Parlament Österreich

 

 

 

 

Stenographisches Protokoll

 

 

 

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218. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

XXIV. Gesetzgebungsperiode

 

Mittwoch, 18. September 2013

 

 


Stenographisches Protokoll

218. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXIV. Gesetzgebungsperiode    Mittwoch, 18. September 2013

Dauer der Sitzung

                                               Mittwoch, 18. September 2013:    8.04 –    8.06 Uhr

                                                                                                                11.01 – 15.30 Uhr

*****

Inhalt

Personalien

Verhinderungen ................................................................................................................ 6

Geschäftsbehandlung

Antrag der Abgeordneten Herbert Scheibner, Kollegin und Kollegen, dem Ver­fassungsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 2177/A der Abgeord­neten Dr. Josef Cap, Karlheinz Kopf, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), das Bundesge­setz über die Geschäftsordnung des Nationalrates, die Nationalrats-Wahlord­nung 1992, das Bundespräsidentenwahlgesetz 1971, die Europawahlordnung, das Europa-Wählerevidenzgesetz, das Volksabstimmungsgesetz 1972 und das Volksbefragungsgesetz 1989 geändert, das Volksbegehrengesetz 2013 und das Wählerevidenzgesetz 2013 erlassen sowie das Volksbegehrengesetz 1973 und das Wählerevidenzgesetz 1973 aufgehoben werden, gemäß § 43 Abs. 1 der Ge­schäftsordnung eine Frist bis 24. September 2013 zu setzen ................................... 7

Verlangen gemäß § 43 Abs. 3 der Geschäftsordnung auf Durchführung einer kur­zen Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG ............................................................................................................ 7

Redner/Rednerinnen:

Herbert Scheibner .................................................................................................  73, 83

Dr. Josef Cap ................................................................................................................ 76

Mag. Wolfgang Gerstl .................................................................................................. 78

Mag. Harald Stefan ....................................................................................................... 80

Mag. Daniela Musiol ..................................................................................................... 81

Christoph Hagen .......................................................................................................... 84

Ablehnung des Fristsetzungsantrages .......................................................................... 85

Antrag der Abgeordneten Josef Bucher, Kollegin und Kollegen, dem Unter­richtsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 2376/A der Abgeordneten Josef Bucher, Kollegin und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Bundeslehrer-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll218. Sitzung / Seite 2

Lehrverpflichtungsgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Landesver­tragslehrpersonengesetz 1966, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Land- und forstwirtschaftliche Landesvertragslehrperso­nengesetz geändert werden und das Unterrichtspraktikumsgesetz aufgehoben wird (Dienstrechts-Novelle 2013 – Pädagogischer Dienst), gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung eine Frist bis 24. September 2013 zu setzen – Ablehnung     7, 85

Antrag der Abgeordneten Mag. Daniela Musiol, Kolleginnen und Kollegen, dem Verfassungsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 2177/A der Abge­ordneten Dr. Josef Cap, Karlheinz Kopf, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), das Bundesge­setz über die Geschäftsordnung des Nationalrates, die Nationalrats-Wahlord­nung 1992, das Bundespräsidentenwahlgesetz 1971, die Europawahlordnung, das Europa-Wählerevidenzgesetz, das Volksabstimmungsgesetz 1972 und das Volksbefragungsgesetz 1989 geändert, das Volksbegehrengesetz 2013 und das Wählerevidenzgesetz 2013 erlassen sowie das Volksbegehrengesetz 1973 und das Wählerevidenzgesetz 1973 aufgehoben werden, gemäß § 43 Abs. 1 der Ge­schäftsordnung eine Frist bis 24. September 2013 zu setzen – Ablehnung .......  7, 85

Unterbrechung der Sitzung ............................................................................................ 7

Wortmeldung des Abgeordneten Ing. Robert Lugar betreffend die Reihung auf der Rednerliste          ............................................................................................................................... 67

Ausschüsse

Zuweisungen .................................................................................................................... 6

Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Ing. Robert Lugar, Kollegin und Kollegen an die Bundesmi­nisterin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend „Politik raus aus der Schule – Nicht genügend für Rot-Schwarz“ (15955/J)                     7

Begründung: Ing. Robert Lugar .................................................................................... 14

Bundesministerin Dr. Claudia Schmied .................................................................... 20

Debatte:

Stefan Markowitz .......................................................................................................... 28

Elmar Mayer ...........................................................................................................  31, 71

Christine Marek ............................................................................................................ 33

Dr. Walter Rosenkranz ................................................................................................. 36

Dr. Harald Walser ......................................................................................................... 38

Josef Bucher ................................................................................................................. 41

Ing. Robert Lugar ..................................................................................................  43, 67

Mag. Andrea Kuntzl ..................................................................................................... 44

Nikolaus Prinz ............................................................................................................... 46

Bundesministerin Dr. Claudia Schmied .................................................................... 47

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein ......................................................................... 47

Mag. Daniela Musiol ..................................................................................................... 49

Ursula Haubner ............................................................................................................ 51

Martina Schenk ............................................................................................................. 53

Mag. Elisabeth Grossmann ........................................................................................ 55

Wolfgang Großruck ..................................................................................................... 57

Mag. Gernot Darmann ................................................................................................. 58

Karl Öllinger .................................................................................................................. 60

Gerald Grosz ................................................................................................................. 62


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll218. Sitzung / Seite 3

Christoph Hagen .......................................................................................................... 64

Ewald Sacher ................................................................................................................ 66

Fritz Neugebauer .......................................................................................................... 68

Dieter Brosz, MSc ........................................................................................................ 71

Entschließungsantrag der Abgeordneten Ing. Robert Lugar, Kollegin und Kollegen betreffend Regierungsvorlage Dienstrechts-Novelle 2013 – Pädagogi­scher Dienst – Ablehnung  55, 73

Eingebracht wurden

Antrag der Abgeordneten

Gerald Grosz, Kollegin und Kollegen betreffend Verwaltungsreform in Österreich, Teil 1: Gemeindeebene (2379/A)(E)

Anfragen der Abgeordneten

Ing. Robert Lugar, Kollegin und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend „Politik raus aus der Schule – Nicht genügend für Rot-Schwarz“ (15955/J)

Dr. Erwin Rasinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend Reform der Gesundheits- und Krankenpflegeberufe (15956/J)

Rudolf Plessl, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend unabhängige Staatsanwaltschaft im Kwizda-Skandal in Korneuburg (15957/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unter­richt, Kunst und Kultur betreffend Kosten des Besuchs der ESA-Weltraummüllkonfe­renz – Folgeanfrage zur Anfrage betreffend Lehrermobbing an der HTL Eisenstadt (13149/J) (15958/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Un­terricht, Kunst und Kultur betreffend Umstand und Kosten infolge eines Segeltörns während des laufenden Schuljahres – Folgeanfrage betreffend Lehrermobbing an der HTL Eisenstadt (13149/J) (15959/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unter­richt, Kunst und Kultur betreffend: „Kontrahierungszwang“ an der Hauptschule Potten­brunn? (15960/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unte­rricht, Kunst und Kultur betreffend offenkundige Falschauskunft bezüglich geführter Freifächer und neue Ungereimtheiten bei weiteren Freifächern – Folgeanfrage zur An­frage betreffend Lehrermobbing an der HTL Eisenstadt (13149/J) (15961/J)

Werner Herbert, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft und Forschung betreffend Beratungstätigkeit durch das Unternehmen „Die Berater“ (15962/J)

Harald Jannach, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit be­treffend die „Salmonellen-Verunreinigungen in Futtermitteln“ (15963/J)

Harald Jannach, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend die „Salmonellen-Verunreini­gungen in Futtermitteln“ (15964/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll218. Sitzung / Seite 4

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Finan­zierung des Werbefilms „Arnold Schwarzenegger und Bundeskanzler Faymann in Wien“ (15965/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unter­richt, Kunst und Kultur betreffend „Neue Mittelschule“ – Inserat des BMUKK in der „Ös­terreich“ am 2. September 2013 (15966/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Un­terricht, Kunst und Kultur betreffend „Neue Mittelschule“ – Inserat des BMUKK in der „Krone“ am 2. September 2013 (15967/J)

Elmar Podgorschek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend Förderungen durch die Oesterreichische Nationalbank (15968/J)

Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Videoüberwachung bei exterritorialen Geländen (15969/J)

Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Videoüberwachung bei exterritorialen Geländen (15970/J)

Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Videoüberwachung am Praterstern (15971/J)

Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres be­treffend Videoüberwachung am Praterstern (15972/J)

Hans-Jörg Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Be­auftragung externer Firmen (15973/J)

Hans-Jörg Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst betreffend Beauftragung externer Firmen (15974/J)

Hans-Jörg Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäi­sche und internationale Angelegenheiten betreffend Beauftragung externer Firmen (15975/J)

Hans-Jörg Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, So­ziales und Konsumentenschutz betreffend Beauftragung externer Firmen (15976/J)

Hans-Jörg Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesund­heit betreffend Beauftragung externer Firmen (15977/J)

Hans-Jörg Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Beauftragung externer Firmen (15978/J)

Hans-Jörg Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz be­treffend Beauftragung externer Firmen (15979/J)

Hans-Jörg Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung und Sport betreffend Beauftragung externer Firmen (15980/J)

Hans-Jörg Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Beauftragung externer Firmen (15981/J)

Hans-Jörg Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unter­richt, Kunst und Kultur betreffend Beauftragung externer Firmen (15982/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll218. Sitzung / Seite 5

Hans-Jörg Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Beauftragung externer Firmen (15983/J)

Hans-Jörg Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend Beauftragung externer Firmen (15984/J)

Hans-Jörg Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissen­schaft und Forschung betreffend Beauftragung externer Firmen (15985/J)


 


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll218. Sitzung / Seite 6

08.04.20Beginn der Sitzung: 8.04 Uhr

Vorsitzende: Zweiter Präsident Fritz Neugebauer, Dritter Präsident Mag. Dr. Martin Graf.

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Präsident Fritz Neugebauer: Guten Morgen, meine Damen und Herren! Ich eröffne die 218. Sitzung des Nationalrates, die aufgrund eines ausreichend unterstützten Ver­langens gemäß § 46 Abs. 6 des Geschäftsordnungsgesetzes einberufen wurde.

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Mag. Prammer, Hörl, Linder, The­messl, Dr. Winter, Zanger, Mag. Jarmer, Dr. Lichtenecker, Mag. Widmann, Ing. Gart­lehner, Ing. Kaipel und Muchitsch.

08.04.58Einlauf und Zuweisungen

 


Präsident Fritz Neugebauer: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

Zuweisungen in dieser Sitzung:

zur Vorberatung:

Finanzausschuss:

Antrag 2377/A(E) der Abgeordneten Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen be­treffend FMA-Prüfung der Rolle der BAWAG P.S.K. beim SWAP-Geschäft mit der Stadt Linz;

Unterrichtsausschuss:

Antrag 2376/A der Abgeordneten Josef Bucher, Kollegin und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Bundeslehrer-Lehrverpflichtungsgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Landesvertragslehrpersonengesetz 1966, das Land- und forstwirtschaftliche Landes­lehrer-Dienstrechtsgesetz, das Land- und forstwirtschaftliche Landesvertragslehrperso­nengesetz geändert werden und das Unterrichtspraktikumsgesetz aufgehoben wird (Dienstrechts-Novelle 2013 – Pädagogischer Dienst);

Verkehrsausschuss:

Antrag 2378/A(E) der Abgeordneten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen betreffend den vorgezogenen Ausbau der Autobahn A 5 im Teilabschnitt der Stadtge­meinde Poysdorf (Poysdorf, Wetzelsdorf und Erdberg).

*****

08.05.00Ankündigung einer Dringlichen Anfrage

 


Präsident Fritz Neugebauer: Der Parlamentsklub Team Stronach hat gemäß § 93 Abs. 2 der Geschäftsordnung das Verlangen gestellt, die am Beginn der Sitzung einge­brachte schriftliche Anfrage 15955/J der Abgeordneten Ing. Lugar, Kollegin und Kolle­gen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend „Politik raus aus der Schule – Nicht genügend für Rot-Schwarz“ dringlich zu behandeln.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll218. Sitzung / Seite 7

08.05.21Fristsetzungsanträge

 


Präsident Fritz Neugebauer: Vor Eingang in die Tagesordnung teile ich mit, dass Herr Abgeordneter Scheibner beantragt hat, dem Verfassungsausschuss zur Bericht­erstattung über den Antrag 2177/A betreffend Demokratiepaket eine Frist bis zum 24. September 2013 zu setzen.

Ferner liegt das von fünf Abgeordneten gestellte Verlangen vor, eine kurze Debatte über diesen Fristsetzungsantrag durchzuführen.

Da für die heutige Sitzung die dringliche Behandlung einer schriftlichen Anfrage ver­langt wurde, wird die kurze Debatte im Anschluss an diese stattfinden.

Weiters teile ich mit, dass Herr Abgeordneter Bucher beantragt hat, dem Unterrichts­ausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 2376/A der Abgeordneten Bucher, Kollegin und Kollegen betreffend Dienstrechts-Novelle 2013 – Pädagogischer Dienst eine Frist bis zum 24. September 2013 zu setzen.

Der gegenständliche Antrag wird gemäß der Geschäftsordnung nach Beendigung der Verhandlungen in dieser Sitzung zur Abstimmung gebracht werden.

Weiters teile ich mit, dass Frau Abgeordnete Mag. Musiol beantragt hat, dem Verfas­sungsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 2177/A betreffend Demokratie­paket eine Frist bis zum 24. September 2013 zu setzen. (Rufe bei der SPÖ: Die ist nicht da! Wo ist sie denn?)

Der gegenständliche Antrag wird gemäß der Geschäftsordnung nach Beendigung der Verhandlungen in dieser Sitzung zur Abstimmung gebracht werden.

*****

Der Aufruf der Dringlichen Anfrage wird um 11 Uhr erfolgen.

Die Sitzung wird auf ORF 2 von 11 Uhr bis 13 Uhr und auf ORF III in voller Länge live übertragen.

Ich unterbreche die Sitzung bis 11 Uhr.

*****

(Die Sitzung wird um 8.06 Uhr unterbrochen und um 11.01 Uhr wieder aufge­nommen.)

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Meine sehr geehrten Damen und Herren Kolleginnen und Kollegen! Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf.

11.01.38Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Ing. Robert Lugar, Kollegin und Kollegen an die Bundesminis­terin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend „Politik raus aus der Schule – Nicht genügend für Rot-Schwarz“ (15955/J)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir gelangen nun zur dringlichen Behandlung der schrift­lichen Anfrage 15955/J. Da diese inzwischen allen Abgeordneten zugegangen ist, erüb­rigt sich eine Verlesung durch die Schriftführerin.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll218. Sitzung / Seite 8

Die Dringliche Anfrage hat folgenden Wortlaut:

1. Rote Bildungspolitik: „Ja, das Schreiben und das Lesen, ist nie mein Fach ge­wesen..."

Österreichweit 20 Prozent Analphabeten – die Produktion steigt! 

In den letzten vier Jahrzehnten wurden von hauptsächlich SPÖ-dominierten Bundesre­gierungen und mit sieben roten (von insgesamt neun) Unterrichtsminister/innen Leis­tungsfeindlichkeit und Nivellierung auf den kleinsten gemeinsamen Nenner zum bil­dungspolitischen Credo erhoben. Im „Marsch durch ihre Institutionen“ hat die Post-68er Generation der SPÖ ein bildungs- und elitenfeindliches Klima geschaffen, das vorgeb­lich die Bildung der Massen will, aber tatsächlich jenes bildungspolitische Desaster he­raufbeschworen hat, das vor allem den jungen Österreicher/innen von heute eine schwere Hypothek aufbürdet.

Der bildungspolitische Faktencheck ist ernüchternd

Parameter für den darstellbaren Erfolg der Bildungspolitik sind leider wie so oft nicht die messbare Effizienz und der tatsächliche Output, sondern der Input der finanziellen Mittel. Der Nationale Bildungsbericht 2012 vermerkt dazu folgendes:

„Die staatliche Finanzierung des Bildungswesens machte 2010 5,7% des BIP und 10,8% der Staatsausgaben aus. Im Vergleich der EU-27 ist der Anteil des BIP, der in Österreich für Bildung ausgegeben wird, überdurchschnittlich.“

„Die öffentlichen Bildungsausgaben pro Kopf über alle Bildungsbereiche hinweg (aus­genommen Elementarbereich) lagen inflationsbereinigt im Jahr 2009 etwa 10% höher als 2000. Im Vergleich mit ausgewählten europäischen Ländern gehören in Österreich die gesamten für öffentliche und private Bildungseinrichtungen aufgewendeten Bil­dungsausgaben pro Kopf zu den höchsten, da mit den vergleichsweise hohen Bil­dungsausgaben vergleichsweise weniger Schüler/innen ausgebildet werden.“

2. Rote Bildungspolitik – teuer und ineffizient

Gemäß den Bildungsexperten des BIFIE haben wir also das teuerste Bildungssystem Europas.

Und wie sieht es dazu im EU/OECD Vergleich mit dem tatsächlichen Kompetenzer­werb etwa der österreichischen Volksschüler/innen aus?

Von den 29 EU-/OECD-Teilnehmerländern der Volksschulstudie PIRLS schneiden 15 Länder im Lesen signifikant besser ab als Österreich und nur sechs Länder zeigen signifikant schlechtere Leistungen.

20 Prozent der Volksschüler/innen in Österreich besitzen im Lesen bestenfalls Basis­kompetenzen. In Finnland und den Niederlanden ist der Anteil halb so groß.

Der Anteil Leistungsstarker im Lesen ist in Finnland, Großbritannien sowie den Ver­einigten Staaten ist dreimal größer als in Österreich.

Österreichs Volksschüler/innen liegen in Mathematik im EU-/OECD-Vergleich im unte­ren Mittelfeld.

In den Naturwissenschaften zeigen sich im internationalen Vergleich relativ gute Leis­tungen.

Angesichts der eingesetzten Mittel eine mehr als magere Ausbeute. Ganz katastrophal ist es jedoch um die Bildungskompetenz der 15-/16-jährigen Schüler/innen bestellt:

In Österreich sind die Leseleistungen der 15-/16-Jährigen – ausgehend vom Mittelmaß bei den vorhergehenden Erhebungen – bei PISA 2009 deutlich gesunken (minus 22 Punkte) und liegen unter dem OECD-Schnitt.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll218. Sitzung / Seite 9

Ebenso sind die Leistungen in Mathematik und den Naturwissenschaften gesunken.

Österreich und die Tschechische Republik sind die einzigen der 31 teilnehmenden
EU-/OECD-Länder, in denen eine Leistungsabnahme in allen drei Kompetenzberei­chen zu verzeichnen ist.

In Österreich zählt jede/jeder dritte Schüler/in in mindestens einer Grundkompetenz zur leistungsschwachen Risikogruppe.

Artikelbild 

Die Verantwortlichen „Geschäftsführer“ der SP/VP-Koalition hätten längst Konkurs an­melden müssen. Was hier betrieben wird, kann durchaus als „Konkursverschleppung“ bezeichnet werden und wäre die von SPÖ und ÖVP geführte Republik Österreich den Regeln eines ordentlichen Kaufmannes unterworfen, wäre längst Anklage wegen Kon­kursverschleppung und Gläubigerschädigung erhoben. Denn mit dieser fahrlässigen bildungspolitischen Krida wird das Eigenkapital des Landes, eine gutausgebildete Ju­gend, verschwendet und zur Zukunftslosigkeit degradiert.

3. Bildungspolitik in Österreich – Parteibuch als wichtigstes Unterrichtsmaterial

SPÖ-Ministerin Heinisch-Hosek und die schwarze Lehrergewerkschaft ergehen sich in Scharmützel um ein neues Lehrerdienstrecht, das von den entfesselten Lehrervertre­tern/innen abgelehnt wird. Das Ergebnis: Stillstand!

Die tatsächliche Notwendigkeit, um das österreichische Schulsystem erfolgreich zu re­formieren, nämlich die Befreiung der Schulen von den politischen Parteien, wird in der Diskussion um das Lehrerdienstrecht von SPÖ und ÖVP nicht einmal erwähnt.

Das österreichische Schulsystem ist auf den Machterhalt der Parteien ausgerichtet. Denn wer die Bildung der Menschen bestimmt, bestimmt ihre Zukunft. SPÖ und ÖVP haben sich in der Zweiten Republik ein Macherhaltungssystem eingerichtet, in dem das parteipolitisch verwaltete Schulsystem eine zentrale Rolle spielt. Das von SPÖ und


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll218. Sitzung / Seite 10

ÖVP dafür geschaffene System der Doppel- und Mehrgleisigkeiten wird nun seit gerau­mer Zeit vom Rechnungshof penibel aufgelistet und seiner Ineffizienz überführt.

Die Probleme liegen vor allem

in der verfassungsrechtlich komplexen Kompetenzlage,

in der dadurch bedingten Zuständigkeitsverteilung auf Bundes– und Landesbehörden und den Doppelgleisigkeiten in der Verwaltung, insbesondere im Bereich der Landes­lehrer,

in den – dies ebenfalls Ausfluss der Kompetenzzersplitterung – dienst- und besol­dungsrechtlichen Unterschieden zwischen Bundes- und Landeslehrern und ihrer unter­schiedlichen Ausbildung,

in den Mängeln bei Leitungs- und Steuerungsverantwortung sowie beim Controlling,

im Bereich der zersplitterten Kompetenzen der Schulaufsicht (insbesondere bei den land- und forstwirtschaftlichen Schulen)

und den divergierenden Interessen im Bereich der Schulerhaltung (diese sind wiede­rum auf die unterschiedlichen Zuständigkeiten zurückzuführen).

Darüber hinaus stellt die verfassungsrechtliche Festschreibung der politischen Beset­zung der Schulverwaltungsbehörden ein besonderes Problem dar. Dem Landesschul­rat als Schulbehörde des Landes sitzt der Landeshauptmann als Präsident vor. In allen Bundesländern wird er durch einen amtsführenden Präsidenten unterstützt. Die poli­tische Besetzung ergibt sich damit schon aus dem B-VG.

Landeshauptmann = Landesschulratspräsident = politische Besetzung

Neun geschäftsführende Präsidenten = alle politisch besetzt

die Parteien bestimmen die Mitglieder des Kollegiums des Landesschulrats

Diesem Gremium gehören neben dem Präsidenten stimmberechtigte Mitglieder an, die von den im Landtag vertretenen Parteien im Verhältnis ihrer Stimmenstärke vorge­schlagen werden.

Darunter müssen sich gemäß Bundes-Schulaufsichtsgesetz Eltern von schulbesuchen­den Kindern sowie Lehrer befinden. Bundesweit bestehen neun Landesschulratskol­legien mit insgesamt ca. 300 Kollegiumsmitgliedern, von denen die Stimmberechtigten rein parteipolitisch nach dem Stärkeverhältnis der im Landtag vertretenen Parteien be­stellt werden. Viele auf den Parteitickets als Elternvertreter entsandte Personen sind oft „zufällig“ vom Beruf Lehrer. Dazu kommen die Bezirksschulräte (gemäß den politi­schen Bezirken), die nach den selben gesetzlichen Vorgaben parteipolitisch bestellt werden, nämlich nach dem Stärkeverhältnis der für die im Landtag vertretenen Par­teien bei der letzten Landtagswahl im Bezirk abgegebenen Stimmen.

Am Beispiel Niederösterreich lässt sich dieser politische Proporz besonders schön dar­stellen:

Präsident LH Erwin Pröll (ÖVP)

Das Kollegium des LSR:

Mit Stimmrecht: Mitglieder aufgrund der Mandatsstärke der im Landtag vertretenen Parteien

Ohne Stimmrecht: Der Rest (darunter auch die Landesschulsprecher)

D.h. stimmberechtigt sind im Kollegium des LSR nur die politisch bestellten Mitglieder!

Amtsführender Präsident: Hermann Helm (ÖVP, Generalsekretär im Büro von Unter­richtsministerin Geher)

Vizepräsidentin: Beate Raabe-Schasching (SPÖ; ehemals Abg. z. NR)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll218. Sitzung / Seite 11

4. ÖVP-Reformprophetie – wer´s glaubt, wird selig

Wie es um die Glaubwürdigkeit der ÖVP bestellt ist, zeigt sich an folgendem Schau­spiel: Der Salzburger LH Wilfried Hauslauer ließ im vergangenen Juni aufhorchen und machte hinsichtlich des Landesschulrates einen bis dahin für nicht möglich gehaltenen Vorschlag:

Jetzt sollen die Weichen neu gestellt werden, sagt der kommende ÖVP-Landeshaupt­mann Wilfried Haslauer: „Es wird einen amtsführenden Präsidenten oder eine Prä­sidentin geben müssen, der den Auftrag hat, sich in dieser Funktion selbst abzuschaf­fen.“ (Salzburg ORF.at vom 16.06.2013)

Zwei Monate nach der Wahl ist dann alles vergessen. Für die ÖVP zieht ein ehemalige Lehrergewerkschafter und Schuldirektor als amtsführender Präsident in den Landes­schulrat ein . Mit dem Verweis auf die Bundesverfassung, dass eine Abschaffung des Landesschulrates nicht möglich sei, lassen sich die „schwarzen Revolutionäre“ abspei­sen und starten keine weiteren Versuche, die vom Rechnungshof vorgeschlagene Lan­desbildungsdirektion einzurichten.

5. SPÖ/ÖVP – Empfehlung an die Junglehrer/innen: Geht’s doch Stempeln!

Die Landesschulräte schicken ihre Lehrer/innen in den schulfreien Monaten Juli und August zum AMS, um Kosten zu sparen. Damit steigt in den Sommermonaten die Leh­rerarbeitslosigkeit regelmäßig an. Ende August 2013 waren 2.900 Lehrer/innen arbeits­los gemeldet, bereits um 500 mehr als im Vorjahr.

Unter den arbeitslosen Lehrern befinden sich laut AMS auch Pflichtschul-Junglehrer mit befristeten Dienstverträgen. Diese Verträge laufen von Februar bis Ende Juni, nicht aber über die Sommerferien. Die Betroffenen müssen sich für zwei Monate arbeitslos melden, erhalten angeblich eine Wiedereinstellungszusage für September. Sie werden in dieser Zeit vom AMS nicht vermittelt.

Der Wiener Stadtschulrat hat über die Sommermonate 137 Lehrer/innen zum AMS ausgelagert, um seine Planstellenstatistik zu schönen. Vor allem, wenn der Bundes­stellenplan überschritten wird, erweist sich dies als ein probates Optimierungswerk­zeug für die Schulbehörden. Auch so kann Personalpolitik betrieben werden. Leidtra­gende dieser prekären Dienstverhältnisse sind einmal mehr die Junglehrer/innen.

Wenn die Landesschulräte in Zeiten des offen ausgewiesenen Mangels an Leh­rer/innen es nicht schaffen bzw. als selbstverständlich erachten, ordentliche Dienstver­hältnisse einzugehen, worauf sollen junge Lehrer/innen dann noch hoffen?

Aus diesem Grund stellen die unterfertigten Abgeordneten an die Frau Bundesminis­terin für Unterricht, Kunst und Kultur nachstehende

Dringliche Anfrage:

1) Stellen die im Nationalen Bildungsberichts 2012 abgebildeten Ergebnisse des nega­tiven Bildungstandes der österreichischen Schüler/innen für Sie ein Abbild der realen österreichischen Situation dar?

a. Welche Ursachen sind aus Ihrer Sicht dafür verantwortlich zu machen?

b. Wo setzen Sie den Zeitpunkt für den Beginn der „Entgleisung“ der Bildungskompe­tenz der österreichischen Schüler/innen an?

2) Halten Sie die Ihrem Ressorts bis dato gesetzten Maßnahmen für ausreichend, um den negativen Trend in der Bildungsentwicklung zu stoppen?

a. Wenn ja, wie erklären Sie dann das seit Ihrem Amtsantritt anhaltend schlechte Ab­schneiden der österreichischen Schüler/innen bei diversen internationalen Tests?


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll218. Sitzung / Seite 12

b. Wenn nein, warum war Ihr Ressort bisher nicht in der Lage, eine Trendumkehr der negativen Bildungsentwicklung herbeizuführen?

3) Sehen Sie den hohen Anteil an österreichischen Schüler/innen mit Migrationshinter­grund und ohne ausreichende Deutschkenntnisse als eine Ursache für den negativen Trend im Bildungserwerb an?

a. Wenn ja, warum haben die von Ihrem Ressort eingesetzten Maßnahmen bis dato keine signifikanten Verbesserungen gebracht?

b. Wenn nein, wie begründen Sie Ihre Ansicht?

4) Sehen Sie in dem Umstand, dass vom AMS zur Verbesserung der Vermittlungs­chancen vorgelagerte Deutschkurse bzw. spezielle Beratungsangebote auch für Mi­grant/innen der zweiten und dritten Generation angeboten werden müssen, also für jene, die bereits in Österreich eine komplette Schullaufbahn durchlaufen haben sollten, ein Versagen des österreichischen Schulsystems?

a. Wenn nein, welche Fakten bringen Sie zu dieser Ansicht?

b. Wenn ja, welche Maßnahmen haben Sie bisher gesetzt und aus welchen Gründen konnte dieses Versagen bisher nicht verhindert werden?

5) Stimmen Sie der Aussage zu, dass das österreichische Bildungssystem weiterhin zu den finanzintensivsten innerhalb der EU/OECD Länder gehören soll?

a. Wenn ja, wie rechtfertigen Sie die negative Kosten-/Nutzenrelation des derzeitigen Systems?

b. Wenn nein, welche Maßnahmen wollen Sie setzen, um gleichzeitig Kosten zu redu­zieren und Qualität zu steigern?

6) Wie hoch sind die durchschnittlichen jährlichen Kosten für die Teilnahme Öster­reichs an OECD-Studien im Bildungsbereich seit Ihrem Amtsantritt?

7) An welchen Studien der OECD hat Österreich im Bildungsbereich seit Ihrem Amts­antritt teilgenommen?

8) Welche konkreten Erkenntnisse aus diesen Studien halten Sie für das österreichi­sche Bildungswesen für besonders wertvoll und hilfreich?

9) Wie Medienberichten zu entnehmen ist, habe das BIFIE im Laufe des Jahres 2012 wissenschaftliche Daten zum Bedarf an Unterstützungskräften an den Schulen erho­ben. In einem anonymen Brief von Mitarbeitern des BIFIE wird behauptet, Sie würden die Resultate dieser Studie der Öffentlichkeit vorenthalten?

a. Liegt Ihnen oder Ihrem Ressort dieser anonyme Brief vor?

b. Seit wann sind Ihnen die Ergebnisse der erwähnten Untersuchung bekannt?

c. Welche konkreten Schlüsse sind aufgrund der gewonnen Erkenntnisse aus Ihrer Sicht für das österreichische Schulsystem zu ziehen?

d. Haben die Erkenntnisse aus der genannten Untersuchung aus Ihrer Sicht Einfluss auf die Verhandlungen zur geplanten Novelle zum Lehrerdienstrecht?

10) Entspricht es den Tatsachen, dass Sie eine neuerliche Teilnahme an der OECD-Studie „Talis“ untersagt haben?

a. Wenn ja, was waren die konkreten Gründe dafür?

b. Wenn nein, wie beurteilen Sie die wiederholte Aussage der beiden ehemaligen BIFIE-Direktoren Günter Haider und Josef Lucyshyn, dass die Teilnahme an der Talis-Studie von Ihnen aus politischen Gründen untersagt worden sei?


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll218. Sitzung / Seite 13

11) Der ehemalige Geschäftsführer des BIFIE und nach wie vor Mitglied der NMS-Steuergruppe, Günter Haider, erklärte im vergangenen Juni , dass die Neue Mittel­schule bisher nichts gebracht hätte. Konkret fordert er den Stopp des Ausbaues und eine seriöse Evaluierung über die Weiterführung des Projekts. Halten Sie diese Aussa­gen für gerechtfertigt?

a. Wenn ja, was werden Sie dazu konkret veranlassen bzw. was haben sie bereits ver­anlasst?

b. Wenn nein, wie beurteilen Sie die Aussagen von Günter Haider, die NMS habe kei­ne Verbesserung der Leistungen gebracht, sie sei kein Schritt zu einer gemeinsamen Schule der 10- bis 14j-Jährigen und kein attraktiver Schultyp?

12) In einer Anfragebeantwortung aus 2011 kündigen Sie für den PISA-Test 2012 die Möglichkeit zur regionalen Datenauswertung an. Nachdem die Ergebnisse dieser Er­hebung nun vorliegen: Werden Sie die Datenauswertung nach Bundesländern der Öf­fentlichkeit Zugängig machen?

a. Wenn nein, warum nicht?

b. Wenn ja, wo sind die Daten abrufbar?

13) Wie hoch sind die BIFIE-Mittel für die Jahre 2013, 2014 und 2015 veranschlagt?

14) Stimmen Sie der Aussage zu, dass die Befreiung der österreichischen Schulver­waltung von der Parteipolitik unbedingt notwendig ist?

a. Wenn nein, aus welchen Gründen nicht?

b. Wenn ja, wie wollen Sie diese Befreiung bewerkstelligen?

15) Halten Sie den Umstand der verfassungsrechtlichen Festschreibung des politi­schen Proporzes in der Besetzung der Schulbehörden für noch gerechtfertigt und zeit­gemäß?

a. Wenn ja, wie begründen Sie dies?

b. Wenn nein, welche Schritte werden Sie unternehmen, um diesen Proporz aufzu­lösen?

16) Halten Sie die Einrichtung der Landesschul- und Bezirksschulräte für das Funktio­nieren eines modernen Bildungssystems für unabdingbar?

a. Wenn ja, warum?

b. Wenn nein, welche Vorgehensweise bzw. Strukturen schlagen Sie vor, um das Sys­tem der Landes- und Bezirksschulräte zu beseitigen?

17) Welche Reformvorschläge des Rechnungshofes bezüglich der Schulverwaltung halten Sie für kurzfristig umsetzbar und welche würden Sie längerfristig ansetzen?

a. Können Sie den dafür von Ihrem Ressort vorgesehenen Zeitplan skizzieren?

b. Welche Institutionen würden Sie in die Umsetzung der Reformvorschläge miteinbe­ziehen?

c. Haben Sie diesbezüglich Gespräche mit Vertretern des Rechnungshofs geführt?

18) Wie beurteilen Sie die Aussage von Landeshauptmann Haslauer, die Landesschul­räte abschaffen zu wollen?

19) Halten Sie die Vorgehensweise der Landesschulräte, Junglehrer/innen in den Som­mermonaten arbeitslos zu melden, für richtig?

a. Wenn ja, aus welchen Gründen?

b. Wenn nein, welche Maßnahmen werden Sie setzen, um diesen Umstand zu be­enden?


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll218. Sitzung / Seite 14

20) Was ist für Sie die condicio sine qua non in der Lehrer-Dienstrechtsnovelle 2013?

21) Welche Punkte im vorliegenden Entwurf sind für Sie noch verhandelbar?

22) Wie stehen Sie zu der Aussage der Gewerkschaft öffentlicher Dienst (GÖD), dass es im Entwurf zum neuen Dienstrecht kein echtes Optionsrecht gebe?

23) Können Sie die Aussage der GÖD nachvollziehen, dass mit dem Entwurf zum neu­en Dienstrecht ein Sparpaket auf Kosten der Lehrer/innen in der Höhe von 500 Mil­lionen Euro geschnürt werde?

24) Wie erklären Sie sich die signifikanten Unterschiede beim Einkommensvergleich der neuen Einkommenskurve zwischen den Berechnungen Ihres Ressorts und den Be­rechnungen der GÖD?

25) Wie erklären Sie sich die Aussage der GÖD, dass für die Lehrer/innen mit dem Entwurf zum neuen Dienstrecht im Berufsleben Einkommensverluste von insgesamt weit über 500.000 Euro möglich werden?

26) Der GÖD-Gewerkschafter Paul Kimberger fordert zum Zweck einer stärkeren Entlastung der Lehrer/innen 13.000 zusätzliche Unterstützungsposten. Halten Sie die­se Forderung für gerechtfertigt?

a. Wenn ja, wie werden Sie das dafür notwendige Finanzierungsvolumen bereitstellen?

b. Wenn nein, welche Fakten legen Sie Ihrer Ablehnung zugrunde?

27) Werden Sie sich dafür einsetzen, dass der Entwurf zur Dienstrechtsnovelle 2013 (pädagogischer Dienst) noch vor den Nationalratswahlen an das Parlament zur Ver­handlung und Beschlussfassung weitergeleitet wird?

Wenn nein, warum nicht?

In formeller Hinsicht wird verlangt, diese Anfrage im Sinne des § 93 Abs 2 GOG-NR zum frühest möglichen Zeitpunkt zu behandeln und dem Erstanfragesteller Gelegen­heit zur mündlichen Begründung zu geben.

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Ich erteile Herrn Abgeordnetem Klubobmann Ing. Lugar als erstem Fragesteller zur Begründung der Anfrage, die gemäß § 93 Abs. 5 der Ge­schäftsordnung 20 Minuten nicht überschreiten darf, das Wort. – Bitte, Herr Kollege.

 


11.02.14

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Herr Präsident! Frau Minister! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Fernsehzuschauer! Also ich weiß ja nicht, wie es Ihnen geht (Ruf bei der SPÖ: Besser als Ihnen!), aber ich bin immer noch fassungslos. Ich bin immer noch fassungslos. (Abg. Neubauer: ... Spindelegger!  entfesselt!) Man hört ja aus den USA immer wieder solche Dinge, dass Menschen kaltblütig ermordet werden – erst vor Kurzem gab es wieder so einen Fall, wo einer um sich geschossen hat –, aber für österreichische Verhältnisse ist es doch etwas Neues – und ich bin im­mer noch fassungslos.

Gerade wenn solche Verbrechen passieren, wo sich niemand erklären kann, warum und wieso, bleiben viele Fragen offen. Und diese Fragen sollten wir uns auch stellen. Eine Frage ist zum Beispiel: Wie kann es sein, dass jemand einen Polizisten durch eine schusssichere Weste erschießen kann und diese Weste anscheinend gar nicht den Schutz bietet, den sie bieten sollte? Da ist die Frage, ob wir nicht unsere Exekutive mit Westen ausstatten sollten, die diesen Namen auch verdienen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll218. Sitzung / Seite 15

Die zweite Frage, die sich für mich stellt, ist: Wie kann es sein, dass jemand  (Unru­he im Saal.) – Ich meine, ich kann verstehen, dass Sie das heute hier nicht allzu sehr interessiert, aber ich würde Sie wirklich bitten, ein bisschen zuzuhören, weil ich glaube, das haben sich alle verdient, dass wir, bevor wir jetzt auf die Dringliche Anfrage einge­hen, auch ganz kurz darüber sprechen, was da passiert ist.

Wenn man sich den Tathergang ansieht, dann sieht man, dass da ein Mann einen Poli­zisten vorsätzlich erschießt, dann 50 Minuten im Gebüsch ausharrt und wartet, bis der Sanitäter herbeieilt – ein 70-jähriger Sanitäter, der diesen Beruf aus Leidenschaft aus­übt, der nichts anderes will, als diesem Polizisten zu Hilfe zu eilen. Dieser Mann wartet 50 Minuten im Gebüsch, und bevor dieser Sanitäter noch aus dem Auto aussteigen kann, tötet er ihn mit einem gezielten Schuss in den Kopf.

Die Frage, die ich hier stelle, ist: Wie ist das möglich? Wie ist es möglich, dass unsere Gesellschaft solche Kreaturen hervorbringt? Wie ist es möglich, dass unsere Gesell­schaft Menschen hervorbringt, die überhaupt keinen Respekt vor dem Leben haben, die kaltblütig andere Menschen umbringen und sogar 50 Minuten auf einen Sanitäter, der nur zu Hilfe eilt, warten, um auch ihn töten zu können? – Das sind die zentralen Fragen. Und da stellt sich die Frage: Was haben wir falsch gemacht? (Unruhe im Saal. – Rufe: Bildung! Bildung! – Präsident Neugebauer gibt das Glockenzeichen.)

Die Frage ist: Was haben wir falsch gemacht? Wir können diese Frage heute hier nicht klären, aber ich glaube, dass wir heute hier etwas besprechen sollten, nämlich einen Ort, wo wir den Grundstein legen für Verantwortungsbewusstsein, für Mitmenschlich­keit, für all diese Dinge, und dieser Ort heißt Schule. Deshalb sind wir heute bei diesem Thema angekommen, um auch darüber zu sprechen: Was kann die Schule leisten, um zu verhindern, dass es auf dieser Welt Menschen gibt, die keinen Respekt vor dem Le­ben haben und andere auf so grausame Weise umbringen?

Bei allem Mitgefühl für die Opfer und natürlich auch für die Familien und die Kinder – es sind ja immerhin sieben Kinder, die zu Halbwaisen geworden sind – müssen wir uns überlegen, was wir besser machen können und wie wir das in Zukunft verhindern kön­nen. Deshalb sind wir jetzt beim Thema Bildung; ich habe das bewusst hier überge­leitet, weil ich es für sehr wichtig halte.

Ich glaube, dass wir den Grundstein in der Schule legen können, den Grundstein dafür, ob ein Mensch ein wertvolles Mitglied der Gesellschaft ist oder eben nicht. (Beifall beim Team Stronach.) Wenn man sich Länder wie Frankreich ansieht und sieht, was dort alles falsch läuft, oder andere Länder, in denen es besser läuft, dann sieht man, dass man als Gesellschaft sehr viel beeinflussen kann. Man wird nicht komplett ausschlie­ßen können, dass es Wahnsinnige gibt, die solche Taten begehen, aber wir können den Grundstein legen.

Und da sind wir jetzt beim Thema, und da ist die Frage: Tun wir alles, um einen guten Grundstein zu legen? Es geht nicht nur darum, den Kindern Mitmenschlichkeit, Verant­wortungsbewusstsein, Hilfsbereitschaft, Respekt vor dem Leben beizubringen, sondern es geht auch darum, den Kindern eine ordentliche Bildung zu geben, um ihnen auch die Möglichkeit zu geben, sich in der Gesellschaft entsprechend zu integrieren und in der Gesellschaft eine wertvolle Rolle zu spielen. Ich glaube, dass das ganz, ganz wich­tig ist.

Heute sprechen wir über das Lehrerdienstrecht, und ich komme jetzt zu diesem The­ma, weil das ja auf der Tagesordnung steht; ich wollte eben nur aufgrund dieses Schocks, der bei mir noch so tief sitzt, hier ein bisschen einleiten und auch die Frage stellen, was wir besser machen können. Im Schulbereich gibt es vieles, das wir besser machen können, wir tun es aber nicht. Und da frage ich mich, warum. Warum tun wir nichts?


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll218. Sitzung / Seite 16

Wir haben ja das Problem, dass wir seit 26 Jahren wissen, dass im Schulbereich eini­ges im Argen liegt – seit 26 Jahren! Damals hat eine SPÖ-Ministerin gesagt, dass et­was geschehen muss und dass vor allem – und das ist ganz wichtig – der politische Einfluss aus der Schule raus muss. Ich glaube auch, dass das das Hauptproblem ist. Ich kann es mir sonst nicht erklären. Oder kann mir jemand hier erklären, wie es mög­lich ist, dass wir jedes Jahr noch schlechter abschneiden, was die Bildungsziele betrifft, dass wir jedes Jahr 16 000 Pflichtschulabgänger produzieren – und die Produktion steigt immer weiter an –, die nicht ordentlich lesen und schreiben können und dadurch ein Riesenproblem auf dem Arbeitsmarkt haben. Und wir finden die Probleme dann letztlich in der Mitte der Gesellschaft wieder.

Allein in den letzten fünf Jahren, Frau Minister, und das muss ich Ihnen vorwerfen, ha­ben wir 80 000 Menschen produziert, die praktisch auf dem Arbeitsmarkt nicht verwert­bar sind. (Zwischenruf der Abg. Ursula Haubner.) Das heißt, wir haben 80 000 Men­schen produziert, die keine Chance haben, einen Arbeitsplatz zu finden, weil Sie es in neun Jahren nicht schaffen, ihnen eine ordentliche Bildung beizubringen. (Ruf bei der ÖVP: Was ist das für eine Diktion?)

Wenn man auf andere Länder schaut und sieht, dass es dort funktioniert, dann muss man sich die Frage stellen, warum es bei uns nicht funktioniert. Vielleicht haben wir zu wenig Geld? Das könnte ja sein. Vielleicht geben wir zu wenig Geld aus? Schauen wir einmal in Ihren Bildungsbericht von 2012. Da steht drinnen, wir geben von allen das meiste Geld aus. (Zwischenruf des Abg. Wöginger.) Sie sind sogar noch begeistert ob dieser Tatsache. Sie sagen, wir geben eh so viel Geld aus. – Ja, das stimmt, wir geben viel Geld aus, aber das Geld kommt nicht dorthin, wo wir es brauchen.

Es kommt nur jeder zweite Euro in der Klasse an. Das meiste geht für Verwaltung drauf und für all die Dinge, die Sie am Leben erhalten, die wir aber nicht mehr brau­chen. Wir brauchen diesen politischen Proporzstadel nicht mehr. (Beifall beim Team Stronach.) Wir brauchen auch nicht eine Schule, die von der Politik geleitet wird. Was wir brauchen, sind Bildungsziele – das ist keine Frage –, und da müssen auch wieder Werte vermittelt werden. Das heißt, wir müssen den Schulen sehr wohl sagen, was wir wollen, was vermittelt wird.

Ich habe vorhin schon von den Werten, die uns abhandengekommen sind, gespro­chen. Das ist alles wichtig, da muss die Politik selbstverständlich mitreden. Aber in der Schule hat die Politik nichts verloren. In der Schule hat die Politik einfach nichts verlo­ren, und das müssen Sie begreifen, Frau Minister. (Abg. Ursula Haubner: Parteipolitik! Parteipolitik!)

Die Politik muss raus aus der Schule! Wir brauchen kein System, in dem die Politik die Direktoren bestimmt. Wofür? (Beifall beim Team Stronach. – Abg. Öllinger: Bitte nicht immer das Gleiche! – Ruf: Politische Bildung !) Kann mir irgendjemand erklären, wa­rum Landeshauptmann Pröll in Niederösterreich Einfluss auf die Direktoren in Nieder­österreich nehmen muss? (Zwischenruf bei der ÖVP.) Warum? Wo ist da der Hinter­grund? Wem nützt das?

Oder warum müssen die politischen Parteien im Landesschulrat nach Proporz vertre­ten sein? Warum muss das so sein? Warum müssen alle Parteien im Landesschulrat entsprechend ihrem Wahlergebnis vertreten sein? – Um dort ihre eigenen Lehrer ein­zusetzen und ihre Direktoren durchzudrücken? (Zwischenruf beim BZÖ.) Und wenn man es genau betrachtet: Was soll das bringen? Was bringt es, wenn eine Schule nicht das tut, was sie soll, nämlich gebildete Menschen hervorbringen, und auf der an­deren Seite die Politik ihre Günstlinge dort versorgt und das System damit noch schlechter wird? Ich habe schon einmal hier angeregt, dass wir endlich einmal darüber sprechen, ob denn die Politik sich überhaupt in der Schule einmischen muss. Muss das überhaupt sein? (Zwischenruf des Abg. Öllinger.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll218. Sitzung / Seite 17

Reden wir einmal darüber! Reden wir einmal darüber: Erstens, was macht die Politik überhaupt in der Schule, und zweitens, wie können wir die Politik aus der Schule ver­bannen? Und das Dritte, worüber wir reden sollten, ist: Warum machen wir nicht den Direktor zum Manager? (Rufe: Frank! Frank!) Der Direktor ist der Manager der Schule, stellt seine Lehrer selbst an, kann sie auch wieder kündigen, wenn sie nicht das tun, was gefordert ist, und kontrolliert wird nur von außen, und zwar das Erreichen der Bil­dungsziele. Das wäre doch einmal ein guter Ansatz, das macht man in der Wirtschaft übrigens überall. In der Wirtschaft gibt es einen Manager (Abg. Öllinger: Frank!), es gibt Ziele und es gibt einen Output. Das heißt, der Manager ist dafür verantwortlich, dass er gemeinsam mit seinen Mitarbeitern einen Output produziert.

Jetzt stellen Sie sich einmal eine Firma vor, die 25 Prozent der Waren, die sie produ­ziert, als Ausschuss produziert! (Zwischenruf der Abg. Ursula Haubner.) Das heißt, 25 Prozent dessen, was rauskommt, ist nicht zu gebrauchen. (Rufe bei ÖVP und Grü­nen: Hallo! Das ist ja unglaublich!) Stellen Sie sich das einmal vor! Ich weiß schon – schauen Sie, wir müssen die Dinge einfach einmal ansprechen! –, dass Sie das nicht gern hören. Sie haben mit Ihrem politischen Einfluss eine Situation geschaffen, in der wir ein Vermögen ausgeben und nicht das rausbringen, was wir brauchen, nämlich gebildete Menschen, die auf dem Arbeitsmarkt eine Chance haben. (Beifall beim Team Stronach.)

Das ist der Punkt, und das wollen Sie nicht hören, und das wollen Sie anscheinend auch nicht verstehen. Ich weiß, warum: weil Sie natürlich Ihre Politikgünstlinge in die­sen Institutionen versorgen wollen. Das ist doch der Hintergrund. (Zwischenruf der Abg. Binder-Maier.) Es geht Ihnen ja nicht um die Menschen. Ich weiß übrigens, wa­rum die meisten hier ihre Kinder in Privatschulen schicken (He-Rufe bei der SPÖ): weil Sie ja selbst wissen, dass es ein Lotteriespiel ist. Es ist ein Lotteriespiel in Österreich, wenn man seine Kinder in die öffentliche Schule schickt. Hat man Glück, hat man gute Lehrer, und es wird etwas aus dem Kind; hat man Pech, hat man keine guten Lehrer für sein eigenes Kind und kann nichts dagegen tun, absolut nichts. Alle Bildungsexper­ten bestätigen das.

Schauen Sie sich das einmal an! Versuchen Sie, sich einmal in die Klasse zu Ihrem Kind zu setzen, um zu schauen, was dort gemacht wird! – Das wird Ihnen nicht ge­stattet. Das heißt, das System schafft nicht einmal Transparenz. Wir haben eine Situa­tion, in der wir in Österreich – und das sage nicht ich, das sagt die Gewerkschaft, das sagen die Elternvertreter und die Frau Ministerin – sogenannte Problemlehrer haben. Wir haben Lehrer, die offensichtlich nicht geeignet sind, unseren Kindern etwas beizu­bringen. (Abg. Amon: Wir haben Problemabgeordnete!) Diese Problemlehrer können weiter unsere Kinder unterrichten, und da heißt es immer, es sei unmenschlich, wenn man ihnen eine neue Perspektive eröffnet. (Abg. Ing. Schultes:  genehmigt?)

Stellen Sie sich vor, Sie haben eine wichtige Operation und ein Chirurg kann kein Blut sehen! Er fällt während der Operation drei Mal in Ohnmacht. Würden Sie ihn weiter operieren lassen, würden Sie das tun? Er ist offensichtlich ungeeignet für diesen Beruf. Da hätten Sie kein Problem, wenn man ihn nach Hause schickt und sagt: Überleg dir etwas anderes! Das wäre auch gut so. In der Schule nicht! In der Schule haben wir Lehrer, die betrunken in den Unterricht kommen. Wissen Sie, wie viele von diesen Leh­rern jemals gekündigt wurden in den letzten zehn Jahren? – Kein einziger! (Zwischen­ruf bei der SPÖ.)

Jetzt verstehen Sie mich nicht falsch: Die meisten unserer 120 000 Lehrer leisten einen großartigen Job, und das noch dazu, wo die Politik immer reinregiert und ihnen letzt­lich immer auch in den Rücken fällt, gerade was Disziplin in der Klasse und so weiter betrifft. Also verstehen Sie mich nicht falsch, es geht mir nicht darum, die Lehrer in ir­gendeiner Weise schlechtzureden – ganz im Gegenteil, sie leisten Großartiges! (Zwi-


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schenrufe der Abgeordneten Wöginger und Dr. Belakowitsch-Jenewein.) Es gibt al­lerdings einen ganz geringen Anteil an Lehrern, die ungeeignet sind, und darüber müs­sen wir auch einmal reden (Ruf beim BZÖ: Ja, reden wir!) – aber das wollen Sie nicht. (Abg. Weninger:  das beste Beispiel!  völlig ungeeignet!)

Sie wollen nicht darüber reden, und was Sie vor allem nicht wollen, ist Folgendes – et­was, das besonders bedenklich ist –: Wir warten jetzt seit zwölf Jahren auf ein neues Lehrerdienstrecht. Ich weiß, das neue Lehrerdienstrecht macht auch nicht alles besser, ist in vielen Bereichen auch ein bisschen unausgegoren, maximal ein erster Schritt in die richtige Richtung. Aber eines könnte dieses Lehrerdienstrecht leisten – nicht viel, aber eines könnte es leisten –, und zwar könnte es den Beweis erbringen, dass man in diesem Land auch gegen die Gewerkschaft regieren kann. Diesen Beweis könnten wir mit diesem Lehrerdienstrecht erbringen. Und genau um diesen Beweis geht es uns heute. (Beifall beim Team Stronach. – Unruhe im Saal.)

Es geht uns heute darum, Ihnen die Möglichkeit zu geben, den Beweis zu erbringen, dass in dieser Republik auch etwas gegen die Gewerkschaft gemacht werden kann, denn die Gewerkschaft ist in Wirklichkeit die Schattenregierung, die in sehr vielen Be­reichen all das behindert, was wir in diesem Land brauchen. Deshalb haben wir heute diese Sondersitzung gemacht. Wir wollen Ihnen von der Regierung ja helfen. Sie ha­ben, wenn man sich die letzten fünf Jahre ansieht, keine große beziehungsweise gute Bilanz zu legen. Sie haben nichts weitergebracht, es ist ja praktisch nichts geschehen in diesen fünf Jahren.

Jetzt haben Sie uns vor fünf Jahren ein Lehrerdienstrecht versprochen – das ist übri­gens schon länger her, aber reden wir nur über diese Periode (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Ja, Gott sei Dank reden wir nur von der Periode! – Weiterer Ruf bei der FPÖ: Es gibt ja eines!) –, und dann haben Sie und der Herr Bundeskanzler gesagt, das komme noch vor der Wahl. Dann haben SPÖ und ÖVP einen gemeinsamen Entwurf entwickelt und in Begutachtung geschickt. Der Einzige, der das zu begutachten hätte, wäre aus meiner Sicht die Gewerkschaft, und die hat es ja schon abgelehnt, das heißt: Begutachtung beendet. (Zwischenruf des Abg. Dr. Rosenkranz.)

Damit könnten wir hier schauen, ob es stimmt, was Sie sagen, nämlich: Wir beschlie­ßen dieses Lehrerdienstrecht auch gegen die Gewerkschaft, weil es eben ein erster Schritt in die richtige Richtung ist. Die Frage ist jetzt – und wir werden heute den An­trag stellen, dass Sie das noch vor der Wahl machen –, ob diese Regierung noch handlungsfähig ist. Das ist die zentrale Frage: Ist diese Regierung handlungsfähig? Und die zweite Frage ist, ob sie auch gegen die Gewerkschaft handlungsfähig ist, denn das ist ja das Problem, das wir haben. (Zwischenrufe der Abgeordneten Dr. Rosen­kranz und Dr. Belakowitsch-Jenewein.)

Das Problem in diesem Land ist, dass eben nicht die Regierung regiert, sondern die Gewerkschaft, die Bünde, die Kammern, die Landeshäuptlinge (Ruf: Funktionäre!) – sie alle regieren in diesem Land, und das muss einmal aufgezeigt werden. (Zwischen­ruf des Abg. Dr. Rosenkranz. – Abg. Wöginger: Nur nicht das Gold!) Und wenn wir es nicht schaffen, gemeinsam – gemeinsam! – gegen all jene aufzutreten, die in diesem Land tatsächlich regieren (Zwischenrufe bei SPÖ, ÖVP und FPÖ), und das umzuset­zen, was wirklich notwendig und wichtig ist, dann wird es auch nach der Wahl nicht besser. Das ist ja genau der Punkt: Wir stehen heute auch hier (Abg. Krainer: Haben Sie schon einmal Löhne gezahlt?), um den Bürgern die Möglichkeit zu geben, sich ein Bild zu machen – ein Bild davon, wie es höchstwahrscheinlich nach der Wahl weiterge­hen wird. (Abg. Krainer: Außer den Funktionären?)

Wir wissen ja, dass diese Regierung jetzt vor der Wahl nichts zustandegebracht hat. Das wissen wir. Wir brauchen uns nur das Regierungsprogramm anzusehen, dann se­hen wir, was gemacht wurde und was liegengeblieben ist. (Rufe: Funktionäre! Funktio-


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näre!) Das sehen wir, mehr brauchen wir gar nicht zu tun: Wir schauen uns das Regie­rungsprogramm an, und dann sehen wir, was gemacht wurde und was liegengeblieben ist.

Die zentrale Frage, die wir heute hier auch klären müssen, ist: Wird es nach der Wahl besser, wenn diese beiden wieder zusammengehen, was sie uns ja schon angedroht haben? Es gibt eine Aussage vom Herrn Bundeskanzler, der uns das angedroht hat. Sie wollen ja nach der Wahl wieder in diese große Koalition, wieder Rot und Schwarz, und deshalb müssen die Leute heute die Entscheidung treffen, ob es besser werden soll. (Zwischenruf der Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein.)

Wie soll es denn besser werden nach der Wahl, wenn die Proponenten die gleichen sind, wie soll denn das gehen, und auch wenn im Hintergrund die Gewerkschaften und alle anderen ihre Fäden ziehen? Deshalb ist es ja so wichtig, dass wir uns heute hier von all diesen Einflüsterern emanzipieren. Wir müssen uns emanzipieren, wir müssen den Leuten da draußen beweisen, dass die Politik noch handlungsfähig ist. (Zwischen­ruf bei der SPÖ.) Das ist doch der Punkt, darum geht es, und das ist auch der Sinn der Übung, die wir hier machen.

Und das Lehrerdienstrecht ist ein Nebenschauplatz, der auch wichtig ist, ein erster Schritt, selbstverständlich, aber da müssen noch ganz viele Schritte folgen! Nur kön­nen wir diese Schritte nicht gehen, wenn Sie dieses Lehrerdienstrecht jetzt auf die Zeit nach der Wahl verlegen.

Schauen Sie, wenn Sie es schon vor der Wahl nicht schaffen, gegen die Gewerkschaft dieses sinnvolle Lehrerdienstrecht umzusetzen, wie soll das dann nach der Wahl funk­tionieren? Nach der Wahl ist es noch schwieriger, denn da hat dann der Bürger über­haupt keinen Einfluss mehr. Der Bürger hat das ganze Jahr ohnehin nichts zu sagen. Ist Ihnen das schon einmal aufgefallen? (Abg. Dr. Matznetter: Stronach hat aber eh was zu sagen!) Der Bürger hat fünf Jahre nichts zu sagen. Man interessiert sich auch nicht dafür, was der Bürger haben will. Es geht letztlich nur darum, die eigene Klientel zu befriedigen, die Kammern, die Bünde, die Gewerkschaften, die eigene Partei, die Landeshäuptlinge  um das geht es, der Bürger hat ja nichts zu sagen.

Es gibt nur einen einzigen Tag alle fünf Jahre  einen einzigen Tag alle fünf Jahre! , an dem der Bürger wirklich etwas zu sagen hat, und dieser Tag kommt am 29. Sep­tember. (Abg. Öllinger:  hat überhaupt nichts zu sagen! Das ist ja das Problem!) Uns geht es darum, dass der Bürger diesen Tag nicht ungenutzt verstreichen lässt, es geht darum, dass der Bürger aufsteht und sagt: Liebe Freunde von der Politik, so geht es nicht weiter! Entweder ihr überlegt euch jetzt, wie wir dieses Land wirklich weiterbrin­gen, oder wir werden euch abwählen! Das ist der Punkt. (Beifall beim Team Stro­nach. Zwischenruf bei der ÖVP.)

Das ist genau das, was ich hier sagen will: Der Bürger hat ja diese Macht. Ich weiß, dass sich viele da draußen machtlos fühlen, aber der Bürger hat die Macht, aber er hat sie nur einmal, einmal in fünf Jahren. (Abg. Dr. Matznetter: Sie sind der Beweis, dass der Bürger keine Macht hat!  nicht gewählt! Gekauft von Herrn Stronach!) Und da­rüber muss sich der Bürger wieder klar werden, diese Macht auch nützen und nicht wieder die gleichen Parteien wählen! Wenn das Gleiche wieder kommt, wie soll sich dann etwas ändern in diesem Land? Wie sollen wir die Probleme dieses Landes lösen, wenn die Bürger immer wieder das Gleiche wählen? (Abg. Grosz: Frank!)

Das heißt, es gibt diesen einen Tag, der Bürger hat die Macht, und etwas sollte sich jeder Bürger noch einmal zu Gemüte führen (der Redner stellt eine Tafel mit der Auf­schrift „Das Recht geht vom Volk aus! Art. 1 B-VG“ vor sich auf das Rednerpult): Das steht in der Verfassung! (Ironische Heiterkeit und Zwischenrufe.) Das steht in der Ver­fassung, und die Bürger müssen sich an diesem 29. September wieder daran erinnern,


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dass das Volk die Macht hat und das Volk entscheiden kann! (Unruhe im Saal. Prä­sident Neugebauer gibt das Glockenzeichen.) Und deshalb brauchen wir neue Mehr­heiten abseits von Rot und Schwarz!  Vielen Dank. (Beifall beim Team Stronach. – Abg. Dr. Matznetter: Sie sind der Beweis, dass die Macht vom Geld ausgehen kann!)

11.22


Präsident Fritz Neugebauer: Zur Beantwortung der Anfrage hat sich nun Frau Bun­desministerin Dr. Schmied zu Wort gemeldet. Die Redezeit soll 20 Minuten nicht über­schreiten. – Bitte, Frau Bundesministerin. (Abg. Grosz: Aber bitte kurz! Wir wollen nämlich den Herrn Markowitz auch noch hören!)

 


11.22.46

Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Herr Prä­sident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst möchte ich – und da bin ich jetzt sehr differenziert (Abg. Kickl: Aber auch nur da!) – ein Kompliment aussprechen zur schriftlichen Aufbereitung der Dringlichen Anfrage. (Heiterkeit.)

Betreffend Ihre mündlichen Ausführungen, Herr Abgeordneter Lugar, möchte ich vor al­lem auf zwei Punkte gleich einmal unmittelbar Bezug nehmen:

Nicht für alles, was in der Welt passiert, sollten wir immer auch gleich die Schule ver­antwortlich machen! Das ist mir sehr, sehr wichtig. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen sowie bei Abgeordneten von FPÖ und BZÖ.)

Und der zweite Punkt – und der ist mir auch sehr wichtig, denn es kommt bei allem, was wir tun, immer auch auf unseren inneren Ort der Handlung an, auf unsere Einstel­lungen, auf unsere Haltungen, auf unsere Menschenbilder – ist, dass ich es sehr irritie­rend finde, wenn im Zusammenhang mit Schule, mit Schülerinnen und Schülern die Worte: Wir produzieren Menschen!, verwendet werden. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen sowie bei Abgeordneten von FPÖ und BZÖ.)

Bevor ich jetzt auf die einzelnen schriftlich an mich gerichteten Fragen Bezug nehme, nur ein paar einleitende Worte, wo wir – wir arbeiten jetzt schon über Jahre hier im Parlament zusammen – uns sehr rasch einig sind, wie ich meine: Wir brauchen in Ös­terreich eine offensive Bildungspolitik, das ist zentral für unser Land! Und wir gehen auch – auch da hoffe ich, dass wir alle einer Meinung sind – davon aus, dass alle Kin­der, und ich betone hier alle Kinder, die in unserem Land leben, in 10, 15, 20 Jahren die Geschicke unseres Landes bestimmen werden und wir daher die Verantwortung tragen, auch mit einem erstklassigen öffentlichen Schulwesen dazu beizutragen, dass bei möglichst vielen Kindern das Leben gut gelingt. Das ist für Österreich, das ist für uns sozial entscheidend, demokratiepolitisch und wirtschaftlich.

Deshalb handeln wir. Und ich weise Ihre Ausführungen, es wären in den letzten Jahren keine Maßnahmen gesetzt worden, auf das Schärfste zurück, Herr Abgeordneter. Wir haben sehr viel getan, 62 Regierungsprojekte wurden von mir, gemeinsam mit dem Regierungspartner, eingebracht und auch beschlossen.

Ich darf Ihnen dazu ein Zitat bringen: „Sie finden in Europa wenige Länder, in denen sich in wenigen Jahren so viel verändert hat wie in Österreich“ – bezogen auf die Bil­dungspolitik. Das sagt Andreas Schleicher von der OECD. Es wurden viele Maßnah­men gesetzt, die Maßnahmen wirken, aber Bildungspolitik hat es auch an sich, dass die Maßnahmen auch mittel- und langfristig wirken und wir daher ganz viele unserer Maßnahmen erst bei späteren PISA-Ergebnissen werden ableiten und ablesen kön­nen. Wir haben viel getan, ich sage aber auch gleichzeitig, Herr Abgeordneter Lugar, wir haben noch viel Arbeit vor uns.

Aber jetzt zu Ihren einzelnen Fragen. Ich darf vielleicht immer kurz die Themen anspre­chen, da ja nicht allen Zuhörern und Zusehern jetzt die Fragen vorliegen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll218. Sitzung / Seite 21

In Ihrer ersten Frage nehmen Sie Bezug auf den Nationalen Bildungsbericht 2012, he­ben vor allem die negativen Ergebnisse hervor – „negativer Bildungsstand der österrei­chischen Schüler/innen“ –; die Ursachen und was zu tun ist sind dann die Fragestel­lungen. Dazu vielleicht einleitend als Beginn meiner Antwort: Der Nationale Bildungs­bericht ist ein umfassendes Dokument. Er hat ganz viele Kapitel, das reicht von den Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler, Kompetenzen der Lehrer bis zu Chan­cengerechtigkeit, Mehrsprachigkeit, Schulformen und Steuerungsinstrumenten. Und es ist mir wichtig, hervorzuheben, dass dieser Nationale Bildungsbericht auch positive Ergebnisse in einzelnen Bereichen zeigt, zum Beispiel die Erfolge in der Berufsbildung oder auch die positiven Wirkungen von ganztägigen Schulformen.

Er zeigt auch Defizite auf, er ist ja auch Grundlage einer faktenbasierten Politik bei den Schülerinnen und Schülern, bei den Lehrerinnen und Lehrern. So ist zum Beispiel die PädagogInnenbildung NEU, die wir vor dem Sommer mit großen Mehrheiten beschlos­sen haben, für mich schon ein wichtiger Schritt und eine wichtige Reaktion, auch auf die Erkenntnisse. Wir müssen weiter offensiv daran arbeiten, wir müssen aber gleich­zeitig auch sehen, dass wir es mit Veränderungen unserer Gesellschaft zu tun haben. Und wenn wir dazu längerfristige, wie Sie es versucht haben, Betrachtungen anstellen wollen, dann muss man berücksichtigen, dass es zum Beispiel das Instrument PISA erst seit dem Jahr 2000 gibt. Das wollte ich an dieser Stelle anfügen.

In Ihrer zweiten Frage sprechen Sie von negativen Trends in der Bildungsentwicklung und hinterfragen die Maßnahmen, die wir gesetzt haben. Da möchte ich zunächst ein­mal schon das relativieren, was Sie im Zusammenhang mit negativen Trends sagen. Sie haben recht: Die Ergebnisse PISA 2009 waren alles andere als positiv. Ich hoffe sehr, dass wir im Dezember dieses Jahres deutlich bessere Ergebnisse haben werden. Wir müssen bei der Beurteilung aber auch berücksichtigen, dass die Ergebnisse 2009 aus jenem Jahr resultieren, in dem wir in einer nicht sehr angenehmen Situation im Schulbereich waren. Ich darf erinnern, es gab die Zwei-Stunden-Debatte, Boykott-Auf­rufe der Schülerinnen und Schüler – das würde ich schon differenzierter werten. Ich darf dann bei Frage 3 noch auf weitere Details zu sprechen kommen.

Was haben wir getan? – Keine Sorge, ich zähle jetzt nicht alle 62 Projekte auf, aber ein paar muss ich herausgreifen, denn schließlich haben wir ja einiges getan:

Verpflichtendes Kindergartenjahr mit Sprachförderung gratis.

Die kleineren Klassen  dazu gab es im Übrigen, meine sehr geehrten Damen und Herren, auch einmal vor vielen Jahren ein Bildungsvolksbegehren. Wir haben dieses Projekt umgesetzt.

Wir haben die Bildungsstandards eingeführt in Österreich, weil wir uns nicht mehr im Dreijahresrhythmus auf PISA verlassen wollen, sondern weil wir Qualitätssicherung rund um die Uhr österreichweit haben wollen.

Wir haben die Neue Mittelschule flächendeckend in Österreich eingeführt, sind jetzt laut dem Stufenplan mitten dabei.

Wir realisieren die neue Matura, die zumindest für zwei Schulen 2013/2014 jetzt Reali­tät wird, in der Folge dann für alle.

Wir haben in einer gemeinsamen langjährigen Kraftanstrengung die PädagogInnenbil­dung NEU verwirklicht, einmal auf legistischer Basis: Masterabschluss für alle, deutlich längere Ausbildung, vor allem auch für die Volksschullehrer.

Wir haben Ganztagsschulen ausgebaut. Da haben Sie alle mitgestimmt bei den Artikel-15a-Verträgen.

Weiters bringe ich noch die Beispiele Lehre und Matura, das große Schulbaupro­gramm, das kostenlose Nachholen von Bildungsabschlüssen.


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Wenn man all das zusammennimmt und sich in einer Verkürzung  aber man kann das ruhig machen  die Frage stellt: Wann sehe ich jetzt von all den Maßnahmen das Er­gebnis bei PISA?, dann müsste man, wenn man das in diesem Kausalzusammen­hang  aber keine Sorge, wir sehen auch schon vorher Wirkungen – betrachtet, auf das Jahr 2019 warten, weil Sie nämlich warten müssen, bis die Generationen dann auch in den Jahrgang kommen, der da geprüft wird.

Ich sage noch einmal: Wir müssen die Wirkung viel früher messen, und deshalb bin ich froh, dass wir österreichweit die Bildungsstandards haben. Aber  und da bin ich voll­kommen bei Ihnen und bei vielen anderen, auch beim Herrn Abgeordneten Walser, die das urgieren  wir haben auch noch viel Arbeit vor uns.

Wir müssen im Kindergarten engagiert weiterarbeiten, wir müssen die Elementarpäda­gogik auch im Tertiärbereich verankern. Das ist ein Weg, der uns in die Zukunft führt. Gleichzeitig müssen wir die BAKIPs erhalten. Nicht jeder, der im Kindergarten be­schäftigt ist, muss dann einmal einen Bachelor- oder Masterabschluss haben, aber ich wäre schon froh, wenn es die Kindergarten-LeiterInnen sind. Und wir sind stolz, wie gesagt, auf unsere berufsbildenden Schulen.

Wir müssen die Sprachförderung, da bin ich auch voll bei Ihnen, weiter ausbauen und intensivieren. Ich freue mich, dass wir mit Staatssekretär Kurz ein Konzept fixfertig ausgearbeitet haben: Förderung der Volksschulen, Stärkung der Volksschulen, mehr Ressourcen für die Volksschulen – das ist ein Punkt, der muss ins nächste Regie­rungsprogramm hineinkommen.

Ganztagsschulen sind ganz wichtig, und selbstverständlich trete ich als Sozialdemo­kratin dafür ein, dass wir den Kindern mehr Zeit lassen, dass wir Begabungen, Talente individuell fördern und daher  so wie das jetzt auch die Sozialpartner in ihrem jüngs­ten Papier festgehalten haben  die Bildungswegentscheidung später ansetzt.

Bei der Beurteilung meiner Leistungsbilanz, die ich vorlege, bitte ich auch Folgendes zu berücksichtigen: Das ist das Ergebnis des Machbaren in einer Koalitionsregierung. Dass ich oft mehr tun wollte, denke ich, ist bekannt. Es ist eine Leistungsbilanz des Machbaren.

Jetzt zur dritten Frage – da fragen Sie, ob die österreichischen SchülerInnen mit Mi­grationshintergrund schuld sind am negativen Trend im Bildungserwerb. Also da schlie­ße ich jetzt noch einmal an: „Negativer Trend im Bildungserwerb“  ja, wir haben Pro­bleme, und wir müssen die Probleme beheben, und wir setzen die Maßnahmen und beschäftigen heute 11 000 Lehrer und Lehrerinnen mehr, aber „negativer Trend“?

Also wenn ich mir PIRLS und TIMSS anschaue, dann sehe ich Verbesserungen in Ma­thematik, Naturwissenschaften, ich entnehme der OECD-Studie Platz 1 in der Berufs­bildung. „Education at a Glance“ bestätigt uns, dass wir unsere Schüler und Schülerin­nen besser auf den Arbeitsmarkt vorbereiten als viele andere Länder, deshalb haben wir ja auch eine hohe Jugendbeschäftigung. Ich sehe da gerade von internationaler Seite sehr viel Rückenwind und Unterstützung für unsere Reformvorhaben.

Aber ja, wir haben erhöhten Handlungsbedarf bei Schülern und Schülerinnen mit Mi­grationshintergrund, vor allem dann, wenn sie aus armen Familien kommen. Und des­halb müssen wir gerade dort ansetzen, bei den Schwerpunktschulen, die in Bezirken angesiedelt sind, wo besonders viele arme Menschen wohnen. Wo diese Komponente, Migrationshintergrund und arm, zusammenfällt, dort haben wir massive Probleme und dort brauchen die Schulen auch Unterstützung und Unterstützungspersonal.

In Frage 4 stellen Sie eine Verbindung zwischen AMS-Kursen, Deutschkursen für Mi­grantInnen der zweiten und dritten Generation und der Schullaufbahn her und meinen, dass das Schulsystem versagt habe. Darauf möchte ich antworten, dass das Schulver-


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sagen ganz viele Gründe haben kann. Es müssen nicht alle unbedingt in der Schule angesiedelt sein. Auch kann ich die Aussage über AMS-Kurse – da fehlen mir auch die Statistiken – in dem Sinn jetzt nicht nachvollziehen. Ich halte es aber für wichtig, dass wir immer wieder Menschen auch eine zweite Chance geben. Wenn es in der Schule nicht gelungen ist, müssen die Menschen auch eine zweite Chance bekommen, und deshalb war es ja so wichtig, der langjährigen Forderung von Gewerkschaft und Arbei­terkammer nachzukommen, dass Basisbildung und Nachholen des Pflichtschulab­schlusses jetzt kostenfrei möglich sind.

Und so einfach, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete, war das nicht umzusetzen, da musste ein Artikel-15a-Vertrag mit allen neun Bundesländern verhan­delt werden. Das war der erste Artikel-15a-Vertrag zum Thema Erwachsenenbildung in der Zweiten Republik, und ich bin froh, dass wir den realisiert haben. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich habe erst gestern in Mariahilf eine Volkshochschule besucht (Zwischenruf der Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein), wo eben Basisbildung, das Nachholen des Pflichtschul­abschlusses als Kurse angeboten werden, und ich kann Ihnen sagen, ganz viele Men­schen profitieren von dieser Maßnahme und nehmen dieses Angebot mit großer Freu­de und hohem Engagement an. (Beifall bei der SPÖ.)

Zur fünften Frage: Über diese Frage haben wir ja schon sehr oft im Unterrichtsaus­schuss diskutiert. Diese widmet sich dem österreichischen Bildungssystem und der Frage der Kosten und arbeitet heraus, dass wir doch eines der finanzintensivsten Bil­dungssysteme in der EU und den OECD-Ländern hätten. Da kann ich nur sagen, Herr Abgeordneter Lugar: Ja, wir haben ein sehr teures Bildungssystem, wenn Sie das so rechnen – Sie haben die Statistik betreffend Ausgaben pro Kopf genommen –, ja!

Jetzt muss man sich die Frage stellen: Warum ist das so? Erster Punkt, und da bin ich gleich im Widerspruch zu Ihren mündlichen Ausführungen: 89 Prozent der öffentlichen Ausgaben im Bildungsbereich sind Kosten für Lehrerinnen und Lehrer. Die Verwaltung ist vergleichsweise gering. Dass man in der Verwaltung einiges verbessern kann, dazu komme ich ja noch später, aber die großen Ausgabenpositionen sind die Ausgaben für Lehrerinnen und Lehrer. Es ist so; da kann man nachschauen, das ist verifizierbar.

Warum sind jetzt die Kosten der Lehrer so hoch? Erster Punkt: Ressourcensteuerungs­basis ist die Unterrichtszeit, und das hat natürlich zu tun mit der Unterrichtsverpflich­tung. Also je höher die Unterrichtsverpflichtung, umso besser dieser Indikator  jetzt gesamtwirtschaftlich gesehen, natürlich nicht argumentiert aus Sicht der Lehrergewerk­schaft.

Der zweite Punkt ist das Alter der Lehrerinnen und Lehrer. Ganz viele Lehrerinnen und Lehrer in Österreich sind über 50 Jahre alt, gleichzeitig haben wir eine steile Gehalts­kurve. Das heißt, die Lehrer verdienen derzeit relativ wenig am Beginn und relativ viel mehr, wenn sie älter sind. Diese steile Gehaltskurve in Verbindung mit dem Alter der­zeit, mit der demografischen Entwicklung, mit der Lehrverpflichtung ist ein großes Kos­tenelement.

Zweiter Punkt – und den sehe ich positiv, damit man mir jetzt nicht irgendetwas unter­stellt oder falsche Schlüsse zieht –: die österreichweit hohe Schuldichte. Wir haben ganz viele Schulstandorte in Österreich, vor allem auch im ländlichen Raum. Das heißt, die Schule ist nahe bei den Familien, nahe bei den Schülerinnen und Schülern. Das ist aber auch ein Kostenfaktor.

Dritter Punkt: Wir haben das weltweit beste berufsbildende Schulsystem. Die berufs­bildenden Schulen, meine sehr geehrten Damen und Herren – wenn ich jetzt vor allem an die HTLs denke –, kosten etwas, aber das ist keine Ausgabe, sondern das ist eine Investition, die sich rechnet. Das Ergebnis zeigt sich in der hohen Beschäftigung, die wir in Österreich haben. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)


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Vierter Punkt, meine sehr geehrten Damen und Herren: die kleineren Klassen. Das war eine bewusste Entscheidung für mehr Individualisierung, bessere Beziehungsarbeit zwischen Schülern und Lehrern. (Neuerlicher Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Die Beantwortung der nächsten Fragen geht jetzt ein bisserl schneller.

Frage 6: Wie hoch sind die jährlichen Kosten für die Teilnahme Österreichs an OECD-Studien? – Sie haben nach den durchschnittlichen Kosten gefragt, denn das schwankt je nach Schwerpunktsetzung.

Durchschnittlich: 750 000 € pro Jahr durch Beauftragungen meines Ministeriums. Ich kann die Frage nicht für andere beantworten.

Frage 7: „An welchen Studien der OECD hat Österreich im Bildungsbereich seit Ihrem Amtsantritt teilgenommen?“

Ich beziehe mich jetzt auch auf jene Studien, die mein Ressort betreffen. Ich kann nicht ausschließen, dass auch andere Ressorts Aufträge erteilen, ich denke, vor allem auch das Wirtschaftsministerium.

Ich zähle jetzt nur ein paar auf: PISA, PIAAC, Skills Beyond School, Equity and Quality in Education, Learning for Jobs, Improving School Leadership sind eine Reihe von De­tailstudien.

Frage 8 konzentriert sich darauf, welche konkreten Erkenntnisse wir aus diesen Stu­dien ziehen. – Ich möchte sagen, dass für uns nicht nur die OECD-Studien relevant sind, sondern auch die Studien der EU-Kommission und natürlich auch die Ausarbei­tungen – Beispiel: Nationaler Bildungsbericht – der Expertinnen und Experten.

Erste und spontane Schlussfolgerung: Wir sind auf dem richtigen Weg! Ich persönlich freue mich sehr – auch wenn das jetzt in Österreich noch nicht so der Fall ist, aber das kommt schon noch –, dass die internationale Fachwelt für den Reformkurs, den wir gemeinsam eingeschlagen haben, Anerkennung findet. Sowohl OECD als auch EU-Kommission bestätigen uns das. Das wird anerkannt und wahrgenommen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Zweiter Punkt: Berufsbildung. – Auch das – das freut mich ebenfalls sehr – wird inter­national wahrgenommen, aber nicht nur in Studien, sondern ich merke das auch bei jedem Ministertreffen auf EU-Ebene, wir werden regelmäßig angesprochen, es kom­men fast jede Woche – ich übertreibe nicht – Delegationen zu uns, um sich unsere duale Ausbildung anzuschauen, unsere berufsbildenden mittleren und berufsbildenden höheren Schulen anzuschauen. Das ist wichtig.

Weiters tragen die internationalen Studien dazu bei, dass wir auch in Österreich bil­dungspolitisch ein Stück faktenbasierter arbeiten, wenngleich ich sage, Bildungspolitik hat immer einen politischen Anspruch und muss auch einen politischen Anspruch ha­ben. Sie finden ja auch kein Unternehmen auf der ganzen Welt, das nicht Geschäfts­politik betreibt. Also man braucht den Antrieb, wohin man will und wofür man steht.

Die Ergebnisse zeigen sich einfach darin, dass wir jetzt einen Nationalen Bildungsbe­richt haben, der das Positive aufzeigt, aber auch schonungslos – Sie haben es er­wähnt – die negativen Punkte auflistet. Die Studien haben dazu beigetragen, dass wir output- und kompetenzorientiert unterwegs sind, haben Rückenwind gebracht für die Bildungsstandards, und sie weisen uns schonungslos immer wieder darauf hin – und das zu Recht! –, dass Bildung in Österreich nach wie vor vererbt wird, dass es den di­rekten Zusammenhang zwischen Einkommen und Status der Eltern und Bildungserfolg der Schülerinnen und Schüler gibt.

Hier dürfen wir nicht lockerlassen. Wir müssen anfangen, noch intensiver daran zu arbeiten, schon früh zu beginnen – Herr Abgeordneter Walser verwendet in diesem Zu-


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sammenhang oft den Begriff: kein Kind zurücklassen; darum geht es –, eine spätere Bildungswegentscheidung zu ermöglichen – ich sage noch einmal: aktuelles Sozial­partnerpapier, drei Rufzeichen – und eine individuelle konzentrierte Förderung der Schülerinnen und Schüler herbeizuführen.

Ich komme zur Frage 9, in der Sie – womit ich wirklich keine Freude habe – auf den anonymen Brief von BIFIE-Mitarbeitern Bezug nehmen. Ich beantworte zunächst ein­mal die Frage und bringe dann meinen Kommentar dazu.

Zunächst einmal: Ich habe den anonymen Brief nicht und ich kenne auch nicht die Er­gebnisse von Studien, die Sie hier ansprechen – es geht um Unterstützungspersonal für Lehrerinnen und Lehrer –, trotzdem werde ich aber nicht müde, zu betonen, dass unsere Lehrerinnen und Lehrer mehr Unterstützungspersonal brauchen, aber standort­bezogen, dort, wo es wirklich notwendig ist, bedarfsorientiert. Es braucht Schwerpunkt­schulen und – damit das wirklich am Schulstandort ankommt – ein Bundeskontingent im Bereich Schulsozialarbeit, pädagogisches Unterstützungspersonal. Das ist im Übri­gen auch Teil der Verhandlungen zum Dienstrecht.

So weit zu Frage 9; das andere sage ich jetzt gar nicht.

Zur Frage 10, TALIS-Studie. Warum haben wir bei der jüngsten OECD-Untersuchung TALIS nicht mehr teilgenommen?

Vielleicht zur Einleitung: TALIS ist eine internationale Befragung, wobei die einzelnen Schulen gefragt werden, ob sie nicht noch mehr und welches Unterstützungspersonal brauchen.

Herr Abgeordneter Lugar, wir haben bei TALIS im Jahr 2009 teilgenommen. Ich habe mir die Ergebnisse auch im Detail angesehen und ich muss Ihnen sagen, die Ergeb­nisse dieser Form der Untersuchung sind für uns schlicht und ergreifend nicht reprä­sentativ. Warum? – Weil sie sich nur auf die Sekundarstufe I konzentrieren. Daraus Schlüsse abzuleiten auf den Primarbereich, das bringt uns in Österreich nichts.

Ich habe mich daher – und das ist keine parteipolitische Entscheidung, sondern, wenn Sie so wollen, eine geschäftspolitische Entscheidung auch des Ressorts – gemeinsam mit meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus Kosten-Nutzen-Überlegungen dazu entschlossen, an dieser TALIS-Studie nicht mehr teilzunehmen.

Frage 11: Günter Haider meint, dass man das Projekt „Gemeinsame Schule der 10- bis 14-Jährigen“ einstellen soll, stoppen soll, auf seriöse Evaluierungen warten soll. (Abg. Dr. Walser: Nein! NMS, nicht gemeinsame Schule! Das ist ein Unterschied!) – Neue Mittelschule, ja; Sie sehen, ich denke schon weiter.

Also daran denke ich natürlich nicht, das Projekt „Neue Mittelschule“ ist für mich ein er­folgreiches! Herr Abgeordneter Walser, Sie haben zu diesem Thema so ein bisserl die Haltung: alles oder nichts. Das führt aber in einer Koalitionsregierung zu nichts. (Zwi­schenruf des Abg. Dr. Walser.) – Zu nichts!

Wir sind entscheidende Schritte weitergegangen: Teamteaching, bessere individuelle Förderung der Schülerinnen und Schüler. Was zeigen uns die Ergebnisse? (Abg. Dr. Walser: Nichts Gutes!) – Sehr positiv, Herr Abgeordneter Walser! Mehr Schüler und Schülerinnen haben nämlich die Berechtigung erworben, wenn sie wollen, auch eine höhere Schule zu besuchen. (Abg. Dr. Walser: Das ist ein bürokratischer Akt, kein pädagogischer! Die Leistungen haben sich nicht verbessert!) Die Zahl ist um 11,4 Prozentpunkte von 47,8 auf 59,2 Prozent gestiegen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Zweites Faktum: Elternbefragung. – Hohe Zufriedenheit der Eltern mit Qualität, Leis­tung und Schulklima.


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Jetzt aber zu dem von Günter Haider offensichtlich geäußerten Punkt betreffend Bil­dungsstandards.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie wissen, wir haben zum allerersten Mal im Mai 2012 die Bildungsstandards getestet. Damals gab es 67 Standorte mit Neuer Mit­telschule, erste Generation, und es war genau dieser Günter Haider, der damals ge­sagt hat, das sei für eine wissenschaftliche Auswertung ein zu kleines Sample. Wie auch immer, egal, was er jetzt sagt, entscheidend ist: Es wurde die achte Schulstufe in Englisch getestet, im Dezember gibt es die Ergebnisse, und da werden die Standorte – jetzt sind es ja schon viel mehr – mit Neuer Mittelschule separat ausgewertet.

Sie haben auch nach einer Evaluierung der Neuen Mittelschule gefragt, Herr Abgeord­neter Lugar. – Es wird eine geben, im Frühjahr 2015 liegt der Gesamtevaluierungsbe­richt vor.

Zur Frage 12 betreffend PISA-Test 2012, nämlich eine mögliche regionale Auswertung der Daten, also ob man die PISA-Ergebnisse nicht bundesländerbezogen haben könnte: Die Möglichkeit besteht. In diese Richtung sind auch damals eine parlamenta­rische Anfrage und meine Beantwortung gegangen.

Ich kann dazu nur sagen, dass mein Ministerium keine bundesländerspezifische Aus­wertung angefordert hat. Das hätte nämlich erhebliche Mehrkosten verursacht. Ich kann Ihnen nicht sagen, ob einzelne Bundesländer Regionalauswertungen beauftragt haben. Aus meiner Sicht helfen uns die Bildungsstandards in der Zwischenzeit schon weiter.

Zur Frage 13: Wie hoch sind die BIFIE-Mittel?

Das ist schnell beantwortet. 2013: 21,38 Millionen, 2014: 22,98 Millionen, 2015: 20,13 Mil­lionen.

Frage 14, eine wichtige Frage: „Stimmen Sie der Aussage zu, dass die Befreiung der österreichischen Schulverwaltung von der Parteipolitik unbedingt notwendig ist?“

Antwort Schmied: Ja.

Frage 15: „Halten Sie den Umstand der verfassungsrechtlichen Festschreibung des politischen Proporzes in der Besetzung der Schulbehörden für noch gerechtfertigt und zeitgemäß?“

Antwort Schmied: Nein. Ich habe auch mehrmals versucht, das zu ändern.

Frage 16: „Halten Sie die Einrichtung der Landesschul- und Bezirksschulräte für das Funktionieren eines modernen Bildungssystems für unabdingbar?“

Dazu möchte ich anmerken, dass wir es ja gemeinsam mit Verfassungsmehrheit ge­schafft haben, die Bezirksschulräte abzuschaffen. Damit haben wir zirka 100 Behör­denstellen abgeschafft, und das war ein wichtiger Schritt.

Zum Thema Landesschulräte: Wir brauchen aus meiner Sicht eine Bundesverwal­tungsbehörde im Bundesland. Das halte ich für wichtig. Ob das jetzt „Bildungsdirektion“ oder sonst wie heißt – es muss eine Bundesbehörde im Bundesland sein, als Kompe­tenz- und Servicezentrum, damit wir regional gut planen können. Die Betonung liegt auf Bundesbehörde, denn nur dann können Management und Steuerung funktionieren.

In der Frage 17 nehmen Sie Bezug auf die Reformvorschläge des Rechnungshofs zum Thema Schulverwaltung und hinterfragen, welche Maßnahmen wir setzen.

Das ist ein Thema, Herr Abgeordneter Lugar, das wir sehr lange hier im Parlament diskutiert haben. Es gab dazu auch eine parlamentarische Enquete. Ich kann Ihnen nur sagen, in dieser Legislaturperiode haben wir das Durchsetzbare verwirklicht, und das waren eben das Abschaffen der Behördenebene Bezirksschulrat, die Stärkung der


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Schulstandorte und der Schulleitungen, die Vereinfachung der Pflichtschullehrerverwal­tung, Landeslehrercontrolling, mehr Transparenz bei Bestellungsverfahren und rasche­re Erledigung und leichterer Zugang bei Schülerbeihilfen.

Es gibt ein umfassenderes Konzept zur Reform der Schulverwaltung, das wir auch im Unterausschuss zum Verfassungsausschuss diskutiert haben, aber dieses umfassen­de Konzept war nicht durchsetzbar.

Frage 18: „Wie beurteilen Sie die Aussage von Landeshauptmann Haslauer, die Lan­desschulräte abschaffen zu wollen?“

Ich wiederhole mich: Wir brauchen eine Bildungsverwaltung des Bundes im Bundes­land.

Zur Frage 19 betreffend die Vorgehensweise der Landesschulräte, Junglehrer über die Sommermonate arbeitslos zu melden.

Das muss ein Ende haben, sage ich dazu. Nach dem Entwurf und der Vorlage des neuen Dienst- und Besoldungsrechtes soll und wird es diese II-L-Verträge nicht mehr geben.

Frage 20: „Was ist die Conditio sine qua non in der Lehrerdienstrechtsnovelle 2013?“

Meine Antwort: Es muss ein einheitliches Dienst- und Besoldungsrecht für alle Leh­rerinnen und Lehrer geben. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Dr. Wal­ser.) – Danke, Herr Abgeordneter Walser, sehr aufmerksam!

Frage 21: „Welche Punkte“ – das ist eine gute Frage – „im vorliegenden Entwurf sind für Sie noch verhandelbar?“ – Das verrate ich nicht. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenbemerkung des Präsidenten Neuge­bauer.) – Herr Präsident, das geht nicht! (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

Frage 22: „Wie stehen Sie zu der Aussage der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst, dass es im Entwurf zum neuen Dienstrecht kein echtes Optionsrecht gebe?“

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es gibt ein Optionsrecht bis 2019 in unserem gemeinsamen Vorschlag, nämlich die Möglichkeit für die jungen Lehrerinnen und Lehrer, zwischen altem und neuem Dienstrecht zu wählen. Wenn die GÖD, wenn die Vertreter der Lehrergewerkschaft darüber hinaus ein Optionsrecht haben wollen, dann müssen sie es in die Verhandlungen einbringen.

In der Frage 23 wird die Aussage der GÖD wiedergegeben, das neue Dienst- und Be­soldungsrecht wäre ein Sparpaket auf Kosten der Lehrerinnen und Lehrer in Höhe von 500 Millionen €.

Dazu sagen wir aus tiefer Überzeugung: Nein! Die Berechnungen liegen vor, Sie finden die Wirkungsfolgenabschätzung auch im Begutachtungsentwurf, in den Erläuterungen im Anhang, und auch Finanzministerin Fekter wird nicht müde, zu betonen, dass es Mehrausgaben von 11 Milliarden € verursacht.

Frage 24: „Wie erklären Sie sich die signifikanten Unterschiede beim Einkommensver­gleich der neuen Einkommenskurve zwischen den Berechnungen Ihres Ressorts und den Berechnungen der GÖD?“

Wir gehen sowohl im alten als auch im neuen Modell von einer Vollbeschäfti­gungsrechnung aus; die GÖD berechnet das neue Modell, nur bezogen auf die Unter­richtsleistung, in einem Teilbeschäftigungsmodell.

Frage 25: „Wie erklären Sie sich die Aussage der GÖD, dass für die Lehrer/innen mit dem Entwurf zum neuen Dienstrecht im Berufsleben Einkommensverluste von insge­samt weit über 500 000 € möglich werden?“ – Das ist für mich schlicht und ergreifend nicht nachvollziehbar!


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Ich bringe jetzt ein paar Beispiele, Sie finden die Details auch auf unserer Web-Seite. Eine Volksschullehrerin/ein Volksschullehrer verdient derzeit an Lebenseinkommen – im öffentlichen Dienst spricht man immer noch von „Lebenseinkommen“ – bis zum Al­ter von 65 Jahren 2,1 Millionen. Es gibt keinen Unterschied im Lebenseinkommen.

Neue Mittelschule: derzeitiges Dienstrecht: 2,1 Millionen, neues Dienstrecht: 2,3 Mil­lionen.

AHS bezogen auf Sekundarstufe II, Unterricht Deutsch, Geschichte: alt 2,2 Millionen, neu 2,34 Millionen.

Das sind Lebenseinkommensberechnungen ohne Barwertmethode. Würde man sich ein bisschen mehr damit beschäftigen und die Barwertmethode anwenden, die ja nichts anderes besagt als: Hat man früher mehr Geld, ist es mehr wert, als wenn man erst später im Leben mehr Geld hat!, dann würde man sehen, dass die Berechnungen für das neue Dienst- und Besoldungsrecht noch besser werden.

Zur Frage 26 – ich nähere mich schon dem Schluss –: Hier heißt es, Gewerkschafter Paul Kimberger verlangt 13 000 zusätzliche Personen, zusätzliche Unterstützungspos­ten. Und es wird gefragt, ob ich diese Forderung für gerechtfertigt halte? – Antwort: Nein. Wir haben eine andere Schulstruktur – Paul Kimberger leitet das aus der Talis-Studie ab. Wir haben viele Kleinschulen.

Ich bringe Ihnen ein Beispiel: 75 Prozent der österreichischen Volksschulen haben ma­ximal vier Klassen. Wir gehen daher, was das pädagogische Unterstützungspersonal betrifft, davon aus, dass es eine Poollösung geben soll. Das letzte Angebot waren 2 000 Planstellen für pädagogisches Unterstützungspersonal. Wichtig ist mir: Bundes­poollösung. Das scheint uns adäquat.

Für den administrativen Bereich, und da sind ja vor allem die Pflichtschulen angespro­chen, hat Finanzministerin Fekter in den Verhandlungen ihre Unterstützung zugesagt, dass es da weitere Maßnahmen gibt, die ich auch als absolut notwendig erachte, das möchte ich hier hinzufügen.

Zur letzten Frage, Frage 27 – „Werden Sie sich dafür einsetzen, dass der Entwurf zur Dienstrechtsnovelle 2013 () noch vor den Nationalratswahlen an das Parlament zur Verhandlung und Beschlussfassung weitergeleitet wird?“ –, möchte ich sagen: Die Begutachtungsfrist läuft bis 25. September. Wir müssen und werden die Stellungnah­men auswerten. Das erfordert eine entsprechende Achtsamkeit. Alles andere wäre je­denfalls aus meiner Sicht auch eine Missachtung des Begutachtungsprozesses und der Öffentlichkeit. – Vielen Dank. (Anhaltender Beifall bei der SPÖ sowie Beifall bei Ab­geordneten der ÖVP.)

12.02


Präsident Fritz Neugebauer: Wir gehen nunmehr in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß der Geschäftsordnung kein Redner länger als 10 Minuten sprechen darf. Jeder Klub hat eine Gesamtredezeit von 25 Minuten.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Markowitz. – Bitte, Herr Kollege.

 


12.02.41

Abgeordneter Stefan Markowitz (STRONACH): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Frau Ministerin, ich bedanke mich für Ihre ausführliche Antwort. Das bin ich von Ihnen gewohnt, das war alles recht und schön, aber hinsichtlich des Optionsrechts bin ich nicht zufrieden, nämlich als es um den Vorwurf der Gewerkschaft gegangen ist. Sie haben darauf gesagt, dass Sie das nicht verraten. – Wahrscheinlich brauchen Sie noch ein Ass im Ärmel in den Verhand­lungen, damit Sie die neue gesetzliche Regelung vielleicht doch noch heuer durchset­zen. Ich glaube, es wird wahrscheinlich daran liegen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll218. Sitzung / Seite 29

Frau Ministerin! Wenn wir ein teures Bildungssystem haben, dann können wir alle uns erwarten, dass dabei etwas Gutes herauskommt.

Ich weiß, dass Sie Ihren Partner in der Bundesregierung brauchen, damit Sie etwas umsetzen können, aber gehen wir trotzdem ein paar Jahre zurück. Frau Ministerin, von wem stammen die folgenden Aussagen?

Die Förderung von benachteiligten Schülern gehört mobilisiert, permanente Schulre­form, eine Reform der Lehrpläne und eine Schulreform zur Erhöhung der allgemeinen Bildung. – Wissen Sie, von wem diese Aussage stammt? – Von Hilde Hawlicek von 1987, von Ihrer ehemaligen SPÖ-Ministerin. (Abg. Heinzl: Ein Historiker!)

Das heißt, wir wissen seit 26, 27 Jahren ganz genau, wo die Probleme liegen. In Wirk­lichkeit reden wir immer von denselben Problemen. Jede neue Regierung oder jede neue Ministerin sagt: Mein Fünfjahresplan schaut so aus, wir brauchen eine Reform, wir brauchen eine Erneuerung des Lehrerdienstrechts, wir müssen schauen, dass das österreichische Bildungssystem, das nicht günstig ist, auch bei den Schülerinnen und Schülern ankommt. – Dazu kann ich nur sagen: Ja, ich gebe jeder Einzelnen recht, die das sagt.

Aber es kann nicht sein – daher war es so wichtig, dass wir die heutige Sondersitzung verlangt haben –, dass Lehrergewerkschaften, obwohl den ganzen Sommer über ver­handelt wurde – und das war wichtig –, dann, wenn die Ferien zu Ende gehen, mit Streikdrohungen kommen, denn die Leidtragenden sind immer die Eltern, die ohnehin schon sicherstellen müssen, dass die Betreuung der Kinder den ganzen Sommer hin­durch gegeben ist, wodurch der „Familiensinn“ nicht mehr gelebt werden kann. Und das sollten wir auch einmal hinterfragen. Kollege Mayer wird mir wahrscheinlich recht geben, wir haben ja schon oft darüber diskutiert. Es ist ja so, dass im Juli der Vater auf Urlaub gehen muss und im August die Mutter, damit das Ganze funktioniert.

Man kann diesen Streit nicht ständig auf dem Rücken der Eltern und der Kinder aus­tragen. Das wissen Sie ganz genau! Die Leidtragenden sind die Eltern. (Beifall beim Team Stronach.)

Wir haben ein riesiges Bildungssystem, und trotzdem geben in Kärnten die Eltern für Nachhilfe jährlich 670 € aus. Das ist nicht nachvollziehbar, das ist nicht leistbar. Wir wissen ganz genau, dass wir da ein enormes Problem haben.

Frau Ministerin Schmied, ich spreche Ihnen nicht ab – auch wenn Sie hinter mir trat­schen; ich weiß, Sie nehmen das trotzdem sehr ernst  (Bundesministerin Heinisch-Hosek: Was soll das, bitte?) – Frau Hosek, ich diskutiere jetzt mit Frau Bundesminis­terin Schmied. (Bundesministerin Heinisch-Hosek: Ihre Ausdrucksweise!)

Ich weiß, Sie, Frau Ministerin Schmied, nehmen die Sachen sehr ernst. Ich weiß, wie wichtig es Ihnen ist, dass wir in der Bildungspolitik etwas weiterbringen, aber draußen versteht niemand mehr, dass es nur mehr um Parteipolitik geht. Deswegen freuen wir uns sehr, dass Sie das heute ganz klar beantwortet haben.

Auf die Frage: Was halten Sie davon, dass die Politik in den österreichischen Schulen so stark vertreten und verankert ist?, haben Sie gesagt: Die Politik muss aus den Schulen raus! – Das begrüßen wir. Und das ist heute ein Erfolgserlebnis, muss ich sa­gen (Beifall beim Team Stronach), denn Sie wissen ganz genau, dass mit der Blocka­depolitik nichts weitergeht.

Wir haben etwas Tolles geschaffen, die Demokratiewerkstatt. In diese kommen ver­schiedene Schulgruppen, mit denen wir diskutieren können. Vor Kurzem waren Schü­ler einer Sonderschule hier, mit denen ich diskutiert habe. Und nach einer halben Stunde Diskussion – und da geht es um Migration und Integration, Frau Ministerin – habe ich mich gefragt: Was machen einige dieser Kinder, zumindest fünf davon, in die-


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ser Schule? Die waren komplett fehl am Platz. Die Lehrer haben mir das dann be­stätigt. Diese Schüler sind deswegen in die Sonderschule gekommen, weil sie am An­fang die deutsche Sprache nicht gekonnt haben und dem Lehrstoff nicht folgen konn­ten. Deshalb wurden sie in die Sonderschule abgeschoben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Darüber sollten wir uns ernsthafte Gedanken machen. Denn das bedeutet, wir verbauen jungen Menschen die Zukunft – meist sind das Jugendliche, die aus keinem reichen Elternhaus kommen. Die kommen aus dieser Situation auch nicht mehr raus, weil sie in diesem Sumpf drinnen sind.

Wir brauchen früh eine Begabtenförderung. Wir brauchen eine Sprachförderung im Kindergarten, das wissen wir. Wir können über alles reden, aber letztlich muss das Wohl jedes einzelnen Kindes im Vordergrund stehen, egal, woher und aus welcher Schicht es kommt. Das muss gewährleistet sein.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Da wollen wir wirklich den Hebel ansetzen. Und wenn wir trotz einer Ministerin, die sich bemüht, und trotz einer Opposition, die im­mer wieder aufzeigt, dass wir jährlich 12 000 Jugendliche – 12 000! – ohne Schulab­schluss haben – das sind die neuesten Zahlen, nämlich von 2012 –, in dieser Situation sind, dann können wir nicht zur Tagesordnung übergehen, dann können wir nicht so tun, als wäre alles in Ordnung. Dann können wir jetzt nicht einfach Wahlkampf ma­chen, und danach geht alles wieder so weiter. Dafür ist dieses Thema viel zu ernst.

Diese 12 000 Jugendlichen sind die Langzeitarbeitslosen von morgen – das zeigen auch Statistiken. Daher müssen wir hier den Hebel ansetzen, und dabei finden Sie in uns einen Partner, nämlich wenn wirklich der Wille vorhanden ist, etwas umzusetzen, wenn es darum geht, diese Zahlen zu reduzieren, zu schauen, worin die Probleme liegen. Der Proporz muss aus den Schulen raus. Mit jedem einzelnen Jugendlichen, den wir hier auf die richtige Bahn bringen und der später einen Lehrjob bekommt, ha­ben wir alle gewonnen.

Und wenn es das Resümee des heutigen Tages, dieser Sondersitzung ist, dass wir sagen: Vergessen wir einmal die Parteipolitik! – in, ich weiß es nicht, 13 Tagen sind Wahlen –, und dann etwas Gescheites herauskommt, dann war das gut so, dann war es gut, dass wir die heutige Sondersitzung einberufen haben.

Ich bin davon überzeugt, dass wir letztlich gemeinsam – und da bin ich eher bei der SPÖ und nicht bei den Blockierern der ÖVP – versuchen, gemeinsam für unsere Schu­le und für unsere Kinder etwas zu bewegen. Ich glaube, deswegen machen wir Politik und deswegen sind wir gewählt worden.

Frau Ministerin, etwas ist ganz wichtig – das war der erste Sechs-Parteien-Antrag un­serer Geschichte –: Wir brauchen mehr Turnstunden in Österreichs Schulen. Ich finde, das ist eine tolle Sache – Peter Westenthaler wird mir da recht geben –, aber – ich ha­be mir das jetzt genau angeschaut – bei den Bewerbungen für den Lehrberuf – die Frau Ministerin wird mir recht geben – waren 15 Prozent der Bewerber untauglich. 15 Prozent scheitern in Kärnten, das sind die neuesten Zahlen, an der Aufnahmeprü­fung, weil sie nicht sportlich genug sind. Das heißt, auch da muss man etwas tun. Ich weiß, wir brauchen sehr viele Junglehrer, gerade für den Bereich Sport.

Sie, Frau Ministerin, haben gesagt, 87 Prozent Ihres Budgets verwenden Sie für die Löhne. Das ist ja ein Wahnsinn! Die Menschen glauben das ja nicht. Stellen Sie sich vor, es führt jemand eine Firma, die 87 Prozent ihres Budgets für Löhne ausgibt! Daran erkennen wir, wie wichtig es ist, dass wir ein neues Lehrerdienstrecht schaffen.

Wir müssen jetzt endlich ein neues Lehrerdienstrecht umsetzen, damit die Junglehrer mehr verdienen, bei jenen, die länger dabei sind, die Gehaltskurve einfach flacher wird und der Output für unsere Kinder möglichst groß ist. Das wünsche ich mir für die Zu­kunft.


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Ich bin davon überzeugt, mit ernsthaften Verhandlungen und abseits einer Blockade können wir für Österreich und unsere Kinder sehr viel bewegen. – Vielen Dank. (Beifall beim Team Stronach. – Abg. Großruck: Wegen dem hätten wir nicht dableiben müs­sen!)

12.10


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Elmar Mayer. – Bitte.

 


12.10.59

Abgeordneter Elmar Mayer (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Minis­terinnen! Werte Kolleginnen und Kollegen! Gott sei Dank, Herr Kollege Lugar, spielt sich das Leben in den Schulen etwas anders ab, als Sie es darstellen. In den letzten zwei, drei Wochen – ich weiß nicht, wie es in den anderen Bundesländern war – gab es die Möglichkeit, Kollege Walser – zum Teil war auch Kollege Hagen mit dabei –, an den höheren Schulen unseres Bundeslandes Diskussionen mit Schülern zu führen. Und ich habe, sowohl was den Einsatz der Lehrer als auch die Begabungen der Studentinnen und Studenten, der Schülerinnen und Schüler betrifft, einen ganz ande­ren Eindruck gewonnen: Die waren engagiert, die waren aufgeschlossen, waren moti­viert.

Zum Glück ist der Alltag in der Schule nicht so, wie er hier oft gezeichnet wird, sondern wird von einem Engagement der Lehrer und einem aktiven Mittun der Schüler ge­prägt. – Es ist mir ganz wichtig, das am Anfang zu sagen, weil anderes ganz einfach nicht stimmt!

Bei Ihren Ausführungen entsteht der Eindruck, dass Sie entweder noch nie in der Schule waren oder schon lange davon weg sind, denn das, was täglich an den Schulen stattfindet, und das, was wir auch hier dazu getan haben, zeigt ein ganz anderes Bild.

Ich weiß aus meiner Tätigkeit als Lehrer und auch als Schulleiter, wie wichtig es wäre, die Möglichkeit zu haben, daran mitzuwirken, wie sich Schulpolitik nachhaltig entwi­ckelt. Ich habe das in verantwortungsvoller Position auf der Gemeindeebene erlebt, ha­be als Landtagsabgeordneter in Opposition die unglaubliche Möglichkeit gehabt, alles zu fordern, was nur auf dem Wunschbaum oben wäre – ähnlich, wie es Kollege Walser jetzt hier macht –, und habe es als große Herausforderung gesehen, als ich gefragt wurde, ob ich bereit wäre, den Bildungssprecher für unsere Fraktion zu machen. Ich habe auch gewusst, dass das große Verantwortung bedeutet, denn all die Dinge – das ist mir sehr, sehr wichtig –, die wir hier machen, gemeinsam machen, sollen tatsächlich auch nachhaltig wirken.

Es muss Schluss sein – diese Überzeugung teile ich mit vielen – mit Flickwerk und an­deren Dingen. Man muss wissen, wohin es gehen soll. Wir alle wollen möglichst eine Schule, in der jedes einzelne Kind unabhängig von der Geldtasche der Eltern seine persönlichen Möglichkeiten nützen, seine individuellen Fähigkeiten entwickeln kann und möglichst kein Kind auf der Strecke bleibt. Das ist unser erklärtes Ziel.

Und alle Maßnahmen, die wir schon beschlossen haben und die wir in Zukunft gemein­sam beschließen werden, sollen in diese Richtung gehen, dass wir garantieren kön­nen, dass unsere Kinder tatsächlich die beste aller Schulen haben.

Das sind die Maßnahmen, Herr Kollege Walser und andere Oppositionsredner, die in der Folge noch herauskommen werden, die wir in den letzten fünf Jahren zum Teil ge­meinsam gesetzt haben: die Sprachförderung für Migrantenkinder, aber auch für Kin­der mit deutscher Muttersprache, die da Defizite haben; das verpflichtende Kindergar­tenjahr; die kleineren Klassen mit der Beschränkung der Klassenschülerhöchstzahl; die Bildungsstandards, die jetzt erst aus dem Schulversuchsstadium herauskommen, aber


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bereits beschlossen sind und nachhaltig für kompetenzorientierten Unterricht wirken werden; die Matura-neu; die Reform der Oberstufe, die wir hier gemeinsam beschlos­sen haben, mit der modularen Oberstufe – wir wollen haben, dass tatsächlich Begabte weitermachen können, sich entwickeln können, schon für die Uni, wenn Sie so wollen, vorausarbeiten können, und andere mitgenommen werden, dass den Eltern durch die modulare Oberstufe die Nachhilfesorgen abgenommen werden, weil die Förderung an der Schule stattfindet.

All diese Maßnahmen haben wir gemeinsam beschlossen, und ich verspreche Ihnen, sie werden nachhaltig wirken. Kurzfristig, in Zahlen ausgedrückt, über 1 Milliarde € zu­sätzlich für das Bildungsbudget und über 11 000 Dienstposten zusätzlich in diesem Bil­dungsbereich – für kleinere Klassen, für die Neue Mittelschule, für die Sprachförde­rung. All diese Maßnahmen sind gesetzt worden, aber ich gebe zu, es ist nicht sofort messbar.

Ich erinnere mich an eine Äußerung von Dr. Christiane Spiel im „Standard“, die gesagt hat: Es ist halt im Schulentwicklungsprozess etwas anderes als in einem Spital, wo ich eine neue Operationsmethode habe, ich alle Ärzte herhole und sage, das ist die neue Methode, darauf stellen wir jetzt um, und ich kann dann sofort nach dieser Methode operieren, und die Patienten kommen unmittelbar in den Genuss dieses Vorteiles.

Die Entwicklung im Schulbereich ist nachhaltig, ist eine andere. Und genau solche Maßnahmen setzen wir.

Die Ministerin hat schon gesagt, dass man diese Dinge nicht heute und auch nicht morgen messen kann, aber langfristig sind sie messbar, weil sie ganz eindeutig in die richtige Richtung gehen. Daher würde es sich lohnen, auch einmal positiv über die Bil­dungspolitik zu reden, weil sie ein mitentscheidender Faktor für die Zukunft, für die Ent­wicklung unserer Gesellschaft ist. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Eine gute Schule – auch dafür hätte es die Hattie-Studie nicht gebraucht; es ist wichtig, dass es sie gibt – steht und fällt mit der Lehrerpersön­lichkeit. Jeder, der in die Schule gegangen ist, jeder, der sich auch auf anderer Ebene mit der Bildungspolitik beschäftigt, weiß das. Daher haben wir einen großen Teil unse­res Engagements, unseres Herzblutes, unseres Einsatzes dafür verwendet, dass wir eine neue PädagogInnenausbildung tatsächlich auf Schiene bringen; eine PädagogIn­nenausbildung, die sich sehen lassen kann, auch international sehen lassen kann.

Ich weiß, das bedeutet zum Teil eine Verdoppelung der Ausbildung für die Grundschul­lehrer, auch eine Miteinbeziehung, einen ersten Schritt in Richtung Elementarpädago­gik, Master für Frühpädagogik, die Möglichkeit, dass das zumindest angeboten wird. Die Entwicklung zeigt ja, dass das richtig ist.

Daher ist es enorm wichtig, dass wir in Zukunft eine einheitliche Lehrerausbildung ha­ben. Unabhängig davon, in welcher Schulart, ob Volksschule, Mittelschule oder Ober­stufe, ein Lehrer unterrichtet, sollen alle dieselbe qualifizierte Ausbildung haben, nach den neuesten Erkenntnissen. Und das ist mit dieser neuen PädagogInnenausbildung garantiert.

Daher ist es sehr wichtig, dass wir jetzt auch – und das steht ja heute im Mittelpunkt der Debatte – ein neues Dienstrecht ins Ziel bringen. Auch dafür wurde sehr viel ge­macht. Nachdem die Verhandlungen aufgenommen worden waren, wurden 32 Runden abgeschlossen. Jetzt hat die Regierung gezeigt, wir meinen es ernst damit, wir schi­cken das auch in Begutachtung. Und es sollen neue Vorschläge kommen. Das Beste ist der Feind des Guten, das gebe ich schon zu, aber es ist das Ziel – das wurde von allen gesagt, von beiden Regierungspartnern; das ist ganz, ganz wichtig –, dieses Dienstrecht ins Ziel zu bringen, hier Nägel mit Köpfen zu machen und den Sack zuzu­machen, sodass man weiß: Wir haben mit der neuen PädagogInnenausbildung und


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dem neuen Dienstrecht etwas, das tatsächlich dazu angetan ist, in Zukunft die Besten der jungen Burschen und Mädchen, die dazu geeignet sind, dazu zu motivieren, in die­sen Beruf einzutreten, übrigens mit einer Eignungsphase. Es ist also bei Weitem nicht so, dass man jeden nimmt, sondern die, die tatsächlich qualifiziert sind und das auch machen wollen, sollen die Möglichkeit dazu haben.

Es ist wichtig, dass man klar erkennt: Im Zusammenhang mit den Stellungnahmen be­steht Bereitschaft zum Verhandeln – sonst bräuchte es auch keine Begutachtung –, aber es ist das erklärte Ziel, dieses Dienstrecht auch ins Ziel zu bringen, dieses Dienst­recht zu beschließen, damit jeder, der neu beginnt – es gibt dann noch fünf Jahre die Möglichkeit zu optieren –, der dann nach dem neuen Ausbildungsschema seine Be­rufsausbildung abschließt, weiß, nach welchen Konditionen er angestellt wird.

Ich meine, dieser Weg ist richtig, er ist seriös, und daher unterstützen wir ihn. Und ich bin davon überzeugt, dass sämtliche weiteren Maßnahmen, die wir in der kommenden Gesetzgebungsperiode noch setzen müssen – Projekte wie Frühförderung, gemeinsa­me Schule, ganztägige Betreuung, Schule ohne Schultasche, wie ich am liebsten dazu sage –, die auf der Tagesordnung stehen, dazu dienen werden, die beste Schule für unsere Kinder zu schaffen.

Wir wollen eine Schule für die Schüler, denn die Schüler sind unsere Zukunft, und in unsere Zukunft zu investieren ist, meine ich, nach wie vor das Beste, was wir tun kön­nen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

12.19


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Marek. – Bitte.

 


12.19.26

Abgeordnete Christine Marek (ÖVP): Herr Präsident! Meine Damen Bundesministe­rinnen! Meine Damen und Herren! Ich möchte eingangs ein paar Worte zu Herrn Klub­obmann Lugar sagen, nämlich auch zu seiner Diktion.

Herr Klubobmann Lugar, Sie haben mit einer ethischen Frage begonnen, was eigent­lich absolut unethisch war, nämlich so, wie Sie es gesagt haben. Und der Wortschatz, den Sie verwendet haben, ist massiv abzulehnen.

Sie haben gesagt – die Frau Bundesministerin hat es erwähnt –, das Schulsystem pro­duziert Menschen, die auf dem Arbeitsmarkt nicht verwertbar sind. (Abg. Weninger: Menschenverachtend!) Man ist entsetzt, wenn man das hört. Meine Damen und Herren vom Team Stronach, wenn etwas wertlos oder nicht verwertbar ist, dann sind das die Positionen des Team Stronach zur Bildungspolitik und zum Bildungssystem! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von SPÖ und Grünen.)

Ich habe mir angesehen, was die Positionen des Team Stronach zum Thema Bildung sind. Man findet eigentlich wenig, außer ein paar Aussagen Ihres Parteigründers. Wenn man sich zum Beispiel die Aussage zur gemeinsamen Schule der 10- bis 14-Jährigen anschaut – Sie kennen die Aussage wahrscheinlich –, dann sagt er dazu, die 10- bis 14-Jährigen darf man nicht zusammenmischen, denn das funktioniert ja beim Fußballspielen auch nicht. Solche und ähnlich unqualifizierte Aussagen hört man, aber mehr nicht.

Meine Damen und Herren! Für uns ist Bildung ein zentrales Zukunftsthema, eines, aus dem im Wahlkampf nicht politisches Kleingeld gemacht werden darf. Wir haben es in den Vorreden schon gehört, es ist in den letzten vier, fünf Jahren sehr, sehr viel ge­schehen. Das ist eine Bilanz, die sich wahrlich sehen lassen kann: Wir haben viele ge­meinsame Projekte beschlossen – die Frau Bundesministerin und auch Herr Kollege Elmar Mayer haben es schon erwähnt –, auf die wir auch sehr stolz sein können.


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Für uns waren bei allem, was wir hier gemeinsam beschlossen haben, die grundlegen­den Prinzipien wichtig, nämlich Differenzierung, Vielfalt, Wahlfreiheit und der Leis­tungsgedanke. Das ist für uns bei allem, was wir im Bildungsbereich gemacht haben, immer im Vordergrund gestanden, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP so­wie des Abg. Elmar Mayer.)

Eines habe ich eigentlich fast mit Schmunzeln in der Dringlichen Anfrage des Team Stronach gelesen: Sie haben kritisiert, dass es die Bezirksschulräte gibt. – Sie waren dabei, als wir die Bezirksschulräte vor dem Sommer gemeinsam abgeschafft haben, als ersten Schritt der Schulverwaltungsreform, meine Damen und Herren! Das ist viel­leicht ein bisschen politischer Alzheimer, meine Damen und Herren vom Team Stro­nach! (Oh-Rufe bei der FPÖ. Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Das ist aber pein­lich!)

Zur Sprachförderung: Das sind eben ein paar Punkte, bei denen wir erste Schritte ge­setzt haben, wobei wir in manchem auch gerne weiter gehen würden. Wir haben im Kindergarten einzelne wesentliche Punkte umgesetzt, nämlich auch die Sprachförde­rung – diesbezüglich auch ein großes Dankeschön an unseren Staatssekretär Sebas­tian Kurz, der sehr engagiert für die Sprachförderung kämpft (Abg. Dr. Walser: Wo denn?), der gemeinsam mit der Frau Bundesministerin initiiert hat, dass die Kinder im Kindergarten bestmöglich gefördert werden können, im verpflichtenden Gratis-Kinder­gartenjahr. (Abg. Dr. Walser: Ausgrenzung betreibt er! Sonderklassen für Migranten! Das ist nicht der Weg! Das ist der Weg zurück!) Wir wollen ja auch mit den Eltern ge­meinsam daran arbeiten, dass es für jene, die es brauchen, ein zweites verpflichtendes Kindergartenjahr gibt – kostenlos für alle, was eine Herausforderung sein wird.

Meine Damen und Herren, ganz, ganz wichtig ist mir auch: Wir arbeiten daran und ha­ben in den letzten Jahren schon mit dem massiven Ausbau von ganztägigen schuli­schen Angeboten begonnen. Vor dem Sommer haben wir hier einen weiteren Be­schluss gefasst: Bis 2018 wollen wir die Zahl der Plätze auf 250 000 verdoppeln. 80 Millionen beziehungsweise 160 Millionen € investieren wir hier bis 2018 jedes Jahr.

Ich möchte an dieser Stelle gerne etwas Grundsätzliches sagen, meine Damen und Herren: Wir bekennen uns ganz klar zum Ausbau von ganztägigen schulischen Ange­boten. (Ruf bei der FPÖ: Wer ist „wir“?) Die ÖVP steht da massiv dahinter. (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Wer ist „die ÖVP“? Abg. Dr. Walser: Wie viele ÖVPs gibt es? Da weiß die rechte Hand nicht, was die linke tut!)

Das ist wichtig, und es gibt da auch Bedarf. Unser Ziel ist, meine Damen und Herren: Alle Schüler, die einen ganztägigen Platz wollen und brauchen, sollen ihn auch bekom­men. (Beifall bei der ÖVP.)

Das ist unser Bekenntnis, meine Damen und Herren. Aber was für uns ganz klar ist, und das betone ich an dieser Stelle noch einmal: Die Eltern entscheiden selbst da­rüber, ob sie diesen Platz in Anspruch nehmen und welche Form dieser Platz hat: ob er verschränkt ist, ohne Flexibilität, oder ob es eine Schule mit Nachmittagsbetreuung ist, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Die Entscheidung, ob ein Kind fünf Tage in der Woche ohne Flexibilität ganztags eine Schule besucht oder halbtags eine Schule mit Nachmittagsbetreuung, das entscheiden die Eltern ganz allein und niemand sonst (Beifall bei der ÖVP), denn es kann nicht sein, dass der Staat darüber entscheidet, ob die Kinder in Zukunft keinen Fußballver­ein, keine Musikschule oder Ähnliches mehr besuchen können! (Abg. Dr. Walser: Na, bitte! Abg. Dr. Rosenkranz in Richtung des Abg. Dr. Walser : Das ist die Realität!)

Diese Flexibilität haben die Eltern in Zukunft auch weiterhin zu haben. Dafür stehen wir und dazu bekennen wir uns, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)


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Ich finde es einfach unfassbar, wenn die SPÖ-Stadtschulratspräsidentin Brandsteidl in Wien sagt, die, die es sich leisten können, sollen ihre Kinder gefälligst in eine Privat­schule schicken, wenn sie diese Wahlfreiheit künftig auch beibehalten wollen, ebenso wie die Forderung nach verpflichtendem Kindergarten ab dem ersten Lebensjahr. (Zwi­schenrufe der Abgeordneten Mag. Wurm und Dr. Belakowitsch-Jenewein.) Diesen Vorwurf, meine Damen und Herren von der SPÖ, müssen Sie sich gefallen lassen, und das können Sie auch nicht bestreiten. (Beifall bei der ÖVP.)

Wahl- und Entscheidungsfreiheit zu nehmen – das in Richtung von Frau Kollegin Gla­wischnig – ist einfach kommunistisch, um hier Missverständnissen vorzubeugen. (Abg. Dr. Walser: „Kommunistisch“?)

Auf den Punkt gebracht, meine Damen und Herren: Wir verwahren uns gegen jede Entmündigung. (Abg. Dr. Walser: Sind wir beim Kulturkampf der dreißiger Jahre?) Eine Zweidrittelmehrheit am Standort für die individuelle Entscheidung, das ist es, wo­für wir stehen. Das wird es auch weiterhin mit der ÖVP geben – das ist das, wofür wir stehen, meine Damen und Herren! (Weitere Zwischenrufe bei den Grünen.)

Eine Herausforderung für die nächste Legislaturperiode wird es sein, bei der Volks­schule anzusetzen. Das haben wir auch in den letzten Reden schon gehört. Die Volks­schule ist eine zentrale Herausforderung: Lesen, Schreiben, Rechnen, hier wird der Grundstock gelegt. Wer in der Volksschule nicht lesen, schreiben und rechnen lernt, hat auch in den weiterführenden Schulen massive Probleme. Dort wird es dann weiter Probleme geben. Wir müssen die Volksschulen stärken, meine Damen und Herren.

Auch noch ein paar Sätze zu etwas ganz Grundsätzlichem: Von unserer Seite erfolgt einmal mehr das klare Bekenntnis zum differenzierten Schulsystem. Wir sind der kla­ren Überzeugung, dass Kinder in einem differenzierten Schulsystem deutlich besser gefördert werden können, in all ihren Begabungen, Neigungen, persönlichen Interes­sen. Die internationalen Zahlen – auch wenn Sie das immer wieder anders behaup­ten – sprechen ganz klar für uns. Auch dazu sagt Eva Glawischnig heute in einem In­terview, dass es nicht sein kann, dass Zehnjährige schon entscheiden müssen, ob sie später zur Universität gehen oder nicht. – Das ist klar falsch, meine Damen und Her­ren! Wir haben in unserem differenzierten Schulsystem maximale Durchlässigkeit. Je­der Zweite kommt über die Hauptschule zur Matura und selbstverständlich dann auch weiterführend zu einem Studium. (Abg. Brosz den Kopf schüttelnd : Genau! Das zeigen ja die Statistiken! Abg. Dr. Walser: Es gäbe da ein paar Studien! Ich stelle sie Ihnen zur Verfügung!)

Also es funktioniert nicht, wenn Sie aufgrund der Probleme, die wir in den Städten ha­ben – und da gibt es Herausforderungen, das wissen wir –, die bewährten Gymnasien einfach zerschlagen wollen. Das funktioniert mit uns nicht, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Abschließend möchte ich noch auf die Lehrerinnen und Lehrer hinweisen. Kein Schul­system funktioniert, wenn es nicht engagierte Lehrerinnen und Lehrer gibt. Hier zu spa­ren wäre das Falscheste, was man machen kann. Deswegen kann man zum neuen Lehrerdienstrecht nur sagen: Nach der Begutachtung, die notwendig war, weil so viele Fragen offen waren, gilt es, das, was an Stellungnahmen eingebracht wurde, zu nutzen, einzuarbeiten und zurück an den Verhandlungstisch zu gehen. (Abg. Ursula Haubner: Zurück an den Start heißt das!)

Wir stehen zur Sozialpartnerschaft. Die Damen hinter mir sind da in der Verantwortung. (Abg. Mag. Gaßner auf Präsidenten Neugebauer deutend : Der Herr hinter Ihnen auch?) Es geht darum, gemeinsam zum Finale zu kommen und ein gemeinsames Leh­rerdienstrecht, das zukunftsfähig ist, gemeinsam und sozialpartnerschaftlich – was in


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Österreich ein solch hohes Gut ist – zum Ziel zu führen. – Danke vielmals. (Beifall bei der ÖVP.)

12.28


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Rosenkranz. – Bitte.

 


12.28.25

Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz (FPÖ): Herr Präsident! Nicht nur die Damen hinter mir, sondern auch Sie haben ja nicht nur bei der Verhandlungsleitung hier, son­dern auch sonst, was das Lehrerdienstrecht betrifft, in Zukunft ein gewichtiges Wort mitzureden, gemeinsam mit Ihren Mitstreitern in der Gewerkschaft. Also es sind nicht nur die Damen – Frau Kollegin Marek, da bitte auch besonderes Augenmerk aufs rich­tige Gendern zu legen! (Heiterkeit und Beifall bei der FPÖ.)

Eingangs sei schon angemerkt, dass ich es zutiefst ablehne, wie Herr Kollege Lugar den Beginn seines Redebeitrags genutzt hat, um aus einer einzigartigen Tragödie so­gar noch einen Bogen zur Bildungsdebatte zu schlagen. – Das lehne ich aus innerster Überzeugung ab. (Beifall bei der FPÖ sowie bei Abgeordneten von SPÖ und ÖVP.)

Aber es hat die Rede des Klubobmannes Lugar vom Team Stronach eines unter Be­weis gestellt: Selbst dann, wenn er richtige Ansätze hat, bringt er sie so, dass man es nicht nachvollziehen kann. Da sieht man: Es ist nicht nur – wie eine OECD-Studie zeigt – so, dass Österreich ein teures Bildungssystem hat, und wenn man oben viel Geld hineinpumpt, kommt unten wenig heraus, sondern das Team Stronach ist ein Bei­spiel, das das österreichische Bildungssystem um Meilen schlägt, denn da pumpt man oben viel Geld hinein, und was dann herauskommt, haben wir bei Ihrer Eingangsrede an sich deutlich vor Augen geführt bekommen. (Beifall bei der FPÖ.)

Wenn Sie hier die Bildungsdebatte anziehen und sagen, ja, wir müssen wegen des Lehrerdienstrechtes hineinfahren und der Regierung noch vor den Wahlen entspre­chende Unterstützung geben, dann muss ich sagen: Es geschieht aber nicht! Es kommt nichts von Ihnen! Wo ist denn das neue Lehrerdienstrecht?

Natürlich gibt es auch andere Punkte: Meine Vorrednerin, Frau Kollegin Marek, hat er­klärt, wofür sie und die ÖVP in Zukunft alles stehen. – Ich würde Sie darum bitten, viel­leicht mit Ihrem Staatssekretär Kurz ein ernstes Wort zu reden, denn bei dem sind, glaube ich, die ÖVP-Positionen zur Bildungspolitik – wie Sie sie genannt haben, zum Beispiel, dass das Gymnasium erhalten bleiben soll, dass man Wahlfreiheit haben soll oder Ähnliches – noch nicht so richtig in Fleisch und Blut übergegangen.

Er hat selbst in der Fernsehdiskussion in der Sendung „Im Zentrum“ auf die Frage, mit welcher Partei es ihm am meisten Spaß machen würde, Bildungspolitik zu machen, geantwortet: mit den Grünen. (Abg. Dr. Walser: Ich habe ihn also überzeugt! Er hat zu­gehört, und dann war er überzeugt!)

Wenn man mit den Grünen Bildungspolitik machen möchte, dann sieht das nicht so aus, wie Sie, Frau Marek, das geschildert haben, und das ist genau das Problem, das die ÖVP in Bildungsangelegenheiten hat: Sie machen einen Spagat zwischen links und rechts, und wenn man einen Spagat nicht gut beherrscht, dann kann es in der Mitte manchmal sehr weh tun – auch am 29. September. (Beifall bei der FPÖ. Abg. Dr. Wal­ser: Das kann Ihnen nicht passieren!)

Zur Frage der Bildung möchte ich gleich vorweg sagen: Natürlich haben wir viele Bil­dungsreformen durchgeführt. Es sind auch sehr viele Dinge einstimmig beschlossen worden. Es gibt aber noch große Bereiche, große Baustellen, zum Beispiel das Lehrer­dienstrecht.

Was war das noch für eine Zeit, als es ein paar Respektspersonen in einem Ort gab: den Bürgermeister, den Pfarrer, den Doktor – sprich: den Hausarzt, den Gemeinde-


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arzt – und den Lehrer. Und was ist von all dem übrig? – Der Bürgermeister ist der, der bei allem, was schiefläuft, schuld ist. Das kann ich in manchen Gemeinden, die von ÖVP und SPÖ regiert werden, durchaus nachvollziehen. (Abg. Mag. Gaßner: Na, na, na! Der Bürgermeister hat mehr Ansehen als wir!) Pfarrer findet man fast keine mehr. Hausärzte findet man auch bald keine mehr. Und der Lehrer? – Er ist zu dem gewor­den, was eigentlich nicht sein sollte. Er ist nämlich in der öffentlichen Wahrnehmung in erster Linie schuld an fast allem, aber er ist mittlerweile auch zum Sozialarbeiter ge­worden, der vielleicht zufällig noch das Glück hat, dass er ein Dach über dem Kopf hat, das noch Schule heißt, sonst wäre er vielleicht sogar noch Streetworker.

Das heißt, der Lehrer ist vom reinen Bildungs- und Wissensvermittler zu einem Sozial­arbeiter geworden, und das lehnen wir ab. Beides – einerseits die Wissensvermittlung, die Bildung und andererseits die Sozialarbeit – hat seine Berechtigung, aber es ist hier nichts zu mischen.

Das Image der Lehrer und der Lehrerinnen in diesem Land ist – auch durch den Boule­vard – leider Gottes gesunken, und das Lehrerdienstrecht, die Arbeitszeiten, die Fe­rienzeiten sind sehr probate Mittel, um da eine Diskussion zu führen, weil natürlich sehr viele Menschen mit Neid auf die Ferienregelungen schauen. Wir sind die Letzten, die nicht sagen würden, man kann über die Ferienregelungen diskutieren – zum Beispiel, ob die Ferien im Sommer so lange am Stück sein sollen, weil es natürlich Eltern gibt, für die es eine große Herausforderung darstellt, die Kinder über zwei Monate hindurch betreut zu wissen. Da muss es eine Änderung geben. Ich glaube aber, die Lehrer sind die Letzten, die da nicht flexibel genug wären. Es ist alles nur eine Frage der Einteilung und des Willens.

Bei dieser Frage des Lehrerdienstrechtes wird immer von den 33 Verhandlungsrunden gesprochen, die erfolglos waren. Wir Freiheitlichen waren in keine einzige dieser Ver­handlungen in irgendeiner Form eingebunden. – Das muss man hier auch einmal sa­gen und zur Kenntnis nehmen. Wir lesen nur nachher die Zeitungsberichte, wer wem die Schuld zuspielt, dass nichts weitergegangen ist, wer wen Blockierer nennt, wer wel­che Forderungen als überzogen bezeichnet.

In dieser Situation hat jetzt die Regierung einen gewaltigen Kraftakt gesetzt: Die öster­reichische Bundesregierung hat den Gesetzentwurf zum Lehrerdienstrecht einstimmig auf den Weg geschickt, noch vor dieser Nationalratswahl, mit einer Begutachtungsfrist, die zwei oder vier Tage, glaube ich, vor der Nationalratswahl endet – also Beschluss­fassung vor der Nationalratswahl sicherlich leider nein, danke! – Ein reines Muskel­spiel, um abzulenken! Es ist in Wirklichkeit nicht geplant, auch nur irgendetwas so zu machen, sondern es ist offensichtlich geplant, nachher weiterzuverhandeln – und das ist auch gut so! In diesem Lehrerdienstrecht – der Herr Präsident hat es in einer ande­ren Funktion einmal ganz kurz als „Schmarrn“ bezeichnet, da möchte ich nichts dazu sagen; er wird schon wissen, wovon er spricht – gibt es einige Schwachstellen.

Bemerkenswert ist ja auch im Zuge dieser Nationalratswahl: Da gibt es diesen Kraftakt der Bundesregierung: Jetzt werden wir es der Lehrergewerkschaft und den Lehrern einmal so richtig zeigen und dieses Dienstrecht ohne Gewerkschaft auf den Tisch knal­len!

Bevor so etwas in einer Bundesregierung geschehen darf, fragt der Herr Bundes­kanzler Faymann von der SPÖ aber nicht den Vizekanzler und ÖVP-Chef Spindeleg­ger, sondern da muss er sich vorher das Okay in einem Gespräch beim niederös­terreichischen Landeshauptmann Erwin Pröll holen. (Ironische Heiterkeit des Abg. Neubauer.) Da sieht man, wie es wirklich um die Bedeutungen und die Wertigkeiten in der ÖVP selbst bestellt ist, wer eigentlich das Sagen hat und bei wem Kanzler Fay­mann Rücksprache halten muss.


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Jetzt aber bitte nicht zu sehr glauben, dass Faymann der starke Mann wäre, denn Faymann hat schon vorher bei Häupl nachgefragt, und in Wirklichkeit bestimmen nach wie vor Häupl und Pröll das, was in diesem Bundesgebiet insgesamt zu geschehen hat. (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: So stark ist er auch nicht mehr!)

In diesem Lehrerdienstrecht sind ja einige Punkte enthalten, zu denen man einen Ge­neralsatz sagen muss: Es wird Ungleiches gleich behandelt. – Das ist ein genereller Fehler! Wenn man sagt, man möchte alles gleichmachen – und diesen gesellschafts­politischen Zugang haben nun einmal linke Parteien; sie neigen dazu und orientieren sich weniger an Freiheit und am Unterschied –, dann kann manches dabei herauskom­men. Es ist aber nun einmal so, dass Volksschulkinder, Kinder mit sonderpädagogi­schem Förderbedarf, junge Menschen, die kurz vor dem Einstieg ins Berufsleben ste­hen – sprich: nach einer Hauptschule, Neuen Mittelschule, Gymnasium Unterstufe –, oder solche, die vor der Matura stehen, alle unterschiedliche Bedürfnisse haben. Daher braucht es auch unterschiedliche Lehrer. Und auch bei der Lehrerausbildung soll nicht über diese Unterschiede drübergefahren werden.

Ein besonderer Punkt: 22 statt 24 Unterrichtsstunden bei den berufsbildenden Schulen; im Pflichtschulbereich sind es jetzt 26. Das heißt, dort wird jetzt auf einmal reduziert? Das heißt, mehr Dienstposten sind notwendig? Es ist auch das Unterstützungsperso­nal, das die Lehrer einfordern, nicht gegeben, es sind die Schulbauten einfach nicht reif dafür, und dieses Gesetzeswerk enthält überdies auch Verordnungsermächtigungen. Verordnungsermächtigungen sind das Schlechteste, was man sich in einem Gesetz überhaupt vorstellen kann, weil dann alles am Minoritenplatz gemacht wird. Mir kommt vor, dass die österreichische Bildungspolitik von Experten am Minoritenplatz gemacht wird, die in Wirklichkeit von dem, was tagtäglich in der Praxis an österreichischen Schulen stattfindet, keine Ahnung mehr haben. (Beifall bei der FPÖ.)

Das ist einfach ein Elfenbeinturm, in dem Papiere entwickelt werden, die wieder von ei­ner Arbeitsgruppe zur anderen, von einer Stakeholder-Konferenz zur anderen landauf, landab verdichtet werden – und wieder ein neues Arbeitspapier! So schaut aber die Realität nicht aus, sondern Bildungspolitik muss an den Menschen orientiert sein, die wirklich im Bildungsbereich arbeiten.

Es erreichen uns ja sehr viele Stellungnahmen, die auf sehr, sehr viele Punkte einge­hen, auf die Durchführbarkeit der Betreuung durch Mentoren, auf die Hospitationsver­pflichtung, darauf, welche Probleme Junglehrer haben werden, wenn sie die volle Lehr­verpflichtung und ein Sonderausbildungsprogramm an der Pädagogischen Hochschu­len haben werden und noch dazu hospitieren müssen. Wie das alles überhaupt bei ent­sprechenden Gehältern stattfinden soll, ist ungeklärt.

Aber der letzte Treppenwitz war eigentlich noch – weil ich jetzt gerade die Ministerin­nen Schmied und Heinisch-Hosek hier sehe –: Es erreichen uns viele Stellungnahmen, die dahin gehend lauten, dass viele Frauen, die den Lehrerberuf ergriffen haben, jetzt sagen, diese Gesetzesänderungen sind frauenfeindlich. – Das müssen Sie sich einmal sagen lassen! (Beifall bei der FPÖ. Bundesministerin Heinisch-Hosek schüttelt ver­neinend den Kopf.)

12.38


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Walser. – Bitte.

 


12.38.52

Abgeordneter Dr. Harald Walser (Grüne): Herr Präsident! Geschätzte Damen auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Es ist nicht untypisch, dass wir hier über den Umweg eines LehrerInnendienstrechtes eine Bildungsdiskussion führen und dass nicht im Vor­dergrund steht, was unsere Kinder in der Schule brauchen, wie wir die Schule so or­ganisieren können, dass sie diesen Bedürfnissen entgegenkommt, dass Alleinerzie-


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hende beispielsweise sicher sein können, dass ihre Kinder in der Schule so versorgt werden, wie sie das wünschen, und zwar zu hundert Prozent, dass sie gefördert wer­den. Das wären die zentralen Fragen, darüber sollten wir diskutieren – und nicht den Umweg über ein LehrerInnendienstrecht gehen! (Beifall bei den Grünen.)

Ein Zweites: Frau Kollegin Marek, es ist wirklich eine Ungeheuerlichkeit, Eva Glawisch­nig irgendwie kommunistische Umtriebe vorzuwerfen, weil sie verlangt, dass Kinder auch ganztägige Betreuungsformen vorfinden. (Abg. Dr. Rosenkranz: Was dann? Abg. Steibl: Das werdet’s wohl aushalten! Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Sie nähern sich da dem Niveau Ihres Spitzenkandidaten, des Noch-Vizekanzlers, Sie nähern sich dem Niveau der ÖVP-Wahlplakate, wo Sie das „ganztägig“ plakatieren und uns unterstellen, dass wir den Zwangstagskindergarten wollen.

Die Zuseherinnen und Zuseher, die Österreicherinnen und Österreicher können sich selber ein Bild davon machen, sie können unser Parteiprogramm, unser Wahlpro­gramm lesen. Uns geht es darum – und Eva Glawischnig hat es gestern x-fach Ihrem Parteiobmann deutlich zu machen versucht –, das Angebot bereitzustellen. Zu diesem Angebot zu sagen, es sei kommunistisch, ist einfach jenseitig. Ich würde empfehlen: Setzen Sie sich beispielsweise mit Ihrem kommunistischen Parteikollegen in Südtirol auseinander! Oder setzen Sie sich mit den kommunistischen Parteikollegen von der CSU in Bayern auseinander! (Abg. Klikovits: Das ist kühn!) Die haben genau das um­gesetzt, was wir hier fordern! Wir sind leider Schlusslicht in der europäischen Rangfol­ge, und das darf nicht sein, daran müssen wir dringend etwas ändern! Die heutige De­batte zeigt leider wieder einmal: Es sind nur die Grünen, die hier klare Positionierun­gen vornehmen! (Beifall bei den Grünen. – Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Klikovits.)

Die Diskussion, die Sie über das LehrerInnendienstrecht führen, ist eine machtpoliti­sche und keine inhaltliche! Wir diskutieren inhaltlich, wir wollen nicht wieder in die al­ten Klischees zurückfallen, sondern wir wollen wissen: Was brauchen Kinder? Was brauchen ihre Eltern? – Das müssen wir berücksichtigen, wenn wir Reformen angehen.

Frau Ministerin, ein Wort an Sie: Sie sprachen von 62 Vorhaben, die Sie umgesetzt ha­ben. – Das ist wie beim Wilden auf seiner Maschin: Hauptsache schnell, egal, wohin! Die eine Reform geht in die Richtung, die andere geht in die andere Richtung. Solange wir keine Regierung mit einer klaren Vision haben, wo unser Bildungssystem in zehn Jahren sein soll, so lange werden wir keine sinnvollen Diskussionen haben.

Diese Vision muss so ausschauen, dass wir jedes Kind individuell fördern. Jedes Kind in diesem Staat hat ein Recht darauf, in der Schule bestmöglich gefördert zu werden. Und da geht es nicht um Eintopfschule, wie die ÖVP es bezeichnet und dann eine Zweitopfschule vorschlägt, sondern da geht es sozusagen um mehr Farbe in den Schulen, um mehr Möglichkeiten für Lehrerinnen und Lehrer, Kinder zu fördern.

Meine Damen und Herren von der ÖVP! Schauen Sie sich ein bisschen an, was Ihre KollegInnen im Ausland machen! Schauen Sie sich an, was die Konservativen in Polen gemacht haben! – Eine Reform in etwa in die Richtung, wie wir Grünen das wollen. Und das Ergebnis kann sich sehen lassen: Polen war 2000 Schlusslicht, überall, lag deutlich hinter Österreich. Und heute? Heute hat uns Polen in jedem Bereich überflü­gelt. Die Polen liegen inzwischen bei allen Rankings im ersten Drittel. Überall! Das ha­ben die Polen in eineinhalb Jahrzehnten geschafft. Doch Sie von der ÖVP stehen nach wie vor mit beiden Füßen auf der Bremse und verhindern damit, dass es eine ver­nünftige Reform gibt, die inzwischen jeder in Österreich möchte; zumindest ein jeder, der sich im Schulsystem ein ganz klein wenig auskennt. (Beifall bei den Grünen.)

Frau Ministerin, ein Beispiel dafür: Wir alle haben uns im Ausschuss intensiv darüber unterhalten, dass wir endlich den Kindergarten pädagogisch aufwerten sollen. Doch


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was machen Sie? – Sie sprechen bewusst von einem „LehrerInnendienstrecht“. Wir hingegen sprechen von einem „PädagogInnendienstrecht“, weil wir darin auch die KindergartenpädagogInnen erfasst haben wollen, weil endlich auch die Kindergarten­pädagogInnen jene Anerkennung brauchen, die sie für ihre extrem wichtige Arbeit ver­dienen. Wir brauchen die besten PädagogInnen bei den Kleinsten, und die sind im Kin­dergarten und in der Volksschule. (Beifall bei den Grünen.)

Da gibt es ja schon eine interessante Entwicklung: In diesem Land – und das ist die gute Botschaft! – gibt es im Bildungsbereich einen gesellschaftlichen Aufbruch, einen Aufbruch, der bislang leider an der Politik vorbeigegangen ist. Insbesondere die ÖVP hat es noch nicht erfasst. Es haben nämlich die Sozialpartner vor zwei Tagen in Bad Ischl, unter ihnen viele von der ÖVP – und da würde mich schon interessieren, was die Herren von der Wirtschaftskammer und vom Wirtschaftsbund der ÖVP dann dazu sa­gen –, ein Papier veröffentlicht, wo man – horribile dictu! – die Gemeinsame Schule fordert. (Abg. Öllinger: Kommunisten!) Dieses Papier ist zwei Tage alt, bitte! Ja, meine Damen und Herren von der ÖVP und vom Wirtschaftsbund, trauen Sie sich das par­teiintern vielleicht nicht zu sagen, oder sind da drinnen bei Ihnen verkappte Kommu­nisten? Da müssen Sie aufpassen!

Also: Nähern Sie sich bitte endlich dem europäischen Standard und legen Sie sich nicht weiter quer, denn sonst verspielen Sie da die Zukunft!

Ihre Wirtschaftstreibenden haben das erkannt. Ich war insbesondere im Juli in einer Vielzahl von Betrieben in Vorarlberg. Überall dasselbe: Kopfschütteln über die Position der ÖVP, nämlich Kopfschütteln darüber, dass Jugendliche mit 15 Jahren nicht sinner­fassend lesen können, und Kopfschütteln darüber, dass die Wirtschaftskammer in Vor­arlberg Prämien aussetzen muss, damit man Kinder, damit man Jugendlichen, die eine Lehre beginnen, ordentlich lesen und schreiben beibringt.

Das haben Sie verbockt! Jahrzehntelange ÖVP-Bildungspolitik hat das verbockt! Und jetzt müssen wir reparieren: Da ein bisschen reparieren und da ein bisschen reparie­ren! Das müssen wir tun, das ist klar. Aber das Wesentliche ist der große Entwurf: dass wir uns über die grundlegenden Ziele einigen! Das ist wesentlich. Doch da fehlt es leider nach wie vor an Bereitschaft. (Beifall bei den Grünen.)

Frau Ministerin! Sie haben unter anderem auch gesagt, Andreas Schleicher habe am österreichischen Bildungssystem auch Positives gefunden. Sie haben aber doch si­cherlich seine Aussagen zur Gänze gelesen und wissen daher, dass er gesagt hat, das österreichische Bildungssystem sei nach wie vor eines der ungerechtesten in ganz Europa. Also schauen Sie sich bitte genau an, was Andreas Schleicher gemeint hat! Und schauen Sie sich genau an, was die OECD uns da mitteilt!

Denn es schaut nicht gut aus: Wenn wir heute im 1. Bezirk in Wien 94 Prozent der Kin­der in der AHS-Unterstufe angemeldet haben und es Bezirke gibt, wie etwa Hermagor in Kärnten oder den Bregenzer Wald in Vorarlberg, wo die Anmeldequote zwischen 1 und 2 Prozent liegt, dann haben wir sozial ein ungerechtes Schulsystem und dann ha­ben wir, wie dieser Fall zeigt, regional ein ungerechtes Schulsystem. Genau das soll die ÖVP ihren Gefolgsleuten, insbesondere ihrer ländlichen Anhängerschaft, deutlich machen: dass sie nämlich den ländlichen Raum bildungsmäßig ganz massiv benach­teiligt! (Beifall bei den Grünen.)

Kinder sind keine Leistungsmaschinen, Kinder brauchen Zeit, Kinder müssen in Ruhe lernen können. Dazu braucht es grundlegende Reformen, da muss man die Lehrerin­nen und Lehrer unterstützen und darf sie nicht prügeln. Der Frust an den Schulen ist sehr groß, und das ist verständlich.

In einem, Herr Präsident – bitte jetzt nicht erschrecken! –, stimme ich Ihnen zu: Es geht nicht an, dass wir ein neues LehrerInnendienstrecht haben, wo einzelne Gruppen we-


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niger verdienen als vorher. Das ist indiskutabel! Lehrerinnen und Lehrer verdienen jetzt schon nicht ausreichend, und es kann nicht sein, dass einzelne Gruppen schlech­ter gestellt sind. (Beifall bei den Grünen.)

Wir müssen Kinder in den Mittelpunkt stellen! Kinder sind von Natur aus neugierig, sie sind wissbegierig. Wir müssen ein System haben, wo wir ihnen das in der Schule nicht austreiben, sondern wo wir das fördern. Dafür stehen wir Grünen! Und dazu brauchen wir ein LehrerInnendienstrecht, das das unterstützt, das nämlich die Lehrerinnen und Lehrer in die Lage versetzt, die Kinder auch wirklich zu unterstützen! Derzeit ist das nicht der Fall. Wir Grüne arbeiten daran, dass das der Fall sein wird. Nach dem 29. September werden wir unseren Beitrag dazu leisten. – Danke. (Beifall bei den Grü­nen.)

12.48


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Klubobmann Bucher. – Bitte.

 


12.49.00

Abgeordneter Josef Bucher (BZÖ): Herr Präsident und oberster Lehrergewerkschaf­ter der Republik Österreich! Meine sehr geehrten Damen und Herren von Rot und Schwarz, am Abend wird der Faule fleißig! Das habe ich mir gedacht, als ich gehört ha­be, dass Sie sich noch vor den Wahlen dazu durchringen konnten, ein neues Leh­rerInnendienstrecht zu beschließen.

Ich habe im Grunde genommen den gleichen Eindruck wie die gesamte Bevölkerung und alle die sich mit dem Bildungssystem in Österreich in den letzten Jahren ausein­andergesetzt haben: Es ist so, dass Sie wieder genau den gleichen Fehler machen wie bei den Wahlgängen zuvor, nämlich: Da wird vor den Wahlen etwas versprochen und nach den Wahlen wieder zerbrochen und gebrochen.

Genau das können wir bei dem Schicksalsthema „Bildung“ überhaupt nicht brauchen, denn Bildung ist eines der zentralen Themen überhaupt, die wir uns zu Herzen neh­men sollten! Und das für einen Wahlgag zu missbrauchen, ist grob fahrlässig. (Beifall beim BZÖ.)

Frau Bundesministerin! Das ist etwas, was ich auch Ihnen ankreiden muss, denn wir haben keinen Masterplan für die Bildung in Österreich. Es ist schon richtig, dass immer nur die Lehrergewerkschafter ins Zentrum der Bildungspolitik gestellt werden, was im Grunde niemand, der sich über das Bildungssystem in Österreich Gedanken macht, versteht, dass nämlich immer nur über die Befindlichkeiten der Lehrer diskutiert wird. Lehrer sind wichtig, und es gibt eine stattliche Anzahl von bestqualifizierten Lehrern in Österreich, überhaupt keine Frage, aber die Lehrer sind meiner Meinung nicht das Pro­blem, sondern die Regierungspolitik ist das Problem. Genau das ist das Problem! (Bei­fall beim BZÖ.)

An diesem Problem müssen wir arbeiten! Die Regierung von Rot und Schwarz muss endlich einmal erkennen, dass wir eine generelle Schulreform in Österreich brauchen und dass es nicht damit getan ist, dass die Lehrer in Zukunft zwei Stunden länger pro Woche in der Schule verbringen. Damit ist das Problem ja nicht gelöst, meine sehr geehrten Damen und Herren von den Regierungsparteien, sondern bestenfalls um ein paar Monate verzögert!

Im Wesentlichen geht es uns darum, dass wir als Partei der modernen Mitte den Schüler in den Mittelpunkt der Bildungsreform stellen. Der Schüler steht im Zentrum, um den Schüler geht es und darum, dass der Schüler ein Anrecht darauf hat, in Öster­reich bestens ausgebildet zu werden, damit er nach der neunten Schulstufe, wenn er die Schule verlässt, die wichtigsten Kulturtechniken unserer Zivilisation beherrscht. (Beifall beim BZÖ.)


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Ich billige ja allen Parteien zu, dass sie es im Grunde genommen mit der Bildung in Ös­terreich gut meinen. Aber nehmen Sie dann doch endlich auch die Entparteipolitisie­rung der Schule ernst! Ich meine nicht die Entpolitisierung, denn die politische Bildung ist in der Schule auch wichtig, daran kommt man nicht vorbei, vor allem, wenn man schon ab 16 Jahren wählen darf, sondern ich meine die Entparteipolitisierung! (Beifall beim BZÖ.)

Sie, Frau Bundesministerin, haben selbst gemeint, dass das ein wichtiger Dreh- und Angelpunkt ist. Aber dann beginnen wir doch einmal damit! Diskutieren wir endlich auch darüber, wie wir es schaffen, dass die Parteipolitik in der modernen Bildung in Österreich keinen Platz mehr findet! Aber das schaffen wir nur dann, wenn wir eine klare Kompetenzaufteilung machen. Für mich sieht diese klare Kompetenzaufteilung so aus, dass Bildung Bundeskompetenz ist und die Landesfürsten und auch die Bür­germeister nicht in die Schule und in die Bildung hineinregieren dürfen. (Demonstra­tiver Beifall beim BZÖ.)

Das Parteibuch darf in der Schule und bei den Lehrern keinen Stellenwert mehr ha­ben. Es ist heute noch gang und gäbe beziehungsweise gelebte Praxis, dass in Nie­derösterreich jeder Lehrer ein schwarzes Parteibuch haben muss und in Wien ein ro­tes. Das ist heute noch gelebte Praxis! Tagtäglich erleben wir das. Jeder, der hier he­rinnen sitzt, weiß das. Daher verstehe ich nicht, dass wir uns nicht endlich darauf ver­ständigen können, eine klare Kompetenzaufteilung vorzunehmen. Wenn das wirklich jedem hier herinnen ein Anliegen ist, so wie er es jedem Wähler und jeder Wählerin außerhalb dieses Hauses verspricht, dann muss er dazu stehen, dass hier entpartei­politisiert wird und die Kompetenzen klar geregelt werden.

Der zweite große Punkt, Frau Bundesministerin: Es muss eine klare Zieldefinition ge­ben! Für mich als einen, der sagt, dass Bildung ein wesentlicher Pfeiler unseres Wohl­standes ist, der uns das Überleben in Zukunft sichern muss, kann das Ziel Nummer eins nur sein, dass kein Schüler in Österreich die Schule verlässt, ohne sinnerfassend lesen, rechnen und schreiben zu können. Das muss das Ziel Nummer eins sein, das wir zu verfolgen haben! (Beifall beim BZÖ.)

Niemand darf vorher die Schule verlassen. Jeder muss so lange in der schulischen Ausbildung bleiben, bis er das vollkommen beherrscht. Anders kann ich mir nicht vor­stellen, dass Bildung funktionieren kann. Wir wissen, dass 20 Prozent aller Pflichtschul­abgänger bei uns die Kulturtechniken nicht beherrschen. Und das ist ein Armuts­zeugnis für den Zustand unserer Bildungspolitik! An die 100 Millionen € pro Jahr müs­sen die Eltern für Nachhilfestunden ausgeben.

Allein diese beiden Punkte sind der überzeugendste und beste Beleg dafür, dass die Bildung in Österreich nicht funktioniert, meine sehr geehrten Damen und Herren! Und das belegt, dass das ein Kapitalversagen von Rot und Schwarz ist. Als etwas anderes ist das nicht zu bezeichnen.

Ob diese Probleme eine Gemeinsame Schule oder Ganztagsschulen in Zukunft lösen werden, ist jetzt nicht so sehr die Frage, sondern entscheidend ist, dass es eine innere Differenzierung im Schulsystem gibt. Und dazu brauchen wir auch die Gymnasien. Wir müssen die guten Schüler fordern und die schlechten fördern. Daran führt kein Weg vorbei! Und wir brauchen ein einheitliches Dienstrecht, und zwar allein aus der Tat­sache heraus, dass nur fair und gerecht sein kann, was Pädagogen in Österreich ver­dienen, und zwar von den KindergartenpädagogInnen an bis hinauf zum Hochschul­lehrer. Und dafür brauchen wir ein einheitliches Dienstrecht! (Beifall beim BZÖ.)

Wir wollen einmal wissen, ob Rot und Schwarz hier herinnen auch tatsächlich zu dem stehen, was ihre Spitzen in puncto Lehrerdienstrecht ausverhandelt haben. Wir wollen hier heute den Bildungselchtest machen. Deshalb bringen wir diese Sache hier in Form


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eines Fristsetzungsantrages ein. Dann werden wir sehen, wie ernst es den Roten und Schwarzen tatsächlich ist, in puncto Bildung etwas weiterzubringen.

Wir sagen: Ja, wir sind dabei! Es stehen zwar viele Kilometer an Verhandlungen noch vor uns, aber wenn man berücksichtigt, wie wenig in den letzten Jahrzehnten hier wirk­lich vorangebracht wurde, meine sehr geehrten Damen und Herren von Rot und Schwarz, dann, muss ich sagen, ist jeder Millimeter Bewegung gut für unser Bildungs­system und positiv für die Schülerinnen und Schüler. Deshalb mein Appell: Stimmen auch Sie heute diesem unserem Fristsetzungsantrag zu! (Beifall beim BZÖ.)

12.57


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Klubobmann Ing. Lugar. – Bitte.

 


12.57.11

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben heute wieder einmal etwas erlebt, was symptomatisch ist für das Problem: Die Frau Ministerin hat sich hier hingestellt und hat all das anerkannt, was seit Jahrzehnten gefordert wird.

Erstens: Die Länderrechte müssen eingeschränkt werden.

Zweitens: Der Landesschulrat muss abgeschafft werden.

Und das Dritte und Allerwichtigste: Die Politik muss raus aus der Schule.

All das hat die Frau Ministerin erkannt und hat es auch heute hier gesagt, was ich sehr mutig finde, aber genau das ist das Problem (Zwischenrufe bei der SPÖ), denn das hat vor 26 Jahren auch eine SPÖ-Ministerin schon erkannt. Aber was ist denn in der Zwischenzeit passiert? (Neuerliche Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Frau Ministerin, dass Sie das erkannt haben, ist ganz selbstverständlich, denn Sie ken­nen ja die Probleme. Wenn Sie als Ministerin die Probleme nicht kennen würden, dann wäre das wirklich traurig. Nur: Das Problem ist, dass Sie es nicht umsetzen können, dass Sie es nicht ändern können. (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Schon wieder ein Problem: das Problem des Problems!) Und Sie selbst haben auch erklärt, warum Sie es nicht ändern können, und zwar haben Sie Folgendes gesagt: Mehr war einfach nicht möglich (Abg. Mag. Kogler: die Funktionäre!), und zwar deshalb, weil  (Neu­erlicher Zwischenruf des Abg. Mag. Kogler.)

Und es sitzt heute jemand am Präsidium, der der Blockiererei und dem Verhindern ein Gesicht gegeben hat. So sehr ich Sie als zweiten Nationalratspräsidenten schätze, Herr Neugebauer, so sehr muss ich sagen: Sie haben dem Verhindern und Blockieren in diesem Land ein Gesicht gegeben. Letztlich haben Sie es mit Ihrer Verhinderungs­taktik geschafft, erstens der Gewerkschaft einen Bärendienst zu erweisen – und die Bevölkerung lässt sich das nicht länger gefallen: dieses Verhindern –, und zweitens ha­ben Sie damit aufgezeigt, wie machtlos Rot und Schwarz in dieser Republik sind.

Sie haben das bewiesen! Sie haben bewiesen, dass diese Konstellation auch nach der Wahl nichts zustande bringen kann. Das geht nicht! Rot und Schwarz sind blockiert, und zwar durch sich selbst.

Ich spreche ja mit vielen Abgeordneten aus beiden Fraktionen. (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Ehrlich?) Und da gibt es ja auch ganz vernünftige Leute. (Abg. Dr. Bela­kowitsch-Jenewein: Wen?) Es gibt ja auch bei der ÖVP und bei der SPÖ ganz vernünftige Leute. Und immer wieder höre ich das Gleiche: Es ist unerträglich, mit dem jeweils anderen zu regieren, es wird nur blockiert, es geht nichts weiter! (Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP.)

Auch diese Abgeordneten wissen, dass in diesem Lande etwas weitergehen sollte, aber sie können nicht mehr miteinander regieren. Daher sage ich: Befreien wir die Ab-


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geordneten von ÖVP und SPÖ von ihrem Joch! Befreien wir sie aus dieser großen Koalition und schaffen wir neue Mehrheiten im Parlament (demonstrativer Beifall beim Team Stronach), denn nur dann können wir endlich etwas für die Bildung, für die Pen­sionen, für die Gesundheit und gegen diese Verwaltung tun!

Wir müssen doch endlich die Probleme dieses Landes in Angriff nehmen! Aber die Frau Ministerin steht auch heute hier hilflos da. (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Sie sitzt eh, sie hat sich eh hingesetzt!) Sie hat erkannt, woran es scheitert, und zwar nicht daran, dass sie eine schlechte Ministerin wäre – ich sehe das ganz differenziert –, sie leistet durchaus gute Arbeit, aber sie kann sich in ihrem Wirken nicht entfalten, weil sie dabei behindert wird. Das ist das Problem! (Abg. Mag. Kogler: Von wem?) – Von wem? – Na gegenseitig: Die SPÖ wird von der ÖVP blockiert, und die ÖVP blockiert die SPÖ. Das ist der Punkt! Und da müssen wir schauen, dass  (Abg. Brosz: Die ÖVP blockiert sich selber!) – Genau, das ist der Punkt!

Der Herr Spindelegger hat einen Witz gebracht. Er hat gesagt: Was haben eine SPÖ- und eine ÖVP-Versammlung gemeinsam? – Beide sprechen schlecht über die ÖVP, hat der Herr Spindelegger gesagt. Das heißt, er kennt sich aus in seiner Partei, er weiß, wie es dort zugeht. Und das ist der Punkt! Ich will jetzt nicht die ÖVP und die SPÖ schlechtmachen, es gibt, wie bereits gesagt, gute Abgeordnete in diesen beiden Parteien. Das Problem ist nur: Miteinander geht es nicht mehr!

Deshalb ersuche ich die Österreicher und Österreicherinnen: Bitte, machen Sie nicht den Fehler am 29. September und schicken Sie wieder diese zwei Parteien in eine Koalition, wo wir wieder fünf Jahre auf Reformen warten müssen! Machen Sie das nicht!

Schaffen Sie die Möglichkeit für neue Mehrheiten im Parlament! Und dann können wir gemeinsam endlich etwas bewegen. Ich glaube, das haben sich die Menschen in die­sem Land verdient. – Vielen Dank. (Beifall beim Team Stronach. – Abg. Grosz: Was ist mit Neugebauer?)

13.01


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Kuntzl. – Bitte.

 


13.01.37

Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl (SPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Die heu­tige Sondersitzung bringt ja einiges Positive. Das Positivste daran ist, dass wir heute über ein wirklich wichtiges, das wichtige Zukunftsthema schlechthin eine parlamentari­sche Debatte führen können, nämlich über die Weiterentwicklung der Bildungschancen in Österreich. (Präsident Dr. Graf übernimmt den Vorsitz.)

Beim ersten Auftritt des Kollegen Lugar habe ich mir zuerst gedacht, das Negative ist die doch etwas jenseitige Darstellung zum Thema seitens des Teams Stronach. Ich möchte positiver denken. Es hat ja auch sein Gutes, dass die Wählerinnen und Wähler an den Fernsehschirmen sehen, was wirklich hinter der Fassade des Teams Stronach geboten wird. (Abg. Neubauer: Money, money, money !) Insofern melden Sie sich bitte noch ein drittes Mal, Herr Kollege Lugar, damit das hier auch eindrucksvoll weiter vermittelt wird.

Es ist für uns ein wichtiges Thema, weil aus unserer Sicht – und diese Meinung teilen wir hier ja weitestgehend – Bildung der Schlüssel für ein selbstbestimmtes Leben und für Chancen für alle Kinder ist. Sie ist für alle Kinder besonders wichtig, gleichgültig, wie dick die Brieftasche der Eltern ist, das darf keine Rolle spielen.

Nur eine Seitenbemerkung zu einem anderen Thema: Kollege Rosenkranz hat sich vorhin Sorgen über Frauenfeindlichkeit gemacht. (Abg. Dr. Rosenkranz: Das schicken


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mir Lehrerinnen!) Herr Kollege Rosenkranz, ich darf Ihnen ein wenig auf die Sprünge helfen, was wirklich frauenfeindlich ist. Ich habe Inserate Ihrer Partei gesehen, auf de­nen Sie schreiben: 1970, die Frauen durften zu Hause bleiben, 2013, die Frauen müs­sen dazuverdienen. (Abg. Dr. Rosenkranz: Das ist die Wahrheit!) – Also bitte, Kol­legen und Kolleginnen der Freiheitlichen Partei, das ist wirklich frauenfeindlich (Beifall bei der SPÖ), im Jahr 2013 noch das Idealbild des Heimchen am Herd zu plakatieren und die Frauen als diejenigen zu sehen, die bestenfalls dazuverdienen würden. Also das, sehr geehrte Damen und Herren, ist wirklich frauenfeindlich! (Abg. Dr. Rosen­kranz: Sie sollten einmal mit den Frauen reden! Reden Sie einmal mit Frauen, die wirklich Kinder haben!)

Die Frauen heute wollen selbstbestimmt leben – damit sind wir auch schon wieder beim Thema –, und der Schlüssel für selbstbestimmtes Leben ist eine gute Ausbildung, und zwar für Frauen und Männer, für Kinder, welcher Herkunft auch immer. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Kollege Lugar, wenn ich Ihnen zuhöre, dann frage ich mich, wo Sie die letzten Jahre verbracht haben. Sie sind hier im Haus gesessen, aber offenbar ist an Ihnen vor­beigegangen, was in den letzten Jahren alles an wichtigen bildungspolitischen Maß­nahmen gesetzt wurde. Ich darf es Ihnen noch einmal in Erinnerung rufen: die klei­neren Schulklassen; die Neue Mittelschule, wo im Gegensatz zu dem, was Sie schrei­ben, selbstverständlich leistungsorientiert gelernt wird, und zwar auf das einzelne Kind hin abgestimmt, um das einzelne Kind zu fördern; der Ausbau der Ganztagsbetreuung mit besonderem Schwerpunkt auf den Ganztagsschulen; ein verpflichtendes Kinder­gartenjahr, gratis, um die Kinder in dieser besonders wichtigen Phase zu fördern, und vieles mehr.

Da kurz vor der Wahl immer gefragt wird, welche Koalition, wer mit wem und was kommt nachher, darf ich auch ein wenig in Erinnerung rufen, sehr geehrte Damen und Herren von den Freiheitlichen, was damals war, als Sie gemeinsam mit der ÖVP re­giert haben. (Abg. Dr. Rosenkranz: Das war super!) Das war in der Phase der Hoch­konjunktur, wo wir budgetär besser dagestanden sind, als wir heute dastehen. Damals gab es weniger Budget für Bildung. Es gab weniger Lehrer – es wurden 8 000 bis 10 000 Stellen abgebaut –, es gab weniger Stunden. Und heute, in einer Phase, in der eine Krise zu bewältigen ist, haben wir gesagt, Bildung muss weiterhin ein Schwer­punkt sein. Daher gibt es heute mehr Budget, mehr Lehrer, und das bei sinkender Schülerzahl.

Ich denke, dass wir diesen Weg weiter beschreiten sollten. (Abg. Neubauer: Wenn es wenigstens ein Weg wäre!) Ich bin auch optimistisch, dass wir unseren derzeitigen Koalitionspartner auf den Weg mitnehmen können, denn, sehr geehrte Damen und Herren von der ÖVP, die verzopften Parolen, die von Ihrer Seite kommen, glaubt Ihnen niemand mehr. In privaten Gesprächen höre ich, dass selbst Ihre eigenen Leute das nicht mehr glauben und auch nicht mehr wollen, dass Sie die Entwicklung unseres Landes vom europäischen Fortschritt abkoppeln.

Hören Sie, was die Sozialpartner sagen, Ihre Vertreter in der Sozialpartnerschaft – Leitl, Kapsch –, hören Sie, was Ihre Landeshauptleute sagen – Platter, Wallner, Has­lauer! Alle sagen, dass wir in den nächsten Jahren wesentliche Fortschritte in Richtung gemeinsame Schule und in Richtung ganztägig geführte Schulformen machen müssen, weil in diesen Schulformen wirklich die Zukunft für unsere Kinder liegt. (Beifall bei der SPÖ.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll218. Sitzung / Seite 46

13.07


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Prinz. 4 Mi­nuten Redezeit. – Bitte.

 


13.07.13

Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Geschätzte Frau Bundesministerin! Herr Präsi­dent! Meine Damen und Herren! Vorweg darf ich schon einmal festhalten, dass unser Schul- und Ausbildungssystem so schlecht nicht sein kann, wenn man international zum Beispiel die Jugendarbeitslosigkeit in Österreich mit anderen Ländern vergleicht. Ich glaube außerdem, dass wir in Österreich auch in Zukunft neben AHS-Maturanten und AbgängerInnen, AbsolventInnen von Fachhochschulen und Universitäten gut aus­gebildete Facharbeiterinnen und Facharbeiter brauchen werden. (Beifall bei der ÖVP.)

Bei aller Aufgeregtheit, die heute möglicherweise dabei ist, geht es in Wirklichkeit da­rum, unseren Kindern die besten Entwicklungschancen für die Zukunft zu geben. Das sollten wir niemals aus den Augen verlieren. Und die wichtigste Basis und der wich­tigste Baustein für eine gute Schulausbildung sind ja einerseits eine gute Ausbildung aller Lehrkräfte, anderseits, dass wir in den Schulen auch motivierte Lehrerinnen und Lehrer haben. An dieser Stelle all jenen, die motiviert an den Schulen arbeiten, ein herzliches Dankeschön! (Beifall bei der ÖVP.)

Ich glaube, dass es schon wichtig ist – und unser Staatssekretär Sebastian Kurz hat auch entsprechende Vorschläge gemacht –, dass all jene, die in die Schule kommen, entsprechende Deutschkenntnisse haben müssen oder vermittelt bekommen, damit sie auch dem Schulunterricht folgen können. Meine Kollegin Marek hat schon sehr intensiv darauf hingewiesen, einerseits was im Positiven geschehen ist, andererseits zum Bei­spiel Lehrerdienstrecht: Die Begutachtung endet halt nächste Woche am 25. Septem­ber, und eine Begutachtung ist ernst zu nehmen, das heißt, alle Stellungnahmen sind wirklich fundiert und ernsthaft zu diskutieren.

Wir brauchen für die Zukunft ein ausgewogenes, differenziertes und bedarfsgerechtes Bildungssystem, damit wirklich alle Kinder ihre Stärken entdecken, aber auch ihre Schwächen erkennen können. Dazu braucht es in den Schulen einerseits Wahlfreiheit, aber auch Selbstbestimmung für die Schulen. (Abg. Mag. Unterreiner: Und Eltern!)

Eine gute Schulausbildung beginnt in der Volksschule. Es geht darum, dass in der Volksschule wirklich die Grundlagen für Rechnen, Lesen und Schreiben entsprechend vermittelt werden. Wenn man an die nächste Stufe denkt, dann haben wir, denke ich, mit der Neuen Mittelschule oder mit dem Beibehalten der Gymnasien wirklich gute Rahmenbedingungen. Für uns in der ÖVP ist klar, dass wir auch in Zukunft unser ver­fassungsrechtlich abgesichertes differenziertes Schulsystem beibehalten werden und möchten. Wir haben keinen Zugang in Richtung Einheitsbrei, das wird von uns massiv abgelehnt.

Wir von der Volkspartei stehen für Vielfalt statt Einfalt! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. El­mar Mayer: Es klatschen immer weniger!) Wir wehren uns absolut gegen Zwangsbe­glückungen, die leider in den letzten Wochen ja sehr intensiv von der roten, aber auch von der grünen Seite vorgeschlagen werden.

Mit diesem Zugang in der Bildungsdebatte, der hier von Rot und Grün immer wieder eingebracht wird, haben wir nichts am Hut. Und ganz klar sei gesagt: Wenn die Ideen realisiert werden, die in der SPÖ kolportiert und von hochrangigen Funktionären ver­breitet werden – wie von der Stadtschulratspräsidentin geäußert und dann vom Wiener Bürgermeister noch dazu als Zukunftsvision deklariert –, Kinder ab dem ersten Lebens­jahr verpflichtend in den Kindergarten zu schicken, dann bedeutet das nichts Gutes für unser Bildungssystem. Wir sind gegen Zwangsverpflichtung, wir sind gegen Bevormun­dung. Und was die SPÖ und die Grünen da wollen, ist weit weg von der Realität der Familien. (Beifall bei der ÖVP.) Wir stehen ganz klar für Wahlfreiheit. (Abg. Elmar May­er: Dass Sie sich für so etwas hergeben!)

Noch ein offenes Wort zu den Vorschlägen der SPÖ: All jene, die ihre Kinder nicht in eine Ganztagsschule schicken wollen, sollen sie doch in eine Privatschule schicken.


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Eine verschränkte Ganztagsschule heißt nicht mehr und nicht weniger, als dass der Musikschulunterricht um 3 Uhr nachmittags oder das Fußballtraining vorbei sind.

Wir bekennen uns schon dazu, dass es Nachmittagsbetreuung braucht – Ganztags­schulen ja, dort, wo der Bedarf gegeben ist und es im gemeinsamen Schulforum auch entsprechend beschlossen wird. Das heißt, für uns ist Schulpartnerschaft auch in Zukunft wichtig, denn das entspricht der Realität der Familien. (Beifall bei der ÖVP.) Meine Damen und Herren, ein qualitätsvolles Schulangebot, auch für eine Ganztags­schule, braucht entsprechende Rahmenbedingungen, und die kann man nicht so ein­fach herzaubern, sondern die müssen dort geschaffen werden, wo Bedarf ist; daher: Wahlfreiheit und Selbstbestimmung!

Ich denke, es muss die Not in der SPÖ doch schon relativ groß sein, wenn Mitarbeiter der Stadt Wien Aussendungen zum Beispiel an die öffentlichen Bibliotheken mit Wahl­empfehlungen für die SPÖ machen. Da muss doch die Not schon relativ groß sein.

Zusammenfassend zur Schulpolitik: Wir von der ÖVP sind ganz klar für Vielfalt und gegen Einfalt oder Einheitsbrei, wir sind für Wahlfreiheit statt Zwangsbeglückung. Und so manche Meldungen der letzten Wochen, gerade im Bildungsbereich, beweisen, es braucht einen Richtungswechsel in der Regierung. Es braucht einen Kanzlerwechsel zu Michael Spindelegger. (Beifall bei der ÖVP.)

13.12


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu einer Stellungnahme hat sich Frau Bundesminis­terin Dr. Schmied gemeldet. – Bitte.

 


13.12.20

Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Herr Prä­sident! Herr Abgeordneter, ich habe mich jetzt spontan zu Wort gemeldet, weil ich et­was klarstellen möchte. Ich möchte gerne klarstellen, was die Sozialdemokratie unter Wahlfreiheit versteht, wenn wir von Ganztagsschulen sprechen. Wahlfreiheit bedeutet, zwischen Variante A, Halbtagsschule, und Variante B, einer Ganztagsschule, wählen zu können. Das heißt, es muss eine angebotsorientierte Bildungspolitik geben, mit ei­ner echten Wahlfreiheit, wo die Eltern auch zwischen zwei Alternativen wählen können und nicht von Abstimmungsergebnissen abhängig sind. (Beifall bei der SPÖ.) Das ist für uns Wahlfreiheit.

Da Sie die Musikschulen oder Sportvereine angesprochen haben: Sie waren doch mit dabei, als wir hier im Parlament das große Thema Kooperation im 15a-Vertrag mit den Sportvereinen, mit den Künstlern besprochen haben. (Abg. Rädler: Die Brandsteidl auch!?) Es ist unser Weg, das zu integrieren, das mit einzubauen. Daher bitte ich Sie, das hier korrekt darzustellen. Das ist das Konzept der SPÖ zum Thema Ganztags­schule: eine angebotsorientierte Politik mit einer echten Zukunftsperspektive. (Beifall bei der SPÖ.)

13.13


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Belakowitsch-Jenewein. 7 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.13.56

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein (FPÖ): Herr Präsident! Sehr ge­ehrte Damen auf der Regierungsbank! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist hier schon eine etwas hitzige Debatte ausgelöst worden. Frau Bundesminister, ganz kurz zu Ihrer spontanen Stellungnahme, in der Sie gesagt haben, Sie möchten so gerne die Wahlfreiheit: In meinem Heimatbundesland Wien gibt es eine Stadtschulratspräsidentin Brandsteidl, die auch die Wahlfreiheit möchte, nämlich die Wahlfreiheit, verpflichtend


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den Kindergarten ab dem ersten Lebensjahr einzuführen. – So viel zur Wahlfreiheit der SPÖ. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Wenn das die Wahlfreiheit ist, Frau Bundesministerin, von der die SPÖ spricht, dann kann ich nur sagen: Gute Nacht, Österreich! (Bundesministerin Dr. Schmied: Das ist eine einzelne Meinung!) – Oh! Die Frau Bundesminister hat gerade darauf hingewie­sen, die Meinung der Stadtschulratspräsidentin sei eine Einzelmeinung. Ich bin aber nur gespannt, wie sich das dann in Wien weiter entwickeln wird. Ich habe das zuvor noch nicht gehört. Jetzt, plötzlich, heute kommen Sie nach Wochen drauf, dass es sich hierbei um eine Einzelmeinung der Wiener Stadtschulratspräsidentin handelt. So eine ohnmächtige Person ist ja die Dame nicht, dass Sie da jetzt erst draufkommen, und immerhin ist Wien das größte Bundesland. (Beifall bei der FPÖ.) Und das Wiener Schulsystem liegt ganz im Argen, Frau Ministerin, und das wissen Sie ja auch.

Umso entsetzter bin ich, dass auch die ÖVP Wien mit Ihnen natürlich längst aus­paktiert hat, dass die Gesamtschule kommen wird. Es hat ja auch die Spitzenkandida­tin der Wiener ÖVP, Frau Jank, schon gesagt, die Gesamtschule könne kommen, sie möchte sie. Im Übrigen ist das gar nichts Neues, sie hat das heuer nicht das erste Mal gesagt. Bereits 2011 hat Frau Jank gesagt, dass von ihr zur Gesamtschule kein kate­gorisches Nein komme, im Jahr 2012 hat sie dann gesagt, sie wünsche sich eine Ganztagsschule, und jetzt will sie wieder die Gesamtschule. Damit ist gerade in Wien die Freiheitliche Partei die einzige Partei, die noch für ein differenziertes Schulsystem steht (Beifall bei der FPÖ), gerade in der Bundeshauptstadt, gerade dort, wo wir die ganz, ganz großen Probleme haben.

Wenn Sie, Kollege Walser, heute den Bezirk Hermagor, wo nur 2 Prozent aller Schüler in ein Gymnasium gehen, mit Wien vergleichen, wo es 80 bis 90 Prozent sind, dann sage ich Ihnen schon, dass es da krasse Unterschiede gibt. Im Bezirk Hermagor haben Sie den geringsten Ausländeranteil in ganz Österreich. In der Stadt Wien haben Sie den höchsten Ausländeranteil in ganz Österreich. (Beifall bei der FPÖ.) Und genau deswegen gehen doch alle Kinder in Wien ins Gymnasium und drängen alle hin.

Es ist ja nicht so, dass das von ungefähr kommt. Ich nenne als Beispiel eine Volks­schule – ich spreche noch nicht von den Hauptschulen oder den neuen Kooperativen Mittelschulen – in einem Wiener Außenbezirk mit zwei Kindern mit deutscher Mutter­sprache bei zirka 180 Schülern. Zwei Kinder mit deutscher Muttersprache! Jetzt gebe ich zu, vielleicht werden nicht alle 178 völlig ohne Deutschkenntnisse sein. Aber wenn man sich anschaut, wie es dann weitergeht und wie viele 14-Jährige und 15-Jährige die Hauptschulen verlassen, die noch immer nicht Deutsch können, dann rechnen Sie sich einmal aus, was da los ist. Und da haben Sie versagt, da haben Sie kläglich ver­sagt! (Beifall bei der FPÖ.)

Das ist doch der wahre Grund, warum Sie hier Ihre ideologischen Spielchen von Ge­samtschulen spielen wollen: weil Sie genau wissen, dass sich Hauptschulen an vielen Standorten in Wien längst zu Gettoschulen entwickelt haben. Das ist ausländerfeind­lich, was Sie machen, meine Frau Bundesminister, meine Damen und Herren von der SPÖ und auch von den Grünen, denn Sie unterstützen das ja. Und tragischerweise fördert das die ÖVP Wien und fordert das jetzt auch noch aktiv in diesem Wahlkampf. Das geht gegen die Menschen in diesem Land und gegen die jungen Menschen in diesem Land, denn diese Jugendlichen haben keine Chance. (Beifall bei der FPÖ.)

Da kann der Wiener Staatssekretär Kurz fordern, was immer er fordern möchte, wenn es nicht umgesetzt wird, verpufft es wie eine Seifenblase. Wo sind denn die Deutsch­feststellungstests in Wien? Und wo finde ich denn die Kinder, die in Deutsch gefördert werden, bevor sie in den Regelunterricht hinein dürfen? – Das gibt es de facto gar nicht! Das haben wir nicht, das wurde nicht eingeführt, und es wird auch nicht umgesetzt, ob-


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wohl Sie angekündigt haben, dass es in Wien umgesetzt werden wird. Nichts ist ge­schehen.

Stattdessen kommt die Einzelmeinung der Frau Stadtschulratspräsidentin Brandsteidl, die dann sagt, die Kinder sollen mit einem Jahr verpflichtend in den Kindergarten ge­hen. Ich möchte noch einmal betonen: Es ist ja nur eine Einzelmeinung. Ich frage mich nur, wie lange diese Einzelmeinung noch Einzelmeinung bleibt, denn in Wien habe ich noch keinen Widerspruch gehört, und, Frau Bundesminister, soweit ich weiß, kommen auch Sie aus Wien. Ich hätte mir erwartet, dass Sie da sofort reagieren, das haben Sie aber überhaupt nicht getan. (Beifall bei der FPÖ.)

Jetzt, meine Damen und Herren von der ÖVP, noch ganz kurz zu Ihnen, denn Sie spie­len hier schon ein bisschen eine falsche Politik: Zum einen stellen Sie sich hier her, Ih­re Redner schimpfen gegen eine Gesamtschule, regen sich über alles auf und be­haupten, dass es das mit der ÖVP nicht geben werde. Zum anderen haben Sie ge­meinsam mit der SPÖ den Gesetzentwurf für das gemeinsame Dienstrecht einge­bracht. Eine gemeinsame Ausbildung aller Lehrer bedeutet den Schritt in die Gesamt­schule – gleiche Ausbildung, gleicher Unterricht für alle Kinder. Und man hört ja auch schon aus den Ländern, dass Abgeordnete Ihrer Fraktion völlig verzweifelt sind und sagen: Das ist ja längst auspaktiert, nach den Wahlen kommt die Gesamtschule, da können wir uns gar nicht mehr dagegen wehren. Bitte, bleibt ihr wenigstens hart! Ihr seid die Einzigen, auf die wir uns und auf die sich unsere konservativen Wähler noch verlassen können. – So schaut es bereits aus in der ÖVP. Hinter den Kulissen haben Sie das doch längst alles auspaktiert. (Beifall bei der FPÖ.)

Und daher ist es schon etwas verwunderlich, dass ausgerechnet eine Wiener Abge­ordnete der ÖVP, Frau Marek, sich hier herstellt und irgendetwas erzählt. Offensicht­lich weiß sie nicht, was in Wien gesprochen wird. Offensichtlich hat sie keine Ahnung mehr, dass die Wiener ÖVP sich der SPÖ längst so sehr angenähert hat und sich noch viel mehr an die Grünen annähern möchte, dass es in Wien gar kein differenziertes Schulsystem mehr geben soll. In Wien sind wir Freiheitliche der einzige Garant. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Dr. Grünewald: Toll!)

Die ÖVP in den westlichen Bundesländern hat das ja schon lange gefordert. Daher sa­ge ich Ihnen, meine Damen und Herren von der ÖVP: Passen Sie gut auf, was Sie heute hier fordern. Die Wählerinnen und Wähler sind nicht so dumm, sie lassen sich nicht verschaukeln. Sie lesen die Zeitungen und hören auch die Interviews mit Ihren Landeshauptleuten in Salzburg, Tirol, Vorarlberg, aber jetzt auch mit Ihrer Wiener Spit­zenkandidatin. Das hat Sie eingeholt, meine Damen und Herren von der ÖVP! Sie ha­ben die Gesamtschule längst beschlossen hinter den Kulissen. Sie versuchen nur, es noch bis nach der Wahl hinauszuzögern, um Ihre Wähler nicht noch weiter zu vergrä­men. (Beifall bei der FPÖ.)

Die Einzigen, die noch für ein differenziertes Schulsystem in dieser Republik stehen, das sind wir, das ist die Freiheitliche Partei. Mit uns wird es niemals eine Gesamtschu­le geben! (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Mag. Unterreiner: Bravo!)

13.21


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächste Rednerin zu Wort gelangt Frau Abge­ordnete Mag. Musiol. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


13.21.05

Abgeordnete Mag. Daniela Musiol (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Frauen Ministerinnen! Ich bin mir jetzt nicht sicher, ob ich mich wirklich darüber freuen soll, Zeugin dieses blau-schwarzen Heiratsantrages gewesen zu sein, vor allem auch mit solcher Emotion vorgetragen, aber manches bleibt uns halt nicht erspart. (Abg. Kopf: Das war doch eher die Einreichung der Scheidungsklage!)


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Ich möchte mich wirklich nicht mit dem aufhalten, was Sie vorhin gesagt haben, Frau Belakowitsch-Jenewein, aber eines sei hier schon richtiggestellt. Es war zwar ein netter Versuch, Ihre Lieblingsbeschäftigung Ausländerhetze hier in dieses Haus und in die Debatte über Bildung zu tragen, Sie sollten jedoch ganz genau wissen, wenn Sie sich schon über Bildung verbreiten, wie es sich tatsächlich mit den sprachlichen Problemen verhält: Ein Drittel der Kinder, bei denen sprachliche Mängel festgestellt werden, sind nicht Kinder mit Migrationshintergrund, sondern Ihre sogenannten österreichischen Kinder. (Abg. Mag. Unterreiner: Weil sie das in der Schule nicht mehr lernen!) Das heißt also, es ist dies nicht ausschließlich ein Problem von Kindern mit Migrationshin­tergrund, sondern es ist ein Problem unseres Bildungssystems, ungeachtet der Her­kunft der Kinder. Nehmen Sie das zur Kenntnis und verdrehen Sie die Tatsachen nicht! (Beifall bei den Grünen.)

Heute ist schon sehr viel darüber gesprochen worden, was alles gelungen ist in der Bil­dungspolitik. Einen Fortschritt habe ich auch in dieser Debatte gesehen, nämlich dass anscheinend endlich alle erkannt haben, dass Bildung nicht erst in der Schule beginnt, sondern schon im Kindergarten. (Abg. Mag. Unterreiner: Bei den Eltern, in der Fa­milie! Das ist auch Bildung!) Das war vor fünf Jahren, als ich in dieses Haus eingezo­gen bin, noch nicht der Fall. Da war die Bildungsdebatte Schuldebatte und die Kinder­gärten waren Betreuungseinrichtungen. Jetzt haben wir endlich das erreicht, was schon seit Jahren ExpertInnen und auch Grüne sagen, dass nämlich klargelegt ist, dass Bil­dung schon im Kindergarten beginnt. (Beifall bei den Grünen.)

Frau Ministerin Schmied! Umso befremdlicher ist es, dass Sie heute hier vom LehrerIn­nendienstrecht gesprochen haben – mein Kollege Walser hat das schon angespro­chen –, dass rund um die Ausbildung oft von der LehrerInnenausbildung gesprochen wurde, dann hat man sich korrigiert und von der PädagogInnenausbildung gesprochen. Was jedoch tatsächlich in diesen Gesetzen enthalten ist, ist, dass die PädagogInnen der Elementarpädagogik – also der Kindergärten, der Krippen – fehlen. Das ist ein massiver Mangel, der behoben werden muss. (Beifall bei den Grünen.)

Es reicht nicht, rund um Wahlen irgendwelche Ankündigungen und irgendwelche Ver­sprechungen zu machen. Knapp vor Beginn des Wahlkampfs, vor dem Sommer, wurde plötzlich angekündigt, man wolle mehr Geld in den Ausbau unserer Kinderbetreuung stecken – in den Ausbau unserer Kinderbildung, hätte ich formuliert. Die Ministerinnen von ÖVP und SPÖ haben es anders formuliert. Es wurde angekündigt, jedes Jahr 100 Millionen € dafür zu verwenden, etwas, was wir schon seit Langem fordern, was wir schon seit fünf Jahren hätten machen können und was uns, wie Kollege Walser auch schon vorher ausgeführt hat, absolut weit nach vorne gebracht hätte in diversen Rankings und womit wir komplett anders dastehen würden in der Bildungsdebatte, vor allem in der elementarpädagogischen Bildungsdebatte, als wir das jetzt tun.

Sie alle wissen: 2010 hätten wir bestimmte Ausbildungs-/Betreuungsquoten erreichen sollen. Was haben wir erreicht? – Dass wir die Quoten, die von der EU vorgegeben sind, nämlich 33 Prozent bei den Unter-Dreijährigen, frühestens 2018/19, wenn nicht später erreichen werden. Und da haben wir noch nicht über qualitativ wertvolle Bil­dungsplätze gesprochen. Da ist noch viel zu tun. Da haben wir noch nicht darüber ge­sprochen, dass wir einheitliche Standards in ganz Österreich geschaffen haben, was die Öffnungszeiten betrifft, was die Ausbildung der PädagogInnen betrifft, was die Gruppengröße betrifft, was die Möglichkeiten der PädagogInnen betrifft, Weiterbildung zu besuchen, Zeit für Elternarbeit zu haben. Das sind alles Themen, die natürlich auch beim LehrerInnendienstrecht Thema waren. Das haben wir alles noch nicht erreicht!

Frau Ministerin! Da finde ich es schon sehr vermessen, sich hier herzustellen und zu sagen, wir haben auch noch viel vor und wir werden das angehen, denn in den letzten fünf Jahren haben wir regelmäßig über die einheitlichen Bildungsstandards im Bereich


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll218. Sitzung / Seite 51

der Kindergärten, der Elementarpädagogik gesprochen. Alle Parteien haben gesagt, dass das notwendig ist. Nur, umgesetzt wurde das nicht, beschlossen wurde es nicht. Jedes Mal, wenn unser Antrag zur Abstimmung kam, sind die VertreterInnen von SPÖ und ÖVP, die vorher gesagt hatten, dass das wichtig wäre, die es auch jetzt wieder in der Debatte sagen, nicht aufgestanden. Sie werden am 29. September nicht daran gemessen werden, was Sie ankündigen, sondern Sie werden daran gemessen, was Sie umgesetzt haben. Und in diesem Fall haben Sie wenig umgesetzt. (Beifall bei den Grünen.)

13.26


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächste Rednerin gelangt Frau Abgeordnete Haubner zu Wort. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


13.26.17

Abgeordnete Ursula Haubner (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen Ministerinnen! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich zitiere: „Die größte Gefahr für Ös­terreichs Zukunft geht von einer Politik aus, die nicht die Kraft findet, sich den Hausauf­gaben zu stellen und mit Konsequenz, Entschlossenheit und Hartnäckigkeit ihre Ziele zu verfolgen.“ – Es ist dies ein Zitat von Hannes Androsch aus seinem Buch „Das Ende der Bequemlichkeit“. Ich glaube, man könnte die Politik von Rot und Schwarz im Ge­samten und in vielen Teilbereichen nicht besser beschreiben. Besonders trifft das auch auf die Bildungs- und Schulpolitik der letzten fünf Jahre zu. (Abg. Rädler: Der Herr An­drosch ist dieser Ansicht!)

In der Bildungs- und Schulpolitik gibt es jede Menge von Konzepten, jede Menge von Expertenvorschlägen. Einiges, Frau Bundesministerin, haben Sie auch gemeinsam mit uns umgesetzt, aber das große Ziel, die großen Brocken fehlen beziehungsweise wur­den nicht in Angriff genommen. Was ist der Grund dafür? – Der Grund dafür ist einzig und allein, dass parteipolitische und ideologische Fesseln sowohl bei ÖVP als auch bei SPÖ diese Zukunftsinvestitionen für unsere Kinder verhindern und bremsen. (Beifall beim BZÖ.)

Die Ist-Situation ist ja hinlänglich bekannt. Wir haben ein Schulsystem, in das sehr viel investiert wird, 15 Milliarden € im Budget. Der Großteil wird für Personalkosten verwen­det und für Verwaltung. Wir haben Schüler, die mittelmäßig bis schlecht sind. Ich möchte jetzt gar nicht auf die Grundkompetenzen eingehen. Ich möchte aber noch einmal auf unsere seit Jahren erhobene BZÖ-Forderung hinweisen, dass wir nach der 9. Schulstufe, das heißt also nach dem Pflichtschulabschluss, notwendiger denn je ei­nen nachweisbaren Bildungsabschluss brauchen, der den jungen Menschen auch sig­nalisiert: Ihr seid reif nicht nur für das Leben, sondern ihr seid reif auch für den Ar­beitsmarkt, für eine berufliche Ausbildung.

Das Geld ist geparkt in einer überbordenden Verwaltung, in Mehrgleisigkeiten, in par­teipolitischen Gremien und fehlt überall dort, wo es wirklich gebraucht wird: in den Klassenzimmern, bei der Ausstattung. Es fehlt beim zusätzlichen Förderunterricht. Denken wir nur an die hohen Kosten der Nachhilfe, die sich wirklich nur wohlhabende Eltern leisten können. Und es fehlt mittlerweile auch an einer entsprechenden Ausstat­tung mit Pädagoginnen und Pädagogen. Viele gehen in Pension. Es müssen zum Teil Studierende in die Klassen kommen, und das geht auch auf Kosten von Freigegen­ständen, die zum Teil nicht gehalten und absolviert werden können.

Wir haben die zwei großen Baustellen der Reform der Schulverwaltung. Seit einem Jahr bringt das BZÖ einen entsprechenden Antrag zur Reform der Schulverwaltung im­mer wieder ein. Der wird immer wieder ad acta gelegt, wird vertagt. Frau Bundesmi­nisterin! Sie sagen immer in großer Ehrlichkeit und Offenheit: Das ist derzeit nicht machbar. Das ist derzeit wahrscheinlich nicht machbar mit dem Koalitionspartner, aber auch nicht mit den Ländern.


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Und das kann es in Zukunft einfach nicht sein. Es können doch nicht Länderinteressen vor den Interessen unserer Kinder stehen. Wollen wir das? – Wir vom BZÖ wollen das nicht! Wie unser Klubobmann Josef Bucher schon gesagt hat, der springende Punkt ist: Wie ist das Schulwesen in Gesetzgebung und Vollziehung fixiert? Es muss dem Bund übertragen werden. Wenn das nicht geschieht, dann werden wir nie aus diesem Dilemma herauskommen und dann wird Parteipolitik in den verschieden gefärbten Län­dern immer wieder über den Interessen unserer jungen Menschen stehen.

Wir haben auch in einer der letzten Sitzungen die sogenannten Bezirksschulräte ab­geschafft. Wir vom BZÖ waren die Einzigen, die nicht mitgestimmt haben, denn es ist keine Reform gewesen. Es ist jetzt eine Art Bezirksschulräte light. Es kommen regio­nale Außenstellen des Landesschulrates, so werden sie bezeichnet. Und wenn man bedenkt, eine regionale Außenstelle des Landesschulrates, da ändert sich nichts mehr am Parteienproporz. Die Kollegien bleiben entsprechend der letzten Landtagswahl zu­sammengesetzt. Und da frage ich mich: Was ist das für eine Reform? Das ist vielmehr Augenauswischerei, ein Bluff, damit man nach fünf Jahren Regierungsarbeit sagen kann, wir haben in der Schulverwaltung etwas reformiert.

Ich wundere mich auch, dass das Team Stronach, das heute hinsichtlich Parteipolitik in der Schulverwaltung so angriffig sein möchte, diesem Vorschlag der Reform der Be­zirksschulräte zugestimmt hat.

Es ist auch nicht mehr zeitgemäß, eine Schulsprengeleinteilung zu haben. Ich weiß, in Wien und im Burgenland gibt es das nicht mehr, aber in allen anderen Bundesländern ist das noch der Fall. Und ich muss sagen, ich möchte nicht als Mutter, ich möchte nicht als Elternteil, dass der Bürgermeister oder kommunale Vertreter darüber ent­scheiden, wo mein Kind in die Schule geht. Diese Freiheit, diese Entscheidungsfreiheit haben die Eltern und niemand anderer.

Über das Lehrerdienstrecht ist schon viel geredet worden. Lieber Herr Kollege Mayer! Dass wir da so schnell den Sack zumachen – ich weiß, das war ein beliebtes Wort, be­sonders von dir in den vergangenen Jahren –, daran glaube ich nicht. Es ist ein guter Gag, sage ich jetzt einmal, das auf die Reise zu schicken. Ihr wisst jedoch alle ganz genau, in der nächsten Legislaturperiode wird wieder von vorne begonnen. Es wird nicht in diesem Sinn weitergehen. Und ich sage, das ist unverantwortlich. Es ist nicht nur unverantwortlich den Kindern gegenüber, dass das immer die Hauptdiskussion ist, es ist auch unverantwortlich gegenüber jenen Lehrerinnen und Lehrern, die wirklich en­gagiert und gut arbeiten, die wirklich geeignet sind für diesen Pädagogenberuf und die eigentlich die Zeit haben wollen, um mit den Kindern, mit den Jugendlichen etwas wei­terzubringen. Und dass sich die auch ständig rechtfertigen müssen, dass sie viel ar­beiten, dass sie etwas tun, das muss jetzt auch endlich einmal aufhören.

Daher unsere Forderung: Rahmenarbeitszeit, Rahmenarbeitszeit mit genauer Defini­tion der Aufgaben. Und für jene Lehrer, die mehr leisten, die zusätzliche Aufgaben übernehmen, muss diese Leistung auch besser entlohnt und belohnt werden. Also ein­heitliches Lehrerdienstrecht, aber nicht alle über einen Kamm scheren, denn es gibt wie in jeder Sparte besonders Fleißige, besonders Engagierte und solche, die halt nur entsprechend ihren Vorgaben ihre Leistungen erbringen.

Kollege Lugar hat die Schule mit einer sogenannten Produktionsstätte verglichen. Sie haben gesagt, da werden Schüler oder Menschen produziert. Also ich finde das irgend­wie abenteuerlich. (Beifall beim BZÖ.)

Ich finde, dass Schule neben der Familie ein ganz, ganz wichtiger Lebensraum ist, in dem die Kinder das Recht haben, die bestmögliche Ausbildung zu bekommen in einem modernen und individuellen Unterricht, ein Lebensraum, in dem sie auch aufgrund ihrer Fähigkeiten, ihrer Talente erfolgreich lernen können und wo sie auch erfolgreich zu ei-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll218. Sitzung / Seite 53

nem Abschluss gelangen können. Und sie haben auch ein Recht auf die besten Lehrer in diesem Lebensraum. Und es ist keine Produktionsstätte.

Daher braucht es einen Richtungswechsel in der Bildungspolitik – überhaupt keine Fra­ge –, aber nicht, wie Kollege Prinz gesagt hat, in Richtung ÖVP, sondern es braucht auch in der Bildungspolitik einen Richtungswechsel in Richtung moderne Mitte, wie sich auch das BZÖ versteht. Denn wir vom BZÖ haben in den vergangenen Jahren in Anträgen, in Diskussionen immer ganz klargemacht, was unser Hauptziel ist, wofür wir stehen, wofür wir die Weichen stellen. Und es braucht einfach in dieser neuen Legis­laturperiode eine Allianz der Bildungsvernünftigen, sage ich jetzt einmal, und eine Al­lianz der Zukunftswilligen. (Beifall beim BZÖ.)

Und wenn wir diese Allianz schaffen, dann stellen wir die Interessen und die Chancen der zukünftigen Generationen in den Mittelpunkt und nichts anderes. Denn Österreich kann es sich nicht leisten und jeder Einzelne von uns kann es sich nicht leisten, dass junge Menschen weiter zu den Bildungsverlierern zählen. – Danke. (Beifall beim BZÖ.)

13.35


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächste Rednerin gelangt Frau Abgeordnete Schenk zu Wort. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


13.36.11

Abgeordnete Martina Schenk (STRONACH): Herr Präsident! Frauen Ministerinnen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zu den vorangegangenen Redebeiträgen kann man durchaus sagen: Danke, setzen, nicht genügend!, zumindest aufgrund eini­ger Passagen, die hier ausgesprochen worden sind, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall beim Team Stronach.)

Die Zahlen, Daten und Fakten sprechen für sich. Unsere Dringliche Anfrage an die Frau Ministerin wurde ausreichend begründet. Es gibt Probleme im Schulbereich. Sie haben sie ja auch zugegeben. Es ist natürlich auch so, dass sich einiges geändert hat, wo wir auch mitgestimmt haben. Es hat Verbesserungen gegeben. Es ist aber nach wie vor so, dass großer Handlungsbedarf besteht.

Wenn man sich ansieht, dass ein Viertel der Pflichtschulabgänger nicht sinnerfassend lesen und auch nicht schreiben kann, dann ist das schon ein Alarmzeichen, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Auch die Parteibuchwirtschaft – das Parteibuch gilt immer noch als wichtigstes Unter­richtsmaterial im österreichischen Bildungssystem, und das kann es wohl auch nicht sein. Sie haben hier heute auch gesagt, Frau Ministerin, dass Sie für eine Entpolitisie­rung der Schule sind. Damit sind Sie auf unserer Seite oder wir auf Ihrer Seite, je nachdem, wie man es sehen mag. Es ist jedoch auch kein gutes Zeichen oder kein gu­tes Indiz, wenn man hört, dass Kanzler Faymann vorhat, Sie abzulösen, und seinen Kompagnon, oder wie immer man Staatssekretär Ostermayer auch nennen mag, schon als Minister in Stellung bringt. Er möchte Sie eben ablösen, weil Sie für weitere Verbesserungen im Schulbereich bereit sind und auch bereit sind, die Schule zu ent­politisieren. Das rechnen wir Ihnen auch hoch an, und dafür möchte ich Ihnen an die­ser Stelle auch danken.

Wir dürfen aber nicht wegschauen; wir müssen schon auch die Probleme ansehen und diskutieren. Dass jeder vierte Schüler Nachhilfe braucht, meine sehr geehrten Damen und Herren, Frau Ministerin, ist ein weiteres Alarmzeichen. Es wurde heute schon der Bildungsexperte Andreas Salcher erwähnt. Ich möchte aus einem Interview zitieren, das er unlängst gegeben hat, in dem er gesagt hat: Ich habe Mails erhalten, in denen mir Eltern schreiben, dass sie zwischen 5 000 € und 7 000 € pro Jahr für Nachhilfe ausgeben. – Zitatende. Meine sehr geehrten Damen und Herren! 5 000 € bis 7 000 €


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll218. Sitzung / Seite 54

pro Jahr Nachhilfekosten! Das ist ein Wahnsinn! Das ist nicht finanzierbar, und da muss gegengesteuert werden, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall beim Team Stronach.)

Die schlechten Schüler, die schlecht ausgebildeten Schüler, die nicht sinnerfassend le­sen und nicht schreiben können, sind die Arbeitslosen von morgen.

Frau Ministerin! Ich möchte Ihnen an dieser Stelle auch ein Zitat der Innenministerin vorlesen. Sie sagte: Bei Aufnahmetests der Polizei stellten sich die Rechtschreibung und Grammatik als größte Hürde heraus. 50 Prozent scheitern daran, und insgesamt schaf­fen nur rund 20 Prozent die Aufnahme in den Polizeidienst. – Zitatende.

Meine sehr geehrte Frau Ministerin! Das ist auch ein Zeichen, dass großer Handlungs­bedarf besteht.

Parteibuchwirtschaft: Die Parteien müssen aus der Schule. Dazu habe ich eine Frage an Sie. Vielleicht würden Sie das im Nachhinein noch beantworten und sich nochmals zu Wort melden. Es betrifft die BIFIE-Geschäftsführer, also die zwei Chefs. Einer wur­de ja von Ihnen entlassen, und die Disziplinaroberkommission im Kanzleramt hat jetzt bestätigt, dass er zu Unrecht entlassen worden ist. Ich hätte jetzt gerne von Ihnen ge­wusst, wie Sie hier gedenken weiter vorzugehen, was Ihr nächster Schritt ist oder wie das Ministerium darauf reagieren wird.

Weiters bin ich neugierig, wie das Abstimmungsverhalten von Rot und Schwarz heute hier sein wird, vor allem von Rot; denn Ihr Bundesgeschäftsführer Darabos hat ja in ei­ner Aussendung vom 16. September offen gelassen, wie diese Abstimmung hier aus­fallen wird. Er meint, man werde sich anschauen, was das Team Stronach einbringt. Ein Beschluss betreffend das Lehrerdienstrecht sei noch vor der Wahl durchaus mög­lich.

Also ich bin wirklich sehr gespannt, ob Sie Ihrem Bundesgeschäftsführer folgen, ob Sie für die österreichischen Lehrerinnen und Lehrer ein Dienstrecht, das für alle gleich ist, beschließen wollen und ob Sie mit uns, mit unserem Antrag hier mitgehen.

Ich bringe nun den besagten Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ing. Robert Lugar, Kollegin und Kollegen betreffend Regierungsvor­lage Dienstrechtrechts-Novelle 2013 – Pädagogischer Dienst

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird in Hinblick auf die Beendigung des Stillstandes in der öster­reichischen Bildungspolitik ersucht, dem Nationalrat umgehend – noch vor den Natio­nalratswahlen – den aktuellen Gesetzesentwurf zur Dienstrechts-Novelle 2013 – Päda­gogischer Dienst als Regierungsvorlage zur Verhandlung und Beschlussfassung zuzu­leiten.“

*****

Meine sehr geehrten Damen und Herren, dieser Entschließungsantrag ist nicht nur von unserem Team Stronach und von mir eingebracht, sondern er ist auch ein Auftrag der Wählerinnen und Wähler draußen, die wir tagtäglich bei Informationsveranstaltungen, bei Schuldiskussionen, bei Standlaktionen, wo auch immer, treffen und die uns sagen: Es ist ein Wahnsinn, wenn zwölf Jahre lang über ein einheitliches Lehrerdienstrecht verhandelt wird und nichts dabei herauskommt. Die verstehen das schlicht und einfach nicht! (Beifall beim Team Stronach.) Ich verstehe das auch nicht.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll218. Sitzung / Seite 55

Ich darf Sie ersuchen, diesem unserem Antrag zuzustimmen. – Danke. (Beifall beim Team Stronach.)

13.41


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

§ 55 GOG-NR

der Abgeordneten Ing. Robert Lugar, Stefan Markowitz, Martina Schenk, Christoph Ha­gen und Erich Tadler

betreffend Regierungsvorlage Dienstrechtsnovelle 2013 (pädagogischer Dienst)

eingebracht im Zuge der Debatte zur Dringlichen Anfrage „Politik raus aus der Schule – Nicht genügend für Rot-Schwarz“

Die Lehrergewerkschaft hat mit ihrer bisherigen Vorgehensweise unmissverständlich klar gemacht, dass sie den vorliegenden Ministerialentwurf zur Dienstrechtsnovel­le 2013 zur Gänze ablehnt. Dies obwohl dem Entwurf intensive und langwierige Ver­handlungen vorausgegangen sind und immer wieder Anpassungen vorgenommen wur­den. Die Lehrergewerkschaft hat ihre Stellungnahme abgegeben und damit die Begut­achtung quasi beendet.

Aus Sicht der österreichischen Wähler/innen ist es daher nicht einzusehen, dass die Beschlussfassung zu einer solch wichtigen Materie bis nach den Nationalratswahlen hinausgeschoben werden soll. Den Wähler/innen wird damit eine wichtige Grundlage für ihre Entscheidung am 29.09.2013 vorenthalten. Dies ist nicht im Sinne von Trans­parenz und Fairness gegenüber den Wähler/innen.

Aus diesem Grund stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird in Hinblick auf die Beendigung des Stillstandes in der ös­terreichischen Bildungspolitik ersucht, dem Nationalrat umgehend – noch vor den Na­tionalratswahlen – den aktuellen Gesetzesentwurf zur Dienstrechtsnovelle 2013 (päda­gogischer Dienst) als Regierungsvorlage zur Verhandlung und Beschlussfassung zuzu­leiten.“

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Grossmann. 4 Minuten Redezeit sind wunschgemäß eingestellt. – Bitte.

 


13.42.01

Abgeordnete Mag. Elisabeth Grossmann (SPÖ): Herr Präsident! Werte Ministerin­nen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eines möchte ich gleich zu Beginn fest­halten: Noch nie ist in Österreich im Bildungswesen so viel weitergegangen wie unter Mi­nisterin Claudia Schmied! Das sei eingangs festgehalten. (Zwischenruf des Abg. Brosz.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll218. Sitzung / Seite 56

Und das unter der verschärften Bedingung, dass wir mit einer Partei in Koalition sind, die sich das Mikado-Prinzip des Herrn Präsidenten Neugebauer zu eigen gemacht hat: Wer sich als Erster bewegt, hat verloren! (Abg. Neugebauer: Vorsicht, !), bezie­hungsweise, Herr Amon, nach dem Motto lebt: Wir sind für den Fortschritt, solange al­les beim Alten bleibt. Das macht es nicht gerade leichter, Politik zu machen. (Neuerli­cher Zwischenruf des Abg. Neugebauer.)

Trotzdem ist es in mühevoller Knochenarbeit und zähem Ringen um Mehrheiten und um das Budget gelungen, bildungspolitische Maßstäbe zu setzen. Die Ministerin hat es schon eingehend erläutert: Die Neue Mittelschule. Anfänglich als rotes Teufelswerk ge­brandmarkt, gibt es diese jetzt nahezu flächendeckend, und das, sage ich dazu, als Zwischenschritt zu einer gemeinsamen Schule. (Zwischenrufe beim BZÖ.)

Die Ministerin ist es generell ganz geschickt angegangen und hat vor allem die Allianz der Länder gesucht und gefunden, um etwas weiterzubringen. Und da stellt man schon fest, dass die ÖVP in den Ländern zuweilen um einiges progressiver ist als hier auf Bundesebene. Ich habe das selbst als Bildungslandesrätin in der Steiermark erlebt, wo es mit dem Reformpartner ÖVP sehr wohl gelungen ist, in vielen Bereichen, wo Sie noch ein bisschen Probleme haben, auf eine Linie zu kommen – zum Beispiel wenn es um ein Bekenntnis zu einer echten Ganztagsschule geht.

Eines ist klar, meine sehr geehrten Damen und Herren: Für eine Wahlfreiheit, die von vielen Seiten immer wieder propagiert wird und die durchaus auch nachvollziehbar ist, braucht es vor allem eine Wahlmöglichkeit. Das wollen wir in erster Linie schaffen, da­rum geht es. Diese Wahlmöglichkeit ist aber vor allem dann für die Eltern nicht gege­ben, wenn man der Lehrerschaft ein Vetorecht einräumt. Dann ist das eine Farce, mei­ne sehr geehrten Damen und Herren! (Abg. Marek: Es gibt keinen einzigen Fall, wo die Lehrer das verhindert hätten!) – Was spricht zum Beispiel dagegen, Frau Kollegin Marek, wenn man bei mehreren Parallelklassen zumindest eine ganztägig führt? Dann hat man die Wahlfreiheit.

Im Bereich der ganztägigen Schulformen, das sei auch gesagt, ist in den letzten Jah­ren sehr viel weitergegangen. Das ist eine gemeinsame Leistung, auf die wir auch ge­meinsam stolz sein können. Vielen ist es aber offensichtlich immer noch fremd, was es bedeutet, eine echte gemeinsame Schule zu haben, weil Sie da beklagen und bedau­ern: Musikunterricht fällt aus, auch Sport und was weiß ich was alles.

Das soll selbstverständlich im Rahmen der Schule angeboten werden, damit eben die Eltern nicht täglich Taxidienste verrichten müssen, so wie auch ich das bei meinen beiden Söhnen verrichten musste, damit sie in den Genuss dieser Angebote kommen. Gerade im ländlichen Raum ist es ganz toll, wenn diese Bildungsangebote im Rahmen einer ganztägigen Schule existieren, natürlich auch verbunden mit einem gesunden Mittagessen.

Die Ministerin ist mit vielen Schritten auf dem richtigen Weg, auch wenn es vor allem darum geht, die elementare Bildung aufzuwerten. Und da dürfte es der Frau Kollegin Musiol entgangen sein, dass auch der Bildungsrahmenplan in dieser Legislaturperiode auf Reise geschickt wurde und auch gelebt wird, und zwar sehr erfolgreich gelebt wird. (Zwischenrufe bei den Grünen.)

Es ist sehr vieles selbstverständlich noch zu tun, wenn es um die Rahmenbedingungen in den Kinderbildungseinrichtungen geht. Das muss gemeinsam mit den Ländern getan werden, denn das ist nach wie vor Ländersache. Man kann diskutieren, ob das sinnvoll ist, aber da besteht sicher noch, gerade in manchen Ländern, einiger Handlungsbe­darf.

Besonders befremdlich aber finde ich den Grundtenor der Funktionärinnen und Funk­tionäre des Team Stronach. Wenn Sie generell das Bildungswesen in Österreich schlecht-


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reden, dann verkennen Sie die Aussagen vieler Personalverantwortlicher in vielen Un­ternehmen Österreichs wie zum Beispiel auch dem Magna-Konzern, die immer beto­nen, dass gerade die Qualifikation der Beschäftigten der Standortvorteil Österreichs ist.

So schlecht kann das Bildungssystem in Österreich also auch nicht sein. Und gerade diese Qualifikation wurde in den letzten Jahren massiv gestärkt durch Initiativen wie Lehre mit Matura, duale Ausbildung, Erwachsenenbildungsinitiativen. Denn für uns steht eben der Mensch im Mittelpunkt, und der Mensch ist kein Produkt und schon gar keine Ausschussware, wie Sie das heute artikuliert haben! (Beifall bei der SPÖ.)

13.47


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner ist Herr Abgeordneter Großruck zu Wort gemeldet. 4 Minuten Redezeit sind eingestellt. – Bitte.

 


13.47.38

Abgeordneter Wolfgang Großruck (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frauen Ministerinnen! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Die Diskussion über Bildung im Allgemeinen, aber auch heute hier herinnen kann man vielleicht ver­gleichen mit der Diskussion über den Fußball: Jeder ist Trainer und jeder weiß, wie es geht. Aber so einfach ist es nun einmal nicht.

Am besten glaubt Herr Lugar zu wissen, wie es geht. Er war schon zweimal hier am Rednerpult, um uns zu erklären, was seiner Meinung nach Bildung ist. Aber, Herr Lu­gar, nach Ihrer Rede ist die babylonische Bildungsverwirrung beim Team Stronach noch viel größer, als sie zuvor war. Vielleicht können Sie noch einmal herauskommen und mir eine Frage zu Ihrem Antrag beantworten. (Abg. Ing. Lugar: Gern!)

Da steht auf Seite 2: „20 Prozent der Volksschüler/innen in Österreich besitzen im Le­sen bestenfalls Basiskompetenzen. In Finnland und den Niederlanden ist der Anteil halb so groß.“ (Heiterkeit bei ÖVP und SPÖ.) – Jetzt die Frage: Können Sie uns erklä­ren, wie Sie das meinen? Ich bin nicht mitgekommen. Meinen Sie es positiv oder ne­gativ? Man kann auch sagen, dass die Finnen und die Niederländer wahrscheinlich noch viel schlechter sind als wir. Auch das kann man hineininterpretieren. – So viel zur Diskussion. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Ing. Lugar.)

Meine Damen und Herren, ich glaube, uns allen ist klar, dass Bildung wichtig ist, dass Bildung zu den wichtigsten Dingen im Leben gehört und dass die Politik die Rahmen­bedingungen, die organisatorischen Bedingungen dafür schaffen muss, dass Bildung auch in entsprechender Qualität möglich ist.

Aber, meine Damen und Herren, Bildung ist nicht nur eine Bringschuld, sondern Bil­dung, glaube ich, ist in erster Linie auch eine Holschuld. Ein großes, gutes Beispiel: Ich erinnere mich an meinen Vater. Ich war elf Jahre alt. Wir waren sechs Kinder. Das äl­teste war 13, das jüngste war neun Monate alt. Mein Vater ist am Totenbett gelegen und hat uns gesagt: Buam, Kinder, lernts, lernts, lernts, denn wos s im Kopf hobts, des kau eich neamd mehr nehma. Und zu meiner Mutter hat er gesagt: Ermögliche ihnen bitte die beste Ausbildung, die möglich ist.

Ich glaube, diese Aussage: „Wos d im Kopf host, kau da neamd nehma“, könnte auch so etwas wie ein Auftrag an die Bildungspolitik sein, nämlich uns wirklich weiterzubil­den, wofür die Politik die Rahmenbedingungen schafft. (Beifall bei der ÖVP.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bin heute das letzte Mal hier an diesem Redner­pult. (Rufe: Nächste Woche!) Ich möchte Ihnen keine Ratschläge geben, so wie es viel­leicht andere tun, sondern ich möchte einfach vielen Leuten Danke schön sagen. Ich möchte ein klares Dankeschön sagen an meinen Klub, an Klubobmann Kopf, an Klub­direktor Martin Falb für die Unterstützung, an die vielen Kolleginnen und Kollegen, mit denen ich freundschaftlich verbunden bin.


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Ich möchte auch der Präsidentin, Frau Prammer, herzlich dafür danken, dass sie es mir so gut ermöglicht hat, während der Präsidentschaft die OSZE zu führen, wobei ich eben die beste Unterstützung gehabt habe. Auch dem Präsidenten Neugebauer und der Frau Präsidentin Prammer möchte ich alles Gute wünschen und gute Gesundheit!

Bedanken möchte ich mich auch bei den vielen Freunden, die ich hier habe. Ich möch­te nur einige erwähnen. Das ist Christine Muttonen, mit der ich mich bei den verschie­denen Reisen wirklich angefreundet habe, oder auch Toni Heinzl. Einer meiner besten Freunde hier ist der Öllinger Karl. Auch das möchte ich erwähnen, ohne dass ich dir jetzt wahlpolitisch schaden möchte, Karl. (Allgemeine Heiterkeit.) Aber wir sind auf der ganzen Welt durch dick und dünn gegangen und sind dabei wirklich Freunde gewor­den. Uns verbindet eine ehrliche und tiefe Freundschaft. Es gibt auch viele andere.

Ich möchte mich auch bei der Frau Ministerin Schmied bedanken, nämlich dafür, dass sie es zusammen mit ihrer Vorgängerin ermöglicht hat, in meiner Heimatstadt Grieskir­chen das damals größte Schulzentrum in Oberösterreich zu errichten, mit einer HTL und Hauptschulen. Das war nur möglich durch die Kontakte, und zwar durch gute Kon­takte. (Beifall des Abg. Amon und bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren, ich hätte noch viel zu danken. Einen darf ich noch erwäh­nen, das ist der Lukas Mussi aus dem Internationalen Dienst, der mich immer wieder begleitet und fachmännisch unterstützt hat.

Meine Damen und Herren, jetzt komme ich zum Schluss, nämlich mit einem dreifachen Vierzeiler – das letzte Mal. (Heiterkeit und Zwischenrufe.)

Nachdem ich nicht mehr kandidier’,

steh ich zum letzten Mal heut hier

mit meinem allerletzten Reim,

denn nach der Sitzung fahr ich heim.

Fast 19 Jahre hier gesessen,

spannend und interessant gewesen.

Auch manchen „Strauss“ gab’s irgendwann,

wie ich mich noch erinnern kann.

Für’s Protokoll füg ich nur an:

ohne stummes „h“ das „kann“.

Keinen Tag hab ich bereut.

Es war sehr schön, es hat mich sehr gefreut!

(Anhaltender allgemeiner Beifall. – Die Abgeordneten der ÖVP erheben sich von ihren Plätzen und reichen dem das Rednerpult verlassenden Abg. Großruck die Hand.)

13.52


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Lieber Herr Kollege Wolfgang Großruck, auch von dieser Stelle alles Gute und vor allem, das Wichtigste: Gesundheit dir und deiner Fami­lie! Und danke für deinen Einsatz! (Allgemeiner Beifall.)

Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Mag. Darmann zu Wort. 7 Minuten Redezeit sind eingestellt. – Bitte. (Abg. Elmar Mayer: Welche Fraktion? – FPÖ!)

 


13.53.26

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Regierungsmitglieder! Hohes Haus! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher auf der Galerie und zu Hause!

Jetzt führen wir seit rund drei Stunden eine zwischendurch sehr emotionale und lei­denschaftliche Debatte zum Thema Politik und Schule, zusammengefasst: eine Bil­dungsdebatte. Es ist gut so, dass hier auch Emotion und Leidenschaft mit dabei waren,


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denn es gibt ja bei allen Versuchen, Sachpolitik zu leben, kaum einen besseren Motor, als mit Leidenschaft dieser Sachpolitik auch Leben einzuhauchen.

Gerade für uns in der Politik ist es daher wesentlich, diese Leidenschaft auch in die richtigen Wege zu leiten. Deswegen bin ich der Überzeugung, dass wir hier und heute, wenn wir über die Zukunft unserer Jugend, unserer Kinder reden, viel zu eng am The­ma Schule konkret diskutieren, wie es das Team Stronach ausgesucht hat. Denn, um dich konkret anzusprechen, Herr Klubobmann Lugar, es geht auch viel weiter.

Mir ist heute ein wesentlicher Begriff in der Gesamtdiskussion während dieser drei Stunden abgegangen: die Familien. Deswegen sehe ich die Bildungsthematik als riesi­ge Querschnittsmaterie, angefangen von der Jugendpolitik über die Familienpolitik, na­türlich die Bildung für sich stehend, aber natürlich auch die Arbeitsmarktpolitik und auch die Wirtschaftspolitik, die allesamt den Fokus darauf haben müssen, wie wir un­sere Jugend für die Zukunft bestmöglich fit machen können.

Wenn ich das in dieser Form so formuliere, ist es mir ein wesentliches Anliegen, zu sagen, dass es bei allem Stillstand, den wir in den letzten Jahren in der Bildungspolitik ganz konkret große Reformen betreffend erlebt haben, umso wichtiger sein wird, dass wir alle zusammen Verantwortung leben für den Bereich Bildungs-, Jugend- und Fami­lienpolitik.

Da geht es darum, nicht nur über Strukturreformen nachzudenken, über diese auch wichtige Reform des Dienstrechtes zu diskutieren, sondern auch darüber nachzuden­ken, dass wir alle dafür Sorge tragen müssen, dass wir auch die entsprechenden Gel­der zur Verfügung haben.

Es ist wichtig, den Familien und der Jugend gegenüber Wertschätzung zu zollen und zu zeigen, dass wir diese Gelder nicht, wie bisher von Rot, Schwarz und Grün prakti­ziert, in andere europäische Länder verschieben, verschenken und in der Sonne des Südens, in Pleitestaaten, in hochspekulativen internationalen Bankenkonstrukten ver­brennen, sondern dass wir diese Gelder investieren, nämlich in unsere Jugend, in un­sere Familien in die Bildung, in das Sozialsystem, in das Gesundheitssystem, in die Wirtschaft, in den Arbeitsmarkt, in die Sicherheit, in die Landwirtschaft und in viele an­dere Bereiche.

Zusammengefasst: Es geht darum, unser österreichisches Steuergeld wieder in Öster­reich für unsere eigenen Leute, für unsere Jugend zu investieren und damit auch einen positiven Effekt für die Zukunft zustande zu bringen, geschätzte Kolleginnen und Kol­legen! (Beifall bei der FPÖ.)

In diesem Zusammenhang bin ich auch schwerst irritiert, aber es ist ja ein Offenba­rungseid des Teams Stronach gewesen, als hier mit diesem Entschließungsantrag, vorgebracht von der Kollegin Schenk, dargelegt wurde, dass das Team Stronach, wel­ches, wie es selber zugegeben hat, in keiner der 33 Verhandlungsrunden zu diesem Dienstrecht dabei war, niemals seine Meinung hat sagen können wie die anderen Op­positionsparteien, einfach einen Antrag einbringt, um irgendeine Gesetzesnovelle ins Haus zu bringen und ohne muh und mäh zuzustimmen.

Wenn das nicht ein klarer Offenbarungseid dafür ist, dass Sie die größte Systempartei unter den Kleinparteien sind und diese Regierungspolitik unterstützen wie keine andere Partei hier herinnen! Also das ist vielleicht Ihr neuer Zugang auch zum Thema Trans­parenz. Dafür sind wir Freiheitliche auch sehr dankbar, geschätzte Kollegen vom Team Stronach! (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Ing. Lugar.)

Wir Freiheitliche verstehen aber politische Arbeit nicht nur als Reden oder als wie in der Vergangenheit von Rot und Schwarz und deren über Jahrzehnte entwickelten Machtblöcken, den Gewerkschaften und Bünden, aufbereitetes Streiten, das in weite-


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rer Folge natürlich zu einem Stillstand in der Entwicklung in Österreich geführt hat, son­dern es ist uns wichtig, Taten zu setzen, Handlungen vorzubereiten und diese in Um­setzung zu bringen.

Ich habe hier ein schönes Zitat eines international anerkannten Managers gefunden, und zwar von Jack Welch. „Jack Welch sagt: Wenn du etwas als richtig erkannt hast, dann tu es – und zwar sofort.“ – Und wir Freiheitliche haben dazu einige ganz konkrete Vorstellungen davon, wie wir gerade im Bereich Bildung, Erziehung und Familienpolitik etwas weiterbringen können. Es sind dies Vorstellungen, die in eine umgehende Um­setzung einer steuerlichen Entlastung für unsere österreichischen Mehrkindfamilien mün­den, nämlich durch ein neues Familiensteuermodell.

Es sind dies Vorstellungen, die eine umgehende hochwertige Kinderbetreuung und Ausbildung in Kindergärten und Schulen mit Ganztagsmöglichkeit ohne finanzielle Mehrbelastung für die Eltern bedeuten sowie umgehende volle Wahlfreiheit für Eltern zwischen Beruf und Familie, nämlich durch die Möglichkeit eines Elterngehalts.

Es braucht auch eine Qualitätsoffensive bei den Lehrern. Das ist heute zu wenig ange­sprochen worden, und das habe ich vorhin mit der Wirtschaft gemeint, die sich auch da entsprechend einzubringen hat: Welche Problemstellungen sind für Lehrlinge am An­fang, beim Eintritt in die Lehre, quer durch die Betriebe, ob es in Kärnten oder in ganz Österreich ist, zu bewältigen? – Dass sie zumeist die Grundkompetenzen nicht beherr­schen und dadurch auch eher leidenschaftslos in diesen Betrieben agieren.

Da liegt es in unserer Verantwortung, ihnen das entsprechende Rüstzeug zu geben, damit sie eben Freude an der Arbeit, an der Lehre, an der Ausbildung, an der Bildung bekommen.

Zu guter Letzt möchte ich in der mir zur Verfügung stehenden Zeit noch einen fünften Punkt ansprechen. Es wird notwendig sein, umgehend dafür zu sorgen, dass Lehrer zu einer kostenlosen Nachhilfe verpflichtet werden, insbesondere auch in den Ferienzei­ten, denn sie sind es, die den Schülerinnen und Schülern während der Unterrichtszeit nicht alles nahebringen können, was an Stoff zu vermitteln wäre. Die Ferienzeit ist be­zahlt, die Lehrer werden in dieser Zeit bezahlt, deswegen können sie den Familien und den Schülern auch entsprechend entgegenkommen und eine wertvolle Arbeit für die Zukunft und Entwicklung der Schüler leisten, geschätzte Damen und Herren. (Beifall bei der FPÖ.)

Abschließend ist es mir wichtig, darauf hinzuweisen, dass wir es selbst in der Hand haben, mit unserer Politik, mit einer leidenschaftlichen Politik – natürlich mit Sachargu­menten – daran zu arbeiten, Österreich zum Bildungs- und Familienmusterland in Eu­ropa weiterzuentwickeln. Das ist ein Anliegen, das uns Freiheitlichen ganz besonders am Herzen liegt. Auch mir als jungem Familienvater ist das ein Herzensanliegen, und deswegen sage ich: Streit und Blockade sollen der Vergangenheit angehören, der Wertschätzung unserer Familien und unserer Kinder soll die Zukunft gehören. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

14.01


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Öl­linger. 4 Minuten Redezeit sind eingestellt. – Bitte.

 


14.01.25

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich muss natürlich diese Gelegenheit nutzen, um dem Kollegen Wolfgang Großruck für die freundlichen Worte zu danken, die er an mich gerichtet hat. Ich danke ihm auch für die gute Zusammenarbeit. Es wäre wahrscheinlich manchmal wirklich sehr nützlich, wenn viele Kollegen gemeinsam auf Wahlbeobachtung gingen, denn da hat man die Mög-


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lichkeit, sich politisch auszutauschen und trotzdem die Position des anderen mit Res­pekt kennenzulernen, aber auch weiterzukommen.

Damit bin ich genau beim Thema, bei der Bildungsreform. Die Bildungsforscherin Dr. Christa Koenne hat vor zwei oder drei Wochen in einem ORF-Interview etwas ge­sagt, was ich nur hundertprozentig unterstreichen kann. Sie hat gesagt: Jene Länder waren in der Bildungspolitik und mit der Bildungsreform besonders erfolgreich, die es geschafft haben, die Bildungsreform aus einem Guss zu machen. Aus einem Guss, das heißt, wo klar war, was die Bildungsziele sind, was man gemeinsam erreichen will, wohin die Reise gehen soll.

Das ist in Österreich nicht klar. Dr. Koenne hat in diesem Zusammenhang auch davon gesprochen, dass es in unserem Land durch diese kleinen Trippelschritte in die eine Richtung und dann wieder zurück unzählige Verletzungen gegeben hat, gerade bei den Lehrerinnen und Lehrern. Die Dienstrechtsnovelle, die Sie jetzt vorschlagen, ist ein gu­tes Beispiel dafür. Man zäumt das Pferd nicht von hinten auf, sondern man muss klar­machen, wohin die Reise gehen soll.

Wenn wir – und das hoffe ich, auch wenn es manchmal anders aussieht – ein gemein­sames Interesse daran haben, dass unsere Kinder optimal gefördert werden, jedes nach seinen Talenten, jedes nach seinen Fähigkeiten, jedes nach seinen Bedürfnissen, dann muss die Schule anders ausschauen. Da müssen aber auch gemeinsame Etap­pen festgelegt werden, wie wir zu diesem Ziel kommen können. Da kann man sich nicht einfach nur auf Schlagworte versteifen und sagen: Es geht ja in Österreich eh ganz gut, beziehungsweise, das, was wir jetzt haben, ist ein wunderbarer Schritt auf dem Weg zum Ziel! – wenn das Ziel nicht klar ist.

Gestatten Sie mir auch noch ein paar Worte zur Abgeordneten Marek, weil ich wirklich sensationell gefunden habe, was sie gesagt hat. Das muss man sich wirklich vorstel­len: Wenn es nach der Abgeordneten Marek ginge, dann wäre Österreich von einer Reihe kommunistischer Länder umzingelt, die eines machen: einen Zwangstagskinder­garten für alle Kinder, eine Zwangstagsschule für alle Kinder, und die natürlich auch verhindern, dass Kinder ihren Freizeitaktivitäten nachgehen können. Wenn man glaub­te, was Kollegin Marek sagt, dann sind das die Länder, die im Fußball auf Bezirksliga­niveau spielen, während Österreich aufgrund dieser großartigen Förderung im Fußball und bei anderen Talenten in der Spitzenklasse der Welt mitmischt.

Das hat leider mit der Realität genauso wenig zu tun wie dieser Kommunismusvorwurf, der ja angesichts des Beispiels Finnlands oder anderer skandinavischer Länder, eben­so wie Frankreichs völlig grotesk ist.

Ich vermute, Sie wissen das auch, aber es lohnt sich, für ein billiges Spiel mit der Angst vor dem Kommunismus noch ein paar Punkte zu sammeln. Sie machen sich selbst lä­cherlich! Sie machen sich lächerlich! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Wöginger: Das Beispiel war genauso lächerlich!)

Was wir wollen und was wir brauchen, was auch in einzelnen Bereichen schon gelebt wird – aber hier herinnen fehlt das Bekenntnis dazu –, ist eine gemeinsame Schule, die die starken und die schwachen, die dicken und die dünnen, die intellektuell besonders fähigen mit den intellektuell weniger fähigen Kinder zusammenbringt, die aber auch be­hinderte mit nichtbehinderten Kindern zusammenbringt – auf die haben wir vergessen.

Wir sondern aus, eine Sonderschule ist wirklich ein Skandal, und niemand hat bis jetzt darüber gesprochen, dass dieser Skandal eigentlich dringend abgeschafft gehört (Bei­fall bei den Grünen) nicht nur wegen der behinderten Kinder, sondern auch wegen der anderen Kinder, die dorthin abgeschoben werden. Das möchte ich Ihnen mitgeben, meine sehr geehrten Damen und Herren!


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Es muss ein gemeinsames Ziel geben, und dieses gemeinsame Ziel muss hart erar­beitet werden. Bevor dieses Ziel aber nicht klar ist, können Sie sich nicht mit Teilzielen auf die Reise machen, aus denen in keiner Weise ersichtlich wird, wohin die Reise ge­hen soll und wohin sie gehen wird. Das ist Stückwerk! Ich gestehe jedem zu, der an diesem Stückwerk mitgearbeitet hat, dass er sein Bestes wollte, das gestehe ich Ihnen gerne zu, aber die Resultate sind trotzdem deprimierend und vernichtend.

Das gilt auch für das Team Stronach, meine sehr geehrten Damen und Herren vom Team Stronach. Mein Kollege Harald Walser sagt, die Schule darf kein Kind, nieman­den zurücklassen. Auch das Team Stronach darf nicht zurückgelassen werden. Wenn Sie schon mit Ihren Rechtschreibkenntnissen oder den Kenntnissen der lateinischen Sprache, die Sie ja in Ihrer Anfrage verwendet haben, protzen wollen – ich zitiere die Anfrage: „condicio sine qua non“ –, dann schreiben Sie es richtig! Das schreibt man nämlich mit „t“. Die Schule darf auch das Team Stronach nicht zurücklassen. – Bitte sehr. (Beifall bei den Grünen.)

14.07


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Grosz. 5 Minuten Redezeit sind eingestellt. – Bitte.

 


14.07.42

Abgeordneter Gerald Grosz (BZÖ): Hohes Haus! Sehr geehrte Frau Bundesministe­rin! Der „Presse“-Redakteur Erich Witzmann hat in weiser Voraussicht am 6. Septem­ber 2009 einen Leitartikel verfasst, in dem er geschrieben hat: „300 000 Analphabeten mitten unter uns“, sehr geehrte Damen und Herren. Zumindest fünf mögliche Analpha­beten habe ich bereits unter uns ausfindig gemacht, das sind die Abgeordneten Lugar, Markowitz, Schenk, Erich Tadler und Christoph Hagen. Ich gratuliere Ihnen. (Zwischen­rufe beim Team Stronach.)

Unser Bildungssystem dürfte sich tatsächlich am Ende befinden, wenn eine parlamen­tarische Fraktion unseres Hauses es zusammenbringt, auf neun Seiten insgesamt zehn schwere Rechtschreibfehler in eine Dringliche Anfrage einzuarbeiten. (Abg. Dr. Rosen­kranz: Das wäre aber bei einer kapazitätsorientierten Form auch wurscht!)

Die Frau Bundesministerin hat ja gesagt, diese parlamentarische Anfrage sei zumin­dest vom Geschriebenen her toll – offenbar haben Sie sie auch nicht ordentlich durch­gelesen. Die Anfrage ist auch nicht an Sie gerichtet, sondern an die Bundesministerien für Unterricht, Kunst und Kultur – Frau Bundesministerin, sehr geehrte Damen und Herren.

Zum Mitlesen für das Team Stronach: Wo sind die Fehler?

„Der Anteil Leistungsstarker im Lesen ist in Finnland, Großbritannien sowie den Ver­einigten Staaten ist dreimal größer als in Österreich.“ – Ich gratuliere Ihnen zu Ihrer Grammatik und zu Ihrer Rechtschreibübung.

„Die Verantwortlichen ‚Geschäftsführer‘“ auf Seite 3 gehören im Übrigen klein geschrie­ben – schwerer Rechtschreibfehler!

Seite 5: „Für die ÖVP zieht ein ehemalige Lehrergewerkschafter und Schuldirektor als amtsführender Präsident in den Landesschulrat ein.“

Die ehemalige Bundesministerin Gehrer heißt nicht „Geher“, sie ist zwar gegangen, heißt aber trotzdem Gehrer.

Sehr geehrte Damen und Herren vom Team Stronach, soviel zur Qualität Ihrer parla­mentarischen Anfrage. (Beifall beim BZÖ.)

Selbstverständlich ist das jetzt ein wenig zynisch formuliert, aber es bietet sich an, wenn eine Fraktion zur Bildungspolitik ein sogenanntes Nicht genügend abliefert.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll218. Sitzung / Seite 63

Ich darf gleich bei Ihnen bleiben, Frau Kollegin Schenk. Sie haben gesagt „setzen“, ich sage Ihnen noch einmal: Nicht genügend, setzen und sitzen bleiben, auch für die nächs­te Periode. (Zwischenruf der Abg. Schenk.)

Sehr geehrte Damen und Herren, die Bildungspolitik in Österreich ist ein zu ernstes Thema, als dass wir es einer Kasperltruppe in der letzten Reihe des österreichischen Parlaments überlassen können! Das sage ich Ihnen auch, sehr geehrte Damen und Herren vom Team Stronach! (Beifall beim BZÖ.)

Wir haben in der österreichischen Bildungspolitik und auch in der Usance dieses Hau­ses das einzigartige Problem, dass der Unterrichtsminister nicht auf der Regierungs­bank sitzt, sondern in der ersten Reihe der Österreichischen Volkspartei. Der An­sprechpartner für die Bildungspolitik ist der „Bautenminister für Betonbauten“, der zu­ständige Herr Präsident Fritz Neugebauer, der seit Jahren die Bildungspolitik in unse­rem Land mit seiner parteipolitischen Einflussnahme auf Gewerkschaft & Co in Geisel­haft nimmt. (Zwischenruf des Abg. Neugebauer.)

Sehr geehrte Damen und Herren, solange Gewerkschafter wie Fritz Neugebauer uns die Bildungspolitik in Österreich diktieren, so lange werden wir in den nächsten Jahren und Jahrzehnten weiter darüber jammern können, dass mehr als 20 Prozent unserer österreichischen Schülerinnen und Schüler unter schweren Lese- und Schreibschwie­rigkeiten leiden. Selbst die Lehrerinnen und Lehrer unseres Landes – und das sage ich Ihnen, Herr Präsident Neugebauer – haben es nicht verdient, von Ihnen vertreten zu werden. Das gehört auch einmal in dieser Deutlichkeit gesagt!

Sehr geehrte Damen und Herren! Unser Problem im Bildungssystem ist, dass die Schulverwaltung parteipolitisch besetzt ist. Das sehen wir an der Spitze mit mächtigen Gewerkschaftern und einer Ministerin, die sich nicht durchsetzen kann. Das sehen wir bis hinunter zu den Landesschulräten und zu den Bezirksschulräten, in denen nicht die Bildungsexperten unseres Landes das Sagen über die Zukunft unserer Jugend haben, sondern parteipolitisch besetzte Funktionäre der einzelnen Landtage und der politi­schen Parteien. (Abg. Dr. Rosenkranz: Androsch!)

Daher haben wir als BZÖ mit Josef Bucher mehrmals darauf gedrängt, diese Bezirks­schulräte und diese Landesschulräte endlich abzuschaffen beziehungsweise zu ent­politisieren. Was ist passiert, sehr geehrte Damen und Herren? – Sie haben hier im Haus, und zwar alle miteinander, bis auf das BZÖ, die Bezirksschulräte abgeschafft. Aber Sie haben sie in Wirklichkeit gar nicht abgeschafft, sie heißen jetzt bloß regionale Außenstellen des Landesschulrates. Die Verwaltung, der Proporz und die Aufblähung sind gleich geblieben, sehr geehrte Damen und Herren, und eine Reform, eine wesent­liche Reform im Bildungswesen ist wieder einmal nicht zustande gekommen. (Beifall beim BZÖ.)

Wir sagen: Die Schulverwaltung gehört in eine Hand, und zwar in die Hand des Bun­des. Der Bundesgesetzgeber hat die wichtigsten Kriterien und die Merkmale einer ös­terreichischen Bildungspolitik festzulegen. Wir lassen uns nicht von Gewerkschaftern, Blockierern und Vertretern von Betonfraktionen in Österreich diktieren, wie wir unsere österreichischen Schülerinnen und Schüler bestmöglich auf die Herausforderungen vorbereiten können. (Abg. Csörgits: Na, na, na!) Denn wem nehmen wir denn die Zu­kunftschancen in unserem Land? – Wir nehmen sie den Generationen, die unsere Schutzbefohlenen sind. Diesen Generationen nehmen wir jegliche Zukunftschance!

Sehr geehrte Frau Bundesminister, da entlasse ich Sie auch nicht aus der Verantwor­tung. Sie haben selbst mit der Zentralmatura ein Riesenchaos im Bildungssystem ge­schaffen. Ich habe erst in den letzten Wochen einmal mehr sehr viele Schuldiskus­sionen in Graz, in der Steiermark besucht. Die Beschwerden der Schülerinnen und Schüler und auch der Lehrerinnen und Lehrer über die Zentralmatura sind aufrecht.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll218. Sitzung / Seite 64

Zuerst haben Sie die Zentralmatura in einer Nacht-und-Nebel-Aktion eingeführt, dann wurde diese auf ein Jahr verschoben.

Aber ich sage Ihnen, Frau Bundesminister: Um Schülerinnen und Schüler auf eine Zentralmatura ordentlich vorzubereiten, so, dass sie auch alle die gleichen Chancen haben, diese zu bestehen, ist zumindest eine Klassengeneration notwendig – vier oder fünf Jahre. Das wäre sinnvoll gewesen. Sie schädigen mit Ihrer Vorgehensweise die Zukunftschancen am Arbeitsplatz von Schülerinnen und Schülern, die sich derzeit Ihrer chaotischen Zentralmatura aussetzen müssen und aussetzen mussten. Sehr geehrte Damen und Herren, das ist für uns nicht entschuldbar, das ist für uns inakzeptabel.

Wir haben in Österreich hervorragende Schülerinnen und Schüler. Wir haben unter­schiedliche junge Talente in unserem Land, die in unserem Schulsystem differenziert gefördert werden müssen. Wir müssen unser Schulsystem darauf auslegen, dass wir die jungen Menschen unseres Landes fördern und sie nicht blockieren. Wir müssen in unserem Schulsystem alles daransetzen, dass wir jungen Menschen nicht eine Bil­dungseinheitsbrei vorsetzen, sondern dass wir die jeweiligen Stärken des einzelnen Schülers/der einzelnen Schülerin auch fördern. Nur dann werden wir aus der Schule gut ausgebildete Jugendliche und junge Menschen bekommen, was auch für unseren Wirtschaftsstandort wesentlich ist.

Ja, hören Sie denn nicht, sehr geehrte Damen und Herren von der ÖVP, die diese Schulreform in unserem Land blockieren, Ihren eigenen Wirtschaftskammerpräsiden­ten Leitl, der Ihnen mehrmals um die Ohren gehaut hat, dass dieser Wirtschaftsstand­ort abgesandelt ist? (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Ja, vielleicht stimmt es auch, dass das System abgesandelt ist, wenn die Wirtschaft seit Jahren warnt, dass jene, die aus unserem Bildungssystem kommen, in der freien Marktwirtschaft nur schwer vermittel­bar sind. Was tun Sie denn mit Ihrer Blockade den jungen Menschen an, denen wir die Mündigkeit eines eigenen Gehaltes, eines eigenen Jobs geben wollen, in dem sie gut ausgebildet für die Allgemeinheit, für die Wirtschaft – auch als Steuerzahler und als Leistungsträger – arbeiten, sehr geehrte Damen und Herren?! Da schauen Sie weg (in Richtung ÖVP): Die einen schauen in die Zeitung, der Nächste schaut auf die Neben­bank ... (Präsident Dr. Graf gibt das Glockenzeichen.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Das ist nicht die Bildungspolitik, die wir uns vor­stellen. Wir haben mit Josef Bucher ein erfolgreiches Bildungskonzept vorgelegt, und ich bin überzeugt davon, dass das auch Erfolg haben wird. (Beifall beim BZÖ.)

14.15


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Ha­gen. 5 Minuten Redezeit sind eingestellt. – Bitte.

 


14.15.58

Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Herr Präsident! Meine Damen auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Dass Kollege Grosz nicht sinnerfassend lesen kann, hat er bewiesen, sonst hätte er den Inhalt der Dringlichen Anfrage verstanden. (Beifall beim Team Stronach. – Bravorufe der Abg. Schenk.)

Meine Damen und Herren, sehen wir der Sache ins Auge! – Das wichtigste Schulbuch in Österreich ist wohl das Parteibuch, meine Damen und Herren. Ich glaube hingegen, wir brauchen eine politisch unabhängige Schule, das heißt, politisch unabhängige Di­rektoren und unabhängiges Lehrpersonal.

Das Team Stronach hat da ein gutes Programm, laut dem die Eltern die Direktoren be­stimmen. Das heißt: Die Eltern suchen die Direktoren aus, und diese suchen dann ihre Lehrer aus. – Ich glaube, das wäre der erste Schritt in Richtung Entpolitisierung der Schule, in Richtung vernünftige Lehrpersonen, geeignete Lehrpersonen, die dann den Kindern etwas beibringen können.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll218. Sitzung / Seite 65

Meine Damen und Herren! Ich glaube, die Schule ist derzeit zu politisch besetzt. Das sehen wir an all den Schulräten und an dem, was wir sonst noch alles haben. Ich glau­be, dass da die Qualifikation oft nicht das wirkliche Kriterium ist. Herr Kollege Elmar Mayer hat vorhin in seiner Rede angesprochen, dass die Qualität der Lehrpersonen wichtig ist, und das sehen wir auch so.

Das ist das Wichtigste, meine Damen und Herren! Und ich möchte Ihnen das an einem Beispiel aus Vorarlberg erklären, wo die Qualität einer Lehrperson garantiert versagt hat. Ich spreche da von einer Mittelschule in Bregenz. Dort hatten über drei Jahre hin­weg zwei Drittel der Schüler einen Fleck in Mathe.

Warum bringe ich jetzt dieses Beispiel? – Einer dieser Schüler, der in der zweiten Schulklasse einen Fünfer hatte, hat dann die Schule gewechselt. Er ist dann, auch im Raum Bregenz, in eine andere Schule gekommen, hat dort eine andere Lehrperson gehabt und hatte dann einen Zweier im Zeugnis, den er bis zum Schulabschluss durch­gezogen hat.

Meine Damen und Herren, ich glaube also, dass es notwendig ist, dass man unfähige Lehrer auch wieder abziehen kann, und das ist beim jetzigen System nur sehr schwer möglich. Ich möchte dazu auch einen Bericht des ORF Vorarlberg erwähnen, der vor einigen Wochen gelaufen ist. In diesem Bericht ist ein Lehrer, der im Kanton Zug in der Schweiz, unweit der Grenze zu Vorarlberg, unterrichtet, befragt worden. Er hat Folgen­des gesagt: In Österreich bekommt jeder, der die Pädagogische Hochschule abschließt, einen Arbeitsplatz, eine Stelle als Lehrer, unabhängig davon, ob er qualifiziert ist oder nicht, ob er fähig ist oder nicht. In der Schweiz funktioniert das so: Da muss man zuerst eine Aufnahmeprüfung machen. Wer diese besteht, kriegt zwei Probejahre zum Unter­richten, und wenn diese Probejahre positiv sind, dann kriegt man eine Anstellung, die auch anständig honoriert und gut bezahlt ist. (Abg. Wöginger: Das stimmt ja nicht! Und bei Ihnen entscheidet das dann der Herr Stronach, oder wie?)

Ich glaube, dass die Lehrer gut bezahlt werden, ist eine Grundvoraussetzung dafür, dass sie ihre Leistung auch erbringen, und das ist, glaube ich, wichtig.

Wir haben hier schon darüber gesprochen, dass von den Eltern sehr, sehr viel Geld in Nachhilfe investiert werden muss. Ich glaube, für das Versagen der Lehrer können wir nicht die Eltern haftbar machen. Wenn man sich die Lage ein bisschen anschaut, dann sieht man, es sind sehr viele Lehrer, die diese Nachhilfestunden geben und sich so ein Zubrot verdienen.

Meine Damen und Herren! Ich glaube, das ist der falsche Weg. Wir brauchen hier ein Umdenken in der Schulpolitik.

Wir haben heute schon mehrfach gehört, dass 20 Prozent der Schüler, die aus der Schule kommen, nicht sinnerfassend lesen, schreiben und rechnen können. Ich glau­be, diese Zahlen zeigen auf, wo das Problem liegt. Und wenn der Lehrbetrieb, der die­sen Schüler aufnehmen soll, dann diesem Kind, diesem Schüler das Lesen, das Rech­nen und das Schreiben beibringen muss, dann läuft doch in unserem System schon lange etwas falsch, meine Damen und Herren.

Wir haben vorhin auch das Beispiel der Kollegin Schenk gehört, was die Situation bei der Polizeischule, Gendarmerieschule betrifft. Dass dort in Deutsch nur 20 Prozent durchkommen, meine Damen und Herren, das ist ein Alarmsignal. Ich glaube, da hat die Bildung in Österreich oder die Schule komplett versagt. Da ist Not am Mann. – Danke schön. (Beifall beim Team Stronach.)

14.20


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Sacher zu Wort. 4 Minuten Redezeit sind eingestellt. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll218. Sitzung / Seite 66

14.20.42

Abgeordneter Ewald Sacher (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen Bun­desministerinnen! In der heutigen Debatte ist zutage getreten, was wir in der gesamten Bildungsdebatte seit Jahren spüren: Ideologische Killerphrasen werden angewandt (Abg. Scheibner: Von wem?), um jeden Ansatz einer Gemeinsamkeit zu zerstören. Ich habe auch in der heutigen Debatte wieder zwei solche Killerphrasen mitbekommen. Die eine Killerphrase ist jene von der „Zwangstagsschule“, die andere jene von der Gesamtschule.

Sehr geehrte Damen und Herren! Der wirkliche Zwang, und das möchte ich hier meh­reren Fraktionen sagen, besteht darin, dass man aus diesem konservativen Bildungs­bild heraus den Familien und den Frauen den Zwang auferlegt (Abg. Mag. Stefan: Kil­lerphrase!), auf die Vereinbarkeit von Familie, Kindern und Beruf zu verzichten. (Abg. Mag. Stefan: Killerphrase!) Das ist Ihr wirklicher Zwang, sehr geehrte Damen und Her­ren! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Stefan: Killerphrase! Killerphrase!)

Ich darf Ihnen jetzt einige Beispiele von solchen „kommunistischen Zwangsschulen“, die Sie immer erwähnen, nennen. Ich sage Ihnen, wer diese Schulen betreibt – da wer­den Sie draufkommen, das sind ganz offensichtlich „lupenreine Kommunisten“ –: In der Gaisbergstraße in Salzburg eine Schule mit Tagesbetreuung, deutlicher sportlicher Schwerpunkt, begünstigt durch das große Freigelände – Sportplatz, Laufbahn, Gar­ten –; die ganze Schule wurde in den letzten Jahren auf Nachmittagsbetreuung umge­baut. Wissen Sie, um welche Schule es sich handelt? – Um das Erzbischöfliche Privat­gymnasium Borromäum der Erzdiözese Salzburg. Der Bischof von Salzburg ist nach Ihrer Version ein Kommunist, meine Damen und Herren! (Abg. Rädler: Ein so ein Blöd­sinn!)

Ich könnte weitere Beispiele nennen. (Abg. Mag. Stefan: Killerphrase!) Seit sechs Jah­ren wird in der Freinbergstraße in Linz in verschränkter Form unterrichtet. Bei diesem Vorreiter im katholischen Schulbereich handelt es sich um das Gymnasium und das Realgymnasium des Kollegiums Aloisianum. (Abg. Dr. Rosenkranz: Da fahren ja die ganzen roten Bonzen mit ihren Kindern hin, von den Politikern! Alle Linzer Roten ha­ben ihre Kinder dort! – Das ist ja das „beste“ Beispiel!) – Ich könnte Ihnen mehrere sol­che Beispiele nennen, von wegen „Zwangsbeglückung durch die Schule“, sehr geehrte Damen und Herren. (Rufe und Gegenrufe zwischen den Abgeordneten Dr. Rosen­kranz und Mag. Gaßner.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Die Ära, die jetzt zu Ende geht, war aus meiner Sicht und aus Sicht unserer Fraktion eine der erfolgreichsten, in der in der Bildungsreform seit Kreisky und Sinowatz am meisten vorangegangen ist. Es gibt nachweislich Fort­schritte in vielen Bereichen – ich wiederhole nur mehr –: Flächendeckende Neue Mit­telschule, PädagogInnenbildung Neu, die Kindergartenpädagogik, die Frühpädagogik wird ausgebaut. Auch, bitte, die Einbindung der KindergartenpädagogInnen – ein Punkt, zu dem immer wieder Kritik geäußert wurde – startet bereits. Es gibt bereits An­gebote für KindergartenpädagogInnen, das Masterstudium zu machen. Es erfolgte der Ausbau der Ganztagsschulen, der Ganztagsbetreuung.

Und jetzt noch einmal für all jene, die es nicht verstehen wollen und im Wahlkampf im­mer wieder den Leuten das Gegenteil davon einhämmern wollen: Wir als Sozialdemo­kraten wollen die Wahlfreiheit! Jede zweite Schule in Österreich soll ein Ganztagsan­gebot haben. Von Zwang kann keine Rede sein! – Das ist ein typisches Beispiel für Ihre Wahlargumentation, und ich hoffe, sehr geehrte Damen und Herren, dass das hof­fentlich nach der Wahl anders sein wird.

Ich könnte Beispiele aufzählen von „typisch kommunistischen“ Ländern: Südtirol hat seit vielen Jahren äußerst erfolgreich die gemeinsame Schule. Ist Südtirol ein kommu­nistisches Land?


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Oder Bayern? Ich weiß, was „CSU“ jetzt heißt: „Communistisch-Soziale Union“; denn in Bayern hat man, sehr geehrte Damen und Herren, in den letzten Jahren, seit 2002 oder 2003, die Zahl der Ganztagsschulen vervielfacht von etwa 400 auf 2 400. Das sollte uns zu denken geben.

Ich könnte Ihnen eine ganze Reihe von europäischen Ländern aufzählen, in denen die Ganztagsschulen und die gemeinsamen Schulen längst die Realität sind – und sie alle sind „typisch kommunistische“ Länder: Belgien, Finnland, Großbritannien, Irland und, und, und?! – Sehr geehrte Damen und Herren, steigen wir herunter von diesen Killerar­gumenten!

Zurück zur erfolgreichen Ära der Ministerin Claudia Schmied: Wir haben die neue Ma­tura eingeführt, es wurden die Bildungsstandards eingeführt, vor allem aber die neue gemeinsame PädagogInnenausbildung, die Reifeprüfung neu, Lehre mit Matura, Gra­tis-Nachholen von Bildungsabschlüssen. – Das sind Reformfortschritte, die wir uns nicht zerreden lassen, sehr geehrte Damen und Herren!

In diesem Sinne ersuche ich, dass in Fragen der Bildungsreform in Zukunft ein gutes, besseres gemeinsames Klima herrschen möge. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

14.26


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu einer zweiten Wortmeldung hat sich Herr Abge­ordneter Klubobmann Ing. Lugar zu Wort gemeldet. (Abg. Grosz: Das ist die dritte!) Die Restredezeit der Fraktion beträgt 3 Minuten. (Abg. Ing. Lugar: Zur Geschäftsord­nung!)

Herr Klubobmann Lugar hat sich zur Geschäftsordnung zu Wort gemeldet. Ich erteile ihm das Wort.

 


14.26.29

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH) (zur Geschäftsbehandlung): Ich habe hier in meinen Unterlagen und am Computer stehen, dass der Herr Neugebauer sich vor mir zu Wort gemeldet hat, und er ist auch auf der Liste vor mir gestanden. Wenn Sie mich jetzt vorreihen, nur weil der Herr Neugebauer nach mir sprechen will, dann ist das eindeutig nicht geschäftsordnungskonform – und darauf möchte ich jetzt hinwei­sen.

14.26


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Lediglich der Ordnung halber möchte ich festhalten, dass die Meldung und die Streichung von Rednern in der Disposition der jeweiligen Klubs und der Abgeordneten selbst liegt und der Präsident darauf überhaupt keinen Einfluss hat.

Wenn sich Herr Präsident Neugebauer von der Rednerliste hat streichen lassen und Sie eine veraltete Liste haben, dann kann ich das nicht ändern. Auf meinem Monitor und auf der aktuellen Rednerliste sind Sie noch mit einer zweiten Wortmeldung ge­listet, und danach Herr Abgeordneter Elmar Mayer ebenfalls mit einer zweiten Wort­meldung.

Ich erteile Ihnen jetzt das Wort. 3 Minuten beträgt die Restredezeit der Fraktion. – Bitte. (Abg. Grosz – auf den sich zum Rednerpult begebenden Abg. Ing. Lugar weisend –: Er ist nur mehr blamabel! Ihr macht Rechtschreibfehler, !)

 


14.27.31

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Schauen Sie, das ist genau das Pro­blem, das wir in diesem Hohen Haus haben: Es wird hier einfach immer nur drauf ge­schaut, dass man möglichst alles so lässt, wie es ist. Es ist daher notwendig, dass ei­ner sich hier herstellt und einmal anspricht, was in diesem Hohen Haus tatsächlich


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schiefläuft, nämlich dass wir es nicht schaffen, die Probleme dieses Landes anzuge­hen, und dass wir es deshalb nicht schaffen, weil eben Leute wie der Herr Neugebauer und auch viele andere alles tun, damit ja alles so bleibt, wie es ist.

Deshalb kann ich an dieser Stelle die Österreicher, die jetzt noch zuschauen, nur auf­fordern: Denken Sie darüber nach, ob Sie auch nach dem 29. September wieder eine Regierung haben wollen, die nichts anderes tut, als den Status quo in diesem Land mit Zähnen und Klauen zu verteidigen – so wie es der Herr Neugebauer, viele von der ÖVP und leider auch viele von der SPÖ tun, und das nicht erst seit gestern, sondern seit Jahrzehnten. Das ist der Punkt!

Und wenn die Wähler da draußen das Gefühl haben, wir müssen jetzt in diesem Land endlich etwas tun, wir müssen jetzt endlich dem Parlament wieder die Rolle zuerken­nen, die es verdient, und nicht die einer reinen Abstimmungsmaschinerie für die Regie­rung, die letztlich nur an der Macht bleiben will, wenn die Wähler das so sehen, dann sollten sie etwas tun, und zwar diese rot-schwarze Regierung abwählen und neue Mehrheiten schaffen, neue Mehrheiten im Hohen Haus, damit wir endlich das tun kön­nen, was notwendig ist in diesem Land. Das ist ein Befreiungsschlag, ein Befreiungs­schlag, der notwendig ist – im Interesse Österreichs, im Interesse der Menschen drau­ßen und auch im Interesse der Abgeordneten, die ja auch – zumindest viele von ih­nen – diesen Stillstand über Jahrzehnte nicht mehr ertragen können.

Das ist der Punkt, und letztlich können Sie das auch mit Ihren Taschenspielertricks nicht verhindern. – Vielen Dank. (Abg. Rädler: Abschiedsrede!)

14.29


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Lediglich der Ordnung halber teile ich jetzt mit – da­mit kein Missverständnis aufkommt –, dass Herr Abgeordneter Elmar Mayer sich von der Rednerliste hat streichen lassen und jetzt neuerlich Herr Präsident Fritz Neuge­bauer zu Wort gemeldet ist (Heiterkeit), mit 6 Minuten Redezeit, die auch die Gesamt­redezeit der Fraktion ist. – Das ist oft wie beim Wetten: Man muss die besseren Nerven haben beim Melden für die Rednerliste. (Abg. Dr. Rosenkranz – in Richtung des Abg. Ing. Lugar –: Lernen Sie Geschäftsordnung!) – Bitte, Herr Kollege Neugebauer.

 


14.29.56

Abgeordneter Fritz Neugebauer (ÖVP): Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ge­schätzte Frauen Bundesministerinnen! (Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Lasst mich we­nigstens höflich ein Grußwort sagen! – (In Richtung eines Zwischenrufers in den Rei­hen der SPÖ:) Lieber Freund, jetzt höre ich dir zu.

Herr Kollege Lugar! Egal, welche Regierung es gibt, die Redezeitordnung bleibt auch in Hinkunft, nach dem 29. Oktober, so, wie sie ist, weil sie sich, glaube ich, bewährt hat.

Ich bedanke mich sehr herzlich für dieses Thema, von dem ich ursprünglich gemeint habe, es gehe um die Essenz der Bildung. Und Sie haben ja sehr dankenswerterweise gesagt, dass Sie mit Kollegen auf dieser Seite (in Richtung ÖVP) reden, mit Kollegen auf dieser Seite (in Richtung SPÖ), das seien alles die Vernünftigen. – Da wir auch schon oft miteinander geredet haben, danke ich dafür, dass Sie mich zu den Vernünfti­gen zählen. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich bin bei der Frau Bundesministerin, wenn sie sagt, dass eine offensive Bildungspoli­tik ein gewisses Klima voraussetzt. Und, meine Damen und Herren, wir müssen vielen danken, die dazu beitragen, dass die zentrale Lehrerpersönlichkeit in einer Klasse wirksam wirken kann. Ich bedanke mich bei allen Eltern, die sich für ein gutes Schul­klima interessieren, ob sie sich jetzt im Schulgemeinschaftsausschuss, in Elternver­einen, in bilateralen Gesprächen engagieren. Sie sind ein wichtiger Partner der Lehrer­schaft, der hier die zentrale Rolle zukommt.


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Ich bedanke mich bei den Steuerzahlern, und ich denke, dass der Steuerzahler so lan­ge viel Geld zur Verfügung stellen wird, solange es eine qualitative Diskussion auch in der Öffentlichkeit über Bildungsnotwendigkeiten – bei allen Unterschiedlichkeiten – gibt. Ich bedanke mich bei den Politikerinnen und Politikern, von den Ministerinnen und Ministern abwärts über die Verantwortlichen in Bund, Ländern und Gemeinden, bei vie­len engagierten Bürgermeistern, die mit hohen Aufwendungen den Raum dafür schaf­fen, dass Schule auch ordentlich funktionieren kann.

Und ich bedanke mich auch bei jenen, die für die Verbreitung sorgen, bei den Journa­listen, und zwar jenen in den Qualitätszeitungen, die sich in die Sache vertiefen. Der Boulevard, meine Damen und Herren, wird uns nicht die Bildungsdiskussion bringen und erleichtern. Und ich füge auch hinzu, Frau Bundesministerin: Wenn man den Bou­levard über Gebühr mit Inseraten füttert, dann darf man sich nicht wundern, dass nur eine flache Diskussion zur Bildung zustande kommt. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich bedanke mich bei allen Pädagoginnen und Pädagogen, die Hervorragendes leis­ten, für alle Schularten. Ich habe in Erinnerung, dass der Herr Bundeskanzler – ich glaube, sogar mit dem Herrn Sozialminister – aufgebrochen ist zu dem Jugendarbeits­losengipfel und dort das duale System unserer Berufsausbildung als das beispielge­bende, das uns hilft, Jugendarbeitslosigkeit relativ gering zu halten, im Vergleich mit anderen, vorgestellt hat. Und da gibt es vieles, was wir in den anderen Schularten bei europäischen und internationalen Wettbewerben gewinnen. Die Schule hat es nicht notwendig, schlechtgeredet zu werden. Erfolg stimuliert Erfolg. Wir brauchen nicht ex­tensiv zu interpretieren, aber ich denke, dass wir stolz auf die Leistungen unserer Schülerinnen und Schüler sein können. (Beifall bei der ÖVP.)

Es ist heute mehrfach angemerkt worden, dass unsere Kolleginnen und Kollegen in der Schule betroffen sind von einer Diskussion, von der sie meinen, dass die Wertigkeit der Leistung nicht entsprechend anerkannt wird. Ich fordere alle Kolleginnen und Kollegen auf, sich bewusst zu sein, dass sie ein hochkarätiges Handwerk ausüben, das auch professionell durchgeführt werden muss. Das sicherzustellen haben wir hier gemein­sam – und da steckt viel Geld dahinter – durch Einführung einer neuen, qualitativen Lehrerausbildung geschafft, einer gleichwertigen, aber nicht gleichartigen Lehrerausbil­dung auf Master-Niveau. Das ist unter anderem ein Punkt, den wir natürlich im Dienst­recht verankern müssen, was nicht befriedigend gelöst ist.

Ein weiterer Punkt ist – denn so ein Projekt braucht eine nachvollziehbare Begrün­dung –, dass wir selbstverständlich aufgrund gesellschaftlich veränderter Verhältnisse mehr qualifizierte Tagesbetreuung brauchen. Wir sollten die Chance nicht vorbeigehen lassen – bei aller Kritik am Detail –, den Schulen die Autonomie zuzugestehen, auch in Jahresarbeitszeitmodellen tätig sein zu können, selbst ihre Verteilung der jeweiligen Arbeitszeiten durchzuführen.

Ich bin an sich sehr froh, dass in den letzten Wochen und Monaten das Thema der Bil­dung sich auf einen wesentlichen Bereich, der ein wenig vernachlässigt worden ist, fo­kussiert hat, das ist der Bereich – der eigentlich jeden Erfolg ausmacht – der Sprache. Sprache steht über jeder Bildungsinstitution. Da muss man nicht bei Humboldt nach­blättern – der Mensch wird Mensch erst durch die Sprache –, sondern wer heute als Schüler die Unterrichtssprache nicht beherrscht, schleppt dieses Defizit jahre-, wenn nicht jahrzehntelang nach. (Bravoruf bei der FPÖ.) Und da geht es, liebe Kolleginnen und Kollegen, darum, geeignete Maßnahmen zu finden, die Erkenntnisse der Frühkind­pädagogik stärker als bisher zu fokussieren.

Das sind zwei Themenbereiche mit Megaaufgaben, und wir werden das auch ordent­lich über die Runden bringen.

Und ich denke, dass wir auch – und das trifft ja nicht nur die Lehrer, das trifft auch die Kollegen in der Exekutive und in der Verwaltung – als Gewerkschaft gesagt haben: Un-


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ser Gehaltssystem stammt aus dem Jahre 1956. Damals hat die Republik wenig Geld gehabt. Die Anfangsbezüge waren mager, später waren sie attraktiver. Heute brau­chen wir das Geld bei den Jungen. Wir müssen, ob im Bereich der Exekutive, der Ver­waltung oder bei den Lehrern, wettbewerbsfähig sein, um auch die Guten für diese Be­reiche zu bekommen.

Frau Bundesministerin! Da wird es nicht mehr reichen, dass wir sagen, das kostet am Anfang zu viel. Wir haben das in vielen Bereichen, etwa beim niederösterreichischen und oberösterreichischen Landesdienst, gezeigt: Diese Investition ist wichtig, gerade auch im Bereich des öffentlichen Dienstes und auch der Lehrerschaft. (Beifall bei der ÖVP.)

Das sind die Motive unserer Kollegen von der Gewerkschaft – und das ist nicht „der Herr Neugebauer“, da ist mir zu viel der Ehre angetan worden, sondern das sind ein­stimmige Beschlüsse der sozialdemokratischen Gewerkschafter, der unabhängigen Gewerkschafter, der christlichen Gewerkschaftsfraktion, die sich mit diesen Themen auseinandersetzen.

Was hat die Bundesregierung, der Herr Bundeskanzler im Oktober als nachvollziehba­re Begründung für das Lehrerdienstrecht gesagt? – „Um Geld für Schulreformen zu bekommen, brauchen wir ein neues Lehrerdienstrecht mit flacherer Gehaltskurve und höherer Stunden-Verpflichtung.“ – Das trifft die Jungen, die im Jahr 2019 kommen! Sich an den Jungen abzuputzen und dort zu sagen, mehr Arbeit für weniger Geld – meine Damen und Herren, das sind Parolen vergangener Jahrzehnte. (Bundesminis­terin Dr. Schmied: Falsch!)

Und der nächste Punkt ist, dass Sie, liebe Frau Bundesministerin – das ist kein Angriff gegen Ihre Person, sondern gegen ein Thema –, vor wenigen Tagen noch gesagt ha­ben, natürlich ist Ihr Dienstrechtsentwurf einer, der auf die Gesamtschule abzielt. Darü­ber kann man trefflich streiten. Schon seit der Verfassung 1920 hat man darüber ge­stritten. Aber diese Schulform existiert nicht. Ein Dienstrecht zu basteln für etwas, das man sich vielleicht wünscht, das es aber nicht in der Realität gibt, das ist ein schwie­riges Unterfangen. (Beifall bei der ÖVP.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin sehr dafür, dass wir mit Begeisterung und gu­ten Argumenten Bildungsdiskussionen betreiben. Stellvertretend gibt es darüber halt immer die Debatten über Schulorganisation. Und wer die Hattie-Studie liest – du hast sie, glaube ich, Herr Abgeordneter, zitiert –, eine Zusammenfassung aus mehreren hundert Studien, der weiß ganz genau, dass die Form, die Organisationsform eigent­lich nicht das Allerwichtigste ist, sondern die Position dessen, der drinnen arbeitet.

Kollege Bucher, der leider nicht mehr hier ist, hat in seiner Rede die Frage gestellt, wa­rum sich die Gewerkschaft in alles einmischt. (Präsident Dr. Graf gibt das Glockenzei­chen.)

Schenken Sie mir zu meiner letzten Rede noch zwei, drei Minuten?

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir müssen leider die Geschäftsordnung einhalten, aber ein Schlusssatz geht sich immer aus.

 


Abgeordneter Fritz Neugebauer (fortsetzend): Ein Schlusssatz geht sich noch immer aus. – Ich habe einen sehr prominenten Pädagogikprofessor gehabt, den Helmut Zilk, der uns in der Lehrerbildungsanstalt immer gesagt hat, es gibt einen blöden Spruch, der lautet: Jeder Mensch wird als Original geboren, doch die meisten sterben als Ko­pien. Ihr habt als Lehrer zu sorgen für die individuelle Betreuung und Unterrichtung der Schüler, für den individuellen Zugang zu den einzelnen Begabungen, dann werdet ihr letztendlich auch erfolgreich sein.


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Das ist meine letzte Rede. Ich habe keine Belehrungen zu geben, ich habe eine Bitte an Sie: Sie alle hier wissen, dass Bildung und Demokratie gerade an diesem Ort un­trennbar verbunden sind. Und ich meine, dass Sie selbst, wenn Sie wiedergewählt wer­den sollten – wozu ich Ihnen gratuliere –, und all jene, die neu kommen, sich bewusst sein müssen, dass Sie hier in Ihrer Auseinandersetzung ein wichtiger Teil der politi­schen Bildung sind. Es schauen mehr junge Menschen zu, als wir glauben. Hart in der Sache, fair den Menschen gegenüber – da können wir einen wichtigen Beitrag leisten.

Ich wünsche Ihnen alles erdenklich Gute mit einem herzlichen gewerkschaftlichen Glückauf! (Allgemeiner Beifall.)

14.39


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Woche findet noch eine Sondersitzung statt. Da sehen wir einander ja alle wieder. Und nachher wird vielleicht der eine oder andere nicht mehr da sein.

Aber wir haben jetzt noch einen Redner mit einer fraktionellen Redezeit von 1 Minute zu seiner zweiten Wortmeldung. Das ist Herr Abgeordneter Mayer. – Bitte.

 


14.40.56

Abgeordneter Elmar Mayer (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Damen Ministerinnen! Geschätzter Herr Kollege Neugebauer! Ich habe mich auch darum spon­tan zu Wort gemeldet, weil ich eigentlich nicht mit Ihrem versöhnlichen Schlussakkord gerechnet habe, sondern damit, dass Sie Ihr Zitat, der Entwurf des neuen Lehrer­dienstrechts sei ein „Schmarrn“, hier noch einmal breiter austreten würden. Das haben Sie nicht getan. Ich meine, das ist auch gut und wichtig so, weil Sie selber in Ihrer Zu­sammenfassung gesagt haben: Man muss vorausschauen. Die nächste Generation von Abgeordneten muss hier verantwortungsbewusst entscheiden.

Ich möchte Ihnen ganz persönlich – ich glaube, auch im Namen unserer Fraktion – für Ihre Arbeit, besonders als Vorsitzender der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst, danken. Sie haben Ihre Arbeit als Vorsitzender der Gewerkschaft für die öffentlich Bedienste­ten, wie ich meine, hervorragend gemacht. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Meine Bitte, mein Ersuchen an Sie ergeht folgendermaßen: Seien Sie sich auch Ihrer Verantwortung bei den zukünftigen Verhandlungen bewusst, wenn es um das neue Dienstrecht geht! Das Dienstrecht ist neben der von Ihnen sehr lobend erwähnten Um­stellung der PädagogInnenbildung mit ein entscheidender Faktor dafür, dass wir in Zu­kunft junge Männer und Frauen wirklich dazu motivieren können, diesen Lehrerberuf zu ergreifen. (Ruf bei der ÖVP: Das wissen wir!)

Sie haben es in der Hand. Das, was wir als Regierung in Begutachtung geschickt ha­ben, soll dazu dienen, jungen Menschen Chancen zu eröffnen. Und Sie können einen wesentlichen Beitrag dazu leisten, dass das tatsächlich möglichst schnell über die Büh­ne geht. Ich wünsche Ihnen dazu ein gutes Händchen, viel Glück und vor allem die Kraft, auch über Ihren eigenen Schatten zu springen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Neugebauer: Nicht notwendig!)

14.42


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Weiters zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordne­ter Brosz. Die Gesamtrestredezeit Ihrer Fraktion beträgt 4 Minuten. – Bitte.

 


14.42.50

Abgeordneter Dieter Brosz, MSc (Grüne): Herr Präsident! Herr Kollege Lugar, schau­en Sie, es ist ganz einfach: Wenn man die Frau Kollegin Steibl als Ordnerin beobachtet und gesehen hat, dass sie sich zum Rednerpult hier vorne und zu der Liste bewegt hat, dann weiß man, es kommt noch eine Wortmeldung. Und wenn man aufpasst, dann kann


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man abwarten, bis der Herr Neugebauer geredet hat, und sich nachher melden. Aber das lernt man vielleicht auch noch hier herinnen. Gut ist es auf jeden Fall, dass man Re­dezeiten nicht kaufen kann, und eine letzte Rede des Herrn Kollegen Neugebauer war ja angemessen.

Ich würde auch sagen, dass durchaus Respekt von unserer Seite für Sie da ist, vor al­lem in Ihrer Funktion als Nationalratspräsident. Das ist ja die Funktion, in der wir Sie besonders erlebt haben, vor allem auch deshalb, weil Sie eine sehr eloquente Art und Weise der Vorsitzungsführung ausgeübt haben, weil Sie sich eben nicht an manche Vorgaben gehalten haben, in denen genau drinnen steht, wann ein Ordnungsruf zu ge­ben ist, sondern dies in einer Form gemacht haben, die dem Hohen Haus sehr würdig war. Dafür gebührt Ihnen auch der Respekt der Grünen Fraktion. (Beifall bei Grünen, SPÖ, ÖVP, FPÖ und BZÖ.)

Die heutige Debatte betreffend wundert es mich ja, welche Mottenkisten in den letzten zwei, drei, vier Tagen wieder ausgepackt worden sind. Wir sehen auf einmal Wahlpla­kate, wo vom Zwangskindergarten ab dem ersten Tag die Rede ist. Damit wird eine Debatte geführt, die einen sehr realen Hintergrund hat, nämlich die Forderung nach ei­nem zweiten verpflichtenden Kindergartenjahr, denn wenn wir genau wissen, dass die Kinder, die zu diesem Zeitpunkt, zwischen vier und fünf Jahren, nicht im Kindergarten sind – ein sehr geringer Prozentsatz –, jene sind, die es am dringendsten bräuchten, dann sehen wir, dass das eine Form der Bildungsförderung wäre, ihnen eine Chance zu geben. Daraus eine Pflicht zu machen, wie Sie es argumentieren, halte ich für wirk­lich nicht legitim.

Der Unterschied zwischen einem Rechtsanspruch und einer Verpflichtung, im Übrigen bei ganztägigen Schulformen, könnte Ihnen auch bewusst werden. Es geht darum, dass jeder einen Rechtsanspruch auf eine Ganztagsschule hat. (Abg. Kopf: Frau Brandsteidl hat was anderes gesagt!) – Bin ich die Frau Brandsteidl? Warum plakatie­ren Sie Rot-Grün, wenn die Frau Brandsteidl irgendetwas redet, was niemand von den Grünen vertritt? (Abg. Kopf: Der Häupl auch!)

Das ist doch zutiefst unseriös. Das ist doch keine Form von seriöser Politik. Plakatieren Sie das, was reelle Sache ist, aber nicht irgendwelche Argumentationen! (Abg. Mag. Kog­ler: Plakatieren wir Ernst Strasser, wenn es so weitergeht! Karl-Heinz Grasser!)

Eine Ganztagsschule braucht es für jeden, der sie in Anspruch nehmen will. Das ist der Mindestaufwand. Und es ist nicht zumutbar, dass diejenigen, die eine Ganztagsschule brauchen, keine bekommen, weil irgendjemand darüber abstimmt, dass es das nicht geben soll.

Also Wahlfreiheit heißt: Es muss auch angeboten werden. Ich verstehe nicht, dass die ÖVP nach wie vor diese Dinge, die eigentlich selbstverständlich sein sollten, verhin­dert. Es ist ja nicht die Forderung, dass jetzt überall in Österreich von einem Tag auf den anderen die Ganztagsschule flächendeckend eingeführt wird. Es ist die Forderung, dass es einen Rechtsanspruch gibt.

Und wenn der Herr Vizekanzler Spindelegger in Wahlkonfrontationen Bilder entwirft, dass man dann von acht Uhr in der Früh bis um sieben am Abend, glaube ich, in die Schule geht, wahrscheinlich in 50-Minuten-Einheiten, um halb elf das Mittagessen hi­neinschaufeln darf und sich sonst an Schulen nichts verändert, dann frage ich mich: In welcher Welt leben Sie? – Das Schuldbild, das modern vertreten wird, schaut anders aus. Und eine Ganztagsschule hätte doch genau die Chance, von diesen sinnlosen 50-Mi­nuten-Blöcken wegzukommen.

Jeder Bildungsforscher wird bestätigen, dass die siebte und achte Stunde in diesem Schulsystem weitgehend wertlos sind, weil in den Kopf einfach nichts mehr hineingeht, wenn man in 50-Minuten-Blöcken berieselt wird. Ich verstehe nicht, warum wir im


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Jahr 2013 nicht so weit sind, dass wir einen Schritt machen und sagen können: Neh­men wir die Grunderkenntnisse wahr! Versuchen wir einmal, darauf zu schauen, dass die Kinder möglicherweise auch mit weniger Lernzeit direkt einen größeren Erfolg durch Förderung haben könnten.

Es kann doch niemandem egal sein, dass 20 Prozent, 15 Prozent der SchülerInnen, wie viel auch immer, am Ende der Schulpflicht nicht sinnerfassend lesen können. Da muss man doch sagen, es gibt Probleme im Schulsystem. Also vielleicht gelingt es nach der Wahl, so weit zu kommen, zu sagen: Nehmen wir einmal die Bedürfnisse wahr, gehen wir von den anderen Fragen und vor allem von diesen Mottenkisten weg, und schauen wir, dass wir Bildungspolitik des 21. Jahrhunderts machen! (Beifall bei den Grünen.)

14.46


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Ich schließe da­her die Debatte.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Ing. Lugar, Kollegin und Kollegen betreffend Regierungsvorlage Dienstrechts-Novelle 2013 – Pädagogischer Dienst.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit und somit abgelehnt.

14.47.11Kurze Debatte über einen Fristsetzungsantrag

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen nun zur Durchführung einer kurzen De­batte. Die kurze Debatte betrifft den Antrag des Herrn Abgeordneten Scheibner, dem Verfassungsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 2177/A der Abgeordne­ten Dr. Cap, Kopf, Kolleginnen und Kollegen betreffend Demokratiepaket eine Frist bis zum 24. September 2013 zu setzen.

Nach Schluss dieser Debatte wird die Abstimmung über den gegenständlichen Frist­setzungsantrag stattfinden.

Wir gehen in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung kein Redner länger als 5 Minuten sprechen darf, wobei der Erstredner zur Begründung über eine Redezeit von 10 Minuten verfügt. Stellungnahmen von Mitgliedern der Bundesre­gierung oder zu Wort gemeldeten Staatssekretären sollen nicht länger als 10 Minuten dauern.

Das Wort erhält zunächst der Antragsteller, Herr Abgeordneter Scheibner. Ich erteile es ihm.

 


14.48.14

Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nur zur Erinnerung, weil die Sommerpause lange war und man das vielleicht schon wieder vergessen hat: Dieser Antrag betrifft ein wichtiges Projekt, das sich die Regie­rungsparteien am Beginn der Legislaturperiode zum Ziel gesetzt haben und das wir aus vollster Überzeugung und mit besten Kräften zu unterstützen versucht haben, nämlich das sogenannte Demokratiepaket, vor allem wenn es um die Instrumente der direkten Demokratie geht und darum, diese auch zu verbessern.

Wir haben am Beginn dieser Periode, wie bei vielen anderen Projekten auch, sehr in­tensive Debatten geführt, hatten eigene Arbeitsgruppen, Unterausschüsse – und es ist sogar etwas weitergegangen. Auch in diesem Bereich hat es gute Diskussionen gege-


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ben. Wie so oft hatte man das Gefühl, dass all jene, die in diesen Arbeitsgruppen sit­zen, auch wirklich ein Ergebnis haben wollen. – Ja, der Kollege Cap nickt zustimmend. Danke schön.

Das Problem war nur, dass dieses Thema anscheinend irgendwo anders, möglicher­weise außerhalb dieses Hauses, in den Parteizentralen oder in den Regierungsbüros, auch anders gesehen worden ist und es dann – ich sage jetzt einmal vorsichtig – zwei oder drei Jahre Stillstand gegeben hat. Und das sollten wir hier schon auch wieder in Erinnerung rufen. Bundeskanzler Faymann hat kürzlich in einem Interview gesagt, diese Regierung sei so aktiv gewesen und habe so viele positive Dinge zustande ge­bracht, dass man sich am Wahltag schon überlegen solle, ob man diese positive Koali­tion zwischen Rot und Schwarz nicht weiter beauftragen möchte, denn die Alternative wäre Chaos.

Meine Damen und Herren! Wir haben es jetzt wieder in der Bildungsdebatte gesehen: So positiv und so konstruktiv war diese Zusammenarbeit wohl nicht, denn die beiden wollten ja selbst nicht konstruktiv miteinander arbeiten. Und die Stimmung ist ja nach wie vor, wie man auch an den Zwischenrufen erkennt, nicht die beste.

Aber jedenfalls hat es diese Ergebnisse, die wir alle uns und die sich vor allem die Wählerinnen und Wähler von dieser großen Koalition erwartet haben, nicht gegeben – auch bezüglich des Demokratiepakets nicht. Ich erinnere daran: Da war ja eines der Ziele, die Zahl der Abgeordneten hier im Hohen Haus wenigstens auf 165 zu reduzie­ren. Wir vom BZÖ hatten ja einen anderen Vorschlag, nämlich die Zahl auf 100 zu re­duzieren.

Davon war ja keine Rede mehr, weil sich Rot und Schwarz überlegt haben: Nein, das wollen wir doch nicht, denn da geht es möglicherweise um die eigenen Mandatsträger.

Dann hat man einen Antrag vorgelegt – und um diesen geht es jetzt –, Bürgerbegehren einzusetzen, Online-Unterstützung für Volksbegehren zu ermöglichen. Das ist ja eigent­lich etwas Positives, aber so, wie es umgesetzt worden ist, auch wieder nicht, weil es nur einen kleinen Teil der Wählerinnen und Wähler begünstigt hätte.

Was völlig gefehlt hat, war die Aufwertung der Volksbegehren. Sie wissen, auch wir ha­ben in unserem Programm – und alle anderen, glaube ich, auch; dazu gab es einstim­mige Anträge –, dass man Volksabstimmungen durchführen sollte, wenn ein Volksbe­gehren besonders erfolgreich ist, aus unserer Sicht bei 400 000 Unterschriften. Dazu gab es auch intensive, sehr konstruktive Beratungen.

Wir haben dann Enqueten und Hearings durchgeführt. Später hat man gesehen: Da gibt es verfassungsrechtliche Probleme, wenn es eine sogenannte Volksgesetzge­bung – ohne Einbeziehung des Parlaments – in unserer Verfassung gäbe. Deshalb ha­ben wir ja versucht, einen konstruktiven Vorschlag zu machen: Gut, wenn das mit der Volksabstimmung nicht geht, dann soll man wenigstens eine unverbindliche Volksbe­fragung anhängen, wenn ein Volksbegehren erfolgreich durchgeführt und unterstützt wurde.

Kollege Cap hat – und das möchte ich ihm wirklich zugestehen – sehr offensiv gesagt, dass er vom Ausbau dieses Instruments der direkten Demokratie nicht sehr viel hält, weil er ein Anhänger der repräsentativen Demokratie ist. Das bin ich auch. Ich sage: Die direkte Demokratie sollte den Parlamentarismus und die parlamentarische Demo­kratie nicht ersetzen, aber ergänzen und unterstützen. Und ich glaube, dieser Vor­schlag, das Volk bei einem erfolgreichen Volksbegehren wenigstens zu befragen, ist gut. Da müsste die Politik halt so selbstbewusst sein zu sagen: Ja, wir nehmen das als Entscheidungsgrundlage zur Kenntnis, aber die Entscheidung bleibt nach wie vor hier im Parlament.


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Die ÖVP hat gesagt: Ja, wunderbar! Da gibt es das Programm vom Herrn Kurz mit al­len möglichen Dingen, wie wichtig das ist, das wird eingebracht und darüber wird dis­kutiert. Das hat sich aber dann in den Anträgen der Regierung nicht wiedergefunden.

Kollege Cap hat auch wieder gesagt: Naja, die Opposition soll etwas vorlegen – wahr­scheinlich hoffend, dass wir das nicht zusammenbringen werden. Und dann haben sich drei Parteien gefunden: die Grünen mit der Frau Abgeordneten Musiol, die Freiheitli­chen mit dem Herrn Abgeordneten Stefan und das BZÖ mit mir, mit der Unterstüt­zung – und das möchte ich hier auch wieder positiv anmerken – der Parlamentsdirek­tion. Es war wichtig, dass wir auch gezeigt haben – jetzt unabhängig davon, wen es betrifft –, dass wir hier im Parlament auch einmal versuchen, ein Gesetz nicht nur zu beschließen oder abzunicken, sondern auch zu erstellen, dass ein Gesetz auch wirk­lich hier erstellt wird und entsteht. Und das war, glaube ich, sehr positiv.

Wir haben das vorgelegt. Leider sind die Grünen kurz vor Schluss abgesprungen, das habe ich sehr bedauert. Sie haben sich einfangen lassen  vielleicht nicht Sie, Frau Kollegin Musiol, aber Ihre Parteisekretariate und -strategen mit einem Entwurf der Re­gierungsparteien, der aber so absolut nichts mit der Förderung der direkten Demokratie zu tun gehabt hat. Die Grenzen für ein Volksbegehren, das in der Folge zu einer Volksbefragung führt, waren so hoch, dass das wahrscheinlich kaum Aussicht auf Er­folg gehabt hätte.

Sie haben da mitgemacht. Leider! Sie sind ausgeschert. Die Freiheitlichen und das BZÖ sind bei diesem Antrag geblieben. Ich habe Ihnen damals schon prognostiziert, das wird in dieser Legislaturperiode nicht mehr beschlossen werden, weil das die Re­gierung in Wirklichkeit nicht will. Es ging nur darum, Zeit zu gewinnen, bis man dann sagt: Jetzt geht es leider nicht mehr.

Und genau das ist eingetreten. Es gab eine Begutachtung, die für diesen Regierungs­entwurf vernichtend ausgegangen ist. Und jetzt sagt man: Naja, die Zeit ist zu kurz. Leider, es geht sich nicht mehr aus.

Da, Herr Kollege Kopf, erinnere ich auch daran, dass ich davor gewarnt habe, dass der letzte Gesetzesbeschluss Anfang Juli gefasst wird und sich der österreichische Natio­nalrat jetzt zwar nicht in den Urlaub verabschiedet, aber immerhin das nächste Gesetz wahrscheinlich erst Ende November oder Anfang Dezember beschlossen werden kann. Das sind also fünf Monate, in denen dieser österreichische Nationalrat in einer wichtigen Zeit, in der es viele wichtige Reformen zu beschließen und zu diskutieren gäbe, keinen einzigen Gesetzesbeschluss fasst.

Wir haben damals einen klaren Programmablauf für reguläre Nationalratssitzungen verlangt. Sie haben gesagt: Wenn etwas aktuell ist, dann werden wir halt selbständig Sondersitzungen beantragen. – Keine einzige derartige Sitzung hat es gegeben.

Für uns ist dieses Demokratiepaket aber wichtig. (Abg. Kopf: Für uns auch!) Wir ha­ben ja diesen Antrag auch weiter eingebracht. – Ja, für Sie auch. Gut, Herr Kollege Kopf! Dann geben wir Ihnen jetzt die Möglichkeit: Stimmen Sie diesem Fristsetzung­santrag zu! (Beifall beim BZÖ.) Wir werden Tag und Nacht arbeiten – bis nächste Wo­che. Versuchen wir doch noch alles, einen gemeinsamen Antrag, einen gemeinsamen Beschluss bei der nächstwöchigen Sondersitzung zusammenzubringen! Genau das ist unsere Initiative. Das wäre wichtig.

Und ich sage Ihnen auch ganz deutlich: Das ist ja nicht das einzige Projekt, das auf die lange Bank geschoben worden ist: auch die Verwaltungsreform. Dauernd wird uns vor­gerechnet, was die Verwaltung kostet, dass sie selbstverständlich in ihren Grundzügen noch aus der Zeit Maria Theresias und Joseph II. stammt; aber wie so vieles andere auch ist diese Reform letztlich am Widerstand der Länder gescheitert, auch in dieser Legislaturperiode – so wie auch das Spekulationsverbot am Widerstand der Länder ge-


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scheitert ist, so wie in Wirklichkeit auch die positive Initiative betreffend Verwaltungsge­richte, die – ich habe es öfter gesagt – eine gute Initiative ist.

Da hat man gesehen: Wenn Sie einmal als Regierung keine ausreichende Mehrheit haben, dann bringen Sie es auch fertig, konstruktiv mit der Opposition zu verhandeln. Und wir haben bezüglich der Verwaltungsgerichte etwas Positives zusammengebracht, von der Theorie her.

Aber was sehen wir jetzt wieder? – Dass die Länder versuchen, das über den Umweg ihrer eigenen Kompetenzen wieder zunichtezumachen – mit eigenen Personalent­scheidungen, parteipolitisch motiviert, mit eigenen Dienstrechten und mit eigenen Ver­waltungsorganisationen, wo man wieder sieht, dass es nachher, nach der Reform, teu­rer ist, als es davor gewesen ist.

Und das ist auch einer der wichtigen Punkte, dass es endlich einmal an der Zeit wäre, dass dieser österreichische Nationalrat seine Aufgabe auch als Verfassungsgesetzge­ber wahrnimmt – wie beim Demokratiepaket, wie auch bei der Verwaltungsreform, wie auch beim Spekulationsverbot – und sich nicht von den Ländern alles vermiesen lässt und alles verhindert wird. (Beifall beim BZÖ.)

Denn letztlich, meine Damen und Herren, sind wir ja diejenigen, die die Verantwortung auch gegenüber der österreichischen Bevölkerung zu tragen haben.

Es wird immer gefragt: Reformen? – Meine Damen und Herren! Wir vom BZÖ haben das eingebracht, und zwar sehr radikale Forderungen, weil wir gesagt haben, wir brau­chen keine Landesgesetzgebungskompetenz mehr. Das könnte man beim Bund zen­tralisieren. Wir brauchen auch diese aufgeblähten Landtage nicht, sondern wir wollen die Kompetenzen bei den Gemeinden entsprechend stärken, weil die als Dienstleister näher beim Bürger sind. Wir wollen die Bezirke entsprechend stärken und auch den Bundesgesetzgeber stärken und die Arbeitsmöglichkeiten ausbauen. (Präsident Dr. Graf gibt das Glockenzeichen.)

Ich glaube, dass es notwendig wäre, in der nächsten Legislaturperiode – möglichst zu Beginn – mit einem Zukunftskonvent diese grundlegenden Zukunftsfragen einmal wirk­lich anzusprechen, sich hier als Verfassungsgesetzgeber dieser Herausforderung zu stellen und nicht weiter Ausreden zu finden, warum man wieder nichts Neues zusam­mengebracht hat.

Aber jetzt könnten Sie einmal einen Schritt dahin gehend setzen, dass wir uns in der nächsten Woche noch ordentlich am Riemen reißen und gemeinsam dieses Demokra­tiepaket, das Sie alle dem Wähler versprochen haben, noch in die Tat umsetzen. (Bei­fall beim BZÖ.)

14.59


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Klub­obmann Abgeordneter Dr. Cap. – Bitte.

 


14.59.20

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Ich schätze die Reden des Abgeordneten Scheibner immer wieder. Er hat immer mit Engelszungen versucht, uns hier seine Überredungskünste darzubringen. (Präsident Neugebauer übernimmt wieder den Vor­sitz.)

Es ist ja unbestritten, dass nicht die Sozialpartner, nicht die Länder, nicht sonst irgend­welche Einrichtungen, sondern der höchste Souverän natürlich Wählerin, Wähler, die Bevölkerung und im Endeffekt der Gesetzgeber, der Nationalrat ist. Und dass wir auf dieses Primat – einmal allgemein gesprochen – der Politik, aber im engeren Sinn des Nationalrates bestehen, das ist unbestritten, und dabei bleiben wir auch.


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Daher wehre ich mich schon dagegen, wenn ein bisschen so unterstellt wird, dass da immer in erster Linie dort und da hingehört wird. Es ist eine Konsensdemokratie, und wir wollen versuchen, dass – wenn es grundlegende Veränderungen geben soll – die­ser Konsens das dann auch ermöglicht und dass es dafür große Mehrheiten gibt.

Was Sie angesprochen haben, war letztendlich das föderale Prinzip: Sollen wir über­haupt neun Bundesländer haben? Und, und, und. (Zwischenruf des Abg. Scheibner.) Ja gut, das kann man ja diskutieren, aber da muss man auch mit den Betroffenen dis­kutieren. Die Länder sind ja auch ein kulturelles, politisches Identitätselement, die Ge­meinden genauso, und da kann man nicht drüberfahren, sondern man muss versu­chen, dass man da wirklich einen Konsens herstellt.

Genauso ist es in der Frage des Ausbaus direkter Demokratie: Volksbegehren, Volks­befragung. Wir, die beiden Regierungsparteien, haben da meiner Meinung nach ein sehr ausgeklügeltes, gutes und kluges Modell vorgelegt. Wir haben uns dann selbst­verständlich auch bereit erklärt – da der Wunsch öffentlich immer stärker wurde, das in Begutachtung zu schicken –, das in die Begutachtung zu geben; das haben wir auch getan.

Die Begutachtung ist sehr durchwachsen, würde ich sagen: Der Verfassungsgerichts­hof beispielsweise fordert eine grundlegende Überarbeitung. Das Land Niederöster­reich findet, da stimme die Verhältnismäßigkeit beim Zusammenwirken parlamentari­scher Demokratie mit den Maßnahmen der direkten Demokratie nicht. Der Seniorenrat fordert sorgfältige Überprüfung. Der Rechnungshof rügt die lückenhafte Darstellung der finanziellen Auswirkungen. Die Präsidentschaftskanzlei weist darauf hin, dass man sich Beispiele aus dem Ausland, wie Kalifornien, ebenfalls noch ansehen sollte, bevor man diesen Weg gehe. Die Industriellenvereinigung sagt, Volksbegehren und Volksbefra­gungen seien anfällig für populistische Stimmungsmache und daher missbrauchsge­fährdet. Das Institut für Föderalismus ist für einen maßvollen, schrittweisen Ausbau und plädiert für die weitere Funktionsfähigkeit des politischen Systems.

Der Wiener Landtag äußert erhebliche Bedenken. Der Verwaltungsgerichtshof meint, die Einführung des neuen Instruments sei noch gründlich zu überdenken. Der Vorarl­berger Landtag sagt überhaupt, alle Gesamtänderungen der Bundesverfassung sollen unzulässig sein. Die Landwirtschaftskammer Österreich fordert eine Mindestbeteili­gungsschranke bei Volksbefragungen, damit nicht eine Minderheit über eine schwei­gende Mehrheit entscheidet. Der Gemeindebund macht sich naturgemäß Sorgen um die Finanzierung, er fordert eine Refundierung aller entstehenden Kosten für die Ge­meinden.

Die WKÖ fordert, weder Steuerrecht noch der Sozialbereich sollen Thema von Volks­befragungen sein. Der ÖGB spricht sich gegen einen Volksbefragungsautomatismus aus, weil das mit dem System der repräsentativen Demokratie nicht vereinbar sei. Die Österreichische Bischofskonferenz hat Bedenken und meint, dieser Automatismus solle deswegen überdacht werden, weil das in Konflikt mit dem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Religionsfreiheit geraten könnte.

Ich kann Ihnen das endlos weitererzählen, aber das sind nicht irgendwelche Ein­richtungen, das sind maßgebliche Einrichtungen. (Abg. Scheibner:  unseren Antrag beschließen!) – Ja, ja, bei Ihrem Antrag möchte ich mir dann das Gutachten gar nicht durchlesen, was sie da alles reinschreiben. Also das war ja ohnehin schon der Ver­such, ein Modell zu entwickeln, das die Chance auf Konsens hat. Es ist aber jedenfalls so, dass alle genannten und auch andere Einrichtungen massive Kritik üben und mas­sive Bedenken haben.

Wir sind Demokraten. Wir sind von unserem Modell überzeugt. Wir haben uns da ja letztlich an die Spitze dieser Bewegung für direkte Demokratie gestellt, das dann auch hier im Haus dargestellt, weil wir gesagt haben: Okay, wenn die Oppositionsparteien da


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einmal auf einen Nenner kommen, das ist sehr interessant, aber wenn wir das dann wirklich ernsthaft aufgreifen und auch versuchen wollen, das umzusetzen, dann müs­sen wir letztlich in einem Begutachtungsverfahren schauen, was die dazu sagen.

Jetzt ist es soweit. Ich nehme an, alle Parlamentsfraktionen werden sich das sehr ge­nau anschauen, werden das analysieren, werden versuchen, daraus Schlussfolge­rungen zu ziehen, und wir werden das wahrscheinlich im weiteren Prozess der parla­mentarischen Behandlung in einer Form behandeln müssen, bei der alle diese kriti­schen Stimmen der Begutachtung die Möglichkeit haben, sich hier im Haus zu äußern.

Das wird man ernst nehmen müssen. Ein Drüberfahren über diese wichtigen, maßgeb­lichen Einrichtungen unserer Republik werden auch Sie nicht wollen, und daher bin ich der Auffassung, das sollte man aufgreifen, debattieren und vor allem mit jenen, die Kritik geäußert haben, in einen eingehenden und präzisen Diskussionsprozess treten.

Schlusssatz: Das geht nicht zehn Tage vor der Wahl, das wissen Sie aber selber. Sie haben ja lachen müssen, wie Sie das gesagt haben: Machen wir das schnell, husch, husch! Da haben sogar Sie gelacht. Sie lachen ja ganz selten, wenn Sie hier reden, aber bei dem Punkt haben Sie gelacht. (Zwischenruf beim BZÖ.) – Ja, husch, husch, husch! Wolln’S wieder haben, dass meine Wünschelrute ausschlägt? (Heiterkeit des Abg. Petzner. – Abg. Grosz: Husch, husch ins Körbchen!)

Ich sage Ihnen nur – nein, nicht husch, husch –: Das wäre ein Demokratieverständnis, auf das wir uns verständigen könnten. (Beifall bei der SPÖ.)

15.05


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Gerstl. – Bitte.

 


15.05.16

Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Meine Vorredner haben es schon angedeutet: ein großes Geset­zesvorhaben, die direkte Demokratie. Ich glaube, dass es wichtig ist, eines dabei hervorzustreichen: Direkte Demokratie ist kein Selbstzweck, sondern wir müssen das auch von der Geschichte her betrachten. Warum kamen wir dazu? – Der Grund ist die Politikverdrossenheit.

Der Grund ist der Punkt, dass immer weniger Menschen sich an Mitbestimmung betei­ligen, und wir müssen Möglichkeiten schaffen, dass man wieder zu mehr Mitbestim­mung kommt und dass sich mehr Leute auch engagieren können. Und da war einer unserer Vorschläge, den Sebastian Kurz schon vor eineinhalb Jahren gemacht hat – neben dem Modell, dass man Abgeordnete auch direkt wählen kann –, dass man Volksbegehren und Volksinitiativen grundsätzlich mehr Gewicht gibt. (Zwischenruf der Abg. Mag. Musiol.) Wir haben das wirklich – wie mein Vorredner Kollege Scheibner schon gesagt hat – sehr intensiv diskutiert, aber es liegt, wie in vielen Dingen, halt sehr oft im Detail, wo wir unterschiedlicher Meinung sind. Wenn jede Fraktion eine Detail­meinung hat und wir gleichzeitig aber ein Verfassungsgesetz brauchen, wo hier in jedem Wort Identität zu zwei Dritteln herrschen muss, dann ist es schwer, zusammen­zukommen.

Ich sage das nicht deshalb, weil Sie es nicht wissen, sondern weil vielleicht manche unserer Zuhörer nicht so genau wissen, dass es eben nicht so einfach ist, dass wir unter vier Parteien eine Einigung erzielen – heute noch unter drei, vielleicht brauchen wir nach der nächsten Wahl sogar vier Parteien. Ich frage mich, ob es dann leichter oder schwieriger werden wird, eine Verfassungsmehrheit zusammenzubringen. Das Thema wird im Grunde wahrscheinlich immer wichtiger, nämlich mehr Mitbestimmung und damit in Wirklichkeit auch für mehr Demokratie zu stehen und den Menschen kei­ne Alternativen zur Demokratie zu geben, ihnen auch klarzumachen, dass wir für De-


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mokratie kämpfen, dass – nämlich laut Artikel 1 der österreichischen Bundesverfas­sung – das Recht vom Volk ausgeht und dass es uns ganz, ganz wichtig ist, dass sie entsprechend mitbestimmen können.

Ich glaube daher, meine Damen und Herren, dass wir da auch einen neuen Geist brau­chen. Sie haben es mit einem Wort angedeutet, Herr Kollege Scheibner: Betreffend die Verwaltungsgerichtsbarkeit gab es einen neuen Geist hier in diesem Haus. Wir haben in Ruhe diskutiert – Änderungen, die sogar die Bundesländer betroffen haben, grund­sätzliche Verwaltungsänderungen –, wir haben das in einem Prozess von über zwei Jahren besprochen und beschlossen und sind danach auf einen gemeinsamen Nenner gekommen. Das ist auch deshalb geschehen, weil wir es hinter verschlossenen Türen gemacht haben, in aller Ruhe, und dann ist die Übereinstimmung mit allen Akteuren getroffen worden.

Der Nachteil für uns alle war: Fast kein Medium hat darüber berichtet, über eine der größten Reformen, die wir seit 1925 in der Verfassung gemacht haben. Die Journalis­ten haben als Erstes gefragt: Wer war gegen wen, und wer hat mit wem gestritten? Und da niemand gegen einen anderen war beziehungsweise wir das nicht nach außen getragen haben, haben die Medien wenig darüber berichtet. Jetzt müssen wir davon ausgehen, dass die Menschen das, was wir hier Großartiges beschlossen haben, wahrscheinlich erst nach Inkrafttreten am 1. Jänner 2014 wirklich erleben und spüren werden.

Wenn uns die direkte Demokratie aber wirklich ein Anliegen ist, dann, glaube ich, müssen wir uns in der Außendarstellung zurücknehmen, dann müssen wir uns hinter verschlossene Türen setzen und das in Ruhe ausdiskutieren, auch dieses Paket an Stellungnahmen, das im Rahmen des Begutachtungsverfahrens hereingekommen ist. Es gab nämlich nicht nur negative, wie Kollege Cap gesagt hat, in eine Richtung, son­dern da sind ja Stellungnahmen in unterschiedlichste Richtungen gekommen: Den ei­nen ging dieser Entwurf zu wenig weit, und den anderen ging der Entwurf bereits viel zu weit. Das zeigt auch, wie sensibel das Thema in Wirklichkeit ist.

Ich glaube, und die Österreichische Volkspartei glaubt, dass wir da einen Schritt nach dem anderen setzen müssen. Wahrscheinlich müssen wir uns zu Beginn einmal auf einen kleinen Schritt einigen, und vielleicht ist es auch ein Punkt, dass man sagt: Die­ses Gesetz muss nicht schon unbegrenzt gelten, sondern erproben wir es einmal – auf zwei Jahre, auf drei Jahre, auf ein Jahr. Darüber können wir diskutieren, darüber soll­ten wir diskutieren.

Es ist mir jedenfalls zu ernst angesichts dieser vielen unterschiedlichen Meinungen, auch wenn ich mit vielen Leuten nicht einer Meinung bin, die sich in den letzten Tagen hier zu Wort gemeldet haben, die nämlich Angst davor haben, dem Bürger mehr direkte Demokratie zu geben, jetzt ohne weiteres Verhandeln eine Lösung abzustim­men. Ich stehe wirklich komplett auf der anderen Seite. Wer Angst in der Politik hat, soll nicht hier auf diesem Platz stehen und in Wirklichkeit auch keine führende Funktion in dieser Republik haben. Es ist wichtig, den Menschen das Vertrauen zurückzugeben und ein neues Vertrauen zwischen Volk und Volksvertretern zusammenzubringen. Dorthin müssen wir kommen, und das müssen wir uns hart erarbeiten!

In diesem Sinne, meine Damen und Herren, möchte ich Sie alle aufrufen, nach der Wahl einen gemeinsamen Pakt mit allen Fraktionen zu machen. (Präsident Neuge­bauer gibt das Glockenzeichen.) Direkte Demokratie wäre da ein wesentlicher Punkt, wo wir nicht nur zwischen den Regierungsparteien ein Übereinkommen machen, son­dern auch mit der Opposition, so wie das Sebastian Kurz schon vorgeschlagen hat, damit wir auch den Punkt direkte Demokratie endlich zur Umsetzung bringen. (Beifall bei der ÖVP.)

15.10



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Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Stefan. – Bitte.

 


15.11.00

Abgeordneter Mag. Harald Stefan (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Was wir jetzt gehört haben, reizt mich nur zu der kleinen Aussage: An ihren Taten sollt ihr sie messen! – Erklärungen haben wir schon viele gehört. Seit Beginn dieser Legislaturperiode haben wir Versprechungen gehört, dass die direkte Demokratie umgesetzt wird, und jetzt gerade wieder einen großen Aufruf dazu. (Abg. Dr. Wittmann:  nicht unser einziges Thema!)

Worum geht es wirklich? – Der FPÖ geht es seit vielen Jahren darum, die direkte De­mokratie weiterzuentwickeln, um die Menschen ehrlich an der Entscheidungsfindung zu beteiligen. (Beifall bei der FPÖ.)

Dazu gibt es ein ganz klares Konzept, und zwar umfasst dieses zwei wesentliche Punkte. Der eine Punkt ist, eine Volksinitiative zu etablieren, das heißt, dass aus der Bevölkerung heraus eine Gesetzesinitiative möglich ist. Das bedeutet, ein konkreter Gesetzesvorschlag wird mit einem Volksbegehren transportiert, wird von einer be­stimmten Anzahl von Personen unterstützt. Das Parlament hat dann die Möglichkeit, das umzusetzen, und wenn es nicht umgesetzt wird, dann gibt es darüber eine Volks­abstimmung. Das ist eine ganz klare Sache, eine ganz klare Weiterentwicklung. Ergänzend zur repräsentativen Demokratie hier im Parlament soll es die Möglichkeit geben, aus der Bevölkerung heraus Initiativen zu setzen.

Der zweite ganz wesentliche Punkt ist die sogenannte Veto-Volksabstimmung. Das heißt, es wird ein bereits beschlossenes Gesetz, ein hier im Parlament beschlossenes Gesetz, auch wiederum aufgrund eines Begehrens aus der Bevölkerung, aufgrund einer bestimmten Anzahl von Unterschriften zur Volksabstimmung vorgelegt. Das be­deutet, die Bevölkerung kann erzwingen, dass ein Gesetzesbeschluss noch einmal von der Bevölkerung überprüft wird – ein ganz wesentlicher Punkt.

Diese beiden Dinge würden zu einer echten Weiterentwicklung der Demokratie hier in Österreich führen, und zwar insofern, als es eine atmosphärische Änderung wäre, wenn die Abgeordneten hier erstens von der Bevölkerung erfahren würden, was diese wirklich will, mit einer sehr qualitativen Unterstützung, und zweitens immer damit rechnen müssten, dass ihre Entscheidungen noch einmal überprüft werden. Das sind ganz entscheidende Änderungen, um die wir kämpfen, die wir eingefordert haben und die wir in der letzten Gesetzgebungsperiode auch lange diskutiert haben. (Beifall bei der FPÖ.)

Was aber ist wirklich geschehen? – Es gab eine tatsächlich gut funktionierende Ar­beitsgruppe, und das Ergebnis war, dass die Regierungsparteien dann einen Gesetz­entwurf vorgelegt haben, der – mit Verlaub gesagt – wirklich lächerlich war. Er war wirklich lächerlich, da gab es nur ein besseres Begräbnisritual für Volksbegehren, das heißt, dass diese hier noch ein bisschen hübscher behandelt werden. Das Zweite war eine Bürgeranfrage, die völlig lächerlich und peinlich war, die wirklich eine Verhöhnung der Bevölkerung war, die dann auch von den Regierungsparteien selbst wieder entfernt wurde, weil sie draufgekommen sind, das funktioniert nicht.

Die Opposition hat dann einen Entwurf eines Kompromissvorschlages vorgelegt, und die Regierung ist da aufgesprungen und hat versucht, so etwas Ähnliches vorzulegen  jedoch immer schon mit dem klaren Willen, dass das ja nicht mehr umgesetzt wird. Leider haben sich die Grünen dazu hergegeben, da mitzutun. Ich weiß nicht, ob sie wirklich so naiv waren, zu glauben, dass das noch umgesetzt wird, oder ob das eine versuchte Vorleistung für eine kommende Koalition war. Ich weiß es nicht, es hat mich jedenfalls ganz persönlich enttäuscht, weil ich auch im persönlichen Gespräch mit Frau Kollegin Musiol den Eindruck hatte, dass wir uns gegenseitig so weit vertrauen, dass wir nicht ausscheren – aber gut, das ist eine andere Sache.


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Was steckt aber hinter dieser Ablehnung der direkten Demokratie? – Hinter der Ableh­nung der direkten Demokratie stecken immer wieder Scheinargumente: Damit würden jetzt ganz furchtbare Dinge transportiert werden, die Todesstrafe würde eingeführt wer­den oder Freibier für alle würde verlangt werden. Allein diese Argumente, die immer wieder von Rot und Schwarz vorgebracht werden, zeigen ein ganz eigenartiges Men­schenbild: dass man nämlich offenbar der Bevölkerung derartige Dinge zutraut; auf der anderen Seite will man aber von genau diesen Menschen gewählt werden – und das klafft weit auseinander, das zeigen wir auch mit unserer Initiative auf. (Beifall bei der FPÖ.)

Ein typisches Beispiel für dieses Menschenbild ist etwa Landeshauptmann Voves. Es gibt jetzt diese Zusammenlegung von Gemeinden in der Steiermark. Man kann darüber diskutieren, ob das gut ist oder nicht, jedenfalls gibt es aber große Widerstände aus der Bevölkerung, und daher gibt es jetzt auch den Wunsch, unmittelbar darüber ab­stimmen zu können, also Abstimmungen durchzuführen. (Abg. Steibl: Also das stimmt nicht!  ein paar sture Bürgermeister!)

Was aber sagt Landeshauptmann Voves?  Er sei gegen Zwangsabstimmungen  ich weiß zwar nicht, was Zwangsabstimmungen sind , und er sagt: Solange ich etwas zu sagen habe, wird nicht der Schwanz mit dem Hund wedeln! – Was ist der Schwanz? – Die Bevölkerung; und der Hund ist offenbar der Landtag. (Ruf bei der FPÖ: Unerhört!) Solange er etwas zu sagen hat, hat die Bevölkerung nichts zu sagen – es ist genau diese Denkweise, die da transportiert wird. Das ist die Denkweise jener, die sich mas­siv mit vielen guten, schlechten – wie auch immer – Argumenten gegen die Weiterent­wicklung der direkten Demokratie aussprechen. (Beifall bei der FPÖ.)

Es bleibt nur zu sagen: Die FPÖ hat sich festgelegt. Für uns ist es eine Koalitionsbe­dingung, wenn wir in eine Regierung kommen, dass die direkte Demokratie in dem Sinne, wie ich es skizziert habe, weiterentwickelt wird. Die Bevölkerung kann sich dann entscheiden: Wenn sie dem eine Chance geben will, dann muss sie FPÖ wählen. (Bei­fall bei der FPÖ. – Ruf bei der FPÖ: Gute Rede!)

15.16


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Musiol. – Bitte.

 


15.16.39

Abgeordnete Mag. Daniela Musiol (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Ich und viele andere, auch viele andere, die heute schon gesprochen haben, wollen mehr Demokratie, mehr direkte Demokratie – aber nicht als Antwort auf Politikverdrossen­heit, das ist zu kurz gegriffen. Politikverdrossenheit beginnt auch nicht bei der Demo­kratie. Natürlich wird sie unterstützt, wenn man manchen Debatten hier im Haus zuhört und sieht, was hier fernab von sachlicher Diskussion an parteipolitischem Hickhack passiert.

Aber die Politikverdrossenheit beginnt doch bei der realen Politik, nämlich dort – und jetzt komme ich zum Thema der vorigen Debatte –, wo Bildungspolitik, wo Sozialpolitik, wo ökologische Politik, die längst gemacht gehört, eben nicht gemacht wird. Wo die Menschen tagtäglich merken, welch ungerechte Zustände herrschen, dort beginnt die Politikverdrossenheit, und dort beginnen die Leute dann auch zu sagen: Diese Men­schen will ich nicht wählen!, beziehungsweise: Ich will gar nicht mehr zur Wahl gehen!

Wir wollen direkte Demokratie schon lange. Die Grünen haben schon 1987 einen ers­ten Antrag eingebracht, und wir haben auch in dieser Periode sehr viele Vorstöße ge­macht. Kollege Scheibner hat ja den historischen Ablauf des sogenannten Demokra­tiepakets sehr schön umrissen. Ich finde, Sie haben die letzte Phase ausgelassen, und mit dieser möchte ich mich jetzt befassen.


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Ich beginne dort, wo wir – also BZÖ, FPÖ und Grüne –, entgegen unseren sonstigen inhaltlichen Übereinstimmungen, uns zusammengesetzt und gefragt haben, wie man da trotzdem noch zu einer Reform kommen kann, trotz dieses sehr dürftigen ursprüng­lichen Vorschlags von ÖVP und SPÖ, und wo wir gemeinsam Kriterien festgelegt ha­ben. Dann gab es eine Phase, in der ich in Verhandlungen mit SPÖ und ÖVP gegan­gen bin. Dass Sie das nicht nachvollziehen können oder nicht gutheißen, liegt natürlich bei Ihnen, das kann ich auch bis zu einem gewissen Punkt nachvollziehen, aber da war mir wichtig, auch wirklich etwas weiterzubringen. Ich bin nicht ins Parlament gewählt worden, um Dinge anzukündigen, auch nicht, um mit irgendwelchen Menschen irgend­welche Grüppchen zu bilden, die dann nichts weiterbringen, sondern mein Verständnis, warum ich hier stehe, ist, tatsächlich auch Dinge umzusetzen. Und da gibt es und gab es eine Chance.

Wir haben dann in sehr vielen Gesprächen hier ein Paket verabschiedet, das ist auch im Verfassungsausschuss ausreichend besprochen worden, und haben es dann in Begutachtung geschickt. Sie haben damals schon gesagt – das haben Sie auch selbst angesprochen –: Es könnte sein, dass das in dieser Periode nichts mehr wird. Ich habe Ihnen ja nicht widersprochen. Ich habe gesagt, ich glaube trotzdem noch daran, und ich glaube auch jetzt noch daran. Das heißt aber nicht, dass ich naiv bin, sondern das bedeutet, dass ich einfach trotzdem daran glaube, dass Menschen, die hier stehen, die gewählt sind und sagen: Ich will etwas, ich verhandle mit dir und ich will diesen und jenen Punkt in diesem Paket haben!, grundsätzlich zu ihrem Wort stehen.

Dann gab es die Begutachtungsphase, und dabei hat sich schon etwas Spannendes ereignet. Wir haben eine Begutachtung bis 15. August vereinbart – und bereits am 12. Juli haben Herr Kollege Cap – der sich gerade sehr angeregt unterhält – und Herr Kollege Kopf öffentlich erklärt, dass das nichts mehr wird in dieser Periode. Noch bevor irgendwelche Gutachten eingelangt sind, haben sie schon öffentlich erklärt – ich kann die APA-Aussendung gerne zur Verfügung stellen, sie gerne noch einmal ausdru­cken , dass das nichts mehr wird in dieser Periode.

Das ist schon perfide, und das zeigt auch Ihr Demokratieverständnis, das zeigt auch, wie Sie eigentlich wirklich mit Begutachtungen umgehen. Herr Kollege Cap, wenn Sie sagen, die Begutachtungen sind durchwachsen, wir müssen sie ernst nehmen, natür­lich ist es demokratisch wichtig, dass wir sie ernst nehmen, dann sage ich, ja, aber warum haben Sie das nicht bei der Vorratsdatenspeicherung gemacht? Dazu gab es durchwegs nur negative Gutachten, aber ÖVP und SPÖ sind drübergefahren und ha­ben das entgegen jeglicher Gutachten und entgegen jeglicher zivilgesellschaftlicher und sonstiger Aufschreie beschlossen. Also Sie zeigen schon ein sehr unterschiedli­ches Verhalten im Ernstnehmen von Gutachten. (Beifall bei den Grünen.)

Wie die Gutachten hier dargestellt worden sind, ist auch eine eigene Geschichte. Am 15. August hatten wir alle Gutachten vorliegen, und ich weiß nicht, ob Sie sich die Mühe gemacht haben, sie durchzusehen, aber ich würde diese Gutachten nicht als „durchwachsen“ bezeichnen. Es gibt von insgesamt – jetzt muss ich selbst noch einmal nachzählen – 30 Gutachten 16 pro, sieben, die neutral sind, sechs kontra – in denen geschrieben steht: Wir sind grundsätzlich gegen Weiterentwicklung der direkten Demo­kratie!; also wurscht, welches Modell das Parlament vorgelegt hätte, man ist dagegen –, und es gibt fünf, die vor allem aus der Zivilgesellschaft kommen und die besagen, das sei zu wenig.

Wir haben unmittelbar danach alle Parteien aufgefordert, sofort nach dem 9. Septem­ber eine Sitzung des Verfassungsausschusses einzuberufen, der sich mit diesen Gut­achten, mit diesen Stellungnahmen befassen könnte. Wie war die Reaktion aller Par­teien, auch vom BZÖ? – Null, nada, niente, keine einzige Antwort, keine Partei hat ir-


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gendwie darauf geantwortet, ob wir diese Verfassungsausschusssitzung abhalten. (Prä­­sident Neugebauer gibt das Glockenzeichen.)

Deswegen haben wir heute auch einen Fristsetzungsantrag eingebracht. Wir hätten uns bereits seit neun Tagen im Verfassungsausschuss mit den Stellungnahmen befas­sen können, und wir können das auch weiter, nämlich bis der nächste Nationalrat an­beraumt wird. Also vielleicht können Sie alle diesbezüglichen Mails noch einmal aus­graben, vielleicht antworten Sie darauf, vielleicht bekommen wir doch noch einen Ter­min zustande, und vielleicht schaffen wir es noch in dieser Periode, ein sinnvolles Pa­ket auf den Weg zu bringen. (Beifall bei den Grünen.)

15.22


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Scheibner. – Bitte.

 


15.22.30

Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ): Frau Kollegin Musiol! Leider war aber die Unterstützung Ihrer Fraktion für mein Anliegen in der Präsidiale, dass wir fix verein­barte Ausschusstage und Parlamentstage auch in der tagungsfreien Zeit und im Sep­tember vereinbaren und fixieren, enden wollend, weil auch Sie der Meinung gewesen sind, na ja, das wird man schon sehen, da sollte man nicht vorweg etwas fixieren. Das wäre sinnvoll und notwendig gewesen, dann wären wir auch nicht abhängig gewesen von nachträglicher Gunst der Regierungsparteien, sondern dann hätten wir die Mög­lichkeit gehabt, auch im Verfassungsausschuss – den wir übrigens wie alle anderen Ausschüsse auch für permanent erklären wollten – diese Fragen zu behandeln.

Eines, Frau Kollegin Musiol, weil Sie für unsere Verwunderung über Ihr Ausscheren nur teilweise Verständnis gehabt haben: Für mich, sage ich Ihnen, in meiner gesamten politischen Laufbahn war die Handschlagqualität ein wichtiges Kriterium. Wir haben ganz genau gewusst, dass wir als Opposition nur stark sind, wenn wir gemeinsam vor­gehen, und solange wir das getan haben, hat das auch funktioniert. Bewegung in den Regierungsparteien hat es nur gegeben, weil man gesehen hat, dass wir konstruktiv, aber auch sehr aktiv und dynamisch Eigeninitiative vorlegen. Ihr Ausscheren war es, das es den Regierungsparteien ermöglicht hat, genau diese positive Initiative der Op­position zu umgehen. (Beifall bei Abgeordneten der FPÖ.)

Inhaltlich können Sie doch wirklich nicht sagen, dass ein Volksbegehren, das 900 000 Un­terschriften braucht, um in einer Volksbefragung zu münden, wirklich ein Fortschritt für die direkte Demokratie gewesen wäre. Das war aber genau der Antrag von Rot und Schwarz, den Sie mitunterstützt haben. Wir haben gesagt, 250 000 sollen ausreichend sein – und Sie scheren aus: 900 000 bei Verfassungsfragen!

Angesichts dessen können Sie doch nicht wirklich sagen, dass es Ihr Begehren gewesen ist, noch etwas umzusetzen und durchzubringen. (Beifall bei Abgeordneten der FPÖ.) Spätestens im Ausschuss war klar, dass das nicht gewollt ist, Sie wissen es ganz genau. Ich sage Ihnen, die Strategien bei den Grünen kenne ich nicht, aber wenn Sie etwas durchsetzen wollen, dann werden Sie eine Initiative gemeinsam mit den an­deren Oppositionsparteien auch einmal bis zum Schluss durchtragen müssen.

Meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen! Herr Kollege Gerstl, Aner­kennung auch für Ihren sachlichen Debattenbeitrag – ich denke, diese Debatte zeigt, dass man auch in Wahlkampfzeiten seriös und sachlich über wichtige Anliegen disku­tieren kann –, nur so kann es natürlich nicht sein, wie Sie es dann versucht haben: dass Sie dann nur mit jenen verhandeln, von denen Sie glauben, dass Sie die Ver­fassungsmehrheit am billigsten bekommen können, wie in diesem Fall dann mit den Grünen! Wenn man sich offen und ehrlich zu gemeinsamen Verhandlungen hier im Nationalrat bekennt, dann sollte man wirklich mit allen Fraktionen auch bis zum Ende


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verhandeln. Dann sieht man auch, ob es eine ausreichende Zustimmung gibt oder nicht.

Herr Kollege Cap! Ich gebe Ihnen recht, man soll diese wichtigen Dinge im Konsens diskutieren, aber es sollte auch eine Grenze geben, die man nach außen aufzeigt, nämlich dann, wenn man sieht, dass es um reine Verhinderungstaktik geht, etwa bei den Ländern.

Wenn wir als Verfassungsgesetzgeber uns Ziele setzen, dann treten wir in Verhand­lungen mit allen Betroffenen und signalisieren, wir wollen einen Konsens, aber wenn nur aus Bestimm verhindert wird, dass wir etwa beim Spekulationsverbot eine Buchfüh­rungspflicht bekommen, die dem 21. Jahrhundert und nicht dem 17. Jahrhundert ent­spricht, und das aber nicht funktioniert, weil die Länder das verhindern, dann muss man ganz einfach sagen: Machen wir es allein! Schließlich sind wir der Seriosität und auch dem Wählerauftrag verpflichtet. Genauso ist das bei den Kompetenzbestimmun­gen, genauso wäre das bei der Neuordnung der Verwaltungsstrukturen. Dort finden wir dann die Spielräume, um der Bevölkerung auch finanziell über eine Steuersenkung und eine Steuerreform etwas zurückgeben zu können.

Ich sage noch einmal: Es wäre sinnvoll, dass sich dieser Nationalrat auch mit Experten von außen in einem Zukunftskonvent wiederfindet und sich dann wirklich einmal mit den Betroffenen, und zwar zeitnah, sodass man es dann auch in der Legislaturperiode umsetzen kann, auch über diese wichtigen Fragen auseinandersetzen kann.

Zum Schluss möchte ich vielleicht noch sagen, auch wenn Sie das konstruktive Klima im Verfassungsausschuss zu Recht gelobt haben: Es geht um Verfassungsmehrheiten, die Sie bis jetzt nicht gehabt haben. Vielleicht sollten Sie sich oder wir uns alle und auch der Wähler und die Wählerin überlegen, dass es gar nicht so schlecht wäre, wenn es nach dem Wahltag keine Mehrheit der beiden jetzt noch großen Parteien von SPÖ und ÖVP geben würde, denn dann wäre vielleicht das, was Sie zu Recht loben bei Ver­fassungsfragen, auch bei einfachen Gesetzen notwendig: dass Sie sich einmal mit der Opposition an einen Tisch setzen und versuchen, gemeinsam vernünftige Lösungen zu finden. (Beifall beim BZÖ. – Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.)

15.27


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hagen. – Bitte.

 


15.27.44

Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren im Hohen Haus! Liebe Zuschauer zu Hause vor den Bildschirmen! Ist Ihnen irgendetwas aufgefallen, wenn Sie den Beiträgen in der letzten halben Stunde zugehört haben? – Herr Kollege Cap spricht zunächst von einem guten Entwurf der beiden Regierungsparteien und liest dann massive Kritik der Bundesländer und sonsti­ger Institutionen zu diesem Demokratiepaket, das doch so gut ausverhandelt sein soll, von einem Zettel ab. Also er kritisiert seine eigene Regierung, meine Damen und Her­ren! Das heißt, diese Regierung hat nicht gut gearbeitet, sondern sehr schlecht gear­beitet – oder wollen Sie vielleicht das Volk bei diesem Thema nicht mitreden lassen?!

Herr Abgeordneter Gerstl von der ÖVP hat wortwörtlich gesagt: Setzen wir uns hinter verschlossenen Türen zusammen und handeln wir das aus! – Setzen wir uns hinter verschlossenen Türen zusammen und handeln wir das aus. Dieses Land, meine Da­men und Herren, wird schon zu lange hinter verschlossenen Türen regiert. Nehmen wir unsere Zukunft am 29. September selbst in die Hand, ich lade Sie ein! (Beifall beim Team Stronach.)

15.29

15.29.06

 


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll218. Sitzung / Seite 85

Ich schließe daher die Debatte.

Wir kommen zur Abstimmung.

Abstimmung über den Antrag des Abgeordneten Scheibner, dem Verfassungsaus­schuss zur Berichterstattung über den Antrag 2177/A der Abgeordneten Dr. Cap, Karlheinz Kopf, Kolleginnen und Kollegen betreffend Demokratiepaket eine Frist bis 24. September 2013 zu setzen.

Wer für diesen Antrag ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

15.29.42Abstimmung über weitere Fristsetzungsanträge

 


Präsident Fritz Neugebauer: Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Bucher, Kollegin und Kollegen, dem Unterrichtsausschuss zur Berichterstattung über den An­trag 2376/A der Abgeordneten Bucher, Kollegin und Kollegen betreffend Dienstrechts-Novelle 2013 – Pädagogischer Dienst eine Frist bis 24. September 2013 zu setzen.

Ich bitte um ein zustimmendes Zeichen. – Der Antrag findet keine Mehrheit, ist abge­lehnt.

Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Mag. Musiol, Kolleginnen und Kolle­gen, dem Verfassungsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 2177/A der Abgeordneten Dr. Cap, Kopf, Kolleginnen und Kollegen betreffend Demokratiepaket eine Frist bis 24. September zu setzen.

Ich bitte um Ihr unterstützendes Zeichen. – Der Antrag ist abgelehnt.

15.30.20Einlauf

 


Präsident Fritz Neugebauer: Ich gebe noch bekannt, dass in der heutigen Sitzung der Selbständige Antrag 2379/A(E) eingebracht worden ist.

Ferner sind die Anfragen 15955/J bis 15985/J eingebracht worden.

*****

Die nächste Sitzung des Nationalrates, die für Mittwoch, den 25. September, um 8 Uhr in Aussicht genommen ist, wird auf schriftlichem Wege einberufen werden.

Diese Sitzung ist geschlossen.

15.30.43Schluss der Sitzung: 15.30 Uhr

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