Stenographisches Protokoll

4. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

XXI. Gesetzgebungsperiode

 

Mittwoch, 15. Dezember 1999

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Stenographisches Protokoll

4. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXI. Gesetzgebungsperiode Mittwoch, 15. Dezember 1999

Dauer der Sitzung

Mittwoch, 15. Dezember 1999: 10.01 – 22.13 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz und das Bauern-Sozialversicherungsgesetz geändert werden (Sozialrechts-Änderungsgesetz 1999 – SRÄG 1999)

2. Punkt: Bericht über den Antrag 41/A der Abgeordneten Annemarie Reitsamer, Dr. Gottfried Feurstein und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert werden (Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 1999 – SVÄG 1999)

3. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundespflegegeldgesetz (BPGG) geändert wird (43/A)

4. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Pensionsgesetz 1965, das Nebengebührenzulagengesetz, die Reisegebührenvorschrift 1955, das Ausschreibungsgesetz 1989, das Karenzurlaubsgeldgesetz, das Richterdienstgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1984, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1985, das Land- und Forstarbeiter-Dienstrechtsgesetz, das Eltern-Karenzurlaubsgesetz und das Bundesgesetz BGBl. Nr. 298/1986 geändert werden

5. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Straßenbenützungsabgabegesetz geändert wird

6. Punkt: Bericht über den Antrag 17/A der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka, Herbert Scheibner, Georg Schwarzenberger, Dr. Alexander Van der Bellen und Genossen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundesverfassungsgesetz über die Begrenzung von Bezügen öffentlicher Funktionäre geändert wird, und

über den Antrag 1/A der Abgeordneten Herbert Scheibner und Genossen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundesverfassungsgesetz über die Begrenzung von Bezügen öffentlicher Funktionäre geändert wird


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4. Sitzung / Seite 2

7. Punkt: Bericht und Antrag betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die freiwillige Pensionskassenvorsorge für Personen, die dem Bundesbezügegesetz unterliegen (Pensionskassenvorsorgegesetz – PKVG), geändert wird

8. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka und Genossen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird, und Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975) geändert wird (18/A)

9. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz und das Geschäftsordnungsgesetz des Nationalrates geändert werden (38/A)

10. Punkt: Ersuchen des Landesgerichtes für Strafsachen Wien (9dE Vr 7903/99, Hv 4827/99) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller

11. Punkt: Ersuchen des Unabhängigen Verwaltungssenates Salzburg (UVS-5/10.502/14-1999) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Karl Öllinger

12. Punkt: Ersuchen des Landesgerichtes für Strafsachen Wien (9aE Vr 7102/99, Hv 4338/99) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Andreas Khol

13. Punkt: Ersuchen des Landesgerichtes für Strafsachen Wien (9dE Vr 4862/99, Hv 2993/99) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Ing. Peter Westenthaler

14. Punkt: Wahl der Vertreter Österreichs in die Parlamentarische Versammlung des Europarates

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Inhalt

Personalien

Verhinderung 19

Geschäftsbehandlung

Wortmeldung des Abgeordneten Dr. Andreas Khol betreffend Lautstärkenregelung der Mikrophonanlage 26


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4. Sitzung / Seite 3

Antrag der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen, dem Verfassungsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 15/A betreffend ein Bundes-Tierschutzgesetz gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung eine Frist bis 24. Jänner 2000 zu setzen 37

Verlangen gemäß § 43 Abs. 3 der Geschäftsordnung auf Durchführung einer kurzen Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG 37

Redner:

MMag. Dr. Madeleine Petrovic 130

Ludmilla Parfuss 132

Georg Schwarzenberger 133

Mag. Dr. Udo Grollitsch 134

Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber 135

Ablehnung des Fristsetzungsantrages 136

Antrag der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen, dem Gesundheitsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 5/A (E) betreffend Umsetzung der Forderungen des Gentechnik-Volksbegehrens gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung eine Frist bis 24. Jänner 2000 zu setzen – Ablehnung 37, 190

Antrag der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen, dem Gleichbehandlungsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 6/A (E) betreffend Umsetzung des Frauen-Volksbegehrens gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung eine Frist bis 24. Jänner 2000 zu setzen – Ablehnung 38, 191

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung 38

Unterbrechung der Sitzung 87

Antrag der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur Wahrnehmung der Aufsichtspflicht durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales gegenüber dem AMS gemäß § 33 Abs. 1 der Geschäftsordnung 182

Bekanntgabe 105

Verlangen gemäß § 33 Abs. 2 der Geschäftsordnung auf Durchführung einer kurzen Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG 106

Antrag der Abgeordneten Reinhart Gaugg und Genossen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur Untersuchung der Verantwortung im Zusammenhang mit der mangelnden Effizienz arbeitsmarktpolitischer Maßnahmen und der Gebarung des AMS gemäß § 33 Abs. 1 der Geschäftsordnung 183

Bekanntgabe 119

Verlangen gemäß § 33 Abs. 2 der Geschäftsordnung auf Durchführung einer kurzen Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG 119

Gemeinsame Debatte über diese beiden Anträge auf Einsetzung von Untersuchungsausschüssen 183

Redner:

Reinhart Gaugg 184

Karl Öllinger 185

Otmar Brix 187

Karlheinz Kopf 188

Mag. Herbert Haupt 189

Ablehnung der beiden Anträge auf Einsetzung von Untersuchungsausschüssen 190

Wortmeldungen der Abgeordneten Herbert Scheibner und Dr. Peter Kostelka betreffend die Beantwortung der Dringlichen Anfrage durch Bundesminister Rudolf Edlinger 106, 106

Feststellungen des Präsidenten Dr. Heinz Fischer zu den Wortmeldungen der Abgeordneten Herbert Scheibner und Dr. Peter Kostelka 106, 107


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4. Sitzung / Seite 4

Aktuelle Stunde (2.)

Thema: "Stabile Bundesbudgets für die Jahre 2000 bis 2003"

Redner:

Dr. Kurt Heindl 19

Bundesminister Rudolf Edlinger 22, 30

Ing. Kurt Gartlehner 25

Dkfm. Dr. Günter Puttinger 26

Mag. Gilbert Trattner 27

Dr. Alexander Van der Bellen 28

Anna Huber 29

Dkfm. Mag. Josef Mühlbachler 32

Hermann Böhacker 32

Mag. Ulrike Lunacek 34

Bundesregierung

Vertretungsschreiben 19

Wahlen in Institutionen

14. Punkt: Wahl der Vertreter Österreichs in die Parlamentarische Versammlung des Europarates 182

Ergebnis: Mitglieder: Edeltraud Gatterer, Dr. Alfred Gusenbauer, Dr. Susanne Riess-Passer, Herbert Scheibner, Peter Schieder, Dr. Michael Spindelegger; Ersatzmitglieder: Wolfgang Jung, Dr. Ilse Mertel, Mag. Terezija Stoisits

Ausschüsse

Zuweisungen 36, 80, 173, 174

Auslieferungsbegehren

gegen die Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller, Karl Öllinger, Dr. Andreas Khol und Ing. Peter Westenthaler 36

Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Mag. Gilbert Trattner und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Kassasturz (158/J) 87

Begründung: Mag. Gilbert Trattner 92

Bundesminister Rudolf Edlinger 96

Debatte:

Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn 107

Dr. Alfred Gusenbauer 109

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll 110

Dr. Alexander Van der Bellen 112

Reinhart Gaugg 114

Dr. Kurt Heindl 116

Jakob Auer 117

Mag. Ulrike Lunacek 120

Mag. Reinhard Firlinger 122

Josef Edler 123

Mag. Franz Steindl 124


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4. Sitzung / Seite 5

Dieter Brosz 125

Ing. Gerhard Bauer 127

Dr. Kurt Grünewald 127

Hermann Böhacker 129

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Ulrike Lunacek und Genossen betreffend Sicherstellung der finanziellen Mittel für die bilaterale Entwicklungszusammenarbeit – Ablehnung 121, 130

Verhandlungen

1. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (4 und Zu 4 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz und das Bauern-Sozialversicherungsgesetz geändert werden (Sozialrechts-Änderungsgesetz 1999 – SRÄG 1999) (8 d. B.) 38

Redner:

Mag. Herbert Haupt 38

Annemarie Reitsamer 41

Karl Öllinger 42

Dr. Gerhart Bruckmann 44

Bundesministerin Mag. Barbara Prammer 45

Sigisbert Dolinschek 47

Dr. Elisabeth Pittermann 49

Reinhart Gaugg 51

Karl Donabauer 52

Karl Dobnigg 54

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Herbert Haupt und Genossen betreffend neuerliche Renten- und Pensionsanpassung bei Unterschreiten der Verbraucherpreiserhöhung nach dem Pensionistenindex – Ablehnung 41, 55

Annahme des Gesetzentwurfes in 8 d. B. 55

2. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 41/A der Abgeordneten Annemarie Reitsamer, Dr. Gottfried Feurstein und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert werden (Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 1999 – SVÄG 1999) (9 d. B.) 55

Redner:

Edith Haller 56

Annemarie Reitsamer 57

Karl Öllinger 58

Dr. Gottfried Feurstein 59

Bundesministerin Mag. Barbara Prammer B> 61, 63

Anna Elisabeth Aumayr 62

Gabriele Heinisch-Hosek 64

Dr. Alois Pumberger 64

Ridi Steibl 66

Annahme des Gesetzentwurfes in 9 d. B. 67


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4. Sitzung / Seite 6

3. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundespflegegeldgesetz (BPGG) geändert wird (43/A) 68

Redner:

Theresia Haidlmayr 68

Heidrun Silhavy 70

Edeltraud Gatterer 71

Dr. Helene Partik-Pablé 73

Dr. Evelin Lichtenberger 75

Harald Fischl 76

Helmut Haigermoser 78

Dr. Gabriela Moser 79

Zuweisung des Antrages 43/A an den Ausschuss für Arbeit und Soziales 80

4. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (2 und Zu 2 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Pensionsgesetz 1965, das Nebengebührenzulagengesetz, die Reisegebührenvorschrift 1955, das Ausschreibungsgesetz 1989, das Karenzurlaubsgeldgesetz, das Richterdienstgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1984, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1985, das Land- und Forstarbeiter-Dienstrechtsgesetz, das Eltern-Karenzurlaubsgesetz und das Bundesgesetz BGBl. Nr. 298/1986 geändert werden (10 d. B.) 80

Redner:

Dr. Gerhard Kurzmann 80

Otto Pendl 82

MMag. Dr. Madeleine Petrovic 83

Staatssekretär Dr. Wolfgang Ruttenstorfer 84, 137

Mag. Walter Tancsits 85

Mag. Karl Schweitzer 136

Dr. Ilse Mertel 138

Ernest Windholz 139

Annahme des Gesetzentwurfes in 10 d. B. 140

5. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (3 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Straßenbenützungsabgabegesetz geändert wird (7 d. B.) 141

Redner:

Dr. Evelin Lichtenberger 141

Kurt Eder 144

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll 145

Hermann Böhacker 146

Mag. Helmut Kukacka 147

Mag. Reinhard Firlinger 149

Mag. Dr. Josef Trinkl 150

lic.oec. HSG Irina Schoettel-Delacher 152

Anton Wattaul 153

Dr. Gabriela Moser 154

Annahme des Gesetzentwurfes in 7 d. B. 155


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4. Sitzung / Seite 7

Gemeinsame Beratung über

6. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 17/A der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka, Herbert Scheibner, Georg Schwarzenberger, Dr. Alexander Van der Bellen und Genossen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundesverfassungsgesetz über die Begrenzung von Bezügen öffentlicher Funktionäre geändert wird, und

über den Antrag 1/A der Abgeordneten Herbert Scheibner und Genossen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundesverfassungsgesetz über die Begrenzung von Bezügen öffentlicher Funktionäre geändert wird (11 d. B.) 155

7. Punkt: Bericht und Antrag des Verfassungsausschusses betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die freiwillige Pensionskassenvorsorge für Personen, die dem Bundesbezügegesetz unterliegen (Pensionskassenvorsorgegesetz – PKVG), geändert wird (12 d. B.) 155

Redner:

Dr. Günther Kräuter 155

Georg Schwarzenberger 157

Herbert Scheibner 158

Dr. Alexander Van der Bellen 159

Dr. Michael Krüger 160

Mag. Herbert Haupt 161

Annahme der Gesetzentwürfe in 11 und 12 d. B. 163

8. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka und Genossen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird, und Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975) geändert wird (18/A) 163

Redner:

Dr. Peter Kostelka 163

Mag. Johann Maier 165

Mag. Dr. Maria Theresia Fekter 166

Herbert Scheibner 167

MMag. Dr. Madeleine Petrovic 169

Dr. Martin Graf 171

Dr. Alexander Van der Bellen 173

Zuweisung des Antrages 18/A an den Geschäftsordnungsausschuss 173

9. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz und das Geschäftsordnungsgesetz des Nationalrates geändert werden (38/A) 174

Zuweisung des Antrages 38/A an den Geschäftsordnungsausschuss 174

Gemeinsame Beratung über

10. Punkt: Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen des Landesgerichtes für Strafsachen Wien (9dE Vr 7903/99, Hv 4827/99) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller (15 d. B.) 174


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4. Sitzung / Seite 8

11. Punkt: Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen des Unabhängigen Verwaltungssenates Salzburg (UVS-5/10.502/14-1999) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Karl Öllinger (16 d. B.) 174

12. Punkt: Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen des Landesgerichtes für Strafsachen Wien (9aE Vr 7102/99, Hv 4338/99) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Andreas Khol (17 d. B.) 174

13. Punkt: Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen des Landesgerichtes für Strafsachen Wien (9dE Vr 4862/99, Hv 2993/99) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Ing. Peter Westenthaler (18 d. B.) 174

Redner:

Karl Öllinger 174

Heinz Gradwohl 177

Mag. Franz Steindl 178

Dr. Martin Graf 179

Annahme der Ausschussanträge in 15, 16, 17 und 18 d. B. 180

Eingebracht wurden

Petitionen 36

Petition betreffend "Alkoholisierte Lenker gefährden uns alle" (Ordnungsnummer 1) (überreicht vom Abgeordneten Johann Kurzbauer )

Petition betreffend Mobilfunk (Ordnungsnummer 2) (überreicht von den Abgeordneten Mag. Johann Maier, Dr. Gabriela Moser und Dr. Martin Graf )

Gesetzesantrag des Bundesrates 35

5: Gesetzesantrag der Bundesräte Jürgen Weiss und Genossen vom 18. November 1999 betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird

Regierungsvorlagen 35

6: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die veterinärmedizinischen Bundesanstalten geändert wird

14: Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsverfassungsgesetz geändert wird

Zu 2 und Zu 2 (2. Änderung): Änderung sowie 2. Änderung der Regierungsvorlage 2 d. B. betreffend Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Pensionsgesetz 1965, das Nebengebührenzulagengesetz, die Reisegebührenvorschrift 1955, das Ausschreibungsgesetz 1989, das Karenzurlaubsgeldgesetz, das Richterdienstgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1984, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1985, das Land- und Forstarbeiter-Dienstrechtsgesetz, das Eltern-Karenzurlaubsgesetz und das Bundesgesetz BGBl. Nr. 298/1986 geändert werden

Zu 4: Änderung der Regierungsvorlage 4 d. B. betreffend Sozialrechts-Änderungsgesetz 1999 – SRÄG 1999


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4. Sitzung / Seite 9

Berichte 36

III-11: Tätigkeitsbericht über das Verwaltungsjahr 1998; Rechnungshof

III-14: Kulturbericht 1998; Bundesregierung

III-15: Hochschulbericht 1999 (Band 1 bis 3); BM f. Wissenschaft und Verkehr

III-16: Bericht zur sozialen Lage der Studierenden aufgrund der Entschließung des Nationalrates vom 13. November 1997, E 91-NR/XX. GP; BM f. Wissenschaft und Verkehr

III-17: Bericht des Fachhochschulrates gemäß § 6 Abs. 2 Z 7 FHStG über die Tätigkeit des Fachhochschulrates im Jahre 1998; BM f. Wissenschaft und Verkehr

III-18: Bericht über die Rückgabe von Kunstgegenständen aus den Österreichischen Bundesmuseen und Sammlungen (Restitutionsbericht 1998/99); BM f. Unterricht und kulturelle Angelegenheiten

III-19: Forschungsbericht 1999; BM f. Wissenschaft und Verkehr

III-20: Bericht betreffend Südtirol; Autonomieentwicklung seit 1996; BM. f. auswärtige Angelegenheiten

III-21: Bericht des Universitätenkuratoriums im Sinne des § 83 Abs. 3 des UOG 1993 über seine Tätigkeit vom 1. Januar 1998 bis 31. Dezember 1998; BM f. Wissenschaft und Verkehr

III-22: Bericht betreffend Verhandlungen für ein Partnerschaftsabkommen im Dienste der Entwicklung zwischen der Europäischen Union und den AKP-Staaten; BM f. auswärtige Angelegenheiten

III-23: Gewässerschutzbericht 1999; BM f. Land- und Forstwirtschaft

Anträge der Abgeordneten

Dr. Martin Graf und Genossen betreffend EU-Beitrittsbedingungen für die Tschechische Republik und Slowenien (47/A) (E)

Herbert Scheibner und Genossen betreffend die Weiterentwicklung von Demokratie und Menschenrechten (48/A) (E)

Mag. Ulrike Lunacek und Genossen betreffend Sicherstellung der finanziellen Mittel für die bilaterale Entwicklungszusammenarbeit (49/A) (E)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen betreffend Anerkennung der Massaker an der armenischen Bevölkerung 1915–1917 im osmanischen Reich als Völkermord (50/A) (E)

Dr. Gabriela Moser und Genossen betreffend Sicherung und Belebung der Nahversorgung (51/A) (E)

Friedrich Verzetnitsch, Dr. Gottfried Feurstein und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 und das Arbeitsmarktservicegesetz geändert werden (52/A)


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4. Sitzung / Seite 10

Edith Haller und Genossen betreffend Wiedereinführung der Heimfahrtbeihilfe für Schüler und Lehrlinge (53/A) (E)

Edith Haller und Genossen betreffend Sicherstellung der Zweckbindung des Familienlastenausgleichsfonds (FLAF) und des Reservefonds des Familienlastenausgleichsfonds (54/A) (E)


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4. Sitzung / Seite 11

Dr. Gabriela Moser und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz betreffend die Telekommunikation (Telekommunikationsgesetz – TKG), BGBl. I Nr. 100/1997, zuletzt geändert durch Bundesgesetz BGBl. I Nr. 27/1999, geändert wird (55/A)

Dr. Alexander Van der Bellen und Genossen betreffend Entschädigung der Gemeinden für den Entfall der Getränkesteuer (56/A) (E)

Dr. Brigitte Povysil und Genossen betreffend bundesweite Umsetzung des Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetzes (57/A) (E)

Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber und Genossen betreffend Einrichtung eines Beirates für die ländliche Entwicklung (58/A) (E)

Mag. Dr. Eva Glawischnig und Genossen betreffend Maßnahmenpaket für den Naturschutz (59/A) (E)

Zurückgezogen wurde der Antrag der Abgeordneten

Dr. Peter Kostelka und Genossen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird, und ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975) geändert wird (Zu 42/A)

Anfragen der Abgeordneten

Dr. Gerhard Kurzmann und Genossen an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten betreffend österreichisch-slowenisches Kulturabkommen (77/J)

Mag. Franz Steindl und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend "Parkpickerl"-Problematik (78/J)

Mag. Franz Steindl und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend "Parkpickerl"-Problematik (79/J)

Dieter Brosz und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend Landesschulrat (80/J)

Dieter Brosz und Genossen an den Bundeskanzler betreffend "World Sports Awards of the Century" (81/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Westbahn und Innviertler Bahn (82/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie betreffend Abwärmekoppelung RAG + Fernwärme Timelkam (83/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an die Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz betreffend Spielzeug für Kleinkinder (84/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an die Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz betreffend Überbuchungen im Reisebereich (85/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Ausbau der B 125 (86/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Ausbau der B 125 (87/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Ausbau der B 125 (88/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Ausbau des Parkplatzes der Universität Linz (89/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend 4. Linzer Donaubrücke (90/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend 4. Linzer Donaubrücke (91/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend 4. Linzer Donaubrücke (92/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an die Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz betreffend den aktuellen Stand der Aktion "Frauen gegen den Krieg" (93/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend den aktuellen Stand der Aktion "Frauen gegen den Krieg" (94/J)

Ing. Peter Westenthaler und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Presseförderung (95/J)

Mag. Beate Hartinger und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend Maßnahmen zur Erhaltung der Badlwand-Galerie in Peggau/Steiermark (96/J)

Franz Morak und Genossen an den Bundeskanzler betreffend die Abwicklung der "World Sports Awards"-Gala (97/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Rechtsgleichstellung von Hebammen mit Ärzten u. a. im KFG und der StVO (98/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Rechtsgleichstellung von Hebammen mit Ärzten u. a. im KFG und der StVO (99/J)

Mag. Herbert Haupt und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Plasmaspenden und Hepatitis C (100/J)

Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Staatsbürgerschaftsverleihung (101/J)

Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Asylanerkennung (102/J)

Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Niederlassungsbewilligungen (103/J)

Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Änderung des Aufenthaltszwecks (104/J)


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4. Sitzung / Seite 12

Dr. Sylvia Breitenfeld-Papházy MBA und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Einsetzung des Akkreditierungsrates zur Zulassung von Privatuniversitäten gemäß UniAkkG (105/J)

Mag. Beate Hartinger und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Interessenkollision eines Institutsvorstandes des LKH Graz-Universitätskliniken (106/J)

Mag. Beate Hartinger und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Nebenbeschäftigung von Bundesärzten während der Dienstzeit (107/J)

Mag. Beate Hartinger und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend die Organisation zur Führung des LKH Graz-Universitätskliniken (108/J)

Mag. Beate Hartinger und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend keine Führung von Aufzeichnungen, die eine Kostenaufteilung zwischen Krankenversorgung sowie Lehre und Forschung ermöglichen (109/J)

Helmut Haigermoser und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Aktivitäten des KGB in Österreich: KGB-Waffenlager in Österreich, Ermordung eines KGB-Agenten in Wien (110/J)

Herbert Scheibner und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Ausgaben für Politikerpensionen 1999 (111/J)

Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Umstrukturierung des Innenressorts (112/J)


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4. Sitzung / Seite 13

Dr. Gerhard Kurzmann und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Auslandsdienstreisen im Jahr 1999 (113/J)

Dr. Gerhard Kurzmann und Genossen an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten betreffend Auslandsdienstreisen im Jahr 1999 (114/J)

Dr. Gerhard Kurzmann und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Auslandsdienstreisen im Jahr 1999 (115/J)

Dr. Gerhard Kurzmann und Genossen an die Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz betreffend Auslandsdienstreisen im Jahr 1999 (116/J)

Dr. Gerhard Kurzmann und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Auslandsdienstreisen im Jahr 1999 (117/J)

Dr. Gerhard Kurzmann und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Auslandsdienstreisen im Jahr 1999 (118/J)

Dr. Gerhard Kurzmann und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Auslandsdienstreisen im Jahr 1999 (119/J)

Dr. Gerhard Kurzmann und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Auslandsdienstreisen im Jahr 1999 (120/J)

Dr. Gerhard Kurzmann und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Auslandsdienstreisen im Jahr 1999 (121/J)

Dr. Gerhard Kurzmann und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend Auslandsdienstreisen im Jahr 1999 (122/J)

Dr. Gerhard Kurzmann und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie betreffend Auslandsdienstreisen im Jahr 1999 (123/J)

Dr. Gerhard Kurzmann und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend Auslandsdienstreisen im Jahr 1999 (124/J)

Dr. Gerhard Kurzmann und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Auslandsdienstreisen im Jahr 1999 (125/J)


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4. Sitzung / Seite 14

Ing. Peter Westenthaler und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Werbeeinschaltungen im Österreichischen Rundfunk, in privaten Rundfunkanstalten, Tageszeitungen, Wochenzeitungen, Monatsmagazinen und sonstigen Druckschriften im Jahr 1999 (126/J)

Ing. Peter Westenthaler und Genossen an die Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz betreffend Werbeeinschaltungen im Österreichischen Rundfunk, in privaten Rundfunkanstalten, Tageszeitungen, Wochenzeitungen, Monatsmagazinen und sonstigen Druckschriften im Jahr 1999 (127/J)

Ing. Peter Westenthaler und Genossen an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten betreffend Werbeeinschaltungen im Österreichischen Rundfunk, in privaten Rundfunkanstalten, Tageszeitungen, Wochenzeitungen, Monatsmagazinen und sonstigen Druckschriften im Jahr 1999 (128/J)

Ing. Peter Westenthaler und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Werbeeinschaltungen im Österreichischen Rundfunk, in privaten Rundfunkanstalten, Tageszeitungen, Wochenzeitungen, Monatsmagazinen und sonstigen Druckschriften im Jahr 1999 (129/J)

Ing. Peter Westenthaler und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Werbeeinschaltungen im Österreichischen Rundfunk, in privaten Rundfunkanstalten, Tageszeitungen, Wochenzeitungen, Monatsmagazinen und sonstigen Druckschriften im Jahr 1999 (130/J)

Ing. Peter Westenthaler und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Werbeeinschaltungen im Österreichischen Rundfunk, in privaten Rundfunkanstalten, Tageszeitungen, Wochenzeitungen, Monatsmagazinen und sonstigen Druckschriften im Jahr 1999 (131/J)

Ing. Peter Westenthaler und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Werbeeinschaltungen im Österreichischen Rundfunk, in privaten Rundfunkanstalten, Tageszeitungen, Wochenzeitungen, Monatsmagazinen und sonstigen Druckschriften im Jahr 1999 (132/J)

Ing. Peter Westenthaler und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Werbeeinschaltungen im Österreichischen Rundfunk, in privaten Rundfunkanstalten, Tageszeitungen, Wochenzeitungen, Monatsmagazinen und sonstigen Druckschriften im Jahr 1999 (133/J)

Ing. Peter Westenthaler und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Werbeeinschaltungen im Österreichischen Rundfunk, in privaten Rundfunkanstalten, Tageszeitungen, Wochenzeitungen, Monatsmagazinen und sonstigen Druckschriften im Jahr 1999 (134/J)

Ing. Peter Westenthaler und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend Werbeeinschaltungen im Österreichischen Rundfunk, in privaten Rundfunkanstalten, Tageszeitungen, Wochenzeitungen, Monatsmagazinen und sonstigen Druckschriften im Jahr 1999 (135/J)

Ing. Peter Westenthaler und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie betreffend Werbeeinschaltungen im Österreichischen Rundfunk, in privaten Rundfunkanstalten, Tageszeitungen, Wochenzeitungen, Monatsmagazinen und sonstigen Druckschriften im Jahr 1999 (136/J)

Ing. Peter Westenthaler und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend Werbeeinschaltungen im Österreichischen Rundfunk, in privaten Rundfunkanstalten, Tageszeitungen, Wochenzeitungen, Monatsmagazinen und sonstigen Druckschriften im Jahr 1999 (137/J)

Ing. Peter Westenthaler und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Werbeeinschaltungen im Österreichischen Rundfunk, in privaten Rundfunkanstalten, Tageszeitungen, Wochenzeitungen, Monatsmagazinen und sonstigen Druckschriften im Jahr 1999 (138/J)

Mag. Terezija Stoisits und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Drogenrazzia im Gesellenheim Zohmanngasse (139/J)

Mag. Terezija Stoisits und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Erhebungen gegen die Familie V. in Salzburg (140/J)

Mag. Terezija Stoisits und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend "Unschuldig in den Bankrott" (141/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Flughafenkooperation Wien/Bratislava; Eindämmung der Umweltbelastung der Region um Schwechat beziehungsweise Abstandnahme vom Bau einer dritten Landebahn (142/J)

Karl Öllinger und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Immobilien und Mobilien des AMS (143/J)

Dieter Brosz und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend Denkmalschutz der Liegenschaft Franz-Keim-Gasse 5, 2340 Mödling (144/J)

Dieter Brosz und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie betreffend Österreichischen Bundesjugendring (145/J)

Mag. Walter Posch und Genossen an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten betreffend Menschenrechtsverletzungen in türkischen Gefängnissen (146/J)

Mag. Herbert Haupt und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Österreichische Knochenmarkspenderzentrale (147/J)

Dr. Brigitte Povysil und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Spitalswesen und Gesundheitsberufe (148/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an die Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz betreffend gesundheitsbezogene Angaben – Widerspruch zur EU-Rechtslage (149/J)

Dieter Brosz und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend Maßnahmen gegen das kontinuierliche Absinken der Zahl männlicher Volksschullehrer (150/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend gesetzwidriges Vorgehen der Organe des öffentlichen Sicherheits


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4. Sitzung / Seite 15

dienstes im Zusammenhang mit dem Vollzug der Tiertransportbestimmungen (151/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend gesetzwidriges Vorgehen der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Zusammenhang mit dem Vollzug der Tiertransportbestimmungen (152/J)

Dipl.-Ing. Leopold Schöggl und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Technologiepolitik (153/J)

Dipl.-Ing. Leopold Schöggl und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Technologiepolitik (154/J)

Dipl.-Ing. Leopold Schöggl und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Technologiepolitik (155/J)

Edith Haller und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend die Schaffung einer Park- und Ride-Anlage am Bahnhof Kufstein (156/J)


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4. Sitzung / Seite 16

Mag. Herbert Haupt und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend Postenschacher im Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft (157/J)

Mag. Gilbert Trattner und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Kassasturz (158/J)

Dieter Brosz und Genossen an den Bundeskanzler betreffend "World Sports Awards of the Century" II (159/J)

Dr. Kurt Grünewald und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Regelungsbedarf bei den gehobenen medizinisch-technischen Diensten (160/J)

Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend Tierzucht für den biologischen Landbau (161/J)

Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend Kontrollen durch Organe der Agrarmarkt Austria (AMA) gemäß Sonderrichtlinien des BMLF zu den österreichischen Programmen für eine umweltorientierte Landwirtschaft (ÖPUL 95 und ÖPUL 98) (162/J)

Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend Aktionsplan für die biologische Landwirtschaft (163/J)

Theresia Haidlmayr und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Grundrecht auf Pension für geistig behinderte Menschen (164/J)

Wolfgang Jung und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Fahrzeugausstattung/Nachbeschaffung (165/J)


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4. Sitzung / Seite 17

Mag. Herbert Haupt und Genossen an den Bundeskanzler betreffend den Förderungsbericht 1998 (166/J)

Dr. Brigitte Povysil und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Gesundheitsvorsorge in Österreich – Fonds Gesundes Österreich (FGÖ) (167/J)

Mag. Herbert Haupt und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend den Förderungsbericht 1998 (168/J)

Mag. Herbert Haupt und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend den Förderungsbericht 1998 (169/J)

Mag. Herbert Haupt und Genossen an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten betreffend den Förderungsbericht 1998 (170/J)

Mag. Herbert Haupt und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie betreffend den Förderungsbericht 1998 (171/J)

Mag. Herbert Haupt und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend den Förderungsbericht 1998 (172/J)

Rüdiger Schender und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie betreffend Verwendung der unter dem Titel "Kindergartenmilliarde" bereitgestellten Bundeszuschüsse (173/J)

Mag. Beate Hartinger und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Nebenbeschäftigung von Professoren an Universitäten (174/J)

Mag. Beate Hartinger und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend bereits angeblich geführte Verhandlung um ein einheitliches Dienstrecht zwischen Bundesärzten und Landesärzten (175/J)

Wolfgang Jung und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Anmietung von Autobussen für den Mannschaftstransport (176/J)

Edith Haller und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie betreffend Mehrlingsgeburten (177/J)

Dr. Günther Leiner und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend sexuelle Übergriffe im AKH (178/J)

Dr. Gertrude Brinek und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Projekt "Von der Notwendigkeit des Überflüssigen" (179/J)

Anton Heinzl und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend das 15-Milliarden-Schilling-Paket für den Straßenbau in Niederösterreich (180/J)

Mag. Gilbert Trattner und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend Anteil von Schülern nichtdeutscher Muttersprache an Innsbrucker Pflichtschulen (181/J)

Mag. Brunhilde Plank und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Eisenbahntrasse im Ennstal (182/J)

Mag. Herbert Haupt und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend den Förderungsbericht 1998 (183/J)

Mag. Herbert Haupt und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend den Förderungsbericht 1998 (184/J)

Mag. Herbert Haupt und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend den Förderungsbericht 1998 (185/J)

Mag. Herbert Haupt und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend den Förderungsbericht 1998 (186/J)

Mag. Herbert Haupt und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend den Förderungsbericht 1998 (187/J)

Mag. Herbert Haupt und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend den Förderungsbericht 1998 (188/J)

Mag. Herbert Haupt und Genossen an den Bundeskanzler betreffend direkte Förderungen im Jahr 1998 (189/J)

Mag. Herbert Haupt und Genossen an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten betreffend direkte Förderungen im Jahr 1998 (190/J)

Mag. Herbert Haupt und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend direkte Förderungen im Jahr 1998 (191/J)

Mag. Herbert Haupt und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend direkte Förderungen im Jahr 1998 (192/J)

Mag. Herbert Haupt und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend direkte Förderungen im Jahr 1998 (193/J)

Mag. Herbert Haupt und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend direkte Förderungen im Jahr 1998 (194/J)

Mag. Herbert Haupt und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend direkte Förderungen im Jahr 1998 (195/J)

Mag. Herbert Haupt und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend direkte Förderungen im Jahr 1998 (196/J)

Mag. Herbert Haupt und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend direkte Förderungen im Jahr 1998 (197/J)

Mag. Herbert Haupt und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie betreffend direkte Förderungen im Jahr 1998 (198/J)

Mag. Herbert Haupt und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend direkte Förderungen im Jahr 1998 (199/J)

Mag. Herbert Haupt und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend direkte Förderungen im Jahr 1998 (200/J)

Dr. Robert Rada und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Verlagerung der Agenden der Grenzzollämter Marchegg und Hohenau (201/J)

Ridi Steibl und Genossen an die Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz betreffend Gewalt an Frauen (202/J)

Mag. Helmut Kukacka und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Kontrolltätigkeit der Exekutive im Straßenverkehr (203/J)

Dr. Susanne Riess-Passer und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Ungleichbehandlung von Lehrberufen in Zusammenhang mit Beihilfen zur Förderung von Ausbildungsverhältnissen gemäß Berufsausbildungsgesetz (204/J)

Franz Kampichler und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Verkehrsrisiko der "Microcars" (205/J)


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4. Sitzung / Seite 18

Rudolf Parnigoni und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Vertragschaos um Geschäftsführung der Österreich-Werbung (206/J)

*****

Dr. Martin Graf und Genossen an den Präsidenten des Nationalrates betreffend die Mitglieder der einstweiligen Bundesregierung (1/JPR)

Dr. Martin Graf und Genossen an den Präsidenten des Nationalrates betreffend Finanzierung des LIF (2/JPR)


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4. Sitzung / Seite 19

Beginn der Sitzung:10.01 Uhr

Vorsitzende: Präsident Dr. Heinz Fischer, Zweiter Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn, Dritter Präsident Dr. Andreas Khol.

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine Damen und Herren! Ich darf Sie alle herzlich begrüßen und bitte Sie, die Plätze einzunehmen. Ich eröffne die 4. Sitzung des Nationalrates der laufenden Gesetzgebungsperiode.

Die Amtlichen Protokolle der 2. und 3. Sitzung vom 18. November sind in der Parlamentsdirektion aufgelegen und ohne Einspruch geblieben; sie gelten daher als genehmigt.

Als verhindert gemeldet für den heutigen Tag ist Frau Abgeordnete Hagenhofer.

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Für diese Sitzung hat das Bundeskanzleramt über eine Entschließung des Herrn Bundespräsidenten betreffend die Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung folgende Mitteilung gemacht: Frau Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Eleonora Hostasch wird durch Frau Bundesministerin Mag. Barbara Prammer vertreten.

Aktuelle Stunde

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen nunmehr zur Aktuellen Stunde mit dem Thema:

"Stabile Bundesbudgets für die Jahre 2000 bis 2003"

Als erster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Heindl. Er wird das Thema erläutern. Seine Redezeit beträgt 10 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

10.02

Abgeordneter Dr. Kurt Heindl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Guten Morgen! Vorige Woche hat sich in einer Sitzung des Finanzausschusses Kollege Böhacker namens der Freiheitlichen dahin gehend kritisch geäußert, dass sich Finanzminister Edlinger zur Frage seines Erlasses betreffend Durchführung des Budgets 2000 nicht entsprechend zu Wort gemeldet hätte. Tatsache ist jedoch – und das haben wir auch richtig gestellt –, dass Finanzminister Edlinger einige Tage vorher im Budgetausschuss sehr ausführlich zu dieser Frage Stellung genommen hat.

Herr Kollege Böhacker, ich habe mir aber Ihre kritische Anmerkung zu Herzen genommen und mir Folgendes gesagt: Wann denn sonst als jetzt haben wir Gelegenheit, zu dieser wichtigen Frage, die Sie mit Recht eingefordert haben, Stellung zu nehmen – und ich habe daher meinen Kollegen und Kolleginnen vorgeschlagen, das zum Thema dieser Aktuellen Stunde zu machen. Damals haben wir aber natürlich noch nicht gewusst, dass Sie von den Freiheitlichen heute dazu auch eine Dringliche Anfrage einbringen werden. (Abg. Dr. Krüger: Wir wollten die Aktuelle Stunde aufwerten! – Weiterer Zwischenruf bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Es gibt in diesem Zusammenhang nicht nur nichts zu verbergen, sondern es ist tatsächlich so, dass Anlass dazu besteht, dieses Thema zur Vermeidung von Fehlinterpretationen auch hier ausgiebig zu erörtern, damit es eben, wie gesagt, zu keinen Fehlinterpretationen kommt beziehungsweise nicht wieder – wie das ja manchmal versucht wird – Panikmache betrieben wird. Die heutige Plenarsitzung bietet ja die letzte Möglichkeit, sich


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4. Sitzung / Seite 20

vor Beginn des Budgetvollzuges 2000 – für das Jahr 2000 haben wir ja noch kein Budget – ausführlich mit diesem Thema auseinander zu setzen.

Seit Minister Edlinger vor etwas mehr als zwei Wochen allen Ministerien und Obersten Organen per Erlass aufgetragen hat, 20 Prozent der Ermessensausgaben einzusparen, herrscht mancherorts, wie wir gehört haben, helle Aufregung. – No na, kann man dazu nur sagen (Abg. Scheibner: Dieser Erlass war ein Unsinn! Zu Recht gab es darüber Aufregung!), denn wenn man zum Sparen verhalten wird, werden manche ein bisschen nervös.

Es gab dazu so manch kritische Bemerkung, so war etwa "unverantwortliche Maßnahme" oder "Budgetchaos" von verschiedenen Seiten zu hören. Alles Mögliche wurde Edlinger unterstellt, nur: Entscheidendes wurde nicht hinterfragt. Gefragt wurde nämlich nicht: Warum jetzt? Warum 20 Prozent der Ermessensausgaben? Welche Bedeutung hat eine Einsparung von zirka 20 Milliarden Schilling für den Budgetvollzug des Jahres 2000 beziehungsweise die folgenden Budgets? Ist diese Maßnahme korrekt? Ist sie notwendig – beziehungsweise: Gibt es Alternativen? – Fragen, denen man sich stellen muss – und ebenso deren Antworten.

Meine Damen und Herren! Es wurde und wird so getan, als ob es kein automatisches Budgetprovisorium gäbe. Es wird nicht gesagt, dass es ohne neue Bundesregierung keine Budgetverhandlungen und daher auch kein neues Budget gibt. Es wird nicht gesagt, dass es daher konsequenterweise ab 1. Jänner 2000 keinen genehmigten Bundesvoranschlag gibt. Und es wird auch nicht gesagt, dass das Budget 2000 frühestens mit drei- bis viermonatiger Verspätung – mit allen sich daraus ergebenden Konsequenzen für das kommende Budget und die folgenden Budgets – in Kraft treten kann.

Es wird auch nicht gesagt, dass die von mancher Seite so heftig kritisierte Maßnahme in dieser Übergangsphase rechtlich und auch wirtschaftlich die einzig korrekte und richtige Möglichkeit ist, den Budgetkurs für das Jahr 2000, die künftige Bundesregierung – wie immer diese aussehen und von wem immer sie gestellt werden wird – nicht zu präjudizieren, diese nicht vor vollendete Tatsachen zu stellen.

Von wem sonst als vom Finanzminister und wann sonst als jetzt vor Beginn des neuen Budgetjahres ist Handlungsbedarf gegeben?! Ein Nichthandeln wäre nicht korrekt, wäre darüber hinaus verantwortungslos gewesen, weil ein solches Nichthandeln, meine Damen und Herren, nicht nur die Erstellung des kommenden Budgets, sondern auch jenes der folgenden Jahre in einer Art beeinflussen würde, die keinesfalls verantwortbar wäre.

Es ist aber in hohem Maße auffallend, dass dieser Erlass des Finanzministers vor allem von politischer Seite heftig kritisiert wurde und wird – ja selbst sozialdemokratische Regierungsmitglieder haben sich teilweise besorgt dazu geäußert. Aber von einer Seite kommt nicht nur keine Kritik, meine Damen und Herren, sondern sogar Zustimmung, nämlich von Expertenseite. Alle Wirtschaftsforscher, genauso höhere Repräsentanten der Nationalbank, begrüßen das Vorgehen des Herrn Finanzministers, geben ihm Recht. Von dieser Seite heißt es unter anderem – ich zitiere (Unruhe im Saal) –:

Der Erlass des Ministers Edlinger vom 30. November, die Ermessensausgaben um 20 Prozent zu kürzen, ist richtig. Sie ist in dieser Übergangsperiode rechtlich die einzige Möglichkeit, den Budgetkurs für das Jahr 2000 und die folgenden Jahre sicherzustellen. – Zitatende.

Ich habe es bereits gesagt: Es gibt bis dato keine neue handlungsfähige Regierung und deshalb auch kein ausverhandeltes Budget.

Präsident Dr. Heinz Fischer (das Glockenzeichen gebend): Ich will dir, Kollege Heindl, nur Gehör verschaffen, weil Kollege Trattner zu Recht sagt, dass du entweder zu leise sprichst oder die Zwischenreden zu laut sind; eines von beiden trifft zu.

Abgeordneter Dr. Kurt Heindl (fortsetzend): Kollege Trattner, damit du mich besser hörst, werde ich etwas lauter reden und näher zum Mikrophon gehen.


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4. Sitzung / Seite 21

Bernhard Felderer vom IHS sagte erst vor kurzem – ich zitiere –: Die 20 Prozent an Kürzung der Ermessensausgaben war für einen Übergangsminister die rechtlich einzige Möglichkeit.

Der Budgetexperte Lehner ist noch deutlicher und versucht, die verbreiteten Irritationen, um es vorsichtig auszudrücken, dahin gehend zu relativieren, indem er sagt – Zitat –: Die Größenordnung ist sicher richtig, um das EU-Stabilitätsziel zu erreichen.

Professor Streissler von der WU geht in dieselbe Richtung und meint: In der aktuellen politischen Situation ist dieser Vorstoß des Ministers die einzige Möglichkeit.

Und weiters Dr. Kramer vom Wifo, der sagte: Ich unterstütze uneingeschränkt, dass Minister Edlinger mit der Kürzung der Ermessensausgaben um 20 Prozent die Budgetnotbremse zieht. – Zitatende.

Meine Damen und Herren! Die Maßnahme des Finanzministers entspricht daher einer Notwendigkeit, die sich nicht nur aus finanzpolitischer Sicht ergibt, sondern auch erforderlich ist auf Grund der Teilnahme Österreichs an der Wirtschafts- und Währungsunion und den sich ergebenden Notwendigkeiten der Maastricht-Kriterien, die vor zwei Jahren durch den Amsterdamer Vertrag qualitativ noch entsprechend verschärft wurden.

Es geht nämlich nicht nur um Einsparungen, sondern natürlich auch um die Zielrichtung "ausgeglichenes Budgets", und es geht auch darum, Budgetüberschüsse, wenn möglich, zu erarbeiten. Diesem Ziel sind die entsprechenden Konvergenzprogramme unterzuordnen und werden es auch sein müssen.

Meine Damen und Herren! Kommt nämlich ein Mitgliedsland – das wissen wir doch alle – diesen Verpflichtungen nicht nach, hat es mit Sanktionen zu rechnen.

Die Finanzpolitik der Bundesregierung in den letzten Jahren hat dem Rechnung getragen, so wurde das Defizit der Bundesbudgets von 1995 bis 1999 von 4,8 Prozent im Jahr 1995 auf 2,5 Prozent im Jahr 1999 nahezu halbiert. Alle Budgets, die Bundesminister Edlinger vorgelegt hat und die von uns mehrheitlich beschlossen wurden, haben gehalten, ja mehr noch: Die prognostizierten Abgänge wurden unterschritten. So war es 1997, und auch jüngst, und zwar in einer Debatte im Budgetausschuss über den Rechnungsabschluss, wurde deutlich gemacht, dass das präliminierte Budgetabgangsziel wiederum unterschritten werden konnte. Und wenn meine Informationen stimmen – wovon ich ausgehe –, so wird auch im Jahr 1999 das Budgetziel erreicht werden. Das heißt, meine Damen und Herren: Zum dritten Mal hintereinander wurde das präliminierte Budgetdefizit sogar unterschritten.

Für den kommenden Bundesvoranschlag sind natürlich verschiedene Fakten zu berücksichtigen, so etwa Einnahmenausfälle, deren Dimension nicht unbeachtlich ist. Ich verweise in diesem Zusammenhang auch auf die Steuerreform. Jetzt könnte man sehr lange darüber reden, dass zum Beispiel die Steuerreform oft als "zu minimal" kritisiert wurde, "Minireform", hieß es. Es zeigt sich aber jetzt, dass diese gerade noch verkraftbar ist.

Weiters darf ich auf Ausgaben beispielsweise auf Grund der Familienreform, der Dynamik der Pensionszuschüsse, ja der Pensionserhöhung überhaupt verweisen, ebenso auf die letzte Erhöhung der Beamtengehälter – insgesamt alles Dinge, die Maßnahmen erforderlich machen.

Ich habe zuvor Expertenmeinungen bezüglich der Fortsetzung des Konsolidierungskurses zitiert, und ich kann daher sagen: Die in Rede stehenden 20 Milliarden Schilling an Einsparungen kommen nicht überraschend; das kann mit Hilfe entsprechender Strukturmaßnahmen erreicht werden. Unserer Überzeugung nach muss das Budget vom budgetpolitischen Grundsatz her, als Fortsetzung der Budgetkonsolidierung, dergestalt gemacht werden, dass es zu keiner Ausgabensteigerung kommt, sondern dass – im Gegenteil! – Ausgaben in einer Höhe, die unter dem Bruttoinlandsprodukt liegt, anzustreben sind.


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4. Sitzung / Seite 22

Finanzminister Edlinger hat im Laufe dieses Jahres – besonders betonen möchte ich, dass er dies auch im Wahlkampf so gesagt hat – immer wieder betont: Die Budgetsituation erlaubt keine Erfüllung generöser Wahlzuckerl. Das sei bei dieser Gelegenheit entsprechend angemerkt.

Wir Sozialdemokraten wollen die Politik der Budgetkonsolidierung fortsetzen. Dies wird in erster Linie nur ausgabenseitig möglich sein. Dementsprechend haben wir eine Reihe weitreichender Vorschläge in unseren Positionen für ein neues Regierungsprogramm vorgesehen. Unser Ziel, was das Budget betrifft, heißt nämlich: Sparsamkeit und Stabilität – und kein Sparpaket! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

10.12

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer Stellungnahme zum Thema dieser Aktuellen Stunde erhält der Herr Finanzminister das Wort. Die Stellungnahme soll, wenn möglich, eine Redezeit von 10 Minuten nicht überschreiten. – Bitte, Herr Bundesminister.

10.12

Bundesminister für Finanzen Rudolf Edlinger: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte zunächst einmal vorausschicken, dass ich sehr froh darüber bin, dass nicht nur diese Aktuelle Stunde, sondern auch die Dringliche Anfrage heute Nachmittag dem Thema Budgetpolitik gewidmet ist.

Froh darüber bin ich aus mehreren Gründen, so unter anderem, weil ich meine, dass es sich dabei um ein sehr wesentliches Thema handelt, gerade auch zu Beginn einer Legislaturperiode, um ein Thema, das letztendlich die gesamte zukünftige Politik dieser Legislaturperiode wesentlich beeinflussen wird, ist doch der Staatshaushalt, ist doch das Budget sozusagen der Rahmen jener Ziele, die sich eine Regierung stecken kann, innerhalb dessen sich aber auch durchaus Vorschläge, die in die politische Arena eingebracht werden, realisieren lassen – oder eben auch nicht nicht.

Ich bin der Ansicht, dass es bei der Diskussion eines so wichtigen Themas erstens wichtig ist, dass, und zwar ohne jegliche Zurückhaltung, jene Fakten auf den Tisch gelegt werden, die erforderlich sind. Weiters ist es notwendig, dass nicht nur jene, die tagtäglich mit dieser Arbeit zu tun haben, sondern auch jene, die als Abgeordnete wesentlichen Anteil an der Politik unseres Landes haben, die Rahmenbedingungen kennen, die für die Politik in diesem Bereich in den nächsten Jahren entscheidend sein werden.

Ganz kurz nur möchte ich in Erinnerung rufen, dass die österreichische Bundesregierung 1996 mit einer umfassenden Konsolidierung die Budgetreform begonnen hat. Gemeinsam mit den anderen Gebietskörperschaften konnte damals das nationale Defizit von weit über 5 Prozent halbiert werden, und es konnten so nicht nur jene Kriterien erreicht werden, die notwendig waren, damit Österreich auch der Wirtschafts- und Währungsunion beitreten konnte, sondern es konnten damit auch die Voraussetzungen dafür geschaffen werden, dass wieder bestimmte budgetpolitische Handlungsspielräume möglich wurden.

Auch im Jahre 1999 – das möchte ich jetzt gleich vorwegnehmen – liegt der Vollzug des Budgethaushaltes in jenem Konsolidierungsplan, den die Bundesregierung beschlossen hat und mit dem letztendlich bis zum Jahre 2002 das nationale Defizit auf etwa 1,4 Prozent und das Bundesbudgetdefizit auf 1,9 Prozent zurückgeführt werden sollen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dieses Ziel ist dann erreichbar, wenn durch die Budgetpolitik auch entsprechende Akzente gesetzt werden. Das Budgetziel für das Jahr 2000 ist meiner Meinung nach erreichbar. Die Voraussetzung dafür ist aber, dass es überhaupt ein Budget gibt. Man muss heute, wenige Wochen vor Beginn des Jahres 2000, in aller Offenheit jedoch sagen, dass es mangels einer Bundesregierung, die auch in der Lage ist, für die Zukunft ein Budget zu verhandeln und zu beschließen, aus heutiger Sicht nicht möglich ist, einen Bundesvoranschlag für das Jahr 2000 vorzulegen.

Bei diesem notwendigen Voranschlag – so sehe ich das – ist jedenfalls darauf Rücksicht zu nehmen, dass auch jene Strukturmaßnahmen gesetzt werden, die es uns gestatten, die


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Budgetziele zu erreichen. Und mit diesem Budget muss vor allem auch darauf Rücksicht genommen werden, dass Belastungen, die einerseits durch die Familienpolitik, andererseits aber auch durch die Steuerreform entstanden sind, letztendlich in Teilen refinanziert werden müssen. Es muss weiters darauf Rücksicht genommen werden, dass die Ausgaben insgesamt zurückgenommen werden müssen.

Ich möchte in diesem Zusammenhang auch darauf hinweisen, dass durch die Beschlüsse des vergangenen Jahres die Österreicher ab 1. Jänner 2000 insgesamt etwa 30 Milliarden Schilling mehr als im Jahr davor zur Verfügung haben werden. (Beifall bei der SPÖ.) Das war ein sehr bewusster politischer Akt – nicht nur im Hinblick auf irgendwelche scheinbare Wohltaten (Abg. Scheibner: Wie viele Milliarden haben Sie den Österreicherinnen und Österreichern vorher weggenommen?), sondern sehr wohl auch darauf ... (Abg. Scheibner: 100 Milliarden wegnehmen und 30 Milliarden zurückgeben!)  – Ich nehme an, Sie melden sich dann zu Wort, Herr Scheibner. Vielleicht könnten Sie mir 2 Minuten zuhören und nur ein bisserl ... (Abg. Haigermoser: Keine Polemik von der Regierungsbank! – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Definieren Sie doch einmal, was Ihrer Ansicht nach Polemik ist. (Ruf bei der SPÖ: Haigermoser, zurück nach Salzburg! – Gegenruf bei den Freiheitlichen.) Wir können auch ein Zwiegespräch führen, wenn das der Herr Präsident zulässt. (Abg. Scheibner: Ein Zwischenruf ist hier schon noch erlaubt!) Aber vielleicht können Sie sich vom Rednerpult aus melden, denn dann habe auch ich die Chance, Sie zu hören. (Abg. Scheibner: Spielen Sie hier nicht den Oberlehrer! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Ich bin ja durchaus daran interessiert, zu hören, was Sie möglicherweise zu diesem Thema beitragen können. (Abg. Scheibner: Oberlehrer!) Vielleicht ist es auch einmal etwas, das man verwerten kann; das würde mich sehr freuen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Scheibner: Schauen Sie doch, dass Sie überhaupt einmal ein Budget zusammenbringen!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Fix ist jedenfalls, dass durch die Politik der Bundesregierung in den Jahren 1998 und 1999 die österreichischen Bürger über 30 Milliarden Schilling mehr an Kaufkraft zur Verfügung haben werden. Und dieses Geld ist sozial so verteilt, dass "unten" eine stärkere Wirkung als "oben" erfolgt. Das war ja auch ein politisches Ziel, das sich die österreichische Bundesregierung gesetzt hat.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe aber immer, auch in der Vergangenheit – und darauf möchte ich schon hinweisen –, und zwar mitunter auch in sehr sensiblen Phasen wie etwa einer wahlpolitischen Auseinandersetzung, darauf hingewiesen, dass wir die budgetpolitischen Rahmenbedingungen in Zukunft nur dann erreichen können, wenn wir mit Versprechungen der österreichischen Bevölkerung gegenüber vorsichtig sind. Eine seriöse Budgetpolitik heißt bitte auch, dass nicht das Verteilen das Bestimmende der Zukunft ist, sondern dass sinnvolles, kluges und sozial verträgliches Sparen dazu führen wird, den Budgetkonsolidierungskurs auch in den nächsten Jahren halten zu können, und zwar ohne massive Einschnitte in das soziale Gefüge unseres Landes. Und daher müssen – dazu bekenne ich mich – maßvolle Schritte gesetzt werden.

Ich möchte einige wenige Bemerkungen zu den Entscheidungen machen, die ich vor zwei Wochen getroffen habe.

Natürlich bin ich ursprünglich davon ausgegangen, dass doch in einer relativ absehbaren Zeit nach dem 3. Oktober die politische Weichenstellung so klar ist, dass noch vor dem Jahresende zumindest Strukturen eines künftigen Budgets erkennbar sind, und zwar politisch getragen von jenen, die in den nächsten Jahren in Form einer Bundesregierung die Geschicke in diesem Lande zu lenken bereit sind. Dies ist nicht geschehen. Ich will das überhaupt nicht kritisieren, sondern habe als Finanzminister das Faktum festzustellen, dass es wenige Wochen, bevor das neue Jahr beginnt, keinen Voranschlag gibt und die Verfassung klugerweise festschreibt, welche Möglichkeiten ein Finanzminister in solch einem Fall hat, um zu verhindern, dass auf der anderen Seite Handlungsunfähigkeit entsteht: nämlich die Möglichkeit des Budgetprovisoriums.


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In diesem Zusammenhang kennen wir zwei Wege: einerseits das normale Budgetprovisorium, das bis zur Hälfte der Finanzaufnahmen des Vorjahres vollzogen werden kann – das geht nicht ganz bis zur Mitte des Jahres –, andererseits das gesetzliche. Das Budgetprovisorium sieht vor, dass mit Zwölftelteilen des Voranschlages des Vorjahres vorgegangen werden kann, allerdings mit einer ganz wesentlichen Positionierung: dass auf jeden Fall die gesetzlichen Verpflichtungen bedeckt werden müssen, die in verschiedenen Bereichen höher sein können, als durch eine simple Zwölftelteilung des Voranschlages 1999 für die Bedeckung der gesetzlichen Verpflichtungen vorzusehen wäre.

Das sind Struktureffekte im öffentlichen Dienst, Pensionsanpassungen, die Pensionsdynamik, das Familienpaket, um nur einige wenige Dinge zu nennen. Das sind gesetzliche Verpflichtungen, die die Bundesregierung vorher eingegangen ist, sodass es notwendig ist, bei dieser Zwölftelregelung von diesen gesetzlichen Verpflichtungen auszugehen und die anderen Bereiche entsprechend zu kürzen.

In Anbetracht der Tatsache, dass kein Budget vorliegt, habe ich daher überhaupt keine andere Möglichkeit gehabt – darauf wurde bereits hingewiesen, und das ist auch von den Budgetfachleuten so gesehen worden –, als im Bereich der Ermessenskredite 20 Prozent einzusparen. Diese Vorgangsweise bietet aber selbstverständlich jedem Ressortminister die Möglichkeit, umzuschichten und in anderen Bereichen zu sparen, in anderen Bereichen der Ermessenskredite oder in anderen Bereichen seiner Verantwortlichkeit.

Ich gebe schon zu, dass das eine Notmaßnahme ist, wie auch ein Budgetprovisorium eine Notmaßnahme ist, und dass selbstverständlich strukturelle Maßnahmen ohne entsprechende Beschlüsse der Bundesregierung und des Parlaments von einem Finanzminister gar nicht gesetzt werden können, aber es entspricht meiner Verantwortung, dafür Sorge zu tragen, dass nicht durch unkontrollierte Vorgangsweisen in den ersten Monaten des Jahres 2000 die Startphase für eine neue Bundesregierung – wer immer diese auch bilden wird – derart belastet ist, dass der Start in die neue Legislaturperiode massiv erschwert wird. Das entspricht meiner Verantwortung, und diese habe ich in diesem Zusammenhang auch wahrgenommen. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte abschließend sagen, dass ich diese provisorische Regelung als absolute Notwendigkeit sehe, dass ich als Finanzminister für jede strukturelle Veränderung, die seitens der Ressorts kommt, offen bin, dass mir aber bewusst ist, dass es selbstverständlich eine wichtige und große Aufgabe ist, unser Budgetziel zu erreichen. Der Betrag über dem zulässigen Defizit wird im Jahr 2000 bei etwa 20 Milliarden liegen, im Jahr 2003, wenn bis dahin nichts geschieht, keine Maßnahmen gesetzt werden, lässt es sich bis zu einem Betrag von 50 Milliarden hochrechnen, was aber nicht den Schluss zulässt, dass es sich dabei um ein so genanntes Budgetloch handelt, sondern ich gehe davon aus, dass dieser Betrag im Rahmen von Budgetverhandlungen einbringbar ist. In früheren Budgets, die ich in dieser meiner Funktion erstellt habe, ist es um andere Beträge gegangen, die sehr wohl durch politische Diskussionen und Maßnahmen hereingebracht werden konnten.

Ich gehe auch davon aus, dass die neue Bundesregierung jene strukturpolitischen Maßnahmen setzen wird – diese legen ja letztendlich auch die politischen Ziele fest, die diese neue Regierung zu erreichen beabsichtigt –, die ihren Niederschlag in den Budgets des Jahres 2000 und in den Folgebudgets finden werden. Und ich halte es für durchaus machbar, jenen Konsolidierungspfad, den wir selbst beschlossen haben, bis zum Jahr 2002 und darüber hinaus zu gehen. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

10.25

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich danke dem Herrn Bundesminister für die Stellungnahme.

Wir gehen jetzt in die Debatte ein. Alle Redezeiten in der Debatte sind mit 5 Minuten festgesetzt.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Ing. Gartlehner. – Bitte.


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10.26

Abgeordneter Ing. Kurt Gartlehner (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Finanzminister Edlinger hat schon sehr ausführlich zu den budgetpolitischen Zielen, die die nächste Bundesregierung wohlweislich angehen sollte, Stellung genommen. Gestatten Sie mir, dass ich nur mit einigen Worten versuche, wesentliche Punkte, die er angeführt hat, noch zu verstärken und vielleicht ein bisschen mehr ins Detail zu gehen.

Bundesminister Edlinger hat die öffentliche Verwaltung angesprochen, diese selektive öffentliche Verwaltung, wie wir sie in Österreich haben, die ein sehr leistungsfähiges Instrument unseres Staates ist. Dieser Bereich ist natürlich ein sehr großer Brocken im Budget, und es ist klar, dass wir auch in den nächsten Jahren werden versuchen müssen, die Kostenentwicklung dieses Segments deutlich unter dem BIP-Wachstum dieser Volkswirtschaft zu halten. Das müsste ein Eckpunkt jeder nächsten Bundesregierung sein.

Ich glaube, dass darüber hinaus sehr wohl zwischen den Gebietskörperschaften darauf geachtet werden muss, dass nicht nur Aufgabenzusammenführungen stattfinden, sondern auch die Aufgaben- und Ausgabenverantwortung in eine Hand gelegt werden. Ich denke dabei nur an die Landeslehrer, die in Zukunft doch auch von den Ländern finanziert und bezahlt werden sollten.

Die Bundesbeiträge in diesen Bereichen sollten gedeckelt werden, sodass die Landeshauptleute und die Landesregierungen wirklich politischen Gestaltungsspielraum und politische Kreativität zeigen können. Ich meine, Landeslehrer, Krankenanstaltenfinanzierung, Bundesstraßen, Wohnbauförderung, das sind Bereiche der öffentlichen Verwaltung, die wir uns in Zukunft genauer ansehen müssen und wo wir neue Lösungen finden sollten.

Der Bereich Soziales stellt natürlich auch einen erheblichen Ausgabenposten in unserem Budget dar. Hier möchte ich darauf verweisen, dass es eine Studie gibt, die die Umverteilung durch die öffentlichen Haushalte in Österreich sehr kritisch analysiert und sehr interessante Ergebnisse gebracht hat. Ich kann jedem Abgeordneten nur empfehlen, sich diese Studie genauer anzuschauen, weil auch daraus sehr viele zweckmäßige Gedanken und Ideen für sozial verträgliches Sparen in unserem Land abgeleitet werden können.

Ich bringe nur eine Vergleichszahl: Das oberste Drittel der Einkommensbezieher in Österreich hat 1983 36 Prozent der Staatsausgaben für sich lukriert, 1991 waren es bereits 40 Prozent. Das heißt, auch hier gibt es durchaus Möglichkeiten, sozial gestaffelt aktive Sozialpolitik für jene zu betreiben, die es brauchen.

Es gibt in dieser Studie aber auch sehr interessante Ergebnisse über die Gewinn- und die Investitionsverteilung und die entsprechenden Quoten. An diesen erkennt man auch, dass seit 1980 eine Schere zwischen den Gewinnen und den daraus resultierenden Investitionen für die Betriebe entstanden ist. Das heißt, der Verlust der Virtualisierung des Kapitals und der erwirtschafteten Gewinne ist leider auch in der österreichischen Volkswirtschaft als ein immer stärker werdendes Warnsignal feststellbar, und wir müssen auch hier gezielte Maßnahmen finden, um nicht die Virtualisierung unserer real erarbeiteten Gewinne und unserer Kapitalbasis zu verlieren.

Im Bereich der Förderungen und Subventionen gibt es enorme Möglichkeiten, weil es erhebliche Positionen sind. Wir wissen, dass es sich bei den direkten Förderungen – das sind die direkt ausbezahlten Förderungen – um ein Volumen von über 60 Milliarden Schilling jährlich handelt und dass die indirekten Förderungen – das sind die Steuerbefreiungen – rund 97 Milliarden Schilling ausmachen.

Meine Damen und Herren! Auch was die Steuern- und Abgabenquote betrifft, kann man mit Kreativität an das Problem herangehen, daran arbeiten. Jede Bundesregierung, die dieses Land regieren wird, egal, wie sie aussieht, wird sich diesen Fragen stellen müssen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Khol: Herr Präsident, zur Geschäftsbehandlung!)


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10.31

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Dritter Präsident.

10.31

Abgeordneter Dr. Andreas Khol (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Könnten wir die Anlage etwas lauter stellen, denn wenn ich in der ersten Reihe den Redner kaum höre, werden ihn jene in der letzten Reihe überhaupt nicht hören. (Abg. Scheibner: Das ist manchmal eh besser!)

10.31

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter Khol hat laut genug gesprochen, sodass ich das nicht wiederholen muss. Der Techniker ist anwesend und wird sicher das Optimale tun. (Zwischenruf des Abg. Leikam. ) Herr Abgeordneter Leikam ist nicht am Wort, sondern Herr Abgeordneter Dr. Puttinger bekommt das Wort, und zwar für 5 Minuten.

10.31

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Puttinger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Erschrecken darf nicht die Triebfeder des Handelns sein, sondern Wissen, Kompetenz und Stärke. Erschrocken, sehr geehrter Herr Bundesminister, haben Sie aber reagiert, als anlässlich der ECOFIN-Tagung am 29. November dieses Jahres erstmals Ihre Wirtschaftsprognose gleichzeitig mit dem Jahreswirtschaftsbericht veröffentlicht wurde und dabei die nackten Zahlen über die österreichische Budgetverschuldung bekannt gegeben wurden.

Erschrockenheit sollte aber nicht dazu führen, dass man aus dem Ausland über das österreichische Budget zu Gericht zieht. Zahlen und Daten über die Budgetverschuldung hätten Ihnen ja bekannt sein müssen.

Wir von der ÖVP waren immer für eine starke Budgetsituation. Schon 1995 hat Vizekanzler Schüssel auf die Notwendigkeit der Budgetsanierung hingewiesen – die Konsequenzen sind uns allen ja bekannt. 1996 wurde infolgedessen das Strukturanpassungsgesetz beschlossen. 1997 wurde wiederum auf die kritische Budgetsituation hingewiesen und bereits damals auf die Einhaltung der Konvergenzkriterien besonderer Wert gelegt.

Ich möchte gar nicht auf alle Äußerungen hinweisen, die Vizekanzler Schüssel in diesem Jahr gemacht hat: am 19. Jänner, am 24. März, am 1. April, am 27. September und am 14. Oktober. Wir von der ÖVP stehen wie immer auch jetzt für geordnete Verhältnisse im Bundeshaushalt! (Beifall bei der ÖVP.)

Völlig unverständlich ist, dass Sie, sehr geehrter Herr Bundesminister, uns dann zugerufen haben, dass eine durchschnittlich 20-prozentige Kürzung der Ermessensausgaben der Ministerien nötig sei, um eine Budgetsanierung durchführen zu können. Ich darf Ihnen nur ein paar "kleine" Folgen aufzeigen, die eine derartige Vorgangsweise mit sich bringen würde: Eine derartige Kürzung könnte sogar dazu führen, dass in der Schule nicht mehr geheizt werden kann (ironische Heiterkeit bei der SPÖ), weil, wie Sie ganz genau wissen, in den Ermessensrichtlinien für den Betriebsaufwand Ermessensgrundsätze enthalten sind. (Bundesminister Edlinger: Da wäre ich ein schlechter Minister! – Zwischenrufe bei der SPÖ.) Sie wissen, dass das Bundesheer keinen Hubschrauber mehr anschaffen könnte, Sie wissen, dass viele Vereine ihre Existenz verlieren könnten – ich denke dabei an Global 2000, an die Alpenvereine, an den WWF, an den Bundesjugendring und viele andere mehr. (Abg. Leikam: Und an den Leitl ein bissel!)

Es könnte sein, dass die OSZE-Präsidentschaft gefährdet wäre. Es könnte sein – darauf möchte ich schon hinweisen –, dass zum Beispiel eine Gesundheitsvorsorge in Tansania nicht möglich wäre, weil es dort nur ein Spital für 100 000 Bewohner gibt, für ein Sechstel der Fläche Österreichs.

Oder: Wenn der Herr Justizminister sagt, es werde zwingend tief greifende Störungen des Dienstbetriebes geben, auch im Bereich der Bewährungshilfe, bei der Vollziehung des Suchtmittelgesetzes oder bei der Essensversorgung, dann haben wir uns doch darüber Gedanken zu machen! Ist das alles etwas, was wir nicht zu berücksichtigen haben?


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Meine sehr verehrten Damen und Herren! Heute geht es darum, die Budgetsanierung voranzutreiben, sie gemeinsam zu gestalten, sie gemeinsam zu überlegen, sie gemeinsam in Angriff zu nehmen. Und mir fehlt bei all Ihren Sparmaßnahmen, sehr geehrter Herr Bundesminister, der Ansatz zur Strukturreform. Wo bleibt die immer wieder von uns geforderte Ausgabenreformkommission, die wir ja mit Ihnen im Rahmen der Beschlussfassung der Steuerreform vereinbart haben? (Zwischenruf des Abg. Böhacker. )

Die ÖVP möchte haben, dass die Verschuldung in fünf Jahren nur noch 1 Prozent des BIP ausmacht. Wir haben heute zu reagieren und dürfen uns nicht in die Situation begeben, eine Verschuldung von 2,6 Prozent zu haben, wie sie die EU erlaubt. Wir haben dafür Vorschläge: Abbau der Staatsschulden auf 60 Prozent, Nichterhöhung der Steuer- und Abgabenquote, Überprüfen der sozialen Transferleistungen auf Zweckmäßigkeit, Zielgenauigkeit und Missbrauchssicherheit, Verwendung von Privatisierungserlösen zur Schuldentilgung.

Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Das ist die Position der ÖVP, das ist eine Position des Wissens, der Kompetenz und der Stärke. (Beifall bei der ÖVP.)

10.36

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Trattner. – Bitte.

10.36

Abgeordneter Mag. Gilbert Trattner (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Finanzminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Finanzminister, es ist nicht ein Fall des heutigen Tages: Seit 28 Jahren regiert in Österreich ein sozialistischer Finanzminister, und wir geraten von einem Finanzdebakel in das andere! Das ist die Kritik unsererseits. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die strukturellen Budgetdefizite – das ist nicht nur eine "Erfindung" des heutigen Tages, sondern eine "Erfindung" der letzten Jahren. Die Problematik der strukturellen Budgetdefizite zieht sich bereits seit 20 Jahren durch, und immer wieder sagen Sie, dass Sie die strukturellen Budgetdefizite beseitigen wollen. Und was haben Sie gemacht? – Sie haben sich immer nur mit Einmaleffekten und mit irgendeiner kosmetischen Buchhaltung über Wasser gehalten, um die Konvergenzkritierien zu erreichen. Das ist die Kritik unsererseits! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie sind erst jetzt mit den Zahlen herausgerückt, weil Sie der ECOFIN-Rat darauf hingewiesen hat, wie die Budgetsituation in Österreich ausschaut. Sie haben noch Mitte Oktober Ihrem Koalitionspartner über die Medien mitgeteilt, dass es trotz der Steuerreform beim Budget 2000 überhaupt kein Problem gibt. Die paar Lücken wollten Sie mit ein paar Privatisierungen schließen, und alles sollte so weitergehen wie bisher. Sie haben aber schon im letzten Jahr genau gewusst, wie es um das Budget bestellt ist. Sie haben sich bereits im letzten Jahr dagegen gewehrt, eine Steuerreform durchzuziehen, Sie haben immer nur eine Steuerreform durchziehen wollen, die aufkommensneutral ist, das heißt: von der linken Tasche etwas herausnehmen und in die rechte Tasche etwas hineinstecken. Sie hätten bereits im letzten Jahr, auch vor der Wahl, sagen müssen: Wir können uns eine Steuerreform unter diesen Voraussetzungen nicht leisten, sondern müssen zuerst das strukturelle Budgetdefizit beseitigen und können erst dann eine echte Steuerreform im Sinne einer Steuervereinfachung durchziehen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Was werfen wir Ihnen vor? – Wir werfen Ihnen vor, dass Sie ständig mit falschen Budgetzahlen hantieren. Sie reden gegenüber dem Koalitionspartner, der Österreichischen Volkspartei, von Zinszahlungen in einer Größenordnung von 95 Milliarden Schilling. In der Sitzung des Budgetausschusses haben wir das letzte Mal über die Ermessensausgaben in einer Größenordnung von 249 Milliarden Schilling gesprochen. Damals haben Sie das erste Mal davon gesprochen, dass die Zinszahlungen im Jahr 2000 107 Milliarden Schilling ausmachen werden. (Abg. Ing. Westenthaler: Die ÖVP falsch informiert!) 107 Milliarden Schilling, Herr Finanzminister! (Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Das ist ja auch die Kritik der Wirtschaftsforscher. Sie haben im Grunde genommen nur ein riesengroßes Glück gehabt, dass die Steuereinnahmen durch Einmaleffekte ständig gestiegen


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sind – und zwar deshalb, weil Sie fünfprozentige Zuschläge zu den Steuervorauszahlungen verlangt haben –, dass das Wirtschaftswachstum höher war als prognostiziert. Sie haben keine strukturellen Effekte beziehungsweise Maßnahmen durchgesetzt, und Sie haben jetzt Österreich in die Lage versetzt, dass wir ein Budgetdefizit von 2,6 Prozent erreichen und damit Schlusslicht in Europa sind, was Auswirkungen auf künftige Zinszahlungen haben wird, und zwar in der Form, wie es das Wifo sagt, dass die Zinszahlungen in einer Größenordnung zwischen 0,1 und 0,7 Prozent des Bruttoinlandsproduktes steigen werden. Was bedeutet das? Wir sind zusätzlich zu den 107 Milliarden Schilling Zinsen noch einmal mit einer Zinserhöhung von 3 bis 20 Milliarden Schilling konfrontiert, wenn Sie den Bundeshaushalt nicht in Ordnung bringen. Und da geht es nicht, dass Sie einfach eine Ermessensausgabenreduktion von 20 Prozent quer durch alle Bereiche verfügen.

Sie haben ja damals nicht einmal die 8 Prozent einhalten können. Als wir Sie im Budgetausschuss gefragt haben, wie Sie die Reduktion der Ermessensausgaben in einer Größenordnung von 20 Prozent in Ihrem eigenen Haus durchführen – immerhin ist auch das Finanzministerium in einer Größenordnung von 1,2 Milliarden Schilling betroffen (Bundesminister Edlinger: Sehr gerecht!) –, konnten Sie nicht einmal eine Antwort darauf geben, sondern haben gesagt, diesbezüglich müssten sich Ihre Beamten erst etwas überlegen. Also bitte, so kann es doch nicht weitergehen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wie Sie Einsparungen in einer Größenordnung von 1,2 Milliarden im eigenen Haus bewerkstelligen wollen, darauf können Sie keine Antwort geben. Sie verlangen allerdings Vorschläge von anderen Ressorts, die mit Kürzungen von Ermessensausgaben in einer Größenordnung von 3,2 bis 3,7 Milliarden konfrontiert sind. Das ist es eben, was wir kritisieren.

Sie haben nur Budgetkosmetik, aber keinen Schuldenabbau betrieben. Sie haben die Schulden nur deshalb reduzieren können, weil Sie die ASFINAG ausgegliedert und die Gemeinden und Länder einen hohen Beitrag zur Schuldenreduktion geleistet haben. Es wurden nicht die Schulden dort abgebaut, sondern die Gebührenhaushalte für Wasser und Kanal ausgegliedert. Sie sind mit den Kosten in die Höhe "gefahren" und haben somit die Schulden reduziert, damit wir die Maastricht-Kriterien irgendwie erfüllen können. Das ist keine Schuldenpolitik, Herr Finanzminister, das ist Budgetkosmetik! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wenn heute ein Unternehmer so herummanipuliert, etwa ein Steuerguthaben auf Steuereinnahmen umbucht, was Sie in einer Größenordnung von 15 Milliarden gemacht haben, dann weiß ich nicht, wo er landet – unter Umständen in der Riemergasse. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Bundesminister Edlinger: Die Riemergasse gibt es nicht mehr! – Abg. Scheibner: Die Gasse schon!)

10.42

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Van der Bellen. – Bitte.

10.42

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Die Vertreter der SPÖ, aber auch der ÖVP tun so, als würden sie über Budgetpolitik reden. Ich habe gedacht, Politik hat etwas mit Planung zu tun, etwas damit, dass man in die Zukunft schaut, dass man sich überlegt, wie man auf absehbare Ereignisse und Entwicklungen – ich betone das Wort absehbar  – reagieren kann. Sie behaupten im Ernst, dass Sie das getan haben, meine Damen und Herren von SPÖ und ÖVP – ich betone auch: ÖVP . Wenn Sie sagen, dass Sie das, was jetzt passiert ist, nämlich der Vorschlag, die Ermessensausgaben zu kürzen und so weiter, trifft wie ein Blitz aus heiterem Himmel, dann muss ich dem entgegenhalten: Das ist ja lächerlich, Herr Kollege Puttinger!

Kurzer historischer Rückblick: Stabilitätsprogramm nach Brüssel übermittelt. Da steht zwar drauf "Finanzministerium", aber es ist ein Programm der Bundesregierung, und zwar jener Bundesregierung, die immer noch aus SPÖ und ÖVP besteht. Ziel: 1,7 Prozent Defizit im Jahr 2000. (Abg. Öllinger: Herr Khol hört heute schlecht!)


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4. Sitzung / Seite 29

Vier Wochen später, Dezember-Prognose des Wifo, im Jänner-Heft der Wirtschaftsdaten des Wifo – diese Wirtschaftsdaten befinden sich ja in keinem Geheimpapier. Übersicht 1.11: Defizitprognose für das Jahr 2000: 2,3 Prozent, zweithöchster Wert in der EU. – Reaktion der SPÖ-ÖVP-Bundesregierung: null!

Die Kommission beschwert sich darüber, dass das Ziel des Stabilitätsprogramms der Bundesregierung alles eher als ehrgeizig ist. – Reaktion: null!

Wifo-Wirtschaftsdaten vom März 1999: Anhebung der Defizitprognose auf 2,5 Prozent des BIP – höchster Wert innerhalb der EU, höchster Wert innerhalb des Euro-Raumes. – Reaktion der SPÖ-ÖVP-Bundesregierung: null!

OECD-Bericht vom Mai 1999: Prognose für das Jahr 2000 – ohnehin bescheiden –: 2,0 Prozent Defizit, allerdings deutlicher Hinweis darauf, dass diese 2,0 Prozent mit dem strukturellen Budgetdefizit identisch sind, das heißt, dass auch eine bessere Konjunkturlage daran nichts ändern würde. – Reaktion der Bundesregierung: null!

Deutlicher Hinweis im OECD-Bericht auch darauf, dass die Ziele laut Stabilitätsprogramm nicht ausreichen würden, bei einer sehr ungünstigen Konjunkturentwicklung die 3 Prozent einzuhalten. – Reaktion: null!

Alles, was geschiet, ist, dass man im Juni 1999 ein zusätzliches Loch aufmacht, einen ungedeckten Scheck in Höhe von 32 Milliarden Schilling Steuerreform plus Familienreform ausstellt. – Aber Vorsorge für das Defizit: null!

Im "Standard" vom 24. Juli findet sich ein Interview mit Herrn Finanzminister Edlinger: Die 1,7 Prozent im Jahr 2000 würden einzuhalten sein, es würde eine gute Konjunkturlage geben, und der Rest, etwa 9 Milliarden, könnten über Einsparungen besorgt werden. – So viel über Vorausschauen.

November 1999, Wirtschaftsdaten, Übersicht 1.11, Defizitprognose: 2,5 Prozent für das Jahr 2000, höchster Wert innerhalb der EU. – Reaktion der Bundesregierung, die nach wie vor aus SPÖ und ÖVP besteht: null!

Ich kann die Langmut der Medienvertreter, die sich das anhören, was Sie sagen, nur bewundern. Das einzig Neue im Bericht der EU-Kommission über Österreich ist, dass die Defizitprognose für Österreich von 2,5 Prozent auf 2,6 Prozent des BIP erhöht worden ist. Na mein Gott, das ist die ganze Neuigkeit! Alles andere bleibt, wie es ist, nur mit einem Zusatz, der vielleicht nicht ganz unerheblich ist: Die Distanz, der Abstand zu den anderen Ländern hat sich erheblich vergrößert. Österreich ist bereits seit März Spitzenreiter bei den Defiziten innerhalb der EU und des Euro-Raumes, wobei sich der Abstand zu den anderen Ländern noch deutlich vergrößert hat. Im Frühjahr betrug der Abstand zu Frankreich noch einen Zehntelprozentpunkt, dieser hat sich inzwischen deutlich auf fast einen ganzen Prozentpunkt erhöht. Im Übrigen sind auch die 1,4 Prozent Zielwert der Bundesregierung für das Jahr 2002 der höchste Wert innerhalb der EU. – Gratuliere, das nennen Sie Budgetpolitik!

Und jetzt, Herr Puttinger, echauffieren Sie sich darüber, dass der Finanzminister in dieser Krise, die Ihrer Meinung nach absolut nicht vorherzusehen war, die Ermessensausgaben kürzen will. (Abg. Dr. Puttinger: Linear kürzen!) Ihnen von der ÖVP standen all diese Daten genauso zur Verfügung wie mir und anderen Nichtmitgliedern der Bundesregierung. Dafür, dass das passiert ist, haben Sie genauso die Verantwortung zu tragen wie der Finanzminister und die SPÖ. (Beifall bei den Grünen.)

10.48

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Anna Huber. – Bitte.

10.48

Abgeordnete Anna Huber (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Sozialdemokratische Partei hat die Budgetentwicklung bis zum Jahre 2003


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4. Sitzung / Seite 30

nicht wegen der Aufregungen, die der Sparerlass des Finanzministers hinsichtlich der Ermessensausgaben hervorgerufen hat, zum Thema der Aktuellen Stunde gemacht, sondern weil wir dies zu Beginn einer Legislaturperiode eigentlich für ein sehr, sehr wesentliches Thema halten, weil so die künftige Gestaltung der Politik deutlich gemacht werden kann. (Abg. Scheibner: Haben Sie geglaubt, dass wir dann keine Dringliche Anfrage einbringen? – Das war ein Irrtum! Auf uns ist klar Verlass!) Warum es zu diesem Sparerlass gekommen ist, das hat der Herr Bundesminister, so meine ich, bereits sehr klar und sehr eingehend ausgeführt. Er war dringend notwendig, ich würde sagen, sogar zwingend, weil er seine Verantwortung wahrnimmt. Der Grund ist ein relativ lapidarer – und das ist ja sehr klar herausgekommen –: Es gibt keine neubestellte Regierung und somit eben nur ein Budgetprovisorium.

Die Diskussion darüber, wie die Budgetgestaltung der nächsten Jahre ausschauen soll, ist daher sehr wesentlich für das Setzen politischer Ziele in Zukunft. Und obwohl, sehr geehrten Damen und Herren, die Budgets 1998 und 1999 – das ist ja ausgeführt worden – nicht nur im Plan, sondern eigentlich wesentlich besser lagen als vorausgeplant, und zwar nicht zuletzt auf Grund der Umsicht und, ich würde es fast so sagen, der Standfestigkeit unseres Finanzministers, führt auch in Zukunft – ich meine, das muss klargelegt werden – kein Weg daran vorbei, dass das Budgetdefizit kontinuierlich abzubauen ist. Kollege Gartlehner hat in einigen Punkten erwähnt, wie wir uns in Zukunft den effizienten Einsatz von Staatsmitteln vorstellen.

Mir ist wichtig, sehr geehrte Damen und Herren, dass alle Maßnahmen – von welcher Bundesregierung auch immer – wirtschaftlich vernünftig, klug, ich würde mir sogar wünschen: kreativ, vor allem aber sozial verträglich sind. Und da trennt uns ja in Wahrheit vom Ansatz her nicht sehr viel.

Wirtschaftswachstum und Arbeitsplätze dürfen nicht gefährdet werden. Für mich hat oberste Priorität, dass der Staat seine Mittel sozial gerecht einsetzt – die ÖVP hat das "soziale Treffsicherheit" genannt. Ich sehe zum Beispiel nicht ein, dass jemand, der 100 000 S oder mehr verdient, Anspruch auf staatliche Transferleistungen hat oder in Zukunft sogar noch einen Kinderbetreuungsscheck erhalten soll. Das heißt, für mich ist eine Staffelung nach dem Einkommen für soziale Leistungen in Zukunft der einzige richtige und auch gerechte Ansatz. (Abg. Dr. Leiner: Wer hat das eingeführt?) Die Hilfe des Staates sollen jene erhalten, die sie tatsächlich brauchen! (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn ich mir die Mogelpackung "Kinderbetreuungsscheck" oder gar das Steuermodell der "F", die Flat-tax, ansehe, muss ich dazu feststellen, dass zwei und zwei halt immer noch vier ergibt: Weniger Einnahmen und mehr Ausgaben können einfach nichts zur Verringerung des Budgetdefizits beitragen. Ich spare mir daher jeden weiteren Kommentar dazu. Ich denke, die Österreicherinnen und Österreicher wissen ganz genau, dass derart schöne Wahlzuckerl und Versprechungen in einer Wahlauseinandersetzung ein dickes Ende haben. Die Bürgerinnen und Bürger müssten das dann nämlich letztlich selbst zahlen. Und diesen Aspekt hat, sehr geehrte Damen und Herren, eine zukünftige Bundesregierung – wer immer das dann auch sein mag – zu berücksichtigen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

10.52

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gemeldet hat sich der Herr Bundesminister. Seine Redezeit als Redner in der Debatte beträgt gleichfalls 5 Minuten. – Bitte.

10.52

Bundesminister für Finanzen Rudolf Edlinger: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, der Sinn einer Aktuellen Stunde liegt auch darin, dass man Meinungen austauscht. Verstehen Sie bitte meine Wortmeldung dahin gehend, dass ich doch auch ein paar Bemerkungen zu den bisher getroffenen Aussagen machen möchte – dies vor allem auch deshalb, weil die Debatte mit dieser Aktuellen Stunde noch nicht zu Ende ist und wir uns am Nachmittag noch einmal mit diesem Thema beschäftigen werden. Daher ist es vielleicht doch ganz interessant, zu wissen, was ich zu dem einen oder anderen Punkt zu sagen habe.


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Zunächst einmal, sehr geehrter Herr Abgeordneter Puttinger, bin ich schon sehr erstaunt darüber, dass Sie erschrocken waren, als die Einsparungsmaßnahmen gesetzt wurden. Es wurde von mir nicht dramatisiert. (Abg. Dr. Puttinger: Sie waren erschrocken!) Ach so: Ich soll erschrocken sein? Ich kann Sie beruhigen, ich bin nicht erschrocken. (Abg. Dr. Khol: Das ist ja noch schlimmer, wenn Sie nicht erschrocken sind!) Dass diese Maßnahmen zu setzen waren, lag in dem Moment klar auf der Hand, als sicher war, dass wir in Österreich nicht so zeitgerecht eine Bundesregierung haben werden, dass ein Bundesvoranschlag für das Jahr 2000 erstellt werden könnte.

Zu meinen, dass die Maßnahme überraschend gesetzt worden wäre, ist falsch. Der von der ÖVP als mein Partner Nominierte wusste davon selbstverständlich drei Wochen vorher. Er war damit nicht einverstanden – das muss ich der Ehre halber sagen. Die Verantwortung für diese Maßnahme liegt ja auch beim Finanzminister. Aber erschrocken war weder ich noch sonst jemand, der die Zahlen kannte. Ich habe es als zumindest bemerkenswert empfunden, dass zum Beispiel Ihr Finanzsprecher, Herr Dr. Stummvoll, auch öffentlich erklärt hat, er hätte an meiner Stelle ebenso reagiert, wofür ich mich recht herzlich bei Ihnen, Herr Dr. Stummvoll, bedanke.

Ich möchte dazu nur noch eine Bemerkung machen, Herr Dr. Puttinger, wenn Sie mir das gestatten: Meine Wertschätzung der Frau Unterrichtsministerin ist offenbar höher als Ihre, denn ich glaube nicht, dass die Frau Unterrichtsministerin die Schulen nicht heizen wird, sondern sie wird selbstverständlich ihren Beitrag anderswo leisten. Ich schätze sie viel zu sehr, als dass ich ihr zutrauen würde, dass sie die Kinder frieren lässt, Herr Puttinger. Ich glaube, das würde nicht im Interesse und im Sinne der Frau Unterrichtsministerin sein. (Beifall bei der SPÖ.)

Nun zu Ihren Ausführungen, Herr Professor Van der Bellen: Ich habe Ihren Diskussionsbeitrag mit sehr großem Interesse verfolgt. Sie haben alle Berichte vorgelesen, die jedem bekannt sind, und haben immer rhetorisch sehr schön gesagt: Reaktion: null! Reaktion: null! – Was so natürlich nicht stimmt. Wir haben ja die Problematik verschiedener Bereiche in den Ausschüssen diskutiert. Ich habe aber mit Spannung – vielleicht kommt das aber noch in einer späteren Wortmeldung – erwartet und dann natürlich auch vermisst, dass Sie, wenn Sie mir schon "Reaktion: null" vorwerfen, als Wirtschaftsprofessor auch Vorschläge machen und nicht bloß eine Aneinanderreihung von Zahlen aus Berichten, die auch der Öffentlichkeit bekannt sind, bringen.

Weiters: Sie sagen, der Abstand zu den anderen Ländern sei größer geworden. Dazu Folgendes: Wir befinden uns beim Vollzug des Budgets 1999 mit drei sehr großen Ländern der Europäischen Union gleichauf – in etwa natürlich, im Rahmen von 0,1 bis 0,2 Prozent Abweichung –: mit Frankreich, der Bundesrepublik Deutschland und Italien und noch einem weiteren, allerdings kleinen Land. Diese Länder haben, im Unterschied zu uns, für das Jahr 2000 bereits Budgets und senken durch die Strukturmaßnahmen, die in diesen Budgets vorgeschlagen werden, ihre Defizite. Wir haben das noch nicht. Es ist aber völlig klar, dass solche Strukturmaßnahmen mit dem Budget 2000 auch gesetzt werden müssen, sodass wir unser Stabilitätsziel erreichen. Ich bin mir auch sicher, dass die neue Bundesregierung das schaffen wird. (Abg. Dr. Riess-Passer: Welche Strukturmaßnahmen werden das sein? – Abg. Scheibner: Das ist eine Aktuelle Stunde! Sie müssen einmal sagen, was Sie vorhaben! Sie kritisieren die Opposition, dass sie keine Vorschläge hat! – Abg. Ing. Westenthaler: Sie haben keinen einzigen Vorschlag für eine Strukturmaßnahme gebracht!)

Selbstverständlich werden wir Vorschläge bringen; allerdings würde das jetzt die 5 Minuten überschreiten. (Ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen.) Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen! Ich habe mir Ihre Dringliche Anfrage, auf die ich ja gehofft habe, bereits durchgelesen, ...

10.58

Präsident Dr. Heinz Fischer: Die 5 Minuten sind schon überschritten, Herr Bundesminister! – Herr Minister! (Abg. Haigermoser: Beifall einklatschen, Genossen! – Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Khol: Die machen schon, was die Freiheitlichen sagen!) – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)


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4. Sitzung / Seite 32

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Mühlbachler. – Bitte.

10.58

Abgeordneter Dkfm. Mag. Josef Mühlbachler (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es hat in den letzten Tagen zwei Ereignisse gegeben, die zur heutigen Diskussion und auch zur Dringlichen Anfrage am Nachmittag geführt haben: Zum Ersten die Tagung des ECOFIN-Rates, auf der Österreich wegen seiner Budgetpolitik mehr oder weniger einen Rüffel bekommen hat, und zum Zweiten der Sparerlass des Herrn Bundesministers.

Herr Bundesminister! Ich glaube, es gehört eines, was Sie in Bezug auf Herrn Dr. Stummvoll gesagt haben, doch richtig gestellt: Sicher hat Ihnen Herr Dr. Stummvoll Recht gegeben, was diesen 20-prozentigen Sparerlass betrifft. Er hat allerdings noch folgende Bemerkung hinzugefügt: Nachdem es monatelang keine Reaktion des Finanzministeriums auf die absehbare Budgetentwicklung gegeben hat, sei nunmehr eigentlich auch gar nichts anderes mehr übrig geblieben. – Da ist also ein Unterschied zu sehen. (Beifall bei der ÖVP.)

Herr Bundesminister! Ich bin auch überrascht, dass Sie heute mehr oder weniger angekündigt haben: Es gibt ein drittes Sparpaket. Ich glaube, Herr Bundesminister, man hätte doch etwas mehr auch auf die Ermahnungen der ÖVP, des Koalitionspartners hören müssen. Dr. Schüssel hat doch immer wieder – beginnend bereits vor eineinhalb Jahren – gefordert, neben der Steuerreformkommission müsse auch eine Aufgaben- und Ausgabenreformkommission eingesetzt werden. (Beifall bei der ÖVP.)

Auch das Sparziel hat er bereits skizziert. Er hat gesagt, es wären in etwa 10 bis 15 Milliarden Schilling einzusparen. Ich glaube, das wäre genau der Betrag, der uns jetzt helfen könnte, diese 20-prozentige Kürzung der Ermessensausgaben zu vermeiden.

Eines möchte ich auch noch gleich dazu bemerken: Gerade beim Vollzug dieses Erlasses hat sich gezeigt, dass die Ermessensausgaben in weiten Teilen gar keine Ermessensausgaben mehr sind, das heißt, dass die Verfügbarkeit über diese Ausgaben gar nicht gegeben ist. Obwohl als Ermessensausgaben bezeichnet, decken sie finanzielle Verpflichtungen des Staates gegenüber Dritten ab, die im Grunde nicht mehr zurücknehmbar sind. Das bedeutet, wenn wir das Budget reformieren wollen, müssen wir uns zunächst einmal generell darüber unterhalten, wie es mit dem gegebenen Spielraum tatsächlich aussieht. Ich bin der Meinung, man kann es sich nicht so einfach machen wie Herr Professor Van der Bellen und einfach nur von strukturellen Defiziten reden.

Herr Professor Van der Bellen! Ja natürlich gibt es strukturelle Defizite! Aber wissen Sie, was dahinter steckt? – Dahinter steckt, dass der Bundeshaushalt von Position zu Position durchgeklopft und daraufhin überprüft werden muss, welche Einsparungen wo tatsächlich möglich sind. (Abg. Dr. Van der Bellen: Es sind nicht wir, die dieses Land seit Jahren regieren!) Mir ist es zu wenig, einfach herauszugehen und zu sagen: "strukturelle Defizite", das sei mehr oder weniger schon die Lösung des Problems. Nein, das ist sicher nicht die Lösung des Problems! Es geht um tief greifende Budgetveränderungen. Das meine ich! Und die werden wir, wenn wir in Verantwortung kommen, ganz sicher herbeiführen. (Beifall bei der ÖVP.)

11.02

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Böhacker. Gleiche Redezeit. – Bitte.

11.03

Abgeordneter Hermann Böhacker (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Kollege Dr. Heindl hat den Freiheitlichen im Zusammenhang mit der Budgetkritik Panikmache vorgeworfen. Das ist ein absoluter Unsinn! Ich weise diesen Vorwurf entschieden zurück. Ganz im Gegenteil: Es geht uns Freiheitlichen darum, in tiefer Sorge um die Bürger Österreichs nachzufragen, wie es denn wirklich weitergeht mit der Budgetentwicklung in diesem Lande. Sind denn die Pensionen im dritten Jahrtausend noch gesichert? Wie sieht es mit der Arbeitsplatzsicherung aus? (Abg. Parnigoni: Der Fall Rosenstingl zeigt, was Ihre wahren Sorgen


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sind!) Geh, Parnigoni, bitte schön! Das ist eine wirklich dümmliche Anmerkung am Rande dieser Debatte! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es geht uns um die Sorge um unsere Bürger, meine Damen und Herren.

Oder, Herr Finanzminister, Sie haben uns zum wiederholten Male erklärt, dass die Bürger im nächsten Jahr 30 Milliarden Schilling mehr zur Verfügung haben werden. Das mag einmal prima vista richtig sein, aber Sie verschweigen geflissentlich, dass Sie durch mehrere Belastungspakete den Bürgern zunächst ein Vielfaches von diesem Betrag weggenommen haben. Und nun sollen sich die Bürger bei Ihnen vielleicht auch noch bedanken, dass Sie einen kleinen Teil von dem, was Sie ihnen zuvor weggenommen haben, wieder zurückgeben.

Herr Finanzminister, Sie lamentieren heute, Sie könnten keine strukturellen Maßnahmen setzen, weil es keine Bundesregierung gebe. Herr Finanzminister, es ist nicht Ihr erstes Budget, das Sie verhandeln, Sie haben mehrere Budgets verhandelt. (Bundesminister Edlinger: Das weiß ich, und die haben auch alle gepasst!) Wo sind denn dabei die notwendigen strukturellen Maßnahmen geblieben? Sie haben sie nicht gesetzt, weil Sie keine strukturellen Veränderungen wollen oder kennen.

Ihre Antworten auf die Zwischenrufe waren entlarvend: Sie haben nicht einmal drei strukturelle Maßnahmen auch nur ansatzweise nennen können! Sie haben kein Konzept! Sie haben kein Budgetkonzept, Sie haben ein totales Budgetchaos! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Bundesminister! Es ist eine Binsenweisheit, dass eine Budgetpolitik nur dann seriös, nachhaltig, standortorientiert, sozial ausgewogen und damit erfolgreich sein kann, wenn die Budgetpolitik glaubwürdig und ehrlich ist. Und da, Herr Bundesminister, haben Sie ein Riesendefizit, ein Defizit an Glaubwürdigkeit in Ihrer Budgetpolitik. Und Ihre Budgetpolitik ist nicht nur national ins Gerede gekommen, auch international sind die Signale nicht zu überhören, mit all den negativen Auswirkungen auf unseren Bundeshaushalt. Und ich frage Sie, Herr Bundesminister: Wie glaubwürdig und ehrlich oder – besser gesagt – wie unglaubwürdig und unehrlich ist Ihre Budgetpolitik, wenn vor den Wahlen Bundeskanzler Klima erklärt hat, es werde kein weiteres Sparpaket geben? Er schränkte nicht einmal auf einen gewissen Zeitraum ein, sondern er sagte, es werde in den nächsten vier Jahren kein Sparpaket geben.

Heute sehen wir, es fehlen 20 Milliarden Schilling, mittelfristig 30, 40, 50 Milliarden Schilling. Es wird also ein Sparpaket, ja, es werden mehrere Sparpakete unumgänglich sein. Gestern hat Professor Felderer in der "ZiB 2" klar zum Ausdruck gebracht: Es werden weitere Sparpakete zulasten der österreichischen Bürger kommen. Und dafür, Herr Bundesminister, tragen Sie die Verantwortung! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Bundesminister! Sie haben noch im September 1999 erklärt, mit Augenmaß und Solidarität sei es gelungen, das österreichische Staatsbudget zu konsolidieren. – Entweder stimmt irgendetwas nicht mit Ihrem Augenmaß, oder die Solidarität Ihrer Ministerkollegen ist nicht besonders groß.

Herr Bundesminister! Sie haben auch erklärt, dass durch die Steuerreform und die Familienreform ein Kaufkraftschub entstehen werde. Sie geben 30 Milliarden Schilling mehr, sparen gleichzeitig 20 Milliarden Schilling ein und verringern daher die Kaufkraft und die Nachfrage in Österreich.

Aber den Vogel hat schon Bundesgeschäftsführer Rudas am 13. September 1999 – also wieder vor der Wahl – abgeschossen. Laut einer APA-Aussendung sagte er: Das Budget in Österreich ist konsolidiert. Wenn die Sozialisten nach der Wahl weiter regieren werden, wird es kein Sparpaket geben. – Herr Bundesminister! Da lachen ja die Hühner!

Meine Damen und Herren! Es wird notwendig sein, dass wir uns von dieser Budgetpolitik der Neuverschuldung, der Defizite endgültig verabschieden. Wir Freiheitlichen fordern eine Budgetpolitik, die sich nachhaltig auf Ausgabeneinsparung ausrichtet, die eine solide Finanzierung des Staatshaushaltes zum Ziele hat. Wir fordern eine Reduzierung der Staatsaufgaben auf das


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unbedingt notwendige Ausmaß und umfassende Privatisierungen, um die Staatsschulden abzubauen. Nur so, meine Damen und Herren, und mit vielen anderen Maßnahmen kann es gelingen, das Schiff wieder klar zu machen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

11.08

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Lunacek. – Bitte.

11.08

Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sie haben in Ihrer Rede heute ein paar Punkte erwähnt, auf die ich im Detail eingehen will. Zum einen haben Sie gemeint, dass es notwendig ist, ein sinnvolles und sozial verträgliches Sparen an den Tag zu legen, und dass man mit Versprechen vorsichtig sein muss, außerdem, dass maßvolle Schritte nötig sind. Ihr Wort, Herr Minister, im Ohr all jener, die jetzt von den angekündigten Sparmaßnahmen betroffen sind! Denn es scheint so zu sein, dass hier mit dem Begriff "Stabilität" mit zweierlei Maß umgegangen wird.

Zum einen geht es um die Budgetzahlen, um die diversen Dinge, die in ein Budget gehören, um die Stabilität, Stabilitätspakt et cetera. Das ist ein Punkt: Zahlen, Budget.

Zum anderen geht es jedoch auch um eine Stabilität, die ich gefährdet sehe: die Stabilität einer Zivilgesellschaft, von Organisationen, die sagen, sie wollen in diesem Land etwas tun. Diese haben finanzielle Zusagen vonseiten Ihres Ministeriums, aber auch vonseiten vieler anderer Ministerien. Und genau dort soll jetzt gekürzt werden, in Bereichen, in denen Bürger und Bürgerinnen Maßnahmen setzen wollen, die von staatlicher Seite nicht gesetzt werden können oder zu denen staatlicherseits der Wille fehlt.

Diesbezüglich kann von Stabilität nicht wirklich die Rede sein, wenn für Organisationen keine langfristige Planung möglich ist, wenn sie jeweils nur für ein Jahr eine Zusage bekommen und am Ende des Jahres noch sehen müssen, dass ein Teil dieser Mittel nicht mehr ausgezahlt wird. Wie ist es sonst möglich, dass heute immer noch zum Beispiel die Frauenberatungsstellen keine längerfristige Finanzierungsmöglichkeit haben – immer nur für ein Jahr –, während Familienberatungsstellen seit dem Jahre 1974 ein eigenes Fördergesetz haben? Und was ist mit den Frauenberatungsstellen? – Es gibt ein Beispiel, wo im heurigen Jahr vonseiten des Familienministeriums während eines laufenden Deutschkurses für ausländische Frauen die Kinderbetreuung gestrichen wurde. Das sind Dinge, die eine langfristige Stabilität, eine langfristige Planung nicht mehr ermöglichen. Wie sollen denn die Betroffenen das bewerkstelligen? – Das geht nicht!

Ein anderer Punkt betrifft die Kunstförderung. "Chefsache Kunst", hat es geheißen, ein Weißbuch wurde erarbeitet. Zwei Jahre lang haben Künstler und Künstlerinnen daran mitgearbeitet und diskutiert – heraus kam, dass 1,8 Milliarden Schilling dafür zur Verfügung gestellt werden sollen. Wenn es zu den beabsichtigten Kürzungen kommt, wird nicht einmal mehr die Hälfte dieses Betrages übrig bleiben. Ist das Stabilität, kann man so langfristig planen? – Das geht nicht, Herr Minister! (Beifall bei den Grünen.)

Ein dritter Bereich, dem in den letzten Tagen und Wochen auch einiges an medialer Aufmerksamkeit zuteil geworden ist, ist unsere Verantwortung gegenüber jenen Regionen der Welt – Afrika, Asien, Lateinamerika –, in denen unsere Entwicklungshilfeorganisationen tätig sind, nämlich dort, wo wir langfristige Verträge mit Partnerorganisationen haben, und da heißt es jetzt, die Summe von 100 Millionen Schilling an Budgetüberschreitung gibt es nicht mehr. Wenn das zu den für das nächste Jahr angekündigten Kürzungen noch hinzukommt, dann gibt es von der knappen einen Milliarde Schilling, die in den letzten Jahren zur Verfügung gestanden ist, gerade noch die Hälfte. – So kann man nicht stabil und langfristig planen. Das geht nicht!

Ich möchte Sie in diesem Zusammenhang auf einen Entschließungsantrag hinweisen – und hoffe, dass er auch Ihre Zustimmung finden wird –, den wir am Nachmittag während der Debatte über die Dringliche Anfrage einbringen werden.


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Sehr geehrter Herr Finanzminister! Stabilität hat etwas mit Verlässlichkeit zu tun, Stabilität hat damit zu tun, wie weit man den Leuten, mit denen man zusammenarbeitet, vertrauen kann und auch welches Vertrauen man ausstrahlt. Stabilität hat etwas mit langjähriger Planung zu tun. Wenn man dort zu kürzen anfängt, wo es diejenigen trifft, die keine Lobbys haben, die nicht so, wie etwa die Bauwirtschaft, längerfristige Verträge mit langfristigen Planungen haben, wenn man nur immer dort streicht, wo es die Schwächsten trifft, dann kann das doch nicht im Sinne von Stabilität sein und schon gar nicht im Sinne einer stabilen Demokratie, die wir in diesem Land doch haben und auch weiter wahren und ausbauen wollen.

Bei den Ermessensausgaben kann man leicht kürzen, aber ich denke, diesbezüglich muss man schauen, wo in diesem Bereich wirklich anzusetzen ist, aber nicht bei den Schwächsten. (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.) Das bedeutet Stabilität! Deshalb ersuche ich Sie, sich im Sinne unserer stabilen Demokratie noch einmal anzusehen, wo es denn wirklich sinnvoll ist, zu sparen. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

11.14

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich erkläre nunmehr die Aktuelle Stunde für beendet.

Einlauf und Zuweisungen

Präsident Dr. Heinz Fischer: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen verweise ich auf die nach § 23 Absatz 4 der Geschäftsordnung im Sitzungssaal verteilte schriftliche Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A) Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Schriftliche Anfragen: 77/J bis 157/J.

Schriftliche Anfragen an den Präsidenten des Nationalrates: 1/JPR und 2/JPR.

2. Initiativanträge: Zurückziehung: 42/A.

3. Regierungsvorlagen:

Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die veterinärmedizinischen Bundesanstalten geändert wird (6 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsverfassungsgesetz geändert wird (14 der Beilagen).

4. Gesetzesanträge des Bundesrates:

Gesetzesantrag der Bundesräte Jürgen Weiss und Genossen vom 18. November 1999 betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird (5 der Beilagen).

5. Ergänzung oder Änderung von Regierungsvorlagen oder Berichten:

Änderung sowie 2. Änderung der Regierungsvorlage 2 der Beilagen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Pensionsgesetz 1965, das Nebengebührenzulagengesetz, die Reisegebührenvorschrift 1955, das Ausschreibungsgesetz 1989, das Karenzurlaubsgeldgesetz, das Richterdienstgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1984, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1985, das Land- und Forstarbeiter-Dienstrechtsgesetz, das Eltern-Karenzurlaubsgesetz und das Bundesgesetz BGBl. Nr. 298/1986 geändert werden (Zu 2 der Beilagen und Zu 2 der Beilagen [2. Änderung]),

Änderung der Regierungsvorlage 4 der Beilagen betreffend Sozialrechts-Änderungsgesetz 1999 – SRÄG 1999 (Zu 4 der Beilagen).


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B) Zuweisungen:

1. Zuweisungen gemäß §§ 32a Abs. 4, 80 Abs. 1, 100 Abs. 4, 100b Abs. 1 und 100c Abs. 1:

Immunitätsausschuss:

Ersuchen des Landesgerichtes für Strafsachen Wien (9dE Vr 7903/99, Hv 4827/99) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller wegen des Verdachtes einer strafbaren Handlung nach § 111 und § 115 StGB,

Ersuchen des Unabhängigen Verwaltungssenates Salzburg (UVS-5/10.502/14-1999) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Karl Öllinger im Zusammenhang mit einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 6 und 19 Versammlungsgesetz,

Ersuchen des Landesgerichtes für Strafsachen Wien (9aE Vr 7102/99, Hv 4338/99) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Andreas Khol wegen des Verdachtes einer strafbaren Handlung nach § 111 Abs. 1 und 2 StGB und § 152 StGB,

Ersuchen des Landesgerichtes für Strafsachen Wien (9dE Vr 4862/99, Hv 2993/99) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Ing. Peter Westenthaler wegen des Verdachtes einer strafbaren Handlung nach § 111 Abs. 1 und 2 StGB;

Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen:

Petition Nr. 1 betreffend "Alkoholisierte Lenker gefährden uns alle", überreicht vom Abgeordneten Johann Kurzbauer,

Petition Nr. 2 betreffend Mobilfunk, überreicht von den Abgeordneten Mag. Johann Maier, Dr. Gabriela Moser und Dr. Martin Graf.

2. Zuweisungen in dieser Sitzung:

a) zur Vorberatung:

Rechnungshofausschuss:

Tätigkeitsbericht des Rechnungshofes über das Verwaltungsjahr 1998 (III-11 der Beilagen);

b) zur Enderledigung im Sinne des § 28b GOG (vorbehaltlich der endgültigen Entscheidung des Ausschusses):

Außenpolitischer Ausschuss:

Bericht des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten betreffend Südtirol; Autonomieentwicklung seit 1996 (III-20 der Beilagen),

Bericht des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten betreffend Verhandlungen für ein Partnerschaftsabkommen im Dienste der Entwicklung zwischen der Europäischen Union und den AKP-Staaten (III-22 der Beilagen);

Kulturausschuss:

Kulturbericht 1998 der Bundesregierung (III-14 der Beilagen),

Bericht der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten über die Rückgabe von Kunstgegenständen aus den Österreichischen Bundesmuseen und Sammlungen (Restitutionsbericht 1998/99) (III-18 der Beilagen);


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Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft:

Bericht des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft über den Gewässerschutzbericht 1999 (III-23 der Beilagen);

Ausschuss für Wissenschaft und Forschung:

Bericht des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr über den Hochschulbericht 1999 (Band 1 bis 3) (III-15 der Beilagen),

Bericht des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr zur sozialen Lage der Studierenden auf Grund der Entschließung des Nationalrates vom 13. November 1997, E 91-NR/XX. GP (III-16 der Beilagen),

Bericht des Fachhochschulrates gemäß § 6 Abs. 2 Z 7 FHStG über die Tätigkeit des Fachhochschulrates im Jahre 1998, vorgelegt vom Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr (III-17 der Beilagen),

Forschungsbericht 1999 des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr (III-19 der Beilagen),

Bericht des Universitätenkuratoriums im Sinne des § 83 Abs. 3 des UOG 1993 über seine Tätigkeit vom 1. Januar 1998 bis 31. Dezember 1998, vorgelegt vom Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr (III-21 der Beilagen).

*****

Ankündigung einer Dringlichen Anfrage

Präsident Dr. Heinz Fischer: Die Abgeordneten Mag. Trattner und Genossen haben das Verlangen gestellt, die vor Eingang in die Tagesordnung der heutigen Sitzung eingebrachte schriftliche Anfrage 158/J des Herrn Abgeordneten Mag. Trattner und Genossen an den Herrn Bundesminister für Finanzen betreffend Kassasturz dringlich zu behandeln.

Nach den Bestimmungen der Geschäftsordnung wird diese Anfrage um 15 Uhr zur Diskussion aufgerufen werden.

Fristsetzungsanträge

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weiters teile ich mit, dass Frau Abgeordnete Dr. Petrovic beantragt hat, dem Verfassungsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 15/A betreffend ein Bundes-Tierschutzgesetz eine Frist bis zum 24. Jänner 2000 zu setzen.

Es liegt in diesem Zusammenhang das von fünf Abgeordneten nach § 43 GOG gestellte Verlangen vor, über diesen Fristsetzungsantrag eine Debatte durchzuführen.

Da für die heutige Sitzung die dringliche Behandlung einer schriftlichen Anfrage in Aussicht genommen ist, wird die kurze Debatte im Anschluss an die Dringliche Anfrage durchgeführt werden.

Überdies darf ich mitteilen, dass Frau Abgeordnete Dr. Petrovic beantragt hat, dem Gesundheitsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 5/A (E) betreffend Umsetzung der Forderungen des Gentechnik-Volksbegehrens eine Frist bis zum 24. Jänner 2000 zu setzen.

Hier liegt kein Debattenverlangen vor, daher wird dieser Antrag nach Beendigung der Verhandlungen dieser Nationalratssitzung ohne Debatte zur Abstimmung gelangen.


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Schließlich hat Frau Abgeordnete Dr. Petrovic beantragt, dem Gleichbehandlungsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 6/A (E) betreffend Umsetzung des Frauen-Volksbegehrens ebenfalls eine Frist bis zum 24. Jänner 2000 zu setzen.

Auch hier liegt kein Verlangen nach einer Debatte vor, und auch hier ist es so, dass wir ohne Debatte nach Schluss der Verhandlungen in dieser Sitzung, und zwar im Anschluss an den vorhergehenden Fristsetzungsantrag, die Abstimmung durchführen werden.

Behandlung der Tagesordnung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Was die heutige Tagesordnung betrifft, liegt mir der Vorschlag vor, die Debatte über die Punkte 6 und 7 sowie über die Punkte 10 bis 13 der Tagesordnung jeweils zusammenzufassen.

Gibt es dagegen Einwendungen? – Das ist nicht der Fall. Dann werden wir so vorgehen.

Redezeitbeschränkung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich gehe nunmehr in die Tagesordnung ein und gebe bekannt, dass in der Präsidialsitzung Konsens über die Dauer der Debatten erzielt wurde: Es wird eine Tagesblockzeit von 8 "Wiener Stunden" vorgeschlagen, aus der sich folgende Redezeiten ergeben: SPÖ 136 Minuten, Freiheitliche und ÖVP je 128 Minuten sowie Grüne 88 Minuten.

Darüber hat der Nationalrat zu entscheiden.

Ich frage daher: Gibt es Einwendungen gegen diesen Vorschlag? – Das ist nicht der Fall. Dann ist das einvernehmlich so beschlossen und festgelegt.

1. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (4 und Zu 4 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz und das Bauern-Sozialversicherungsgesetz geändert werden (Sozialrechts-Änderungsgesetz 1999 – SRÄG 1999) (8 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen zum 1. Punkt der Tagesordnung.

Ein Wunsch auf mündliche Berichterstattung liegt mir nicht vor. Daher gehen wir gleich in die Debatte ein.

Erster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Haupt. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

11.18

Abgeordneter Mag. Herbert Haupt (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte zunächst, bevor wir in die Debatte zum Sozialrechts-Änderungsgesetz 1999 eingehen, der Frau Bundesminister für Soziales gute Gesundheit und gute Besserung wünschen, und ich hoffe, dass sie sich bald vollständig von ihrer schweren Erkrankung erholt haben wird.

Sehr geehrte Damen und Herren! Das heute vorliegende Gesetzeswerk ist ja nur eine Nachfolge von den Beschlüssen, die bereits am 7. Dezember dieses Jahres für die Pensionsanpassung für das Jahr 2000 getroffen worden sind, und zwar über die 0,6 Prozent Pensionsanpassung hinaus, die der Beirat für Pensionsanpassungen vorgeschlagen hat, beziehungsweise in Abänderung des Vorschlages dieses Beirates, wie dies durchgezogen worden ist – für die vorgesehenen Sockelbeträge in entsprechender Form auch eine gesetzliche Änderung notwendig ist.


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Betrachtet man die Pensionsanpassung und die Geschichte der Pensionsanpassung aus freiheitlicher Sicht, so muss man zum vorliegenden Gesetzestext zwei Dinge vorausschicken: Als wir vor einigen Jahren als freiheitliche Pensionistenvertreter hier im Parlament verlangt haben, für die geringen und die niedrigsten Einkommen aus den Pensionen entsprechende Erhöhungen in Sockelbeträgen und nicht nur in Prozenten vorzusehen, wurden diese unsere freiheitlichen Vorschläge schlicht von der Hand gewiesen. Wenn nunmehr ersichtlich ist, dass im entsprechenden Gesetzestext mit einem Sockelbetrag von 200 S zwar nur für einen geringen, aber immerhin für einen Bereich der noch niederen Einkommen eine Anpassung deutlich über 0,6 Prozent vorgesehen ist, so, glaube ich, kann man hier aus freiheitlicher Sicht mit Stolz darauf hinweisen, dass unsere ursprünglich heftig abgelehnten Vorschläge nunmehr in diesem Hause doch mehrheitsfähig geworden sind.

Ich meine aber darüber hinaus, dass aus freiheitlicher Sicht trotzdem Kritik dahin gehend angebracht ist, dass es nicht einzusehen ist, dass die geringsten Einkommen deutlich unter diesem Sockelbetrag von 200 S valorisiert worden sind und dass im Gegensatz zu dem, was in den österreichischen Medien zu lesen war – jeder Pensionist bekommt 200 S mehr –, auch die weiteren Valorisierungsschritte über 9 700 S hinweg bis 22 500 S Pensionseinkommen mit degressiv bis 135 S deutlich unter dem liegen, was in den Zeitungen gestanden ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin daher der Ansicht, dass, wenn man die Debatte um die Pensionsanpassung, die Zeitungsmeldungen und die Public Relation, die damit betrieben worden ist, verfolgt, die derzeitige provisorische Bundesregierung offensichtlich wieder in die Fußstapfen der vorherigen Bundesregierung tritt. Man hat, so glaube ich, nichts aus der Vergangenheit gelernt. Man verspricht über die Zeitungen medienwirksam Erhöhungen, die tatsächlich nur in einem engen Teilbereich erfolgen werden. Man hat darüber hinaus in anderen Teilbereichen geringere Erhöhungen vorgesehen – sowohl bei den niedrigsten Einkommen als auch bei den Einkommen über 9 700 bis 22 500 S. Ich meine, dieser Weg ist einer, der am 3. Oktober abgewählt wurde. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Man soll doch der Bevölkerung auch bei Verkündungen von Verhandlungsergebnissen durchaus die Wahrheit sagen, denn ich meine, die Wahrheit ist den Wählerinnen und Wählern – und die Pensionistinnen und Pensionisten gehören ja dazu – durchaus zumutbar.

Zum Zweiten möchte ich mich hier auch mit dem Vorwurf auseinander setzen, den der Vertreter der Österreichischen Volkspartei, der nach mir ans Rednerpult treten wird, im Ausschuss gemacht hat, dass das, was die Freiheitlichen mehr als die besagten 1,1 Prozent im Durchschnitt für alle Pensionisten verlangt haben, nicht finanzierbar wäre. Ich gehe davon aus, dass der Herr Universitätsprofessor Dr. Bruckmann das, was wir Freiheitlichen tatsächlich gewollt haben und was wir im Ausschuss eingebracht haben, gemeint hat und nicht das, was verzerrt in der Medienberichterstattung wiedergegeben worden ist.

Ich glaube, wenn man das betrachtet, was wir tatsächlich mehr verlangt haben, als jetzt die Bundesregierung gewährt, nämlich etwa 1,1 Milliarden Schilling – ich sage deswegen "etwa", weil uns als Oppositionspartei die genauen sozialversicherungsrechtlichen Grundlagen zur Berechnung im Unterschied zur Bundesregierung leider nicht mit den letzten Daten zur Verfügung stehen und wir daher nur ungenaue Berechnungen, die in diesem Bereich leider durchaus Unschärfen von etwa 100 bis 200 Millionen Schilling aufweisen können, durchführen können –, muss das zu einer Diskussion führen, die wir auch heute Nachmittag bei der Dringlichen Anfrage weiterführen werden.

Ist es gerecht, dass in diesem Parlament jene, die in der Opposition von der Verfassung her zur Kontrolle der Bundesregierung aufgerufen sind, über ein anderes, ein insuffizienteres, veraltetes Datenmaterial verfügen müssen, um ihre Vorschläge zu berechnen, als die österreichische Bundesregierung und deren Berechner? – Ich glaube, sehr geehrte Damen und Herren, wenn wir Demokratie ernst nehmen, müsste der Austausch von Daten zwischen allen hier im Hohen Haus vertretenen Parteien nicht nur korrekt vor sich gehen, sondern diese Daten müssten auch zeitgleich verfügbar sein. Dann kann auch das, was hier oftmals den Oppositionsparteien vorgeworfen wird, dass nämlich die eine oder andere Berechnung unseriös wäre, nicht mehr ein


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treten. Wir sind leider heute immer noch in der Situation, dass wir über Daten des Jahres 1998 und über vorläufige Daten bis Juni 1999 verfügen und nicht die endgültigen Daten von September und November dieses Jahres zur Verfügung haben, um unsere Berechnungen anzustellen.

Ich meine auch, sehr geehrte Damen und Herren, dass 1,1 Milliarden Schilling – das ist ein Promille des Gesamtbudgets und ist, wenn man den Bundesanteil der nächsten Jahre schätzt, etwa 1 bis 1,2 Prozent des Bundesanteils an den Pensionen – nicht als unfinanzierbar betrachtet werden können. Sicherlich sind Einsparungen angesagt. Sicherlich ist auch angesagt, beim Ansetzen des Sparstiftes linear vorzugehen. Sicherlich ist auch auf die junge Generation Bedacht zu nehmen, die in Zukunft die Pensionsleistungen als im Arbeitsprozess Stehende nach dem Solidaritätsprinzip und nach dem Generationenvertrag zu zahlen haben werden. Aber mit Sicherheit ist auch die Schuld, dass 1,1 Milliarden Schilling für die Pensionisten nicht mehr finanzierbar sind, in der Budgetpolitik der letzten Jahre des derzeitigen Finanzministers Edlinger zu sehen.

Ich darf Sie daran erinnern, dass schon im Jänner dieses Jahres der vorangekündigte blaue Brief aus Brüssel diese Bundesregierung erreicht hat und im März schlussendlich auch in den Zeitungen bezüglich der Budgeteckdaten deutlich und klar nachzulesen war – ich beziehe mich auf die entsprechenden Berichte etwa im "Standard" vom Jänner und März dieses Jahres –, dass die Bundesregierung nicht vorgesorgt hat, um die demoskopische Entwicklung im Sozialbereich abzusichern. – Deutlich und klar nachzulesen, deutlich und klar in entsprechender Form publiziert. Seit diesem Zeitpunkt gab es immerhin noch sechs Monate lang eine voll funktionsfähige Bundesregierung, um dem gegenzusteuern, und nun haben wir eine provisorische Bundesregierung, die in diesem Bereich auch gegensteuern könnte.

Daher, sehr geehrter Herr Kollege Bruckmann, lassen wir Freiheitliche es nicht gelten, dass diese 1,1 Milliarden mehr nicht finanzierbar wären, sondern Sie, Herr Kollege Bruckmann, und Ihre Vertreter in der Bundesregierung werden sich die Frage gefallen lassen müssen: Warum ist ein Promille in diesem Budget nicht mehr finanzierbar? Warum ist ein Promille nicht mehr finanzierbar, um den Ärmsten in diesem Staate – auch da sind die Zahlen klar und deutlich auf dem Tisch; das sind Frauen, das sind ehemalige Alleinverdiener, das sind gewerbetreibende Pensionisten und das sind all jene, die im bäuerlichen Bereich mit gesplitteten Pensionen zu leben haben – zu helfen? Warum sind für diese Gruppen die Mehrforderungen, die wir Freiheitlichen gestellt haben – vom Behindertenbereich, in dem die Valorisierung des Pflegegeldes schon seit vier Jahren ausgesetzt ist, möchte ich gar nicht sprechen –, nicht finanzierbar?

Ich glaube, sehr geehrte Damen und Herren, dass das, was in diesem Bereich bei der Pensionsanpassung vor sich geht, zwar besser ist als das, was man ursprünglich vorgehabt hat, dass es auch in wichtigen Bereichen, nämlich dort, wo es um die Sockelbeträge geht, durchaus unsere freiheitlichen Vorstellungen erstmalig trifft, dass es aber im gesamten Umfang nicht so sozial ausgewogen ist, wie es eigentlich möglich sein müsste und wie wir Freiheitlichen es uns gewünscht haben.

Ich möchte auch klar und deutlich sagen, dass sich einige Parameter, die im Gutachten angeführt worden sind, in den letzten Monaten leider deutlich zu Ungunsten der Pensionisten verschlechtert haben. Ich darf in diesem Zusammenhang nur die Verteuerung des Heizöls anführen, ich darf die Steigerung der Inflationsrate anführen, denn 0,6 Prozent wurden als Grundlage für das Gutachten angenommen, derzeit sind es 0,8 Prozent, also steigende Tendenz.

Daher bringen wir Freiheitliche heute wieder denselben Entschließungsantrag ein, den wir schon im Ausschuss eingebracht haben und den Sie, sehr geehrte Damen und Herren von der rot-schwarzen Regierung, schon einmal abgelehnt haben. Aber vielleicht gibt es einen Umdenkprozess hier im Plenum.


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Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Haupt und Kollegen betreffend neuerliche Renten- und Pensionsanpassung bei Unterschreiten der Verbraucherpreiserhöhung nach dem Pensionistenindex

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales wird ersucht, dem Nationalrat im Juni 2000 einen Gesetzentwurf zuzuleiten, der mit 1. Juli 2000 eine weitere Erhöhung der Renten und Pensionen für 2000 vorsieht, wenn eine über dem jetzt festgelegten Anpassungsfaktor liegende Steigerung des Pensionistenindex für 1999 und 2000 zu erwarten ist."

*****

Sehr geehrte Damen und Herren! Eine Nachanpassung in diesem Bereich erscheint auch deswegen sinnvoll, richtig und konsequent gedacht, weil auch im Tagesordnungspunkt 4 der heutigen Sitzung betreffend unsere eigenen Pensionen und den jeweiligen Anpassungen für Politiker mit März 2000 ein entsprechender Begutachtungszeitraum eingeräumt worden ist. Daher sollte das, was für uns gilt, auch für die Pensionisten gelten.

Wir Freiheitlichen konzedieren dem vorliegenden Gesetzentwurf, dass er einige Punkte enthält, die in die richtige Richtung gehen, möchten aber anmerken, dass er der Grundintention unserer freiheitlichen Vorstellungen nach mehr sozialer Gerechtigkeit nicht nachkommt. Daher werden wir insgesamt den vorliegenden Gesetzestext ablehnen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

11.29

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Antrag ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung. Herr Abgeordneter Haupt! Es heißt in dem Antrag "... für 1999 und/oder 2000 ...". – Ich glaube, das ist nur überlesen worden.

Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Annemarie Reitsamer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: ebenfalls 10 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

11.29

Abgeordnete Annemarie Reitsamer (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Schon lange bevor die Empfehlung des Beirates für Renten- und Pensionsanpassung offiziell bekannt wurde, war sie natürlich inoffiziell bekannt; es gab bereits riesige Aufregungen sowie Diskussionen, und teilweise wurde diese Unruhe auch ganz bewusst geschürt. Es folgte das übliche Fragespiel der einzelnen Medien, und von sozialdemokratischer Seite kam von allem Anfang an das Bekenntnis, dass kleinere Pensionen kräftiger anzuheben wären.

Mit den großen Pensionistenorganisationen wurde in der Folge unter Ausnutzung des gesetzlichen Spielraumes eine Pensionserhöhung vorbereitet, die sich, glaube ich, sehen lassen kann. Man hat zwar auch in den vergangenen Jahren neben der normalen Anpassung Einmalzahlungen bei niedrigeren Einkommen gewährt, aber man musste dann immer wieder feststellen, dass es durch starre Grenzen doch zu Ungerechtigkeiten gekommen ist.

Dieses Mal ist mit der außertourlichen Ausgleichszulagenrichtsatzerhöhung, mit den vorgesehenen Einschleifregelungen und auch durch Herstellen von Zusammenhängen mit der Steuerreform 2000 meiner Ansicht nach die größtmögliche Gerechtigkeit gelungen. Der Gesamtaufwand liegt bei 3,21 Milliarden Schilling.

Meine Damen und Herren! Bei jenen, die wir bereits ausreichend informieren konnten, gibt es sehr viel Verständnis für diese Vorgangsweise. Und auch kleinere und sehr kritische Pensionistenorganisationen haben das ausgesprochen gutgeheißen, zumal die ältere Generation auch aus Erfahrung weiß, dass man sich am Budget zu orientieren hat. Gerade die Älteren verfügen außerdem über genügend Vergleichsmöglichkeiten.


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Ausdrücklich betonen möchte ich weiters die Orientierung am Gesamtpensionseinkommen. 75 Prozent der Pensionisten erhalten also mehr als 1 Prozent, 90 Prozent der Pensionisten mehr als 0,6 Prozent an Erhöhung.

Ich möchte an dieser Stelle die Forderungen der Freiheitlichen etwas näher beleuchten. Wie wir es gewohnt sind, gab es jeden Tag andere Varianten. Einmal war von 800 bis 1000 S die Rede – das Budget wäre dadurch zusätzlich mit 23 bis 29 Milliarden Schilling belastet worden –, dann ist man zurückgegangen auf 500 S – Belastung immer noch 14,5 Milliarden –, danach hat man plötzlich von 250 bis 300 S gesprochen – Belastung: 7,25 bis 8,7 Milliarden –, und zuletzt wurden im Hauptausschuss, schon sehr gemäßigt, 1 Prozent, aber mindestens 300 S gefordert.

All das, meine Damen und Herren, ist schlichtweg unfinanzierbar! Und darum hat auch jeglicher Finanzierungsvorschlag gefehlt. Ich finde es nur bezeichnend, dass das aus dieser politischen Ecke kommt. Es wird dort immer unser gesamtes Pensionssystem in Frage gestellt, weil der Bundesbeitrag nicht zu finanzieren sei. Und nun soll man auf einen Bundesbeitrag von insgesamt 59 Milliarden Schilling, inklusive Ausgleichszulagen zirka 70 Milliarden, ohne weiteres noch 29 Milliarden Schilling drauflegen. – Also ich weiß nicht, welche Vorstellungen Sie dazu haben!

Es gibt keinen Grund, unser bewährtes Umlagesystem in Frage zu stellen. Und die Herbstdiskussion war meiner Meinung nach entbehrlich, denn weitere Reformschritte wurden von uns nie in Frage gestellt. Wir haben im Jahre 1997 eine weitreichende Reform beschlossen, die erst zwischen den Jahren 2000 und 2003 und darüber hinaus zum Tragen kommen wird. Selbstverständlich gilt es, nicht die Hände in den Schoß zu legen und zu warten, bis uns die Realität einholt. Man muss aber zumindest einmal beobachten, wie diese Maßnahmen greifen, um darauf aufbauend dann weitere Reformen zu setzen.

Da wird es auch nicht gelingen, Junge und Ältere auseinander zu dividieren, weil die heutigen Pensionisten daran interessiert sind, dass auch ihre Kinder und Enkel einmal eine Pension bekommen. Daher haben sie für all diese Maßnahmen durchaus Verständnis.

Wir werden also, sobald die ersten Reformschritte gegriffen haben, in der Situation sein, dass auch jene jungen Menschen, die heute bereits im Arbeitsleben stehen, zurzeit aber ein bisschen verunsichert sind, erkennen, dass ihre Vertrauensschutz intakt ist.

Meine Damen und Herren, zurück zur Pensionserhöhung. Wir erkennen natürlich an, dass die Umsetzung dieses politischen Willens in den einzelnen Pensionsversicherungsanstalten viel Mehrarbeit und große administrative Schwierigkeiten bringt. Gerade an diesem Jahresende ist es aufgrund der Computerumstellungen und des Horrorszenarios, das überall gezeichnet wird, umso schwieriger. Ich bin jedoch zuversichtlich, dass die Bediensteten der Pensionsversicherungsanstalten diese Herausforderung annehmen. Ich bin auch zuversichtlich, dass sich all das einspielen wird und der Weg zu mehr sozialer Gerechtigkeit bei künftigen Pensionsanpassungen fortgesetzt werden kann.

Wir Sozialdemokraten geben der heute zu beschließenden Lösung gerne unsere Zustimmung. (Beifall bei der SPÖ.)

11.35

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Öllinger. Die Uhr ist auf 5 Minuten gestellt. – Bitte.

11.35

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich schließe mich seitens der grünen Fraktion den besten Wünschen für die Genesung der Frau Bundesministerin Hostasch natürlich an. Es trifft sich jedoch gut, dass Sie, Frau Prammer, anwesend sind, weil ich mich in meiner Rede nicht nur auf die Pensionserhöhungen beschränken möchte.


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Wir Grüne haben im Ausschuss den Antrag gestellt, auch das Karenzgeld in einer Form und um einen Betrag zu erhöhen, der erstens sozial gerecht ist, zweitens aber auch jener Debatte gerecht wird, die Sie, meine Damen und Herren, vor wenigen Monaten noch geführt haben.

Herr Minister Bartenstein! Geld zur Erhöhung auch des Karenzgeldes ist ja vorhanden, und es wird auch schon verteilt – "Karenzgeld für alle", "Karenzgeld für alle, die es brauchen"! –, aber wenn es darum geht, das Karenzgeld von 5 500 S auf 6 000 S zu erhöhen, dann heißt es: Das können wir im Sozialausschuss jetzt nicht beschließen, weil erstens der Herr Finanzminister Geld braucht – was nicht richtig ist, weil es gut gesichert gegen die Angriffe des Herrn Finanzministers im Familienlastenausgleichsfonds lagert – und wir zweitens ja noch gar nicht wissen, wann und ob wir das Karenzgeld auf 6 000 S erhöhen können, denn vorher müssen und wollen wir, die Regierungsparteien, einmal schauen, ob wir daraus das "Karenzgeld für alle" oder das "Karenzgeld für alle, die es brauchen" finanzieren.

Die Freiheitlichen gehen noch einen Schritt weiter und sagen: Im Prinzip keine Erhöhung, zuerst muss der Kinderscheck her, dann erst können wir vielleicht daran denken, zu erhöhen!

Meine Damen und Herren! Ich kann mich noch an einen Wahlkampf erinnern, in dem Sie von der Erhöhung des Karenzgeldes geflötet haben: Natürlich müsse es kommen, es sei ja völlig ungerecht, dass das nicht erhöht werde! – Jetzt aber, als die Sache im Sozialausschuss verhandelt wurde, sind Ihnen die Hände heruntergefallen: Nein, das sei nicht zulässig, gehe nicht, budgetär und so weiter! Das waren Ihre Argumente.

So stehen wir nun vor der für die betroffenen Frauen ziemlich traurigen Situation, dass beim Karenzgeld wie bei den Pensionen um 0,6 Prozent erhöht wird. Für die KarenzgeldbezieherInnen bedeutet das aber nicht, wie bei den Pensionisten und Pensionistinnen mit einer Pension von 6 000 S, eine Erhöhung um – auch mickrige – 90 S, sondern um nur 33 S pro Monat. Das ist das Resultat Ihrer Regierungspolitik, Ihrer Unfähigkeit, in dieser Sache rechtzeitig zu handeln und den KarenzgeldbezieherInnen die notwendige und versprochene Erhöhung auf 6 000 S als Minimum zu sichern. (Beifall bei den Grünen.)

Sie sollten sich schämen, wenn das von den Wahlkampfversprechungen übrig bleibt! Treten Sie vor jene Wählerinnen und Wähler, die Sie jeweils wegen der Familienpolitik der ÖVP beziehungsweise der SPÖ gewählt haben, und erklären Sie ihnen das! Etwa Folgendermaßen: Es geht leider jetzt nicht, das haben wir übersehen, keine Zeit, wir mussten ja sondieren oder was weiß ich sonst noch, jedenfalls keine Zeit und kein Interesse, hier tatsächlich etwas zu machen. (Abg. Dr. Mertel: Ihr Wahrnehmungsvermögen ist sehr eingeschränkt!) Das wäre eine ganz einfache Sache gewesen, Frau Kollegin Mertel, es wäre wirklich ganz einfach gewesen, das Karenzgeld auf 6 000 S zu erhöhen.

Eine Anmerkung noch, meine Damen und Herren, zu den Pensionen – ich habe das schon im Ausschuss moniert, darauf aber keine entsprechende Antwort erhalten –: Was kann denn der Grund dafür sein, dass heuer zum ersten Mal etwas, wenn auch nicht in der von uns gewünschten Form, durchgeführt wird, von dem man in den letzten Jahren immer gesagt hat, dass es nicht ginge, nämlich Pensionen mittels absoluter Beträge zu erhöhen? Das Zweite, das ich im Ausschuss moniert habe, war: Warum schaut bei den pensionierten Bäuerinnen und Arbeiterinnen mit 6 000 S Pension nur eine Erhöhung von 90 S heraus, während 32 000-S-Pensionen um immerhin 200 S erhöht werden?

Meine Damen und Herren! Frau Frauen ministerin! Das ist auch Ihre Angelegenheit, und darum bin ich nicht unglücklich, dass Sie auf der Regierungsbank sitzen. Diese Erhöhung, so sehr Sie auch darüber reden mögen, berücksichtigt nicht die KarenzgeldbezieherInnen, berücksichtigt nicht Bezieher von Pflegegeld, ist kein zur Vermeidung von Armutsgefährdung tatsächlich geeigneter Beitrag und daher kein Beitrag, der wirklich Beifall verdienen würde. (Beifall bei den Grünen.)


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11.41

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Bruckmann. Ich erteile ihm das Wort. – Bitte.

11.41

Abgeordneter Dr. Gerhart Bruckmann (ÖVP): Herr Präsident! Hohes Haus! Es ist nicht ohne Emotion, dass ich nach fünfjähriger Abwesenheit nun wieder von dieser Stelle aus sprechen darf, also heute quasi zu meiner zweiten Jungfernrede ansetze. Ich versage mir tief schürfende Analysen, ob vielleicht ein Unterschied zwischen Politik und Realität darin besteht, dass es in der Politik offenbar eine zweite Jungfernschaft geben kann. (Demonstrativer Beifall der Abgeordneten Mag. Schweitzer und Fischl. ) Ich versage mir dies schon deshalb, weil ich mich als an Jahren ältester Abgeordneter ja in diesem Fall selbst als "alte Jungfer" bezeichnen müsste. (Heiterkeit bei Abgeordneten der Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! In gewisser Hinsicht geht mein heutiger Auftritt aber doch in die Parlamentsgeschichte ein: Es ist dies das erste Mal, dass ein explizit von einer Seniorenorganisation nominierter Abgeordneter ins Hohe Haus Einzug gehalten hat. – Daher bitte ich, über den eigentlichen Tagesordnungspunkt hinaus, einige wenige grundsätzliche Bemerkungen voranstellen zu dürfen.

Unsere Generation ist Zeuge der größten demographischen Veränderung der gesamten Menschheitsgeschichte. Zu allen Zeiten und in allen Kulturen stand einer ersten Generation, den Kindern, und einer zweiten Generation, nämlich den erwerbsfähigen Erwachsenen, eine sehr schmale Schicht von aus dem Erwerbsleben ausgeschiedenen und im Wesentlichen bereits fast zur Gänze betreuungsbedürftig gewordenen Alten gegenüber. Diese Altersgruppe gibt es nach wie vor, nur ist sie von einer dritten zu einer vierten Altersstufe geworden. Die umwälzende Neuerung, die wir in unserer Generation erleben, besteht darin, dass zwischen der zweiten und der – nunmehrigen – vierten Generation eine neue dritte Altersstufe entstanden ist, eine immer breiter werdende Schicht von Mitbürgern, die zwar schon aus dem aktiven Erwerbsleben ausgeschieden sind, die aber noch mit beiden Beinen voll im Leben stehen und auch wichtige gesellschaftliche Leistungen erbringen, denn vielfach obliegt dieser Schicht die Betreuung oder zumindest Mitbetreuung von Enkelkindern auf der einen Seite und von Angehörigen der vierten Generation auf der anderen Seite.

Meine Damen und Herren! Heute schon ist ein Drittel der Wähler über 60 Jahre alt! Und dieser Anteil wird sich in den nächsten Jahren zweifellos weiter erhöhen. Nun gibt es zwei Wege, wie sich die traditionellen politischen Parteien in einer westlichen Demokratie dieser Entwicklung gegenüber verhalten können. Der eine Weg besteht darin, sie zu ignorieren. Dies muss notgedrungen früher oder später zum Entstehen "grauer" Parteien führen und damit zu einer Polarisierung "alt" gegen "jung", was größte soziale Spannungen hervorrufen muss.

Der andere Weg – und zu diesem bekenne ich mich aus voller Überzeugung und ganzem Herzen – besteht darin, dieser neuen Gesellschaftsschicht innerhalb der bestehenden Parteien auch in der aktiven Politik, und nicht nur als Wähler, entsprechende Mitwirkungsmöglichkeiten einzuräumen und damit die intergenerative Zusammenarbeit zu internalisieren.

Der Österreichische Seniorenbund, für den ich hier stehe, bekennt sich zu dieser Sichtweise. Für uns ist Seniorenpolitik nicht nur ein Teil der Sozialpolitik, vergleichbar der Behindertenpolitik, sondern Teil der Familienpolitik. Unserer festen Überzeugung nach können die sozialen Herausforderungen von heute und morgen nur im Miteinander der Generationen gelöst werden! (Beifall bei der ÖVP.)

Damit aber bedeutet Seniorenpolitik nicht nur eine Politik für die Senioren von heute, sondern auch eine solche für die Senioren von morgen und übermorgen. Und damit komme ich unmittelbar zum Inhalt des Tagesordnungspunktes. Unser österreichisches Pensionsversicherungssystem beruht bekanntlich auf dem Umlageverfahren, das heißt, dass jeder Schilling, den ein Pensionist erhält, gleichzeitig von einem Aktiven entrichtet werden muss, entweder über Beiträge oder indirekt aus allgemeinen Steuermitteln.

Kollegen Haupt, der mich vorhin persönlich apostrophiert hat – ich weiß nicht, ob er jetzt gerade anwesend ist –, sei daher auch persönlich geantwortet. Ihm sei gesagt, dass diese Erhöhung 1,1 Prozent des Pensionsvolumens kostet, und wenn jemand Nikolo spielen möchte oder


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diesem sagen möchte, dass das zu wenig sei, dann sollte er wissen, dass der Gabensack des Nikolos nicht vom Himmel fällt, sondern von der aktiven Bevölkerung gefüllt werden muss. Es kann daher bei der alljährlichen Pensionsanpassung nicht nur darum gehen, jeweils ein Maximum für die Pensionisten von heute herauszuholen, sondern ein Maß zu finden, das die Aktiven von heute – und das sind die Pensionisten von morgen – nicht über Gebühr belastet.

Genau dies kann von der nunmehr in Diskussion stehenden Anpassung durchaus gesagt werden, insbesondere auf Grund der Tatsache, dass diese Anpassung mit dem In-Kraft-Treten der Steuerreform zusammenfällt, sodass eine deutliche Besserstellung für alle Pensionisten damit verbunden ist, denn allein die Steuerreform wird die Kaufkraft der Pensionisten, zusätzlich zur Erhöhung um 3,2 Milliarden Schilling durch die direkte Pensionsanpassung, um viereinhalb Milliarden Schilling erhöhen! Durch dieses Zusammenfallen war jedoch eine ziemlich kompliziert klingende Regelung erforderlich, deren Ziel darin besteht, soziale Ausgewogenheit zwischen den Pensionsbeziehern niedriger, mittlerer und höherer Pensionen sicherzustellen.

Meine Damen und Herren! Die mir verfügbare Redezeit ist praktisch abgelaufen, aber lassen Sie mich doch auch noch einen Blick in die Zukunft werfen. Vor 30 Jahren betrug die durchschnittliche Pensionsbezugsdauer bei Männern weniger als fünf Jahre, bei Frauen 13 Jahre. Heute ist sie für Männer von damals fünf Jahren auf 16 Jahre, für Frauen von damals 13 auf 24 Jahre angestiegen – dies nicht nur wegen der an sich höchst erfreulichen Zunahme an Lebenserwartung, sondern auch – und das ist weit weniger erfreulich –, weil das Pensionsanfallsalter in diesen 30 Jahren ständig niedriger geworden ist. Es liegt auf der Hand, dass sich diese Entwicklung nicht nach Belieben fortsetzen lässt!

Wir werden also, unabhängig davon, wie die nächste Bundesregierung zusammengesetzt sein wird, den Mut haben müssen, über eine langfristige Sicherung der Pensionen weiter nachzudenken, über eine Reform, die vornehmlich in jene Richtung gehen muss, dass das De-facto-Pensionsantrittsalter von den heute weniger als 58 Jahren wieder in Richtung jener Werte angehoben wird, die vor nicht allzu langer Zeit in Österreich durchaus noch üblich waren, einer Zeit, in der die gesamte Lebenserwartung jedoch eine wesentlich niedrigere war.

Hohes Haus! Je früher entschlossene Schritte in diese Richtung gesetzt werden, desto sicherer werden nicht nur die Pensionen von heute, sondern auch jene von morgen und übermorgen sein können. Der Österreichische Seniorenbund bekennt sich zu dieser Notwendigkeit, auch die Pensionen von morgen und übermorgen zu sichern – im Sinne unseres selbstgewählten intergenerativen Verantwortungsbewusstseins! (Beifall bei der ÖVP.)

11.49

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesministerin Prammer in verfassungsmäßiger Vertretung der erkrankten Frau Sozialministerin. – Bitte, Frau Ministerin.

11.49

Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz Mag. Barbara Prammer: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Ich bin überzeugt davon, dass, wenn heute die gesetzlichen Rahmenbedingungen für die Pensionserhöhung des kommenden Jahres beschlossen werden, diese Maßnahmen einen wirklich klaren sozial gerechten Schub vorwärts bringen werden. Und ich glaube, dass die Pensionistinnen und Pensionisten sehr viel von dieser Fairness, Solidarität und Gerechtigkeit spüren und auch verstehen werden.

Meine Damen und Herren! Der Beirat für die Renten und die Pensionsanpassung hat in seiner Sitzung vom 28. Oktober 1999 empfohlen – ich fasse das jetzt noch einmal ein Stück weit zusammen –, den Anpassungsfaktor für das Jahr 2000 mit 1,004, das heißt, um 0,4 Prozent erhöht festzusetzen. Einige Rednerinnen und Redner haben schon darauf hingewiesen, dass im Rahmen der weiteren Verhandlungen der Bundesregierung mit den Vertretern des Seniorenrates jene Pensionsanpassung 2000 diskutiert und ausgearbeitet wurde, die jetzt vorliegt.

Der Pensionsanpassung liegt in ihrer konkreten Ausgestaltung neben dem Gedanken des sozialen Ausgleichs auch der Gedanke einer gewissen Koppelung an die Steuerreform 2000 zugrunde. Bei der Erhöhung der Pensionszahlungen haben jene Personengruppen, die auf


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Grund eines geringen Einkommens keine Steuern zu zahlen brauchen und daher auch keine unmittelbaren Vorteile aus der Steuerreform ziehen können, besondere Berücksichtigung gefunden.

Meine Damen und Herren! Im Detail sieht die Pensionsanpassung für das Jahr 2000 wie folgt aus. Die Inflationsrate für 1999 wird voraussichtlich 0,6 Prozent betragen, daher wird der Anpassungsfaktor für das Jahr 2000 im Verordnungswege mit 1,006, also 0,6 Prozent, festgesetzt. Dieser Vorgangsweise wurde im Hauptausschuss des Hohen Hauses bereits am 7. Dezember mit Mehrheit die Zustimmung erteilt.

Darüber hinaus sollen die Bezieherinnen und Bezieher niedrigerer Pensionen zusätzliche Zahlungen im folgenden Ausmaß erhalten. Zum einen sollen die Ausgleichszulagenrichtsätze mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 2000 erhöht werden. Der Ehepaar-Richtsatz liegt in Zukunft bei 11 859 S, der Richtsatz für Einzelpersonen bei 8 312 S. Das entspricht jeweils einer Erhöhung um rund 2,46 Prozent und liegt daher bei weitem über der 0,6-Prozent-Regelung des allgemeinen Anpassungsfaktors aus der Entscheidung durch den Hauptausschuss. Zum anderen soll das Gesamtpensionseinkommen – das ist die Summe sämtlicher Pensionseinkünfte – ebenfalls mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 2000 abgestuft erhöht werden.

Ich möchte ein paar Bemerkungen dazu machen – das wurde im Vorfeld auch im Ausschuss diskutiert –, dass es bei Gesamtpensionseinkommen in Höhe von bis zu 7 000 S zu Erhöhungen um rund 1,5 Prozent kommen wird. Zu dieser Gruppe müssen ein paar Bemerkungen gemacht werden.

Zum Ersten ist nachgewiesen und feststellbar, dass in dieser Gruppe überwiegend, nämlich zu rund 80 Prozent, die zwischenstaatlichen Teilleistungen stecken. Dazu nur noch einmal eine Detailzahl: 50 Prozent der zwischenstaatlichen Teilleistungen liegen unter 1 416 S pro Monat, weil die Hauptpensionsleistung aus einem anderen Land bezogen wird. Daher war es in dieser Gruppe besonders wichtig, einen einheitlichen Pensionsprozentsatz und nicht einen Fixbetrag anzuwenden. Wenn Personen mit einem geringen Pensionseinkommen sowohl auf Individual- als auch auf Haushaltsebene ausschließlich von diesem Einkommen leben, so gilt es, das bewährte Instrument der bedarfsorientierten Mindestsicherung – nämlich der Ausgleichszulage – anzuwenden. Daher wurden die Richtsätze ebendieser Ausgleichszulage um 2,46 Prozent erhöht.

Bei Gesamtpensionseinkommen von über 7 000 S bis zu 8 000 S erhöht sich die Pension um Prozentsätze zwischen 1,5 und 2,5 Prozent, bei Gesamtpensionseinkommen über 8 000 S mit dem Sockelbetrag von 200 S, und bei Gesamtpensionseinkommen von über 8 750 S bis einschließlich 10 400 S erhöht sich die Pension im Ausmaß von weniger als 200 S, aber um mindestens 135 S. Gesamtpensionseinkommen über 10 400 S sind mit einem Sockelbetrag von 135 S zu erhöhen; das heißt, dass eine Pensionserhöhung im Ausmaß von 0,6 Prozent, mindestens jedoch im Ausmaß von 135 S gebührt.

Meine Damen und Herren! Ein paar Bemerkungen möchte ich auch zu den Debattenbeiträgen machen. Herr Abgeordneter Haupt, Sie haben kritisiert, dass der Datenaustausch zum Parlament nicht funktioniert hätte. Ich möchte an dieser Stelle richtig stellen, dass alle Klubs zeitgleich, direkt und aus erster Hand alle Informationen erhalten haben. Die Abgeordneten hier im Hohen Haus waren natürlich auch die Ersten, die mit den Detailberechnungen konfrontiert wurden. Hier wurden und werden die Detailberechnungen vorgelegt, weil es ja in diesem Hohen Haus darum geht, die Entschlüsse und Beschlüsse zu fassen.

Weil Herr Abgeordneter Haupt auf den Inflationsratenausgleich Bezug genommen hat, möchte ich noch einmal in Erinnerung rufen, dass die Pensionserhöhung 1999 1,5 Prozent und mit der Einmalzahlung eigentlich 1,6 Prozent betragen hat. Wenn wir das mit in Erwägung ziehen, dann müssen wir feststellen, dass wir eine sehr faire und gerechte Maßnahme für die Pensionsanpassung 2000 zustande gebracht haben, gerade auch im Hinblick auf den Ausgleich und die Inflationsabgeltung. (Beifall bei der SPÖ.)


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Herr Abgeordneter Öllinger! (Abg. Öllinger: Ja?) Sie haben sicherlich recht, wenn Sie feststellen, dass der Staat alles Bestmögliche zu gewährleisten hat, um Armutsgefährdung zu reduzieren und zu beseitigen. Ich möchte an dieser Stelle – obwohl es nicht unmittelbar zu den Pensionen oder zur Pensionserhöhung gehört – eine sehr erfreuliche Feststellung machen.

Das Wifo hat eine Studie zu den Familienförderungsmaßnahmen aus dem Jahr 1998 erstellt, aus der hervorgeht, dass durch diese Maßnahmen ein eindeutiger Trend der Umverteilung zu den kleinen Einkommen gewährleistet ist. Das Wifo hat zum Beispiel errechnet, dass durch die Familienförderungsmaßnahmen aus dem Jahr 1998 mehr als 100 000 Kinder – das wird so berechnet – der Armutsgefährdung sozusagen entkommen sind. Für sie konnte die Armutsgefährdung reduziert werden. Ich denke, das ist auch etwas, was klar und deutlich unter dem Gesichtspunkt der Familien und der Kinder zu sehen ist.

Eines – da gebe ich Ihnen natürlich Recht – ist nicht gelungen, auch nicht mit diesem Familienförderungspaket: Die Alleinerzieher-Haushalte haben von diesem Paket am wenigsten profitiert. Aus diesem Grund ist es mir – jetzt als Frauenministerin – ganz besonders wichtig, dass wir uns gerade um diese Personengruppe bemühen werden. Dazu wird es allerdings ganz sicher nicht ausreichen, eine Karenzgelddebatte zu führen, denn ich bin überzeugt davon, dass gerade AlleinerzieherInnen diejenigen sind, die alles Interesse daran haben, so schnell wie möglich wieder zur Erwerbstätigkeit zurückzukehren. Dafür bedarf es entsprechender Rahmenbedingungen. Dazu gehören in erster Linie Kinderbetreuungsangebote sowie auch die Möglichkeit zu flexibleren, besser gestaltbaren Arbeitszeiten und vieles andere mehr.

Wir haben viele Debatten darüber vor uns. Ich weiß, welche Verantwortung wir zu tragen haben, auch im Sinne dessen, was vor dem 3. Oktober in Österreich gesagt wurde.

Meine Damen und Herren! Mit der Vorgangsweise zur Pensionserhöhung können wir sicherstellen – das ist ebenfalls schon erwähnt worden –, dass 75 Prozent der Pensionistinnen und Pensionisten eine Erhöhung der Pension von mehr als 1 Prozent erhalten oder dass für 90 Prozent der Pensionistinnen und Pensionisten die Erhöhung ihrer Pension mehr als 0,6 Prozent beträgt. Und der Vollständigkeit halber sei hier auch darauf verwiesen, dass die Mehrbelastung des Bundesbudgets durch die Pensionsanpassung 2000 3,21 Milliarden Schilling betragen wird.

Ich meine, dass diese Pensionsanpassung fair, sozial gerecht und vom Gedanken der Solidarität getragen ist, dass die Pensionistinnen und Pensionisten ab 1. Jänner 2000 diese fairen, sozial gerechten Maßnahmen entsprechend zu würdigen wissen und dementsprechend ihren Beitrag in der Gesellschaft für gerechtfertigt ansehen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

12.00

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke, Frau Bundesminister.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dolinschek. – Bitte.

12.01

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Bundesminister, ich habe Ihnen jetzt aufmerksam zugehört. Sie haben zur Rede des Kollegen Haupt gesagt, dass er bekrittelt hat, dass wir nicht alle Gutachten oder Unterlagen über Pensionen erhalten haben. Sie haben auch festgestellt, dass uns diese Unterlagen zugegangen sind. Ich muss Ihnen Folgendes sagen: Wir haben zwar das Gutachten des Beirates für Pensionsfragen erhalten, nicht aber die Daten über Mehrfach-Pensionen und über Pensionen, welche die Österreicher aus dem Ausland erhalten. Dazu haben wir im Prinzip überhaupt keine Unterlagen erhalten. – Das möchte ich nur ganz kurz bemerken. (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn übernimmt den Vorsitz.)

Ich meine, dass die Pensionisten heute noch gar nicht wissen, wie viel sie tatsächlich an Pension erhalten werden, denn über die Medien ist das eigentlich so herübergekommen, dass es eine Pensionserhöhung von 0,6 Prozent geben wird. Das hat zu einem großen Aufschrei geführt – Herr Kollege Feurstein, wir wissen das –, weil nach den Lohnverhandlungen die geringsten Ist-Lohnerhöhungen – jene im Handel – 1,75 Prozent betragen haben. Das war doch ein


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beträchtlicher Unterschied! Man hat dann gesagt, es werde auch zur Erhöhung um einen Sockelbetrag kommen. Das befürworte ich natürlich, denn es ist immer unsere Meinung gewesen, dass die niedrigen Pensionen mit Sockelbeträgen aufzufetten sind.

Jetzt aber ist es so herübergekommen, dass jeder Pensionist zusätzlich 200 S bekommen wird. So ist das aber nicht. Tatsächlich ist es so – und das haben Sie, Frau Bundesminister, jetzt ausführlich erklärt –, dass die Pensionen in Höhe von bis zu 7 000 S um 1,5 Prozent – de facto mit dem Sockelbetrag und den 0,6 Prozent berechnet – erhöht werden. Bei Pensionen zwischen 7 000 S und 8 000 S kommt es linear zu Erhöhungen um 1,5 Prozent bis 2,5 Prozent, bei Pensionen von über 8 000 S bis 9 750 S zu Erhöhungen um 200 S und bei Pensionen von über 9 750 S bis 10 400 S, wiederum linear abgestuft, zu Erhöhungen von 200 S bis 135 S. Pensionen, die darüber liegen, werden praktisch um 0,6 Prozent oder 135 S erhöht. Das bedeutet, dass alle Pensionen unter 22 500 S um etwas mehr als 0,6 Prozent angehoben werden.

Wie ich schon erwähnt habe, finde ich die Erhöhung des Sockelbetrages ganz in Ordnung. Es ist ein Schritt in die richtige Richtung, das war immer eine freiheitliche Forderung. Nur ist sie unserer Meinung nach etwas zu gering ausgefallen, Frau Bundesminister und sehr geehrte Damen und Herren! Kollege Haupt hat das schon erläutert: Es ist im Prinzip ein Tropfen auf dem heißen Stein. Es reicht einfach nicht aus, dies schon angesichts der Preissteigerungen bei Heizöl, Diesel oder Benzin, was die Pensionisten so wie alle anderen brauchen. Die Inflation wird nicht richtig abgedeckt. Unverständlich ist mir zum Beispiel, dass jetzt geringere Einkommen schlechter valorisiert werden, wie ich es gerade erläutert habe anhand der Pensionen unter 7 000 S und jener, die darüber liegen.

Frau Bundesminister! Sie haben sich schon im Sozialausschuss darüber erfreut gezeigt, dass 75 Prozent der Pensionisten jetzt eine Pensionserhöhung von einem Prozent erhalten. Ich kann Ihre Freude nicht teilen, denn es wurde, wie ich soeben erwähnt habe, meiner Meinung nach jedenfalls auf kleinere und mittlere Pensionen nicht in jenem Maß Rücksicht genommen, wie ich es mir gewünscht hätte. Man muss dabei auch Folgendes berücksichtigen: Wenn eine Steuerreform greift, dann greift diese keinesfalls bei den niedrigen Einkommen und Renten. Einen Vorteil hat dann ein Mensch mit einer kleinen Rente überhaupt nicht, auch das fällt dort noch weg. Die Situation ist alles andere als erfreulich.

Der Anpassungsfaktor von 0,6 Prozent hat selbstverständlich nicht nur Auswirkungen auf die Pensionen, sondern auch auf das Karenzgeld – das hat Kollege Öllinger schon erwähnt –, auf das Arbeitslosengeld und auf die Notstandshilfe. Das bedeutet, dass das Karenzgeld, das wegen der beiden Sparpakete seit dem Jahre 1996 auf 5 565 S eingefroren ist, lediglich um mickrige 33 S pro Monat angehoben wird – das ist mir etwas zu wenig, sehr geehrte Damen und Herren –, weil es an die Pensionserhöhung gekoppelt ist. Ich hätte mir gewünscht, dass das Karenzgeld deutlich angehoben wird. Der Herr Familienminister hat das auch angekündigt. – Allein mir fehlt der Glaube! Ich selbst würde natürlich eine Lösung mit einem Kinderscheck bevorzugen, sodass alle österreichischen Mütter diesen Kinderscheck als Ersatz für das Karenzgeld erhalten würden. Das wäre mir wesentlich lieber! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Was ich auch nicht verstehe, ist, dass die SPÖ und die ÖVP im Ausschuss gemeint haben, sie sehen die Möglichkeit einer Erhöhung des Karenzgeldes nur im Zusammenhang mit dem Budget 2000. Ich sehe das nicht so, denn der Familienlastenausgleichsfonds weist einen Überschuss aus, und das Karenzgeld wird zum größten Teil von dort gespeist. Dort wäre das Geld vorhanden, und wir könnten ohne weiteres eine Erhöhung beschließen.

Noch kurz ein paar Worte zum Pflegegeld: Für das Pflegegeld, das Hilfsbedürftige nach dem Grad der Behinderung erhalten, zeichnet sich vorerst nicht einmal eine derart geringfügige Erhöhung ab. Wenn man diesbezüglich etwas ändert, wäre es selbstverständlich notwendig, dafür eine eigene gesetzliche Regelung zu treffen. Eine solche ist bisher aber weit und breit nicht in Sicht. Ich glaube, auch in dieser Hinsicht müssten wir in Zukunft handeln.

Herr Dr. Feurstein, vielleicht äußern Sie sich noch zur Frage des Pflegegeldes! Denn es gibt immer Verbesserungen, auf die man mit der Zeit kommt, etwa dass es notwendig ist, auch bei


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den Pflegebedürftigen und vielleicht bei den Unter-Dreijährigen noch etwas zu tun. Wir kennen verschiedene Fälle, bei denen es notwendig wäre, eine Novellierung durchzuführen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

12.07

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Dr. Pittermann. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte.

12.07

Abgeordnete Dr. Elisabeth Pittermann (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Ich möchte kurz darauf eingehen, dass man beklagt hat, die Zahlen würden nicht allen gleich zur Verfügung stehen. Dieses Zahlenmaterial ist dem Statistischen Handbuch des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger zu entnehmen. Wenn sich schon die Abgeordneten selbst nicht darum kümmern können, so stehen doch allen Klubs exzellente Mitarbeiter zur Verfügung, die jederzeit in der Lage sind, ihre Klubs und ihre Abgeordneten mit diesem Zahlenmaterial zu versorgen. Wenn Sie diese Bitten an die eigenen Klubmitarbeiter weitergeben, dann werden Sie in Zukunft über all diese Zahlen verfügen können. Denn es mag schon sein, dass es für uns einigermaßen lästig ist, uns durch die Zahlen zu wühlen. Aber wir bekommen das sicherlich "mundgerecht" zubereitet.

Im Übrigen möchte ich nur sagen, dass wir sehr glücklich darüber sind, in einem Land und in einer Zeit zu leben, in der ältere Menschen eine gesicherte Existenz haben. Früheren Sozialberichten ist zu entnehmen, dass Pensionisten zu einem Großteil nicht zur armutsgefährdeten Menschengruppe gehören. Die Wirtschaft weiß um die Kaufkraft der Pensionisten Bescheid, sie richtet Werbung und Angebot auf diese gute Kundschaft aus.

Ich bin stolz darauf, dass wir in der Zweiten Republik unter Federführung der Sozialdemokraten ein Sozialsystem geschaffen haben, das Menschen, die nicht mehr im Erwerbsleben stehen, von Almosen, ihren Angehörigen oder karitativen Organisationen großteils unabhängig macht und sie statt dessen selbstbestimmt an den gesellschaftlichen Angeboten partizipieren lässt.

Ein Generationenvertrag mit Umlageverfahren sichert die Wertbeständigkeit der Pensionen am besten. Private Pensionskassen mit Kapitaldeckungsverfahren können diese Sicherheit niemals geben.

Zutiefst verunsichert über die Pensionsversicherung, die wir in der Wiener Ärztekammer haben – lieber Erwin (in Richtung des Abg. Dr. Rasinger), auch wenn du liest! –, die von meiner Generation derzeit die für die meisten von uns unerreichbare Ansparsumme von 3 367 200 S benötigt und eine Arbeitsleistung unabhängig vom Geschlecht, also für Männer und Frauen, bis zum 65. Lebensjahr verlangt – erst dann hat man eine monatliche Pension in der Höhe von 12 200 S erreicht –, schätze ich umso mehr unser Sozialversicherungssystem, das weder eine derart lange Arbeitsdauer noch derart hohe Einzahlungen, die diese Ansparsumme möglich machen, voraussetzt.

Seit dem Jahre 1985 verschlechtern sich jedes Jahr die Bedingungen für die jungen Ärzte in diesem Pensionssystem massiv. Wer wie ich auch tagtäglich die Brutalität mancher Privatversicherungen im Umgang mit dem Privatversicherten erlebt, kann kein Vertrauen in diese Institutionen haben, die nur danach trachten, ihre eigenen Gewinne kundenunfreundlich zu maximieren, die Intimsphäre ihrer Klienten brutal missachten sowie immer wieder einen Bruch der Schweigepflicht der Ärzte zu erzwingen versuchen. Wer wie ich diese unerfreulichen Tatsachen so hautnah erlebt, so häufig damit konfrontiert ist, schätzt unser gutes, soziales und gesichertes Pensionssystem umso mehr.

Obwohl der Beirat für Renten- und Pensionsanpassung einen Anpassungsfaktor von 1,004 vorschlug, hat man sich in Gesprächen mit Pensionistenvertretern auf die Anpassung von 1,006 geeinigt. Bei niedrigeren Pensionen wurden Sockelbeträge eingeführt, um den Ärmeren mehr zu geben, was ich für sozial ausgewogen halte.


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Natürlich gibt es Stimmen, die meinen, bei einer Versicherungsleistung sollten die Abstände gleich bleiben, weil jene mit höherer Pensionsleistung länger und höhere Beiträge einbezahlt haben – der Gesetzgeber muss jedoch die Schwächsten stärker unterstützen. Mit dieser kompliziert zu berechnenden Regelung ist das gelungen.

Mein Wermutstropfen ist die massive Belastung der Kollegen in der Sozialversicherung, die für die Berechnung und Auszahlung der Pensionen zuständig sind. Ihnen gilt mein Dank, denn gerade jetzt, da die private Hektik der Feiertage auf uns alle übergreift, müssen sie in vielen Überstunden die Durchführung des heutigen Beschlusses ermöglichen. Dank der ewigen Forderung nach einer Abschlankung der Verwaltung der Sozialversicherung sind die Personalreserven äußerst gering, wie man bei einem Vergleich der Verwaltungskosten zwischen Sozialversicherung und Privatversicherungen sieht.

Um die Pensionen für alle auch in Zukunft wertgesichert zu erhalten, benötigen wir Vollbeschäftigung mit adäquat bezahlten Arbeitnehmern. Der Schrei nach Senkung der Lohnnebenkosten ohne Wertschöpfungsabgabe oder andere Einnahmen zur sozialen Absicherung ist – beabsichtigt man nicht nur, Gewinne der Konzerne und Unternehmer zu maximieren und das Sozialgefüge zu zerstören – verantwortungslos, vor allem wenn man Wünsche mit steigenden Ausgaben, wie zum Beispiel stärkere Anhebung der Pensionen, Karenzgeld für alle, durch Steuersenkung geminderte Einnahmen und geringere Sozialversicherungsbeiträge, hat. Wie viele mathematische Kenntnisse, wie viel politische und wirtschaftliche Kompetenz haben jene, die all das fordern?

An die Sozialkompetenz der Politik werden neue Herausforderungen herangetragen, denen wir uns stellen müssen.

Wenn wir die weltweite Umfrage, die in den letzten Tagen vorgestellt wurde – was für Menschen von höchster Priorität ist –, beachten und erfahren, dass die dringendsten Wünsche der Befragten in Richtung Gesundheit, Familie, Arbeit und Frieden gehen, dann wissen wir, in welchen Bereichen wir gefordert sind. In der Wertigkeit der Themen gehen wir leider oft an den Wünschen der Menschen vorbei. Den Menschen sind Ausgaben für Gesundheit wichtiger als für das Militär, wo Ausgaben überwiegend der Rüstungsindustrie dienen, die kein Interesse am Frieden hat. Wenn allen Politikern das Wohl der Gesamtheit der Bevölkerung wichtiger ist als die Gewinne einiger weniger, wenn man solidarisch mit den Älteren ist, sie nicht früh aus dem Arbeitsprozess drängt und fair zu den Jungen ist, ihnen die gleichen Chancen und Möglichkeiten gibt, die wir hatten, wenn wir uns mit den Schwachen identifizieren und solidarisieren und nicht ausschließlich mit den Erfolgreichen, dann wird der Generationenvertrag weiter bestehen und unser Sozialsystem auch in Zukunft zu den weltweit besten zählen.

Dazu ist es unumgänglich, möglichst rasch – dem Wunsch der Bevölkerung entsprechend – eine handlungsfähige Regierung zu bilden, eine Regierung mit dem größten gemeinsamen Nenner, und nicht, dass Bedingungen gestellt und Unterwerfung erwartet werden. Poker soll ein verbotenes Glücksspiel bleiben, mit Politik und politischem Verantwortungsbewusstsein hat es nichts zu tun.

Die Wichtigkeit der raschen Regierungsbildung sahen wir auch jetzt in der Diskussion über das Karenzgeld. Änderungen in diesem Bereich können nur beschlossen werden, wenn auch ein neues Budget beschlossen wird – alles andere wäre nicht verantwortungsvoll. Auch ich wünsche mir selbstverständlich ein höheres Karenzgeld für Frauen.

Wir Sozialdemokraten haben von der Gründung unserer Bewegung an die Prinzipien der Demokratie vertreten und sie unter Einsatz von Freiheit und Leben verteidigt. Viele von uns haben besonders in den schrecklichen elf Jahren bis 1945 in ihrem Kampf für die parlamentarische Demokratie ihr Leben und noch mehr politische Opfer ihre materielle Existenz und Freiheit verloren.

Wir sind bereit, im kommenden Jahrhundert und Jahrtausend dem Wählerauftrag entsprechend Regierungsverantwortung zu übernehmen und unser Sozialsystem weiter zu verbessern.


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Persönlich möchte ich Ihnen allen zum neuen Jahr alles Gute, Gesundheit und uns allen die Möglichkeit zur Lösung der auf uns zukommenden Herausforderungen und Probleme wünschen. In diesem Sinne: Alles Gute! (Beifall bei der SPÖ.)

12.16

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Gaugg. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

12.16

Abgeordneter Reinhart Gaugg (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Geschätzte Damen und Herren! Vor wenigen Minuten haben wir von den großen Budgetnöten des Herrn Finanzministers Edlinger, in denen er sich befindet, gehört. Ich würde ihm eines empfehlen: Müsste er so leben wie die Pensionisten in unserem Lande, dann hätten wir keine Budgetnöte und könnten endlich einmal den Pensionisten menschengerechte Erhöhungen zukommen lassen.

Sie haben uns vor wenigen Monaten erklärt, dass Ihnen mit der Pensionsreform ein großer Wurf gelungen sei. Vor wenigen Monaten wurde beteuert, die Pensionen seien für die nächsten Jahre gesichert, und alle Regierungsabgeordneten haben dies mit Begeisterung aufgenommen. Gerade Sie, Herr Kollege Feurstein, müssten aber doch erkennen (Abg. Dr. Feurstein: Ein großer Wurf!), dass Sie nicht einmal in der Lage sind, den Pensionisten menschengerechte Erhöhungen, die die Inflationsrate abgelten, zukommen zu lassen. Kaum waren diese 0,6 Prozent ausverhandelt, ist alleine der Heizölpreis um 30 Prozent gestiegen. Das ist Ihre Form der Politik. Das ist verlogen, das ist unehrlich.

Daher hat auch mein Kollege Haupt einen diesbezüglichen Antrag heute eingebracht: Sollte es zu eklatanten Verteuerungen kommen – das ist auf Grund dieser Budgetpolitik, die von Ihnen und Ihrem sozialistischen Partner gemacht wird, zu befürchten –, dann verlangen wir, dass nachverhandelt beziehungsweise nachjustiert wird. Die Unanständigkeit wird auch anhand der Tatsache deutlich, dass Sie zunächst die Erhöhung um 3,3 Prozent für politische Mandatare durch den Rechnungshofpräsidenten und sein Team haben begrüßen lassen, aber dann unter dem Druck der Öffentlichkeit doch die Ungerechtigkeit eingesehen haben. Und jetzt erzählen Sie der breiten Bevölkerung, dass diese Maßnahme gut und sehr erfolgreich sei.

Liebe Frau Frauenministerin Prammer! Ich muss Ihnen sagen, ich verstehe Sie nicht. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Sie wollen etwas als gut verkaufen, etwas als Erfolg verkaufen, was überhaupt erst nach wilden Protesten der Pensionisten zustande gekommen ist. Sie wollten ursprünglich überhaupt nur 0,4 Prozent aus dem Budgetsäckel zahlen, weil Sie zu nicht mehr in der Lage sind, weil Sie nicht mehr finanzieren können. Ich verstehe auch nicht, dass nun jene sozialdemokratischen Abgeordneten verstummt sind, die immer wieder betont haben, aus dem öffentlichen Budget wäre ein Drittel der Budgetmittel für Pensionen zu lukrieren. Wo sind denn diese Stimmen? – Jetzt sind wir bei 23 Prozent, und es muss weiter gesenkt werden, weil Sie nicht in der Lage sind, an der richtigen Stelle zu sparen.

Sie sind nicht mehr in der Lage, die bestehenden Erhöhungen ordentlich auszugleichen. Sie haben in keinster Weise die steigende Lebenserwartung berücksichtigt, die von Kollegen Bruckmann schon angesprochen wurde. Sie haben die Anspruchssteigerungen nicht berücksichtigt. Ein überwiegender Teil der Pensionisten – nämlich 75 Prozent – bekommt jetzt weniger als 7 000 S. Daher frage ich mich, was mit der nächsten Generation passiert, die monetär wesentlich höhere Ansprüche hat, bei denen auch schon die 0,6 Prozent einen höheren Betrag ausmachen. Sie haben aber auch nicht die Anzahl der Pensionisten, die rapide steigt, berücksichtigt. Alle Fachleute sagen Ihnen, dass Sie mit Ihrem System der Vergangenheit nicht in der Lage sein werden, in der Zukunft die Pensionen zu sichern. Seien Sie doch einmal so ehrlich und sagen Sie das! Lassen Sie Kreativität und neue Wege zu, und verschließen Sie sich nicht Anträgen und Vorschlägen der oppositionellen Parteien betreffend das Drei-Säulen-Modell! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie haben jahrelang gebraucht – Sie sind in Ihren Systemen so verfestigt –, um zumindest einmal einen Ansatz über den Sockelbetrag zu finden. Auch das wurde jahrelang von Ihnen


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abgelehnt und von uns jahrelang gefordert. Heuer wurde es erstmals in Ansätzen umgesetzt. Warum dauert das immer so lange?

Die Wahlergebnisse vom 3. Oktober haben dem alten System eine deutliche Abfuhr erteilt. Sie aber halten noch immer daran fest, obwohl Sie jedes Mal hier heraußen sagen: Wir sind leider nicht mehr in der Lage dazu. Seid bitte mit dem, was wir euch geben können, zufrieden!

Ich sage Ihnen: Wenn Sie eine ordentliche, vernünftige Budgetpolitik machen würden, dann wäre es auch für jeden, der in Österreich ein Einkommen bezieht, möglich, eine Eigenvorsorge abzuschließen. Aber bei Ihrer Form der Budgetpolitik, bei Ihrer Form der hohen Belastung, bei dieser Abgabenquote, die bei knapp 50 Prozent liegt, ist kein Arbeiter, kein Angestellter und auch kein Selbständiger, die sich mühsam ihr Geld verdienen müssen, monetär in der Lage, selbst für sich vorzusorgen.

Daher ist es notwendig, endlich einmal umzudenken – das erwarte ich mir auch von Ihnen –, weil sonst alles, was Sie tun, letztlich darin mündet, dass Sie sich noch einmal für eine Periode zusammenklammern. Aber Sie wissen ganz genau, dass Sie mit dieser Form der Politik gescheitert sind – aber eine neue können Sie nicht zulassen, weil es nicht Ihre Idee ist. Das ist verantwortungslos gegenüber den Menschen, die jahrzehntelang in dieser Republik gute Arbeit geleistet haben. Dass stundenlang über 0,6 Prozent gerungen wird, ist eine Schande für die Republik im ausgehenden 20. Jahrhundert. Sie aber tragen die Verantwortung dafür. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

12.21

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Donabauer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

12.21

Abgeordneter Karl Donabauer (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Wir tragen gerne Verantwortung, denn wir haben eine gute Politik gemacht, und das kann ich Ihnen jetzt beweisen. (Abg. Gaugg: Warum sind Sie dann abgewählt worden? – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Wenn wir heute in der Aktuellen Stunde über das Budget gesprochen haben, dann haben wir deshalb darüber diskutiert, weil wir die Sache ernst nehmen und uns um jene Bereiche, bei denen es um diesen Staat und um das Leben der Menschen geht, kümmern und die damit zusammenhängenden Fragen sehr ernst nehmen. (Beifall bei der ÖVP.)

Bei der Budgetdiskussion am Vormittag haben Sie auch gemerkt, dass auf die wachsenden Bereiche Bezug genommen worden ist, und zwar zum Beispiel auf die Bereiche Soziales und Pensionen. Der Bereich Pension war immer ein sehr emotionales Thema, das ist gar keine Frage. Die Sorge, wie es nach dem Berufsleben weiter geht, war immer eine der Grundsorgen der Menschen.

Wenn Sie den Bericht des Bundesministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales lesen, dann werden Sie bemerken, dass darin sehr deutlich steht, dass die Menschen interessanterweise – das ist der Erfolg der Politik in diesem Land – nicht mehr nach dem Berufsleben Einkommenssorgen haben, sondern dass es vor allem die jungen Familien sind, die darunter leiden. Das heißt, da müssen wir nachbessern, und das wird auch gemacht werden. Dafür steht jedenfalls meine Partei, und dafür werden wir uns auch sehr stark machen. (Beifall bei der ÖVP.)

Trotz der hohen Qualität unseres Pensionsleistungssystems gibt es noch immer eine Reihe offener Fragen. Die jungen Menschen fragen: Wie glaubwürdig ist das System? Wird es auch in Zukunft für uns eine Pension geben? Wird der Generationenvertrag halten? Wie zumutbar sind Mehrbelastungen für die Erwerbstätigen? – All das, so glaube ich, sind Fragen, die wir Lösungen zuführen müssen, die ein vertretbares Verhältnis zwischen der einen und der anderen Seite ermöglichen.


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Sie sollten sich auch einmal mit der tatsächlichen Entwicklung auseinander setzen, nämlich dass wir zur Kenntnis nehmen müssen, dass seit dem Jahr 1970 die Dauer des Erwerbslebens von 44,4 auf 37,2 Jahre zurückgegangen ist. Sie sollten sich auch mit der Tatsache auseinander setzen, dass die Lebenserwartung Gott sei Dank seit dem Jahr 1970 alle zehn Jahre um drei Jahre steigt. Das hat seine Auswirkungen, natürlich auch im Pensionsrecht. Deshalb haben wir, diese Regierung, die Sie immer kritisieren, die Pensionsreform diskutiert und auch beschlossen. Dabei haben wir auf all diese Entwicklungen Bezug genommen. Wir haben die Harmonisierung der Systeme zum Inhalt gemacht und natürlich auch auf die nachhaltige Finanzierbarkeit Bezug genommen.

Vielleicht interessiert Sie die Entwicklung der Pensionen in den letzten Jahren, daher einige Zahlen dazu: Im Jahr 1995 hatten wir aus den gesetzlichen Sozialversicherungen für 1,8 Millionen Bürgerinnen und Bürger einen Pensionsaufwand in der Höhe von 230 Milliarden, im Jahr 1997 gab es bereits 250 Milliarden für 1,9 Millionen Bürger, und im Jahr 1999 galt es für 1 950 000 Bürger – Sie sehen, wie stark diese Zahl steigt – 270 Milliarden Schilling zu bedecken.

Diese Pensionsanpassung 2000 – das müssen Sie doch einmal ganz klar sehen – ist für mich deshalb eine intelligente Lösung, weil sie ein systembezogenes Element und ein soziales Element, nämlich die Sockelanpassung, hat.

Lieber Herr Kollege Gaugg! Wenn Sie hier vom Rednerpult aus sagen, dass die Sockelanpassung Ihre Erfindung sei, dann darf ich Ihnen sagen – Sie waren damals noch gar nicht im Parlament –: Die Sockelanpassung war die Arbeit und das Werk von Vizekanzler Riegler gemeinsam mit Sozialminister Hesoun und unserem damaligen und heutigen Sozialsprecher Feurstein. Das waren die Ideenbringer für die Sockelanpassung und nicht Sie! (Beifall bei der ÖVP.)

Weiters darf ich Ihnen sagen, dass dieses Modell heuer äußerst intelligent und ausgewogen ist: Wir haben einen Sockel in der Höhe von 2,46 Prozent, wobei bei den bäuerlichen Pensionisten – das sollten Sie auch einmal sehen, das darf ich schon aufzeigen, Frau Ministerin, denn das halte ich für ungerecht –, bei denen ein fiktives Ausgedinge anzurechnen ist, nur eine Anpassung in der Höhe von 1,9 Prozent drinnen ist, weil sich ein Gegenrechnungsmechanismus darstellt. Über diese Frage müssen wir demnächst verhandeln. Weiters haben wir einen sehr dynamischen Zwischenbereich, der um 1,5 Prozent angepasst wird.

Wenn sich Frau Kollegin Pittermann bei den Sozialversicherungsbediensteten bedankt, weil sie nun einem erhöhten Stress ausgesetzt sind, weil sehr schwierige Elemente zu administrieren sind, dann, muss ich sagen, hat sie Recht, aber wir gehen von der Annahme aus, dass uns die moderne Technik dabei sehr viel hilft, und ich hoffe, dass wir die Dinge halbwegs hinbringen werden.

Bei den Pensionen in der Höhe von über 10 400 S haben wir 0,6 Prozent Erhöhung, jedenfalls aber einen Sockelbetrag in der Höhe von 135 S erreicht. Das ist doch nichts Schlechtes. Ich bitte Sie, sehen Sie es doch einmal so, wie es ist!

Sie fordern heute: Wir wollen eine Anpassung um 1 Prozent. Dazu sage ich Ihnen: Der Pensionsaufwand beläuft sich auf 270 Milliarden, davon ist 1 Prozent 2,7 Milliarden. Wir passen aber tatsächlich um 3,21 Milliarden an, das heißt, wir geben um 500 Millionen mehr! Wir passen also sogar höher an, aber sozial ausgewogen! Das ist eine intelligente Lösung, eine gute Lösung, und deshalb können wir sie auch bejahen, das ist gar keine Frage. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dolinschek: Wieso sind die Bauernpensionen so niedrig?)

Die Pensionsanpassung der Zukunft wird sich am demographischen Faktor, an der Geldwertentwicklung, an der Beschäftigungslage und auch an der allgemeinen Einkommensentwicklung orientieren müssen. Da nützt es nichts, wenn wir jetzt über die Politikergehälter lamentieren, Herr Kollege Gaugg. Wir müssen uns an den tatsächlichen Fakten orientieren, alles andere macht keinen Sinn.


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4. Sitzung / Seite 54

Ziel müssen eine weitere vertretbare Anpassung und eine Einkommensaufbesserung sein, die die Ausgewogenheit und die Finanzierbarkeit zum Inhalt haben, denn es ist wichtig, dass wir den Generationenvertrag sichern und nicht den nächsten gesellschaftspolitischen Konflikt provozieren.

Das sind die Herausforderungen, denen wir uns bis heute gestellt haben und denen wir uns auch, wenn es erwartet wird und notwendig ist, in Zukunft gerne stellen werden. (Beifall bei der ÖVP.)

12.28

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als letzter Redner dazu zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Dobnigg. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

12.28

Abgeordneter Karl Dobnigg (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesministerin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Verhandlungen über Pensionserhöhungen stellen immer ein sehr sensibles Thema dar, das hat sich in der Vergangenheit immer wieder gezeigt. Zum einen gilt es dem Wunsch der Pensionisten nach einer entsprechenden Erhöhung ihrer Pensionen nachzukommen – ist es doch gerade jene Generation, die Österreich nach den Weltkriegen buchstäblich aus den Trümmern wieder aufgebaut hat –, zum anderen muss natürlich auch das Augenmerk auf die Finanzierbarkeit der Erhöhung in Bezug auf das Budget, ebenso aber auch auf die zukünftige Finanzierbarkeit des ganzen Pensionssystems gerichtet werden. Und da tragen wir gegenüber der heutigen Jugend ebenfalls eine große Verantwortung.

Dass die diesjährigen Verhandlungen auf Grund der derzeitigen innenpolitischen Situation nicht gerade leicht waren, muss nicht extra betont werden. In Anbetracht dieser Umstände stellt die Pensionserhöhung 2000 doch eine solidarische und sozial gerechte Aufteilung der im Budget vorhandenen und begrenzten Mittel dar. Gerade als Mitglied der sozialdemokratischen Fraktion ist mir der soziale Aspekt bei den Verhandlungen am wichtigsten gewesen.

Drei Viertel der rund 2,2 Millionen Pensionisten werden im nächsten Jahr eine Erhöhung ihrer Pension zwischen 2,5 und 0,8 Prozent erhalten. In diesem Zusammenhang möchte ich in Erinnerung rufen, dass der Index für die Pensionen laut Berechnung 0,5 Prozent beträgt und damit schon die Erhöhung von 0,6 Prozent, die das Minimum darstellt, über dem Index liegt. Pensionisten, deren Pension zwischen 8 000 und 9 500 S liegt, erhalten also monatlich um 200 S mehr. – Insgesamt gibt es ein Plus von 3,65 Milliarden Schilling für die österreichischen Pensionisten.

Ebenso wurden die Ausgleichszulagenrichtsätze deutlich angehoben, nämlich um 2,46 Prozent – ein im Hinblick auf den Aspekt der sozialen Gerechtigkeit wichtiger Punkt im Rahmen der Pensionserhöhung 2000.

Da von der Steuerreform 2000 vor allem die Bezieher höherer Pensionen profitieren werden, war es für uns Sozialdemokraten eine Verpflichtung, dieses Ungleichgewicht zu Gunsten der niedrigen Pensionen im Zuge der Pensionsverhandlungen für das Jahr 2000 sozial gerecht auszugleichen. (Beifall bei der SPÖ.)

Dies ist meiner Meinung nach gelungen, da rund 1,45 Milliarden Schilling zusätzlich für sozial Schwächere zur Verfügung stehen. Auch die heimische Wirtschaft wird profitieren, ergibt sich doch aus Steuerreform und Pensionsanpassung im kommenden Jahr eine Steigerung der Kaufkraft auf Seiten der Pensionisten um rund 8,2 Milliarden Schilling. Das ist eine soziale und gerechte Politik – im Gegensatz zur populistischen Politik der Freiheitlichen, welche nur durch Lizitation nach oben und unten aufgefallen ist.

Zur Aufklärung und vielleicht Erweiterung, Herr Kollege Gaugg: Der Bundesbeitrag bei den Bauern beträgt jetzt schon 79 Prozent und jener bei den Gewerbetreibenden schon über 60 Prozent. (Zwischenruf des Abg. Gaugg. ) Es forderte auch Herr Abgeordneter Haupt vorerst eine Erhöhung von 800 bis 1000 S für jede Pensionistin und jeden Pensionisten. Das sind geschätzte Kosten in der Höhe von 23,2 bis 29 Milliarden Schilling.


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4. Sitzung / Seite 55

Herr Kollege Haupt! Ihre Vorstellungen sind unfinanzierbar. Auf der einen Seite verlangen Sie von uns Unfinanzierbares, und auf der anderen Seite verlangen Sie von uns, dass mehr gespart wird. Zur Finanzierung dieser gewaltigen Kosten forderte Kollege Haupt anfangs die Nicht-Verlängerung der zeitlich befristeten Dienstverträge aller Bediensteten in den Ministerien und Bundesländern. Wissen Sie, was das bedeutet hätte? – 4 000 Lektorenstellen an den Unis hätten gestrichen werden müssen, wodurch der Uni-Betrieb zusammengebrochen wäre. Die Posten von 1 500 bis 2 000 Müttern im Bundesdienst hätten während deren Karenzzeit nicht besetzt und weiters auch keine jungen Lehrer mit vorläufigen Verträgen mehr beschäftigt werden können. Das ist verantwortungslose Politik zu Lasten der Menschen in unserem Land! (Beifall bei der SPÖ.)

Zwar gingen die Forderungen der Freiheitlichen im Laufe der Verhandlungen zurück, dennoch muss gesagt werden, dass sie, in welcher konkreten Höhe auch immer, schlichtweg unfinanzierbar sind.

Abschließend sei mir, geschätzte Damen und Herren, noch ein sehr persönlicher Nachsatz gestattet. Wenn jemand so wie ich mehr als 20 Jahre lang ehrenamtlich als Funktionär im Pensionistenverband seines Ortes tätig ist, freut er sich umso mehr über die erzielte sozial gerechte Einigung. Denn die tagtägliche Konfrontation mit den Sorgen und Anliegen der Pensionistinnen und Pensionisten lässt mich deren Situation doch ein bisschen besser verstehen, als dies jene Kolleginnen und Kollegen tun, denen es nicht zu schade ist, selbst ein wichtiges Thema wie jenes der Pensionserhöhung zu Propagandazwecken zu missbrauchen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Scheibner: Sie haben doch die Pensionisten verunsichert vor der Wahl! Wer hat denn gesagt, die Pensionen werden gekürzt? – Das waren doch Sie!)

12.34

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 4 und Zu 4 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung Ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist ebenfalls mehrheitlich angenommen. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Haupt und Genossen betreffend neuerliche Renten- und Pensionsanpassung bei Unterschreiten der Verbraucherpreiserhöhung nach dem Pensionistenindex.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Entschließungsantrag ist abgelehnt.

2. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 41/A der Abgeordneten Annemarie Reitsamer, Dr. Gottfried Feurstein und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert werden (Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 1999 – SVÄG 1999) (9 der Beilagen)


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4. Sitzung / Seite 56

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn:
Wir kommen damit zum 2. Punkt der Tagesordnung. Auf die mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Haller. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

12.35

Abgeordnete Edith Haller (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Als ich am vergangenen Montagabend, dem 13., nach einer Veranstaltung nach Hause kam, konnte ich im Fernsehen gerade noch einen Großteil der Stellungnahme von Vizekanzler Schüssel hören, die er in Bezug auf die Änderung des Kurses der ÖVP, ob in Opposition oder Regierung gegangen werden soll, abgegeben hat. Ich muss sagen, diese Positionierung war für mich sagenhaft. (Abg. Dr. Fekter: Ein guter Mann, Frau Haller!) Es ist einfach sagenhaft, welchen Stellenwert der Herr Vizekanzler der ÖVP in diesen Sondierungsgesprächen zumisst und was er in Zukunft in Österreich alles zu verändern gedenkt. – Die Botschaft höre ich wohl; ob sie der Wähler hört, werden wir sehen.

Nicht geändert hat sich aber bisher die Haltung der ÖVP hier im Parlament zu bestimmten Dingen, und zwar wird gerade jetzt zum Beispiel wieder einmal das ASVG in einer Plenarsitzung zum zweiten Mal geändert. Zweimal in einer Plenarsitzung! Das ist ein Unding, das man, so glaube ich, in Zukunft wirklich vermeiden sollte. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Bei diesem Tagesordnungspunkt geht es um den Antrag 41/A, einen gemeinsamen Antrag der bisherigen Koalitionspartner, vielleicht auch der zukünftigen, mit dem ein Versäumnis, das bereits bei der Beschlussfassung der 57. ASVG-Novelle abzusehen war, einfach wieder um zwei Jahre weiter verschoben wird. Das ist ein Zustand, der unsererseits nicht zu akzeptieren ist!

Es geht um die Verlängerung der Frist zur flächendeckenden Einführung der Chipkarte. Bereits im vergangenen Jahr wusste man, dass man diese bis zum 1.1.2000 nicht flächendeckend wird einführen können. Man hat aber die Sachleistungszuständigkeit bei mehrfacher Krankenversicherung an die Einführung der Chipkarte gebunden. Ich frage mich, wie man diese großen Änderungen, die die ÖVP in Zukunft beabsichtigt, gerade in ihren Kernbereichen, bei den Bauern, bei den gewerblich Versicherten, angehen will, wenn man jetzt nicht einmal in Grundsätzen bereit ist, kleine Änderungen durchzuführen, sondern einfach wieder nur Versäumnisse um zwei Jahre weiterschiebt. Da können wir natürlich nicht mitmachen!

Wir verlangen zu diesem Tagesordnungspunkt eine getrennte Abstimmung, weil in einem Zusatzantrag sehr wohl eine zumindest kleine Verbesserung für Frauen, die einen Anspruch auf Anrechnung von Kindererziehungszeiten haben, kommt, und zwar die Wahlmöglichkeit für Frauen, die ab dem 1. Jänner 2000 in Pension gehen werden. Diese können die für sie günstigere Möglichkeit der Anrechnung der Kindererziehungszeiten in Anspruch nehmen. Dafür sind wir natürlich!

Es ist nur eine winzig kleine Verbesserung. Wir haben seit dem Jahre 1992 immer eine echte Pensionsbegründung der Kindererziehungszeiten zu erreichen versucht – wir haben es nicht nur versucht, wir haben es verlangt. Es ist bisher nicht geschehen. Anscheinend hat auch die ÖVP die gleichen Absichten für die zukünftige Regierungsarbeit. Da könnten wir einander dann treffen. Das wäre ganz schön. (Abg. Rosemarie Bauer: Seit 1970, Frau Kollegin!)

Aber auch in Bezug auf die Bemessungsgrundlage haben wir uns ein besseres Ergebnis vorgestellt. Vielleicht können wir auch diesbezüglich mit der ÖVP eine gemeinsame Basis für die Zukunft finden.

Was ich in der Diskussion der letzten Zeit ein bisschen vermisse, ist das Thema der eigenständigen Frauenpension insgesamt, wozu es im Rahmen des Frauen-Volksbegehrens inhaltlich sehr schwere Debatten gegeben hat. Heute hat die Frauenministerin gesagt, dass sie weiß, dass Alleinerzieherinnen nur eines wollen, nämlich nach den eineinhalb Jahren Karenz möglichst schnell wieder arbeiten gehen zu können. Ich habe aber hier einen Fall, in dem man


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genau das Gegenteil will, Frau Ministerin Prammer! Eine Alleinerzieherin geht zum Verfassungsgerichtshof, weil sie die Wahlmöglichkeit in der Kindererziehung gewahrt haben möchte. (Beifall bei den Freiheitlichen.) – Ich hoffe, sie hat damit Erfolg.

Ich glaube, man sollte bei dieser Debatte aber auch anschneiden, in welch prekärer Situation die Krankenversicherungsträger derzeit insgesamt sind. Nach drei relativ erfolgreichen Jahren, in denen man das Defizit einschränken konnte, in denen es sogar zu Milliardenüberschüssen gekommen ist, zeigen die ersten drei Vierteljahre des Jahres 1999, dass sich heuer ein Verlust in der Größenordnung von zirka 3 Milliarden ergeben wird. Es hätte mich schon sehr interessiert, was man im Bundesministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales erwägt, denn man muss doch schnell handeln, um diese Sache wieder in den Griff zu bekommen, und was man vor allem im Bereich der explodierenden Höhe der Arzneimittelausgaben zu tun gedenkt.

Ich glaube, wir alle wissen, dass sehr viel zu tun ist. Momentan geschieht nichts, es wird weiter verschoben. Da haben wir Freiheitlichen natürlich eine andere Position. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

12.42

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Reitsamer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. – Frau Abgeordnete, bitte.

12.42

Abgeordnete Annemarie Reitsamer (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Mit dem heute zu beschließenden Antrag sind zwei wesentliche Punkte verknüpft: zum einen die Korrektur in Sachen Kindererziehungszeiten – damit möchte ich mich nicht beschäftigen, weil Frau Kollegin Heinisch-Hosek das in ihrer Erstrede abhandeln wird –, und zum zweiten die Krankenversicherung für Gemeindevertreter.

Alle Erwerbseinkommen in die Sozialversicherung – das war ein Ziel von uns, und ich bekenne mich nach wie vor zu diesem Ziel im Sinne von mehr Gerechtigkeit und im Sinne unserer Solidargemeinschaft. Wenn man aber in Österreichs Gemeindestuben schaut, speziell in den vielen kleinen Gemeinden, dann weiß man auch über die Höhe der Sitzungsgelder Bescheid. Mit dieser heutigen Maßnahme wird die Einbeziehung der Gemeindemandatare in die Krankenversicherung nach dem Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz mit 1. Jänner 2000 wirtschaftlich abgefedert. Das heißt, sie sind mittels einer vertretbaren Lösung im System, die sogar der Gemeindebund für praktikabel hält.

Wir haben heute aber auch einen Initiativantrag eingebracht. Es wird auch einen Abänderungsantrag geben, den ich noch einbringen werde, der damit im Zusammenhang steht. Dieser Initiativantrag – auf diesen möchte ich zuerst eingehen – beschäftigt sich mit der Verlängerung der so genannten Aufleb-Stiftung, also der Stiftung für Beschäftigte in der Lebens- und Genussmittelbranche. Diese Einrichtung soll zwar insgesamt nicht verlängert werden – das Auslaufen ist für Ende 2003 vorgesehen –, aber der Eintritt soll ein Jahr länger, nämlich bis Ende 2000, möglich sein. Es wird damit gerechnet, dass noch zirka 1 000 Menschen in diese Stiftung eintreten werden.

Ich möchte in diesem Zusammenhang nicht unerwähnt lassen, dass diese Arbeitsstiftung Aufleb als Best Practice Project in der EU anerkannt wurde. Es wurden 6 000 ArbeitnehmerInnen aus 1 275 Betrieben betreut, und die Vermittlungsquote liegt bei 87 Prozent.

Ein weiterer Punkt ist, dass bei der Altersteilzeit und beim Solidaritätsprämienmodell zwar der Schutz der Bemessungsgrundlage in der Krankenversicherung und in der Pensionsversicherung gewährleistet ist – das heißt, die Betroffenen haben jene Bemessungsgrundlage, die sie vor ihrer selbst gewählten Arbeitszeitverkürzung hatten –, für den Bereich der Unfallversicherung ist das jedoch unterblieben und soll mit diesem Antrag heute repariert werden, um bei einem allfälligen Arbeitsunfall jede Schlechterstellung hintanzuhalten.

Ich darf hiemit folgenden Antrag einbringen:


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Abänderungsantrag

der Abgeordneten Annemarie Reitsamer, Dr. Feurstein und Genossen zum Gesetzesantrag im Bericht des Sozialausschusses 9 der Beilagen betreffend ein Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 1999

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

1. Art. 1 Z 1 lautet:

"1. § 44 Abs. 1 Z 10 lautet:

"10. bei Dienstnehmern, für die dem Dienstgeber ein Altersteilzeitgeld, eine Altersteilzeitbeihilfe oder eine Beihilfe zum Solidaritätsprämienmodell gewährt wird, – abweichend von Z 1 – die Beitragsgrundlage vor Herabsetzung der Normalarbeitszeit.""

2. Art. 1 Z 1 (alt) erhält die Bezeichnung "1a" und Art. 1 Z 1a (alt) erhält die Bezeichnung "1b".

3. Im Art. 1 wird nach der Z 2 folgende Z 2a eingefügt:

"2a. Im 575 Abs. 7 wird der Ausdruck "1. Jänner 2000" durch den Ausdruck "1. August 2000" ersetzt."

4. Im Art. 1 wird nach der Z 3 folgende Z 4 angefügt:

"4. Nach § 584 wird folgender § 585 samt Überschrift angefügt:

"Schlussbestimmung zu Art. 1 des Sozialversicherungs-Änderungsgesetzes 1999, BGBl. I Nr. xxxx

§ 585. § 44 Abs. 1 Z 10 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxxx/xxxx tritt mit 1. Jänner 2000 in Kraft und mit 31. Dezember 2001 außer Kraft.""

*****

Hier geht es neben der geschilderten Thematik der Altersteilzeit auch um das Auffangnetz für Lehrlinge. Probleme am Lehrstellenmarkt waren in den vergangenen Jahren großteils demographisch bedingt. Jetzt wird einmal zu evaluieren sein, was diese Maßnahmen gebracht haben. Daher wird mit diesem Abänderungsantrag die Bestimmung, dass für Lehrlinge im ersten Lehrjahr der Unfallversicherungsbeitrag entfällt, verlängert. Das wäre mit 31. Dezember 1999 ausgelaufen. Die Verlängerung greift jetzt bis 31. Juli 2000. (Beifall bei der SPÖ.)

12.48

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der soeben eingebrachte Abänderungsantrag der Abgeordneten Reitsamer, Feurstein und Genossen ist genügend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Öllinger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

12.48

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mich wundert schon, wie viel Initiative von Seiten der sozialdemokratischen und ÖVP-Abgeordneten zwischen einem Ausschuss und dem Plenum möglich und denkbar ist.

Frau Abgeordnete Reitsamer! Das möchte ich schon sagen. Es ist natürlich gut, wenn die Aufleb-Stiftung zumindest hinsichtlich der Eintrittsmöglichkeit verlängert wird. Auch über die


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4. Sitzung / Seite 59

anderen Vorschläge in Ihrem Initiativantrag beziehungsweise Abänderungsantrag, den Sie jetzt herunterlesen mussten, kann man diskutieren. Ich nehme einmal an, sie sind gut. Ich hätte aber gerne, dass schon etwas mehr Zeit dafür verwendet wird und zumindest der Sozialausschuss genützt wird, denn es kann doch nicht sein, dass Ihnen das in allerletzter Minute eingefallen ist.

Ich würde einmal meinen, das ist weniger die hoch löbliche Initiative von SPÖ- und ÖVP-Abgeordneten als vielmehr der Versuch von Seiten des Ministeriums, noch schnell etwas unterzubringen. Generell habe ich ein Problem damit – darauf wurde im Redebeitrag der Frau Abgeordneten Haller schon hingewiesen –, dass wir wieder einmal zwei verschiedene nicht nummerierte, nicht zusammenhängende ASVG-Novellierungen in einer Sitzung zu behandeln haben. Es gibt jetzt noch einen neuen Initiativantrag, wenn ich das richtig verstanden habe, der dazu kommen soll, und einen Abänderungsantrag.

Wir machen also – was das ASVG betrifft – munter so weiter wie bisher, obwohl wir uns in der Vergangenheit einig waren, dass es mit dem ASVG anders weitergehen muss. Den Gesetzestext sollte auch noch jemand anderer verstehen können als die hochlöblichen und hochwerten Beamten aus dem Sozialministerium, die quasi österreichweit schon die einzigen Experten bezüglich des ASVG sind. Ich bin ehrlich genug, um Ihnen das zu sagen: Die Novellierung, die heute hier zu diesem Tagesordnungspunkt zur Debatte steht, verstehe ich nicht auf Anhieb! Und diese Novellierung haben auch Sie – da sie eine Abänderung und eine teilweise Aussetzung betrifft –, genauso wie ich, schon nicht verstanden, als der Beschluss darüber gefasst wurde. Zumindest aber ist sie verstandesmäßig bei den vielen Gemeindevertretungen quer durch Österreich nicht angekommen, denn diese haben sie nicht so rezipiert, wie Sie das gerne gehabt hätten. Sie müssen sich mit einer Situation auseinander setzen auf Grund dieser ASVG-Novellierung, die nicht nur Kosten verursacht, sondern vielen auch nicht so einfach erklärlich ist, wie Sie das am Beispiel des Gemeindebundes schildern, dem es offensichtlich, zumal es eine weitgehend SPÖ- und ÖVP-dominierte Institution ist, doch irgendwie verstandesmäßig eingeleuchtet hat, dass dies eine gute Sache, zumindest eine administrierbare Sache sein soll.

Meine Damen und Herren! Ich habe hier wirklich ein prinzipielles Problem! Natürlich bin ich für die Einbeziehung aller Einkommen in die Sozialversicherung, aber gerade dieses Beispiel demonstriert einmal mehr, dass es in dieser Form eigentlich nicht gut weitergehen kann. Wir müssen Überlegungen dahin gehend anstellen, wie die Sozialversicherung, zumindest was die arbeitgeberseitigen Beiträge betrifft, auf eine völlig neue Bemessungsgrundlage gestellt werden kann. Wir müssen überlegen, wie wir von diesem personenzentrierten Versicherungseinhebungssystem wegkommen. Auch das zeigt das Beispiel mit den Gemeindevertretungen einmal mehr.

Abschließend: Natürlich stimmen auch wir nicht nur dem Verlangen auf getrennte Abstimmung zu – ich bin sehr froh darüber, dass das eingebracht wurde –, sondern auch der Option bei den Kindererziehungszeiten. Das ist das Einzige, das ich für positiv halte, dass diese Option aufgemacht wurde, auch wenn es nur zwei Jahrgänge betrifft; das soll so sein.

Außerdem möchte ich noch festhalten: Mit dieser Form, Sozialgesetze zu schreiben, zu erweitern, zu novellieren, sollte schön langsam ein für alle Mal Schluss gemacht werden; wir halten ja schon bei der – was weiß ich – 150. oder 160. nicht nummerierten Novellierung des ASVG. Ich denke zum Beispiel an die Schweiz – Sie wissen es –: Die Schweizer haben ein wesentlich länger dauerndes, allerdings in seinem Umfang beschränktes Sozialversicherungsrecht, das inzwischen elfmal novelliert wurde. Wir müssen nicht unbedingt an das Schweizer Ziel herankommen, aber: 11 Novellierungen in 50 Jahren gegenüber 150 Novellierungen, die es in Österreich gegeben hat – daran könnte sich der österreichische Gesetzgeber, und das sind schließlich wir hier, eigentlich messen! (Beifall bei den Grünen.)

12.54

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Dr. Feurstein. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte.

12.54

Abgeordneter Dr. Gottfried Feurstein (ÖVP): Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine Damen und Herren! Die Tatsache, dass wir heute beim 1. Tagesordnungspunkt eine ASVG-Novelle


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beschlossen haben und jetzt beim 2. Tagesordnungspunkt eine weitere ASVG-Novelle beschließen werden, haben wir schon im Ausschuss eingehend diskutiert. Ich habe auch erklärt, weshalb es dazu gekommen ist, meine Damen und Herren: Das eine ist eine Regierungsvorlage, und das andere ist eine Vorlage, die insbesondere die Gemeindevertreter betrifft und die eben im Rahmen der Beratungen zwischen den beiden Klubs SPÖ und ÖVP erarbeitet worden ist. Und Regierungsvorlagen und Initiativanträge können wir bis zum heutigen Zeitpunkt im Rahmen der Beratung nicht zusammenführen. – Das wäre ein Wunsch hinsichtlich einer Änderung der Bestimmungen betreffend die Behandlung von Anträgen. Ich stimme mit Ihnen überein, dass wir eine Änderung dahin gehend überlegen sollten, dass dann, wenn ein Initiativantrag und eine Regierungsvorlage dasselbe Gesetz betreffend vorliegen, diese auch zu einem gemeinsamen Antrag beziehungsweise zu einer gemeinsamen Beschlussfassung zusammengeführt werden können.

Das hängt jetzt aber nicht damit zusammen, dass man deswegen eine Vorlage ablehnt. Ich habe bis zur Stunde keine anderen Argumente für eine Ablehnung gehört, als dass man hier ein Gesetz zweimal ändert.

Zur Sache selbst, meine Damen und Herren. Es ist notwendig – und das, Frau Abgeordnete Haller, hängt nicht mit der Chipkarte zusammen –, dass man die derzeitige Regelung der Doppelversicherung, der Zweifachversicherungen nach dem alten Recht noch zwei Jahre weiterführt, weil das einfach im Sinne der Versicherten und auch der Versicherungsträger ist. Wir haben zum Beispiel Änderungen im Bauern-Sozialversicherungsgesetz herbeigeführt. Sie wissen, dass gewisse Dinge im Bereich der Krankenversicherung so geändert worden sind, dass es auch eine Mehrfachkrankenversicherung der Bauern gibt, beispielsweise in der gewerblichen Sozialversicherung und einer zweiten Versicherung. Dies muss noch zwei Jahre weitergeführt werden, bis dann eben die Chipkarte eingeführt wird. Das hängt aber nicht damit zusammen, dass die Chipkarte jetzt nicht eingeführt werden kann, das möchte ich ganz klar feststellen, Frau Abgeordnete Haller. Sie haben in diesem Punkt das Gesetz nicht exakt gelesen (Abg. Aumayr: Wahrscheinlich nicht exakt formuliert!)  – oder nicht exakt formuliert. Wahrscheinlich haben Sie nicht exakt formuliert.

Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Öllinger! Was die Gemeindevertreter, die Gemeindemandatare betrifft, muss ich sagen: Das ist im Rahmen der Privilegiendiskussion, die von Ihrem Klub genauso geführt worden ist wie vom Klub der ÖVP und vom Klub der SPÖ, vereinbart worden. Es wurde damals gesagt: Jeder Gemeindemandatar soll krankenversichert sein. Das haben Sie gewollt, bewusst gewollt, genauso wie die beiden anderen Klubs. Natürlich haben die Gemeindemandatare gefragt, wieso sie krankenversichert sein müssen, wenn sie doch nur ein minimales Sitzungsgeld bekommen. Diesem Wunsch der Gemeinden und des Gemeindebundes haben wir jetzt Rechnung getragen. Wenn der Mandatar weniger bekommt, als der Geringfügigkeitsgrenze entspricht, also diese rund 4 000 S, dann soll keine Pflichtversicherung entstehen. Damit entsprechen wir einem Wunsch des Gemeindebundes.

Sie beziehungsweise Ihre Kollegen in der Kommission haben damals die Pflichtversicherung genauso gewollt wie alle anderen. Es war uns damals allen bewusst, was wir beschließen. Wir sollten uns nicht hierher stellen und sagen: Wir haben nicht gewusst, was da kommt! Sie haben es gewusst, und alle anderen haben es auch gewusst, meine Damen und Herren! Das wollte ich nur feststellen. Ich glaube, es ist richtig, dass wir dem Wunsch der Gemeindevertreter, der Gemeindemandatare und des Gemeindebundes Rechnung tragen und sagen: Sie sind von der Pflichtversicherung befreit, wenn das Einkommen aus dieser Tätigkeit die Geringfügigkeitsgrenze nicht überschreitet. Das ist eine Sache der Fairness, eine Sache auch der sozialen Gerechtigkeit.

Meine Damen und Herren! Eine wichtige Sache für uns – dazu wird Frau Abgeordnete Ridi Steibl noch Stellung nehmen – ist, dass wir für die älteren Frauen die Meistbegünstigung einführen, die neue Regelung soll im Bereich der Sozialversicherung ab 1. Jänner 2000 Platz greifen oder die alte Rechtslage soll gelten. Die älteren Frauen sollen das Günstigere bekommen, ganz egal, ob sie nun im Jahre 1999 in Pension gehen oder im Jahre 2000. Sie sollen nicht benachteiligt werden, wenn sie erst im Jahre 2000 in Pension gehen. Das wollen wir damit


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erreichen, meine Damen und Herren. Ich meine, das ist eine ganz gute Lösung, die wir hier gefunden haben, nämlich die Meistbegünstigung für die älteren Frauen vorzusehen. Es soll kein Unterschied sein, ob die Frauen bereits im Jahre 1999 in Pension gehen oder erst im Jahre 2000. (Beifall bei der ÖVP.)

Der letzte Punkt, der im Antrag der Frau Abgeordneten Reitsamer dargelegt worden ist, findet unsere Zustimmung, wenngleich wir damit nicht zufrieden sind. Wir verlängern eine ganz ausgezeichnete Maßnahme für die Lehrlingseinstellung, die wir im Jahre 1997 hier im Hohen Haus beschlossen haben. Wir haben damals beschlossen, dass für Lehrlinge im ersten Lehrjahr kein Unfallversicherungsbeitrag bezahlt werden muss. – Eine ausgezeichnete Maßnahme, und diese Maßnahme hat auch dazu geführt, dass sich die Lehrlingssituation verbessert hat. Es gibt eigentlich niemanden, der an dieser Maßnahme auch in Zukunft zweifelt, allerdings haben Sie uns in den Verhandlungen nur zugestanden, diese Maßnahme bis 31. Juli 2000 zu verlängern. Und das ist bedauerlich, Frau Abgeordnete Reitsamer! Ich sage das ganz klar: Es ist bedauerlich, dass diese Maßnahme nur bis zum 31. Juli verlängert wird und nicht auf Dauer!

Meine Damen und Herren! Ich stelle fest: Es war nicht nur Frau Abgeordnete Reitsamer, es waren vor allem die Vertreter, und zwar die sozialdemokratischen Vertreter im ÖGB, die verlangt haben, es dürfe nur eine Verlängerung bis 31. Juli des nächsten Jahres geben.

Wenn ich jetzt höre, meine Damen und Herren, es werde ja eine "Regierung neu" geben, es werde eine grundsätzliche Änderung geben, so muss ich feststellen: Das, was wir heute erlebt haben, entspricht genau den Methoden und den Vorgangsweisen und der Strategie, die in der letzten Legislaturperiode immer wieder an den Tag gelegt wurden. Man argumentiert nicht sach- und problemorientiert, sondern man vertritt einfach einen Justament-Standpunkt. Das, was wir als "Regierung neu" vom designierten Bundeskanzler propagiert bekommen, wird bis zur Stunde nicht umgesetzt. – Deshalb zweifle ich auch ein wenig an dem guten Willen, wirklich eine "Regierung neu", eine neue Strategie, eine neue Verfahrensweise bei der Behandlung von parlamentarischen Themen und Entscheidungen herbeiführen zu wollen. Ich bedauere das sehr.

Dieser Beschluss, meine Damen und Herren, bringt jedenfalls einen Nachteil für die Lehrlinge, denn manche Lehrherren werden sagen, wer weiß, was der Nationalrat zur Jahresmitte 2000 dann endgültig beschließen wird. Er geht natürlich auch zulasten unserer Jugend. Es ist schade, dass man einfach nur auf Justament-Standpunkten beharrt und Dinge nicht akzeptiert, die richtig sind, die von allen als richtig erkannt werden. Ich zweifle an der "Regierung neu", die immer wieder propagiert wird. (Beifall bei der ÖVP.)

13.02

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesministerin Mag. Prammer. – Bitte, Frau Ministerin.

13.02

Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz Mag. Barbara Prammer: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Herr Abgeordneter Feurstein! Ich wiederum zweifle nicht daran, dass auch bei einer zukünftigen Bundesregierung – wir haben heute in diesem Saal schon sehr oft gehört: wer immer das sein wird – gerade auch das Interesse der Jugend in Österreich in den Mittelpunkt gestellt wird. Ich kann nur Folgendes feststellen: Es ist wesentlich und wertvoll, Maßnahmen immer wieder auch auf ihre Effizienz hin zu überprüfen. Und – auch weil heute schon so viel über Budgets gesprochen wurde – gerade auch unter diesem Gesichtspunkt des effizientesten Einsatzes jener Mittel, die uns zur Verfügung gestellt werden, glaube ich, ist dieser Zeitraum von sieben Monaten für eine Evaluierung einer derzeit bestehenden Maßnahme etwas durchaus Gerechtfertigtes. In sieben Monaten kann es ja durchaus auch sein, dass noch bessere, noch effizientere Maßnahmen gefunden werden können. – So viel, um auch darauf ein Stück weit zu replizieren.

Meine Damen und Herren! Ich möchte versuchen, auf das Sozialversicherungs-Änderungsgesetz nur kurz einzugehen und eine Zusammenfassung zu bieten.


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4. Sitzung / Seite 62

Durch das Arbeits- und Sozialrechts-Änderungsgesetz 1997 wurde unter anderem die Ausnahme von der Krankenversicherung nach dem B-KUVG für nach anderen gesetzlichen Bestimmungen in der Krankenversicherung verpflichtete Gemeindevertreter mit Wirksamkeit 1. Jänner 2000 ersatzlos gestrichen. Das wissen Sie alle. Diese Maßnahme geht zurück auf die Entschließung des Nationalrates vom 2. Oktober 1996, mit der die Bundesregierung ersucht wurde, "die Weiterentwicklung des österreichischen Sozialversicherungssystems mit dem Ziel einer breiten und fairen Einbeziehung aller Erwerbseinkommen ... zu erarbeiten".

Im Zusammenhang mit der Umsetzung der Entschließung wurden in allen Sozialversicherungsgesetzen die bestehenden Ausnahmebestimmungen aufgehoben.

Die Kostenbelastung der Gemeinden durch die Einbeziehung der Gemeindevertreter in die Krankenversicherung nach dem B-KUVG ergibt sich vorrangig aus dem Institut der Mindestbeitragsgrundlage, da davon auszugehen ist, dass der überwiegende Teil der monatlichen Entschädigungen von Gemeindevertretern unter der Mindestbeitragsgrundlage von derzeit 6 390 S liegt. Um unbillige Ergebnisse im Zusammenhang mit der Aufhebung dieser Subsidiaritätsbestimmungen zu vermeiden, ist eben vorgesehen, im Rahmen der nächsten B-KUVG-Novelle eine systemkonforme Lösung dieser Problematik vorzuschlagen. Die Änderungen sind auch schon zitiert worden, ich glaube, ich kann es mir ersparen, sie noch einmal zu wiederholen.

Ich möchte auch in Bezug auf die Kinderbetreuung beziehungsweise Kindererziehungszeiten noch auf die Ausführungen einiger Debattenredner/rednerinnen eingehen. Zum einen sollten wir auch nicht vergessen: Am 1. Jänner 2000 werden die Anrechnungen für die Kinderbetreuungszeiten enorm verbessert. Wir wissen noch nicht, was das wirklich bedeuten wird. Ich habe mir aus diesem Grund angesehen, wie denn die derzeitigen Anrechnungen von Kindererziehungszeiten wirken. Ich habe nur einen Bereich herausgenommen, um das hier auch einmal zu dokumentieren, nämlich bei der normalen Alterspension – das Ganze ist eine Stichprobe des Neuzugangs 1996 – werden immerhin bei 4 500 Frauen – nehme ich fast an – die Pensionsleistungen für Kindererziehung zur Pension in der Höhe von 900 S gewährt und angerechnet. Das heißt, das ist ein enormer Beitrag dazu, dass gerade auch Frauen entsprechende Pensionen erhalten können.

Aber ich möchte an dieser Stelle schon noch einmal Folgendes in den Mittelpunkt stellen: Es wird in Zukunft – wir haben vom Umlagesystem gesprochen, wir haben vom Solidarsystem gesprochen – natürlich darum gehen, jungen Menschen die Perspektiven weiterhin offen zu lassen, aber es wird vor allen Dingen darum gehen, Frauen den Zutritt zur Beschäftigung, zur Erwerbstätigkeit entsprechend breit zu öffnen. Das werden Kindererziehungszeiten nicht wettmachen, sondern nur ergänzen können, denn zur eigenständigen Alterssicherung für sich selbst ist eben die eigenständige Erwerbstätigkeit das Zentrum, aber darüber hinaus, so glaube ich, brauchen wir sie für die Solidargemeinschaft, um unserem Pensionssystem natürlich auch entsprechende Zukunftsperspektiven zu geben.

Diesem Anliegen sollten meines Erachtens die großen Anstrengungen in den nächsten Jahren gelten: Wie kann es uns gelingen, die Situation für Frauen beim Zutritt zur Erwerbstätigkeit zu verbessern? Gleichzeitig erhöht sich ja damit für sie auch der Zutritt zu einer besseren Situation im Alter wesentlich. – So viel dazu. Viele andere zusätzliche Überlegungen sollen noch angestellt werden.

Ich freue mich heute schon darauf, dass gerade diese neue Regelung bezüglich der Kindererziehungszeiten, die ab dem 1. Jänner 2000 in Kraft treten wird, viele Frauen in Zukunft spüren werden, weil ich überzeugt davon bin, dass sie es sich verdient haben. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

13.08

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Aumayr. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

13.08

Abgeordnete Anna Elisabeth Aumayr (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Ministerin! Hohes Haus! Herr Kollege Feurstein! Keinen Zweifel gibt es daran, dass dieses Sozialversicherungs-


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Änderungsgesetz eine gravierende Belastung für die Landwirtschaft beinhaltet. Daran gibt es keinen Zweifel.

Ich glaube nicht, Herr Kollege Feurstein, dass von Seiten der Bauernschaft der Wunsch bestanden hat, dass es zu dieser Änderung kommt. Man muss sich nur Folgendes vorstellen: Die Nebenerwerbsbauern haben bisher ihre Sozialversicherungsbeiträge, Krankenversicherungsbeiträge je nachdem, in welchem Betrieb sie als Nebenerwerbsbauern tätig gewesen sind, einbezahlt. Ab jetzt, Herr Kollege Feurstein, dank Ihrer Initiative, müssen die Bauern doppelte Sozialversicherungs- und Krankenversicherungsbeiträge bezahlen. Die Nebenerwerbsbauern müssen ab Jänner 2000 auch Sozialversicherungsbeiträge bei der Bauernkrankenkasse bezahlen. (Abg. Haigermoser: Dann dürfen sie auch zweimal krank sein!) – Zweimal krank sein und dann zweimal konsumieren, das geht einfach nicht. Sie greifen den Bauern, die gravierende Einkommenseinbußen hinzunehmen haben, jetzt noch einmal in die Tasche. Das ist Ihre Politik! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Kollege Feurstein! Es ist sowieso ein sozialpolitischer Skandal nach dem anderen, den man den Bauern antut. (Abg. Haigermoser: Stimmt das, Feurstein? – Abg. Dr. Feurstein: Überhaupt nicht!) Die durchschnittliche Bauernpension, Herr Kollege, beträgt rund 7 000 S. Nach einem Leben voll Arbeit, nach 20, 30, 40 Jahren schwerster Bauernarbeit, werden die Bäuerinnen und die Bauern in diesem Land, in diesem ach so reichen Land, mit 7 000 S abgespeist! Ist das ein Skandal, oder finden Sie das in Ordnung?

Oder, Herr Kollege Feurstein: Die Nebenerwerbsbauern müssen Arbeitslosenbeiträge einzahlen. Wenn sie dann arbeitslos werden ... (Abg. Edler: Das müssen andere auch zahlen!)  – Aber die bekommen dann Arbeitslosengeld, wenn sie arbeitslos werden. Die Nebenerwerbsbauern jedoch – das wissen Sie gar nicht, Herr Kollege Edler, das wissen Sie nicht einmal! – müssen Arbeitslosenbeiträge einzahlen – das ist gesetzlich geregelt und auch in Ordnung –, aber dann, wenn sie arbeitslos werden und sie einen Betrieb mit einem Einheitswert von über 50 000 S besitzen, bekommen sie keinen Schilling. Die Häftlinge erwerben – auch dank Ihres Beschlusses, Herr Kollege Feurstein – mit ihrer Haftzeit einen Anspruch auf Arbeitslosengeld, aber die Nebenerwerbsbauern, die doppelt arbeiten, müssen einzahlen und bekommen keines. (Abg. Haigermoser: Da tun sich ja Abgründe auf!)

Herr Kollege Feurstein! Sie beschließen einen sozialpolitischen Skandal nach dem anderen für die Bauern, und Sie werden demnächst die Rechnung präsentiert bekommen – das sage ich Ihnen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.12

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet hat sich nochmals Frau Bundesministerin Mag. Prammer. – Bitte, Frau Ministerin.

13.12

Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz Mag. Barbara Prammer: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte nur ganz kurz darauf eingehen, was Frau Abgeordnete Aumayr gesagt hat. Ich denke, es war eine gute und eine wesentliche Entscheidung, die hier im Hohen Haus getroffen wurde, alle Erwerbseinkommen gemeinsam und solidarisch in das System aufzunehmen. Da einzelne Berufsgruppen herauszunehmen, finde ich genau nicht solidarisch.

Ich glaube, dass es darum geht, nicht aus den Augen zu verlieren, dass das System für alle gleich sein muss, dass alle die Grundbedingungen erfüllen müssen. Es bringt nichts, parallel dazu auch die Diskussionen zu eröffnen, was wir uns in der Krankenversicherung noch alles leisten können und was wir uns nicht mehr leisten können, und Ausnahmesysteme gutzuheißen, die uns nicht gewährleisten, ein entsprechendes Solidarsystem, gerade auch in der Krankenversicherung, zu haben. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)


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4. Sitzung / Seite 64

13.13

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Heinisch-Hosek. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte.

13.13

Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wie meine Kollegin, Frau Abgeordnete Reitsamer, bereits angekündigt hat, möchte ich mich in meinem Redebeitrag nur mit dem Abänderungsantrag zum Antrag 41/A der Beilagen, der im Sozialausschuss eingebracht wurde, auseinander setzen.

Dieser Abänderungsantrag bewirkt, dass eine kleine Gruppe von Frauen, die vor dem 1. September 1941 geboren wurden, in den Genuss der besseren Bewertung von Kindererziehungszeiten kommt und ist von dem Grundprinzip getragen, dass Verbesserungen in der Pensionsversicherung allen zugute kommen sollen, auch jenen, die durch Übergangszeiten speziell geschützt wurden.

Um eine Anhebung des faktischen Pensionsalters zu erreichen, wurden mit dem Strukturanpassungsgesetz 1996 die Anspruchsvoraussetzungen für die Inanspruchnahme der vorzeitigen Alterspension geändert. Davon wurden jene Personen ausgenommen, die am Tag des In-Kraft-Tretens der Neuregelung bereits das Frühpensionsalter erreicht hatten. Für diesen Personenkreis sind demnach weiterhin die vor dem 1. September 1996 geltenden Bestimmungen über die Pensionsberechnung anzuwenden, wenn sie für sie günstiger sind.

Dahinter steht folgender Gedanke: Wer zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens der Novelle bereits das Frühpensionsanfallsalter erreicht hat, soll jedenfalls vor allfälligen Verschlechterungen im Leistungsrecht geschützt sein. Durch die Pensionsreform 1997 wird mit Wirksamkeit 1. Jänner 2000 die Bemessungsgrundlage für Zeiten der Kindererziehung angehoben, und zwar auf die Höhe des Ausgleichszulagenrichtsatzes für Alleinstehende. Konkret in Zahlen ausgedrückt bedeutet das eine Anhebung von 6 500 S auf 8 312 S ab dem Jahr 2000.

Mit der im vorgeschlagenen Abänderungsantrag enthaltenen Regelung soll nunmehr sichergestellt werden, dass Frauen, die vor dem 1. September 1941 geboren wurden, beziehungsweise Männer, die vor dem 1. September 1936 geboren wurden und noch nicht in Pension sind, auch in den Genuss der verbesserten Anrechnung der Kindererziehungszeiten kommen können. Das heißt, dass die alte Rechtslage nur dann anzuwenden ist, wenn sie für die Versicherten günstiger ist.

Allerdings möchte ich anmerken, dass es noch immer keine verursachergerechte Finanzierung der Kindererziehungszeiten gibt. Diese werden nur zu einem sehr geringen Teil über den Familienlastenausgleichsfonds, der noch dazu sehr hohe Überschüsse aufweist, finanziert. Der größte Teil kommt aber aus dem Bundesbeitrag.

Für uns Sozialdemokraten ist eine verursachergerechte und daher zuordenbare Finanzierbarkeit der Kindererziehungszeiten von allerhöchster Priorität. Für uns geht es in diesem Zusammenhang auch um die Wichtigkeit der eigenständigen Alterssicherung für Frauen und die Weiterentwicklung des Pensionssystems in diese Richtung. Entscheidend dafür ist, dass Frauen Erwerbschancen haben und sie auch nutzen können. Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie muss jedenfalls gegeben sein, um Frauen Wahlmöglichkeiten einzuräumen. Zu diesem Zweck müssen die Kinderbetreuungseinrichtungen in ausreichender Zahl vorhanden sein und bedarfsorientierte Öffnungszeiten gemäß den Erfordernissen der heutigen Arbeitswelt anbieten.

Der von den konservativen Kräften unseres Landes immer wieder indirekt prolongierte Weg, "Frauen zurück an den Herd!", ist für uns Sozialdemokraten untragbar, denn er schließt ein selbstbestimmtes Leben für Frauen aus. Wir stehen zum österreichischen Pensionssystem, das letztendlich nur durch ausreichende Beschäftigung finanzierbar ist. Und dafür werden wir uns auch in Zukunft mit aller Kraft einsetzen. (Beifall bei der SPÖ.)

13.17

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Dr. Pumberger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

13.17

Abgeordneter Dr. Alois Pumberger (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr wohl, Herr Kollege Feurstein,


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werden die Nebenerwerbsbauern zu Doppelbeitragszahlern erklärt. (Abg. Dr. Feurstein: Nicht jetzt! Nicht mit der heutigen Vorlage!) Sie haben das bestritten, aber die Frau Ministerin – und Sie befinden sich ja noch in einer "Regierung alt", wie Sie gesagt haben  hat Ihnen erklärt, dass man die Bauern nicht ausnehmen darf. Aber Sie als Sozialsprecher der ÖVP können das nicht offen einbekennen. Sie haben für eine Berufsgruppe, nämlich für die der Bauern, die Situation in der Krankenversicherung deutlich verschlechtert. (Abg. Dr. Feurstein: Aber nicht mit der heutigen Vorlage! Das wissen Sie genau!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn hier von der "Regierung neu" gesprochen wird, die nun zu bilden sei, Herr Kollege Feurstein, so gebe ich Ihnen vollkommen Recht: An dieser "Regierung neu" zweifle ich genauso wie Sie, aber Sie sind ja schon fast im Bettchen dieser Neuauflage der "Regierung alt", und wir werden sehen, was diese für Österreich bringen wird.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ab dem Jahr 2000 besteht die uneingeschränkte Verpflichtung zu mehrfacher Krankenversicherung. Das ist es, was sich ändert. Das heißt, das bringt mehr Beiträge für die Krankenkassen. Eine Einnahmequelle für die Krankenkassen wurde durch die Aufhebung der Subsidiarität erschlossen. Aber die Krankenkassen haben trotzdem ein Riesendefizit zu erwarten, 3 Milliarden Schilling werden für das Jahr 1999 prognostiziert.

Wenn die Abgänge so hoch sind, muss man daran zweifeln, ob die soziale Krankenversicherung überhaupt noch in der Lage ist, ihren gesetzlichen Versorgungsauftrag zu erfüllen. Die Leistungen werden ganz eindeutig gekürzt, die Zahl der chefärztlichen Bewilligungen steigt, die Rezeptgebühr wird angehoben, Leistungen werden nicht mehr bezahlt. Das ist eine deutliche Schlechterstellung für die Patienten.

Bei den Arzneimitteln kommt es zu einer Steigerung von 14, 15 Prozent und mehr pro Jahr. Das ist nicht darauf zurückzuführen, dass die Ärzte mehr verordnen – die Anzahl der verordneten Medikamentenpackungen ist seit Jahren gleich geblieben –, aber die Medikamente sind spezieller geworden, sind teurer geworden, weil sie besser geworden sind. Wir wollen den Patienten die besseren Medikamente nicht vorenthalten, daher muss man schauen, wie man diese Finanzierungslücke schließen kann.

Meine Damen und Herren! Der Zustand hinsichtlich der Wahlärzte, dass nur 80 Prozent der Wahlarztkosten zurückerstattet werden, ist nicht haltbar. De facto sind es ja noch viel weniger, wenn man auch mit inkludiert, dass die 50 S an Krankenscheinsteuer abgezogen; bei einer einmaligen Ordination beim Wahlarzt werden etwa 20 bis maximal 30 Prozent rückerstattet.

Daher sind wir der Meinung, dass die Krankenscheinsteuer, die Krankenscheinabgabe von 50 S wieder in Frage zu stellen ist, denn die Regierung hat bei der Debatte um die Wahlarztkosten erklärt, dass deswegen nur diese 80 Prozent und nicht 100 Prozent rückerstattet werden, weil die Abrechnung pro Patient etwa 100 S ausmacht, während die Abrechnung beim Kassenarzt pro Patient nur 5 S ausmacht. Die Einführung der Krankenscheinsteuer hat man damit begründet, dass die Verwaltungskosten für die Abrechnung der Krankenscheine so hoch sind.

Das heißt, Sie haben sich hier selbst deutlich widersprochen. Wenn die Abrechnung für Kassenärzte nur 5 S pro Schein ausmacht, dann können wir das ersatzlos streichen, und daher bringe ich jetzt folgenden Antrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Haupt, Dr. Pumberger zum Antrag der Abgeordneten Annemarie Reitsamer, Dr. Gottfried Feurstein und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert werden (Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 1999 – SVÄG 1999) (41/A) in der Fassung des Ausschussberichtes (9 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle beschließen:


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4. Sitzung / Seite 66

Der im Titel genannte Antrag in der Fassung des Ausschussberichtes wird wie folgt geändert:

1. In Artikel 1 wird vor Z 1 folgende neue Z 1 eingefügt:

"1. In § 135 Abs. 3 entfallen die letzten drei Sätze."

2. Die Ziffern 1 und 1a (alt) in Artikel 1 werden durch die Bezeichnungen "1a" und "1b" ersetzt.

*****

Die Verwaltungskosten sind also bei weitem nicht so hoch, wie sie von den Regierungsparteien als Begründung für die Einführung der Krankenscheinsteuer angegeben wurden. Es hat sich klar gezeigt – und Sie haben es selbst in mehreren Presseaussendungen gesagt –, dass die Abrechnung pro Krankenschein nur 5 S kostet. Wenn wir eine Krankenscheinsteuer von 5 S einführen würden, wäre das eine Bagatellabgabe, deren Verwaltungskostenwesen ein Vielfaches dieser 5 S ausmachen würde. Daher sind wir für eine ersatzlose Streichung der Krankenscheingebühr.

Die Regierung ist sich schon darüber im Klaren, dass diese Krankenscheinsteuer offensichtlich nicht mehr gerechtfertigt ist, weil eben die Abrechnung nur 5 S pro Patient kostet. Daher bin ich zuversichtlich, dass die Regierungsparteien heute unserem Antrag auf Abschaffung der Krankenscheinsteuer zustimmen werden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.22

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der soeben eingebrachte Abänderungsantrag der Abgeordneten Mag. Haupt und Genossen ist genügend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Als letzte Rednerin zu diesem Punkt zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Ridi Steibl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

13.22

Abgeordnete Ridi Steibl (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Werte Kollegen und Kolleginnen! Frau Bundesministerin Prammer hat in ihren Ausführungen gesagt, dass es nunmehr in der Pensionsreform ab dem Jahre 2000 eine unglaubliche Verbesserung für Frauen gibt und auch auf jüngere Frauen Rücksicht genommen werden soll. – Ja, da sind wir d’accord, aber ich glaube, dass es notwendig ist, auch eine Gleichstellung für so genannte Trümmerfrauen zu erzielen.

Alterssicherung für die Frauen ist uns, der ÖVP, mit unserem Sozialsprecher Gottfried Feurstein ein enorm wichtiges Anliegen, denn wir wissen, dass sich einerseits die Ungleichheit im Erwerbsleben noch im Alter fortsetzt, dass aber andererseits die Unterbrechung durch die Kindererziehung und die Anrechnung der Kindererziehungszeiten noch zu wenig bringt in Bezug auf Pensionszeiten. Daher hat die ÖVP schon im Jahre 1991 erreicht – und zwar eingebracht und erreicht –, dass die Kindererziehungszeiten in die Pensionsberechnung eingerechnet werden.

Worum es heute geht, wurde schon von vielen VorrednerInnen erwähnt. Ich möchte das nur noch einmal zusammenfassen. Es geht, wie ich schon eingangs angemerkt habe, im Besonderen um die Anrechnung der Kindererziehungszeiten für Frauen, die vor dem 1. September 1941 geboren wurden, noch nicht in Pension sind und ihren Stichtag für die Pension ab dem 1. Jänner 2000 haben. Daher ist eine Nachjustierung der Pensionsreform 2000 notwendig.

Die nun zu beschließende Meistbegünstigungsklausel, wonach bei der Pensionsberechnung die jeweils günstigere Bestimmung anzuwenden ist, geht auf einen Antrag seitens der ÖVP zurück, und wir freuen uns auf die Abstimmung über diesen nächsten notwendigen Schritt für diese Frauengruppe.


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Um den Zusammenhalt in der Gesellschaft aber weiter zu unterstützen, ist die Umsetzung weiterer Punkte notwendig. Ich erwähne hier nur einige:

Erstens: Zur Altersabsicherung von Frauen, die durch die Kindererziehungszeiten Lücken im Erwerbsverlauf haben, soll stufenweise die Möglichkeit zum eigenen Pensionsanspruch durch das Zusammenrechnen von Kindererziehungszeiten und Beitragszeiten geschaffen werden. Auf den Punkt gebracht bedeutet dies, dass Frauen pro Kind vier Jahre Erziehungszeit als Erwerbstätigkeit angerechnet werden. (Beifall bei der ÖVP.)

Für eine zeitgemäße Alterssicherung für Frauen ist weiters noch die Umsetzung unseres schon öfter eingebrachten Antrages in Bezug auf das Pensionssplitting bei Scheidung notwendig. Gütertrennung im Scheidungsfall wurde schon im Jahre 1978 gesetzlich verankert. Nun wäre es an der Zeit, auch gesetzlich zu verankern, dass die Pensionsansprüche zum Zeitpunkt einer Scheidung, wenn notwendig, fiktiv zu berechnen und auf beide Ehepartner aufzuteilen sind.

Wenn ich schon in Richtung Familienpolitik gehe und Herr Kollege Öllinger des Öfteren erwähnt hat, wie unsozial die ÖVP sei, so möchte ich hier nur anmerken, dass es die ÖVP mit Familienminister Bartenstein war, die schon lange vorher darauf hingewiesen hat, dass es eine notwendige Aufgabe einer neuen Regierung sein wird, das Karenzgeld auf 6 000 S zu erhöhen. Ich denke allerdings, dass dieser Antrag und dessen Behandlung auch in den Familienausschuss gehört und nicht nur in den Sozialausschuss.

Es ist von Maßnahmen zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie gesprochen worden. Dazu möchte ich abschließend sagen: Wir von der ÖVP haben erste Schritte gesetzt. Wir wissen, dass es nur in Koppelung mit der Wirtschaft geht, dass das ein wichtiger Schritt, eine wichtige Arbeit in der nächsten Zeit sein wird und dass wir auch das "Karenzgeld für alle" nicht vergessen sollen.

Alles in allem könnte das, wenn wir es beschließen, ein ordentliches Paket für Frauen sein, und es liegt an Ihnen, hier mitzugehen. (Beifall bei der ÖVP.)

13.27

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 9 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Mag. Haupt und Genossen einen Zusatzantrag eingebracht.

Weiters haben die Abgeordneten Reitsamer, Dr. Feurstein und Genossen einen Zusatzantrag eingebracht.

Ferner liegt ein vom Abgeordneten Mag. Haupt eingebrachtes Verlangen auf getrennte Abstimmung vor.

Ich werde zunächst über die erwähnten Zusatzanträge, sodann über die vom Verlangen auf getrennte Abstimmung betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Mag. Haupt und Genossen haben einen Zusatzantrag eingebracht, der die Einfügung einer neuen Z 1 in Artikel 1 sowie damit verbundene Änderungen von Ziffernbezeichnungen vorsieht.

Jene Damen und Herren, die sich hiefür aussprechen, ersuche ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Die Abgeordneten Reitsamer, Dr. Feurstein und Genossen haben einen Zusatzantrag eingebracht, der die Einfügung einer neuen Z 1 in Artikel 1, damit verbundene Änderungen von Ziffernbezeichnungen sowie die Einfügung einer Z 2a und 4 in Artikel 1 vorsieht.


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Jene Mitglieder des Hohen Hauses, die hiefür ihre Zustimmung erteilen, ersuche ich um ein bejahendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über Artikel 1 Z 1a (neu) (§ 563 Abs. 19), Artikel 2 Z 1 sowie Artikel 3 Z 1a in der Fassung des Ausschussberichtes, und ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes, und ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung erteilen, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Antrag ist angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist ebenfalls die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

3. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundespflegegeldgesetz (BPGG) geändert wird (43/A)

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen nun zu Punkt 3 der Tagesordnung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Das Wort erhält zunächst die Antragstellerin, Frau Abgeordnete Haidlmayr. Ich habe wunschgemäß Ihre Redezeit mit 10 Minuten begrenzt. – Bitte.

13.31

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Problem der Pflegevorsorge, das 1993 mit der Einführung des erhöhten Pflegegeldes angeblich einem positiven Ergebnis hätte zugeführt werden sollen, stellt sich jedes Jahr wieder. Das Problem stellt sich deshalb, weil Sie seit 1993 mit dem Pflegegeld nichts anderes im Sinn haben, als es ständig zu reduzieren und scheibchenweise zu demontieren. Wie könnte es sonst sein, dass auch heuer wieder gerade das Pflegegeld, und ausschließlich das Pflegegeld, nicht valorisiert wird? – Seit 1996 gibt es die Valorisierung nicht mehr, und das ist de facto ein Verlust von mehr als 7 Prozent für jeden pflegebedürftigen Menschen in Österreich.

Angeblich gibt es für diese Valorisierung kein Geld. Ich frage Sie: Was machen Sie denn mit dem Geld, das durch die Erhöhung der Sozialversicherungsbeiträge lukriert wird? – Diese Erhöhung ist doch ausschließlich für die Finanzierung des erhöhten Pflegegeldes erfolgt. Wo sind denn die Mittel aus den Sozialversicherungsleistungen, die Jahr für Jahr ansteigen? Sie sagen ja, es werden immer mehr sozialversicherungspflichtige Dienstverhältnisse geschaffen – also muss auch mehr Geld eingenommen worden sein!

Wir wissen schon, wo das Geld ist. Sie verwenden es zum Stopfen der Löcher im Budget und geben es nicht an die Betroffenen weiter. Das halten wir in Österreich wirklich für fatal! Zuerst sagt man den DienstgeberInnen und DienstnehmerInnen, sie müssen mehr Sozialversicherungsbeiträge zahlen – man hat die 0,8 Prozent Erhöhung mit dem Hinweis eingeführt, dass dieses Geld ausschließlich der Finanzierung des erhöhten Pflegegeldes dient –, und dann verschieben Sie diese Einnahmen in irgendwelche anderen Kanäle des Budgets. Diese Situation ist für uns behinderte Menschen in Österreich nicht haltbar!

Aber die Nicht-Valorisierung seit fünf Jahren ist nicht das einzige Problem, das sich für behinderte und pflegebedürftige Menschen immer wieder und laufend auftut. Sie waren es, meine Damen und Herren von der Bundesregierung, die beschlossen haben, dass Pflegeheim-Bewohnern und BewohnerInnen von Behinderten- und Altenheimen das Taschengeld um 50 Pro


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4. Sitzung / Seite 69

zent gekürzt wurde. Lediglich 569 S gönnen Sie inzwischen einer pflegebedürftigen Person im Pflegeheim, und das ist wirklich ein Zustand, den sich Österreich eigentlich nicht mehr leisten dürfte. Sie müssen sich wirklich dafür schämen, dass Sie alten und behinderten Menschen sagen müssen: 569 S stehen dir zu, mehr ist für dich im Monat nicht mehr drinnen.

Sicherlich werden jetzt einige sagen: Ja aber sie haben ja auch noch 20 Prozent der Pension, die sie behalten können. – Selbstverständlich können sie diese 20 Prozent behalten, aber das gilt eben nur unter der Voraussetzung, dass sie überhaupt eine Pension bekommen! Viele der behinderten und pflegebedürftigen Menschen in den Altersheimen haben aber keine Pension, daher sind sie eben auf die erwähnten 569 S angewiesen.

Auch der Umstand, dass Sie das Pflegegeld der Stufe 1 um 20 Prozent gekürzt haben – nämlich von 2 600 S auf 2 000 S –, zeigt ganz deutlich, worum es Ihnen geht. Ihnen geht es ausschließlich darum, aus den zweckgebundenen Mitteln für das Pflegegeld Mittel für das Budget abzweigen zu können, und das machen Sie, wie gesagt, sehr erfolgreich, denn das Pflegegeld der Stufe 1 ist weniger, als früher der niedrigste Hilflosenzuschuss betragen hat. In diesem Bereich haben Sie satte Gewinne auf Kosten von Pflegegeld-Bezieherinnen und Pflegegeld-Beziehern gemacht.

Sie haben auch bis heute nicht kapiert, dass es ein wesentlicher Unterschied ist, ob man ein behindertes Kleinkind oder ein nicht behindertes Kleinkind hat. Da ich annehme, dass Sie in Ihrem privaten Bereich auch mit Kindererziehung zu tun haben oder hatten, brauche ich Ihnen doch nicht zu sagen, dass es ein wesentlich größerer Aufwand ist, ein behindertes Kind zu betreuen. Meine Kollegin wird das später noch detaillierter ausführen.

Insgesamt ist es wirklich eine Schande für Österreich, wie Sie mit behinderten Menschen umgehen, die auf die staatlichen Leistungen angewiesen sind.

Ich möchte Ihnen einen Satz von Herrn Finanzminister Edlinger vom 17. November 1999 zitieren. Er hat damals sehr ehrlich gesagt: Bei Budgetkonsolidierungen entsteht immer eine gefährliche Situation für Minderheiten. Es besteht die Gefahr, dass man über Minderheiten drüberfährt. – Zitatende.

Dazu kann ich nur sagen: Diese Gefahr besteht nicht nur, sondern man tut das bereits seit Jahren! Diese Gefahr hat man in die Realität umgesetzt, indem man über behinderte Menschen drüberfährt, indem man im konkreten Fall auf behinderte Menschen und ihre Bedürfnisse keine Rücksicht nimmt.

Sie haben auch vergessen, dass mit der 54. Novellierung des ASVG drastische Verschlechterungen für pflegebedürftige Personen eingetreten sind, die ihre Hilfe und Betreuung mittels Assistenzleistungen abdecken.

Selbstverständlich müssen unsere Assistenten jetzt auch Sozialversicherungsbeiträge bezahlen. Aber der Ausgleich, den die Assistenten haben, muss aus dem Pflegegeld bezahlt werden. Pflegebedürftige Menschen können sich de facto seit 1993 für ihr Pflegegeld immer weniger Betreuungsstunden oder Assistenzstunden leisten. Das wird in Österreich längerfristig auch zu fatalen Folgen führen. Denn wenn man sich ausrechnet, was es kosten würde, wenn jeder pflegebedürftige beziehungsweise assistenzbedürftige Mensch in Österreich, der Pflegegeld-Bezieher ist, auch nur fünf Stunden pro Woche an Leistungen einer öffentlichen Institution in Anspruch nehmen würde, sieht man, dass wir uns das einfach nicht leisten könnten, auch deswegen nicht, weil die entsprechenden Angebote gar nicht da sind.

Deshalb: Seien Sie froh, dass sich viele, viele Menschen ihre Assistenz im Rahmen der Familie oder selbst organisieren können! Denn noch effizienter sind diese Leistungen in Österreich nicht zu bekommen. Den Aufwand und den Stress dafür haben wir behinderte Menschen, weil wir unser selbstbestimmtes Leben einfach als Recht einfordern. Wir haben auch die Konsequenzen, die sich daraus ergeben, zu tragen, weil wir uns unsere Assistenz organisieren müssen. Im Grunde genommen sind wir rund um die Uhr im Einsatz, um unseren Lebensstandard halbwegs jenem von Nicht-Behinderten anpassen zu können – zumindest, was den Bereich der Hilfe- und


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Assistenzleistungen angeht.

Sie versuchen, uns dieses wichtige Lebenselement, diese wichtige Grundlage Stück für Stück wieder wegzunehmen und uns Schritt für Schritt wieder in Richtung Institutionalisierung und Heim-Einweisung zu bringen.

Was die Nicht-Valorisierung des Pflegegeldes betrifft, können Sie niemandem von den Pflegegeld-BezieherInnen in Österreich erklären, dass diese Mittel nicht vorhanden sind – weil wir alle wissen, dass sie da sind. Und Sie, meine Damen und Herren, müssen rechtfertigen, warum Sie auf Kosten der Pflegegeld-Bezieher Budgetlöcher stopfen, statt diese Mittel an die Betroffenen weiterzugeben. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

13.40

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Silhavy zu Wort gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

13.41

Abgeordnete Heidrun Silhavy (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Der in erster Lesung stehende Antrag der Abgeordneten Haidlmayr beinhaltet im Wesentlichen drei Forderungen, nämlich die Forderung nach Wegfall der Altersgrenze von drei Jahren für den Rechtsanspruch auf Pflegegeld, Valorisierung des Pflegegeldes und Verdoppelung des Taschengeldes.

Ich verstehe, dass Frau Kollegin Haidlmayr aus eigener Betroffenheit die Dinge anders wahrnimmt als andere, und ich gestehe ihr das natürlich auch zu. Ich möchte aber auch meine Betroffenheit darüber nicht verhehlen, dass alle Anstrengungen, die wir gerade für jene Menschen unternehmen, die besondere Unterstützung brauchen, um ihren Lebensalltag zu gestalten, dass all diese Bemühungen einfach nur negativ dargestellt werden. (Abg. Reitsamer: So ist es!) Ich möchte das hier wirklich mit Nachdruck sagen.

Zum ersten Punkt. Wir haben ganz bewusst, um Härtefälle abdecken zu können, die Härteklausel eingeführt, die auch Abstand von dieser Altersgrenze von drei Jahren nimmt, um Säuglingen im Individualfall das Pflegegeld und den Anspruch darauf zu ermöglichen. Ich habe mir die Situation in meinem eigenen Bundesland, der Steiermark, angeschaut. Es sind in den letzten drei Jahren nahezu alle Anträge, die gestellt wurden, auch bewilligt worden. Die Zuerkennung ist fast immer erteilt worden.

Aber es gibt bereits Bundesländer, die einen Schritt weiter sind, zum Beispiel das Bundesland Salzburg, das als erstes damit begonnen hat. Die Bundesländer Wien und Tirol haben heuer nachgezogen, auch sie haben von dieser Altersgrenze von drei Jahren Abstand genommen. (Abg. Dr. Feurstein: Die Härteklausel auch in Vorarlberg!)  – Ja, die Härteklausel haben wir ohnehin. Aber ich rede jetzt vom tatsächlichen Wegfall der Altersgrenze von drei Jahren, der in diesen drei Bundesländern – Salzburg, Tirol und Wien – erfolgt ist.

Frau Kollegin Haidlmayr hat das nur kurz angesprochen, aber versetzen wir uns einmal in die Lage von Eltern, deren Kind von Geburt an eine Behinderung oder mehrere Behinderungen hat: Das bedeutet in vielen Fällen eine Neuorientierung der ganzen Lebensplanung – häufig gibt ein Elternteil die Berufstätigkeit auf, und zwar zur Gänze, um das Kind entsprechend betreuen zu können –, das bedeutet einen enormen täglichen Organisationsaufwand, vor allem aber auch Ängste und Sorgen. Und die Betreuungspersonen – es sind meistens doch die Mütter – stoßen sehr häufig an ihre körperlichen, geistigen und auch gefühlsmäßigen Grenzen.

Meine Damen und Herren! Eltern – ich denke, da wird es keinen Widerspruch geben – streben im Allgemeinen das größte Wohl ihres Kindes an. Diese Aufgabe ist schon bei einem Kind mit einer normalen Entwicklung eine große Herausforderung. Für Eltern, die Kinder mit Behinderungen haben, ist sie jedenfalls noch schwieriger, und auch da wieder unterschiedlich je nach Grad und Art der Behinderung.

Bürokratische Hürden, verbunden mit der Unsicherheit, ob überhaupt eine Zuerkennung zugestanden wird, bedeuten natürlich in dieser schwierigen Situation eine zusätzliche Belastung. Ich habe im Ausschuss schon gesagt, und zwar in der letzten Sitzung des Sozialausschusses: Ich werde mich persönlich – das kann ich wirklich versprechen – dafür einsetzen, dass wir mit


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den Bundesländern gemeinsam zu einer Lösung kommen. In einer so schwierigen Lebensphase sollte zumindest eine gewisse rechtliche Sicherheit vorhanden sein.

Zur Valorisierung, Frau Kollegin Haidlmayr. Wir sollten uns überlegen – wir haben darüber schon ein paar Mal diskutiert –, ob es nicht vielleicht bessere, zielführendere Maßnahmen gäbe. Ich sehe nach wie vor das Problem, und wir haben das ... (Zwischenruf der Abg. Haidlmayr. )  – Warten Sie, ich komme schon noch darauf zu sprechen.

Wir haben das Problem auch schon bei der Einführung des Pflegegeldes gehabt: Das Geld wird oft eins zu eins für Pflegeplätze bezahlt. Wir brauchen eben auch Pflegeplätze. Es kann leider nicht jeder sein Leben selbstbestimmt führen. Das Problem ist, dass die Mittel oft eins zu eins in diese Einrichtungen gehen und es lediglich zu einer Bundesfinanzierung kommt, die andere öffentliche Haushalte entlastet beziehungsweise privaten Anbietern zugute kommt.

Die Zielsetzung des Pflegegeldes, dass jene Personen, die dieser Pflege bedürfen, sich Hilfe zukaufen und damit ein besseres tägliches Leben gestalten können, geht aber dabei nicht in die richtige Richtung, weil dadurch die Pflegeplätze für die Pflegebedürftigen nicht billiger werden.

Ich würde mir wünschen, dass wir uns wieder ähnlich kreative Maßnahmen überlegen wie bei der letzten Novelle, dank der durch den verbesserten Zugang zur Stufe 4 immerhin 16 000 Begünstigte monatlich fast 3 000 S mehr erhalten haben. Frau Kollegin Haidlmayr, das ist immerhin im Gesamtvolumen eine Erhöhung von 2,5 Prozent gewesen. (Abg. Haidlmayr: Wo? Wer? Wann?)  – So viel noch zu Ihrer Frage.

Zum Taschengeld möchte ich noch Folgendes feststellen: Ich weiß aus eigener Erfahrung, weil ich leider familiär auch von diesem Problem betroffen war, dass es viele Notwendigkeiten gibt, die bei einem Pflegeplatz nicht zur Verfügung gestellt werden. Das fängt bei der Wäsche an, die man kaufen muss, weil sich die Menschen körperlich verändern, und geht über den Friseur bis hin zum Haarshampoo und dergleichen. Besonders schmerzhaft ist das insbesondere für jene Menschen, die als einziges Einkommen nur das Taschengeld haben, denen nicht die erwähnten 20 Prozent der Pension bleiben. Vielleicht ist es uns möglich – auch das ist wieder ein Problem, das wir mit den Ländern regeln müssen, das ist klar, weil wir das in den Länderverpflichtungen haben –, zumindest für diese Personengruppe eine Regelung zu finden. (Abg. Haidlmayr: Das war ja vorhanden, das haben Sie ja gestrichen!)

Frau Kollegin Haidlmayr! Wir werden im Ausschuss Gelegenheit haben, ausführlich darüber zu sprechen. Ich würde Sie aber bitten, wirklich zu versuchen, mit uns gemeinsam einen konstruktiven Weg des Machbaren zu gehen und uns auch zuzubilligen, dass auch wir bemüht sind, das Bestmögliche für die betroffenen Personen zu erreichen – im Konsens mit allen Stellen, die dafür Verantwortung tragen. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

13.47

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Gatterer zu Wort gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

13.47

Abgeordnete Edeltraud Gatterer (ÖVP): Herr Präsident! Hohes Haus! Ich weiß, dass das Befassen mit Behinderten, mit Behindertenpolitik eine Sache ist, der wir uns immer widmen müssen. Es ist eine Politik von vielen, größeren und kleineren Schritten. Ich weiß, dass es in diesem Bereich immer Wünsche gibt, und zwar auch berechtigte Wünsche, aber ich möchte doch auch darauf hinweisen, dass gerade in diesem Zusammenhang in den letzten Jahren viel geschehen ist.

Es gibt derzeit mehr als 300 000 Personen in Österreich, die Pflegegeld beziehen. Es gibt in Österreich auch eine hohe Zufriedenheit mit dem System: Immerhin 68 Prozent der Pflegegeldbezieher sind generell und auch mit ihrer Einstufung zufrieden. Ich glaube, das zeigt schon, dass es an und für sich ein sehr gutes Gesetz ist.


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Man muss sagen, Österreich hat eine gute Regelung. Ich verstehe Frau Kollegin Haidlmayr nicht. Kollegin Haidlmayr! Wo wird Geld, das an und für sich für die Behinderten eingesetzt werden müsste, zweckentfremdet verwendet? – Allein vom Bund sind das 1999 immerhin 17,4 Milliarden Schilling gewesen. Ich betone: allein vom Bund! (Zwischenruf der Abg. Haidlmayr. )

Sie wissen, dass auch die Länder sehr hohe Zahlungen leisten, und auch die Gemeinden sind da mit eingebunden. Also dass es in diesem Bereich eine Zweckentfremdung gibt, diese Behauptung kann man hier nicht im Raum stehen lassen! Das stimmt einfach nicht. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich finde, wir haben versucht – das Gesetz ist 1993 entstanden –, in vielen wichtigen Schritten immer wieder Verbesserungen herbeizuführen. (Abg. Haidlmayr: Welche?) Zum Schluss gab es die Verbesserung für die schon zitierten 16 000 Pflegebedürftigen, die durch die bessere Einstufung in Pflegestufe 4 jetzt immerhin 3 000 S monatlich mehr bekommen. (Abg. Haidlmayr: Was ist mit den anderen 300 000?)

Wichtig war zum Beispiel auch, dass für Angehörige oder Verwandte, die aus dem Beruf aussteigen, um zu pflegen, der Bund die Arbeitgeberrolle und vor allem die Kosten übernimmt. Ich meine, es gibt viele Schritte, die einfach gefolgt sind.

Es sind natürlich noch viele Fragen offen. Ich möchte das nicht verhehlen. Für mich stellt sich vor allem die Frage: Gibt es in allen Bundesländern eine gleiche Regelung? Werden alle Behinderten und alle Kinder in allen Bundesländern gleich unterstützt? – Auch da gibt es immer wieder Vorbehalte, weil in einigen Bundesländern das Gefühl besteht, dass eine schlechtere Einstufung erfolgt und damit eine geringere Sicherung der Behinderten gegeben ist.

Ich meine, das ist etwas, womit wir uns befassen müssen. Ich finde, da müsste man im Sozialministerium einmal eine gründliche Untersuchung machen, um zu klären, wie der Ländervergleich aussieht. (Beifall bei der ÖVP.)

Das trifft auch für die flächendeckende Betreuungsmöglichkeit und flächendeckende Angebote zu. Wir wissen, dass es in den Städten ein breites Angebot gibt, wir wissen aber auch, dass es in den ländlichen Regionen in diesem Zusammenhang immer noch weiße Flecken gibt. Ich meine, dass wir uns auch dazu bekennen müssen, dass alle Anbieter zu gleichen Bedingungen anbieten können und, sollte es eine Förderung durch die öffentliche Hand geben, auch die gleichen Chancen in diesem Bereich haben. Es gibt Bundesländer, in denen das bei weitem nicht gepflegt wird, zum Beispiel in Kärnten.

Die Wahlfreiheit der Patienten steht auch für die ÖVP im Vordergrund. Die einzige Möglichkeit, dass Patienten die Wahlfreiheit haben, ist, dass es flächendeckend mehrere Angebote gibt. Man muss jedoch sagen, dass es in diesem Zusammenhang in den ländlichen Regionen große Probleme gibt, dass gerade die Behindertenbetreuung, zum Beispiel die Rehabilitation oder auch die Frühförderung von Kindern, ein Stadt-Land-Gefälle aufweist.

Generell muss man sich auch mit der Frage auseinander setzen – gerade als Politikerin, die sich sehr viel mit Frauenfragen beschäftigt, muss ich das fragen –: Kommt das Pflegegeld zu den Pflegenden? – Diesbezüglich werden viele Klagen an mich herangetragen, vor allem von Frauen, die innerhalb der Familie pflegen, wonach das Pflegegeld, das zwar dafür vorgesehen ist, nicht für die Pflege weitergegeben wird. Auch das müsste einmal untersucht und geklärt werden, da wir dieses Geld für die Pflege eingeführt haben.

Für mich ist die sozialrechtliche Absicherung auch eine Frage, die sich für diese Familienmitglieder stellt. (Abg. Haidlmayer: Nicht immer!) Daher verstehe ich Sie nicht, Frau Kollegin Haidlmayr. Ich verstehe nicht, dass Sie nicht haben möchten, dass diese Menschen, die mit viel Idealismus Behinderte pflegen – unser großer Respekt gilt jenen, die Behinderte betreuen, pflegen –, eine sozialrechtliche Absicherung haben. Ich verstehe Ihren Einwand nicht. (Abg. Haidlmayr: Das wollen wir schon, aber nicht nur auf die Familien bezogen!)


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Ich möchte noch ganz kurz auf die Frage eingehen, warum Kinder nicht ab der Geburt Pflegevorsorge bekommen sollen. Ich glaube, wir müssen uns mit diesem Thema auseinander setzen, aber auch sagen, dass das eine Frage der Länder ist. Tirol, Salzburg und Wien haben da wirklich eine Vorreiterrolle übernommen. Ich selbst weiß von manchen Fällen, dass wir so ansetzen müssten, dass es vom Ministerium für Kinder einen anderen Kriterienkatalog gibt. Man kommt nicht auf die Stundenzahl, denn das kleine Kind muss man frisieren, dem muss man die Zähne putzen, das muss man anziehen. Wenn man das aufrechnet, ist es für viele Kinder sehr schwierig, in den Genuss einer Pflegevorsorge zu kommen. (Abg. Dr. Partik-Pablé: So blank wie Sie sind, das ist ja schrecklich! Sie reden wie der Blinde von der Farbe! Keine Ahnung!) Ich meine daher, dass wir uns in diesem Zusammenhang Kriterien überlegen sollten.

Von Müttern, die behinderte Kinder haben, weiß ich, dass wir dafür sorgen müssen, dass diese Mütter auch Freizeit haben, dass sie aus dem Bereich der Pflege hinauskommen, vor allem aber auch dafür, dass es für behinderte Kinder fixe Pfleger gibt, da behinderte Kinder sehr sensibel sind, wenn die Pfleger ständig wechseln, ständig fremde Personen sind. (Zwischenrufe bei den Grünen.)

Gesellschaftspolitisch ist für mich besonders wichtig – ich glaube, gerade jetzt zu Weihnachten ist das auch wichtig –, dass man behinderte Kinder wieder in die Gesellschaft mitnehmen kann und Behinderte nicht aus unserer Gesellschaft ausschließt. (Zwischenruf der Abg. Haidlmayr. )

Ich weiß, dass sehr viele gesunde Menschen Probleme im Umgang mit Behinderten haben, nämlich aus Unsicherheit. Daher ist es wichtig, dass wir Kinder, auch behinderte Kinder, wieder vermehrt in unsere Gesellschaft integrieren, den Eltern eine Hilfestellung geben und unsere Umwelt so gestalten, dass man mit behinderten Kindern am gesellschaftlichen Leben teilnehmen kann.

Wir müssen Ihre Punkte überdenken, wir müssen schauen, ob es Möglichkeiten gibt, wir müssen mit den Ländern verhandeln. Ich glaube, die Sozialministerin wäre aufgefordert, in ihrem Bereich zu schauen, ob in allen Bereichen soziale Treffsicherheit gegeben ist, ob nicht vieles in den Behindertenbereich umgeschaufelt werden könnte, um die Anliegen der Behinderten besser zu unterstützen.

Ich meine, dass gerade im Bereich der Behindertenpolitik jeder Einzelne gefordert ist. Und gerade kurz vor Weihnachten muss man auch sagen (Abg. Haidlmayr: Das hat mit Weihnachten nichts zu tun!): Es gibt Hunderttausende Österreicher, die engagiert sind, die Veranstaltungen, Benefizkonzerte, Basare abhalten. (Abg. Haidlmayr: Wir sind keine Almosenempfänger, wir wollen Rechte!) Ich glaube, das ist richtig, nämlich dass Behinderte nicht nur anonym über den Steuerzahler unterstützt werden, sondern dass sich wirklich jeder Einzelne zur persönlichen aktiven Hilfe an Behinderten bekennt. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Dietachmayr. )

13.55

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte.

13.56

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Es gibt ja nicht sehr viele Anträge der Grünen, die ich gutheiße, eigentlich fast keine, aber diesen Antrag der Frau Kollegin Haidlmayr kann ich deshalb unterschreiben, weil es darin um uralte Forderungen der Freiheitlichen geht. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Ich bin auch froh darüber, dass Sie das alles jetzt hier in einem Block untergebracht haben.

Die Valorisierung des Pflegegeldes ist ja, meine sehr geehrten Damen und Herren, eine wirklich unendliche Geschichte in diesem Haus, und zwar eine, die sehr unrühmlich, sehr unerfreulich ist.

In den letzten Jahren sind zwar den Behinderten alle finanziellen Opfer abverlangt worden, so wie den übrigen Steuerzahlern – ich möchte daran erinnern: Zum letzten Sparpaket haben die


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Behinderten mit 4 Milliarden Schilling beigetragen, durch verschiedene Kürzungen, durch die Einführung von Selbstbehalten und so weiter! –, aber das Pflegegeld ist nicht valorisiert worden.

Frau Kollegin Gatterer! Ich finde, Ihre Rede war beschämend. (Demonstrativer Beifall der Abg. Haidlmayr. ) Wenn Sie behaupten, dass in den letzten Jahren laufend Verbesserungen durchgeführt worden sind, so muss ich sagen, dass das überhaupt nicht stimmt. Womit rechtfertigen Sie, dass die Behinderten 4 Milliarden Schilling zum Sparpaket haben beitragen müssen? – Das können Sie ganz einfach nicht verantworten. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Seit dem Jahre 1994 ist das Pflegegeld nicht valorisiert worden. Durch diese Maßnahme des Sparpaketes kam es zu einer kontinuierlichen Schmälerung des Pflegegeldes: Erstens hat die Inflation am Pflegegeld genagt; zweitens gibt es die Selbstbehalte und andere Maßnahmen – es wurde ja jede Menge an steuerlichen Maßnahmen gesetzt. Leider sind alle bisherigen Versuche, Sie aufzurütteln, Sie aufzufordern, das Pflegegeld zu valorisieren, fehlgeschlagen. Zuletzt haben wir im Juli dieses Jahres einen diesbezüglichen Antrag eingebracht, den Sie von Rot und Schwarz einhellig abgelehnt haben.

Ich weiß: Es gibt wenig Geld, es gibt Budgetdefizite und so weiter, aber gerade bei den Behinderten darf nicht gespart werden, denn in den letzten Jahrzehnten waren die Behinderten immer diejenigen, die ohnehin zur Kasse gebeten wurden und die Leidtragenden waren! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dietachmayr: Das ist aber mehr als polemisch!)

Ich habe gesagt, dass Ihre Rede beschämend war, Frau Gatterer. Das, was Sie hier heute an den Tag gelegt haben, ist, so finde ich, ein ganz mieses Vorkoalitionsgetue. Die Einhelligkeit von ÖVP und SPÖ, wenn es darum geht, die Valorisierung des Pflegegeldes zu verhindern, ist wirklich bemerkenswert. Sie gebrauchen alle möglichen Ausreden, um ja nicht das durchführen zu müssen, was dringend notwendig ist.

Frau Silhavy sagt, man solle den konstruktiven Weg des Machbaren im Konsens mit allen gehen. Entschuldigen Sie, aber das ist wirklich heiße Luft. Was soll das? Das ist eine Aneinanderreihung von ein paar Worten, aber nicht mehr, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf der Abg. Silhavy. )

Statt sich damit auseinander zu setzen, wie man die Lage der Behinderten verbessert, wie man die finanziellen Mittel aufbringt, um das Pflegegeld zu valorisieren, kommt immer wieder die Missbrauchsdebatte. Sie, Frau Gatterer, haben ebenfalls davon gesprochen: Da gibt es Missbräuche von Pflegegeld! (Abg. Gatterer: Das habe ich nicht gesagt!) In anderen Bereichen, in denen der Missbrauch viel offensichtlicher ist, sollten Sie herumschnüffeln, aber nicht bei den Behinderten, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie haben die Missbrauchsdebatte wieder einmal hier angebracht und gesagt: Sie wissen das, zu Ihnen kommen immer wieder Leute. Es gibt kaum einen Politiker, der so in der Behindertenszene integriert ist wie ich, da ich ein behindertes Kind habe. An mich werden jedoch keine Klagen herangetragen, weil es diesen behaupteten Missbrauch ganz einfach nicht gibt – außer vielleicht bei ein paar alten Leuten, die in der Pflegestufe 1 sind, die das Pflegegeld oder das Taschengeld im Nachtkästchen liegen haben, und wo man immer wieder sagt, dass die Erben das Geld nehmen. Aber bei den Behinderten gibt es diesen Missbrauch einfach nicht. Nehmen Sie das endlich zur Kenntnis! (Präsident Dr. Khol übernimmt den Vorsitz.)

Aber auch zum Beispiel der Herr Finanzminister sagt unter dem Titel "Missbrauch", dass das Pflegegesetz laufend auf Verbesserungsmöglichkeiten hin überprüft wird. Er hätte ja die Möglichkeit, das Gesetz betreffend Pflegegeld zu verbessern, wenn er nur endlich einmal valorisierte. Aber nein, er denkt daran, den Behinderten etwas wegzunehmen.

Ganz arg ist jedoch das, was der Präsident der Ärztekammer gemacht hat. Der Präsident der Ärztekammer hat gefordert, dass das Pflegegeld logischerweise zur Refundierung der Kosten der Hausbesuche herangezogen werden müsste. Etwas Ärgeres gibt es ja überhaupt nicht. Dann müsste ja jedem Staatsbürger, der einen Hausbesuch in Anspruch nimmt, ein bestimmter


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Betrag abgezogen werden. – Das ist die Politik, mit dieser setzen Sie sich nicht auseinander; das akzeptieren Sie! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! So, wie Sie mit den Behinderten umspringen, kann es in Zukunft nicht weitergehen. Ich finde es traurig, dass Sie von der ÖVP in diesem Punkt gemeinsame Sache mit den Sozialisten machen, nur um sich ein Trittbrett in die nächste Koalition zu sichern.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Genauso berechtigt wie die Kritik an der Nichtvalorisierung des Pflegegeldes ist auch die Kritik, dass das Pflegegeld nicht schon ab der Geburt bezahlt wird, sondern erst ab dem dritten Lebensjahr. (Zwischenruf der Abg. Gatterer. ) Wir waren immer gegen diese Regelung! Wir haben bereits bei der Einführung des Pflegegeldes gesagt, dass es ungerechtfertigt ist, den Eltern behinderter Kinder nicht das Pflegegeld zuzugestehen und sich nur auf die Härtefälle – zu denen ist es im Jahre 1996 gekommen – zurückzuziehen.

Frau Gatterer! Sie vergleichen den Pflegeaufwand für ein nicht behindertes Kind mit jenem für ein behindertes. Sie haben ja wirklich überhaupt keine Ahnung! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Was glauben Sie, was die Pflege eines behinderten Kindes eigentlich heißt, was das bedeutet an Arztbesuchen?! Es gibt das Absaugen, wenn ein Kind zum Beispiel nicht atmen kann, oder die Bewegungstherapie. Sie wissen das nicht. Ich lade Sie gerne ein: Kommen Sie und schauen Sie sich einen neugeborenen behinderten Säugling oder ein behindertes Kind bis zum dritten Lebensjahr an! Sie würden dann sagen, dass der Mutter nicht nur das einfache Pflegegeld, sondern das Doppelte von all dem gebührt. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Sie aber reden so wie jemand, der überhaupt keine Ahnung davon hat.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich meine, dass trotz der angespannten finanziellen, budgetären Situation die Mittel für die Behinderten nicht weiter gekürzt werden dürfen, und ich fordere Sie auf, mit uns gemeinsam daran zu arbeiten, dass sich die Situation der Behinderten bessert! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.03

Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Lichtenberger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Ich freue mich, dass eine Tirolerin an das Rednerpult tritt, wenn ich zum ersten Mal den Vorsitz in diesem Hohen Haus führe. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)  – Bitte, Frau Doktor. (Abg. Schwarzenberger: Aber sie soll trotzdem keine Privilegien bekommen!)

14.03

Abgeordnete Dr. Evelin Lichtenberger (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Der Schwerpunkt meines heutigen Debattenbeitrages zu diesem Paket, das Kollegin Haidlmayr quasi entwickelt hat, liegt bei der Lösung des Problems des Pflegegeldes für behinderte Kinder unter drei Jahren.

Aufgrund der Ausführungen der Kollegin Gatterer – zumindest mancher Teile davon – wäre ich fast zur Auffassung gelangt, dass sie unseren Antrag unterstützen müsste. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Das habe ich nicht entnommen!) Das Einzige, womit sie sich dann sozusagen wieder weit entfernt hat – das hat mich eigentlich schon sehr getroffen –, war das Argument, dass man ja auch nicht behinderte Kinder frisieren, wickeln und pflegen müsse; so ist das aus ihren Worten hervorgegangen. (Abg. Gatterer: Das haben Sie bewusst falsch verstanden!)

Dazu kann ich wirklich nur sagen: Wenn man auch nur die geringste Ahnung von den Bedürfnissen, von den Pflegenotwendigkeiten im Bereich behinderter Kinder hat, müsste einem dieser Satz im Hals stecken bleiben. Wenn man sich ein wenig Einblick verschaffen möchte – ich glaube, das sollte man tun, auch wenn man gegen einen Antrag ist, wie ich das jetzt hier vor allem von dieser und von dieser Seite (in Richtung SPÖ und ÖVP) entnommen habe –, dann müsste man darüber nachdenken, sich das irgendwann einmal zu Gemüte führen.


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Es geht mir ja nicht nur und ausschließlich darum, aufzuzeigen, dass in diesem Bereich enorme Ungerechtigkeiten gegeben sind, sondern auch darum, darauf hinzuweisen, dass dadurch, dass kein Pflegegeld zusteht und somit keine Frühförderung geleistet werden kann, enorme Konsequenzen entstehen, die zum Beispiel bei Schuleintritt sofort sichtbar werden. Nicht nur die direkten Erfahrungen von Unterrichtenden, sondern auch Studien aus der Schweiz belegen ganz klar, dass die Entwicklungsrückstände nicht geförderter Kinder mit zum Beispiel Down-Syndrom bei der Einschulung enorm sind. Ein nicht gefördertes Kind befindet sich auf Grund einer zusätzlichen Entwicklungsverzögerung auf dem Stand eines zwei- bis dreijährigen Kindes, ein schon früh gefördertes Kind mit Down-Syndrom befindet sich dann auf dem Stand eines fünfjährigen Kindes und hat Dinge erlernt, die man nur unter drei Jahren erlernen kann, später nicht mehr. Es handelt sich dabei um Fragen der Sprachentwicklung und auch der Bewegung.

Wenn Sie ein bisschen Ahnung von Paduan-Pädagogik haben, wissen Sie, dass man bei einem Kind, das sich nicht selbst die Welt aneignen kann, wie das ein anderes, ein sozusagen durchschnittliches Kind macht, mit Intelligenzdefiziten rechnen muss. Frühförderung aber kann dieses Problem in vielen Bereichen von Störungen so mildern, dass nur die Störung selbst, die Behinderung selbst, sei sie angeboren oder erworben, bestehen bleibt, nicht jedoch auch der gleichzeitig auftretende Entwicklungsrückstand.

Sie wissen – wenn nicht, sollten Sie es sich aneignen –, dass Kinder mit Gaumenspalten nur unter drei Jahren therapiert werden können, dass Kinder, die frühkindliche Operationen haben, weil sie eben mit Behinderungen auf die Welt gekommen sind, eines enorm erhöhten Pflegeaufwandes bedürfen, und Sie sollten wissen, dass all das, was man in den ersten drei Jahren nicht leistet, diesen Kindern unter Umständen ein Leben lang auf den Kopf fällt, dass ein Leben lang zusätzlich eine Entwicklungsverzögerung eintritt, weil sich eben das reizaufsuchende Verhalten nicht so stark entwickeln kann.

Dass Bundesländer in diesem Bereich vorausgegangen sind – dazu gehört auch Tirol –, ist dem Einsatz von Behindertenorganisationen und vor allem von Organisationen von Eltern behinderter Kinder zu verdanken, die sich jahrelang darum bemüht haben, dass hier kompensiert wird. Ich halte es für unerträglich, dass es dazu nur in manchen Bundesländern nach massivem Engagement gekommen ist und dass von Ihrer Seite und vor allem von Ihrer Seite (in Richtung ÖVP und SPÖ) keine Bereitschaft besteht – Sie meinen, wir sollten warten, bis vielleicht alle bereit sind, zusammenzuarbeiten –, eine gemeinsame Regelung zu schaffen.

Zum Appell von sozialdemokratischer Seite, wir sollten dieses Problem gemeinsam und mit Augenmaß in Angriff nehmen: Ja, genau, mit Augenmaß; mit dem Augenmaß jener, die die Situation von Pflegenden, von Kindern bis zu drei Jahren kennen und sich diese auch anschauen! – Mit Augenmaß und mit Ihrer Bereitschaft, hier "mitzugehen", können wir das doch sofort erledigen.

Beim Zuhören konnte man feststellen: Sie kennen die Situation, Sie beschreiben sie als schwierig und für die meisten Frauen, die pflegen – es sind ja nahezu keine Männer, die sich dafür freistellen lassen –, als nahezu unerträglich. Wenn man dann aber als Konsequenz sagt: Wir beschließen diese Anpassung des Pflegegeldes nicht!, so fehlt mir dafür – aber vielleicht bin ich noch nicht lang genug mit Ihnen konfrontiert – schlicht und ergreifend das Verständnis.

Meine Damen und Herren von ÖVP und SPÖ! Dieser Punkt ist ein Schandfleck in der Pflegegeldregelung, und diesen Schandfleck könnten Sie heute, könnten Sie in den Beratungen sofort entfernen. (Zwischenruf der Abg. Silhavy. ) Dann bräuchten wir nicht zu warten, bis Sie aus lauter Gemeinsamkeit vielleicht auch gemeinsam die Konsequenzen aus Ihrer eigenen Meinung ziehen. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

14.09

Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gelangt nunmehr Herr Abgeordneter Harald Fischl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.10

Abgeordneter Harald Fischl (Freiheitliche): Herr Präsident! Verehrte Damen und Herren! Für mich ist der vorliegende Antrag auf erste Lesung heute hier im Parlament zwar der erste Antrag


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der Frau Kollegin Haidlmayr, in Wirklichkeit findet aber in dieser Sache schon die zweite Lesung statt, denn, wie Sie sich sicher erinnern werden, es wurde vor ein paar Monaten ein Antrag auf erste Lesung des Abgeordneten Herbert Haupt hier im Hohen Haus debattiert. Wir Freiheitlichen haben schon damals dargelegt, dass man den Bereich Altenpflege nicht nur auf ein paar wenige monetäre Aspekte einschränken darf, sondern dass wir von der Politik aufgefordert sind, uns grundsätzlich mit der Frage der Altenversorgung in unserem Land auseinanderzusetzen und zu beschäftigen, und zwar alleine schon deswegen, weil uns die Tatsache, dass der Sektor Alten- und Behindertenversorgung in unserem Land einen immer höheren Stellenwert für die Bevölkerung insgesamt einnimmt, dazu zwingt.

Verehrte Damen und Herren! In Österreich sind derzeit 300 000 Menschen Pflegegeldbezieher, 80 Prozent davon in der Stufe 1 und 2, also in den niedrigen monetären Stufen, in den niedrigen Geldstufen, die in Anspruch genommen werden. Aber was passiert in Zukunft? – Jene Menschen, die sich heute in diesen beiden Stufen befinden, werden in ein paar Jahren aufgrund ihrer Morbidität mit Sicherheit in andere Stufen übergleiten, und über die Frage, welche Auswirkung das dann auf das Budget haben wird, sollten wir heute schon nachdenken. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Hohes Haus! Ich als jemand, der auch in diesem Sektor tätig ist und der – ich habe das das letzte Mal schon gesagt – leider Gottes als Kind zu Hause miterleben musste, wie sich ein Kind, das meine Mutter geboren hat und das dann im Spital schwer verletzt wurde, 13 Jahre lang dem Martyrium aussetzen musste zu leben – ich sage das ganz bewusst, weil ich das täglich miterfahren habe und weiß, wovon ich rede –, bin der Meinung: Man soll Kindern bis zum dritten Lebensjahr und behinderten Kindern überhaupt nur alles Erdenkliche im Sinne des Vorschlages der Frau Kollegin Partik-Pablé zukommen lassen – den Müttern, den Eltern, die verzichten müssen, und den Kindern, denen es an einer absolut hochwertigen medizinischen Versorgung nicht mangeln darf.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich finde es beschämend, dass wir hier darüber diskutieren müssen, denn es geht in Wahrheit gar nicht um so viele Kinder, es geht in Wahrheit gar nicht um so viele Betroffene, als dass sich das die Republik Österreich nicht leisten könnte – sich nicht leisten könnte, den Begriff Solidarität vorbildlich zu leben. Man sollte hier nicht eine Schattendiskussion führen, bei der man sich hinter seiner Ideologie versteckt, um ja dem Problem auszuweichen.

Hohes Haus! Verehrte Damen und Herren! Ich sage es mit Betroffenheit: Bedauerlicherweise sind offensichtlich die Grünen und wir Freiheitlichen die Einzigen hier in diesem Parlament, die den Begriff Solidarität noch mit dem verbinden, was er sein soll (Zwischenruf der Abg. Sophie Bauer ): Bemühen um das Sozialwohl, Bemühen um die Menschen in diesem Lande. Sie, Frau Kollegin, die Sie hier herunterschimpfen, sollten hier herausgehen und sich einmal dazu bekennen! Und Sie, Frau Kollegin Silhavy, die Sie sich hier herstellen und Betroffenheit zum Ausdruck bringen und beklagen, dass Ihnen offensichtlich die Frau Kollegin von den Grünen nicht jenen Wert beimisst, der Ihnen gebührt, weil Sie Sozialgesetze machen, sollten sich schämen (Beifall bei den Freiheitlichen), denn Ihre Partei ist es, die systematisch an die Demontage des Sozialstaates massiv Hand anlegt. (Abg. Dr. Mertel: Rodungsbewilligung des Herrn Haider im Sozialbereich!) Ich werde Ihnen diese These anhand einiger Punkte untermauern. (Abg. Dr. Mertel: Rodungsbewilligung! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Im Jahre 1993, Hohes Haus, sprach der legendäre Minister Hesoun vom Pflegegeld als einem Quantensprung in der Sozialpolitik. Im Jahre 1993 hat die heutige Sozialministerin Hostasch von der Regierungsbank aus gesagt, dass wir mit der Pflegevorsorge quasi die dritte Säule der Sozialpolitik verwirklicht hätten. Im Jahre 1996 hat Minister Edlinger bereits etwas anderes gesagt. Er hat dieser systematischen Demontage des Sozialstaates, des Sozialwesens in unserem Lande mehr oder weniger dadurch Ausdruck verliehen, indem er gemeint hat: Na ja, wir müssen ein paar Änderungen vornehmen, weil das Pflegegeld insgesamt massive finanzielle Auswirkungen auf das Budget hat. – Das hatte zur Folge, dass das Pflegegeld seit dem Jahre 1996 nicht mehr angepasst wird, dass die Stufe 1 um 20 Prozent reduziert wurde und dass das Taschengeld bei Bewohnern von Institutionen um 50 Prozent gekürzt wurde.


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Verehrte Damen und Herren! Das Traurige an dieser ganzen Sache ist für mich, dass der Finanzminister damit ganz klar und deutlich zum Ausdruck gebracht hat, dass es keine Valorisierung und damit keine Werterhaltung der Kaufkraft dieser Leistungen, die wir den behinderten und pflegebedürftigen Menschen in unserem Lande zugestehen, geben wird. Mittlerweile ist da ein Kaufkraftverlust von sieben Prozent in Ansatz zu bringen. Das sind immerhin 1,2 Milliarden Schilling pro Jahr, die an Kaufkraft sozusagen verloren gehen.

Was mich noch mehr befremdet, um ein bisschen mit Ihrem Begriff zu hantieren, Frau Kollegin Silhavy, ist, dass Sie einfach nicht die wirtschaftspolitische Dimension, die hinter diesem Sektor steht, begreifen möchten, dass Sie nicht begreifen möchten, dass alle Jahre Milliarden ...

Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit ist zu Ende. Kommen Sie bitte zum Schlusssatz!

Abgeordneter Harald Fischl (fortsetzend): Ich möchte folgenden Appell an Sie richten: Wenn Sie den Begriff "Solidarität" leben wollen, strapazieren Sie ihn nicht, sondern schließen Sie sich unseren Vorhaben an, und zeigen Sie in Hinkunft, dass Sie Sozialpolitik als das betrachten, was wir wollen: das Bemühen um die Bevölkerung in unserem Lande! – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.16

Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Haigermoser. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.16

Abgeordneter Helmut Haigermoser (Freiheitliche): Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Silhavy! Ich glaube, wir sollten die Aufgeregtheit wieder etwas hintanhalten (Abg. Rosemarie Bauer: Meinen Sie Herrn Abgeordneten Fischl?), denn zumindest eines sollte dieses Parlament einen ... (Zwischenruf der Abg. Silhavy. )  – Die Zwischenrufe im Zusammenhang mit GAK und so weiter können Sie sich wirklich ersparen, Frau Kollegin! Hier geht es um ein wirklich ernst zu nehmendes Thema, und daher appellieren wir Freiheitliche, dass wir uns der berechtigten Sorgen der Schwächsten in unserer Gesellschaft annehmen, nämlich der Behinderten.

Meine Damen und Herren! Diese erste Lesung zu einem Antrag der Frau Kollegin Haidlmayr hat sich jetzt zu einer Art Generaldebatte entwickelt, und ich glaube, dass auch der Gedanke der Integration in diese inhaltliche Auseinandersetzung einfließen sollte. Es wird sehr oft von der notwendigen Integration auch am Arbeitsplatz gesprochen, und wir Freiheitliche sind der Meinung, man sollte, so es nur irgendwie möglich ist, auch den Behinderten einen entsprechenden Arbeitsplatz anbieten. Aber in dieser Hinsicht ist der Bund, Frau Kollegin Silhavy, in vielen Ministerien mehr als säumig. Ich glaube, dass das auch einmal hier festgehalten werden sollte.

Die Wirtschaft hingegen leistet auf diesem Gebiet Erkleckliches, wenn man auch hinzufügen muss, dass da noch manches nachzuholen ist. Schauen wir uns einmal die Zahlen an! Allein in Wien beträgt die Arbeitslosenrate bei den Behinderten 10 Prozent, und mehr als 30 000 behinderte Österreicher, welche arbeitsfähig sind, suchen einen entsprechenden Arbeitsplatz. Natürlich – das muss zugegeben werden – ist es schwierig, für Behinderte immer entsprechende Arbeitsplätze anzubieten, aber daran sollten wir ja arbeiten. Daher ist es, Frau Kollegin Silhavy, nicht zu verstehen, dass in einem Ministerium, welches jahrzehntelang in Ihrem Einflussbereich stand und noch immer steht, nun darangegangen wird, auch bei der Wirtschaft zu sparen – unter Anführungszeichen –, was Behindertenarbeitsplätze anlangt.

Ich habe – so wie auch Sie – einen Brief einer Firma aus Kärnten, der Firma Gunzer, erhalten, in welchem ein Fall geschildert wird, der treffend zeigt, wie Sie mit Behinderten umgehen, nämlich dass Sie diesen wieder einmal das nehmen wollen, was ihnen mehr als zusteht.

Kurz zitiert aus diesem Schreiben: Das Bundessozialamt hat für behinderte Dienstnehmer je nach Behinderungsgrad – das wissen auch Sie – Lohnzuschüsse gewährt. In der Vergangenheit, und jetzt ist das auch noch der Fall. Laut Aussage des Bundessozialamtes Klagenfurt werden diese Mittel ab sofort drastisch gekürzt, größtenteils sogar ersatzlos gestrichen. Das heißt,


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dass in Zukunft den Betrieben auch die letzte Unterstützung für die Beschäftigung dieser Menschen genommen wird. – Zitatende.

Frau Abgeordnete Silhavy! Ist das in Ihrem Sinne? – Von Herrn Klima hört man ja immer, Österreich sei das dritt- oder viertreichste Land Europas. Ich frage Sie daher: Haben wir nicht diese paar Schilling noch übrig, um die Behinderten dort zu unterstützen, wo das Geld auch hingehört, nämlich auf dem Arbeitsplatz?

Ein konkretes Beispiel wird in diesem vorhin genannten Schreiben geschildert: Ein bei uns beschäftigter Dienstnehmer hat einen Behinderungsgrad von 60 Prozent. Der Lohnzuschuss betrug monatlich 2 400 S, würde im Jahre 2000 auf 1 200 gesenkt und im Jahre 2001 überhaupt zur Gänze gestrichen.– Ende der Zitate aus diesem Brief.

Meine Damen und Herren! In Anbetracht dessen hier herzugehen und zu sagen, alles sei eitel Wonne, die Behindertenproblematik sei eigentlich ohnehin erledigt, das ist schon mehr als dürftig! Es fehlt Ihnen die Ernsthaftigkeit, die diesem Problem zustünde. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf der Abg. Silhavy. )

Meine Damen und Herren! Wenn dem so sein soll, wenn dem so ist, dann kann man wohl vom eisigen Wind der sozialen Kälte sprechen. Das ist nicht die Solidargemeinschaft, die die Behinderten verdienen! Die Sonntagsreden aus Ihrem Munde, Frau Kollegin Silhavy – und wir haben das in der Steiermark im Wahlkampf hören müssen –, haben Sie heute wieder einmal ad absurdum geführt. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Silhavy. )

Meine Damen und Herren! Wir Freiheitlichen anerkennen, dass eisern gespart werden muss, aber wir sind der Meinung, dass dies an der richtigen Stelle zu erfolgen hat. Man könnte zum Beispiel bei der Bürokratie einsparen. Herr Klima hat gesagt – er sagte, Österreich sei das viertreichste Land –, man müsse jetzt in den Sozialversicherungsanstalten bei der Bürokratie einsparen, etwa durch Zusammenlegung, um dort Synergien zu nützen, Kosten einzusparen. Wenn dem so geschehen würde, hätten wir mit Sicherheit Geld für jene Maßnahmen, die heute in verschiedenen Debattenbeiträgen angetönt wurden.

Frau Kollegin Silhavy! Sie sollten zuhören und uns auf diesem Wege begleiten! Ich glaube, dass die Behinderten das mehr als verdient haben. Es ist höchste Zeit, dort anzusetzen, nämlich den Schwächsten in der Gesellschaft Unterstützung in richtigem Maße zu gewähren. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.21

Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gelangt nunmehr Frau Abgeordnete Dr. Gabriela Moser. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

14.21

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dieser heutige Antrag auf erste Lesung ist für uns auch ein Auftrag im Zusammenhang mit dem letzte Woche begangenen "Allgemeinen Tag der Menschenrechte", weil wir finden, dass gerade behinderte Menschen die Menschenrechte noch nicht in vollem Umfang für sich in Anspruch nehmen können, und weil vor allem die Einführung des Pflegegeldes eigentlich dazu angehalten war beziehungsweise dazu dienen sollte, das selbstbestimmte Leben, das Leben mit Persönlichkeitsrechten in vollem Umfang führen zu können oder zumindest in dem Umfang, den unsere Gesellschaft rein finanziell durchaus ermöglichen könnte. Das Pflegegeld war ein wichtiger finanzieller Schritt dazu. Aber die finanzielle Seite, die Evaluierung ist nur eine Seite unseres Antrags, auf der anderen Seite geht es uns vor allem darum, das ursprüngliche Ziel wieder hervorzukehren, nämlich das Ziel des Ausbaus einer ambulanten Betreuung, das Ziel, wirklich ein selbstbestimmtes Leben, ein Leben auf eigenen Füßen führen zu können.

Wie schaut die Realität aus? – Die Realität ist die, dass die Behinderten größtenteils auf Grund des Pflegegeldes immer mehr in Heimen betreut werden und dass die Heime das Pflegegeld als neue Finanzressource entdeckt haben. Aber das ist ein Weg in die Sackgasse, das ist der falsche Weg. Es ist aber auch ein Missbrauch dieser Einführung, und diesem Missbrauch wollen


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wir eben mit diesem unserem Antrag begegnen, in welchem wir fordern, dass insgesamt die ambulante Betreuung ausgebaut werden muss.

Es gibt derzeit ein Unterangebot an ambulanter Betreuung. Sie muss rund um die Uhr gewährleistet werden. Dann ist der Schritt zum selbstbestimmten Leben auch für Behinderte erst richtig möglich.

Wir wollen, dass auch die persönliche Assistenzleistung wieder finanzierbar ist und dass praktisch fremde Personen sozialversicherungsrechtlich ähnlich gestellt sind wie Angehörige, dass da die gleichen Maßstäbe angelegt werden. Deshalb sind wir auch dagegen, dass es einen Unterschied in der Pflege gibt. Wenn man als Assistent praktisch erstmals die Pflege übernimmt, soll es keinen Unterschied zu jemandem, der als Assistent ein Dienstverhältnis lösen muss, geben.

Diese Summe an Problemen führt dazu, dass uns hier und heute in einer ersten Lesung gerade im Zusammenhang mit dem Tag der Menschenrechte wieder einmal das Problemfeld der Behinderung und das Problemfeld vor allem auch der finanziellen Eigenständigkeit und des Weges zum selbstbestimmten Leben Anlass zu denken geben sollten. (Beifall bei den Grünen.)

14.24

Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ich weise den Antrag 43/A dem Ausschuss für Arbeit und Soziales zu.

4. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (2 und Zu 2 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Pensionsgesetz 1965, das Nebengebührenzulagengesetz, die Reisegebührenvorschrift 1955, das Ausschreibungsgesetz 1989, das Karenzurlaubsgeldgesetz, das Richterdienstgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1984, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1985, das Land- und Forstarbeiter-Dienstrechtsgesetz, das Eltern-Karenzurlaubsgesetz und das Bundesgesetz BGBl. Nr. 298/1986 geändert werden (10 der Beilagen)

Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nunmehr zum 4. Punkt der Tagesordnung.

Auf die mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich als erster Redner Herr Abgeordneter Dr. Gerhard Kurzmann. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.25

Abgeordneter Dr. Gerhard Kurzmann (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Regierungsvorlage, mit der eine Reihe von Gesetzen geändert wird, darunter das Beamten-Dienstrechtsgesetz, das Gehaltsgesetz, das Vertragsbedienstetengesetz und so weiter, regelt die Besoldung des öffentlichen Dienstes für das Jahr 2000. Es ist, um das gleich vorwegzunehmen, den Verhandlungspartnern damit kein großer Wurf gelungen. Es ist kein Neubeginn zu sehen, nicht einmal ein Reformansatz ist zu erkennen.

Das Ergebnis dieser Besoldungs-Novelle 2000 ist mager. Die Rituale waren wie in jedem Jahr gleich: Die Gewerkschaft hat dem Dienstgeber vor dem Ende der Verhandlungen medienwirksam mit Kampfmaßnahmen gedroht. Die Regierungsvertreter haben ebenso medienwirksam ihre Spargesinnung – vielleicht ihre vorgebliche Spargesinnung – ins rechte Licht zu rücken versucht. Manche Journalisten waren versucht, das alles nur als Schattenboxen darzustellen.

Die Bezüge der öffentlich Bediensteten werden im kommenden Jahr um 1,5 Prozent erhöht werden. Was wir Freiheitlichen kritisieren, ist vor allem die soziale Unausgewogenheit, die diese


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Steigerung enthält. 1,5 Prozent Mehrgehalt für Bezieher höherer Einkommen schlagen naturgemäß stärker zu Buche als 1,5 Prozent Plus für schwächere Einkommensgruppen. Für den Herrn Hofrat oder die Frau Senatsrat bringt diese Regelung auch in Zukunft einen größeren finanziellen Vorteil als etwa für den Amtsboten oder die Aufräumerin. Das Sprichwort "über einen Kamm scheren" oder das bekannte Gießkannenprinzip drängen sich da als Vergleich förmlich auf.

Der Hauptgrund, meine Damen und Herren, warum wir Freiheitliche diese Novelle ablehnen, ist, dass wieder nicht die Leistungen der Beamten, sondern in erster Linie das Dienstalter honoriert werden. Wir Freiheitlichen wollen nicht die Jahresringe belohnen, sondern wir streben eine leistungsbezogene Bezahlung an. Ich möchte Ihnen das anhand eines sehr einfachen Beispieles darlegen.

Ein Abteilungsleiter in der Finanzlandesdirektion – gehen wir einmal von einem Alter von 34 Jahren aus – verdient brutto 29 219 S. Ein 60-jähriger Abteilungsleiter erhält brutto 51 407 S. (Abg. Dr. Mertel: Welcher Dienstklasse?) Der Grund für diesen Unterschied – Frau Kollegin, das sind mehr als 20 000 S; das wissen Sie als Beamtin genauso wie ich (Abg. Dr. Mertel: In welcher Verwendungsgruppe ist er denn?)  – sind die bekannten Biennalsprünge. Wenn Sie sich aber die Funktionszulage dieser beiden Beamten ansehen (Abg. Dr. Mertel: In welcher Verwendungsgruppe?)  – hören Sie bitte zu! (Abg. Dr. Mertel: Auch bei den Journalisten gibt es so etwas!)  –, die dieselbe Arbeit leisten, dann werden Sie verstehen, warum wir dieses System für ungerecht und leistungsfeindlich halten. Der junge Beamte erhält eine Funktionszulage von 3 236 S, der ältere, der dieselbe Arbeit leistet, eine solche von 21 270 S. Das ist unglaublich und in Wahrheit auch nicht zu erklären. Das sind systemimmanente Schwächen, die Sie fortschreiben. Dabei können und wollen wir Sie nicht unterstützen.

Dass mit dem Sockelbetrag von 300 S bei den Aktivbezügen der soziale Aspekt nicht ganz außer Acht gelassen worden ist, möchte ich hier eindeutig positiv anmerken.

Zur Pensionserhöhung für die Beamten und Vertragsbediensteten, die ebenfalls mit 1. Jänner 2000 in Kraft tritt, ist ebenfalls kritisch anzumerken, dass auch da die soziale Ausgewogenheit fehlt. Pensionen von 1 000 S bis 7 000 S werden nämlich nur um 1,5 Prozent erhöht. Pensionen von 7 000 S bis 8 000 S dagegen werden linear ansteigend von 1,5 Prozent auf 2,5 Prozent angehoben. Das heißt, dass ein Pensionist, der heuer brutto im Monat 8 112 S erhalten hat, ab dem 1. Jänner 2000 um 2,47 Prozent mehr bekommt. Seine Pension beträgt somit 8 312 S; Steigerung 200 S. Im Vergleich dazu muss sich ein Pensionist, der bisher weniger bekommen hat, nämlich 6 000 S, mit 6 090 S begnügen beziehungsweise zufrieden geben. Das ist insgesamt eine für uns unstimmige Kurve, auch wenn es richtig ist, dass höhere Beamtenpensionen ab einer Höhe von etwa 23 000 S brutto nur noch um 0,6 Prozent erhöht werden.

Ich möchte diese Gelegenheit wahrnehmen, um im Zusammenhang mit den Beamtenpensionen doch auch etwas zu den ASVG-Pensionen zu sagen. Ein Plus von 0,6 Prozent für ASVG-Rentner ist mit Sicherheit kein Ruhmesblatt für eine Partei, die lange als die Arbeiterpartei in Österreich gegolten hat. Diese geringe Erhöhung liegt gerade an der Inflationsrate.

Wir Freiheitlichen sind der so genannten Nettoanpassung, die 1993 erstmals eingeführt worden ist, von Anfang an skeptisch gegenüber gestanden. Wir haben nämlich zu Recht befürchtet, dass sie, über die gesamte Bezugsdauer der Pension gesehen, zu einem Kaufkraftverlust gegenüber den Aktiveinkommen führt. Die Folge: Die Pensionisten, die zum Aufbau unseres Landes sehr viel beigetragen haben, können nicht so, wie sie es verdienen würden, an der wirtschaftlichen Entwicklung Österreichs teilnehmen.

Im Gegenteil: Die Höhe ihrer Pensionen fällt, ausgehend von einer relativ guten Anfangspension, im Laufe der Jahrzehnte immer deutlicher hinter die Aktiveinkommen zurück.

Zum Abschluss erwähne ich nur noch einen Vergleich, an dem auch deutlich wird, wie im Pensionsbereich noch immer mit zweierlei Maß gemessen wird. Während ASVG-Pensionisten mit einer Erhöhung von 0,6 Prozent das Auslangen finden müssen, genehmigen sich zum Beispiel die Mitglieder der Arbeiterkammer Steiermark weit höhere Abschlüsse. Im Mai hat der Vor


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stand der Arbeiterkammer Steiermark sowohl die Aktivgehälter als auch die Pensionen der Mitarbeiter um 2,1 Prozent angehoben. Und genau das ist es, was die Menschen in diesem Lande stört: Während die Masse unzumutbar belastet wird, gibt es in bestimmten Bereichen Nischen, in denen es sich privilegierte Minderheiten noch immer richten. Sie werden verstehen, dass wir aus all diesen genannten Gründen diese Vorlage ablehnen müssen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.32

Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gelangt nunmehr Herr Abgeordneter Pendl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. – Bitte.

14.32

Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte mich auf die Regierungsvorlage 2 und Zu 2 der Beilagen betreffend die Dienstrechtsgesetz-Novelle beziehen und auf einige mir wichtige Punkte eingehen. Eingangs möchte ich aber einige grundsätzliche Bemerkungen machen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der öffentliche Dienst in seiner Vielfalt von verschiedenen Dienstzweigen – vom medizinischen, sozialen, Bildungs- über den Verwaltungs- bis hin zum Sicherheitsbereich – leistet hervorragende Arbeit. Gerade wir, meine sehr geehrten Damen und Herren, haben es in der Hand, die neuen und zusätzlichen Aufgaben einzudämmen und damit eine Überlastung der öffentlich Bediensteten zu verhindern. Die ausgezeichnete Qualität der Dienstleistungen der öffentlich Bediensteten ist auch ein wichtiger Beitrag zur Sicherung des Wirtschaftsstandortes Österreich.

Ich meine, wir sollten die öffentlich Bediensteten nicht zum Spielball für Auseinandersetzungen machen, sondern ihnen für ihre hervorragenden Dienstleistungen im Interesse der Österreicherinnen und Österreicher sehr herzlich danken. Ich möchte meinen persönlichen Dank und den Dank meiner Fraktion an alle Kolleginnen und Kollegen im öffentlichen Dienst hier und heute zum Ausdruck bringen. Alle Arbeitnehmerbereiche haben das Recht auf Lohnerhöhungen, die einerseits die Inflation abdecken und andererseits einen gerechten Anteil am Wirtschaftswachstum gewährleisten sollen. Dies muss auch für den öffentlichen Dienst gelten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Verhandlungen über die Erhöhung der Gehälter der öffentlich Bediensteten des Aktivstandes für das Jahr 2000 – wir wissen, wann die Regelung eingeführt worden ist, wonach nur mehr für die aktiven Kolleginnen und Kollegen verhandelt wird und die Erhöhung für die Beamten des Ruhestandes im Rahmen des ASVG mitverhandelt werden muss – wurden zwischen der Gewerkschaft des öffentlichen Dienstes sowie den Vertretern der Bundesregierung nach meinem Dafürhalten erfolgreich abgeschlossen. Mein Vorredner hat die 1,5 Prozent bereits erwähnt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Für uns war von Anfang an klar, dass dieser Gehaltsabschluss mit einer sozialen Komponente versehen werden muss. Ebenso war klar, dass dieser Gehaltsabschluss mit Wirkung 1. Jänner 2000 in Kraft treten soll, auf ein Jahr limitiert werden muss und dass die Zulagen und Nebengebühren ebenfalls um diese 1,5 Prozent erhöht werden.

Wir haben bereits im Ausschuss darüber diskutiert, und ich möchte meinem Vorredner hier noch einmal sagen: Diese 300 S sind kein Sockelbetrag, sondern ein Mindestbetrag. Ich habe bereits im Ausschuss darauf hingewiesen, dass wir in den letzten Jahren sämtliche Techniken der Gehaltsabkommen angewandt haben: Sockelbetrag, Mindestbetrag und alle Mischformen. Ich möchte aber, weil immer wieder auf den Prozentsatz hingewiesen wird, nur die Ergebnisse der letzten vier Jahre nennen: 1996: eine Einmalzahlung, 1997: eine Einmalzahlung, 1998: 466 S einheitlich, und im letzten Jahr: ein Prozentsatz. Heuer wurde ein Prozentsatz mit einem Mindestbetrag von 300 S beschlossen. 300 S wirken bis zu einem Einkommen von 20 000 S. Angesichts dessen zu formulieren, hier wurde für die kleinen Einkommen nichts gemacht, verstehe ich eigentlich nicht, Herr Kollege.


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Neben der Erhöhung der Zulagen und Nebengebühren konnte auch – zugegeben, es gibt nicht mehr viele – für die Teilnehmer an der Eignungsausbildung eine Anhebung um den Mindestbetrag von 300 S erreicht werden.

Wir alle wissen, dass die Erhöhung für die Beamten des Ruhestandes im Rahmen des ASVG mitverhandelt worden ist, und wir haben im öffentlichen Bereich auch diese soziale Komponente, die es im ASVG-Bereich gibt, mit übernommen.

Bereits im Ausschuss konnten die unterschiedlichen Meinungen diskutiert werden. Ich möchte noch einmal auf die zwei meiner Meinung nach gravierenden Punkte eingehen. An die Kolleginnen und Kollegen des grünen Klubs – leider sind die Kollegen nicht hier (Abg. Dr. Mertel: Aber zwei "innen"!)  – sei noch einmal der Hinweis gerichtet: Wir haben in der letzten Legislaturperiode das VBG-neu beschlossen. Wir haben auch im Ausschuss darüber diskutiert, und der Herr Staatssekretär hat alle Parteien informiert, dass diesbezüglich Gespräche und Verhandlungen laufen und das VBG – alt, sage ich jetzt dazu – und das VBG-neu zusammengeführt und in ein einheitliches, modernes Recht gegossen werden sollen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie alle wissen das. Und wir dürfen reine Gehaltsverhandlungsrunden nicht mit Verhandlungen über neue Schemata verwechseln. Aber gerade in den letzten Jahren war im Besoldungsrecht viele unsere Sparten betreffend einiges in Bewegung. Ich denke etwa nur daran, dass in der letzten Legislaturperiode für den Bereich der Richter und Staatsanwälte ebenfalls ein modernes, neues Recht beschlossen werden konnte.

Diesmal ist es darum gegangen, unsere Gehälter ebenso wie in anderen Kollektivvertragsbereichen dementsprechend anzuheben, damit die Inflationsrate abgedeckt wird und auch ein gerechter Anteil am Wirtschaftswachstum für die öffentlich Bediensteten gegeben ist. Ich glaube, dass dieser Gehaltsabschluss, den diese Regierungsvorlage beinhaltet, sowohl aus Sicht des Budgets als auch aus Sicht der Kolleginnen und Kollegen vertretbar ist.

Ich möchte die Gelegenheit nützen, um Ihnen, sehr geehrter Herr Staatssekretär, sowie Ihren Beamtinnen und Beamten für die gute, wenn auch nicht immer leichte Zusammenarbeit sehr herzlich zu danken. Ich möchte aber auch die Gelegenheit wahrnehmen, um allen öffentlich Bediensteten, aber auch Ihnen allen, meine sehr geehrten Damen und Herren, und vor allem auch den Parlamentsmitarbeiterinnen und Parlamentsmitarbeitern – auch sie sind öffentlich Bedienstete, und wir können gemeinsam dazu beitragen, auch ihre Arbeitsbedingungen hier zu verbessern – zu den bevorstehenden Festtagen alles Gute zu wünschen. Für das neue Jahrhundert wünsche ich vor allem Gesundheit, Glück, Erfolg und Wohlergehen.

Abschließend darf ich anmerken, dass meine Fraktion diesem Gehaltsabschluss mit dieser sozialen Komponente gerne ihre Zustimmung erteilt. (Beifall bei der SPÖ.)

14.40

Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gelangt nunmehr Frau Abgeordnete Dr. Madeleine Petrovic. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte.

14.40

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ich habe der vorliegenden Novelle im Ausschuss nicht zugestimmt, und die Grünen werden auch jetzt nicht zustimmen: einerseits, weil uns die soziale Komponente der Regelung zu schwach ausgeprägt ist – ich denke, mit einem Mindestbetrag von 300 S macht man die in unseren Augen zu starke Hierarchisierung der Einkommen im öffentlichen Dienst nicht wirklich wett –, und zum anderen, weil wir auch bei diesen relativ kleinen und unbedeutenden Novellen immer wieder eine umfassende Debatte über ein einheitliches Arbeits- und Sozialrecht, den öffentlichen Dienst inkludierend, urgieren.

Wir wissen, dass es immer wieder Diskussionen gibt um die Diskriminierung, die Nachteile der Arbeiterinnen und Arbeiter gegenüber den Angestellten, und es gibt immer wieder die Debatte um die Vorrangstellung, um tatsächliche oder scheinbare Privilegien des öffentlichen Dienstes. Ich denke, die geeignete Antwort darauf ist nicht, immer wieder von einer Klein- und Kleinst


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anpassung zur nächsten zu eilen, sondern einmal den Bereich des Dienstrechtes, des Arbeitsrechtes, des Sozialrechtes generell auf den Prüfstand zu nehmen. Uns schwebt dabei vor, für alle Menschen, die unselbständig beschäftigt sind, ein einheitliches Dienstrecht nach dem Modell eines verbesserten Angestelltengesetzes zu schaffen.

Das hieße aber auch, über die Nachteile und Anachronismen im öffentlichen Dienst zu reden, anstatt andauernd eine sehr negative Debatte über den öffentlichen Dienst zu führen, die dann auch das Image der Beamtinnen und Beamten schädigt und die Bereitschaft junger Menschen, sich für einen Dienst an der Allgemeinheit zu interessieren, sicherlich nicht hebt.

Beamtinnen und Beamten werden zum einen für Fehler der Gesetzgebung verantwortlich gemacht – sie haben aber die Gesetze nur zu vollziehen –, sind aber dann in der täglichen Anwendung mit der Kritik konfrontiert, wenn sich Gesetze als schwer oder nicht vollziehbar erweisen. Wie gesagt, es gibt immer wieder die Debatte über die sehr unterschiedlichen Regelungen der Pensionen, wobei dann aber auf der anderen Seite die sehr geringen Einstiegsgehälter im öffentlichen Dienst und auch die negativen Aspekte nicht zur Sprache kommen. Daher ist es unserer Meinung nach hoch an der Zeit, über ein einheitliches Arbeits- und Sozialrecht zu reden, und da greift es meiner Meinung nach zu kurz, nur über eine Neukodifikation des Vertragsbedienstetenrechtes zu sprechen. Ich weiß schon, dass das ein gewaltiges Vorhaben ist, gerade in Österreich, aber es muss doch möglich sein, zumindest einmal Schritte in diese Richtung zu machen.

Ansonsten fürchte ich, dass eine Entwicklung immer breiteren Raum gewinnt, die ich nicht positiv finde, nämlich dass weite Teile im Sozial- und im Bildungsbereich ausgegliedert werden. Man sagt dann, dieser Bereich müsse effizienter werden, was aber im Rahmen der Hoheitsverwaltung nicht möglich wäre, und daher werden dann privatrechtliche Gesellschaften gegründet und so in meinen Augen zentrale Staatsaufgaben wie die Arbeitsmarktpolitik einer Gesellschaft überantwortet. Was das auch für Auswirkungen haben kann, bis hin zur spekulativen Veranlagung von Geldern, diese Debatte wird ja gerade geführt, und ich glaube, das ist eine Debatte, die weder dem Staat noch dem öffentlichen Dienst, geschweige denn der Arbeitsmarktpolitik gut tut.

Daher meine ich, dass gerade in einem modernen Staat nicht nur die klassischen Funktionen der Hoheitsverwaltung staatliche Aufgaben im engeren Sinn sein und bleiben dürfen, sondern dass gerade dieser soziale Aspekt, das Anliegen des Staates, Chancengleichheit herzustellen, Diskriminierungen zu beseitigen oder zumindest zu mildern, ein klassischer Teil staatlicher Verwaltung sein oder wieder werden muss. In dem Sinne wünsche ich mir einen starken Staat und auch einen öffentlichen Dienst, der diese Serviceorientierung wirklich tief verinnerlicht hat. Ich glaube, es ginge leichter und besser, wenn wir all diese Debatten rund um die verschiedenen Pensionsregelungen und Unterschiedlichkeiten zwischen den verschiedenen unselbständig Beschäftigten zurückstellen könnten, um uns mehr den Inhalten zu widmen. Denn dann, so glaube ich, hätten auch wieder die Sozial- und Bildungspolitik und die Frauenpolitik in Österreich einen stärkeren, einen besseren Stand, und das ist das Ziel, das wir eigentlich verfolgen sollten. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

14.46

Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort hat sich nunmehr der Herr Staatssekretär gemeldet. – Bitte, Herr Staatssekretär.

14.46

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Wolfgang Ruttenstorfer: Herr Präsident! Hohes Haus! Meines Erachtens müssen wir die jährliche Bezugserhöhung von einer Gesamtreform der Bezugsregelung doch trennen. Es ist meiner Meinung nach nicht möglich, im Rahmen der jährlichen Bezugsreform wirklich tief greifende Reformen anzubringen. Einerseits sollte ein Abschluss erzielt werden, der in die gesamte Landschaft der KV-Abschlüsse passt – ich meine, dass wir mit 1,5 Prozent Augenmaß bewiesen haben –, andererseits ist es erforderlich, einen Abschluss vorzulegen, der natürlich auch für das Budget verträglich und verdaulich ist. Ich glaube, dass wir hier an die Grenzen dessen gegangen sind, was möglich ist.


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Sie haben die Frage der sozialen Komponente angesprochen. Wir haben mit der Mindesterhöhung von 300 S versucht, einen Schritt in diese Richtung zu tun. Ein noch weiterer Schritt wäre gewesen, die Gehälter überhaupt um einen fixen Betrag anzuheben. Ich gebe da aber nur eines zu bedenken: Die niedrigsten und die höchsten Gehälter im öffentlichen Dienst sind in den letzten 30 Jahren immer näher aneinander gerückt. Ich glaube, dass das auch vernünftig ist, aber dieses Aneinanderrücken von niedrigstem zu höchstem Gehalt hat sich von 1 zu 13 im Jahre 1957 auf 1 zu 7 heute bewegt. Wenn man die Gehälter noch weiter aneinander rückt, muss man auch sehen, dass natürlich die Entwicklungsmöglichkeiten im öffentlichen Dienst, wenn sich jemand bemüht, wenn er Leistung zeigt, wenn er in die nächste Stufe kommen möchte, immer geringer werden und damit auch der Leistungsanreiz für solche Karrieren jedenfalls nicht steigt.

Ich meine, dass wir einmal grundsätzlich darüber diskutieren müssen, ob es ein noch näheres Zusammenrücken geben soll oder ob das möglicherweise auch andere negative Effekte hat. Dass man versucht, die unteren Gehälter anzuheben, das haben wir mit diesen mindestens 300 S gezeigt. Fixbeträge allein sind aber auf längere Sicht wahrscheinlich keine Lösung für den öffentlichen Dienst.

Der zweite Punkt ist die Frage der Reform des Bezugssystems an sich. Im vorigen Jahr ist es über das Vertragsbedienstetenrecht gelungen, einen großen Schritt in Richtung Annäherung der Systeme zu gehen, flachere Einkommensverläufe zu schaffen – das heißt, junge Menschen verdienen mehr, können dafür aber dann nicht mehr solch starke Gehaltszuwächse verzeichnen –, ist es gelungen, zu einem einheitlichen Pensionssystem, dem auch die in der Wirtschaft tätigen Menschen angehören, überzugehen und zusätzlich eine Pensionskasse, die nun ab 1. Jänner wirksam wird, zu vereinbaren. Es ist auch gelungen, stärker die Tätigkeit selbst zu entlohnen und nicht nur die Ausbildung und die bisherige Zeit, die man im öffentlichen Dienst verbracht hat.

Ich meine, dass ein vernünftiger nächster Schritt in der grundsätzlichen Bezugsreform darin bestehen kann, dass man dieses moderne Recht auch verstärkt im Bereich der Lehrer, der Universitäten zur Anwendung bringt und damit auch dort moderne Verläufe von Einkommen und eine verstärkte Leistungsorientierung forcieren kann.

Für mich ist ganz klar: Ihre Forderung nach einem möglichst modernen Bezugssystem im öffentlichen Dienst ist nur zu unterstreichen, denn an den öffentlichen Dienst kommen neue Herausforderungen heran. Er ist wirklich das Rückgrat einer Volkswirtschaft in einer Zeit, in der ja nicht nur Unternehmen miteinander im Wettbewerb stehen, sondern ganze Länder im Wettbewerb um neue Projekte, um Ansiedelungen und um Beschäftigung stehen. Ein modernes Dienstrecht und ein modernes Bezugssystem sind ganz entscheidende Voraussetzungen dafür, dass unser Land auch in Zukunft erfolgreich sein kann. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

14.50

Präsident Dr. Andreas Khol: Vielen Dank, Herr Staatssekretär.

Zu Wort gelangt nunmehr Herr Abgeordneter Mag. Walter Tancsits. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. Ich möchte Sie aber darauf aufmerksam machen, dass ich Sie um Punkt 15 Uhr unterbrechen muss, weil dann die Dringliche Anfrage zum Aufruf kommt. – Bitte.

14.51

Abgeordneter Mag. Walter Tancsits (ÖVP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben mit diesen Gesetzesvorlagen im Wesentlichen die Gehalts- und Pensionserhöhungen für die Bediensteten des Bundes sowie die Pensionisten des Bundes vorzunehmen.

Im Wesentlichen sind es drei Gründe, warum wir von der ÖVP diesen Vorlagen zustimmen werden und zustimmen können. Erstens handelt es sich um eine budgetär verkraftbare Erhöhung, zweitens ermöglicht diese Maßnahme die Teilhabe der öffentlich Bediensteten an der allgemeinen Wohlstandsentwicklung der unselbstständig Beschäftigten in diesem Land, und drittens wird diese Entwicklung durch eine soziale Komponente entsprechend abgefedert und korrigiert.


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Zu diesen Bereichen nun im Einzelnen: Vom Verkraftbaren her liegt der Abschluss von 1,5 Prozent im Generellen im Rahmen jener Abschlüsse, die etwa die Metaller mit 1,9 und die Handelsangestellten mit 1,75 Prozent erzielt haben, und infolge seiner budgetären Belastung von rund 2 Milliarden genau in jenem Bereich, den ein sorgfältig kalkulierender Dienstgeber wahrscheinlich schon im Voraus eingeplant hat. Es konnte dieser Abschluss aber auch deshalb erzielt werden, weil die Vertretung der Bediensteten des öffentlichen Dienstes, eine starke Interessenvertretung, mit Augenmaß und auch mit Blick auf das Gesamtwohl verhandelt hat, so wie sie das immer tut. (Beifall bei der ÖVP.)

Das ist ein Beweis dafür, dass starke Interessenvertretungen zum Wohl des Ganzen, des Betriebes und in diesem Fall auch des Unternehmens Republik Österreich tätig sind.

Zum Zweiten, zur Gesamtentwicklung der Gehälter im Bereich der unselbstständig Beschäftigten, zur Teilhabe der öffentlich Bediensteten an der Wohlstandsentwicklung: 1,5 Prozent, gleichzeitig aber auch eine Mindesterhöhung von 300 S. Das bedeutet bei Einkommen bis rund 20 000 S brutto monatlich eine De-facto-Erhöhung von 2 Prozentpunkten. Nur jene Einkommen, die darüber liegen – also über 20 000 S brutto monatlich –, werden um 1,5 Prozent erhöht, was somit einen Durchschnittswert von etwa 1,6 Prozentpunkten bedeutet. – Damit werden die Besoldung der Beamten und das Gehalt der Vertragsbediensteten entsprechend angehoben und wird auch der sozialen Komponente Rechnung getragen.

Ich bin auch nicht der Meinung, dass die Leistungskomponente dabei zu kurz kommt, denn wir gestalten nicht nur die Besoldung um, sondern in diesem Fall auch aus guten Gründen das Nebengebührenzulagengesetz. Das heißt also, jene Zulagen, durch die die Leistung im Besonderen abgegolten wird, werden bei dieser Erhöhung mit berücksichtigt.

Ich möchte mich auch noch mit der Frage der Pensionisten des Bundes beziehungsweise des öffentlichen Dienstes beschäftigen. Wir haben uns bei der Erhöhung ihrer Pensionen vor allem an den Erhöhungen nach dem ASVG orientiert, was zeigt, dass hier keine Ungleichbehandlung der aktiven öffentlich Bediensteten beziehungsweise der öffentlich Bediensteten im Ruhestand und anderer Pensionisten vorliegt. Es findet sich auch die soziale Komponente in Form der Erhöhung um einen Sockelbetrag. Diese fällt besonders im Bereich der Ausgleichszulagenhöhe und der etwas darüber liegenden Bereiche deshalb kräftiger aus als in den darunter liegenden Bereichen, weil eine Eigenpension, die als Einzelne bezogen wird, an der Ausgleichszulage zu bemessen ist und alle darunter liegenden Beispiele rechnerische Beispiele sind, weil es sich in diesem Fall nach unserem Ausgleichszulagensystem nicht um eigenständige Einzelpensionen handeln kann.

Unverständlich ist mir, wieso man die Zustimmung verweigert, wenn mit dieser Gehaltserhöhung für die Beamten und Vertragsbediensteten nicht gleichzeitig eine grundlegende Debatte über die Besoldungssysteme des öffentlichen Dienstes beziehungsweise über ein einheitliches Arbeits- und Sozialrecht verbunden ist. Erstens glaube ich nicht, dass unsere öffentlich Bediensteten auf ihre Gehaltserhöhung verzichten sollen und müssen, weil offensichtlich Bedarf an einer solchen Debatte besteht, zweitens halte ich es aber auch inhaltlich für nicht richtig, völlig ungleiche Situationen über einen Kamm zu scheren. Natürlich ist die Wohlstandsentwicklung für alle gleichmäßig mitzutragen. Daher bekommen Beamte, Vertragsbedienstete und andere Bedienstete des öffentlichen Dienstes eine Gehaltserhöhung nach der gleichen Systematik. Es finden sich aber ungleiche Systeme dort, wo es um ungleiche Tätigkeiten geht, und dort, wo unser Rechtsstaat durch ein besonders geschütztes und besonders verpflichtetes Berufsbeamtentum getragen werden muss.

Wir stimmen dieser Vorlage auch deshalb gerne zu, weil sie für unsere öffentlich Bediensteten einen Fortschritt darstellt und weil mit unserem Bekenntnis zum schlanken, aber starken Staat auch das Bekenntnis dazu verbunden ist, dass unsere Beamten und Vertragsbediensteten eine ordentliche Entlohnung bekommen, weil sie das Rückgrat eines solchen starken Staates sind. (Beifall bei der ÖVP.)

14.58


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Präsident Dr. Andreas Khol:
Zu Wort würde jetzt im Prinzip Herr Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer gelangen. Aber da wir diesen Tagesordnungspunkt in 2 Minuten für die Dringliche Anfrage unterbrechen, unterbreche ich die Sitzung bis 15 Uhr und rufe dann die Dringliche auf.

(Die Sitzung wird um 14.59 Uhr unterbrochen und um 15 Uhr wieder aufgenommen. )

Präsident Dr. Andreas Khol: Es ist 15 Uhr. Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf.

Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Mag. Gilbert Trattner und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Kassasturz (158/J)

Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nunmehr zur dringlichen Behandlung der schriftlichen Anfrage 158/J. Da diese inzwischen allen Abgeordneten zugegangen ist, erübrigt sich eine Verlesung durch den Schriftführer.

Die Dringliche Anfrage hat folgenden Wortlaut:

""Das Sparpaket für die Budgets 1996 und 1997 soll ein einmaliger Akt bleiben. Sparpakete 2 oder 3 seien nicht nötig, wenn der Vollzug der ausgehandelten Maßnahmen konsequent und diszipliniert erfolge."

Mit diesen Worten kommentierte der nunmehrige Bundeskanzler und damalige Bundesminister für Finanzen Mag. Klima im Juli 1996 das von der Bevölkerung als Belastungspaket empfundene, sogenannte Sparpaket. Dass bei diesem Angriff auf die Brieftaschen der Österreicherinnen und Österreicher von Strukturreformen weitestgehend abgesehen wurde, bestätigte Bundeskanzler Klima, da er diese erst für die Folgejahre ankündigte. Den Mangel an Strukturreformen kritisierte u.a. auch die Arbeiterkammer, welche die Maßnahmen der Regierungsparteien nicht als Reformprogramm, sondern als Sparprogramm bezeichnete, und die deshalb forderte, dass die beiden Folgejahre für strukturelle Reformen genützt werden müßten.

Die OECD sah sich in ihren Wirtschaftsberichten der Jahre 1998 und 1999 zu folgender Kritik veranlaßt, wie folgende Zitate beweisen:

"..die einmaligen Zahlungen, die 1997 stark zu Buche schlugen, wurden nur teilweise durch dauerhaftere Maßnahmen ersetzt. Es bedarf weiterhin nachhaltiger Anstrengungen, um die von der Regierung gesteckten Ziele zu erreichen."

"Größerer fiskalpolitischer Ehrgeiz wäre daher wünschenswert."

".. nach denen das strukturelle Defizit auf etwa 2 % des BIP zu beziffern ist..".

"Auf der Ausgabenseite wird die geplante Konsolidierung ... faktisch zum Stillstand kommen."

"..ist der im Stabilitätsprogramm abgesteckte Konsolidierungskurs möglicherweise nicht ausreichend, um bis zum Jahre 2002 die angestrebte Defizitreduzierung auf 1,4 % zu realisieren."

Diese Kritik der OECD war um so alarmierender, als die von der Bundesregierung in ihrem Stabilitätsprogramm vorgesehene Defizitreduzierung auf 1,4 % des BIP bis 2002 ohnehin nur ein äußerst bescheidenes Ziel ist, zumal sich alle Mitgliedsländer der Europäischen Währungsunion in dem im Sommer 1997 beschlossenen "Pakt für Stabilität und Wachstum" verpflichteten, ihre öffentlichen Haushalte mittelfristig (das ist nach allgemein gültiger Auffassung bis 2002) nahezu ausgeglichen oder mit einem Überschuß abzuschließen.

Die Kritik der OECD bzw. die wesentlich geringeren Budgetdefizite und die wachsenden Budgetüberschüsse der anderen EU-Mitgliedstaaten haben Bundesminister Edlinger nicht veranlasst, Maßnahmen mit der Zielrichtung einer dauerhaften und raschen Budgetkonsolidierung zu


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setzen, sondern sie haben nur dazu geführt, dass Bundesminister Edlinger ständig darauf hinweist, dass ein Budgetdefizit von 1,4 % mit einem Budget entsprechend dem Stabilitätspakterfordernis "close to balance" gleichzusetzen ist.

Die EU-Kommission kritisiert daher zu Recht die vom genannten Bundesminister zu verantwortende, unzureichende Budgetreduzierung damit, dass die Budgetsanierung viel zu langsam gehe und dass die Budgetziele zu wenig ambitioniert seien. Auch die EZB sieht sich veranlasst, einen energischeren Abbau des Haushaltsdefizits, Strukturreformen, sowie eine Senkung von Staatseinfluss und Abgabenbelastung zur Stärkung der Wachstumskräfte zu fordern. Weiters macht sie auch darauf aufmerksam, dass die Ziele des Stabilitätspaktes noch ehrgeiziger gefasst werden müssten, und zwar u.a. wegen des künftigen Problems der Alterung der Bevölkerung und dessen Konsequenz auf die Staatsfinanzen.

Betrachtet man die öffentliche Schuldenquote, so zeigt sich auch hier, dass die Reduzierung der Schuldenquote im wesentlichen nur durch eine kreative Buchführung erzielt wurde, denn lediglich die Flucht aus dem Budget infolge von Ausgliederungen konnte die öffentliche Verschuldung um ca. 5 %-Punkte auf rund 63 % im Jahr 1998 verringern. Das hat der Rechnungshof in seinem Bericht über die Konsolidierungspakete bestätigt, indem er ausführt, dass die Dynamik der Neuverschuldung und das Anwachsen des öffentlichen Schuldenstandes hauptsächlich durch Auslagerung von Schulden gebremst wurden.

Im Ergebnis führen die Ausgliederungen zu einem Verlust der parlamentarischen Kontrolle, obwohl der Bund weiterhin für alle Verbindlichkeiten haftet, und zu einem Ansteigen der Personalkosten. So hält auch der Rechnungshof u.a. in seinem Bericht über die Gebarungsprüfung beim Bundesministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales vom 28. August 1998 fest, dass "die erhebliche Verringerung der Planstellen im Bereich der Kapitel 15 auf die Ausgliederung der Arbeitsmarktverwaltung zurückzuführen war, sich die Zahl der in diesem Bereich Beschäftigten (Beamte der Ämter des AMS und Angestellte des AMS) aber im Beobachtungszeitraum erhöhte und die diesbezüglichen Personalkosten im Wege der Gebarung Arbeitsmarktpolitik nach wie vor zur Gänze vom Bund getragen werden."

Daher fordert der Rechnungshof, ebenso wie die EU-Kommission, die EZB, die OECD usw., seit langem weitere, insbesondere ausgabenseitige Konsolidierungsschritte, vorwiegend zur Beseitigung langjähriger struktureller Finanzierungsprobleme der öffentliche Haushalte.

Trotz Kenntnis der äußerst angespannten budgetären Situation wegen des Nichtumsetzens der immer wieder angekündigten Strukturreformen streuten Bundeskanzler Klima und Bundesminister für Finanzen Edlinger den Österreicherinnen und Österreichern noch vor den Nationalratswahlen Sand in die Augen, indem sie vollmundig verkündeten, dass nur dann das Budget in Österreich konsolidiert und es kein Sparpaket geben werde, wenn die Sozialdemokraten nach der Wahl weiterregieren werden.

Noch Ende Oktober 1999 erklärte Bundesminister Edlinger, dass die (im internationalen Vergleich bescheidenen) Budgetziele für das Jahr 2000 erreichbar wären, wenn auch wieder mit einer fünfprozentigen Kürzung der Ermessensausgaben. Und dies, obwohl bereits zu diesem Zeitpunkt klar war, dass Österreich im Jahr 2000 ohne sofortige Gegenmaßnahmen ein Budgetdefizit von 2,4 % bis 2,6 % des BIP haben würde und damit das Schlußlicht in der EU, was die Budgetkonsolidierung betrifft, bilden werde.

Den Höhepunkt des unkoordinierten Handelns erzielte der Bundesminister Ende November 1999, als er per Erlass allen Ministerien eine Kürzung der Ermessensausgaben in der Höhe von 20 Mrd. öS für das Jahr 2000 anordnete, indem er diese Maßnahme als notwendig zur Erfüllung des Stabilitätskurses bezeichnete.

In Anbetracht der zuletzt gesetzten Maßnahme müssen sich alle Österreicherinnen und Österreicher zu Recht fragen, warum der Bundesminister für Finanzen nicht bereits vor Jahren eine diesbezügliche, offensichtlich sehr leicht umzusetzende Maßnahme gefordert hat, wodurch den Österreicherinnen und Österreicher die Belastungspakete in diesem Ausmaß erspart werden hätten können.


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Obwohl namhafte internationale und nationale Budgetexperten ein Ansteigen des Budgetdefizites auf rund 2,6 % und in der Folge ein weiteres Sparpaket erwarten, behauptet der Bundesminister für Finanzen weiterhin, dass er sein (bescheidenes) Budgetziel ohne Belastungspaket erreichen wird.

Um sich nun Klarheit über die tatsächliche Budgetsituation Österreichs zu verschaffen, stellen die unterzeichneten Abgeordneten daher gemäß § 93 Abs.1 GOG-NR folgende

Dringliche Anfrage:

1. Auf Grund welcher Fakten ist im Jahr 2000 ein von Ihnen bereits einbekannter budgetärer Fehlbetrag von zumindest 20 Mrd. öS zu erwarten?

2. Durch welche Umstände wird sich dieser Fehlbetrag bis zum Jahr 2003 auf zumindest 50 Mrd. öS erhöhen?

3. Teilen Sie die Auffassung, dass der allzu großzügige ausgabenseitige Vollzug der letzten Budgets für die Fehlbeträge verantwortlich ist?

Wenn ja, inwieweit und warum?

4. Teilen Sie die Auffassung u.a. der Industriellenvereinigung, dass es aufgrund dieser budgetären Entwicklung zu einem neuerlichen Sparpaket kommen muß?

Wenn nein, mit welcher Begründung?

Wenn ja, wie bewerten Sie dies im Hinblick auf die Aussage des Bundeskanzler Klima vom Juli 1996, wonach das Sparpaket für die Budgets 1996 und 1997 ein einmaliger Akt bleiben wird?

5. Kommt der Umstand, dass das Budget kurz nach den Sparpaketen 1995 und 1996 neuerlich aus dem Ruder läuft, nicht dem Eingeständnis einer völlig gescheiterten Budgetpolitik gleich?

6. Wie begründen Sie es, dass die Budgetexperten der EU-Kommssion, der EZB und der heimischen Wirtschaftsforschungsinstitute ein Budgetdefizit von rund 2,6 % für das Jahr 2000 voraussagen, während Sie nach wie vor von einem Erreichen eines Budgetdefizitzieles von 2,2 % ausgehen?

7. Welche Schritte halten Sie im Hinblick auf die Ihnen vorliegenden Budgetdaten für unbedingt erforderlich, um spätestens im Jahr 2002 ein tatsächlich ausgeglichenes Budget vorweisen zu können?

8. Welche konkreten ausgaben- und einnahmenseitigen Maßnahmen halten Sie für erforderlich, um zumindest das von Ihnen angepeilte (international gesehen bescheidene) Budgetziel zu erreichen?

9. Können Sie im Hinblick auf die derzeit vorliegenden Budgetdaten ausschließen, dass einnahmenseitige Maßnahmen z.B. auf dem Gebiet

a. der Erbschafts- und Schenkungssteuer,

b. der Grundsteuer (z.B. der Einheitsbewertung),

c. der Vermögensteuer,

d. der Mineralösteuer

erfolgen müssen?

10. Welche konkreten Maßnahmen halten Sie für notwendig, um den Forderungen der EU-Kommission, der EZB, der OECD, des Rechnungshofes usw. nach weiteren, insbesondere ausga


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benseitigen Konsolidierungsschritten zur Beseitigung langjähriger struktureller Finanzierungsprobleme der öffentliche Haushalte nachkommen zu können?

11. Teilen Sie die Auffassung der SPÖ, wonach die Sozialleistungen sozial gestaffelt werden sollen?

Wenn ja, für welche konkreten Leistungen können Sie sich dies vorstellen?

12. Ist von diesen Überlegungen auch das Pflegegeld betroffen?

13. Stimmen Sie der Auffassung zu, dass es im Bereich des Pflegegeldes Einsparungsmöglichkeiten von rund 6 Mrd. öS gibt?


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Wenn nein, warum nicht?

Wenn ja, welche konkreten Einsparungsmöglichkeiten halten Sie für möglich?

14. Teilen Sie die Auffassung der SPÖ, dass bei den Familienbeihilfen und Kinderabsetzbeträgen sozial gestaffelt werden soll?

Wenn nein, warum nicht?

Wenn ja, in welcher Form und in welchem Ausmaß?

15. Hat diese Staffelung den Zweck, die Ausgaben für Familienleistungen insgesamt zu senken?

16. Sind Sie nach wie vor der Ansicht, dass wegen der in den nächsten Jahren zu erwartenden Überschüsse im FLAF der DG-Beitrag gesenkt werden soll?

Wenn ja, warum wollen Sie diese Mittel nicht zur Minderung der bestehenden Familienarmut einsetzen?

Wenn nein, wofür wollen Sie die Überschüsse verwenden?

17. Wie bewerten Sie die Aussagen u.a. des Pensionsexperten der Bundesregierung Rürup, wonach die künftigen Pensionen nur dann gesichert seien, wenn demnächst weitere Reformschritte gesetzt werden?

Wenn ja, welche konkreten Maßnahmen halten Sie zur Stabilisierung des Bundeszuschusses zu den Pensionen für notwendig?

18. Wie hoch war der Bundeszuschuss zu den Pensionen in den Jahren 1990, 1995, 1998 und wie hoch wird dieser voraussichtlich im Jahr 2003 sein?

19. Wie hoch wird das Budgetdefizit im Bereich der Krankenkassen in den Jahren 1999 und 2000 sein?

20. Welche konkreten Maßnahmen zur Reduzierung des Defizits bei den Krankenkassen halten Sie für notwendig?

21. Teilen Sie die Auffassung namhafter Experten, wonach die Wohnbauförderung sozial nicht gerecht ist?

Wenn nein, warum nicht?

Wenn ja, welche Konsequenzen halten Sie für erforderlich?

22. Teilen Sie die Meinung des WIFO-Chefs Kramer, wonach in Österreich die Kosten für den öffentlichen Dienst im EU-Vergleich um einen Prozentpunkt des BIP über dem Durchschnitt bzw. um zwei Prozentpunkte über jenen Deutschlands liegen, wodurch sich Einsparungspotentiale von bis zu 50 Mrd. öS ergeben?

Wenn nein, warum nicht?

Wenn ja, welche konkreten Maßnahmen halten Sie für notwendig, um zumindest den EU-Durchschnitt zu erreichen?

23. Welche konkreten Maßnahmen halten Sie im Bereich des Bürokratieabbaus, der Deregulierung und der Verwaltungsvereinfachung für notwendig?

24. Teilen Sie die Auffassung der SPÖ, dass das Pensionsrecht der Beamten dahingehend geändert werden soll, dass neu eintretende Bedienstete der Pensionsversicherung nach dem ASVG unterliegen sollen?

Wenn nein, warum nicht?

Wenn ja, welche budgetären Konsequenzen ergeben sich daraus?

25. In welcher Höhe liegen derzeit die außerbudgetären Schulden des Bundes ?

26. Welche Verbindlichkeiten weisen Sie den außerbudgetären Schulden zu, und wie gliedern Sie diese im einzelnen auf?

27. Wie hoch beziffern Sie das Privatisierungspotential des Bundes?

28. Auf Grund welcher Überlegungen hielten Sie noch im Oktober dieses Jahres eine mögliche Kürzung der Ermessensausgaben von 5 % für ausreichend, während Sie nunmehr eine solche von 20 % fordern?

29. Aus welchem Grund verlangten Sie nicht bereits in der Vergangenheit von Ihren Ministerkollegen eine Ihrer Meinung nach so leicht umzusetzende Kürzung der Ermessensausgaben, zumal bereits in den vergangenen Jahren von zahlreichen namhaften Experten eine raschere Reduktion des Budgetdefizits verlangt worden ist?

30. Welche Schritte werden Sie setzen, nachdem ein Großteil Ihrer Ministerkolleginnen und -kollegen erklärt hat, dass sie sich außerstande sehen, in den jeweiligen Ministerien eine 20 %-ige Kürzung vorzunehmen?

31. Welche Auswirkungen wird die von Ihnen verfügte Kürzung der Ermessensausgaben um 20 % u.a. auf die Bereiche F&E, Wissenschaft (Akademie der Wissenschaften), Bildung, Entwicklungszusammenarbeit, Investitionstätigkeit (Beschaffungswesen) haben?

32. Erwarten Sie, dass sich ein Verfehlen des Stabilitätszieles "close to balance" negativ auf die Zinsentwicklung der Finanzschulden Österreichs auswirken wird?

Wenn nein, wie begründen Sie dies?

Wenn ja, mit welchen budgetären Mehrbelastungen ist dabei zu rechnen?

33. Auf welche Höhe beliefen sich die Ausgaben für Zinsen und Aufgeld in den Jahren 1990, 1995 bzw. 1998 und auf welche Höhe werden sich diese voraussichtlich in den Jahren 1999 bis 2003 belaufen, und welchen Zinssatz legen Sie hiebei Ihren Berechnungen zugrunde?

In formeller Hinsicht wird verlangt, diese Anfrage im Sinne des § 93 Abs 1 GOG-NR dringlich zu behandeln, einem der Antragsteller Gelegenheit zur mündlichen Begründung zu geben und hierüber eine Debatte abzuführen."

*****

Präsident Dr. Andreas Khol: Ich erteile Herrn Abgeordnetem Mag. Trattner als erstem Fragesteller zur Begründung der Anfrage, die gemäß § 93 Abs. 5 der Geschäftsordnung 20 Minuten nicht überschreiten darf, das Wort. – Bitte.


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4. Sitzung / Seite 92

15.01

Abgeordneter Mag. Gilbert Trattner (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Finanzminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Finanzminister, Sie haben jetzt Gelegenheit, uns Ihre strukturellen Maßnahmen zur Beseitigung des Budgetdefizits darzulegen, nachdem Ihnen dies heute Vormittag in Ihrer 10 Minuten beziehungsweise 5 Minuten langen Stellungnahme in der Aktuellen Stunde nicht möglich war.

Zunächst muss ich aber darauf eingehen, wie sich die Budgetdefizite beziehungsweise die öffentlichen Abgaben in den letzten zehn Jahren entwickelt haben. Die Budgetdefizite beziehungsweise die öffentlichen Abgaben haben sich in den letzten zehn Jahren in der Art entwickelt, dass man immer nur von einer einnahmenseitigen Budgetpolitik sprechen konnte und von einer ausgabenseitigen Budgetpolitik eher sehr wenig zu spüren war.

Die Lohnsteuer hat sich von 1989 auf 1999 von 188 Milliarden auf 198 Milliarden Schilling erhöht, die Einkommensteuer von 31 Milliarden auf 42 Milliarden, die Zinsertragsteuer von 3 Milliarden auf 25 Milliarden und die Körperschaftsteuer von 14 Milliarden auf 48 Milliarden Schilling. Insgesamt ist das Steueraufkommen in diesem Zeitraum von 387 Milliarden auf 681 Milliarden Schilling gestiegen.

Gleichzeitig mit diesen erhöhten Einnahmen beziehungsweise erhöhten Abgaben hat sich auch das Budgetdefizit massivst erhöht, und das gerade in den Jahren, in denen die Österreichische Volkspartei mit den Sozialdemokraten eine Bundesregierung gebildet hat, nämlich von 1986 bis zum Jahr 1995. In diesem Zeitraum hat man das Budgetdefizit beziehungsweise die Staatsverschuldung in keinster Weise in den Griff bekommen.

Herr Finanzminister! Sie kennen die Berichte des Wifo, Sie kennen auch die Berichte der Experten der Wirtschaftsforschung, die gerade im Hinblick auf die Strukturmaßnahmen, im Hinblick auf die Ihrerseits so genannten Strukturmaßnahmen beziehungsweise bei den Belastungspaketen der Bundesregierung auf etwas ganz klar und dezidiert aufmerksam gemacht haben: Die Budgeterfolge, die Sie erzielt haben, sind lediglich auf Einmaleffekte zurückzuführen. Es wird aber in den Folgejahren notwendig sein, zur Senkung des Budgetdefizits Strukturmaßnahmen durchzuführen. Das ist unsere Kritik: Diese Maßnahmen haben Sie nicht gesetzt, und Sie sind auch nach wie vor nicht bereit, sie zu setzen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Walterskirchen vom Wifo, der sicherlich kein Freund der Freiheitlichen Partei ist, hat zum Beispiel gesagt, die Budgetsituation sei nicht besonders rosig, weitere Konsolidierungsschritte seien unbedingt notwendig. Die Oesterreichische Nationalbank lobt zwar einerseits, dass gewisse Dinge erreicht worden sind, stellt aber andererseits auch fest, dass wesentliche substantielle Konsolidierungsmaßnahmen nicht durchgesetzt wurden, aber absolut notwendig sind.

Sie haben diese Einwände einfach ignoriert und sich darauf verlassen, dass das Wachstum höher sein wird als prognostiziert und dass Sie sich mit Einmalmaßnahmen beziehungsweise Einmaleffekten aus dem Budgetschlamassel davonstehlen können. Nunmehr werden Sie von der harten Realität eingeholt, weil Sie eine Budgetpolitik betrieben haben, die nicht auf die strukturellen Probleme eingegangen ist.

Sie haben heute in der Aktuellen Stunde mehrmals darauf hingewiesen, dass strukturelle Maßnahmen für das Budget zu setzen sind. Sie haben heute einmal 10 Minuten und einmal 5 Minuten lang darüber gesprochen, Sie haben aber keine einzige strukturelle Budgetmaßnahme hier im Hohen Haus erwähnt, auf die wir Freiheitlichen sehr gewartet hatten. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Scheibner: So ist es: Keine Ideen!)

Es ist außerdem die Kritik von uns Freiheitlichen als Oppositionspartei – und offensichtlich gilt das sogar auch für Ihren Regierungspartner –, dass wir Budgetzahlen bekommen, die nicht den aktuellen Daten entsprechen. Wir als Oppositionspartei erwarten von Ihnen, dass wir hier im Hohen Haus konkrete Budgetzahlen bekommen, sodass wir effektiv wissen, wie es um den Staatshaushalt bestellt ist, wie hoch die Zinsenzahlungen in den nächsten Jahren sein werden und wie hoch die tatsächlichen Schulden des Bundeshaushaltes sind. In diesem Bereich werden ja sehr viele Dinge verschleiert.


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Ein einfacher Punkt zu diesem Vorwurf: Der Bund ist in letzter Zeit ein miserabler Zahler geworden. Sie haben die Begleichung der Schulden, der Verbindlichkeiten, die Sie gegenüber den Lieferanten eingegangen sind, im Laufe der Zeit immer weiter hinausgezögert. Sie zahlen immer schleppender! Man sieht das in den Rechnungsabschlüssen. Sie sind aber auch dafür verantwortlich, dass Sie die Zahlungskonditionen gegenüber den Lieferanten einhalten. Auf Grund Ihrer schlechten Zahlungsmoral haben Sie stattdessen viele Unternehmer in Österreich in den Konkurs getrieben, weil Sie eben oft zu spät gezahlt haben. Man sieht das auch immer in den so genannten
Rechnungsabschlüssen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie haben uns Freiheitlichen auch immer wieder vorgeworfen: Wenn wir in die Regierung kämen, dann würden wir irgendwelche Einmalmaßnahmen setzen, um das Budget kurzfristig zu sanieren; das seien nur Einmaleffekte, und der Fall wäre erledigt. – Genau das werfen wir Ihnen vor: dass Sie mit Einmalmaßnahmen beziehungsweise Einmaleffekten etwas erzielen wollen, was für die österreichische Wirtschaft nur dann von Bedeutung wäre, wenn es nachhaltig wirken würde.

Ich führe ein paar einfache Beispiele dafür an. Sie lassen das Notenbankgesetz ändern und kassieren allein im Jahr 1997 von der Oesterreichischen Nationalbank insgesamt 18,5 Milliarden Schilling, das sind um 10 Milliarden Schilling mehr als im Jahr davor. Sie lösen Steuerguthaben der österreichischen Steuerzahler bei Ihnen auf und verbuchen diese Steuerguthaben als Steuereinnahmen – das waren weitere 15 Milliarden Schilling. Sie sistieren die Freibetragsbescheide auf zwei Jahre – das brachte weitere 6 Milliarden Schilling. Sie erhöhen Einkommensteuer- beziehungsweise Körperschaftsteuervorauszahlungen – das waren weitere 3 Milliarden Schilling. Was haben Sie denn mit dem Geld gemacht? – Sie haben damit nur das Budget geschönt, damit Sie die Maastricht-Kriterien erreichen, aber Sie haben keine konjunkturpolitischen Maßnahmen gesetzt, Herr Finanzminister! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Krüger: Wo ist der Finanzminister überhaupt? – Abg. Scheibner: Er muss sich noch schnell informieren!)

Herr Bundesminister! Wir von der freiheitlichen Fraktion haben immer wieder den Vorschlag gemacht: Wenn wir privatisieren, wenn wir nicht notwendige Reserven der Oesterreichischen Nationalbank heranziehen, dann wollen wir mit dem Geld Strukturmaßnahmen setzen, dann wollen wir damit eine Steuerreform in Gang setzen, die der österreichischen Bevölkerung auch nachhaltig zugute kommt. Sie dagegen, Herr Finanzminister, haben ausschließlich privatisiert – und das hat die Bundesregierung auch vor Ihrer Zeit so gehalten –, um Budgetlöcher zu stopfen. Man hat überhaupt keine Maßnahmen gesetzt, um einen Teil des Erlöses wieder zu reinvestieren.

Wir haben auch immer wieder vorgeschlagen, man sollte endlich eine Bestandsaufnahme des österreichischen Bundesvermögens machen, um zu sichten, was notwendig und was nicht notwendig ist. Das nicht notwendige Bundesvermögen sollte veräußert werden, und 50 Prozent des Erlöses sollten zum Abbau der Staatsschulden und 50 Prozent für Infrastrukturmaßnahmen verwendet werden, damit wieder Reinvestitionen ausgelöst werden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie sind überhaupt nicht bereit, über die Dinge nachzudenken, die wir in Österreich umstellen sollten, damit wir das Ganze wieder in Gang bringen. Sie haben aber ganz genau gesehen, welche Maßnahmen falsch waren: Es waren all jene Maßnahmen falsch, die in den seinerzeitigen Belastungspaketen zu Lasten der Bevölkerung gegangen sind. Es wurden nicht zwei Drittel bei den Ausgaben eingespart und ein Drittel über Steuererhöhungen lukriert, sondern es ist genau das Gegenteil passiert!

Die Konsequenz aus dem Ganzen war Folgendes: Wir liegen in Europa hinsichtlich des Wirtschaftswachstums hinten. Innerhalb der zwei Jahre des Belastungspaketes ist durch die hohe steuerliche Belastung der Umfang der Schwarzarbeit von 170 Milliarden Schilling auf 230 Milliarden Schilling angestiegen. Es besteht ganz offensichtlich ein psychologischer Druck: Wenn heute die Steuerschraube angezogen beziehungsweise die Abgabenquote zu hoch wird, dann sucht jeder irgendeine Möglichkeit, um der Steuerbelastung auszuweichen.


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Wir haben Ihnen immer wieder gesagt: Führen Sie ein einfaches, ehrliches Steuersystem ein! Beseitigen Sie alle Ausnahmen! Reduzieren Sie den Steuersatz! Dann erreichen wir eine größere Steuerehrlichkeit, ein höheres Steueraufkommen, und die Steuerzahler wären nicht dem Druck ausgesetzt, der Steuer auszuweichen, sondern bereit, offen und ehrlich zu deklarieren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Dann würde es zu einer größeren Steuerehrlichkeit kommen, und wir hätten mehr Beschäftigte. Was aber haben Sie gemacht? – Sie haben genau entgegengesetzte Maßnahmen gesetzt! Diese haben natürlich auch zu der Problematik mit den Pensionen geführt, die darin besteht, dass Sie Arbeitslose in der Frühpension versteckt haben. Kollege Gaugg wird darauf noch im Detail eingehen.

Das Problem besteht darin, dass wir diesen Staatshaushalt nicht in den Griff bekommen, weil Sie an den bestehenden Strukturen festhalten wollen und einfach nicht davon abgehen, statt endlich Reformmaßnahmen einzuführen. Wir nennen Ihnen daher ein paar Beispiele dafür, wie man Reformen durchführen sollte.

Denken wir zunächst einmal an das gesamte Paket der Subventionen: 60 Milliarden Schilling werden in Österreich jährlich an Subventionen vergeben! – Ich finde es primitiv, wenn der burgenländische ÖVP-Obmann Jellasitz sagt: Die Freiheitliche Partei hat vor, die Subventionen um 50 Prozent zu kürzen und damit der Landwirtschaft zu schaden.

In diesen 60 Milliarden Schilling Subventionen sind so und so viele Subventionen enthalten, die heute an Vereine oder Unternehmen gehen, die den Zweck, für den sie vor zwei Jahren eingetreten sind, bei weitem nicht mehr erfüllen. Das Geld wird einfach nur so hinausgeworfen! Da gehört einmal der Sparstift angesetzt. Ein Drittel dieser Subventionen können Sie ohne weiteres einsparen! (Beifall bei den Freiheitlichen.) – Wir können uns nachher darüber unterhalten.

Der zweite Bereich betrifft die Wohnbauförderung: Dieser Bereich verschlingt insgesamt 30 Milliarden Schilling aus dem Bundesbudget. Davon sind 24 Milliarden zweckgebundene Wohnbauförderung, und 6 Milliarden haben sich die Länder damals aus der Zweckbindung herausgeholt, um das Geld für andere Maßnahmen verwenden zu können. Diese Mittel wurden nicht für Investitionen verwendet, das wissen Sie ganz genau, sondern man hat damit die Budgetdefizite in den Ländern abgebaut! (Bundesminister Edlinger: Es sind nicht 6 Milliarden, sondern schon 8 Milliarden!)  Mittlerweile sind es schon 8 Milliarden, damals waren es noch 6 Milliarden. Aber Sie können dazu ohne weiteres Stellung nehmen.

Herr Finanzminister! Denken Sie einmal ganz einfach darüber nach, wie man dieses Förderungssystem der Wohnbauförderung umstellen kann! Gehen Sie einmal weg von der so genannten Objektförderung, gehen Sie hin zur reinen Subjektförderung! Das geht natürlich nur in Abstimmung mit dem Finanzausgleich mit den Ländern. Gehen Sie einmal weg von den Direktkrediten! Sorgen Sie auf Grund der Richtlinien dafür, dass einzelne Personen, die als Subjekt je nach Einkommen beziehungsweise Familiengröße förderungswürdig sind, einen Zinsenzuschuss bekommen und dass all diese Förderungen über eine Bank beziehungsweise diverse Banken abgewickelt werden. Damit würden Sie einen riesigen Verwaltungsapparat sowie alle Direktkredite, die der Bund an die Länder aufbringen muss, beseitigen. Auf diese Weise würde für den Bund ein schönes Paket frei. Denken Sie einmal darüber nach! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Dritter Bereich: Herr Finanzminister! Wir haben in Österreich eine Unzahl an Fonds. So haben wir zum Beispiel auch den ERP-Fonds. Sie kennen sich beim ERP-Fonds sehr gut aus? Ich kenne mich beim ERP-Fonds auch sehr gut aus! Es ist dies ein Fonds mit weit über 30 Milliarden Schilling Dotation. Sie wissen ganz genau: 90 Prozent dieser Mittel bekommen Großbetriebe, zum Teil indirekt halbverstaatlichte Betriebe. Auf jeden Fall bekommen solche Betriebe diese Mittel, die ohne weiteres die Möglichkeit hätten, sich das Geld auf dem internationalen Kapitalmarkt zu besorgen.

Die so genannten Klein- und Mittelbetriebe bekommen hingegen nur 10 Prozent dieser Mittel. Diesen Fonds könnten Sie ohne weiteres verkleinern, indem Förderungsmittel nur jenen Unter


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nehmen zur Verfügung gestellt würden, die tatsächlich förderungswürdig sind, etwa in regionalpolitischen oder in innovationstechnischen Bereichen, in Technologiebereichen. Auf diese Weise könnten Sie den Fonds um die Hälfte reduzieren! Dann hätten Sie dort eine größere Effizienz und hätten wieder Mittel für andere Investitionen frei, die der Bund zu tätigen hat, um endlich seine Rückstände im Bereich der Infrastrukturinvestitionen aufholen zu können! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Das sind nur einmal Vorschläge betreffend drei Bereiche gewesen.

Herr Finanzminister! Ich verstehe auch nicht, warum Sie nach wie vor gegen eine Vereinfachung des Steuersystems sind. Wir haben in Österreich ein Steuersystem, das so kompliziert ist, dass sich kein Mensch auskennt! Ich denke nur etwa an die Aussage von Herrn Dr. Bruckner, der immerhin der Vorsitzende der Steuerreformkommission war. Er hat gesagt, dass man immer wieder Beamtenmeinungen einholen muss, damit man sich in der gesamten Steuergesetzgebung überhaupt zurechtfinden kann.

Sie können sich sicherlich gut daran erinnern, dass wir in Österreich einmal eine Grunderwerbsteuer in der Größenordnung von 8 Prozent hatten. Es gab eine Unzahl von Ausnahmebestimmungen für Arbeiterwohnstätten, Erstwohnsitzgründungen und dergleichen mehr. Berufungssenate wurden eingerichtet, es wurde gestritten, es wurde berufen, die Verwaltung wurde strapaziert. Der Steuersatz war hoch, aber das Aufkommen war relativ gering.

Damals hat man gesagt: Weg mit den Ausnahmen! Wir senken den Steuersatz von 8 Prozent auf 3,5 Prozent. – Nun sind die Ausnahmen weg, es gibt keine Berufungen mehr, und dazu ist sogar noch ein höheres Steueraufkommen gekommen! Das ist ein ganz einfaches Beispiel! (Abg. Auer: Wer hat denn das gemacht?) Wenn die guten Ideen von der Regierung kommen, dann ist ja alles okay, aber warum knüpfen Sie an diesen guten Ideen nicht weiter an? Sie können ja an diesen Ideen weiter anknüpfen und das in Form der direkten Steuer bei der Einkommensteuer und Lohnsteuer durchsetzen!

Welchen Sinn hat es denn, wenn die Sozialisten immer wieder sagen, dass das freiheitliche Steuermodell – wir können es auch Flat-Tax nennen – sozial nicht verträglich ist, weil es die kleinen und mittleren Einkommen diskriminiert? – Lesen Sie einmal die Inserate und sehen Sie sich die Anzeigen der Connect Austria an: Da gibt es zum Beispiel eine Kommanditbeteiligung von 100 000 S, und damit kann man Verlustvorträge von 175 Prozent in Anspruch nehmen. Und wenn jemand 600 000 S Kommanditanteil kauft, dann bekommt er 200 Prozent. Sie können sich das kaufen, aber der kleine und mittlere "Hackler" kann sich das nicht kaufen! Wer ist jetzt für wen da? – Sie sind für die Großen da! Wir sind für die Kleinen da! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es hat sich ja auch bei den letzten Wahlen gezeigt, wer für wen da ist. Wir treten eben für die Bezieher kleiner und mittlerer Einkommen ein, damit diese ein bisschen mehr Freiheit bekommen, mehr Gestaltungsmöglichkeiten haben und nicht immer nur abhängig sind von dem so genannten Förderungstopf der Bundesregierung.

Es kommt mir schön langsam so vor, als ob Sie diese Menschen eigentlich gar nicht befreien wollen. Vielmehr wollen Sie Abhängige haben! (Abg. Dr. Krüger: Ja! Sehr richtig!) Sie wollen Abhängigkeit! Sie wollen, dass die Leute hoch besteuert werden und mit einem niedrigen Einkommen zu dieser und jener Stelle gehen und als Bittsteller antreten müssen, bis entschieden wird: Wenn einer ein Roter oder ein Schwarzer ist, dann bekommt er in dem einen Bundesland das und in einem anderen Bundesland jenes. Wenn er jedoch ein Blauer ist, dann kann er gehen. – So spielt sich das ab, und das geht einfach nicht! Dagegen wehren wir uns! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Widerspruch bei ÖVP und SPÖ.)  – Dafür gibt es genug Beispiele.

Das ist das Problem. Und immer mehr Menschen haben erkannt, wofür die Freiheitlichen stehen, wofür die Freiheitlichen in der Familienpolitik, in der Steuerpolitik und in der Finanzpolitik eintreten. Wir wollen die Bürger mit einem Steuersystem befreien, das einfach ist und das den Menschen mehrfach ein höheres verfügbares Einkommen in der Brieftasche garantiert, als das seitens der bisherigen Bundesregierung aus Rot und Schwarz der Fall ist. Dafür stehen wir, und


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darauf sind auch unsere Wahlerfolge zurückzuführen. Unsere Wahlerfolge sind auch darauf zurückzuführen, dass wir den Leuten immer sagen, was geht und was nicht geht.

Sie können sich ja immer wehren. Sie finden stets Ausreden, warum etwas nicht geht! Sie finden Ausreden, warum der Kinderbetreuungsscheck nicht geht, Sie finden Ausreden, warum die Flat-Tax nicht möglich ist, und Sie finden Ausreden dafür, warum man den Menschen für ihre Arbeitskraft kein höheres Einkommen zur Verfügung stellen will! (Zwischenruf des Abg. Eder. ) Von Ihnen kommen keine Vorschläge, die da lauten: So geht es lang, und so können wir der österreichischen Bevölkerung weiterhelfen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Finanzminister! Sie haben im Wahlkampf und auch vorher alles Mögliche versprochen. Sie haben gesagt: Es gibt überhaupt kein Problem mit der Steuerreform! Wir brauchen kein drittes Sparpaket!

Am 8. Juli 1998 meldete die APA: "Finanzminister Rudolf Edlinger versicherte Mittwoch nachmittag im Nationalrat, daß die für das Jahr 2000 geplante Steuerreform ohne weitere Sparpakete erfolgen werde." – Zitatende.

Nun kürzen wir die Ermessensausgaben gleich um 20 Prozent. Dazu würde ich gerne einmal von Ihnen hören: Wie schaut das in Ihrem Bereich aus? In Ihrem Bereich geht es, glaube ich, um eine Kürzung der Ermessensausgaben um 1,2 Milliarden Schilling. Dazu habe ich eine Frage: Heizen Sie dann von Jänner bis März die Finanzämter nicht mehr? Müssen die Leute dann mit dem Anorak dort sitzen? Müssen in den Schulen die Lehrer und die Schüler frieren? Wo wollen Sie das einsparen? Wir wollen konkrete Maßnahmen sehen!

Vor allen Dingen ärgert nicht nur uns, sondern auch die Ressortkollegen in der Bundesregierung die Tatsache, wie Sie mit diesen Dingen umgegangen sind. Sie haben die Kollegen nicht konfrontiert und gesagt: Sucht bitte in eurem Ressort ein Sparpotential, prüft, wo man einsparen, wo man umschichten kann, sondern Sie haben das einfach beschlossen. Sie haben gesagt: Die Ermessensausgaben werden um 20 Prozent eingeschränkt. Und Sie haben das nur deshalb gesagt, weil Ihnen Brüssel auf die Finger geklopft hat. Brüssel hat Ihnen auf die Finger geklopft, und zwar ganz massiv und zu Recht! Denn das Budgetziel, das Sie sich vorgenommen haben, nämlich auf 1,4 Prozent Budgetdefizit im Jahre 2003 (Bundesminister Edlinger: 2002!) beziehungsweise schon im Jahre 2002 herunterzukommen, ist ohnehin kein sehr hoch gestecktes Ziel!

Das war kein sehr hoch stehendes Ziel. (Bundesminister Edlinger: Aber ambitioniert!) Sie sollten gewisse Zielvorgaben erreichen, das steht auch im Stabilitäts- und Wachstumspakt. (Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.) Denn es geht nicht nur um die Erreichung der Konvergenzkriterien – um die 3 Prozent Budgetdefizit vom Bruttoinlandsprodukt –, sondern Sie sollten à la longue ein ausgeglichenes Budget haben beziehungsweise mit Überschüssen arbeiten können. Davon sind Sie jedoch weit entfernt! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

15.22

Präsident Dr. Andreas Khol: Zur Beantwortung der Anfrage hat sich Herr Bundesminister für Finanzen Rudolf Edlinger zu Wort gemeldet. Die Redezeit soll 20 Minuten nicht überschreiten. – Bitte.

15.22

Bundesminister für Finanzen Rudolf Edlinger: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe heute Vormittag im Rahmen der Aktuellen Stunde bereits erklärt, dass es relativ wichtig ist, die Rahmenbedingungen für die Budgetpolitik der kommenden vier Jahre natürlich auch in der Öffentlichkeit zu diskutieren. Ich habe darauf hingewiesen, dass Österreich – das soll man in aller Klarheit feststellen – von 1996 bis 1999 den Budgetkonsolidierungskurs, den es sich selbst vorgenommen hat, exakt eingehalten hat.

Wir haben es geschafft, das Budgetdefizit mehr als zu halbieren. Wir haben damit den Eintritt in die Wirtschafts- und Währungsunion geschafft. Wir haben damit auch jene Voraussetzungen erreicht, die geeignet sind, ein entsprechendes wirtschaftspolitisches Umfeld zu schaffen – nied


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rige Inflationen, niedrige Zinsen –, was letztendlich auch dafür erforderlich ist, dass man wirtschaftspolitisch handeln kann. Diese Konsolidierungserfolge sind durchaus auch international anerkannt.

Ich bin mir durchaus dessen bewusst, dass jeder aus ein und demselben Bericht jene Dinge herausliest, die er gerne lesen will und die er zur Unterstützung seiner eigenen Argumentation braucht. Irgendjemand – ich bin mir nicht mehr ganz sicher, wer es war – hat heute Vormittag den OECD-Bericht aus dem Jahr 1998, nämlich die Beurteilung der Jahre 1997 und 1998, zitiert und hat messerscharf auf jene Aspekte im zweiten Teil des Berichtes hingewiesen, in denen festgestellt wird, dass in den nächsten Jahren noch ein erheblicher Konsolidierungsbedarf besteht. – Darüber gibt es auch überhaupt keinen Zweifel, das ist nie in Abrede gestellt worden.

Betreffend denselben OECD-Bericht, den Sie zitiert haben, titelt aber immerhin auch die "Neue Zürcher Zeitung", die dafür bekannt ist, dass sie die österreichische Politik nicht vorsätzlich positiv qualifiziert, am 12. Juni 1999 – ich zitiere –: "Lob der OECD für Österreichs Wirtschaftspolitik. Mit einigem Erfolg vorangetriebene Strukturreformen." – Zitatende.

Sie sollten diesen Artikel vielleicht lesen. Er enthält eine kurze Darstellung der Strukturreformen, die vorgenommen wurden und bei denen man auch weiter ansetzen muss. Ich will es mir jetzt ersparen, Ihnen diesen Artikel vorzulesen. Ich möchte Ihnen nur sagen, dass beispielsweise die OECD in dem Bericht resümiert – und das schreibt die "Neue Zürcher Zeitung" richtigerweise –, dass dadurch auch ein "vergrösserter finanzpolitischer Spielraum" für die Republik Österreich entstanden ist.

Ich will gar nicht sagen, dass uns die OECD ausschließlich gelobt hat. Ich möchte nur der Korrektheit halber hier sagen, dass die OECD als eine anerkannte, wichtige gesamtwirtschaftspolitische Organisation festgestellt hat, dass Österreich in den letzten Jahren eine erfolgreiche Konsolidierungspolitik betrieben hat. Es wäre nett, wenn Sie das zur Kenntnis nähmen!

Ich sage – und habe das auch nie in Abrede gestellt –, dass der Weg der Budgetkonsolidierung in Österreich noch nicht abgeschlossen ist. Es ist daher für mich immer klar gewesen, dass die nächste Bundesregierung, die die Budgets von 2000 an bis etwa 2003 zunächst einmal zu erstellen hat, große Anstrengungen unternehmen muss, um das gesamte nationale Budgetdefizit, das 1999 bei etwa 2,2 Prozent liegt, im Jahr 2000 auf 1,7 Prozent zu reduzieren. In der weiteren Phase werden also – etwa so, wie Sie das dargestellt haben, Herr Mag. Trattner – gewaltige Anstrengungen erforderlich sein.

Ich möchte darauf hinweisen, dass diese Politik sehr wohl machbar ist, dass es allerdings einiger Voraussetzungen bedarf. Bevor man den Sparkurs ansetzt, muss man in einer mittelfristigen Budgetprognose auch sagen, welche Grundsätze im Zusammenhang mit budgetpolitischen Maßnahmen zu erarbeiten sind. Ich stehe gar nicht an, das durchaus klar zu sagen, obwohl ich bitte, auch zur Kenntnis zu nehmen, dass ich heute hier in der Funktion als provisorischer Finanzminister antworte. Daher sind jene Positionen, die ich heute hier einnehme, jene, die ich persönlich vertrete und die unter Umständen zu keiner Akkordierung führen werden beziehungsweise erst im Rahmen von Gesprächen dazu führen werden. So wie ich es sehe, ist das Budget im Griff zu halten. Diese Aufgabe halte ich unter ein paar Aspekten für bewältigbar.

Die erste Voraussetzung ist, dass auch in den kommenden Jahren mit äußerster Sparsamkeit mit öffentlichen Mitteln umgegangen wird. Zweitens halte ich es für ebenso wichtig, dass das Budget nicht durch zusätzliche Ausgaben belastet wird, es sei denn, es wird auch für klare und konkrete Gegenfinanzierungsmaßnahmen gesorgt, entweder in einem innovativen Maß durch zusätzliche Einsparungen oder – das ist nicht mein Vorschlag – durch Einnahmenadaptierung. Drittens müssen natürlich die begonnenen Strukturreformen auch konsequent fortgesetzt werden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Soeben ist auf Grund der Dringlichen Anfrage ein Tagesordnungspunkt unterbrochen worden, dessen Inhalt als Maßnahme im Bereich struktureller Veränderungen anzusehen ist. Denn das, was wir im Personalbereich in den nächsten Jahren zu tun gedenken, ist nicht einfach eine mathematische Reduzierung der Zahl der Bediensteten.


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Vielmehr wollen wir eine mathematische Vorgabe machen, die letztendlich auch dazu führen muss, dass es zwangsläufig in den Verwaltungsabläufen zu strukturellen Änderungen kommt. Sonst – mit einer derart rapiden Reduzierung auch der Zahl der Bediensteten – kann ja die öffentliche Verwaltung einfach nicht funktionieren!

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, dass es wichtig ist, dass man über diese Fragen betreffend Strukturreform im öffentlichen Dienst, Strukturreform bei den sozialen Transfers spricht. Ich werde dazu noch einige Bemerkungen machen. – Das ist, ich sage es noch einmal, meine persönliche Meinung dazu. Ich möchte damit nicht zusätzlich politische Irritationen hervorrufen. Aber ich bin durch die Dringliche Anfrage auch als Person befragt. – So sehe ich das zumindest.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe mich heute Früh schon dafür bedankt, dass Sie die Dringliche Anfrage gestellt haben, denn sie gibt mir die Möglichkeit, über den Zeitraum von fünf Minuten hinaus Stellung zu diesem sehr schwierigen Problem zu nehmen. (Abg. Scheibner: Wir warten auf die Darstellung konkreter Maßnahmen! – Abg. Dr. Graf: Fangen Sie endlich an!) Ich möchte Ihnen sagen: Es ist das gute Recht der Opposition, bei Dringlichen Anfragen Antworten auf Fragen zu bekommen, die sie sich selbst nicht beantworten kann. Das ist ganz einfach und richtig. (Beifall bei der SPÖ.)

Aber so, wie ich mit äußerster Disziplin und mit nur zwei ganz kurzen Einwürfen Herrn Mag. Trattner aufmerksam zugehört habe, müssen auch Sie sich jetzt die Zeit nehmen und zuhören, wie ich an die Beantwortung des von Ihnen gestellten Fragenkonvoluts herangehe. Und ich gestatte mir halt, einige Bemerkungen voranzustellen.

Ich möchte schon sagen, dass ich mich sehr wohl darüber wundere, dass Sie die Frage so formulieren und auch so in Ihrer Begründung argumentiert haben, wie Sie das getan haben. Denn es wundert mich wirklich, dass ausgerechnet die Freiheitlichen eine Dringliche Anfrage zum Budget stellen, da evident ist – das kann man jederzeit anhand von entsprechenden Dokumenten und öffentlichen Äußerungen in der Vergangenheit nachvollziehen –, dass es im vergangenen Wahlkampf gerade die Forderungen der Freiheitlichen waren, die erhebliche Irritationen im öffentlichen Haushalt ausgelöst hätten. (Abg. Dr. Riess-Passer: Wir haben auch Bedeckungsvorschläge gemacht!)

Ich denke dabei etwa an die ursprüngliche Struktur des Kinderschecks: Das wären nach dem, was auf dem Plakat stand und dann mehrfach revidiert wurde, locker 40 Milliarden Schilling geworden! (Zwischenruf des Abg. Scheibner. ) Ich denke dabei auch an die Flat-Tax oder daran, dass Sie die Kommunalsteuer streichen wollen. All das ergäbe eine Schere zwischen Einnahmen und Ausgaben in der gewaltigen Dimension von weit mehr als 100 Milliarden Schilling. Das müsste zwingend zu massiven Kürzungen der sozialpolitischen Realität und der wirtschaftspolitischen Realität in unserem Lande führen, und das möchte ich schlicht und ergreifend eigentlich nicht! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Scheibner: Selbst Kanzler Klima glaubt Ihnen inzwischen nicht mehr!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe das nur deshalb gesagt, Herr Mag. Trattner, weil auch Sie in der Begründung Ihrer Anfrage mehrfach Rückgriffe auf Argumentationen und auf Bemerkungen, die im Wahlkampf gefallen sind, gemacht haben. Und ich möchte wirklich in aller Deutlichkeit sagen, dass es kaum jemanden gab, der das getan hat. Mitunter war das gar nicht so unproblematisch für meine Position und meine politische Partei. Denn ich war es immer wieder, der gesagt hat: Bitte versprecht nicht mehr, als ihr halten könnt! Die Wahlversprechen hingegen, die es gerade von Ihrer Seite gegeben hat, meine Damen und Herren von den Freiheitlichen, waren ganz einfach Legion! Aber es besteht ohnehin keine Chance, weder politisch noch fiskalisch, solche Versprechen auch zu realisieren! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Böhacker: Das ist nicht wahr!)

Entschuldigen Sie: In Kärnten müsste das seit 1. April 1999 realisiert sein, aber wenn ich auf den Kalender schaue, dann stelle ich fest, dass der 1. April schon vorbei ist. Und ich nehme an,


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es war kein Scherz, als Sie dieses Datum genannt haben! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Dr. Graf. )

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich werde nun versuchen, zu den 33 Fragen möglichst konkret Stellung zu nehmen und im Rahmen der Beantwortung dieser Fragen auf einige, wie ich meine, durchaus strukturpolitische Maßnahmen einzugehen. Ich werde aber doch einige dieser Fragen zusammenfassen.

Zu den Fragen 1 und 2:

Es ist ein – wie ich meine – doch wohl bekanntes Ritual, dass vor Verhandlungen eines jeden Budgets Fehlbeträge bestehen, die im Zuge dieser Verhandlungen dann auf ein vertretbares Ausmaß reduziert werden. Das ist ja der Sinn von Budgetverhandlungen, und daher ist es überhaupt nichts Ungewöhnliches, dass für das Budget 2000 und auch für die Folgejahre ein solches Adaptierungserfordernis besteht. Es wird daher Aufgabe der neuen Bundesregierung sein, diese Anpassungen vorzunehmen oder, anders ausgedrückt, jene politischen Entscheidungen zu treffen, die notwendig sind – ein Budget ist ja der in Zahlen gegossene Ausdruck des politischen Willens einer Bundesregierung –, damit am Ende ein Budget vorgelegt werden kann, das auch dem Stabilitätspakt und den Stabilitätszielen entspricht.

Die von Ihnen zitierten Größenordnungen ergeben sich nämlich dann im Hinblick auf das Jahr 2003, wenn einerseits keinerlei zusätzliche Belastungen für das Bundesbudget entstehen und andererseits die Ausgabendynamiken wirken, die es gibt, und wenn letztendlich auch das von Herrn Mag. Trattner dankenswerterweise hier erwähnte zusätzliche Konsolidierungsziel erreicht wird, das wir bis 2002 auf 1,4 Prozent – 1,9 Bundesbudget – festgelegt haben, wobei ich annehme, dass die neue Bundesregierung in Fortschreibung des Stabilitätspaktes selbstverständlich auch eine weitere Defizitabsenkung für das Jahr 2003 in Aussicht nehmen wird.

Zur Frage 3:

Alle meine bisherigen Budgets haben gehalten. Ich habe sogar das für das jeweilige Jahr veranschlagte Defizit immer unterschritten, und ich werde das – das möchte ich Ihnen gerne auch heute schon sagen – auch für das Jahr 1999 zustande bringen. Daher können Ausgaben der korrekt vollzogenen Budgets der Vergangenheit keine Ursache für Adaptierungserfordernisse der Zukunft sein! (Beifall bei der SPÖ.)

Zu den Fragen 4 und 5:

Die Tatsache, dass alle Budgets der letzten Jahre – wie ich bereits erwähnt habe – das jeweils veranschlagte Budgetdefizit unter schritten haben, ist ein Zeichen für eine erfolgreiche Konsolidierung des Bundesbudgets, was sich sowohl die Sozialdemokratische Partei Österreichs als auch die Österreichische Volkspartei, die beide die politische Verantwortung für diesen Konsolidierungskurs tragen, zugute halten dürfen. Zweifellos wird der Budgetkonsolidierungskurs im Interesse der Erhaltung der österreichischen Stabilitätspolitik fortzusetzen sein, damit das Budget eben nicht aus dem Ruder läuft, wie Sie dies befürchten.

Zur Frage 6:

Was den von Ihnen zitierten Defizitwert von 2,6 Prozent betrifft, so entspricht dieser den Prognosen, die in den vergangenen Monaten von verschiedenen Seiten erstellt worden sind und sich mit der Frage beschäftigt haben, was mit dem Budget geschieht, wenn der Konsolidierungskurs verlassen wird.

Ich habe heute Vormittag schon gesagt, dass es nicht ganz fair ist, wenn man einen Vergleich mit jenen europäischen Ländern zieht, die 1999 etwa bei jenem Budgetdefizit hielten, das die Republik Österreich hat, und dann behauptet, dass diese Länder das Budgetdefizit weiter reduzieren werden, während Österreich mit 2,6 Prozent dann fast jenseits von gut und böse steht. Ich habe heute Vormittag gesagt – und wiederhole das –, dass all diese Länder – Deutschland, Italien, Frankreich waren die drei großen, die etwa dort gelegen sind, wo wir liegen – ihre


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Bundesvoranschläge für das Jahr 2000 in den Bundesregierungen – und, wie ich glaube, in zwei Ländern auch in den Parlamenten – bereits beschlossen haben, während es in Österreich keinen Voranschlag für das Jahr 2000 gibt, sodass dieser Prognose Hochrechnungen beziehungsweise Weiterrechnungen des rechtlichen Istzustandes zugrunde liegen.

Wie ich bereits erwähnt habe, gehe ich davon aus, dass auch unser Land in absehbarer Zeit wieder eine Bundesregierung haben wird, die von sich aus daran interessiert und imstande ist, jene strukturellen Maßnahmen zu setzen, die dem Budgetziel unseres Stabilitätsprogramms entsprechen.

Zu den Fragen 7 bis 16:

Ich gehe davon aus, dass die Fortsetzung der erfolgreichen österreichischen Budgetkonsolidierung in weitaus überwiegendem Maße – und ich sage das wirklich im Wissen um die Tragweite dessen, was das bedeutet – mit ausgaben seitigen Maßnahmen sicherzustellen ist und dass eine Erhöhung der Abgabenquote für mich, sollte ich eingeladen sein, weiter Finanzminister sein zu dürfen, nicht in Frage kommt. Das möchte ich in aller Deutlichkeit sagen.

Ich halte für die Maßnahmen zur Erreichung dieser Ziele folgende Grundsätze für wesentlich:

Erstens: Zusätzliche Wünsche an das Budget können – und ich wiederhole das, was ich bereits in der Einleitung gesagt habe – nur dann erfüllt werden, wenn konkrete Gegenfinanzierungen – auf welchem Wege auch immer, wobei mir der ausgabenseitige gefällt – erfolgen.

Zweitens: Das Wachstum – das ist eine ganz entscheidende Zielsetzung – soll deutlich unter jenem des nominalen Bruttoinlandsproduktes zu liegen kommen. Es müssen aber gleichzeitig auch die innere Dynamik des Ausgabenwachstums und die innere Dynamik des Einnahmenwachstums in eine zu vergleichende Parallelität gelangen.

Drittens: Für das Budget 2000 wird der Ausgabenrahmen des Bundesvoranschlages 1999 die Grundlage sein müssen, wobei für jedes Ressort budgetäre Eckwerte zu definieren sein werden, die die Einhaltung des Budgetziels sicherstellen. Ich gehe nämlich davon aus, dass wir bei Anlegung von Realitätssinn ein Budget haben werden, das frühestens mit Juni 2000 rechtswirksam werden kann – ich wünsche mir das –, sodass es natürlich schwierig sein wird, jene notwendigen Maßnahmen dann so zu setzen, dass sie auch in sechs Monaten zu jenem budgetären Effekt führen werden, den wir benötigen.

Viertens: In die Budgets der Jahre 2001 bis 2003 werden die Ergebnisse des im Jahre 2000 zu führenden Finanzausgleiches einzufließen haben, wobei ich ganz eindeutig sagen muss, dass ich mir nicht vorstellen kann, dass sich eine Gebietskörperschaft zulasten der anderen gesundstößt oder saniert. Das bringt auch nichts. Wir haben gegenüber den europäischen Organisationen, aber auch gegenüber den internationalen Finanz- und Kapitalmärkten das gesamtstaatliche öffentliche Finanzwesen darzustellen. Daher kann bestenfalls die Verschiebung von Belastungen vom Bund auf die Länder die Befindlichkeit des Bundesfinanzministers verbessern – und umgekehrt die Befindlichkeit der Landesfinanzreferenten –, aber das würde die österreichische Situation nicht verändern.

Wichtig ist aber, dass im Zuge der Finanzausgleichsverhandlungen natürlich die Aufgabenwahrnehmung effizienter und auch effektiver zu gestalten ist und dass auch die Zusammenführung von Aufgaben- und Ausgabenverantwortung vorgenommen werden muss, beispielsweise bei den Lehrern. Ich verrate, so glaube ich, kein Geheimnis, wenn ich Sie daran erinnere, dass ich mich als seinerzeitiger Vorsitzender der Landesfinanzreferentenkonferenz – dort hinten sitzt noch ein Landesfinanzreferent von damals – vehement gegen das Angebot des damaligen Finanzministers Viktor Klima gewehrt habe, die Lehrer von der Finanzkompetenz her zu übernehmen.

Diesbezüglich werden wir mit starker Argumentation auffahren müssen. Aber ich möchte Folgendes sagen: Es hat sich gegenüber 1996 eines verändert: Es gibt nun den Konsultationsmechanismus, der verhindert, dass etwa der Bund Gesetze beschließt, deren Kosten dann auf


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Grund der Kompetenzübertragung von den Ländern zu bezahlen sind – etwa betreffend Landeslehrer, Bundesstraßen und ähnliche Veränderungen; wobei ich glaube, dass sie auch Auswirkungen auf die inneren Strukturen des Bundeshaushaltes haben.

Fünftens: Über den Finanzausgleich hinaus wird die Aufgabenwahrnehmung der öffentlichen Hand, speziell auch des Bundes, auf ihre Zweckmäßigkeit hin zu überprüfen sein. Es geht mir dabei konkret um die Straffung der von den Ressorts wahrzunehmenden Aufgaben und die Beseitigung von Doppelgleisigkeiten und Ähnlichem.

Ausgliederungen mit gedeckelten Bundeszuschüssen müssen weitergeführt werden, um auch betriebswirtschaftliche Überlegungen in Teile der Bundesverwaltung in stärkerem Maße Eingang finden zu lassen, wobei eine noch stärkere Anwendung der Flexibilisierungsklausel dazu führen soll, mit besonderer Sparsamkeit an den Vollzug der Budgets heranzugehen.

Sechstens sage ich aber auch ganz klar, dass ich es nicht für sinnvoll halte – persönlich nicht für sinnvoll halte –, da und dort bestehende Überschüsse in einzelnen Segmenten der öffentlichen Mittel des Bundes für neue Ausgaben zu nutzen, statt sie sinnvoll für die Budgetkonsolidierung oder zur Senkung von Lohnnebenkosten zu verwenden. Ich werde von vielen Experten, nicht zuletzt auch vom Beirat für Sozial- und Wirtschaftsfragen in dieser meiner Haltung bestätigt.

Siebentens: Ein ganz wesentlicher Punkt betrifft die so genannte Treffsicherheit von Sozialtransfers. Diesbezüglich ist manches geschehen, das zeigt die jüngste Studie des Wifo, die über die Verteilungswirkungen der Familienförderung berichtet, dass durch das Familienpaket 1998 gerade für die sozial schwächeren Familien eine große Hilfestellung erreicht wurde und sich viele in der Nähe der so genannten Armutsgrenze stehenden Menschen emanzipieren konnten. Das muss auch so bleiben.

Es ist aber auch die Frage zu stellen – diese ist zumindest legitim –, ob es tatsächlich im Sinne der Treffsicherheit ist – diese Studie legitimiert uns, diese Frage zu stellen –, dass, wie diese Studie eben zeigt, erhebliche Teile der Familienförderung dem Drittel mit dem höchsten Einkommen zugute kommen. Das ist zumindest zu hinterfragen, wenn es darum geht, Treffsicherheit zu erzielen, weg vom Gießkannenprinzip und hin zur Leistbarkeit für den Staat, zur gezielten Hilfestellung für jene zu kommen, die es wirklich brauchen. Ich meine, dass wir in diesen Bereichen jenen helfen müssen, die es brauchen, und nicht jenen, die es sich wünschen. Ich meine, das ist eine ganz wichtige politische Festlegung. (Beifall bei der SPÖ.)

Achtens möchte ich zu diesem Fragenkonvolut, da das ein spezifischer Fall ist, ganz klar Folgendes sagen: Was das von Ihnen angesprochene Pflegegeld betrifft, so ist angesichts seiner Bedeutung für viele Tausende hilfsbedürftige Menschen diesbezüglich mit besonderer Sensibilität vorzugehen. Ich meine, dass da eine einkommensmäßige Staffelung zu ungewünschten Effekten führen könnte, nämlich zur Verdrängung von Behinderten von ihrem Arbeitsplatz. Daher muss man in diesem Bereich mit größerer Sensibilität vorgehen, wenn man zu allfälligen Veränderungen ansetzt. (Abg. Scheibner: Ja oder nein? Kommt es zu Veränderungen oder nicht?)

Ich orte jene Bereiche und gebe doch sehr deutlich zu erkennen, in welche Richtung ich mich bewegen kann. Aber Sie verwechseln mich mit der künftigen Bundesregierung. (Zwischenruf des Abg. Scheibner. ) Ich bin möglicherweise ein Mitglied der künftigen Bundesregierung. (Abg. Dr. Riess-Passer: Sagen Sie, wie Sie es machen würden!) Ich vertrete hier meinen Standpunkt, und ich glaube, es ist durchaus von der Tendenz her zu erkennen, in welche Richtung das gehen kann. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Trattner: Aber Sie sind schon Finanzminister!)

Ich bin der amtierende Finanzminister, der nicht die Absicht hat, ein Budget vorzulegen – das ist doch ganz deutlich zum Ausdruck gekommen –, der auch gar kein Budget vorlegen kann, weil er Mitglied einer provisorischen Bundesregierung ist. (Abg. Scheibner: Aber Sie werden noch wissen, was notwendig ist!) Ich hoffe sehr, dass wir bald eine Regierung für die nächsten vier Jahre haben werden (Abg. Scheibner: ... bis 2003 gegangen ist! Unglaublich!) , und dann werden diese Fragen auch sehr konkret diskutiert werden. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Riess-Passer: Eben nicht! Sie beantworten sie nicht! – Ruf bei den Freiheitlichen: Sie tun


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nur so, als würden Sie antworten!)  – Sehr geehrter Herr Klubobmann! Sie haben Fragen an mich formuliert, und ich antworte. Es ist meine Aufgabe, auf Fragen so zu antworten, wie ich es für richtig halte. (Abg. Scheibner: Aber konkrete Antworten!) Ich stehe nicht hier, um Sie zu befriedigen, sondern um meinen Standpunkt darzulegen. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ.)

Zur Frage 17: ... (Anhaltende Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)  – Ich antworte, ich antworte doch. (Abg. Haigermoser: Haben Sie schon einmal etwas gehört vom Interpellationsrecht? Das sollten Sie aber!)  – Ja, aber entschuldigen Sie, Herr Abgeordneter: Wenn Sie eine Frage stellen und sich gleichzeitig eine bestimmte Antwort wünschen, dann brauchen Sie mich ja nicht zu fragen. Dann beantworten Sie sich das selbst. (Neuerlicher Beifall bei der SPÖ.) Aber Gott sei Dank gibt es weitgehend unterschiedliche Auffassungen zwischen mir und den Antragstellern, und darauf bin ich sehr stolz. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Mag. Firlinger. )

Wenn es der Herr Präsident und auch die Freiheitliche Partei gestatten, wende ich mich nun der Beantwortung der Frage 17 zu. (Neuerliche Zwischenrufe und Unruhe bei den Freiheitlichen.)

Ich möchte zur Frage 17 sagen, dass es für eine Panikmache wegen der Zukunft der Alterssicherung keine sachliche Begründung gibt. (Abg. Mag. Trattner: Sie haben keine einzige Frage beantwortet!) Dennoch ist es aber erforderlich – das möchte ich in aller Deutlichkeit sagen –, das System laufend zu beobachten und unter Beachtung aktueller Entwicklungen anzupassen. Der Bereich der Alterssicherung betrifft nämlich einen Kernbereich unseres Staates und hat unmittelbare Auswirkungen auf die Lebenssituation großer Teile der Bevölkerung.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Langfristige Prognosen gehen überwiegend davon aus, dass der gesamtgesellschaftliche Wohlstand in Österreich weiterhin ansteigen wird, und auf dieser Basis sollte die Finanzierbarkeit der Pensionen auch gegeben sein.

Wichtigste Voraussetzungen dafür, dass auch in Zukunft die Finanzierung der Pensionen gesichert werden kann, sind daher meiner Meinung nach Wachstum der Wirtschaft und Erhöhung der Beschäftigungsquote. Daher sind Beschäftigungspolitik und offensive Maßnahmen im Hinblick auf ein Mehr an Beschäftigung die aktivste Möglichkeit, die Pensionen für die älteren Menschen in unserem Lande zu garantieren. (Beifall bei der SPÖ.)

Zur Frage 18:

Laut Gutachten des Beirates für Renten- und Pensionsanpassung betreffend die Festsetzung des Anpassungsfaktors für das Jahr 2000 ist die Entwicklung der Bundesmittel zur Pensionsversicherung im Hinblick auf die in Ihrer Anfrage zitierten Jahre Folgende: 1990: 43,8 Milliarden Schilling, 1995: 52,3 Milliarden Schilling, 1998: 56,8 Milliarden Schilling, Prognose für 2003: 83,1 Milliarden Schilling.

Zu den Fragen 19 und 20:

Auf der Basis der Erfolgsrechnung bis inklusive 3. Quartal 1999 ist die Krankenversicherung zuversichtlich, den Abgang im Jahre 1999 bei 3 Milliarden Schilling stabilisieren zu können. Prinzipiell sind das Management und die Selbstverwaltung der Krankenversicherung dazu aufgerufen, Vorschläge zu machen, wie diesem Defizit begegnet werden kann. Zu beachten wird dabei aus meiner Sicht zweierlei sein:

Erstens dürfen Einsparungen im Gesundheitsbereich nicht die Qualität der Gesundheitsversorgung beeinträchtigen, und zweitens sind Beitragserhöhungen nicht nur angesichts der Lohnnebenkosten-Position Österreichs im EU-Vergleich, sondern auch im Hinblick auf die steuereinnahmenmindernde Wirkung hintanzuhalten. Ich gehe davon aus, dass die Selbstträgerschaft und die Verantwortlichen entsprechende Maßnahmen setzen werden.

Zur Frage 21:

Die Wohnbauförderung – darauf ist Herr Mag. Trattner eingegangen – fällt bekanntlich in die Kompetenz der Länder. (Abg. Mag. Firlinger: Aber sie kriegen einen Bundeszuschuss, um


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Gottes willen!)  – Aber entschuldigen Sie, ich bin ja noch gar nicht so weit gewesen. Sie werden doch nicht abstreiten, dass die Wohnbauförderung in die Kompetenz der Länder fällt. Sie fällt in die Kompetenz der Länder, und es liegt auch die Gestaltung der Gesetze seit 1987 im Verantwortungsbereich der Bundesländer. Das heißt, dass jede Struktur – in welcher Weise sich Objekt- und Subjektförderungen zueinander verhalten – in die Zuständigkeit der Bundesländer fällt, da es überhaupt keine übergeordnete Kompetenz des Bundes gibt. Ich bin aber davon überzeugt – und ich werde auch entsprechend vorgehen –, dass die Frage der Wohnbauförderung ein ganz wesentliches Thema bei den Finanzausgleichsverhandlungen zu sein hat.

Ich möchte, damit da keine Zahlendifferenz aufkommt – wir liegen nämlich ein paar Mal bezüglich der Zahlen auseinander, wobei ich glaube, dass das eher Missinterpretationen sind –, Folgendes festhalten: Die Wohnbauförderung umfasst derzeit im Budget 1999 rund 32 Milliarden Schilling, 24,5 Milliarden davon sind zweckgebundene Mittel. Diese sind seit dem letzten Finanzausgleich unverändert geblieben. Die Zuwächse, die durch die Dynamik der Finanzierungsgestaltung des Wohnbauförderungsfonds gegeben sind – das sind ja teilweise Lohnnebenkosten, teilweise Anteile aus anderen gemeinschaftlichen Bundesabgaben in Form von Vorwegabzügen –, haben eine Dynamik von knapp 2 Milliarden Schilling per anno.

Das bedeutet, dass den Ländern 1999 8 Milliarden und im Jahr 2000 fast 10 Milliarden – nicht ganz, 9,4 Milliarden nach der Schätzung – nicht zweckgebunden aus dem Titel der Wohnbauförderung zufließen – allerdings nach einem anderen Aufteilungsschlüssel als die zweckgebundenen Mittel.

Es wird nicht einfach sein, mit den Ländern über eine neue Struktur der Wohnbauförderung zu reden. Ich bin der Meinung, dass eine Subjektförderung dem Kampf gegen das Gießkannenprinzip eigentlich adäquat wäre. Auf der anderen Seite muss man natürlich wissen, dass Objektförderungen sehr langfristige Finanzierungsbeanspruchungen nach sich ziehen, sodass eine Veränderung eines solchen Systems auf einmal erstens nicht machbar und zweitens auch von der finanztechnischen Seite her nicht möglich ist.

Ich werde aber versuchen – und ich hoffe sehr, dass sich die Abgeordneten des Hohen Hauses dann als Bundespolitiker empfinden –, im Bereich der Wohnbauförderung mit den Ländern zu anderen als den derzeitigen Regelungen zu kommen. Ich spreche dabei all jene an, die bereits in Landtagen waren. Wenn ich da so in den Saal blicke, sehe ich viele milde lächeln, und manche denken vielleicht, sie haben schon größere Zwerge gesehen als den Finanzminister, der antritt, um den Ländern etwas wegzunehmen. – Aber man wird doch mit sehr guten Argumenten probieren dürfen, vielleicht Teile für andere Verwendungen frei zu bekommen.

Zur Frage 22:

Da ich allen Anregungen zur sinnvollen Verwendung von Steuermitteln gerne nachgehe, habe ich die Äußerungen von Herrn Professor Kramer mit sehr großem Interesse verfolgt. Ich möchte aber gleichzeitig sagen, dass die von Professor Kramer ermittelten Einsparungspotentiale mathematische Beispiele sind. Das ist ja an und für sich nicht so schwierig. Es stimmt, dass wir um einen Prozentpunkt des BIP mehr für Verwaltung ausgeben als der EU-Durchschnitt. Da ein Prozentpunkt rund 25 Milliarden Schilling sind – es ist ein bisschen mehr –, macht das 25 Milliarden aus. Die Deutschen geben um 2 Prozent weniger aus. 2 Prozent sind 50 Milliarden, daher ist das das mathematisch ermittelte Einsparungspotential.

Ich habe aber selbstverständlich, da eine so wichtige Persönlichkeit wie der Direktor des Wifo öffentlich einen solchen Vorschlag macht, diesen unverzüglich beauftragt, mir noch bis Jahresende ein Konzept zu erstellen, das den Weg dorthin aufzeigt, nämlich welche Maßnahmen die Republik Österreich zu setzen hätte, um tatsächlich die Verwaltungskosten etwa nach deutschem Vorbild oder nach dem EU-Durchschnitt senken zu können.

Ich kenne sehr viele Vorschläge. Erst heute hat der Herr Rechnungshofpräsident einen Vorschlag gemacht. Er meinte beispielsweise, dass die zweite Gebietskörperschaft zu hinterfragen


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ist. Das ist ein äußerst akademischer Vorschlag, den ich mich allerdings politisch aus guten Gründen hier nicht programmatisch zu wiederholen getraue.

Zur Frage 23:

Gestern wurde im Ministerrat die Aufnahmeregelung für das Bundespersonal für das Jahr 2000 beschlossen. Ziel ist es, den Personalstand im Bundesdienst durch Nichtnachbesetzung um etwa 2 000 zu verringern. Jedes Ministerium ist daher gefordert, die Verwaltungsabläufe, wie gesagt, zu vereinfachen. Für meinen Verantwortungsbereich – und ich sage das sehr deutlich – habe ich gemeinsam mit den Personalvertretern gerade den Wandel von der Vollzugsbürokratie zur wirkungsorientierten Verwaltung eingeleitet.

Das Programm "Finanz 2001", das weitestgehend im Konsens mit den Bediensteten erstellt wurde, wird Organisationsverbesserungen, den Abbau von Doppelgleisigkeit, den Einsatz neuer EDV-Verfahren und Ähnliches mehr ermöglichen, sodass wir – und das möchte ich wirklich tun – rund 1000 Planstellen von insgesamt 1 500 Personen, die bis zum Jahr 2005 in Pension gehen, nicht mehr nachbesetzen werden. Wie schwierig allerdings derartige organisatorische Maßnahmen sind, möchte ich nur jenen in Erinnerung rufen, die sich noch daran erinnern können, wie schwierig es für mich war, etwa die Auflösung eines einzigen Finanzamtes, nämlich jenes von Wien-Umgebung, die schlüssig war, auch tatsächlich durchzusetzen. (Präsident Dr. Fischer übernimmt wieder den Vorsitz.)

Zur Frage 24:

Diesbezüglich sage ich ja zu der dem Gedanken zugrunde liegenden Langfristigkeit im Hinblick auf neu eintretende Beamte. Die budgetären Konsequenzen der Unterstellung neu eintretender Beamter unter das ASVG hängen natürlich von einer Reihe von Faktoren ab, nicht zuletzt von der Zahl der künftigen Pragmatisierungen. Unter sonst gleichen Voraussetzungen – das ist jetzt ein Modell – entstünden jedenfalls zunächst einmal mittel- bis langfristig Mindereinnahmen, wenn man die Beamten in das ASVG gibt, und erst viel später langfristig positive budgetäre Effekte. Trotzdem unterstütze ich diese Gedanken auf Grund der Harmonisierung, auf Grund der sozialen Ausgewogenheit und durchaus auch auf Grund der Langfristigkeit, da es ja jetzt im Beruf Stehende nicht betrifft.

Zu den Fragen 25 und 26:

Ich möchte darauf hinweisen, dass es außerbudgetäre Schulden des Bundes nicht gibt. Sollten Sie mit Ihrer Frage jedoch die langfristigen Verbindlichkeiten der Sonderfinanzierungsgesellschaften des Bundes gemeint haben – was ich annehme –, dann darf ich darauf hinweisen, dass Sie diese fein säuberlich aufgelistet im Bericht über die Finanzschulden des Bundes 1998 auf Seite 68 finden. Ich würde Ihnen vorschlagen, Herr Mag. Trattner, dort nachzulesen.

Zur Frage 27, Privatisierungspotential:

Es gibt meiner Meinung nach – aber ich gebe zu, dass das meine subjektive Meinung ist – keine wirklich aussagekräftigen Untersuchungen über das tatsächliche Privatisierungspotential des Bundes, da der zu erzielende Verkaufspreis natürlich immer vom Ziel der Privatisierung der einzelnen Einheit in ihrer jeweiligen Form und auch von den jeweiligen Marktkonditionen, die im Laufe der Zeit schwanken, abhängt.

Eine kürzlich veröffentlichte Studie – ich nehme an, dass Sie diese gemeint haben –, nämlich die von Professor Schneider von der Uni Linz, sowie auch jene, die ein Jahr zuvor von Professor Lehner vom Wifo erstellt wurde, liefern meiner Ansicht nach durchaus brauchbare Anregungen, jedoch keine eindeutig nachvollziehbaren Hinweise auf das Privatisierungspotential. Das wird aber in diesen Studien auch nicht so apodiktisch behauptet. Ich kenne sie also und registriere sie. Derzeit liegen gesetzliche Privatisierungsaufträge an die ÖIAG bezüglich der ATW, des Dorotheums sowie der Staatsdruckerei vor.


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Ich möchte es allerdings nicht verabsäumen, darauf hinzuweisen, dass ich – und das ist wiederum meine persönliche Meinung – im Interesse der langfristigen Absicherung des Wirtschaftsstandortes eine Kernaktionärsfunktion für die ÖIAG für klug halte. Ich wiederhole: Das ist meine persönliche Meinung, die ich allerdings einzubringen gedenke.

Zu den Fragen 28 bis 31 möchte ich darauf hinweisen, dass die Reduzierung von Ermessensausgaben in der Vergangenheit schon öfters eine der Maßnahmen war, um Budgets auszusteuern. Ich habe, glaube ich, dieses Motiv bereits heute Vormittag dargelegt und möchte mir das daher nun ersparen. Sie können im Protokoll nachlesen, wie ich die Funktion der Ermessensausgaben des provisorischen Budgets sowie die Möglichkeiten der Flexibilität in den einzelnen Ressorts dargestellt habe.

Zur Frage 32:

Sehr geehrter Herr Magister Trattner! Das ist wirklich eine ernste Frage, weil wir diesbezüglich immer wieder eine Kontroverse über die genauen Zahlen haben. Ich gehe davon aus, dass die Finanzmärkte die Weiterführung der Budgetkonsolidierung in Österreich erwarten. Solange wir den Kurs halten, ist mit keinen negativen Entwicklungen zu rechnen, denn es handelt sich bei all diesen Zahlen im Hinblick auf ein mögliches Budget 2000 um Prognosen und nicht um die Realität. Die Realität des Jahres 1999 hingegen ist klar: Diesbezüglich sind wir auf Kurs.

Sollte Österreich allerdings seine Budgetziele deutlich verfehlen, so ist eine negative Reaktion der Finanzmärkte zu erwarten. Das ist überhaupt keine Frage! Daher ist es ja auch wichtig, der Budgetdisziplin in besonderem Maße das Wort zu reden.

Zur Frage 33:

Wir sind diesbezüglich in den Zahlen überhaupt nicht auseinander, ich verwende auch keine unterschiedlichen Zahlen. Es gibt einerseits den Gesamtnettoaufwand, nach den Verrechnungsvorschriften des Bundes finden Sie im Budget jedoch den Bruttoaufwand. Also muss man die Einnahmen, nämlich etwa jene aus Währungstauschverträgen et cetera, abrechnen, wenn die Frage gestellt wird, was die Schulden der Republik Österreich netto kosten.

Der Gesamtnettoaufwand betrug im Jahre 1990 60,6 Milliarden, im Jahre 1995 84 Milliarden und im Jahre 1998 86 Milliarden Schilling. Er wird für das Jahr 1999 auf voraussichtlich 92 Milliarden und für das Jahr 2000 auf 98 Milliarden geschätzt. Für das Jahr 2001 liegt die Schätzung bei 102,9, für das Jahr 2002 bei 108,9 und für 2003 bei 113,7 Milliarden Schilling. Ich betone noch einmal: Dies sind Schätzungen nach der heutigen Annahme bestimmter Entwicklungen, die ich jetzt im Einzelnen nicht ausführen möchte. Den Schätzungen liegt eine Annahme von bei variabler Verzinsung 4 Prozent für 2000 sowie 5 Prozent Zinsen für 2001 bis 2003, bei Fixverzinsung für 2001 bis 2003 6,5 Prozent Zinsen per anno zugrunde.

Auf die Differenz zwischen Netto- und Bruttozinsausgaben habe ich bereits hingewiesen. Wir müssen das auf Grund von Verrechnungsvorschriften fiskalpolitisch so machen. Ich darf Ihnen für die erwähnten Jahre auch die Differenz mitteilen: Im Jahre 1990 müssten 5,7 Milliarden Schilling dazugerechnet werden, für 1995 liegen diese Ausgaben um 10,3, für 1998 um 9,0 und für 1999 um 9,4 Milliarden Schilling über den von mir zuerst als Nettoaufwand zitierten Zahlen. – Ich bedanke mich recht herzlich für Ihre Aufmerksamkeit. (Anhaltender Beifall bei der SPÖ. – Abg. Scheibner: Zur Geschäftsbehandlung!)

16.06

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich danke dem Herrn Finanzminister.

Ankündigung eines Antrages auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses

Präsident Dr. Heinz Fischer: Es liegt mir ein Antrag der Abgeordneten Öllinger und Fraktion vor, einen Untersuchungsausschuss zur Wahrnehmung der Aufsichtspflicht durch das Bundes


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ministerium für Arbeit und Soziales gegenüber dem AMS einzusetzen, der im Verhältnis 4 : 3 : 3 : 1 zusammengesetzt sein soll.

Zudem liegt ein nach § 33 Abs. 2 gestelltes Verlangen vor, über diesen Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses eine Debatte durchzuführen, und diesem Verlangen ist Rechnung zu tragen.

Die Debatte und die Abstimmung über die Einsetzung dieses Untersuchungsausschusses werden daher für nach Erledigung der Tagesordnung beziehungsweise nach Erledigung der bereits für nach Erledigung der Tagesordnung angekündigten Abstimmungen anberaumt.

*****

Weiters hat sich Herr Abgeordneter Scheibner zur Geschäftsbehandlung zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Abgeordneter.

16.07

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Das Recht und die Möglichkeit, Dringliche Anfragen zu einer Materie an einen Minister zu stellen, ist ein Ausfluss des Interpellationsrechtes. Es stimmt zwar, dass wir uns, wie auch der Herr Minister gesagt hat, die Antwort nicht aussuchen können, aber ich glaube, wir haben das Recht und auch die Pflicht, auf konkrete Fragen ebenso konkrete Antworten einzumahnen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Bundesminister! Sie waren nicht bereit, zum Fragenkomplex 7 bis 16, in dem ganz konkrete Fragen gestellt worden sind, auch entsprechend konkrete Antworten zu geben. Ich gestehe zwar zu, dass es die Möglichkeit gibt, Fragen zusammenzufassen und der Beantwortung der Fragen auch eine allgemeine Stellungnahme voranzustellen, aber es kann nicht so sein, dass die allgemeinen Stellungnahmen die konkrete Beantwortung von Fragen ersetzen. Sie haben 45 Minuten dafür gebraucht!

Ich ersuche Sie, Herr Präsident, den Herrn Minister aufzufordern und ihm auch die Möglichkeit zu geben, die sehr konkreten Fragen 7 bis 16 mit konkreten Antworten zu versehen. Sollte der Herr Minister dazu nicht bereit sein, dann würde ich Sie ersuchen, dieses Problem auf die Tagesordnung der nächsten Präsidiale zu setzen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

16.08

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter! Die Antworten zu den Fragen 7 bis 16 sind nicht unter meinem Vorsitz erteilt worden. Da jedoch der zu diesem Zeitpunkt vorsitzführende Präsident nicht eingegriffen hat, nehme ich an, dass die Antworten den Bestimmungen der Geschäftsordnung entsprochen haben. (Abg. Scheibner: Er kann ja nicht eingreifen, bevor die Antwort erteilt worden ist!)

Ich persönlich muss sagen, dass ich nicht einmal gehört habe, ob sich der Herr Bundesminister nach jener Bestimmung der Geschäftsordnung, nach der er verpflichtet ist, eine Stellungnahme abzugeben oder die Anfragen zu beantworten, zu Wort gemeldet hat. Aber es steht Ihnen natürlich frei, Kollege Scheibner – und wir benötigen dazu keinen Diskurs, Sie haben ein Recht darauf –, ein solches Problem in der nächsten Präsidiale zu relevieren, und es wird sich daraus sicherlich eine Diskussion ergeben. Bis dahin können wir auch das Protokoll studieren.

Ich nehme an, dass sich weitere Wortmeldungen dazu erübrigen.

Herr Abgeordneter Dr. Kostelka will ebenfalls zur Geschäftsbehandlung das Wort. – Bitte, Herr Abgeordneter.

16.09

Abgeordneter Dr. Peter Kostelka (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Ich möchte mit allem Nachdruck darauf hinweisen, dass erstens die Fragen 7 bis 16 von ihrer Stellung her geschäftsordnungsmäßig mehr als problematisch sind, weil sie nicht Gegenstände


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der Vollziehung betreffen. (Abg. Scheibner: Das ist ja unglaublich!) Dennoch ist der Herr Bundesminister ausführlich darauf eingegangen.

Wenn die Freiheitlichen ihre Wünsche seitens des Finanzministers dramaturgisch nicht erfüllt bekommen, so ist das ihre Angelegenheit. (Abg. Scheibner: Was ist das für eine Meldung zur Geschäftsordnung?)  – Der Geschäftsordnung ist jedenfalls in vollem Umfange entsprochen worden. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Martin Graf: Das ist ein Debattenbeitrag!)

16.10

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wenn der Präsident die Antworten zugelassen hat, dann ist das zu respektieren, und wenn der Präsident die Fragen zugelassen hat, Herr Klubobmann Dr. Kostelka, dann ist auch das zu respektieren. – Aber, wie gesagt: Wir werden in der nächsten Präsidialsitzung darüber sprechen.

Wir gehen nunmehr in die Debatte ein. Nach den Bestimmungen der Geschäftsordnung darf kein Redner länger als 10 Minuten sprechen. Die Gesamtredezeit der Fraktionen ist auch bekannt.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Prinzhorn. – Bitte.

16.11

Abgeordneter Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn (Freiheitliche): Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Ich habe heute Vormittag bei der Aktuellen Stunde, deren Thema diesmal Sie von der SPÖ vorgegeben haben, Ihren Humor bewundert, Ihren Humor trotz eines sehr ernsten Anlasses. Ich meine, der Anlass ist – so sehr Sie, Herr Bundesminister, meinen, den "lieben Augustin" so lustig wie auf Ihrer Krawatte darstellen zu müssen – wirklich ein sehr ernster! Und die Debatte über diese Dringliche Anfrage, die jetzt stattfindet, hat Ihre Physiognomie auch – Gott sei Dank! – etwas verändert. Dafür danke ich Ihnen einmal. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die internationalen Vergleiche, die wir heute hier gehört haben und die sehr interessant waren, sind Zielsetzungen, die wir in Österreich sehr gut nachvollziehen können und die wir letztlich auch erreichen müssen. Wenn Sie auf Anträge, auf Meinungen oder auf Vorführen dieser internationalen Zielsetzungen, dieser Benchmarks, durch die Opposition so reagieren, dass Sie die Opposition gleich fragen: Wie kommt man denn dorthin, wo diese vergleichsweisen Konkurrenzländer Österreichs heute liegen?!, dann ist das nichts anderes als eine Bankrotterklärung Ihrer Finanz- und Budgetpolitik, Herr Minister! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Was die Neuverschuldung und das Wirtschaftswachstum in Österreich in den letzten zwei Jahren – und in den kommenden Jahren laut Prognosen der OECD – anlangt, so ist Österreich Schlusslicht in der EU! Darauf, Herr Finanzminister, können Sie nicht stolz sein – und Sie können auch nicht hergehen und die Opposition fragen: Ja, was macht man denn da?! (Zwischenbemerkung des Bundesministers Edlinger. )

Sie, Herr Bundesminister Edlinger, sind bereits im Jahre 1997 von den EU-Kommissaren als "besonders kreativer" Buchführer bezeichnet worden, und da steht schwarz auf weiß, Österreich schöpft alle amtlich anerkannten Möglichkeiten aus, um den Berg der Gesamtstaatsschulden durch Ausgliederungen, wie etwa die ASFINAG, zu verkleinern. Sie, Herr Finanzminister, werden als einer angeführt, der es verstanden hat, zumindest seine Schulden im Buch, in der Bilanz oder im Budget zu reduzieren – allerdings mit einer Hypothek auf die Zukunft.

Ich fordere Sie heute auf, Ihre Kreativität jetzt umzusetzen und uns hier Lösungsvorschläge zu bringen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie sollten vom Jahre 1998 lernen, als Ihnen wichtige Wifo-Experten alle notwendigen Strukturreformen aufgezeigt haben. (Der Redner hält ein Schriftstück in die Höhe.) Da, Herr Finanzminister, ist Ihr Bild drauf. Sie können das alles nachlesen bei Walterskirchen, Lehner, Pichelmann. Es steht hier ausdrücklich:


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Die meisten Experten stimmen Burkert, Pichelmann, Lehner bei: Es sind keine strukturellen Maßnahmen gesetzt worden. Clement legte den Finger auf eine weitere Wunde: Die Struktur der Ausgaben ist zu wenig zukunftsorientiert, weil Bildung, Forschung und Infrastruktur überhaupt keine Rolle spielen und keine Zukunftsinvestitionen zu erwarten sind.

Und Sie, Herr Finanzminister, lassen uns heute, im Jahre 1999, wieder im Unklaren darüber, wie Sie diese strukturellen Aufgaben, wie Sie die Aufgaben der Zukunft finanzieren wollen!

Wir erhielten vor kurzem, genauer gesagt am 24. November, von der Europäischen Kommission ein weiteres Alarmsignal übermittelt. Das Budget der Republik Österreich ist ein Besorgnis erregender Fall! So heißt es am 24. November 1999 seitens der Kommission!

Wir werden also gerügt vom zuständigen EU-Kommissar, bei dem Herr Finanzminister Edlinger in den letzten Monaten immer wieder vorstellig wurde, um eine Harmonisierung der Steuern auf hohem Niveau zu erreichen, um damit unser ausuferndes Budgetdefizit, unsere überbordende Ausgaben- und Abgabenquote zu verstecken. Und auch da ist Ihnen gesagt worden: Abbau des strukturellen Budgetdefizits auf maximal 1 Prozent des BIP durch Ausgabeneinsparungen!

Und was haben Sie bei den zwei Sparpaketen gesagt, Herr Finanzminister? – Sie haben gesagt, es werde überwiegend Einsparungen auf der Ausgabenseite geben. Es passierte aber genau das Umgekehrte. Sie haben gesagt: zwei Drittel Einsparungen, ein Drittel Belastungen. – Es war aber genau umgekehrt!

Was sagen Sie heute wieder? – Die Zukunft wird nur ausgabenseitig von mir betrachtet werden, und die Einsparungen werden ausgabenseitig erfolgen.

Man kann Ihnen beim dritten Mal nicht glauben, Herr Finanzminister! Ein Sparpaket wird auf dem Fuße folgen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es ist bitte auch einigermaßen lächerlich, wie Sie mit der Aussage von Professor Kramer umgehen. Wenn Professor Kramer Ihnen etwa vorführt, wie viel die öffentlichen Ausgaben in der EU, wie viel sie in Deutschland ausmachen – in einem Land, das außerdem noch sehr hohe Verteidigungsausgaben zu tragen hat –, wenn Ihnen Professor Kramer also sagt, das sind 2 Prozent vom BIP, und Sie, Herr Minister, haben ganz richtig gesagt, 2 Prozent vom BIP sind heute schon 54 Milliarden Schilling, dann können Sie, Herr Finanzminister, doch nicht einfach sagen: Der gescheite Professor soll mir sagen, wie man das macht!

So etwas können Sie doch nicht sagen, Herr Minister! (Zwischenbemerkung von Bundesminister Edlinger. ) Sie haben doch die Verantwortung! Sie haben doch die Aufgabe, Österreich in das nächste Jahrtausend zu führen! Die Opposition ist nicht gefordert, Ihnen den Weg zu zeigen, sondern wir zeigen Ihnen das Ziel! Den Weg gehen gefälligst Sie! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Nun die Notbremse zu ziehen und einfach die Ermessensausgaben einzuschränken ist sicherlich ein Signal: ein Signal, dass etwas geschehen wird, worauf wir warten. Jetzt aber zu sagen, es ist letztlich alles in Schwebe, weil es keine neue Regierung gibt und Sie nur provisorischer Finanzminister sind, ist wirklich zu billig! Als ob die Sozialdemokraten zum ersten Mal den Finanzminister in der Zweiten Republik stellen würden! 28 Jahre lang haben Sie Zeit für Strukturreformen gehabt, aber nichts ist geschehen! Die Schulden, die Pensionszuschüsse et cetera steigen weiter.

Die Sondierungsgespräche mit den Sozialdemokraten und Ihnen persönlich haben uns gezeigt: Das Thema Budget wird ausgespart. Zum Thema Budget gibt es keine Informationen, das ist top secret; da wird weiter in Camera caritatis fortgewurschtelt, und es werden Angaben gemacht, wie etwa: 2,2 Prozent Neuverschuldung im Jahr 1999, obwohl in allen internationalen Berichten jetzt schon 2,6 Prozent steht. Aber dann sagen Sie wieder: Das war im letzten Jahr; im Jahre 2000 kommt aber dann der große Sanierungsschritt! – Also bei dem Budget, das Sie jetzt vorgelegt haben, kann ich keinen Sanierungsschritt erkennen.


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Wenn Sie sagen, Herr Rechnungshofpräsident Fiedler habe Sie heute gerügt, so kann ich darauf nur erwidern: Er hat Sie nicht nur gerügt, sondern er hat Ihnen auch gesagt, dass wir bald unter EU-Kuratel gestellt werden, wenn wir mit dem Budget so weitermachen.

Ich persönlich möchte Ihnen sagen: Auch das ist nichts Neues. Diese Kritik des Rechnungshofes ist Ihnen aus den letzten Jahren bestens bekannt.

Man kann auch nicht umhin, nachzusehen, wie Sie, Herr Minister Edlinger, denn als Finanzstadtrat von Wien unterwegs waren. – Herr Minister, Sie haben als Stadtrat in den Jahren 1993 bis 1995 die Neuverschuldung von Wien von 2 Milliarden auf 11 Milliarden Schilling hinaufgetrieben und die Investitionen von 18 Milliarden auf 14 Milliarden Schilling gesenkt. (Bundesminister Edlinger: Da war ich aber nicht Finanzstadtrat!)  – Oh ja! Das war genau nach Hans Mayr.

Schön langsam frage ich mich auch, Herr Minister Edlinger, ob Ihre humoristischen Einlagen nichts anderes sind als ein Akt der Verzweiflung, indem Sie eben sagen: Na ja, was soll’s?!

Sie, Herr Minister Edlinger, werden als der Bundesminister in die Geschichte eingehen, den man als Bundesschulden minister in Erinnerung behalten wird. Und ich sage Ihnen auch noch: Den, der im auslaufenden Jahrtausend Ihr Erbe in diesem Amt antreten wird, beneide ich wirklich nicht! – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

16.18

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Gusenbauer. – Bitte.

16.18

Abgeordneter Dr. Alfred Gusenbauer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Falls Herr Abgeordneter Prinzhorn einen Wettlauf in Sachen Humor mit dem Finanzminister veranstalten wollte, so weiß er wohl selbst: Diesen Wettkampf kann er nicht gewinnen (Abg. Scheibner: Wir haben nicht so eine schöne Krawatte! Die Krawatte macht es aus!), und er gewinnt auch nicht den Wettkampf, was die Frage der finanz- und wirtschaftspolitischen Solidität betrifft.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Finanzminister Edlinger hat uns ein Budget 1998 vorgelegt – und es hat gehalten. Finanzminister Edlinger hat uns ein Budget 1999 vorgelegt – und auch da wird es eine Punktlandung geben. (Abg. Scheibner: Im Sumpf!) Es gibt daher keinerlei Zweifel an der finanz- und wirtschaftspolitischen Solidität dieses Finanzministers. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Trattner: Eine Bruchlandung wird es geben!)

Die OECD hat bei der Bewertung unseres Budgetkurses darauf hingewiesen, dass Strukturmaßnahmen gesetzt wurden. Sie hat diese Strukturmaßnahmen begrüßt und hat darauf hingewiesen, dass weitere Strukturmaßnahmen erforderlich sein werden.

Wenn Sie, Herr Kollege Prinzhorn, davon sprechen, dass keine Strukturmaßnahmen gesetzt wurden, dann widersprechen Sie den Erkenntnissen genau jener OECD, die heute am Vormittag, und zwar in der Aktuellen Stunde, von Ihren Fraktionskollegen so heftig strapaziert wurde.

Zweiter Punkt, meine sehr verehrten Damen und Herren: Das Budget 2000 kann kein Besorgnis erregender Fall sein, weil es das Budget 2000 noch nicht gibt und daher alle Mutmaßungen über das Defizit des Jahres 2000 auf der Annahme basieren, dass es keine Maßnahmen und keine strukturellen Veränderungen geben wird. Aber das Ziel jeder neuen österreichischen Bundesregierung – egal, wie sie zusammengesetzt sein wird – muss darin bestehen, Strukturmaßnahmen zu setzen, nicht nur, um das Defizit in Zaum zu halten, sondern vor allem, um die österreichische Wirtschaft und um die österreichischen Arbeitsplätze zukunftsfähiger zu gestalten. Daher sind alle Kassandra-Rufe in Bezug auf ein mögliches Defizit des Jahres 2000 heute nicht angebracht, nicht zweckdienlich und auch nicht hilfreich.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es gibt allerdings einige Prinzipien für das Budget des Jahres 2000, auf die der Finanzminister hingewiesen hat. Ich denke, dass diese Prinzipien


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bereits einen richtigen Weg für die Debatte über ein Budget des Jahres 2000 zeigen. Zum einen hat er darauf hingewiesen, dass neue Ausgabenideen durch Gegenfinanzierungsideen belegt werden müssen – etwas, was der Freiheitlichen Partei größte Freude bereiten wird, denn für die Flat-Tax-Ideen des vergangenen Jahres hat es bis zum heutigen Tag keine Gegenfinanzierungsideen gegeben. (Zwischenruf des Abg. Böhacker. )

Dritter Punkt: Der Finanzminister hat darauf hingewiesen, dass es keine neuen Begehrlichkeiten geben kann, die ausschließlich im Budget schlagend werden. Viertens hat er darauf hingewiesen, dass das Budget eine größere soziale Treffsicherheit haben muss, vor allem, was die Transfers betrifft.

Zum Fünften – und das halte ich für sehr wichtig – hat er darauf hingewiesen, dass die Verantwortung für gewisse Ausgaben stärker mit dem tatsächlich Veranlassenden der Ausgaben in Einklang gebracht werden muss. Das ist zwar ein Punkt, der nur im Zuge der Finanzausgleichs-verhandlungen des kommenden Jahres zu lösen sein wird, der aber für die Struktur des gesamten Budgets außerordentlich wichtig sein wird.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zur Steuerreform des Jahres 2000 und zu den familienpolitischen Maßnahmen, die jetzt von verschiedenen Seiten kritisiert werden – entweder unter dem Motto, sie stünden auf wackeligen finanzpolitischen Beinen, oder unter dem Motto, man möge diese Maßnahmen doch zurücknehmen, wenn man sie sich nicht leisten kann –, muss man in drei Punkten Stellung beziehen.

Punkt eins: Das Familienpaket war wichtig, um jenen zu helfen, die es tatsächlich brauchen. Dieses Familienpaket hat von der Tendenz her eine positive verteilungsmäßige Veränderung der Familienförderung mit sich gebracht.

Zum Zweiten ist zu sagen, dass mit dieser Steuerreform des Jahres 2000 denjenigen, die durch das Sparpaket über Gebühr zur Konsolidierung des Haushaltes beigetragen haben, teilweise wieder Geld zurückgegeben wird.

Zum Dritten ist darauf hinzuweisen, dass sehr viele oder fast alle Kritiker der Steuerreform und des Familienpaketes nicht gefordert haben, dass das Ausmaß ein kleineres sein sollte, und nicht gefordert haben, dass statt 32 Milliarden nur 20 Milliarden, 15 Milliarden oder 10 Milliarden Schilling dafür ausgegeben werden. Statt dessen haben die meisten Kritiker gefordert, dass über die Steuerreform noch bedeutend mehr als das, was das Hohe Haus beschlossen hat, an Steuern den Bürgern zurückgegeben werden sollte.

Daher halte ich es für widersprüchlich, wenn die Gleichen, die vor einem halben Jahr bedeutend mehr Geld für eine Steuerreform gefordert haben, sich heute herstellen, irgendwelche Lücken im Budget 2000 beklagen und Tränen darüber vergießen, dass die Erstellung des nächsten Budgets eine außerordentlich schwierige Aufgabe sein wird.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Man muss sich entscheiden zwischen sozialpolitischem Populismus oder einem Weg der finanzpolitischen Verantwortung, der soziale Reformen so durchführt, dass sie in Zukunft in Österreich nachhaltig sein werden und dass sie Österreich zukunftsfähig machen werden. Aber mit jenem sozialpolitischen Populismus, der vor sechs Monaten Steuerreformen im Ausmaß von 230 Milliarden Schilling gefordert hat und jetzt ein Budgetloch beklagt, mit dieser Gesinnung ist Budgetpolitik in Österreich nicht zu machen! (Beifall bei der SPÖ.)

16.25

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Stummvoll. Gleiche Redezeit. – Bitte.

16.25

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gestatten Sie mir zu Beginn meines Beitrages eine sehr klare Feststellung namens meiner Fraktion: Die Österreichische Volkspartei hat sich nachweis


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bar immer zu dem wirtschaftspolitischen Grundwert bekannt, dass ein ausgeglichener Staatshaushalt das Fundament für eine wirtschaftliche und politische Stabilität ist. (Beifall bei der ÖVP.)

Er ist es aus einem ganz einfachen Grund: Ein Staatshaushalt, der nicht in Ordnung ist, ist eine permanente Bedrohung für den Steuerzahler, dass ihm der Finanzminister in die Brieftasche greift, und er ist zweitens eine permanente Bedrohung von Arbeitsplätzen und Betrieben, dass diesen neue Belastungen auf den Kopf fallen. Deshalb sind wir für einen ausgeglichenen Staatshaushalt!

Meine Damen und Herren! Das sind für uns von der Volkspartei keine Lippenbekenntnisse und keine Grundsatzprogramme. Wir waren in der Vergangenheit bereit, High-Risk-Strategien einzuschlagen, um diesem Grundsatz zum Durchbruch zu verhelfen. Ich erinnere an das Jahr 1995. Wir haben damals ohne Rücksicht auf Parteiinteressen und rein im Staatsinteresse nach einem Jahr die Koalition aufgekündigt, um diesen notwendigen Konsolidierungsprozess zu ermöglichen. (Abg. Scheibner: Aber geändert hat sich nichts!) Damals gingen Staatsinteressen vor Parteiinteressen, Herr Kollege, und das ist die Haltung der Volkspartei in diesen Budgetfragen! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Scheibner: Aber geändert hat sich damals nichts!)

Meine Damen und Herren! Wir haben damit – und das ist nicht abstreitbar – als Volkspartei die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass Österreich der Europäischen Währungsunion mit dem Euro von Beginn an angehören konnte. Wir brauchen diese Budgetkonsolidierung, meine Damen und Herren!

Dies ist kein Widerspruch zu einem weiteren Grundwert, eigentlich einem gesellschaftspolitischen Grundwert, der da lautet: Mehr Geld in der Hand des Bürgers und weniger Geld in der Hand des Staates! Warum ist das kein Widerspruch, meine Damen und Herren? – Weil Steuer und Budget natürlich eine Einheit sind, das ist gar keine Frage. Wenn ich Steuern senke, ohne das Defizit erhöhen zu wollen, dann muss ich auch auf der Ausgabenseite handeln.

Meine Damen und Herren! Daher haben wir von der Volkspartei – vom Parteiobmann abwärts – seinerzeit vorgeschlagen, parallel zur Steuerreformkommission eine Aufgabenreformkommission und Ausgabeneinsparungskommission einzusetzen, weil das eine ohne das andere nicht geht! (Abg. Böhacker: Wo ist die Kommission?)

Herr Finanzminister! Bei aller Wertschätzung Ihrer persönlichen Integrität: Es war ein schweres Versäumnis, parallel zur Steuerreformkommission nicht auch eine Ausgabeneinsparungskommission einzusetzen. Das ist ein eindeutiges Versäumnis Ihrer Finanzpolitik – bei aller sonstigen Wertschätzung Ihrer persönlichen Integrität! (Beifall bei der ÖVP.)

Herr Bundesminister! Gestatten Sie mir noch einen zweiten Punkt der Kritik. Ich habe das schon einmal von diesem Rednerpult aus geäußert: Es ist Ihr Werk gewesen, den positiven Grundwert des Sparens mit dem Ausdruck "Sparpaket" negativ zu besetzen. Ich halte das für falsch! Sparen ist ein positiver Grundwert, das weiß jeder Familienvater, das weiß jede Hausfrau. Aber mit dem Begriff "Sparpaket" den Grundwert des Sparens negativ zu besetzen, ist etwas, zu dem wir uns nicht bekennen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.) Denn wir werden auch in Zukunft einen sparsamen Kurs der Budgetpolitik brauchen, wenn wir die Zukunft bewältigen wollen, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Herr Finanzminister! Es überrascht Sie sicherlich nicht – es wäre ja unnatürlich, wenn ein sozialdemokratischer Finanzminister und ein christlich-sozialer Politiker, der aus der Wirtschaft kommt, in allen Punkten völlige Übereinstimmung hätten; das wäre eigentlich unnatürlich (Abg. Böhacker: Aber sonst habt ihr alles gemeinsam!)  –, dass Ihre heutigen Aussagen zur Familienförderung auf unseren massiven Widerstand stoßen.

Wenn ich richtig zugehört habe, dann haben Sie sinngemäß gesagt: Im oberen Einkommensdrittel könnte man im Sinne der genauen Treffsicherheit eigentlich auf Familienbeihilfen verzichten beziehungsweise sie kürzen.


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Lassen Sie mich eines sehr deutlich sagen, Herr Finanzminister: Die Volkspartei bekennt sich zur sozialen Treffsicherheit. Aber in der Familienförderung bedeutet die Kürzung oder Streichung von Familienbeihilfen steuerpolitische Konsequenzen. Das heißt dann bitte: Familienbesteuerung! Dann ist soziale Treffsicherheit tatsächlich auch bei der Familie möglich. Wir bekennen uns dazu, dass wir soziale Treffsicherheit zur Finanzierbarkeit brauchen – aber dann mit den entsprechenden Konsequenzen, wie sie auch das Höchstgericht aufgezeigt hat!

Ein weiterer Punkt: Es wird Sie auch nicht wundern, dass wir die Funktion der ÖIAG anders sehen, Herr Minister. Wir sehen die Aufgabe der ÖIAG – und da hat die ÖIAG bisher eigentlich sehr erfolgreich gehandelt – als Privatisierungsagentur. (Abg. Dr. Khol: Richtig!) Es ist meines Erachtens ein Rückfall in überholte, gescheiterte Positionen, zu sagen, die ÖIAG solle Kernaktionär spielen, sie solle gleichsam wieder Unternehmer spielen. – Wenn der Staat in der Wirtschaft Unternehmerfunktion ausübt, dann heißt das, dass die Politik in der Wirtschaft ist. Wir aber sind für den Rückzug der Politik aus der Wirtschaft, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Khol  – in Richtung des auf der Regierungsbank sitzenden Bundesministers Edlinger –: Ich schicke dir das Protokoll!)

Ganz objektiv noch ein weiterer Punkt der Kritik, Herr Finanzminister. Wir waren eigentlich viele Jahre hindurch immer einer Meinung darin – das war in jeder Budgetdebatte zu hören –, dass das Budget das Gesamtkunstwerk der Bundesregierung und die zentrale Drehscheibe der Regierungspolitik ist. (Abg. Gaugg: Aber ich glaube, die ÖVP-Minister haben auch nichts zur Konsolidierung beigetragen!) Jetzt zu sagen: Wo man sparen soll, das sollen die einzelnen Minister von sich aus vorschlagen, und ich, der Finanzminister, bin gleichsam aus dem Schneider!, so einfach, denke ich, geht es nicht, wenn man sich zum Gesamtkunstwerk der Bundesregierung bekennt! (Abg. Gaugg: Sehr gewagte Aussage, "Gesamtkunstwerk"! – Abg. Ing. Westenthaler: Das ist ja kein Gemälde!)

Zusammenfassend, meine Damen und Herren: Ich bin überzeugt davon, dass die Frage der Seriosität in der Budgetpolitik in hohem Ausmaß darüber entscheiden wird, welche Regierungskonstellationen wir in den nächsten Jahren haben werden. Die Fragen: Kraft der Erneuerung, inhaltliche Übereinstimmung und Verlässlichkeit einer künftigen Regierung werden sich in hohem Ausmaß in der Budgetpolitik stellen. (Beifall bei der ÖVP.)

Es war kein Zufall, dass der Herr Bundespräsident in seinem Zehn-Punkte-Katalog für die Sondierungsgespräche als Punkt 1 bewusst die Konsolidierung des Staatshaushaltes genannt hat. Denn Budgetpolitik ist klassische Politik im Sinne von Zukunftsgestaltung. Schulden aber sind verbrauchte Zukunft, und wir sind nicht bereit, diesen Weg zu gehen! (Beifall bei der ÖVP.)

16.33

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Van der Bellen. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte.

16.33

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich finde, die Freiheitlichen haben eine Anfrage gestellt, die tatsächlich dringlich ist, einen interessanten Text und interessante Fragen enthält. Zwei Lücken hat sie allerdings meiner Ansicht nach. Das eine – darauf wurde schon hingewiesen – ist das, was die Freiheitlichen selbst wollen: Flat-Tax, Aufrüstung des Bundesheeres und NATO-Beitritt sowie Kinderscheck. (Abg. Scheibner: Bundesheer ist wichtig!) Wenn ich nur diese drei Dinge hernehme, komme ich schon auf 150 bis 160 Milliarden Schilling oder 6 Prozent des BIP an zusätzlichem Defizit. (Abg. Scheibner: Nein!)  – Lassen wir das dahingestellt. Das war nicht Inhalt Ihrer Anfrage, aber das hätte ich hinzugefügt – ich bin ja auch nicht Mitglied der Freiheitlichen Partei. (Heiterkeit bei den Grünen. – Abg. Scheibner: Mit Ihrer Benzinpreis-Erhöhung! – Zwischenruf des Abg. Böhacker. )

Der zweite Punkt ist der, dass Ihre Anfrage ausschließlich an den Finanzminister gerichtet ist. Ich habe schon heute Vormittag gesagt: Die ÖVP hängt da genauso drinnen. Es ist absolut absurd, wenn Kollege Stummvoll hier herauskommt und sagt, er habe mit dem Ganzen nichts zu tun. (Abg. Dr. Stummvoll: Das habe ich nicht gesagt!) Das Budgetschlamassel hat uns die


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4. Sitzung / Seite 113

Bundesregierung schon in diesem Budgetjahr eingebrockt, im Jahre 1999, und nicht erst für das Jahr 2000.

Wenn Sie die Zahlen nicht gekannt haben, Herr Kollege Stummvoll, die das Wifo seit März 1999 monatlich bekannt gibt, dann kann ich nur sagen: Das ist Ihrerseits grob fahrlässig. Ich kann keine Bringschuld des Finanzministers dafür erkennen, dass er Sie monatlich mit diesen öffentlich zugänglichen Zahlen versorgt. Dort aber steht schon seit März – nicht erst seit Juli oder November, sondern seit März –, dass im Jahre 2000 das Defizit 2,5 Prozent betragen wird. Daher ist die ÖVP da genauso drinnen wie die SPÖ, daran kann gar kein Zweifel bestehen.

Wenn ich am Text der Anfrage der Freiheitlichen etwas kritisieren würde, dann höchstens, dass auch sie die Sache noch in gewisser Weise zu schön darstellen – ganz ungewohnt von Seiten der freiheitlichen Kollegen! (Abg. Dr. Krüger: Wir sind um Fairness bemüht! – Abg. Böhacker: Wir harren der Aufklärung!) Beispielsweise auf Seite 3, Herr Kollege: Dort kritisieren Sie an Finanzminister Edlinger, dass er noch Ende Oktober gemeint hat, dass "eine fünfprozentige Kürzung der Ermessensausgaben" reicht, obwohl – schreiben Sie – "bereits zu diesem Zeitpunkt klar war, dass Österreich im Jahr 2000 ohne sofortige Gegenmaßnahmen ein Budgetdefizit von 2,4 Prozent bis 2,6 Prozent des BIP haben würde und damit das Schlusslicht in der EU, was die Budgetkonsolidierung betrifft, bilden werde". – Was heißt da "bilden werde"? Sie können ruhig den Indikativ verwenden!

Erstens steht das schon viel länger fest, und zweitens – darauf hat heute noch kein Redner hingewiesen – werden wir nicht erst im Jahre 2000 – da könnte man immerhin noch sagen, das ist vielleicht korrigierbar – Schlusslicht in der Budgetkonsolidierung in der EU sein, sondern wir sind es schon im Jahre 1999!

Ich kann mich nur wundern über den Finanzminister, der heute gesagt hat: Große Staaten wie zum Beispiel Deutschland haben heuer höhere Defizite, aber nächstes Jahr haben sie keine Wahlen, dann tun sie sich leicht damit, das zu reduzieren, und das verfälscht das Bild. – Bitte: 1999, also heuer, jetzt schon, hat Österreich ein Defizit im Ausmaß von 2,2 Prozent des BIP. Das ist der höchste Wert in der EU – allerdings ex aequo mit Italien; na, ein schöner Trost! Deutschland hat 1,6 Prozent – dazwischen liegen Welten! Es kann keine Rede davon sein, dass das erst 2000 eintreten wird. Da sind wir schon, Herr Kollege Stummvoll, Herr Landwirtschaftsminister und so weiter! Sie von Seiten der Bundesregierung, Sie müssen ja wissen, wie die Situation ist.

Sollen uns diese 2,6 Prozent jetzt vom Sessel reißen oder nicht? – Ich sage Ihnen ehrlich: Für ein Jahr ... (Abg. Mag. Molterer: "Und so weiter" heiße ich nicht!) Bitte? (Abg. Mag. Molterer: "Und so weiter" heiße ich normalerweise nicht!)  – Ich habe die anderen Minister gemeint, die ich im Moment nicht hier sehe, und Sie stellvertretend für diejenigen genannt, die jetzt gerade nicht anwesend sind.

Die 2,6 Prozent des BIP würden mich genauso wenig vom Sessel reißen wie sie – so nehme ich an – Sie vom Sessel reißen, Herr Finanzminister. Ein Jahr wäre noch kein Problem, aber zwei, drei, fünf oder zehn Jahre – das ist das Problem! Genau das beobachten wir seit Mitte der achtziger Jahre mit dem entsprechenden Anstieg der Verschuldung. Wir zahlen jetzt 4 Prozent des BIP für Zinsen. Ich muss als Mitglied der Universität Wien sagen: Das tut mir weh! Das gesamte Wissenschafts- und Forschungsbudget in Österreich, vom Bund aus gesehen – aber die anderen zahlen ohnehin nichts –, beträgt ungefähr 1 Prozent des BIP. Viermal so viel zahlen wir für Zinsen, jahraus, jahrein, und die Tendenz ist steigend! (Bundesminister Edlinger: Für die Renten zahlen wir auch weniger!)

Diese Tendenz ist erstens steigend, weil leicht abzusehen ist, dass wir eine Strafe im Ausmaß von 0,2 oder 0,3 Prozent des Zinssatzes wegen Nichteinhaltung unserer eigenen Ziele bekommen werden. Es ist ja nicht so, dass uns die EU das vorgeschrieben hätte, es sind unsere eigenen Ziele. Zweitens ist die Tendenz steigend, weil es nächstes Jahr ohnehin einen Zinsanstiegs-Trend in der EU geben wird. Unter dem Strich kommt nur bei den Zinsen – leicht, würde ich sagen – eine Zusatzbelastung in Höhe von 5 bis 10 Milliarden heraus. Insofern ist die


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Budgetkonsolidierung tatsächlich ein Ziel, das auch die Grünen mit allem Ernst, der hier geboten ist, verfolgen.

Jetzt haben die Freiheitlichen – insbesondere der Klubobmann – moniert, dass sie zwar eine lange, lange Anfrage gestellt, aber keine Antworten bekommen haben. Ich würde sagen: Das stimmt. Sie haben eine sehr lange Antwort bekommen, aber inhaltlich ist es keine. Das wird wohl auch daran liegen, dass sie die Anfrage an einen Potemkin’schen Finanzminister gestellt haben. (Abg. Scheibner: Es gibt keinen anderen!) Es ist eigentlich nur die Hülle eines Finanzministers hier vor uns. Er ist Finanzminister, aber gleichzeitig ist er es auch nicht. Denn wir haben eine Bundesregierung, aber sie ist nur provisorisch. Sie ist noch im Amt, gleichzeitig auch nicht – kein Mensch weiß, wie das weitergehen wird.

Ich meine, es ist eigentlich viel von ihm verlangt – von ihm, der jetzt physisch hier sitzt, nämlich Herr Finanzminister Edlinger –, zu sagen, was er plant, wenn er noch nicht einmal weiß, ob er Mitglied der nächsten Bundesregierung sein wird. (Abg. Scheibner: Was notwendig wäre aus seiner Sicht, könnte er sagen!)

Sie werden sich überlegen müssen, Herr Minister, ob angesichts dieses Schlamassels am 31. Dezember 1999 beziehungsweise angesichts dessen, was sich für das Jahr 2000 abzeichnet, Ihre Lust gestiegen ist, mit den Schwarzen eine Koalition einzugehen und diese Budgetmisere wieder auszulöffeln. (Abg. Scheibner: Irgendwer wird es machen müssen, Herr Kollege!) – Irgendjemand wird es machen müssen, sehr richtig. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

16.41

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Gaugg. Er hat das Wort.

16.41

Abgeordneter Reinhart Gaugg (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Herr Kollege Van der Bellen! Ich bin überzeugt davon, dass wir diese Aufgabe ohne weiteres übernehmen könnten, weil wir in der Lage sind, alte Zöpfe abzuschneiden. Wir machen es nicht so wie Kollege Stummvoll, der nicht nur jahrelang einer defizitären Budgetentwicklung seine Zustimmung gegeben hat, sondern auch jedes Mal gesagt hat, wir müssen sparen, obwohl seine eigenen Minister eigentlich jene waren, die kräftigst ausgegeben und mitverschuldet haben, dass diese Republik heute so dasteht. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Puttinger: Denken!)  – Sich innerhalb weniger Sekunden abzuputzen ist einfach.

Ich muss zugeben, so nervös wie heute habe ich den Herrn Finanzminister noch nie gesehen. Der Grund dafür wird sein, nicht zu wissen ... (Bundesminister Edlinger: Ich bin nervös?)  – Sie sind angetreten als sozialdemokratisches Urgestein, als Finanzminister, der über den Dingen steht. Die rhetorischen Klimmzüge und Übungen haben wir immer wieder gehört, so nach der Devise: Zwick einen Pudding, der Finanzminister weicht dir immer aus. (Heiterkeit und Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Finanzminister! Heute stehen Sie vor dem Scherbenhaufen Ihrer Budgetpolitik. In Wahrheit sind Sie eigentlich froh, hier kein Budget 2000 vorlegen zu müssen, denn sonst hätten Sie wenige Wochen nach Ihrer Wahl wieder eingestehen müssen, dass das nächste Sparpaket ins Haus steht, weil Sie auch mit den 20 Milliarden Schilling Ermessensspielraum noch lange nicht das Auslangen finden werden. Das wissen Sie genau.

Sie waren immer stolz darauf, berichten zu können, dass eigentlich alle heimischen "Schauspieler" – sprich Wifo und ähnliches, also die Selbstdarsteller in den Sozialversicherungsanstalten und so weiter – mit sich zufrieden sind. Es sind aber nur die Schauspieler selbst zufrieden, denn das Publikum ist nie gefragt worden. Das Publikum in den Sozialversicherungsanstalten, in den Gebietskrankenkassen, die defizitär sind, wird nicht gefragt! Das Publikum wird auch beim Budget immer wieder in die Warteposition gedrängt, weil trotz zweier Sparpakete nicht erkennbar ist, dass die Verwaltungsreform irgendwo gegriffen hätte.


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Ihr Staatssekretär Ruttenstorfer war ja immer sehr bemüht. Aber er hat sich jetzt auch schon verabschiedet und gesagt: Danke, da gehe ich doch lieber zur OMV, die können wenigstens die Preise festsetzen, wie sie wollen!

Anscheinend muss es in Ihrem Ressort noch schlimmer sein, als man meint, sonst wäre er unter Umständen geblieben und hätte seinen Weg fortgesetzt.

Die Sparziele in den Ministerien wurden weit verfehlt. Das ist eine Kritik des Rechnungshofes; nicht die "böse" Opposition sagt das. Alle Ministerien inklusive des Finanzministeriums haben ihre Ziele nicht erreicht. All das wäre noch argumentierbar und diskutierbar, aber das Problem, das Schlimme daran ist, dass diese Budgetpolitik der österreichischen Bevölkerung schweren wirtschaftlichen Schaden zufügt. Das, was Herr Kollege Stummvoll sagt, nämlich dass man einmal im eigenen Haus sparen sollte, ist zwar sehr nobel, hat aber nicht stattgefunden.

Die Selbstdarsteller in den Sozialversicherungsbereichen überschwemmen uns monatlich mit Statistiken. Monatlich wird darüber gejubelt, dass wir beinahe eine Vollbeschäftigung haben. "Vollbeschäftigung" trauen Sie sich aber doch nicht zu sagen. Allerdings gibt es Länder, in denen Vollbeschäftigung erzielt wird. Das sind Südtirol und Bayern. Das sind Beispiele dafür, wie es auch gehen kann. Bei uns jubelt man über den höchsten Beschäftigungsstand und vergisst dabei, dass 50 000 Vollerwerbsarbeitsplätze verloren gegangen sind und durch 70 000 Teilzeitbeschäftigungen ersetzt wurden. Ist das verantwortungsvolle Sozialpolitik? – Dazu kann ich nur sagen, das ist auch ein Punkt des Versagens! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die Aktuelle Stunde heute Vormittag kam mir wie eine Flucht nach vorne vor, nach dem Motto: Probieren wir es noch einmal und präsentieren wir der Bevölkerung noch einmal die Ziele, die wir bis 2003 hätten! – Gleichzeitig sagen Sie aber, ich bin eigentlich nicht mehr Finanzminister, ich sitze halt noch ein bis zwei Monate lang da. Das kann es doch nicht sein!

Wir führen heute Diskussionen über die Zukunft Österreichs. Dazu gibt es Zurufe aus den verschiedensten Lagern wie der Industriellenvereinigung und ähnlichem mehr. Da heißt es, eine der dringenden Maßnahmen zur Belebung der Wirtschaft wäre das Anheben des Pensionsalters. Na bravo! Dabei wäre ich ja schon zufrieden, wenn endlich einmal seitens der Regierung Maßnahmen gesetzt würden, um den vorzeitigen Ruhestand einzudämmen. Aber das sind genau jene Industriellenvertreter, die ihre Mitarbeiter gnadenlos ab dem 50. Lebensjahr auf die Straße schicken und der Allgemeinheit ausliefern! Das sind jene, die die Statistiken verfälschen! Das sind die Banken, die Versicherungen und die Großindustrien. Ab 55 ist der Mitarbeiter nichts mehr wert, braucht nichts mehr zu verdienen, er soll nach Hause gehen. Wir brauchen Junge und Neue. – Das ist die Verlogenheit in der Diskussion.

Wenn Sie sich wirklich dazu bekennen, dann muss das aufhören. Oder es sollen auch die Mitarbeiter in der Lage sein, von sich aus zu sagen: Ich habe 42 Jahre lang am Bau gearbeitet, bin jetzt 57 Jahre alt und möchte in Pension gehen. Das sollte er auch können. So lange diese Diskussion nicht ehrlich geführt wird, so lange man nur für die Statistik Politik macht, solange wird man das Ziel einer Sanierung Österreichs nicht erreichen.

Seit Jahren wird die Senkung der Belastungsquote versprochen, aber es tritt nicht ein. Das Einzige, was in unserer Republik bis zum heutigen Tage perfekt funktioniert, sind der Proporz und die Günstlingswirtschaft. Diese funktionieren bis heute. Alle anderen Bereiche sind äußerst stark sanierungsbedürftig. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich darf Ihnen auch eines sagen, Herr Finanzminister Edlinger: Sie werden als Stempelmarkenminister in die Geschichte dieser Republik eingehen. Ich sage Ihnen auch, warum. Ihre Ausführungen weisen im Verhältnis zur Wirklichkeit eine ebenso große Lücke auf, wie sie Sie im Budget wieder finden. Sie haben uns vor vielen Monaten versprochen, Sie werden die Stempelmarken abschaffen, und haben auch ein großes Fest dazu veranstaltet.

Was ist passiert? – Sie richten im Finanzministerium eigene Stempelgebührenentrichtungsstellen ein, die noch immer blendend funktionieren mit dem Kassabuch aus dem Jahre 1910. So


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wird das gehandhabt! In den Ländern und Gemeinden, überall blüht der Stempelhandel geradezu!

So ist es: Sie erzählen uns, dass das abgeschafft und erledigt ist, aber in Wahrheit ist nichts geschehen. Genauso ist es beim Budget. In Wahrheit sind Sie dankbar dafür, dass Sie kein Budget 2000 vorlegen müssen. Ich aber sage Ihnen, dass ein Budget machbar ist. Es ist dann machbar, wenn nicht nur guter Wille vorhanden ist, sondern auch Reformen umgesetzt werden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

16.47

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Heindl. – Bitte.

16.48

Abgeordneter Dr. Kurt Heindl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Mein lieber Kollege Gaugg, ich fange dort an, wo du aufgehört hast. Auch wir sind davon überzeugt, dass das Budget machbar ist. (Abg. Scheibner: Wir wollen endlich einmal die konkreten Maßnahmen hören!) Ich habe mir das schon heute Vormittag gedacht, auch bei den Diskussionsbeiträgen des Kollegen Trattner – auch bei Herrn Kollegen Böhacker ist es ein bisschen angeklungen –, als der Budgetkurs in Frage gestellt wurde.

Wie oft habe ich in den letzten zehn, zwölf Jahren gehört: Es gibt ein Budgetchaos, ein Finanzdebakel, es ist zu Ende, man kann kein Budget mehr machen.

Bitte: Es ist jedes Jahr ein Budget gemacht worden. Die Entwicklung dieses Landes – darüber könnten wir eine eigene Diskussion abführen – ist in Ordnung, wobei ich jetzt gar keine besonders euphorischen Äußerungen machen möchte. Es ist in Ordnung und funktioniert. Dass es da und dort Verbesserungsansätze, Reformansätze geben muss, steht außer Diskussion. Aber ich frage mich, was diese dramatischen Aussagen, das Budgetchaos sei da, das Finanzdebakel sei da, immer sollen, denn sie sind nicht da.

Ich stimme mit Kollegen Gaugg darin überein, dass Maßnahmen zu setzen sind und dass dann das entsprechende Budget gemacht werden soll. Ich gehe davon aus, dass Edlinger wieder Finanzminister sein wird. Daher müsste er eigentlich froh sein, wenn er schon den Bundesvoranschlag hier hätte präsentieren können, weil dann hätte er sich manche kritische Äußerungen und vor allem die heutige Diskussion erspart.

Kollege Gaugg ist jetzt leider entschwunden. Ich muss sagen, das Ganze ist schon ein bisschen schwer. Ich zitiere dazu ein Beispiel. Ich habe heute sowohl bei der Aktuellen Stunde als auch jetzt am Nachmittag bei der Diskussion über die Pensionen aufmerksam zugehört. Am Vormittag – sofern ich das richtig mitbekommen habe – hat Herr Kollege Haupt höhere Pensionssteigerungen gefordert. Herr Kollege Prinzhorn hat als Wirtschafts- oder Finanzsprecher der Freiheitlichen – wenn ich richtig zugehört habe – gerade das kritisiert und gesagt, bei den Pensionssteigerungen müsste es Einschnitte geben. Er hat also das Gegenteil verlangt. Es ist daher schon sehr schwer, sich mit Problemen oder Vorschlägen auseinander zu setzen, die relativ rasch – in diesem Fall sogar an einem Tag – geändert werden.

Nun hat sich Kollege Trattner bei der Begründung seiner Dringlichen Anfrage sehr stark auf den OECD-Wirtschaftsbericht 1999 gestützt. Ich habe diesen auch aufmerksam gelesen und habe ihn mir nochmals durchgeschaut. Ich werde anhand eines kleinen Beispieles zeigen, dass natürlich kritische Anmerkungen darin enthalten sind, dass man aber vor allem beim Beginn des Berichtes bleiben sollte. Dies gilt auch für den Kollegen Van der Bellen.

Sowohl Kollege Van der Bellen als auch Kollege Trattner von den Freiheitlichen haben nämlich gesagt: Das ist ein Papier, in dem Aussagen getätigt werden, nach denen wir uns zu richten haben, die wir uns zu Gemüte führen müssen. Der erste Satz in diesem Bericht lautet folgendermaßen: Die Senkung des Budgetdefizits auf ein Maastricht-konformes Niveau war ein großer Erfolg der Budgetpolitik. – Das sagt kein Sozialdemokrat, das sagt kein ÖVP-Minister, sondern das sagt der OECD-Wirtschaftsbericht, der als Begründung für die angebliche schlechte Budgetpolitik und Finanzdebatte herangezogen wird. Es geht aber noch weiter.


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Da heißt es – ich zitiere –: Im Zuge der Anstrengungen, den Kriterien für den EU-Beitritt gerecht zu werden, kam es zu bedeutenden Strukturreformen. – Zitatende. – Sie behaupten, es hat keine Strukturreformen gegeben, es hat nichts funktioniert. So habe ich zumindest Ihre Aussagen verstanden, und Sie haben den OECD-Bericht zitiert.

Ich könnte noch Etliches mehr sagen, aber auf eines muss ich noch verweisen: Es ist nicht eingespart worden. Wir haben die – sicherlich sehr hohe – Verschuldungsquote nicht beachtet. Es steht hier schwarz auf weiß, dass sich im Bundeshaushalt die Schuldenquote von 70 Prozent auf 64,5 Prozent verringert hat. – So der Hinweis im OECD-Bericht auf Seite 47.

Die Staatsausgabenquote wird kritisiert. Die Staatsausgabenquote wurde 1997 um 1,75 Prozent des BIP und im Zeitraum von 1995 bis 1997 um insgesamt 2,75 Prozent verringert. Ist das nichts? Ist das keine Verbesserung? – Das sind Fragen, die berechtigt sind, wenn man sich gerade auf diesen Bericht stützt.

Nun zum Thema Haushaltsstabilisierungsprogramm. Das ist deswegen wichtig, weil es diesbezüglich kritische Anmerkungen in diesem Bericht gibt, die auch vom Kollegen Trattner zitiert worden sind. Was schreibt der OECD-Wirtschaftsbericht? – Auf der Ausgabenseite wird die geplante Konsolidierung insofern faktisch zum Stillstand kommen – das ist eine kritische Anmerkung –, weil verschiedene Ausgabenerhöhungen eingesetzt worden sind.

Man muss aber, wenn man diese kritischen Anmerkungen liest, auch den Nachsatz lesen, denn darin heißt es: Diese Mehraufwendungen resultieren größtenteils aus der geplanten Ausweitung der Sozialausgaben, die wiederum damit im Zusammenhang steht, dass die Regierung im Berichtszeitraum die Reduzierung der Arbeitslosigkeit und die Wahrung des sozialen Zusammenhalts zum Hauptziel ihrer Politik gemacht hat.

Meine Damen und Herren! Ich stehe namens meiner Fraktion gerne dazu, dass man sagt, da war die Regierung nicht sehr ehrgeizig. Gerade von Ihrer Seite, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Freiheitlichen Partei, sind wir in den letzten Jahren immer wieder kritisiert worden, dass wir "Vorzugsschüler" seien. Sie haben gefragt: Muss Österreich Vorzugsschüler sein? Seid nicht so ehrgeizig, entwickelt weniger Ehrgeiz, das ist für das Land und für die Bürger besser! – Kaum sind wir einmal weniger ehrgeizig, wird auch das wieder kritisiert. Was immer man tut, es ist schlecht. Aber so ist es. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich will nicht polemisieren. Das ist überhaupt keine Polemik. Das sind Fakten, die ich anhand dessen feststelle, was Kollege Trattner als Basis seiner Überlegung dargestellt hat.

Zum Schluss muss ich noch auf eines hinweisen, weil immer gesagt wird, das Budget funktioniere nicht. Wie steht es hinsichtlich der konjunkturellen Anfälligkeit unserer Budgetsituation? – Im OECD-Bericht steht: "... ist der im Stabilitätsprogramm abgesteckte Konsolidierungskurs möglicherweise nicht ausreichend." – Und danach sind dann die strukturellen und sonstigen Maßnahmen, die für die zukünftigen Budgets zu ergreifen sind, aufgelistet.

Meine Damen und Herren! Das Programm haben wir vorgelegt. Ich könnte jetzt noch eine halbe Stunde lang darüber reden (Abg. Mag. Trattner: Welche? Keine einzige Maßnahme!), leider ist meine Redezeit bereits abgelaufen. Festhalten möchte ich nur mehr das, was im OECD-Wirtschaftsbericht steht. Es muss entsprechend gehandelt werden. Handlungsbedarf ist da. Dazu wird die neue Regierung da sein, sie wird einen entsprechenden Bundesvoranschlag machen. Aber das Ihrer Anfrage zugrunde legende Papier ist der Wirtschaftsbericht der OECD, und der sagt: Wir sind auf dem richtigen Weg. Es ist zwar noch nicht das Ende des Weges, aber ein erster Teil, der erfolgreich beschritten worden ist. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

16.56

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Auer. – Bitte.

16.56

Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Herr Präsident! Meine Herren Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe mich heute tatsächlich gefreut, als Kollege Trattner eine


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Maßnahme dieser Regierung aus früheren Zeiten, nämlich die Veränderung der Grunderwerbsteuer, mit der man die Ausnahmen vereinfacht hat, hier lobend erwähnt hat. Ich habe daher nachgesehen, was 1988, als dies beschlossen wurde, die Freiheitliche Partei zu diesem heute so gelobten Vorgang gesagt hat. Dillersberger: Das treffe den sogenannten kleinen Mann und die kleine Frau. Dkfm. Bauer, damals nicht unbekannter Finanzsprecher: Aus diesen Gründen werden wir, die FPÖ, diese Maßnahme ablehnen.

Ich freue mich, dass man nach einer sehr langen Reaktionszeit zumindest jetzt begriffen hat, dass dies eine sinnvolle und richtige Maßnahme war. (Zwischenruf des Abg. Scheibner. )

Zum Zweiten: Ich bin nicht der Verteidiger des Herrn Bundesministers Edlinger. (Abg. Scheibner: Schaut aber so aus!) – Das bin ich nicht. Aber wenn Herrn Bundesminister Edlinger von Kollegen Prinzhorn vorgehalten wurde, dass er als Finanzstadtrat in Wien dafür verantwortlich gewesen wäre (Abg. Dr. Martin Graf: Das ist Kindesweglegung!), dass die Schulden in Wien dramatisch gestiegen sind, so ist das schlichtweg falsch. (Bundesminister Edlinger: Danke!) Hier ist der Finanzschuldenbericht des Bundes, in dem auch die Finanzschulden der Länder aufgeführt sind.

Zur Erinnerung: Meine Damen und Herren! 1988 hatte Wien an den Schulden der Bundesländer einen Anteil in der Höhe von 49,5 Prozent, 1997, als Herr Bundesminister Edlinger Bundesminister geworden ist, hatte Wien einen Anteil von 46,1 Prozent an den Finanzschulden der Länder.

Meine Damen und Herren! Nun zur eigentlichen Sache. Ich bin mit dem Herrn Bundesminister einer Meinung, wenn er meint, dass diese Dringliche Anfrage positiv sei. (Abg. Scheibner: Jetzt haben wir wieder etwas dazugelernt!) Bereits am Vormittag hat Kollege Heindl in der Aktuellen Stunde gesagt, es gebe nichts zu verbergen, es sei auch nicht notwendig, Panik zu erzeugen, alles Mögliche würde unterstellt werden, aber Entscheidendes werde nicht hinterfragt. Da hatte er völlig recht.

Nach diesen 33 Fragen nehme ich an, dass dies nicht mehr aufrechtzuerhalten sein wird, weil hier tatsächlich Entscheidendes hinterfragt wurde. Ich bekenne mich dazu, meine Damen und Herren, die Fakten klar auf den Tisch zu legen. Ja, es ist richtig, es gibt die dringende Notwendigkeit, die Budgetkonsolidierung noch stärker, noch intensiver voranzutreiben. Das ist gar keine Frage. Aber so zu tun, als ob gar nichts geschehen wäre, ist falsch.

Meine Damen und Herren! Es müsste doch jedem klar sein, dass die Aufwendungen für Pensionen, für Zinsen, für Personal auch in den kommenden Jahren Auswirkungen im Bundesbudget nach sich ziehen werden. Aber so zu tun, als ob wir überall und in allen Bereichen der EU letztklassig wären, ist schlichtweg eine Zumutung.

Wir brauchen bezüglich der Beschäftigungszahlen keinen Vergleich mit der EU zu scheuen. Wir brauchen bezüglich der Unternehmenssteuerreform keinen Vergleich mit der EU zu scheuen. Wir brauchen auch im Familienbereich seit der letzten Steuerreform, die maßgeblich auch unsere Handschrift trägt, keinen Vergleich zu scheuen. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Ich freue mich, wenn ich höre, dass die Arbeitslage positiv ist und dass wir im Verhältnis zu anderen Ländern wenig Arbeitslose haben; in manchen Bereichen haben wir aber noch durchaus zu viele.

Ich habe hier die "Oberösterreichischen Nachrichten" vom 27. November dieses Jahres. 20 Seiten lang werden darin Arbeitnehmer gesucht! Es werden nicht Arbeitsplätze, sondern Arbeitnehmer gesucht. 20 Seiten lang wird versucht, Personal zu finden, Personal zu bekommen. Vor kurzem war auch im Fernsehen ein Bericht darüber, dass im Westen unseres Staatsgebietes manche Hoteliers nicht aufsperren können, weil ihnen das Personal fehlt und man zusätzliche ausländische Saisonarbeitskräfte benötigt, um sich dann wiederum über zusätzliche Ausländer in unserem Land zu mokieren.


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Meine Damen und Herren! Wir sollten auch darauf hinweisen, dass wir eine positive Arbeitsplatzsituation haben, dass wir hervorragende Beschäftigungszahlen aufweisen können, und wir sollten auch einmal ganz offen sagen, dass wir nach Brüssel Nettozahler sind und aus Brüssel relativ wenig Förderung, vor allem wenig Wirtschaftsförderung erhalten. Wir stellen immerhin 2 Prozent der Gesamtbevölkerung der EU und erhalten als Wirtschaftsförderung ein ganzes Hundertstel!

Ich frage mich daher, meine Damen und Herren, ob nicht alles zu schwarz gemalt wird. Man sollte, so glaube ich, differenzieren und jene Fakten, bei denen es Probleme gibt, klar sagen, aber nicht alles generell und pauschal negativ darstellen. Vielleicht, Herr Bundesminister, wäre es aber durchaus auch notwendig, in manchen Bereichen mit Strukturreformen etwas wirksamer zu sein. Denn das Wort "Entbürokratisierung" – sie wird von allen versprochen, auch von uns, das sei klar gestellt – kann ich nicht mehr hören. Tatsächlich werden nämlich immer wieder, auch mit meiner Stimme – ich bekenne mich dazu, leider füge ich aber hinzu –, zusätzliche Gesetze beschlossen, immer wieder Gesetze, Verordnungen, Bestimmungen, Regulierungen und so weiter fixiert.

Es kann heute kein mittelständischer Unternehmer, kein Arbeitnehmer, kein Angestellter, auch kein Vorstandsvorsitzender einer Aktiengesellschaft mehr die Paragraphen, die ihn selbst in seinem Beruf betreffen, kennen. Niemand mehr kann diese kennen! Jeder selbstständige Gewerbetreibender und Unternehmer muss vor den Vorschriften, die von diesem Hause, von den Landtagen und anderen Bereichen ausgehen, Angst haben.

Es gibt daher zu wenig Unternehmer, die etwas "unternehmen", weil sich viele sagen: Das tue ich mir nicht mehr an! – Sie werden dann Arbeitnehmer, damit sie diese Probleme nicht mehr haben. Das, so glaube ich, ist der falsche Weg. Vielleicht ist es möglich, am Beginn einer neuen Legislaturperiode tatsächlich einmal über dieses Problem nachzudenken. Tausende von mit Paragraphen bedruckten Seiten helfen uns nicht weiter!

Ich erlebe jetzt in meiner Gemeinde, dass sie mehr als ein Drittel der Fläche als "Natura 2000"-Gebiet erhalten hat – ich formuliere das einmal so –, ohne jedoch vorher mit einem Grundbesitzer, mit der Gemeindeverwaltung oder mit dem politisch Zuständigen geredet zu haben. Da geschehen Dinge, die unvorstellbar sind, Bestimmungen über Naturbereiche, die zum Teil einer kalten Enteignung gleichkommen! Das kann nicht sein! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Herr Bundesminister! Ich bitte Sie auch ganz klar um etwas, das einer Ihrer Vorgänger einmal formuliert hat: Herr Bundesminister Lacina hat einmal die Politik definiert, dass Österreich jeden Förderschilling in Brüssel abholen wird! – Wenn wir aber mit der Rasenmähermethode 20-prozentige Einsparungen machen, wird es in vielen Bereichen nicht mehr möglich sein, jene Mittel aus Brüssel zu holen, die die Wirtschaft, die der Arbeitnehmer, die die Landwirtschaft dringend braucht. (Beifall bei der ÖVP.)

17.04

Ankündigung eines Antrages auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich gebe bekannt, dass Herr Abgeordneter Gaugg nach § 33 der Geschäftsordnung beantragt hat, einen Untersuchungsausschuss zur Untersuchung der Verantwortung im Zusammenhang mit der mangelnden Effizienz arbeitsmarktpolitischer Maßnahmen unter Gebarung des AMS einzusetzen.

Es liegt in diesem Zusammenhang das Verlangen vor, eine Debatte durchzuführen. Das Verlangen ist ausreichend unterstützt.


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Die Debatte wird daher nach Erledigung der Tagesordnung beziehungsweise nach Erledigung der nach Erledigung der Tagesordnung bereits anberaumten Verhandlungsgegenstände und Debatten durchgeführt werden; dann folgt die Abstimmung.

*****

Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Lunacek. – Bitte.

17.05

Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Eines möchte ich gleich zu Beginn klar stellen, nämlich dass wir von Seiten der Grünen sehr wohl die Notwendigkeit einer Budgetkonsolidierung sehen und nicht immer nur mehr wollen, sondern sehr wohl auch sehen, dass es notwendig ist, in einigen Bereichen Dinge gravierend zu verändern.

Herr Minister! Sie haben zuerst gesagt, ein Budget ist so etwas wie ein in Zahlen gegossener politischer Wille der Regierung. Die Frage ist, wenn es um Sparmaßnahmen geht, wo, bei wem und wann gespart wird.

Ich habe nun den Eindruck, dass vor allem dort gespart werden soll, wo es leicht geht, wo es keine langfristigen Verträge gibt, wo wenig Widerstand zu erwarten ist und wo die Lobbies nicht sehr stark sind. Ein Bereich, der davon sehr stark betroffen ist, bei dem sich jedoch massiver Widerstand regt, ist die österreichische Entwicklungszusammenarbeit. Aber diese Lobby ist anscheinend noch immer nicht stark genug, noch immer zu schwach. Worum geht es?

Wie Sie wahrscheinlich wissen, gibt es nach Artikel VII Punkt 12 des Bundesfinanzgesetzes 1999 eine Bestimmung, die den Bundesminister für Finanzen im Bereich der bilateralen Entwicklungshilfe – das ist jener Bereich, der direkt zwischen österreichischen Organisationen, zwischen dem österreichischen Staat und Ländern in Afrika, Asien, Lateinamerika vereinbart wird – zu einer Überschreitung in Höhe von insgesamt 100 Millionen Schilling ermächtigt. Bisher war das die Praxis. Wir hatten schon vor mehreren Jahren dieselbe Situation. Es war auch damals möglich.

Es gab heuer dafür auch Zusagen von Seiten des Außenministeriums, das den Bereich der Projekt- und Programmhilfe verwaltet, gegenüber den Organisationen. Jetzt würde eine Nichtauszahlung dieser 100 Millionen Schilling für vertraglich vereinbarte Projekte die Existenz von Projekten gefährden und außerdem das Ansehen Österreichs als Partner für diese Entwicklungszusammenarbeit schädigen.

Das muss man sich einmal vorstellen! Denn es handelt sich dabei um etwas, das bereits vereinbart ist. Zum Beispiel geht es um ein Kleinkreditprojekt für Frauen in Uganda, mit dem diese Frauen die Möglichkeit haben, selbst ein Einkommen zu erwirtschaften. Wenn jetzt die österreichische Unterstützung dafür gestrichen werden müsste, dann bedeutet das, dass es dort einen Stopp gibt, dass es diese Möglichkeit nicht mehr gibt. Es kann doch nicht wirklich sein, dass unbedingt dort gespart werden soll!

Außerdem sind für das nächste Jahr Kürzungen der Ermessensausgaben vorgeschlagen. Das würde gerade für den Bereich der Entwicklungszusammenarbeit, bei dem bisher immer die Rede von der "Entwicklungsmilliarde" – in der Realität waren es zwischen 850 und 950 Millionen Schilling – war, bedeuten, dass nach dieser 20-prozentigen Kürzung nächstes Jahr gerade noch 600 Millionen Schilling zur Verfügung stehen. Damit können wir aber auch unsere internationalen Verpflichtungen nicht mehr erfüllen.

In diesem Zusammenhang muss ich daran erinnern, dass im Wahlkampf sogar des Öfteren gesagt beziehungsweise in Aussicht gestellt worden war, dass die Mittel für die Entwicklungszusammenarbeit auf 2 Milliarden Schilling erhöht werden sollten. Da frage ich mich schon, was denn die Versprechen im Wahlkampf wert sind und was das mit der heutigen Situation zu tun hat. Dazwischen klafft ein großes Loch!


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Außerdem muss man noch hinzufügen, dass Österreich innerhalb der EU ohnehin schon an vorletzter Stelle liegt. Wollen wir das jetzt noch weiter verschlimmern? Wollen wir nächstes Jahr überhaupt Schlusslicht der EU sein? – Es kann doch wohl wirklich nicht der politische Wille dahinter sein, dass wir das tun! Man kann natürlich sagen, das ist nicht so wichtig, die Armen in der Dritten Welt sind uns egal. Aber der politische Wille einer österreichischen Bundesregierung sollte meiner Meinung nach anders aussehen.

Herr Minister! Ich kann nicht wirklich glauben, dass es tatsächlich der politische Wille der Regierung – auch der provisorischen Regierung und auch Ihrer Seite – sein soll, die Organisationen der Entwicklungszusammenarbeit an den Rand des Ruins zu bringen. Denn das würden das Nicht-Beschließen dieser Budgetüberschreitung und die Kürzungen im nächsten Jahr bedeuten.

Es heißt nicht, dass es keine anderen Möglichkeiten gibt. Als Notmaßnahme wäre zum Beispiel eine Umschichtung der multilateralen Unterstützung zum Beispiel an den Internationalen Währungsfonds oder an die Weltbank denkbar. Es ist doch nicht einzusehen, dass man sagt, die internationalen Organisationen seien unantastbar, aber die Verträge, die man im Land hat, könne man natürlich angreifen, weil es nur einjährige Verträge gibt. Das ist übrigens auch ein Kritikpunkt, der schon seit langem angeführt wird.

Ein weiterer Punkt: Es gibt die Entwicklungshilfe. Deren Gelder werden nicht nur von einem Ministerium verwaltet, sondern leider von sehr vielen, und da gibt es leider auch keine Kohärenz. In der Kompetenz des Wirtschaftsministeriums liegen zum Beispiel die Exportförderungen in Länder, die nicht zu den Schwerpunktländern gehören, und auch da gäbe es Einsparungsmöglichkeiten. Leider mangelt es am politischen Willen dazu.

Ich bedauere sehr, dass es nicht möglich war, heute im Laufe dieser Plenarsitzung einen gemeinsamen Entschließungsantrag aller Parteien zu diesem Thema einzubringen, um heute noch diese 100 Millionen Schilling oder zumindest den politischen Willen, dass diese 100 Millionen Schilling für heuer gewährt werden, zu beschließen. Deshalb und vielleicht, um Ihnen doch noch die Chance zu geben, heute einem Antrag zuzustimmen, dass es diese Kürzungen im Bereich der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit nicht geben soll, bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Lunacek, Freundinnen und Freunde betreffend Sicherstellung der finanziellen Mittel für die bilaterale Entwicklungszusammenarbeit

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Bundesminister für Finanzen wird aufgefordert, die im Bundesfinanzgesetz 1999 vorgesehene Budgetüberschreitungsermächtigung von 100 Millionen Schilling für Maßnahmen im Bereich der bilateralen Entwicklungshilfe umgehend zu realisieren. Sollte dies auf Grund der angespannten budgetären Situation nicht möglich sein, sind die Möglichkeiten zu einer Umschichtung von budgetären Mitteln im Bereich der multilateralen auf die bilaterale Entwicklungszusammenarbeit auszuschöpfen.

Ferner werden der Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten und der Bundesminister für Finanzen ersucht, die gesetzlichen Voraussetzungen zu einer längerfristigen finanzgesetzlichen Absicherung des bilateralen EZA-Volumens zu schaffen.

*****

Danke. (Beifall bei den Grünen.)

17.12


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4. Sitzung / Seite 122

Präsident Dr. Heinz Fischer:
Der Entschließungsantrag, der soeben verlesen wurde, ist ordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht daher zur Verhandlung.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Firlinger. Ich erteile ihm das Wort.

17.12

Abgeordneter Mag. Reinhard Firlinger (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ich habe selten so viele Plattitüden in einer Debatte um eine parlamentarische dringliche Anfrage von einem Bundesminister gehört wie heute. Das war schon ein Stück, das sehr stark an einen Amtsvorgänger von Ihnen erinnert hat, Herr Bundesminister! Der frühere Bundeskanzler Vranitzky hat sich auch beeilt, Punkte in einer Beantwortung zusammenzufassen, um dann erst recht nichts zu sagen.

Ich war das von Ihnen in der Vergangenheit eigentlich nicht so gewohnt. Ich war es von Ihnen, was parlamentarische Anfragen, was dringliche Anfragen betrifft, immer gewohnt, dass Sie im Plenum ausführlich dazu Stellung nehmen, aber heute sind Ihnen anscheinend die Argumente ausgegangen. Das, was Sie dann produziert haben, war eine einzige Sprechblase, Herr Bundesminister!

Ich muss sagen, dass Sie in Ihren Ausführungen außer diesen Plattitüden keinerlei Erkenntnisse darüber einfließen ließen, wie denn dieser riesige Schuldenberg und dieses drohende Budgetdefizit abgebaut werden können. Ich habe einige spekulative Ansätze gehört, aber von einer seriösen Budgetpolitik, von einem seriösen Konsolidierungskurs kann wirklich nicht die Rede sein.

Herr Bundesminister! Ihr Problem ist, dass Sie in der Vergangenheit zwar immer rhetorisch brillant versucht haben, die Dinge über die politische Bühne zu bringen, aber Sie haben sich auch immer sehr stark verschätzt, zumindest in wichtigen Belangen. Wenn man Ihre Amtstätigkeit Revue passieren lässt, einige Jahre zurückgeht und Pressemitteilungen repliziert und wieder einmal das hervorholt, was Sie gesagt haben, dann ist das ein Beweis dafür, wie falsch Sie so manche Situation eingeschätzt haben. Daher glaube ich Ihnen auch nicht, dass es bei diesem 20 Milliarden-Schilling-Risiko für das Budget bleibt, ich glaube es nicht, es wird mit Sicherheit mehr werden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Am 25. Dezember des Jahres 1997 stellte Herr Finanzminister Edlinger fest, die Ausgabendynamik im Sozialbereich müsse grundsätzlich gedämpft werden, bei den Pensionen werde es eine Abflachung der Wachstumskurve beim Bundeszuschuss geben müssen, der jährlich von 4 bis 6 Milliarden Schilling steigt. – Ich merke aber nichts von einer Abflachung.

Am 25. März 1998 ging es um das Budget und um die Eingliederung Österreichs in den Euro-Wirtschaftsraum. Da sprachen Sie von Stabilität und Sicherheit und sagten den Satz – ich zitiere –: "Wir werden mit dem Euro in Europa eine Währung haben, die mit den bedeutendsten Währungen der Welt, dem Dollar oder dem Yen, konkurrieren kann." – Zitatende.

Das Ergebnis ist bekannt: 15 Prozent Abwertung in nur einem Jahr – das war Ihre Einschätzung, Herr Bundesminister! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Dann geht es weiter: Am 21. Jänner ging es um das Thema Privatisierung. Das Einzige, was Ihnen zum Thema Privatisierung eingefallen ist, war: Wie kann man 3 Milliarden Schilling in die BIG übertragen? – Dann sagen Sie, zum Stopfen von Budgetlöchern werde das Geld, nämlich diese 3 Milliarden Schilling, nicht benötigt, weil es keine Budgetlöcher gebe.

Was ist das, was jetzt auf uns zusteuert, jene 20 Milliarden Schilling? – Keine Budgetlöcher?!

Dann geht es weiter am 12. Mai 1999: Bei der Steuerreform 2000 – das ist jetzt interessant – sei es sein Bemühen gewesen, ein drittes Sparpaket zu vermeiden, sagte Herr Bundesminister Edlinger. Er sagte es oft genug; im Wahlkampf sprach er von einem dritten Sparpaket, obwohl es eigentlich das vierte Sparpaket ist. Angesichts dessen darf ich Sie fragen, Herr Bundes


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minister: Was war das für ein Budget 1999, das nicht einmal drei Monate ohne definitive Bundesregierung aushält, ohne dass sich ein derartiges Loch auftut?

Herr Bundesminister! Das war kein Budgetprogramm, das ist eine Mogelpackung! Ich kann Ihnen diesen Vorwurf leider Gottes nicht ersparen.

Es gebe noch viele andere Dinge. Tatsache ist, dass wir es mit einem Schuldenberg in der Höhe von 1 600 Milliarden Schilling zu tun haben. 30 Jahre gibt es schon einen sozialistischen Finanzminister, und in dieser 30-jährigen Tätigkeit dieser sozialistischen Finanzminister haben sich unsere Schulden auf die Höhe dieser 1 600 Milliarden Schilling entwickelt. Auf viele Fragen, die heute gestellt wurden, konnte der Bundesminister überhaupt keine Antwort, nicht einmal ansatzweise, geben.

Ich meine, meine Damen und Herren, die Republik hat sich wirklich eine Lösung verdient. Die Republik verdient keinen Finanzminister, der der Bevölkerung Sand in die Augen streut. Ich bin felsenfest davon überzeugt: 30 Jahre sozialistische Finanzminister sind genug! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.18

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Edler. – Bitte.

17.18

Abgeordneter Josef Edler (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Zur dringlichen Anfrage der FPÖ: Es sind darin sicherlich einige Positionen, über die man diskutieren kann. Ich hatte zumindest am Beginn den Eindruck, es sollte eine sachliche Auseinandersetzung werden, aber es waren einige Wortmeldungen, besonders jene des Kollegen Gaugg (Abg. Gaugg: Ja freilich, Edler!) und zuletzt die des Kollegen Firlinger, die deutlich darauf hingewiesen haben, dass sie keine Probleme lösen, sondern nur einen erfolgreichen Finanzminister anpatzen wollen. Das sind Ihre Botschaften, die Sie heute hier übermittelt haben, meine Damen und Herren! (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Dazu sei festgestellt: Erstens: Der Konsolidierungskurs war und ist richtig angesetzt. Der Bundesminister für Finanzen ist für die politische Situation, wonach noch kein Budget 2000 verhandelt werden konnte, nicht verantwortlich! (Zwischenruf des Abg. Gaugg. ) Auf Grund der Verfassung betreffend Budgetprovisorium muss der Finanzminister handeln. Die Kürzung der Ermessensausgaben um 20 Prozent ist innerhalb der Ministerien flexibel zu handhaben. (Abg. Gaugg: Wer hat deine Rede geschrieben?) Nun erwarten wir ehest eine stabile Regierung, meine Damen und Herren! Bei den kommenden Budgetverhandlungen ist unbedingt ein sozial ausgewogenes Budget zu verhandeln – mit Rücksichtnahme auf den Wirtschaftsstandort Österreich.

Die Budgetziele hat der Finanzminister klar definiert, meine Damen und Herren! Uns muss aber bewusst sein, dass erfolgreiche Verhandlungen nur in einem Verhandlungsklima des Vertrauens unter Einbindung der Sozialpartner beziehungsweise der Länder und Kommunen möglich sind.

Meine Damen und Herren! Wesentlich für mich ist, dass diese erfolgreiche Politik der sozial ausgewogenen Budgetkonsolidierung fortgesetzt werden muss. Die Zukunftsaufgaben, die auch der Herr Finanzminister klar definiert hat, sind anzugehen. Vor allem ist darauf hingewiesen worden, wie wichtig für uns, für die Sozialdemokratie, die Beschäftigungspolitik ist. Ich glaube, dass Investitionen in die Infrastruktur von besonders großer Bedeutung sind. Da in den letzten Wochen darüber diskutiert worden ist, dass Verkehrsprojekte gemeinsam geplant, ausgeführt werden sollen, soll hier auch erwähnt werden, wie wichtig ein Projektmanagement in Zukunft sein soll und muss.

Meine Damen und Herren! Die Treffsicherheit bei den Sozialleistungen wurde wiederholt von allen Fraktionen angesprochen, aber konkrete Vorschläge sind bis dato nicht eingelangt. (Abg. Gaugg: Das ist ja eine Dringliche Anfrage!) Es ist problematisch, gewisse Gruppen auszunehmen, aber man muss hinterfragen, ob es legitim ist, dass jene, die ein hohes Einkommen haben, auch Transferleistungen erhalten. Darüber ein Konzept zu erstellen, wird sicherlich nicht leicht sein.


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Meine Damen und Herren! Kollege Gaugg – weil Sie sich dermaßen durch Zwischenrufe auszeichnen! Sie müssen sich einmal innerhalb der freiheitlichen Fraktion einig werden. Kollege Haupt hat am Vormittag in der Aktuellen Stunde gemeint, die Erhöhung für die Pensionisten sei zu gering. Ich würde das unterstreichen, wenn wir uns das leisten könnten. Herr Prinzhorn hat gemeint, der staatliche Zuschuss für die Pensionen sei viel zu hoch. – Also ihr müsst euch schon einmal einig werden, welche Politik ihr vertreten wollt.

Meine Damen und Herren! Die Budgetpolitik der Bundesregierung war richtig angesetzt. (Abg. Gaugg: Das vorher war wenigstens ehrlich! Jetzt liest du wieder!) Die Konsolidierung muss vor Sparpaketen umgesetzt werden. Die Akzeptanz in der Bevölkerung für diese Politik ist gegeben. Ich betone aber noch einmal: Für uns zählt die Beschäftigungspolitik sicherlich genauso viel!

Österreich erwartet sich eine stabile Bundesregierung, die hohes Ansehen in der Weltöffentlichkeit genießt, eine stabile Bundesregierung, damit wir endlich wieder zu einer sachlichen Politik in Österreich kommen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Gaugg: In der ÖBB-Direktion!)

17.23

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Steindl. – Bitte.

17.23

Abgeordneter Mag. Franz Steindl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Minister! Ich glaube, man braucht kein Hellseher zu sein, um festzustellen, dass das Thema Budget auch noch ein Dauerbrenner in den nächsten Jahren sein wird. Da geben Sie mir sicherlich recht. (Abg. Gaugg: Eine weise Feststellung!)

Ich kann mich noch erinnern: Im Jahre 1995, glaube ich, hat es einen Finanzminister Staribacher gegeben. (Abg. Mag. Trattner: Der Budgetlose!) Er war nicht der Vorgänger, sondern der Vorvorgänger von Ihnen, Herr Minister, und er war ein totaler Realitätsverweigerer. Ich kann mich noch ganz genau daran erinnern, dass er bei den Budgetdiskussionen immer gemeint hat, alles sei in Ordnung. Das sagen Sie, Herr Minister, Gott sei Dank nicht. Darin unterscheiden Sie sich wirklich wohltuend von Staribacher.

Ich möchte nur in Erinnerung rufen, auch Günter Stummvoll hat das hier von diesem Rednerpult aus getan: Es waren die ÖVP und Herr Schüssel, 1995, die gesagt haben: Wenn wir keine Budgetkonsolidierung einleiten, dann bringen wir die Budgets der nächsten Jahre nicht mehr zustande! Und Schüssel hat dieses Thema zur Koalitionsfrage gemacht. Leider Gottes – das muss man auch sagen – sind wir bei der damaligen Nationalratswahl dafür nicht belohnt worden, aber wir haben bewirkt, dass doch etwas in Bewegung geraten ist. Seither gibt es – zumindest bis 1998, 1999, das ist feststellbar – Konsolidierungsbudgets. (Abg. Scheibner: Dafür fehlen uns 50 Milliarden!)  – Alles d’accord!

Jetzt kommt der springende Punkt, Herr Finanzminister! Wir haben gemeinsam die Steuerreform beschlossen, das Familienpaket, und unser Parteiobmann und Vizekanzler Wolfgang Schüssel hat damals, im Jänner schon, darauf hingewiesen, dass, wenn wir diesen Konsolidierungskurs, den wir eingeschlagen haben, auch beibehalten wollen, zirka 10 bis 15 Milliarden Schilling eingespart werden müssen. Das kann man belegen mit Zeitungsausschnitten, aus dem "Standard", der "Presse" oder anderen Zeitungen.

Von Ihrer Seite, Herr Minister, hat es immer geheißen, es gehe sich aus. Wir haben immer gesagt, wir sollten eine Aufgabenreformkommission einsetzen, mehrjährige Budgetkonzepte erarbeiten. Ich habe hier zum Beispiel einen "Kurier"-Artikel vom 24. März 1999, laut dem Sie gemeint haben, dass ein neues Sparpaket ausgeschlossen werde: "Sicher sei, daß es äußerste Sparsamkeit im Haushaltsvollzug geben müsse. Für Gegenfinanzierungen sei jedenfalls gesorgt." Es ist alles in Ordnung.

Dann kam der ECOFIN-Rat, und wir mussten letztendlich von Ihnen hören, dass sehr wohl ein weiteres so genanntes Ermessenssparpaket geplant sei, nämlich die Reduzierung der Ermes


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sensausgaben um 20 Prozent. – Und das ist meine Kritik, Herr Minister! Genau das ist der wunde Punkt und meine Kritik.

Ich glaube, dass eine lineare Kürzung um 20 Prozent nicht durchführbar ist. Sie haben es uns zwar im Budgetausschuss erklärt, aber dennoch glaube ich, wenn ich mir die einzelnen Ministerien anschaue, dass es nicht gehen wird. Nehmen wir nur zum Beispiel das Ministerium Zukunft, Bildung und Kultur her. Wenn wir hier diese 20 Prozent Ermessensausgaben einsparen würden, dann käme Folgendes heraus:

Beispiel Numero eins: Man müsste überlegen, wie man auf einmal die gesamten Betriebskosten der Bundesschulen, immerhin 1,4 Milliarden Schilling, aufbringt. – Kann man im Winter Strom sparen oder Materialien ganz einfach nicht ankaufen oder an der Beleuchtung sparen?

Zweites Beispiel: Es gibt diese Reinigungskennzahlen, das heißt, es gibt Kennzahlen für die Reinigung jeder Schule. Es gibt Schulen, die führen die Reinigung durch eigenes Personal durch, und es gibt Schulen, die haben die Reinigung ausgegliedert, das machen Dritte. Diese Schulen haben also dafür gesorgt, dass Personal abgebaut wird. Bei den Ermessensausgaben können Sie bei den Personalkosten nicht sparen, aber bei den Dritten müsste der Sparstift angesetzt werden. Also gerade diejenigen, die versuchen, Personalkosten zu sparen, würden bestraft werden!

Man kann diese Beispiele, die Sie, Herr Minister, auch kennen, die Ihnen auch schriftlich, wie ich glaube, zugegangen sind, fortsetzen.

Zum Beispiel Landesverteidigung, Budgetposten 40108; da geht es um Rüstungskäufe. Es ist in der Regierung beschlossen worden, was wir anschaffen wollen. – Also von den 8,4 Milliarden Schilling, die unter diesem Posten veranschlagt sind, wären 20 Prozent 1,7 Milliarden Schilling. Aber damit ist es nicht abgetan, denn weiters ist zum Beispiel zu berücksichtigen, dass aus Gründen der Kontinuität am Jahresende offene Bestellungen beziehungsweise Rechnungen in das nächste Jahresbudget übertragen werden müssen. Das macht wieder rund eine halbe Milliarde Schilling aus. Das heißt, man müsste im Falle einer linearen Kürzung im Budget gerade im Verteidigungsbereich mehr als 2 Milliarden Schilling einsparen!

Oder ein anderes Beispiel; ich nenne Ihnen einen sehr unverdächtigen Ressortchef, der nicht der ÖVP angehört, nämlich den Justizminister. Er hat Ihnen auch einen Brief geschrieben – ich zitiere –:

"Ich habe mich gegen eine lineare Kürzung der Ermessensausgaben ausgesprochen und darauf hingewiesen, dass wegen der Struktur der Ermessensausgaben des Justizressorts in diesem Bereich Einsparungen in einem Ausmaß von 20 Prozent auch nicht annähernd möglich wären."

Er listet diese "Sparmöglichkeiten" auf: bei der Vergütung für Gefangenenarbeiten oder bei der ärztlichen Betreuung in Justizanstalten oder bei Energiebezügen oder bei Mieten und Mietenvorauszahlungen?

Also ich kann nur sagen, Herr Minister: Nehmen Sie diesen Erlass zurück! Er bringt nichts, er bringt nur Unordnung! Versuchen Sie wirklich einmal genau aufzulisten, welche Möglichkeiten wir haben, um langfristige Strukturveränderungen herbeizuführen. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

17.30

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dieter Brosz. – Bitte.

17.30

Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Ich möchte an die Ausführungen meiner Kollegin Ulrike Lunacek anschließen, die schon dargelegt hat, dass offensichtlich der Sparstift dort angesetzt wird, wo es einfach geht, wo es wenig Lobby gibt. Dazu fällt mir ebenfalls ein Bereich ein, der zumindest hier im Haus relativ stark vertreten ist,


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nämlich jenen der Jugend. In diesem Bereich lässt sich auch sehr gut dokumentieren, dass die Kürzung bei den Ermessensausgaben ein absolutes Problem darstellt.

Ich möchte auf ein konkretes Beispiel eingehen, und zwar auf den Österreichischen Bundesjugendring, in dem die österreichischen Jugendorganisationen vertreten und organisiert sind. Dort sollen mir nichts dir nichts 20 Prozent der Mittel gestrichen werden. Dazu muss man sagen, dass es bereits im letzten Jahr eine Kürzung von 5 Prozent gegeben hat, als Bindung, innerhalb von zwei Jahren somit nur mehr 75 Prozent des Budgets von vormals, der Gesamtsumme zur Verfügung stehen. Es kann sich jeder ausmalen, wie diese Situation sich gestaltet. Das heißt, dass innerhalb von zwei Jahren wesentliche Teile vor allem des frei verfügbaren Budgets wegfallen.

Ich möchte auch darauf aufmerksam machen, dass es im Bundesjugendring eine Regelung gibt – Minister Bartenstein ist leider nicht anwesend –, die aus meiner Sicht eine untragbare ist, dass nämlich jene Organisationen, die neu aufgenommen werden, erst dann zu Mitteln kommen, wenn die Gesamtmittel erhöht werden. Angesichts der jetzigen Entwicklung könnte man diesen Organisationen gleich sagen, sie sollen sich um Sponsoring oder andere Möglichkeiten der Finanzierung umschauen, denn Mittelerhöhungen im Förderungsbereich wird es wohl auch in den nächsten Jahren nicht geben.

Diese Förderungen betreffen aber nicht nur die organisierte Jugendarbeit, sondern sie betreffen auch sehr viele Jugendbeteiligungsprojekte, sie betreffen Präventionsprojekte und Projekte im Bereich von Jugendeinrichtungen, wo auch jetzt schon mehr oder weniger ausschließlich ehrenamtlich gearbeitet wird.

Offenbar – und damit möchte ich auf die Vorredner, die darauf hingewiesen haben, dass es keine lineare Kürzung gibt, zurückkommen – war die Kommunikation mit den betroffenen Stellen in den Ministerien äußerst mangelhaft. Denn die dort vorherrschende Unklarheit, wie genau dieser Erlass durchzuführen ist, ob nämlich linear zu kürzen ist oder ob einfach ein Teil der Projekte gestrichen wird, führt dazu, dass es einerseits völlig unterschiedliche Aussagen der Betroffenen gibt, die überhaupt keine Sicherheit mehr haben, und andererseits keinerlei konkrete Zusagen gemacht werden. Es ist meiner Meinung nach letztlich auch nebensächlich, ob 20 Prozent der Projekte gestrichen werden oder ob bei jedem Projekt 20 Prozent gestrichen werden. In beiden Fällen wird es zu sehr drastischen Maßnahmen kommen, es wird zu drastischen Auswirkungen im Bereich der Förderungen kommen.

Ich glaube – und das kann man auf Grund der Resolutionen, die noch unmittelbar vor dem Wahlkampf beschlossen wurden, feststellen –, es gibt Konsens darüber, dass Jugendförderung in diesem Parlament betrieben werden soll. Diese Einsparungsmaßnahmen aber sind ein eindeutiger Widerspruch, sie sprechen ganz klar dagegen.

Ich möchte aber durchaus auch Einsparungsmöglichkeiten aufzeigen, die ich mir im Bereich der Ministerien vorstellen kann. Ich glaube, dass die Ministerbüros durchaus gut ausgestattet sind, dass in den Ministerien neben einer Struktur auf Beamtenschaft zusätzliche Posten geschaffen worden sind, bei denen man durchaus kreativ einsparen könnte. Das ist aber wahrscheinlich kein Bereich der Ermessensausgaben, insofern wäre es eher unser Ermessen, dass man dort sinnvoller einsparen könnte als bei den Projekten. – Das wäre ein Ansatz.

Ein ganz anschaulicher Punkt betrifft wieder das Jugendministerium, den Minister Bartenstein; aber nicht nur. Grundsätzlich sind die Werbebudgets der Ministerien eigentlich Kampagnenbudgets für die Minister. Der Informationsgehalt dieser Kampagnen ist in vielen Fällen äußerst mangelhaft. Herr Minister Bartenstein hat im vorigen Jahr ein wunderbares Beispiel dafür geliefert. Fast alle werden sich an die Kampagne erinnern, die deshalb aufgefallen ist, weil in der Öffentlichkeit und in den Medien breit diskutiert wurde, was denn eigentlich so inhaltgefüllte Slogans wie "Ich bin der Chef!" oder "Mein Chef macht in die Hose!" breit plakatiert in Österreich für Wirkung haben sollen. Ich kenne die Beantwortung einer Anfrage meiner Kollegin Petrovic, die genau das den Bundesminister gefragt hat, und ich kann Ihnen sagen, dass hier innerhalb von nur zwei Monaten 9,4 Millionen Schilling für eine Kampagne verpulvert


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worden sind, die in erster Linie zur Verärgerung der Bevölkerung und der Betroffenen geführt hat.

Herr Minister! Angesichts dieser Erfahrung ist Ihre Beantwortung der Anfrage, dass Kampagnen in ähnlicher Größenordung auch in den nächsten Jahren geplant werden, eher als Drohung aufzufassen. Leisten Sie einen sinnvollen Sparbeitrag und ersparen Sie uns hinkünftig solche Kampagnen! – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

17.35

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ing. Bauer. Ich stelle die Uhr auf 3 Minuten. – Bitte.

17.35

Abgeordneter Ing. Gerhard Bauer (Freiheitliche): Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Minister! Sie sagen, Sie haben das Budget im Griff, Sie haben keine Probleme. Ich habe den Eindruck, Sie haben für das kommende Budgetjahr sogar etwas Optimismus ausgestrahlt. Nun will ich weder einen hoch qualifizierten Analytiker noch einen professionellen Kaffeesudleser bitten, Realität und Wunschdenken zu unterscheiden, aber allen Ernstes, Herr Minister: Wenn Sie sagen, dass Sie das Budget im Griff haben, dann fordere ich Sie namens der österreichischen Wirtschaft auf, im nächsten Jahr auf die so ungerechte 13. Steuervorauszahlung der Umsatzsteuer zu verzichten! (Beifall bei den Freiheitlichen.)  – Ein Stachel in der österreichischen Wirtschaft!

Ich fordere Sie auf, die Lohnnebenkosten endlich auf das europäische Maß zu senken, damit wir – mit weit über 100 Prozent – nicht die europäische Spitze anführen! Helfen Sie bitte endlich der österreichischen Wirtschaft, die Wettbewerbsfähigkeit zu gewährleisten! Kommen Sie doch zum Beispiel den Wirtschaftstreibenden entgegen, indem Sie nicht entnommene Gewinne, die reinvestiert werden, nicht besteuern, einfach nicht besteuern!

Herr Minister! Ich möchte das heute nicht als Weihnachtswunsch verstanden wissen, ich schicke das nicht als Brief ans Christkind ab: Wenn Sie Wirtschaftswachstum als eine Grundlage Ihrer Steuerpolitik darstellen, dann will ich von Ihnen die Zusage, dass Sie Ihre Steuerpolitik gegenüber den Wirtschaftstreibenden so reformieren, dass diese imstande sind, von der Kriechspur wieder auf die Überholspur zu kommen. Ich bitte Sie, Herr Minister, dies sehr ernst zu nehmen. Es wurde in der Vergangenheit nicht ernst genommen, sonst könnte es nicht so sein, dass sich die Wirtschaftskammer in jahrelangen unzähligen erfolglosen Anträgen längst verzehrt, mit einem Präsidenten, der in der Zwischenzeit schon als Laienprediger fungiert, um auf die Versäumnisse hinzuweisen. Von den Wifo- und den KSV-Prognosen möchte ich gar nicht erst reden.

Es müsste eigentlich so sein, dass die Fachkompetenz eines Ministers normalerweise Garantie genug dafür ist, um für eine bessere, wettbewerbsfähigere und wirtschaftliche Zukunft unserer Betriebe Gewährleistung geben zu können. Ich glaube, das ist längst überfällig und daher dringlich notwendig. Eine Reform, die längst ansteht! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.38

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Grünewald. Die restliche Redezeit des grünen Klubs beträgt 6 Minuten. – Bitte.

17.38

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Niemand, der etwas auf sich hält, wird sich gegen ein vernünftiges, verantwortungsvolles und zielgerichtetes Sparen aussprechen. Aber eine 20-prozentige Kürzung der Ermessensausgaben linear und horizontal allen Ressorts zu verordnen ist eine ebenso einfache wie phantasielose Sache und gestattet doch die Frage nach anhaltend langfristigen Konzepten und Strategien, die über das hinausgehen, was üblicherweise in Sparvereinen debattiert wird.

Einige von Ihnen erinnern sich noch an das Ruster Papier, das Konzept der so genannten Technologie-Offensive der Bundesregierung. Sie erinnern sich auch an die berühmt oder – soll ich


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sagen – berüchtigten Technologie-Milliarden. Sie erinnern sich auch daran, dass sich die Bundesregierung, ja auch der Bundespräsident erst kürzlich dazu bekannten, die Notwendigkeit einer Schwerpunktsetzung im Bildungs- und Forschungsbereich zu betonen. Eine neue Offensive wurde geplant. Ihr Ziel war es, in Österreich den Anteil der Forschung und Entwicklung am Bruttoinlandsprodukt auf einen Standard zu heben, der vergleichbaren europäischen Standards entspricht. Österreich hat, wie Sie wissen, hier einen nahezu letztrangigen Platz eingenommen. (Beifall bei den Grünen und den Freiheitlichen.)

Haben wir nicht kürzlich auch gehört, dass Bildung und Wissenschaft die Zukunftschance unserer Jugend und damit unseres Landes ist? – Sie erinnern sich, so hoffe ich. Eine Offensive jagt die andere, und vor lauter Offensiven ist man versucht, zu glauben, die Regierung verstehe sich als schnelle Eingreiftruppe oder wir befänden uns bereits in der NATO. Sie wissen wie ich: Beides entspricht nicht der Wirklichkeit. Es ist für mich schlichtweg ein Problem der Glaubwürdigkeit, wenn nun dort empfindlich gespart werden soll, wo kürzlich noch Schwerpunkte und Offensiven medienwirksam geplant wurden. Ich protegiere nicht das beliebte Florianiprinzip, sondern ich nehme für mich und für alle anderen Österreicherinnen und Österreicher in Anspruch, Politik verstehen zu können und verstehen zu wollen, und Sie können mir glauben: Ich fühle mich im Prinzip dazu in der Lage, wenn die Bedingungen dazu gegeben sind.

Warum trifft der Sparstift die Universitäten, Wissenschaft und Bildung besonders?

Erstens: 80 Prozent aller Forschungsleistungen werden an Universitäten erbracht und daher aus öffentlichen Geldern finanziert. Alle Forschungsfonds – FWF, FFF, die Akademie der Wissenschaften – werden vorwiegend staatlich finanziert. Diese Fonds haben internationale Reputation und spielen in der Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses in Österreich eine herausragende Rolle. Jene 2,4 Milliarden Schilling Einsparungen, die man sich im Wissenschaftsressort erwartet, entsprechen dem vierfachen Budget des österreichischen Fonds der Wissenschaften.

Zweitens: Private Sponsoren und Drittmittel sind in Österreich mit seiner Wirtschafts- und Industriestruktur trotz anderwärtiger Behauptungen nicht in der Lage, den öffentlichen Sektor zu entlasten. Auch private Universitäten, so gut sie manchen hier gefallen mögen – ob nun von McDonalds oder Siemens – werden daher in Zukunft nicht den staatlichen Bildungs- und Forschungsauftrag ersetzen können und, wie ich meine, sollen dies auch nicht.

Drittens: 90 Prozent der öffentlichen Mittel für Universitäten sind durch laufende zweckgebundene Ausgaben fixiert. Die Kürzung der Ermessensausgaben um 2,4 Milliarden Schilling stellt daher den letzten schwachen Rest der Manövrierfähigkeit und die Möglichkeit einer innovativen Schwerpunktsetzung entscheidend in Frage.

Viertens: Fachhochschullehrgänge, Studienprogramme und nicht zuletzt Frauenförderungsmaßnahmen müssen nun um ihre Budgets bangen. Fairness in diesem Bereich ist leider keine Kategorie, auf die ich mich verlassen möchte.

Und nun ein kleiner Tipp: Universitätskliniken haben seit drei Jahren das Arbeitszeitgesetz für Gesundheitsberufe nicht umgesetzt. Die Kosten dafür liegen knapp unter einer Milliarde Schilling. Hier finanziert der Bund auf Kosten des Forschungsbudgets eine den Ländern übertragene Aufgabe der Patientenversorgung. Dies aufzuzeigen, würde aber Mut und Konfliktbereitschaft erfordern.

Herr Bundesminister Edlinger! Ich halte Sie – auch wenn das einige jetzt vielleicht nicht gerne hören – für einen Mann des aufrechten Ganges und sozialer Gesinnung. Ich ersuche Sie daher, die horizontale Sicht des Sparens zu verlassen und sich der Schwerpunktsetzung der Regierung wie auch Ihrer Partei zu erinnern. Es ist nämlich richtig, dass Bildung und Wissenschaft eine Investition in die Zukunft sind. Aber auch Vertrauen und Glauben in politische Programme sollte man nicht leichtfertig aufs Spiel setzen, denn sie sind eine Investition in die Wähler. (Beifall bei den Grünen.)

17.44


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4. Sitzung / Seite 129

Präsident Dr. Heinz Fischer:
Zu Wort gelangt jetzt Herr Abgeordneter Böhacker. Die restliche Redezeit beträgt 4 Minuten. – Bitte.

17.44

Abgeordneter Hermann Böhacker (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Herr Finanzminister, ich habe ein bisschen ein Problem damit, wie ich Ihre Antworten heute gewichten soll. Haben Sie diese als Privatmann, als Noch-Finanzminister, als provisorischer Finanzminister, als Möchtegern-Finanzminister oder als Vielleicht-doch-wieder-Finanzminister gegeben? Von welcher Position haben Sie geantwortet?

Sie haben am Anfang gemeint, Sie sprechen hier Ihre private Meinung aus. Andererseits haben Sie dann sofort wieder gesagt, Sie können nichts dazu sagen, weil es keine Bundesregierung gibt. Also was haben Sie heute wirklich gesagt? – Im Prinzip sehr viele Worte mit wenig Inhalt.

Herr Bundesminister! Sie haben immer wieder darauf verwiesen, dass es zu einer erfolgreichen Konsolidierung der Budgets 1997 und 1998 gekommen ist. Sie haben aber immer beharrlich verschwiegen, wie es dazu gekommen ist. Herr Finanzminister, Sie haben zwei enorme Belastungspakete geschnürt. Die Konsolidierung haben nicht Sie gemacht, die hat der Bürger und Steuerzahler bezahlt. – Das zum Ersten.

Herr Minister! Sie haben massive Vorgriffe auf künftige Budgets gemacht. Das wurde schon angeschnitten. Nach wie vor gibt es den unsäglichen 13. Umsatzsteuertermin. Heute, am 15. Dezember, ist dieser Termin! 16 Milliarden Schilling kassieren Sie heute zu Lasten des nächsten Budgets.

Herr Bundesminister! Sie haben die Freibeträge sistiert – mit dem Ergebnis, dass Millionen österreichischer Arbeitnehmer jahrelang auf ihre Lohnsteuerfreibeträge warten mussten. Sie haben die Verlustvorträge sistiert, was eine enorme Auswirkung auf die österreichische Wirtschaft hat. Entgegen allen ökonomischen und steuerrechtlichen Grundsätzen haben Sie die Verlustvorträge hinausgeschoben. Und all diese Einmalmaßnahmen, diese Vorgriffe, die holen Sie nun ein. Daher ist es auch so, dass Sie mit dem Budget 2000 in größte Schwierigkeiten kommen werden.

Heute hat der Rechnungshof festgestellt: Budget 2000 durch Auflösung der Nullkuponfonds belastet. Was haben Sie gemacht? – Sie haben in den Jahren 1997 und 1998 diese Fonds aufgelöst, haben das Budget 1997 um 1,2 Milliarden geschönt und 1998 um 4,7 Milliarden Schilling. Belastet werden die Budgets 2000, 2007 und 2016. Herr Finanzminister! Bis zum Jahr 2016 haben Sie einen Vorgriff auf Einnahmen gemacht. Das ist ein tiefer Griff in die budgetpolitische Trickkiste, und die Wahrheit hat Sie beziehungsweise wird Sie einholen.

Herr Bundesminister! Sie haben wirklich einige Fragen schlicht und ergreifend nicht beantwortet, etwa die Frage 9 im Zusammenhang mit eventuellen Steueranpassungen und Steuererhöhungen. Sie haben sich drübergeschwindelt, indem Sie gesagt haben, Sie werden keiner Erhöhung der Abgabenquote zustimmen. Welcher Abgabenquote? (Bundesminister Edlinger: Der österreichischen!) Meinen Sie die Abgabenquote von 1997, 1998, 1999 oder 2000? Sagen Sie, welche Ausgangsbasis Sie haben! Sagen Sie nicht: Okay, wir nehmen die höchste aus den letzten zehn Jahren, und die erhöhen wir nicht. Auch das ist ein Trick aus der Budgetmottenkiste.

Herr Bundesminister! Zusammenfassend in aller Kürze: Ihre Budgetpolitik ist das Holz, aus dem die Niederlagen der Sozialdemokratie bei den Wahlen geschnitzt werden. Machen Sie so weiter, dann werden Sie die nächste Wahl wieder verlieren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.48

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte die Plätze einzunehmen.

Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte im Zuge der Dringlichen Anfrage ist daher geschlossen.


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4. Sitzung / Seite 130

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Frau Abgeordneten Lunacek betreffend Sicherstellung der finanziellen Mittel für die bilaterale Entwicklungszusammenarbeit.

Ich darf bitten, dass jene Damen und Herren, die diesem Antrag zustimmen, ein Zeichen geben. – Das ist die Minderheit . Der Antrag ist daher abgelehnt . (Ironische Ah!- und Oh!-Rufe bei den Freiheitlichen, als sich die Abgeordneten Dr. Van der Bellen und Dr. Pilz nur mit Verzögerung von den Sitzen erheben. – Abg. Dr. Martin Graf: Kaum ist der Pilz bei den Grünen, funktioniert es nicht mehr! Der Pilz irritiert die Grünen!)

Kurze Debatte über einen Fristsetzungsantrag

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir kommen als Nächstes zur Durchführung einer kurzen Debatte. Diese Debatte betrifft den Antrag der Frau Abgeordneten Dr. Petrovic, dem Verfassungsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 15/A betreffend ein Bundes-Tierschutzgesetz eine Frist bis zum 24. Jänner des Jahres 2000 zu setzen.

Wir gehen in die Debatte ein. Ich mache darauf aufmerksam, dass die Erstrednerin 10 Minuten zur Begründung zur Verfügung hat und allen weiteren Rednern eine Redezeit von 5 Minuten zusteht.

Das Wort erhält Frau Abgeordnete Dr. Petrovic. – Bitte.

17.50

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Herr Finanzminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben heute drei Fristsetzungsanträge eingebracht. Die jetzige Debatte bezieht sich im Speziellen auf das Tierschutz-Volksbegehren, aber selbstverständlich wollen wir und hoffen wir, dass alle drei Volksbegehren möglichst bald behandelt werden und dass zumindest einige Forderungen der Hunderttausenden Österreicherinnen und Österreicher, die diese Volksbegehren unterzeichnet haben, endlich erfüllt werden. (Unruhe im Saal. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

Es war nach der Wahl vom 3. Oktober, die ja für die beiden Noch-Regierungsparteien, vielleicht Wieder-Regierungsparteien, mit einer herben Enttäuschung geendet hat, oftmals Sätze zu hören wie: Wir haben das Abstimmungsverhalten der Bevölkerung verstanden. Wir wissen, wir müssen Änderungen, Verbesserungen durchführen. – Und gerade seitens der Österreichischen Volkspartei war auch zu hören: Wir müssen die Elemente der direkten Demokratie in Österreich verstärken.

Meine Damen und Herren! Sie haben nun Gelegenheit, diese Ankündigungen, die Sie im ersten Schock nach den Wahlen so abgegeben haben, jetzt auch in die Tat umzusetzen. Ein Mehr an direkter Demokratie, sehr geehrte Damen und Herren von der ÖVP, kann sich ja nicht darauf beschränken, dass wir eine Debatte über das Briefwahlrecht führen, denn ich denke, die Bevölkerung hätte wenig Verständnis dafür, wenn man vielleicht für einige die Wahlmöglichkeiten ausweitete, während aber das, was die Bevölkerung eigentlich will, nämlich in Entscheidungen eingebunden zu sein oder manche Materien auch selbst zu entscheiden, nach wie vor auf die lange Bank geschoben wird.

Ich glaube, es gibt kein deutlicheres Zeichen der Bevölkerung als drei sehr erfolgreiche Volksbegehren, die 450 000 Unterschriften, über 600 000 Unterschriften, ja sogar 1,2 Millionen Unterschriften erreicht haben. Insgesamt sind das also weit über 2 Millionen Menschen – vielleicht teilweise identisch –, die nach einer langen Diskussion über die Inhalte der Volksbegehren direkt an das Hohe Haus Wünsche herangetragen haben, und zwar sehr präzise Wünsche!

Ich denke, es geht nicht länger an, dass eine Sitzung des Verfassungsausschusses nach der anderen damit endet, dass gesagt wird: Wir kommen leider zu keiner Einigung, es muss schon wieder vertagt werden. – Ich denke, bis Ende Jänner, bis zum 24. Jänner, wäre reichlich Zeit,


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die schon x-fach geführten Debatten wieder aufzugreifen und dann aber endlich auch zu einem Ergebnis in der Sache zu kommen.

Gerade was das Tierschutz-Volksbegehren betrifft, ist, denke ich, alles, was möglicherweise fraglich war, wirklich oft diskutiert worden – es geht um die eine und einzige Forderung eines bundeseinheitlichen Tierschutzgesetzes –, und in den Verhandlungen sind alle Einwände, die es irgendwann einmal vielleicht gegeben hat, dass möglicherweise die Standards in den besseren Landesgesetzen herabgesenkt werden könnten, ausgeräumt worden. Es liegt ein Entwurf vor, der sich an den besten Standards orientiert, der aber auch Rücksicht auf die real gegebene Situation in der Landwirtschaft, in der Haustierhaltung nimmt, der es ermöglicht, flexibel zu reagieren. Es gilt nur noch, zu diesem Entwurf ja oder nein zu sagen, und ich denke, wenigstens dieses Recht hat die Bevölkerung: ein klares Ja, von mir aus auch Nein, zu hören.

Wenn Sie wieder diesen Weg einschlagen wie in der letzten Gesetzgebungsperiode, der so viel zur Zermürbung in diesem Land beigetragen hat und letztlich eigentlich nur Proteststimmen vermehrt oder auch die Zahl der Nichtwählerinnen und Nichtwähler vergrößert, dann wird diese Vorgangsweise auf überhaupt kein Verständnis mehr stoßen. Denn nach der Wahl das Bekenntnis abzugeben: Wir haben gelernt, wir wollen uns ändern, wir wollen die Elemente direkter Demokratie verstärken!, und dann diese drei Volksbegehren, die Sie allesamt in Schubladen abgelegt haben, wieder einmal zu vertagen, weiterzuwälzen, nicht zu behandeln – wie lange glauben Sie, dass Sie diese Vorgangsweise noch fortsetzen können?

Die Bevölkerung hat sich darüber geäußert, und es wird wohl auch die Frage sein, wie mit den Elementen direkter Demokratie in Zukunft umgegangen wird. Wenn Sie sich vor Augen führen: Es gab in dieser Zweiten Republik genau zwei Volksabstimmungen; eine über den EU-Beitritt – diese mussten Sie machen, weil das in der Verfassung zwingend so vorgesehen gewesen ist –, und eine de facto über das Kernkraftwerk in Zwentendorf – bei der die Bevölkerung, wie wir im Nachhinein wissen, eine sehr, sehr weise Entscheidung getroffen hat, die Österreich vor großem Schaden bewahrt hat. Glauben Sie, dass das ausreichend ist? Zwei Volksabstimmungen seit dem Beginn der Zweiten Republik? Und das bei diesem Maß an Politikverdrossenheit, das allseits beklagt wird?

Jetzt wissen wir, wir haben zwei Regierungsparteien in diesem Haus, die in ganz wesentlichen Punkten unterschiedliche Standpunkte haben, etwa in der Sicherheitspolitik, etwa in der Frauen- und Gleichstellungspolitik, in Teilen der Anti-Diskriminierungspolitik. Wie wollen Sie mit diesen Punkten, so Sie sich vielleicht wieder zu einer Regierung zusammenfinden, umgehen? Wie in der letzten Gesetzgebungsperiode? Von einem Ausschuss in den nächsten wälzen und, egal, wie die Bevölkerung, egal, wie die Medien sich artikulieren, sagen: Wir haben keinen gemeinsamen Standpunkt, daher gibt es keinen österreichischen Standpunkt.

Ich halte die Frage des Tierschutzes für einen kleinen, aber nicht unwichtigen Punkt. Aber es gibt viele andere Punkte, wo ich mir jedenfalls nicht vorstellen kann, dass die Regierungsparteien jetzt über Nacht zu einem gemeinsamen Standpunkt finden. Wäre es da nicht wirklich klüger und demokratiepolitisch vernünftiger, dass Sie jetzt anlässlich der drei Volksbegehren, die es schon gab, sich wenigstens über ein Prozedere einigen, dass Sie sagen, dort, wo es offenbar nicht möglich ist, auf einen gemeinsamen Standpunkt zu kommen, geben wir den Weg frei für eine direktdemokratische Entscheidung. (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn übernimmt wieder den Vorsitz.)

Zwei Volksbegehren, das ist letztlich gar nichts! Schauen Sie ins benachbarte Ausland! Man muss nicht unbedingt gerade in die Schweiz schauen, aber ich denke, die Bevölkerung ist reif und mündig genug, in vielen Angelegenheiten eine Entscheidung zu treffen.

Und daher nochmals: Wir werden Sie beim Wort nehmen. Sie haben gesagt, Sie wollen die direkte Demokratie stärken, Sie wollen sich ändern, Sie wollen das Ergebnis vom 3. Oktober ernst nehmen. Jetzt haben Sie die Gelegenheit dazu. Stimmen Sie ab! Es geht nur um eine Fristsetzung, es geht noch nicht um den Inhalt eines bundeseinheitlichen Tierschutzgesetzes oder der Frauenforderungen oder der Forderungen der Gentechnik-KritikerInnen. Es geht


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einfach um eine Festlegung dieses Hauses: Wir wollen die Angelegenheit bis zum 24. Jänner im Ausschuss behandelt und abgeschlossen wissen. Ich denke, es wäre nicht zu viel verlangt, würden Sie diesem Ausschuss heute Ihre Stimme geben und sich dafür einsetzen. (Beifall bei den Grünen.)

17.59

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Parfuss. – Bitte.

17.59

Abgeordnete Ludmilla Parfuss (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren! Liebe Frau Dr. Petrovic! Liebe Grüne! Um es vorwegzunehmen: Wir können Ihrem Fristsetzungsantrag nicht zustimmen. Ich darf Grundsätzliches dazu feststellen und auch begründen, warum wir nicht zustimmen können.

Zunächst zum Grundsätzlichen. Die Grünen haben in der letzten Sitzung das Arbeitsergebnis der Plattform "Volksbegehren für ein Bundes-Tierschutzgesetz" übernommen und als ihren Antrag eingebracht. Dass das in formaler Hinsicht eine Vereinnahmung ist, will ich jetzt einmal unkommentiert lassen. Sei’s drum! Der Antrag liegt vor. Wir haben schon in der letzten Sitzung darüber debattiert, und ich habe damals in der Debatte betont und klar ausgesprochen, dass wir Sozialdemokraten selbstverständlich für ein einheitliches Bundes-Tierschutzgesetz stehen und uns dafür einsetzen, auch im Hinblick darauf, dass die Bevölkerung ein solches Gesetz will.

Ich werde immer wieder damit konfrontiert – vermutlich auch Sie, Frau Dr. Petrovic –, dass die Menschen uns ansprechen, uns schreiben und den Wunsch oder die Forderung äußern, sie wollen in Österreich ein bundeseinheitliches Tierschutzgesetz.

Deshalb sagen auch wir ein ganz klares Ja zu einem Bundes-Tierschutzgesetz! Aber, Frau Dr. Petrovic, eine Fristsetzung bis zum 24. Jänner 2000 ist illusorisch. Sie ist deshalb illusorisch, weil ... (Abg. Dr. Pilz: 3000? Wäre 3000 okay? Wir machen einen Abänderungsantrag: Bis zum Jahr 3000! – Abg. Dr. Kostelka  – in Richtung des Abg. Dr. Pilz –: Das ist nicht der Gemeinderat! – Heiterkeit.) – 2000! Habe ich 3000 gesagt?

Lassen Sie mich einmal ausführen, warum. Diese Frist ist deshalb illusorisch, weil der erarbeitete Antrag der Plattform "Volksbegehren für ein Bundes-Tierschutzgesetz", der von den Grünen eingebracht worden ist, ja nur eine Diskussionsgrundlage sein kann. Es gibt ja noch andere Anträge, die vorliegen und zu diskutieren sind.

Angesichts der Fülle von Inhalten gibt es vieles durchzuarbeiten, vieles zu diskutieren. Man muss sich ja erst einmal inhaltlich darüber einigen, was dann tatsächlich in diesem Antrag, der gemeinschaftlich erarbeitet werden muss, stehen soll. Das bedarf natürlich eines breiteren Zeitrahmens als bis zum 24. Jänner 2000.

Ich möchte exemplarisch einen Punkt hervorheben und als Beispiel anführen, und zwar den Abschnitt 4 betreffend das Betäubungsschlachten und Töten von Tieren. Ich finde, der § 25 ist etwas problematisch, zumindest ist er diskussionswürdig, denn hinsichtlich des Artikel 4 über das Schächten ist Artikel 14 Staatsgrundsatzgesetz zu berücksichtigen. Dieser Artikel 14 sichert die Glaubensfreiheit und die freie Glaubensausübung und garantiert zum Beispiel der Israelitischen Kultusgemeinde beziehungsweise den Personen des jüdischen Bekenntnisses und den Moslems die freie Religionsausübung. Die Schächtung oder das Schächten von Tieren ist jedoch ein Grundpfeiler der Ausübung dieser Religionen, und das wird auch so dargestellt. Das heißt, dass wir darüber reden müssen! (Abg. Dr. Lichtenberger: Da gibt es schon längst Regelungen!) Da gibt es die verschiedensten Zugänge, und ich betone, das ist nur ein Punkt, über den wir diskutieren müssen. Ich könnte Ihnen noch einige andere ausführen.

Abschließend: Wir sind für eine bundeseinheitliche Regelung. Ich fühle mich diesbezüglich in guter Gesellschaft mit dem Präsidenten des Rechnungshofes, Herrn Präsident Dr. Fiedler. Er hat heute bei der Pressekonferenz gesagt, in manchen Bereichen wären bundeseinheitliche


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Kompetenzen sinnvoller, als alles neun Mal separat zu regeln. – Sein Wort in Gottes Ohr! (Beifall bei der SPÖ.)

18.04

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Schwarzenberger. – Bitte.

18.04

Abgeordneter Georg Schwarzenberger (ÖVP): Herr Präsident! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Die österreichische Bundesverfassung regelt die Kompetenzen des Bundes und der Bundesländer. Die landwirtschaftlichen Kompetenzen liegen derzeit bei den Bundesländern, und eine Kompetenzübertragung ... (Abg. Dr. Lichtenberger: ... eine schwarze Mehrheit!)  – Frau Abgeordnete Lichtenberger! Sie waren in Tirol dabei, als die Tiroler ihr eigenes Tierschutzgesetz beschlossen haben, und haben es als eines der besten Europas gelobt. (Abg. Dr. Lichtenberger: Ich will, dass die Tiroler Regelung allen zugute kommt!)

Eine Kompetenzübertragung von den Ländern an den Bund müsste auf jeden Fall mit den Ländern verhandelt werden. Das kann mit Sicherheit nicht bis zum 24. Jänner geschehen! Vielmehr ist es Aufgabe der Regierungsverhandlungen, die Ziele und Kompetenzverteilung, also welche Kompetenzen in der nächsten Legislaturperiode der Bund und welche die Bundesländer haben, festzulegen.

Es liegt seit Jahren ein fast fertig verhandelter Antrag zu einer Bundesstaatsreform vor, und dieser sollte auch einmal endgültig erledigt werden. In diesem Antrag zur Bundesstaatsreform wären die Kompetenzen zu regeln. Den Bundesländern die Kompetenzen zu entziehen, ohne mit ihnen vorher verhandelt zu haben, wäre demokratiepolitisch sehr bedenklich! Einfach mit der Zweidrittelmehrheit sozusagen über die Länder drüber zu fahren, kann nicht der Stil dieses Hauses sein!

Die Länder haben versucht, einheitliche Normen herbeizuführen. Bereits seit dem Jahre 1995 gibt es eine Artikel-15a-Vereinbarung, die in unserer Bundesverfassung vorgesehen ist und in der die Länder untereinander sich auf ein einheitliches Niveau geeinigt haben. Das alles ist auch bereits mit Landesgesetzen umgesetzt worden. Und im November 1998 wurde ein Artikel-15a-Vertrag abgeschlossen, in dem die Heimtierhaltung auch auf Landesebene auf einheitliche Normen festgelegt wurde. (Abg. Dr. Lichtenberger: Aber ja nicht die Massentierhaltung, gelt?)

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Was uns darüber hinaus an diesem Entwurf stört, ist die übermäßige Bürokratie. Stellen Sie sich vor, jeder Landwirtschaftsbetrieb, so heißt es in diesem Gesetzentwurf, muss jährlich mindestens einmal von der Behörde geprüft werden, auch dann, wenn kein Verdacht auf tierquälerische Aufstallungen oder dergleichen vorliegt.

Es gibt 180 000 tierhaltende Betriebe. Und wenn in jeder Bezirkshauptmannschaft eine Tierschutzbehörde einzurichten ist, dann heißt das, dass wir österreichweit 500 bis 1 000 zusätzliche Beamte brauchen. – Ich weise darauf hin, wir haben heute den Großteil des Tages der Frage gewidmet, wie wir Budgetmittel einsparen können.

Ich zitiere wörtlich aus dem Gesetzentwurf: "Die Verordnung gemäß Abs. 2 hat jedenfalls Mittel für folgende Angelegenheiten vorzusehen: die Finanzierung des Investitionsaufwandes sowie des laufenden Personal- und Sachaufwandes der Tierschutzanwaltschaft; die Gewährung von Zuschüssen zur Förderung tiergerechter Haltung landwirtschaftlicher Nutztiere im Sinne des Tiergerechtheitsindex;" – hiezu gibt es ein Gutachten der Hochschule für Bodenkultur, die die Kosten der Stallumbauten mit 34 Milliarden Schilling beziffert – "die Förderung der Errichtung und Erhaltung von Tierheimen sowie die Förderung der laufenden Aufwendungen von Auffangstationen für Tiere; die Gewährung von Zuschüssen an praktizierende Tierärzte zur medizinischen Behandlung von Heimtieren bedürftiger und mittelloser Personen;" – warum nicht dasselbe für arme Bauern? – "die Finanzierung geeigneter Maßnahmen zur Förderung des Tierschutzes in der Gesellschaft, insbesondere in Erziehung, Unterricht und Bildung; die Finanzierung von Forschungs- und Entwicklungsarbeiten im Bereich des Tierschutzes." – Zitatende.


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Es wären Milliardenbeträge, die wir in den nächsten Budgets dafür vorsehen müssten!

Und weiters heißt es hier: Alle Verordnungen werden von der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten erlassen – ohne Mitkompetenz des Landwirtschaftsministers! – Jede Tierversteigerung, jede Tierausstellung muss eigens bewilligt werden, und es müssen dort Tierschutzbeauftragte anwesend sein.

Ein Weiteres: Die Würde des Tieres – § 2 Abs. 2, inklusive der Insekten und Spinnen, diese sind wörtlich genannt – soll in den Verfassungsrang als Staatszielbestimmung erhoben werden, während zum Beispiel, das muss ich traurigerweise sagen, das ungeborene Kind im Mutterleib keinen Schutz genießt; auch wurde es bisher abgelehnt, Ehe und Familie in den Verfassungsrang zu erheben.

Weiter heißt es im § 51 betreffend die Übergangsbestimmungen, dass jeder Betrieb innerhalb eines Jahres seine baulichen Veränderungen auf Grund dieser Verordnung bewerkstelligt haben muss. – Ich betone: 34 Milliarden Schilling innerhalb eines Jahres, um Stallgebäude zu errichten!

Diese Materie kann man nicht innerhalb eines Monats, in den noch dazu die Weihnachtsfeiertage fallen, hier im Parlament verhandeln. Wir werden deshalb dem Fristsetzungsantrag nicht die Zustimmung geben. (Beifall bei der ÖVP. – Widerspruch der Abg. Dr. Lichtenberger. )

18.10

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Dr. Grollitsch. – Bitte.

18.10

Abgeordneter Mag. Dr. Udo Grollitsch (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Schwarzenberger, Frau Dr. Petrovic hat immerhin erreicht, dass Sie sich mit diesem Gesetzesvorhaben konfrontiert haben, dass Sie hineingeschaut haben – wahrlich ein Fortschritt, das möchte ich diesbezüglich registrieren. Warum Sie sich so dagegen wehren, dass wir sachlich weiter debattieren, wie Sie es soeben begonnen haben, verstehe ich nicht ganz.

Wir Freiheitlichen stimmen einer Fristsetzung grundsätzlich zu. Damit ist ja das Ergebnis dieser Fristsetzung beziehungsweise des Antrages nicht vorweggenommen. Vielleicht werden auch Sie bald – nach den derzeitigen Parteibeschlüssen sind Sie ja mitten in einer Oppositionsrolle – dankbar sein, dass man mit Fristsetzungen ein Thema weiterbringen kann.

Es ist in der diesbezüglichen Debatte in der letzten Sitzung wirklich ausreichend bestätigt worden, dass dieses Volksbegehren den Wunsch der Österreicher ziemlich einheitlich und klar ausgedrückt hat. Aus diesem Volksbegehren heraus ist von der Basis her ein Gesetzesvorschlag entstanden, der allerdings nicht zu 100 Prozent unsere Zustimmung findet. Wir Freiheitlichen würden uns gerne im Ausschuss zu den entsprechenden Fragen äußern und sind zum Beispiel ebenfalls dagegen, dass das, was auf bürokratischer Ebene gefordert wird, im vollen Umfang dieses Textes zur Umsetzung kommt.

Dass aber gerade Sie sich über bürokratische Hindernisse mokieren, Herr Präsident Schwarzenberger, finde ich bemerkenswert. Wenn ich Ihr Berufsumfeld diesbezüglich ein bisschen beleuchten darf: Dort ist die Bürokratie ja nicht gerade hintan gelagert! Aber sei’s drum! Diesbezüglich wird möglicherweise da oder dort ein bisschen überzogen.

Fest steht, wir Freiheitlichen möchten sehr bald über dieses bundeseinheitliche Tierschutzgesetz sprechen. Die Vorlaufzeit hat lange genug gedauert. Ich habe erst in der letzten Woche den Entwurf eines Landesgesetzes zu Fischereifragen abschließend in die Hände bekommen. Es geht dabei um das steiermärkische Landes-Fischereigesetz. Es gibt insgesamt neun Landes-Fischereigesetze, und in einem sind sich alle neun einig: Der Tierschutz-Aspekt wird in allen neun Landesgesetzen gestärkt. (Abg. Schwarzenberger: Es gibt auch neun Jagdgesetze!)


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Man hört zum Beispiel auf mit der Lebendköderung, man hört auf mit Angel-Wettbewerben et cetera. Der Tierschutz hat einheitlich und durchgängig durch diese Landesgesetze Vorrang, und es gibt keine Begründung dafür – das sieht man, wenn man die einzelnen Landesgesetze ansieht –, dass es tatsächlich neun verschiedene gibt. Umso weniger gibt es eine Begründung dafür – ich finde keine, Herr Schwarzenberger und meine Herrschaften von der ÖVP! –, dass man sich so vehement gegen ein diesbezügliches Gesetz stellt.

Lassen Sie uns darüber reden, lassen Sie uns auch innerhalb der Frist darüber reden, und bedenken Sie wirklich, dass eine Frist zu setzen eine der wenigen Möglichkeiten einer Oppositionspartei ist, ein Thema weiter zu betreiben! Und ich sage es noch einmal: Vielleicht werden Sie sehr bald in dieser Lage sein und um Fristsetzungen sehr bemüht sein. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

18.14

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als letzter Redner in dieser Debatte zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Pirklhuber. – Bitte.

18.14

Abgeordneter Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Abgeordnete! Wir haben in den Ausführungen der Kolleginnen und Kollegen gehört, dass wir Grünen sozusagen ein formales Vereinnahmungsverfahren anwenden, Frau Abgeordnete Parfuss. Dagegen möchte ich mich namens meiner Fraktion sehr deutlich verwahren! Wir sehen es als ein demokratiepolitisch sehr wichtiges Instrument an, ein Volksbegehren, eine Volksabstimmung auch hier rasch umzusetzen.

Lassen Sie uns nicht vergessen: Es sind Jahre vergangen, und nichts ist geschehen! Wir wollen hier einen neuen Schritt setzen, wir wollen Demokratiepolitik auch in dieses Parlament bringen, wir wollen weiterkommen mit diesem bundeseinheitlichen Tierschutzgesetz!

Herr Abgeordneter Schwarzenberger! Lassen Sie mich auf einige Punkte, die Sie hier neuerlich aufgezählt haben, eingehen, obwohl das an sich eine Aufgabe für den Ausschuss wäre. Es ist dies auch unser Angebot an Sie: Wenn Sie uns richtig verstanden haben, dann müssen Sie wissen, es geht uns nicht darum, dass dieser Vorschlag Punkt für Punkt genau im Gesetz enthalten sein soll, sondern das ist ein Entwurf! Bitte verstehen Sie das! Das ist ein Entwurf, und Sie sind eingeladen, konstruktiv mitzudiskutieren, Ihre Bedenken einzubringen, und zwar bitte rasch, damit wir endlich ein konkretes bundeseinheitliches Tierschutzgesetz bekommen. (Beifall bei den Grünen.)

Sie haben in Ihrer letzten Stellungnahme am 18. November selbst gesagt: Irgendwo muss eine Grenze sein. – Ja, genau, Herr Abgeordneter Schwarzenberger! Es muss eine Grenze geben, und zwar bei der Verschleppung dieses bundeseinheitlichen Tierschutzgesetzes! Hier muss eine Grenze gesetzt werden, und wir sind gerade dabei, das umzusetzen. Es ist nämlich demokratiepolitisch sehr bedenklich, dass wir hier ein Gesetz und ein Anliegen, das 460 000 Bürgerinnen und Bürger in diesem Land unterschrieben haben, seit Jahren verschleppen! (Abg. Schwarzenberger: Das haben wir mit Artikel-15a-Vereinbarungen mit den Ländern umgesetzt!)

Herr Abgeordneter Schwarzenberger! Es ist auch ein Versäumnis im Hinblick auf die zugegebenermaßen schwierige Situation unserer Bäuerinnen und Bauern. Auch diese wollen klare Bedingungen, sie wollen wissen, woran sie sich orientieren sollen und wie es in der Tierhaltung weitergehen soll.

Sie haben auch die übermäßige Kontrolle, die übermäßige Bürokratie angesprochen. – Wir haben jetzt ein Agrarsystem, das in höchstem Maße bürokratisch ist, das Milliarden Schilling im Rahmen der Förderungsabwicklung verschlingt! Und Sie werfen uns vor, dass wir Bürokratie einführen wollen, wo Sie selbst für die derzeitige Bürokratie verantwortlich sind, Herr Abgeordneter Schwarzenberger?! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Schwarzenberger: Bei der AMA werden 20 Milliarden ausbezahlt und 5 Prozent der Betriebe kontrolliert! Bei Ihnen werden ohne Verdacht 100 Prozent der Betriebe kontrolliert!)


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Sie sprechen von 34 Milliarden Schilling Investitionen, Herr Abgeordneter. Aber derzeit werden Milliarden von Schilling in eine nicht artgerechte Tierhaltung investiert, und das liegt an den rechtlichen Grundlagen, an den entsprechenden Richtlinien, die derzeit nach Ländern unterschiedlich sind. Diese Investitionsrichtlinien gehören eben auf Basis eines bundeseinheitlichen Tierschutzgesetzes einmal überarbeitet. Das sollten Sie sich in Ihr Stammbuch schreiben! (Beifall bei den Grünen.)

Schließlich – auch das sollten wir nicht vergessen – geht es auch um den Markt. Wir wollen marktfähige Produkte, und dazu will der Konsument auch klare Aussagen haben. Er will wissen, dieses Produkt kommt aus artgerechter Tierhaltung. Dazu – ich wiederhole mich, ich habe das das letzte Mal auch angerissen – brauchen wir auch ein bundeseinheitliches Tierschutzgesetz und damit verbunden ein einheitliches AMA-Gütezeichen auf Basis dieses Gesetzes, Herr Abgeordneter Schwarzenberger.

Ich ersuche daher alle hier anwesenden Kolleginnen und Kollegen, auch die Vertreter der Landwirtschaft, sich einen Ruck zu geben und endlich in die konkrete Diskussion einzusteigen! Wir Grünen treten für diesen Fristsetzungsantrag ein und hoffen, Sie werden diesem ebenfalls zustimmen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

18.18

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Dr. Petrovic und Genossen, dem Verfassungsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 15/A betreffend ein Bundes-Tierschutzgesetz eine Frist bis 24. Jänner 2000 zu setzen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Fristsetzungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Fortsetzung der Tagesordnung

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Ich nehme die Verhandlungen über den Punkt 4 der Tagesordnung wieder auf.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Mag. Schweitzer. – Bitte sehr.

18.19

Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn über Beamtengehälter verhandelt wird, so wird auch über die Gehaltserhöhung von zirka 130 000 Lehrern in Österreich entschieden. (Staatssekretär Dr. Ruttenstorfer spricht mit Abg. Nürnberger.) – Herr Staatssekretär! (Staatssekretär Dr. Ruttenstorfer beendet das Gespräch und nimmt auf der Regierungsbank Platz.)

Herr Staatssekretär! Wenn es um die Gehälter von 130 000 Lehrern geht, dann kann das ja auch für Sie nicht ganz uninteressant sein, nicht wahr? Vor allem eine 1,5-prozentige oder 2-prozentige Gehaltserhöhung fällt da schon ganz schön ins Gewicht: Immerhin geht es um 3 Milliarden Schilling.

Das Interessante an dieser Gehaltserhöhung ist, Herr Staatssekretär, alle bekommen die Gehaltserhöhung – egal, ob eine entsprechende Gegenleistung erbracht wird oder nicht, denn das wird in diesem Berufsstand nie wirklich überprüft. Das derzeitige System belohnt auch jene, die nicht bereit sind, die vielfältigen Anforderungen, die an Lehrer gestellt werden, zu erfüllen. Es gibt eine Unzahl von Anforderungen, die der Pädagoge heute zu erfüllen hat oder zu erfüllen hätte.

Zum Beispiel die Vor- und Nachbereitung des Unterrichtes wird von vielen, die den Lehrberuf seinerzeit gewählt haben, weil es in diesem Beruf mehr Freizeit gibt, nicht gemacht. Der schulinterne Dialog zwischen Lehrerkollegen samt gemeinsamer Konzeption von Fächer übergrei


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fenden Lehrveranstaltungen und Projektarbeiten wird von vielen nicht durchgeführt, von anderen aber in ganz besonderem Ausmaß – die engagieren sich weit über das geforderte Maß hinaus. Der Dialog zwischen den Lehrern und Eltern wird von manchen durchgeführt, von anderen nicht. Das pädagogische Gespräch mit den Schülern, die fachspezifische Fortbildung – sie ist mir ein ganz besonderes Anliegen – sind keine notwendigen Voraussetzungen, um eine Gehaltserhöhung zu erhalten. Ob sich ein Lehrer heute, in einer Zeit, in der sich das Wissen innerhalb kürzester Zeit vervielfacht, fortbildet oder nicht, ist keine entscheidende Grundlage für eine Gehaltserhöhung, Herr Staatssekretär. Ich könnte noch viele solche Punkte anführen.

Wir Freiheitlichen haben deshalb über eine Neugestaltung der Lehrerbesoldung nachgedacht, und mich würde interessieren, was der Vertreter der Regierung zu dieser Neugestaltung des Gehaltssystems für Lehrer sagt. Wir sind der Ansicht, dass die Besoldung in Hinkunft aus drei Komponenten bestehen sollte: dem Grundgehalt, das zwischen Anfangs- und Endbezug in einer relativ flachen Kurve ansteigt. Bei diesem Grundgehalt sollten die Biennalsprünge durchaus erhalten bleiben, aber sie sollten an eine fachspezifische Fortbildung gekoppelt sein. Pro Unterrichtsfach und -jahr sollte zumindest eine fünftägige Fortbildung gemacht werden müssen, Herr Staatssekretär, und das außerhalb der unterrichtsfreien Zeit.

Weiters sollte es eine Funktionskomponente geben, die vom Dienstalter völlig unabhängig ist. Die mit der Ausübung einer bestimmten Funktion verbundene Verantwortung und Leistung sollte damit abgegolten werden.

Als Letztes sollte eine Leistungskomponente eingezogen werden, mit der – ebenfalls unter Abkehr vom Dienstaltersprinzip – die individuelle Leistung abgegolten wird. Dadurch sollen vor allem die Planung, Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung von Projekten und Schulveranstaltungen aller Art, worüber es jetzt so viele Diskussionen gegeben hat, honoriert werden.

Sie erinnern sich an die Diskussion über § 61. Diese wäre aus dem Weg geräumt, wenn diese Leistungskomponente, die Funktionskomponente und das Grundgehalt, wie soeben beschrieben, eingeführt werden würden, Herr Staatssekretär, denn dann hätten wir eine leistungsbezogene Besoldung, die darauf Rücksicht nimmt, ob Lehrer bereit sind, ihrem Auftrag nachzukommen, oder ihr Dasein in der Schule dazu nützen, die Zeit, die sie außerhalb der Schule verbringen, entsprechend vorzubereiten, was auch der Fall sein soll.

Herr Staatssekretär! Ich wäre interessiert daran, Ihre Meinung zu diesem Vorschlag von uns Freiheitlichen noch während dieser Debatte zu hören. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

18.23

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet hat sich der Herr Staatssekretär. – Bitte.

18.24

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Wolfgang Ruttenstorfer: Herr Präsident! Hohes Haus! Ich darf ganz kurz darauf antworten: Das ist im Vertragsbedienstetenrecht umgesetzt.

Erstens: Das Vertragsbedienstetenrecht kennt eine wesentlich flachere Kurve. (Abg. Mag. Schweitzer: Für Lehrer!) Zweitens: Das Vertragsbedienstetenrecht hat eine einheitliche Funktionszulage – keine nach dem Alter! Das ist der zweite wesentliche Punkt. Und drittens hat es eine Leistungskomponente.

Das ist in Bereichen der Verwaltung bereits umgesetzt. Der nächste Schritt ist, dass das auch in Richtung Lehrer, ich meine, durchaus auch in Richtung Universitätslehrer, umgesetzt werden soll. – Danke. (Abg. Mag. Schweitzer: Wie soll das ausschauen?) – Genau so.

18.24

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Mertel. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte.


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18.25

Abgeordnete Dr. Ilse Mertel (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ich kann mich, Herr Abgeordneter Schweitzer, dieser Lehrerdiskussion nicht anschließen, da das ein sehr spezifischer Bereich ist und ich mich bei der Lehrerbesoldung zu wenig auskenne. (Abg. Mag. Schweitzer: Aber 130 000 sind ganz schön viele!) Das räume ich ein. Ich kehre aber zu dem zurück, was der Hauptgegenstand dieser heutigen Diskussion ist, nämlich nicht nur die Zitationsanpassungen von 14 Gesetzen, sondern die Erhöhung der Pensionen und Bezüge im öffentlichen Dienst, das heißt im Bundesdienst, dem Rückgrat einer Volkswirtschaft, wie der Herr Staatssekretär heute vor wenigen Stunden angemerkt hat.

Wir alle sind uns der schlichten Tatsache bewusst, dass Löhne und Gehälter nicht von selbst steigen, nicht von allein an Höhe gewinnen. Das ist Realität und kein trivialer Spruch. Ich bin nämlich immer wieder überrascht darüber – in letzter Zeit immer öfters –, wie groß die Zahl jener Menschen ist, die überhaupt nicht wissen, wie Löhne und Gehälter zustande kommen und an Höhe gewinnen, nicht wissen, dass Gewerkschaften Jahr für Jahr, Lohnrunde für Lohnrunde für unselbstständig Erwerbstätige eintreten, verhandeln und, wie man so schön sagt, deren Interessen wahrnehmen. Wobei der Ausdruck "ihre Interessen wahrnehmen" in der öffentlichen Darstellung inzwischen zu einem Unwort geworden ist. Und nur in einem solchen Klima ist es möglich, dass Interessenvertretung und Gewerkschaftsarbeit zu einem Synonym für "Versteinerung", "Beton" und "Bremse" werden. (Abg. Scheibner: Ein bisschen Selbstkritik wäre auch angebracht!)

Natürlich sind solche Vokabeln, Herr Scheibner, auch ein Instrument der Stimmungsmache – auch von Ihnen! –, die die Gehaltsverhandlungen anscheinend begleiten müssen. Die Verunglimpfungen und Pauschalverdächtigungen sind aber auch ein Ausdruck tiefer Unkenntnis und Ignoranz demokratischer Abläufe und Spielregeln, Herr Scheibner. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Scheibner. )

Es gibt in einer Demokratie immer auch Gruppierungen wie Ihre, die von der Unkenntnis anderer profitieren. (Abg. Scheibner: Ach so, die Leute sind alle zu blöd! Das ist die Wählerbeschimpfung, die wir von Ihnen immer so gerne hören!) Erfreulich sind daher die Personalvertretungswahlen im Bundesbereich verlaufen. Sie haben gezeigt, dass der Anteil derer, die Bescheid wissen, aber denn doch die Mehrheit bilden. (Abg. Scheibner: Die Leute sind alle zu blöd, zu verstehen, warum Sie ihnen das Geld wegnehmen, warum Sie den Proporz haben!)  – Wollen Sie meine Redezeit ausnützen? (Abg: Scheibner: Nein!) Oder darf ich meine Redezeit nützen? (Abg. Scheibner: Sie brauchen nicht die Österreicher beschimpfen, dass sie dumm sind!)

Die Anhebung der Bezüge, Nebengebühren und Zulagen für öffentlich Bedienstete um 1,5 Prozent ... (Abg. Scheibner: Keine Erkenntnis, warum Sie die Wahlen verlieren!) – Was wollen Sie eigentlich von mir? Wollen wir jetzt hier ein Zwiegespräch führen, oder darf ich meine Redezeit nützen? (Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Die Anhebung der Bezüge für öffentlich Bedienstete um 1,5 Prozent ist ein vertretbares Ergebnis, vor allem wenn man bedenkt, dass die Mindestanhebung um 300 S für geringe Einkommen einer Erhöhung von fast 2 Prozent entspricht. Der gewählte Weg, nämlich die Kombination einer prozentuellen Erhöhung ... (Abg. Dr. Krüger: Was ist mit Herrn Arbeiter?)  – Da fragen Sie am besten Herrn Gaugg, der kann solche Sachen auch recht gut. (Abg. Scheibner: Als Sozialdemokrat darf man ja alles!) Herr Gaugg hat etwas nicht gemacht, was Herr Arbeiter gemacht hat, der hat nämlich sein Mandat zurückgelegt. (Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Der gewählte Weg, nämlich die Kombination aus einer prozentuellen Erhöhung und eines Mindestbetrages ist aus sozialer und aus einkommenspolitischer Sicht absolut richtig. Je nach Sichtweise wird die Erhöhung beurteilt: von der Regierungsseite als gerade noch vertretbar, von der Gewerkschaft als ein gutes Ergebnis – und dem schließe ich mich an.


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Dass sich die Erhöhung des Karenzgeldes auf nur 33 S monatlich beläuft, halte ich für absolut ungenügend. Hier ist das letzte Wort noch nicht gesprochen. (Abg. Gaugg: Das war eine schwache Verteidigung für den Arbeiter!)

Ich möchte noch anmerken, dass die Bediensteten des öffentlichen Bereiches Jahr für Jahr – da müssen wir einen Blick zurück machen – einen erheblichen Beitrag zur Budgetkonsolidierung geleistet haben. Der Herr Staatssekretär hat ja in seiner heutigen Wortmeldung bereits auf die erheblichen und wesentlichen Veränderungen im öffentlichen Bereich hingewiesen. Auch diesmal tragen die öffentlich Bediensteten durch die moderate Erhöhung das Ihre zu der noch nicht abgeschlossenen Sanierung des Staatshaushaltes bei. Das betone ich ausdrücklich, da meine Fraktion derzeit die einzige zu sein scheint, die bereit ist, Verantwortung für das Budget zu übernehmen.

Was ich inhaltlich zum Modus der Gehaltsabschlüsse gesagt habe, gilt ganz besonders auch für die analog zum ASVG-Bereich beschlossene Pensionsanpassung. In diesem Bereich wurde durch eine abgestufte Anpassung noch entschiedener die Umsetzung einer sozialen Komponente realisiert.

Meine Damen und Herren! Die Pensionsanpassung kostet insgesamt 3,65 Milliarden Schilling. Begrüßenswert ist, dass davon 1,45 Milliarden Schilling für kleine und mittlere Pensionen verwendet werden. Das heißt: Die Pensionen werden um 0,6 Prozent erhöht, und dazu werden 1,45 Milliarden Schilling zusätzlich aufgewendet, in Prozentsätzen und Fixbeträgen, um einen sozialen Ausgleich herzustellen und eine Wertsicherung zu garantieren. Für die Bezieher und Bezieherinnen niedrigster Pensionen bedeutet das daher aber immerhin eine Erhöhung von 1,5 bis 2,5 Prozent.

Meine Damen und Herren! Wir alle können mit dem Ergebnis zufrieden sein. In meinen Augen ist es kein schlechtes Ergebnis für so genannte Bremser und Betonköpfe. (Beifall bei der SPÖ.)

18.30

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Windholz. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

18.31

Abgeordneter Ernest Windholz (Freiheitliche): Hoch geschätzter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Das Besoldungsschema und auch das Dienstschema des öffentlichen Dienstes sind ein wahrhaft undurchsichtiges System, ein Dschungel. Es hat sich da überhaupt nichts zum Positiven geändert, insbesondere nicht im Bereich der Exekutive, auf den ich ein bisschen näher eingehen möchte.

Es wurde das so genannte Exekutivschema als Gehaltsschema eingeführt, bei dem es neben dem Gehalt für Dienst führende und auch für leitende Beamte eine so genannte Funktionszulage gibt. Der Herr Staatssekretär hat gesagt, dass in anderen Bereichen vom Dienstalter her kein Unterschied gemacht wird – hier aber sehr wohl.

Ich werde versuchen, Ihnen den Dschungel ein bisschen näher zu bringen. Zuerst ist zu unterscheiden, ob eine Einstufung in die Verwendungsgruppe E 1 oder E 2a erfolgt. Es geht dann weiter mit Funktionsgruppen, im Bereich E 1 von 1 bis 11 und im Bereich E 2a von 1 bis 7. Das ist aber noch nicht genug! Es wird dann noch in vier Funktionsstufen unterteilt, und dabei geht es um das Dienstalter. Ich werde Ihnen näher bringen, Frau Abgeordnete Mertel, und zeigen, dass es für einige sehr wohl ein positiver Abschluss ist, für sehr viele aber unverständlich.

Wenn zum Beispiel eine Einstufung in E 1, Funktionsgruppe 11 erfolgt, erhält ein jüngerer Kollege dafür 12 875 S. Ein älterer Kollege, kurz vor der Pension stehend, erhält für dieselbe Funktion, für dasselbe Maß an Verantwortung jedoch 36 482 S – fast dreimal so viel! Und bei diesem schlagen sich die 1,5 Prozent tatsächlich nieder: Für den jüngeren Kollegen beträgt die Erhöhung 190 S, für den, der kurz vor der Pensionierung steht, jedoch 539 S.


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Wenn man sich das vor Augen hält, wird einem klar, dass das für einige ein positiver Abschluss, für viele aber in höchstem Masse unverständlich ist. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Kollege Pendl von der SPÖ hat ausgeführt, dass das erfolgreich abgeschlossen wurde. Herr Kollege! Bei Ihrer Rede hat nur noch der Weihrauchkessel gefehlt. Sie haben hier auch die Abschlüsse für 1998 und 1999 erwähnt. Ich werde daher in Erinnerung rufen, wie die Abschlüsse für das Jahr 1996 und 1997 ausgeschaut haben. Damals gab es nämlich tatsächlich Nulllohnrunden für den öffentlichen Dienst. Sie haben natürlich vergessen, das zu erwähnen.

Das Nebengebührenzulagengesetz wird mit geändert. In diesem Zusammenhang hat Kollege Tancsits von der ÖVP – das ist bemerkenswert – sogar von einem Fortschritt gesprochen. Ich darf Ihnen Ihren "Fortschritt" für die Exekutive in jüngster Zeit näher bringen: Es war ein massiver Rückschritt, denn hier wurde nichts anderes geändert als der Divisionsfaktor, damit mehr Nebengebührenwerte für dieselbe Leistung erforderlich sind – für die Überstundenerbringung wird Pensionsbeitrag gezahlt. In der Regel, sage ich, wird in der Exekutive jenes Maß, das man erreichen kann, auch tatsächlich überschritten, was auf die zwangsweise Anordnung von Überstunden zurückzuführen ist, Überstunden in der Höhe von 100 Stunden und mehr monatlich. Das ist in Wahrheit unzumutbar! Die hohe Scheidungsrate der Exekutivbediensteten entsteht ja sicher nicht von allein.

Darauf gibt es keine Antworten der Bundesregierung. Die einzige Antwort aus dem Ressort des Staatssekretärs Ruttensdorfer darauf ist, dass er die Einsparungskommissare losschickt, die sich in der Regel nur damit beschäftigen, wie man die Bestimmungen des BDG in Bezug auf den Schicht- und Wechseldienst zu Ungunsten der Beamten auslegt, damit sie statt eines Zuschlags von 100 und 200 Prozent lediglich mit einem von 50 Prozent abgespeist werden.

Aber auch die Reisegebührenvorschrift – da birgt das Wort schon alles in sich; es handelt sich um ein Gesetz, wird aber "Vorschrift" genannt – ist nur sehr schwer zu verstehen, sodass sich sogar die Dienst- und Oberbehörden sehr schwer tun. Herr Staatssekretär! In Ihrem Ressort hat man fast ein Jahr gebraucht, um die Reisegebührenregelung bei Dienstverrichtung bei vorgeschobenen Zollämtern klarzustellen. Das zeigt einmal mehr, dass das gesamte System antiquiert, oft unverständlich und vor allem auch ungerecht ist.

Herr Staatssekretär! Dieses System hat in Wirklichkeit schon längst ausgedient. Ich werde Sie aber nicht auffordern, hier noch Korrekturen vorzunehmen. Sie haben das in den letzten Jahren nicht geschafft, und in den wenigen Wochen und Monaten, in denen Sie sich noch in diesem Amt befinden, werden Sie wohl auch nichts mehr zu Wege bringen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

18.36

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 10 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Der Entwurf ist angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist ebenfalls die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.


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5. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (3 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Straßenbenützungsabgabegesetz geändert wird (7 der Beilagen)

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir kommen zum 5. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatter ist Herr Abgeordneter Kiermaier. – Er wünscht nicht das Wort.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Lichtenberger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 15 Minuten. – Bitte.

18.38

Abgeordnete Dr. Evelin Lichtenberger (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Wir sprechen heute – schade, dass der Herr Finanzminister nicht mehr hier ist! – über eine mögliche Einnahmenquelle für das österreichische Budget. Wir sprechen heute aber auch darüber, dass diese Einnahmenquelle bei weitem nicht ausgeschöpft wird, und zwar aus sehr interessanten Gründen, wie ich später noch ausführen werde, und das trotz enormer Kosten, die der Straßenverkehr, vor allem der LKW-Verkehr verursacht.

Die derzeitige Novelle bringt ja kaum Neues, sondern nur eine kleine Veränderung gegenüber dem, was wir seit dem Beitritt zur Europäischen Union miterleben mussten, im Zuge dessen nämlich die Straßenbenützungsabgabe gigantisch gesenkt wurde. Unsere lieben Kollegen aus der Frächterschaft überbieten sich gegenseitig im Jammern über die steigenden Kosten im LKW-Verkehr, man braucht sich aber nur einige Jahre, und zwar wenige Jahre, zurückerinnern, um das anders zu sehen.

Ich darf einen kleinen Vergleich aus der Praxis bringen, der das vielleicht anschaulich macht. Ich will gar nicht mit Jahreszahlen und so weiter jonglieren, sondern wir nehmen als Beispiel ganz einfach die Strecke Reschen–Fernpass. Für diese waren vor dem In-Kraft-Treten der EU-Übergangsregelungen im Jahre 1994 noch 1 000 S zu bezahlen. Dieser Betrag wurde 1995 auf 240 S gesenkt und war im Jahre 1996 auf 158 S und 1997 auf skandalöse 80 S abgesunken. Diese 80 S werden in einigen Fahrzeugkategorien jetzt wieder auf genauso magere 110 S erhöht.

Nach der neuen Richtlinie beziehungsweise nach dem neuen Entwurf basiert das Ganze nun auch auf Emissionsklassen. Es gibt also Klassifizierungen für LKW auf Basis ihrer Abgaswerte. Nun, das wäre ja gut und schön, und das könnte man durchaus auch als ökologische Maßnahme gelten lassen, wenn, ja, wenn nicht diese Emissionsklassen eine sehr theoretische Angelegenheit wären, und zwar insofern, als die Emissionen eines LKW nicht, wie der gutmeinende Laie vielleicht annehmen würde, gemessen, sondern auf Grund von in Papierform vorliegenden Angaben festgestellt werden. Hier aber täte sich – leider ist der Herr Finanzminister nicht da – eine gute Einnahmenquelle auf.

Experten können das klar belegen: Sei es im Bereich von Gefällestrecken, sei es generell nach langjährigem Betrieb, sei es durch schlechte Wartung sind die realen Abgaswerte auch von sehr abgasarmen LKW nach einigen Jahren des Betriebs nicht mehr das, was in dem Papier steht, auf Grund dessen ein solcher LKW dann weniger zu bezahlen hat.

Die Folge für das Budget: Ein Aufkommensausfall von 100 Millionen Schilling! Das mag zunächst einmal nach relativ wenig klingen, aber wenn man an die heute bereits diskutierten Kürzungen in den verschiedensten Bereichen denkt, so würde ich doch meinen, dass diese 100 Millionen einbringlich wären: zum Beispiel durch eine reale Abgaskontrolle, aber auch – und jetzt komme ich zu einem sehr zentralen Thema – durch eine Änderung der Wegekostenrichtlinie auf europäischer Ebene.

Sie erinnern sich sicherlich an die vor allem von Ex-Kommissär Kinnock getragenen Debatten zum Thema Wegekostenrichtlinie der Europäischen Union und zu einer neuen Verkehrspolitik, und ich möchte daraus vor allem ein Zitat, das in diesem Zusammenhang sehr interessant ist,


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aufgreifen. Die Europäische Union erließ also eine Wegekostenrichtlinie, und gleichzeitig, oder vorher, gab sie ein Weißbuch unter dem Titel "Faire und effiziente Preise im Verkehr" heraus. Darin findet sich die Feststellung: Die Preise im Verkehr sollten nicht nur die privaten Kosten betreffen, sondern auch die externen Kosten umfassen, die auf Grund der Umweltbelastung durch den Verkehr, der Verluste durch Verkehrsüberlastungen, der Unfälle und anderer externer Effekte berechnet werden sollen. – Wenn man diese Richtlinie oder dieses Weißbuch kannte, dann war man eigentlich recht optimistisch, dass nun auf europäischer Ebene endlich finanzielle Lösungen für die enorme Überdotierung des Straßennetzes und des Verkehrs, für die Dauersubventionierung der Straßennetze gefunden werden könnten.

Die Richtlinie selbst allerdings – und das dürfte ja auch hinreichend bekannt sein – berücksichtigt nichts, aber schon gar nichts von externen Kosten. Sie geht nur auf Bau- und Erhaltungskosten für das Straßennetz ein. Wie streng diese Richtlinie ausgelegt wird, das können Sie heute und in den kommenden Wochen und Monaten an der Diskussion um die Klage gegen die Brenner-Maut feststellen. Hier wird nämlich ganz deutlich, dass es nicht erlaubt wird, das begleitende Straßennetz mit einzurechnen, sondern dass es rein um die Bau- und Erhaltungskosten auf der jeweiligen Straße geht.

Diese Wegekostenrichtlinie kann uns – und diese Debatte werden wir hier noch zu führen haben – im Wege der Brenner-Maut-Klage, wenn sie erfolgreich ist, nicht 100 Millionen, wie diese Sache, die wir heute beschließen, kosten, sondern diese Kosten werden in die Milliarden gehen. Hier wird es Einnahmenausfälle geben, die uns Riesenlöcher ins Budget reißen werden. Vor allem angesichts der Tatsache, dass jede Menge neue Straßenbauten geplant werden, zeichnet sich aus meiner Sicht ganz deutlich die Gefahr ab, dass das aus dem allgemeinen Budget wird kommen müssen, denn aus den ASFINAG-Mitteln wird das dann nicht mehr finanzierbar sein.

Diese fairen und effizienten Preise für den Verkehr sind also auf europäischer Ebene nicht verwirklicht, und hier in unserer Richtlinie ist nicht einmal der Rahmen für eine mögliche bessere Besteuerung des Straßenverkehrs ausgeschöpft worden.

Reden wir aber weiter über das Geld, nämlich über das, das auf der anderen Seite von Europa und von Österreich für diesen Straßenbau ausgegeben wird. In den TEN-Ausbau auf europäischer Ebene sind zwischen den Jahren 1994 und 1999 in den Ziel-1-Regionen 13,7 Milliarden Euro geflossen. Aus den Strukturfonds gehen 70 Prozent in den Straßenbau – nicht in die Hilfe für die Bauern, nicht in die Hilfe für die Klein- und Mittelbetriebe: nein, in den Straßenbau! (Abg. Mag. Kukacka: Aber nicht in Österreich!) Aus dem Kohäsionsfonds geht die Hälfte der Mittel auch in den Straßenbau. (Abg. Mag. Kukacka: Aber nicht in Österreich!)

Wenn Sie, Herr Kollege Kukacka, sagen, nicht in Österreich, dann frage ich Sie, woher Sie das Gerstel für das GSD-Netz nehmen werden. (Abg. Mag. Kukacka: ... weil wir es dort nicht kriegen!) Das wird nämlich eine spannende Debatte für die nächsten Jahre und, so würde ich jetzt einmal sagen, Jahrzehnte. Denn die Finanzierung wird durch so geringe Besteuerung im Straßenverkehr, durch so geringe Abgaben, die nicht einmal in Ansätzen an die Kostendeckung herankommen, noch viel schwieriger werden (Abg. Mag. Kukacka: ... setzt sich nicht durch!), und das angesichts der Tatsache, dass wir nicht nur die Gelder für den Straßenbau nicht haben, sondern dass dieser Straßenbau mit seiner Effizienz hochrangige, hochleistungsfähige Strecken schafft, die dann auch genauso hochrangig und mit Hochleistung genutzt werden.

Vielleicht haben Sie mitbekommen, was sich nach dem 8. Dezember auf Österreichs Straßen abgespielt hat: geschlossene Kolonnen von LKW über eine Länge von über 40 Kilometern! Das ist nicht wirklich ein Zufall: Wir sind der billige Jakob von Europa in dieser Frage! Bei uns kann man so günstig durchfahren, dass ich mich schön langsam wundere, warum wir denen nicht auch noch die Stoßstange vergolden dafür, dass sie die Gnade haben, bei uns ein bisschen die Umwelt zu verschmutzen! (Beifall bei den Grünen. – Widerspruch bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Mag. Kukacka: Das ist überall in der EU ganz gleich!)


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Diese Verkehrsbauten haben dazu geführt, dass zwischen den Jahren 1991 und 1998 in Westösterreich, namentlich auf der Brenner Autobahn, der Verkehr um 42 Prozent gestiegen ist. Nach den offiziellen Statistiken gab es in Westösterreich insgesamt keine jährliche Steigerungsrate im LKW-Bereich unter 5 Prozent.

Diese Belastungen haben ihre Folgen und ihre Folgekosten. Diese Folgekosten scheinen nirgends auf, meine Damen und Herren! Sie werden aus dem allgemeinen Budgettopf zu finanzieren sein. Wir haben Belege offizieller Art aus einer Studie der WHO-Ministerkonferenz für Umwelt und Gesundheit in London vom Juni 1999, die die Gesundheitskosten durch straßenverkehrsbedingte Luftverschmutzung auf 45 Millionen Euro ansetzen. Das sind gigantische Summen, die ja irgendwo herkommen werden, die aber versteckt sind. Auch wenn sie nicht offen daliegen, sind sie trotzdem zu bezahlen. Dabei umfasst diese Summe nur die Gesundheitskosten, die sich auf Erkrankungen beziehen, nicht jedoch Unfallfolgekosten, die hier noch dazukommen.

Einen weiteren Aspekt bilden die Umweltkosten, die durch die Zerstörung oder Schädigung der Vegetation entstehen.

Ein weiterer externer Kosteneffekt ergibt sich aus der Zersiedelung, aber auch aus dem Arbeitsplatzverlust in der Region, der wiederum zu einer Zunahme des Pendlerwesens führt. Sogar die Europäische Union gibt zu, dass die starke Subvention des Verkehrs nicht dazu geführt hat, dass die entlegenen Regionen nun ihre Wirtschaftsgüter umso besser in den Zentralraum bringen konnten, nein: In erster Linie führt sie dazu, dass die Zentren ihre Waren billiger in die Peripherie transportieren können und dort die letzten Strukturen, die auch Arbeitsplätze bedeuten, zerstört werden.

Diese Prozesse sind anhand von Beispielen aus den verschiedensten Ländern, von Spanien bis Finnland, aber auch Österreich, zu belegen und nachzuvollziehen. Diese Studien, meine Herrschaften von SPÖ und ÖVP, sollten Sie sich einmal zu Gemüte führen! Vielleicht würden Sie dann einige Ausgaben für zusätzliche neue Straßenbauten doch neu überdenken – sage ich jetzt als alte Optimistin. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Khol: Als junge Optimistin!)

Sie werden jetzt sagen, das sei der allgemeine Verkehr, die allgemeine Verkehrsbelastung, zu der jeder und jede hier herinnen mit seinem oder ihrem eigenen PKW beiträgt. Der Kostenanteil des LKW-Verkehrs, der hier in erster Linie zur Diskussion steht, sollte 25 Prozent betragen, beträgt aber realiter nur 17 Prozent. Mit diesem heute zu beschließenden neuen Werk aber wird keinerlei Erhöhung, sondern, im Gegenteil, eine Senkung eintreten.

Die durch überladene LKWs verursachten zusätzlichen Kosten – und das als kleines Detail am Rande, das vielleicht auch wiederum eine Einsparungsmaßnahme auf Bundesebene bedeuten könnte – betragen, wie aus dem allerneuesten Rechnungshofbericht hervorgeht, 35 Millionen Schilling, allein deswegen, weil die Kontrolldichte nicht mehr in dem Ausmaß gegeben ist, in dem sie notwendig wäre. 7 bis 8 Prozent der LKWs sind in der Regel überladen, und die Schäden durch überladene LKWs nehmen je 10 Prozent Überladung um 42 Prozent zu.

Das sind technische Daten, in die man sich etwas einlesen muss, aber ich würde mir, ja uns allen wünschen, dass Sie sich mit dem Segment der Verkehrspolitik, sofern es Budget und Preise betrifft, einmal ein bisschen auseinander setzen und in diesem Haus nicht ständig den Güterverkehr als heilige Kuh behandeln würden, indem man ihn subventioniert bis zum Gehtnichtmehr, ohne auch nur die allergeringsten Einsparungspotentiale zu nützen. Nein, man nützt nicht einmal den Spielraum, den die europäische Wegekostenrichtlinie gibt, optimal aus, und – als allerletzte Feststellung – weder der Umweltminister noch der Verkehrsminister, ja nicht einmal der Finanzminister haben auf europäischer Ebene mit dem kleinen Finger gewackelt, um eine vernünftige Wegekostenrichtlinie auf die Wege zu bringen! – Danke. (Beifall bei den Grünen.)


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18.53

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Eder. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. – Bitte.

18.53

Abgeordneter Kurt Eder (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Staatssekretär! Wir diskutieren heute hier wieder einmal das Straßenbenützungsabgabegesetz und dessen Änderungen, die meines Erachtens in die richtige Richtung gehen, umweltpolitisch den Erfordernissen sicherlich in höherem Maße gerecht werden, als dies bisher der Fall war, aber natürlich das Problem im Kern – und das hat ja auch meine Vorrednerin ein bisschen angesprochen – nicht lösen. (Abg. Dr. Lichtenberger: ... Das ist das Problem!) Darüber gibt es für mich keine Diskussion, das ist so.

Nun ist es ja so, dass wir, wenn man das einmal ganz genau analysiert, seit dem Jahre 1992 über Road-Pricing für LKWs in Österreich reden. Sie haben das nicht erwähnt, Frau Kollegin Lichtenberger, aber das ist ja kein Problem. Man kann ja darüber reden (Abg. Dr. Lichtenberger: Gerne!), wir haben ja keine Auseinandersetzung. (Abg. Dr. Lichtenberger: Gerne! No problem!) Die Trans-Route-Studie wurde seinerzeit, glaube ich, noch von Bundesminister Schüssel in Auftrag gegeben. Wir haben dann im Jahre 1996 ein Bundesgesetz beschlossen, das sogar eine Terminsetzung vorsah und wonach im Jahr 1998 das Road-Pricing für LKWs hätte eingeführt werden sollen. Nur ist es eben dazu bisher nicht gekommen.

Es ist dann im Jahre 1999, also heuer, eine Novelle beschlossen worden, durch die ein halb offenes duales Mautsystem für LKW fixiert wurde, wobei die PKW aus dieser Regelung ausgenommen wurden und der Termin – leider, aus meiner Sicht, ich sage das sehr offen – aus dem Gesetz herausgenommen wurde, sodass das nunmehr eben "so rasch wie möglich" durchgeführt werden sollte.

Nun haben wir eben das Problem, dass die Mautstellenverordnung, die jetzt notwendig wäre, um der ASFINAG die Möglichkeit zu geben, innerhalb von 30 Monaten das Road-Pricing für LKW einzuführen – so lange braucht man nämlich ab dem Zeitpunkt der Unterzeichnung durch den Wirtschaftsminister –, noch nicht unterschrieben ist. Die Einführung des Road-Pricing für LKWs würde natürlich das Straßenbenützungsabgabegesetz im Endeffekt gänzlich aufheben, weil es nicht mehr notwendig wäre, da ja dann eine andere Bewirtschaftung des hochrangigen Straßennetzes erfolgen würde. Das hätte auch zur Folge, dass laut Schätzungen rund 3,2 Milliarden Schilling an Einnahmen aus diesem Titel erzielt würden und die ASFINAG diese Mittel dann auch entsprechend einsetzen könnte.

Nun haben wir das im Finanzausschuss sehr ernsthaft und in Wirklichkeit auch leidenschaftslos diskutiert. Kollege Stummvoll hat gemeint, er würde die Gesamtsituation auch sehr realistisch sehen, aber es wäre doch sinnvoll, abzuwarten, um zu sehen, was unser großer Nachbar, Deutschland, in dieser Frage überlegt und entscheiden wird, damit dabei nicht unter Umständen auch noch zwei verschiedene Technologien zum Tragen kommen, was das Ganze zwischen zwei Ländern, die verkehrsmäßig eng miteinander verknüpft sind, nicht erleichtern würde.

Ich habe mit Kollegen in der Bundesrepublik Deutschland Kontakt aufgenommen, und in der Tat ist es so, dass man hier die Absicht hat, bis zum Jahre 2002 auch Road-Pricing für LKW auf die Beine zu bringen. Ob das tatsächlich gelingen wird, wage ich jetzt einmal noch zu bezweifeln, denn wenn ich an unseren Werdegang denke, dann hat er sehr lange gedauert. Dies könnte in Deutschland auch so sein, was ich aber nicht annehme, weil ja viele Vorarbeiten mittlerweile schon geleistet wurden, sodass das schneller gehen könnte. Möglicherweise könnte das Datum 2002 also halten.

Uns aber hindert meines Erachtens eigentlich nichts daran, trotzdem und unabhängig davon bei gleicher Technologie – es gibt europaweit ja nur eine vernünftige Technologie, die derzeit anwendbar ist; das GPS-System und Computersysteme und alles, was es da noch an High-Tech gibt, ist ja nicht vor Ablauf von zehn Jahren wirklich so anwendbar, dass das Road-Pricing bei all den topographischen Gegebenheiten, etwa in Ländern mit vielen Bergen, oder wenn LKW ganz eng nebeneinander fahren, realistisch durchführbar ist – einen realistischen Zeitpunkt dadurch zu setzen, dass wir den Herrn Staatssekretär heute ersuchen, noch einmal auf Herrn Wirtschaftsminister Farnleitner dahin gehend einzuwirken, dass nunmehr diese Mautstellenverordnung unterschrieben wird.


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Wenn diese unterschrieben ist, dann, so sagen mir die Manager der ASFINAG, können sie binnen 30 Monaten Road-Pricing für LKW auf die Beine bringen. Dann fallen eine Reihe von Argumenten, wie Sie sie jetzt hier angeführt haben – nicht alle, aber eine Reihe von Argumenten –, sicherlich weg, und wir hätten vor allem dieses leidige Thema, das die Finanzierung innerhalb der ASFINAG betrifft, einer Lösung zugeführt: Die Lückenschlüsse könnten damit finanziert werden, Tunnels könnten errichtet werden, was so wichtig wäre, wie wir gesehen haben, vor allem im Bereich jener Tunnels, die zurzeit nur einröhrig zur Verfügung stehen.

Summa summarum sollten wir also gemeinsam danach trachten, die ASFINAG nicht mehr länger aufzuhalten und möglichst rasch auf der Basis, die wir gesetzlich geschaffen haben, nunmehr über den Verordnungsweg dieses letzte Hindernis, das es hier gibt, zu beseitigen und die Unterzeichnung dieser Mautstellenverordnung zu erreichen. (Abg. Mag. Kogler: Das Hindernis ist doch die ÖVP, das wissen Sie genau!)

Ja, und genau dahin geht daher mein Appell. (Abg. Mag. Kogler: Dann appellieren Sie einmal kräftiger! Das ist ja fad!) Ich bin mit niemandem hier politisch verheiratet. Genau in diese Richtung geht daher mein Appell, nunmehr dies zu tun, um hier rasch zu einer insgesamt vernünftigen Lösung zu kommen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

18.59

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Dr. Stummvoll. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

18.59

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn wir heute diese Novelle des Straßenbenützungsabgabegesetzes beschließen, so stimme ich mit meinem Vorredner diesbezüglich überein, dass wir damit einen wichtigen Schritt in Richtung Differenzierung der Tarife nach Umweltkriterien setzen, um auch entsprechende Anreize für die Transportwirtschaft, auf schadstoffärmere LKW umzusteigen, zu schaffen. (Abg. Dr. Lichtenberger: In Papierform!)

Wir sollten aber trotzdem nicht übersehen, Frau Kollegin, dass bei einem EU-weiten Vergleich die LKW-Steuerbelastung in Österreich im oberen Drittel liegt. Man muss hier also auch am Boden der Realität bleiben, denn das Ganze muss ja auch wirtschaftsverträglich sein. (Abg. Mag. Kogler: Der interplanetarische Gleichklang!) Es geht hier um Tausende Arbeitsplätze auch in der Transportwirtschaft, und wir haben hier in Österreich eine LKW-Besteuerung, die im oberen Drittel aller EU-Staaten liegt, Frau Kollegin. (Abg. Dr. Lichtenberger: Deshalb braucht man ja ein ganz anderes System! Ich will ja nicht, dass nur die eigenen Leute zahlen!)

Das lässt sich auch mit noch so vielen Zwischenrufen nicht wegdiskutieren. Es gilt auch für Sie, die Sie neu hier in diesem Hohen Haus sind, dass sich offenbar dann, wenn die Argumente fehlen, die Lautstärke erhöht. Das kann es aber nicht sein, Frau Kollegin! Sie werden hier noch lernen, dass Lautstärke keine fehlenden Argumente ersetzt. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Folgendes sei aber auch mit aller Deutlichkeit gesagt: Auch wir haben einen Wermutstropfen dabei. Die EURO-III-Type, die ab 1. Oktober 2001 für Neuzulassungen vorgeschrieben ist, ist noch nicht mit einem speziellen Tarif berücksichtigt, obwohl heute schon solche Typen ausgeliefert werden und es für viele Transporteure ein Anreiz gewesen wäre, auf die EURO-III-Type umzustellen.

Wir haben letztlich – das will ich auch sehr deutlich sagen – aus Gesamtverantwortung für das Budget gesagt: Okay, wir akzeptieren das, weil uns das Finanzressort vorgerechnet hat, dass ein Spezialtarif für die EURO-III-Type einen Budgetausfall von ungefähr 80 bis 100 Milliarden Schilling bedeutet hätte. (Abg. Böhacker: Milliarden? – Abg. Mag. Kukacka: Millionen!) So verantwortungsbewusst agieren wir, meine Damen und Herren von der Opposition, weil wir auch Gesamtverantwortung für das Budget tragen!

Jetzt noch ein Wort im Sinne der Diskussion im Finanzausschuss zur berühmten Frage Road-Pricing. Ich habe im Finanzausschuss schon gesagt, es geht hier nicht um das Prinzip. Das


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4. Sitzung / Seite 146

Prinzip ist ja völlig unbestritten. (Abg. Dr. Lichtenberger: Es geht ums Prinzip!) Mir geht es darum, Frau Kollegin, dass wir nicht in einigen Jahren sagen, wir hätten einen Schildbürgerstreich gemacht. Wir wollen nicht Milliarden in ein System investieren, das vielleicht dann, wenn es funktioniert, schon überholt ist. Es kann uns bei dem rasanten Tempo des technischen Fortschritts sehr leicht passieren, dass wir trotz großen Widerstandes überall in den Regionen entsprechende Einrichtungen schaffen und wenige Jahre später Deutschland ein vollelektronisches System installiert. Dann werden nicht Sie des Schildbürgerstreichs bezichtigt werden, sondern gegen uns , die wir Verantwortung tragen, wird dieser Vorwurf gerichtet sein. Diesem Vorwurf möchte ich mich wirklich nicht aussetzen.

Meine Damen und Herren! Die Voraussetzungen für den an sich anerkannten Grundsatz des Road-Pricing sind für uns: erstens die Abstimmung mit dem wichtigsten Handelspartner Österreichs, nämlich mit Deutschland, und zweitens wirtschaftsverträgliche Tarife. Ich sage das ganz offen. Österreich ist ein einheitliches Wirtschaftsgebiet, es darf daher der Ost-West-Verkehr nicht behindert werden. Es darf der Vorarlberger, wenn er nach Wien transportiert, oder umgekehrt der Burgenländer, der nach Vorarlberg transportiert, nicht so diskriminiert werden, dass das einheitliche Wirtschaftsgebiet zerfällt. Das sind die beiden Voraussetzungen, unter welchen wir uns zum Road-Pricing bekennen. (Beifall bei der ÖVP.)

19.02

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Böhacker. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

19.03

Abgeordneter Hermann Böhacker (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Wir haben heute mehr als vier Stunden über Sparsamkeit beziehungsweise Sparen diskutiert, und ich möchte in diesem Zusammenhang am Anfang meiner Rede eine Kritik am Prozedere des Finanzausschusses anbringen: Es gab einen einzigen Tagesordnungspunkt, und zwar die Novelle zum Straßenbenützungsabgabegesetz, eine EU-Anpassung. Es mussten die Abgeordneten aus allen Bundesländern anreisen – das ist ja nicht gerade billig für den Steuerzahler –, obwohl am 2. Dezember eine Sitzung des Budgetausschusses stattgefunden hat, in dessen Anschluss es leicht möglich gewesen wäre, eine Sitzung des Finanzausschusses abzuhalten. Es wären die Personalressourcen gegeben gewesen, die Beamten vom Ministerium wären zur Verfügung gestanden. Es wäre also ein Leichtes gewesen, diese beiden Ausschüsse an einem Tag abzuhalten. Da sollte schon auch das Hohe Haus mit entsprechendem gutem Beispiel vorangehen und Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit an den Tag legen.

Meine Damen und Herren! Grundsätzlich sei zu dieser Novelle gesagt: Es gibt da eine fiskalpolitische Seite und eine verkehrspolitisch-ökologische Seite. Die verkehrspolitische Seite wird mein Kollege Firlinger beleuchten. Ich möchte nur die fiskalpolitische Seite kurz anschneiden. Es gibt eine Schätzung, dass diese Novelle etwa 100 Millionen Schilling an Kosten verursachen wird. Das ist eine sehr grobe Schätzung, wurde uns gesagt. Es kann mehr sein, es kann aber auch weniger sein.

Was mich an dieser ganzen Situation noch stört, ist, dass diese Novelle mit 1. Juli 2000, also Mitte des nächsten Jahres, in Kraft treten wird und es dadurch zu zwei Halbjahres-Erklärungen kommen wird, was wieder einen zusätzlichen Verwaltungsaufwand für die Betriebe zur Folge haben wird. Herr Staatssekretär hat im Ausschuss gesagt, es sei eine Sache, die von Seiten der EU kommt, und dagegen könnten wir nichts machen. Dazu wiederhole ich das, was ich schon im Finanzausschuss gesagt habe: Es ist nicht alles gut, was von der EU kommt, und schon gar nicht, wenn der Herr Kommissar Fischler etwas aus dem Ausland Richtung Österreich sagt. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Stummvoll: Was hat er zum Straßenbenützungsabgabegesetz gesagt, Herr Abgeordneter?)

Herr Dr. Stummvoll! Grundsätzlich ist es so, dass die steuerliche Begünstigung der Kraftfahrzeuge mit bis zu drei Achsen vor allem den Quell- und Zielverkehr betrifft. Somit werden auch die inländischen Frächter begünstigt. Auf der anderen Seite ist es aber negativ, dass die Er


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höhung für mehrachsige Fahrzeuge, die hauptsächlich den Transit ausmachen, nicht entsprechend massiv ist, um eine Verlagerung von der Straße auf die Schiene zu bewirken.

Nachdem im Finanzausschuss Zeitressourcen vorhanden waren und es ein dringendes Problem gab, habe ich in demselben einen Antrag auf Erweiterung der Tagesordnung eingebracht, mit dem Ersuchen, eine Novelle zum Einkommensteuergesetz 1988 zu behandeln, und zwar dergestalt, dass die Beschränkung für die Auflösung der angesparten Mietzinsreserven aufgehoben wird. Es gibt derzeit noch etwa 1,5 Milliarden Schilling an nicht verbrauchter Mietzinsreserve, die, würde sie in die Wirtschaft, in die Sanierung von Häusern gepumpt, etwa 1 000 Arbeitsplätze sichern würde. Es ist bedauerlich, dass die beiden Regierungsparteien nicht bereit waren, diesen Antrag, dessen Forderungen ja auch immer wieder von der Wirtschaftskammer erhoben werden, auch nur in Verhandlung zu nehmen und zu diskutieren, geschweige denn zu beschließen.

Ich weiß, dass es derzeit durch Akontozahlung beziehungsweise durch eine erlassmäßige Regelung noch die Möglichkeit gibt, im Jahre 1999 Beträge zu bezahlen, um dann die Arbeiten im Jahre 2000 durchführen zu können. Das hätte aber den Nachteil, dass heute bereits bezahlt werden müsste, aber vielleicht erst ein Jahr später diese Leistung erbracht werden würde, was eine enorme Liquiditäts- und Zinsbelastung für die Auftraggeber zur Folge hätte. Es wäre also wirklich notwendig, diese unsinnige Befristung aufzuheben, zumal schon einmal die Frist verlängert wurde. Da besteht dringender Handlungsbedarf, und ich kann Ihnen versichern, Herr Staatssekretär, dass wir diesen Antrag auch weiterhin immer wieder einbringen werden.

Zum Abschluss eine interessante Feststellung – schade, dass der Herr Finanzminister nicht mehr da ist –: Im Zuge der Beantwortung der Dringlichen Anfrage hat uns der Herr Finanzminister heute mitgeteilt, dass er sich im Zusammenhang mit eventuellen Steuererhöhungen dafür verwenden wird, dass es zu keiner Erhöhung der Steuer- und Abgabenquote kommen wird. Doch nun steht im "Kurier" von morgen Folgendes zu lesen:

"Am Rande der Plenarsitzung übte Edlinger Kritik an den von der ÖVP beschlossenen Forderungen für die Regierungsverhandlungen. Dort steht nämlich: ,Die Steuer- und Abgabenquote nicht erhöhen.‘ Edlinger: Das ist standort- und wettbewerbspolitisch zu wenig. Nicht zu erhöhen wird nicht reichen." – Hört, hört! – "Der SP-Minister hält an seinem Ziel fest, die Steuer- und Abgabenquote von derzeit 43 Prozent auf etwa 40 Prozent zu senken."

Herr Staatssekretär! Das sind satte 75 bis 80 Milliarden Schilling an Steuerausfall. Ich erinnere daran, dass wir Freiheitlichen, als wir die Forderung aufgestellt haben, mittel- und langfristig die Steuer- und Abgabenquote auf 40 Prozent zu senken, verlacht wurden. – Jetzt verlangt es der Finanzminister! Was will er wirklich: nicht erhöhen oder senken? Ich kenne mich wirklich nicht mehr aus. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

19.08

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet hat sich als Nächster Herr Abgeordneter Kukacka. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte.

19.08

Abgeordneter Mag. Helmut Kukacka (ÖVP): Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Ich bin der Meinung, Frau Kollegin Lichtenberger, dass man trotz aller Unkenrufe einfach zugeben muss, dass diese Novelle ein richtiger Schritt in die richtige Richtung ist, auch wenn er Ihnen nicht weit genug geht. (Abg. Dr. Lichtenberger: Ein Schritt, ja!) Das verstehe ich. Aber klar ist, dass der Schwerverkehr – das heißt, LKW mit mehr als vier Achsen sowie alte, abgasreiche LKW – stärker belastet wird als der Nah- und Zustellverkehr mit kleineren LKW. Die neuen, emissionsärmeren LKW werden weniger besteuert als alte und laute "Stinker". Das ist doch ein richtiges Prinzip, das in dieser EU-Richtlinie umzusetzen versucht wurde?!

Es ist auch nicht so, dass es bei uns billiger ist als anderswo in Europa. Wir schöpfen die EU-Richtlinie in voller Höhe aus. Das heißt: Es wird da der höchstmögliche Betrag verlangt. Das muss eben auch dazugesagt werden! Höhere Beträge sind nicht möglich, weil sie nicht EU-kon


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form wären. Das müssen Sie zur Kenntnis nehmen! (Abg. Dr. Lichtenberger: Weil man dieses Modell gewählt hat!) Alles andere muss innerhalb der Europäischen Union geregelt werden. Zuständig ist der Herr Verkehrsminister Einem im Verkehrsministerrat. Der Kostenwahrheit – da gebe ich Ihnen schon Recht – wird zwar durch diese neue Novelle nicht voll entsprochen, aber es geht dabei in die richtige und nicht in die falsche Richtung, wie Sie das hier zum Ausdruck bringen wollten. Ausdrücklich möchte ich festhalten und bestätigen, was auch mein Kollege vorhin gesagt hat: Wir bekennen uns zum Road-Pricing. (Abg. Dr. Lichtenberger: Na echt?!) Wir halten auch am entsprechenden Nationalratsbeschluss fest (Abg. Dr. Lichtenberger: Ich staune, Herr Kollege!), und wir sind auch der Meinung, dass sowohl aus finanz- wie auch aus verkehrspolitischen Gründen am Road-Pricing letztlich kein Weg vorbeiführen wird, aber wir können auch nicht so tun, als wäre die Verkehrspolitik eine rein nationale Angelegenheit, die wir selbst in allen Bereichen regeln können.

Was wir nicht wollen, sind reine Insellösungen nur für Österreich. (Abg. Dr. Lichtenberger:  ... Mein Gott!) Sie sind problematisch, und deshalb haben wir uns immer für einen weitgehenden Gleichklang mit der Europäischen Union und mit Deutschland ausgesprochen.

Es scheint ja nun doch so zu werden, dass Deutschland noch bis Mitte des Jahres 2000 das Road-Pricing einführen wird. Ich erinnere daran, was der Herr Verkehrsminister Klimmt aus Deutschland – ich habe hier eine Aussendung von ihm, datiert vom 4. Dezember – dazu sagt. Er sagt, er habe seinen Plan bekräftigt, ab 2002 auf deutschen Autobahnen eine entfernungsunabhängige Gebühr für Lastwagen einzuführen. (Abg. Parnigoni : Eine entfernungsabhängige Gebühr!) Ja selbstverständlich! (Abg. Parnigoni: Du hast gesagt "entfernungsunabhängige"!) Pardon! Natürlich: entfernungsabhängige Autobahnbenützungsgebühr. (Abg. Parnigoni: Das war nur ein Versprecher! – Abg. Dr. Lichtenberger : Oje! Ein Freud’scher Versprecher! Da hat das Unbewusste zugeschlagen!)

Das heißt, wir liegen goldrichtig mit unserem Terminplan und auch mit der Vorgangsweise, und es besteht nicht der geringste Anlass und es besteht auch nicht die geringste Berechtigung, dem Herrn Wirtschaftsminister Farnleitner den schwarzen Peter für angebliche Verzögerungen zuzuspielen. Das ist nicht gerechtfertigt! Das wäre und ist ein ausschließlich parteipolitisch motivierter Versuch, aber ein untauglicher Versuch, und den möchten wir hier klar zurückweisen, unabhängig davon, ob er von den Grünen oder von der sozialdemokratischen Fraktion kommt! (Beifall bei der ÖVP.)

Es wäre geradezu fahrlässig (Abg. Dr. Lichtenberger: Farnleitner-lässig!), würde Minister Farnleitner die Mautstellenverordnung erlassen, bevor er mit den Bundesländern, in denen es Einwände gibt, ein Einvernehmen über die verschiedenen Standorte erzielt. (Abg. Dr. Lichtenberger: Da hat er sich aber verdammt lange Zeit gelassen!) Ohne Einvernehmen würden jene Bundesländer, die derzeit noch Bedenken dagegen haben, im Behördenverfahren die Errichtung der Mautstellen weiter verhindern und verzögern. Sie würden den Verwaltungsgerichtshof und den Verfassungsgerichtshof anrufen und so eine endlose rechtliche Auseinandersetzung auslösen.

Wie so etwas funktioniert – das sollten gerade Sie wissen –, das sehen wir ja in Niederösterreich beim Semmering-Basistunnel. (Abg. Dr. Lichtenberger: Wer hat dort die Mehrheit?) Hätte dort der zuständige Verkehrsminister früher das Einvernehmen mit dem Land hergestellt, dann hätten wir vielleicht heute eine andere Situation. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Deshalb ist es völlig richtig, dass der Herr Bundesminister Farnleitner die ASFINAG angewiesen hat, zuerst und endgültig zu einem Einvernehmen mit den Ländern zu kommen. Wir sind da auf gutem Weg: Die ASFINAG hat bereits entsprechende Kompromissvorschläge gemacht, die dem regionalen Wirtschaftsverkehr besser entgegenkommen. Mir liegen auch Besprechungsprotokolle vor, die das entsprechend dokumentieren.

Wir wissen doch auch, warum etliche Länder Einwände gegen das halb offene System haben. Weil dadurch vor allem auf den kurzen Strecken Ungerechtigkeiten im Ausmaß von einem bis zum siebenfachen Mauttarif entstehen. Das ist eben unvertretbar. Deshalb verlangen sie zu


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Recht einen gewissen Gleichklang mit Deutschland, und es muss eine gewisse Einheitlichkeit in ganz Österreich gewährleistet sein. (Abg. Dr. Lichtenberger: Bei Gleichklang wird es deswegen auch nicht billiger auf Kurzstrecken!)

Meine Damen und Herren! Es wird deshalb – davon bin ich überzeugt – auch mit jenen Ländern, mit denen eine Einigung noch offen ist, vor allem mit Vorarlberg und mit Salzburg, rasch zur Festlegung der neuen Standorte kommen. Ich bin überzeugt davon, dass noch Ende Jänner, also Anfang des nächsten Jahres, der Herr Bundesminister Farnleitner die entsprechende Mautstellenverordnung unterschreiben wird.

Das heißt, dass wir maximal mit einer halbjährigen Verspätung zu rechnen haben werden und dass sich die Einführung der LKW-Maut parallel und identisch mit der Einführung in Deutschland abspielen wird. Dieses halbe Jahr Verzögerung wird die ASFINAG verkraften können, ohne dass es dazu zusätzlicher staatlicher Kredite bedürfen wird. (Abg. Dr. Moser: Ein paar Milliarden!)

Meine Damen und Herren! Man sieht also: Derzeit ist künstliche Aufregung weder notwendig noch gerechtfertigt! (Beifall bei der ÖVP.)

19.16

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Firlinger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

19.16

Abgeordneter Mag. Reinhard Firlinger (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Das Bundesgesetz zur Änderung der Straßenverkehrsabgabe ist für uns Freiheitlichen eine kleine punktuelle Verbesserung – das und nicht mehr! Wir sehen darin eine kleine Verbesserung in Richtung mehr Kostenwahrheit, und das ist der Grund, warum wir dieser Vorlage unsere Zustimmung erteilen werden.

Meine Damen und Herren! Wie Sie wissen, gibt es innerhalb der EU drei Klassen von LKW. Davon sind zwei in die Klassifizierung mit einbezogen worden. Man kann natürlich, Frau Kollegin Lichtenberger, immer darüber streiten: Sind die zwei Klassen ausreichend? Hätte man nicht eine dritte Klasse hineinnehmen sollen? Ich hätte das auch für sinnvoll gehalten. Man kann natürlich sagen, die großen "Stinker", also die wirklich emissionsbeladenen LKW, hätte man noch stärker zur Kassa bitten können. Nur: Dann hätte die österreichische Bundesregierung besser verhandeln sollen. Aber das wurde offensichtlich nicht gemacht. Da haben Sie völlig Recht. Da hat Bundesminister Einem wirklich keine Glanzleistung vollbracht. Man hat das einfach zur Kenntnis genommen. Mir wäre eigentlich auch lieber, wenn wir eine stärkere Differenzierung hätten.

Aber ich glaube, dass das nicht die letzte Diskussion um die Straßenverkehrsabgabe war, und ich bin felsenfest davon überzeugt, dass es da noch weitere Schritte geben muss. Viel wichtiger als die Frage, was jetzt konkret und unmittelbar einsetzend mit der Straßenverkehrsabgabe geschehen wird, ist die Frage, wie man wirklich effizient – das soll kein Lippenbekenntnis bleiben – den lästigen Schwerverkehr auf die Bahn verlagern kann. Meiner Meinung nach sind dafür zwei Voraussetzungen notwendig.

Meine Damen und Herren! Die erste Voraussetzung – und das soll nicht unerwähnt bleiben – ist ein entsprechend attraktives Angebot im Güterverkehr seitens der ÖBB, und zwar so, dass wirklich ein schneller Transport über große Distanzen auf die Schiene verlegt werden kann. Wichtig sind eine effiziente Logistik, ein rascher Güterumschlag und diese Dinge mehr. Notwendig ist dabei natürlich ein preislich attraktives Angebot der ÖBB, das am besten dadurch sichergestellt werden kann, dass man im Güterverkehr auf der Schiene rasch die Liberalisierung einführt.

Zweite Voraussetzung – da stimme ich mit den Grünen überein – ist die Änderung der Wegekostenrichtlinie. Das ist ein altes Anliegen der Freiheitlichen. Ich glaube, dass da auch noch nicht das letzte Wort gesprochen worden ist.


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Abschließend lassen Sie mich zum Thema Road-Pricing Stellung beziehen. Sie kennen die Position von uns Freiheitlichen. Wir haben das ganz gerne auch negativ formuliert und gesagt: Nein zum Road-Pricing! Nein zum Road-Pricing heißt natürlich immer: Nein, wenn nicht bestimmte Bedingungen erfüllt sind. Ich kann es auch positiv formulieren und sagen: Ja zum Road-Pricing, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt werden. Und das mache ich hiermit. Aber mir würden dafür nicht zwei Bedingungen genügen, wie sie der Kollege Stummvoll formuliert hat, sondern ich sehe da fünf grundlegende Problembereiche, fünf grundlegende Dinge als Bedingungen, die ernsthaft diskutiert werden müssen, um sie in die Entscheidung auch aktiv einzubinden.

Erstens: Ein Road-Pricing im Alleingang – das ist der erste Punkt –, ohne dass es zu einer gleich lautenden Regelung in Deutschland, bei unserem wichtigsten Handelspartner mit 45 Prozent Verkehrs- und Wirtschaftsverflechtung, kommt, ist für uns nicht vorstellbar.

Zweitens: Ein Road-Pricing, das, wie von der SPÖ gefordert, eine rasche Systementscheidung impliziert und bei dem man sich dann den Kopf darüber zerbrechen muss, wie man von der falschen Systementscheidung wegkommt, ist für uns auch nicht akzeptabel. (Zwischenrufe der Abgeordneten Eder und Parnigoni. )

Nein, aber es gibt moderne Systeme, meine Damen und Herren von der SPÖ, und man muss sich danach ausrichten, was hier modernster Stand der Technik ist, und darf nicht ein völlig veraltetes System wählen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Eder: Aber anfangen muss man einmal!)

Dritter Punkt: Ein Road-Pricing, im Zuge dessen es nicht gleichzeitig zu einer massiven Entlastung von bestehenden Abgaben kommt, ist für die FPÖ nicht vorstellbar. Es wird immer so getan, als würde der Verkehr nicht bezahlen. Der österreichische Straßenverkehr bringt jährlich 115 Milliarden Schilling als Beitragsleistung ein. Für die Straße werden, wie Sie wissen, 30 Milliarden Schilling zur Verfügung gestellt. Hier gibt es ein riesiges Loch, und daher darf es keine unüberlegten Hüftschüsse in diese Richtung geben. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Parnigoni: Diese Rechnung stimmt leider nicht!)

Vierter Punkt: Road-Pricing, das nur auf Autobahnen Gültigkeit besitzt, wird nicht machbar sein. (Abg. Parnigoni: Wieso?) Denn wie wollen Sie den Ausweichverkehr in den Griff bekommen? Ich weiß, dass die diesbezüglichen Regelungen der EU das nicht vorsehen. Aber das ist eben ein Punkt, der neu verhandelt werden muss.

Fünfter Punkt: Kein Road-Pricing für PKW! Das ist eine ganz zentrale ... (Abg. Eder: Das haben wir ja schon beschlossen! Haben Sie mitgestimmt!) Ja, das habt ihr beschlossen, meine Damen und Herren. Sicher habt ihr das beschlossen, aber da wird dauernd ein Hintertürl aufgemacht: Man baut ein unwirtschaftliches System, damit es dann wirtschaftlich wird, wenn man auch die PKW-Fahrer zur Kasse bittet. Wir kennen diese alte Masche. Machen Sie mir bitte nichts vor! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Eder: Das glauben Sie ja selber nicht!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich meine also, hier gilt es, Stolpersteine wegzuräumen. Wenn Sie das wollen, dann werden Sie uns in dieser Frage zum Partner haben. Wenn Sie das nicht wollen, dann machen Sie es bitte alleine! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

19.22

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Dr. Trinkl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

19.22

Abgeordneter Mag. Dr. Josef Trinkl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Frau Kollegin Lichtenberger hat hier beklagt, dass die Einnahmenquelle nicht voll ausgeschöpft wurde. Kollege Kukacka hat es ihr schon einmal gesagt, ich sage es ihr jetzt zum zweiten Mal: Was die Straßenbenützungsabgabe anlangt, wurde die Richtlinie voll ausgeschöpft. Ich gebe aber zu, dass die Straßenbenützungsgebühren nur einen


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Aspekt der gesamten LKW-Verkehrsproblematik darstellen. Die Wegekostenrichtlinie der EU sieht ja auch Höchstsätze für die Kfz-Steuer und für die Mautbemessung vor.

Nur: Wenn wir alle Aspekte berücksichtigen wollen, dann müssen wir auch über alle Aspekte reden, und hier möchte ich auch an den Kollegen Eder appellieren, es gibt ja diesbezügliche Berechnungen. Nach dem Entwurf der ASFINAG würde bei Einrechnung der Kfz-Steuer und bei Wegfall der Straßenbenützungsabgabe – das haben Sie selbst gesagt – für die ASFINAG sehr wenig übrig bleiben, weil Sie nämlich, wenn Sie dieses teure System, das die ASFINAG derzeit vorschlägt, einführen wollen, bis zu einer Milliarde Schilling an Betreiberkosten von den Mauteinnahmen abziehen müssen. Das ist die Problematik, die wir hier offen diskutieren. Und deshalb treten wir dafür ein, das Road-Pricing langsam und behutsam reifen zu lassen, im Gleichklang mit unserem wichtigsten Exportpartner Deutschland, zu dem wir die längste Grenze unseres Landes haben. (Abg. Eder: Das haben wir ja gesagt!)

Ja, aber Sie sagen, Sie wollen das halb offene System über die Mautstellenverordnung einführen, und das wäre unserer Ansicht nach nicht richtig und zum gegebenen Zeitpunkt ein Fehler. Ich werde Ihnen auch sagen, warum. (Abg. Eder: Heißt das, der Wirtschaftsminister vollzieht das Gesetz nicht?)  – Nein! – Weil nämlich mehr als 80 Prozent des gesamten LKW-Verkehrs innerösterreichischer Verkehr sind. Mehr als 80 Prozent aller Mauteinnahmen würden daher auf innerösterreichische LKWs entfallen. (Abg. Eder: Die fahren ja nicht alle auf der Autobahn! Die fahren ja auf der Bundesstraße!) Deshalb wäre bei einseitiger Einführung des Road-Pricing die Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Wirtschaft massiv gefährdet, und dagegen sind wir! (Beifall bei der ÖVP.)

Wir wollen, dass die Auswirkungen auf die österreichische Wirtschaft möglichst gering sind. Daher treten wir für eine zeitliche und technische Abstimmung mit unserem Nachbarn Deutschland ein, und daher treten wir dafür ein, auch die Technologie, die Entwicklung auf dem technischen Sektor genau zu beobachten und uns eventuell Betreiber- und Errichtungskosten, die uns in einigen Jahren auf den Kopf fallen würden, zu ersparen. (Abg. Eder: Dieses Argument können Sie ja jedes Jahr erzählen!)

Aber erlauben Sie mir als steirischem Abgeordneten, dass ich auch auf andere Ungleichheiten eingehe. Wir als Steirer und ich als ein Vertreter der Bundesländer würden es nicht akzeptieren, dass die Kilometermautsätze unterschiedlich sind, je nachdem, wo man sich bewegt. Es kann einfach nicht sein, dass eine LKW-Fahrt von Graz nach Deutschland ein Mehrfaches an Mautgebühren von dem kostet, was eine LKW-Fahrt von Wien nach Deutschland kostet. Hier bitte ich wirklich sehr behutsam vorzugehen. Diese Situation ist für uns inakzeptabel. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Lichtenberger: Am Brenner zahlen sie seit Jahren!)

Wir werden auch nicht akzeptieren, dass die Interessen der Bundesländer nicht berücksichtigt werden. Daher unterstreichen wir das Vorgehen des Wirtschaftsministers, der verlangt hat, dass mit den Bundesländern das Einvernehmen herzustellen ist. Na selbstverständlich ist das Einvernehmen mit ihnen herzustellen! (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Herr Kollege Kräuter, das gilt auch für die Festlegung der Mautstellen. Ich werde nie akzeptieren, dass man in Laßnitzthal eine Mautstelle errichtet, nur weil man dort den größtmöglichen Ertrag erzielen kann. Stellen Sie sich vor: Hinter Laßnitzthal liegt Chrysler-Puch – wir in der Steiermark sind stolz darauf, als Autoland Nummer eins in Österreich zu gelten –, und vor dieser Mautstelle liegen die gesamten Zulieferbetriebe. Da kommt es vor, dass ein und derselbe LKW 16 Mal pro Tag von der Erzeugerstelle in den Betrieb fährt. – Würden Sie das akzeptieren, wenn Sie in diesem Betrieb beschäftigt sind? Wir als Oststeirer werden es nicht akzeptieren, dass unser oststeirischer Wirtschaftsraum auf diese Art und Weise benachteiligt wird.

Ein anderes Beispiel: Die ASFINAG plant eine Mautstelle bei Wundschuh. Dieser Punkt liegt genau zwischen dem Eisenbahnterminal und der Stadt Graz. Ist das umweltpolitisch sinnvoll, Frau Kollegin Lichtenberger? Ist das sinnvoll, wenn ich damit verhindere, dass die Eisenbahn für die Transporte benutzt und wieder ein Umweg gemacht wird? Das ist sinnlos. Daher sollte man sich diese Mautstellenverordnung, vor allem was die genau Lage der Mautstellen angeht, noch einmal überlegen.


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Wir akzeptieren auch nicht – und das möchte ich auch in aller Deutlichkeit sagen –, dass die Diskussion über die Mautstellenverordnung als Vorwand genommen wird, um jetzt plötzlich Lückenschlussprogramme zu stoppen, um quasi die Bundesländer an die Kandare zu nehmen. Dass wir dem zustimmen, werden Sie von uns nicht erleben! (Abg. Eder: Da müsst ihr aber schon zahlen dafür! Überall dagegen sein und zustimmen auch nicht, das geht nicht! Irgendwer muss zahlen!) Wir werden das nicht akzeptieren.

Ich möchte aber so wie meine Vorredner von der ÖVP unterstreichen: Wir bekennen uns zu einer Entwicklung eines sinnvollen Road-Pricing-Systems, von dem wir auch noch in mehreren Jahren sagen können: Jawohl, wir haben im Einklang mit den europäischen Nachbarn das Richtige getan. (Beifall bei der ÖVP.)

19.29

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Schoettel-Delacher. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

19.29

Abgeordnete lic.oec. HSG Irina Schoettel-Delacher (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ich frage mich, wie lange man den österreichischen Kraftfahrern noch vorgaukelt, dass kein Geld für dringend notwendige Straßenprojekte mehr vorhanden ist. Das stimmt doch gar nicht! Wir alle wissen inzwischen, dass in Wahrheit der Straßenverkehrsbereich einen Überschuss von über 80 Milliarden Schilling ausweist. Auch die Scheinausgliederung der ASFINAG kann über diese Tatsache nicht hinwegtäuschen.

Die jetzt durch Ausgliederung ins finanzielle Trudeln geratene ASFINAG beabsichtigt nun, ihre finanziellen "Schlaglöcher" durch ein neues Mautsystem zu füllen und macht überfällige Straßenbauprojekte von der Einführung des LKW-Road-Pricing abhängig – eine Augenauswischerei und fadenscheinige Ausrede, wie ich meine. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Denn der Löwenanteil der verkehrsbedingten Einnahmen, die insgesamt immerhin über 110 Milliarden Schilling ausmachen, verschwindet in verkehrsunabhängigen Budgetlöchern.

Wenn nun auch noch das geplante LKW-Road-Pricing mit einem Gesamtinvestitionsvolumen von immerhin über 4 Milliarden Schilling nicht im europäischen Gleichklang beziehungsweise wenigstens im Gleichklang mit Deutschland und nicht auf neuestem technischen Stand eingeführt werden soll, werden wir in ein paar Jahren gezwungen sein, uns einem europäischen Gesamtsystem anzupassen und dafür wieder Investitionen für die Anpassung zu tätigen. (Abg. Eder: Das gibt es ja schon in Italien, Frankreich und Spanien!) Ja, die passen sich auch dauernd an, schon seit Jahren und immer wieder. Neuerlich werden Milliarden für eine Umrüstung investiert werden müssen. Und woher holen Sie sich dann die dazu notwendigen Einnahmen? (Beifall bei den Freiheitlichen.) Beim PKW-Road-Pricing vielleicht? Ist das der nächste Schritt?

Bitte vergessen Sie nicht, dass der Verkehr der Motor der Nation ist und nicht die Melkkuh!

Das vorgesehene Road-Pricing-System stellt eine weitere verkehrsbehindernde Maßnahme dar, die zu erneuten Wettbewerbsnachteilen für unsere heimische Wirtschaft führen wird – und nicht zuletzt zu einer Benachteiligung des Konsumenten. Und dies alles in der träumerischen Annahme, dass dadurch mit aller Gewalt – sinnvoll oder nicht, realistisch oder nicht – der Straßenverkehr auf die Schiene gezwungen werden kann.

Meine Damen und Herren! Ich kann beim besten Willen in dieser Vorgehensweise kein brauchbares Gesamtverkehrskonzept erkennen. Statt ein Partnermodell Straße und Schiene nach modernsten logistischen Erkenntnissen zu erarbeiten, werden diese beiden Verkehrsträger konsequent und mit fragwürdigen und teuren Werbekampagnen gegeneinander ausgespielt.

Unsere Meinung ist: Nur eine faire Partnerschaft und eine gerechte Behandlung von Straße und Schiene, einhergehend mit einer Kompetenzentflechtung und der Schaffung eines einheitlichen


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Infrastrukturministeriums, sind Garanten für ein sinnvolles, zukunftsträchtiges Gesamtverkehrskonzept. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

19.32

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Wattaul. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

19.33

Abgeordneter Anton Wattaul (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wer ist der Verursacher des Verkehrs? Wer verursacht den Verkehr? Nicht der Transportunternehmer, nicht der LKW, sondern die produzierende Wirtschaft ist es, die den Verkehr verursacht. Wir können nicht auf der einen Seite stolz sein und sagen: Klass, wir haben wieder 3 bis 5 Prozent Produktionssteigerung! und darauf vergessen, dass das alles auch transportiert werden muss. Und wenn Sie glauben, Sie können das alles auf die Schiene bringen, dann muss ich Ihnen sagen, das wird nicht möglich sein. 80 Prozent des Verkehrs in Österreich sind Ziel- und Quellverkehr, nur 20 Prozent sind Transit. Sie können doch nicht glauben, dass es funktioniert, wenn die Transporter am Abend vom Südbahnhof zum Westbahnhof in Wien fahren und dann die LKWs auf den Zug verladen müssen. Wie soll das funktionieren? Da haben Sie schon auf den Bahnhöfen ein Chaos, von der Zeit möchte ich gar nicht reden. Das ist nicht möglich. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es ist auch völlig falsch, irgendein Verkehrssystem zu favorisieren. Beides hat Platz. Meiner Meinung nach hat die Eisenbahn genauso ihre Berechtigung wie der LKW und der Schiffstransport auf der Donau. Man muss nur das Richtige auf dem richtigen Verkehrsinstrument transportieren. Zeitunabhängige Güter, Massengüter kann man ohne weiteres mit der Eisenbahn transportieren. Ein LKW fährt auf der Strecke Wien–Hamburg bei allen Einhaltungen der Vorschriften durchschnittlich 40 bis 50 km/h. Die Eisenbahn fährt durchschnittlich 5 bis 8 km/h. Das ist ja nicht vergleichbar, das ist ja nicht möglich. (Abg. Dr. Lichtenberger: Warum fährt dann der Müll von Deutschland nach Italien? – Abg. Haigermoser: Frau Kollegin! Bei uns gibt es ein bisschen ungeschriebene Gesetze! Wir sind ja nicht im Tiroler Landtag! – Ruf bei den Freiheitlichen: Das ist eine Jungfernrede! – Abg. Dr. Lichtenberger: Jungfrauen will ich nicht stören!)

Wenn Sie das Road-Pricing im Alleingang einführen – was erreichen Sie damit? Nur eine Verschlechterung des Standortes Österreich. Sie können nicht allein ein Road-Pricing einführen, also quasi eine Insellösung machen, denn damit erreichen Sie nur eines: Sie benachteiligen damit nur die österreichische Verkehrswirtschaft und auch die Gesamtwirtschaft. Wir haben schon gehört, was dann passieren wird, wenn Güter von Wien nach Vorarlberg oder vom Burgenland nach Vorarlberg transportiert werden. Es ist ja ganz klar, dass dann der Schweizer oder deutsche Transportunternehmer nach Vorarlberg weitaus billiger transportiert. Die Österreicher werden dann keine Chance mehr haben. Das geht nicht, das funktioniert nicht.

Jetzt komme ich auf die Debatte über die StraBA zu sprechen. Sie haben gesagt: 80 S. – Ja, pro Tonne Nutzlast 80 S! So viel hat die StraBA bis jetzt betragen. Pro Tonne Nutzlast 80 S! Und jetzt wird sie auf 110 S pro Tonne Nutzlast erhöht. Es ist nicht so, wie Sie sagen. Das müssen Sie sich einmal anschauen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die EURO-II-Motoren sind sicherlich das richtige Instrument, und ich weiß auch schon, dass ab Jänner alle namhaften Produzenten nur mehr EURO-III-Motoren herstellen werden. Sie haben uns hier erzählt, dass die LKWs diese Umweltkriterien in einigen Jahren gar nicht erfüllen werden. Das können Sie gar nicht sagen, denn der EURO-I-Motor ist erst vor zwei Jahren eingeführt worden. Das gibt es gar nicht, dass Sie jetzt schon wissen, dass die LKWs in drei Jahren diese Motoren nicht haben werden. Und dann gilt ja das nicht mehr, denn dann haben wir schon den EURO-II- und den EURO-III-Motor. Das haben Sie wohl vergessen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Insgesamt glaube ich, dass man in Österreich einmal dazu finden sollte, ein Gesamtkonzept zu machen, ein gemeinsames Konzept für Schiene und Straße, nicht gegeneinander, sondern mit


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einander, denn sonst werden wir hier nie zu einer Lösung kommen. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

19.37

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Dr. Moser. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

19.37

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Um 30 S wird heute hier debattiert, und diese 30 S sind in Ihren Augen ein großer Schritt, ein gutes Prinzip, ein Anpeilen der richtigen Richtung. Ich sage Ihnen: Das ist mehr oder weniger ein Treten am Stand. Wir hätten schon längst die Möglichkeit gehabt – mein Vorredner, Kollege Eder, hat ja darauf hingewiesen, es gibt diesbezügliche Parlamentsbeschlüsse aus dem Jahre 1996, aus dem Jahre 1998, aus dem Jahre 1999 –, hier wirklich einen ordentlichen Schritt zu tun, wirklich einmal in Richtung Kostenwahrheit auf der Straße zu gehen, wirklich einmal die Marktwirtschaft im Verkehrsbereich zu etablieren.

Das, was heute hier wirklich diskutiert werden müsste, ist die massive Subvention, die massive Förderung durch öffentliche Gelder, durch Budgetgelder, durch Gelder, die uns woanders im Budget Löcher reißen. Und diese Gelder fließen in den Straßenbau, fließen in die Reparatur der Straßen, die vor allem deshalb notwendig ist, weil 20-Tonner, 30-Tonner, 40-Tonner die Straßenbeläge bedeutsam mehr abnützen, als Sie jemals durch Mineralölsteuer oder sonstige Abgaben, Kfz-Steuer oder was immer hereinbringen.

Weil Sie hier sitzen, Herr Staatssekretär, möchte ich Ihnen eines sagen, Sie kommen ja aus dem Management, aus der Wirtschaft: Führen wir doch im Bereich des Straßenverkehrs endlich einmal Wirtschaftlichkeitskriterien ein! Rechnen wir die Kosten gegeneinander auf, dann kommen wir auf einen neuen Weg, und dann kommen wir auf den Weg, den die EU schon längst beschreiten will. Das Weißbuch "Effiziente Preise und Kostenwahrheit" ist ja schon zitiert worden. Das ist der Weg in die Zukunft – und nicht Ihre 30 Schritterl!

Und wenn ich hier die Debatte über das Road-Pricing, ich glaube, schon zum vierten oder fünften Mal verfolge, dann muss ich sagen, sie ist nur mehr in einer Hinsicht spannend, Herr Kollege Kukacka, Herr Kollege Trinkl, in einer sehr interessanten Hinsicht: Herr Kollege Kukacka wirft mehr oder weniger den Mantel der Versöhnung über die Diskrepanz, die zwischen Herrn Minister Farnleitner und den einzelnen Bundesländern herrscht, zum Beispiel auch dem ÖVP-regierten Salzburg oder auch Kärnten.

Hingegen sagt Kollege Trinkl eindeutig: Nein, Farnleitner darf die Mautstellenverordnung nicht unterschreiben, weil sie ein Ausbund an Ungerechtigkeiten ist. – Da gebe ich Herrn Kollegen Trinkl Recht: Diese Mautstellenverordnung ist schlecht. Diese Mautstellenverordnung ist auch ungerecht, und diese Mautstellenverordnung ist vor allem eines: Sie ist sündteuer. Sie wissen selber, dieses System kostet 4,5 Milliarden Schilling, 1 Milliarde Schilling betragen die jährlichen Betriebskosten. Und was kommt herein? – Vielleicht 2 Milliarden Schilling. Dieser Betrag kommt herein, weil der LKW erstens nicht zur Kostenwahrheit über dieses halb offene Mautsystem geführt wird und der PKW zweitens mehr oder weniger quasi daneben vorbeifährt.

Mir ist das schon klar. In mancher Hinsicht stimme ich durchaus Herrn Minister Farnleitner zu, stimme ich auch verschiedenen Personen aus der EU zu, die da sagen, es muss mehr oder weniger ein moderneres System kommen. Und ich sage, dieses System wird auch kommen, nur ist es zurzeit in der Schweiz angesiedelt. Es müsste doch möglich sein, auf EU-Ebene solche Regelungen dahin gehend zu treffen, dass jeder gefahrene Kilometer zählt, ganz egal, ob auf der Bundesstraße, ob auf der Autobahn oder einer anderen Transportstrecke; ich nenne jetzt als Beispiel Linz, etwa die Strecke zwischen Wegscheid und Oed. Das müsste doch auch zu berechnen sein.

Das müsste man in der EU auf diese Ebene bringen, das wäre sicherlich im Sinne einer Wirtschaftspolitik, die europäische Dimensionen hat und die vor allem ganz klar kalkuliert. Vor allem


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heute erwähne ich das, weil ja zu Beginn der Sitzung in der Aktuellen Stunde die Budgetpolitik groß zur Debatte stand und weil es am Nachmittag um 15 Uhr wieder um Budgetlöcher, um Budgetversäumnisse, um falsche Kalkulationen und Horrorszenarien ging. Und, bitte, vor dem Hintergrund einer solchen Budgetdiskussion feilscht man um 30 S, obwohl man weiß, dass, wenn man die Kostenwahrheit einführt, im Prinzip das Geld im wahrsten Sinne des Wortes auf der Straße liegt. (Beifall bei den Grünen.)

19.42

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter das Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 3 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Dieser ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist ebenfalls die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

6. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 17/A der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka, Herbert Scheibner, Georg Schwarzenberger, Dr. Alexander Van der Bellen und Genossen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundesverfassungsgesetz über die Begrenzung von Bezügen öffentlicher Funktionäre geändert wird, und

über den Antrag 1/A der Abgeordneten Herbert Scheibner und Genossen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundesverfassungsgesetz über die Begrenzung von Bezügen öffentlicher Funktionäre geändert wird (11 der Beilagen)

7. Punkt

Bericht und Antrag des Verfassungsausschusses betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die freiwillige Pensionskassenvorsorge für Personen, die dem Bundesbezügegesetz unterliegen (Pensionskassenvorsorgegesetz – PKVG), geändert wird (12 der Beilagen)

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir kommen jetzt zu den Punkten 6 und 7 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf die mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Kräuter. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. – Bitte.

19.43

Abgeordneter Dr. Günther Kräuter (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es handelt sich bei dieser Änderung des Bezügegesetzes um einen Vier-Parteien-Antrag, der einstimmig im Verfassungsausschuss beschlossen worden ist. Ich glaube daher, dass man zur Abwechslung einmal die Bezügefrage ganz ohne besondere Aufregung diskutieren könnte.


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Worum geht es inhaltlich? – Es geht um die jährliche Anpassung von Bezügen politischer Akteure – um eine bescheidene jährliche Anpassung –, und ich glaube, das Wohl oder Wehe der Republik Österreich wird jetzt nicht unbedingt davon abhängen.

Diese neue Regelung der Anpassung in § 3 ist ein gangbarer Weg, hat aber meiner Meinung nach doch einen erheblichen Schönheitsfehler. So richtig es einerseits war, Politikerbezüge aus dem Beamtenschema herauszulösen, so problematisch ist es andererseits, sie mit den Renten und Pensionen zu koppeln, was die Erhöhungen betrifft. Es ist nämlich so, dass Bezügeerhöhungen mit Pensionserhöhungen verbunden sind.

Was heißt das für das Image? Was heißt das für das Selbstverständnis politischer Funktionäre, junger Funktionäre? Ist es dem Image zuträglich? Oder, meine Damen und Herren, wird das nicht eher Kopfschütteln auslösen bei jungen Leuten, die neu in der Politik sind? – Denen geht es nicht um die Höhe der Entschädigung, auch nicht um die Höhe der Anpassung, sondern um Prinzipien. Und das Prinzip, wie diese Anpassung begründet ist, ist problematisch. Maximal als Pensionist eingestuft zu werden, wird als Prinzip schwer erklärbar sein. So sehr sich auch die ältere Generation in der Gesellschaft engagiert und in Vereinen und Institutionen unverzichtbar ist – ich möchte da niemandem nahe treten und niemanden beleidigen –, aber die Leistung, die wir von einem 25-jährigen oder 30-jährigen Politiker oder einer Politikerin erwarten, ist doch eine ganz andere in der Gesellschaft.

Frau Kollegin Petrovic hat im Verfassungsausschuss argumentiert, dass es auch problematisch sei, Bezüge an Inflationsraten zu knüpfen. Das ist grundsätzlich richtig, denn es ist logisch, dass bei einer hohen Inflationsrate Politiker die Lage sozusagen unbeschadet überstehen würden, aber der Rest der Bevölkerung schauen müsste, wo er bleibt.

Das ist theoretisch richtig, zugleich aber auch wieder durch die Forderung der Kollegin Petrovic entkräftet, jährlich über Politikerbezüge zu diskutieren und diese neu festzulegen. Davon halte ich grundsätzlich nicht viel, denn ich meine, es ist nicht besonders intelligent, jedes Jahr über Politikerbezüge zu debattieren, weil man ja somit tatsächlich den Eindruck erweckt, es gehe den Politikern erstrangig um die eigene Gage. Aber ich glaube, wir können uns sicher auf die Formel einigen, Frau Kollegin Petrovic, dass man, falls eine ungewünschte und unzumutbare Situation eintritt, reagieren muss, so wie wir heute auf eine unerwünschte und unzumutbare Situation reagieren, nachdem uns der Rechnungshofpräsident eine Erhöhung von 3,3 Prozent ausgerechnet hat.

Ich hoffe, dass sich die FPÖ heute in der Debatte nicht dazu aufschwingt und versucht, hier einen Triumph zu feiern oder zu moralisieren, wie es Kollege Haupt so gerne macht. Angesichts dieser Rednerliste besteht allerdings schon eine gewisse Gefahr. Was hat denn die FPÖ eigentlich in der Zeit, in der sich die anderen vier Parteien um die Lösung der Politikerbezüge bemüht haben, getan? Was war da mit dem Klub der FPÖ? (Zwischenruf des Abg. Scheibner. )

Schauen wir uns einmal den Klubobmann und den Klubkassier der letzten beiden Jahre an! Klubobmann Stadler hat beispielsweise hier an diesem Pult über Politikerpensionen polemisiert und von – Sie haben das alle noch im Ohr – rot-schwarzen Abkassierern gesprochen, die sich die Taschen füllen – um nur etwas relativ Harmloses herauszugreifen. Er hat aber selbst sofort gierig zugegriffen und die Möglichkeit des Verzichts auf eine Politikerpension an sich vorbeiziehen lassen. Dr. Haider hat das übrigens nie kritisiert. Das ist, so glaube ich, auch ein interessanter Umstand.

Aber schauen wir vom Klubobmann zum Klubkassier, neben dem Obmann ist ja der Kassier in einem Verein, in einem Klub auch wichtig. Meine Damen und Herren! 20 Prozesstage werden wohl nicht ausreichen (Abg. Ing. Westenthaler: Wie ist das mit dem Bürgermeister Hufnagl?), um hinter das Woher und Wohin der Bezüge zu kommen und hinter das, was eben alles beim Klubkassier Rosenstingl "dranhängt". Meine Damen und Herren von der FPÖ, halten Sie sich also bitte zurück! Sie trinken Wein in vollen Zügen und predigen Wasser. Eine gewisse Selbstkritik wäre heute angebracht, wenn man sich den Pensionisten Stadler und den Kassier Rosen


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stingl anschaut. (Abg. Ing. Westenthaler: Sie haben einen Bürgermeister in Windischgarsten, der verurteilt ist!)

Ich komme noch auf Ihren Ehrenobmann, Kollege Westenthaler, zu sprechen, auf Ihren Ehrenobmann Alexander Götz. Der hat nämlich eine sehr, sehr hohe Politikerpension; aber damit nicht genug, hat er die Steuerzahler der Republik Österreich geklagt, um seine Politikerpension ein bisschen aufzufetten, nämlich um eine Zulage, die er sich seinerzeit selbst in seiner politischen Funktion in Graz zugeschanzt hat.

So schaut das aus, meine Damen und Herren von der FPÖ. (Abg. Fischl: Wie ist das mit Stingl und Blecha?) Ich bitte Sie wirklich inständig: Geben Sie sich heute nicht der Lächerlichkeit preis, indem Sie sich hier als Moralapostel aufspielen! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

19.49

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Schwarzenberger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. – Bitte.

19.49

196Abgeordneter Georg Schwarzenberger (ÖVP): Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Wir haben am 15. Mai 1997 die Bezügereform hier im Hohen Hause beschlossen. Das Ziel damals war, eine Bezügepyramide vom Bundespräsidenten beginnend bis hinab zu den Gemeinderäten zu finden. Da immer wieder der Vorwurf kam, dass die Politiker selbst ihre Bezügeerhöhungen beschließen, suchte man nach einem Modell, wie man in Relation zum durchschnittlichen Einkommen der Bevölkerung die Politikerbezüge regeln könnte. Damals hat man ein Modell auf Vorschlag von Experten gefunden, bei dem sozusagen das durchschnittliche Einkommen des vorvergangenen Jahres als Grundlage herangezogen wird. Dabei wurde allerdings übersehen, dass, wenn die Inflationsrate rückläufig ist, natürlich dann die Einkommenserhöhung von einer höheren Inflationsrate ausgeht, aber erst drei Jahre später zum Zug kommt, sodass der Rechnungshofpräsident für das Jahr 2000 eine Bezügeerhöhung auf Grund dieser Automatik von 3,3 Prozent errechnet hat.

Da wir – und wir haben am heutigen Tag sehr viel über Sparen gesprochen – uns angesichts des Umstandes, dass rund 2 Millionen Pensionisten eine Pensionserhöhung um mehr als 0,6 Prozent beziehungsweise jene mit Kleinstpensionen etwas mehr erhalten, eine Erhöhung in diesem Ausmaß nicht leisten können, haben wir sozusagen diesem Empfinden zu folgen und den § 3 des Bezügegesetzes dahin gehend geändert, dass in Zukunft die Inflationsrate des Vorjahres beziehungsweise die Höhe der Pensionsanpassung Basis ist, jedoch der jeweils niedrigere Wert.

Es ist nämlich Klage geführt worden, es könnte passieren, dass eine hohe Inflationsrate – diese ist allerdings derzeit für die nächsten Jahre nicht in Sicht – dazu führen könnte, dass die Pensionsanpassung dann niedriger als die Inflationsrate wäre. Aus diesem Grund haben wir in einem Vier-Parteien-Antrag den jeweils niedrigeren Wert vereinbart: Ist die Pensionserhöhung geringer als die Inflationsrate, so wird die Erhöhung der Politikerbezüge ebenfalls geringer als die Inflationsrate sein, nämlich im Ausmaß der Pensionserhöhung.

Wir haben im § 6 eine weitere Klarstellung getroffen, und zwar bezüglich der Versorgungsbezüge: Bei überlebenden Ehegatten werden 60 Prozent herangezogen, bei Vollwaisen 36 Prozent und bei Halbwaisen 24 Prozent. Ich glaube, diese Regelung zeigt, dass auch wir im Interesse eines sparsamen Budgets, eines sparsamen Haushaltes bereit sind, Opfer zu bringen, obwohl wir an und für sich ansonsten nicht unbedingt mit Pensionisten vergleichbar sind: Wir leisten schon aktive Arbeit. Aber ich glaube, dass wir da einen Weg gefunden haben, zu dem wir in den nächsten Jahren stehen können.

Ich muss Herrn Abgeordneten Kräuter etwas verbessern: Im Ausschuss war das Ergebnis nicht ganz einstimmig, weil Frau Abgeordnete Petrovic dem nicht zugestimmt hat. Sie wollte eine jährliche Diskussion und eine jährliche freie Entscheidung des Parlaments über die Höhe der Politikerbezüge. – Da wären wir wieder dort gewesen, wo wir eigentlich vor der Bezügepyramide


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waren, als wir den Vorwurf von der Bevölkerung bekamen, dass die Politiker als einzige Berufsgruppe sich ihre Bezügeerhöhung selbst beschließen würden.

Ich meine, wir können diesem Bezügegesetz von Seiten der Volkspartei zustimmen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. DDr. Niederwieser: Wir auch!)

19.53

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Scheibner. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte.

19.54

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich war schon etwas überrascht über den Debattenbeitrag des Herrn Abgeordneten Kräuter, und zwar in mehrfacher Hinsicht, denn wir haben uns ja im Prinzip in sehr guten Verhandlungen auf eine Regelung geeinigt. Es kann schon sein, dass es manchen zu wenig ist, wie diese Erhöhung jetzt ausfällt oder in Zukunft ausfallen wird, aber sie ist ein tragfähiger Kompromiss, der erklärbar ist und sicherlich auch dazu führen wird, dass wir nicht jedes Jahr solch eine Debatte führen müssen.

Ich möchte aber, Herr Kollege Kräuter, gerade bei solch einem Anlass nicht in die tiefe Schublade der politischen Rhetorik greifen, wie Sie es hier getan haben. Wo kommen wir denn da hin? Was für einen Unsinn Sie hier vorgebracht haben, Kollege Kräuter! – Sie haben Kollegen Stadler angesprochen. Ich sage Ihnen, Kollege Stadler hat sich zu Recht, wie auch unsere Fraktion, genau gegen eine derart unsinnige Regelung ausgesprochen und auch dagegen gestimmt, Kollege Kräuter. Und es wäre gescheiter gewesen, Sie hätten dasselbe getan, weil wir dann heute nicht diese Reparaturen durchführen müssten. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wenn Sie sich schon Sorgen um den Kollegen Stadler machen, dann kann ich Sie beruhigen, denn mit seinem Wechsel in die niederösterreichische Landesregierung hat er seinen Pensionsanspruch, den er hier erst in einem Jahr erworben hätte, weil er keine zehn Jahre im Haus gewesen ist, verloren, Kollege Kräuter. Und da frage ich Sie in diesem Zusammenhang – Sie haben gesagt, er hat gierig zugegriffen, gierig zugegriffen! –: Herr Kollege Kräuter! Wie viele von Ihrer Fraktion haben denn, um mit Ihren Worten zu sprechen, gierig zugegriffen, als es darum gegangen ist, vom Wahlrecht Gebrauch zu machen und sich gegen die Politikerpension auszusprechen? (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wie viele von Ihrer Fraktion haben gierig zugegriffen? – Stellen Sie sich nicht hier her und reden salbungsvoll Unsinn! Kümmern Sie sich um Ihre eigene Fraktion! (Zwischenruf des Abg. Parnigoni. ) Kommen Sie nicht mit Rosenstingl! Sie wissen ganz genau, dass unser Parlamentsklub, so wie auch Ihrer, vom Rechnungshof geprüft worden ist und nicht nur keine Missstände aufgezeigt worden sind – ich sage Ihnen hier eines, das ist wahrscheinlich einzigartig bei einer Rechnungshofkontrolle –, sondern sogar der Ratschlag gekommen ist, in manchen Bereichen nicht ganz so restriktiv einzusparen.

Herr Kollege Kräuter! Sie hätten in Ihren eigenen Reihen, wenn es darum geht, Missstände zu beseitigen, genug zu tun – von Kärnten über Oberösterreich bis Wien. Da haben Sie genug zu kehren. Treten Sie also nicht hier ans Rednerpult, sondern waschen Sie Ihre Schmutzwäsche in Ihren eigenen Reihen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie gehen dann hier herunter und sagen – da offenbart sich ja Ihre Gesinnung, Herr Kollege Kräuter; ich war ja fassungslos, ich habe geglaubt, ich höre nicht recht –: Na ja, es ist schon problematisch, dass man die Erhöhungen der Politikerbezüge jetzt an die Pensionsanpassung koppelt. – Was ist da problematisch? – Sie haben gesagt, das sei dem Image nicht zuträglich, man könne das einem jungen Abgeordneten nicht erklären, dass er sich bei der Gehaltserhöhung jetzt wie ein Pensionist behandeln lassen muss. – Ja sagen Sie einmal: Wo leben Sie denn überhaupt? (Abg. Fischl: In der Obersteiermark!) Schämen Sie sich etwa dafür, dass wir dafür sorgen müssen, dass die Politiker nicht mehr Gehaltserhöhung bekommen als jene Generation, die dieses Land aufgebaut hat (Beifall bei den Freiheitlichen), die 40, 50 Jahre dafür gearbeitet hat, dass Sie und ich hier in Frieden und Wohlstand leben können? Dafür schämen


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Sie sich, dass es jetzt durch diese Regelung eine Ankoppelung gibt, dass wir hier klar ein Signal setzen, die Inflationsrate als Deckel zu sehen, uns aber zumindest auch dafür aussprechen, dass wir nicht mehr Erhöhung bekommen als die Pensionisten? Dafür schämen Sie sich? Das empfinden Sie als schlechtes Signal, dem Image nicht zuträglich? – Ich sage Ihnen ganz ehrlich: Sie haben nichts gelernt! Sie haben nichts gelernt bei all den Debatten der letzten Zeit! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es waren Ihre Kollegen, die im Ausschuss gesagt haben, die Freiheitlichen seien dafür verantwortlich, dass das Image der Politiker so schlecht ist, weil wir immer die Privilegien der Politiker aufgezeigt haben, und man sich deshalb jetzt mit solchen Anträgen herumstreiten muss. – Nicht das Aufzeigen von solchen Problemen durch die Freiheitlichen war und ist es, das dem Image der Politiker nicht zuträglich ist, sondern es war die Situation, Herr Kollege Kräuter, dass man Doppel- und Dreifachbezüge hatte, dass es keine Ruhensbestimmungen gab, dass man sich als Politiker aus allen Systemen die Zuckerln herausgeholt hat: die Pensionsregelung und die Gehaltsanpassung von den Beamten, die Abfertigung aber vom ASVG, Herr Kollege Kräuter. Und es sind solche Einstellungen, wie Sie sie jetzt hier von diesem Rednerpult aus an den Tag gelegt haben, die dem Image der Politik und der Politiker abträglich sind. Das sollten Sie sich gerade als jüngerer Abgeordneter einmal hinter die Ohren und in Ihr Stammbuch schreiben! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Vielleicht können Sie es ja Ihren Mitgliedern und Wählern erklären – vielleicht wollen Sie noch mehr an Stimmen verlieren; wir können es niemandem erklären –, dass wir gerade in einer Zeit, in der man darüber diskutiert hat, den Pensionisten 40 S oder 60 S mehr an Pension zu geben, darüber diskutieren, ob wir 3 300 S im Monat mehr bekommen sollen. (Präsident Dr. Khol übernimmt wieder den Vorsitz.)

Herr Kollege Kräuter! Wenn wir schon über Privilegien reden: Erklären Sie uns einmal, was denn Ihr Bundeskanzler Klima mit der 1 Million Schilling gemacht hat, die er pro Jahr mehr durch die von Ihnen beschlossene Bezügeregelung bekommen hat! (Ruf bei den Freiheitlichen: Wem hat er das gespendet?) Es hat geheißen, er spendet sie irgendwelchen Organisationen. Bis jetzt haben wir nichts gehört. Wenn Sie also hier heruntergehen, großartige Reden schwingen und auf die Freiheitlichen schimpfen, dann erklären Sie uns einmal diese Geschichte: Wo ist die Million des Herrn Bundeskanzlers Klima?! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Ruf bei den Freiheitlichen: ... burgenländischer Bauernhof! – Abg. Ing. Westenthaler: Eingesteckt!)

Wir glauben, meine Damen und Herren, dass man eine Debatte so nicht führen kann. Bei der Frage der Bezügeregelung für Politiker soll man nicht in ein gegenseitiges Hickhack und in Armutsdebatten verfallen (Abg. Mag. Trattner: Kräuter ist ein "guter" Wahlhelfer!), vielmehr soll und kann man der Bevölkerung klarmachen, dass wir ein erklärbares und auch durchschaubares System bei der Politikerentlohnung umsetzen wollen.

Die heutige Regelung – und ich nenne das wirklich als positives Beispiel – geht in diese Richtung. Sie sollten also nicht in alte Plattitüden verfallen, sondern endlich einmal zur Kenntnis nehmen, dass wir einen positiven Beitrag dazu geleistet haben, dass das Image der Politiker in Zukunft hoffentlich besser werden wird. Dazu sollten auch Sie endlich einen Beitrag leisten. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

20.01

Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gelangt nunmehr Herr Abgeordneter Van der Bellen. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte. (Abg. Ing. Westenthaler: Können wir uns den Kräuter für den Wahlkampf ausborgen?)

20.01

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte nicht mehr auf die Vorgeschichte eingehen. Das alles ist schon aus dem Protokoll der Sitzung vom 18. November bekannt. Am 18. November war die erste Lesung, und damals schon wurde abgehandelt, warum die alte Regelung reformbedürftig und in dieser Form nicht aufrechtzuerhalten war.


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Ich denke, dass man aus ganz pragmatischen Gründen der vorliegenden Regelung zustimmen kann, und zwar deshalb, weil die Budgetlage des Bundes, höflich gesagt, so schlecht sein wird – und das nicht nur im Jahre 2000, sondern auch in den Jahren danach –, dass es ohnedies nicht vertretbar ist, etwas anderes zu machen als das, was in diesem Papier steht.

Eine kleine Anmerkung in legistischer Hinsicht habe ich jedoch noch anzubringen – ich weiß nicht, warum das im Ausschuss nicht geändert worden ist –: Ich hoffe, dass sich der Präsident des Rechnungshofes vernünftig verhält; eigentlich habe ich keinen Zweifel daran, dass er sich vernünftig verhalten wird. Dem Präsidenten des Rechnungshofes werden nämlich zwei Zahlen mitgeteilt, und zwar eine vom Statistischen Zentralamt und eine von der Bundesministerin für Arbeit und Soziales. Diese zwei Zahlen hat der Präsident des Rechnungshofes zu vergleichen. Ich glaube nicht, dass er dafür länger als fünf Minuten braucht. Zeit dazu hat er allerdings zwei Monate! Für den Fall, dass der Präsident des Rechnungshofes nun diese Frist zur Ermittlung des Anpassungsfaktors, nämlich bis 31. Mai jeden Jahres, ausnützen sollte – was heißt ermitteln?, zwei Zahlen muss er vergleichen und dann auch noch im Amtsblatt kundmachen! –, dann kommen die "armen" auszahlenden Stellen ganz schön unter Druck, das zum 1. Juli desselben Jahres umzusetzen, denn all das, also die Änderung dieser Bezüge, braucht ja auch einen Vorlauf.

Ich vertraue hierbei also auf den Präsidenten des Rechnungshofes, dass er das binnen einer Woche erledigt, diese Frist nicht ausnützt und dafür sorgt, dass die "armen" Beamten, die das zu vollziehen haben, tatsächlich auch die notwendige Zeit haben, das zu tun.

Im Übrigen: Das Gesetz hat ein Ablaufdatum! Wir werden uns nicht auf Dauer und ewig von der allgemeinen Einkommensentwicklung abkoppeln können. Das habe ich schon in der Debatte am 18. November gesagt. Ich deponiere es hier noch einmal. Für die kommende Legislaturperiode, wenn sie denn vier Jahre dauern sollte, ist das aber eine pragmatische, gute Lösung. (Beifall bei den Grünen.)

20.03

Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gelangt nunmehr Herr Abgeordneter Dr. Michael Krüger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

20.04

Abgeordneter Dr. Michael Krüger (Freiheitliche): Herr Präsident! Hohes Haus! Die Wunde muss schon sehr tief sitzen bei Ihnen, meine sehr geehrten Damen und Herren von der österreichischen Sozialdemokratie, wenn Sie einerseits mit versteinerter Miene hier sitzen, innerlich gegen dieses Gesetz sind, aber Ihnen gleichzeitig auf Grund der Ihnen selbst zuzuschreibenden politischen Opportunität nichts anderes übrig bleibt, als dem zuzustimmen. Das ist das eigentlich Widersprüchliche an Ihrem Verhalten bei der Bezügeregelung.

Erlauben Sie mir eine Rückschau auf die Debatte in der Sitzung vom 15. Mai 1997, als dieses Bezügebegrenzungsgesetz hier im Hohen Hause beschlossen wurde. Da wurden noch wahre Loblieder angestimmt! So hat etwa Ihr Klubobmann Kostelka damals gesagt – ich zitiere –:

"Wir sind von verschiedensten Positionen ausgegangen, aber wir sind zu einem gemeinsamen Ergebnis gekommen, hinter dem wir mit Stolz – auch gegenüber den Österreichern – stehen können." – Zitatende.

Mit Stolz also können jene vier Parteien, die das damals beschlossen haben, laut Kostelka vor die Österreicher treten!

Oder ein anderes Beispiel: Es hat Herr Abgeordneter Schwemlein damals gesagt – ich zitiere –:

"Wir hatten den Auftrag, eine Bezügeregelung zu schaffen, die den Kriterien der Transparenz, des Nachvollziehbarseins, des Einfach- und Gerechtseins gerecht wird." – Zitatende.


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Da wurde also von Gerechtigkeit gesprochen, da klopfte man sich auf sozialdemokratischer Seite auf die Brust und sagte, man habe in der Frage der Politikerbezüge ein Stück Gerechtigkeit durchgesetzt.

Zwei Jahre sind seither ins Land gezogen. Und wie schaut es jetzt aus? – Es gibt einen Bericht des Verfassungsausschusses, in dem steht, dass es unter Bedachtnahme auf die geringe Anhebung der Pensionen – ich zitiere wörtlich – "nicht vertretbar ist, die vom Präsidenten des Rechnungshofes ermittelte Anhebung der Bezüge umzusetzen." – Zitatende.

Die APA meldet aus dem Verfassungsausschuss, dass alle Politiker im Hohen Haus es angesichts der Tatsache, dass die Pensionen nur um 0,6 Prozent angehoben werden, für völlig unangemessen erachtet haben, sich selbst eine Gehaltsgenehmigung nach dem alten Gesetz im Ausmaß von 3,3 Prozent zu genehmigen.

Das verstehe ich nun wirklich nicht: Ursprünglich hat man gesagt, man sei stolz darauf. Im Ausschuss hat man gesagt, es sei völlig unangemessen. Und jetzt – laut den Wortmeldungen, die man bisher gehört hat, insbesondere jener des Kollegen Kräuter – kritisiert man ganz offen diese Regelung!

Herr Kollege Kräuter! Ich wünsche mir da schon jene Transparenz und Gerechtigkeit, die Sie sonst immer einfordern! Wo ist denn Ihr politisches Standvermögen, wenn Sie in Wirklichkeit gegen diese Regelung sind, die lediglich eine Erhöhung im Ausmaß der Pensionserhöhung vorsieht? Ja bitte treten Sie doch hier an dieses Rednerpult beziehungsweise bringen Sie in Ihrem Abstimmungsverhalten klar und deutlich zum Ausdruck, dass Sie dagegen sind! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Das wäre Ehrlichkeit! Sie müssen das vor den Bürgern beziehungsweise vor Ihren Wählern verantworten. Aber von diesem Rednerpult aus das Gesetz schlecht zu machen, gleichzeitig jedoch dafür zu stimmen, und zwar nur aus politischer Opportunität, ist – seien Sie mir nicht böse! – ein Akt der politischen Feigheit und sonst nichts! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie haben sich natürlich durch dieses Gesetz selber gefangen, und zwar dadurch, dass Sie das Bezügebegrenzungsgesetz in den Verfassungsrang erhoben haben, die Zweidrittelmehrheit von Rot und Schwarz aber durch die Wahlen im Oktober verloren gegangen sind, und Sie nun aus dieser Selbstfesselung ohne Hilfe der Oppositionsparteien nicht mehr herausgekommen wären.

Seien Sie doch ehrlich: Sie müssten uns doch dankbar dafür sein, dass wir einen gemeinsamen Weg mittragen, der auch vernünftig ist und besagt, dass 100 000 S im Grunde noch in Ordnung, angemessen sind. Wir wollen nicht weniger, wir wollen aber auch nicht mehr. – Und nichts anderes sagt es aus, wenn die Wertsicherung ein Parameter ist. Das ist etwas durchaus Vernünftiges, denn dadurch bekommen wir Abgeordnete diese 100 000 S wertgesichert – es sei denn, dass die Pensionen einmal sogar unter der Wertsicherung angehoben würden! Es ist dies also eine sehr gerechte Lösung.

Aber hier darüber zu klagen, wehleidig zu sein, ein Glaskinn zu zeigen und zu sagen, man sei in Wirklichkeit gar nicht dafür, man stehe nur aus politischen Gründen auf und stimme mit, ist ganz einfach unehrlich! Das ist nicht vertretbar, Herr Kollege Kräuter! Daran sieht man, dass Ihnen jegliche Bodenhaftung, jegliche Verbindung zur Basis abhanden gekommen ist. Wir beschließen ja heute auch, dass die Beamtenpensionen bis zu 7 000 S monatlich um 1,5 Prozent angehoben werden. Wissen Sie, wie viel das bedeutet? Das sind 140 S! Das beschließen Sie hier! Auf der anderen Seite aber reagieren Sie wehleidig, weil Sie nicht 3,3 Prozent, sondern nur 0,6 Prozent an Gehaltserhöhung bekommen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

20.09

Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gelangt nunmehr Herr Abgeordneter Mag. Haupt. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

20.09

Abgeordneter Mag. Herbert Haupt (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wer die heutige Debatte hier verfolgt hat, konnte feststellen, dass der


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4. Sitzung / Seite 162

Debattenbeitrag des Herrn Abgeordneten Kräuter nahtlos dort fortgesetzt hat, wo Herr Kollege Posch und andere Abgeordnete im der betreffenden Sitzung des Verfassungsausschusses begonnen haben.

Das, was in der besagten Ausschusssitzung als "Verhaiderung Österreichs" bezeichnet worden und mit anderen Schlagworten vertreten worden war, haben Sie, Herr Kollege Kräuter – dankenswerterweise nunmehr zwar nicht in der gleichen Terminologie, aber im selben Geist und mit dem gleichen Inhalt – weiter ausgeführt.

Ich frage mich: Wohin ist die Sozialdemokratie gekommen? – Angesichts der heutigen Debatten um die vorliegenden Gesetze, die auf der Tagesordnung stehen, und um die Bemühungen um Valorisierungen für verschiedenste Bevölkerungsgruppen ist es für mich nicht nachvollziehbar, dass jemand, der grob gesprochen 100 000 S verdient und eine Valorisierung von 0,6 Prozent statt einer solchen von 3,3 Prozent, wie vom Rechnungshof vorgeschlagen, erhält, sich hier und heute mit einer derartigen Rede zu Wort meldet wie Sie, Herr Kollege Kräuter.

Sie haben offensichtlich vergessen, dass Sie hier und heute mit dem Anpassungsfaktor von 0,6 Prozent eine Erhöhung des Karenzgeldes für Frauen um "satte" 34 S gleich mit in Gang gesetzt haben. Sie haben vergessen, dass Sie heute 135 S für Leute, die ihr Leben lang gearbeitet haben und die seinerzeit zumindest an der Grenze oder in der Nähe der Höchstbemessungsgrundlage eingezahlt haben – bis 22 500 S –, beschlossen haben. Sie haben heute auch für die Beamten Erhöhungen beschlossen, die ebenfalls deutlich unter dem liegen, was wir Politiker bekommen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn wir es ernst nehmen, dass die Politik für die Rahmenbedingungen in einem Staate zuständig ist, so haben wir meiner Ansicht nach überhaupt kein Recht, angesichts dieser Rahmenbedingungen, für die wir verantwortlich sind, nämlich für jene des Budgets dieser Republik, das bereits ins Uferlose geht, das, wenn man die Reden des Finanzministers, aber auch jene der anderen aus diesem Bereich der Regierungsparteien anschaut, nahezu unfinanzierbar geworden ist, sodass der drittreichste Staat Europas, der siebtreichste Stadt dieser Welt keine den sozialen Verhältnissen angepasste Erhöhung für breite Bevölkerungsschichten durchsetzen kann, mit der Erhöhung für uns selbst, also für jene Kaste, die diese Rahmenbedingungen verabschiedet hat, nicht zufrieden zu sein, weil wir beim Gehalt in entsprechender Form zurücksteigen, jedoch immer noch deutlich besser – zumindest in den Realerhöhungen, nicht in den Prozenterhöhungen – abschneiden als viele jener Bevölkerungsgruppen, für die heute ebenfalls entsprechende Anpassungen beschlossen worden sind.

Sehr geehrter Herr Abgeordneter Kräuter! Viele Sozialdemokraten, die die Zweite Republik mitaufgebaut und der Sozialdemokratischen Partei auch über den 3. Oktober 1999 hinaus die Stange gehalten haben, werden, so glaube ich, wenn Sie Ihre Rede nachlesen, zu dem Schluss kommen, dass sich die Sozialdemokratie und ihre Funktionäre – zumindest in Ihrer Person, Herr Abgeordneter Kräuter – deutlich und klar von den Zielsetzungen ihrer Gründerväter verabschiedet haben. Dies ist in dieser Republik selten so transparent geworden wie durch die heutige Debatte. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn wir Politiker unsere Verantwortung für die Rahmenbedingungen in diesem Staat ernst nehmen wollen, so haben wir auch zur Kenntnis zu nehmen, dass wir, sollten wir Rahmenbedingungen für die Wirtschaft und für die Menschen schaffen, die für einen Staat mit einem Bruttoinlandsprodukt, wie wir es erwirtschaften, nicht geeignet sind, in unserem ureigensten Bereich zurückstecken müssen, um noch als positiv betrachtet zu werden. Alles andere ist für die Menschen außerhalb dieses Hohen Hauses weder nachvollziehbar, noch wird es von ihnen vertreten. Und jeden, der glaubt, sich über die Wünsche und Vorstellungen der Menschen in unserem Staate ungestraft hinwegsetzen zu können, wird an der Urne der Zorn des Wählers, meiner Ansicht nach mit Berechtigung, einholen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

20.14

Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.


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4. Sitzung / Seite 163

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen damit zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Zunächst kommen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 11 der Beilagen.

Da es sich beim vorliegenden Gesetzentwurf um ein Bundesverfassungsgesetz handelt, stelle ich zunächst im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 1 der Geschäftsordnung die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten fest.

Ich bitte nunmehr jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf zustimmen, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen. Ausdrücklich stelle ich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Ausdrücklich stelle ich wiederum die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Nunmehr gelangen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 12 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist wiederum mehrheitlich auch in dritter Lesung angenommen.

Damit ist dieser Tagesordnungspunkt erledigt.

8. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka und Genossen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird, und Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975) geändert wird (18/A)

Präsident Dr. Andreas Khol: Nun gelangen wir zum 8. Punkt der Tagesordnung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Das Wort erhält zunächst der Antragsteller, Herr Abgeordneter Dr. Peter Kostelka. – Bitte.

20.17

Abgeordneter Dr. Peter Kostelka (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Die Minderheitsrechte sind in diesem Parlament entgegen den Darstellungen mancher oppositioneller Redner gar nicht so schlecht, im internationalen Vergleich, würde ich meinen, sogar sehr gut geregelt.

Es gibt kein anderes Parlament, in dem eine Fraktion mit nur fünf Abgeordneten sogar das Recht hat, Sondersitzungen zu beantragen. In Bezug auf Prüfungsaufträge an den Rechnungshof sind wir auch im internationalen Vergleich außerordentlich liberal, und es gibt kaum ein Parlament, in dem eine Fraktion mit nur 3 Prozent der Stimmen und Mandate eingerichtet wer


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den könnte. Das ist deswegen signifikant, weil damit praktisch jeder Gruppe von Abgeordneten, die genügend Stimmen hat, um in dieses Hohe Haus zu kommen, also das Mindesterfordernis von 4 Prozent nach der Wahlordnung erreicht, gleichzeitig auch der Fraktionsstatus zuerkannt wird.

Ein Diskussionsthema zwischen der Mehrheit und der Minderheit dieses Hauses war in den letzten Jahren stets das Recht auf Einsetzung von Untersuchungsausschüssen. Diesbezüglich gibt es in Europa zwei unterschiedliche Ansichten: die einen betrachten das als Ausdruck des Mehrheitsrechtes, in etwa gleich viele haben es als Minderheitsrecht eingerichtet. Wir Sozialdemokraten haben am Beginn dieser Legislaturperiode als Zeichen eines Neubeginns, auch eines neuen Verhältnisses zwischen Regierung und Parlament, für uns in Anspruch genommen, den Schritt vom Mehrheits- zum Minderheitsrecht zu machen. Ich halte das in diesem Zusammenhang für einen mutigen Schritt in die richtige Richtung – zu mehr Demokratie und zu mehr Kontrolle in unserem Land!

Meine Damen und Herren! Die Entscheidung, die wir gemeinsam in den nächsten Wochen zu treffen haben werden, ist, den Untersuchungsausschuss zu einem normalen Bestandteil des parlamentarischen Verfahrens werden zu lassen. Wir haben seit dem Jahre 1970 nahezu in jeder Legislaturperiode zumindest einen Untersuchungsausschuss gehabt, seit 1990 jedoch keinen mehr, und das wollen wir auf diese Art und Weise zu überwinden versuchen.

Wir werden dabei aber nicht nur gemeinsam den Untersuchungsausschuss vom Odium der Skandale befreien müssen, sondern auch die Aufgabe haben, dafür zu sorgen, dass Zeugen nicht wie Angeklagte behandelt werden und es darüber hinaus im Verfahren auch wirklich allen gegenüber Fairness gibt. Das neue Verfahrensrecht wird ein wesentliches Instrument dazu sein.

Meine Damen und Herren! Wir bringen damit zum Ausdruck, dass eine Republik und eine Demokratie sowohl der Mehrheit, die die Regierung trägt, sowie auch der Opposition bedürfen und dass Kontrolle ein wesentlicher Bestandteil der Weiterentwicklung der Demokratie darstellt. – Einen Beweis für diese Auffassung bringen wir mit diesem Antrag.

Wir bekennen uns damit aber auch zu den Diskussionsaufgaben, die wir im Geschäftsordnungs-Komitee noch zu bewältigen haben, nämlich dass wir uns klarerweise darauf geeinigt haben beziehungsweise einigen werden, dass es, wie ich meine, ein Recht einer Minderheit auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses gibt, dass aber die verfahrensleitenden Beschlüsse sehr wohl Mehrheitsbeschlüsse gemäß den Grundsätzen der Demokratie sein werden müssen.

Aber nicht nur das: Wir werden sicherlich auch noch darüber zu diskutieren haben, welche Sicherheit es gibt, dass im Rahmen der verfassungsrechtlichen Aufträge eine Begrenzung des Untersuchungsausschusses im Sinne der Verfassung besteht.

Letztlich werden wir auch über die Befristung zu diskutieren haben, denn ich glaube, dass Untersuchungsausschüsse, die zu lange dauern, eher die Tendenz haben, nicht mehr allzu viel zur Erklärung des Sachverhaltes beizutragen. Es gibt vermutlich sehr oft ein Interesse, den nächsten Untersuchungsausschuss anzufangen und nicht allzu lang beim alten Thema zu bleiben. – In dieser zeitlichen Begrenzung sehe ich nicht Kontrollfeindlichkeit, sondern Kontrolleffizienz.

Gerade im Hinblick auf eine Befristung werden wir sicherlich auch zu diskutieren haben, ob es nicht sinnvoll ist, eine Automatik im Wechsel der antragstellenden Fraktionen vorzusehen.

Die vor uns liegende Debatte soll und muss auch in ihrer Mächtigkeit beurteilt werden. Immer wenn Geschäftsordnungsdiskussionen in diesem Haus begonnen haben, hat es eine Tendenz zur Überfrachtung dieser Diskussionen gegeben. Daher möchte ich die Opposition heute schon einladen, diese Diskussion mit aller Beharrlichkeit und aller Geschwindigkeit zu führen, sich aber auch dessen bewusst zu sein, dass das Gesamtprojekt, wenn auf diesen Karren zusätzlich immer neue Problemen geladen werden, zumindest zeitlich verzögert wird.


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Von unserer Fraktion ist beispielsweise auch eine Diskussion über das Recht Jugendlicher eingebracht worden, Petitionen an den Petitionsausschuss zu stellen oder Ähnliches. Es wurde beispielsweise auch erörtert, ob man Petitionen, die nicht erledigt werden konnten, auch tatsächlich mit dem Ende der Legislaturperiode untergehen lassen soll. Eine Diskussion über das eine oder andere derartige Detailproblem mag vielleicht noch angehen, die Behandlung größerer Probleme würde aber – darauf möchte ich heute schon hinweisen – dazu führen, dass die Erledigung der Hauptaufgabe, nämlich die nächstmonatige Diskussion über den Untersuchungsausschuss, nur verzögert werden würde. Ich glaube daher, dass wir diese eine Aufgabe tatsächlich in absehbarer Zeit sehr rasch erledigen sollten.

Meine Damen und Herren! Wir bekennen uns zu dem Minderheitsrecht der Oppositionsfraktionen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses. Wir glauben, dass das eine sinnvolle Ergänzung der Demokratie in unserem Lande ist. Wir bekennen uns dazu als Regierungspartei dieser und mit hoher Wahrscheinlichkeit auch der nächsten Legislaturperiode, und wir glauben darüber hinaus, dass wir als sozialdemokratische Fraktion ein solches Recht, das es geben soll, mitzugestalten haben. Wir könnten ein solches Recht auf Grund unserer Stärke verhindern. Das Gegenteil ist jedoch der Fall, meine Damen und Herren: Wir Sozialdemokraten sind Initiatoren und Träger dieser Initiative! Ich lade Sie ein: Nehmen wir eine diesbezügliche Geschäftsordnungsreform in den nächsten Monaten vor! (Beifall bei der SPÖ.)

20.25

Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Johann Maier. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte.

20.25

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Rechte der Oppositionsparteien, so genannte Minderheitsrechte, sind in den Verfassungen der europäischen Staaten beziehungsweise in den Geschäftsordnungen der nationalen Parlamente absolut unterschiedlich ausgestaltet. Österreich hat die Minderheitsrechte in der Geschäftsordnung des Nationalrates verankert, und zwar in einer Form, wie man sie kaum sonst in Europa finden kann. Unser Klubobmann Dr. Kostelka hat darauf bereits hingewiesen. (Abg. Mag. Firlinger: Das ist reiner Populismus!)

Trotzdem gibt es demokratiepolitische Defizite, die aus unserer Sicht beseitigt werden sollten. Kennzeichen der bestehenden Regelung ist, dass die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses ein Mehrheitsrecht darstellt. Die Sozialdemokratie, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist allerdings der Auffassung, dass Untersuchungsausschüsse als besonderes Instrument der parlamentarischen Kontrolle in Zukunft von einer Mehrheit nicht sollen verhindert werden können. Es soll in Zukunft eine bestimmte Anzahl von Abgeordneten ein entsprechendes Verlangen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses stellen können.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit der Geschäftsordnungsreform 1998 wurde im österreichischen Parlament der erste Schritt zur Schließung einer Lücke im parlamentarischen Geschäftsordnungsrecht gesetzt. Es wurden die Voraussetzungen für die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses neu festgelegt, insbesondere aber auch eine Verfahrungsordnung, die rechtsstaatlich ausgestaltet ist.

Man hätte meinen können, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass nun auch die österreichischen Bundesländer diesem Beispiel folgen werden und in ihren Landesverfassungsgesetzen beziehungsweise Geschäftsordnungen der Landtage entsprechende Regelungen vorsehen. Ich halte es für inakzeptabel, dass auf Länderebene in sieben Bundesländern diesen Vorschlägen nicht gefolgt wurde und noch immer enorme rechtsstaatliche Defizite bei der Tätigkeit von Untersuchungsausschüssen bestehen.

In Salzburg und der Steiermark ist die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses bereits ein Minderheitsrecht. Ein Viertel beziehungsweise ein Drittel der Abgeordneten kann einen Untersuchungsausschuss verlangen; entsprechende Verfahrensbestimmungen sichern Grundrechte und Rechtsstaatlichkeit ab.


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Nicht so verhält es sich allerdings in anderen Bundesländern. Untersuchungsausschüsse weisen dort immer noch eindeutig die Züge eines im Strafprozess längst überwundenen Inquisitionsverfahrens auf, zumal in Untersuchungsausschüssen die verfolgende Behörde mit der urteilenden Behörde identisch ist und es formal keinen Angeklagten mit anerkannten Verteidigerrechten gibt, sondern nur Zeugen, die unter Wahrheitspflicht stehen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Unser Appell gilt daher diesen sieben Bundesländern, die entsprechenden notwendigen Reformen in der Landesverfassung und in der Geschäftsordnung des jeweiligen Landtages vorzusehen!

Mit der heutigen Diskussion soll klargelegt werden, dass die Sozialdemokratische Partei bereit ist, dieses demokratiepolitische Defizit in der Verfassung beziehungsweise in der Geschäftsordnung zu korrigieren. Dessen ungeachtet gibt es natürlich eine Reihe von Fragen, die im Geschäftsordnungs-Komitee zu behandeln sein werden. Es geht etwa um die Frage der Beweisbeschlüsse. Wir sind der Meinung, dass Beweisbeschlüsse immer noch ein Mehrheitsrecht darstellen sollen, damit die verfassungsgemäßen Grenzen des parlamentarischen Kontrollrechts nicht überschritten werden.

Es wird um die Frage gehen, wie viele Untersuchungsausschüsse Klubs nach dem künftigen Minderheitsrecht in der Gesetzgebungsperiode verlangen können. Es wird um die Anzahl der Untersuchungsausschüsse gehen, wobei wir meinen, dass verhindert werden soll, dass es zu einer Inflation von Untersuchungsausschüssen kommt.

Unser Klubobmann Peter Kostelka hat bereits darauf hingewiesen, dass es natürlich eine Reihe von anderen offenen Geschäftsordnungsfragen gibt, die diskutiert werden sollen, doch diese sollen die Verwirklichung des von uns angestrebten Minderheitsrecht zeitlich nicht verzögern.

Lassen Sie mich abschließend noch sagen: Der Prozess der Parlamentarisierung – und das Parlament hat an Bedeutung gewonnen! – und Demokratisierung kann nie als abgeschlossen betrachtet werden und muss daher unter neuen politischen Gegebenheiten in der XXI. Gesetzgebungsperiode fortgesetzt werden. In diesem Sinne, meine sehr verehrten Damen und Herren, geben wir den Untersuchungsausschüssen eine Chance! (Beifall bei der SPÖ.)

20.31

Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Maria Theresia Fekter. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte.

20.31

Abgeordnete Mag. Dr. Maria Theresia Fekter (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Einmal gleich vorweg möchte ich klarstellen, dass die ÖVP natürlich Kontrollrechte akzeptiert und auch akzeptiert, dass es zum Parlamentarismus gehört, dass es Minderheitsrechte gibt. Bei den Untersuchungsausschüssen sind wir aber betreffend die Kombination von Kontrollrecht und Minderheitsrecht skeptisch, und das wahrscheinlich – wie noch zu Tage treten wird – als einzige Fraktion.

1997 haben wir die Verfahrensordnung zu den Untersuchungsausschüssen kreiert, und damals haben wir im Detail argumentiert, warum wir dieses Instrument der demokratischen Mehrheit in diesem Haus vorbehalten wollen. (Zwischenruf des Abg. Mag. Firlinger. )

Herr Kollege Kostelka! Es ist nicht ganz richtig, wenn man von zwei Schulen spricht, richtiger wäre gewesen, wenn Sie gesagt hätten, dass es diesbezüglich eine eindeutig herrschende Lehre in Europa gibt, die sich nämlich für die demokratische Mehrheit ausspricht. In 13 von 15 EU-Staaten ist das ein Instrument der demokratischen Mehrheit. Nur in Deutschland ist das ein Minderheitsrecht, und seinerzeit in Ihrer Rede zur Verfahrensordnung, Herr Kollege Kostelka, haben Sie ganz detailliert angeführt, dass das deutsche Beispiel in diesem Zusammenhang zum Vergleich nicht angeführt werden könne, weil Deutschland beispielsweise keinen Rechnungshof in unserem Sinne kennt und daher auch kein parlamentarisches Kontrollinstrument, wie wir beispielsweise den Rechnungshof, hat.


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Herr Kollege Kostelka! Heute hat sich Ihre Rede ganz anders angehört. (Abg. Dr. Kostelka: Was hindert mich, gescheiter zu werden!) Heute haben Sie einen 180-Grad-Schwenk gemacht! (Abg. Dr. Kostelka: Das Bessere ist der Feind des Guten!) Ich habe mir Ihren Antrag ganz genau angesehen: Darin heißt es, dass ein Drittel der Abgeordneten einen Untersuchungsausschuss einrichten können soll. – Rein "zufällig" geht sich das gerade bei der SPÖ aus, rein "zufällig" geht es sich aber nicht bei der ÖVP, nicht bei der FPÖ und nicht bei den Grünen aus. Das ist immerhin ein bisschen eigenartig! (Zwischenruf des Abg. Mag. Firlinger. ) Das scheint mir durchsichtig zu sein. Die grüne Fraktion hat in ihren Antrag fairerweise zumindest geschrieben, dass mindestens eine ganze Fraktion erforderlich ist. Mit dem Antrag der Grünen würde dieses Instrument jeder Partei in diesem Haus geöffnet, mit Ihrem jedoch nur der SPÖ, den anderen nicht.

Bedenklich scheint mir dann aber auch eine weitere Bestimmung zu sein, die Sie in Ihren Antrag aufgenommen haben. Meine sehr verehrten Damen und Herren! Da es sich wahrscheinlich doch mehrheitlich in diesem Haus herausstellen wird, dass man für das Minderheitsrecht ist, möchte ich Sie auf Folgendes hinweisen: Der sozialdemokratische Antrag und ähnlich auch der grüne Antrag sehen vor, dass es jeweils nur einen Untersuchungsausschuss geben kann. Bei den Sozialdemokraten kann dieser Ausschuss 18 Monate lang tagen, und während dieser Zeit kann nichts anderes mehr untersucht und kontrolliert werden. (Abg. Dr. Kostelka: Das stimmt doch nicht!) In Ihrem Antrag steht beispielsweise, dass nicht zwei Untersuchungsausschüsse zugleich eingesetzt werden können und dass der Untersuchungsausschuss innerhalb von 18 Monaten abgeschlossen werden muss. (Abg. Dr. Kostelka: Beschließen kann der Nationalrat aber, was er will!) Damit wäre aber aus meiner Sicht die rasche Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zu irgendeinem Wald- und Wiesenthema hervorragend geeignet, dass Themen wie etwa "Euroteam" oder AMS 18 Monate lang liegen gelassen werden können und keiner mehr diesbezüglich untersuchen kann. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Damit scheint mir der Untersuchungsausschuss der roten Fraktion eigentlich eher ein Kontrollverhinderungsinstrument zu sein und nicht wirklich etwas, was der echten Kontrolle dienen soll! Auf diese Weise ist die ehrliche Kontrolle nicht wirklich erwünscht. Ob Sie sie doch wünschen, dazu schaue ich mir Ihr Stimmverhalten heute an, wenn die Oppositionsfraktionen Untersuchungsausschüsse zu Bereichen fordern, die Ihre Fraktion betreffen! (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP.)

20.36

Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Herbert Scheibner. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte.

20.36

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach dieser wirklich erfrischenden Rede von Frau Kollegin Fekter möchte ich mich auch verwundert, aber im Gegensatz zu ihr durchaus erfreut zeigen, dass die SPÖ nach langem Zögern und Zaudern jetzt doch auch der Meinung ist, dass dieses wichtige Kontrollinstrument des Parlaments gegenüber der Regierung, nämlich die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses, auch und vor allem ein Minderheitsrecht, das heißt ein Recht der Opposition sein sollte.

Kollege Kostelka! Ich weiß nicht genau, welchen Grund es wirklich für diesen Umschwung gab. Ich nehme an – denn ich nehme immer das Gute an, und zwar auch von Ihnen –, dass Sie zu einer entsprechenden Erkenntnis gekommen sind und nicht so sehr von der Sorge geleitet waren, in welcher Position sich die SPÖ in den nächsten Monaten und Jahren finden wird, und jetzt quasi pro domo einen Antrag gestellt haben, um dann auch selbst Untersuchungsausschüsse einrichten zu können. Denn als wir das vehement gefordert haben, zuletzt 1998, hat Ihr Kollege Schieder zur Frage, ob die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses ein Minderheitsrecht sein soll, noch gesagt – und das ist sehr interessant –:

"Das ist eine Forderung, die von der Opposition besonders erhoben wurde." Das ist ja ganz klar! "Dagegen spricht – ich sage es offen – die Erfahrung mit dem Verhalten mancher Oppositions


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vertreter in den letzten Jahren. Ich habe das selbst erlebt. Da gilt es, mehr Vertrauen in die ordnungsgemäße Behandlung aufzubauen."

Das heißt, man muss brav sein und einmal zur Kenntnis bringen, dass man ohnehin nicht so streng prüfen und vielleicht einen Konsens suchen wird, dann könne man sich vielleicht über die wichtigen Instrumente der Kontrolle hier im Hohen Haus unterhalten.

Aber ich sehe es, wie gesagt, sehr positiv, dass es diesen Umdenkprozess gegeben hat. Dennoch sage ich dazu: Die Festsetzung dieses Drittels ist gefährlich, denn man weiß ja nicht, was die Wahlen noch alles bringen werden! Vielleicht gibt es plötzlich gar keine Fraktion mehr, die dieses Drittel erreicht, oder vielleicht erreichen es zumindest die Sozialdemokraten nicht mehr! (Abg. Dr. Kostelka: Aber es gibt trotzdem Rechnungshof-Prüfungsaufträge!) Es gibt alles Mögliche, Herr Kollege Kostelka! Aber ich würde doch eher empfehlen, in diesem Fall unseren Vorschlag aufzugreifen. Das ist ein echtes Minderheitsrecht! Man kann das noch ausweiten, aber wir meinen, dass zumindest mit einem Viertel der Abgeordneten ein Untersuchungsausschuss eingerichtet werden können sollte. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Wenn wir uns jetzt schon in die richtige Richtung bewegen, dann hätte ich ganz gerne auch noch andere Probleme angesprochen, die im Rahmen des Geschäftsordnungsgesetzes die Kontrollinstrumente der Abgeordneten betreffen.

Herr Kollege Kostelka! Sie haben den Rechnungshof angesprochen. Es gibt, wie Sie wissen werden, den Ständigen Unterausschuss des Rechnungshofausschusses. Dieser wurde uns damals ein bisschen als Zuckerl gegeben. Es hat geheißen: Untersuchungsausschuss gibt es zwar keinen, dafür geben wir euch halt diesen Ständigen Unterausschuss des Rechnungshofausschusses! Inzwischen gab es schon einige Prüfungen durch diesen Ausschuss und ein paar Versuche, Licht ins Dunkel bei verschiedenen Angelegenheiten zu bringen.

Der erste dieser Ausschüsse betraf das Beschaffungswesen des österreichischen Bundesheeres, weil es Verdachtsmomente gegeben hat, dass der Zuschlag für verschiedene Heeresbeschaffungen nicht nur von militärischen Prinzipien ausgeht. Wir haben damals in stundenlangen Geschäftsordnungsdebatten verlangt, dass wir auch Akteneinsicht in die verschiedenen Materien bekommen, um wirklich kontrollieren zu können, dass alles rechtmäßig vor sich gegangen ist. – Wir haben immer ausgedrückt, dass wir hoffen, dass in diesem Zusammenhang rechtmäßig gehandelt wurde, aber es gab gewisse Verdachtsmomente, und es sollte jeder Interesse daran haben, das auszuräumen.

Wie hat jetzt aber diese Möglichkeit zur Akteneinsicht ausgesehen? – Da hat es geheißen – und auch Abgeordnete aus Ihren Reihen, Herr Kollege Kostelka, haben sich dieser Meinung angeschlossen –, dass mit Mehrheit zu beschließen ist, ob wir Abgeordnete, die einen Kontrollauftrag haben, diesen auch wirklich wahrnehmen dürfen. Sie haben die Möglichkeit zur Akteneinsicht abgelehnt und gemeint, dass wir uns mit Berichten zufrieden geben müssen.

Das ist ungefähr so, wie wenn ein Finanzbeamter in ein Unternehmen kommt und dort die Bilanzen und auch die Belege prüfen möchte und ihm der Unternehmer sagt: Überprüfen kannst du schon, aber nur meinen Bericht. Ich gebe dir einen Bericht über meine Geschäftstätigkeit, Belege lasse ich dich aber nicht prüfen, und meine Bilanz geht dich eigentlich auch nichts an! – Nach diesen Grundsätzen werden in diesem Parlament derartige Kontrollmechanismen gehandhabt!

Außerdem hat man gesagt: Es ist alles streng vertraulich! Wir dürfen die Geheimhaltung nicht verletzen! Alles, was wir bekommen, ist sehr vorsichtig zu behandeln!

Meine Damen und Herren! Was haben wir damals bekommen? – Akteneinsicht hat man uns in diesem vertraulichen Ausschuss nicht gewährt. Man hat uns lediglich Deckblätter von Firmenunterlagen gegeben. Diese Deckblätter enthielten sogar eine Geschäftsnummer, und unten stand: vertraulich. Hinter den Deckblättern war jedoch nichts mehr, darunter befand sich bereits das nächste vertrauliche Deckblatt. Wir haben also lauter vertrauliche Deckblätter bekommen.


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Der Gipfel bei der ganzen Sache war, dass man sogar das Bundesgesetzblatt über das Bundesministeriengesetz für vertraulich erklärt hat. Wir Abgeordnete haben dieses damals als Unterlage bekommen, damit wir kontrollieren können. Meine Damen und Herren! Auch das Bundesministeriengesetz war mit dem Stempel "vertraulich" versehen!

Herr Kollege Kostelka! Wenn das Ihre Meinung über die Kontrollrechte, aber auch über die Kontrollpflichten ist, die wir als Abgeordnete haben (Abg. Dr. Kostelka: Diese Frage stellt sich bei Untersuchungsausschüssen nicht! Diese haben ein Kontrollrecht!), dann haben Sie wirklich noch ein Stück des Weges zu gehen, um wirklich in die Richtung zu kommen, dass man sagen kann: Es besteht Gewaltentrennung hier in diesem Land. Es gibt eine Regierung, die hoffentlich gut und manchmal auch schlecht arbeitet. Wenn sie schlecht arbeitet, dann haben wir als Parlamentarier die Verpflichtung, entsprechend zu kontrollieren und Missstände aufzuzeigen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Mit dem Untersuchungsausschuss allein wird das nicht gelingen, denn solange solche Dinge möglich sind, ist all das nur Makulatur! Über die Rechte der Kontrollausschüsse im Hinblick auf die Staatspolizei und in Bezug auf den Heeres-Nachrichtendienst können wir auch im Geschäftsordnungs-Komitee noch reden. Auch all das ist streng geheim, jeder von uns ist mit einer Strafandrohung von drei Jahren konfrontiert, wenn er irgendetwas aus diesem Ausschuss in der Öffentlichkeit bekannt gibt. – Aber wir bekommen ja nichts! Auch dort wird nur streng vertraulich etwas berichtet, von dem wir schon zwei Tage zuvor in der Zeitung gelesen haben. Also auch das ist Praxis der parlamentarischen Kontrolle!

Wir haben jetzt auch gesehen, was geschieht, wenn es etwa darum geht, Petitionen und Bürgerinitiativen hier in diesem Haus zu behandeln: 14 oder 15 Fälle dieser Instrumente der direkten Demokratie sind verfallen, weil man nicht bereit war, sie zu behandeln; mit dem Ende der Legislaturperiode sind sie ausgelaufen. Hunderte beziehungsweise Tausende Österreicher haben sich zu einem Thema bekannt, haben ihre Unterschrift dazu gegeben, haben sich engagiert, haben ihre Anliegen hier eingebracht, aber das war nicht einmal der Rede wert, es wurde nicht einmal eine Minute in einem Ausschuss darüber verhandelt.

Oder ein anderes Beispiel: Wir haben heute wieder einmal gesehen, wie etwa mit Instrumenten wie der Anfragebeantwortung oder dem Interpellationsrecht hier Missbrauch betrieben wird.

Meine Damen und Herren! Herr Kollege Kostelka! Wir nehmen Ihre Einkehr wirklich positiv zur Kenntnis und hoffen, dass das nur der erste Schritt in die richtige Richtung ist. Wir hätten ein ganzes Bündel an Programmen und Maßnahmen durchzusetzen, die notwendig wären, um endlich den Auftrag, den wir vom Wähler bekommen haben, nämlich die Regierung zu kontrollieren, wirklich wahrnehmen zu können! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

20.44

Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Madeleine Petrovic. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. – Bitte.

20.44

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Hohes Haus! Die verschiedenen Anträge, die dazu zur Diskussion stehen, offenbaren natürlich einiges über die unterschiedlichen Interessenlagen. Ich halte das für legitim, und wenn jetzt just seitens der SPÖ ein Antrag kommt, gemäß welchem das Minderheitsrecht einem Drittel der Abgeordneten zuerkannt wird, dann wird meiner Meinung nach im Komitee genauso darüber zu reden sein wie über Ihren Vorstoß, der ein Viertel der Abgeordneten vorsieht, das natürlich von drei Fraktionen aufgebracht werden muss und dann halt gerade die Grünen nicht betrifft.

Dass die Grünen einen Antrag gestellt haben, der jeder Fraktion dieses Recht zuerkennt, hat sicherlich auch mit unseren Präferenzen, aber, wie ich meine, auch mit einer demokratiepolitischen Notwendigkeit zu tun, denn meiner Meinung nach wäre ein Minderheitsrecht, das gerade der kleinsten Fraktion nicht zukommen soll, von der Konstruktion her durchaus fragwürdig. Aber wir werden im Komitee Gelegenheit haben, darüber zu reden.


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Frau Abgeordnete Fekter hat in den Materialien nachgeschaut und die Bestimmungen der Verfahrensordnung beziehungsweise die Diskussion, die wir damals über die Verfahrensordnung geführt haben, noch einmal Revue passieren lassen. Sie hat das damalige Bekenntnis der SPÖ zum Mehrheitsrecht erwähnt. – Ich hebe hervor, dass es in der wissenschaftlichen Literatur durchaus damals auch SPÖ-Stimmen gab, die immer für ein Minderheitsrecht plädiert haben, darunter jene des Präsidenten Fischer. Auch in der ÖVP gab es solche Stimmen, zum Beispiel plädierte Neisser dafür. Ich glaube also, dass es gute Argumente gibt, die der Wissenschaft den Rücken stärken sollten.

Frau Kollegin Fekter! Es wurden bei dieser Debatte damals wirklich hoch und heilig Zusagen gemacht, dass dann, wenn die Opposition einer Verfahrensordnung zustimmen sollte, das Mehrheitsrecht tatsächlich so gehandhabt werden würde, dass Untersuchungen zu wirklich wichtigen Themen wieder möglich sein müssten. Es ist dies das erste Mal, dass in einer so langen Zeitspanne – nämlich seit 1990 – kein einziger parlamentarischer Untersuchungsausschuss mehr zugelassen worden ist, obwohl es – ich glaube, da werden mir alle hier beipflichten – wahrlich Vorkommnisse gab, im Hinblick auf welche es ohne jede Vorverurteilung sehr wohl eine Menge offener Fragen gab und noch immer gibt und bei welchen sich auch die Öffentlichkeit gefragt hat: Wieso wird da nicht untersucht?

Ich erinnere daran: Es ging um die Kurden-Morde und um die Frage, wie sich der Staatsapparat denn verhalten hat, dass es den Mördern gelingen konnte, unser Land ohne Schwierigkeiten zu verlassen.

Weiters gab es den Selbstmord des Bankiers Praschak mit schweren politischen Anwürfen. Es sind damals Bekenntnisse gekommen, dass man das ernst nehmen wird. Ich habe jedoch wenig orten können.

Ebenso verhielt es sich bei der Causa Lassing: Menschen sind gestorben, die Bergung wurde versprochen. Sie wurde jedoch bis heute nicht durchgeführt. Es gab sehr dubiose Umstände rund um die Verantwortung. – Es ist aber nichts geschehen.

Was mich zuletzt dann wirklich massiv empört hat, war der Dialog hier zwischen den Klubobleuten Kostelka und Khol. Es hat – wieder am Rande einer Untersuchungsausschussdebatte – die SPÖ anklingen lassen, dass man sich durchaus in Anbetracht der Altwaffenverkäufe des Bundesheers – Minister Fasslabend sitzt jetzt hier als Abgeordneter – in einem Untersuchungsausschuss einmal anschauen sollte, wo diese Waffen hingegangen sind. Man müsste einmal die Auflagen untersuchen und klären, ob diese Waffen unbrauchbar gemacht wurden oder ob sie vielleicht durchaus brauchbar auf einem Kriegsschauplatz aufgetaucht sind. Seitens der ÖVP hat es dann geheißen: Wenn ihr das macht, dann bekommt ihr einen Omofuma-Ausschuss!

So schaut es nämlich aus, Frau Kollegin Fekter! Es geht nicht um Mehrheitsrechte oder Minderheitsrechte, sondern es geht um eine totale Kontrollverweigerung – und das seit nahezu zehn Jahren! Das ist demokratiepolitisch unerträglich! (Beifall bei den Grünen.)

Frau Kollegin Fekter! Sie haben gesagt, dass sie befürchten, dass, wenn es im Zusammenhang mit diesen Anträgen zum Minderheitsrecht dazu käme, dass immer nur ein Antrag behandelt werden kann, dann gleichsam Wald- und Wiesenthemen zum Untersuchungsgegenstand gemacht werden, diese lang untersucht und damit die echten Skandale wieder nicht untersucht werden könnten. Ich meine, dass das nur ein Schutz ist, dass dieses Instrument nicht inflationär gehandhabt wird. Das wollen wir auch nicht. Aber wenn Sie diese Befürchtung haben, dann muss ich schon sagen: Wenn Sie unter den Koalitionsparteien ein solches Verständnis voneinander haben, wie wollen sie dann unser Land regieren? Wie wollen Sie regieren, wenn Sie einander nur demokratiepolitische Unerträglichkeiten unterstellen? Ich finde das wirklich arg!

Selbst wenn es so wäre, könnten Sie immer noch mit Mehrheit eine Frist setzen.

Schließlich haben Sie, Frau Kollegin Fekter, in Richtung SPÖ gesagt: Wir schauen uns das Abstimmungsverhalten der SPÖ in der Causa AMS und "Euroteam" an. – Ja, das können wir


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uns anschauen! Aber ich schaue mir vor allem Ihr Abstimmungsverhalten an, meine Damen und Herren von der ÖVP, denn wenn Sie der Meinung sind, dass das sogar ein Skandal ist, der Sie nicht, wenig oder kaum betrifft, dann frage ich Sie: Was hindert Sie daran, diesem Antrag der Opposition – Sie sind ja auch selbst Opposition, teilweise jedenfalls, ein bisschen (Abg. Öllinger: Teilweise!)  – zuzustimmen, wenn Sie meinen – und so habe ich es gehört –, da gebe es etwas, was an sich untersucht werden sollte?!

Wenn Sie es dann trotzdem nicht so beschließen sollten – und ich habe meine Vermutungen, dass das geschehen könnte –, dann frage ich Sie: Wie ist da die Motivlage? – Es sei denn, Sie haben schon wieder irgendeinen Deal geschlossen. Genau das ist es, was die Bevölkerung in unserem Lande – und nicht nur die Oppositionsabgeordneten – für wirklich unerträglich hält! (Beifall bei den Grünen.)

Das ist Ihr Verständnis! Da geht es gar nicht um verschiedene Schulen, nicht darum, ob Mehrheits- oder Minderheitsrecht, sondern es geht wirklich um eine demokratiepolitische Haltung. Niemand will hier irgendwelche Nichtigkeiten zelebrieren. Wie gesagt, meiner Ansicht nach waren wir in den Verhandlungen über die Verfahrensordnung in höchstem Maße konstruktiv. Wir haben uns an der Strafprozessordnung orientiert, wir haben Gründe geschaffen, aus denen sich Zeugen der Aussage entschlagen können, wir haben Rechte für Vertrauenspersonen und Anwälte geschaffen, damit sie einer Person auch beistehen können. Wir wollen keine Tribunale, aber wir wollen sehr wohl Aufklärung über Dinge, die aufklärungsbedürftig sind.

Wenn es unter Regierungsparteien keine Selbstverständlichkeit mehr ist, dass in Affären, die dieses Land wirklich bewegen, auch das Parlament frei und offen untersuchen können soll, dann sage ich: Das ist wirklich eine Schande in Europa! Das bleibt hinter einem demokratischen Standard zurück, der ja errungen worden ist. Das ist eine Kontrolle nach der Bazar-Methode: Schaue ich bei deinem Skandal weg, schaust du bei meinem Skandal weg!

Das geht nicht mehr! Das ist das Kontrollsystem von gewissen "ehrenwerten Gesellschaften", und das hat in diesem Hohen Haus, glaube ich, nichts verloren. In diesem Sinne: Ändern Sie Ihr Verhalten und lassen sie wieder parlamentarische Untersuchungen – in welcher rechtlichen Ausgestaltung auch immer – zu! (Beifall bei den Grünen.)

20.52

Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gelangt jetzt Herr Abgeordneter Graf. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

20.52

Abgeordneter Dr. Martin Graf (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben heute hier, möchte ich einmal sagen, Schalmeientöne von Seiten der SPÖ vernommen. Kreide wurde geschluckt, und die Demokratie soll wieder einmal weiterentwickelt werden. Wir haben von Klubobmann Dr. Kostelka gehört, dass die Initiative natürlich von der SPÖ ausgeht, dass sie der Träger der demokratischen Rechte und der Initiator der Weiterentwicklung ist, und so weiter und so fort. – Bitte, Sie müssen sich am Schluss auch noch selbst ernst nehmen wollen und können!

Ich denke, wenn wir von der Weiterentwicklung der Demokratie sprechen, dann sollten wir auch davon sprechen, wie es in der Vergangenheit hier im Hohen Hause um die demokratischen Rechte bestellt war, als die Rechte des einzelnen Abgeordneten mit jeder Geschäftsordnungsreform beschnitten wurden, als die Rechte der Abgeordneten mit jeder Geschäftsordnungsreform sogar so weit beschnitten wurden, dass es nicht mehr möglich war, Rederechte wahrzunehmen! Das ist ein Faktum.

Jetzt kommt die SPÖ – vielleicht unter Zugzwang stehend – auch mit Vereinbarungen der Grünen daher und bringt einen Antrag ein. Ob Sie es wirklich ernst meinen, wird man ja noch sehen, oder ob das bloß eine Rakete sein soll, die am Ende dieser Gesetzgebungsperiode – wer weiß, wie lange sie auch immer dauern mag – vielleicht niemals ihr Ziel erreicht haben wird. Das kann durchaus sein, wir kennen so etwas schon von der SPÖ aus der Vergangenheit.


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Ich glaube wirklich nicht, dass Sie es ernst nehmen – so, wie Sie die Sache mit dem angeblichen Minderheitsrecht angehen. Es wurde schon viel darüber gesagt, dass es zufälligerweise ein Drittel sein soll und dass zufälligerweise gerade die SPÖ noch dieses Drittel hat. Aber dass Sie es für die Interessen der Bürger tun oder deshalb, um für das Parlament etwas Gutes zu tun, das nehme ich Ihnen nicht ab.

Da kommt dann der oberste Konsumentenschützer von der Arbeiterkammer, der an sich immer die Konsumenten und den Einzelnen vertritt, aber niemals die Interessen des Abgeordneten, hierher und streut Nebelgranaten: Die Länder sollen nachziehen! Wie kommt er darauf? – Ich denke, wir alle sollten zuerst vor der eigenen Haustür kehren und nicht immer verlangen – wenn wir uns schon zu einem Föderalismus bekennen –, dass die anderen etwas tun sollen. Wir sollten mit gutem Beispiel vorangehen.

Aber gerade die Verfahrensordnung, die Sie beschlossen haben, ist kein gutes Beispiel. Sie verschanzen sich darin hinter einem Beweisbeschluss, der tatsächlich wieder ein Mehrheitsinstrument ist. Sie sagen, dass Sie das an die Zivilprozeßordnung anlehnen, aber tatsächlich ist es keine Anlehnung an die Zivilprozeßordnung. Sie sagen, die strafrechtliche Qualität müsse aus dem Untersuchungsausschuss entnommen werden und dafür müsse ein Beweisbeschluss im Sinne der Zivilprozessordnung eingesetzt werden.

Wer die Zivilprozeßordnung kennt, weiß, dass ein Beweisbeschluss tatsächlich keine verfahrensanleitende Handhabe des Verfahrens ist. Er ist nämlich völlig unerheblich. Sie geben dem so genannten Beweisbeschluss hier eine ganz andere Qualität. Sie wollen auch in Zukunft nur das an Inhalt und Thema, an Beweismitteln, an Zeugen und anderen Dinge zulassen, was Ihnen genehm ist – mit Mehrheit.

Es geht Ihnen in Wirklichkeit auch nicht um Mehrheitsrechte, denn die Mehrheit hier im Hohen Hause war immer für ein Minderheitsrecht bei Untersuchungsausschüssen und für Kontrollrechte. Sie nicken, nicht mit dem Kopf. (Ruf bei den Freiheitlichen: Innerlich!) Soviel ich weiß, hat es Vertreter dafür aus beiden Lagern gegeben, aus der SPÖ, die eine lange Oppositionszeit durchgemacht hat, genauso wie aus der ÖVP, die auch lange in Opposition war. In dieser Zeit der Opposition waren Sie immer dafür, und es gab ein paar wackere Kämpfer, die auch noch darüber hinaus diesen Standpunkt vertreten haben. Es kommt gar nicht mehr so häufig vor, dass man seinen Standpunkt dann nicht wechselt. Aber es hat meiner Meinung nach immer eine Mehrheit dafür gegeben, auch für die einzelnen Untersuchungsausschüsse, nur hat das die Koalition nicht zugelassen.

Das war meiner Meinung nach nie eine Frage von Mehrheiten in diesem Haus – ich gehe einmal davon aus, dass es da und dort vielleicht doch noch ein gewisses ungebundenes, freies Mandat gibt –, sondern es war immer eine Frage des koalitionären Zwanges und der Räson, die Sie Ihren einzelnen Abgeordneten auferlegt haben. Sie durften in dieser Frage nie so abstimmen, wie sie es das eine oder andere Mal vielleicht tatsächlich gewollt hätten. Daher ist es nicht unbedingt eine Frage von Mehrheiten, im Sinne von parlamentarischen Mehrheiten, sondern immer nur eine Frage dessen, wer gerade mit wem in einer Koalition sitzt, um etwas zu verhindern, nämlich Aufklärung und Aufdeckung.

Ich glaube, dass es von der SPÖ hier wiederum so gespielt wird, dass jetzt wieder ein Schritt des Mutes kommt, aber schon wieder mit Einschränkungen verbunden, mit Mehrheitsregelungen in der Verfahrensordnung, mit dem Hinweis, dass andere Länder das auch nicht haben, und schon wieder Einschränkungen dessen, was man überhaupt tun darf, wie oft und in welchem Sinn. Der Mut wird schon wieder von der Angst abgelöst. In Wirklichkeit wechseln Mut und Angst einander permanent ab. Es geht Ihnen in Wirklichkeit nicht um Mut oder um Angst oder um Demokratie, sondern es geht Ihnen in Wirklichkeit darum, Aufklärung und Demokratie zu verhindern. Das sei Ihnen ins Stammbuch geschrieben!

Aber wir schauen uns gerne an, wie Sie es handhaben werden, ob das bloß ein Rohrkrepierer wird oder ob es tatsächlich zum Erfolg führt. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

20.58


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4. Sitzung / Seite 173

Präsident Dr. Andreas Khol:
Zu Wort gelangt nunmehr als vorläufig letzter Redner in dieser Debatte Herr Abgeordneter Van der Bellen. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

20.58

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Herr Präsident! Frau Kollegin Fekter! Herr Graf! Natürlich, ich kann mich auch noch daran erinnern, dass Herr Klubobmann Kostelka schon ganz anders über die Frage eines Minderheitsrechts oder Mehrheitsrechts bei der Einsetzung von Untersuchungsausschüssen gesprochen hat, aber freuen wir uns doch darüber, dass er heute anders gesprochen hat.

Er ist klüger geworden; das billige ich ihm jetzt einmal zu. (Abg. Dr. Martin Graf: Er redet ja morgen wieder anders!) Billigen wir ihm jenes Privileg zu, das, wenn ich mich nicht irre, Bundeskanzler Adenauer seinerzeit sehr heftig für sich in Anspruch nahm, als ihn ein Journalist darauf hinwies, dass er gestern etwas ganz anderes als heute gesagt hatte. (Abg. Dr. Ofner: "Vorgestern"!) Oder eben vorgestern. (Abg. Dr. Ofner: "Was kümmert mich mein Geschwätz von vorgestern"!) Da hat er barsch erwidert: Quälen Sie mich nicht mit dem Unsinn, den ich vorgestern verzapft habe! (Abg. Dr. Ofner: "Geschwätz" hat er gesagt!) Sinngemäß. – Dieses Privileg billige ich durchaus auch jedem anderen Kollegen in diesem Haus zu.

Es stimmt schon, Herr Graf, über die Details wird zu reden sein. Dann wird sich herausstellen: Ist es ernst gemeint oder eher nicht? Ich bin vorläufig einmal optimistisch. (Abg. Dr. Martin Graf: Das war bei der Geschäftsordnungsreform und auch bei der Verfahrensordnungsreform schon genauso!) Ich weiß, ja, aber die Situation ist heute ein bisschen eine andere, möchte man meinen, sie ist grundsätzlich positiv. Warum? – Weil sich keine Fraktion in diesem Haus ganz sicher sein kann, in welcher Rolle sie sich, sagen wir einmal, ab Ostern befinden wird. Ich bin mir ziemlich sicher, dass sich die Grünen in der Oppositionsrolle befinden werden. (Abg. Dr. Ofner: Ich bin auch sicher! – Weitere Zwischenrufe.) Aber wo sich die SPÖ befinden wird oder wo sich die FPÖ befinden wird, ist unklar. (Abg. Dr. Ofner: Ich habe schon meine Wetten abgeschlossen!)

Bei der ÖVP – das gebe ich zu – habe ich auch meine Fragezeichen. Ich hätte ursprünglich gedacht – da ich jeden Tag in der Zeitung lesen musste, dass alle Weichen dieses Landes, zumindest, was die ÖVP betrifft, in Richtung Opposition gestellt sind –, dass die ÖVP die Erste sein wird, die sich dem Ansinnen anschließt, dass die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses ein Minderheitsrecht sein muss. Selbstverständlich, jede Oppositionspartei muss dieses Interesse haben, ganz besonders die neue Oppositionspartei ÖVP – hätte ich gedacht! (Heiterkeit.)

Jetzt bemerke ich freilich eine gewisse atmosphärische Veränderung. (Abg. Dr. Stummvoll: Blitzgneißer!) Es könnte sein, dass die ÖVP mit der SPÖ, oder es könnte sein, dass die ÖVP mit der FPÖ – und da sieht die Sache natürlich wieder anders aus! Aber, meine Damen und Herren von der ÖVP: Habe ich nicht noch im Ohr: "neuer Stil" und so weiter? Bezog sich das nur auf die Fortsetzung der alten Koalition? Auf eine neue Koalition nicht?

Da werden Sie schon noch getestet werden, wie Sie das meinen und ob diese Rechte für Sie nur dann gelten, wenn Sie gerade ebenfalls in Opposition sind, oder ob Sie darunter etwas mehr, etwas aus demokratischer Sicht Selbstverständliches verstehen. Frau Kollegin Fekter, Sie ganz persönlich werden wir in diesem Zusammenhang besonders genau beobachten. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

21.01

Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ich weise den Antrag 18/A dem Geschäftsordnungsausschuss zu.


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4. Sitzung / Seite 174

9. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz und das Geschäftsordnungsgesetz des Nationalrates geändert werden (38/A)

Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nunmehr zum 9. Punkt der Tagesordnung.

Hiezu ist niemand zu Wort gemeldet.

Ich weise den Antrag 38/A dem Geschäftsordnungsausschuss zu.

10. Punkt

Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen des Landesgerichtes für Strafsachen Wien (9dE Vr 7903/99, Hv 4827/99) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller (15 der Beilagen)

11. Punkt

Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen des Unabhängigen Verwaltungssenates Salzburg (UVS-5/10.502/14-1999) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Karl Öllinger (16 der Beilagen)

12. Punkt

Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen des Landesgerichtes für Strafsachen Wien (9aE Vr 7102/99, Hv 4338/99) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Andreas Khol (17 der Beilagen)

13. Punkt

Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen des Landesgerichtes für Strafsachen Wien (9dE Vr 4862/99, Hv 2993/99) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Ing. Peter Westenthaler (18 der Beilagen)

Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr gelangen wir zu den Punkten 10 bis 13 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird. (Abg. Dr. Martin Graf: Herr Präsident! Sind Sie da nicht befangen? – Abg. Dr. Krüger: Das ist aber kein Schuldanerkenntnis! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Auf eine mündliche Berichterstattung ist verzichtet worden.

Zu Wort gemeldet hat sich nunmehr Herr Abgeordneter Karl Öllinger mit einer freiwilligen Redezeitbeschränkung von 8 Minuten. Ich erteile ihm das Wort.

21.04

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte zu Beginn meiner Ausführungen kurz das Stimmverhalten der Grünen ganz allgemein darstellen. Wir waren und sind selbstverständlich auch in jenen Fällen nicht dafür, in denen es für Grüne nicht uninteressant ist, etwa, weil ein grüner Abgeordneter vom jetzigen Zweiten Präsidenten des Nationalrates beschuldigt wurde und dieser grüne Abgeordnete sich durch eine entsprechende Anzeige zur Wehr gesetzt hat. Da wäre es natürlich nicht uninteressant, von unserer Seite hier einzufordern, dass sich auch Herr Dr. Khol dieser Auseinandersetzung stellen muss. Er wird sich ja mit Ihren Stimmen dieser Auseinandersetzung stellen. Der Punkt ist der: Wir halten auch diese Auslieferung des Herrn Abgeordneten Khol aus prinzipiellen Gründen für


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4. Sitzung / Seite 175

falsch. – Das wollte ich Ihnen nur zu Beginn erklären und dann im Besonderen auf die Situation in meinem Fall kurz eingehen.

Wo soll ich anfangen, meine Damen und Herren? (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)  Etwa bei der Erklärung einer sozialdemokratischen Abgeordneten an einem SPÖ-Bundesparteitag, 1949 oder 1950, als sie sich darüber beschwerte, dass in Salzburg ein ehemaliger Nazi zum Polizeidirektor gemacht wurde? Soll ich dort anfangen, wo die Geschichte in den achtziger Jahren weiterginge, als tatsächlich ein ehemaliger Nazi von den Sozialdemokraten zum Polizeidirektor gemacht wurde? Oder soll ich dort weitermachen, wo die Geschichte jetzt steht?

Da möchte ich doch die letzten Wochen beziehungsweise das letzte Jahr in dieser Causa Revue passieren lassen. Diese Causa ist nicht uninteressant, weil sie ein Stück Zeitgeschichte ist, das noch lange nicht bewältigt ist, auch nicht von den Abgeordneten beziehungsweise von den Vertretern der Regierungsparteien.

Es ist an und für sich eine belanglose Sache, wenn an einem 1. November, an einem Allerheiligentag, eine Waffen-SS auf dem Salzburger Kommunalfriedhof aufmarschiert und mit dem Spruch "Unsere Ehre heißt Treue" sowie ähnlichen Sprüchen und Nazi-Emblemen, die am Revers, hinter dem Revers getragen werden, ihre Sympathie mit einem Regime bekundet: mit einem Verbrecherregime! Ist das belanglos? – Offensichtlich, für die Polizei in Salzburg ist es belanglos. Mehr als das: Es ist nicht nur belanglos, sondern es ist "Brauchtum". Brauchtum ist das in Österreich, wenn man, seine Nazi-Embleme und die Nazi-Sprüche vor sich hertragend, auf dem Salzburger Kommunalfriedhof aufmarschiert. Brauchtum ist das auch in den Augen des Innenministers; er sagt: Ja, das ist Brauchtum.

Aber, meine Damen und Herren, nicht mehr Brauchtum und darum grundsätzlich abzulehnen ist es, wenn auf dem Salzburger Kommunalfriedhof eine Kundgebung gegen dieses Brauchtum stattfinden soll. Das ist dann zu verbieten! Das meint auch der Herr Innenminister, und das meint natürlich die Salzburger Polizeidirektion. Auch wenn sich die Kundgebung dermaßen gestaltet – es ist ja nicht uninteressant, in welcher Situation und in welchem Ensemble das stattfindet –, dass zuerst der "Kameradschaftsbund" seine übliche Kranzniederlegung macht und dann eine politische Partei, nämlich die FPÖ, ihre Kranzniederlegung macht und einige Mandatare der FPÖ noch stehen bleiben, damit die Kundgebung der Waffen-SS wirklich als Brauchtum stattfinden kann, also diese Brauchtumsveranstaltung alter Nazis sichern. Das alles fällt unter Brauchtum.

Wenn dann einige Personen auf diesem Kommunalfriedhof herumstehen, Partezettel für ermordete Juden verteilen und fallen lassen, dann ist das ein Akt, der in den Augen der Salzburger Polizeidirektion nicht nur zu mehreren Verwaltungsstrafverfahren geführt hat, sondern auch die Salzburger Polizeidirektion zunächst veranlasst hat, bei der Staatsanwaltschaft anzufragen, ob nicht wegen Störung der Totenruhe – also wegen einer strafgesetzlichen Bestimmung – gegen diese Menschen, die sich dazu "erdreistet" haben, vorgegangen werden soll. Die Staatsanwaltschaft hat sich nicht dafür hergegeben, aber die Salzburger Polizeidirektion war und ist der Meinung, es ist etwas daran: Illegal stehen da Menschen auf dem Friedhof herum und demonstrieren für ermordete Juden – das muss man zumindest mit einem Verwaltungsstrafverfahren ahnden!

Ich erzähle Ihnen diese Geschichte nicht deswegen, weil ich klarmachen will, dass es mir erstens nichts ausgemacht hätte, ausgeliefert zu werden. Das wäre eine Schutzbehauptung. Ich weiß ja, dass Sie nicht ausliefern können und nicht ausliefern dürfen, wenn Sie sich hier in diesem Parlament ernst nehmen wollen.

Ich erzähle Ihnen diese Geschichte deshalb, um darauf aufmerksam zu machen, was dort in Salzburg geschehen ist – und noch immer geschieht. Es ist auch im heurigen Jahr wieder geschehen, weil sich das Vorgehen der Salzburger Polizeidirektion nur in Nuancen von jenem im vorigen Jahr unterschieden hat. Es wurde wieder eine Kundgebung angemeldet, nur hat die Polizeidirektion diesmal die Anmeldung nicht einmal ignoriert. So schaut es aus mit der Polizeidirektion in Salzburg!


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4. Sitzung / Seite 176

Ich erzähle Ihnen diese Geschichte auch deswegen, weil für mich von Anfang an klar war, dass ich als politischer Mandatar eine Kundgebung anmelde, und weil es auch für die Salzburger Polizeidirektion klar war, dass sie, wenn sie meine Kundgebung verbietet, die Kundgebung einer politischen Partei verbietet, während eine andere Partei unter dem Titel "Brauchtum" selbstverständlich ihre Kundgebung machen kann. Soll auch so sein, meine Damen und Herren von den Freiheitlichen, wenn Sie sich genügend distanzieren, was – Kollege Haigermoser war ja einer der Vormarschierer bei dieser FPÖ-Kundgebung – nicht deutlich genug geworden ist! (Abg. Haigermoser: Wer stalinistische ...! Archipel Gulag!) Die Distanz zur Waffen-SS! Herr Kollege Haigermoser, Ihre Distanz konnte ich mit eigenen Augen beobachten. Sie war so minimal! (Abg. Haigermoser: ... Archipel Gulag!) Aber das ist eine andere Geschichte.

Ich möchte bei der Salzburger Polizeidirektion bleiben. (Ruf bei den Freiheitlichen: Distanz vor allem zu den Kommunisten!) Die Salzburger Polizeidirektion hat von Anfang an gewusst, dass sie dieses Verwaltungsstrafverfahren gegen einen Mandatar führt, gegen einen Mandatar des Parlaments. Und es hat sie überhaupt nicht gestört, dieses Verfahren zu führen. Darum bin ich auch für die Ausschussfeststellung sehr dankbar – die das noch einmal deutlich hervorhebt –, in der der Innenminister beziehungsweise die Bundespolizeidirektion aufmerksam gemacht werden, dass sich auch die Salzburger Polizeidirektion gefälligst an Verfassungsgesetze halten soll.

Ich sage Ihnen, meine Damen und Herren, dieses Vorgehen ... (Abg. Haigermoser: Wie halten Sie die Gesetze?) Diese Kundgebung ist nur vorläufig durch die Salzburger Polizeibehörde verboten worden. (Abg. Haigermoser: Sie trampeln auf den Gräbern Verstorbener herum! Das ist politische Leichenfledderei!) Es ist deswegen eine Verfassungsklage anhängig, Herr Abgeordneter Haigermoser. (Abg. Haigermoser: Sie trampeln auf den Gräbern Verstorbener herum! Sie sollten sich schämen!) Sie sollten sich eigentlich dafür breit machen, dass eine politische Kundgebung gegen Waffen-SSler stattfinden kann. Sie sollten dafür eintreten, auch wenn Sie zeitlich und räumlich ziemlich wenig Distanz zu dieser Waffen-SS haben spüren lassen. (Ruf bei den Freiheitlichen: Ungeheuerlich! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Ich meine, man sollte diesen Vorfall nicht zum Thema Immunität diskutieren, sondern zu dem, was sich in Salzburg nach wie vor ereignet. (Abg. Scheibner: Auf dem Friedhof muss man nicht demonstrieren!) Sie haben ja eine Demonstration, Herr Abgeordneter Scheibner! Ist Ihnen nicht aufgefallen, dass die FPÖ jedes Jahr am 1. November demonstriert und dass Ihre Abgeordneten an der Spitze der Demonstration stehen? Betrachten Sie das nicht als politische Kundgebung? Ist das "Brauchtum", wenn eine politische Partei am 1. November demonstriert? (Widerspruch bei den Freiheitlichen.) Machen Sie sich nicht lächerlich, Herr Kollege Scheibner, das hat nichts mit Brauchtum zu tun! (Abg. Scheibner: Nein, das ist nicht lächerlich!) Das ist genauso eine politische Manifestation Ihrer Nähe und Ihrer Verbindung zu dieser Waffen-SS, wie es von Seiten der Waffen-SS eine Manifestation ihrer Gesinnung des Ewiggestrigen ist. (Abg. Scheibner: Die "K IV" ist keine freiheitliche Organisation!)

Wenn man dagegen demonstriert (Abg. Scheibner: Wer ist der Chef vom "Kameradschaftsbund", Herr Kollege Öllinger?), dann würde man sich von einer Polizeibehörde eigentlich Unterstützung und eben auch die Möglichkeit, diese Kundgebung stattfinden zu lassen, erwarten, nicht jedoch diese Vorgangsweise der Salzburger Polizeidirektion! Ich sage Ihnen, meine Damen und Herren: Es ist demokratiepolitisch bedenklich, wenn eine Behörde die Sprüche von Ewiggestrigen als "Brauchtum" bezeichnet und eine politische Kundgebung, die für ermordete Juden eintritt, unter dem Aspekt, dass es sich dabei um etwas politisch Widriges handelt, zu verbieten versucht. (Abg. Dr. Ofner: Was bedeutet das rote Licht eigentlich, Herr Präsident? – Freiwillig? Entschuldigung!)

Sie sollten sich das merken, Herr Kollege Ofner, auch wenn Sie hier ungeduldig werden, weil ich Ihnen in dieser Causa vielleicht zu lange rede. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Dr. Ofner: Ich kenne das Geschäft, ich bin ein Strafverteidiger! – Abg. Mag. Trattner – in Richtung Grüne –: ... nur ein Provokateur, sonst gar nichts! – Abg. Böhacker: Primitiv! – Abg. Mag. Trattner: Ja, es ist primitiv! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

21.14


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4. Sitzung / Seite 177

Präsident Dr. Andreas Khol:
Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Gradwohl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte.

21.15

Abgeordneter Heinz Gradwohl (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Zu meinem Vorredner und zu den Ausführungen meines Vorredners nur so viel: Kollege Öllinger, es gibt keinen sozialdemokratischen Bundesminister, der das Tragen von Nazi-Emblemen als Brauchtum ansieht (Abg. Jung: Es hat einen Minister gegeben, der war früher bei der SS! – Ruf bei den Freiheitlichen: Kabinett Kreisky I!), sondern es gibt sozialdemokratische Bundesminister, die sehr wohl dementsprechend bewusst mit der Vergangenheit umgehen. (Beifall bei der SPÖ.)

Aber ich möchte mich mit den vier Berichten aus dem Immunitätsausschuss, die heute hier im Hohen Haus zur Beschlussfassung anstehen, und mit der im Immunitätsausschuss vor vier Jahren eingeschlagenen Entscheidungspraxis beschäftigen. Dazu möchte ich kurz in Erinnerung rufen, dass wir im Jahre 1995 nach umfassender und langer Diskussion – alle, die damals im Immunitätsausschuss waren, wissen, dass bis in die frühen Morgenstunden darüber verhandelt wurde – eine Vier-Parteien-Einigung erreichen konnten, die zwei Dinge miteinander zu verbinden versuchte: zum einen, den Immunitätsschutz der Abgeordneten dieses Hauses aufrechtzuerhalten, aber zum anderen auch die Bürgerinnen und Bürger in die Lage zu versetzen, sich gegen Mandatare, die gegen die §§ 111, 113, 115 und 152 des Strafgesetzbuches verstoßen haben oder die beschuldigt werden, dagegen verstoßen zu haben, zur Wehr zu setzen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Entwicklung in den letzten Jahren gibt uns Recht, denn der Immunitätsausschuss hatte sich in den letzten Jahren seltener mit Auslieferungsbegehren zu beschäftigen. Das heißt, man könnte davon ableiten, dass sich die Abgeordneten des Hauses in ihren Äußerungen ein wenig mehr zurückhalten und dass sich damit der Ton der Abgeordneten verbessert hat. (Abg. Dr. Ofner: Ich möchte sagen, dass das Interesse an der gerichtlichen Verfolgung geringer geworden ist!) Das wäre auch eine Möglichkeit. Aber ich bleibe eher bei meiner Möglichkeit, Kollege Ofner. (Abg. Dr. Krüger: Das ist Ihr gutes Recht!) Danke vielmals.

Ich möchte mich aber in meinem Redebeitrag auch mit einem speziellen Fall auseinander setzen, und zwar mit dem Fall meines Kollegen Peter Keppelmüller. Um die Auslieferung des Kollegen Keppelmüller ist in einem Auslieferungsbegehren des Landesgerichtes für Strafsachen Wien ersucht worden. Es gibt dabei eine befremdliche Situation, eine für mich und nach der Beschlussfassung im Immunitätsausschuss für die Ausschussmitglieder insgesamt befremdliche Situation.

Mit Schreiben vom 12. November 1999, eingelangt im Hohen Haus am 18. November 1999, ist um die Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller ersucht worden. Die Frist für die Entscheidung hier im Hohen Haus läuft mit 11. Jänner 2000 ab. Kollege Keppelmüller als Beschuldigter hat jedoch eine Ladung des genannten Gerichtes, datiert mit 1. Dezember 1999, für die Hauptverhandlung, die am 31. Jänner 2000 stattfinden wird, erhalten. Das heißt, das Gericht hat sich nicht einmal die Mühe gemacht, die Bundesverfassung einzuhalten und abzuwarten (Abg. Gaugg: Kritik an der Justiz! Gibt’s sowas?), abzuwarten, Kollege Gaugg, bis der Immunitätsausschuss beraten beziehungsweise das Plenum fristgerecht entschieden hat, ob einer Auslieferung zugestimmt wird oder nicht. Diese Tatsachenfeststellung findet sich auch in einer Entschließung, die dem Bericht des Immunitätsausschusses beigedruckt ist, womit der Bundesminister für Justiz ersucht wird, die Gerichte insbesondere auf die Einhaltung des Artikels 57 B-VG aufmerksam zu machen, damit solche Dinge nicht mehr vorkommen.

Unser Klubvorsitzender Peter Kostelka hat in einem Schreiben an den Präsidenten ersucht, dies auch in der nächsten Präsidialkonferenz zu thematisieren. Ich gehe davon aus, dass die Präsidiale in diesem Fall – wie auch in dem von meinem Vorredner genannten Fall – die Regierungsmitglieder auffordern wird, die nachgeordneten Behörden darüber in Kenntnis zu setzen, wie die Immunitätspraxis zu handhaben ist.


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4. Sitzung / Seite 178

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eine weitere Klarstellung scheint mir wichtig zu sein, die sich ebenfalls in diesem Bericht des Immunitätsausschusses und im Antrag unter den Punkten 2 und 3 zum Auslieferungsbegehren Dipl.-Ing. Dr. Keppelmüller findet. Es geht darum, dass die inkriminierte Verteilung des Stenographischen Protokolls als sachliche und berufliche Immunität anzusehen und daher einer außerberuflichen Immunität nicht gleichzustellen ist. Die Entscheidungspraxis des Immunitätsausschusses hat ja auf die berufliche Immunität keinerlei Einfluss gehabt. Ich bin auch über diese beschlossene Tatsachenfeststellung in dem Antrag, der dem Bericht des Immunitätsausschusses beigedruckt ist, sehr froh.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich abschließend feststellen: Wir haben im Immunitätsausschuss auch darüber diskutiert, zukünftig eine überfraktionelle Arbeitsgruppe einzusetzen, die sich mit der weiteren Entscheidungspraxis beziehungsweise den rechtlichen Möglichkeiten und Verbesserungen vor allem auch im zivilrechtlichen Bereich im Immunitätsrecht beschäftigen wird. Ich bin zuversichtlich, dass es uns gelingen wird, in dieser fraktionsübergreifenden Arbeitsgruppe bei der Anpassung des Immunitätsrechts an die neuen Anforderungen den neuen Herausforderungen gerecht zu werden.

Geschätzte Damen und Herren! Nun wirklich zum Schluss kommend darf ich Ihnen sowie den Damen und Herren, die hier im Hohen Hause beschäftigt sind, für die bevorstehenden Festtage eine wirklich ruhige Zeit, ein frohes Weihnachtsfest und einen guten Rutsch in das neue Jahrhundert wünschen, gesegnet vor allem mit Gesundheit und Erfolg! (Beifall bei der SPÖ.)

21.22

Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Franz Steindl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte.

21.22

Abgeordneter Mag. Franz Steindl (ÖVP): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf mich zunächst für die einstimmige Wahl zum Obmann des Immunitätsausschusses bedanken. In der ersten Sitzung waren vier Tagesordnungspunkte zu behandeln. Wir hatten daher sehr viel zu tun, und vorher versuchten alle vier Parteien wirklich gemeinsam, die Auslieferungspraxis festzulegen.

Ich meine, dass sich der Grundsatzbeschluss der letzten Legislaturperiode bewährt hat. Es wird auf jeden Fall bei Privatanklagedelikten betreffend üble Nachrede, den Vorwurf einer schon abgetanen gerichtlich strafbaren Handlung, Beleidigung und Kreditschädigung auch in Zukunft ausgeliefert werden.

Die Bilanz gibt uns Recht. Ich kann mich in diesem Punkt den Ausführungen von Heinz Gradwohl nur anschließen. Wenn man sich etwa die Zahlen der XVII. Gesetzgebungsperiode ansieht, in welcher eine ganz andere Auslieferungspraxis geherrscht hat, dann kann man feststellen: Damals gab es 35 Fälle, in der letzten Legislaturperiode hingegen nur 21 Fälle. Das ist ein deutlicher Unterschied!

In den vier Fällen, die wir gestern im Ausschuss behandelt haben, waren Politiker aller Couleurs betroffen. Das heißt – und das möchte ich als Obmann dezidiert feststellen –, es gibt bei der Behandlung dieser Fälle keine Einseitigkeit. Und es ist tatsächlich nicht einzusehen und einem beleidigten Bürger auch nicht klarzumachen, warum ein Politiker in solchen Fällen Immunität genießen soll.

Die Diskussion im Ausschuss war meiner Meinung nach von Seiten aller vier Parteien sehr gut. Es gab unterschiedliche Standpunkte. Abgeordneter Graf hat seinen Standpunkt eingebracht, und ich kann mich daran erinnern, dass es in der vorigen Legislaturperiode sogar einen Antrag der Freiheitlichen auf Abschaffung der außerberuflichen Immunität gab. Völlig konträr ist die Meinung der Grünen: Abgeordnete Petrovic – Kollege Öllinger hat das jetzt auch betont – hat diesbezüglich eine ganz andere Haltung eingenommen.

Dennoch haben wir diese Fälle sehr differenziert behandelt. Und es zeigt sich, dass es gut ist, dass sich der Ausschuss mit jedem Fall beschäftigt und wir nicht gleich aufheben.


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4. Sitzung / Seite 179

Der Fall Öllinger ist ganz anders gelagert. Es geht um ein Verwaltungsdelikt, im Hinblick auf welches wir einstimmig gemeint haben, dass die Immunität in diesem Fall nicht aufgehoben werden sollte. Es kam zu der vorher beschriebenen Ausschussfeststellung, auch einstimmig, ebenso wie bei Keppelmüller. Auch in diesem Fall haben wir differenziert gehandelt, und es gab ebenfalls einstimmige Beschlüsse.

Ich meine daher zusammenfassend: An der beruflichen Immunität wird auf jeden Fall nicht gerüttelt und soll auch nicht gerüttelt werden, und auch an der außerberuflichen nicht. Vielmehr sollten wir uns jeden Fall für sich anschauen, und wir sind übereingekommen, dass wir der Praxis, die wir jetzt beschlossen haben, durch eine interparlamentarische Arbeitsgruppe noch einen Feinschliff geben werden. Als Obmann werde ich dafür sorgen, dass diese gleich zu Jahresbeginn eingesetzt wird, und es wird noch sehr viele Diskussionen über dieses Thema geben. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

21.25

Präsident Dr. Andreas Khol: Als vorläufig letzter Redner dazu gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Martin Graf. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten; Restredezeit seiner Fraktion: 8 Minuten. – Bitte.

21.25

Abgeordneter Dr. Martin Graf (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Vieles wurde von meinem Vorredner schon gesagt.

Die Grundsatzdebatte, die wir im Ausschuss zu führen begonnen haben, hat uns zumindest dazu bewegt, dass wir uns zur Einsetzung einer überfraktionellen Arbeitsgruppe entschlossen haben, um die Behandlung der Immunität in diesem Hause ihrem wirklichen Sinne zuzuführen.

Wir haben viele verschiedene Aspekte von verschiedenen Richtungen zu beleuchten, aber ich glaube, es sollte immer ein wesentliches Moment bei der parlamentarischen Immunität beziehungsweise bei der Absicherung des freien Mandates im Auge behalten werden, nämlich letztendlich der Gedanke, dass man einen Abgeordneten dieses Hohen Hauses nicht auf Grund von Äußerungen oder Behauptungen, die ja auch einer politischen Prüfung unterliegen, mundtot machen kann. Dazu hatten wir verschiedene Zugänge, und wir haben festgestellt, dass es tatsächlich nicht um die Paragraphen der üblen Nachrede geht, um einen Abgeordneten dieses Hohen Hauses mundtot zu machen, sondern im Wesentlichen – wie auch die Vergangenheit gezeigt hat – eher um die zivilrechtliche Komponente.

Ein Fall aus dem Wiener Landtag aus der jüngsten Zeit betrifft einen Abgeordneten der Grünen. Aber auch andere Fälle in der Vergangenheit haben gezeigt, dass es in der Folge von zivilrechtlichen Maßnahmen und Klagen, insbesondere wenn man gegenüber einem wirtschaftlich Mächtigen Behauptungen aufstellt und sich in politische Verantwortung nehmen lässt, letztendlich dazu kommen kann, dass die wirtschaftliche Existenz eines Abgeordneten gefährdet ist. Und das wollen wir, wie ich glaube, alle hier im Hohen Haus nicht! Daher wäre es gut, wenn wir uns darüber unterhalten, wie wir die parlamentarische Immunität jedes einzelnen Abgeordneten zeitgemäß regeln, sodass die Art und Weise, wie eine Auslieferung zu erfolgen hat, nicht ein willkürliches Instrument sein kann.

Dass man sich in der Vergangenheit an die Spruchpraxis gehalten hat, war in Wirklichkeit eine Verlegenheitslösung. Daher sollten wir dazu kommen, dass wir in Wirklichkeit ein Gesetz schaffen, an welches man sich halten muss. Man sollte sich nicht an die Spruchpraxis halten. Das ist mir am wesentlichsten, denn eine Spruchpraxis kann jederzeit geändert werden, je nachdem, wie sich die Mehrheitsverhältnisse ändern. Im Moment gibt es in gewissen Punkten einen Konsens, aber wir wissen nicht, wie sich das in Zukunft verhalten wird.

Kollegen Öllinger möchte ich noch etwas sagen, denn er hat in Wirklichkeit hier vom Rednerpult aus ein Tabu gebrochen, nämlich das Tabu, dass man von Seiten des Plenums weniger vom Inhaltlichen her versucht, einen Immunitätsfall zu beleuchten, es sei denn, man möchte wirklich politisches Kleingeld daraus schlagen. Sie versuchen das immer wieder! Sie versuchen, einige Dinge zu vermischen.


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Stenographisches Protokoll
4. Sitzung / Seite 180

Ich sage Ihnen ganz ehrlich: Es geht nicht an, dass Sie die Freiheitliche Partei dafür schändlich zu machen versuchen oder sie bösen Willens zeihen, nur weil sie seit über 40 Jahren am Allerheiligentag – am Tag, an dem man in dieser Republik der Toten gedenkt, und wir leben noch immer in einem mehrheitlich katholischen Land – auch an einem Kriegerdenkmal und Gefallenendenkmal, nämlich dem Denkmal der Gefallenen der beiden letzten Weltkriege, einen Kranz niederlegt! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

So wie es über 40 Vereine in Salzburg tun, so wie es Polizeieinheiten und verschiedenste Feuerwehreinheiten tun, macht es auch die Freiheitliche Partei. Herr Kollege Öllinger! Dieses Recht der Kranzniederlegung und dieses Recht der Brauchtumspflege lässt sich die FPÖ von Ihnen und Ihren Gesinnungsgenossen niemals nehmen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir werden dafür eintreten, dass auch die Feuerwehren, die Kameradschaftsbünde und die Polizei in Zukunft dort ihre Kränze niederlegen können. Sie können wirklich nicht von uns verlangen, dass wir auf dieses Recht verzichten!

Ich sage Ihnen: Sie sind auf die Gesetze dieser Republik vereidigt worden. Sie haben nicht nur einmal hier einen Eid abgelegt, sondern Sie sind schon mehrmals angelobt worden. Sie wissen: Wenn eine Demonstration nicht genehmigt ist, dann hat diese auch zu unterbleiben! Sie sind doch ein gesetzestreuer Bürger, oder etwa nicht? Ist es Ihnen da plötzlich nicht mehr viel wert? – Das ist Ihre Zweideutigkeit!

Auch wir verurteilen es, dass man gegen Sie als Abgeordneten ein Verfahren einleitet, Sie sogar in erster Instanz bestraft und Sie Berufung einlegen müssen. Da gehört die parlamentarische Immunität her, wenn Sie möglicherweise auch ein unbekannter Abgeordneter sind und die das vielleicht nicht gewusst haben, was ich durchaus attestiere. (Zwischenrufe bei den Grünen.)

Aber ich sage Ihnen: Mit Gesinnungsschnüffelei, wie Sie sie hier öfters an den Tag legen, wollen wir uns nicht in ein Bett legen. Wir werden dafür immer eintreten: dass wir auf einem Friedhof am Allerheiligentag und am Allerseelentag, so wie es viele Tausende und Abertausende Österreicher in diesem Land tun, Kränze niederlegen können. Das werden Sie uns nicht verbieten können. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

21.32

Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Zunächst gelangen wir zu Abstimmung über den Antrag des Immunitätsausschusses in 15 der Beilagen, Folgendes zu beschließen:

Erstens: In Behandlung des Ersuchens des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 12. November 1999 um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller wird im Sinne des Artikels 57 Abs. 3 des Bundes-Verfassungsgesetzes festgestellt, dass ein Zusammenhang zwischen der von dem Privatankläger behaupteten strafbaren Handlung und der politischen Tätigkeit des Abgeordneten zum Nationalrat Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller besteht.

Zweitens: Einer behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Dipl.-Ing. Dr. Keppelmüller wird insoweit zugestimmt, als das inkriminierte Verhalten unter die außerberufliche Immunität (Artikel 57 Abs. 3 B-VG) fällt.

Drittens: Sofern das Verteilen der Stenographischen Protokolle des Nationalrates inkriminiert wird, wird die Auffassung vertreten, dass eine Verfolgung auf Grund der sachlichen Immunität (Artikel 33 B-VG) ausgeschlossen ist. Ebenso würde der Verfolgung des Abgeordneten wegen der öffentlichen Wiedergabe eines Zitates einer im Beruf des Abgeordneten durch ihn selbst gemachten Äußerung die berufliche Immunität (Artikel 57 Abs. 1 B-VG) entgegenstehen.


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4. Sitzung / Seite 181

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich diesem Antrag anschließen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Dieser Antrag ist mehrheitlich angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Antrag des Immunitätsausschusses in 16 der Beilagen, Folgendes zu beschließen:

Erstens: In Behandlung des Ersuchens des Unabhängigen Verwaltungssenates Salzburg vom 15. November 1999 um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Karl Öllinger wird im Sinne des Artikels 57 Abs. 3 des Bundes-Verfassungsgesetzes festgestellt, dass ein Zusammenhang zwischen der behaupteten strafbaren Handlung und der politischen Tätigkeit des Abgeordneten zum Nationalrat Karl Öllinger besteht.

Zweitens: Einer behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat wird nicht zugestimmt.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich diesem Antrag anschließen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das wiederum geschieht einstimmig und ist einstimmig beschlossen. (Abg. Jung: Parnigoni ist sitzen geblieben!)

War es einstimmig? (Abg. Schieder: Ja! – Abg. Dr. Kostelka: Ja!)  – Danke. Ich darf noch einmal feststellen: Es war einstimmig.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Immunitätsausschusses in 17 der Beilagen, Folgendes zu beschließen:

Erstens: In Behandlung des Ersuchens des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 16. November 1999 um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Andreas Khol wird im Sinne des Artikels 57 Abs. 3 des Bundes-Verfassungsgesetzes festgestellt, dass ein Zusammenhang zwischen der von dem Privatankläger behaupteten strafbaren Handlung und der politischen Tätigkeit des Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Andreas Khol besteht.

Zweitens: Einer behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Andreas Khol wird zugestimmt.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich diesem Antrag anschließen, um ein Zeichen der Zustimmung. Bevor ich das Abstimmungsergebnis feststelle, möchte ich im Sinne § 68 Abs. 1 der Geschäftsordnung feststellen, dass ich diesem Antrag zustimme. – Der Antrag ist mehrheitlich angenommen.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Immunitätsausschusses in 18 der Beilagen, Folgendes zu beschließen:

Erstens: In Behandlung des Ersuchens des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 9. Dezember 1999 um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Ing. Peter Westenthaler wird im Sinne des Artikels 57 Abs. 3 des Bundes-Verfassungsgesetzes festgestellt, dass ein Zusammenhang zwischen der von dem Privatankläger behaupteten strafbaren Handlung und der politischen Tätigkeit des Abgeordneten zum Nationalrat Ing. Peter Westenthaler besteht.

Zweitens: Einer behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Ing. Peter Westenthaler wird zugestimmt.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich diesem Antrag anschließen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen.


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4. Sitzung / Seite 182

14. Punkt

Wahl der Vertreter Österreichs in die Parlamentarische Versammlung des Europarates

Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nunmehr zum 14. und letzten Punkt der Tagesordnung: Wahl der Vertreter Österreichs in die Parlamentarische Versammlung des Europarates.

Österreich entsendet sechs Mitglieder und ebenso viele Ersatzmitglieder. Vom Nationalrat sind sechs Mitglieder und drei Ersatzmitglieder, vom Bundesrat drei Ersatzmitglieder zu wählen.

Hinsichtlich der vom Nationalrat zu wählenden Mitglieder und Ersatzmitglieder liegt mir der Wahlvorschlag vor, als Mitglieder die Abgeordneten Edeltraud Gatterer, Dr. Alfred Gusenbauer, Dr. Susanne Riess-Passer, Herbert Scheibner, Peter Schieder, Dr. Michael Spindelegger und als Ersatzmitglieder die Abgeordneten Wolfgang Jung, Dr. Ilse Mertel und Mag. Terezija Stoisits zu wählen.

Da nur ein Wahlvorschlag vorliegt, werde ich im Sinne des § 66 Abs. 1 der Geschäftsordnung hierüber nicht mit Stimmzetteln, sondern durch das Erheben von den Sitzen abstimmen lassen.

Werden dagegen Einwendungen erhoben? – Das ist nicht der Fall.

Ich ersuche daher jene Damen und Herren, die für die Annahme des von mir bekannt gegebenen Wahlvorschlages sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Damit ist die Wahl der österreichischen Mitglieder in die Parlamentarische Versammlung des Europarates vollzogen.

*****

Bevor wir zur Behandlung des nächsten Verhandlungsgegenstandes kommen, möchte ich den ausgeschiedenen Abgeordneten, die den österreichischen Nationalrat im Europarat vertreten haben, meinen herzlichen Dank aussprechen: Frau Abgeordneter Karlsson, Frau Abgeordneter Langthaler und Herrn Abgeordnetem Moser.

Ich möchte aber auch jenen Abgeordneten besonderen Dank aussprechen, die ausgeschieden sind und sich langjährig mit dem Europarat befasst haben: Staatssekretär außer Dienst Dkfm. Holger Bauer, dem ehemaligen Klubobmann der Volkspartei DDr. Friedrich König und Dr. Walter Schwimmer, der inzwischen zum Generalsekretär des Europarates gewählt wurde.

Ich meine, all diese Abgeordneten haben unser Land würdig und effizient vertreten, es gebührt ihnen unser Dank! (Allgemeiner Beifall.)

Den neu gewählten Abgeordneten wünschen wir viel Glück und viel Wirksamkeit bei ihrer neuen Tätigkeit!

Damit ist die Tagesordnung erschöpft.

Anträge auf Einsetzung von Untersuchungsausschüssen

Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nun zur Verhandlung von zwei Anträgen auf Einsetzung von Untersuchungsausschüssen, die zu ähnlichen Themen beantragt wurden, wofür es ein unpräjudizielles Abkommen der Fraktionsführer aller vier Parteien gibt. Ich möchte das jetzt genau verlesen.

Erstens: Antrag der Abgeordneten Öllinger und Genossen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses betreffend Untersuchung der Aufsichtspflicht durch das Bundesministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales gegenüber dem Arbeitsmarktservice.


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4. Sitzung / Seite 183

Zweitens: Antrag der Abgeordneten Gaugg und Genossen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses betreffend Untersuchung der Verantwortung im Zusammenhang mit der mangelnden Effizienz arbeitsmarktpolitischer Maßnahmen und der Gebarung des Arbeitsmarktservice.

Beide Anträge wurden inzwischen an alle Abgeordneten verteilt.

Die Anträge haben folgenden Wortlaut:

Antrag

der Abgeordneten Öllinger, Freunde und Freundinnen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses gemäß § 33 GOG

Der Nationalrat wolle beschließen:

Zur Untersuchung folgender Gegenstände wird ein Untersuchungsausschuss eingesetzt:

Wahrnehmung der Aufsichtspflicht durch das BMAS gegenüber dem AMS, insbesondere im Zusammenhang mit

der spekulativen Veranlagung von Geldern des AMS,

dem Verkauf der AMS-Immobilie in der Weihburggasse 30,

der beabsichtigten treuhändischen Veranlagung von Geldern bei der Trigon Bank im Zusammenhang mit der Abwicklung dieses Kaufes.

Zusammensetzung: 4 SPÖ, 3 ÖVP, 3 FPÖ, 1 Grüne.

In formeller Hinsicht verlangen die unterfertigten Abgeordneten die Durchführung einer Debatte über diesen Antrag.

*****

Antrag

der Abgeordneten Gaugg und Kollegen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses gemäß § 33 GOG zur Untersuchung der Verantwortung im Zusammenhang mit der mangelnden Effizienz arbeitsmarktpolitischer Maßnahmen und der Gebarung des AMS

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Zur Untersuchung der politischen und rechtlichen Verantwortung im Zusammenhang mit der mangelnden Effizienz arbeitsmarktpolitischer Maßnahmen und der aufklärungsbedürftigen Gebarung des AMS wird ein Untersuchungsausschuss eingesetzt, der aus 17 Abgeordneten im Verhältnis 5 SPÖ, 4 FPÖ, 4 ÖVP und 1 Grüne besteht."

Die unterzeichneten Abgeordneten verlangen gemäß § 33 Abs. 2 GOG-NR die Durchführung einer Debatte über diesen Antrag.

*****

Präsident Dr. Andreas Khol: Im Einvernehmen zwischen allen vier Fraktionen des Hauses wird über die erwähnten Anträge eine einzige gemeinsame Debatte – noch einmal: unpräjudiziell, also ohne Beispielsfolgerungen – durchgeführt, wobei dem jeweiligen Erstredner zur Begründung eine Redezeit von je 10 Minuten zur Verfügung steht und im Anschluss daran je ein Redner pro Fraktion mit einer Redezeit von 5 Minuten zu Wort gelangt.


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4. Sitzung / Seite 184

Wird dagegen ein Einwand erhoben? – Das ist nicht der Fall; wir können daher so vorgehen.

Allfällige, aber nicht zu erwartende Stellungnahmen von Mitgliedern der Bundesregierung oder zu Wort gemeldeten Staatssekretären sollen nicht länger als 10 Minuten dauern.

Das Wort erhält zunächst der Antragsteller, Herr Abgeordneter Reinhard Gaugg. Gesetzliche Redezeit: 10 Minuten, freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte.

21.41

Abgeordneter Reinhart Gaugg (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren! Hohes Haus! Bedauerlicherweise ist bei dieser Debatte weder der Bundeskanzler noch die zuständige Ministerin anwesend.

All jene, die im Frühsommer dieses Jahres an den Sitzungen des Unterausschusses des Rechnungshofausschusses teilnahmen, in welchen die Gebarung von "Euroteam" untersucht wurde, wissen, wie brisant diese Angelegenheit ist. Die Vorgänge um "Euroteam", um die Verschwendung von Steuergeld, das im Interesse der Jugendlichen zur Verfügung gestellt wurde, sind eingehend behandelt worden und werden auch noch heute und jetzt Thema sein. Jedenfalls ist diese Angelegenheit bei der Staatsanwaltschaft anhängig, weil es unerträglich ist, dass sich ein sich in mehreren Firmengesellschaften gründendes Unternehmen ausschließlich damit beschäftigt, öffentliche Förderungsmittel zu lukrieren, und dessen Tätigkeit letztlich darin besteht. Das dürfte einmalig sein! Das ist auch an einzelnen Beispielen festzumachen.

All das, was sich im Rahmen von "Euroteam" ereignete, geschah vor den Augen des Arbeitsmarktservice. Dieses Arbeitsmarktservice hat nunmehr seine beide Direktoren wieder zu bestellen, und es hat jetzt öffentliche Aufmerksamkeit erregt, aber nicht vielleicht deshalb, weil es endlich einmal effizient Arbeitslose vermittelt – nein! –, sondern auf Grund von Geldtransaktionen, die dringend aufklärungsbedürftig sind. Einerseits geht es um den Verkauf einer Liegenschaft in der Weihburggasse 30, andererseits um die Wiederveranlagung dieser Mittel bei der Trigon Bank, die in letzter Zeit in öffentliche Turbulenzen geraten ist. All diese Vorfälle legen die Überlegung nahe, dringend einen Untersuchungsausschuss hier im Hohen Haus einzurichten, einerseits im Interesse der Steuerzahler, andererseits aber auch zum Schutz des Bundeskanzlers, der deshalb in diese Angelegenheit verwickelt ist, weil sein Sohn, Jan Klima, über Zuruf des "Euroteam"-Geschäftsführers dort eine Funktion innehatte. Er hat jedoch immer beteuert, das gehe ihn nichts an und Ähnliches mehr. – All das hat sich vor den Augen des Arbeitsmarktservice ereignet, vor den Augen des Bundeskanzlers und vor den Augen der Frau Sozialministerin Hostasch.

Ich bringe ein kleines Beispiel: Es gab ein Projekt, dessen Kosten sich auf 3,8 Millionen Schilling beliefen. Insgesamt nahmen daran acht Personen teil, und es waren fünf Trainer beschäftigt. Der Beschäftigungserfolg war jedoch gleich null. Keiner der acht Projektteilnehmer hat eine Beschäftigung bekommen. Interessant sind allerdings die Gesamtkosten von 3,8 Millionen Schilling, und sie sind umso interessanter, wenn man weiß, dass für die Projektleitung 837 000 S und für das Sekretariat sagenhafte 438 000 S ausgegeben wurden. – Das ist nur ein kleines Detail, zeigt aber, wie mit Steuergeld umgegangen wird: ohne Kontrolle und ohne entsprechende Maßnahmen. Offensichtlich verhält es sich so, dass solche Vorkommnisse beim Arbeitsmarktservice zu wenig geprüft werden können, weil die Herren mit Liegenschaftsverkäufen, Geldtransaktionen und anderem überbeschäftigt sind!

Dazu kommen noch sensationelle Reisetätigkeiten der dortigen Gesellschafter. Die Reisen haben sie zum Beispiel nach Südamerika, an die Côte d’Azur nach Frankreich und nach Palermo geführt – man staune: Dort waren die Herrschaften auch! Vielleicht haben sie dort ein bisschen etwas von der Mafia gelernt. Jedenfalls wurde all das mit Steuergeld finanziert, das im Interesse der österreichischen Jugendlichen hätte eingesetzt werden sollen – und nicht für die Reisetätigkeiten irgendwelcher wild gewordener Lehrlingsbeauftragter des Bundeskanzlers und des Sozialministeriums! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es hat eine Lehrlingsoffensive gegeben, bei welcher "Euroteam" vom Arbeitsmarktservice, vom Bundeskanzler und von der Frau Sozialminister wiederum beauftragt wurde, gefälligst dafür zu


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sorgen, dass arbeitslose Jugendliche eine entsprechende Beschäftigung bekommen. Und es ist sehr interessant, welche Maßnahmen in diesem Zusammenhang getroffen wurden. Wir haben all das miterlebt: Da hat der sattsam bekannte Herr Stuhlpfarrer – um ihn namentlich doch zu erwähnen; er ist jetzt in der Versenkung verschwunden und wartet, wie die gerichtlichen Erhebungen verlaufen werden – zum Beispiel die SPÖ Wien beraten. 243 lange Stunden ist er in der SPÖ Wien gesessen und hat um die Aufnahme eines Lehrlings gefleht. Der Erfolg war gleich null. Es ist kein einziger Lehrling aufgenommen worden.

Ebenso verhielt es sich bei den "Kinderfreunden" Wien: 343 Stunden Beratung, Aufnahmeerfolg null. Er hat auch die Gemeinde Wien beraten. Ich nehme an, auch mit Zustimmung der ÖVP, denn die SPÖ hat ja keine absolute Mehrheit mehr. Da hat es allerdings nur 152 Stunden gebraucht, und er hatte wieder null Erfolg.

Einmal hat man Erfolg gehabt. In einer Rechtsanwaltskanzlei sind die Herren nach den Aufzeichnungen, die sie geführt und nach denen sie auch verrechnet haben, 349 Beratungsstunden lang gesessen, und zwar in der Kanzlei Kraft und Winternitz. Dort wurde ein Lehrling aufgenommen. Wahrscheinlich wurde dieser Lehrling dort deshalb gebraucht, weil man bei 349 Beratungsstunden jemanden brauchte, der nachher den Schreibtisch wieder zusammenräumt oder die Kaffeetassen abserviert. Es ist geradezu abenteuerlich, wenn man sich vorstellt, dass jemand 349 Stunden auf diese Weise verbringt! Die Gesamtkosten beliefen sich auf – und das ist nicht mehr so lustig – 7 Millionen Schilling! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist der Grund dafür, dass dringender Handlungsbedarf im Interesse der Steuerzahler und letztlich in unser aller Interesse besteht, zu untersuchen, was wirklich im Arbeitsmarktservice läuft. Anscheinend agieren dort die Herren nach dem alten Proporzprinzip – auch dort gibt es einen roten und einen schwarzen Direktor –, wie es halt überall in den öffentlichen Betrieben nach wie vor bestens funktioniert. Wie gesagt: Das funktioniert dort hervorragend!

Letztlich kam es zu all diesen Vorfällen auch deshalb, weil auch dieser Verwaltungsrat parteipolitisch besetzt ist. Diese dürfen nicht so agieren, sehr wohl aber Herr Stuhlpfarrer, der seine Lehrjahre bei Herrn Klima verbracht und letztlich auf Steuerkosten jahrelang recht günstig und gut gelebt hat.

Ich könnte Ihnen noch andere Beispiele nennen, wie "Euroteam" vor den Augen des Arbeitsmarktservice agiert hat. Daher auch mein Ersuchen: Wenn Sie die Demokratie seit dem 3. Oktober ein wenig ernster nehmen – ich appelliere jetzt in besonderer Weise an die ÖVP, denn Abgeordneter Steindl hat sich besonders hervorgetan bei seinen Ausführungen vor dieser Legislaturperiode, dass dringender Aufklärungsbedarf besteht, dass es unbedingt notwendig ist, dass wir hier ... (Zwischenruf des Abg. Mag. Steindl. ) Herr Kollege Steindl! Jetzt ist der Dreck noch größer geworden – und das auf Kosten der Steuerzahler. Daher ist es endlich an der Zeit, dass Sie Ihre Fraktion davon überzeugen, dass sie der Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zustimmt. Sie werden dann mit Sicherheit ruhiger schlafen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es geht nicht an, dass einerseits die Mittel für die Arbeitslosen in Österreich gekürzt werden und sich andererseits in dieser Republik einige wenige Herren auf Kosten der Steuerzahler ein schönes Leben machen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

21.49

Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Öllinger. Redezeit: 10 Minuten, freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte.

21.49

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Meine Damen und Herren! Ich möchte etwas differenzierter vorgehen als Herr Kollege Gaugg – es geht dabei auch um ein bisschen anderes Thema. Weil wir aber glauben, dass "Euroteam" und AMS/Immobilienverwertung etwas miteinander zu tun haben, werden auch wir beide Anträge unterstützen.

Ich möchte Ihnen ganz kurz einige Daten zum Besten geben. Am 16. April erscheint in der "Wiener Zeitung" ein Inserat: AMS bietet Immobilie zum Verkauf an. – Am selben 16. April erreicht das AMS, und zwar um 0.53 Uhr, ein Fax, in dem eine Maklerfirma sagt, sie hätte dafür


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einen Interessenten. Später wird das AMS erklären: Dieses Fax des Interessenten beziehungsweise dieser Maklerfirma hat überhaupt nichts mit der beginnenden Feilbietungsfrist zu tun, sondern dieses Fax ist völlig unabhängig von der Feilbietungsfrist einige Wochen vorher geschrieben worden.

Später wird dann das AMS erklären: In diesem Fax der Maklerfirma hat die Maklerfirma schon verlangt, dass das AMS eine Provision zahlen muss. – Im Fax selbst ist von einer Provision keine Rede. Die Provision beschließt der Verwaltungsrat später, weil er annimmt, dass die Provision selbstverständlich bezahlt werden muss. Noch später wird sich herausstellen – aber leider nicht in den Gremien des AMS –, dass diese Maklerfirma nicht nur vom AMS, dem Verkäufer der Immobilie, eine Provision erhält, sondern selbstverständlich erhält sie auch vom Auftraggeber eine Provision.

Da gibt es auch den Anwalt Krüger, der weiß: Es ist ausgeschlossen, dass man von beiden Seiten eine Provision erhält. (Abg. Dr. Krüger: Nein, das ist handelsüblich ...! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Es ist üblich? (Abg. Dr. Krüger: Ja!) Es ist üblich, dass man von beiden als Auftraggeber ... (Abg. Dr. Krüger: Von beiden Seiten! Vom Verkäufer und vom Käufer!) Sie kennen nicht die Judikatur dazu, aber ich nehme an, Sie werden schon wissen, was Sie sagen.

Später wird das AMS feststellen müssen, dass der Anwalt des AMS – vielleicht sind Sie deswegen so aufgebracht – nicht nur Mitglied des freiheitlichen Ehrengerichtes der Wiener Freiheitlichen ist, sondern auch die Veranlagung bei der Trigon Bank aus eigenem Interesse ... (Abg. Scheibner: Wo ist der Mitglied?) Dr. Peter Fichtenbauer ist Mitglied eines Ehrengerichtes der Wiener Freiheitlichen. (Abg. Scheibner: Was für ein Ehrengericht? Wir haben kein Ehrengericht!) Da sitzen einige andere honorige FPÖ-Persönlichkeiten in diesem Ehrengericht. Dieser Dr. Peter Fichtenbauer, der auch als Verbindungsmann innerhalb der Anwaltskammer von Seiten der Freiheitlichen gilt, hat diese Veranlagung bei der Trigon Bank eingefädelt. Jetzt sage ich nicht, dass das eine freiheitliche Angelegenheit ist, aber es ist das ein Faktum.

Dieser Dr. Peter Fichtenbauer sagt dem AMS: Die Anlage dieses Verkaufserlöses in Höhe von 90 Millionen Schilling soll nicht in die Buchhaltung Eingang finden; es wäre ja verwirrend für das arme AMS, wenn auf einmal 90 Millionen Schilling in der normalen Gebarung aufscheinen würden; lassen wir es aus der normalen Finanzgebarung draußen; veranlagen wir das auf einem Treuhandkonto, zahlen wir von diesem Treuhandkonto am besten die Provision – die Maklerprovision, die ja nicht sehr öffentlich werden soll – und auch die Rechtsanwaltsgebühren weg; dann bekommt ihr keine Verwirrung in eurer normalen Gebarung.

Außerdem hat er einen Vorschlag dafür, wo das veranlagt werden soll: Er hat ein günstiges Angebot der Trigon Bank. – Das alles geschieht noch im Juni.

Gleichzeitig ist Herr Fichtenbauer auch Aufsichtsrat dieser Trigon Bank und weiß, nehme ich an, als Aufsichtsrat dieser Bank schon im Juni, dass es der Bank nicht sehr gut geht. Er ist dort nicht nur Aufsichtsrat – das sagt er dem AMS –, sondern er ist auch Aktionär dieser Bank – das sagt er dem AMS nicht mehr. Er hat also auch als Aktionär Interesse daran, dass das Geld in einer entscheidenden Phase bei dieser Bank veranlagt wird, weil es der Bank dann wieder besser geht.

Das AMS kann dieses Interesse nicht haben, dass das Geld in dieser kritischen Situation bei der Trigon Bank veranlagt wird, weil dieses Geld dann möglicherweise nicht mehr gesehen wird. Aber innerhalb des AMS unterstützen einige wichtige Herrschaften die Veranlagung bei der Trigon Bank. Tut mir Leid, es ist leider Ihr Vertreter im AMS, der das unterstützt hat: der Herr Böhm; er findet das gut. Erst dann, als die Trigon Bank kracht, und erst dann, als es AMS-intern Unruhe gibt, sagt Herr Böhm: Ich habe mich schon frühzeitig davon distanziert.

Das sind Fakten, meine Damen und Herren, die ich Ihnen hier gerne erzählt habe. Ich denke nämlich, allein schon diese Umstände: die mögliche Veranlagung von 90 Millionen öffentlicher Gelder in dem entscheidenden Moment, in dem die Trigon Bank kracht, dieses Anstreben inklusive der Provisionssachen, inklusive der sehr merkwürdigen Konstruktion von Gesellschaften


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auf der Käuferseite, die schon errichtet wurden, bevor der Zuschlag an den Käufer erteilt worden ist, sodass sich also der Käufer vor Ende der Feilbietungsfrist offensichtlich sehr sicher war, dass er diesen Zuschlag erhalten wird – all diese Konstruktionen also betreffen das AMS, sie betreffen wichtige Personen innerhalb des AMS, und sie betreffen das Sozialministerium als Aufsichtsbehörde.

Ihnen und uns sollte das eigentlich nicht egal sein. Es ist mehr als merkwürdig, was dort geschehen ist, meine Damen und Herren!

Bis jetzt habe ich die Geschichte noch gar nicht erzählt, wie Herr Böhm Gelder des AMS sozusagen auf einem Geldmarktkonto mit Devisenrisiko so schlecht veranlagt hat, dass ein beträchtlicher Zinsverlust entstanden ist. Am Rande notiere ich noch, dass es auch da aufklärungswürdige Tatbestände gibt.

Ich denke, das sollten eigentlich die Gründe sein, die zur Einsetzung eines Untersuchungsausschusses führen, denn wenn wir das nicht untersuchen und nicht für aufklärungsbedürftig halten, wenn wir es nicht für aufklärungsbedürftig halten, dass der Verwaltungsrat des AMS all dem zugestimmt hat, immer, zu jeder Zeit die Hand gehoben und gemeint hat, es sei alles in Ordnung, und das bis zur heutigen Zeit meint und alles versucht oder zumindest Klagen androht – es ist Herr Böhm, nicht der Verwaltungsrat, der das androht –, obwohl die Fakten schon auf dem Tisch liegen, wenn das alles nicht die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses rechtfertigt, dann frage ich Sie, meine Damen und Herren: Was soll dann überhaupt noch zu einem Untersuchungsausschuss führen? (Beifall bei den Grünen.)

21.57

Präsident Dr. Andreas Khol: Die Redezeit der nunmehr zu Wort gemeldeten Abgeordneten beträgt jeweils 5 Minuten.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Otmar Brix. Gesetzliche Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.

21.57

Abgeordneter Otmar Brix (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Gaugg hat fast deckungsgleich wieder jene Worte gefunden und jene Argumente verwendet, die er bereits vor dem Sommer verwendet hat. (Abg. Scheibner: Die Probleme haben sich ja nicht geändert!) Er hat gleichzeitig gegen die erkrankte Frau Bundesministerin hier den gleichen Angriff vorbereitet, der genauso ins Leere geht, wie er vor dem Sommer ins Leere gegangen ist. Er hat nur – bei all seinen Argumenten – ein Argument hier nicht vorgebracht, und darauf kommt es mir sehr an: Wir haben vor dem Sommer beschlossen, dass auf Antrag des Herrn Bundeskanzlers und auch der Frau Bundesministerin für Arbeit, Soziales und Gesundheit der Rechnungshof mit der Prüfung der gesamten Causa "Euroteam" beauftragt wird und dass der Rechnungshof seinen Bericht abzuliefern hat. (Präsident Dr. Fischer übernimmt wieder den Vorsitz.)

Ich denke, es ist demokratiepolitisch falsch, Verurteilungen vorzunehmen, bevor alle Fakten – und auf deren Feststellung durch den Rechnungshof warten wir noch – auf dem Tisch liegen. Sprechen wir doch dann weiter, wenn uns die Ergebnisse der Untersuchung des Rechnungshofes bekannt sind! Haben Sie soviel demokratiepolitisches Verständnis, dass auch Sie auf diesen Rechnungshofbericht warten – gehen Sie nicht vorher gegen die Demokratie vor, indem Sie etwas fordern, was noch nicht vorliegt! (Ruf bei den Freiheitlichen: Gegen die parlamentarische Mehrheit! – Abg. Scheibner: Nicht gegen die Demokratie! Gegen das "Euroteam"!)

Meine Damen und Herren! Ein Zweites: Beim AMS und jenem Bericht, den Abgeordneter Öllinger jetzt gebracht hat, liegen die Dinge ein bisschen anders. Es stimmt schon, dass in manchen Kreisen, bei manchen Personen auch solche Überlegungen, wie sie hier vorgebracht wurden, geplant waren. Es stimmt aber auch und ist ebenfalls richtig, dass diese Überlegungen nicht zur Ausführung gelangt sind, nämlich dann nicht, als Herbert Buchinger davon erfahren hat. Er hat es am 30. September 1999 erfahren, als ihm dieser Kaufvertrag zur Unterzeichnung vorgelegt wurde. Da wurde das gestoppt! (Abg. Öllinger: Ist das nicht schon einmal bedenklich,


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dass der Chef es erst am 30. September erfährt?) Daher muss man zunächst sagen: Es wurde gestoppt und kam nicht zur Durchführung. Das ist schon einmal etwas Wesentliches.

Man muss aber, Kollege Öllinger, wenn man hier von den Fakten spricht, die gesamten Fakten auf den Tisch legen. Dann muss man aber auch sagen, dass nach dem 30. September – wieder auf Vorschlag des Herbert Buchinger – dort nicht nur eine interne Revisionsprüfung, sondern auch eine Überprüfung mit beigezogenen externen Personen stattfindet. Auch auf das Ergebnis dieser Überprüfung ist zu warten. Man kann jetzt nicht eine Untersuchung einleiten, wenn man noch nicht endgültig Bescheid weiß – noch dazu, da dieser Verkauf gar nicht stattgefunden hat.

Aber ich gebe Ihnen darin Recht: Wie es bis zum 30. September gelaufen ist, war es sicherlich nicht korrekt.

Gerade dieser heutige Anlass liefert mir aber einen Grund dafür, zu sagen, dass die Sozialdemokraten und ihr Klubobmann vollkommen richtig damit gelegen sind, jetzt ins Gespräch gebracht zu haben – morgen wird das Geschäftsordnungs-Komitee tagen –, dass hier die Minderheitsrechte neu festgesetzt werden und dass die Minderheit noch mehr Möglichkeiten haben soll, auch solche Fälle zu untersuchen, in denen sie glaubt, unbedingt etwas finden zu müssen, obwohl manchmal beziehungsweise in den meisten Fällen gar nichts zu finden ist.

Aus heutiger Sicht ist sowohl dem einen als auch dem anderen Antrag keine Zustimmung zu geben. (Beifall bei der SPÖ.)

22.01

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kopf. – Bitte.

22.01

Abgeordneter Karlheinz Kopf (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren! Ich sage zu Beginn meiner Ausführungen durchaus selbstkritisch, dass eine Politik alten Stils Anträge auf Einsetzung von Untersuchungsausschüssen – ich sage jetzt einmal: auf jeden Fall; man könnte in Klammer setzen: ungeschaut – abgelehnt hat. Ich stelle fest, dass es uns von der ÖVP sehr ernst damit ist, einen neuen Stil der Politik nicht nur zu definieren, sondern künftig auch zu leben. (Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Dann fangt einmal an damit!)

Aber – und es tut mir deshalb ganz besonders Leid – es liegen heute zwei Anträge vor, die beide leider nicht geeignet sind, den Beweis dafür anzutreten. Ich werde auch begründen, warum diese beiden Anträge eben nicht geeignet sind, den Beweis dafür anzutreten, dass es uns ernst ist mit einer künftig anderen Vorgangsweise.

Erster Punkt: AMS, Antrag unseres "Märchenkochs" Öllinger: Die Suppe, Herr Kollege Öllinger, die Sie hier zu kochen versuchen, ist mehr als dünn – einen Liegenschaftsverkauf hier skandalisieren zu wollen, der noch nicht einmal abgewickelt ist! (Zwischenruf des Abg. Gaugg. ) Allein Ihre Einschätzung der Üblichkeit von Provisionen, die Kollege Krüger korrigieren musste, zeigt schon, wie wenig recherchiert, wie wenig fundiert dieser Antrag in Wirklichkeit ist.

Es wird weiters die Geldveranlagung kritisiert, und zwar nicht jene aus diesem Verkauf, der nicht stattgefunden hat, sondern generell die Veranlagung liquider Mittel des AMS. Es ist aber nach Untersuchungen eindeutig festzustellen, dass dem AMS aus der notwendigerweise stattfindenden Veranlagung solcher Mittel kein Schaden entsteht.

Letzten Endes frage ich mich: Wo bitte soll denn eine politische Verantwortung – und darum geht es doch wohl in Untersuchungsausschüssen – in diesem speziellen Fall vorliegen, den es als – unter Anführungszeichen – "Fall" gar nicht gibt? (Abg. Dr. Krüger: Sei doch ehrlich und sag, ihr habt den Koalitionspakt verlängert und dürft nicht zustimmen! Sei doch ehrlich!)

Letzten Endes bleibt in diesem Fall nur übrig, dass ein frustrierter AMS-Mitarbeiter einen Bericht über einen "Fall" – unter Anführungszeichen – verfasst hat, der weit davon entfernt ist, ein Fall zu sein.


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4. Sitzung / Seite 189

Zu guter Letzt hat der verantwortliche Herr Böhm, der schon namentlich zitiert wurde, das Ganze bei Gericht anhängig gemacht. Er hat das Ganze angezeigt, und die Gerichte werden untersuchen. (Abg. Gaugg: Was hat er denn angezeigt?) Ich bin gerne bereit, wir sind gerne bereit, über diesen Fall noch einmal zu reden, wenn auf Grund dieser gerichtlichen Verfolgung tatsächlich etwas herauskommt. (Abg. Gaugg: Das ist aber neu! Was hat der Herr Böhm angezeigt?)

Zweiter Punkt: "Euroteam", freiheitlicher Antrag, Gaugg: Dieser Fall bedarf nicht mehr einer Untersuchung durch einen Untersuchungsausschuss, weil der Unterausschuss des Rechnungshofausschusses bereits festgestellt hat, Herr Kollege Gaugg, dass dort – ich sage es einmal vornehm – öffentliche Mittel ineffizient eingesetzt worden sind (Abg. Dr. Petrovic: Und die Konsequenz?)  – ich komme gleich darauf –, dass es eine inakzeptable Verflechtung von Ministersekretären, Kanzlersohn und Subventionsempfänger gibt.

Frau Kollegin Petrovic! Die politische Verantwortung ist im Unterausschuss geklärt worden, nur hat sie zu keinen politischen Konsequenzen geführt. Da frage ich jetzt Herrn Klubobmann Kostelka als Antragsteller des vorhin diskutierten Antrages: Was nützt jede Änderung des Stimmenanteiles, den man braucht, um einen solchen Antrag einbringen beziehungsweise einen Untersuchungsausschuss beschließen zu können, was nützt jede Änderung, wenn danach die politische Verantwortung daraus nicht wahrgenommen wird?

Wenn wir das nicht ändern: unsere Auffassung dazu, was politische Verantwortung ist und wie sie zu tragen ist, dann wird uns auch weiterhin der Wähler die Antworten geben, Herr Kostelka, so, wie er sie Ihnen bei der letzten Wahl ganz besonders gegeben hat. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Kostelka: Aber gewonnen habt ihr gerade auch nicht!)

22.06

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Haupt. Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.

22.06

Abgeordneter Mag. Herbert Haupt (Freiheitliche): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Es hat sich zu den beiden Anträgen nach § 33 der Geschäftsordnung auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses immerhin eine interessante Debatte entwickelt. Für uns Freiheitlichen, Herr Kollege Kopf, ist erstens interessant, dass Sie zwar auf der einen Seite einen neuen Stil für die Österreichische Volkspartei apostrophiert, aber am heutigen Tag zumindest zweimal den alten Stil fortgeführt haben.

Das erste Mal geschah das heute in der Früh in der Rechnungshofausschuss-Sitzung, als Sie bei den Ladungen wieder nach altem Muster den Herrn Bundeskanzler, gepaart mit Herrn Bundesminister Bartenstein, nicht vorladen ließen, obwohl die Opposition beide als Auskunftspersonen für die entsprechenden Kapitel des Rechnungshofsberichtes haben wollte.

Weiters erhebt sich daher die Frage, wie Sie es dann machen werden, wenn die Rechnungshofberichte, die nunmehr im Zusammenhang mit dem AMS erarbeitet werden, hier vorgelegt werden. Werden Sie auch dann wieder die politische Verantwortung in der Form tragen, dass Sie, wenn die Opposition den Herrn Bundeskanzler und die Frau Bundesministerin als Auskunftspersonen haben will, wieder mit den Sozialdemokraten gemeinsam – so, wie heute in der Früh – im Sinne des neuen Stils, der für uns Freiheitlichen nur die Fortsetzung des alten Stils ist, abblocken und dann irgendeinen Sektionschef oder den Chef des AMS oder sonst jemanden aus der nachrangigen Hierarchie holen, weil Sie nicht bereit sind, der politischen Verantwortung nachzukommen, die Sie im Bericht des Unterausschusses des Rechnungshofausschusses am Ende der abgelaufenen Legislaturperiode zumindest in Teilen festgeschrieben haben? Wir Freiheitlichen haben unsere Position im Minderheitsbericht jedenfalls deutlich und klar festgeschrieben und auch andere Konsequenzen und andere Vorstellungen.

Dass Herr Kollege Kostelka und seine Fraktion überhaupt kein Interesse daran haben, die politische Verantwortung in diesem Bereich bis heute wahrzunehmen, weder im Bereich der Frau


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Bundesministerin Hostasch noch im Bereich des Herrn Bundeskanzlers und seines Dunstkreises, der im Zusammenhang mit den "Euroteam" zutage getreten ist, ist evident und klar.

Aber eines sage ich Ihnen, Herr Kollege Kopf – das sollten Sie sich auch merken –: Die Sozialdemokraten haben am 3. Oktober eine schwere Wahlniederlage erlebt, aber Sie im Beipack dieses alten Teams haben eine ebenso schwere Wahlniederlage erlebt! Ich glaube, wenn Sie im alten Stil weiter fortfahren werden, wird der 3. Oktober für Sie auch nicht lehrreich gewesen sein, sondern erst ein neuer Wahltermin 2000 oder etwas später. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wenn man endlich einmal auch den Unterschied machen würde, dass die Einleitung eines Untersuchungsausschusses keine Voranklage und auch keine Anklage ist, sondern der tatsächliche Beginn der Aufhellung der politischen Verantwortung – da möchte ich Kollegen Brix erwähnen –, und wenn daraus in einem neuen Stil dieses Parlaments dann auch die Verantwortung vom gesamten Plenum, wo sie evident ist, eingefordert werden würde, dann vielleicht würde dieses Parlament in der neuen Legislaturperiode Anerkennung bekommen.

Man sieht es ja heute: Die Grünen und die Freiheitlichen wären bereit, Untersuchungsausschüsse zur Untersuchung im Bereich des AMS in beiden Fällen einzusetzen. Die beiden Regierungsparteien der jetzigen Übergangsregierung jedoch sind nicht bereit, weder zum heutigen Zeitpunkt noch, wage ich zu behaupten, zu einem zukünftigen Zeitpunkt eine entsprechende Untersuchung zuzulassen, weil sie – entgegen ihren Versprechungen in der Öffentlichkeit – weiterhin das fortschreiben werden, was sie bereits in der Vergangenheit getan haben: zudecken, abmauern, nichts sehen, nichts hören und ja keinen Untersuchungsausschuss zulassen! – Herr Kollege Kopf, das ist nicht der neue Weg!

Wir Freiheitlichen werden beiden Anträgen zustimmen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

22.10

Präsident Dr. Heinz Fischer: Die Debatte über die Einsetzung von Untersuchungsausschüssen ist damit beendet.

Wir kommen zur Abstimmung, die über die beiden Anträge getrennt durchgeführt wird. Ich bitte daher, die Plätze einzunehmen.

Als Erstes gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Öllinger und Genossen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses.

Ich darf bitten, dass jene Damen und Herren, die dem Antrag Öllinger auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zustimmen, ein Zeichen geben. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist daher abgelehnt.

Als Nächstes lasse ich über den Antrag des Herrn Abgeordneten Gaugg auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses abstimmen.

Auch hier darf ich jene Damen und Herren, die dem Antrag des Herrn Abgeordneten Gaugg auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zustimmen, um ein Zeichen bitten. – Der Antrag hat nicht die erforderliche Mehrheit. Er ist daher abgelehnt.

Abstimmung über Fristsetzungsanträge

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir stimmen ab im Sinne dessen, was jeweils nach der Einbringung der diesbezüglichen Anträge angekündigt wurde, und zwar über den Antrag der Frau Abgeordneten Dr. Petrovic, dem Gesundheitsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 5/A (E) betreffend Umsetzung der Forderungen des Gentechnik-Volksbegehrens eine Frist bis zum 24. Jänner 2000 zu setzen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Fristsetzungsantrag zustimmen, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.


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Wir stimmen weiters ab über den Antrag der Frau Abgeordneten Dr. Petrovic, dem Gleichbehandlungsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 6/A (E) betreffend Umsetzung des Frauen-Volksbegehrens ebenfalls eine Frist bis zum 24. Jänner 2000 zu setzen.

Auch hier darf ich für den Fall der Zustimmung um ein Zeichen ersuchen. – Der Antrag hat nicht die erforderliche Mehrheit und ist daher abgelehnt.

Einlauf

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich gebe noch bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 47/A bis 59/A eingebracht wurden.

Ferner sind die Anfragen 158/J bis 206/J eingelangt.

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Die nächste Sitzung des Nationalrates, die geschäftsordnungsmäßigen Mitteilungen dienen wird, berufe ich für 22.13 Uhr – das ist unmittelbar nach Schluss dieser Sitzung – ein.

Diese Sitzung ist geschlossen.

Schluss der Sitzung: 22.13 Uhr