und uns gemeinsam die Gelegenheit geben – wenn es schon die Regierung nicht tut –, vom Parlament aus den Wissen-


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schaftsminister und den Finanzminister zu zwingen (Abg. Mag. Donnerbauer: Es ist ein anderes Thema gewählt worden!), dass die notwendigen Millionen und Milliarden in Bildung investiert werden. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Hornek: ... Schwierigkeiten, Herr Abgeordneter!)

Der zweite Vorwurf lautet – ich habe das heute in einer Tageszeitung gelesen –: Der Nationalrat beschäftigt sich heute nur mit sich selbst! – Dazu zwei Einwände: Der ers­te: Auch im Bereich Wissenschaft, Forschung und Universitäten haben wir eine Minis­terblockade. Was macht Wissenschaftsminister Hahn anderes als eine Ministerblo­ckade? Er geht nicht auf die Universitäten, er verhandelt nicht mit den Studentinnen und Studenten, er verlangt nicht vom Finanzminister das dringend notwendige Sonder­budget, sondern er erklärt nur Zweierlei. Erstens: Er verfolge alles im Internet. – Dafür brauchen wir einen Wissenschaftsminister?! Und zweitens: Ein, zwei Tage vor seiner Flucht nach Brüssel ist er bereit, sich mit Abgesandten der Universitäten zu treffen.

So geht das nicht, Herr Bundesminister Hahn! Auch Sie müssen Ihre Ministerblockade aufgeben, bevor es für Sie politisch und persönlich zu spät ist! (Beifall bei den Grünen.)

Jetzt komme ich zur anderen Ministerblockade. Ich weiß nicht, ob die Justizministerin heute freiwillig da ist. Sie wird uns versichern, ja selbstverständlich komme sie überall hin, wohin sie eingeladen wird. (Abg. Grosz: Auch ins Kaffeehaus!) Wir haben Ihnen diese Einladung übermittelt. Heute sind Sie da.

Wir müssen aber eine Frage beantworten: Warum ist es für die Österreichische Volks­partei und die ihr angegliederte SPÖ (Beifall des Abg. Linder) so wichtig, dass fünf verantwortliche Minister/Ministerinnen und Ex-Minister nicht zu ihrer politischen Verant­wortung im Untersuchungsausschuss befragt werden können? Ich sage Ihnen: Der Grund liegt nicht darin, dass es da um Privilegien der Abgeordneten geht. Der Grund liegt darin, dass eine Befragung über die politische Verantwortung insbesondere für die Österreichische Volkspartei ein Riesenproblem darstellt, weil spätestens dann die Men­schen in dieser Republik sehen werden: Da geht es nicht um die Immunität von Abge­ordneten, sondern da geht es um Probleme in der Republik, von der Umfärbung und vom Ruinieren der Kriminalpolizei bis zur Verschwendung von Steuermilliarden, nicht nur in der BUWOG-Affäre. – Das ist der Punkt!

Jahrelang sind – seit der Kanzlerschaft von Wolfgang Schüssel – Regierungsmitglieder durch Regierungsjustiz geschützt worden. Dazu gibt es – und das ist eine der wesent­lichen Erkenntnisse des Untersuchungsausschusses – die politische Abteilung der Staatsanwaltschaft Wien.

Diese hat von der Homepage-Affäre des Herrn Mag. Grasser bis zu den E-Mails und der Posten- und Parteibuchwirtschaft des Ex-Ministers Strasser immer dasselbe getan. Sie hat ÖVP-Ministern signalisiert: Ihr könnt machen, was ihr wollt. Ihr könnt machen, was ihr wollt! Ihr könnt umfärben, ihr könnt euren Freundeskreisen Millionen und Milliarden Euro zukommen lassen, ihr könnt das staatliche Vermögen für private Zwe­cke missbrauchen, euch kann nichts passieren! Wir haben ein System der Regierungs­justiz geschaffen, das Staatsanwälte daran hindern wird, auch nur ein einziges Delikt zu verfolgen! Ihr seid sicher vor Verfolgungen wegen Korruption! Ihr seid sicher vor Verfolgungen wegen Parteibuchwirtschaft! Ihr seid sicher vor Verfolgungen wegen Amtsmissbrauch! (Abg. Hornek: Hanebüchener Unsinn!)

Und das haben die ÖVP-Minister verstanden! Bis heute wird im Innenministerium um­gefärbt, und die Justizministerin hat gerade mit den ÖVP-Umfärbungen in zwei Sektio­nen begonnen. Bis heute wird im Sicherheitsbereich umgefärbt. (Abg. Rädler: Das ist ein Blödsinn!) Bis heute steht ein Kabinettschef Kloibmüller, die Schlüsselperson der Parteibuchwirtschaft im Innenministerium, für die Neubesetzungen im Ressort, die sich immer nur durch eines auszeichnen: dasselbe schwarze Parteibuch.


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Wenn heute in Wien die Kriminalitätsbekämpfung gescheitert ist und die Stadt Wien Einbrecherbanden aus Serbien, Moldawien und Georgien – und nicht nur von dort – weitgehend ungeschützt ausgeliefert ist, dann ist das nicht die Verantwortung der Wie­ner Kriminalbeamten und -beamtinnen, sondern Folge einer Umfärbung, die in der Ge­schichte Österreichs ihresgleichen sucht und die dazu geführt hat, dass die Kriminal­polizei nicht nur in Wien vollkommen demoralisiert und orientierungslos ist und der or­ganisierten Kriminalität viel weniger entgegensetzen kann, als sie unter einer seriösen und objektiven Führung könnte. (Beifall bei Grünen und BZÖ. – Abg. Rädler: Politik der Grünen!)

So geht es auch Ministern wie etwa dem Ex-Finanzminister Grasser. Solange solche Finanzminister wissen, dass sie mit dem Eigentum der Republik alles machen können, dass die New Economy eine „Friends Economy“ ist, dass die Freunderln sich anstellen und Hunderte Millionen Euro kassieren können und der Minister weiß, ihm kann nichts passieren, denn er steht unter dem Schutz der politischen Abteilung der Staatsanwalt­schaft, solange wird das öffentliche Vermögen für genau diese Zwecke missbraucht.

Und was passiert dann? – Dann kommt der Untersuchungsausschuss drauf – und das verdanken wir der parlamentarischen Untersuchung! –, dass der Staatsanwalt den Strasser-Akt vergessen hat. (Zwischenruf des Abg. Dr. Pirklhuber.) Dann kommen unabhängige Medien und auch die grüne Abgeordnete Moser drauf, dass der Staats­anwalt alle Hinweise auf Karl-Heinz Grasser in den BUWOG- und Immofinanz-Untersu­chungen vergessen hat.

Was ist da los in der Staatsanwaltschaft Wien? Was ist da los in der politischen Abtei­lung? Warum können Milliarden verschwinden, warum kann eines der sensibelsten Ressorts umgefärbt werden, und die Staatsanwälte vergessen die Akten, vergessen die Verfolgung der verantwortlichen Minister? (Abg. Rädler: Die Menschen haben an­dere Sorgen!) Das ist ein Punkt, den wir klären müssen.

Dann tritt die Justizministerin auf und sagt, das sei ein Tribunal. – Der Nationalrat kommt drauf, welche Missstände es in der Staatsanwaltschaft Wien gibt – Missstände, über die die Justizministerin seit Monaten detailliert informiert ist. Sie wusste, was im Strasser-Verfahren passiert ist, sie wusste, dass in einem Verfahren gegen Mitarbeiter des BZÖ-Klubs und in einem Verfahren, das unter dem Titel „Haidinger“ läuft und in dem gegen grüne Abgeordnete ermittelt wurde, vom Ministerium und von der Ober­staatsanwaltschaft Verfassungsbrüche festgestellt worden sind.

Was tut die Justizministerin, die vom Parlament darauf aufmerksam gemacht wird? – Sie sagt: Das ist ein Tribunal! – Ein Tribunal, das die ressortinternen Vorwürfe auf­greift und sagt: Jetzt möchten wir gern einmal im Ausschuss die Justizministerin befra­gen, warum sie nichts getan hat und warum sie der Nationalratspräsidentin erklärt, es ist alles in Ordnung in der politischen Abteilung der Staatsanwaltschaft Wien! (Abg. Ing. Westenthaler – auf den sich zur Regierungsbank begebenden Bundesminister Mag. Darabos weisend –: Jetzt kommt schon der Verteidigungsminister!)

Das stimmt, Frau Mag. Bandion-Ortner: Für die Österreichische Volkspartei ist alles in Ordnung in der politischen Abteilung der Staatsanwaltschaft Wien, aber nur für die Ös­terreichische Volkspartei und für Sie als Justizministerin! Für alle anderen ist nichts in Ordnung in der Staatsanwaltschaft Wien. Dort herrschen Zustände, bei denen die Men­schen zu Recht sagen: Das ist inakzeptabel! (Beifall bei Grünen und BZÖ und bei Ab­geordneten der FPÖ.)

Mit unseren Steuermilliarden und mit unserer Kriminalpolizei kann so nicht umgangen werden! Die öffentliche Sicherheit braucht Innenminister und Innenministerinnen, die den Gesetzen gehorchen und nicht den Gesetzen der Parteibuchwirtschaft! Und das Finanzministerium, das Eigentum der Republik Österreich braucht Finanzminister, die


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die Interessen der Eigentümerinnen und Eigentümer – und das sind die Menschen die­ser Republik! – vertreten und nicht Freundeskreise eines Karl-Heinz Grasser und sei­ner Immobilienfreunde!

So, was können wir jetzt tun? Als Erstes: Wir müssen diese Ministerblockade durchbre­chen, denn es ist indiskutabel, dass ein Parlament, das mit den Stimmen der Österrei­chischen Volkspartei und der Sozialdemokratie einen Untersuchungsausschuss einge­setzt hat, die Minister nicht befragen darf. Ja, alle Fragen über die politische Verant­wortung richten sich an die Ministerinnen und Minister! Oder, Frau Mag. Bandion-Ort­ner, Frau Justizministerin, sind die Staatsanwälte jetzt die politisch Verantwortlichen? Sind die Beamten des BIA jetzt die politisch Verantwortlichen? Wer trägt denn eigent­lich die politische Verantwortung, wenn nicht Sie?

Sie können natürlich darauf antworten: Nein, das bin nicht ich, das ist die Österreichi­sche Volkspartei! – Wir haben aber keine Möglichkeit, den Parteivorstand der ÖVP, der dabei sicher eine gewisse Verantwortung trägt, in den parlamentarischen Untersu­chungsausschuss zu laden; da müssen wir schon mit den offiziell verantwortlichen Mi­nisterinnen und Ministerin vorliebnehmen.

Deswegen treffen wir uns hier zu einer Sondersitzung – und das wird, wie ich befürch­te, nicht die letzte Sondersitzung sein. Deshalb müssen wir auch das Geschenk, das die Wählerinnen und Wähler der österreichischen Demokratie bei der letzten National­ratswahl gemacht haben, nämlich dass sie Ihnen, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, die Zweidrittelmehrheit genommen haben, klug nützen. Wir müs­sen Ihnen Folgendes signalisieren, meine Damen und Herren von der ÖVP und insbe­sondere Herr Klubobmann Kopf: So wird es nicht mehr gehen, dass Sie sagen: Minis­terblockade, Ministerinnen und Minister dürfen im Parlament nicht befragt werden!, dann aber an die Tür klopfen und sagen: Wir hätten da eine Zweidrittelmaterie und brauchen Ihre Unterschriften und Stimmen, bitte unterschreiben Sie da! – Das wird es nicht mehr spielen.

Wir haben Sie darauf aufmerksam gemacht, dass wir bei jenen Zweidrittelmehrheiten, deren Umsetzung im unbedingten Interesse der Menschen in Österreich liegt, natür­lich jederzeit verhandeln und das Beste für die Menschen in dieser Republik herausho­len. Aber dort, wo das nicht notwendig ist und Menschen in Österreich dadurch nicht direkt Schaden erleiden, werden wir Ihnen, so wie das Werner Kogler bei der Dienst­leistungsrichtlinie bereits getan hat, Folgendes sagen: Es wird Verhandlungstermine geben, aber erst dann, wenn die ÖVP und mit ihr die SPÖ verpflichtend zugesagt ha­ben, dass die Ex-Minister Strasser und Berger und die Ministerinnen Bandion-Ortner und Fekter und Minister Darabos im Untersuchungsausschuss als Auskunftspersonen zur Verfügung stehen. Vorher, bitte schön, ersparen Sie es sich, bei uns anzuklopfen – es wird keinen Verhandlungstermin geben! Wir werden die Kontrollrechte dieses Hau­ses auch gegen Ihre scheinbare Übermacht in diesem Haus durchzusetzen versuchen! (Beifall bei Grünen und BZÖ.)

Wie soll es jetzt weitergehen? Glauben Sie, dass es mir persönlich großes Vergnügen macht, mit der FPÖ und mit dem BZÖ etwas gemeinsam zu tun? (Rufe bei der SPÖ: Offensichtlich ja! Ruf bei der ÖVP: Nein! Das passt super!) Glauben Sie, dass es Herrn Abgeordnetem Graf besonderes Vergnügen macht, mit mir gemeinsam diese In­strumente einzusetzen? Nein, nein, ich sage Ihnen eines, Herr Kollege Kopf und Herr Kollege Cap: Die Grünen sind keine Partei, die jederzeit bereit ist, in jedes politische Bett zu springen. (Oh-Rufe bei der ÖVP.) Das sind wir nicht, das sind andere! Die sit­zen hier auf dieser Seite des Hauses und auf dieser Seite des Hauses! (Der Redner weist in Richtung ÖVP und SPÖ.)

Wir haben Martin Graf nicht zum Präsidenten des Nationalrates gewählt. Wir waren die Einzigen, die das nicht gemacht haben! (Beifall bei den Grünen.)


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Wenn Sie saubere Westen wollen, dann gehen Sie in Ihre eigenen politischen Putze­reien, denn die größten Flecken befinden sich auf den politischen Westen von ÖVP und SPÖ, was den Umgang mit der politischen Rechten in dieser Republik betrifft!

Was wir hier haben, ist keine politische Allianz, sondern eine politische Notwehrge­meinschaft – nicht mehr und nicht weniger. Es geht um einen Akt der parlamentari­schen Notwehr. (Abg. Jury: Brauchen wir keinen!) Es geht um einen Akt, wo FPÖ, BZÖ und wir ausnahmsweise ein gemeinsames Interesse haben: das Kontrollrecht des Parlaments vor dem Machtmissbrauch durch die ÖVP und die ihr zugeordnete SPÖ zu schützen! Das Parlament braucht diesen Schutz, weil die Kontrollrechte des Parla­ments gefährdet sind. Solange Ministerinnen und Minister hier nicht aussagen, solange sie gedeckt und geschützt werden, solange wird das Parlament in seiner wichtigsten Funktion neben der Gesetzgebung, nämlich der Kontrolle der Vollziehung, blockiert. Das können wir nicht akzeptieren. Wir sind von den Menschen in dieser Republik ge­wählt worden, damit die Kontrolle funktioniert.

Noch etwas, damit es kein Missverständnis gibt: Wir kämpfen nicht um Privilegien von Abgeordneten. Da geht es nicht um eine Ausweitung der parlamentarischen Immunität. Wir als Abgeordnete brauchen für unsere Arbeit – davon bin ich zutiefst überzeugt – die außerberufliche Immunität in ihrer jetzigen Form nicht. (Abg. Mag. Stadler: Weg damit!)

Wissen Sie, wer Schutz vor der Österreichischen Volkspartei und ihren Ministerinnen und Ministern braucht? – Die Bürgerinnen und Bürger brauchen Schutz! Wer sich heute an Abgeordnete zum Nationalrat wendet, um einen Missstand aufzuzeigen, kann möglicherweise riskieren, dass die eigene Existenz und die berufliche Laufbahn be­droht sind. Das ist Dutzende Male und nicht nur im Innenministerium passiert.

Was war die Reaktion der Justizministerin auf die Vorlage von sehr heiklen und belas­tenden Justizakten im „Falter“? – Nicht: Wir werden diese Missstände untersuchen und die Verantwortlichen zur Rechenschaft ziehen! (Abg. Rädler: Wer hat das geschrie­ben? – Abg. Mag. Stadler – in Richtung des Abg. Rädler weisend –: „Wer hat das ge­schrieben?“) Es hat eine einzige Antwort der Justizministerin gegeben: Wo ist die un­dichte Stelle? – Das ist immer wieder die Antwort der Regierungsparteien, insbeson­dere der ÖVP und auch der Justizministerin und immer der Innenministerin: Wo ist die undichte Stelle?

Die Kontrolle in diesem Haus lebt von undichten Stellen, lebt von Beamtinnen und Be­amten, denen die Gesetze dieser Republik wichtiger sind als das Decken des Amts­missbrauchs und des Machtmissbrauchs durch Politiker und Politikerinnen der Öster­reichischen Volkspartei! Genau darum geht es. (Beifall bei Grünen und BZÖ.)

Deswegen ist es so wichtig, dass wir am Ende des Untersuchungsausschusses Emp­fehlungen geben und Gesetze verbessern – nicht zum Schutz der Abgeordneten, son­dern zum Schutz der Bürgerinnen und Bürger (Abg. Hornek: Des Öllinger!), insbe­sondere jener, die in der öffentlichen Verwaltung tätig sind und Missstände aufzeigen und beseitigen wollen.

Nein, wir brauchen keinen Schutz des Abgeordneten Öllinger, sondern wir brauchen den Schutz von Beamtinnen und Beamten, die sagen: Die Frau Bundesminister Fekter färbt schon wieder eine ganze Polizeiinspektion um, und ich liefere den Abgeordneten dazu folgende Unterlagen und Beweise, damit diese Gefährdung der öffentlichen Si­cherheit durch Parteibuchwirtschaft abgewendet werden kann. Diese Beamtinnen und Beamten, die sich etwas trauen und die uns helfen, Missstände zu beseitigen (Zwi­schenruf des Abg. Hornek), brauchen unseren Schutz. Deswegen müssen wir diesen Beamtinnen und Beamten, die sich etwas trauen und die Courage zeigen, gesetzlichen Schutz bieten, im Strafgesetzbuch und im Beamtendienstrecht. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)


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Das Parlament muss der Ort bleiben, von dem die Bürgerinnen und Bürger wissen, dass es nicht zu ihrem Nachteil sein kann, wenn sie sich mit Missständen an ihre Ab­geordneten wenden. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Hornek.– Ja, das zeigen mir die Reaktionen. Das ist für die Österreichische Volkspartei so ziemlich der größte an­zunehmende Unfall. (Abg. Hornek: Die Betroffenen heißen Pilz und Öllinger!)

Das wollen Sie nicht, denn wenn einmal die Informationsweitergabe über Machtmiss­brauch an das Parlament gesetzlich geschützt wird, wenn wir als Abgeordnete uns da­rauf verlassen können, dass den Menschen, die sich an uns wenden, nichts passieren kann, dann werden noch viel mehr – und nicht weniger! – Missstände bekannt werden. Und das ist der Grund dafür, dass Sie so sehr dagegen sind, dass dieser Untersu­chungsausschuss Minister und Ministerinnen laden und befragen kann, und dass Sie so sehr dagegen sind, dass es zum Schluss zu Konsequenzen kommt, zu Gesetzen, die den Machtmissbrauch durch die Österreichische Volkspartei und die ihr zugeord­nete SPÖ wirksam bekämpfen und einschränken können. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.)

Deshalb zum Schluss: Meine Damen und Herren, das ist eine Notwehrsituation – und diese unterscheidet sich nicht grundlegend von der Situation an den Universitäten. (Präsidentin Mag. Prammer gibt neuerlich das Glockenzeichen.) Es ist bezeichnend ...

11.22


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter, das war mehr als ein Schlusssatz. Die Redezeit ist abgelaufen, ich muss Sie unterbrechen. (Abg. Dr. Pilz: Danke für die Unterbrechung!)

(Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten des BZÖ für den das Rednerpult ver­lassenden Abg. Dr. Pilz.)

Zur Beantwortung der Anfrage hat sich die Frau Bundesministerin für Justiz zu Wort gemeldet. Die Redezeit soll 20 Minuten nicht überschreiten. – Bitte, Frau Bundesminis­terin.

 


11.23.05

Bundesministerin für Justiz Mag. Claudia Bandion-Ortner: Sehr geehrte Frau Prä­sidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Herr Abgeordneter Pilz hat heute gemeint, ich sei über diese Sondersitzung nicht sehr erfreut. – Das stimmt gar nicht. Ich bin sogar sehr froh, dass ich gewisse Klarstellungen treffen darf. (Beifall bei der ÖVP.)

Es ist richtig, die Staatsanwaltschaft ist in den letzten Wochen – ich würde sogar sa­gen, Monaten – ins Gerede gekommen. Das hat seine schlechten, aber auch seine gu­ten Seiten – schließlich ist der Bedeutungswandel, den die Staatsanwaltschaft in den letzten zwei Jahren zu verzeichnen hatte, klar zum Ausdruck gekommen.

Letztes Jahr war die größte Strafprozessreform umzusetzen. Es gab 200 Gesetzesän­derungen, die umzusetzen waren. Der Staatsanwalt hat eine komplett neue Funktion erhalten. Er steht jetzt im Mittelpunkt des Geschehens, vom ersten Verdacht an bis zur Anklageerhebung beziehungsweise Einstellung des Verfahrens.

Es gibt wirklich viele neue Herausforderungen für die Staatsanwaltschaft. Es gibt neue Opferrechte, neue Beschuldigtenrechte, ein ganz neues Spannungsverhältnis im Vor­verfahren. – Und eines muss ich schon sagen: Die Staatsanwältinnen und Staatsan­wälte in Österreich haben diese große Reform wirklich gut umgesetzt! (Beifall bei der ÖVP.)

Viele gute Leistungen dürfen durch Fehlleistungen Einzelner nicht in den Hintergrund geraten.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll43. Sitzung / Seite 26

Sehr geehrte Damen und Herren, das Hohe Haus hat dieser neuen Funktion der Staatsanwaltschaft selbst Anerkennung ausgesprochen, und zwar dadurch, dass die Staatsanwältinnen und Staatsanwälte durch eine Verfassungsbestimmung zu gerichtli­chen Organen erklärt wurden.

Aber was ist geschehen? Warum sind die Staatsanwälte solcher Kritik ausgesetzt? – Einerseits war die Reform natürlich nicht leicht umzusetzen, und andererseits hat die Staatsanwaltschaft schon jahrelang – so wie die Justiz insgesamt – mit einer sehr dün­nen Personaldecke zu kämpfen.

Meine Damen und Herren, unterstützen Sie mich dabei, in der Justiz für eine ausrei­chende Personalausstattung zu sorgen! (Abg. Kickl – in Richtung ÖVP zeigend –: Da!) Es hat keinen Sinn, wenn möglichst viele Straftaten aufgeklärt werden, wenn
kein funktionierender Kreislauf gewährleistet ist, wenn dann die Akten liegen bleiben, weil sie nicht mehr zu bewältigen sind. (Abg. Kickl: Aber manche bleiben nicht deshalb liegen!)

Ich selbst setze laufend Maßnahmen, um den Staatsanwälten das Leben zu erleich­tern, um sie von Bürokratie zu befreien, um vermehrt die Möglichkeit zu schaffen, von modernen Technologien Gebrauch zu machen. (Abg. Weinzinger: Die haben aber kein Geld!)

Aber natürlich – und jetzt komme ich zu den Fehlern, die passiert sind –, es sind Fehler passiert – dort, wo Menschen arbeiten, passieren Fehler –, und diese Fehler müssen aufgegriffen werden, sie müssen analysiert werden, sie müssen beseitigt werden. Und am wichtigsten, meine Damen und Herren: Wir müssen aus den Fehlern lernen! (Bei­fall bei der ÖVP sowie des Abg. Dr. Cap.)

Ich selbst habe veranlasst, dass die Vorverfahrensreform durch eine wissenschaftliche Begleitforschung evaluiert wird. Das Ergebnis wird Anfang/Mitte nächsten Jahres da sein. Ich habe einen Expertenrat eingesetzt, der schaut, ob die bestehende Fachauf­sicht verbesserungsfähig ist. Er soll aber auch Strategien entwickeln, wie die Entschei­dungen der Staatsanwälte transparenter gestaltet werden können.

Lassen Sie mich noch einige Worte zum Stichwort Kontrolle sagen. Es gibt eine funk­tionierende Kontrolle. Die oberste Fachaufsicht für die Staatsanwaltschaften liegt beim Bundesministerium für Justiz. Das berühmte Weisungsrecht des Justizministers wurde in den letzten Monaten wirklich mystifiziert. Es ist kein politischer Missbrauch möglich, da das Weisungsrecht transparent gestaltet ist. Eine Weisung muss schriftlich erfolgen, sie muss im Akt aufscheinen, sie muss dem Parlament berichtet werden. (Zwischenruf des Abg. Dr. Pirklhuber.) – Meine Damen und Herren, ich beantworte wöchentlich si­cherlich fünf parlamentarische Anfragen in Einzelstrafsachen.

Aber auch die Volksanwaltschaft übt Kontrolle aus. Der Volksanwaltschaft wurden auch die berühmten „Falter“-Akten vorgelegt. Die schaut sich das jetzt an, und das ist auch gut so. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich möchte aber auch noch einige Worte zum Untersuchungsausschuss verlieren. Untersuchungsausschüsse, meine Damen und Herren, haben in diesem Lande eine wichtige Funktion; das stimmt. Sie sorgen für die politische Aufklärung – für die juris­tische Aufklärung allerdings sorgen die Gerichte, und was nicht geschehen darf, ist, dass in anhängigen Strafverfahren Ermittlungen beeinträchtigt werden. (Abg. Dr. Strutz: Ja!)

Was auch nicht geschehen darf, meine Damen und Herren, ist, dass mit Strafrecht po­litisches Kleingeld gemacht wird und dass Strafrecht für plakative Botschaften miss­braucht wird! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)


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Das Thema dieser Sondersitzung ist der Verdacht der Regierungsjustiz, der Politjus­tiz. (Abg. Ing. Westenthaler: Tatsache!) Meine Damen und Herren, ich weise diesen Vorwurf einer Politjustiz vehement zurück! (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Weninger.)

Staatsanwälte sind nicht Instrumente von politischen Parteien: weder von Regierungs­parteien noch von Oppositionsparteien! (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Wenin­ger. – Zwischenrufe bei FPÖ und BZÖ.)

Eines noch (Abg. Neubauer: Dann trauen Sie sich in den Ausschuss!): Das ungeprüfte vorschnelle Geschrei nach dem Strafrichter ohne tatsächliche Kenntnis des Sachver­halts ist eines Rechtsstaates nicht würdig! (Beifall bei der ÖVP.)

Im Übrigen hat es schon genug Verurteilungen von Regierungspolitikern gegeben, und vor nicht allzu langer Zeit hat es massive Kritik wegen der Einstellung eines Verfahrens gegen einen Oppositionspolitiker gegeben.

So, jetzt bin ich bereit, die an mich gestellten Fragen zu beantworten, möchte aber vo­ranstellen: Die meisten Vorfälle, die meisten Geschehnisse liegen lange zurück und fanden vor meiner Amtszeit statt. Ich werde trotzdem versuchen, diese Fragen zu be­antworten, und habe dazu Informationen aus meinem Hause eingeholt. (Zwischenrufe bei BZÖ und Grünen.)

Ich beginne mit der Beantwortung – wenn es Sie interessiert – der Frage 1, das ist der Fragenblock zum Abgeordneten Westenthaler, Stichwort: Rufdatenrückerfassung.

Grundsätzlich steht mir eine Bewertung der Ergebnisse des Untersuchungsausschus­ses nicht zu. Ich bin allerdings wirklich schon sehr gespannt auf die Ergebnisse, und ich werde mir diese Ergebnisse – das verspreche ich Ihnen, meine Damen und Her­ren – genau anschauen und sie einer sorgfältigen Überprüfung unterziehen. (Ruf beim BZÖ: Sie brauchen nur in den Ausschuss zu kommen!)

Nach der Verfahrensordnung ist dafür im Übrigen ein Bericht vorgesehen. Ich bleibe auch in diesem Bereich meinem Grundsatz treu, laufende Verfahren nicht zu präjudi­zieren und zu kommentieren.

Soweit Sie meinen, dass ich die Vorgehensweise der Staatsanwaltschaft als rechtmä­ßig verteidigt hätte, darf ich schon auf den zweiten Absatz des erwähnten Schreibens verweisen, wonach ich eine dienstaufsichtsrechtliche Prüfung veranlasst habe.

Dazu passt, dass ich in der Information für die morgige Pressekonferenz der Vereini­gung der österreichischen Staatsanwältinnen und Staatsanwälte dafür kritisiert werde, nicht die erwartete Verteidigung der Staatsanwaltschaft vorgenommen zu haben.

Sie sagen hier, ich verteidige die Staatsanwälte – und die Staatsanwälte sagen, ich verteidige sie nicht. (Zwischenruf des Abg. Kickl.) Ehrlich gesagt glaube ich, da ich von beiden Seiten kritisiert werde, bewiesen zu haben, in dieser Angelegenheit mei­nem richterlichen Selbstverständnis der Äquidistanz treu geblieben zu sein. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Csörgits.)

Nun zum Kern Ihrer Anfrage: Unter Auskunft über Daten einer Nachrichtenübermittlung versteht die Strafprozessordnung, vereinfacht gesagt, die Erteilung einer Auskunft über Verkehrs-, Zugangs- und Standortdaten, also über Verbindungs- oder äußere Rufdaten.

Wie in der Literatur übrigens unbestritten, ist es auch zulässig, eine Auskunft einzuho­len, um die Teilnehmernummer des Beschuldigten herauszufinden – zum Beispiel wenn, wie im vorliegenden Fall, der Beschuldigte eine bestimmte Person beziehungs­weise einen Zeugen angerufen hat. Dann werden, ausgehend von bekannten Daten eines Kommunikationsteilnehmers, Daten des Beschuldigten erhoben, nämlich seine Rufnummer sowie Zeitpunkt und Dauer der Kontakte.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll43. Sitzung / Seite 28

Ich würde mich nicht nur gegen die gesamte Strafrechtswissenschaft stellen, wenn ich mich in einer Situation, wie sie der gegenständlichen Anordnung zugrunde liegt, gegen die Zulässigkeit der Vorgehensweise der Staatsanwaltschaft ausspräche, sondern auch die Bewilligung des unabhängigen Gerichtes in Überschreitung der verfassungs­rechtlichen Gewaltenteilung in Kritik ziehen.

Was die Vereinbarkeit mit der Immunität betrifft, verweise ich auf meine von Ihnen er­wähnten Ausführungen in meinem Schreiben vom 10. Juli 2009. Abgesehen davon, dass auch dieser Umstand der gerichtlichen Prüfung unterlegen ist, bleibe ich dabei, dass zum Zeitpunkt der Anordnung und Bewilligung keine auf konkreten Tatsachen be­ruhende Verdachtslage gegen den Abgeordneten Westenthaler bestanden hat. Ihn un­ter diesen Umständen als Beschuldigten zu behandeln, das wäre wirklich rechtswidrig gewesen.

Nun zur Beantwortung der Frage 2 betreffend Zustellung der Verständigung dieses Be­schlusses.

Die Rechtslage ist eindeutig: Nach Beendigung der Auskunft über Daten einer Nach­richtenübermittlung hat die Staatsanwaltschaft ihre Anordnung und die gerichtliche Be­willigung dem Beschuldigten und den von der Durchführung der Ermittlungsmaßnah­men Betroffenen unverzüglich zuzustellen. (Abg. Ing. Westenthaler: Das ist nicht pas­siert!) Betroffene sind natürlich jene Personen, deren Kommunikationsdaten erhoben wurden.

Wenn Sie mich fragen, wie es zum Unterbleiben der umgehenden Zustellung gekom­men ist, muss ich Ihnen antworten (Zwischenruf des Abg. Grosz): Dort, wo gearbeitet wird, passieren eben auch Fehler. (Ironische Heiterkeit bei BZÖ und Grünen. – Abg. Grosz: Alles kein Problem!) – Passieren Ihnen nie Fehler?

Dass die Staatsanwaltschaften gerade im fraglichen Zeitraum unter massivem Arbeits­druck standen und auch die Kanzleien nicht über die erforderliche Anzahl von Mitarbei­tern verfügten, darf ich als bekannt voraussetzen, wenngleich das natürlich nur eine Er­klärung, aber keine Entschuldigung ist.

Übrigens: Die Rechtsschutzmöglichkeiten hätte Herr Abgeordneter Westenthaler den­noch ergreifen können, denn er wurde bei seiner Einvernahme, also etwa zwei Wo­chen nach der Rufdatenrückerfassung, über das Ergebnis mündlich informiert. (Abg. Mag. Stadler: Nein, das ist falsch!) Er hätte jederzeit und unbefristet Einspruch erhe­ben können. (Abg. Grosz: Sie sagen die Unwahrheit, Frau Ministerin! Das ist das nächste Problem!) Die Erfassung der Rufdaten für den Zeitraum von zwei Stunden – es war das keine „Überwachung“, sondern eine Rufdatenerfassung – wurde überdies von einem unabhängigen Gericht geprüft und genehmigt. Das wird immer wieder über­sehen, meine Damen und Herren: Die Anordnung der Staatsanwaltschaft wurde von einem unabhängigen Gericht bewilligt! (Zwischenruf des Abg. Grosz.)

Freilich, es bleibt dabei: Es war ein Fehler, Herrn Abgeordnetem Westenthaler diese Anordnung nicht umgehend zuzustellen. Dieses Thema wird daher Gegenstand der all­jährlichen Besprechung mit den Leitern der Staatsanwaltschaften am 1. Dezember die­ses Jahres sein. (Abg. Grosz: Kaffeeplausch Nummer zwei!) Darüber hinaus habe ich vor, die Ergebnisse des Untersuchungsausschusses allen Staatsanwaltschaften mit besonderen Hinweisen zur Fehlervermeidung zu kommunizieren.

Schließlich erwarte ich mir auch durch den Bericht der von mir eingesetzten Experten­gruppe zur Transparenz Vorschläge, die ich unverzüglich umzusetzen bereit bin.

Zum nächsten Fragenkomplex, zur Beantwortung der Fragen 3 bis 8 – es geht dabei um die gesetzliche Möglichkeit, in solch einem Fall eine Rufdatenerfassung durchzu­führen –:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll43. Sitzung / Seite 29

Ich teile nicht Ihre Ansicht, dass der Anwendungsbereich, der im VIII. Hauptstück der StPO geregelten Maßnahmen zu weitgehend ist.

Grundsätzlich ist stets der Grundsatz der Gesetzesmäßigkeit und der Verhältnismä­ßigkeit gemäß § 5 StPO zu prüfen, also zu beurteilen und zu begründen, warum mit weniger eingreifenden Maßnahmen nicht derselbe Erfolg erzielt werden kann.

Überdies ist in jedem Fall umfassende gerichtliche Prüfung gewährleistet, und zwar ex ante durch das Gericht im Ermittlungsverfahren und ex post durch das Oberlandes­gericht, das dann im Beschwerdeweg angerufen werden kann.

Zusätzlich gibt es noch die Möglichkeit, Grundrechtsverletzungen im Wege eines An­trages auf Erneuerung des Verfahrens an den Obersten Gerichtshof aufzugreifen.

Ich bin in der Wahrnehmung meines Weisungsrechts überdies an die Kontrolle der Ge­setzesmäßigkeit gebunden. Die Beurteilung der Beweiswürdigung der Staatsanwalt­schaft und der Inanspruchnahme von Ermessensentscheidungen steht mir nur insoweit zu, als das Ermessen in gesetzwidriger Art und Weise geübt wurde. Und: Im vorlie­genden Fall ist das unabhängige Gericht den Erwägungen der Staatsanwaltschaft auch im Hinblick auf die Bewertung der Verhältnismäßigkeit gefolgt.

Ganz allgemein meine ich, dass man auch der Effizienz der strafrechtlichen Verfol­gung ein gewisses Augenmerk widmen muss. Eine Einschränkung der Überwachungs­möglichkeiten auf die Person des Tatverdächtigen würde in vielen Fällen zu einem Stillstand in der Strafrechtspflege führen, weil diese Maßnahmen ja darauf gerichtet sind, mögliche Tatverdächtige erst auszuforschen. Gerade im Bereich der Verfolgung der Einbruchskriminalität durch organisierte Banden etwa hat sich das Ermittlungsins­trument als unentbehrliches Hilfsmittel erwiesen, Verbindungen innerhalb einer organi­sierten Tätergruppe aufzudecken.

Rechtsschutz wird im Einzelfall stets durch das Bewilligungserfordernis des unabhängi­gen Gerichtes gewährleistet. Eine Bestimmung, die die Zustellung der Bewilligung vor Durchführung der Maßnahme an die Verpflichteten anordnet, würde einen Erfolg der Maßnahmen in vielen Fällen vorweg verhindern. (Abg. Grosz: Können Sie einmal die Fragen beantworten?!)

Wie bereits erwähnt, würde ich die Behandlung des Abgeordneten Westenthaler als Beschuldigten bei gegebener Sachlage für rechtswidrig erachten. – Also, für nicht rechtswidrig erachten. (Zwischenrufe bei BZÖ und Grünen.) Ich schließe daher aus, dass immunitätsrechtliche Vorschriften umgangen wurden. Das schließe ich aus. (Bei­fall bei der ÖVP. – Ruf: Richtig vorgelesen!)

Nun zur Beantwortung der Fragen 9 bis 13 – das sind Fragen der Immunität (Abg. Grosz: Wo ist jetzt die Fragenbeantwortung von 3 bis 8, außer Ihren allgemeinen Er­klärungen?); das sind Fragen einer disziplinären Verfehlung des Staatsanwaltes –:

Aus all den Gründen, die ich jetzt gerade erwähnt habe, liegt ein disziplinäres Verfeh­len des zuständigen Staatsanwaltes nicht vor. Im angesprochenen Verfahren konnte ich keine Anhaltspunkte für eine Umgehung immunitätsrechtlicher Bestimmungen fest­stellen. Ich werde dieses Verfahren jedoch zum Anlass nehmen, die Anwendung des Artikels 33 der Bundesverfassung und die damit verbundenen Schwierigkeiten im Rah­men der am 1. Dezember stattfindenden Besprechung mit den Leitern der Anklagebe­hörden zu thematisieren.

Schon am 8. Juli 2009 habe ich die immunitätsrechtlichen Bestimmungen mit einem gesonderten Erlass in Erinnerung gerufen und zu besonderem Augenmerk in dieser Frage aufgerufen. Also mit diesem Erlass aus diesem Sommer habe ich bereits in Fra­gen der Immunität für Klarstellungen gesorgt. (Beifall bei der ÖVP.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll43. Sitzung / Seite 30

Zu den Fragen 14 und 15:

Auf Basis der mir vorgelegten Unterlagen waren keinerlei Anhaltspunkte ersichtlich, die ein bewusstes beziehungsweise ein vorsätzliches Übersehen der Anzeige indiziert hät­ten. – Es geht hier um die berühmten Strasser-Mails, um diese vergessene Anzeige. – Das Strafverfahren selbst hat im Übrigen ergeben, dass sich der Verdacht des Amts­missbrauches nicht erhärtet hat. (Abg. Mag. Stadler: Das ist falsch!) Dessen unge­achtet wurde von dritter Seite Strafanzeige gegen den Staatsanwalt erstattet (Abg. Ur­sula Haubner: ... Westenthaler!), sodass nunmehr zunächst die Beurteilung der Ver­dachtslage durch die Anklagebehörden abzuwarten sein wird. (Abg. Mag. Stadler: Wer hat Ihnen diesen Schmarrn zusammengeschrieben?) Ich jedenfalls habe umgehend eine dienstaufsichtsbehördliche Überprüfung veranlasst, die im Übrigen noch im Gan­ge ist. (Ruf beim BZÖ: Jetzt wissen wir wenigstens, warum Sie nicht in den U-Aus­schuss gehen: weil Sie keine Ahnung haben!)

Zu den Fragen 16 beziehungsweise 31 bis 35:

Aus meiner Sicht sind gesetzliche Änderungen im Immunitätsrecht nicht unbedingt er­forderlich, weil die Bestimmungen der Artikel 33, 57, 58 und 96 B-VG hinreichend klar und eindeutig sind. Aufgetretene Missverständnisse im Zusammenhang mit der mate­riellen Beschuldigtendefinition, die im Übrigen jetzt neu ist, und dem Zeitpunkt der An­tragstellung an den Immunitätsausschuss haben wir durch den bekannten Erlass, den ich bereits erwähnt habe, über die Zustimmung von gesetzgebenden Körperschaften zur behördlichen Verfolgung von Abgeordneten klargestellt. Schließlich wurde in einer von mir veranlassten Änderung des Staatsanwaltschaftsgesetzes im Zuge des Korrup­tionsstrafrechtsänderungsgesetzes in dessen § 8 Abs. 1 unmissverständlich angeord­net, dass über Strafverfahren gegen Mitglieder allgemeiner Vertretungskörper jeden­falls zu berichten ist, es sei denn, dass ein Zusammenhang mit der politischen Tätigkeit auszuschließen ist.

Schon zuvor wurde – übrigens im Zuge des zweiten Gewaltschutzpaketes – durch einen neuen § 197 Abs. 2a StPO klargestellt, dass in den angesprochenen Fällen das Verfahren abzubrechen ist und Maßnahmen zur Sicherung und Aufnahme von Bewei­sen nur vorgenommen werden dürfen, soweit dies nach den erwähnten verfassungs­rechtlichen Bestimmungen zulässig ist.

Es sind aber auch hier die Ergebnisse des Untersuchungsausschusses abzuwarten.

Zu den Fragen 17, 25 und 26:

Das angesprochene Verfahren betrifft zwei Sachverhaltskomplexe: Einerseits war der Verdacht des widerrechtlichen Zugriffs auf ein Computersystem und der Verletzung des Telekommunikationsgeheimnisses und andererseits der Verdacht in Richtung Amtsmissbrauch betreffend mehrere Besetzungsvorgänge im Ressortbereich des Bun­desministeriums für Inneres einer strafrechtlichen Prüfung zu unterziehen.

Diese Prüfung hat stattgefunden und hat zwei Ergebnisse gebracht.

Erstens: Die Überprüfung des angezeigten Sachverhalts ergab keinen gerichtlichen Straftatbestand. Postenbesetzungen sind nach geltendem Recht so lange kein Amts­missbrauch, solange eine Person die gesetzlich geforderten Qualifikationen – wie zum Beispiel Ausbildung, Fachprüfungen et cetera – erfüllt. Allfällig parteipolitisch motivierte Postenbesetzungen (Abg. Grosz: „Haben nie stattgefunden“!) mit qualifizierten Perso­nen unterliegen, meine Damen und Herren, der politischen Verantwortung (Abg. Mag. Stadler: Geh!) und nicht unbedingt der strafrechtlichen Verantwortung. (Abg. Mag. Stadler: „Kein“ Amtsmissbrauch, nein! „Kein“ Amtsmissbrauch!)

Ob hier in diesem Sinne im Ergebnis sachgerecht vorgegangen wurde oder nicht, das entzieht sich einer strafrechtlichen Beurteilung. (Abg. Grosz: Deswegen gibt’s ja den Untersuchungsausschuss, wo Sie hinkommen sollen!) Strafbare Handlungen im Zu-


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sammenhang mit den in der Anzeige enthaltenen Besetzungsvorgängen waren im Lau­fe des Jahres 2008 verjährt. Das ist richtig. Hier liegt auch der Fehler des Staatsanwal­tes, der für die Dauer von zwei Monaten übersehen hat, dass ein Bericht der Kriminal­polizei lediglich zur Frage der E-Mails, aber nicht zur Frage des Amtsmissbrauchs aus­führte.

Die Verjährungsproblematik schlug aber nicht durch, meine Damen und Herren, weil eben auch inhaltlich kein Amtsmissbrauch vorlag. (Beifall bei der ÖVP.) Im Übrigen konnte die Verjährung auch erst nach Vorliegen der Erhebungsergebnisse konkret be­urteilt werden, weil man ja zuvor gar nicht wissen konnte, wann die Besetzungsvorgän­ge abgeschlossen wurden.

Die Notwendigkeit, auf die Vermeidung derartiger Fehlleistungen besonders zu achten, wird im Rahmen der von mir erwähnten Leiterbesprechung nachdrücklich in Erinnerung gerufen werden.

Wie gesagt, in der Zwischenzeit wurden weitere Strafanzeigen in dieser Causa erstat­tet. Ob sich daraus dann Umstände ergeben, die eine Änderung der Verdachtslage in­dizieren, hat zunächst die zuständige Staatsanwaltschaft zu beurteilen, und ich ersu­che um Verständnis, dass ich dieser Prüfung nicht vorgreife.

Nun zur Beantwortung der Frage 18:

Zunächst weise ich darauf hin, dass Anregungen von Verfahrensparteien, bestimmte Ermittlungshandlungen zu setzen, nichts Ungewöhnliches sind, die kommen recht häu­fig vor. Gemäß § 67 Abs. 6 Z 1 der Strafprozessordnung sind nämlich auch Privatbetei­ligte berechtigt, Beweisanträge zu stellen. Vor diesem Hintergrund kann dem Umstand, dass die Staatsanwaltschaft Wien Erhebungen vornahm, die auch in den schriftlichen Eingaben von Dr. Strasser angeführt wurden, kein Hinweis auf parteipolitisch motivierte Wunscherfüllung entnommen werden. Diese Erhebungsschritte ergeben sich übrigens im vorliegenden Zusammenhang fast zwangsläufig – ganz egal, ob sie jetzt vorge­schlagen worden wären oder nicht.

Im Übrigen, was parteipolitische Einflussnahme betrifft: Zu diesem Zeitpunkt war noch Kollegin Berger von der SPÖ im Amt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Kollegin Ber­ger in irgendeiner Art und Weise auf diese Causa Einfluss genommen hätte. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Strache: Aber genau das wollen wir im Ausschuss wissen! Genau deshalb wollen wir sie im Ausschuss vorladen! Auszuschließen ist es nicht!)

Zu den Fragen 19 und 20:

Es geht noch immer um die E-Mails. – Wie gesagt, Gegenstand des Verfahrens waren die in den E-Mails angesprochenen Besetzungsvorgänge. Konkrete Hinweise, dass der § 302 erfüllt war, haben sich nicht ergeben. Im Übrigen habe ich diese Frage gerade vorhin auch beantwortet.

Zu den Fragen 21 bis 24:

Ist ein Abgeordneter aufgrund bestimmter Tatsachen einer Straftat konkret verdächtig, sind Ermittlungshandlungen zur Aufklärung der Verdachtslage nur mehr mit Zustim­mung des Nationalrates zulässig (Abg. Strache: Beim Dr. Martin Graf ist das anders gehandhabt worden, ... Seibersdorf!), sofern ein Fehlen eines Zusammenhanges mit der politischen Tätigkeit nicht offensichtlich ist. Schon mangels konkreten Verdachts gegen den Abgeordneten Pilz in dieser Sache sind für mich keine Anhaltspunkte für eine Umgehung immunitätsrechtlicher Vorschriften ersichtlich.

Kommen wir wieder zu den Fragen der E-Mails beziehungsweise zu der Frage, wes­halb ich vorhabe, in meinem Ministerium eine Organisationsreform durchzuführen. Ich bin sehr dankbar, dass diese Frage gestellt wird, da ich da wirklich einige Klarstellun­gen treffen kann.


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Meine Damen und Herren, Legendenbildung ist vorzubeugen. Richtig ist – und darauf bin ich stolz –, dass in meinem Ressort stets Meinungen und Ansichten offen geäußert und zur Diskussion gestellt werden können. Ich schätze das als Bereicherung für die Entscheidungsbasis der Ressortleitung ein.

Soweit Sie jetzt die von mir geplante Reorganisation ansprechen, so geht es hier um die Straffung der hausinternen Geschäftsprozesse und die Stärkung der Umsetzung kriminalpolitischer Zielsetzungen in der täglichen Praxis. Was daran bedenklich sein sollte, das kann ich mir wirklich nicht erklären; das verstehe ich nicht. Es hat sich ja ge­rade im Untersuchungsausschuss herausgestellt, dass manche gesetzgeberische An­liegen nicht auf eine Weise in der täglichen Praxis umgesetzt wurden, die den Vorstel­lungen des historischen Gesetzgebers entspricht.

Ich habe die Kompetenz von Angehörigen des Hauses noch nie unter dem Gesichts­punkt betrachtet, von wem sie in das Amt berufen wurden. Dies gilt im Übrigen auch für den jetzigen Leiter der Sektion II, dem es im Übrigen ja auch überhaupt nicht verwehrt ist, sich für die neue Strafrechtssektion zu bewerben. Es ist überhaupt noch keine Per­sonalentscheidung gefallen, meine Damen und Herren. Unterstellungen einer partei­politisch motivierten Personalpolitik muss ich, bitte, auf das Schärfste zurückweisen! Leute, die mich kennen, wissen, dass ich so etwas nicht mache. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich bin einfach nicht für einen parteipolitischen Kleinkrieg um einzelne Sektionsleiter zu haben. Und im Übrigen: Das, was ich hier im Justizressort mache – oder was wir hier im Justizressort machen –, das ist gelebte Verwaltungsreform, meine Damen und Herren! (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP. – Ironische Heiterkeit des Abg. Dr. Strutz.)

Sie können mir doch nicht sagen, dass eine Sektion mit zwölf Mitarbeitern effizient ist! Die durchschnittliche Sektionsgröße in Österreich beträgt 133 Mitarbeiter.

Nun zur Frage 36:

Es geht um die Dienstaufsicht durch die Oberstaatsanwaltschaften. Ganz ehrlich, mei­ne Damen und Herren, auch ich finde, die Oberstaatsanwaltschaften müssen mehr in die Pflicht genommen werden. Ich würde mir ebenfalls eine stärkere und effizientere Dienstaufsicht durch die Oberstaatsanwaltschaften wünschen. Eine endgültige Bewer­tung allerdings kann ich auch erst nach Vorliegen des Berichtes des Expertenrates tref­fen, der sich auch mit dieser Problematik beschäftigt. Dieser Bericht wird übrigens in wenigen Wochen fertig sein.

Zur Frage 37:

Auf den Vorwurf einer differenzierten Behandlung von Politikern bin ich eigentlich schon in meinem Eingangsstatement eingegangen. Ich weiß, der Gegenstand des Un­tersuchungsausschusses bedingt irgendwie, dass ein solcher Eindruck erweckt wird. Bitte, er entspricht einfach nicht der Realität!

Zur Frage 38:

Sachverhaltsteile sind aus dem Ermittlungsakt zu ersetzen. Erst durch die Berichter­stattung der letzten Zeit kam der Vorwurf auf. Es ist keine Frage, dass dafür gesorgt worden ist, diesen Vorwurf zu prüfen – sorgfältig, aber ohne Vorverurteilungen. Vorver­urteilungen sind in keinem Fall angebracht, auch nicht, was die Staatsanwaltschaften betrifft. Weder sind Staatsanwälte pauschal zu verurteilen, pauschal zu kritisieren, noch sind sie pauschal zu verteidigen. (Beifall bei der ÖVP.)

Nun zu den Konsequenzen, zu den Fragen 39 bis 47:

Insgesamt kann ich darauf verweisen, dass ich dort, wo unmittelbar Notwendiges zu veranlassen war, die entsprechenden Konsequenzen bereits gezogen habe. Ich habe sehr schnell reagiert, meine Damen und Herren! Ich verweise da auch auf meine bis­herigen Antworten.


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Aber was jetzt noch einmal die Verteidigung der Staatsanwaltschaften betrifft, so wird mir ja, wie gesagt, zum Vorwurf gemacht, ich verteidige sie zu sehr. Die Staatsanwälte sagen, ich verteidige sie zu wenig. (Abg. Ing. Westenthaler: Glauben Sie uns!) Wie gesagt, die Beeinflussung der Staatsanwaltschaften ist stark zurückzuweisen. Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich zu behandeln, dafür stehe ich. (Beifall bei Abge­ordneten der ÖVP. – Abg. Strache: Aber manche sind schon gleicher als gleich!)

Niemand ist in einem Verfahren zu bevorzugen (Abg. Strache: Und manche werden benachteiligt!), und viele Leute, die mich als Richterin kennen und die mit mir jahrelang gemeinsam in einem Gerichtssaal gesessen sind, die wissen das aber ganz genau! (Abg. Grosz: Wie der Herr Elsner! Der ist auch ein Justiz..., denn wenn Sie so den Prozess geführt haben!)

Im Untersuchungsausschuss hat sich bereits mehrfach gezeigt, dass das Weisungs­recht in seinem positiven Sinne wahrgenommen wurde, nämlich um Fehlleistungen zu korrigieren. Erinnern Sie sich, meine Damen und Herren: Als der Staatsanwalt die An­zeige gegen Minister Strasser übersah, wem ist denn das aufgefallen? – Dem Bundes­ministerium für Justiz ist das aufgefallen, unter dem Interimsminister Gio Hahn! (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Strache: Gio! Die Zukunftshoffnung der Wiener ÖVP!)

Meine Damen und Herren, warum sollte man auf dieses Weisungsrecht verzichten? Es wurden dadurch immer wieder Fehlleistungen korrigiert, und dazu ist die Fachaufsicht auch da. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Was hätte es denn in den angesprochenen Fällen, die wir heute besprochen haben, geändert, wenn das Bundesministerium für Justiz über kein Weisungsrecht mehr verfü­gen würde? Es hätte gar nichts geändert! Das Justizministerium hätte keine Aufträge zur Fehlerbehebung geben können. Wäre das erwünscht? Oder glaubt jemand, dass sich Fehler vermeiden lassen, wenn ein dem Nationalrat verantwortlicher Bundes­staatsanwalt an die Spitze der Weisungshierarchie gesetzt würde? Macht es Sinn, ein Kollegium der Oberstaatsanwaltschaften – denen gegenüber übrigens auch Vorwürfe erhoben wurden – an meine Stelle zu setzen? – Nein! Ich bin zur Überzeugung ge­langt, dass das Weisungsrecht ein notwendiges und unverzichtbares Korrektiv dar­stellt, solange die Ressortleitung Verantwortung für die Staatsanwaltschaften auch und gerade gegenüber dem Nationalrat hat. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Dr. Graf.)

Einer effizienteren Kontrolle der Staatsanwaltschaften stehe ich keineswegs grundsätz­lich ablehnend gegenüber. Genau dazu erwarte ich mir auch konkrete Vorschläge des eingesetzten Expertenrates. Dazu zählt im Übrigen auch der Tätigkeitsbereich des un­abhängigen Rechtsschutzbeauftragten, dessen Kontrolle gegebenenfalls insgesamt auf den Bereich geheimer Überwachungsmaßnahmen ausgedehnt werden könnte. Da­rüber kann man ja diskutieren.

Kommen wir zu den politischen Gruppen der Staatsanwaltschaften, die Sie so sehr stören. Die Berechtigung dieser Gruppen bei den Staatsanwaltschaften geht historisch aus den politischen Delikten hervor. Das sind insbesondere jene nach dem Verbotsge­setz. Das sind jene Delikte, die der Aburteilung durch die Geschworenengerichte vor­behalten sind. Ich stehe zurzeit in Diskussion mit der Leitung der Staatsanwaltschaft Wien und der Oberstaatsanwaltschaft Wien, weil ich der Ansicht bin, dass Verfahren gegen Politiker im Allgemeinen nach dem entsprechenden Sachgebiet bearbeitet wer­den sollten. Dazu gibt es verschiedene Meinungen, aber möglicherweise kann man diese politische Gruppe auch auflösen. Das wäre einfach fachlich zu argumentieren.

Im Übrigen hat ja der Aufgabenbereich der Gruppe insoweit eine entscheidende Verän­derung erfahren, als die Verfolgung von Amtsdelikten – und es geht ja meistens um die Amtsdelikte – nunmehr bei der Korruptionsstaatsanwaltschaft liegt. Das wird nämlich auch immer wieder übersehen.


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Zur Frage, ob ich in Zukunft parteipolitischen Einfluss abwehren will:

Meine Damen und Herren, unter meiner Zeit hat es nie einen parteipolitischen Einfluss gegeben – und den wird es auch weiterhin nicht geben! (Beifall bei der ÖVP.)

Diese Meinung werde ich weiterhin verfolgen, nämlich konsequent, transparent und mit allen gebotenen zur Verfügung stehenden Mitteln! – Danke schön für Ihre Aufmerk­samkeit. (Beifall und Bravoruf bei der ÖVP sowie Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

11.57


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gehen nunmehr in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß der Geschäftsordnung kein Redner/keine Rednerin länger als 10 Minuten sprechen darf. Jedem Klub steht eine Gesamtredezeit von 25 Minuten zur Verfügung.

Als Erster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Steinhauser. – Bitte.

 


11.58.13

Abgeordneter Mag. Albert Steinhauser (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Bundesministerin, Sie haben gesagt, dass Sie sich freuen, dass Sie heute hier sind. – Ich kann Ihnen garantieren: Nach dieser Vorlesung werden Sie noch mehr Freude haben, wenn Sie zu uns in den Untersuchungsausschuss kommen (Bei­fall bei den Grünen), denn dieser Vortrag wirft mehr Fragen auf, als er Antworten gibt. Eine Frage habe ich ganz konkret an Sie: Ich würde gerne wissen, welcher Beamte diese Antworten geschrieben hat, denn den würde ich auch gerne in den Untersu­chungsausschuss laden. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Kickl.)

Meine Damen und Herren, erinnern wir uns, wie es im Juli dieses Jahres zu diesem Untersuchungsausschuss gekommen ist! Ich kann mich noch daran erinnern, wie da­mals die ÖVP eifernd durchs Parlament gelaufen ist und alles getan hat, um innerhalb eines Tages einen Untersuchungsausschuss auf die Beine zu stellen. Damals hat nämlich die ÖVP noch geglaubt, es wird ein Oppositions-Untersuchungsausschuss: Der Angelegenheit betreffend Immunität Westenthaler ist eine parteiinterne Streitigkeit vorausgegangen. Da hat man geglaubt, dass man ein bisschen in das Seelenleben des BZÖ blicken kann.

Was die sogenannte Affäre Öllinger betrifft, so hat man geglaubt, man könne da dem Kollegen Öllinger irgendetwas nachsagen. Und bei den angeblich im Auftrag des kasa­chischen Geheimdienstes gestellten Anfragen hat man geglaubt, man könne die FPÖ in irgendeiner Form in die Pfanne hauen.

Jetzt, nach einem guten halben Jahr Untersuchungsausschuss, bemerkt die ÖVP, dass dieses Kalkül nicht aufgegangen ist: Die BZÖ-Streitigkeiten sind nichts Außerge­wöhnliches, nichts, was man nicht ohnehin vermuten würde. Betreffend Kollegen Öllin­ger ist überhaupt nichts herausgekommen. Die angeblich im Auftrag des kasachischen Geheimdienstes gestellten Anfragen werden wir erst untersuchen, aber auch da gibt es Hinweise darauf, dass die Spuren in eine andere Richtung gehen.

Was aber herausgekommen ist: dass es Missstände gibt – einerseits, dass bei der Staatsanwaltschaft geschlampt wird, und andererseits, dass es offensichtlich Politiker gibt, die anders behandelt werden. Bei Oppositionsabgeordneten wird scharf ermittelt, da wird die Immunität plötzlich nicht so genau genommen – bei Regierungsabgeordne­ten und ehemaligen Ministern werden die Samthandschuhe angezogen.

Und jetzt, da dieses Kalkül der ÖVP nicht aufgegangen ist und wir die politisch Verant­wortlichen vor den Untersuchungsausschuss bringen wollen, jetzt plötzlich ist die Kon­trollwut der ÖVP wie weggeblasen. Jetzt heißt es plötzlich: Nein, brauchen wir nicht, wollen wir nicht, ist nicht notwendig! – Das ist der Grund dafür, warum es diese Son­dersitzung gibt, weil dieser Zustand schlicht unhaltbar ist.


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Frau Bundesministerin, erklären Sie uns, warum Sie nicht in den Untersuchungsaus­schuss kommen! Ja, Sie sind nicht geladen, aber mich würde prinzipiell interessieren, ob Sie bereit wären, in den Untersuchungsausschuss zu kommen. Würden Sie das machen? (Abg. Amon: Das ist eine rechtliche Frage!) – Das ist keine rechtliche Frage, mich interessiert, ob die Frau Bundesministerin prinzipiell dazu bereit ist. Aus einem ganz einfachen Grund interessiert mich das, denn: Sobald Sie sagen, Frau Ministerin, Sie wollen in den Untersuchungsausschuss kommen, wird die Verweigerungshaltung der ÖVP und der SPÖ nicht mehr länger erklärbar sein.

Frau Bundesministerin, lassen Sie sich Ihre Linie nicht von Parteisekretariaten vor­geben, die ganz etwas anderes im Sinn haben! Vergessen Sie nicht, Sie sind unab­hängig!

Der Hintergrund ist ja ein ganz anderer: Die Frau Ministerin darf nicht kommen, denn wenn die Frau Justizministerin kommt, dann wäre nicht mehr erklärbar, warum andere ehemalige Regierungsmitglieder nicht mehr kommen – allen voran der ehemalige In­nenminister Strasser, der Meister des schwarzen Postenschachers; mittlerweile sitzt er im Europäischen Parlament. Strasser wird versteckt und gedeckt, er soll nicht vor dem Untersuchungsausschuss erscheinen, und deswegen darf auch die Frau Justizministe­rin nicht in diesen Ausschuss kommen.

Herr Strasser darf nicht kommen, weil dann auf ein wesentliches Kapitel der ÖVP, nämlich den schwarzen Postenschacher, die öffentliche Aufmerksamkeit fallen würde, weil dann Strasser endlich einmal zu diesen Vorfällen Rede und Antwort stehen müss­te und weil dann endlich einmal die politisch motivierten Umfärbungen von Strasser ge­nauer unter die Lupe genommen werden würden. Und damit sind wir auch bei dem Punkt, den der Untersuchungsausschuss sehr genau untersucht hat, nämlich bei der Vorgangsweise beim Verfahren gegen Strasser.

Die eine Frage ist, warum eine Anzeige liegengelassen wurde. Dazu komme ich spä­ter. Aber wesentlich ist, wie ermittelt wurde. Der Vorwurf war – ich erinnere noch ein­mal daran –: Postenschacher im Innenministerium, schwarze Parteigänger konnten per E-Mail lokale Polizisten nach Farbe bestellen.

Wie ist das BIA vorgegangen? – Das BIA hat gesagt: Okay, schauen wir in die Perso­nalakten hinein! Sie haben sich die Personalakten kommen lassen und haben gesagt: Schauen wir, ob da die Interventionsschreiben drinnen liegen!

Na ja, meine Damen und Herren, nur die dümmsten Postenschieber legen dann auch noch die Interventionsschreiben in die Personalakten! Also ich bin „beeindruckt“ von den Ermittlungen des BIA.

Jetzt hätte man noch weiterermitteln können, aber es gibt keine Einvernahme von Strasser, es gibt keine Einvernahme von irgendeinem E-Mail-Schreiber. Das war es schon.

Und jetzt kommt der nächste Punkt: Sie sagen, die ganze Sache ist ohnedies ver­jährt. – Dazu muss man wissen – und das ist im Untersuchungsausschuss auch klar von der Oberstaatsanwaltschaft gesagt worden –: Die Ermittlungen waren schlampig. Sie sagen, das ist verjährt – aber verjährt ist es ja deswegen, weil schlampig ermittelt wurde. Das darf man nicht vergessen. Sie glauben doch nicht ernsthaft, dass Sie uns mit so einer einfachen Erklärung hier im Parlament abspeisen können.

Zuerst wird schlampig ermittelt, dann verjährt es, und wenn es verjährt ist, sagt man, es ist egal, dass schlampig ermittelt wurde, denn es ist ja verjährt. – Genau diese Din­ge gehören im Untersuchungsausschuss besprochen! (Abg. Amon: Zitieren Sie einmal aus den Ergebnissen der Staatsanwaltschaft! Zitieren Sie einmal ordentlich aus den Unterlagen!)


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Kollege Amon, nehmen Sie die Realität zur Kenntnis! Die Realitätsverweigerung der ÖVP in dieser Sache ist ohnedies unerträglich. (Beifall bei den Grünen.)

Die Causa Strasser ist ja kein Einzelfall, meine Damen und Herren, es gibt ja andere Regierungsmitglieder, die auch geschont werden. Der ehemalige Innenminister Platter hat seit zwei Jahren ein Strafverfahren als Beschuldigter und ist immer noch nicht ein­vernommen worden. Also das kann sich nur jeder Beschuldigte in Österreich wün­schen.

Der Nächste ist der ehemalige Finanzminister Grasser. Bisher sind alle Verfahren im Sand verlaufen. Ich kann mich noch erinnern, bei einem Verfahren hat man ihn ganz besonders „hart“ drangenommen. Man hat gesagt: Karl-Heinz Grasser, wir laden dich nicht, sondern nimm bitte schriftlich Stellung! – Auch das würde sich jeder Beschuldigte in Österreich wünschen: keine lästigen Fragen durch die Staatsanwaltschaft und einen Anwalt, der einem jedes Wort vorformuliert.

Da passt es dann gut ins Bild, Frau Justizministerin, dass Sie mit dem Anwalt von Karl-Heinz Grasser zusammentreffen. (Abg. Kickl: Ungustiös ist das!) Ich weiß nicht, von wem die Initiative dazu ausgegangen ist, das werden wir mit einer parlamentarischen Anfrage klären, aber das rundet genau das Bild ab, das wir im Untersuchungsaus­schuss bekommen haben. Und das ist auch ein Bild, das mittlerweile die Öffentlichkeit hat, nämlich dass manche eine besondere Behandlung bekommen. Das ist auch das, was unhaltbar ist, und diese Optik ist auch Gift für den Rechtsstaat und für das Ver­trauen in die Justiz. (Beifall bei den Grünen.)

Frau Justizministerin, Sie haben in Ihrer Vorlesung gezählte zwölf Mal das Wort „Feh­ler“ in den Mund genommen. Allein das, glaube ich, ist ein Grund, dass wir uns diesen Fehlern gemeinsam im Untersuchungsausschuss näher widmen sollten. Sie sagen auch, viele Fehler resultieren daraus, dass die Staatsanwaltschaft personell schlecht besetzt ist. – Da gebe ich Ihnen recht. Ich sage Ihnen aber auch, wer dafür die Verant­wortung trägt: Sie und der Finanzminister. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeord­neten des BZÖ.) So einfach ist es nicht, wenn Sie uns heute erklären, dass die Staats­anwaltschaft Opfer dieser Personalausstattung ist.

Frau Justizministerin, Sie haben auch gesagt, man müsse aus den Fehlern lernen. – Ich sage Ihnen, aus den Fehlern lernen heißt, in den Untersuchungsausschuss kom­men. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten des BZÖ.)

12.07


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner ist Herr Klubobmann Dr. Cap. Ich stelle die Uhr wunschgemäß auf 7 Minuten. – Bitte. (Abg. Ing. Westenthaler: Der neue Parlamentarismus kommt jetzt!)

 


12.07.14

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Ja, Herr Kollege, in einem gewissen Sinn ist das wirklich der neue Parlamentarismus. Ich sehe nicht ein, warum eine Sondersitzung be­ziehungsweise eine Dringliche Anfrage mit, glaube ich, 47 Fragen hier so abgewertet wird, warum man sagt, das ist ja nichts! (Abg. Ing. Westenthaler: Den Untersuchungs­ausschuss werten Sie ab, nicht die Sondersitzung!) Wir kommen extra hier zusammen, machen eine Sondersitzung, es werden 47 sehr interessante Fragen an die Frau Minis­terin gestellt (Abg. Grosz: Aber keine Antworten! Das ist das Problem!), und diese 47 Fragen hat sie jetzt beantwortet. Das verstehe ich unter parlamentarischer Tätigkeit.

Sie kann es sich hier genauso wenig leisten, nicht die Wahrheit zu sagen, wie sie es sich im Untersuchungsausschuss nicht leisten kann, nicht die Wahrheit zu sagen. Das hat politische Gründe, dass man hier die Wahrheit sagt, aber das hat auch rechtliche Gründe, dass man, wenn man hier steht, genauso die Wahrheit sagt, wie man sie im


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Untersuchungsausschuss zu sagen hat. (Abg. Strache: Da ist man aber immun und kann die Unwahrheit sagen! Das ist das Problem!)

Daher verstehe ich nicht, warum das hier so runtergemacht wird. Und wenn es eben mehrere Sondersitzungen gibt, ist es auch kein Problem, dann kann man das in meh­reren Sitzungen sehr gründlich diskutieren. Das ist ein lebendiges Parlament, dazu be­kenne ich mich. So können wir auch dafür sorgen, dass es die Öffentlichkeit mitbe­kommt – und es gibt viele Dinge, die zu kritisieren sind.

Ehrlich gesagt, ich habe da auch sehr viele Kritikpunkte, und ob das Einzelfälle sind oder ob das ein systemisches Problem ist, das wird man in den Berichten zu klären ha­ben. Diese werden wir dann auch hier im Haus zu diskutieren haben, so wie wir auch die allfällige Ausweitung der parlamentarischen Kontrolle auf den Justizbereich zu dis­kutieren haben – na sicher! Aber ich möchte einmal wissen, ob das Einzelfälle sind oder nicht.

Da liegt eine 150-Seiten-Anzeige gegen Minister Strasser vor, und der Staatsanwalt sagt, er hat sie übersehen oder vergessen. Abgesehen davon, wie man 150 Seiten übersehen kann? Allein das ist schon ein Kunststück. Da muss ich sagen, das ist eine etwas seltsame Angelegenheit. Ich meine, das ist ein Kritikpunkt, der zu Recht in die Öffentlichkeit gekommen ist. Ähnlich ist es bei der Causa Grasser, aber zu der komme ich noch gesondert. (Zwischenruf des Abg. Ing. Westenthaler.) – Wir können uns nachher unterhalten, ich habe nur ein paar Minuten, und die möchte ich nutzen!

Der zweite Punkt ist folgender: Das sollte man wirklich positiv herausstreichen, weil es jetzt ein bisschen auch in den Medien die Tendenz gibt, die Untersuchungsausschüsse an sich etwas kritischer zu betrachten, wobei ich sagen muss, ganz unbeteiligt daran ist die Opposition, in dem Fall die vereinigte Opposition, nicht. Sie sollte sich überle­gen, wie sie hier die Auseinandersetzungen führt, und sie sollte sich überlegen, das so zu tun, dass das Parlament und die Einrichtung des Untersuchungsausschusses ge­stärkt werden – so wie wir uns das auch zu überlegen haben; das sage ich auch gleich dazu. Aber das ist wichtig, alle fünf Parteien sollten das tun.

Alle fünf Parteien haben auch den Beschluss für diesen Untersuchungsausschuss ge­fällt. Sie wissen, wir sind auch Verfechter dessen, dass wir an einem guten, konstrukti­ven, nachhaltigen Modell des Untersuchungsausschusses als Minderheitenrecht arbei­ten. Wenn wir das wirklich umsetzen wollen, dann müssen wir dafür sorgen, dass die bisherige Arbeit der Untersuchungsausschüsse auch auf Akzeptanz in der Bevölkerung und in den Medien stößt.

Sie kennen die ganzen Kommentare, die alle damit enden: Einen guten Dienst erweist sich die Opposition damit selber nicht, wie Herr Völker im „Standard“ geschrieben hat. – Der Eindruck besteht ja wirklich zum Teil. Und man erweist so auch der Insti­tution und dem Parlament keinen guten Dienst. Daher sage ich, da muss man wirklich Überlegungen anstellen.

Es wundert mich, dass man die positiven Punkte, die sich aus der bisherigen Arbeit des Untersuchungsausschusses – und da haben alle ausnahmslos mit großem Einsatz gearbeitet; das soll man einmal wirklich anerkennen, alle! – ergeben haben, nicht her­vorstreicht. Welche Punkte sind das?

Das ist erstens die Frage der Abgrenzung Beschuldigter/Zeuge. Der Kollege Westen­thaler könnte ja da fast selber etwas dazu beitragen; die Frau Ministerin hat dazu auch etwas gesagt. Diese Abgrenzung zwischen Beschuldigtem und Zeugen im Strafverfah­ren ist unklar, und das soll klarer geregelt werden. – Das ist ein Punkt – positiv, ein Er­gebnis der Arbeit des Untersuchungsausschusses.

Zweiter Punkt: die Frage der Rufdatenrückerfassung, also dass man sozusagen erfas­sen kann, wer wann mit wem wie lange telefoniert hat. Das ist ja nicht gleichgültig, das


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ist auch für die Bürgerinnen und Bürger ganz entscheidend, denn das kann ja keiner wollen. Nicht nur der Kollege Westenthaler kann das nicht wollen, sondern das kann niemand wollen!

Dieser Punkt steht auch in Zusammenhang mit der Frage Zeuge/Beschuldigter und Im­munität – umgeht man die Immunität und gibt man dem Mandatar einen Status, mit dem man ihn in die Rufdatenrückerfassung eingliedern kann. Und da hat sich heraus­gestellt, dass wir auch über die Immunität wieder einmal neu nachdenken müssen, über die Frage der Wirksamkeit der Immunität, in welchem Bereich wir sie verbessern und in welchen Bereichen wir sie unter Umständen auch einschränken sollten.

Dritter Punkt: Eilverfahren beim Antrag auf Aufhebung der Immunität. Dieses Verfahren muss schneller gehen. Wenn ein Antrag kommt, dass jemand ausgeliefert werden soll, darf das Prozedere nicht so lange dauern, bis derjenige in der Öffentlichkeit schon so vorverurteilt ist, dass die im Immunitätsausschuss beschlossene Auslieferung dann schon einer Verurteilung gleichkommt! Denn, ehrlich gesagt, dann ist das eine Fehlein­richtung. (Abg. Amon: Oder Beweise verschwinden! Das ist auch möglich!) – Auch das, Herr Abgeordneter Amon! – Also auch das ist ein Punkt, ein positives Ergebnis der Arbeit dieses Untersuchungsausschusses.

Vierter Punkt: Evaluierung der Reform der Strafprozessordnung. Das ist auch von der Frau Ministerin angesprochen worden. Es geht darum, sich anzuschauen, wie diese große StPO-Reform umgesetzt wird – ob das überhaupt gescheit war, was da be­schlossen wurde. Ich bin ein großer Skeptiker, muss ich ehrlich sagen. Man muss sich nach einer Evaluierung überlegen: Welche Konsequenzen zieht man, wo macht man allfällige Veränderungen?

Jetzt komme ich zum letzten Punkt: BUWOG/Causa Grasser. Ich möchte dazu Folgen­des sagen, abgesehen davon, dass das ganz seltsame Personen sind, der Herr Hoch­egger oder der Herr Meischberger, die in der Öffentlichkeit sagen: Jössas na, da liegen ein paar Millionen Euro in der Gegend herum, ich habe das ja ganz vergessen, ich muss das noch der Finanz melden und versteuern! Und dann noch mit denen in einer Firma zu sitzen, aus dieser Firma auszusteigen und zu sagen, eigentlich kenne ich die zwei gar nicht so richtig, denn ich bin nur rein zufällig in der Vereinsbehörde dieser Fir­ma zugeordnet worden, also das kann es ja wohl nicht sein!

Also bitte, da gibt es einige Punkte, die zu klären sein werden, und zu Recht, muss ich sagen, wird Grasser, der ehemalige Finanzminister, hier als Beschuldigter geführt. Zu­mindest folgende Punkte wird sich wahrscheinlich die Staatsanwaltschaft anschauen: Amtsmissbrauch, Bestechlichkeit, Vorteilsannahme, Bestechung, Vorteilszuwendung, verbotene Intervention, Verletzung des Amtsgeheimnisses, Untreue, Geschenkannah­me durch Machthaber, Betrug, Verletzung eines Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis­ses, Auskundschaftung eines Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisses – und natürlich Abgabenhinterziehung.

Das ist eine satte Liste, muss ich sagen, die da aufzuzählen ist und wo sich Staatsan­waltschaft und Finanz das jetzt alles anschauen müssen. Daher, glaube ich, muss man einmal schauen, wie dieses Verfahren läuft. Da hat es gar keinen Sinn, parallel dazu einen Untersuchungsausschuss zu führen, weil sich jeder, den wir laden, der Aussage entschlägt mit der Begründung, dazu gibt es ein laufendes Verfahren. Das hat also kei­nen Sinn.

Aber diese aufgezählten Punkte Grasser betreffend sind schwerwiegend, und da wer­den wir sehen, inwieweit die Justiz aktiv wird, inwieweit die Justiz die entsprechenden Schritte dazu setzen wird. Ich vertraue da voll auf die Justiz, aber auch auf uns alle hier im Parlament, dass wir hier den nötigen Druck ausüben, dass wir die nötige Kontroll­arbeit in der Folge leisten werden: im Dienste der Österreicherinnen und Österreicher,


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der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler und des Parlamentarismus. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Strache: Warum verhindert ihr das dann?)

12.14


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Amon zu Wort. 10 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


12.14.53

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr ge­ehrte Frau Justizministerin! Frau Innenministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Zunächst möchte ich schon daran erinnern, dass es alle Parteien in diesem Haus waren, die gemeinsam diesen Untersuchungsausschuss eingesetzt haben und die auch gemeinsam den entsprechenden Beweisbeschluss gefasst haben. Das möchte ich einmal voranstellen. Wir waren uns in den Tagen vor der Einsetzung des Untersuchungsausschusses hinsichtlich der Punkte, die untersucht gehören, einig, und ich spreche niemandem ab, dass er das damals an sich ernsthaft gemeint hat, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Allerdings – und das muss man schon einmal in aller Deutlichkeit sagen – sind es ins­besondere zwei Fraktionen, nämlich das BZÖ und die Grünen, die versuchen, durch eine permanente politische Show das wichtige Instrumentarium des parlamentarischen Untersuchungsausschusses kaputtzumachen!

Meine Damen und Herren, ich mache Sie darauf aufmerksam, dass Sie durch Ihre Vor­gangsweise, nämlich ständig Dinge vorzugeben, die einer Untersuchung bedürfen, oh­ne dass sie sich eigentlich im Beweisbeschluss wiederfinden, das wichtige Instrument Untersuchungsausschuss, die schärfste parlamentarische Waffe, eigentlich schwer be­schädigen. Das ist Ihre Verantwortung, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Wir haben das auch heute wieder erlebt, wenn der Herr Pilz hier herausgeht und froh­gemut über die sogenannten Strasser-E-Mails spricht. – Herr Dr. Pilz, reden wir doch einmal darüber: Wie kommen Sie denn überhaupt in den Besitz von privaten E-Mails eines Bundesministers? (Zwischenrufe bei Grünen und BZÖ.) Wie kommen Sie in den Besitz dieser E-Mails, Herr Kollege Pilz? (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Strutz: Wo sitzt der Verräter?, das ist euer Problem!)

Dass sich die Grünen aufregen, verstehe ich durchaus, sind sie doch genau jene Par­tei, die üblicherweise den Datenschutz immer besonders hochhält und immer beson­ders kritisch ist, wenn es um die Erfassung irgendwelcher Daten geht. Da ist es sogar schon unanständig, die Sozialversicherungsnummer in ein Stammblatt hineinzuneh­men, selbst dagegen sind die Grünen schon aufgetreten. Und dann haben sie einen Abgeordneten in ihren Reihen, der sich eines Datenforensikers in Oberösterreich be­dient, um gegen eine andere Partei dieses Hauses Untersuchungen anzustellen. Dass der „zufällig“ ein Kriminalbeamter ist, war dem Herrn Öllinger nicht bekannt. Wir haben ihn dazu befragt, es war ihm nicht bekannt, obwohl der Betroffene selbst im Ausschuss gesagt hat, dass er selbstverständlich davon ausgegangen ist, dass das dem Herrn Öllinger bekannt sein muss. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Herr Kollege Öllinger, da sind wir von der Anstiftung zum Amtsmissbrauch nicht weit entfernt! Das möchte ich Ihnen in aller Deutlichkeit sagen. (Abg. Öllinger: Sie müssen aufpassen!)

Aber ich möchte mich um diese Strasser-Geschichte nicht herumdrücken. Natürlich ist es zu kritisieren, wenn es hier eine Anzeige gibt und dieser Anzeige nicht entspre­chend nachgegangen worden ist. Das hat die Frau Justizministerin auch sehr deutlich gesagt. Aber ich will dazu noch eine Passage aus dem Protokoll des Untersuchungs­ausschusses zitieren. Es handelt sich hier um eine geheime Unterlage; ich weiß zwar nicht, warum diese Unterlage als „geheim“ klassifiziert wurde, aber durch deren Zitie-


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rung im Ausschuss darf ich das aus dem Protokoll zitieren. Es ist schon interessant, dass nach Überprüfung der Strasser-Sache und dieser E-Mails, wo ja ständig Amts­missbrauch vorgeworfen wurde, die Staatsanwaltschaft sagt:

„In Übereinstimmung mit der Ansicht der Anklagebehörde bestehen auf Grundlage der ausgehobenen Personalakten keine Anhaltspunkte für einen Befugnismissbrauch im Sinne des § 302 StGB, zumal offenbar die fachliche Eignung der jeweiligen Bewerber für die Entscheidung maßgeblich war ...“

Das sollten Sie endlich einmal zur Kenntnis nehmen, meine Damen und Herren! (Bei­fall bei der ÖVP.)

Sie kritisieren in weiterer Folge den zuständigen Staatsanwalt, weil er diese Unterlagen übersehen hat. Dazu zitiere ich weiter:

„Da jedoch unabhängig von einer allfälligen Verjährung keine Anhaltspunkte für ein strafbares Verhalten bestehen, ist die Vorgangsweise der Staatsanwaltschaft Wien im Ergebnis nicht zu beanstanden.“

Nehmen Sie das bitte einmal endgültig zur Kenntnis! (Beifall bei der ÖVP.)

Ich möchte schon darauf hinweisen, dass es nicht eine grundsätzliche Entscheidung der Regierungsparteien war, keine Minister zu laden, aber wir waren uns doch auch einig, dass wir dann Bundesminister ersuchen, in den Untersuchungsausschuss zu kommen, wenn es auch Sinn macht, wenn es geboten ist.

Die Fälle, die wir hier im Zusammenhang mit der Staatsanwaltschaft untersuchen, fal­len ja gar nicht in die Amtszeit der derzeit amtierenden Justizministerin.

Es gab auch bei ihrer Vorgängerin keinen einzigen Anhaltspunkt, meine Damen und Herren – ich betone: keinen einzigen! –, auf eine Weisung, also auf ein Eingreifen des jeweiligen Bundesministers. Wenn dem so wäre, wäre ich sofort dafür, dass wir den Minister in den Ausschuss bitten. Aber wenn es nicht einmal einen Anhaltspunkt dafür gibt, meine Damen und Herren, dann ist es durchsichtig, dann ist es eine politische Show der Opposition – und dafür geben wir uns nicht her! (Beifall bei der ÖVP.)

Ich möchte abschließend meine Verwunderung darüber zum Ausdruck bringen, dass der Herr Dr. Pilz plötzlich von der vereinigten Opposition, also sowohl von den Freiheit­lichen als auch vom BZÖ, hier offenbar auserkoren wurde, für die Opposition zu spre­chen. (Oh-Rufe bei der ÖVP.) Ich habe bisher geglaubt, dass die FPÖ sicherheitspoliti­sche Fragen ernst nimmt. Ich muss das allerdings jetzt sehr in Frage stellen, wenn Sie, meine Damen und Herren von der FPÖ, damit einverstanden sind, dass permanent der Herr Dr. Pilz entscheidet und für die geeinigte Opposition spricht. Das ist wirklich be­merkenswert! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Strache: Das weise ich auf das Schärfste zurück!)

Es wurde hier ein bisschen wehleidig dargestellt, dass manche Abgeordnete von den Staatsanwälten anders behandelt werden als die übrigen. Ich habe dafür mittlerweile durchaus Verständnis, aber bitte, nicht böse sein, ich habe mir die Immunitätsfälle seit der XXI. Gesetzgebungsperiode angeschaut und fand es interessant, dass es seit da­mals 56 Immunitätsfälle gegeben hat, aber wissen Sie, wer dabei Spitzenreiter ist? Dreimal dürfen Sie raten! (Abg. Ing. Westenthaler hebt die Hand.) Da zeigt schon einer auf, das ist ja fast wie in der Schule. – Der Herr Ing. Westenthaler ist es mit 15 Immunitätsfällen. (Beifall bei der ÖVP.)

Und der Zweite, der am zweithäufigsten offenbar mit den Gerichten in Konflikt kommt, ist der Herr Dr. Pilz. (Anhaltende Zwischenrufe bei den Grünen.) Dass sich diese bei­den Herren natürlich anders behandelt fühlen als alle anderen, die keine Probleme ha­ben, ist für mich durchaus nachvollziehbar, meine Damen und Herren. (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll43. Sitzung / Seite 41

Wir nehmen die Aufklärung im Untersuchungsausschuss sehr, sehr ernst. Der Herr Dr. Cap hat in seinen Ausführungen bereits einige Punkte genannt, die uns wichtig sind, weil wir glauben, dass dieser Untersuchungsausschuss am Ende entsprechende Ergebnisse zeitigen wird. (Abg. Öllinger: Sie sind ein Heuchler und Verleumder!)

Ich möchte hier dem Herrn Abgeordneten Pendl ausdrücklich danken (demonstrativer Beifall bei der SPÖ), weil auch er einer jener ist, die sich – ebenso wie in weiten Teilen der Fraktionsführer und Präsident Graf – im Ausschuss um eine echte Aufklärung be­mühen.

Wir wollen uns in der Tat die neue Strafprozessordnung im Detail anschauen. Es gibt da, Frau Justizministerin, Probleme in der Abgrenzung zwischen Beschuldigten und Zeugen. Wir wollen das Eilverfahren bei der Auslieferung von Abgeordneten umsetzen, meine Damen und Herren, denn es geht nicht nur um die Frage, ob da wochenlang eine mediale Debatte stattfindet, sondern es geht auch darum, ob jemand, wenn er ein­einhalb oder zwei Monate Zeit hat, nicht wichtige Beweismittel verschwinden lassen kann. Auch darum geht es in diesem Zusammenhang! Zur Sicherung von Beweisen macht es auch Sinn, ein Eilverfahren bei der Auslieferung von Abgeordneten an die Justiz durchzusetzen.

Das Gebot der Verhältnismäßigkeit, die Ultima Ratio – dem muss selbstverständlich zum Durchbruch verholfen werden. Es kann nicht so sein, dass es, bevor noch jemand einvernommen oder gefragt worden ist, ob er überhaupt bereit ist, Daten zur Verfügung zu stellen, schon zu einem relativ massiven Eingriff in die Privatsphäre kommt, dass man zu einer Rufdatenrückerfassung greift. Auch das möchte ich in aller Deutlichkeit hier sagen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Aus diesem Grunde bringe ich folgenden Antrag ein:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll43. Sitzung / Seite 42

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Pendl, Amon, Kolleginnen und Kollegen betreffend erste Maßnah­men aufgrund der Erkenntnisse des Untersuchungsausschusses zur Untersuchung von Abhör- und Beeinflussungsmaßnahmen im Bereich des Parlaments

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Frau Bundesministerin für Justiz wird ersucht, die Auswirkungen der Reform des strafgerichtlichen Vorverfahrens insbesondere auch im Lichte der Erkenntnisse des Untersuchungsausschusses zur Untersuchung von Abhör- und Beeinflussungsmaß­nahmen im Bereich des Parlaments einer eingehenden Evaluierung zu unterziehen und dem Nationalrat einen diesbezüglichen Bericht zu übermitteln, in dem im Fall der Feststellung des Erfordernisses legislativer Maßnahmen die entsprechenden als not­wendig erachteten Gesetzesänderungen im Detail dargelegt werden.

*****

Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

12.24


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Pendl, Amon, Kolleginnen und Kollegen betreffend erste Maßnah­men auf Grund der Erkenntnisse des Untersuchungsausschusses zur Untersuchung von Abhör- und Beeinflussungsmaßnahmen im Bereich des Parlaments

Der Untersuchungsausschuss zur Untersuchung von Abhör- und Beeinflussungsmaß­nahmen im Bereich des Parlaments hat sich in der bisherigen Zeit überwiegend mit Fragen befasst, die die Justiz und insbesondere die Tätigkeit der Staatsanwaltschaften betreffen. Dabei konnten einige Missstände festgestellt werden, die durch interne Maß­nahmen im Bereich der Justiz abzustellen sein werden.

Aus genereller Sicht wird aber auch die Frage zu beantworten sein, ob möglicher Wei­se manche der festgestellten Mängel systembedingt sind und insbesondere, ob diese Mängel durch die Umstellung des Systems durch das Strafprozessreformgesetz (mit) bedingt sind.

In diesem Sinn wird u.a. auch die Frage zu prüfen sein, ob die im Rahmen des Gesetz­gebungsprozesses im Parlament ausführlich diskutierte Regelung, wonach in die Staatsanwaltschaft in Fällen in denen wegen der Bedeutung der Tat und wegen der Person des Verdächtigten ein besonderes öffentliches Interesse vorliegt, Beweisauf­nahmen durch das Gericht zu veranlassen hat (§ 101 Abs. 2 StPO), tatsächlich, wie vom Leiter der Oberstaatsanwalt Wien ausgeführt, „totes Recht“ ist. Ferner werden auch die Auswirkungen der Neudefinition des (materiellen) Beschuldigtenbegriffes – insbesondere im Lichte der Immunitätsregelungen – einer eingehenden Prüfung zu un­terziehen sein.

Im Hinblick darauf stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Frau Bundesministerin für Justiz wird ersucht, die Auswirkungen der Reform des strafgerichtlichen Vorverfahrens insbesondere auch im Lichte der Erkenntnisse des Untersuchungsausschusses zur Untersuchung von Abhör- und Beeinflussungsmaß­nahmen im Bereich des Parlaments einer eingehenden Evaluierung unterziehen und dem Nationalrat einen diesbezüglichen Bericht zu übermitteln, in dem im Fall der Fest­stellung des Erfordernisses legislativer Maßnahmen die entsprechenden als notwendig erachteten Gesetzesänderungen im Detail dargelegt werden.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Dr. Graf zu Wort. Ich stelle die Uhr auf 10 Minuten. – Bitte.

 


12.24.57

Abgeordneter Mag. Dr. Martin Graf (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr ge­ehrte Frauen Bundesministerinnen Fekter und Bandion-Ortner! Eingangs möchte ich dem Kollegen Amon sagen: Nicht die Zahl der Verfahren ist entscheidend, ob jemand vielleicht als Krimineller hingestellt werden kann, sondern die  (Abg. Amon: Habe ich auch nicht gesagt!) – Genau in diesem Punkt ist es so! Vielleicht haben wir eine Staatsanwaltschaft, die sich bei offensichtlichen Fällen ganz einfach nicht traut, Verfah­ren einzustellen – und genau das untersuchen wir ja auch in diesen Bereichen! (Beifall bei FPÖ und BZÖ sowie des Abg. Dr. Van der Bellen.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll43. Sitzung / Seite 43

So kann man nämlich aus dem Schutz der parlamentarischen Immunität ein politisches Instrument machen, das man gezielt auch vonseiten der Staatsanwaltschaft zuneh­mend als politische Waffe gegen die Opposition einsetzt (Abg. Dr. Pirklhuber: Rich­tig! – Abg. Bucher: Stimmt!) – und genau das untersuchen wir in diesem Zusammen­hang und auch vieles andere mehr!

Zum „Beschwichtigungshofrat“ der Republik, dem Herrn Kollegen Cap, sage ich nichts mehr, denn der ist ja vom revolutionären „Geistling“ der Sozialdemokratie mit 70 000 Vor­zugsstimmen schon zum Apparatschik schlechthin geworden, muss ich sagen, wenn ich mir das vergegenwärtige, was er hier sagt. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeord­neten des BZÖ.)

Die Ausführungen der Frau Bundesministerin Bandion-Ortner, die hier unter anderem sagte: Ich kann mir das nicht vorstellen! oder: Das sind Fehlleistungen Einzelner!, be­ruhigen mich nicht wirklich in Bezug darauf, wie es in unserem Land weitergehen soll.

Wir haben Skandale über Skandale und Korruption über Korruption, die nach oben schwappen. Beispiele: ÖBB verzocken Millionen (Abg. Bucher: Hunderte Millionen!), BUWOG-Verkaufsprozess, Kommunalkredit, Skylink. Diese Liste kann man ja fast schon ins Unermessliche fortsetzen. Es ist schon nahezu eine Korruptionspandemie in Österreich ausgebrochen. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten des BZÖ.)

Meine Damen und Herren! Der Steuerzahler hat in diesem Land ein Recht darauf, dass die Behörden und die Institutionen, denen man Kontrollaufgaben überträgt, funk­tionieren, dass von ihnen diese Aufgaben auch wahrgenommen werden. Da zählen na­türlich das Innenministerium und die Behörden dazu. Da zählen natürlich die Staatsan­waltschaft und die Gerichte dazu. Und da zählt selbstverständlich auch der parlamen­tarische Untersuchungsausschuss dazu – und daher ist das insgesamt in einem breite­ren Licht zu sehen!

Wir als Abgeordnete entscheiden selbst, wie wir mit diesem Instrument umgehen – und nicht die Regierung! Wenn ich von der Frau Präsidentin höre, wir müssen uns mehr Selbständigkeit des Parlaments erkämpfen, dann muss ich sagen: Ja, da gebe ich Ihnen recht, Frau Präsidentin! Aber dann kämpfen wir auch dafür! Lassen wir uns von der Regierung nicht in die Knie zwingen! Wir selber müssen unsere Instrumente
zu leben beginnen. (Beifall bei der FPÖ, bei Abgeordneten des BZÖ sowie des Abg. Dr. Pirklhuber.)

Ein Beispiel dafür ist, wie wir in Hinkunft mit Untersuchungsausschüssen umgehen. In­sofern stimmt die Analyse. Aber bitte nicht immer auf die Opposition zeigen, denn das ist die Minderheit. Die Mehrheit entscheidet in diesem Haus immer noch – und der ge­hören Sie (in Richtung SPÖ) und auch Sie (in Richtung ÖVP) derzeit noch an! (Abg. Grosz: Derzeit noch!) 29 Prozent – „großartige“ Leistung der Sozialdemokratie, muss man sagen!

Ein Untersuchungsausschuss trägt wesentlich zur demokratiepolitischen Hygiene in diesem Land bei. Er ist in dieser Hinsicht ein wesentliches Instrument.

Frau Justizministerin, Sie kennen das Thema Generalprävention, und ich frage Sie: Wenn man mit einem Instrument einmal schludrig umgeht, wenn man einem Minister nicht einmal mehr ein Anhörungsrecht in einem Ausschuss gibt, warum soll dann das Vertrauen in Zukunft steigen? Generalpräventiv versagen wir da! Da brauche ich mir nur mehr auszumalen, wie man in Zukunft mit Untersuchungsausschüssen umgeht.

Jetzt sage ich es noch einmal: Wer die parlamentarische Kontrolle oder die politische Kontrolle bei der Bekämpfung der Korruption hier im Hohen Haus blockiert, der macht der Korruption in unserem Land auch noch die Räuberleiter. Das ist der Punkt, um den es bei zukünftigen Fällen geht! (Beifall bei FPÖ und BZÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll43. Sitzung / Seite 44

Daher müssen wir sorgsam mit diesem Instrument umgehen! (Zwischenbemerkung von Bundesministerin Mag. Bandion-Ortner.) – Es ist nicht nur ein Einzelfall!

Frau Bundesministerin, ich unterscheide jetzt: Das Justizministerium funktioniert, deckt ja auch immer wieder auf – leider Gottes sehr oft von der politischen Linken auch in Zweifel gezogen! Ich wünsche mir keine weisungsfrei gestellte Staatsanwaltschaft, ins­besondere im Lichte der Ergebnisse des Untersuchungsausschusses will ich das nicht.

Die im Ministerium verantwortlichen Stellen haben ja grosso modo funktioniert, wenn man ihnen die Möglichkeit dazu gegeben hat. Aber sich wenn ein Oberstaatsanwalt, der durch die Reformen der Frau Bundesministerin Berger Geschäftsordnungseintei­lungsautonomie und Personalautonomie bekommen hat, dem jeder Akt vorgelegt wer­den muss, wenn es darum geht, Fälle von politischen Mandataren in der politischen Sektion zu verfolgen oder zu behandeln, dann hinstellt und sagt: Na ja, wir haben zu wenig Personal, es sind junge und unerfahrene Staatsanwälte darunter, und da sind eben Fehler passiert!, dann muss ich sagen: Wer hat ihn denn daran gehindert, seine Möglichkeiten wahrzunehmen?

Wer hat ihn zum Beispiel daran gehindert, dort erfahrene Leute hinzusetzen? Das liegt in seiner Kompetenz – und da hat die Oberstaatsanwaltschaft versagt! Und wer hat ihn daran gehindert, den ihm vorgelegten Akten entsprechend seine Möglichkeiten wahr­zunehmen? Auch da hat man versagt.

Wenn Sie einen Pressesprecher in der Oberstaatsanwaltschaft haben, der permanent die Öffentlichkeit falsch informiert, wenn es um politische Mandatare oder um verschie­dene prominente Leute geht, indem dieser ganz einfach Dinge verschweigt oder zy­nisch Falsches behauptet, dann muss ich sagen: Von einem Organ der Rechtspflege, auch wenn er Pressesprecher und Leitender Staatsanwalt ist – und Sie haben ja ge­sagt, die Staatsanwälte stehen in der Verfassung und sind Organe der Rechtspflege –, erwarte ich mir, dass er die Öffentlichkeit wahrheitsgetreu informiert. Doch das ist nicht passiert! (Beifall bei FPÖ und BZÖ.)

Dann stellt sich schon die Frage: Was macht denn die Frau Bundesministerin dagegen?

Der „Parlamentarismus neu“ wurde ja heute vom Klubobmann Cap neu definiert. Er ge­steht uns die Rechte zu, die wir haben. – Na hurra! Will er uns die vielleicht nehmen? (Abg. Neubauer: Danke!) Danke, lieber Herr Cap! Danke, das ist wirklich „toll“! (Abg. Mag. Gaßner: Aber bitte!)

Wenn aus dem Justizministerium dann Akten eingesehen werden und Ihnen der Be­richt auf dem Tisch liegt, Frau Bundesministerin, und zwar in einem speziellen Fall, der auch Untersuchungsgegenstand ist, wo das Justizministerium Ihnen empfiehlt und sagt – ich zitiere –:

„Ich meine daher, dass wir uns nicht der Peinlichkeit stellen müssen, dass die Staats­anwaltschaft vorgeblich nicht erkannt hat, dass es sich um einen Abgeordneten han­delt. Wir sollten auch nicht in jedem Fall die Vorgehensweise der Staatsanwaltschaft verteidigen. Ich wäre daher dafür, mit offenen Karten zu spielen und klar zum Ausdruck zu bringen, dass die Vorgehensweise der Staatsanwaltschaft nicht der Sach- und Rechtslage entsprochen hat“, dann müssen Sie doch etwas tun. Aber da haben Sie nicht viel getan. – Das ist nur eines von vielen Beispielen, die im Untersuchungsaus­schuss zutage gefördert worden sind.

Wir haben in Wirklichkeit eine Regierungskrise, die heute heruntergebrochen wird – auch von der Regierung, von der Regierungsmehrheit – auf eine parlamentarische Kri­se. Man versucht, das in diese Richtung zu lenken. Wir haben keine parlamentarische Krise, wir können uns durchaus mehr Selbständigkeit zutrauen und uns hier auflehnen, wenn die Regierung beziehungsweise die Regierungsmehrheit glaubt, uns hier in Gei­selhaft nehmen zu müssen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll43. Sitzung / Seite 45

In Wirklichkeit haben wir eine Regierung, die uns permanent – ob bei der Strafprozess­novelle betreffend Geschworenengericht oder beim Budgetbegleitgesetz –mit Geset­zen weitreichender Bedeutung, wo keine Begutachtung stattgefunden hat, „beglückt“. Das ist doch kein „Parlamentarismus neu“ – das ist im Endergebnis die Ausschaltung des Parlaments in wesentlichen Teilen der Gesetzesfindung! Das müssen wir doch er­kennen!

Ebenfalls ohne Begutachtung wurde die Universitätsgesetz-Novelle hier im Hohen Hause im Juli beschlossen. Damals haben wir all die Zustände, die jetzt kritisiert wer­den, schon vorausgesagt. Aber Sie haben aus parteipolitischem Interesse einfach bei sehr vielen Dingen das Kind mit dem Bade ausgeschüttet. Und das auch mit Hilfe der Grünen, wo bei zukünftigen Studienrichtungen, die wir angedacht haben, Ihr Vertreter gesagt hat: Da gehören Zugangsbeschränkungen eingeführt, bevor wir dieses Studium zulassen! (Die Abgeordneten Dr. Pilz und Dr. Zinggl schütteln verneinend den Kopf.) Diskutieren Sie das jetzt nicht weg!

Wenn sich heute die Gewerkschaft solidarisch mit den protestierenden Studenten zeigt, dann frage ich Sie: Waren Sie, die Vertreter der Gewerkschaft, nicht eines Sin­nes bei der Budgetfindung, als die Universitäten mit viel zu knappen Mitteln ausgestat­tet wurden? Wo waren denn da die Gewerkschafter, die hier im Hohen Hause sitzen? Oberhauser, Katzian, Csörgits, Haberzettl, Muchitsch, Spindelegger, Riepl, Neuge­bauer: Sie alle haben dem Budget zugestimmt! Aber jetzt zeigen Sie sich solidarisch mit den Studenten (Abg. Kickl: Unglaublich!), die gegen die Zustände, die Sie gemein­sam mit der Regierung herbeigeführt haben, demonstrieren.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das durchschauen die Bürger, sie sehen, wie mit dem Parlamentarismus umgegangen wird, die Bevölkerung merkt das, denn es ist nicht zum Wohle der Bürger!

Die Regierung schafft sich zunehmend eine kontrollfreie Zone – schon seit mindestens drei Jahren, ja sogar schon seit Längerem –, und das nicht nur hier im Hohen Haus, sondern auch in den Behörden und so weiter. Und da ist es nicht gut, Systeme nicht untersuchen zu wollen. Und wenn Sie der Forderung, dass die zuständigen politischen Verantwortlichen in den Ausschuss zu kommen haben, nicht nachkommen, dann ge­ben Sie dem Instrument des parlamentarischen Untersuchungsausschusses für alle Zukunft ein neue Bedeutung, nämlich, dass er nichts mehr wert ist. (Beifall bei der FPÖ.)

12.35


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Mag. Stadler zu Wort. 10 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


12.35.32

Abgeordneter Mag. Ewald Stadler (BZÖ): Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Frau Bundesminister! Ihre Anfragebeantwortung war gut vorgelesen – ich weiß nicht, wer sie geschrieben hat, ich habe den Verdacht, und zwar zu Ihren Gunsten, dass Sie das nicht selber gemacht haben. Sie war jedenfalls gespickt mit Unrichtigkeiten und Halbwahrheiten. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Das könnten Sie sich zum Beispiel im Untersuchungsausschuss nicht erlauben, denn dort stehen Sie erstens unter gesetzlicher Wahrheitspflicht – bitte, an den Herrn Klub­obmann Cap ausrichten! –, mit Strafsanktion, im Gegensatz zu hier herinnen, und zwei­tens würden wir Sie dort mit den Originaldokumenten konfrontieren.

Ich will jetzt einmal dem Zuschauer vor dem Fernsehschirm zeigen, was zum Beispiel unwahr war.

Unwahr ist, dass man so ein Konvolut (einen Stoß Schriftstücke in die Höhe haltend) im Akt übersehen hat. (Ruf beim BZÖ: Ungeheuerlich!) Das heißt: Es ist nicht irgendein


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nachrangiges „Akterl“, Papierl gewesen, so wie das die Frau Minister gerade gemeint hat, indem sie sagte: Wo gearbeitet wird, dort passieren Fehler!, sondern das war der wesentlichste und dickste Anteil in diesem Akt. Und das sind die Strasser-E-Mails.

Meine Damen und Herren! Diese Strasser-E-Mails hat der Herr Staatsanwalt über­sehen – aber nicht nur der Herr Staatsanwalt, sondern auch der Herr Oberstaatsan­walt und auch das BIA! Die haben das dreimal übersehen. Und dann heißt es: Wo ge­arbeitet wird, passieren Fehler!

Ist das noch ein Fehler, gibt es eine derartige Wahrscheinlichkeit, Frau Bundesminis­ter? Können Sie uns diese Wahrscheinlichkeit einmal erklären? Drei Institutionen, hoch bezahlte Spitzenbeamte übersehen dieses Konvolut (dasselbe in die Höhe haltend), meine Damen und Herren?! – Es soll sich der Bürger draußen ein Bild machen können davon, dass das (das besagte Konvolut wieder in die Höhe haltend) übersehen und vergessen wurde im Akt, meine Damen und Herren! (Beifall beim BZÖ sowie bei Abge­ordneten von FPÖ und Grünen.)

Nun will ich etwas zitieren, was im Übrigen schon im Ausschussprotokoll drinnen ist, und daher kann ich es auch öffentlich zitieren. Ich zitiere ein Beispiel der sogenannten objektiven Postenbesetzung des Herrn Bundesministers Strasser. (Abg. Amon: Zitie­ren Sie aus dem Ausschussprotokoll? Das ist nicht das Ausschussprotokoll!) – Ich zi­tiere aus dem Dokument, das habe ich im Ausschuss auch vorgehalten. (Abg. Amon: Das dürfen Sie nicht! Das ist nicht das Protokoll!) – Ich zitiere aus dem Dokument, das habe ich ja gesagt. Du kannst es gerne haben, Kollege Amon! (Abg. Amon: Das ist ein Bruch der Vertraulichkeit!)

Ich zitiere aus dem Dokument, nicht aus dem Ausschussprotokoll – damit du dich gleich aufregen kannst. Ich habe es im Ausschuss vorgetragen, daher kann ich es hier auch vortragen.

Es heißt in einem E-Mail des Ministers Strasser – ich zitiere –:

Ein Gendarm namens H. –

ich nenne jetzt den vollen Namen nicht –

vom Gendarmerieposten Grieskirchen –

Privattelefonnummer sowieso –,

ein alter Bekannter meines Vaters, hat interveniert wegen seines Cousins oder so, H., dass er eine Position am Gendarmerieposten in Lambach bekommt. Du wüsstest an­geblich von der Sache – schreibt er dann an den Herrn Kloibmüller –, bitte Info. Ernst. – Zitatende.

Daraufhin schreibt Herr Kloibmüller Folgendes zurück:

Der Postenkommandant von Lambach ist in Pension gegangen, sodass diese Stelle ausgeschrieben werden muss. –

Peinlich, ja! –

Der Stellvertreter des Kommandanten war Rudi H. Unser Personalvertretungschef im Bezirk Lambach ist natürlich unser Wunsch, dass er zum Zug kommt. – Zitatende.

Meine Damen und Herren, was hat das noch mit objektiver Postenbesetzung zu tun? (Abg. Grosz: Postenschacher ist das!)

Frau Bundesminister, das sind die Dinge, die wir Ihnen im Ausschuss vorhalten wer­den! Genau darum geht es!

Hier können Sie, Herr Kollege Cap, ohne Strafsanktion politische Statements abgeben. Nur hier kann die Mehrheit darüber entscheiden, ob wir uns das gefallen lassen oder nicht. Aber im Ausschuss, mit den Dokumenten, die wir haben, geht das alles nicht


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mehr durch. Dort ist diese Lesestunde nicht mehr möglich, meine Damen und Herren. Und das ist der Grund dafür, warum wir sagen: Die Minister müssen in den Aus­schuss!

Ich könnte Ihnen noch zwanzig, dreißig Beispiele aus dem Stand anhand der Anfrage­beantwortung zitieren, wo ich Ihnen sage: Im Ausschuss sprechen die Dokumente eine andere Sprache. Unter Vorhalt der Dokumente wäre diese Antwort nicht möglich.

Ich zeige Ihnen, meine Damen und Herren an den Fernsehschirmen, Folgendes: Das ist eine Liste (der Redner hält Schriftstücke in die Höhe) der drei U-Ausschüsse Euro­fighter-Untersuchungsausschuss, Banken-Untersuchungsausschuss und Untersu­chungsausschuss betreffend Amtsführung des BMI. Im Eurofighter-Untersuchungsaus­schuss sind elf Minister oder Ex-Minister geladen gewesen, im Banken-Untersuchungs­ausschuss sieben Minister oder Ex-Minister, im BMI-Untersuchungsausschuss drei Mi­nister oder Ex-Minister. Das sind insgesamt 21 Minister. (Abg. Hornek: Wie oft war Mi­nister Strasser im Ausschuss?) – Ah, der Herr Kollege Schüssel ist aus Tibet zurückge­kommen, er ist auch wieder da – erleuchtet, wie ich hoffe!

Meine Damen und Herren! Auf einmal darf kein Minister mehr in den Untersuchungs­ausschuss kommen. Warum? – Das hat irgendjemand, glaube ich, schon gesagt.

Das Kalkül der Österreichischen Volkspartei: Das wird ein Ausschuss, da können wir die Opposition zerfleischen!, ist nicht aufgegangen. Jetzt stellt sich heraus, dass dieser Ausschuss eines zutage fördert: Machtmissbrauch, Machtmissbrauch, Machtmissbrauch der Österreichischen Volkspartei, meine Damen und Herren, und sonst gar nichts, und zwar in Serie! (Beifall bei BZÖ und Grünen. – Zwischenruf des Abg. Hornek.)

Herr Kloibmüller ist im Zentrum dieses Machtmissbrauchs. Ab heute, meine Damen und Herren Zuseherinnen und Zuseher an den Fernsehschirmen, sollen Sie wissen: Dank des Machtmissbrauchs der Österreichischen Volkspartei gibt es zwei Kategorien von Zeugen im Untersuchungsausschuss und des österreichischen Parlamentarismus: den normalen Zeugen – das ist der Beamte, das ist der normale Bürger –, der muss kommen (Abg. Ing. Westenthaler: Der muss herhalten, jawohl!), aber wenn man Minis­ter der Österreichischen Volkspartei ist oder war, dann hat man nicht zu kommen (Zwi­schenrufe beim BZÖ), meine Damen und Herren, dann gehört man zur neuen Aris­tokratie der Schwarzen, des schwarzen Machtmissbrauchs. Das ist der Unterschied, um den es geht! (Beifall bei BZÖ, FPÖ und Grünen. – Zwischenruf des Abg. Grosz.)

Meine Damen und Herren des Hohen Hauses, auch Sie von den Sozialdemokraten! Wenn Sie zu diesen Dingen – Grasser haben Sie schon erwähnt, Herr Kollege Cap – etwas wissen wollen, dann können Sie nicht in den Untersuchungsausschuss kommen, denn dorthin kommt die Ministerin nicht; dann müssen Sie ins „Theatercafe“ gehen: Dort treffen Sie die Ministerin! Dort treffen Sie gleichzeitig auch den Anwalt des Herrn Grasser, einen Staatsanwalt, der mit der Causa befasst ist, dort treffen Sie das ganze Milieu! Nur: Dort gibt es keine parlamentarische Kontrolle, das ist der Haken an der Sache.

Deswegen, meine Damen und Herren von der SPÖ, und darum ersuche ich Sie jetzt: Wenn Sie das Image der Beiwagenpartei des schwarzen Machtmissbrauchs loswerden wollen, dann müssen Sie Ihren Koalitionspartner dazu bringen, dass er diesen schwar­zen Machtmissbrauch auch vor dem Untersuchungsausschuss verantworten muss! Es geht nur um die Verantwortung und sonst gar nichts! (Beifall bei BZÖ und Grünen.)

Diesen schwarzen Machtmissbrauch haben Sie selber noch vor zwei Jahren erfahren, als wir aufgedeckt haben, wie der damalige Finanzminister Grasser über seine Beam­ten, über die Finanzmarktaufsicht, Ihre Parteikonten geöffnet hat – illegalerweise, wie sich herausgestellt hat. Heute decken Sie diesen schwarzen Machtmissbrauch? – Ich nicht!


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Ideologie hin oder her, aber wer in diesem Land die Verfassung dermaßen unver­schämt zu parteipolitischen Zwecken bricht, hat vor dem Untersuchungsausschuss auf­zutreten, meine Damen und Herren, Hohes Haus! (Beifall bei BZÖ, FPÖ und Grünen.)

Frau Bundesminister, es geht nicht darum, aus Fehlern zu lernen – das erwarten wir von Ihnen sowieso (Zwischenruf des Abg. Kickl), das muss jeder tun, der ein vernünfti­ger Mensch ist und sein Hirn einigermaßen beisammen hat, das ist eine menschliche Tugend, die evolutionär gewirkt hat; darum geht es nicht –, sondern, meine Damen und Herren, es geht darum, den Machtmissbrauch zu entdecken und gegen den Macht­missbrauch anzutreten, und das hat nichts mit Fehlern zu tun. Machtmissbrauch ist kei­ne Folge eines Fehlers, sondern eine Folge der Einstellung – der Einstellung: Wir dür­fen in dem Land alles tun!, der Einstellung: Wir haben den Apparat!, der Einstellung: Wir haben umgefärbt und daher müssen die Beamten uns dankbar sein, und dafür müssen sie jetzt auch parieren. – Das ist das System, das dahintersteckt, meine Da­men und Herren! (Abg. Hornek: Und was hat das mit dem Untersuchungsgegenstand zu tun? Was hat das mit dem Untersuchungsgegenstand zu tun?)

Daher bin ich Kollegem Amon sehr dankbar dafür, dass er hier herausgegangen ist. Der Wähler hat heute eines gesehen: Kollege Amon hatte noch keine zwei Minuten ge­redet, da ist es ihm um das Hauptanliegen gegangen – er war wirklich wie ein Zeuge! Er kommt hier heraus, und sagt nicht: Ich möchte wissen, ob Herr Strasser wirklich Amtsmissbrauch begangen hat oder nicht, ich möchte das genau wissen! – nein! –, sein Hauptanliegen ist: Wo hat Peter Pilz die E-Mails her?, meine Damen und Herren. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Hornek.) Wo ist die undichte Stelle? – Das ist das Hauptanliegen der Österreichischen Volkspartei, meine Damen und Herren, sonst in­teressiert euch gar nichts!

Sie wollen den Apparat schließen, das machen Sie schon zum x-ten Mal. Ich habe das bei Ernst Strasser immer wieder erlebt: zum x-ten Mal! Sie haben auch heute – heuch­lerisch, wie ich Ihnen vorwerfe – gesagt, dass es gegen Peter Westenthaler und Peter Pilz die meisten Auslieferungsbegehren gibt. (Abg. Hornek: Zwangs... der Grünen!) Wissen Sie, warum? – Weil genau der Machtapparat Ihrer Privat-Stasi BIA gegen Pe­ter Westenthaler vorgegangen ist und weil Peter Pilz Hauptzielpunkt der Anzeigen von Strasser, Grasser und Kukacka war. (Beifall beim BZÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Machtmissbrauch der Österreichischen Volkspartei – und dann stellt man sich hier he­raus und sagt: Um Gottes willen, schaut einmal an, was das für Kriminelle sind! Jetzt haben sie so viele Auslieferungsbegehren! – Meine Damen und Herren, das ist nie­derträchtig, was Sie machen! (Ruf bei der ÖVP: Unglaublich! – Zwischenrufe bei der ÖVP.) Sie missbrauchen die Macht, daher muss der Wähler vor Ihnen gewarnt werden! Und deswegen müssen Sie vor den Untersuchungsausschuss, meine Damen und Her­ren. (Beifall beim BZÖ. – Abg. Amon: Skandalös! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Zu Herrn Kloibmüller: Wir können nachweisen, dass Ihr Herr Kloibmüller, ein schwarzer Parteisekretär, direkt an die Polizei Ermittlungsaufträge gibt. – Das hat sich herausge­stellt und ist nachweisbar aus den Unterlagen. (Abg. Amon: Gar nichts können Sie be­weisen!) Damit wollen wir Sie konfrontieren, Frau Bundesminister Fekter, und da kön­nen Sie nicht so herumschwadronieren, wie das heute die Frau Bundesminister Ban­dion-Ortner gemacht hat. (Abg. Hornek: Wenn Sie hier von Stasi-Methoden sprechen, entschuldigen Sie sich, Herr Stadler! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Ich mäßi­ge mich gar nicht!

Ihr Machtmissbrauch würde ein viel härteres Auftreten erfordern! Ihr Machtmissbrauch wird dazu führen, dass wir uns das nicht gefallen lassen: Wir werden so lange Sonder­sitzungen machen, bis die Minister vor diesem Untersuchungsausschuss ihren Macht­missbrauch eingestehen müssen, meine Damen und Herren, Hohes Haus! (Beifall beim BZÖ. – Abg. Amon: Das ist ja skandalös, was Sie ...!)


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Sie haben, als Sie Peter Westenthaler nicht erwischen konnten, nicht einmal davor zu­rückgeschreckt, gegen vier Mitarbeiter seines Parlamentsklubs vorzugehen. Ich hätte einmal Ihr Geheul hören mögen, wenn man von sozialistischer Seite unter dem Innen­minister Caspar Einem gegen Mitarbeiter der Österreichischen Volkspartei so vorge­gangen wäre: Das Geheul möchte ich mir ausmalen, meine Damen und Herren! (Zwi­schenruf des Abg. Dr. Schüssel.)

Als Sie gemerkt haben, dass die Immunität des Peter Westenthaler einer Verfolgung entgegensteht, haben Sie versucht, den Umweg zu gehen und über den niedersten Zaun zu springen, um Mitarbeiter zu kriminalisieren. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.) Sie sollten sich für derartige Zustände schämen, meine Damen und Herren! (Beifall bei BZÖ, FPÖ und Grünen. – Abg. Amon: Bleiben Sie bei der Wahrheit! Das ist ja unglaublich! – Zwischenruf des Abg. Dr. Schüssel. – Zwischenruf des Abg. Strache.)

12.45

12.45.50

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Mag. Stadler, für die Ausdrü­cke „heuchlerisch“ und „Niedertracht“ erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf.

Zur Geschäftsbehandlung hat sich Herr Klubobmann Kopf zu Wort gemeldet. (Abg. Ing. Westenthaler: Ja, die Schuld drückt! – Abg. Petzner: Das schlechte Gewissen!)

 


12.46.10

Abgeordneter Karlheinz Kopf (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Kollege Stadler hat sich hier jetzt sehr echauffiert und versucht, fehlende Argumente mit Lautstärke zu kompensieren oder zu ersetzen. Aber um eines, Frau Präsidentin, muss ich Sie dringend ersuchen: Sie haben ihm jetzt einen Ordnungsruf für zwei konkrete Aussagen erteilt, aber noch viel schlimmer erscheint mir, dass Herr Abgeordneter Stadler dem BIA Stasi-Methoden vorwirft und es mit der Stasi ver­gleicht. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Ing. Westenthaler: Das ist eine politische Wertung!)

Ich bitte Sie dringend, das genauso mit einem Ordnungsruf zu ahnden. Dieser Vorwurf an das BIA ist ungeheuerlich! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Ing. Westenthaler: Wenn politische Wertungen mit Ordnungsrufen ...!)

12.46


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Klubobmann! Es ergeht überhaupt an alle die Bitte um Mäßigung bei der Wortwahl, auch bei einem heiklen Thema. (Abg. Amon: Nein, es geht nicht um alle, es geht um Herrn Stadler!) Ein Ordnungsruf wurde erteilt, und es sind viele Ausdrücke gefallen, wo ich bitten darf, sich in Zukunft genau zu über­legen, was gesagt wird.

Nun hat sich Frau Bundesministerin Dr. Fekter zu Wort gemeldet. Ich mache darauf auf­merksam, dass die Redezeit 10 Minuten nicht überschreiten soll. – Bitte. (Abg. Ing. Wes­tenthaler – in Richtung ÖVP –: ... eure ... Spitzel-Stasi! ... mit eurem Ober-Stasi ...! – Zwischenruf des Abg. Strache.)

 


12.47.23

Bundesministerin für Inneres Mag. Dr. Maria Theresia Fekter: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Hohes Haus! Herr Kollege Stadler, wenn Sie es auch noch so echauffiert und laut vortragen, es wird nicht wahrer: Machtmissbrauch findet sich nicht in den Akten! Es konnte kein Beweis dafür gefunden werden, das hat Kollege Amon auch deutlich ausgeführt. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Ing. Westentha­ler – in Richtung ÖVP –: Ich sage es auch vom Rednerpult: Eure Stasi-Methoden wer­den wir abdrehen! – Abg. Strache: Deshalb wollen wir ja auch, ...!)

Wenn Sie bei der Wahrheit bleiben würden, hätten Sie aus dem Protokoll gleichfalls zi­tieren müssen, dass die Anklagebehörde auch in Übereinstimmung mit der Ermitt-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll43. Sitzung / Seite 50

lungsbehörde keinen Hinweis auf Amtsmissbrauch, auf Machtmissbrauch bei der Pos­tenbesetzung gefunden hat. (Abg. Ing. Westenthaler: Kommen Sie lieber in den Un­tersuchungsausschuss, bevor Sie hier schwadronieren!) Alle untersuchten Dienstpos­tenbesetzungen wurden aufgrund der geeigneten Qualifikation der jeweiligen Bewerber getätigt, und daher wurde dieses Verfahren auch eingestellt.

Sprechen Sie nicht von Machtmissbrauch, wo keiner stattgefunden hat! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Petzner: Sie sind selber der lebendige Amtsmissbrauch! – Abg. Ing. Wes­tenthaler: Sie sind der fleischgewordene Amtsmissbrauch!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben im Februar 2004 hier im Hohen Haus die Strafprozessordnung beschlossen, und mit 1. Jänner 2008 ist sie in Kraft ge­treten und hat eine neue Zusammenarbeit zwischen Justiz und Polizei gebracht. (Abg. Ing. Westenthaler – in Richtung ÖVP –: Eure Spitzel gegen die Opposition loslassen, das könnt ihr!) Heute, ungefähr zwei Jahre danach, wissen wir, wo dieses neue Sys­tem gut funktioniert, wir wissen aber auch, dass wir noch die Kommunikation zwischen Staatsanwaltschaft und Ermittlungsbehörden weiter intensivieren müssen.

Ich begrüße daher den Entschließungsantrag, der im Hinblick auf die neue Strafpro­zessreform eine Evaluierung vorsieht und dass man sich anschaut, wo wir Verbesse­rungsbedarf haben. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Ing. Westenthaler.)

Eines ist aber klar: Nicht ich, sondern der Rechtsstaat fordert es, dass Kriminelle ver­folgt werden. (Abg. Dr. Pilz: Fekter ist die Schutzpatronin der Einbrecher! Die Schutz­patronin des Amtsmissbrauchs!) Wer straffällig ist, muss bestraft werden, und aus die­sem Grund gilt für Justiz und Polizei, dass wir Hand in Hand für die Sicherheit in unse­rem Land arbeiten. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Dr. Pilz.) Die Justiz ist Herrin des Verfahrens, die Akten werden unter Federführung der Justiz behandelt, und die Jus­tiz, die Staatsanwaltschaft erteilt die Ermittlungsaufträge an die Polizei. (Abg. Dr. Pilz: Kommen Sie in den Ausschuss!)

Ein Beispiel für diese Zusammenarbeit sind DNA-Analysen und Gutachten: Die Aufträ­ge dazu fallen sowohl in den Aufgabenbereich der Sicherheit als auch in den Aufga­benbereich der Justizbehörden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist wenig bekannt, dass Österreich die fünftgrößte DNA-Datenbank der Welt besitzt und dass wir bereits 12 000 DNA-Analy­sen von Straftätern und 10 000 DNA-Spurenanalysen haben. Allein in Wien wurden im Jahr 2008 4 287 Straftäter-DNA-Profile erstellt und 3 490 DNA-Spurenanalysen beauf­tragt. (Abg. Mag. Kogler – neben den Bankreihen der Grünen stehend –: Das hat ja mit der Anfrage überhaupt nichts zu tun! Jetzt reichts aber! – Weitere Zwischenrufe bei den Grünen. – Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.)

Meine sehr verehrten Damen! Hören Sie zu, damit Sie erkennen, wie die Zusammen­arbeit ...

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin! Herr Abgeordneter Pilz! (Abg. Mag. Kogler: Missbrauch des Parlaments! – Zwischenruf des Abg. Ing. Westen­thaler.) – Herr Abgeordneter Kogler! Erstens: Zwischenrufe, diese Vereinbarung gilt bis heute, werden nicht toleriert, wenn sie nicht vom Platz aus vorgenommen werden. (Abg. Ing. Westenthaler: Es gibt keine Vereinbarungen mehr! – Neuerlicher Zwischen­ruf des Abg. Mag. Kogler.) – Nein, Sie stehen und sind nicht auf Ihrem Platz.

Punkt Nummer zwei: Die Frau Bundesministerin hat per Geschäftsordnung das Recht zu reden – 10 Minuten, ganz genau. (Abg. Mag. Kogler: Aber zum Gegenstand! – Weitere Zwischenrufe bei BZÖ und Grünen.) Daher ist die Frau Bundesministerin am Wort; natürlich zum Gegenstand, zur Dringlichen Anfrage. – Bitte. (Abg. Strache: Das ist ein Missbrauch!)

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll43. Sitzung / Seite 51

Bundesministerin für Inneres Mag. Dr. Maria Theresia Fekter (fortsetzend): Ich bin lange genug Parlamentarierin gewesen, um zu wissen, dass man zum Gegenstand spricht. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Dr. Graf.)

Aber hören Sie zu, dann werden Sie erkennen, wie die Zusammenarbeit zwischen Jus­tiz und Innenministerium erfolgt, denn gerade diese Zusammenarbeit ist Gegenstand der Dringlichen Anfrage gewesen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Ing. Westenthaler: ... Un­tersuchungsausschuss! Sie trauen sich nicht!)

Bei dieser Zusammenarbeit arbeiten wir nicht nur bei den Beweisen intensiv zusam­men, sondern auch bei der Ermittlung und Aufklärung. Sie alle kennen Justizfälle aus der jüngeren Vergangenheit, in der das enge Zusammenwirken zwischen Staatsan­waltschaft und Kriminalpolizei deutlich wurde. Die Führung durch den Staatsanwalt wird ergänzt durch eine Gruppe der Kriminalpolizei mit – je nachdem – wirtschaftspoli­zeilicher, kriminalistischer oder Datensicherungsexpertise.

Fast täglich gibt es gemeinsame Einsatzbesprechungen mit der Staatsanwaltschaft (Abg. Mag. Kogler: Filibuster! – weitere Zwischenrufe bei den Grünen), ein gemeinsa­mes Einvernehmen der Hauptakteure, gemeinsame Auswertungen der Unterlagen und auch im Hauptverfahren die Unterstützung des Staatsanwaltes durch das eingespielte Team der Kriminalpolizei. (Abg. Vilimsky: Sie haben die falsche Rede! – Abg. Grosz: Wenn Sie nicht gerade den Untersuchungsausschuss blockieren, blockieren Sie das Parlament!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es wurde ein gemeinsamer Qualitätszirkel eingerichtet. Bereits in Vorbereitung der Strafprozessreform haben das Innen- und das Justizministerium in gemeinsamen Arbeitsgruppen wichtige Lösungen ausgearbeitet. (Abg. Mag. Stadler: Kommen Sie in den Ausschuss! Hören Sie auf zu schwadronieren!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gerade Herr Präsident Graf hat das Thema Korruptionsbekämpfung angesprochen (Abg. Mag. Stadler: Kommen Sie in den Ausschuss! Im Ausschuss können Sie sich Ihre ganzen Spompanadeln ...! – Präsiden­tin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen), und die Korruptionsbekämpfung ist ein gutes Beispiel für diese Zusammenarbeit. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Kogler: Reden Sie einmal mit dem ...! Der wird sich schön bedanken!)

Die Justiz hat eine Anti-Korruptionsstaatsanwaltschaft eingerichtet, und hier im Haus wurde das Gesetz beschlossen für die Anti-Korruptionsbehörde; sie wird mit 1. Jän­ner 2010 operativ tätig werden. (Rufe bei BZÖ und Grünen: Filibuster!) Dann hat die Anti-Korruptionsstaatsanwaltschaft ... (Weitere Zwischenrufe bei BZÖ und Grünen, da­runter „Filibuster!“ und „Abdrehen!“ – Präsidentin Mag. Prammer gibt neuerlich das Glockenzeichen.)

Ist das Ihr Verständnis von Demokratie, meine sehr verehrten Damen und Herren von der Opposition? (Beifall bei der ÖVP. – Unruhe im Saal.) – Sie wollen nicht hören, wo es funktioniert! Ihnen ist nur an einer Skandalisierung mit einer Verdrehung der Fakten gelegen! (Beifall bei der ÖVP.) Hören Sie sich die Fakten an, dann wissen Sie, dass die Zusammenarbeit zwischen Justiz- und Innenministerium hervorragend funktioniert. (Abg. Mag. Stadler: ... Verhöhnung des Parlamentarismus ist das, was hier stattfin­det! – Weitere Zwischenrufe bei FPÖ, BZÖ und Grünen.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn Ihnen daran gelegen ist, diese Zusam­menarbeit zu optimieren, dann müssen Sie sich aber auch anhören, was bereits opti­mal funktioniert. (Abg. Dr. Zinggl: Abdrehen! Abdrehen! – Anhaltende Zwischenrufe bei FPÖ, BZÖ und Grünen.)

Wir haben eine gute Zusammenarbeit, die von der Bezirksebene über die Landesebe­ne bis zur Bundesebene kontinuierlich aufgesetzt ist. Und nicht nur ich und Frau Minis-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll43. Sitzung / Seite 52

terin Bandion-Ortner arbeiten hervorragend zusammen, sondern auch die Staatsan­wälte mit den Ermittlungsbehörden, und zwar jede Polizeidienststelle für sich mit den Staatsanwälten.

Es ist ungerechtfertigt – es ist absolut ungerechtfertig! –, wenn man hier den Vorwurf erhebt, die Justiz würde nicht funktionieren! (Heftige Zwischenrufe bei FPÖ, BZÖ und Grünen, darunter immer wieder „Abdrehen!“. – Abgeordnete von BZÖ und Grünen klappern mit Schlüsselbunden.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Wirbel, der hier entsteht, hängt damit zusammen, dass ich meine Rede während der Fernsehzeit halte, und man will mich von hier, vom Mikrofon, verdrängen, weil noch das Fernsehen überträgt. (Beifall bei der ÖVP.) Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, als Ministerin habe ich das Recht – speziell dann, wenn ich angegriffen werde –, mich hier von der Regierungs­bank zu verteidigen. (Abg. Mag. Stadler: Kommen Sie in den Ausschuss und verwei­gern Sie sich nicht! Kommen Sie in den Ausschuss und verweigern Sie sich nicht! – Abg. Ing. Westenthaler: Kommen Sie in den Ausschuss! – Weitere heftige Zwischen­rufe bei FPÖ, BZÖ und Grünen.)

Ich darf Ihnen, meine sehr verehrten Damen und Herren, und den Zusehern vor den Fernsehschirmen, im Detail erklären, dass die Zusammenarbeit zwischen Justiz und Ermittlungsbehörden hervorragend funktioniert, dass die Staatsanwaltschaft mit den Ermittlungsbehörden hervorragend zusammenarbeitet und dass wir die Kriminellen der justiziellen Bestrafung zuführen. Wir ermitteln die Straftäter, wir führen sie der Justiz zu und die Justiz verurteilt sie. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Petzner: Das ist ungeheuer­lich, was Sie sich hier erlauben! – Weitere Zwischenrufe beim BZÖ.)

Die Bevölkerung in Österreich hat ein Recht darauf, dass wir uns im Sinne der Sicher­heit um die Kriminellen kümmern und ihnen auch eine entsprechende, eine angemes­sene Strafe zukommen lassen, und das geschieht über die Zusammenarbeit von Jus­tiz- und Innenministerium. – Danke, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Lang anhaltender, teilweise stehend dargebrachter Beifall bei der ÖVP. – Rufe bei der ÖVP: Bravo, Maria!)

12.57

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zur Geschäftsbehandlung hat sich Herr Kollege Dritter Präsident Dr. Graf zu Wort gemeldet. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glo­ckenzeichen.) – Herr Abgeordneter Dritter Präsident Dr. Graf ist am Wort. – Bitte.

 


12.58.28

Abgeordneter Mag. Dr. Martin Graf (FPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Wir möchten gegen diese Vorgehensweise massiven Protest einlegen! Wir haben eine Dringliche Anfrage an die Frau Bundesministerin für Justiz zu behandeln. Es ist nicht üblich, dass andere Bundesminister die Redezeit der­art überlang (Zwischenrufe bei der ÖVP) – noch dazu zum Teil nicht zum Thema – während der Fernsehzeit in Anspruch nehmen und genau so lange reden, solange die Öffentlichkeit dieser Debatte folgt. (Beifall bei FPÖ, BZÖ und Grünen. – Unruhe im Saal.)

Ich ersuche deswegen, dieses für uns unglaubliche Vorgehen von Frau Bundesminis­ter Fekter, die Redezeit in der Fernsehzeit voll zu konsumieren in der nächsten Präsi­diale zu behandeln.

Wir wollen nicht, dass das Parlament ausschließlich die Bühne der Regierung wird, und wir wollen nicht, dass den Abgeordneten künftighin kein Raum mehr in diesem Haus zugeteilt wird, in dem sie debattieren können. Wir haben Redezeitbeschränkun-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll43. Sitzung / Seite 53

gen, die Bundesminister haben diese nicht, und wenn man diese nicht vorhandene Re­dezeitbeschränkung überlang in Anspruch nimmt, dann tritt man die Rechte der Parla­mentarier mit Füßen. (Beifall bei FPÖ, BZÖ und Grünen. – Abg. Hornek: Sie haben keine Ahnung von der Geschäftsordnung!)

12.59


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Kollege Graf! Gleich einmal zu dem Hin­weis, was die Geschäftsordnung aussagt: Das zur Beantwortung, zur Stellungnahme verpflichtete Regierungsmitglied hat eine Soll-Redezeit von 20 Minuten. (Ruf bei der ÖVP: Herr Graf, Sie sollten das wissen!)

Wenn das länger dauert, dauert es länger. Das haben wir immer wieder gehabt, es hat in der Vergangenheit schon sehr lange Beantwortungen gegeben. (Abg. Dr. Graf: Das geht auch nicht gegen die Frau Bundesminister!) Alle weiteren Mitglieder der Bundes­regierung sind bei einer Dringlichen Anfrage, bei einem Dringlichen Antrag berechtigt, 10 Minuten zu reden. (Abg. Hornek – in Richtung des Abg. Dr. Graf –: Steht in der Ge­schäftsordnung, Herr Präsident!) Ich darf Sie darauf aufmerksam machen, dass diese 10 Minuten nicht überschritten worden sind. (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP sowie Beifall bei der SPÖ.)

Zur Geschäftsordnung hat sich Frau Klubvorsitzende Dr. Glawischnig zu Wort gemel­det. (Ruf: Wollt ihr alle ins Fernsehen heute?)

 


13.00.41

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig-Piesczek (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Ich bitte um ein bisschen Ruhe und Aufmerksamkeit, ich würde gerne etwas sagen. – Dan­ke schön.

Diese Sondersitzung ist einberufen worden, um auf etwas hinzuweisen, was in dieser Republik sehr wichtig ist, nämlich dass es offensichtlich Wille der Regierungsparteien ist, in Österreich eine Zweiklassengesellschaft einzuführen: einerseits diejenigen, die unter Wahrheitspflicht – und sollten sie diese verletzen, mit strafrechtlichen Konse­quenzen – in einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss aussagen müssen (Abg. Hornek: So wie der Herr Öllinger und der Herr Pilz!), und andererseits solche, die das nicht müssen, nämlich genau diese beiden Ministerinnen.

Frau Ministerin Fekter, Sie haben nach der Geschäftsordnung selbstverständlich das Recht, sich hier in der Fernsehzeit so lange zu Wort zu melden, wie Sie möchten (Rufe bei der ÖVP: 10 Minuten!) – allerdings darf die Redezeit 10 Minuten nicht überschrei­ten. Sie sollten sich allerdings vor Augen führen, dass die entscheidende Frage für die Bevölkerung ist: Warum reden Sie hier und nicht im Untersuchungsausschuss? (Beifall und Bravorufe bei den Grünen sowie Beifall bei FPÖ und BZÖ.)

Dort können Sie nämlich so lange reden, wie Sie wollen! (Abg. Strache: Wahrheits­pflicht!) Warum verweigern Sie eine Aussage unter Wahrheitspflicht im Untersuchungs­ausschuss und reden hier teilweise nicht einmal zur Sache, einfach um zu filibustern und die Zeit der Fernsehübertragung auszufüllen? (Abg. Amon: Weil das Sache des Ausschusses ist!) Die ist jetzt ohnehin vorbei. Aber diese Frage jetzt und gleich zu be­antworten, dazu sind Sie noch eingeladen: Sind Sie bereit, im Untersuchungsaus­schuss auch so lange und ausführlich zu reden – ja oder nein? Nehmen Sie sich noch 2 Minuten Zeit! – Danke. (Beifall und Bravorufe bei den Grünen sowie Beifall bei FPÖ und BZÖ. – Bundesministerin Dr. Fekter: Das ist Sache des Ausschusses!)

13.02


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zur Geschäftsbehandlung: Herr Abgeordneter Mag. Stadler, bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll43. Sitzung / Seite 54

13.02.11

Abgeordneter Mag. Ewald Stadler (BZÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Zunächst, Frau Präsidentin, bin ich gar nicht so unglücklich darüber, dass der Fernsehzuseher jetzt einmal den Machtrausch der Österreichischen Volkspartei erlebt (ironische Heiterkeit bei der ÖVP), wie wir das im Untersuchungsausschuss immer wieder, wenn wir mit der Österreichischen Volkspartei zusammensitzen, erleben. – Das zum Ersten.

Das Zweite ist: Der Redeschwall der Frau Bundesminister Bandion-Ortner war im ge­ringeren Teil zur Sache, im geringeren Teil zum Gegenstand der Dringlichen Anfrage, wie sich sogar die Dringliche Anfrage der Frau Bundesminister Bandion-Ortner auf ein Konzept einer Dringlichen Anfrage bezogen hat, das ihr offensichtlich schon früher zu­gegangen ist, aber nicht auf die richtige Dringliche Anfrage. Aber das habe ich noch nicht releviert, das releviere ich jetzt.

Die Frau Minister Fekter hat überhaupt nicht zur Dringlichen gesprochen, sondern hat versucht, im Sinne der Österreichischen Volkspartei dieser als Parteifunktionärin Rede­zeit während der ORF-Sendezeit zu verschaffen, mit einem Redeschwall, der mit der Dringlichen nichts zu tun hat, aber mit dem klaren Ziel, schlicht und einfach damit zu verdrängen, dass über die Sache selbst gesprochen wird, nämlich über den Macht­missbrauch der Österreichischen Volkspartei, insbesondere unter ihrem Vorgänger Bundesminister Strasser (Bundesministerin Dr. Fekter: Der nicht stattgefunden hat! Bleiben Sie bei der Wahrheit!), was sie bis heute deckt.

Wir sollten herausarbeiten, dass Frau Bundesminister Fekter zu ihrer Ressortverant­wortung, dass sie bis heute nichts unternommen hat, um diesen Machtmissbrauch ab­zustellen, nichts gesagt hat. (Bundesministerin Dr. Fekter: Ich kann nicht etwas ab­stellen, was es nicht gibt!) Das ist aber das Einzige, was den Bürger interessieren würde. Weil sie aber hier nicht im Untersuchungsausschuss ist, kann sie nicht mit den Sanktionsmöglichkeiten des Strafrechtes gezwungen werden, die Wahrheit zu sagen. Das ist der Unterschied zum Untersuchungsausschuss.

Deswegen muss die Frau Bundesminister vor den Untersuchungsausschuss! Dann ist mit diesem Redeschwall nichts mehr zu gewinnen, dann muss sie zur Sache sprechen. (Beifall und Bravorufe beim BZÖ sowie Beifall bei den Grünen und des Abg. Strache.)

13.03


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zur Geschäftsbehandlung: Herr Klubobmann Kopf, bitte.

 


13.04.02

Abgeordneter Karlheinz Kopf (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Frau Präsidentin! Geschätzte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Zum Ersten: Diese Dringliche Anfrage mit 47 Fragen tangiert größtenteils das Ressort des Justizmi­nisteriums (Abg. Öllinger: Da hat sie aber nicht geantwortet!), aber in einigen Fragen tangiert sie selbstverständlich – und jeder, der das nachliest, weiß das – den Grenzbe­reich zum BMI beziehungsweise sogar in einigen Fragen ganz konkret die Zuständig­keit des Innenministeriums. Und es ist doch nicht mehr als recht und billig, dass sich dann auch die Innenministerin im Rahmen der Geschäftsordnung und der ihr durch die Geschäftsordnung gegebenen Möglichkeiten hier zu Wort meldet, von den ihr zuste­henden 10 Minuten ohnehin nur 7 Minuten nützt und versucht, ergänzend Aussagen zu diesen 47 Fragen zu treffen. (Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Zum Zweiten, meine Damen und Herren: Kollegin Glawischnig hat vorhin um Ruhe ge­beten während ihrer Wortmeldung zur Geschäftsbehandlung, und es war ruhig auf ih­ren Wunsch hin. Was aber im Vergleich dazu Ihre Fraktion aufgeführt hat, als die Frau Innenministerin gesprochen hat, das spottet jeder Beschreibung und ist dieses Hauses wirklich nicht würdig! (Beifall bei der ÖVP.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll43. Sitzung / Seite 55

Meine Damen und Herren, Sie wissen, es war nicht unser Wunsch, dass diese Sitzung heute um 11 Uhr beginnt, weil alle gewusst haben, dass um 13 Uhr durch die Nach­richtensendung im Fernsehen jedenfalls die Übertragung unterbrochen und in diesem Fall sogar nicht mehr fortgesetzt wird. Ich hatte vorgeschlagen, dass wir generell um 13.15 Uhr nach der Nachrichtensendung beginnen, und der ORF hatte zugesagt, dann die ganze Sitzung übertragen zu wollen, sodass es überhaupt keinen Streit und keine Diskussion hätte geben müssen: Wer kommt noch im Fernsehen von den Rednern und Rednerinnen und wer nicht? (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Um das geht es ja gar nicht! – Abg. Bucher: Was hat das damit zu tun? – Abg. Grosz: Danke für Ihr Schuld­eingeständnis!)

Sie haben es abgelehnt, und die Frau Präsidentin ist Ihrer Forderung dann gefolgt. Al­so haben Sie es sich eigentlich selber zuzuschreiben, dass das so geschehen ist. Wir haben keinen Einfluss darauf, wann der ORF hier überträgt und wann nicht, aber es war Ihr Vorschlag, es genauso zu machen, wie es jetzt geschehen ist. (Beifall bei der ÖVP.)

13.06


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zur Geschäftsbehandlung: Herr Klubobmann Dr. Cap, bitte.

 


13.06.24

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Ich möchte das noch ein bisschen ergänzen. (Rufe beim BZÖ: „Ergänzen“! – Abg. Grosz: Das Beiwagerl!) Ich glaube, dass die ganze parlamentarische Arbeit nur funktionieren kann, wenn wir in der Präsidiale immer zu einem sinnvollen Konsens kommen. Das halte ich für die Vor­aussetzung, dass das dann auch hier funktioniert.

Und ich muss auch sagen: Wenn wir Redeordnungen in der Fernsehzeit festlegen, ist immer überproportional die Opposition dabei berücksichtigt, weil wir nämlich daran in­teressiert sind, dass hier im Haus diese Ausgewogenheit auch wirklich gegeben ist. Wogegen ich mich wehre, ist: Es haben die Minister, wenn sie da sind, laut Geschäfts­ordnung das Recht, sich zu Wort zu melden, sich zu äußern, und, sage ich gleich dazu, das ist die Folge einer nicht beschlossenen Regelung. Hätten wir die Regelung, dann hätte jeder Minister gewusst, wie viele Minuten er hat, und die hätten sich sicher daran gehalten, wenn ich beide so anschaue. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Es geht nicht ums Fernsehen! Es geht um den U-Ausschuss!)

Daher, so meine ich, sollten wir uns in den künftigen Präsidialsitzungen – und Sie ha­ben ja angekündigt, dass es wieder Sondersitzungen geben wird – wieder dahin ge­hend finden, dass wir diesbezüglich eine vernünftige und klare Regelung treffen, dass der ORF das ausreichend überträgt. Dann können sich alle im Fernsehen wiederfin­den, und die Zuschauerinnen und Zuschauer werden wieder ganz glücklich sein, wenn sie uns wieder hören und sehen. (Beifall bei der SPÖ. – Heiterkeit bei der ÖVP.)

13.07


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich habe jetzt die Wortmeldungen zur Ge­schäftsbehandlung aufgerufen und stelle fest, es waren alle nur teilweise Wortmel­dungen zur Geschäftsbehandlung, es waren weitgehend auch politische Bewertungen. Wir werden die Debatte sicher in den kommenden Präsidialsitzungen fortsetzen.

Mein dringender Appell geht an alle, so wie in der Vergangenheit Vereinbarungen wie­der im Konsens zu finden, was die Geschäftsordnung betrifft. Ich glaube, dass die Be­völkerung kein Verständnis dafür hat, wenn wir uns hier über Geschäftsordnungsfragen unterhalten. Wir sollten die inhaltlichen Diskussionen in den Mittelpunkt stellen.

*****


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll43. Sitzung / Seite 56

Nun kommt Herr Abgeordneter Mag. Kogler zu Wort. Ich stelle die Uhr auf 10 Minu­ten. – Bitte.

 


13.08.33

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Frau Präsidentin! Frau Bundesministe­rin! Meine Damen und Herren! Zunächst einmal: Dass das, selbst wenn das alles so war, wie Kollege Cap geschildert hat, dazu führt, dass von zwei Stunden Fernsehzeit fast eine Stunde von den beiden Ministerinnen aufgebraucht wird, noch dazu, um letzt­endlich die Fragen nicht zu beantworten (Bundesministerin Dr. Fekter: Eine halbe Stunde!) – das ist jedenfalls einmal der Befund –, das wird auch ein Nachspiel haben. Wir werden uns jetzt nämlich wieder intensiver über das Verhältnis zwischen Parla­ment und Regierung unterhalten müssen, aber das betrifft ja nicht nur das Plenum hier, das betrifft vor allem auch die Ausgangslage im Untersuchungsausschuss. (Präsident Neugebauer übernimmt den Vorsitz.)

Wir haben zwei große Themen: das Verhältnis zwischen Parlament und Regierung und die Bekämpfung des Missbrauchs, und diese ist jetzt auch auf mehreren Ebenen zu betrachten. Der Ausgangspunkt ist doch, dass die Intention dieser Dringlichen Anfra­ge – respektive das, was im Untersuchungsausschuss zu untersuchen ist – auch der Vorwurf ist, dass wir es in Österreich mit einer Regierungsjustiz zu tun haben – auch wenn das bestritten wird –, dass wir es mit Politjustiz zu tun haben, und ich füge hinzu, mit Parteipolitjustiz.

Das ist der Ausgangspunkt dieser ganzen Angelegenheit. (Abg. Mag. Donnerbauer: Das stimmt nicht!) Das ist auch der Untersuchungsgegenstand im Ausschuss, da kön­nen Sie noch so viel dagegenschreien! (Abg. Mag. Donnerbauer: Das ist falsch!)

Jetzt komme ich zur ersten Conclusio, die wir immer wieder feststellen, aber jetzt wie­der ganz besonders: In diesem Land wird nicht der Missbrauch bekämpft, es werden die Aufdecker und Aufdeckerinnen der Missstände bekämpft! Und da haben Sie von der ÖVP höchste Kompetenz, und deshalb werden wir noch öfter aneinandergeraten – mit Sicherheit! (Beifall bei Grünen und BZÖ. – Weitere Zwischenrufe des Abg. Mag. Donnerbauer.) – Und auch im Untersuchungsausschuss, da können Sie Gift drauf nehmen!

Ich konzentriere mich vorläufig nur mehr auf eine Causa, nämlich auf den Vorwurf an Minister Strasser, Postenbesetzung via Parteibuch, „Management by schwarzem Par­teibuch“ betrieben zu haben. Und das ist nicht bloß durch die E-Mails bestätigt, in die Kollege Stadler einen kleinen Einblick geboten hat, es gibt ja hunderte und, was schlimmer ist, es gibt ja viel dramatischere E-Mails. Es gibt auch E-Mails in der Korres­pondenz des Kabinetts des Herrn Bundesministers, in denen interveniert wird und aus denen klar hervorgeht, dass ja eingesehen wird, dass es sich da eigentlich – ich zitie­re – um nicht so fähige, manchmal sogar unfähige Personen handelt, aber sie gehören zu uns, heißt es. Und in einem Fall heißt es: Aber der Betreffende – lassen wir den Na­men weg – ist einer der Unsrigen. Einer der Unsrigen! Er ist zwar unfähig, aber einer der Unsrigen!

Und da kommen Sie jetzt auf die Idee, uns hier zu sagen, dass da überhaupt nichts dran ist, dass das ohnehin paletti ist, man hätte im Sinne des § 302 nichts gefunden. – Ich frage mich, wie man das so schnell weiß, wenn man das alles übersieht, aber das ist eine andere Sache. Der Punkt ist nur: Wenn das zutrifft, dann stellt sich die Frage der politischen Verantwortung ja umso mehr! Wenn Ihr Befund ist, dass das strafrecht­lich nicht relevant ist, umso eher, umso schneller, umso dringlicher muss Strasser in den Untersuchungsausschuss eilen, um die Frage der politischen Verantwortung zu klären, wenn strafrechtlich nichts dran ist.

Oder sollen wir alle E-Mails in den einzelnen Wahlkreisen plakatieren, aus denen Sie kommen (Heiterkeit und demonstrativer Beifall bei der ÖVP), damit Sie sich hinstellen


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und sagen können: Es gibt keine Parteibuchwirtschaft in dem Land, das ist alles eine Phantasie der Opposition!? (Abg. Kößl: Richtig, ja!) So ist es: Es gibt das gar nicht! Es gibt überhaupt kein ÖVP-Parteibuch. (Abg. Mag. Stadler: Es gibt überhaupt keine ÖVP!) Am Schluss gibt es überhaupt keine ÖVP mehr! (Abg. Mag. Donnerbauer: Das tät’ euch so passen!)

Sie tun jedenfalls alles, um den Beweis zu führen, dass es keinen Machtmissbrauch gibt. – Natürlich gibt es den! Es war doch an der Tagesordnung, wie Minister Strasser agiert hat, und das muss und soll untersucht werden. Und wenn quasi der Kronzeuge nicht einmal mehr in den Ausschuss geladen wird, nur weil Sie sich das so ausma­chen – und an dieser Stelle spreche ich hier das erste Mal die SPÖ an –, so wird das noch lange nicht das Ende des Liedes hier sein. Wir werden ja noch öfter Gelegenheit haben, darüber zu reden, und ich bin mir nicht sicher, ob Sie am Schluss nicht doch einsichtig sind und der Ladung von Ex-Minister Strasser zustimmen.

Das ist der Dreh- und Angelpunkt, und das ist völlig klar, wenn man die Beweisbe­schlüsse, die, wie Sie richtig sagen, einstimmig getroffen wurden, studiert und wenn man die Faktenlage nur annähernd kennt. Aber wir können nachhelfen und E-Mails einmal in einer Art und Weise publizieren, dass auch die Bevölkerung leichter nachvoll­ziehen kann, dass auch in diesem Land der Parlamentarismus das ist, was er in west­lich entwickelten Demokratien sonst auch ist, nämlich nicht nur ein Gesetzgebungs­instrument, sondern auch ein Aufklärungsinstrument.

Sie tun sich langfristig überhaupt nichts Gutes, wenn Sie da immer die „schwarze Tu­chent“ draufhalten wollen. Am Schluss „mieft“ es drinnen so, dass Sie es selber nicht mehr darunter aushalten. Das wissen Sie ganz genau! (Heiterkeit und Beifall bei den Grünen.)

Wir sind nicht alleine mit der Einschätzung des Zustandes der Korruptionsbekämp­fung in Österreich. Das Ranking Österreichs in den diversen Untersuchungen wird ja regelmäßig schlechter. Ich darf mich da auf die OECD-Working Group on Bribery beziehen, auf den Transparency International Progress Report und vor allem auf GRECO – Gruppe der europäischen Länder zur Korruptionsbekämpfung. Wir sind da­bei, auf den Status eines Entwicklungslandes zurückzufallen! Das wird deutlich, wenn wir diese Urteile lesen, und das sollten Sie auch einmal tun.

So wird etwa festgestellt, dass 2007 und 2008 überhaupt kein einziges Verfahren, nicht einmal eine Untersuchung, wie Transparency International sagt, hinsichtlich Beste­chungsvorwürfen durchgeführt worden ist. Und das vor dem Hintergrund – und auch darauf bezieht sich Transparency International –, dass etwa in der Eurofighter-Affäre der Untersuchungsausschuss – von wegen „Die bringen nie was zusammen!“ – seiten­weise Material geliefert hat, wo man sich fragt, warum die Staatsanwaltschaft dem nicht nachgeht. Das Einzige, was geblieben ist, ist ein kleines Verfahren zum Herrn Wolf – aber nicht zum „großen“ Wolf, zu dem von Magna, der es nämlich wirklich ge­braucht hätte, samt seinem ihm zugeordneten Minister namens Grasser; nein, der „kleine“ Wolf, der von der Luftwaffe, muss das ausbaden! Da tut man herum; ich weiß noch gar nicht einmal, was dabei herausgekommen ist. Aber sonst ist nichts geschehen!

Wir werden ja international schon verhaltensauffällig mit dieser Vorgangsweise – das ist Faktum, ich kann Ihnen diese Unterlagen dann überlassen. (Heiterkeit und Beifall bei den Grünen.)

Frau Justizministerin, da hilft es nichts, wenn Sie hier in sympathischer Manier vorzu­tragen versuchen, was irgendwo zusammengestoppelt wurde und womit Sie sich offen­sichtlich nicht einmal selber identifizieren können. Jetzt wäre es eben an der Zeit, dass wir schauen, wie all diese Mechanismen tatsächlich funktionieren, weil hier dem Abge­ordneten Pilz und dem Abgeordneten Westenthaler vorgehalten wurde, wie oft sie so-


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zusagen in gerichtsanhängige Verfahren geraten würden, wenn nur die Immunität nicht existierte, weil ja die Auslieferungsbegehren eine gewisse Statistik wären.

Gerade im Fall des Abgeordneten Pilz war es so, dass ja jene, die den Schurkenver­dacht zunächst auf sich gelenkt haben, diese Anzeigen erstattet haben, wie der Minis­ter Strasser selbst. Der Missstand wird nicht bekämpft, aber der Aufdecker! Das ist doch der Punkt. Strasser hat die Anzeige gemacht, aber mehr noch: Strasser hat ange­regt, wie Pilz eigentlich behandelt werden soll: Dass man nämlich bei ihm vielleicht gleich einmal den Computer konfisziert und Ähnliches mehr. Das ist doch völlig absurd! Und genau dieser Strasser soll Ihrer Meinung nach nicht in den Ausschuss geladen werden!

Da passt doch nichts mehr zusammen, und das würde man erkennen, würde man das mit einer klaren Brille betrachten. Frau Bundesministerin Bandion-Ortner, bei Ihrem Faible für Brillen würde ich empfehlen, dass Sie der Staatsanwaltschaft auch einmal Brillen überreichen, damit es nicht so ohneweiters möglich ist, 150-Seiten-Konvolute zu übersehen. Allein diese Formulierung ist eine Verhöhnung der Bevölkerung!

Genau darum geht es: Dass die einen, die die exekutive Macht haben, sich nach wie vor verweigern, und die anderen, die aufklären wollen, verfolgt werden. Das heißt, es wiederholt sich noch einmal das, was beim Untersuchungsvorgang selber eigentlich untersucht werden soll. Es wiederholt sich: Die Aufdecker werden bekämpft – und nicht die Missstände!

Das ist Ihr Credo, das haben Sie zu verantworten, und das ist das Gegenteil von Kor­ruptionsbekämpfung. Dort sollten wir uns aber schleunigst hinbewegen.

Abschließend möchte ich festhalten, genau die Verfolgung dieser Missstände ist auch Angelegenheit des Parlaments. Auch wenn Sie es unter Mithilfe und mit der üblichen Räuberleiter der SPÖ noch verhindern wollen, es wird Ihnen nicht gelingen, es kann und wird so nicht bleiben! Und bei dieser Gelegenheit – das war ja öfters schon sehr hilfreich – darf ich daran erinnern, dass hier im Haus ja noch sogenannte Zweidrittel-Materien zu behandeln sind.

Wir machen es uns bei Gott nicht leicht, wir sagen ja nicht, alles wird auf immer und ewig blockiert, aber wir haben ein paar ausgewählte Materien, auf die wir uns verstän­digt haben. Kommen Sie dann nicht damit, dass das ein unzulässiges Junktim sei, denn dann stellt sich wieder die Frage, wie Sie das Parlament im Vorfeld lahmlegen, und das wird dann das Thema sein! Aber dann werden Sie ja noch Zeit haben, zur Ein­sicht zu gelangen. Der Herr Wirtschaftsminister wird es Ihnen schon rechtzeitig sagen. (Beifall bei den Grünen.)

13.18


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Pendl. – Bitte.

 


13.18.57

Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen auf der Regierungs­bank! Hohes Haus! Glauben Sie, meine geschätzten Damen und Herren, dass wir die­sem Haus oder der Sache mit der heutigen Debatte hier einen guten Dienst geleistet haben? – Ich sage Ihnen: Ganz sicher nicht, meine geschätzten Damen und Herren! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Wir müssen diese unsere Arbeit, die wichtig ist für die Demokratie, für das Parlament, für Österreich, ernst nehmen, und wir haben gemeinsam hier den entsprechenden Be­schluss gefasst. Ich habe bei den Besprechungen wiederholt den Vorschlag gemacht, das Ganze sachlich aufzuarbeiten, und wenn es aufgrund der Aktenlage notwendig ist, am Ende zu beurteilen, ob wir im Untersuchungsausschuss ein Regierungsmitglied brauchen oder nicht. Soll ich Ihnen die Reaktion hier zeigen? – Null!


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll43. Sitzung / Seite 59

Und ich sage Ihnen noch etwas: Es ist alles bekannt. Herr Kollege Westenthaler, die Strasser-E-Mails – und ich bin ja unverdächtig, jetzt den Ernstl zu verteidigen – haben wir schon im letzten Untersuchungsausschuss gehabt. Das habt ihr alles gewusst! (Abg. Ing. Westenthaler: Ich habe gar nichts gesagt!)

Das ist in Wirklichkeit alles seit Langem bekannt, aber wir wollen das ja nicht sachlich aufarbeiten, wir wollen zu jedem einzelnen Thema eine politische Diskussion, und die gehört hier her und nicht in den Untersuchungsausschuss! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Jetzt sage ich noch etwas dazu, meine sehr geehrten Damen und Herren: Wir haben wahrscheinlich einen großen „Erfolg“ – sage ich jetzt unter Anführungszeichen, weil es traurig ist! – , etwas, worauf wir bereits gekommen sind. Es müsste für jeden – und er muss nicht rechtskundig sein –, für jeden Österreicher klar sein, ohne rechtliche Grundlage gibt es keine Ermittlung. Es ist mir egal, welche Behörde es ist, und man soll sich nicht hinter Interpretationen verstecken. Darum haben wir bereits – ich will nicht sagen als Zwischenbericht – diesen Entschließungsantrag gestellt.

Wenn wir bei einer der größten Reformen die Rechte der Beschuldigten verbessern, die Rechte der Rechtsanwälte verbessern, dann kann es nicht Wille des Gesetzgebers sein, dass der Zeuge schlechter gestellt ist als der Beschuldigte. Also werden wir uns über diese Fragen zu unterhalten haben.

Ich glaube, dass wir uns alle in der Frage der Immunitätsfälle einig sind. Da waren wir uns immer einig. Wir bräuchten es nur anzugehen. Das habe ich vor noch gar nicht all­zu langer Zeit hier von diesem Rednerpult aus gesagt.

Meine Damen und Herren, wir sollten uns das wirklich selbst ins Gedächtnis rufen. Die­se Frage ist viel zu wichtig – auch für die zukünftige Arbeit, noch dazu, wo wir das so wichtige Instrument des parlamentarischen Untersuchungsausschusses reformieren wollen. Dort soll man nicht eine Politshow abziehen, sondern sich die Inhalte anschauen, einen Bericht an das Haus legen, die politische Diskussion darüber führen, aber dann auch die politisch notwendigen Entscheidungen treffen.

Das wäre sachlich und in Ordnung. Niemand ist dagegen, wenn es notwendig ist, ein Regierungsmitglied zu laden, aber wenn es nicht notwendig ist, sind wir bei der Show. Da braucht man nicht wehleidig zu sein.

Ich würde abschließend um eines bitten – da könnt ihr uns nichts vorhalten –: Die SPÖ war es, die beim letzten Untersuchungsausschuss von sich aus jenes Recht, das jeder Abgeordnete natürlich hat, nämlich in einen Untersuchungsausschuss zu gehen, zu­rückgezogen hat.

Seien wir doch einmal ehrlich! Wie entscheiden wir denn, wenn wir selbst betroffen sind? Ich weiß schon, das freie Mandat, aber ich glaube, es muss doch in unserem In­teresse sein, dass wir uns auch emotionsfrei von all diesem Persönlichen, das uns är­gert, zeigen und uns von all diesen Fragen freispielen. Dann würden wir uns auch in diesem Ausschuss wesentlich leichter tun, meine geschätzten Damen und Herren, denn viele sind hier persönlich betroffen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Lassen Sie mich ganz zum Schluss auf Folgendes hinweisen: Jetzt kann man schon diskutieren – der Abgeordnete Bartenstein braucht nicht mich, dass ich ihn verteidige, oder umgekehrt –, aber eines ist klar: Ist er bei einigen Fragen großzügig, dass sie überhaupt zugelassen werden, dann sind alle glücklich. Sagt er, nach Beratung mit dem Verfahrensanwalt, das geht überhaupt nicht, dann fallt ihr über ihn her.

Und jetzt sage ich euch etwas: Ihr habt euch das letzte Mal im Ausschuss gegenseitig ein Match geliefert – seid froh, dass das die Öffentlichkeit nicht gesehen hat!

Ich lade zur Abrüstung der Worte ein – das sage ich jetzt ganz bewusst –: Zurück zur Sachlichkeit im Dienste Österreichs! (Beifall und Bravorufe bei SPÖ und ÖVP.)

13.24



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll43. Sitzung / Seite 60

Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Donner­bauer. – Bitte.

 


13.24.46

Abgeordneter Mag. Heribert Donnerbauer (ÖVP): Werter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen auf der Regierungsbank! Hohes Haus!

Meine sehr geehrten Damen und Herren, eigentlich war das ein guter Schlusssatz für diese Debatte – oder wäre es gewesen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.) Aber da auch an­dere Redner ihre Redezeit noch ausnützen werden, wie ich auf der Rednerliste gese­hen habe, werde ich mir erlauben, das natürlich schon noch zu ergänzen.

Ich kann aber vieles, was Herr Kollege Pendl vor mir gesagt hat, wirklich unterstrei­chen. Ich glaube, es würde den Untersuchungen in diesem Untersuchungsausschuss guttun, wenn wir uns auch einmal auf gewisse Grundvoraussetzungen im Sinne dieser Ausführungen einigen könnten.

Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, dass es der Opposition und ganz vorran­gig den Grünen nicht um objektive und wahrheitsgemäße Untersuchung in diesem Un­tersuchungsausschuss geht, sondern um ein Politspektakel, dann war es auch heute wieder diese Vorstellung. Ihnen geht es ja gar nicht um Wahrheit, Ihnen geht es ja gar nicht um Fakten, Ihnen geht es ja gar nicht um Inhalte, Ihnen geht es um die Show und einfach darum, ein Spektakel zu veranstalten. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Pendl.)

Herr Kollege Kogler hat es heute in einer fast entwaffnenden Offenheit in seinem Re­debeitrag gesagt. Worum es Ihnen geht, ist: Am Ende gibt es gar keine ÖVP mehr. (Ironische Heiterkeit bei Grünen und FPÖ.) Darum geht es Ihnen, aber das steht nicht zur Disposition, lieber Herr Kollege Kogler! Das wird der Wähler und das werden die Mitglieder unserer Partei entscheiden. Sie sind eher auf dem Weg dorthin und nicht die Österreichische Volkspartei! (Beifall bei der ÖVP.)

Ihnen geht es nicht um Parlament, Parlamentarismus und Demokratie. Wie sonst ha­ben Sie heute nicht einmal die einfachsten Regeln eingehalten? Wie sonst können Sie sich dagegen wehren, dass sich eine Ministerin, die Sie im Untersuchungsausschuss haben wollen, hier in der Öffentlichkeit vor dem Fernsehpublikum zu Wort meldet und die Vorwürfe und die Inhalte, die letztlich auch Gegenstand dieser Debatte sind, objek­tiv und inhaltlich aufklärt? (Abg. Weinzinger: Das hat sie ja nicht getan!) Dagegen kann man sich nicht wehren, wenn man an der Wahrheitsfindung interessiert ist. Aber daran sind Sie ja nicht interessiert, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)

Dass die parlamentarische Kontrolle wichtig ist und dass der Untersuchungsausschuss ein ganz wichtiges Instrument bei der Ausübung dieser Kontrolle ist, darin sind wir uns hoffentlich einig. Das hat auch gezeigt, dass dieses Hohe Haus einstimmig – auch mit den Stimmen meiner Partei – diesem Untersuchungsausschuss zugestimmt hat.

Wir sind uns dessen bewusst. Aber wenn man sich Ihr Verhalten, meine sehr geehrten Damen und Herren von den Grünen, im Untersuchungsausschuss und auch hier vor Augen führt, ist klar: Sie sind nicht an einer wahrheitsgemäßen Aufklärung interessiert. Es gibt auch einen guten Beleg dafür. Sie selbst haben ja ein Gutachten in Auftrag ge­geben, das Ihnen sozusagen belegt, dass Sie nicht an der Wahrheitsfindung inter­essiert sind und das Sie auch reinwaschen soll von der Möglichkeit, dass man Ihnen den Vorwurf macht, Sie wirkten nicht an der objektiven Aufklärung mit.

Sie haben ein Rechtsgutachten bei Professor Mayer in Auftrag gegeben, und in diesem Gutachten hat er in Ihrem Auftrag und über Ihren Wunsch hin festgestellt – ich zitiere aus diesem Gutachten von Professor Mayer –:


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Daher ist ein Abgeordneter –

und ich ergänze: vorrangig der Grünen wohl –

in einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss weder zur Objektivität oder zur Neutralität verpflichtet, noch ist er dazu verpflichtet, an einer vollständigen und wahr­heitsgetreuen Ermittlung eines Sachverhaltes mitzuwirken. – Zitatende.

Und genau so agieren Sie im Untersuchungsausschuss, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Sie verfolgen mit diesem Untersuchungsausschuss nur ein politisches Ziel. Ihnen geht es ums Anpatzen, Ihnen geht es ums Vernadern, Ihnen geht es ums Schlechtmachen. Das ist das offensichtliche Ziel, das Sie in diesem Untersuchungsausschuss verfolgen. Und dann wundern Sie sich, wenn wir dabei nicht mitspielen? Ich glaube, die Redebei­träge der Kollegen Pendl und Amon heute in dieser Debatte haben ja bewiesen, dass wir an der inhaltlichen Aufarbeitung der Vorwürfe, an deren Aufklärung und an der ob­jektiven Wahrheitsfindung von Beginn an mitgearbeitet haben.

Ich fordere Sie auf: Machen Sie auch dabei mit und nicht nur beim Vernadern und beim Schlechtmachen! (Beifall bei der ÖVP.)

Ich gebe es zu, es ist nicht immer so, dass ich einer Meinung mit Klubobmann Cap bin, aber das, was er heute gesagt hat, kann ich nur bekräftigen, insbesondere wenn es um die mögliche Gefahr für das Ansehen dieses Hohen Hauses, aber auch des Instru­mentes Untersuchungsausschuss geht. (Abg. Ing. Westenthaler: Begleit-Partei SPÖ! – Abg. Grosz: Das Beiwagerl! Stützlehrer SPÖ!) Dieser Gefahr und dieses Risi­kos sollten wir uns sehr wohl bewusst sein. Ich darf Sie wirklich inständig darum ersu­chen, dieses Risiko zu sehen.

Wenn man auf der einen Seite bei der Einsetzung eines Untersuchungsausschusses die Erwartungen immer sofort so hochschraubt, dass zumindest Regierungsmitglieder oder die gesamte Regierung darüber stürzen müssen, aber auf der anderen Seite nicht dazu bereit ist, auch entlastende Fakten und die objektive Wahrheit anzuerkennen, dann erleiden der Untersuchungsausschuss, der Parlamentarismus und dieses Hohe Haus Schaden. Das wollen wir nicht mittragen! Dagegen sollten wir auftreten.

Es ist schade, dass die Opposition versucht, diesen Untersuchungsausschuss hier zu einem politischen Tribunal, zu einem Instrument der politischen Arbeit zu machen. Die politische Arbeit gehört hierher ins Plenum, in die Ausschüsse dieses Parlaments, in die öffentlichen Diskussionen. Der Untersuchungsausschuss ist dazu da, die Wahrheit zutage zu fördern, Fakten zu ermitteln und verschiedenen Vorwürfen, die im Raum ste­hen, objektiv nachzugehen. Und objektiv nachgehen heißt, dass Aussagen von Aus­kunftspersonen auch anerkennt werden, wenn sie einem nicht in den Kram passen, wenn sie das Bild, das man seitens der Opposition zu zeichnen versucht, nicht unter­stützen, sondern eben die Fakten auf den Tisch legen.

Genau das passiert leider, muss ich Ihnen sagen, meine sehr verehrten Damen und Herren, zum Teil im Untersuchungsausschuss, dass man eben nicht effizient unter­sucht, sondern dass man vonseiten der Opposition – insbesondere die Kollegen Pilz und Stadler sind sehr anfällig dafür – Auskunftspersonen so lange mit Unterstellungen, mit Vorwürfen konfrontiert und so lange unter Druck setzt, solange sie nicht genau das aussagen, was man hören will. (Zwischenruf des Abg. Mag. Stadler.)

Das ist aber nicht Wahrheitserforschung, meine sehr verehrten Damen und Herren Kol­legen. Wahrheitserforschung ist, das anzuerkennen, was unter Wahrheitspflicht ausge­sagt wird, und nicht Druck zu machen, dass jemand das sagt, was man hören will. Das ist nicht Wahrheitserforschung! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)


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Ich möchte aber auf noch ein Risiko hinweisen und auf eine Gefahr aufmerksam ma­chen. Ich glaube, wir sollten letztlich auch beim Umgang mit den Schlussfolgerungen, mit den Ergebnissen dieses Untersuchungsausschusses aufpassen. Auch da ist ent­sprechende Vorsicht geboten.

Auf der einen Seite sollten wir die Ergebnisse, die am Ende am Tisch liegen, natürlich in unserer Arbeit berücksichtigen, entsprechend umzusetzen, für Reformen, für Novel­len zu nützen, aber auf der anderen Seite sollten wir das Kind auch nicht mit dem Bade auszuschütten. Gerade, was das Thema Immunität betrifft, bin ich besonders sensibel, denn Immunität ist nicht, wie sich das vielleicht manche gerne wünschen würden, ein Schutzgesetz, vorrangig für oppositionelle Abgeordnete, um allfällige Straffälligkeiten ab­zudecken und lebenslang zu pardonieren – das ist nicht Immunität. (Abg. Mag. Stad­ler: Abschaffen! ...! Das ist kein Schutz!)

Die Immunität soll – und unter diesem Aspekt ist sie eingeführt worden – die Arbeits­weise, soll die Arbeit des Parlaments absichern und nicht die persönliche Sicherheit eines Abgeordneten bedeuten. (Abg. Mag. Stadler: So ist es! Genau! Abschaffen! Bra­vo! – Abg. Ing. Westenthaler: Gleich einen Antrag einbringen!) Auch darauf müssen wir aufpassen: dass das am Schluss herauskommt und nicht das, was hier manche wollen, nämlich dass sie sozusagen ihr Leben lang unter einer Schutzglocke stehen, aber der Bürger verfolgt werden kann, wenn er straffällig wird. Das wollen wir nicht, und dem werden wir auch nicht zustimmen! (Beifall bei der ÖVP.)

Ich darf Sie daher auffordern, meine sehr verehrten Damen und Herren von den Grü­nen, die Sie heute diese Anfrage gestellt haben, aber auch alle Mitglieder der Opposi­tion im Untersuchungsausschuss: Gehen wir weg von parteipolitischer Polemik, gehen wir hin zu objektiver Aufklärung, zur Untersuchung von Fakten, und zwar in einer effi­zienten Art, in einer Art, die letztlich auch dem Untersuchungszweck dient! Gehen wir nicht mit einer vorgefertigten Meinung, wie Sie das leider oft tun, in eine Befragung im Untersuchungsausschuss hinein! Dann haben wir einen Dienst am Parlamentarismus, einen Dienst an der Demokratie und einen Dienst am Funktionieren dieses Staates ge­leistet. (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Abg. Mag. Stadler: Die Strasser-E-Mails sind sehr objektiv!)

13.33


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Rosenkranz. – Bitte.

 


13.33.30

Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz (FPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Frau Bun­desministerin! Ich verstehe an sich die Aufregung jetzt nicht ganz, wenn es darum geht, der ÖVP Postenschacher und Parteibuchwirtschaft vorzuwerfen. Als Niederöster­reicher brauche ich gar keinen Untersuchungsausschuss, um das zu wissen, nicht nur im Bereich des Innenministeriums (Beifall bei der FPÖ), sondern auch in anderen Be­reichen, ob das im öffentlichen Dienst stattfindet oder woanders. Da braucht man gar keinen Untersuchungsausschuss, da muss man nur die Leute auf der Straße fragen, und da wird man schon die entsprechenden Antworten bekommen. (Abg. Hornek: Da fallen mir sehr viele blaue Minister ein, die ...!)

Zur Frage der politischen Verantwortung: Die Frau Bundesminister hat zuerst gesagt, die Strafverfolgungsbehörden sind dazu da, juristisch zu arbeiten, und die Untersu­chungsausschüsse sind dazu da, die politische Verantwortung zu klären. Nur, Frau Bundesministerin: Wir kriegen keine Politiker in den Untersuchungsausschuss. Wie sollen wir denn eine politische Verantwortung klären, ohne die Politiker dort zu haben? Hier wird eindeutig mit dem falschen Maß gemessen. (Beifall bei der FPÖ.)

Frau Bundesministerin Bandion-Ortner, Sie haben gemeint, es treten Fehler auf, und daran müsse man arbeiten. Ich sage: Aus einem vorliegenden Akt, in dem es auch um


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einen Politiker geht, wird in einer bestimmten Sache vom zuständigen Beamten die Meldung gemacht: Ja, es ist ein Fehler in der Staatsanwaltschaft passiert. Aber das Kabinett sagt: Das darf aber nicht an die Öffentlichkeit hinaus, das muss man vorher ändern.

Das ist nicht der Umgang mit Fehlern oder Ähnlichem, sondern da müsste eine offen­sive Strategie angewandt werden, wenn man schon sagt, dass dort, wo Menschen ar­beiten, Fehler passieren.

Es gibt eine Sache, von der ich sage, das ist eigentlich eine große Ungeheuerlichkeit. Da würde ich Sie, Frau Ministerin, um Aufklärung bitten. In den „Salzburger Nachrich­ten“ vom 4. November 2009 haben sich die Staatsanwälte, vertreten durch ihren Präsi­denten, zu Wort gemeldet. Es wird Mandatsmissbrauch durch Abgeordnete vorgewor­fen. Hier steht wörtlich – ich zitiere –:

„Nicht die in die Kritik geratenen Justizvertreter seien es, sondern einzelne Mitglieder des Untersuchungsausschusses zur ,Spitzelaffäre‘, die unverhohlen Einfluss auf an­hängige Strafverfahren nähmen ...“

Meine Damen und Herren! Es sind 17 Mitglieder aller Parteien im Untersuchungsaus­schuss vertreten. Ich kann für meine Fraktionskollegen und mich behaupten, dass es nicht freiheitliche Mandatare waren, die versucht haben, die Staatsanwaltschaft in ir­gendeiner Form zu beeinflussen. (Beifall bei der FPÖ.)

Aber wir wollen von der Staatsanwaltschaft wissen: Wer sind diese Abgeordneten, die da drinnen sitzen? Ansonsten könnte man in den Verdacht geraten, dass die Staatsan­wälte auch nur unsubstanziert irgendeine Nebelgranate werfen, um von Unzulänglich­keiten im eigenen Bereich abzulenken. Wir wollen das wissen, damit man auch da die Fehler aufarbeitet. Es ist wirklich eine hygienische Maßnahme für dieses Parlament, dass diese Abgeordneten auch seitens der Staatsanwaltschaft oder durch Sie genannt werden. (Beifall bei der FPÖ.)

Frau Bundesministerin, Ihnen wird ja aufgefallen sein, dass die Staatsanwaltschaft durchwegs eine schlechte Medienberichterstattung im Rahmen der bisherigen Ergeb­nisse aus dem Untersuchungsausschuss hatte. Und da fällt auf, dass es eine politische Abteilung gibt – oder politische Abteilungen –, die nicht zur besonderen Freude zumin­dest des Parlaments – wahrscheinlich einer Partei hier doch – arbeiten. Aber es gibt auch einen Pressesprecher. Und ich frage angesichts der Personalnot – da wir immer hören, man hätte durch die Reform zu wenige Staatsanwälte –: Muss sich überhaupt wirklich jede Staatsanwaltschaft einen Pressesprecher leisten, der so viele Kontakte hat, dass er freigestellt wird? Wir wären der Meinung, jeder Staatsanwalt hätte eigent­lich seine ureigenste Sache zu machen, anstatt die Medien mit diversen Informationen zu versorgen. Medienpolitik ist nicht Interesse einer Staatsanwaltschaft (Beifall bei der FPÖ), noch dazu, wenn sie derart unpräzise ist. (Abg. Grosz: Jarosch!)

Da hat sich ja ein Pressesprecher im Untersuchungsausschuss bereits für eine flapsige Bemerkung und dafür entschuldigt, dass derartig im Ton danebengegriffen wurde. Wir glauben, es würde genügen, wenn die Öffentlichkeit über die Pressestelle des Ministe­riums selbst über wirklich wichtige Dinge informiert wird.

In diesem Zusammenhang, Frau Bundesministerin: Wundert es Sie nicht, dass aus dem Bereich der Justiz immer wieder Dinge an Hochglanzmagazine hinausdringen? Ich denke zum Beispiel nur an einen kleinen Fall: Ein Politiker stellt ein Ansuchen um Ratenzahlung bei einem Gericht und in der nächsten Ausgabe der Zeitschrift „NEWS“ steht schon drinnen, dass das passiert ist. Kann das der Politiker selbst machen, dass er eine schlechte Presse haben möchte – ich weiß nicht, ob es so perverse Politiker gibt –, kann der Anwalt daran schuld sein, der das eingebracht hat, oder wurde unter­sucht, ob es hier undichte Stellen im Bereich der Justiz selbst gibt? – Mir fehlen dazu die Ergebnisse.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll43. Sitzung / Seite 64

Zur Frage des generellen Umgangs mit diversen Anzeigen. Mich wundert, mit welch mangelndem kriminalistischen Sachverstand oft zur Sache gegangen wird. Da wird in manchen Fällen gesagt: Na ja, da fehlt mir jedes Substrat, dass ein Politiker Beschul­digter ist, der kann doch nur maximal Zeuge sein. Nur ein bisschen kriminalistisch wei­tergedacht, wäre ganz klar, dass ganz andere Sachverhalte möglich sind.

Nun zur Frage, wo die undichten Stellen sind. Mir kommt das so vor, als ob auf der Straße ein Ermordeter aufgefunden wird und daneben liegt eine Pistole aus dem Be­stand des Innenministeriums. Es ist egal, wer der Mörder ist oder wer die Leiche ist, Hauptsache man findet heraus: Wie kommt die Dienstpistole überhaupt aus dem Mi­nisterium heraus? Das ist die Vorgangsweise, von der wir denken, das ist eindeutig die falsche.

Zur nächsten Sache: Es wurde das BIA angesprochen. Die Frau Innenministerin hätte sich wenigstens jetzt zu Wort melden können, da es ja um ihren Bereich geht. Aber vielleicht wird sie uns bei der nächsten Debatte aus ihrem Ressort heraus irgendetwas zur Landwirtschaft oder zur Kultur erzählen – je nachdem, wie es ihr gerade gefällt. Es geht jedenfalls um die diversen Vorwürfe betreffend das BIA.

Es wird zum Beispiel geschildert – und das ist auch aktenkundig –, dass ein Mitarbeiter des Herrn Ministers Strasser eine Festplatte einfach aus dem Tresor herausgenommen hat und zu Hause in den Ofen gesteckt, im Kamin verbrannt hat. Wir haben gehört, dass das gar nicht möglich ist. Festplatten kann man gar nicht verbrennen. (Abg. Amon: Doch! Haben Sie nicht zugehört? Über 1 000 Grad!) – Richtig, bei mehr als 1 000 Grad können sie verbrannt werden. Es ist, glaube ich, kein normaler Heimkamin oder gusseiserner Schwedenofen, in dem diese 1 000 Grad erzeugt werden.

Aber das wird einfach übergangen – sogar ohne zu klären, wem diese Festplatte ge­hört hat. War sie vielleicht Staatseigentum? Zugegebenermaßen fällt die Sachbeschä­digung an einem Laptop des Ministers, der ihm von der Republik zur Verfügung gestellt wird und den er in einem Anfall von Zorn seinem Chauffeur nachwirft oder Ähnliches, nicht wirklich in den Bereich der großen Kriminalität, aber es wird überhaupt nicht er­mittelt. Können diese Sachen zum Beispiel von dort hergekommen sein, weil das alles zu peinlich ist? Und die Frage, die sich hier wirklich stellt, ist: Wie kann es passieren, dass speziell im Bereich der ÖVP all diese Dinge – auch wenn sie medial aufbereitet wurden – in der Frage der rechtlichen Beurteilung immer dem Vergessen anheimfallen müssen? – In dieser Frage lichten sich im Untersuchungsausschuss sehr wohl die Nebel.

Es wurde von den Konsequenzen gesprochen. Es fehlen eindeutig Konsequenzen, die Frau Ministerin Bandion-Ortner jetzt ganz konkret angesprochen hat. Aufarbeitung oder Fehlereingeständnisse erfolgen nur zum geringsten Teil oder gar nicht, über Diszipli­narverfahren oder Ähnliches haben wir nichts gehört, auch nicht über die Rolle der Oberstaatsanwaltschaft. Frau Ministerin Bandion-Ortner hat gesagt, sie wünscht sich, dass es besser wird. – Wünschen, das wäre etwas fürs Christkind, das naht bald. Sie haben es ja in der Hand – mit einer Weisung oder mit einem Erlass oder Ähnlichem! (Abg. Strache: Das wollen wir ja!) Sie haben die Kontrolle in der Hand, Sie brauchen sich nichts zu wünschen. Sie können dort bestimmen, und dass Minister das können, ist auch ein freiheitlicher Ansatz. Wir wollen das Weisungsrecht haben, damit man nicht nur etwas wünschen muss, sondern damit man es auch abstellen kann. (Beifall bei der FPÖ.)

Eines kann aber nicht sein: Wenn der Bericht von der Staatsanwaltschaft zur Ober­staatsanwaltschaft kommt, dann schließt sich die Oberstaatsanwaltschaft der Rechts­meinung der Staatsanwaltschaft an; wenn dann vom Justizministerium die Kritik an der Staatsanwaltschaft kommt, schließt sich die Oberstaatsanwaltschaft auch an.

Zum Abschluss: Wir haben im Untersuchungsausschuss auch gesehen – und das soll Hoffnung geben –, dass es engagierte und objektive Staatsanwälte gibt und gegeben


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hat, die sehr wohl als Auskunftspersonen notwendig waren, damit sie wirklich Licht in die Sache bringen, und die sich nicht durch eventuelle Karriereaussichten oder Ähnli­ches in Schach halten ließen. (Beifall bei der FPÖ.)

In diese Richtung wünsche ich uns auch weiterhin eine gute Ermittlungsarbeit im Un­tersuchungsausschuss.

Herr Kollege Donnerbauer, wenn Sie sagen, im Ausschuss finde keine politische Arbeit statt, politische Arbeit finde nur hier im Plenum statt, dann ist das grundlegend falsch. Hören Sie Ihre eigene Ministerin an – beziehungsweise die von Ihnen nominierte, sie ist ja unabhängig (Abg. Grosz: Das glaubt mittlerweile auch keiner mehr!) –, die gesagt hat, politische Verantwortung müsse aus dem Untersuchungsausschuss herauskom­men! – Also doch Politik. Hören Sie doch auf Ihre Ministerin, wenn Sie schon von der größten Oppositionspartei keine Anregungen entgegennehmen! (Beifall bei der FPÖ.)

13.43


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Westentha­ler. – Bitte.

 


13.43.29

Abgeordneter Ing. Peter Westenthaler (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Mi­nisterin! Frau Justizministerin – die Frau Innenministerin ist irgendwo auf der Flucht! (Abg. Grosz: Jetzt ist die Fernsehzeit vorbei!) Ich bin ein bisschen enttäuscht, Frau Mi­nisterin! Warum bin ich enttäuscht? – Sie haben – und das war für jeden von uns durchaus erfrischend – wirklich neuen Schwung gebracht, als Sie Ihr Amt angetreten haben. Das war wirklich erfrischend. Das war nicht dieser alltägliche Politsprech, es war sehr unkonventionell, was Sie getan haben. Alle haben gesagt, das sei eigentlich eine sehr interessante neue Erscheinung in der Politik, und jeder war sehr positiv ge­stimmt. Sie haben – und das glaube ich bis heute – auch hohen Respekt vor dem Par­lament, vor den Ausschüssen, vor den Abgeordneten, vor diesem Hohen Haus – ganz im Gegensatz zur Innenministerin, die – wie wir heute im Innenausschuss wieder mit­erleben durften – diesen Respekt überhaupt nicht hat, sondern wahrscheinlich das Par­lament sehr geringschätzt. Sie tun das nicht.

Aus diesem Grund war ich schon überrascht, denn es hätte viel besser zu Ihnen und zu Ihrer unkonventionellen, erfrischenden Art gepasst, wenn Sie sich herausgestellt und gesagt hätten: Ja, ich beantworte die Fragen und ich habe überhaupt kein Problem damit, zu euch in den Untersuchungsausschuss zu kommen. Ich komme hin und stehe euch Rede und Antwort! – Das noch dazu vor dem Hintergrund, dass das meiste – zu 99 Prozent –, das wir besprechen, Ihre Amtsvorgänger betrifft, Frau Ministerin. Sie ha­ben überhaupt keinen Grund, sich vor irgendetwas zu fürchten. Vielleicht hat Ihnen das auch irgendjemand in der ÖVP eingeredet, aber es gibt überhaupt keinen Grund dafür, und ich glaube, Sie sollten sich noch einmal überlegen, diesen Schritt zu machen. Viel­leicht können Sie die Innenministerin davon überzeugen.

Wir haben uns gedacht, wir überlegen uns noch etwas und geben Ihnen eine kleine Hilfe mit – mit freundlicher Unterstützung des BZÖ sozusagen.

Wir bringen daher folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Stadler, Ing. Westenthaler, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Auskunftspersonen im Spitzel-Untersuchungsausschuss

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Justiz und die Bundesministerin für Inneres werden aufgefor­dert, dem Untersuchungsausschuss zur Untersuchung von Abhör- und Beeinflussungs-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll43. Sitzung / Seite 66

maßnahmen jeweils drei mögliche Termine zu nennen, an denen sie dem Untersu­chungsausschuss als Auskunftsperson zur Verfügung stehen können.“

*****

Dann tun wir uns leicht, Frau Ministerin! (Beifall beim BZÖ und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Ich glaube, das ist genau so eine unkonventionelle Idee, wie Sie unkonventionell sind und nicht in Politsprech und diese alten Fahrwasser hineingeraten. Nennen Sie uns drei Termine, wir richten den Ausschuss danach, und dann sprechen wir im Ausschuss miteinander, weil es auch notwendig ist, dort miteinander zu sprechen! Ich glaube, dass Sie – weil Sie noch nicht im Ausschuss waren – gar nicht wissen, was sich dort abspielt, was die bisherigen Ergebnisse sind.

Wenn Herr Donnerbauer und andere hier herauskommen und sagen, wir betrieben nur billige Show im Untersuchungsausschuss, dann entgegne ich, das stimmt nicht, weil ja doch hanebüchene, ja skandalöse Ereignisse stattgefunden haben (Zwischenrufe bei der ÖVP): Dass ein Staatsanwalt, der mittlerweile sogar vom Verfahren abgezogen worden ist – ich nenne seinen Namen, Kronawetter –, rechtswidrig gegen eine Rede eines Parlamentariers im Hohen Haus ermittelt und dann, als er erkennt, dass das falsch war, auch noch gegen die Mitarbeiter des Parlamentsklubs, ist nicht nur ein Skandal, sondern klassischer dokumentierter Verfassungsbruch, Frau Ministerin. (Bei­fall beim BZÖ und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Es genügt nicht, Frau Ministerin – ich war bass erstaunt –, dass Sie uns heute – und das war die eigentliche Neuheit an der Beantwortung – mitteilen, dass nichts passiert ist. Der Staatsanwalt ist in Amt und Würden, es läuft kein Verfahren. Das ist abge­schlossen, es gibt keine Verfehlungen. – Was soll denn noch Schlimmeres passieren, als dass ein Staatsanwalt selbst gegen die Gesetze, ja sogar gegen die Verfassung verstößt? Ich verlange daher, dass auch gegen diesen Staatsanwalt entsprechende disziplinäre Maßnahmen gesetzt werden und zumindest ermittelt wird, warum er das getan hat. Ich glaube, dass das dringend notwendig ist, weil das kein zweites Mal pas­sieren darf.

Es ist nicht immer nur ein Fehler. Sie sagen, es passieren Fehler. – Ja, es passieren schon Fehler, aber wir sehen, dass sie immer bei denselben Leuten passieren und im­mer gegen dieselben ermittelt wird. Wenn gegen Oppositionspolitiker ermittelt wird, wird ganz genau hingeschaut (Zwischenruf des Abg. Mag. Stadler), und wenn gegen Regierungspolitiker ermittelt wird, dann wird ganz genau weggeschaut, liegen gelas­sen, verjährt. – Das wollen wir nicht. Das ist keine Objektivität in der Justiz, Frau Minis­terin! (Beifall bei BZÖ und FPÖ.)

Ich werde zwei Zeugen aufrufen, die sich heute zwar im Hohen Haus befinden, sich aber nicht zu Wort gemeldet haben. Frau Ministerin, wenn Sie es uns nicht glauben, vielleicht glauben Sie es der Parlamentspräsidentin! Ich zitiere sie ganz frisch, 24. Ok­tober, in der Tageszeitung „Die Presse“:

Nationalratspräsidentin Barbara: „Prammer macht sich ,Sorgen um den Rechtsstaat‘“.

Der Untersuchungsausschuss – sagt sie – habe „viele wichtige Hinweise zutage geför­dert“, in der Staatsanwaltschaft seien „willkürliche Aktionen geschehen, die jedweder rechtsstaatlicher Regeln entbehren“ würden. – Zitatende.

Das stellt eine Bedrohung für den Rechtsstaat dar, richtet Ihnen die Parlamentspräsi­dentin aus, Frau Ministerin! – Da müssen Sie handeln! Es ist nicht die böse Opposition, die Märchen verbreitet, sondern es ist eine Zeugin, die ich hier aufrufe.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll43. Sitzung / Seite 67

Ein weiterer Zeuge, Herr Bartenstein, der heute nicht redet. – Mir ist es auch ein Rät­sel. Er ist zwar Ausschussvorsitzender, wird aber nicht nominiert; geht mich nichts an, aber es ist irgendwie seltsam. – Er gab am 12. Oktober dem „Standard“ ein Interview und sagte wortwörtlich:

Bartenstein „hält es für erwiesen, dass die Staatsanwaltschaft bei der Rufdatenerfas­sung des Handys von Peter Westenthaler über das Ziel hinaus geschossen hat. Dies habe Konsequenzen für alle Bürger“.

Darum geht es mir auch, Frau Ministerin. Bewegen wir uns über den Tellerrand hinaus! Es geht uns nicht darum, unsere Immunität zu verteidigen. Gekauft! Schaffen wir sie ab! (Abg. Mag. Stadler: Abschaffen!) Ich habe damit überhaupt kein Problem. Wir wer­den einen Antrag stellen, und dann schauen wir, ob Herr Donnerbauer mitstimmt. Ich brauche das nicht. Worum es hier geht, ist nicht der Schutz von uns selbst. Wir können uns ja selbst verteidigen. Wir können hierher ans Rednerpult gehen, wir können in Aus­schüssen agieren, wir können Presseaussendungen machen.

Worum es mir geht, Frau Ministerin, ist, dass dieselben Methoden nicht nur gegen uns Oppositionelle angewandt werden, sondern auch gegen Menschen, die sich gegen die­se Regierung stellen und aus anderen Bereichen kommen: gegen Ärzte, gegen Jour­nalisten, gegen Rechtsanwälte, gegen Wissenschafter und vielleicht auch einmal ge­gen Priester, wer weiß! Wer weiß, was an verdeckten Ermittlungsmethoden, illegalen Rufdatenerfassungen angewandt wird!

Das lehnen wir ab, weil es hier um Grundrechte geht, um Menschenrechte, um Persön­lichkeitsrechte, die von der Staatsanwaltschaft Wien und von den Ermittlungsbehörden im Innenministerium mit Füßen getreten werden. Das lehnen wir ganz entschieden ab! (Beifall beim BZÖ sowie des Abg. Strache.)

Auch da, Frau Ministerin, sind wir nicht allein. Ich habe einen ganzen Packen von Zita­ten, die ich gar nicht alle vorbringen will, weil ich nur so wenig Redezeit habe.

Andreas Unterberger, „Wiener Zeitung“ – ich hoffe, Frau Ministerin, dass dieser Kom­mentar nicht der Grund dafür war, dass er von Faymann hinausgeschmissen worden ist, ich hoffe das nicht; es gibt gewisse Gerüchte –, schreibt unter dem Titel „Vorsicht, Staatsanwalt“ über diesen Untersuchungsausschuss und darüber, dass gleich ermit­telt wird und Handyrufdaten erfasst werden. Er kritisiert das und kommt zum Schluss – ich zitiere wörtlich –:

„Die Staatsanwälte im Raum Wien sind zur Gefahr für den Rechtsstaat geworden.“

Oder: Wolfgang Simonitsch – er war bis vor Kurzem auf der Galerie – von der „Kleinen Zeitung“ spricht von „fragwürdigen Tricks“, die „die Justiz auspackt, um die durch Im­munität besonders geschützten Abgeordneten doch unter Druck zu setzen“.

„Diese Praxis riecht nach Justizskandal.“ – „Kleine Zeitung“.

Oder: „Die Presse“, Martin Fritzl schreibt unter dem Titel „Wenn Politiker bespitzelt wer­den“: „Den Staatsanwalt geht es nichts an, woher Abgeordnete sensible Informationen bekommen.“

Oder – auch ein geschätzter, ausgezeichneter Kollege –: Andreas Koller von den „Salzburger Nachrichten“ schreibt unter dem Titel „Westenthalers Handy muss privat bleiben“ – ich zitiere das Allgemeine, das er sagt, wortwörtlich –: „Österreich stellt sich als Land heraus, in dem Regierungsstellen Oppositionsabgeordnete bespitzeln, wäh­rend die Regierung strafrechtliche Narrenfreiheit hat;“

Das schreibt Koller, das ist nicht die böse Opposition, sondern ein Journalist, der in diesem Land ausgezeichnet worden. Glauben Sie ihm das, was hier passiert ist! Ein Skandal, Frau Ministerin! (Beifall bei BZÖ und FPÖ.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll43. Sitzung / Seite 68

Ich könnte diese Liste fortführen. – „Kurier“, Josef Votzi schreibt von: Farbenblindheit der Justiz auf einem Auge?, nämlich immer dann, wenn es um die Regierung geht.

Das ist alles abzulehnen!

Noch etwas, weil es dahinter ja auch menschelt, Frau Ministerin, und das ist heute auch schon angesprochen worden:

Es gibt einen Sprecher der Staatsanwaltschaft Wien, der immer dann, wenn es etwas Negatives gegen Oppositionelle gibt, vor allem dann, wenn es die FPÖ oder das BZÖ betrifft, teilweise auch die Grünen, sofort beim Mikrofon ist und sofort alles negativ dar­stellt; gegen den wird ermittelt, und das wird ermittelt. – Frau Ministerin, stellen Sie das ab! Das ist deshalb nicht akzeptabel, weil sich hinter jedem noch so schnöden und öden Gerichtsakt zwischen zwei Aktendeckeln und viel Papier Menschen und Existen­zen verbergen.

Dass ein Sprecher der Staatsanwaltschaft an die Öffentlichkeit geht und nicht nur be­wusst Desinformation betreibt, sondern auch Diffamierung gegen einen Betroffenen, der nicht einmal nur irgendwie in Verdacht steht, Diffamierung gegen dessen Familie und persönliche Integrität, das hat er nicht zu tun! Das ist abzulehnen, Frau Ministerin! In diesem Fall ist auch für Konsequenzen zu sorgen. (Beifall bei BZÖ und FPÖ.)

Der Sprecher der Staatsanwaltschaft hat sich entschuldigt. (Abg. Dr. Graf: Wann? – Abg. Mag. Stadler: Monate später!) – Ich habe das auch zur Kenntnis genommen, aber ich weiß nicht, ob das genug sein kann, wenn er sich über einen Untersuchungs­ausschuss entschuldigt, Monate, nachdem er es getan hat, und nicht in den Medien. (Abg. Dr. Graf: Er müsste sich jeden Tag drei Mal entschuldigen!)

Ich glaube, es wäre angebracht, das einmal zu ermitteln und auch Regeln zu formu­lieren, wann ein Staatsanwalt, auch der Sprecher der Staatsanwaltschaft, überhaupt le­gitimiert wird, in der Öffentlichkeit etwas zu sagen, denn, Frau Ministerin: Eine Anzeige ist schnell da. Es war auch entlarvend, und ich gebe allen recht, die heute Abgeordne­ten Amon kritisiert haben, der sich hier herausgestellt und gesagt hat, dass es so und so viele Auslieferungen gegeben hat. – Na klar, weil es die Anzeigen vom BIA, von der – und ich bleibe dabei – schwarzen Spitzelpolizei gibt, das unter Aufsicht des In­nenministeriums geführt wird.

Es wird angezeigt, dann ist man ein Angezeigter, dann ist man einmal ganz schnell vorverurteilt und wahnsinnig schnell medial hingerichtet; was dann herauskommt, ist schon nicht mehr so interessant. Das ist die Methode, das ist System; System und Me­thodik dieser Behörde und auch von Teilen der Staatsanwaltschaft: Vorverurteilung, Diffamierung und mediale Hinrichtung von Oppositionellen oder von Menschen, die nicht der Meinung der Regierung sind. – Das lehnen wir entschieden ab, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei BZÖ und FPÖ. – Präsident Neugebauer gibt das Glockenzeichen.)

Die Konsequenz – ich komme zum Schluss –, die Konsequenz kann nur sein, dass dieses Hohe Haus ermächtigt wird, die Staatsanwälte zu kontrollieren. Da halte ich es mit Fekter, da gebe ich ihr recht, da halte ich es mit Otto Pendl, der das gefordert hat: Jawohl, es ist an der Zeit, dass wir uns Regularien überlegen, dass die Volksvertre­tung, dass dieses Haus auch endlich über eine wirklich gute Kontrolle über die Staats­anwaltschaft verfügt. (Beifall bei BZÖ und FPÖ.)

13.54


Präsident Fritz Neugebauer: Der von Herrn Abgeordnetem Ing. Westenthaler einge­brachte Antrag steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll43. Sitzung / Seite 69

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Stadler, Ing. Westenthaler, Kolleginnen und Kollegen

eingebracht im Zuge der Debatte über die Dringliche Anfrage zum Thema Regierungs­justiz und Ministerblockade in der 43. Sitzung des Nationalrates am 05.11.2009

betreffend Auskunftspersonen im Spitzel-Untersuchungsausschuss

Im derzeitigen Untersuchungsausschuss zur Untersuchung von Abhör- und Beeinflus­sungsmaßnahmen im Bereich des Parlaments wurde ein gravierendes Fehlverhalten einiger Staatsanwälte der Staatsanwaltschaft Wien aufgedeckt. Unter anderem das „Vergessen“ der Bearbeitung einer Anzeige gegen den ehemaligen Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser wegen § 302 StGB, das „Vergessen“ oder „Vernachlässi­gen“ der Verständigung eines Abgeordneten zum Nationalrat von einer Rufdatenrück­erfassung oder das Nichtbeachten der verfassungsrechtlich geregelten Immunitätsbe­stimmungen.

Von Vertretern der Staatsanwaltschaft und der Oberstaatsanwaltschaft wurden diese Vorfälle durch einen eklatanten Mangel an Personal bei den Staatsanwaltschaften be­gründet. Dies insbesondere deshalb, weil durch die Strafprozessreform 2007 viele Agenden der Staatsanwaltschaft zufallen, die früher die Gerichte zu erledigen hatten.

Ähnliche Vorfälle ereigneten sich auch im Bereich des Bundesministeriums für Inneres, wo ebenfalls ganze Konvolute von ermittlungsrelevanten E-Mails von den zuständigen Beamten des BIA einfach übersehen wurden. Da diese E-Mails aber das fragwürdige Vorgehen des ehemaligen Bundesministers Strasser bei Postenvergaben im Bereich des BMI betrafen, besteht hier dringender Aufklärungsbedarf.

Um diese für einen Rechtsstaat untragbaren Vorfälle im Rahmen des Untersuchungs­auftrages des Untersuchungsausschusses aufklären zu können, ist eine Befragung der zuständigen politischen Ressortverantwortlichen unverzichtbar. Da die Ladung von Re­gierungsmitgliedern bisher von der Ausschussmehrheit der ÖVP und ihrer Begleitpartei SPÖ abgelehnt wurde, wollen die unterfertigten Abgeordneten den zuständigen Regie­rungsmitgliedern die Möglichkeit geben, dem Ausschuss von sich aus Termine zu nen­nen, an denen sie dem Ausschuss zur Aufklärung dieser bedenklichen Vorfälle zur Ver­fügung stehen können.

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Justiz und die Bundesministerin für Inneres werden aufgefor­dert, dem Untersuchungsausschuss zur Untersuchung von Abhör- und Beeinflussungs­maßnahmen jeweils drei mögliche Termine zu nennen, an denen sie dem Untersuchungs­ausschuss als Auskunftsperson zur Verfügung stehen können.“

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Pilz. – Bitte.

 


13.54.02

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Meine Damen und Herren! Nachdem die Innen­ministerin ihren Auftrag erfüllt und diesem Haus wertvolle Diskussionszeit in der Fern­sehzeit gestohlen hat, hat sie sich wieder zurück ins Innenministerium begeben, weil


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll43. Sitzung / Seite 70

es dort noch einen Rest von Beamtinnen und Beamten gibt, die noch nicht der Öster­reichischen Volkspartei beigetreten sind. Dieses Problem muss offensichtlich gelöst werden. Ich persönlich kann es ertragen, dass hinter mir auf der Regierungsbank jetzt nicht Frau Dr. Fekter sitzt, mir reicht die Justizministerin.

Ich danke der Justizministerin dafür, dass sie in einem Moment nicht von ihrer vorge­schriebenen Rede abgelesen hat, sondern in freier Wortwahl etwas durchaus Bemer­kenswertes zu Protokoll gegeben hat, nämlich: Im Falle der Parteibuchwirtschaft im In­nenministerium handle es sich um keinen Fall für die Strafjustiz, sondern es sei vor al­lem die politische Verantwortung zu klären.

Frau Bundesministerin, dem folgt logisch eine Frage: Wo soll die politische Verantwor­tung geklärt werden? Und eine zweite Frage: Wessen politische Verantwortung soll ge­klärt werden?

Die Antwort auf die erste Frage wird doch wohl nicht heißen: Die Frage der politischen Verantwortung soll im Justizministerium oder im Parteipräsidium der Österreichischen Volkspartei geklärt werden!? – Da gibt es nur einen Ort, und das ist das Parlament, und im Parlament gibt es dafür nur ein wirksames Instrument, das ist der parlamentari­sche Untersuchungsausschuss.

Danke, Frau Justizministerin, dass Sie uns aufgefordert haben, die politische Verant­wortung zu untersuchen! Wir werden Ihrer Aufforderung gerne nachkommen. (Beifall bei Grünen, FPÖ und BZÖ.)

Zur zweiten Frage: Wer soll als Person – bitte, das nicht herabwürdigend zu verste­hen – Untersuchungsgegenstand sein? Wer soll Auskunftsperson sein? – Ja offen­sichtlich nicht die kleinen Beamten und Beamtinnen, sondern die politisch Verantwortli­chen! Vielleicht können Sie dem Plenum des Nationalrates noch mitteilen, wer Ihrer Meinung nach – das steht wahrscheinlich nicht in Ihrem Manuskript, das müssen Sie in freier Rede ergänzen – politisch verantwortlich im Justizministerium ist! – Ist es der Portier? Ist es die Person, die die Akten am Wagerl hin- und herschiebt? Sind das mitt­lere Beamte? Sind das die Personen, die fachkundig der Ministerin den Kaffee brauen? (Abg. Mag. Donnerbauer: Das ist nicht Aufklärung, sondern Polemik!) Oder ist das vielleicht die Ministerin selbst?

Also richte ich an Sie die Frage: Ist politisch verantwortlich im Justizministerium die Justizministerin? – das ist doch eine spannende Frage –, und ich ersuche Sie darum, in Ihrem Manuskript nachzuschauen und uns, wenn Sie dort keine Antwort finden, bitte eine Antwort nach bestem Wissen und Gewissen zu geben. (Beifall bei Abgeordneten der Grünen.)

Vielleicht könnten Sie auch eine ähnliche Frage für das Innenministerium beantworten. Dort gibt es einen ähnlichen Personenkreis, der in Frage kommt, also die Leute, die den Kaffee machen, den Portier und so weiter – und die Innenministerin. (Abg. Dr. Graf: Die Chauffeure!) – Chauffeure und Chauffeurinnen, Entschuldigung, habe ich vergessen (Abg. Dr. Graf: Die wissen wirklich etwas!); Vertrauenspersonen ersten Ranges. Können Sie uns einen sachdienlichen Hinweis geben, wer im Innenministe­rium die politische Verantwortung trägt? Können Sie ausschließen, dass das die Innen­ministerin ist? – Das wären doch zwei Antworten auf zwei spannende Fragen, zumal Sie vorgeschlagen haben, das Parlament möge die politische Verantwortung unter­suchen.

Ich habe weitere Fragen.

Wenn sich herausgestellt hat – und das ist durchaus ein Zwischenergebnis des Unter­suchungsausschusses –, dass die politischen Staatsanwälte der politischen Abteilung der Staatsanwaltschaft Wien nicht daran denken, Fälle von Amtsmissbrauch, Korrup-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll43. Sitzung / Seite 71

tion und Parteibuchwirtschaft im Bereich der Bundesregierung zu untersuchen, haben Sie dann – erste Frage – eine Möglichkeit, die Herrschaften davon zu überzeugen, dass sie das trotzdem tun müssen, weil sie gesetzlich dazu verpflichtet sind?

Zweite Frage: Wenn die dazu nicht imstande und nicht willens sind, wen werden Sie dann beauftragen? Oder sind Sie der Meinung, dass der Zustand, dass die Verbrechen der Österreichischen Volkspartei an der Spitze von Ministerien nicht untersucht werden dürfen, dass dieser Zustand beibehalten wird? (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Amtsmiss­brauch ist ein Verbrechen, Untreue ist ein Verbrechen, Schiebung öffentlicher Aufträge ist ein Verbrechen, der Bruch des Amtsgeheimnisses ist ein Verbrechen, und die An­stiftung dazu, meine Damen und Herren von der ÖVP, selbstverständlich auch.

Es geht da nicht um irgendetwas. Es geht nicht um Fehler und Vergessen, sondern es geht um politisch motivierte Kriminalität an der Spitze von Bundesministerien (Abg. Amon: Sprechen Sie vom Fall Öllinger?), und das wollen wir untersuchen. Wir wollen untersuchen, warum Leute, die in jedem Rechtsstaat auf der Anklagebank säßen, in Österreich immer wieder auf der Regierungsbank zu finden sind – und zwar mit ÖVP-Mandaten ausgestattet.

Das wollen wir parlamentarisch untersuchen, und dafür brauchen wir die Hilfe der Jus­tizministerin. Da brauchen wir dringend Ihre sachkundigen Hinweise, aber nicht von einem Beamten vorgeschrieben, sondern in freien Worten und unter Zeugenpflicht ge­äußert, und deswegen werden wir gemeinsam die parlamentarische Notwehr fortset­zen müssen, bis wir unser Ziel erreicht haben, im Interesse des gesamten Parlaments und im Interesse der parlamentarischen Demokratie durchzusetzen, dass es auch eine politische Verantwortung von Regierungsmitgliedern vor dem österreichischen Natio­nalrat gibt. Danke. (Beifall bei den Grünen.  Abg. Amon: Das ist der Sprecher der FPÖ! Abg. Dr. Schüssel in Richtung des Präsidenten Neugebauer : Das darf man ungestraft sagen? „Verbrechen“ ist kein Ordnungsruf?)

14.01


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Jarolim. – Bitte.

 


14.01.08

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Frau Bundesminister! Herr Präsident! Mei­ne Damen und Herren! Die Diskussion heute – da kann man Otto Pendl nur zustim­men – ist wahrlich kein Ruhmesblatt, weil es natürlich eine Reihe von Maßnahmen und Vorfällen gibt, die in höchstem Maße befremdlich und ärgerlich sind. Es ist natürlich völlig unverständlich, warum eine 150-seitige Anzeige – die aus meiner Sicht zweifellos Amtsmissbrauchshandlungen darstellt – nicht behandelt wird. Ich glaube also, dass es – wenn man sich in der Fachwelt einigermaßen umhört, wie diese Vorgangsweisen des Bundesministers Strasser zu behandeln sind – kaum zu argumentieren ist, dass dies kein Delikt darstellt.

Was mir auch nicht gefällt, Frau Bundesminister, ist, dass heute so ein Bashing der Staatsanwaltschaft stattfindet und diese zum zentralen Schuldigen für all das wird, was im Land stattgefunden hat. Gerade diese politischen Delikte, über die wir ja heute hauptsächlich diskutiert haben, sind Delikte, die in sogenannten Berichtsakten abge­handelt werden. Sprich: Sie bleiben nicht bei der Staatsanwaltschaft, die ermittelt, son­dern gehen über die Oberstaatsanwaltschaft in das Ministerium – in die sogenannte Berichtsabteilung, die Abteilung IV – und werden dort behandelt.

Das heißt, man kann nicht den Vorwurf erheben, dass die Staatsanwaltschaft Wien völ­lig aus dem Ruder gelaufen ist. Die Staatsanwaltschaft Wien ist dem Justizministerium weisungsunterworfen. Jetzt würde ich meinen, dass Sie mit diesem Umstand so um­gehen sollten, wie Sie wollen, aber den Eindruck zu vermitteln, dass die Staatsanwälte


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draußen zur Räson gebracht werden sollten, während diese aber dieser Weisungskette unterliegen – und deshalb gibt es diese auch –, finde ich ein klein wenig unfair. (Abg. Dr. Graf: Dann hätte es eine Weisung geben müssen, oder?)

Ich halte es auch nicht für sehr durchsichtig, wenn der Sprecher der Staatsanwalt­schaft – bei der wir eigentlich immer wieder nach Informationen verlangen und auch immer wieder sagen, es kann nicht sein kann, dass das, was in der Justiz vorgeht, hin­ter dunklen Mauern passiert – jetzt plötzlich, offensichtlich aus irgendeinem persönli­chen Grund, zum Feinbild ernannt wird.

Frau Bundesminister Bandion-Ortner, in diesem Zusammenhang habe ich eine große Bitte an Sie: Es gibt im Justizministerium – und wir alle kennen das Ministerium als eines der sachlichsten, mit exzellenten ExpertInnen besetzt – eine heftige Diskussion darüber, dass das Ministerium umgruppiert werden soll. Als mir dies mitgeteilt worden ist, habe ich zuerst geglaubt, dass es sich um eine Fehlkampagne handeln muss, um Ihnen zu schaden.

Diese Umgruppierung soll in einer Art und Weise geschehen, die mich persönlich, sage ich jetzt einmal, sehr an die Vorgänge seinerzeit im Innenministerium unter Strasser er­innert hat. Die Präsidialsektion soll mit einer Unzahl von Kompetenzen angereichert werden, sodass Sie eigentlich in dem ganzen Ministerium einen Schwerpunkt setzen. Ich frage mich: Was ist der Hintergrund dessen, warum soll das passieren, und für wen?

Außerdem soll vor allem eines passieren, nämlich dass die Weisungssektion – also je­ner Bereich, in dem die Weisungen abgehandelt werden – mit jenem Bereich, der für Straflegistik zuständig ist, der die Entwicklung des Strafrechtes, die Besprechungen in Europa, aber auch hier im Parlament mit den Abgeordneten und Politikern durchführt, zusammengelegt wird.

Frau Minister, ich kenne keine einzige Person in der Fachwelt, die diese Vorgangswei­se für nachvollziehbar erachtet, und dieses Vorhaben hat auch dazu geführt, dass so­gar innerhalb der sachlich orientierten Mitarbeiterschaft des Justizministeriums Petitio­nen ausgefüllt werden. Ich habe gehört, dass Sie jetzt überlegen, diese Maßnahme nicht umzusetzen. Ich hoffe, dass das stimmt, weil es extrem schädlich wäre, wenn Sie genau jene Personen, die über Weisungen zu entscheiden haben sollen, dazu zwin­gen, in unmittelbaren Kontakt mit jenen Abgeordneten zu treten, die – naheliegender­weise – den einen oder anderen Wunsch haben. Ich glaube, das kann man von uns al­len behaupten, aber eine derartige Maßnahme zu setzen, um eine Person – nämlich offensichtlich jenen Sektionschef, der sich als Einziger getraut hat, gegen die Ein­stellung eines Verfahrens gegen einen korrupten Richter in Graz aufzutreten – quasi zu belohnen, das halte ich für verzichtbar. Ich hoffe, dass das Gerücht stimmt, dass diese Maßnahme nicht gesetzt wird. Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

14.05


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Neubauer. – Bitte.

 


14.05.44

Abgeordneter Werner Neubauer (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Bundesministerinnen! Hätte es noch eines Beweises bedurft – das ist heute schon mehrfach strapaziert worden, aber trotzdem –, wenn man sich in Erinnerung ruft, was vor einer Stunde hier in diesem Haus passiert ist – mit welch hasserfüllten Redebeiträ­gen diese Debatte heute hier abgelaufen ist?

Was müssen sich die Zuschauer vor den Fernsehgeräten heute von uns gedacht ha­ben?! Welche Beiträge sind geliefert worden, um tatsächlich die Demokratie in Öster­reich zu beleben? Ich bin der Meinung, dass uns das allen zu denken geben sollte. Wenn heute hier Ministerinnen auftreten, den Parlamentariern die Zeit für ihre Aussa­gen stehlen und sich in einer Art und Weise zu Themen äußern ... (Bundesministerin


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Dr. Fekter: Das ist mein geschäftsordnungsmäßiges Recht! Ich stehle niemandem die Zeit! Präsident Neugebauer gibt das Glockenzeichen.) – Sie können sich dann gerne zu Wort melden, so wie Sie das heute Vormittag getan haben. Sie stehlen mir schon wieder die Zeit! (Beifall bei der FPÖ. Abg. Ing. Westenthaler: Nein, bitte nicht noch einmal! Am besten wäre, die Ministerin meldet sich nie mehr wieder zu Wort! Das wäre mir am liebsten!) Wenn die Äußerungen dann noch dazu nicht zum Thema gehören, dann, muss ich ganz offen sagen, ist das eine Vorgehensweise, die sich für den Parla­mentarismus einfach nicht gehört.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es wurde heute ein Sittenbild abgeliefert, das mich an schlimme Zeiten erinnert hat, aber eines muss ich Ihnen sagen: Die Menschen draußen haben das Bedürfnis und das Recht zu erfahren, was hier herinnen und in den Ministerien vor sich geht. Das ist der Grund dafür, warum wir diesen parlamentarischen Auftrag zu erfüllen haben, nämlich die Wahrheit – so gut es geht – für die Menschen dieses Landes an den Tag zu bringen, und wir haben die moralische Verpflichtung und die politische Verantwortung, Missstände aufzuklären.

Meine sehr geehrte Frau Bundesministerin Bandion-Ortner, Sie haben gesagt, dass Sie keine Politjustiz wollen. – Ja, wer will das denn?! Auch wir wollen das nicht, aber wer hindert Sie genau deshalb daran, unter Wahrheitspflicht im Untersuchungsaus­schuss auszusagen? Was hindert Sie daran? Wir machen Ihnen sogar die Busspur frei, die Sie so gerne strapazieren, damit Sie schneller hier herkommen können. Sehr geehrte Frau Bundesministerin, nehmen Sie dieses Angebot doch wahr!

Wir wollen aber auch dafür Sorge tragen, dass dieser Untersuchungsausschuss in Zu­kunft ein Instrument ist, das diesen Intentionen auch gerecht werden kann. Meine sehr geehrten Damen und Herren, jeder, der schon einmal Mitglied in einem Untersu­chungsausschuss war oder es derzeit ist, weiß ganz genau, mit welchen Schwierig­keiten wir zu kämpfen haben. Es werden mit Geschäftsordnungstricks die Oppositio­nen derartig verteilt, dass man immer wieder Zeit schindet und immer wieder genug Gründe findet, um der Wahrheit nicht auf die Spur zu kommen.

Arbeiten Sie endlich daran, Frau Bundesministerin für Justiz, damit wir die Rahmenbe­dingungen haben, die es uns überhaupt erst ermöglichen, gut arbeiten zu können. Ar­beiten Sie an einer Geschäftsordnung, die es uns ermöglicht, endlich wirklich auch Bundesminister so zu laden, dass wir manchen Dingen auf den Grund gehen können! (Beifall bei der FPÖ. Zwischenruf des Abg. Kickl.)

Sehr geehrte Damen und Herren, ich erinnere an katastrophale Fehler, die es wirklich aufzuklären gilt. Ich erinnere an die Causa Kampusch, und ich erinnere an die Aussa­gen des renommierten Herrn Adamovich. Was haben wir für Verantwortungsträger? Bis heute wurde diese Verantwortung von niemandem wahrgenommen. Es gibt ton­nenweise Akten, die an den „Falter“ transportiert wurden. – Wer übernimmt die Verant­wortung für diese Fehlleistungen?

Wer übernimmt die Verantwortung für die Postenschacher, die aktenkundig sind, und für die Beschaffung von Kampfflugzeugen, die bis heute immer noch nicht aufgeklärt ist? Es ist ja ein Anachronismus, wenn heute Menschen in Dingen ermitteln und die rechtlichen Grundlagen dafür nicht kennen. Von zehn befragten BIA-Ermittlern konnten uns neun nicht mitteilen, auf welcher rechtlichen Grundlage sie überhaupt ermitteln.

Da werden in Österreich Menschen befragt und bespitzelt, und niemand weiß, auf wel­cher rechtlichen Grundlage dies geschieht. Meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist doch wirklich ein Skandal! (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Hagen.)

Lassen wir es nicht zu, dass dieses schöne Land Österreich im Ausland schon wirklich als das Skandalland schlechthin bezeichnet wird! Man braucht heute nur die Zeitungen aufzuschlagen – jede zweite Woche haben wir einen neuen Skandal. Aktuell sind zum


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Beispiel BUWOG und Karl-Heinz „Kassa“, der sich da ja bedient hat, oder Skylink. Ich sage Ihnen: Die Menschen haben es wirklich satt, sich in dieser Situation, in der sie je­den Tag mit Arbeitslosigkeit und sozialen Einbußen zu rechnen haben, täglich mit sol­chen Dingen auseinandersetzen zu müssen. Dafür sind wir, dafür sind Sie von der Regierung nicht gewählt worden, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ.)

Frau Bundesministerin Bandion-Ortner, ich darf noch abschließend eine Frage an Sie richten: Wissen Sie eigentlich genau, wie viele Verfahren es derzeit gegen Staatsan­wälte gibt, die angezeigt wurden, weil es sich engagierte Bürgerinnen und Bürger nicht mehr gefallen lassen, wie sie mit ihnen umgehen? Herr Kollege Westenthaler hat einige ganz konkrete Beispiele aufgezeigt, die wirklich stichhaltig waren und denen ich mich nur anschließen kann. (Abg. Grosz: Wie in Sizilien!)

Ich darf Ihnen einige Beispiele von Anzeigen wegen Amtsmissbrauchs nennen: Es gibt derzeit Anzeigen gegen Dr. Otto Schneider, Staatsanwalt, Dr. Werner Pleischl, Dr. Ro­nald Schön, Dr. Susanne Kerbl-Cortella, Mag. Michael Schnell ...

 


Präsident Fritz Neugebauer (das Glockenzeichen gebend): Die Gesamtredezeit Ihrer Fraktion ist erschöpft, Herr Abgeordneter. Bitte um den Schlusssatz!

 


Abgeordneter Werner Neubauer (fortsetzend): Misten Sie diesen Augias-Stall endlich aus! (Beifall bei der FPÖ.)

14.12


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Strutz. – Bitte. (Abg. Dr. Cap: Experte für „eh alles“!)

 


14.12.11

Abgeordneter Dr. Martin Strutz (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundes­minister! Heute geht es nicht darum – wie Sie in blumigen Worten erklärt haben –, dass dort, wo gearbeitet wird, Fehler passieren, dass wir aus Fehlern lernen oder, wie Sie gesagt haben, dass wir einer Legendenbildung vorbeugen, sondern heute, Frau Bun­desminister, geht es darum, wie diese Bundesregierung mit dem Parlament und mit den Instrumentarien dieses Parlaments umgeht. Heute geht es darum, wie Sie mit An­dersdenkenden verfahren – mit der Opposition im Großen oder mit kleinen Beamten. Heute geht es um Machtmissbrauch der ÖVP. Heute, meine Damen und Herren, ha­ben wir erlebt, was Arroganz der Macht bedeutet. (Beifall beim BZÖ sowie der Abge­ordneten Öllinger und Dr. Graf.)

Heute haben wir hier im Hohen Haus im wahrsten Sinne des Wortes einen schwarzen Tag erlebt. Die Frau Innenminister hat ja klargemacht, wofür sie steht, wenn sie hier herauskommt und feststellt, es habe keinen Machtmissbrauch gegeben und auch kei­nen Hinweis darauf, dass ein solcher stattgefunden habe. Frau Innenminister Fekter, so etwas kann nur jemand sagen, für den das schon zur Alltäglichkeit geworden ist, für den Verfehlungen, wie sie meine Vorredner hier am Rednerpult präsentiert haben, schon ganz normal sind.

Frau Justizminister, es geht heute um die Unabhängigkeit der Justiz. Wir sind der Mei­nung, dass diese Unabhängigkeit tatsächlich gefährdet ist. Es geht um Grundrechte, die mit Füßen getreten werden – ob für Parlamentarier hier im Hohen Haus oder für Österreicher, die ihr Recht suchen –, und es geht darum, dass ein System der ÖVP aufgebaut wurde. Viele sprechen vom „System Grasser“, in dem einige der ÖVP Nahe­stehende bevorzugt werden und finanzielle Vorteile genießen. Einige sprechen vom „System Strasser“, in dem eine Umfärbeaktion im Innenministerium stattgefunden hat, die in der Geschichte beispiellos ist.

„System Grasser“, „System Strasser“ – es ist jedenfalls ein System der ÖVP, das hier in Österreich Platz greift und gegen das es gilt, richtige Maßnahmen zu setzen.


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Frau Justizminister, Sie hätten heute hier im Hohen Haus die Chance gehabt zu bewei­sen, dass Sie tatsächlich parteiunabhängig und kein Parteisoldat der ÖVP sind – und dass Sie mit Teilen des Systems auch tatsächlich aufräumen.

Aber im Gegenteil: Sie haben hier Allgemeinplätze von sich gegeben, und wir müssen leider zur Kenntnis nehmen, dass Sie nicht wirklich bereit sind, im Untersuchungsaus­schuss einen Beitrag zu leisten und mit diesem System in Österreich ein für alle Mal aufzuräumen. (Beifall beim BZÖ. – Abg. Kickl: ... sozialisiert!)

Was aber noch viel beschämender ist, ist das Verhalten der SPÖ. (Abg. Ing. Westen­thaler: Genau, das stimmt!) Es ist beschämend, wie die SPÖ in einer Art Selbstaufga­be zum Erfüllungsgehilfen der ÖVP wird. Der Herr Cap als Klubobmann ist ja geradezu der Schoßhund der ÖVP, der sich gerne streicheln lässt und apportiert. (Abg. Grosz: Ja!) Zum Beispiel die aktuelle Universitätsdebatte: Bruno Kreisky war es, der den freien Zugang zur Universität erkämpft und eingeleitet hat. Heute verlangt euer Parteivorsit­zender Aufnahmebeschränkungen an den Universitäten! (Abg. Prähauser: Zugangsre­gelungen!)

Eure EU-Kompetenz – Geschichte der Sozialdemokratie! – habt ihr vollkommen aufge­geben. Da versucht man, sich ein paar Posten im ORF zu sichern, aber was passiert? Da kommt die ÖVP und sagt: Na ja, so schnell wird das ORF-Gesetz nicht verhandelt werden.

In Wirklichkeit ermöglichen Sie eine Zwei-Klassen-Gesellschaft in Österreich, eine Zwei-Klassen-Gesellschaft der ÖVP: Es gibt diejenigen, die es sich richten können – das sind jene, die der ÖVP nahestehen –, und jene, die Gesetze einhalten müssen – das sind alle anderen Österreicher. Es gibt jene, die sich Vorteile erkaufen und er­schleichen können – nämlich jene, die der ÖVP nahestehen –, und jene, die Nachteile erleiden müssen, weil sie Andersdenkende sind, weil sie ein anderes Parteibuch haben.

Frau Justizminister Bandion-Ortner, Sie haben heute gesagt, dass wir aus unseren Fehlern lernen müssen. Lernen Sie aus den Fehlern, die die Ihnen nahestehende Par­tei gemacht hat, Frau Justizminister! Lernen Sie aus den Fehlern, die Sie vielleicht in den letzten Tagen begangen haben, ziehen Sie die Konsequenzen und kommen Sie vor den Untersuchungsausschuss! (Beifall beim BZÖ. Abg. Grosz: Und fahren Sie vor allem nicht auf einer Busspur, sonst machen wir wegen der Busspur auch einen eigenen Untersuchungsausschuss! Den sogenannten „Busspur-Ausschuss“!)

14.17


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Lapp. – Bitte.

 


14.17.25

Abgeordnete Mag. Christine Lapp (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Minis­terinnen! Hohes Haus! Der Vorredner hat gerade „eindrucksvoll“ bewiesen – „ein­drucksvoll“ natürlich unter Anführungszeichen –, dass diese Dringliche Anfrage vonsei­ten der Oppositionsparteien dazu genutzt wurde, hier in diesem Haus eine allgemeine Schmutzkübelkampagne durchzuführen – und nicht dafür, mittels sachlicher Darstel­lungen über die Inhalte zu sprechen, die den Untersuchungsausschuss betreffen.

Unsere Aufgabe im Ausschuss ist es nämlich, die wichtigen Anliegen aus dem Unter­suchungsauftrag zu bearbeiten. Es geht nicht darum, dass Auskunftspersonen, also Zeugen, dort von Vertretern der Oppositionsparteien so intensiv und in besserwisseri­scher Art behandelt werden, dass sie nicht mehr wissen, was sie gefragt worden sind. Das ist nicht unsere Aufgabe, wie ich – offensichtlich im Gegensatz zu den Vertretern der Oppositionsparteien – meine.

Wir Sozialdemokraten wollen unsere Aufgabe sachlich, rasch und präzise erledigen. Aus dem, was wir im Untersuchungsausschuss bis jetzt ans Tageslicht gebracht ha-


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ben, ergibt sich unser Auftrag, gesetzliche Veränderungen herbeizuführen. Die SPÖ steht für diese sachlich orientierte Arbeit. Unsere Forderungen aus den vorläufigen Er­gebnissen des Untersuchungsausschusses sind:

Es muss klare Regeln für Nebenbeschäftigungen von Beschäftigten im Bereich der Si­cherheit geben. Es kann nicht sein, dass die Ausbildung auf SteuerzahlerInnen-Kosten dazu führt, dass in Nebenbeschäftigungen dann noch zusätzliches Geld verdient wird. Es ist auch wichtig, dass Nebenbeschäftigungen immer wieder überprüft werden.

Ein weiterer Punkt, der heute auch schon mehrmals angesprochen wurde, ist die Transparenz bei der Arbeit der Staatsanwältinnen und Staatsanwälte. Es ist eine parla­mentarische Kontrolle einzuführen, und es darf nichts vergessen werden – Ermittlungs­aufträge müssen schriftlich festgehalten werden.

Eine weitere Erkenntnis aus der Arbeit im Untersuchungsausschuss ist, dass auf die Bekämpfung rechtsextremistischer Betätigungen in unserem Land – virtueller Art, im Internet, und natürlich auch solcher Art, wie sie in diesem Land gang und gäbe sind –verstärktes Augenmerk gelegt werden muss. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte nur auf Folgendes hinweisen: Dass die Rufdaten seines Telefons erfasst worden sind, hat Kollege Westenthaler im Februar 2009 erfahren. Im Juli des Jahres 2009 hat es hier eine sehr große Aufregung gegeben, woraufhin dann der Untersuchungsausschuss eingesetzt worden ist. Auch hier zeigt sich, dass nicht gleich agiert, sondern inszeniert wurde.

Werte Kolleginnen und Kollegen von den Oppositionsparteien, unsere Aufgabe ist viel zu wichtig, um auf diese Showelemente einzusteigen. Ich bitte Sie wirklich, finden Sie wieder zur sachlichen und präzisen Arbeit zurück! Das würde der Demokratie wesent­lich besser tun. (Beifall bei der SPÖ.)

14.20


Präsident Fritz Neugebauer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Ab­geordneter Ing. Westenthaler zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


14.20.53

Abgeordneter Ing. Peter Westenthaler (BZÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Abgeordnete Lapp hat einen unwahren Sachverhalt wieder­gegeben. Sie hat nämlich wortwörtlich gesagt, ich hätte Anfang Februar, im Februar von der Rufdatenerfassung erfahren und hätte erst im Juli agiert. – Diese Behauptung ist unrichtig und falsch, nachweisbar falsch, weil ich am selben Tag, als ich davon er­fahren habe, nämlich am 9. Februar, bei der Einvernahme vor dem BIA einen Brief an die Staatsanwaltschaft geschrieben habe und sofort, am selben Tag, eine halbe Stun­de nach meiner Einvernahme agiert und diesen Sachverhalt mitgeteilt habe. (Zwi­schenruf der Abg. Mag. Lapp.)

Das heißt, Sie haben die Unwahrheit gesagt. (Beifall beim BZÖ.)

14.21


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Weninger. – Bitte.

 


14.21.40

Abgeordneter Hannes Weninger (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen auf der Regierungsbank! Wir sind heute nicht im Untersuchungsaus­schuss, sondern wir haben eine Debatte auf Basis einer Dringlichen Anfrage an die Justizministerin, in deren Rahmen natürlich sehr viele Details aus dem Untersuchungs­ausschuss debattiert werden. Ich sage jetzt für meine Fraktion – und das hat der Klub­obmann bereits am Beginn der Debatte ausgeführt –, dass es gut ist, nach elf Arbeits­sitzungen des Untersuchungsausschusses hier im Hohen Haus eine Zwischenbilanz


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zu ziehen. Ich glaube, dass die Debatte heute auch die unterschiedlichen Zugänge sehr klar gezeigt hat.

Auf der einen Seite stehen jene Parteien, die darum bemüht sind, die tatsächlichen und die vermuteten Missstände in der Justiz, in der Verwaltung, in allen Bereichen unserer Republik zu untersuchen, konkret aufzuklären, Missstände aufzuzeigen und daran zu arbeiten, dass Verbesserungen herbeigeführt werden.

Es gibt andere Gruppierungen, die aus anderen Interessen heraus versuchen, als Op­position auch öffentlich wahrgenommen zu werden. Es gibt den Herrn Pilz, der heute eindringlich versucht, die Oppositionskoalition zu retten. Ohne ein Geheimnis verraten zu wollen, muss ich sagen, dass die Arbeit im Untersuchungsausschuss viel besser, viel effizienter und viel kameradschaftlicher ist, als wir das in der medialen Öffentlich­keit beziehungsweise in der heutigen Debatte erleben.

Kollege Bartenstein wurde schon gelobt. Ich möchte das Lob an die Fraktionsführer al­ler fünf Parteien weitergeben, weil es immer wieder zu guten Diskussionen und Zusam­menarbeit kommt, zum Beispiel dann, wenn es darum geht, die Ladungslisten zu ver­einbaren.

Ich habe da einen Fünf-Parteien-Antrag vom 19. Oktober. Da haben sich alle Frak­tionsvorsitzenden am Ende einer wirklich heftigen Sitzung gemeinsam auf die La­dungsliste für die Sitzung in dieser Woche und auf die Ladungslisten für nächste Wo­che geeinigt. Es hat keinen anderen Antrag gegeben, alle anderen wurden zurückge­zogen. Die fünf Parteien im Untersuchungsausschuss haben sich nach kurzer Debatte gefunden, um die weitere Vorgangsweise gemeinsam festzulegen. In der medialen Darstellung, in der Außendarstellung schaut das jedoch ganz anders aus. Im Untersu­chungsausschuss herrscht eine sehr positive und konstruktive Zusammenarbeit und dafür auch herzlichen Dank.

Ich möchte gar nicht näher auf die oppositionelle Beziehungskrise, die sich da in den letzten Tagen entwickelt hat, eingehen. Natürlich ist für die Sozialdemokraten auch nicht uninteressant, was die Oppositionsvertreter durchwegs auch in der Öffentlichkeit kommunizieren. Da spricht die FPÖ von wilden, unhaltbaren Attacken der Grünen. Die Grünen sprechen von jenseitigem Stil der FPÖ, und der Herr Stadler, der einen lie­bevollen Zugang zum Untersuchungsausschuss entwickelt hat, spricht von amourösen Annäherungen.

All das ist Teil des politischen Agierens, all das muss erlaubt und möglich sein. Wichtig ist, dass man zu konkreten Ergebnissen kommt, dass wir parlamentarische Ergebnisse an den Tag legen und dass wir der Bevölkerung ein deutliches Signal geben, die uns fragt: Was kommt bei dem Untersuchungsausschuss heraus? Ist das Ergebnis eines, das uns weiterbringt? Bringt der Untersuchungsausschuss zur Spitzelaffäre mehr De­mokratie, mehr Rechtsstaat, mehr Transparenz, mehr Bürgernähe oder nicht?

Wir sind alle gemeinsam aufgefordert, dafür zu sorgen, dass es mehr Rechtsstaatlich­keit, mehr Demokratie und mehr Bürgernähe gibt. (Beifall bei der SPÖ.)

14.25


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Huber. – Bitte.

 


14.25.50

Abgeordneter Gerhard Huber (ohne Klubzugehörigkeit): Herr Präsident! Sehr geehrte Bundesministerinnen! Hohes Haus! Ich glaube, dass mein Fall ganz gut zum heutigen Thema, zur Frage der Immunität passt.

Kollege Amon hat heute erwähnt, die Abgeordneten sollten nicht wehleidig sein. Ich kann Ihnen versichern, ich bin in keiner Weise wehleidig. Einige Sachen verstehe ich


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allerdings nicht. Bei meinem Akt handelt es sich um ein Eilverfahren. Herr Kollege Amon hat gesagt, dass diese Eilverfahren notwendig sind. Es stimmt, auf dem Akt steht: dringend, eilig. Am 7. September wird das Ersuchen um meine Auslieferung per Boten „dringend“ losgeschickt. Das kommt dann am 28. Oktober im Parlament an. Da muss ich mich schon fragen: Ist der über Moskau zu Fuß gegangen, oder wie ist so et­was möglich?

Weiters möchte ich hier schon darauf hinweisen, dass es unglaublich ist, dass in Öster­reich die Medien über alle Unterlagen verfügen und jemand medial monatelang ge­schlachtet wird, während man als Betroffener überhaupt keine Unterlagen bekommt.

Ich habe größtes Vertrauen in die österreichische Staatsanwaltschaft. Mir konnte aller­dings nie der Akt gegeben werden. Jetzt, Gott sei Dank, stellt sich heraus, ihr werdet es alle sehen, dass all die Anschuldigungen, die gegen mich vorgebracht worden sind, haltlos, ja an den Haaren herbeigezogen sind. Ich möchte jetzt nicht näher darauf ein­gehen, nur eines: Zu der Zeit, zu der ich im Rahmen einer Parlamentsdelegation in Bhutan war, wofür es einige Zeugen gibt, wurden in meinem Namen E-Mails verfasst, und diese E-Mails sind im Akt.

Am 3. August schickte mein Rechtsanwalt mir ein E-Mail an die Parlamentsadresse, und dieses E-Mail landete am 16. August im Akt der Staatsanwaltschaft. Wie gesagt, die Anschuldigungen sind alle haltlos. Das kann ich jetzt alles leicht beweisen. Aller­dings sollte man in Zukunft schon darauf achten, dass man, wenn man ausliefert, dies sofort tut. Vor allem braucht es ja keine Auslieferung, wenn überhaupt kein politischer Zusammenhang gegeben ist. Da braucht es keine Auslieferung. Man sollte für diesen Fall endlich einmal klare Richtlinien schaffen und abstellen, dass gewisse Behörden sämtliche Medien mit dem Akteninhalt versorgen, nur der Betroffene bekommt ihn nicht. Diese mediale Hinrichtung ist ein Wahnsinn, überhaupt wenn man Familie und Kinder hat. Aber, wie gesagt, es wird sich alles herausstellen.

Ich habe weder je etwas unterschlagen, noch habe ich je irgendeinen Handel mit ir­gendwelcher gefälschter Markenware oder mit T-Shirts oder mit sonst etwas betrieben. Mit so etwas bin ich nicht in Verbindung zu bringen.

Heuer im Juni wurde bereits gegen mich ermittelt. Im Juni hat mich das Zollamt Inns­bruck angerufen und gefragt, ob sie in meinem Betrieb Nachschau halten dürfen. Da habe ich gesagt: Selbstverständlich. Ich habe immer gesagt, ich lege alles offen. Der Zoll hat natürlich nichts gefunden, hat den Akt geschlossen. Aber trotzdem kommt alles in die Öffentlichkeit, wird da medial breitgetreten, obwohl es sich bloß um Märchen handelt.

Da verstehe ich nicht, was Immunität bedeutet. Der Zoll, die Zollbehörde darf auf der einen Seite ermitteln, auf der anderen Seite, wenn ich zum Staatsanwalt gehe und höf­lich bitte, ob ich den Akt haben kann, damit ich nicht aus den Medien erfahre, was mir vorgeworfen wird, bekomme ich als Antwort: Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Ich kann nicht einmal mit Ihnen reden. Das Einzige, was ich Ihnen bestätige – hat Dr. Apostol zu mir gesagt –, ist, seit 1984, seit dem Fall Androsch, hat es keine derarti­ge mediale Berichterstattung mehr gegeben wie bei Ihnen, und das aufgrund so dün­ner Beweise. Aber er hat zu seiner Verteidigung gesagt – und das glaube ich auch –, er habe nichts den Medien zugespielt.

Da würde ich schon bitten, dass man die Immunität entweder abschafft oder dass die Frau Bundesministerin die Staatsanwaltschaft anweist, wo der Ausschuss nicht be­müht werden muss, wenn ermittelt wird. Es kann doch nicht so sein, dass der Zoll er­mittelt und es auf der anderen Seite in der Behörde heißt: Ich kann nicht ermitteln, ich darf Ihnen nichts geben, ich darf mit Ihnen nicht sprechen! – Da gehören klare Richt­linien her.


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Und eines kann ich Ihnen schon sagen, liebe Kolleginnen und Kollegen: Das, was mir da passiert ist, kann jeden Tag jeden treffen. In diesem Sinne ersuche ich daher, dass man da eine klare gesetzliche Regelung schafft.

Wie gesagt, von meiner Unschuld bin ich überzeugt – und das werden Sie auch bald sehen. (Beifall beim BZÖ.)

14.31


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hornek. – Bitte.

 


14.31.06

Abgeordneter Erwin Hornek (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Hochgeschätzte Bundesministerinnen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Eine Dringliche Anfrage im Konnex mit dem Untersuchungsausschuss war angesagt. 47 Fragen wurden an Frau Justizministerin Mag. Bandion-Ortner gestellt, Fragen, die sich großteils auf Thematiken bezogen, die weit vor ihrer Amtszeit passiert sind. Diese 47 Fragen wurden von der Frau Justizministerin professionell beantwortet, und zwar wirklich bis ins Detail beantwortet.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, erste Ergebnisse unseres Untersuchungs­ausschusses sind bereits sichtbar: Es wurde eine Antikorruptionsstaatsanwaltschaft etabliert, und diese arbeitet bereits.

Diese heutige Dringliche Anfrage spiegelt aber auch so manche Situation und Vorge­hensweise im Ausschuss wider, denn das Modell lautet: Haltet den Dieb! Wenn die Op­position Probleme hat, wenn einzelne Abgeordnete Probleme haben, dann wird der Versuch unternommen, diese Schuld zu delegieren. Besonders bemerkenswert ist, wenn die Grünen, die sich hier meistens als Datenschützer darstellen, durch einen Ab­geordneten dieses Hauses einen eigenen Datenforensiker damit betrauen, sich für Din­ge einer politisch mitbewerbenden Partei zu interessieren – und das in einem Umfang, der meiner Einschätzung nach nicht statthaft ist. Und in der Folge will uns dieser Ab­geordnete noch glaubhaft machen, dass er diesen Herrn eigentlich so rein zufällig ge­troffen hat und nie davon in Kenntnis gesetzt wurde oder erahnen konnte, dass es sich dabei um einen Kriminalbeamten handelt! – Das ist nicht sehr glaubwürdig, Herr Kolle­ge Öllinger.

Besonders „interessant“ finde ich, wenn im Untersuchungsausschuss Abgeordnete agieren – speziell bei der Befragung von Staatsanwälten – und dort ihren Unmut über ihre eigene Situation, ihre eigenen Befindlichkeiten sozusagen abarbeiten wollen.

Ich weise aber auch entschieden zurück, wenn hier in diesem Saal von einem meiner Vorredner kundgetan wurde, dass die Staatsanwaltschaft pauschal mit einem „Augias-Stall“ zu vergleichen ist. – Eine solche Aussage ist entschieden zurückzuweisen; das ist nicht akzeptabel!

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir müssen aus dieser Situation lernen. Wir tun – ich halte es da mit Otto Pendl – der Sache keinen guten Dienst, wenn wir einen Untersuchungsausschuss in einer derartigen Form missbrauchen, weil dann bei wichti­gen Dingen einfach die Glaubwürdigkeit fehlt. Daher würden wir gut daran tun, uns al­len selbst einen Spiegel vorzuhalten und uns mit dieser Thematik seriöser auseinan­derzusetzen. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei den Grünen.)

14.34


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Lapp. – Bitte.

 


14.34.19

Abgeordnete Mag. Christine Lapp (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Minis­terinnen! Hohes Haus! Die tatsächliche Berichtigung des Kollegen Westenthaler von


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vorhin hat ganz klar und eindeutig gezeigt, dass es im Sinne der politischen Hygiene sehr, sehr wichtig wäre, wenn persönlich Betroffene nicht Mitglieder in einem Untersu­chungsausschuss wären. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Herr Kollege Westenthaler, ich habe Ihnen vorgehalten, dass Sie im Februar über die­se Rufdatenerfassung informiert worden sind, Sie aber dann im Juli hier im Hohen Haus Wirbel geschlagen haben. (Abg. Ing. Westenthaler: Das ist der nächste Unsinn!) Dafür sind Sie zurechtzuweisen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

14.34


Präsident Fritz Neugebauer: Nun gelangt Frau Bundesministerin Mag. Bandion-Ort­ner zu Wort. – Bitte, Frau Bundesministerin.

 


14.35.07

Bundesministerin für Justiz Mag. Claudia Bandion-Ortner: Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Danke schön für Ihre interessanten Beiträge heute; diese zwei, drei Stunden waren für mich wirklich sehr spannend.

Mehrmals wurde heute erwähnt, dass es zurzeit sehr viele Skandale in Österreich gibt. – Dazu: Keine Sorge, sehr geehrte Damen und Herren, denn die österreichische Justiz wird sorgfältig prüfen, ob diese Skandale strafrechtliche Relevanz haben.

Folgendes muss aber auch gesagt werden: Nicht für jedes Verhalten, das in der Ge­sellschaft nicht erwünscht ist, sind Staatsanwaltschaft und Gerichte zuständig.

Und eines auch noch: Pro Jahr gibt es 600 000 Anzeigen, die von insgesamt 450 Staatsanwälten und Bezirksanwälten zu bewältigen sind. Ich meine, das ist wirk­lich eine beachtliche Leistung. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeord­neten der SPÖ. – Abg. Kickl: Sehr schwach!)

14.36

14.36.16Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist ge­schlossen.

Ich lade ein zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Pendl, Amon, Kolleginnen und Kollegen betreffend erste Maßnahmen aufgrund der Er­kenntnisse des Untersuchungsausschusses zur Untersuchung von Abhör- und Beein­flussungsmaßnahmen im Bereich des Parlaments.

Wenn Sie für diesen Entschließungsantrag sind, bitte ich Sie um ein Zeichen der Zu­stimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen. (E 53.)

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Stadler, Kolleginnen und Kollegen betreffend Auskunftspersonen im Spitzel- Un­tersuchungsausschuss.

Wenn Sie dem beitreten, bitte ich um ein Zeichen. – Dieser Antrag findet keine Mehr­heit. Er ist somit abgelehnt.

14.37.03Einlauf

 


Präsident Fritz Neugebauer: Ich gebe noch bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 840/A bis 851/A(E) eingebracht wurden.

Ferner sind die Anfragen 3556/J bis 3590/J eingelangt.

*****

Die nächste Sitzung des Nationalrates, die für Mittwoch, 18. November 2009, 9 Uhr, in Aussicht genommen ist, wird auf schriftlichem Wege einberufen werden.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll43. Sitzung / Seite 81

Ich mache darauf aufmerksam, dass im Anschluss an diese Sitzung zahlreiche Aus­schusssitzungen stattfinden; die Tagesordnungen sind den Abgeordneten zugegangen.

Weiters wird die unterbrochene Sitzung des Ausschusses für innere Angelegenheiten im Lokal VIII wieder aufgenommen.

Die Sitzung ist geschlossen.

14.37.46Schluss der Sitzung: 14.37 Uhr

Impressum:

Parlamentsdirektion

1017 Wien