Stenographisches Protokoll

117. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

 

XXII. Gesetzgebungsperiode

 

Freitag, 8. Juli 2005

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Stenographisches Protokoll

117. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXII. Gesetzgebungsperiode                              Freitag, 8. Juli 2005

Dauer der Sitzung

Freitag, 8. Juli 2005: 9.15 – 16.26 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Schulorganisationsgesetz, die 5. Schulorgani­sationsgesetz-Novelle, das Pflichtschulerhaltungs-Grundsatzgesetz, das Schulzeitge­setz 1985, das Schulpflichtgesetz 1985, das Schulunterrichtsgesetz, das Schulunter­richtsgesetz für Berufstätige, das Bundesgesetz über Schulen zur Ausbildung von Leibeserziehern und Sportlehrern, das Land- und forstwirtschaftliche Bundesschul­gesetz, das Bundesgesetz betreffend die Grundsätze für land- und forstwirtschaftliche Berufsschulen, das Bundesgesetz betreffend die Grundsätze für land- und forstwirt­schaftliche Fachschulen und das Bundesgesetz über die Berufsreifeprüfung geändert werden (Schulrechtspaket 2005), und Bericht über den

Antrag 487/A (E) der Abgeordneten Beate Schasching, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Umbenennung des Unterrichtsgegenstandes „Leibesübungen“ in „Bewegung und Sport“ sowie über den

Antrag 469/A (E) der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Qualitätsoffensive für die Schulen

2. Punkt: Bericht über den Antrag 620/A (E) der Abgeordneten Dieter Brosz, Kollegin­nen und Kollegen betreffend Bericht über die Umsetzungskosten der Empfehlungen der Zukunftskommission

3. Punkt: Bericht über den Antrag 630/A (E) der Abgeordneten Dieter Brosz, Kollegin­nen und Kollegen betreffend Rechtsanspruch auf Nachmittagsbetreuung

4. Punkt: Bericht über den Antrag 589/A (E) der Abgeordneten Dieter Brosz, Kollegin­nen und Kollegen betreffend Kassasturz im Schulbereich

5. Punkt: Bericht und Antrag über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Universitätsgesetz 2002 geändert wird

6. Punkt: Bericht über die Bürgerinitiative (19/BI) betreffend „Sicherstellung der Schul­qualität an Österreichs Pflichtschulen“

7. Punkt: Bundesgesetz über die strategische Prüfung im Verkehrsbereich (SP-V-Ge­setz)


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117. Sitzung / Seite 2

8. Punkt: Bericht über den Antrag 554/A (E) der Abgeordneten Mag. Dr. Magda Bleck­mann, Fritz Grillitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Übertragung der B 317 zwi­schen Scheifling und Klagenfurt in den Zuständigkeitsbereich der ASFINAG

9. Punkt: Bericht über den Antrag 482/A (E) der Abgeordneten Heinz Gradwohl, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend Übernahme der Scheitelstrecke der B 317 über den Perchauer Sattel in den Zuständigkeitsbereich der ASFINAG und ihren vierspurigen Ausbau

10. Punkt: Bericht über den Antrag 649/A der Abgeordneten Klaus Wittauer, Werner Miedl, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesge­setz vom 6. Juli 1960, mit dem Vorschriften über die Straßenpolizei erlassen werden (Straßenverkehrsordnung 1960 – StVO 1960), geändert wird

11. Punkt: Bericht über den Antrag 653/A (E) der Abgeordneten Dr. Franz-Joseph Huainigg, Klaus Wittauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Zugänglichkeit des öffentlichen Verkehrs für ältere, behinderte und kleine Menschen

12. Punkt: Bericht über den Antrag 651/A der Abgeordneten Klaus Wittauer, Werner Miedl, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesge­setz über Aufgaben und Organisation der Bundes-Wasserstraßenverwaltung – Was­serstraßengesetz geändert wird (Wasserstraßengesetznovelle 2005)

13. Punkt: Bericht über den Antrag 650/A der Abgeordneten Klaus Wittauer, Werner Miedl, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Luftfahrt­gesetz geändert wird

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Inhalt

Personalien

Verhinderungen .............................................................................................................. 13

Geschäftsbehandlung

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung .......................................................................................................... 14

Ausschüsse

Zuweisungen .................................................................................................................. 13

Verhandlungen

Gemeinsame Beratung über

1. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über die Regierungsvorlage (975 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Schulorganisationsgesetz, die 5. Schul­organisationsgesetz-Novelle, das Pflichtschulerhaltungs-Grundsatzgesetz, das Schulzeitgesetz 1985, das Schulpflichtgesetz 1985, das Schulunterrichtsgesetz, das Schulunterrichtsgesetz für Berufstätige, das Bundesgesetz über Schulen zur Ausbildung von Leibeserziehern und Sportlehrern, das Land- und forstwirtschaft­liche Bundesschulgesetz, das Bundesgesetz betreffend die Grundsätze für land- und forstwirtschaftliche Berufsschulen, das Bundesgesetz betreffend die Grund­sätze für land- und forstwirtschaftliche Fachschulen und das Bundesgesetz über die Berufsreifeprüfung geändert werden (Schulrechtspaket 2005), und über den


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117. Sitzung / Seite 3

Antrag 487/A (E) der Abgeordneten Beate Schasching, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umbenennung des Unterrichtsgegenstandes „Leibesübungen“ in „Be­wegung und Sport“ sowie über den

Antrag 469/A (E) der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Qualitätsoffensive für die Schulen (1044 d.B.) ............................................................... 14

2. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 620/A (E) der Abgeordneten Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Bericht über die Umsetzungskosten der Empfehlungen der Zukunftskommission (1046 d.B.) ................................................................................... 15

3. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 630/A (E) der Abgeordneten Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Rechtsan­spruch auf Nachmittagsbetreuung (1047 d.B.)                   15

4. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 589/A (E) der Abgeordneten Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kassasturz im Schulbereich (1049 d.B.) ............ 15

Redner/Rednerinnen:

Dieter Brosz ...........................................................................................................  15, 58

Werner Amon, MBA ..................................................................................................... 19

DDr. Erwin Niederwieser ............................................................................................. 22

Mag. Dr. Magda Bleckmann ........................................................................................ 25

Bundesministerin Elisabeth Gehrer .......................................................................... 29

Sabine Mandak ............................................................................................................. 31

Dr. Gertrude Brinek ..................................................................................................... 34

Josef Broukal ................................................................................................................ 37

Barbara Rosenkranz .................................................................................................... 40

Staatssekretär Mag. Karl Schweitzer ..................................................................  42, 61

Michaela Sburny ........................................................................................................... 45

Fritz Neugebauer .......................................................................................................... 46

Beate Schasching ........................................................................................................ 48

Dipl.-Ing. Elke Achleitner ............................................................................................. 49

Mag. Brigid Weinzinger ............................................................................................... 51

Silvia Fuhrmann ........................................................................................................... 53

Christian Faul ............................................................................................................... 54

Marialuise Mittermüller ............................................................................................... 56

Mag. Walter Posch (tatsächliche Berichtigung) ........................................................... 60

Mag. Dr. Alfred Brader ................................................................................................ 61

Gabriele Heinisch-Hosek ............................................................................................. 62

DDr. Erwin Niederwieser (tatsächliche Berichtigung) ................................................ 64

Carina Felzmann .......................................................................................................... 64

Dr. Robert Rada ............................................................................................................ 65

Konrad Steindl .............................................................................................................. 66

Mag. Kurt Gaßner ......................................................................................................... 68

Dr. Andrea Wolfmayr ................................................................................................... 70

Dipl.-Ing. Klaus Hubert Auer ....................................................................................... 71

Johann Rädler .............................................................................................................. 71

Annahme des Gesetzentwurfes in 1044 d.B. ................................................................ 72

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 1044 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend Kosten der Berufsreifeprüfung (E 125) ....................................................................................... 73

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 1044 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend Überprüfung von Verhaltensvereinbarungen und Erzie­hungsmittel für Lehrer/innen (E 126)                        73


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Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 1044 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend Umsetzung einer qualitativ hochwertigen Tagesbetreuung (E 127) .............................. 73

Kenntnisnahme der drei Ausschussberichte 1046, 1047 und 1049 d.B. ...................... 73

5. Punkt: Bericht und Antrag des Unterrichtsausschusses über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Universitätsgesetz 2002 geändert wird (1045 d.B.) ................................................ 74

Redner/Rednerinnen:

Josef Broukal ................................................................................................................ 74

Dr. Gertrude Brinek ..................................................................................................... 75

Dr. Kurt Grünewald ...................................................................................................... 80

Mag. Dr. Magda Bleckmann ........................................................................................ 83

Josef Broukal (tatsächliche Berichtigung) ................................................................... 86

Bundesministerin Elisabeth Gehrer .......................................................................... 86

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl ........................................................................................... 88

Dr. Andrea Wolfmayr ................................................................................................... 89

Dipl.-Ing. Elke Achleitner ............................................................................................. 90

Dr. Alexander Van der Bellen ..................................................................................... 91

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald, Josef Broukal, Kolleginnen und Kollegen betreffend Sicherstellung von Studienplätzen für öster­reichische Studierende – Ablehnung          82, 92

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Gertrude Brinek, Mag. Dr. Mag­da Bleckmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend europäische Studierenden­mobilität – Annahme (E 128) .  85, 92

Annahme des Gesetzentwurfes ..................................................................................... 91

6. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über die Bürgerinitiative (19/BI) betreffend „Sicherstellung der Schulqualität an Österreichs Pflichtschulen“ (1048 d.B.) .............................................. 92

Redner/Rednerinnen:

Dieter Brosz .................................................................................................................. 92

Werner Amon, MBA ..................................................................................................... 94

Sabine Mandak ............................................................................................................. 95

Ulrike Königsberger-Ludwig ...................................................................................... 96

Bundesministerin Elisabeth Gehrer .......................................................................... 97

Mag. Dr. Magda Bleckmann ........................................................................................ 98

Anna Franz .................................................................................................................... 99

Anita Fleckl ................................................................................................................. 100

Nikolaus Prinz ............................................................................................................. 100

Dr. Robert Rada .......................................................................................................... 101

Notburga Schiefermair .............................................................................................. 102

DDr. Erwin Niederwieser ........................................................................................... 102

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dieter Brosz, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Vorlage eines Berichts über die Kosten der Senkung der Klassen­schülerInnenhöchstzahlen auf 25 im Pflichtschulbereich – Ablehnung ..............................................................................................................  93, 103

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 1048 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend Einrichtung einer Arbeitsgruppe mit dem Prüfauftrag einer möglichen Senkung der gesetzlichen Klassenschülerhöchstzahlen (E 129) .......................................................................... 103


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117. Sitzung / Seite 5

Gemeinsame Beratung über

7. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (995 d.B.): Bundesgesetz über die strategische Prüfung im Verkehrsbereich (SP-V-Gesetz) (1002 d.B.) ........................ 103

8. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 554/A (E) der Ab­geordneten Mag. Dr. Magda Bleckmann, Fritz Grillitsch, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Übertragung der B 317 zwischen Scheifling und Klagenfurt in den Zuständigkeitsbereich der ASFINAG (1003 d.B.) ...................... 103

9. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 482/A (E) der Ab­geordneten Heinz Gradwohl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Übernahme der Scheitelstrecke der B 317 über den Perchauer Sattel in den Zuständigkeits­bereich der ASFINAG und ihren vierspurigen Ausbau (1004 d.B.)                       104

Redner/Rednerinnen:

Dr. Gabriela Moser ..................................................................................................... 104

Werner Miedl ............................................................................................................... 106

Kurt Eder ..................................................................................................................... 107

Dipl.-Ing. Elke Achleitner ........................................................................................... 109

Heidemarie Rest-Hinterseer ..................................................................................... 110

Fritz Grillitsch ............................................................................................................. 111

Heinz Gradwohl .......................................................................................................... 112

Mag. Dr. Magda Bleckmann ...................................................................................... 113

Dr. Elisabeth Hlavac ................................................................................................... 113

Franz Glaser ................................................................................................................ 114

Gerhard Steier ............................................................................................................ 114

Peter Haubner ............................................................................................................. 115

Anita Fleckl ................................................................................................................. 116

Josef Bucher ............................................................................................................... 116

Ing. Josef Winkler ....................................................................................................... 117

Johannes Schweisgut ............................................................................................... 118

Staatssekretär Mag. Helmut Kukacka ..................................................................... 118

Johannes Zweytick .................................................................................................... 119

Annahme des Gesetzentwurfes in 1002 d.B. .............................................................. 120

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 1003 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend Übertragung der B 317 zwischen Scheifling und Klagenfurt in den Zuständigkeitsbereich der ASFINAG (E 130) ....................................................................................................................................... 120

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 1004 d.B. ................................................... 120

10. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 649/A der Abge­ordneten Klaus Wittauer, Werner Miedl, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 6. Juli 1960, mit dem Vorschrif­ten über die Straßenpolizei erlassen werden (Straßenverkehrsordnung 1960 – StVO 1960), geändert wird (1005 d.B.) ........................................................................ 120

Redner/Rednerinnen:

Mag. Karin Hakl .......................................................................................................... 120

Gabriele Binder .......................................................................................................... 122

Dipl.-Ing. Elke Achleitner ........................................................................................... 122

Dr. Gabriela Moser ..................................................................................................... 123

Günter Kößl ................................................................................................................ 124

Peter Marizzi ............................................................................................................... 124

Markus Fauland .......................................................................................................... 125

Dipl.-Ing. Günther Hütl ............................................................................................... 125


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117. Sitzung / Seite 6

Martin Preineder ......................................................................................................... 126

Johannes Schweisgut ............................................................................................... 127

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 127

11. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 653/A (E) der Ab­geordneten Dr. Franz-Joseph Huainigg, Klaus Wittauer, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend die Zugänglichkeit des öffentlichen Verkehrs für ältere, behinderte und kleine Menschen (1006 d.B.) .................................................... 128

Redner/Rednerinnen:

Dr. Gabriela Moser ..................................................................................................... 128

Dr. Franz-Joseph Huainigg ....................................................................................... 129

Theresia Haidlmayr .................................................................................................... 129

Mag. Christine Lapp ................................................................................................... 132

Dr. Helene Partik-Pablé ............................................................................................. 133

Christine Marek .......................................................................................................... 134

Norbert Sieber ............................................................................................................ 135

Martin Preineder ......................................................................................................... 135

Sabine Mandak ........................................................................................................... 136

Entschließungsantrag der Abgeordneten Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen betreffend konkrete Maßnahmen mit klarem Zeithorizont für die Zu­gänglichkeit des öffentlichen Verkehrs für behinderte, ältere und kleine Menschen sowie deren Sicherheit im öffentlichen Straßenverkehr – Ablehnung              131, 137

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 1006 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend die Zugänglichkeit des öffentlichen Verkehrs für ältere, be­hinderte und kleine Menschen (E 131)                    137

Gemeinsame Beratung über

12. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 651/A der Abge­ordneten Klaus Wittauer, Werner Miedl, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über Aufgaben und Organisation der Bundes-Wasserstraßenverwaltung – Wasserstraßengesetz geändert wird (Was­serstraßengesetznovelle 2005) (1007 d.B.) ........................................................ 137

13. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 650/A der Abge­ordneten Klaus Wittauer, Werner Miedl, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Luftfahrtgesetz geändert wird (1008 d.B.) ............................................................................................................ 137

Redner/Rednerinnen:

Kurt Eder ..................................................................................................................... 138

Dipl.-Ing. Mag. Roderich Regler ............................................................................... 138

Petra Bayr ................................................................................................................... 139

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann ................................................................................. 140

Heidemarie Rest-Hinterseer ..................................................................................... 141

Franz Xaver Böhm ..................................................................................................... 142

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 1007 und 1008 d.B. ..................................... 143

Eingebracht wurden

Petitionen ...................................................................................................................... 13

Petition betreffend „Die Auswirkungen der Reformpläne für die Polizei in der Lan­deshauptstadt St. Pölten“ (Ordnungsnummer 68) (überreicht von den Abgeord­neten Anton Heinzl und Beate Schasching)


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Petition betreffend „Umsetzung der EU-Agrarreform“ (Ordnungsnummer 69) (überreicht vom Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber)

Regierungsvorlage ...................................................................................................... 14

1001: Satzung der Internationalen Fernmeldeunion und Vertrag der Internatio­nalen Fernmeldeunion, Genf 1992, geändert durch die Konferenz der Regie­rungsbevollmächtigten (Kyoto 1994) und durch die Konferenz der Regierungsbe­vollmächtigten (Minneapolis 1998); Urkunde zur Änderung der Satzung und des Vertrags der Internationalen Fernmeldeunion (Marrakesch 2002) samt Erklärun­gen und Vorbehalten

Anträge der Abgeordneten

Bettina Stadlbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend eine dringend notwendige Reform des Unterhaltsrechtes (676/A) (E)

Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsverfassungsgesetz geändert wird (677/A)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend Änderungen der Rechtsan­waltsordnung (RAO), des Rechtsanwalts-Tarifgesetzes (RATG) und weiterer Regelun­gen hinsichtlich der freien Rechtsberufe (678/A) (E)

Dr. Andreas Khol, Herbert Scheibner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Errichtung eines Zukunftsfonds der Republik Österreich (Zukunftsfonds-Gesetz) und ein Bundesgesetz über die Errichtung einer Stipendienstiftung der Republik Österreich (Stipendienstiftungs-Gesetz) erlassen werden (679/A)

Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Gläserne Par­teienkassen“ (680/A) (E)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Berücksichtigung der Mei­nung der Bevölkerung zum geplanten Bau der Autobahn A 3 im Raum Wulkaproders­dorf durch Änderung des Bundesstraßengesetzes (681/A) (E)

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend österreichi­sches Programm für die ländliche Entwicklung 2007 bis 2013 (682/A) (E)

Silvia Fuhrmann, Dipl.-Ing. Uwe Scheuch, Sabine Mandak, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Initiative für bundeseinheitliche Bestimmungen auf dem Gebiet des Jugendschutzes (683/A) (E)

Dr. Christoph Matznetter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Vereinfachung der Steuererklärungen (684/A) (E)

Günter Kößl, Dr. Helene Partik-Pablé, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Fremdenpolizeigesetz 2005, das Niederlassungs- und Aufent­haltsgesetz und das Ausländerbeschäftigungsgesetz geändert werden (685/A)

Mag. Ulrike Lunacek, Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erlass eines Gesetzes zur Einführung einer Devisentransaktionssteuer (686/A) (E)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Berücksichtigung der Mei­nung der Bevölkerung zum geplanten Bau der Schnellstraße S 7 im Raum Oststeier­mark-Südburgenland durch Änderung des Bundesstraßengesetzes (687/A) (E)


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117. Sitzung / Seite 8

Mag. Elisabeth Grossmann, Sabine Mandak, Kolleginnen und Kollegen betreffend Initiative für bundeseinheitliche Bestimmungen auf dem Gebiet des Jugendschutzes (688/A) (E)

Anfragen der Abgeordneten

Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend nicht vorhandenes Wechselgeld der Post AG bei Paketzustellungen (3264/J)

Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Dienstreisen im gesamten Jahr 2004 (3265/J)

Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für auswär­tige Angelegenheiten betreffend Dienstreisen im gesamten Jahr 2004 (3266/J)

Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Dienstreisen im gesamten Jahr 2004 (3267/J)

Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Dienstreisen im gesamten Jahr 2004 (3268/J)

Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesund­heit und Frauen betreffend Dienstreisen im gesamten Jahr 2004 (3269/J)

Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Dienstreisen im gesamten Jahr 2004 (3270/J)

Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Dienstreisen im gesamten Jahr 2004 (3271/J)

Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung betreffend Dienstreisen im gesamten Jahr 2004 (3272/J)

Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Dienstreisen im gesamten Jahr 2004 (3273/J)

Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend Dienstreisen im gesam­ten Jahr 2004 (3274/J)

Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Dienstreisen im gesamten Jahr 2004 (3275/J)

Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Dienstreisen im gesamten Jahr 2004 (3276/J)

Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Neubau der Höheren Bundeslehranstalt für Tou­rismus und wirtschaftliche Berufe in Wien-Donaustadt (3277/J)

Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend neues Gymnasium für Wien-Donaustadt (3278/J)

Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissen­schaft und Kultur betreffend Schul- und LehrerInnendaten der Schuljahre 2003/2004 sowie 2004/2005 (3279/J)


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117. Sitzung / Seite 9

Dr. Gertrude Brinek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Leistungen der Bundesgärten für Wien und seine Bevölkerung (3280/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend „Post: Paketzusteller ohne Wechselgeld unter­wegs“ (3281/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesund­heit und Frauen betreffend: „Wild- und Wildfleischuntersuchungen 2004“ (3282/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend „Vollziehung Weinge­setz 2004 – Kontrolle durch Bundeskellereiinspektion – Importkontrollen“ (3283/J)

Dr. Robert Rada, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Kontrolle illegaler Arbeitnehmer (3284/J)

Gabriele Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bil­dung, Wissenschaft und Kultur betreffend die Erwachsenenbildung für Frauen unter besonderer Berücksichtigung von Migrantinnen (3285/J)

Gabriele Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend die Kürzung finanzieller Mittel für frauenspezifische (Beratungs-)Einrichtungen (3286/J)

Peter Marizzi, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betref­fend Treibstoff- und Heizölpreise (3287/J)

Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Rückerstattung der Kosten der Geburtstagsparty von Staatssekretär Franz Morak (3288/J)

Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Rückerstattung der Kosten der Geburtstagsparty von Staatssekretär Franz Morak (3289/J)

Erika Scharer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend „Pille-danach“ – Spießrutenlauf bis zum Erhalt der „Pille-danach“ in ländlichen Regionen (3290/J)

Erika Scharer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wis­senschaft und Kultur betreffend Nachhilfe: Schwarzmarktfaktor oder reguläre private Dienstleistung? (3291/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres be­treffend „Biometrie – Hochsicherheitspässe: Einführung – Sicherheit – Datenschutz – Kosten – Nutzen?“ (3292/J)

Gerhard Steier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forst­wirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Unzulänglichkeiten bei der Mittel­einhebung im ARA-System (3293/J)

Mag. Walter Posch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend zusätzlichen Personalbedarf beim AMS (3294/J)


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117. Sitzung / Seite 10

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend „Sommerlager“ für Kinder und Jugendliche, veranstaltet von rechtsextremistischen Organisationen oder Personengruppen (3295/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für soziale Sicher­heit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend „Sommerlager“ für Kinder und Jugendliche, veranstaltet von rechtsextremistischen Organisationen oder Personen­gruppen (3296/J)


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117. Sitzung / Seite 11

Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend UVP-Pflicht des Fußball-EM-Stadions Klagenfurt (3297/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend den Vollzug von Stellenbesetzungsgesetz und Schieneninfrastrukturfinanzierungsgesetz (3298/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend CEMT-Aktivitäten im Bereich des grenzüber­schreitenden LKW-Verkehrs (3299/J)

Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Umsetzung der EU-Gebäuderichtlinie (3300/J)

Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Stand der EU-Ver­tragsverletzungsgefahren gegen Österreich im Umweltbereich (3301/J)

Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Ausstieg aus der klimaschädlichen Kohleverbrennung in Österreich (3302/J)

Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Stand der EU-Vertragsverletzungsgefahren gegen Österreich im Umweltbe­reich (3303/J)

Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend Stand der EU-Vertragsverletzungsgefahren gegen Österreich im Umweltbereich (3304/J)

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Gentechnikfrei­heit im Agrarumweltprogramm (ÖPUL) (3305/J)

Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend die Umsetzung von Urteilen des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) in Österreich (3306/J)

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Umsetzung der EU-Agrarreform 2005: Härte- und Sonderfälle (3307/J)

Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Lan­desverteidigung betreffend Aktivitäten von Ex-NRAbg. Hans Helmut Moser in Afrika (3308/J)

Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend umweltpolitische Schwerpunkte der österreichischen EU-Präsidentschaft (3309/J)

Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend energiepolitische Schwerpunkte unter österreichischer EU-Präsidentschaft (3310/J)

Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Ver­kehr, Innovation und Technologie betreffend Tiertransport-Kontrollen (3311/J)

Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Subventionen für Tier­transporte (3312/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend rechtzeitige Regelung von Haftungsfragen bei SCHIG und Schienen Control (3313/J)

Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für auswär­tige Angelegenheiten betreffend Aktivitäten von Ex-NRAbg. Hans Helmut Moser in Afrika (3314/J)

Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für auswär­tige Angelegenheiten betreffend Personalpolitik des Außenministeriums im Hinblick auf die österreichische EU-Präsidentschaft (3315/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Sonderbeschäftigungsformen nach dem Ausländerbeschäftigungsge­setz (3316/J)

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend österreichische Strategie zur ländlichen Entwicklung hinsichtlich der Beschlüsse von Göteborg 2001 und Salzburg 2003 (3317/J)

Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Betonwerk Fritzens im Unterinntal (3318/J)

Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Aarhus-Konvention 3. Säule – Rechtsdurchsetzung durch NGO und widerrechtliche Baumaßnahmen S 1 (3319/J)

Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Position der Bundesregierung zum neuen EU-Atomforschungsprogramm (3320/J)

Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Position der Bundesregierung zum neuen EU-Atomforschungsprogramm (3321/J)

Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Position der Bun­desregierung zum neuen EU-Atomforschungsprogramm (3322/J)

Ing. Erwin Kaipel, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Beschaffung der neuen Polizeiautos (3323/J)


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Mag. Melitta Trunk, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Fachhochschulstandort Klagenfurt (3324/J)

Ing. Erwin Kaipel, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Beschaffung der neuen Polizeiautos durch die Bundesbeschaffung Gesell­schaft m.b.H. (BBG) (3325/J)

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministe­rin für Gesundheit und Frauen betreffend Verschwinden von 53 Tonnen Pflanzengift (3326/J)

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Verschwinden von 53 Tonnen Pflanzengift (3327/J)

Heinz Gradwohl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesvertei­digung betreffend Stationierung der Eurofighter in Zeltweg (3328/J)

Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend behindertengerechten und familienfreundlichen Zugang zum Bahnhof Gratwein-Gratkorn (3329/J)

Heidrun Silhavy, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für soziale Si­cherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend Schaffung eines Berufsge­setzes für diplomierte SozialarbeiterInnen (3330/J)

Heidrun Silhavy, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend Fernmeldegebührenordnung (3331/J)

Walter Schopf, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Kriterien für die Beantragung von Ehrenzeichen (3332/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend „BSE-Fall: Lückenlose Aufklä­rung im Interesse der KonsumentInnen und der österreichischen Landwirtschaft“ (3333/J)

Heinz Gradwohl, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend ein grundlegend neues, einheitliches und lückenloses Kontroll­system für den Biolandbau – als vertrauensbildende Maßnahmen gegenüber den Kon­sumentInnen und zum Schutz der Biobäuerinnen und Biobauern (3334/J)

*****

Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen an den Präsidenten des Nationalrates betreffend fragwürdigen Ordnungsruf gegen den Rechnungshofsprecher der SPÖ (35/JPR)


09.15.06


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Beginn der Sitzung: 9.15 Uhr

Vorsitzende: Präsident Dr. Andreas Khol, Zweite Präsidentin Mag. Barbara Prammer, Dritter Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn.

*****

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Die Sitzung ist eröffnet.

Ich begrüße die Damen und Herren im Hohen Haus.

Das Amtliche Protokoll der 115. Sitzung vom 6. Juli 2005 ist in der Parlamentsdirektion aufgelegen und unbeanstandet geblieben.

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Großruck, Dr. Einem, Mag. Muttonen, Rossmann, Wittauer und Mag. Lunacek.

09.15.37Zuweisungen

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

Zuweisungen:

1. Zuweisungen seit der letzten Sitzung gemäß §§ 32a Abs. 4, 80 Abs. 1, 100 Abs. 4, 100b Abs. 1 und 100c Abs. 1:

Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen:

Petition Nr. 68 betreffend "Die Auswirkungen der Reformpläne für die Polizei in der Landeshauptstadt St. Pölten", überreicht von den Abgeordneten Anton Heinzl und Beate Schasching,

Petition Nr. 69 betreffend "Umsetzung der EU-Agrarreform", überreicht vom Abgeord­neten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber.

2. Zuweisungen in dieser Sitzung:

zur Vorberatung:

Familienausschuss:

Antrag 671/A (E) der Abgeordneten Sabine Mandak, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Reform der betrieblichen Jugendvertretung;

Justizausschuss:

Antrag 675/A (E) der Abgeordneten Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Beschränkung der Kautionen;

Verfassungsausschuss:

Antrag 670/A der Abgeordneten Dr. Andreas Khol, Mag. Barbara Prammer, Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn, Dr. Alexander Van der Bellen, Kolleginnen und Kollegen be­treffend ein Bundesgesetz, mit dem das Entschädigungsfondsgesetz geändert wird;


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Verkehrsausschuss:

Satzung der Internationalen Fernmeldeunion und Vertrag der Internationalen Fernmel­deunion, Genf 1992, geändert durch die Konferenz der Regierungsbevollmächtigten (Kyoto 1994) und durch die Konferenz der Regierungsbevollmächtigten (Minneapolis 1998); Urkunde zur Änderung der Satzung und des Vertrags der Internationalen Fern­meldeunion (Marrakesch 2002) samt Erklärungen und Vorbehalten (1001 d.B.);

Wirtschaftsausschuss:

Antrag 673/A (E) der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend "Effektiver Jahreszinssatz auch bei Leasingverträgen (Verbraucherkreditver­ordnung)".

*****

Behandlung der Tagesordnung

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Es ist vorgeschlagen, die Debatte über die Punkte 1 bis 4, 7 bis 9 sowie 12 und 13 der Tagesordnung jeweils zusammenzufassen.

Wird dagegen eine Einwendung erhoben? – Das ist nicht der Fall. Wir gehen daher so vor.

Wir gehen in die Tagesordnung ein.

Redezeitbeschränkung

 


Präsident Dr. Andreas Khol: In der Präsidialkonferenz wurde Konsens über Gestal­tung und Dauer der Debatte erzielt. Demgemäß wurde eine Tagesblockzeit von 7 „Wie­ner Stunden“ vereinbart, woraus sich folgende Redezeiten ergeben: ÖVP und SPÖ je 123 Minuten, Freiheitlicher Parlamentsklub 84 Minuten sowie Grüne 91 Minuten.

Weiters wurde folgende Redezeitvereinbarung für die Debatte in der Zeit von 9.15 Uhr bis 12 Uhr getroffen: zunächst je eine Wortmeldung pro Fraktion mit 12 Minuten, an­schließend ein Regierungsmitglied mit 15 Minuten, ferner je eine Wortmeldung pro Fraktion mit 10 Minuten, sodann ein Regierungsmitglied mit 10 Minuten, weiters je eine Wortmeldung pro Fraktion mit 5 Minuten und schließlich je eine Wortmeldung pro Fraktion mit 5 Minuten.

Vor Beginn der letzten Runde wird die allenfalls verbleibende Redezeit von der den Vorsitz führenden Präsidentin gleichmäßig auf die Fraktionen in der Weise verteilt, dass noch alle Fraktionen zu Wort kommen. Es besteht darüber Einvernehmen, dass tatsächliche Berichtigungen erst nach der Fernsehübertragung, also nach 12 Uhr, aufgerufen werden.

Über diese Redeordnung entscheidet das Hohe Haus.

Wir kommen daher sogleich zur Abstimmung.

Wer damit einverstanden ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist einstimmig. Wir werden daher so vorgehen.

09.17.381. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über die Regierungsvorlage (975 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem das Schulorganisationsgesetz, die 5. Schulorganisations-


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gesetz-Novelle, das Pflichtschulerhaltungs-Grundsatzgesetz, das Schulzeitge­setz 1985, das Schulpflichtgesetz 1985, das Schulunterrichtsgesetz, das Schul­unterrichtsgesetz für Berufstätige, das Bundesgesetz über Schulen zur Ausbil­dung von Leibeserziehern und Sportlehrern, das Land- und forstwirtschaftliche Bundesschulgesetz, das Bundesgesetz betreffend die Grundsätze für land- und forstwirtschaftliche Berufsschulen, das Bundesgesetz betreffend die Grundsätze für land- und forstwirtschaftliche Fachschulen und das Bundesgesetz über die Berufsreifeprüfung geändert werden (Schulrechtspaket 2005) und

über den Antrag 487/A (E) der Abgeordneten Beate Schasching, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umbenennung des Unterrichtsgegenstandes „Leibesübun­gen“ in „Bewegung und Sport“ sowie

über den Antrag 469/A (E) der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser, Kollegin­nen und Kollegen betreffend Qualitätsoffensive für die Schulen (1044 d.B.)

2. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 620/A (E) der Abgeordne­ten Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Bericht über die Umset­zungskosten der Empfehlungen der Zukunftskommission (1046 d.B.)

3. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 630/A (E) der Abgeordne­ten Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Rechtsanspruch auf Nachmittagsbetreuung (1047 d.B.)

4. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 589/A (E) der Abgeordne­ten Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kassasturz im Schulbe­reich (1049 d.B.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nun zu den Punkten 1 bis 4 der Tages­ordnung, worüber die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Brosz. Seine Redezeit beträgt 12 Mi­nuten. – Herr Kollege, Sie sind am Wort. – Kurz vor Ende der Redezeit gebe ich ein Glockenzeichen, dann wissen Sie: Schlusssatz!

 


9.19.10

Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Wir dis­kutieren heute das so genannte Schulpaket 1, jene Maßnahmen, die Sie als Bundes­ministerin als Antwort vor allem auch auf die Ergebnisse der PISA-Studie setzen.

Wenn man sich die PISA-Studie nochmals in Erinnerung ruft, dann weiß man, da gab es einige ganz zentrale Aussagen, die auf das österreichische Bildungssystem kein besonders gutes Licht geworfen haben. Unter anderem haben 20 bis 25 Prozent der österreichischen SchülerInnen – 15- bis 16-Jährige – massive Defizite. Sie haben mas­sive Defizite im Sprachbereich, im mathematischen Bereich. Das ist also eine große


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Zahl von Schülerinnen und Schülern, die in ihrer weiteren Berufskarriere de facto extrem große Schwierigkeiten haben wird. (Unruhe im Saal.)

Ich muss feststellen, dass für diese SchülerInnen Ihr Schulpaket keine einzige Maß­nahme vorsieht.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Meine Damen und Herren! Ich würde bitten, den Ge­räuschpegel zu senken und die Gespräche einzustellen! Man hört am Präsidium vor lauter Gemurmel den Redner nicht.

Bitte, Herr Abgeordneter Brosz.

 


Abgeordneter Dieter Brosz (fortsetzend): Der zweite zentrale Punkt: Kaum ein Land hat einen so großen sozialen Hintergrund im Schulbereich wie Österreich. Die österrei­chischen SchülerInnen sind extrem davon abhängig, wie die Situation in ihrem Eltern­haus ist, was den Bereich Bildung und Einkommen betrifft. Wenn österreichische Schü­lerInnen Eltern haben, die über keine höhere Bildung verfügen, dann ist es nach wie vor so, dass ihre Chancen sehr beschränkt sind. Ich finde, dass das für ein so reiches Land wie Österreich ein Armutszeugnis ist. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeord­neten der SPÖ.)

Der dritte große Punkt: Wir haben kein ausgebautes Fördersystem in Österreich. Pri­vate Nachhilfe ist eine der Wachstumsbranchen Österreichs. Es gibt kaum ein Gebiet, das so bunt ist. – Wirtschaftlich ja durchaus erfreulich. Die Frage ist nur: Wer zahlt es?, und: Kann ein Land damit zufrieden sein, dass es private Förderung, private Nachhilfe anstatt von schulischer Förderung gibt? – Ich glaube, Österreich hat sich ein besseres Schulsystem verdient. (Beifall bei den Grünen.)

Der letzte Punkt, den ich heute besonders ansprechen will: Wir wissen, dass die Aka­demikerInnenrate in Österreich weit niedriger ist als jene in vielen anderen europäi­schen Ländern. Wir wissen, dass die Übertrittsraten von den Schulen an die Universi­täten im internationalen Vergleich zurückhängen.

Ich sage Ihnen nur ein Beispiel, weil wir heute über Zugangsbeschränkungen diskutie­ren. Sie wissen so gut wie ich, dass Finnland, das PISA-Siegerland, ein politisches Ziel definiert hat. Dieses politische Ziel lautet: 80 Prozent der MaturantInnen sollen einen Studienplatz in Finnland bekommen.

Wir haben in Österreich Raten von 30 Prozent und diskutieren jetzt, ob wir vielleicht in Richtung 50 Prozent kommen können. Sie sehen, dass da ein massiver Nachholbedarf gegeben ist. Angesichts dieser Tatsache halte ich es wirklich für unzulänglich, über Zugangsbeschränkungen zu diskutieren, ohne die Zahl der Studienplätze auszuweiten. Diese Zugangsbeschränkungen werden dazu führen, dass es für weniger österreichi­sche Studierende Plätze an den Universitäten geben wird, und das ist schlicht und einfach die falsche Antwort auf ein Problem, das wir seit Jahren kennen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Nachdem ich jetzt über das gesprochen habe, was eigentlich in diesem Schulpaket drinnen sein sollte, aber nicht drinnen ist, worüber wir heute auch nicht abstimmen können, weil wir nur über das abstimmen können, was uns vorgelegt wird, komme ich jetzt zum Kern der Materie. Es handelt sich um eine ganze Reihe von Veränderungen, die im Wesentlichen formale Anpassungen sind, wie zum Beispiel die von Ihnen heiß ersehnte Umbenennung des Unterrichtsgegenstandes „Leibesübungen“ in „Bewegung und Sport“. Wir können alle froh darüber sein, das ist eine „große Entwicklung“ im Schulsystem. Es werden die Sonderschulen in Förderschulen umbenannt – auch das ist offenbar ein „großer Wurf“.


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Es gibt zwei Dinge, die es verdienen, näher angeschaut zu werden. Das ist zum einen die Fünf-Tage-Woche in den Pflichtschulen. Auch da muss man sagen, über 90 Pro­zent der Pflichtschulen waren bereits fünftägig geführt; bei den restlichen wird das jetzt der Fall sein. Ich glaube, daran sieht man, dass die Qualität des Schulsystems dadurch nicht drastisch steigen wird. Aber der zentrale Punkt, der drinnen ist, ist die Nachmit­tagsbetreuung. Ich sage es gleich vorweg: Die Grünen werden diesem Gesetzesantrag deshalb nicht zustimmen, weil die Nachmittagsbetreuung völlig unzulänglich geregelt ist. (Beifall bei den Grünen. – Widerspruch bei der ÖVP.)

Wenn Sie von der ÖVP hier zwischenrufen, eine ganz simple Frage: Was hindert Sie daran, in den österreichischen Gesetzen einen Rechtsanspruch auf Nachmittagsbe­treuung sicherzustellen? Wir hätten über jede Form diskutiert, die das sicherstellt. Wir haben nicht gefordert, dass an jeder einzelnen Schule Nachmittagsbetreuung sein muss. Wir haben auch nicht gefordert, dass es nur ganztägig geführte Schulen sein müssen, wo jeder Schüler oder jede Schülerin den ganzen Tag in der Schule sein muss. All das hätten wir diskutieren können.

Das Einzige, auf das wir bestanden haben und wo Sie gesagt haben, das geht nicht, ist ein Rechtsanspruch. Jetzt machen Sie folgende Regelung: dass ab 15 SchülerInnen, die angemeldet sind – übrigens in diesem Fall an einer Schule –, Nachmittagsbetreu­ung angeboten werden muss. Dann gibt es noch eine sehr große Hürde, wenn man wirklich Ganztagsschulen führen will, wo nämlich verschränkter Unterricht mit besseren Erholungspausen, mit der Möglichkeit von Wechsel zwischen Unterricht und Förder­maßnahmen gegeben ist: Da müssen dann zwei Drittel der Eltern am Schulstandort zustimmen. Zwei Drittel der Eltern müssen zustimmen, dass eine Ganztagsschule geführt werden kann! Das ist eine Hürde, die Sie an kaum einer österreichischen Schule überwinden können. Ein Rechtsanspruch darauf besteht in keiner Form.

Unser Vorschlag wäre gewesen: Jeder Elternteil, jede SchülerIn soll das Recht haben, zu wählen, ob sie eine herkömmliche Schule besucht, ob sie eine Schule mit Nachmit­tagsbetreuung, also Unterricht am Vormittag und Nachmittagsbetreuung danach, wünscht oder ob es eine wirkliche Ganztagsschule sein soll – und das in einer ange­messenen Entfernung zum Wohnort. Dieses Recht verwehren Sie den österreichi­schen Eltern, den SchülerInnen nach wie vor, und daher ist dieses Gesetz völlig unzu­länglich. (Beifall bei den Grünen.)

Der zweite wichtige Punkt: 15 SchülerInnen Minimum, damit die Gemeinden zusätz­liches Geld bekommen. Natürlich kann jede Gemeinde eine Schule eröffnen, auch Nachmittagsbetreuung anbieten, wenn sie es selbst zahlt. Wenn die Gemeinde selbst zahlt, können Sie für zwei SchülerInnen auch eine Nachmittagsbetreuung machen. Ich würde Sie ersuchen, dass Sie uns dann die Anzahl jener österreichischen Gemeinden nennen, die sagen, wir haben zwar keine 15, wir haben viel weniger, dort machen wir es trotzdem. Die wird es nicht wirklich geben. Aber wen benachteiligt denn diese Re­gelung? – Die Regionen, für die Sie sich scheinbar immer mit großem Enthusiasmus einsetzen, nämlich die ländlichen Regionen. In den Städten wird es ein relativ geringes Problem sein – da kann man ja auch die Schulen auswählen –, Schulen zu finden, wo es Nachmittagsbetreuung gibt.

Wenn in ländlichen Regionen keine 15 Schüler angemeldet sind, gerade diese Ge­meinden aber mittlerweile große finanzielle Probleme bekommen haben, dann wird es dort das Angebot schlicht und einfach nicht geben. Sie von der ÖVP brauchen uns nicht mehr damit zu kommen, dass Sie sich für die ländlichen Regionen einsetzen. (Beifall bei den Grünen.) Das ist einfach der nächste Schritt der Benachteiligung und der Ausdünnung genau dieses Raums, das ist für uns auch nicht nachvollziehbar.


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Die Sicherheit: Die Grünen arbeiten im Übrigen an Modellen, wonach auch Karenz von Vätern viel stärker in Anspruch genommen werden soll; das ist in Österreich de facto kaum der Fall. Wir sind, glaube ich, im Moment bei 2 Prozent Väterkarenz. Wir wollen, dass es da klare partnerschaftliche Modelle gibt, aber zurzeit ist es schlicht und einfach so, dass der Großteil der Kinderbetreuung nach wie vor bei den Frauen bleibt und von den Frauen gewährleistet werden muss. Wenn Sie sagen, ab 15 wird finanziert, dann frage ich Sie, wie Sie gewährleisten wollen, dass von einem Jahr aufs andere nicht die Situation eintritt, dass eine bestehende Nachmittagsbetreuung nicht mehr da ist. Sie müssen sich vorstellen, die Eltern entscheiden sich in ihrem beruflichen Umfeld: Okay, ich gebe mein Kind in diese Schule, und mein Kind hat dort eine Nachmittagsbetreu­ung. – Wenn im Jahr darauf keine 15 Eltern mehr da sind, die ihre Kinder anmelden, dann können sie ein Pech haben, dann gibt es keinen Rechtsanspruch mehr und dann gibt es auch keine Nachmittagsbetreuung mehr.

Ich würde Ihnen einmal selbst das Vergnügen wünschen, dass Sie von Jahr zu Jahr nicht wissen, wie Sie Ihre berufliche Tätigkeit planen können, und dass Sie von Jahr zu Jahr nicht wissen, ob für Ihre Kinder ein Betreuungsplatz da ist. Dann versuchen Sie einmal, Beruf und Familie zu vereinbaren. Viel Glück, Frau Bundesministerin! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Sie erzählen uns ja immer, wie furchtbar Deutschland ist – offenbar ein Land, über das man grundsätzlich nur politisch negativ reden kann. Deutschland hat die Ergebnisse der ersten PISA-Studie verarbeitet. – Ich habe im Übrigen jetzt in Deutschland Folgen­des gelesen. Da ist gestanden: Die schlechten Ergebnisse der PISA-Studie: In Öster­reich hat man gesehen: „Weltklasse!“, bevor es schlechtere Ergebnisse gegeben hat als in Deutschland. – Deutschland hat gesagt: Was müssen wir machen? – Ein Schwerpunkt der deutschen Bundesregierung war der Ausbau der Ganztagsschulen. Die deutsche Bundesregierung hat für die Jahre 2003 bis 2007 ein 4 Milliarden €-Paket für den Ausbau von ganztägigen Schulformen geschnürt. Jetzt kann man sagen, Deutschland ist etwa zehnmal so groß wie Österreich, also reduzieren wir es um den Faktor 10. Dann kämen wir auf 400 Millionen € für Österreich innerhalb von fünf Jah­ren, wenn man den deutschen Standard nimmt.

Wissen Sie, was Sie budgetiert haben? – 8 Millionen € pro Jahr! Das ist ein Zehntel dessen, was Deutschland in den Jahren 2003 bis 2007 finanziert hat und finanzieren wird. Ich sage Ihnen noch etwas: In Deutschland ist das ausschließlich, und zwar zu­sätzlich, für die Adaption der Schulen zur Verfügung gestellt worden. Dafür gibt es im Bundesbudget überhaupt kein Geld, weil Sie sagen: Erstens sind österreichische Schulen so ausgestattet, dass man Kinder guten Gewissens dort den ganzen Tag reingeben kann! – Schulen, die für Nachmittagsbetreuung errichtet wurden, wo es weder eine Küche noch eine Essensmöglichkeit gibt?! Die Kinder können dann in ihren Bänken wahrscheinlich das Mittagessen von McDonald’s einführen und dort speisen. – Das ist nicht die Form von Nachmittagsbetreuung und von Ganztagsschulen, wie wir sie uns vorstellen! (Beifall bei den Grünen. – Ruf bei der ÖVP: Die arbeitslosen Lehrer in Deutschland!)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Abgeordneter, wollen Sie nicht zwei Abänderungs­anträge einbringen?

 


Abgeordneter Dieter Brosz (fortsetzend): Die bringen wir nachher ein.

Letzter Punkt, der mir in diesem Zusammenhang sehr wichtig ist: die soziale Gerech­tigkeit bei der Nachmittagsbetreuung. Soziale Staffelung, sagen Sie, gibt es in Öster­reich, in den Bundesschulen. – Ja, sie gibt es. Und für alle, die jetzt glauben, damit haben jene, die wirklich wenig Geld verdienen, einen Anspruch darauf, dass sie auch


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kostenlose Nachmittagsbetreuung bekommen: Das Familieneinkommen pro Jahr be­trägt 10 200 €; darunter braucht man nichts zu zahlen.

Wenn eine Familie pro Jahr mehr als 10 200 € verdient – Familieneinkommen, zwei Verdienende –, wird gezahlt. Und wissen Sie, wo die soziale Grenze endet? – Bei 17 000 € Familieneinkommen pro Jahr – mit Kindern! (Abg. Parnigoni: Das ist ja un­glaublich!) Ab diesem Betrag gibt es keinen Euro mehr für eine soziale Staffelung bei der Kinderbetreuung.

Wissen Sie, was 17 000 € bei Familien mit einem Kind oder zwei Kindern sind? – Das kann ich Ihnen sagen: Armutsgefährdung. Schlicht und einfach Armutsgefährdung. (Abg. Öllinger: Das ist nicht Armutsgefährdung, das ist komplette Armut!) Menschen, die zu zweit plus mindestens ein Kind nicht mehr als 17 000 € im Jahr haben, sind an der Grenze der Armut.

Sie aber sagen: Wir haben ein faires System. Jeder, der kein Geld hat, wird bei uns gefördert. – Das ist in Österreich schlicht und einfach nicht der Fall! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Abg. Parnigoni: Die Frau Minister hat 17 000 im Monat!)

Eine abschließende Bemerkung zur Integration. Wir haben jetzt zu wenig Plätze in der Nachmittagsbetreuung. Das führt dazu, dass jene Eltern, die die Möglichkeit haben, ihre Kinder zu Hause zu betreuen, die Ersten sind, die keine Nachmittagsbetreuungs­plätze bekommen. Wir wissen, dass die Berufstätigkeit bei Migrantinnen geringer ist als bei Österreicherinnen. (Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichzen.) Das führt dazu, dass Kinder von Migrantinnen die Ersten sind, die keine Nachmittagsbetreuungsplätze bekommen – trotz der notwendigen sprachlichen Förderung!

Frau Bundesministerin, dieses Paket zur Nachmittagsbetreuung verdient unsere Zu­stimmung nicht! (Beifall bei den Grünen.)

9.31


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Amon. Auch seine Redezeit beträgt 12 Minuten. – Bitte.

 


9.31.35

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bun­desministerin! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst einen wunderschönen „Guten Morgen!“ Ich begrüße ganz besonders auch jene Kolle­gen auf der Seite der Sozialdemokratie, die gestern krank waren. Es freut mich, dass Sie heute wieder gesund sind. Das spricht für das österreichische Gesundheitssystem, würde ich sagen. (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Aber wir sprechen ja über das Bildungssystem, das nicht, wie mein Kollege Brosz meint, in einem schlechten Zustand ist, sondern ganz im Gegenteil: Das österreichi­sche Bildungssystem ist in einem Zustand, der da und dort Adaptierungen notwendig macht, aber insgesamt doch in einem sehr guten Zustand.

Ich finde es ein wenig bedauerlich, Herr Kollege Brosz, dass Sie eigentlich nur die negativen Seiten darstellen, dass Sie sich auf eine Studie beziehen, nämlich die PISA-Studie. Man muss nämlich schon sagen, was genau diese PISA-Studie ist: Die PISA-Studie ist eine an einem Tag durchgeführte punktuelle Überprüfung in den drei Fach­bereichen Lesen, Mathematik und Naturwissenschaften, eine Überprüfung, die aber keinesfalls den Schluss zulässt, dass das gesamte österreichische Bildungssystem in Frage zu stellen ist.

Sie sind doch gerade diejenigen, die sich immer gegen jede Form von punktueller Überprüfung wenden. Und im Grunde genommen ist die PISA-Studie eine punktuelle Überprüfung von 15-Jährigen an einem Tag, die natürlich nicht Aufschluss über das


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gesamte System gibt. Das sollten Sie einmal zur Kenntnis nehmen, Herr Kollege Brosz! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Van der Bellen: Ah­nungslos!)

Sie gehen nie ein auf etwa die Studie der Weltgesundheitsorganisation, in der wir in Fragen der Schulzufriedenheit hervorragend abschneiden. Sie gehen nicht ein auf den OECD-Länderbericht, der das differenzierte Bildungssystem in Österreich lobt. Sie gehen nicht ein auf den World Competitiveness Report des World Economic Forum. All das lassen Sie einfach zur Seite, wischen Sie weg und jammern das österreichische Bildungssystem krank. Dagegen wenden wir uns, denn das österreichische Bildungs­system ist ein sehr, sehr gutes Bildungssystem.

Sie sollten sich einmal die Arbeitslosendaten, auch die Jugendarbeitslosendaten, in der Bundesrepublik Deutschland und auch in Finnland anschauen, die in den letzten zehn Jahren immer zumindest doppelt so hoch, manchmal auch viermal so hoch wie jene in Österreich waren. (Abg. Sburny: Sie werden sie bald eingeholt haben! Sie werden sie sehr schnell einholen, wenn Sie so weitermachen!) Auch das ist ein Ausweis für das Funktionieren eines Bildungssystems. Wir sind froh, dass wir immer eine der niedrigs­ten Jugendarbeitslosenraten in Europa haben! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheit­lichen.)

Wenn wir heute ein umfassendes Schulpaket beschließen, so ist das die Fortsetzung einer von Elisabeth Gehrer gewählten Strategie, die eine ständige Verbesserung der Qualität des österreichischen Bildungssystems zum Ausdruck bringt. (Abg. Parnigoni: Ja, ja!) Es geht um eine Verbesserung der Vergleichbarkeit der Abschlüsse, der Vali­dität der Abschlüsse. Es geht aber auch darum, Schule permanent an die neue Le­bens- und Arbeitswelt anzupassen. Und so ist es richtig, dass auch jene Schulen, die heute noch keine Fünf-Tage-Woche haben, künftig eine Fünf-Tage-Woche haben werden, weil ja nicht einzusehen ist, dass die Eltern eine Fünf-Tage-Woche haben, die Kinder jedoch nicht. Das ist eine gute Maßnahme, Frau Bundesministerin, und dafür sind wir dankbar! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Und wir legen ein umfassendes Paket zur Tagesbetreuung fest. Ich glaube, dass das eine sehr wichtige Maßnahme ist, zumal es ja darum geht, sich im Bildungsbereich an die Arbeitswelt anzupassen. In diesem Zusammenhang müssen wir natürlich schon auch sehen, dass die Schule und damit die Lehrerinnen und Lehrer immer mehr an Erziehungsaufgaben übernehmen müssen. Ich sage das nicht als Kritik, sondern das ist einfach festzustellen. Und daher erübrigt sich auch sozusagen das alte ideologische Match, in dem man diskutiert hat: Ist es nicht sinnvoller, dass die Eltern, die Erzie­hungsberechtigten diese Erziehungsaufgabe übernehmen, oder soll der Staat mit der Schule, mit den Lehrerinnen und Lehrern diese Erziehungsaufgabe übernehmen?

Diese Auseinandersetzung gehört, glaube ich, der Vergangenheit an, denn heute stellt sich vielfach die Frage: Gibt es überhaupt jemanden, der sich der Kinder annimmt, der die Kinder erzieht? Und darum ist es notwendig, überall dort, wo eine Nachfrage nach Nachmittagsbetreuung auf freiwilliger Basis besteht, diese auch anzubieten.

Mit dieser Vorlage kommen wir diesem Erfordernis einen großen Schritt näher. Es werden im kommenden Schuljahr zusätzlich 10 000 Betreuungsplätze angeboten. Da­für hat die Frau Bundesministerin aus dem Budget zusätzlich 8 Millionen € zur Verfü­gung gestellt. (Bravorufe bei der ÖVP.)

Und es stimmt nicht, Herr Kollege Brosz, dass es mindestens 15 Kinder sein müssen, da es ansonsten dieses Nachmittagsbetreuungs-Angebot nicht gibt. (Abg. Brosz: Anspruch!) Richtig ist vielmehr, dass sich, wenn es an einer Schule, an einem Standort 15 Kinder für die Nachmittagsbetreuung gibt, daraus eigentlich fast, was Sie einfor­dern, ein Rechtsanspruch ableitet: Dort hat eine solche Nachmittagsbetreuung stattzu-


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finden. Und das ist auch gut so, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Darüber hinaus haben wir, weil wir uns sehr intensiv für die Erhaltung von Klein- und Kleinstschulen einsetzen, gesagt, dass es in Gemeinden, in denen eben an einem Schulstandort nicht 15 Kinder sind, die sich für die Nachmittagsbetreuung anmelden, auch künftig möglich ist, schulübergreifend Nachmittagsbetreuung anzubieten, dass es selbstverständlich möglich ist, die Richtzahl von 15 zu unterschreiten, und dass jene Schulstandorte beziehungsweise Gemeinden, die ein solches schulisches Nachmit­tagsbetreuungs-Angebot machen, auch Zugriff auf die zur Verfügung gestellten Mittel haben, also einen aliquoten Anteil dessen erhalten, was die Richtzahl 15 ausmacht. Und das ist eine gute, flexible Maßnahme, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Und wenn wir im kommenden Schuljahr zusätzlich 10 000 Betreuungsplätze anbieten, werden wir Ende des nächsten Schuljahres einen Stand von über 60 000 Nachmittags­betreuungsplätzen haben. Die SPÖ verlangt immer 100 000. – Sie reden von 100 000, wir haben bereits 60 000 verwirklicht, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich möchte in diesem Zusammenhang auch dem Präsidenten des Gemeindebundes, Herrn Präsidenten Mödlhammer, sehr danken dafür, dass er hier sehr intensiv mit dem Gemeindebund mitgearbeitet hat, um ein wirklich flexibles und gutes Modell für die Nachmittagsbetreuung zu entwickeln. Ich bin sicher, dass auch der Städtebund letztlich diesem Modell zustimmen wird, weil es ein gutes Modell ist, weil es ein Modell ist, das eine hohe Flexibilität bringt und letztlich AlleinerzieherInnen, aber auch Familien, wo beide Elternteile berufstätig sind, sehr entgegenkommt. Ich halte das für einen wirklich exzellenten Fortschritt! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Mit dem heute zu beschließenden Schulpaket wird es aber auch eine Verbesserung im Bereich der Validität, der Vergleichbarkeit geben. So werden etwa künftig Kinder, die aus der Volksschule kommen und die AHS-Reife haben, automatisch in die erste Leistungsgruppe der Hauptschule gehen können. Das setzt aber natürlich auch voraus, dass es an diesen Schulen eine erste Leistungsgruppe gibt. Und da ist vor allem die Wiener Bildungspolitik aufgefordert, danach zu trachten, dass wir auch in den Wiener Hauptschulen alle Leistungsgruppen anbieten. (Beilfall bei der ÖVP und den Freiheit­lichen.)

Frau Bundesministerin und Herr Staatssekretär! Wir werden mit diesem Schulpaket eine Verbesserung im Bereich der Berufsreifeprüfung erreichen, denn es geht auch darum, dass die Durchlässigkeit im Bildungssystem, die „Karriere mit Lehre“ tatsächlich auch gelebt wird. Es wird künftig so sein – und das ist ja auch in einer Verordnung so vorgesehen –, dass Menschen, die etwa eine Meisterprüfung oder eine umfassende Befähigungsprüfung machen, für den fachpraktischen Teil selbstverständlich diese entsprechende Ausbildung angerechnet wird.

Es geht darum, dass wir die Qualität an den Schulen sukzessive verbessern, und des­halb wird für uns auch die Frage einer Absenkung der Klassenschülerhöchstzahl in Richtung 25 ein ernsthaftes Diskussionsthema sein, was wir auch mit einem Entschlie­ßungsantrag entsprechend zum Ausdruck bringen.

Es gibt aber noch einige Dinge begleitend zu diesem Schulpaket, denn nicht alles, was wir heute beschließen, ist sozusagen die Gesamtheit des Schulpakets. Herr Kollege Brosz, wenn Sie sich darüber lustig machen, dass das Fach Leibesübungen in „Bewe­gung und Sport“ umbenannt wird: Es wäre natürlich schon ein wenig eigenartig, wenn wir tatsächlich nur das machen würden. Das ist das Einzige, was im Gesetz zu verän­dern ist: die Namensänderung. Selbstverständlich gibt es einen neuen Lehrplan, der in


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Begutachtung gehen wird und der dieses Fach auf völlig neue, moderne Beine stellen wird. Das sollten Sie der Ehrlichkeit halber auch dazusagen, Herr Kollege Brosz. (Bei­fall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Gaßner: Gibt es auch genügend Stunden dafür? – Abg. Öllinger: Und was ist mit den Stundenkürzungen in Bewegung und Sport?)

Ein wichtiges Thema begleitend zu diesem Schulpaket ist beispielsweise auch die Frage der sprachlichen Frühförderung. Die Frau Bildungsministerin hat mit den Lan­desschulratspräsidenten bereits vereinbart, dass im kommenden Schuljahr die Schul­einschreibung vorgezogen wird, dass also Kinder schon mit fünf Jahren in die Schule eingeschrieben werden und bei dieser Schuleinschreibung eine Art Sprach-Screening stattfinden soll, wo man feststellen soll, ob es sprachliche Defizite gibt.

Es ist nämlich schon richtig, dass ein Ergebnis der PISA-Studie ist – und das sieht man sehr deutlich –, dass wir etwa 14 Prozent Kinder in Österreich haben, die einen Migra­tionshintergrund aufweisen. Auch da unterscheiden wir uns gravierend von Finnland, wo man nur 1,3 Prozent Kinder mit einem Migrationshintergrund hat. Auch das müssen Sie natürlich berücksichtigen, wenn Sie sagen, dass nach der PISA-Studie 20 Prozent der Kinder mit 15 Jahren nicht Sinn erfassend lesen können.

Und darum gilt es eben sehr früh anzusetzen mit einer entsprechenden sprachlichen Förderung, und dazu werden auch entsprechende Mittel zur Verfügung gestellt. Es wird eine Frühförderung im Kindergarten geben, legistische Maßnahmen, nachdem das im kommenden Schuljahr einmal versuchsweise läuft, und im kommenden Jahr werden wir auch für entsprechende legistische Maßnahmen sorgen.

Es ist darüber hinaus begleitend eine spezielle Förderung im Bereich des Lesens vor­gesehen. Sie wissen, dass bereits die Pädagogischen Institute angewiesen sind, hier einen Schwerpunkt in der Lehrerfortbildung zu setzen, und mit der Fortführung der Leadership-Akademie ist auch die Voraussetzung für eine entsprechend positive Ent­wicklung gegeben.

Meine Damen und Herren! Abschließend möchte ich mich als Vorsitzender des Unter­richtsausschusses bei allen Fraktionen für die konstruktive Zusammenarbeit im ersten Halbjahr sehr herzlich bedanken. Ich möchte mich aber vor allem auch bei allen Lehre­rinnen und Lehrern bedanken für die gute Arbeit, die sie in der österreichischen Bil­dungslandschaft leisten, eine Aufgabe, die oft unbedankt ist, eine Aufgabe, die weit über das hinausgeht, was sozusagen Vorschrift ist, eine Aufgabe, die sie meiner Mei­nung nach zu einem großen Teil in hervorragender Weise erfüllen. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

9.43


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter DDr. Nieder­wieser. Auch seine Redezeit beträgt 12 Minuten. – Herr Kollege, Sie sind am Wort.

 


9.43.20

Abgeordneter DDr. Erwin Niederwieser (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministe­rin! Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Das Schulrechtspa­ket 2005 steht heute auf der Tagesordnung. Das klingt nach einem großen Vorhaben, und Schüler, Lehrer und Eltern werden sich fragen: Was steht denn in diesem Schul­paket für uns jetzt Wichtiges drinnen?

Schüler, Lehrer und Eltern sind ja inzwischen in den wohlverdienten Ferien und schauen uns vielleicht zu, denn ins Schwimmbad kann man bei diesem Wetter ohnehin nicht gehen. Und ich möchte diese Gelegenheit benützen, um mich bei den Lehrerin­nen und Lehrern, bei den Schülerinnen und Schülern, den Eltern, allen, die da am Schulleben mitwirken, für die Arbeit im vergangenen Schuljahr zu bedanken. Es war


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eine großartige, eine sehr gute Arbeit, und ich denke, sie haben sich diesen Dank auch verdient – auch die Schüler, die in vielen Fällen eine 40-Stunden-Woche oder sogar mehr haben. (Allgemeiner Beifall.)

Was bringt dieses Schulpaket? – Zunächst muss man einmal sagen, es heißt zwar Schulpaket 2005, aber nahezu alles tritt erst im Herbst 2006 in Kraft. Die Ganztags­betreuung, von der wir hier reden, wird nicht heuer im Herbst, sondern erst nächstes Jahr im Herbst in Kraft treten.

Wer erwartet hat, dass nach dem Endbericht der Zukunftskommission oder nach dem für uns nicht sehr schmeichelhaften PISA-Bericht jetzt sofort an die Umsetzung gegan­gen wird, dass ein Ruck durch die Bildungspolitik geht, der wird bei diesem Schulpaket sicherlich enttäuscht sein.

Was enthält dieses Paket? – Die Anpassung an die Arbeitswelt durch die Einführung der Fünf-Tage-Woche, die es in vielen, vielen Fällen ja schon gibt, und eine Verbreite­rung der Nachmittagsbetreuung. Leibeserziehung wird auf Vorschlag unserer Kollegin Beate Schasching in „Bewegung und Sport“ umbenannt. Die Schulen können eine Zu­satzbezeichnung wählen, wenn sie einen Schwerpunkt haben, zum Beispiel Sprach­hauptschule oder Kulturhauptschule; das wäre einmal etwas anderes. Die Eignung für die AHS hat Kollege Amon schon erwähnt.

Dann steht im Schulunterrichtsgesetz jetzt drinnen, dass es zu den Aufgaben der Lehrerinnen und Lehrer gehört, dass sie sich im erforderlichen Ausmaß auch fort- und weiterbilden; das mag überraschend sein, weil es so klingt, als ob es das bisher über­haupt nicht gegeben hätte.

Die Akademie für Sozialarbeit wird abgeschafft, und das ist schon eine bemerkens­werte Sache. Es wird erstmals im Schulorganisationsrecht eine Schulform gestrichen, und zwar mit einfacher Mehrheit, weil die Zweidrittelmehrheit für diesen Bereich abge­schafft wurde. Und da erinnere ich schon daran: Wäre es nach Ihrem ursprünglichen Vorschlag gegangen, nach diesem quasi Zwischenvorschlag, wo die Aufzählung der Schulen nach wie vor mit Zweidrittelmehrheit notwendig gewesen wäre, dann hätten wir heute nur für diese Bestimmung bei den Sozialakademien eine Zweidrittelmehrheit gebraucht.

Weiters gibt es eine bessere internationale Anerkennung bei der Berufsreifeprüfung. Auch das ist ein wirklich wichtiges Thema.

Das alles sind Punkte, bezüglich derer wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten zum Unterschied von den Grünen nicht Nein sagen. Das kann man schwer ablehnen, was da drinnen steht, weil es Verbesserungen sind, und wir werden daher diesem Schulpaket auch zustimmen. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP und der Freiheitlichen.)

Der Ruck in der Bildungspolitik, dieser entscheidende Schritt nach vorne ist es aber nicht. Diese Paket ist eher ein „Jausensackerl“ als ein Paket mit einem substantiell wichtigen Inhalt.

Das Wichtigste ist sicherlich der Ausbau der Nachmittagsbetreuung um 10 000 bis 12 000 Plätze. Wir haben derzeit ganz wenige echte Ganztagsschulen. Wir haben rund 60 000 Angebote, und Kollege Amon hat gemeint, Sie haben diese 60 000 ganztägigen Angebote geschaffen. Das stimmt natürlich überhaupt nicht, denn es sind großteils die Gemeinden, die Städte gewesen, die schon viele Jahre hindurch solche Ganztagsan­gebote geschaffen haben.

Wir haben aber in Österreich ungefähr 650 000 bis 700 000 Kinder im Pflichtschulalter in den Unterstufen der AHS und werden dafür jetzt ungefähr 70 000 Plätze zur Verfü-


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gung haben, für ein Zehntel aller Kinder also, die wir an diesen Schulen haben. Wir denken, dass 10 000 Plätze ein Fortschritt sind, aber dass sie nicht ausreichen. Wir haben daher vor zwei Jahren schon ein Konzept vorgestellt, um 100 000 neue Ganz­tagsplätze an den österreichischen Schulen zu schaffen, weil eine Studie der Arbeiter­kammer gezeigt hat, dass drei von zehn Eltern sich das wünschen und das dringend brauchen würden, eine solche ganztägige Schulform, wo sie die Kinder am Nachmittag gut aufgehoben und auch gut betreut wissen.

Weil es aber nur 10 000 Plätze sind, hat diese Regelung, die heute beschlossen wird, auch einige Einschränkungen drinnen, damit das nicht ausufern kann. Und das sind eben die Grenzen, die wir gerne beseitigt hätten. Wir haben im Ausschuss auch einen entsprechenden Antrag gestellt, um das zu beseitigen, aber Sie sind leider nicht mitge­gangen.

Wir wollen auch, dass die Ganztagsschulen den räumlichen Gegebenheiten entspre­chen, dass man sich dort nicht nur in den Klassen aufhält, sondern die Gebäude auch umgebaut werden. Kollege Brosz hat ja schon erwähnt, wie ein solches Programm ausschaut für ganztägige Schulen, in denen man sich wirklich wohl fühlen kann.

Auch hiezu haben wir heuer im Jänner ein Konzept vorgelegt, wonach der Bund, die Länder und die Gemeinden gemeinsame Anstrengungen unternehmen sollen, um da ein Impulsprogramm in Gang zu setzen, etwas, das durchaus nicht nur bildungspoli­tisch, sondern auch konjunkturpolitisch von einer großen Bedeutung wäre.

Ein weiterer Punkt sind die kostendeckenden Beiträge für die Eltern beziehungsweise die Frage, ob man sich die Ganztagsbetreuung oder die Nachmittagsschule auch leis­ten kann. Der Vorschlag, diese soziale Staffelung für alle Schulen in Verhandlungen mit den anderen Gebietskörperschaften einzuführen, würde garantieren, dass es in allen Gemeinden, wo es diese ganztägigen Angebote gibt, gleiche und faire Chancen für die Eltern gibt. Auch das ist ein Wunsch, den wir sicher erfüllen werden, wenn wir die Möglichkeit dazu haben. (Beifall bei der SPÖ.)

Und ein letzter Punkt ist die Qualität dieses Angebotes. Von einer schulischen Nach­mittagsbetreuung erwarten sich die Eltern, dass Kinder nicht nur versorgt werden, son­dern dass sie dort auch ganz gezielt Unterstützung bei Lernschwächen bekommen, dass die Aufgaben und Übungen schon am Nachmittag in der Schule gemacht werden und dass vor allen Dingen das unselige Nachhilfeunwesen ein Ende nimmt, weil das in der Schule erledigt wird. Die ganztägige Schule ist für uns nicht nur ein Ort der Aufbe­wahrung, sondern ein lebendiger Ort, wo dann tatsächlich auch die Qualität unserer Schulen gehoben wird, sodass wir bei künftigen PISA-Studien besser dastehen als heute.

Wer all diese Informationen, die Vorschläge, die wir als Sozialdemokratinnen und So­zialdemokraten zu diesem Thema haben, im Detail nachlesen will – ich habe hier nicht die Zeit, um sie ausführlich darzulegen –, den kann ich auf eine eigene Homepage, die wir dazu eingerichtet haben, verweisen: www.ganztagsschule.at; dort findet sich alles, was man dazu wissen muss.

Die Verpflichtung zur Weiterbildung habe ich schon erwähnt. Das ist ein wichtiger Punkt, wobei die Verpflichtung zur Weiterbildung an und für sich im Dienstrecht zu ver­ankern ist. Dort steht ja auch einiges drinnen, aber, Frau Bundesministerin, wir erleben hier eine gewisse Widersprüchlichkeit: auf der einen Seite die Verpflichtung, sich wei­terzubilden, und auf der anderen Seite hören wir von nahezu allen pädagogischen Instituten, von vielen Lehrerinnen und Lehrern, dass sie sich weiterbilden wollen, dass sie aber gar nicht dürfen, dass sie weder frei bekommen noch dass die Angebote an den pädagogischen Instituten stattfinden, weil auch an den pädagogischen Instituten Kürzungen vorgenommen worden sind und das Angebot reduziert wird.


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Also wenn man die Weiterbildung will, dann reicht es nicht, sie nur ins Gesetz hinein­zuschreiben, sondern dann muss auch den Lehrern die Möglichkeit gegeben werden, sich tatsächlich weiterzubilden, und dann dürfen solche Anträge nicht abgelehnt wer­den! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Die Berufsreifeprüfung erwähne ich hier ebenfalls, auch wenn sie nicht unmittelbar zum Schulpaket passt, aber weil sie im Jahr 1997 doch eine ganz entscheidende Verbesse­rung gebracht hat insofern, als Leute mit einer Facharbeit, die eine Lehrabschlussprü­fung haben, die eine Lehre absolviert haben, auch die Möglichkeit bekommen haben, über diese Berufsreifeprüfung eine Matura zu machen, einen Studienzugang zu be­kommen. Das wird heute ausgeweitet auf die Meisterprüfung und auf die Befähigungs­prüfung, und wir machen damit deutlich, dass diese praktische Ausbildung auch ihren Wert hat und auch dazu befähigen soll, Bildungschancen in den weiterführenden Ein­richtungen, Fachhochschulen und so weiter, anzunehmen.

Aber wenn wir von der Ausweitung der Bildungschancen durch die Berufsreifeprüfung reden, dann müssen wir auch sagen, dass heute voraussichtlich eine Bestimmung beschlossen wird, die solche Bildungschancen wegnimmt. Das Urteil des EuGH, der gesagt hat, Österreich muss hier alle gleich behandeln – entweder für alle EU-Bürger Zugangsbeschränkungen oder für alle keine Zugangsbeschränkungen –, zwingt dazu, zumindest in angemessener Zeit hier darauf zu reagieren. Ausführlich wird sich Kollege Broukal, unser Wissenschaftssprecher, mit diesem Thema beschäftigen.

Ich sage dazu nur: Es wäre falsch, die Feinde des freien Hochschulzuganges nur beim Europäischen Gerichtshof zu suchen (Ruf bei der ÖVP: Bitte nicht! – Abg. Scheibner: Nicht nur, aber auch!), denn Sie als Regierungsparteien haben fünf Jahre lang unsere Universitäten zunächst einmal ausgehungert (Abg. Dr. Brinek: Geh bitte!), sodass sich zehn Studenten um einen Laborplatz und 100 um einen Platz in einem Hörsaal für 50 Leute raufen müssen. Sie haben rund 30 Millionen hinausgeschmissen, um die me­dizinischen Fakultäten zu eigenen Universitäten zu machen – ein reines Prestige-Pro­jekt! –, Geld, das wir gerne für die Lehre eingesetzt hätten. Und der Bundeskanzler hat es verabsäumt, rechtzeitig, nämlich wirklich schon Jahre vorher, für Möglichkeiten vorzusorgen, hier eine politische Lösung zu finden.

Ich sage dazu nur eines: Ich habe den Verdacht, Ihnen kommt das nicht ganz ungele­gen, dass hier der freie Hochschulzugang eingeschränkt werden muss. Wir werden keiner Lösung zustimmen, die diesen freien Hochschulzugang ernsthaft gefährdet! (Beifall bei der SPÖ.)

9.55


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Kollege Niederwieser, an sich diskutieren wir diese Frage, die Sie zum Schluss angeschnitten haben, in einem eigenen Tagesordnungs­punkt, der dann in der Folge behandelt werden wird. (Abg. Gaál: Er kann doch sagen, was er will! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Nächste Wortmeldung: Frau Abgeordnete Mag. Dr. Bleckmann. 12 Minuten Rede­zeit. – Bitte.

 


9.56.07

Abgeordnete Mag. Dr. Magda Bleckmann (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsi­dent! Frau Minister! Hohes Haus! Ich danke all denen, die es uns ermöglicht haben, dass wir heute hier sitzen und demokratisch über unser Bildungssystem diskutieren und abstimmen können. Ich danke auch denen, die es ermöglicht haben, dass wir ein Bildungssystem haben, wo wir unsere Kinder kostenlos bilden, ausbilden können. Ich denke, das ist ein hohes Gut, das wir hier in Österreich haben und für das wir alle sehr dankbar sein können.


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Und ich hoffe – im Gegensatz zum Kollegen Niederwieser –, dass die Schüler heute und jetzt nicht vor dem Fernseher sitzen (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP – Abg. Lentsch: Ja!), auch wenn diese Debatte vielleicht für sie interessant sein könnte. Ich hoffe, dass die Schüler irgendwo Spaß haben, sei es in der Schule oder in der Freizeit oder sogar irgendwo, wo sie wirklich Spaß haben. Ich hoffe auch, dass die Lehrer auf Fort- oder Ausbildung oder in der Schule bei der Nachbereitung oder Vorbereitung sind – und nicht, dass sie vor dem Fernseher sitzen. (Abg. Mandak: Die haben halt Schulschluss! – Abg. Öllinger: Zeugnisverteilung!) – Ja dann sind sie eben in der Schule, wo sie ja auch an anderen Tagen, wo wir hier diskutieren, außerhalb der Feri­enzeit, sein sollten. – Ich sage das nur, weil Kollege Niederwieser gesagt hat, er freut sich und hofft, dass alle vor dem Fernseher sitzen und uns zuhören. Ich hoffe, dass sie ihren Arbeiten nachkommen.

Ich denke, die Eltern, von denen er meinte, dass sie auch vielleicht sitzen und uns zu­hören, sind dort, wo sie tagsüber immer sind, nämlich am Arbeitsplatz, der entweder zu Hause ist oder im Job, wo sie hinfahren müssen. Dort sind die Eltern – oder vielleicht doch schon im wohlverdienten Urlaub! (Beifall bei Abgeordneten der Freiheitlichen und Abgeordneten der ÖVP.)

Aber ich begrüße alle anderen werten Fernsehzuschauer, die die Zeit haben, sich unsere Debatte anzuhören. Die Bezeichnung „Schulpaket 1“ sagt ja bereits aus, dass es mehrere Pakete geben wird, die folgen werden, denn nach jahrzehntelanger Blo­ckadepolitik und jahrzehntelangem Stillstand in der Bildungspolitik auf Grund des Er­fordernisses der Zweidrittelmehrheit im Bereich der Schulgesetze, das ja jetzt gefallen ist, ist es jetzt endlich möglich, die Schule, das Bildungssystem an moderne Anforde­rungen anzupassen, ist es möglich, einen Schritt nach dem anderen zu gehen, um die Schule auch eltern- und kindergerechter zu machen und um sie für die Zukunft zu verbessern und einer guten Zukunft zuzuführen.

Wenn es dann von Seiten der Grünen heißt, das, was gemacht wird, sei alles unzu­länglich, dann kann ich Ihnen nur sagen: Warten Sie! Es wird ein Paket nach dem anderen geben (Abg. Öllinger: Da haben Sie aber nicht mehr viel Zeit!), und es wird immer besser werden im Vergleich zu dem, was bisher war. Sie müssen halt nur ein bisschen warten! Wir können nicht von heute auf morgen alles verbessern, was in jahr­zehntelanger Blockadepolitik verabsäumt worden ist. Warten Sie! Es werden noch mehrere gute Pakete folgen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Öllinger: Da haben Sie aber nicht mehr viel Zeit! – Abg. Mag. Molterer: Zumindest fünf Jahre!)

Durch den Fall der Zweidrittelmehrheit ist es jetzt endlich möglich und ist der Weg frei, um Veränderungen herbeizuführen: in Richtung eines bedarfsgerechten Tagesbetreu­ungsangebots, dass die generelle Einführung der Fünf-Tage-Woche für alle 6- bis 14-Jährigen erreicht werden kann. Die Schule wird damit an die moderne Arbeitswelt und an die Bedürfnisse der Eltern angepasst. Die Kinder sollen ja nicht mehr Tage in der Schule verbringen, als ihre Eltern am Arbeitsplatz. Und noch ein – auch aus unserer Sicht – wichtiger Punkt: Es gibt sprachliche Frühförderung – nicht im gesetzlichen Bereich, aber das ist ein Schwerpunkt, der seitens der Regierung gesetzt wird mit dem Ziel, dass alle Kinder in der ersten Volksschulklasse Deutsch als Unterrichtssprache ausreichend beherrschen. Und deshalb, glaube ich, ist das ein wirklich gutes Paket! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Da betreffend die Tagesbetreuung von Seiten der Opposition immer gesagt wird, das sei zwar ein guter Schritt, aber eben viel zu wenig, kann ich auch dazu nur sagen: Warten wir doch jetzt erst einmal die Ergebnisse ab, und setzen wir dann weitere Schritte! Es ist ein guter erster Schritt, der jetzt bezüglich der Tagesbetreuung gesetzt wird, denn künftig wird es in Österreich für alle 6- bis 14-Jährigen eine bedarfsgerechte


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Tagesbetreuung geben, unter Wahrung der Wahlfreiheit für die Eltern. Und ab einer Gruppengröße von 15 SchülerInnen muss es dieses Angebot der Nachmittagsbetreu­ung auch verpflichtend geben. Das ist ja quasi dann schon ein Rechtsanspruch.

Ich denke, hier wird ein guter Schritt gemacht, um insgesamt dann schon 60 000 Be­treuungsplätze zur Verfügung zu stellen. Das ist ja auch einmal zu honorieren, und es ist zu sagen, dass hier einiges Gutes gemacht wird. Und: Warten wir auf die Ergeb­nisse, um zu sehen: Wird dieses Angebot auch wirklich angenommen von den Eltern?, damit nicht das passiert, was in der Steiermark bei den Sommerkindergärten passiert ist, wo es von Seiten des Landes und der Gemeinde ein großes Angebot gegeben hat, viele Anmeldungen gegeben hat – und jetzt, wo der Sommer da ist und die Plätze zur Verfügung stehen, viel zu wenige Kinder wirklich da sind und angemeldet sind, um die Kindergartenplätze auch in Anspruch zu nehmen. Hier wurde viel Geld zur Verfügung gestellt, das aber nicht genutzt wurde. Darum sage ich: Warten wir, wie sich dieses Angebot auswirkt! Wird es wirklich zu 100 Prozent in Anspruch genommen, dann müs­sen sofort weitere Maßnahmen gesetzt werden. Aber arbeiten wir wirklich nachfrage­gerecht und schauen wir: Wo ist wirklich die Nachfrage?, und anhand dessen weiten wir das Angebot dann aus.

Zweiter Punkt: Berufsreifeprüfung. Auch sie hat eine Erfolgsstory geschrieben. Die Schaffung der Möglichkeit, die Matura auf dem zweiten Bildungsweg in Form dieser Berufsreifeprüfung nachzuholen, ist eine gute Entscheidung gewesen. Derzeit sind 8 000 Personen in Vorbereitung zu dieser Berufsreifeprüfung. 1 247, die diese Reife­prüfung abgeschlossen haben, studieren bereits an Fachhochschulen, 6 384 an den Universitäten – das sind 3,3 Prozent der Studierenden –, 46 haben bereits einen Ab­schluss. Das zeigt also, dass es wichtig ist, die Durchlässigkeit des Bildungssystems zu erreichen. Finanzielle Mittel sind hier auch in die Hand genommen worden. Die För­derung ist verfünffacht worden. Der Zugang soll jetzt noch ausgeweitet werden und für Absolventen von Meister- und Befähigungsprüfungen geöffnet werden.

Darüber hinaus – und das ist das, was wir uns auch in einem Entschließungsantrag noch erhoffen und wünschen – soll es hier zu einer Gleichberechtigung kommen, denn die AHS-Schüler bekommen ja ihre Ausbildung sozusagen gratis zur Verfügung ge­stellt, für die Berufsreifeprüfung aber muss gezahlt werden und muss selbst Geld in die Hand genommen werden. Hiezu haben wir einen Entschließungsantrag erarbeitet, dem alle zustimmen werden, in dem es darum geht, dass es hier zu einer Gleichbehandlung und Gleichberechtigung kommen soll, dass Modelle erarbeitet werden sollen, damit in Zukunft auch Berufsreifeprüfungen nicht selbst gezahlt werden müssen. Damit werden finanzielle Hürden beseitigt, und es können noch mehr dieses Angebot, diese Möglich­keit des zweiten Bildungsweges in Anspruch nehmen. (Beifall bei den Freiheitlichen, bei Abgeordneten der ÖVP sowie des Abg. Dr. Niederwieser.)

Ein weiterer Schwerpunkt ist die sprachliche Frühförderung mit dem Ziel – das ist ein Schwerpunkt außerhalb des Gesetzes –, dass alle Kinder nach der ersten Klasse Volksschule Deutsch ausreichend beherrschen. Ich glaube, das ist ein ganz wichtiger Punkt, denn in der Volksschule hat es zu vielen Problemen geführt, dass Kinder, die die österreichische Sprache nicht ausreichend beherrscht haben, schon in der ersten Klasse untergebracht worden sind. Das hat innerhalb der Schule zu vielen Problemen geführt, auch für die Lehrer. Das hat sie vor sehr große Herausforderungen gestellt, und deshalb ist es wichtig, dass hier eine Frühförderung einsetzt. Experten sagen, dass bereits im Kindergarten bei mindestens 8 000 Kindern ein Förderbedarf besteht.

Das heißt, es wird eine frühe Einschreibung mit einer so genannten Sprachstandsfest­stellung geben. Es wird eine frühe Diagnose durch die Schulleiter geben, und es wird eine frühe Förderung schon im Kindergartenbereich geben, wo durchschnittlich vier Stunden pro Woche bezahlt werden. Der Bund zahlt hier dazu, und die Länder sollen


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es mit den Gemeinden umsetzen, und die Fort- und Weiterbildungen für die Kinder­gartenpädagogInnen werden in diesem Bereich gestärkt und gefördert.

Nach einer einjährigen Probezeit soll es eine Evaluierung geben, und das – da bin ich mir sicher – wird ergeben, dass es zu einer Entlastung der Lehrer und zu einer besse­ren Annahme der Schule, vor allem der Volksschule, durch Eltern und Kinder kommt. Ich denke, dass das dann auch im Gesetz seinen Niederschlag finden wird und dass das eine gute Entwicklung ist, die wir hier außerhalb des Gesetzes gehen, um die sprachliche Frühförderung durchzuführen.

Weitere Schwerpunkte sind, das Lesen zu fördern oder auch Starke zu fördern, aber auch Schwache. Das ist ein Bereich, der insgesamt sehr wichtig ist: dass wir auf die unterschiedlichen Bedürfnisse der Schülerinnen und Schüler eingehen, dass sie in ihren jeweiligen Fähigkeiten unterstützt und gefördert werden.

Wenn die Schüler ihre Schulzeit beendet haben, ist der Weg nach der Matura dann frei für die Universität, und ich gehe hier schon auch auf die aktuelle Diskussion ein, wenn wir über die Universitäten sprechen. Der Grund, warum wir heute und hier auch dar­über reden müssen, ist ja, dass die EU ein Urteil abgegeben hat, das eben besagt (Abg. Scheibner: Ungeheuerlich!), dass das Gesetz, so wie es derzeit ist, wo für aus­ländische, vor allem deutsche Studierende andere Anforderungen gelten, aufgehoben ist. Niemand von uns wünscht sich einen Numerus clausus in Österreich, niemand von uns wünscht sich Zugangsbeschränkungen wie in Deutschland! Deshalb liegt es jetzt an uns, hier ein Gesetz zu beschließen, das es ermöglicht, den freien Hochschulzu­gang weiterhin aufrechtzuerhalten (Abg. Dr. Van der Bellen: Das tun Sie aber nicht!), das es ermöglicht, den Ansturm der ausländischen Studierenden bei uns in Österreich zu beschränken. Darum geht es ja: dass wir in diesem Spannungsfeld eine gute Lö­sung finden. (Beifall bei den Freiheitlichen sowie des Abg. Prinz.)

Dazu beizutragen sind alle aufgefordert, und wir glauben, dass die Universitäten in ihrer Autonomie dazu einen Beitrag leisten können und wollen. Dieses Gesetz, das wir heute hier beschließen werden, ist ja eine Unterstützung der Universitäten und kommt vor allem dem Wunsch des Rektors entgegen, dass wir hier rasch handeln, damit wir eine universitäre Versorgung hoher Qualität sicherstellen können. Wir werden das heute ja machen!

Grotesk ist – und das lassen Sie mich hier bitte auch sagen –, dass die SPÖ ihr Ab­stimmungsverhalten nach dem Abstimmungsverhalten der Grünen ausrichtet! Das ist für mich ja ganz unfassbar, dass eine Fraktion nicht selbst entscheiden kann: Stimme ich zu oder nicht?, sondern sagt: Ich stimme nur zu, wenn die Grünen zustimmen! (Abg. Scheibner – in Richtung SPÖ –: Ja was ist denn da los? Wovor fürchten Sie sich denn?) – Sie sind hier in einer Oppositionskoalition und übersehen, dass es hier keine Einstimmigkeit braucht. Die Einstimmigkeit braucht es auf der Regierungsbank in einer Koalition – aber nicht in einer Oppositionskoalition, in der Sie sich anscheinend befinden. Ihr Verhandlungsführer, Kollege Broukal, sagt, es wird nur zugestimmt, wenn es zu einem gemeinsamen Beschluss mit den Grünen kommt (Abg. Scheibner – in Richtung SPÖ –: Sind Sie keine eigenständige Partei, oder was? – Abg. Dr. Partik-Pablé: Am Gängelband der Grünen!), und das ist in meinen Augen ein Abgeben Ihrer Verantwortung in diesem Bereich. Gute Nacht, Universität! (Beifall bei den Freiheit­lichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

10.07


Präsident Dr. Andreas Khol: Meine Damen und Herren! Es ist genau das eingetreten, was eigentlich nicht vorgesehen ist: Wir diskutieren jetzt nicht das Schulpaket, sondern wir diskutieren den nächsten Tagesordnungspunkt. (Abg. Scheibner: Aber, Herr Präsi­dent, wenn einer anfängt, können die anderen replizieren!) – Ich habe es beim Abge-


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ordneten Niederwieser zugelassen – okay, so ist es. (Abg. Scheibner: Eben! – Abg. Dr. Jarolim: Herr Präsident, aber es war ja nicht sehr wesentlich!)

Zu Wort gelangt jetzt Frau Bundesministerin Gehrer. Ihre Redezeit beträgt 15 Minu­ten. – Bitte.

 


10.07.40

Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Herr Präsident! Hohes Haus! Ich freue mich, dass wir heute einen weiteren Schritt in der Steigerung der Schulqualität machen können – einen weiteren Schritt nach vielen, die wir schon gesetzt haben! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wer mit offenen Augen durch unsere Schullandschaft geht, der sieht, was in den letz­ten Jahren geleistet wurde (Ruf bei der SPÖ: Ja, leider!), was an neuen Schulen ge­baut wurde. Ich danke herzlich allen Schulerhaltern, allen Bürgermeistern und Bürger­meisterinnen, allen in den Landesregierungen Verantwortlichen. Unsere Schulbauten können sich sehen lassen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich freue mich auch, dass wir im Bundesschulbereich in Zusammenarbeit mit der BIG und mit anderen Körperschaften die besten Gebäude mit bester Qualität errichten kön­nen, die sogar Architekturpreise gewinnen! Das ist eine schöne Leistung für unsere Architekten, das ist eine schöne Leistung für unsere Schullandschaft.

Meine Damen und Herren! Die Schulqualität hängt aber in besonderem Maße von den qualifizierten Lehrern und Lehrerinnen ab, und ich betone es: Wir haben in Österreich 116 000 qualifizierte Lehrer und Lehrerinnen, denen ich für ihre Leistungen im abge­laufenen Schuljahr sehr, sehr herzlich danken möchte! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Heute ist auch in den westlichen Bundesländern der letzte Schultag. 750 000 Schüler und Schülerinnen treten ihre wohlverdienten Ferien an. Insgesamt haben jetzt 1,2 Mil­lionen Schüler und Schülerinnen Ferien. Ich wünsche ihnen eine gute Erholung (Abg. Scheibner: Den Lehrern oder den Schülern?) und freue mich, dass es heuer weniger Repetenten gibt als im letzten Jahr. – Ich wünsche auch den Schülern eine gute Erholung. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Wer mit denselben offenen Augen, mit denen er die Schulgebäude anschaut, auch die Qualität unseres Schulwesens anschaut, der sieht, was in den letzten Jahren – in vie­len Fällen gemeinsam, und das ist gut so! – an Veränderungen bewirkt wurde. (Abg. Dr. Jarolim: Das hat man gesehen, leider Gottes! Dramatisch hat man das gesehen! – Rufe bei der ÖVP: Geh bitte!) Wir haben die Autonomie ausgebaut; die Schulen sind selbständiger. Wir haben neue Lehrpläne geschaffen, wir haben die Projektarbeit, die modernen Unterrichtsformen vorangetrieben. Wir haben die Auslandsaufenthalte im Rahmen der Mobilitätsprogramme in Europa enorm gesteigert. Wir haben die Schulen mit Computern ausgestattet (Abg. Mag. Gaßner: Welche Schule?): Österreich liegt in Bezug auf die Computerausstattung an der Spitze. Wir haben eine neue Qualitätskultur mit Feedbackbögen und dem Projekt QIS eingeführt.

Was mich besonders freut: Der Trend zur höheren Bildung hält an! Wir haben 40 425 Schüler und Schülerinnen mehr in weiterführenden Schulen, und wir werden daher auch mehr Studierende an den Universitäten haben. (Abg. Brosz: Aber nicht mehr Plätze!) Das ist ein schöner Bildungserfolg! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheit­lichen.)

Meine Damen und Herren! Wir haben gemeinsam das Frühwarnsystem vorverlegt – und wir haben die Repetentenzahlen gesenkt: In den AHS sind sie um 2 Prozent ge­sunken, in den berufsbildenden Schulen um 3,8 Prozent. Das freut mich! Es bedeutet weniger Misserfolgserlebnisse für manche Schüler und Schülerinnen.


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Wir haben die Lesefähigkeit der SchülerInnen in den Mittelpunkt gestellt: Es wurden im Monat Mai bei 189 261 Schülern und Schülerinnen Lese-Screenings durchgeführt. Etwa 40 Prozent lesen sehr gut, etwa 40 Prozent lesen gut, und 15 Prozent werden im nächsten Schuljahr jene Förderung kriegen, die sie brauchen, damit ihre Lesekompe­tenz verbessert wird.

Wer aber meint, dass die Schulqualität nur mit gesetzlichen Veränderungen bewirkt werden kann, der ist auf einem Auge blind! (Abg. Öllinger: Besser auf einem Auge blind als auf zwei!) Sie wissen, dass in vielen Bereichen viele Projekte, viele Maßnah­men durchgeführt werden, die nicht gesetzlich verankert, aber unglaublich wichtig sind. Ich erwähne etwa die Einführung von Standards, Standards, die bereits erprobt wer­den; ich erwähne die Leadership Academy, ich erwähne jene Diskussion, die im Rahmen der von mir übrigens bereits im Jahr 2003 eingesetzten Zukunftskommission eine starke Bewegung erzeugt hat. Ich erwähne die Förderstunden, die neu angeboten werden: 36 Stunden in jeder Volksschulklasse, 72 Stunden in jeder Hauptschulklasse, 72 Stunden pro Jahr in jeder Unterstufe des Gymnasiums.

Heute nun beschließen wir einige wichtige gesetzliche Weiterentwicklungen. Es ist ein Schulpaket, das für die Schulen und die SchülerInnen wichtige Weiterentwicklungen bringt. Meine Vorredner haben bereits die gesamte Maßnahmenpalette erwähnt, ich möchte deshalb auf einige mir besonders wichtige Fragen eingehen.

Es wurde in breitem Maße die so genannte Tagesbetreuung diskutiert. – Meine Damen und Herren, ich verstehe schon, dass manche bei den Grünen oder in der Opposition nicht gerne hören, dass ihre verpflichtende Tagesschule, die Ganztagsschule, von den Österreichern und Österreicherinnen flächendeckend halt einfach nicht gewollt wird.

Wir haben das sehr genau abgefragt: 77 Prozent der Befragten sind für eine freiwillige Tagesbetreuung, die auf die Bedürfnisse der berufstätigen Eltern abstellt. (Abg. Öllin­ger: Das kommt so auf die Frage an, das wissen Sie genau!) 62 Prozent sind gegen eine verpflichtende flächendeckende Ganztagsschule, mit der wir allen Kindern verord­nen, dass sie von 8 Uhr in der Früh bis 17 Uhr am Nachmittag in der Schule sein müs­sen. (Abg. Öllinger: Jetzt sind Sie wieder bei Ihren alten Programmen! – Ruf: Das ist die „Zwangstagsschule“!) Ich sage Ihnen: Die Tagesbetreuung wird von denen, die es brauchen, sehr gut angenommen!

Ich fordere diejenigen, die davon reden, wir bräuchten lauter neue Gebäude, wir bräuchten lauter Umbauten, wir bräuchten lauter neue Küchen, wir bräuchten lauter Speisesäle, wir würden den ländlichen Raum aushöhlen, es werde im ländlichen Raum nicht möglich sein (Rufe bei den Grünen: Ja, ganz genau!), auf: Meine Damen und Herren! Bitte, gehen Sie in den ländlichen Raum und schauen Sie sich das doch an! (Abg. Sburny: Wir wohnen dort! Wir wohnen dort!) Sie reden ja weit weg von jeder Realität! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Sburny: Ich weiß ja nicht, wo Sie wohnen ...! – Abg. Brosz: Der Minoritenplatz ist nicht länd­licher Raum!)

Wissen Sie, als Bundesministerin kenne ich nicht nur meinen Wohnort Bregenz (Zwi­schenrufe bei den Grünen und der SPÖ), sondern ich kenne viele Schulen von innen, weil ich dorthin gehe, weil ich in die Bundesländer gehe, weil ich mit den Direktoren und Direktorinnen rede und weil ich mit den Eltern rede!

Ich werde Ihnen ein Beispiel bringen (Abg. Sburny: Ja! – Abg. Öllinger: Bitte!): Ich war vor 14 Tagen in einer kleinen Gemeinde in Kärnten, in Gmünd, diese bietet die verschränkte Betreuung an. Wissen Sie, wie es die machen? – Die Kinder gehen zu Mittag in ein nahe gelegenes Gasthaus! Das wollen die Eltern so, und die Schüler und Schülerinnen bekommen dort ein gutes Essen zu einem äußerst günstigen Preis. Der Schulerhalter und die Schule haben das mit diesem Gasthaus vereinbart. – Sie wollen


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natürlich, dass man eine Riesenküche, dass man riesige Speisesäle baut. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ich bitte wirklich darum, bei all diesen Fragen ein bisschen Hausverstand walten zu lassen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Staatssekretär Mag. Schweitzer: Haben sie ja nicht! Sehr gute Rede! – Abg. Sburny: Stellen Sie jetzt zu jeder Schule ein Gasthaus?)

Und, meine Damen und Herren, ich weiß auch genau (Abg. Dr. Jarolim: Unseriöse Rede!), wie es in kleinen Gemeinden gehandhabt wird, wenn nur ein oder zwei Kinder eine Betreuung brauchen. (Abg. Öllinger: Ist das jetzt Nachmittagsbetreuung beim Wirten?) Die Gemeinde bemüht sich, sucht eine Tagesmutter und schaut, dass die Kinder in einer Familie mitbetreut werden. Was haben Sie eigentlich gegen rationale, vernünftige Lösungen, die von den Verantwortlichen vor Ort getroffen werden? (Abg. Sburny: Weil sie nicht funktionieren! Sie funktionieren nicht!) Ich bedanke mich bei allen, die das machen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Ich möchte noch festhalten, dass wir nicht, wie da erwähnt wurde, 8 Millionen € im Jahr ausgeben. Wir werden, wenn wir 65 000 Betreuungsplätze haben, 62 Millionen € (Zwischenruf des Abg. Brosz) – 52 Millionen € ausgeben (Abg. Mandak: Naja, 10 Millionen mehr oder weniger!), und zwar zur Unterstützung der Ge­meinden bei der Betreuung der Kinder, zur Lernförderung der Kinder – und nicht für überflüssige Zubauten. (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Gute Schule besteht aus dem täglichen Bemühen, noch besser zu werden. Es genügt nicht, an einem Rad zu drehen, es genügt nicht, einen Hebel umzulegen, wir müssen viele Fortschritte machen! Wir haben bereits viele Fort­schritte gemacht, und wir machen nun einen großen Schritt mit dem heutigen Schul­paket.

Ich danke denen, die zustimmen. Wir werden in Zukunft unsere Schulen in positiver Weise weiterentwickeln! (Lebhafter Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

10.18


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gelangt nunmehr Frau Abgeordnete Mandak. 10 Minuten Redezeit. – Bitte. (Abg. Dr. Jarolim: Das ist ein tolles Konzept: Gasthaus statt Schulen! – Gegenrufe bei der ÖVP. – Abg. Mag. Molterer: Wir werden einen Preis für den dümmsten Zwischenruf vergeben!)

 


10.18.45

Abgeordnete Sabine Mandak (Grüne): Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr Damen und Herren! Liebe an Politik interessierte Jugendliche! Frau Ministerin Gehrer! Es ist inter­essant, dass Sie in der Schuldebatte als ersten Satz sagen, unsere Schulbauten könn­ten sich sehen lassen, und sich über die Architekturpreise, die Österreichs Schulen bekommen haben, freuen. – Wir freuen uns auch darüber, nur glaube ich, dass Sie da den Begriff „Bildungslandschaft“ ein bisschen falsch verstehen. (Beifall bei den Grü­nen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wenn man von Bildungslandschaft spricht, meint man eigentlich nicht die Häuser, in denen die Bildung stattfindet, sondern die Art und Weise, wie Bildung stattfindet.

Weiters möchte ich noch klarstellen: Sie haben gesagt „bei den Grünen und in der Opposition“. – Frau Ministerin, die Grünen sind die Opposition in Österreich schlecht­hin. (Rufe bei der ÖVP: Und dort bleiben sie auch!) Ich möchte Sie bitten, das schon auseinander zu halten. (Beifall bei den Grünen. – Rufe bei der ÖVP: Dort gehören sie auch hin! – Abg. Schiefermair: „Schlechthin“ ist ein gutes Wort!)


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Sie, Frau Bundesministerin, haben in Ihren Ausführungen auf die Förderstunden-neu Bezug genommen – Sie erwähnen das immer wieder und sind wirklich sehr stolz dar­auf – und darauf, wie stark Sie Schülerinnen und Schüler unterstützen, mehr unterstüt­zen als bisher. Dabei nennen Sie immer die Gesamtzahlen. Wir haben uns einmal die Arbeit gemacht und das ausgerechnet, nur damit das wirklich alle verstehen können: Wir sprechen hier davon, dass jetzt pro Schülerin und Schüler 17 Minuten mehr zur Verfügung stehen.

Sie sagen jetzt vielleicht: Super! Also, mein Gott, mit 17 Minuten in der Woche kann man schon einiges machen, wenn man das zusammenzählt. – Es geht aber nicht um 17 Minuten in der Woche, es geht um 17 Minuten pro Schuljahr! Nur damit klar ist, von welchen Relationen wir hier sprechen, wenn die Frau Ministerin stolz auf ihre zusätz­lichen Förderstunden Bezug nimmt. (Bundesministerin Gehrer: Es brauchen ja nicht alle Förderstunden!) – Es brauchen nicht alle Förderstunden, aber 17 Minuten pro Jahr, Frau Ministerin, das ist schon eine ein bisschen sehr knausrige Sache! (Abg. Öllinger: Lächerlich! – Zwischenrufe bei der ÖVP.) Also ich würde das nicht immer so großartig in die Waagschale werfen, wenn Sie mit „verbesserten Rahmenbedingungen“ argumentieren. (Beifall bei den Grünen.)

Was glauben wir? – Wir glauben, dass Kinder die Chance haben müssen, miteinander lernen zu können, ganz gleich, ob sie jetzt Blitzgneißer sind oder solche, die ein biss­chen langsamer lernen, die ganz Gescheiten oder die ein bisschen weniger Geschei­ten, Kinder mit deutscher Muttersprache oder mit nichtdeutscher Muttersprache, Kinder mit Behinderung und Kinder ohne Behinderung – sie alle sollen die Chance haben, miteinander zu lernen.

Wir wünschen uns, dass die Kinder dort abgeholt werden, wo sie sind: mit ihrer Per­sönlichkeit, mit ihrem Entwicklungsstand.

Wir wünschen uns, dass Lehrerinnen und Lehrer entsprechende Rahmenbedingungen haben, damit sie auf die Kinder eingehen können – das wollen sehr viele, ist aber für viele nicht möglich, weil einfach viel zu viele Kinder in der Klasse sind.

Wir wünschen uns auch, dass „die Schule“ den Kindern gleiche Chancen bietet: dass es also nicht darauf ankommt, in welchem Bundesland das Kind in welche Schule geht, ob die Eltern selbst einen hohen Bildungsstand haben oder nicht – oder ob sie ein gutes Einkommen haben oder nicht.

Man kann die Dinge immer besser machen! Der letzte Satz in Ihrer heutigen Rede war meiner Einschätzung nach sehr beachtlich: Sie haben gesagt, Sie bemühen sich, es besser zu machen, und man solle nie damit aufhören. – Das freut mich! Das habe ich bisher noch sehr, sehr selten gehört. Ich habe auch nicht den Eindruck, dass das der Grundtenor Ihrer Bildungspolitik ist. Kollege Amon hat während seiner gesamten Rede­zeit darauf verwiesen, wo Österreich in den Statistiken wieder ganz super ist. Werte Kolleginnen und Kollegen, so kommen wir nicht weiter! (Abg. Dr. Baumgartner-Gabit­zer: Weil Sie es immer schlecht machen!)

Wenn es Ihr Anspruch ist, alles so sein zu lassen, dann, bitte, machen Sie die Regie­rungsbank frei! Lassen Sie uns hinauf! Wir wissen, was wir im Bildungssystem besser machen wollen! (Beifall bei den Grünen. – Lebhafte Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Es ist so!

Kollege Amon, ist bei uns alles bestens, wenn jede vierte und jeder vierte 16-Jährige nicht sinnerfassend lesen kann? – Das heißt, die Jugendlichen können zwar den Text lesen, aber sie wissen nachher nicht mehr, was sie gelesen haben. (Abg. Amon: Sinnerfassend!)


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Ist es ganz in Ordnung, wenn Kinder mit nichtdeutscher Muttersprache deutlich schlechtere Schulergebnisse aufweisen als die mit deutscher Muttersprache? – Schau­en Sie einmal, wie hoch der Anteil an MigrantInnenkindern in den früheren Sonder­schulen, jetzt Sonderpädagogischen Förderzentren, ist! Die haben aber eigentlich dort nichts verloren, sie gehören in Schulen, werden von dort abgeschoben, weil Sie mit Ihrer Bildungspolitik hilflos sind!

Eine weitere große Frage ist: In welche Schule geht das Kind? Und welchen Einfluss hat das auf den weiteren Lebensweg? Ist es für Sie in Ordnung und gut, dass 40 000 Schülerinnen und Schüler in Österreich heuer das Klassenziel nicht erreichen werden? 40 000 Schülerinnen und Schüler haben entweder einen Nachzipf oder fallen überhaupt durch! (Abg. Murauer: Können da die Kinder nicht auch Schuld haben?)

Ist es Ihrer Meinung nach in Ordnung, dass die Eltern in Österreich jährlich 100 Millio­nen € für Nachhilfe zahlen müssen? – So viel zum Thema „gleiche Bildungschancen“: Wir haben keine gleichen Bildungschancen in Österreich, solange wir solche Voraus­setzungen haben! Bitte nehmen Sie das einmal zur Kenntnis! (Beifall bei den Grünen.)

Ich möchte hauptsächlich auf Ihre Anträge, die die Nachmittagsbetreuung an Schulen und die Fünf-Tage-Woche betreffen, eingehen. – Es steht in den Materialien zum Gesetzentwurf ganz klar – ich zitiere den ersten Satz –:

„Das schulische Angebot im Bereich der Grundschule und der Sekundarstufe I“ – also der Unterstufe und der Hauptschule – „ist den zeitlichen Gegebenheiten der Arbeits­welt nicht angepasst.“ Weiters heißt es darin: „Das verpflichtende Angebot der Tages­betreuung an allen Schulen bis einschließlich der 8. Schulstufe ... werden positive Auswirkungen auf die Beschäftigungssituation von erziehungsverpflichteten Personen und damit auf den Wirtschaftsstandort Österreich insgesamt entfalten.“

Das heißt: Sie haben den vorliegenden Entwurf auf seine Auswirkungen auf die Be­schäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich angeschaut. Es ist ganz klar ein Gesetz, das darauf abzielt, beiden Elternteilen Erwerbstätigkeit zu ermöglichen. – Das freut uns, das fordern wir ja auch immer ein. Jetzt möchte ich gerne schauen, ob Ihnen das auch gelingt und ob es dieses Gesetz wert ist, zuzustimmen:

Ich sage Ihnen aber, Sie haben bei diesem Gesetz ganz, ganz wesentliche Dinge ver­gessen, und zwar nicht nur ein bisschen, sondern sehr viele. Es wundert mich, ehrlich gesagt, dass die SPÖ nach Asylgesetz und Zivildienstgesetz auch diesem Gesetz zu­stimmt – was auch immer die Signalwirkung dahinter sein soll. (Abg. Mag. Regler: Weil es gute Gesetze sind! – Abg. Neugebauer: Sie sind immer dafür, dass Sie dagegen sind!)

Eltern brauchen Verlässlichkeit. – Ich als Mutter muss wissen: Mein Kind hat sicher einen Betreuungsplatz! Das sichern Sie jedoch mit diesem Gesetz nicht zu, das hat man auch dann nicht! Diese Sicherheit ist deswegen wichtig, weil ich ja meinen Ar­beitsplatz darauf abstimmen muss! Mein Arbeitgeber oder meine Arbeitgeberin ver­langt sehr wohl, dass ich eine verlässliche Arbeitnehmerin bin, ich jedoch habe keine Sicherheit, dass mein Kind gut betreut wird. Das heißt, alles, was da schief geht, geht auf Kosten der Eltern schief. Diese müssen das ausbaden, diese müssen dann schauen, wie sie zu Lösungen kommen. Natürlich geschieht das in diesem Fall auf dem Rücken der Eltern! (Abg. Schiefermair: Es sind immer die Eltern zuständig!) – Nein, das ist nicht klar, dass es immer die Eltern sein müssen! (Abg. Schiefermair: Nein! Die Eltern sind zuständig!) Absolut nicht!

Geben Sie den Eltern einen Rechtsanspruch auf Tagesbetreuung! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Rädler: Ist der Staat für alles zuständig?)


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Geben Sie Eltern einen Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung! Das ist möglich! Schwe­den hat das! Sie werden sehen, welche Auswirkungen das hat! (Abg. Murauer: Dann fahren Sie hin, nach Schweden!)

Zweiter Punkt: Wer auf dem Land wohnt, hat vielleicht Pech. Wenn es nicht möglich ist, 15 Kinder zusammenzubekommen – Pech gehabt! (Abg. Lentsch: Da gibt es dann Tagesmütter bei uns auf dem Land!) – Da gibt es Tagesmütter! Wenn es keine Ta­gesmutter gibt, warum ermöglichen Sie nicht andere Formen der Tagesbetreuung? Warum bieten Sie nicht auch hier die Möglichkeit, zum Beispiel mit Tages-Kinderhäu­sern altersübergreifende Angebote zu machen?

Am Samstag sperren Sie überhaupt zu – da ist fertig! –, denn Sie beschließen jetzt nicht nur dieses Betreuungsgesetz, sondern auch die Fünf-Tage-Woche an den Schu­len. Wissen Sie, was dann die 350 000 Beschäftigten alleine im Handel tun sollen – zwei Drittel davon sind Frauen?! Während noch vor 15 Jahren um 12 Uhr Schluss war, gehen heute die Öffnungszeiten am Samstag bis 16, 17 Uhr! Wo bleibt da die Kinder­betreuung? Die ist nicht gegeben, ist Ihnen egal! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Amon: Sollen wir das 24 Stunden am Tag anbieten? – Abg. Murauer: Frau Kollegin, was tun wir am Sonntag? Es gibt auch welche, die am Sonntag arbeiten müssen!)

Die Gebühren: Kollege Brosz hat schon angesprochen, dass das armutsgefährdete Familien trifft. – Das ist der einzige Punkt, Dieter, wo ich dir widersprechen muss: Das sind arme Familien! Wir sprechen hier davon, dass bereits jene Familien, die 1 000 € netto zum Leben haben, voll für die Kinderbetreuung zahlen müssen! Ich glaube, Sie wissen nicht mehr, was es heißt, wenn eine Familie von 1 000 € leben muss! Die Frau Ministerin weiß ja oft nicht einmal, ob 10 Millionen auf oder ab. Da wundert es mich nicht, muss ich Ihnen ganz ehrlich sagen! (Beifall bei den Grünen.)

Als ich das kritisiert habe, hat mir Klubobmann Molterer zugerufen: Sie kümmern sich um Kleinigkeiten! – Also das sind für mich keine Kleinigkeiten. Und für mich ist es nach wie vor keine Kleinigkeit, ob dieses Geld zur Verfügung steht oder nicht. (Abg. Mag. Molterer: Ich habe Ihnen etwas anderes gesagt, Frau Kollegin! Falls Sie es wis­sen wollen!)

Sie hätten die Möglichkeit, eine gute Tagesbetreuung auf die Füße zu stellen. Sagen Sie nicht, Sie hätten nicht das Geld dafür! Sie haben das Geld für – ich will Sie nicht schon wieder zitieren, aber – diese wirklich nutzlosen Abfangjäger! (Abg. Scheibner: Also bitte, fangen Sie nicht mit dem schon wieder an!) Sie haben das Geld für eine Steuerreform gehabt, die massiv den großen Unternehmen zugute gekommen ist. (Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.)

Geben Sie das Geld den Eltern, geben Sie das Geld den Kindern, in die Tagesbetreu­ung und in die Bildung Österreichs! – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeord­neten der SPÖ.)

10.29


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Brinek. 10 Minuten Redezeit. – Bitte. (Abg. Mag. Molterer – in Richtung der das Rednerpult verlassenden Abg. Mandak –: Ich habe gesagt, Sie sind immer ... überheblich ...!)

 


10.29.02

Abgeordnete Dr. Gertrude Brinek (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ein paar Richtigstellungen zu meiner Vorrednerin:

Unter Bildungslandschaft verstehen sowohl die Ministerin als auch meine Fraktion etwas mehr als nur die Schulbauten – das muss ich hier nicht näher ausführen. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Sie sind super!)


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Ich rate Kollegin Mandak, über den Sommer nachzurechnen, wie viele Minuten, För­derminuten, herauskommen, wenn Sie davon ausgeht, dass nicht jeder Schüler/jede Schülerin Förderunterricht braucht – dann sind es nämlich mehr. (Beifall bei der ÖVP.)

Genauso rate ich ihr, einen internationalen Vergleich anzustellen, zum Beispiel mit dem PISA-Sieger Finnland, der weniger für Bildung und mehr für Abfangjäger aus­gibt. – Also: Der internationale Vergleich macht uns auch da sicher, ebenso wie der Vergleich mit der Steuerreform! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Frei­heitlichen.)

Meine Damen und Herren! Das Bildungs-, Schulpaket antwortet auf gesellschaftspoli­tische Veränderungen. Wir könnten sagen, Schule bleibt damit in Bewegung und geht so in die richtige Richtung. Die Abschaffung der Zweidrittelmehrheit für die Mehrheit der Schulgesetze war eine richtige und wichtige Entscheidung, sodass wir heute, wie wir sehen, mit großer Zustimmung, nicht genötigt durch die Verfassungsmehrheit, wichtige Veränderungen beschließen und damit auf internationale Veränderungen ant­worten können. Die internationalen Veränderungen werden sein, sich noch stärker Vergleichen zu stellen: OECD, PISA, TIMS und so weiter. Die Schule wird sich auch künftig mehr der Erwerbstätigkeit von Vätern und Müttern stellen müssen. Das sehen wir positiv, erachten wir als positiv und nicht sozusagen nur als notgedrungene Konse­quenz aus dieser Entscheidung.

Lange Zeit hat die Sozialdemokratie Arbeit als Leid und als Knechtschaft erlebt und daher gesagt, es sei nicht gut, wenn die Frauen arbeiten. (Zwischenruf bei der SPÖ.) Jetzt kommt man darauf, Frauen sehen auch in der Arbeit Entfaltung, Autonomie, Selbstgewinnung, Selbstdefinition. Das soll auch im Verbund von Familie, von Vater, Mutter, Kind, möglich sein.

Künftig wird es auch darum gehen, die Frühförderungseinrichtungen wie den Kinder­garten stärker in den Blick zu nehmen. Im 19. Jahrhundert ursprünglich als Wohlfahrts­einrichtung errichtet, ist er jetzt ganz sicher zur Bildungseinrichtung geworden. Und wenn wir beim Ballungsraum sind und die Kinder mit Migrationshintergrund ansehen, dann kann man nur die Unterstützung der Forderung der ÖVP-Wien verlangen, näm­lich das letzte Kindergartenjahr vor der Schule gratis zu machen, vor allem im Bal­lungsraum, um den Kindern mit sprachunterentwickelten Niveaus, mit geringen Deutschkenntnissen die Chance zu geben, im Kindergartenverbund hier die Unter­richtssprache zu erlernen, und es nicht scheitern zu lassen möglicherweise an der Kin­dergartengebühr, an den Kindergartenbeiträgen. Also absolute Unterstützung für diese Maßnahme, die modern und zukunftsorientiert ist. (Beifall bei der ÖVP.)

Das, was wir trotzdem noch brauchen, ist die Forcierung der Bildungsforschung. Auch hier wird mit dem Schulpaket ein weiterer wichtiger Schritt gesetzt. Wir wissen noch zu wenig über bestimmte Phänomene im Schul- und Unterrichtsgeschehen, und wir müs­sen diese Erkenntnisse bündeln und stärker für die politische Entscheidung vorberei­ten.

Was sicher noch dazukommt, ist die Erweiterung des Arbeits- und Aufgabenspektrums der Schule selbst. Was pädagogische Nachmittagsbetreuung ist, ist nicht das, was früher wohlfahrtsstaatliche Aufbewahrung war, sondern ist hochwertige Freizeitpäda­gogik, ist hochwertige pädagogische Lernhilfe und muss nicht gleich Unterricht im klas­sischen Bild sein – siehe Ganztagsschule! Auch in einer pädagogisch hochwertigen Nachmittagsbetreuungsvariante kommen Kinder auf ihre Rechnung. Das bestätigen nicht nur die Umfragen, wenn die Eltern selbst gefragt werden, sondern das sagen auch die Wissenschaft und die Forschung.

Schließlich geht es um die Steigerung der Unterrichtsqualität und weniger um die Ver­änderung der Unterrichtsorganisation. Auch da sind wir in unserem Urteil sicher, weil


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das sowohl die Erfahrung im internationalen Bereich sagt als auch die Wissenschaft und die Forschung. Die OECD hat erst kürzlich wieder darauf hingewiesen, dass in multikulturellen, in pluralen, vor allem städtischen Gesellschaften ein Einheitsschul­modell nicht die richtige Antwort ist. Wir liegen auch in Österreich mit unserem diffe­renzierten Modell auch in dieser Hinsicht richtig. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeord­neten der Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Wo wir auf der Basis des Schulpaketes besonders in Wien ansetzen müssen, und die Fragen der Schulförderung und der Sprachförderung sind im Wesentlichen Probleme der urbanen Räume: 40 Prozent der Schulanfängerinnen und Schulanfänger in Wien beherrschen die deutsche Sprache nicht. Und wenn Sie die Hauptschullehrerinnen und Hauptschullehrer fragen, dann sagen sie, in einem noch viel zu hohen Ausmaß empfinden die Hauptschüler die Schule als „Wärmestube“ und nicht als Lernstätte, nicht als Bildungseinrichtung. Dann dürfen wir uns nicht wundern, wenn in Wien die schlechtesten PISA-Ergebnisse, was die Schulleistungen, was die Leseleistungen anlangt, offenkundig werden.

Also ich frage mich, was Wien mit den Sondermitteln macht, die über den Finanzaus­gleich hinaus Wien gegeben werden: 2 Millionen €, eine gar nicht so kleine Summe. In diesem Bereich könnten diese Mittel eingesetzt werden. Ich frage mich, warum Wien nicht längst evaluiert hat, was die Integrationsmaßnahmen, was die bisherigen Sprach­fördermaßnahmen erbracht haben. In allen Punkten wird von der Opposition verlangt, jeden kleinen Schritt zu evaluieren und zu protokollieren – aber hier gibt es offenbar ein Blindsein auf dem linken Auge. (Beifall bei der ÖVP.)

Das ist eine besorgniserregende Entwicklung. – Und wenn wir schon bei Wien sind: Die überproportional höchste Zahl an Repetenten gibt es in Wien, in allen Schulstufen! Da kann ich doch nicht sagen, dass die Kinder – unter Anführungszeichen – „dümmer“ sind, die Lehrer unfähiger sind oder sonst etwas! Wo liegt es hier in den Wiener Schu­len im Argen? (Rufe bei der SPÖ.) Sie kriegen dasselbe Geld wie alle anderen plus einer Sonderdotation, und trotzdem gibt es dieses unbefriedigende Ergebnis. Vielleicht sollte sich die Wiener Schulbehörde auch dazu Gedanken machen.

Übrigens: Nachmittagsbetreuung. Der Bund ist auch in diesem Bereich in Wien Vor­reiter: Nachmittagsbetreuung gibt es in 59 Schulen von 87, inklusive der 15 privaten, die alle Nachmittagsbetreuung anbieten, während es bei den Pflichtschulen überhaupt nur ein Drittel ist, das Nachmittagsbetreuung anbietet, und davon wieder nur ein Drittel die Ganztagsschulform, weil es dort die Eltern auch so wollen, die verschränkte Form mit Unterricht und Freizeit am Nachmittag. Das heißt, offenbar ist auch Wien hier anders: Einerseits wird mehr vom Bund verlangt als selber geleistet, und andererseits muss in den Leistungen und in den Niveaus noch einiges nachgeholt werden. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Brosz.)

Meine Damen und Herren, wir müssen uns auch fragen, wie wir uns den internationa­len Vergleichen, die ich schon angesprochen habe, stellen werden. Wenn wir künftig bei PISA und TIMS besser abschneiden wollen, dann müssen wir unsere Lehrpläne und unsere Unterrichtsarbeit auch stärker auf diese Erfordernisse abstellen, damit wir nicht an etwas gemessen werden, was wir nicht geübt und gearbeitet haben. Zum anderen – das ist eine Einladung für das nächste Schulpaket und für die nächste Schuldiskussion hier – sollten wir uns schon fragen, ob die europäische Vorstellung von Bildung mit PISA vollwertig abgefragt wird, ob unser Vorreitersein in Europa vom Gymnasium bis zur Lehrlingsausbildung mit dem, was die internationalen Standards sind, auch erfasst wird. Ich lade Sie alle ein, nachzudenken, ob unser Verständnis von Bildung, wenn Sie bei Humboldt beginnen und meinetwegen bei den modernen Prag­matikern und Pragmatisten enden, das ist, was mit den internationalen Standards er-


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hoben wird, oder ob wir nicht hier intensiv in die Entwicklung von Parametern eintreten sollten. Das ist eine Aufgabe, die auch international angegangen werden könnte.

Meine Damen und Herren, es ist auch schon das EuGH-Urteil von gestern angespro­chen worden. Es sagt, dass Maturantinnen und Maturanten aus ganz Europa gleich behandelt werden müssen. Das europäische Schulsystem mit der vielfältigen Ausprä­gung auch des BHS-Schulwesens kann einem Maturanotenvergleich nicht standhalten. Wir müssen uns daher auch überlegen, wie wir unsere Maturantinnen und Maturanten fit machen für den Wettbewerb in ganz Europa. Wir wollen ja Mobilität, wir wollen, dass unsere Maturantinnen und Maturanten sich auch an europäischen Universitäten be­währen, dass sie sich bewerben und erfolgreich inskribieren können.

Also hier ist auch das Nachdenken, wie wir mit Standards umgehen, wie wir mit ge­meinsamen vergleichbaren Abschlüssen umgehen können, gefragt. Es geht hier für die Bildungsforschung darum, faire Verfahren für Zugänge zu entwickeln, sowohl zu den Universitäten als auch zu Fachhochschulen und anderen weiterführenden Schulen. Ich möchte gerne von dieser Stelle aus in Erinnerung bringen, dass 24 von 25 europäi­schen Ländern Zugangsbeschränkungen, Zugangsregulierungen für die Universitäten kennen und wir eine Weile, immerhin mehr als zehn Jahre, in einer wunderbaren Nische gelebt haben und unsere Sonderregelung machen konnten.

Wir werden heute eine Regelung finden, die den offenen Hochschulzugang gewährt, künftig die Chancen für Maturantinnen und Maturanten steigert und gleichzeitig unver­kraftbar erscheinende Zuströme aus anderen Ländern, die vor den Universitätstoren stehen könnten, regulieren hilft.

Meine Damen und Herren, ein letzter Satz zum Abschluss des Bildungskapitels: Wir leben in Europa und wir betrachten unseren Kontinent und das Projekt Europa als Friedensprojekt. Wir sind noch nicht bei 100 Prozent der Lösung angekommen. Aber angesichts des Terrors von gestern in London liegt schon auf der Hand, dass wir noch mehr über Bildung nachdenken müssen, damit unsere Ebene der Auseinandersetzung nicht die Kanonen, nicht die Granaten sind, sondern das Argument, der Dialog, dann sind wir europäisch und bildungsmäßig gut unterwegs. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

10.39


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Broukal. 10 Mi­nuten Redezeit. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


10.39.33

Abgeordneter Josef Broukal (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gertrude Brinek, ich hoffe, ich habe das nur falsch verstanden: Wir wollen aber nicht PISA üben, oder? Wir wollen uns nicht an PISA vorbeischwindeln, sondern wir wollen doch, dass unsere jungen Leute eine allgemeine Ausbildung haben, die es ihnen möglich macht, so gut wie jede PISA-Frage richtig zu beantworten und beim nächsten PISA-Test besser abzuschnei­den, als es derzeit der Fall ist.

Auch der Hinweis auf die klassischen Bildungsideale von Humboldt ist sehr schön. Ich würde nur einmal bitten, mit Personaldirektoren von Unternehmen darüber zu spre­chen, was gebraucht wird an klassischen Bildungsidealen in einem modernen Indust­riebetrieb, in einem modernen Dienstleistungsbetrieb. Sicher auch einiges, aber es wird nie ein Ersatz sein können für eine gediegene Ausbildung in moderneren Unter­richtsgegenständen als Philosophie, wie Humboldt das meinte.

Wir brauchen einfach junge Leute, die in Mathematik ihre Frau und ihren Mann stellen. Wir brauchen junge Leute, die Fremdsprachen können – etwas, was in Österreich


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immer noch nach dem Motto läuft: Die erste lebende Fremdsprache an der Schule ist Hochdeutsch und nicht eine ausländische Sprache! Wir brauchen da sehr viel mehr Kenntnisse.

Was wir auch brauchen können, ist, dass unsere jungen Leute ein bisschen mehr Cha­rakterbildung und philosophische Bildung bekommen. Dazu möchte ich aber sagen: An den Berufsschulen zum Beispiel kämpfen wir und wahrscheinlich auch die Grünen seit vielen Jahren, auch noch in Koalitionszeiten mit Ihnen, dass es dort mehr gibt als die Fachausbildung, die rein spezifische Ausbildung. Es war ein Riesenkrampf, von Ihnen so etwas zu bekommen wie auch nur eine erste lebende Fremdsprache. Es war ein Riesenkrampf, von Ihnen so etwas zu bekommen wie ein bisschen mehr Deutschunter­richt.

Also bitte nicht mit gespaltener Zunge sprechen! Bildung, Herzensbildung, klassische Bildung ist nichts, was AHS-Zöglingen vorbehalten sein sollte. Auch an den Berufs­schulen brauchen wir das! Darüber wären viele froh, die Berufsschüler selbst, ihre Eltern und auch viele Lehrherren, die sich heute beklagen, dass das nicht der Fall ist. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Die Frau Bundesministerin liebt es, an den Hausverstand zu appellieren. Ich kann ihr da gerne folgen, das ist oft ein probates Mittel – zum Beispiel, wenn die Frau Bundes­ministerin sagt, 62 Prozent der Eltern seien gegen eine verpflichtende Form der Ganztagsschule. Ich meine damit eine Form von Ganztagsschule, in der es notwendig ist, vom Morgen bis 15.30 Uhr – länger dauert ja die Kernzeit nicht – anwesend zu sein, um dem gesamten Unterricht folgen zu können. (Bundesministerin Gehrer: Da ist ja nicht die ganze Zeit Unterricht!) – Die Frau Bundesministerin unterstellt mir gerade, ich würde glauben, dass da den ganzen Tag Unterricht ist von ... (Bundesministerin Gehrer: Sie haben gesagt: dem gesamten Unterricht folgen!) – Ja, gut, dann korrigiere ich mich: dem gesamten Schulprogramm folgen zu können, das im Gegensatz zur Halbtagsschule, wie Sie sie lieben, großzügige Pausen vorsieht, humanistische Bil­dung, Freizeitgegenstände, in denen etwa Theater betrieben wird oder eine zusätzliche Fremdsprache gelernt wird – also all das, was uns die Kollegin Brinek gerade so ans Herz gelegt hat. Das ist eine Ganztagsschule. Ich korrigiere mich: Sie bietet nicht acht Stunden Unterricht am Tag, sondern sehr viele vergnügliche Dinge dazwischen, die Eltern und SchülerInnen lieben. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grü­nen.)

Aber bleiben wir doch dabei, dass 62 Prozent der Eltern angeblich dagegen sind. Ich sage „angeblich“, denn das wechselt ja von Untersuchung zu Untersuchung, das ist eine jener Fragen, bei denen es sehr genau darauf ankommt, wie man fragt. Man kann hier die unterschiedlichsten Antworten bekommen, je nachdem, wie man fragt. Aber nehmen wir einmal an, diese 62 Prozent wären richtig. Dann würde das doch im Um­kehrschluss heißen, dass 38 Prozent der Eltern nicht dieser Ansicht sind, sich also auch vorstellen können, ihre Kinder in eine Schule zu geben, die um 8 Uhr beginnt und um 15.30 Uhr endet – eine vollwertige Ganztagsschule.

Jetzt kommts: Sie könnten als Ministerin sagen: Mir ist beides lieb und wert – und Sie kennen ja viele vollwertige Ganztagsschulen, weil Sie Schulen besuchen und sehen, wie da der Zuspruch der Eltern ist, wie engagiert die Lehrer an diesen Schulen arbei­ten –, ich will das nicht entscheiden, es sollen die Eltern entscheiden, in welche Schule sie ihre Kinder geben wollen! – Aber das tun Sie eben nicht! (Abg. Amon: Das stimmt ja nicht!) Sie bevorzugen einseitig das Ihnen genehme Modell der Nachmittagsbetreu­ung (Widerspruch bei der ÖVP): Unterricht nur am Vormittag, am Nachmittag Essen, Beaufsichtigung, Lernen, Üben. Das machen Sie möglich, da sagen Sie: Wenn 15 El­tern das wollen, ist das einzurichten!


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Aber warum sagen Sie nicht auch: Wenn 15 Eltern wollen, dass ihre Kinder eine voll­wertige Ganztagsschule zur Verfügung haben, dann ist das ebenfalls einzurichten!? – Das sagen Sie nicht! Da sagen Sie, es müssen zunächst zwei Drittel der Eltern und zwei Drittel der Lehrer der ganzen Schule dafür sein, damit sich dann in einer Klasse die Eltern melden und sagen können: Wir hätten das gerne! Und dann müssen, nur damit es das in einer Klasse gibt, wieder zwei Drittel der Eltern das wollen, und alle Lehrer der Schule müssen damit einverstanden sein. Da kommt man nämlich mit dem perfiden Argument, es müssen Lehrer auch für kranke Kollegen einspringen, daher müssen alle Lehrer der Schule einverstanden sein, denn es könnte jeder dieser „Zu­mutung“ ausgesetzt werden, dass er um 14.30 Uhr noch unterrichten muss.

Sie geben ja nicht einmal den Ländern, etwa Wien, wo nachgewiesenermaßen eine große Nachfrage nach vollwertigen Ganztagsschulen besteht, die Möglichkeit, diese Ganztagsschulen ohne diese Hürden einzurichten. (Abg. Dr. Jarolim: Aber ist das nicht engstirnig? Das ist doch engstirnig!) Ich zitiere Schiller und sage: Madam, geben Sie Ganztagsschul-Freiheit! Das wäre doch einmal notwendig! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Dr. Jarolim: Josef, ist das nicht engstirnig?) – Dazu bekommst du dann persönlich eine Antwort. Ich fürchte deine Zwischenrufe, auch wenn sie gegen mich gerichtet sind. (Heiterkeit. – Abg. Mag. Molterer: Vor allem, weil sie besonders unqualifiziert sind!) Ich habe es gar nicht gehört. Ich müsste mich jetzt wirklich einhören, aber ich mache es jetzt nicht. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Mag. Molterer.)

Herr Klubobmann Molterer, danke für Ihre Zwischenrufe! Im Fernsehen kann man sie nicht hören, dort wirken Sie wie ein stummer Fisch im Aquarium. (Beifall und Heiterkeit bei der SPÖ.) Sie waren schon einmal besser (Abg. Mag. Molterer: Wer? Sie!), da hatten Sie Tafeln dabei, um das zu unterstreichen, was Sie sagen wollten, aber heute haben Sie nichts gefunden, was aufzuschreiben wert gewesen wäre – was ich ver­stehe, denn die Schulpolitik dieser Bundesregierung wird ja von der Öffentlichkeit mit Vier bis Fünf beurteilt.

Wenn ich „NEWS“ von dieser Woche lese und sehe, dass die Frau Bildungsministerin im Ministerialranking an letzter Stelle ist, dann sage ich, das kann nicht an ihren per­sönlichen Qualitäten liegen, denn die Frau Bundesministerin ist eine angenehme, kor­rekte, entgegenkommende Gesprächspartnerin in allem. Sie ist auch in ihren Auftritten in der Öffentlichkeit untadelig. Es kann also nicht an ihr liegen, es muss an dem liegen, was Sie und Sie mit ihr vertreten, nämlich eine Schulpolitik, die viele Eltern in Öster­reich einfach nicht mehr haben wollen! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. – Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Ich will auf diese Zwischenrufe nicht einge­hen, denn man hört ja nicht, was Sie sagen. Das ist immer so einseitig. Sie kommen dann nach mir raus und reden auch – passt. (Zwischenruf der Abg. Lentsch.)

Ich gebe Ihnen ein einfaches Beispiel: Nachhilfeunterricht findet sehr oft als nicht an­gemeldete Nebenbeschäftigung statt. Nachhilfeunterricht ist etwas, was sich typi­scherweise schwarz abspielt. Deswegen sind wir auf Befragungen von Eltern und auf Hochrechnungen angewiesen. Nach diesen Hochrechnungen zeigt sich, dass Öster­reichs Eltern etwa 100 Millionen € im Jahr ausgeben, damit sich ihre Kinder mit pri­vatem Geld das, was ihnen an der Schule nicht beigebracht werden konnte – aus welchem Grund immer –, nachkaufen können. (Abg. Lentsch: Seit Sinowatz!)

Eine Schule muss doch imstande sein, auch die schwächeren Schüler so zu betreuen, dass sie das Klassenziel erreichen und dass es nicht von der Bereitschaft und den finanziellen Möglichkeiten der Eltern abhängt, ob sie gefördert werden, ob sie sitzen bleiben oder ob sie von der AHS in die Hauptschule abgeschoben werden. Das kann es doch nicht sein! Also eine gute Schulpolitik, wie wir sie wollen, sollte Nachhilfe ein


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für allemal überflüssig machen! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grü­nen.)

Ich möchte, Herr Präsident, mit Ihrer zähneknirschend erteilten Erlaubnis zwei Sätze zu den Zugangsbeschränkungen an den Universitäten sagen. Sie kommen für die sozi­aldemokratische Parlamentsfraktion nicht in Frage. Wir sind aber nach wie vor in guten Gesprächen mit der Frau Bundesministerin, mit Frau Bleckmann und Frau Dr. Brinek.

Und zu Frau Dr. Bleckmann sage ich nur: Mit Ihnen habe ich das letzte Mal in einem kleinen Kammerl privat geredet. Wenn Sie das hier herinnen erzählen, dann werden wir in Zukunft wie Nordkorea und Südkorea in Pjöngjang miteinander umgehen müs­sen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

10.49


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr kommt Frau Abgeordnete Rosenkranz zu Wort. Auch ihre Redezeit ist 10 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


10.49.24

Abgeordnete Barbara Rosenkranz (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesminis­terin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Sehr verehrte Damen und Herren vor den Fernsehern, vor allem so Sie Eltern sind! Man kann Ihnen am letzten Schultag oder besser gesagt am ersten Ferientag herzlich gratulieren, wenn Sie mit positiven Zeug­nissen konfrontiert waren. Ich weiß aus eigener Erfahrung – ich musste heuer sieben Zeugnisse entgegennehmen –, dass das natürlich auch auf die Situation in der Familie einen großen Einfluss hat.

Ich appelliere auch an alle Eltern jener Kinder, deren Zeugnisse nicht so waren, wie sie günstigerweise hätten sein sollen, daraus kein Drama zu machen. Zu dem Unglück, dass man sich in der Schule nicht bewährt hat, dass die Ferien verpfuscht sind, kommt dann auch noch der Krach in der Familie hinzu. So wird ein Teufelskreis in Bewegung gesetzt, aus dem man unter Umständen nicht mehr leicht herauskommt. Damit ist schon einmal ganz klar, wie eng das Zusammenwirken zwischen Familie und Schule sein muss und wie es zwangsläufig auch ist. Und wenn es ein gutes Zusammenwirken ist, zeigt sich, wie es positiv auf den Schulerfolg wirken kann.

Zum vorliegenden Paket. Es ist heute erstaunlich wenig kontroversiell diskutiert wor­den. Man hätte sich nach der großen Aufregung und Erregung über die Ergebnisse der PISA-Studie doch eine lebhaftere Debatte vorstellen können, aber offenbar ist diese doch ein wenig künstliche Erregung nach PISA wieder abgeflaut. Ich glaube, wir kön­nen feststellen, dass das österreichische Schulsystem in seinen Grundbausteinen ein sehr, sehr gutes System ist.

Das ist auch wichtig, denn kurz nach PISA hatte man ja den Eindruck, jedes andere Land habe ein besseres System, Österreich sei irgendwie ganz hinten und habe ver­quere und verschrobene Vorstellungen, die unsozial sind und den modernen Anforde­rungen nicht gerecht werden. Es ist auch der Hinweis auf Humboldt gekommen. Gera­de wir Österreicher sollten uns das gute Bild, das man eigentlich von uns haben muss, was Bildung und Ausbildung betrifft, nicht selbst ruinieren. (Beifall bei den Freiheit­lichen.)

Wir sind immerhin das zweite Land nach Hessen, das sehr früh die allgemeine Schul­pflicht eingeführt hat. Das war eine ganz große kulturelle Leistung, übrigens von An­fang an für beide Geschlechter, was eine noch größere kulturelle Leistung ist.

Das ist auch die Tradition, auf der die österreichische Bildungspolitik seither steht. Wir haben also überhaupt keinen Grund, unser Licht in dieser Beziehung unter den Schef­fel zu stellen, denn das hat sich in der Zwischenzeit nicht verändert. Wenn Sie die Bio­graphien großer Leute, sehr erfolgreicher Leute hernehmen, dann können Sie sehr oft


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feststellen, dass diese Menschen dank des österreichischen Schulsystems bis in höchste Spitzenränge, bis in den Nobelpreisrang gekommen sind – und das ohne jeden Zugang zu so genannten Eliteschulen, die man ja bei uns bis jetzt gar nicht gebraucht hat, denn jede Schule war eine Eliteschule. Das ist ein gänzlich anderes System als zum Beispiel in den angelsächsischen Ländern. Ich meine, das ist hervor­zustreichen und auch beizubehalten. Wer in Österreich – so war es jedenfalls, und es ist auch anstrebenswert, dass das so bleibt – die österreichischen Schulen durchlaufen hat, konnte in allen Bereichen bis an die Spitze vorstoßen. Das ist eine große demo­kratische Errungenschaft, auf die wir wirklich stolz sein können.

Das österreichische Schulsystem ist in seinen Grundbausteinen gut, und es ist auch angenehm, dass die heutige Debatte nicht wie kurz nach der PISA-Studie zu einer De­batte über die Gesamtschule geworden ist, denn das wäre eine sehr kurzsichtige Inter­pretation von PISA. Wenn man den internen Vergleich zieht, dann wird man feststellen, dass zum Beispiel in der Bundesrepublik Deutschland genau in jenen Bundesländern, in denen es die Gesamtschule gibt, das Ergebnis wesentlich schlechter ist als in jenen Bundesländern – vergleichen Sie Bayern und Berlin! –, in denen es so wie in Öster­reich nach wie vor ein gegliedertes Schulsystem gibt.

Ich will jetzt nicht a priori den Umkehrschluss ziehen, dieser Schluss ist jedenfalls nicht zulässig, so wie es nicht zulässig wäre, aus anderen Vorbedingungen, die Finnland hat, abzuleiten, dass es deswegen an der Spitze liegt, weil es in Finnland 20 Prozent weniger Schulstunden gibt. Man könnte sagen: Kürzen wir weitere 20 Prozent der Schulstunden, dann mag es besser sein! Oder: Die finnischen Lehrer werden geringer bezahlt, wesentlich geringer bezahlt. Man könnte sagen: Machen wir das!, und schon haut das hin.

Korea sei als zweites Land angeführt: Dort gibt es kaum Schulklassen unter 50 Schü­lern. Zu sagen, auch das wäre ein probates Mittel, um an die Spitze vorzustoßen, so einfach sollte es nicht sein, und es ist gut, dass man nach der ersten Interpretations­welle – ich verstehe ja, dass dann jeder für seine ideologischen Vorstellungen Argu­mente zur Seite schafft, wie er sie kriegen kann – jetzt wieder auf eine solidere Basis gekommen ist.

Ich meine, dass das Bildungssystem – und das kennzeichnet das österreichische Bil­dungssystem tatsächlich – im Wesentlich zwei Aufgaben erfüllen muss: Es muss für alle sozialen Schichten zugänglich sein. Die Herkunft, die materiellen Verhältnisse dürfen keinesfalls eine Rolle für den eingeschlagenen Weg spielen, und es muss – da ist eben das gegliederte Schulwesen ein sehr probates Mittel – auf die unterschied­lichen Neigungen und Talente des Menschen Rücksicht nehmen.

Noch ein Satz zu folgendem Thema: Die Geringschätzung der Hauptschule, die es ja eigentlich ist, und damit die Geringschätzung der vor allem praktisch orientierten Berufstätigkeit ist etwas, was mich bei Ihnen von den Sozialdemokraten erstaunt.

Es wäre vielmehr ein richtiger Weg, festzustellen – um es salopp zu sagen: die Welt braucht nicht nur Eierköpfe –, dass Menschen unterschiedlich begabt sind, dass einige Menschen in erster Linie theoretisch begabt sind und dass es andere Menschen gibt, die vor allem praktisch begabt sind, was natürlich nicht heißt, dass sie nach dem Humboldt’schen Bildungsideal nicht eine Grundlage dafür bekommen sollen (Abg. Mag. Wurm: Das Einkommen der Eltern darf nicht ausschlaggebend sein!), voll am kulturellen Leben teilzunehmen, aber es ist a priori ein Wert, als Arbeiter, als Fach­arbeiter seine Arbeit gut zu machen.

Wenn ein Arbeiter, wenn es – ich habe dieses Beispiel schon einmal verwendet, weil es wirklich so treffend ist und ich es mir vor kurzem beim Hausbau überlegt habe – schon finster wird und wenn der Eisregen kommt, trotzdem in den Künetten steht und


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ohne zu jammern und zu murren die Arbeit fertig macht, die an diesem Tag gemacht werden muss, dann ist das so viel wert, wie wenn ein anderer am Schreibtisch eine erstklassige Leistung vollbringt; und das muss honoriert werden. (Beifall bei den Frei­heitlichen und der ÖVP.)

Ich meine, dass Ihnen, gerade Ihnen, schon aus diesem Grund Ihre misstrauische Haltung gegenüber dem gegliederten Schulwesen nicht wirklich gut bekommt und nicht zukommt, da doch unser gegliedertes Schulwesen in einem enormen Ausmaß durch­lässig ist. Wir wissen ja, dass mittlerweile mehr Schüler die Matura über die Haupt­schule und BHS erreichen als über die AHS.

Zum zweiten Thema, bei dem immer wieder Debatten und Kontroversen auftreten kön­nen: Nachmittagsbetreuung versus Ganztagschule. Ich meine, dass Freiwilligkeit hier wirklich das probate Mittel ist. Natürlich hat die Schulorganisation auf die aktuellen Verhältnisse wie Berufstätigkeit beider Eltern Rücksicht zu nehmen und Angebote zu machen. Erfreulicherweise ist das ja auch in diesem Schulpaket der Fall.

Ganz abzulehnen ist es aber, daraus einen Zwang zu machen, denn wenn Sie zu Recht feststellen – ich glaube, Herr Brosz war das –, dass Kinder bildungsferner Fami­lien ebenfalls weniger Aussichten haben, eine höhere Ausbildung zu erlangen, dann stimmt das natürlich. Das zeigt den Zusammenhang zwischen dem Engagement und der Bildungsnähe der Eltern und dem Erfolg der Kinder, aber den Schluss, den ich daraus ziehe, sollte man vielleicht vernünftig ziehen, dass man nämlich dort, wo die Bereitschaft besteht, den Kindern selbst und direkt bei schulischen Problemen zu hel­fen und damit den Erfolg zu garantieren, nichts in den Weg legt, dass man aber dort, wo diese Bereitschaft nicht besteht oder die Möglichkeiten nicht gegeben sind, ein­schreitet und eine Tagesbetreuung anbietet. Das ist, finde ich, absolut korrekt. Ich meine aber, dass das Mittel „mehr Schule – weniger Familie bringt mehr Gerechtigkeit“ ein falsches Mittel ist, denn es ist eine Nivellierung nach unten, die wir nicht wollen.

Grosso modo: Das Schulsystem ist gut. Es gibt Adaptierungen in eine aktuelle und moderne Richtung. Den Erfordernissen der Zeit wird in diesem Schulrechtspaket ent­sprochen.

Abschließend: Herr Abgeordneter Broukal, wenn Sie die Ministerin jetzt am „NEWS“-Ranking messen, dann ist mir doch lieber, wir bleiben bei PISA. (Beifall bei den Frei­heitlichen und der ÖVP.)

10.58


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr kommt Herr Staatssekretär Mag. Schweitzer zu Wort. 10 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


10.58.55

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Mag. Karl Schweitzer: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Bildungsdebatte, so wie sie von den Oppositi­onsparteien geführt wird, ist gekennzeichnet durch sehr viel Krankjammern, durch Schlechtmachen und vor allem durch selektive Wahrnehmungen. (Abg. Dr. Kräuter: Keine Polemik von der Regierungsbank!)

Ich möchte dann doch versuchen, das Ganze etwas zurechtzurücken. Kollege Brosz, der Hauptredner der Grünen, der insbesondere in Finnland das Heil der Bildungspolitik gefunden hat, hat auch zum Ausdruck gebracht, dass die Qualität des Bildungssys­tems an der Jugendarbeitslosigkeit gemessen wird. – Na, dann messen wir einmal und vergleichen die Jugendarbeitslosigkeitszahlen innerhalb der Europäischen Union! Schauen wir uns insbesondere an, wo Österreich und wo Finnland liegt!

Herr Kollege Brosz, es wäre auch für Sie ein Leichtes gewesen, sich diese Zahlen anzuschauen. Dann hätten Sie gesehen, dass Finnland mit einer durchschnittlichen


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Jugendarbeitslosigkeit von 21 Prozent an viertletzter Stelle liegt und dass Österreich mit einer durchschnittlichen Jugendarbeitslosigkeit von 6 Prozent an erster Stelle inner­halb der Europäischen Union liegt. Wenn das dann ein Gradmesser ist, dann brauchen wir uns Finnland nicht zum Vorbild zu nehmen, dann ist das System in Österreich wahrlich ein viel besseres als jenes in Finnland. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Aber sehen wir uns auch den Hintergrund dahin gehend an, wie er in Finnland und wie er in Österreich aussieht und unter welchen Voraussetzungen bestimmte Zahlen er­reicht werden. In Finnland gibt es 1,3 Prozent Kinder mit Migrationshintergrund, in Österreich sind es 14 Prozent. In Finnland gibt es bereits seit längerem eigene Sprach­förderklassen, während der Versuch der Einführung solcher Sprachförderklassen in Österreich gerade von Ihnen, gerade von den Grünen und auch von den Sozialdemo­kraten vehement verhindert und immer wieder kritisiert wurde. (Präsidentin Mag. Pram­mer übernimmt den Vorsitz.)

Sie müssen schon wissen, ob Sie dann die Erfolgsgrundlage, die Sie in Finnland als positiv sehen, auch für Österreich haben wollen oder ob Sie das, was in Finnland gang und gäbe ist, nämlich die Sprachförderklassen, in Österreich nicht haben wollen. Wir wollen sie haben und wir wollten sie schon lange haben, weil, wie Frau Kollegin Man­dak auch richtig gesagt hat, gleiche Bildungschancen notwendig sind. Und gleiche Bil­dungschancen sind dann gegeben, wenn man die Unterrichtssprache beherrscht. Frau Kollegin Mandak, da werden Sie mir sicher zustimmen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Die Unterrichtssprache beherrscht man dann, wenn man die Voraussetzungen dafür schafft. Die Voraussetzungen für das Beherrschen der Unterrichtssprache sind dann gegeben, wenn man rechtzeitig darauf schaut, dass das Angebot vorhanden ist. (Abg. Brosz: Braucht man die Muttersprache auch?)

Jetzt vergegenwärtigen wir uns einmal, Herr Kollege Brosz, die Stimmen der führenden Oppositionspolitiker, als es darum gegangen ist, Sprachkurse einzuführen. Schauen wir uns an, was sie alle gesagt haben, als es darum gegangen ist, diese Sprachförder­klassen und auch die Sprachkurse im Rahmen dieses Integrationspakets einzuführen! (Abg. Mandak: Das sind zwei Paar Schuhe!)

Da habe ich zum Beispiel, als es um die Einführung genau dieser Sprachkurse gegan­gen ist, Aussagen der Kollegin Stoisits, die sagte, das sei einmal mehr die ausländer­feindliche Handschrift der FPÖ. Das Ganze ist die ausländerfeindliche Handschrift der FPÖ. – So weit Kollegin Stoisits am 4. Juni 2002. (Zwischenruf der Abg. Sburny.)

Oder – als es um die Einführung dieser Sprachkurse gegangen ist –: Das ist ein Knie­fall von Strasser vor der FPÖ, sagte Frau Kollegin Kuntzl. (Abg. Sburny: Weil Sie die Muttersprache völlig ... wollen!)

Oder – als es um die Einführung dieser Sprachkurse gegangen ist –: Erwin Niederwie­ser bezeichnete das als reine Schikane.

Oder: Kollegin Bures sagte, Deutschkurse grenzen an Zynismus. – Das war doch Ihre Position, als es darum gegangen ist, das einzuführen, was in Finnland gang und gäbe ist und was Sie hier als Wundermittel anpreisen, was Finnland dazu geführt hat, dass die PISA-Ergebnisse so positiv sind, was die Sprachkenntnisse und die Lesefertigkeit betrifft?! Wenn Sie in dieser Frage die Ergebnisse Finnlands erreichen wollen, dann müssen Sie auch klar und deutlich sagen, dass das richtig war, was von uns seit lan­gem gefordert und jetzt auch schön langsam eingeführt wurde. (Beifall bei den Frei­heitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Öllinger: Keine Ahnung!)


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Die sprachliche Frühförderung, die jetzt kommt, ist natürlich die beste Voraussetzung dafür, dass wir uns in diesem Bereich noch weiter verbessern. Ziel muss es sein, dass alle Kinder, die in die erste Klasse Volksschule kommen, die Unterrichtssprache Deutsch ausreichend beherrschen, wenn sie ... (Abg. Öllinger: Aber auch Ihre Mutter­sprache!) – Natürlich! Aber wenn der Schulerfolg gegeben sein soll, Herr Kollege Öllin­ger, dann, das werden Sie mir schon zugestehen, wird es notwendig sein, dass man die Unterrichtssprache beherrscht. (Abg. Öllinger: Auch die Muttersprache!) – Und die Muttersprache, selbstverständlich. Aber wenn es um den Unterricht geht, dann geht es in erster Linie um die Unterrichtssprache.

Wir werden diese Zielsetzung mit dieser Frühförderung erreichen, dass nämlich alle dem Unterricht folgen können. Wir werden mit dieser Frühförderung, mit dieser Vor­verlegung der Schuleinschreibung auf Oktober, November ein Jahr vor Schuleintritt, mit gleichzeitiger Sprachstandsfeststellung durch den Schulleiter, erreichen, was Sie fordern. Wir tun etwas mit dieser frühen Diagnose, mit dieser frühen Förderung, die nach Meinung der Experten 120 Stunden betragen soll. Wir werden bis zu vier Stunden pro Woche anbieten, damit dieses Ziel erreicht wird. Die ganze Aktion wird vom Bund noch dazu mit 80 € pro Kind unterstützt. Es wird auch ein entsprechendes Fort- und Weiterbildungsangebot für Kindergartenpädagoginnen und -pädagogen geben, damit dieses Ziel umfassend erreicht werden kann.

Meine Damen und Herren! Es ist hier kritisiert worden, dass in der Bildungspolitik zu wenig weitergegangen ist. Das hatte ja auch einen ganz besonderen Grund. Nicht zuletzt war es die Zweidrittelmehrheit, die notwendig war, wenn wir etwas beschließen wollten, die jeglichen Fortschritt verhindert hat. Sie war der wahre Bremsklotz an der Weiterentwicklung des Systems. Ich bin froh darüber, dass wir uns in den letzten Mo­naten darauf einigen konnten, dass diese Zweidrittelmehrheit nicht mehr notwendig ist. Die heute schon angesprochene Umbenennung von „Leibesübungen“ in „Bewegungs­erziehung“ war nicht einmal möglich, weil es eben durch diese Zweidrittelmehrheit ver­hindert wurde.

Für mich ist es besonders wichtig, dass wir nicht nur dieses Fach umbenannt haben, Herr Kollege Brosz, für mich ist es auch wichtig, dass wir jetzt im Rahmen der freiwil­ligen Nachmittagsbetreuung die Möglichkeit haben, diese Bewegungserziehung auch in vermehrtem Maße anzubieten. All das, was Sie fordern und was auch die Kollegin Schasching fordert, werden wir jetzt umsetzen. Ich bin sehr froh darüber, dass ich Ihnen sagen kann, dass es jetzt diese Zusammenarbeit zwischen Schulen und Sport­vereinen nicht nur gibt und dass sie nicht nur möglich ist, sondern dass tatsächlich auch einiges passiert.

Sie wissen, dass wir seit der letzten Woche einige Projekte mit für uns gewaltigen finanziellen Mitteln unterstützen, um mehr Sport in die Schulen zu bringen. Wir haben Schulprojekte über den so genannten § 9 Abs. 4 zusammengestellt, die mit einer Summe von fast 500 000 € gefördert werden. Die Dachverbände ASKÖ, ASVÖ und Union haben jetzt die Möglichkeit, mit ihren Vereinen diese freiwillige Nachmittagsbe­treuung auch mit sportlichen Schwerpunkten auszugestalten. (Beifall bei den Freiheit­lichen und der ÖVP.)

Wir fördern das im nächsten Jahr, wie gesagt, mit 500 000 €. Noch dazu kommt in all jenen Bereichen, wo die Vereine dazu nicht in der Lage sind, ein eigenes Projekt, das wir gemeinsam mit einem Kreditinstitut und mit anderen Partnern zusammen gemacht haben: Wir werden in 110 politische Bezirke gehen, in 110 Schulen, womit wir 120 000 Schüler erreichen. Das ist ein Projekt mit Gesamtkosten von 300 000 €, mit dem noch mehr Bewegungseinheiten in die Schulen gebracht werden. (Abg. Brosz: Zu welchem Tagesordnungspunkt gehört das?)


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Ich glaube, dass die von Ihnen nach der Entlastung der Schüler, durch die aber insge­samt Stunden gekürzt wurden, gestellte Forderung, die berechtigt war, jetzt erfüllt ist, nämlich dass nicht weniger, sondern mehr Sport in den Schulen stattfinden wird, und dass wir einen wesentlichen Beitrag dazu in Zusammenarbeit mit dem Bundesministe­rium geleistet haben.

Ich bedanke mich für die konstruktive Zusammenarbeit, die in diesem Bereich möglich war, und freue mich für mehr als 400 000 Schüler, die im nächsten Jahr diese zusätz­lichen Sportangebote zur Verfügung haben werden. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

11.08


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Sburny zu Wort. Redezeit: 5 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


11.08.33

Abgeordnete Michaela Sburny (Grüne): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär Schweitzer! Ich bin ja nicht ganz sicher, ob es bei Ihrem Ver­ständnis von Schule und Bildung überhaupt Sinn macht, darüber zu diskutieren. (Abg. Scheibner: Bitte!) Aber ich versuche es noch einmal. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Skandalös! – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Erstens: Was die Grünen immer gesagt haben und was wissenschaftlich erwiesen ist, ist, dass Kinder ihre Muttersprache brauchen, um eine andere Sprache zu lernen. Das heißt, Kinder, die ihre Muttersprache nicht beherrschen, können nicht oder sehr viel schwerer eine Fremdsprache, nämlich in diesem Fall Deutsch, erlernen. Deswegen haben wir immer gefordert, dass es für diesen muttersprachlichen Unterricht genügend Geld geben muss, damit man dann sinnvoll mit dem deutschsprachigen Unterricht auf­setzen kann. Das, was Sie machen, ist beide Sachen gegeneinander auszuspielen, anstatt sie zusammenzubringen. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Zweitens: Die Grünen haben immer jede Form von Deutschlernen unterstützt. Das, was Sie in der Regierung in den letzten fünf Jahren gemacht haben, ist, dass Sie ge­nau in diesem Bereich extrem eingespart haben. Es hat im Jahr 2000 noch 2 000 Leh­rer und Lehrerinnen gegeben, die dafür beschäftigt waren. Jetzt, nach fünf Jahren Blau-Schwarz, Schwarz-Blau/Orange, wie auch immer, Schüssel/Haider jedenfalls, sind es 700! (Abg. Amon: Und wie viele Schüler weniger?) Das ist eine dramatische Reduktion in jenem Bereich, von dem Sie jetzt behaupten, dass er Ihnen so wichtig sei. Das ist einfach unehrlich. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Amon: Haben Sie die Schü­lerzahlen auch angesehen?)

In diesem Zusammenhang wäre es auch interessant, zu sehen, wofür Sie Geld ausge­ben. Ihnen ist das wahrscheinlich bekannt, Herr Staatssekretär, den anderen vielleicht nicht so. (Die Rednerin hält ein Schriftstück in die Höhe.) Das ist nämlich keine BZÖ-Werbung, wie man annehmen könnte, sondern eine Werbung des Herrn Staatssek­retärs Schweitzer (Staatssekretär Mag. Schweitzer: Kommen Sie hin, am Montag!): „Zukunft Bewegtes Österreich“ mit BZÖ-Aufmachung. (Abg. Scheibner: Also bitte! – Staatssekretär Mag. Schweitzer: Wo denn?)

Das ist ein ganz kleines Mosaiksteinchen einer ganzen Kampagne, mit der Frau Mi­nisterin Haubner, Herr Staatssekretär Dolinschek und Herr Staatssekretär Schweitzer Parteiwerbung mit öffentlichen Geldern machen (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Das ist Missbrauch!), öffentliche Gelder, die Sie dann für den Schulbereich nicht haben. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Wir werden schauen, ob der Kol-


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lege Anschober in Oberösterreich grüne oder schwarze Schrift verwendet hat!) – Wir brauchen sehr viel mehr Geld für Bildung.

Der Punkt, warum es dabei nicht nur um PISA geht, ist schlicht und einfach der, den Herr Kollege Brosz schon angesprochen hat: dass Sie in dem Gesetzentwurf, den wir heute diskutieren, auf PISA praktisch überhaupt nicht reagieren. Deswegen diskutieren wir über den Gesetzentwurf und nicht über die Konsequenzen von PISA.

Jedenfalls ist diese Möglichkeit zur Nachmittagsbetreuung, die einen Großteil dieses Gesetzentwurfs ausmacht, ein falscher Ansatz, so wie Sie dies konstruiert haben. Die Möglichkeit zu einer Nachmittagsbetreuung ist zwar gegeben, es gibt aber keinerlei Rechtsanspruch darauf.

Ich möchte noch einmal darauf eingehen, warum wir es für wichtig erachten, dass es einen Rechtsanspruch gibt: Es muss Sicherheit über ein Angebot geben. Sie formulie­ren in den Erläuterungen zum Gesetzentwurf: Die Eltern müssen über die Möglichkeit der Tagesbetreuung informiert werden, dann wird der Bedarf im Anschluss erhoben.

Mich erinnert das an die Zugsverbindungen, bei denen es auch sehr große Lücken gibt. Aus diesem Grund müssen alle Leute mit dem Auto fahren. So gibt es beispiels­weise auf meiner Strecke zwischen Langenlois und Wien, wenn man später am Abend fahren muss, keine Zugsverbindung. Daher muss man mit dem Auto fahren.

Dann wird man gefragt: Brauchen Sie die Zugsverbindung? – Und sehr viele Leute, die nicht wirklich auf das Fahren mit der Bahn konzentriert sind – so wie ich oder viele andere von uns –, sagen dann: Nein, denn ich fahre ja ohnehin mit dem Auto!

Es kommt mir so vor, als machen Sie Ihre Erhebungen auf diese Art. Denn die Erhe­bungen ergeben, dass sich die Eltern in vielen Fällen bereits Großeltern oder andere Betreuungsmöglichkeiten organisiert haben (Zwischenruf der Abg. Schiefermair) und daher sagen: Na ja, im Augenblick brauche ich es nicht, noch dazu, wenn ich nicht weiß, ob ich es nächstes Jahr wieder habe! – Die Eltern wissen das nicht. Wenn näm­lich die Zahl der Schüler, für die ein Betreuungsbedarf angemeldet wird, unter 15 sinkt, gibt es im nächsten Jahr keine Betreuung mehr. Dann bleiben sie lieber gleich bei ihrer anderen Lösung und sagen: Eigentlich brauche ich die schulische Betreuung nicht.

So kommen Ihre Zahlen des Bedarfs zustande. In Wirklichkeit leiden dann alle darun­ter, dass es diese Nachmittagsbetreuung nicht gibt. (Beifall bei den Grünen.)

Dazu kommt noch ein Spezifikum, das man nicht unerwähnt lassen soll und das die Frau Ministerin zugegeben hat: Dass nämlich dort, wo sich Gemeinden und Schulen darum bemüht haben, diese Nachmittagsbetreuung bisher schon zur Verfügung zu stellen – wie das zum Beispiel in meiner Gemeinde Langenlois nach langjährigem Kampf (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen) geschehen ist –, von Bundesseite nichts bezahlt wird. (Präsidentin Mag. Prammer gibt neuerlich das Glo­ckenzeichen.) Es wird nur dann bezahlt, wenn die Nachmittagsbetreuung neu einge­führt wird. Ich frage Sie (Abg. Scheibner: Fragen Sie das in der Bank, weil die Rede­zeit ist aus!): Soll man das dort wieder auflösen, damit man dann neu beginnen kann und das finanziert wird? (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

11.13


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Neuge­bauer. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


11.14.02

Abgeordneter Fritz Neugebauer (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Frau Kollegin Sburny, ich


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lade Sie herzlich ein, die Sinnhaftigkeit einer Diskussion als Grundlage eines demokra­tischen Diskussionsprozesses nicht in Frage zu stellen!

Sie müssen nicht mit jeder Äußerung des Herrn Staatssekretärs einverstanden sein, aber es macht immer Sinn, seine Argumente auf den Tisch zu legen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Sburny: Ich habe es eh gemacht!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dass Herr Kollege Broukal auf Grund seiner früheren Profession sehr sprachgewandt – vor allem auch in der Subtilität – ist, ist bekannt. (Ruf bei der ÖVP: Naja! Hält sich in Grenzen!) Aber wenn er immer davon spricht, dass nur die verschränkte Ganztagsschule eine vollwertige Schule ist – wobei ich weiß, dass die Kollegen dort hervorragende Arbeit leisten –, dann halte ich entgegen, dass alle Schu­len, unabhängig davon, ob sie in vier Stunden, in sechs Stunden, ganztägig oder wö­chentlich organisiert sind, Vollwertschulen in Österreich sind, liebe Kolleginnen und Kollegen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Für uns ist die ganztägige Betreuung ein Angebot, weil wir der Entscheidungsfreiheit der Familien, auch was die Freizeitgestaltung betrifft, Rechnung tragen wollen und weil auch das Kennen-Lernen und Sich-Bewegen in anderen Gemeinschaften als der Schule – fragt einmal die Kinder! – ein notwendiges Aufrüsten im Lernprozess und im Erwachsenwerden ist. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Mir ist in dem Zusammenhang eine Äußerung des Vorsitzenden des Staatsschulden­ausschusses Univ.-Prof. DDr. Frisch wichtig, der eine sinnvolle Perspektive für den Stabilitätspakt ab dem Jahr 2007 gezeichnet hat, und wir haben natürlich damit zu kämpfen, dass die Länder die Lehrer-Schüler-Relation im Finanzausgleich festge­schrieben haben.

Ich halte aber fest, dass das nicht ad libitum fortzuschreiben ist. Wir sollten den Rück­gang der Schülerzahlen, der jetzt in der Grundstufe und daher in der Verantwortung der Länder liegt, der sich dann in die Sekundarstufe I und II fortschreiben wird, dazu nützen, dass wir auch kleinere Klassen bilden können und dass wir die kleinen Schulen in den ländlichen Räumen entsprechend erhalten. Das ist ein wichtiges Anliegen mei­ner Partei. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben am ersten Tag dieses dreitägigen Plenums über das Szenario über Europa, über die Fehlzündungen im weiteren Prozess in Euro­pa, über nationale Egoismen geredet; wir sind gestern von dem Menschen verachten­den Terror überrascht worden; wir sprechen heute von Bildung: Irgendwie scheint das doch auch zusammenzugehören. Wie lange sind wir denn eigentlich von derartigen Bildern des Grauens betroffen und berührt? Wer erinnert sich denn wirklich mit Betrof­fenheit an den September 2001 in New York? Oder an den Terror vor mehr als einem Jahr in Madrid?

Liebe Kolleginnen und Kollegen! In drei Tagen gibt es ein trauriges, zehnjähriges Jubi­läum: 8 000 bosnische Serben sind in Srebrenica nicht ums Leben gekommen, sie sind abgeschlachtet worden. Wie berührt das eigentlich noch? Was kann Schule dabei leisten?

Und da bin ich schon bei Josef Broukal, der auch von der Werterziehung, von der Her­zensbildung neben der fachlichen Ausbildung gesprochen hat. Wir müssen unseren Kindern wieder mehr Rücksichtnahme, Verantwortung, Freundschaft statt Egoismus, Verantwortung auch für die Zukunft und eine Absage an die Zeitgeist-Gesellschaft an­erziehen, liebe Kolleginnen und Kollegen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Das kann Schule nicht allein leisten. Roman Herzog, der von mir sehr geschätzte frü­here Präsident der Bundesrepublik Deutschland, hat formuliert: Immer mehr Eltern


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geben ihren Erziehungsauftrag an die Schule ab, und die soll richten, was sie zu Hause nicht schaffen.

Wir dürfen unsere Pädagoginnen und Pädagogen nicht überfordern! Wir müssen auch für sie den notwendigen Freiraum in einer guten Schulpartnerschaft schaffen. Seien wir uns bewusst, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass die Rückkehr zu diesen Werten eigentlich nur in der Familie geschehen kann. Familie ist nicht der Ort der Vorschriften, Familie ist der Ort der Vorbilder! Wenn Werte erlebt werden oder eben nicht, dann kann das nur dort geschehen. Familienpolitik, wie wir sie verstehen, ist daher der Akzent, der auch tatsächlich zu fördern ist.

Wenn wir unsere Kinder zu Hoffnungsträgern im wahrsten Sinne des Wortes machen müssen – und manche der Äußerungen hier müssten Angst und Panik und eigentlich mutlos machen –, geht es nicht darum, eine fatale Ich-Gesellschaft als eine Gesell­schaftsform der Zukunft, sondern eine GmbH (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen), eine Gesellschaft mit begründeter Hoffnung, für unsere Jugend in einer friedlichen Zukunft zu bilden. (Bravorufe bei der ÖVP. – Anhaltender lebhafter Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

11.19


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Scha­sching. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


11.20.00

Abgeordnete Beate Schasching (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! (Abg. Scheibner – auf die Tafel am Boden weisend –: Jetzt ist es umgefallen!) – Mein Taferl ist umgefallen? – Danke schön. (Abg. Scheibner: Man hätte vielleicht dem Kollegen Neugebauer mehr Redezeit geben sollen!)

Damit die Zuseherinnen und Zuseher dort nachlesen können, was wir unter Ganztags­schule verstehen, und damit sie auch unsere Bildungsziele nachlesen können! (Die Rednerin stellt eine Tafel mit der Aufschrift „www.ganztagsschule.at“ vor sich auf das Rednerpult. – Abg. Dr. Sonnberger: Zwangstagsschule! Sie haben das „z“ verges­sen!)

Ich möchte an die durchaus bemerkenswerte Rede meines Kollegen Neugebauer an­schließen (demonstrativer Beifall bei der ÖVP) und sagen, dass viele Kinder aus kriegsführenden Ländern in der Vergangenheit mit ihren Eltern nach Österreich ge­flüchtet sind und dass wir in Österreich und vor allem in Wien diese Kinder in unsere Schulen aufgenommen und integriert haben. Das haben viele Lehrerinnen und Lehrer mit enormer Anstrengung und Engagement und gegen die Widrigkeiten des Schulsys­tems, das ihnen dies erschwert hat, durchgeführt. Dafür müssen wir uns sehr herzlich bedanken. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich möchte aber zum heutigen Schulreformpaket kommen und vor allen Dingen fest­stellen, dass sich viele Tausende Schülerinnen und Schüler wie auch ihre Eltern, Leh­rerinnen und Lehrer ihre Ferien wohl verdient haben. Manch eine oder einer dieser Schülerinnen und Schüler hätte sich vielleicht gewünscht, mit der ganzen Familie einen Monat am Meer zu verbringen. Das geht halt nicht für jeden. Das ist ein schönes Ziel. Es ist schade, dass sich das nicht jeder leisten kann oder nicht jeder die Zeit dazu hat. Manche von ihnen müssen mit einem aufblasbaren Babyplantschbecken zu Rande kommen.

Genauso geht es uns jetzt und heute mit dieser hier vorgelegten Reform. Wir haben uns nach PISA, nach den Ergebnissen der Zukunftsdiskussion, nach dem Fall der Zweidrittelmehrheit und einer gemeinsamen intensiven Schuldebatte gewünscht, dass es wirklich zu einer Reform kommt. Wir haben ein aufblasbares Babyplantschbecken


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bekommen: ein Minireförmchen, etwas ganz Kleines, etwas, durch das Sie versuchen, uns das zurückzugeben, was in den letzten fünf Jahren verloren gegangen ist.

Das möchte ich jetzt im Detail ausführen, weil ich denke, dass viele Menschen, die sich wünschen, dass sich unsere Schule verbessert, und es dringend brauchen, dass sich unser Schulsystem verbessert, wissen sollen, was sie tatsächlich erwartet.

Wir, die SPÖ, stellen uns vor, dass wir kleinere Klassen bilden. Die SPÖ stellt sich vor, dass es mehr gemeinsames Lernen geben muss. Wir stellen uns vor und wir fordern ein, dass mehr individueller Unterricht geschieht, dass über den Tag verteilt mehr pädagogische Konzepte für die Eltern und Kinder zur Verfügung stehen. Das bedeutet natürlich auch, die Form der Ganztagsschule, und zwar zu gleichen Bedingungen wie diese Nachmittagsbetreuung, einzuführen. Es ist nicht Gleichheit im Schulsystem gegeben, wenn sich 15 Eltern von Kindern für eine Nachmittagsbetreuung entscheiden dürfen und zwei Drittel einer Schule gebraucht werden, um eine Ganztagsschule einzu­führen. Das ist nicht die Gleichheit, die wir fordern. Das ist nicht die Chancengleichheit im Auswählen des Schulsystems.

Daher können wir dem Gesetzentwurf nur ganz schweren Herzens zustimmen, weil ein paar kleine Punkte im Babyplantschbecken verwirklicht wurden, aber das ist uns zu wenig. Wir wünschen uns zumindest die eine ganze Woche am Meer. Das wäre auch im Sinne der Forderung des Dachverbands der Elternvereine, wo 90 000 Bürgerinnen und Bürger für eine Sicherung der Schulqualität unterschrieben haben: Geld allein garantiert noch nicht qualitätsvolle Bildung. Aber qualitätsvolle Bildung hat eben auch ihren Preis. – Das sagen die Elternvereine. Und daher fordern wir das in allen unseren Bildungsmaßnahmen ein. (Beifall bei der SPÖ.)

Einen Satz zur Umbenennung von „Leibeserziehung“ in „Bewegung und Sport“ möchte ich anfügen. Fünf Jahre alt ist mein Antrag, warum ist er nie umgesetzt worden? – Weil die Regierungsparteien nicht zugestimmt haben. Jetzt ist er in der Reform enthalten. (Abg. Amon: Sie haben nicht mitgestimmt beim Paket!) Da sage ich: gut, wunderbar. – Was ist aber die Substanz dahinter? Es heißt jetzt „Bewegung und Sport“, aber es gibt weniger Bewegung und Sport in der Schule, weil viele unverbindliche Übungen beim ersten und viele Turnstunden beim zweiten Sparpaket im Bildungsbereich gekürzt wur­den.

Was wir brauchen, ist mehr verpflichtender Turnunterricht in der Schule! (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.) Es hilft leider nicht, Herr Staatssekretär, dass wir uns gemeinsam anstrengen, ein bisserl etwas in Kooperation zu tun. (Präsi­dentin Mag. Prammer gibt neuerlich das Glockenzeichen.) Es muss pflichtmäßig eine tägliche Bewegungsstunde in den Schulen geben. (Beifall bei der SPÖ und den Grü­nen.)

11.25


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dipl.-Ing. Achleitner. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


11.25.20

Abgeordnete Dipl.-Ing. Elke Achleitner (Freiheitliche): Frau Präsidentin! Frau Bun­desministerin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Herr Kollege Broukal – er ist zwar jetzt nicht da, aber Sie können es ihm vielleicht ausrichten –, ich sehe keine Notwen­digkeit der Regierung, sich an etwas vorbeizuschwindeln. Diese Regierung hat keinen Grund dazu (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Oja! Wahlen!), denn das vorliegende Schulpaket stellt wirklich ganz konkrete Maßnahmen, um das Bildungssystem in Zu­kunft zu verbessern. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)


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Frau Kollegin Schasching! Ihr ständiger Beitrag zum Bildungssystem, der sich rein auf die Ganztagsschule konzentriert, ist zu wenig, um in Österreich ein modernes Bil­dungssystem in Zukunft garantieren zu können. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Ein Schwerpunkt im vorliegenden Schulpaket ist die Berufsreifeprüfung, und zwar die Qualitätssicherung für die Berufsreifeprüfung, für eine Bildungsmöglichkeit, die in Europa einmalig ist. Es zeigt sich, dass sie eine große Er­folgsstory ist, zunehmend an Bedeutung gewinnt und eine sehr beliebte Bildungs­chance ist. Besonders trifft das auf den Bereich der Zusammenführung von Lehre und Matura zu, die ja die Durchlässigkeit des Bildungssystems garantiert und eine Berei­cherung des Bildungsangebotes darstellt.

Ich sehe es sehr positiv, dass die Kollegen der SPÖ gerade in diesem Bereich der Be­rufsreifeprüfung mit uns übereinstimmen und das auch goutieren. Ich halte es für sehr eigenartig von den Grünen, dass in keinem ihrer Beiträge diese Thematik erwähnt worden ist. Es ist etwas Positives und es darf von Ihrer Seite anscheinend nicht positiv unterstützt und erwähnt werden. Aber gerade jene, die die Berufsreifeprüfung machen, haben bessere berufliche Aufstiegsmöglichkeiten und neue Berufschancen. (Zwischen­ruf der Abg. Mandak.)

Auch der Möglichkeit der Universitätsbildung ist damit Tür und Tor geöffnet. Wir wer­den heute noch über den freien Uni-Zugang diskutieren, den wir möglichst erhalten wollen, auch wenn uns das Urteil des Europäischen Gerichtshofes das Ganze er­schwert.

Sehr geehrte Damen und Herren! Die Berufsreifeprüfung bedeutet sehr oft eine finan­zielle Belastung und hohe Kosten für jene, die diese Ausbildung machen wollen. Es muss unser aller Ziel sein, dass in Zukunft für alle ein kostenloser Zugang zu dieser Berufsreifeprüfung möglich ist. Es gibt daher diesen Entschließungsantrag für die heu­tige Gesetzesvorlage, in dem die Frau Bundesministerin ersucht wird, attraktive För­dermodelle zu finden, um möglichst vielen Leuten diese Berufsreifeprüfung zugänglich zu machen.

Ein sehr positives Projekt in Kärnten möchte ich in diesem Zusammenhang erwähnen, wo das Pilotprojekt „Lehre mit Matura“ gemeinsam mit einem großen Lebensmittel­konzern und der Kärntner Landesregierung sehr erfolgreich läuft. Auch für den Betrieb läuft es sehr erfolgreich, denn genau in diesem Bereich ist eine gute, intensive Zu­sammenarbeit zwischen Wirtschaft und Schule im Sinne eines dualen Bildungssystems möglich. Da kommt es wirklich zu einer Win-Win-Situation zwischen Betrieben und Auszubildenden. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Genau die Verbindung von Matura und Lehre wird immer mehr an Bedeutung gewinnen, da die Anforderungen an die Berufsausbildun­gen immer höher werden.

Sehr geehrte Damen und Herren! Neben diesem Schulpaket, das wir heute als Geset­zesvorlage beschließen, gibt es weitere Qualitätsentwicklungen und Maßnahmen, die an den österreichischen Schulen getroffen werden. Es sind schon einige angesprochen worden: die sprachliche Frühförderung, die Initiative, Lesen zu fördern, wo durch ver­bindliches Lese-Screening in Zukunft weitere Aktivitäten und Impulse für ein besseres Lesenlernen der Kinder ermöglicht werden.

Auch beim Förderunterricht wurde heute angesprochen, dass es zu wenige Stunden seien. Ich denke, 1,5 Millionen Förderstunden sind eine gute Basis, die auch in Zukunft weiterhin evaluiert wird, um den Bedarf entsprechend flexibel an die Anforderungen der Kinder anzupassen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)


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Sehr geehrte Damen und Herren! Dieses Schulpaket 1 ist ein weiterer Schritt in Rich­tung Steigerung der Schulqualität, einer Qualität für unsere Kinder, und eine sehr gute Investition in unsere Zukunft. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

11.30


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich verteile nun die letzte halbe Stunde der Fernsehzeit: Es sind dies jeweils 7 Minuten.

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Weinzinger. Redezeit, wie gesagt, 7 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


11.31.08

Abgeordnete Mag. Brigid Weinzinger (Grüne): Sehr geschätzte Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Hohes Haus! Stellenweise, so habe ich den Eindruck, verläuft die De­batte etwas gespenstisch. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Diese Ansicht wird gerade durch die Wortmeldungen der ÖVP bestärkt. Ich habe oft das Gefühl, es überläuft mich ein kühler Schauer, wenn ich daran denke, dass das alles ist, was Sie bei der Bil­dungspolitik anzubieten haben. (Beifall bei den Grünen.)

Die Errungenschaften, die bislang in dieser Debatte gerade von Ihrer Seite genannt wurden und auf denen sich der Bildungssprecher der ÖVP, Herr Kollege Amon, offen­sichtlich bereitwillig ausruht, bestehen offenbar in der Einführung der allgemeinen Schulpflicht vor Jahrhunderten und den Architekturpreisen für Schulgebäude. Ist das wirklich alles, worauf wir ausreichend stolz sein können, sodass wir sagen können, das war es schon, mehr brauchen wir im österreichischen Bildungssystem nicht mehr zu leisten? – Dem ist aber nicht so. (Abg. Amon: Habe ich nicht einmal erwähnt!)

Herr Kollege Werner Amon von der ÖVP! Sie haben gemeint, Sie hätten das Wort nicht erwähnt – das stimmt. Das waren nicht Sie, aber Rednerinnen und Redner von der Regierungskoalition waren es. Sie haben gemeint, es sei alles okay. (Abg. Scheibner: Wer war das jetzt? Das wollen wir schon wissen!) Es gibt zwar diese komische PISA-Studie, aber das sei nur eine aktuelle Momentaufnahme, die sich nur auf einen einzi­gen Tag beziehe, das müsse man nicht – sinngemäß gemeint – weiter ernst nehmen.

Herr Kollege, Sie haben nicht von „einer“ international renommierten Vergleichsstudie über Bildungssysteme gesprochen, sondern von der internationalen Studie über Bil­dungssysteme, die Österreich eindeutig attestiert, dass wir uns in manchen Bereichen bemühen sollten, noch besser zu werden. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordne­ten der SPÖ.)

Weiters haben wir noch von der Frau Ministerin gehört, wie sehr wir uns alle freuen – und ich freue mich ehrlich mit –, dass die Schulkinder und die Jugendlichen in Öster­reich jetzt Ferien haben. Frau Ministerin! Diese Ferien werfen für die Eltern zum Teil recht große Probleme auf. Es ist Ihnen schon bekannt, dass es für berufstätige Eltern, insbesondere für berufstätige Mütter nicht so einfach ist, wenn es zum Beispiel mit dem heutigen oder dem morgigen Tag auf zwei Monate hinaus keinerlei Kinderbetreuung mehr gibt, aber die Frau weiterhin ihrem Beruf nachgehen möchte. Wie sollen die Frauen das von heute auf morgen organisieren? Wie sollen die Eltern das organisie­ren? Wie lautet Ihre Antwort darauf? (Beifall bei den Grünen. – Staatssekretär Mag. Schweitzer: Was ist die Lösung dafür?)

Spannend gefunden habe ich übrigens auch, Frau Ministerin – vielleicht haben Sie die Fähigkeit, in die Zukunft zu schauen, die ich nicht habe –, dass Sie sich freuen, dass die Zahl der Repetenten heuer geringer ist als in den Vorjahren. Das heißt, Sie wissen heute schon, dass jene Schüler, die ihre Ferien damit verbringen müssen, für die


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Nachprüfung zu lernen, durchkommen werden. Dann schaffen wir das doch einfach ab, lassen wir sie aufsteigen! (Beifall bei den Grünen.)

Das Problem mit der Betreuung von Schulkindern gibt es nicht nur jetzt in den Ferien, das gibt es im ganzen Land immer wieder am Nachmittag. Daher ist diese von Ihnen so genannte Tagesbetreuung – ich nenne es die Nachmittagsbetreuung – heute auch ein Thema. Sie haben in diesem Zusammenhang einen ganz merkwürdigen Begriff verwendet und einen Unterschied zwischen freiwilliger und verpflichtender Betreuung gemacht. Sie sind für eine freiwillige Nachmittagsbetreuung im Unterschied zur ver­pflichtenden. Ich weiß nicht, ob Sie etwas falsch verstanden haben oder ich. (Abg. Scheibner: Im Zweifelsfall Sie!) Ich meine jedenfalls nicht, dass die Gemeinden freiwil­lig eine Nachmittagsbetreuung anbieten sollen, sondern ich bin der Meinung, dass die Gemeinden und die Schulen verpflichtend, und zwar mit einem Rechtsanspruch für die Eltern, eine Nachmittagsbetreuung offerieren sollen und dass Sie sie seitens des Bun­des entsprechend zu unterstützen haben. (Beifall bei den Grünen.)

Was wir aber nicht gemeint haben, ist, dass jedes Kind verpflichtend in der Nachmit­tagsbetreuung sein soll. Das soll sehr wohl eine freiwillige Möglichkeit sein, die Schul­kinder, die Eltern in Anspruch nehmen können, aber sie müssen eine garantierte Mög­lichkeit dafür haben und können nicht von irgendwelchen Bedarfserhebungen abhängig sein.

Lassen Sie mich ein Beispiel zu dem Thema Bedarfserhebung bringen, weil wir das aus der Kinderbetreuung für jüngere Kinder schon hinreichend kennen. Bei Ihren Bedarfserhebungen kommt dann immer heraus, dass es entweder österreichweit oder in der kleinsten Gemeinde angeblich keinen Bedarf gibt. Nehmen wir die Gemeinde Wulkaprodersdorf in Burgenland, die ich kenne. Dort sollte ein Kinderhort errichtet werden, und es gab vorher eine Bedarfserhebung. Das ergab natürlich das übliche Problem. Die Leute, die Kinder in dem Alter hatten, haben sich bereits organisieren müssen, also ergab die Bedarfserhebung, dass es zwei Kinder gibt, die einen Bedarf hätten. Man hat es aber trotzdem gemacht.

Zwei Jahre später, als der Hort fertig war, stellte sich heraus, dass 20 Kinder Bedarf hatten und er seither immer voll ist. – So viel zum Thema Bedarfserhebungen.

Drücken Sie sich nicht vor der Verantwortung, schieben Sie nicht Kinder in irgend­welche Familien ab, in denen sie angeblich mitbetreut werden, aber keine ordentliche, pädagogisch wertvolle Betreuung haben, und zum Mittagessen ins Gasthaus ab! Stel­len Sie eine qualitativ hochwertige Betreuung flächendeckend in Österreich zur Verfü­gung! (Beifall bei den Grünen. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Sie meinen, es reicht für die österreichischen Kinder und Jugendlichen, wenn man irgendeine provisorische Lösung vorschlägt, die die Gemeinden vielleicht nicht umset­zen. Sollen sie in das Wirtshaus Mittag essen gehen, sollen sie, wenn es in der Schule keine Nachmittagsbetreuung gibt, irgendwohin gehen, wo nicht einmal gewährleistet ist, dass sie in Ruhe ihre Hausaufgaben machen können! – Das stelle ich mir nicht unter österreichischer Bildungspolitik vor. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ein letzter Punkt, der mir gerade deswegen auf der Seele liegt, weil wir jetzt Ferien haben, in denen einige Schüler und Schülerinnen für Nachprüfungen lernen müssen, und weil es auch während des Schuljahres immer ein leidiges Thema ist: die Nachhilfe. In Wirklichkeit bauen Sie mit Ihrer Bildungspolitik ein System, bei dem Sie sich darauf verlassen, dass die Eltern – im Regelfall die Mütter – zu Hause mit den Kinder lernen und das ganze Jahr hindurch zusätzlich noch privat teure Nachhilfestunden zahlen, weil Sie nicht gewillt sind, den Schülerinnen und Schülern in der Schule die notwendige Förderung zukommen zu lassen. Geben Sie den Schulen in Österreich endlich die


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Mittel, damit Förderung für alle Kinder in der Schule möglich wird! (Beifall bei den Grü­nen.)

Im Übrigen fordere ich als Frauensprecherin: Geben Sie mit einer vernünftigen Bil­dungspolitik gleichzeitig beiden Elternteilen, Vätern wie Müttern, die Möglichkeit, ihrer Berufstätigkeit so nachzugehen, wie die Eltern das möchten, wie die Mütter das möch­ten – und nicht wie Sie ideologisch glauben, es ihnen vorschreiben zu müssen! (Beifall bei den Grünen.)

11.38


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abge­ordnete Fuhrmann. 7 Minuten Redezeit. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


11.38.46

Abgeordnete Silvia Fuhrmann (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Minis­terin! Hohes Haus! Wissen Sie, was wirklich gespenstisch ist? – Gespenstisch ist für mich, dass Sie in Frage stellen, dass eine Mutter oder ein Vater Interesse daran hat, sich in der Ferienzeit mit den Kindern hinzusetzen und sich gemeinsam zu bemühen, dass ein Kind die Nachtragsprüfung, den Nachzipf am Ende eines Schuljahres schafft. Was ist schlecht daran, wenn sich Eltern bemühen wollen, für ihre Kinder da zu sein, und vor allem in den Sommermonaten, während denen es auch im Berufsleben leichter möglich ist, sich um die Kinder zu kümmern? Das ist für mich wirklich gespenstisch. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Mandak: Weil das nicht alle Eltern können! – Abg. Öllinger: Das ist ärger als Ihre Wurstsemmeln!)

Ich möchte gerade an Sie, Frau Kollegin Weinzinger, appellieren: Vergessen Sie nicht, dass Österreich aus Städten, aber auch aus kleinen Regionen besteht! Alles, was für die Stadt gilt, gilt nicht für eine kleine Gemeinde, wo der Kindergarten zusperrt, weil gar keine Kinder hinkommen wollen. (Rufe bei den Grünen: Was?) Sie müssen endlich ler­nen, zwischen Theorie und Praxis zu unterscheiden, und das würde ich Ihnen wirklich nahe legen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Herr Kollege Neugebauer hat heute schon sehr ausführlich darauf hingewiesen, was denn eigentlich die Schule für einen Auftrag in unserer Gesellschaft haben soll. (Abg. Dr. Pirklhuber: Ist das eine Wurstsemmelgeschichte?) Ich bin sehr froh, dass wir heute ein Schulpaket präsentieren, das nicht eine Aneinanderreihung von Stückwerk ist, sondern dieses Schulpaket ist das Ergebnis einer langen und ausführlichen Bil­dungsdebatte. Es ist gut, dass es einen Gesamtzusammenhang hat und zwei Prinzi­pien in den Vordergrund stellt: Es muss elementares Prinzip des Unterrichts sein, die Förderung in den Vordergrund zu stellen, und zwar sowohl die Förderung von Leis­tungspotentialen als auch die Förderung von Lernschwächen. Und ich glaube, dass uns das gelungen ist. Dazu gehören sehr viele Elemente. Dazu gehören auch ein paar organisatorische Dinge, aber vor allem geht es um den Inhalt.

Wenn vorher Frau Kollegin Schasching – ich glaube, sie war es – gejammert hat, sie selbst habe schon seit fünf Jahren einen Antrag eingebracht, mit dem „Leibesübungen“ in „Bewegung und Sport“ umbenannt werden sollten, dann kann ich nur sagen: Hätten Sie damals vor fünf Jahren unserem Konzept der AHS-Oberstufenreform zugestimmt, dann hätten wir das schon seit fünf Jahren erledigt. Aber Sie haben damals Ihre Zu­stimmung verweigert, also raunzen Sie jetzt nicht fünf Jahre später! (Beifall bei der ÖVP.)

Gott sei Dank machen wir es jetzt, und wir machen auch noch andere Dinge. Es geht auch im weitesten Zusammenhang um die Eltern, denn wenn wir jetzt die Fünf-Tage-Woche einführen, dann ist das eine Anpassung an die Gesellschaft, dann ist das eine


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Anpassung an die Berufstätigkeit der Mütter, und dann ist es auch notwendig, dass das Schulsystem in organisatorischen Fragen an den Arbeitsmarkt angepasst wird.

In Bezug auf die Förderung junger Menschen ist allein schon durch das Frühwarnsys­tem sehr viel passiert. Wenn man weiß, dass im Jahr 1995 noch 2,3 Prozent aller Hauptschülerinnen und -schüler eine Nachprüfung machten mussten und es jetzt nur mehr 1,4 Prozent sind, dann muss man sagen, dass das positiv ist. Und wenn es bei den AHS-Schülern 1995 8,2 Prozent waren und jetzt nur mehr 6,2 Prozent sind, dann ist das auch ein richtiger Schritt in die richtige Richtung. Das heißt, wir sind auf dem richtigen Weg, und diesen Erfolgskurs möchten wir fortsetzen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Sburny: 6 Prozent der AHS-Schüler?)

Zu einem guten Schulsystem gehört nicht nur die Leistung der Schüler, dazu gehört sicherlich auch die Leistung der Lehrer, und deshalb bin ich sehr froh, dass wir heute auch eine verpflichtende Lehrerfortbildung beschließen werden. Es soll eine Selbstver­ständlichkeit werden, dass das lebenslange Lernen auch für Lehrer gilt und nicht nur für alle anderen. Ich glaube, das ist auch das Bedürfnis, das Lehrer selbst haben, und dementsprechend werden wir das auch unterstützen. Positiv zu erwähnen ist auch die ins Leben gerufene Leadership Academy, mit der auch dem Direktor, der heutzutage eine pädagogische und eine wirtschaftliche Kompetenz haben muss, Unterstützung gegeben werden wird.

Da wir heute noch viel über Unis und Studenten sprechen werden, möchte ich auch auf die Berufsreifeprüfung und auf die Lehrlinge eingehen. Ich bin sehr froh, dass wir uns zum Ziel gesetzt haben, die Berufsreifeprüfung auch finanziell zu unterstützen. Wenn sich jemand auf dem ersten Bildungsweg entscheidet, eine akademische Karriere anzustreben, so wird er vom Staat sehr großzügig unterstützt; wenn das jemand im zweiten Bildungsweg macht, hat er es schon ein bisschen schwieriger: eine Berufsrei­feprüfung kostet im Durchschnitt 1 500 €. Das ist nicht wenig Geld, daher möchten wir junge Menschen hier unterstützen.

Wenn 3 Prozent aller Studierenden an den österreichischen Universitäten über eine Berufsreifeprüfung oder eine Studienberechtigungsprüfung verfügen, so ist das schon ein deutliches Signal, dass unser Bildungssystem durchlässiger geworden ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, dass dieses Bildungspaket ein weiterer Meilenstein für die Jugendpolitik in unserer Gesellschaft ist. Wir haben in den letzten Tagen sehr viel weitergebracht – ich verweise noch einmal auf die Verkürzung des Präsenzdienstes und des Zivildienstes –, heute ist der Bildungsteil dran, und damit können wir sehr zufrieden sein. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Frei­heitlichen.)

11.45


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Faul. 7 Minuten Redezeit. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


11.45.16

Abgeordneter Christian Faul (SPÖ): Sehr verehrte Frau Präsidentin! Frau Bundes­ministerin! Herr Staatssekretär! Liebe Kollegin Fuhrmann, wenn Sie hier von einem großen Erfolgsrezept reden, dann kann man auch Ihnen eine Realitätsferne, die Sie in der Vergangenheit schon bei vielen Äußerungen gezeigt haben, nachsagen, das bleibt Ihnen anheim. Sie haben vergessen mit den Betroffenen in der Schule, mit den Leh­rern, mit den Eltern, aber auch mit den Schülerinnen und Schülern in den höheren Schulen zu reden.

Kollege Neugebauer, es ist schön, wenn man sich in großen Philosophien ergehen kann, ich darf dir herzlich gratulieren, aber ich glaube, wir kommen wieder in die Niede-


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rungen zurück, und diese sind ernüchternder denn je, obwohl ich deine Aussagen teile. (Abg. Neugebauer: Bewältigen wir alles, das weißt du!)

Frau Bundesministerin! Wir freuen uns, einem Gesetz zustimmen zu können, das unsere Handschrift trägt (Abg. Zweytick: Das glaube ich nicht, Christian!) und das den Gegebenheiten der heutigen Arbeitswelt und der Menschen entspricht, die sehr flexibel am Arbeitsplatz, in ihrer Arbeit eingesetzt werden und die besonders als allein erzie­hende Mütter, aber auch als allein erziehende Väter davon betroffen sind. Ihnen und ihren Kindern wird diese Tagesbetreuung ganz besonders entgegenkommen und ihnen die Sorge nehmen, was mit dem Kind nach der Schule passieren wird.

Was uns aber stört, Frau Bundesministerin, ist die Tatsache, dass Sie mit dieser engen Fassung, mit dieser Mindestzahl von 15 Schülern die Möglichkeit der Tagesbetreuung an kleinen Schulstandorten mit möglicherweise geringerer Nachfrage sehr einschrän­ken. Und was uns ganz besonders stört, Frau Bundesministerin – wenn ich uns sage, dann meine ich auch die Bürgermeister und Gemeindeverantwortlichen in den ÖVP-Reihen –, ist, dass Sie zwei Klassen von SchülerInnen, zwei Klassen von Kindern machen: eine in Ihren Bundesschulen, die Ihrer Obhut unterliegen, und eine im Pflicht­schulbereich, die Sie über die Länder – aber das wissen Sie ganz genau – in die Ver­antwortung der Gemeinden übergeben. (Abg. Rädler: Wo ist das Problem?) – Sie hören es gleich!

Frau Bundesministerin! Für Ihre Schüler, die AHS-Schüler, haben Sie gut gesorgt. Es gibt das Stundenpaket und die Wertigkeit der AHS-Lehrer, die sich dadurch aufbes­sert – so berechnet es Ihr Ministerium –, dass es einfach andere Wertigkeiten gibt, und in der Autonomie Ihrer Schulstandorte kann jeder Schulleiter und jeder Lehrkörper über diesen Einsatz autonom verfügen. Die Bereitstellung der Räumlichkeiten, Frau Bun­desministerin, zahlen selbstverständlich Sie.

Ganz anders ist es bei uns in den Pflichtschulen. Sie geben uns zwar das gleiche Paket von fünf Stunden, erwarten sich aber von uns, von den Gemeinden, eine Ver­vierfachung der Stunden als Grundlage dafür, dass Sie uns das Stundenpaket über­haupt geben. Dazu kommt schon vor der Beschlussfassung hier im Parlament die Reglementierung über die Landesschulräte. Vielleicht kennen Sie es noch nicht, daher sage ich es Ihnen: An zwei Schulen gleicher Erreichbarkeit darf es nur einen Standort geben, der Nachmittagsbetreuung ausübt. Ich frage Sie, Frau Bundesministerin: War­um? Wo bleibt da die Autonomie für die Schulen, und wo bleibt vor allem die Chancen­gerechtigkeit für die Schwerpunktschulen? (Zwischenruf des Abg. Rädler.)

Um ein besseres Verhältnis Ihrer Kosten, Frau Bundesministerin, zu den Gemeinde­kosten zu erreichen, können die Gemeinden die Betreuungsverpflichtungen – wir ha­ben es heute schon gehört – grundsätzlich in Vereine, in Horte, in Sportorganisationen oder auch in gemeindeeigene Gesellschaften ausgliedern.

Wiederum stellen Sie, Frau Bundesministerin, einen Hemmschuh entgegen. Organisa­tionen in Gemeinden, die schon bisher sehr erfolgreich Kinderbetreuung, Nachmittags­betreuung gemacht haben, können nicht in den Genuss Ihrer Zuwendungen kommen, und das finden wir grundsätzlich falsch. Das müssen Sie uns noch erklären, Frau Bun­desministerin! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Frau Bundesministerin, daher fordern wir Sie auf: Schaffen Sie gleiche Bedingungen für Schülerinnen und Schüler gleicher Altersstufe! Geben Sie den Gemeinden, die die wirklichen Zahler für die Pflichtschulen sind, und deren Schulstandorten die gleiche Autonomie wie Ihren Bundesschulstandorten! Tragen Sie Sorge dafür, dass durch die Unterschiedlichkeit in den Wertigkeiten der Lehrer an den AHS und an den Pflicht­schulen die Kluft der Lehrerbesoldung nicht noch weiter auseinander driftet! – Das ist


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auch ein Wunsch an dich, Kollege Neugebauer! (Abg. Neugebauer: Du weißt, dass es unterschiedliche Systeme sind!)

Sorgen Sie dafür, Frau Bundesministerin, dass durch das Zusammenrechnen – und das ist eine ganz wichtige Forderung! – der Schülerzahlen an Schulen gleicher Er­reichbarkeit die Klassenschülerzahlen in den städtischen Schulen nicht explodieren, weil wir im Verhältnis die Schülerzahlen an den Kleinstschulen damit aufbessern müs­sen. – Übrigens danke ich auch für das Verständnis aus den ÖVP Reihen, die Forde­rung nach einer Mindestschülerzahl von 25 mit uns mitzutragen.

Frau Bundesministerin! Die Studien, die nach der PISA-Studie gemacht wurden, bele­gen eindeutig, was wir als Lehrer, als Schulleiter in unseren Schulen schon längst wis­sen: Hohe Schülerzahlen sind ein Indikator für schlechte Schulleistungen und werden zu Recht von den Betroffenen, den Eltern, den Schülern und den Lehrern, kritisiert.

Schaffen Sie durch zusätzliche Finanzierungen Möglichkeiten, um die Schüler besser zu fördern – ich glaube, das brauchen wir ganz dringend – und um dadurch auch den Lehrerinnen und Lehrern an unseren Schulen die Möglichkeit zu bieten, weiter in ihrem Beruf zu arbeiten. Für den Fall, dass Sie nicht wissen, wovon ich rede, bringe ich Ihnen ein Beispiel aus der Steiermark.

Finden Sie es normal, Frau Bundesministerin, dass Lehrerinnen und Lehrer im Alter von 40 bis 45 Jahren, die schon 20 Jahre an einer Schule ihren Dienst versehen ha­ben, plötzlich ihren Job verlieren sollten, um an einem anderen Schulort einen Lehrer zu verdrängen, der bereits 15 oder 16 Jahre dort seinen Dienst geleistet hat?

Finden Sie es richtig, Frau Bundesministerin, dass Abgänger von den Akademien an den steirischen Schulen nach unseren seriösen Berechnungen erst mit 55 Jahren das erste Mal die Schulstube sehen wollen?

Finden sie es richtig, Frau Bundesministerin, dass in der Steiermark noch immer zwei Akademien Lehrer ausbilden, eigentlich zum Selbstzweck und zur Selbsterhaltung ihrer Institute, und Sie sich mit der Installierung der Pädagogischen Hochschulen so viel Zeit lassen?

Finden Sie es richtig, Frau Bundesministerin, dass auf Grund Ihrer Sparlage Schulver­suche im österreichischen Schulsystem überhaupt nicht mehr möglich sind? (Präsi­dentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen. – Abg. Amon: Den Zeitplan haben Sie beschlossen! Ungeheuerlicher Populismus!) Schulversuche würden die Lehrer sehr stark motivieren und dem Schulwesen neuen Schwung geben, den es auch wirklich braucht. (Präsidentin Mag. Prammer gibt neuerlich das Glockenzeichen.)

Fest steht für uns Frau Bundesministerin – ich komme zum Schluss –: Die Schule ist dem Diktat des Geldes und dem Diktat unseres Finanzministers unterworfen. (Abg. Scheibner: Das geht nicht! Das muss ganz exakt sein!)

11.52


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter, das war Ihr Schlusssatz! (Beifall bei der SPÖ für den das Rednerpult verlassenden Abg. Faul.)

Als Nächste zum Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mittermüller. 7 Minuten Rede­zeit. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


11.52.52

Abgeordnete Marialuise Mittermüller (Freiheitliche): Sehr geehrte Frau Präsident! Frau Bundesminister! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Diese Bundesregierung hat die Förderung der Familien und die Bildungsoffensive in ihr Regierungsprogramm ge­schrieben und vieles davon – gerade im Bereich der Familien – schon sehr ambitioniert umgesetzt.


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Die bildungs- und familienpolitischen Inhalte des Schulrechtspaketes 2005 gehen in wesentlichen Punkten auf die zeitgemäßen Lebensumstände der Menschen in unse­rem Land ein. Sie sind aber vor allem ein wichtiger Schritt zur Qualitätsverbesserung im Bildungsbereich. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Mit der in der Novelle vorgesehenen Fünf-Tage Woche für 6- bis 14-Jährige wird die Schülerfreizeit an die Elternfreizeit angepasst, die Familien können daher das Wochen­ende gemeinsam und somit mehr Zeit miteinander verbringen.

Die Veränderungen in unserer Gesellschaft sind vor allem im Pflichtschulbereich eine große Herausforderung. Die Tatsache, dass durch die Berufstätigkeit der Eltern und der Alleinerzieher bei unseren Kindern Defizite entstehen, können wir sicherlich nicht wegdiskutieren.

Die in der Novelle vorgesehene Einführung einer qualitativ hochwertigen Tagesbetreu­ung bedeutet daher eine sehr notwendige Weiterentwicklung unseres Schulsystems. Künftig soll jede Schule ein Tagesbetreuungsmodell von 8 bis 16 Uhr anbieten, wenn sich mindestens 15 Kinder dazu anmelden.

In diesem Punkt sehe ich, geschätzte Frau Bundesminister, für Landgemeinden ein kleines Problem. Was tun wir, wenn es nicht zu den erforderlichen Mindestanmeldun­gen kommt? Ich habe in meinem Bezirk in der Gemeinde Himmelberg den Fall, dass zwölf Kinder zur Ganztagsbetreuung angemeldet sind. Ich weiß, es gibt auch schul­übergreifende Möglichkeiten, aber ich darf darauf hinweisen, dass gerade im länd­lichen Bereich die weiten Wegstrecken ganz sicherlich zu einem Problem werden. Ich denke, darüber werden wir in Zukunft noch diskutieren müssen. (Beifall bei den Frei­heitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ und der Grünen.)

Lernen und Freizeitgestaltung werden beim Ganztagsmodell in die Nachmittagsbetreu­ung aufgenommen. Die Einbindung von Vereinen, insbesondere von Sportvereinen, nach dem Modell von Herrn Staatssekretär Karl Schweitzer ist dabei sicherlich als sehr, sehr sinnvoll anzusehen.

Dadurch soll den Kindern die Möglichkeit gegeben werden, sich gesund und sportlich zu betätigen. Der Begriff „Sport“ wird mit dem bisherigen Begriff „Schulturnstunden“ einen weit umfassenden Bereich erfassen, und die Gesundheit unserer Kinder wird es ganz sicherlich danken.

Zu begrüßen ist sicher auch die vorgesehene Kostenübernahme von Betreuungsstun­den durch Bund und Länder. Damit dürfte je nach Betreuungsmodell ein leistbarer Elternbeitrag verbleiben, was wir auch sehr begrüßen. Immerhin ist ja der Kostenfaktor kein unwesentlicher. Wir wissen, dass gerade bei Familien und bei Kindern, die eine Betreuung sehr brauchen und die im unteren Einkommensbereich angesiedelt sind, dies meist eine große Hürde ist.

Es hat mir auch ein Kärntner Schulpsychologe bestätigt, dass bei geringen Kosten viel eher Nachmittagsbetreuungen angenommen werden, und er würde es auch sehr be­grüßen, dass man gerade bei Alleinerziehenden die notwendigen Mittel dafür bereit­stellt.

Insgesamt wäre also ein qualitätsvolles Tagesbetreuungsangebot ganz sicherlich ein Gewinn für unser Schulsystem – und für das Bildungsniveau unserer Kinder auf jeden Fall. Diese Tatsache ist gerade in Hinblick auf die PISA-Studie nur zu begrüßen.


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Ein wichtiges Anliegen von uns Freiheitlichen haben wir zur Umsetzung der Tagesbe­treuung eingebracht. Es muss die Wahlfreiheit der Eltern gewahrt bleiben. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Die Eltern müssen die Möglichkeit haben, Entscheidungen zum Wohl ihres eigenen Kindes treffen zu dürfen. Sie – und nur sie allein! – sollen entscheiden können, ob sie für ihr Kind die Nachmittagsbetreuung annehmen oder ob sie dies nicht wollen.

Ein gutes Paket ist mit diesem Schulpaket auf dem Weg. Ich danke Frau Bundesmi­nister Gehrer für zehntausend weitere Betreuungsplätze und für die notwendige Bereit­stellung der 8 Millionen € für die Betreuungskosten.

Ich darf an dieser Stelle anmerken, dass zurzeit nur zirka 5 Prozent der österreichi­schen Kinder von 6 bis 14 Jahren – wir haben mehr als 800 000 – das Nachmittags­betreuungsangebot annehmen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte aber nicht verabsäumen, auch die mah­nenden Worte des Schulpsychologen Dr. Lach aus meinem Heimatbezirk Feldkirchen in diese Debatte miteinzubringen und mich seiner Meinung anzuschließen: Wir sollten bei allen zeitgemäßen notwendigen Erneuerungen nicht vergessen, dass die familiären Bindungen für die Kinder eine andere Qualität haben. Die beste außerfamiliäre Betreu­ung kann die Familie nicht ersetzen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

In der Familie – und nur in ihr! – erfährt das Kind seine Urvertrauensentwicklung. Das Kind wird dadurch beziehungsfähig und belastbar. Es bildet dort – und nur dort! – auch am besten seine emotionale Intelligenz. Jedes Kind – wir wissen es – braucht ausrei­chende Nestwärme, um seine Persönlichkeit entwickeln zu können.

Im Wissen, dass wir gemeinsam – Politik, Eltern und Schule – für die gute Entwicklung unserer Kinder verantwortlich sind, werde ich dem Schulpaket gerne zustimmen. Danke, Frau Bundesminister! Danke, Herr Staatssekretär! (Beifall bei den Freiheit­lichen und der ÖVP.)

11.59


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Brosz. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


11.59.50

Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne): Danke Frau Präsidentin! Ich möchte zunächst noch den angekündigten Abänderungsantrag einbringen, der einen Rechtsanspruch auf Nachmittagsbetreuung sicherstellen würde.

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Brosz, Freundinnen und Freunde

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die im Titel genannte Regierungsvorlage in der Fassung des Ausschussberichtes wird wie folgt geändert.

Art. 1 Z. 8 lautet:

8. § 8d Abs. 2 lautet:

„(2) (Grundsatzbestimmung) Jedes Schulkind der Primar- und Sekundarstufe I in Ös­terreich hat gesetzlichen Anspruch auf Betreuung auch über die Unterrichtszeit hinaus. Dafür sind allgemein bildenden Pflichtschulen, die keine Übungsschulen sind, erforder­lichenfalls als ganztägige Schulformen (Schulen mit Nachmittagsbetreuung) zu führen.


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Die Festlegung der Standorte solcher ganztägiger Schulformen hat auf Grund der Vor­schriften über die Schulerhaltung zu erfolgen, wobei sowohl ganztägige Klassen mit verschränkter Form von Unterricht und Tagesbetreuung als auch Nachmittagsbetreu­ung mit getrennter Abfolge vom Unterricht flächendeckend in einem Ausmaß vorzuse­hen sind, dass in angemessener Entfernung zum jeweiligen Wohnort der Schülerin­nen/der Schüler ein ausreichendes Angebot gewährleistet ist. Die räumlichen Voraus­setzungen dafür sind zu schaffen.“

§ 8d Abs. 3 entfällt.

*****

Diese Gesetzesformulierung würde einen Rechtsanspruch auf Nachmittagsbetreuung bewirken. (Beifall bei den Grünen.)

Zur Frau Kollegin Fuhrmann – sie ist jetzt nicht da –, die es anscheinend als besonde­ren Spaß der Eltern ansieht, wenn sie ihre Kinder auf einen Nachzipf vorbereiten, kann ich nur sagen: Sie verkennt die Lebensrealität ziemlich drastisch, denn in der Regel sind es nicht die Eltern, die das machen, sondern ist es Geld, das die Eltern in die Hand nehmen müssen. Wer glaubt, dass man Kinder – vor allem solche an höheren Schulen – so locker, einfach nebenbei auf einen Nachzipf vorbereiten kann, der sollte einmal näher in das österreichische Schulsystem blicken. Da hat sich nämlich in letzter Zeit einiges verändert. (Beifall bei den Grünen.)

12.01


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der soeben von Herrn Abgeordnetem Brosz eingebrachte Abänderungsantrag zur Regierungsvorlage 975 der Beilagen ist ausrei­chend unterstützt, wurde ordnungsgemäß eingebracht und steht somit auch mit in Ver­handlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

des Abgeordneten Brosz, Freundinnen und Freunde,

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Unterrichtsausschusses (1044 d.B.) über die Regierungsvorlage (975 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Schul­organisationsgesetz, die 5. Schulorganisationsgesetz-Novelle, das Pflichtschulerhal­tungs-Grundsatzgesetz, das Schulzeitgesetz 1985, das Schulpflichtgesetz 1985, das Schulunterrichtsgesetz, das Schulunterrichtsgesetz für Berufstätige, das Bundesgesetz über Schulen zur Ausbildung von Leibeserziehern und Sportlehrern, das Land- und forstwirtschaftliche Bundesschulgesetz, das Bundesgesetz betreffend die Grundsätze für land- und forstwirtschaftliche Berufsschulen, das Bundesgesetz betreffend die Grundsätze für land- und forstwirtschaftliche Fachschulen und das Bundesgesetz über die Berufsreifeprüfung geändert werden (Schulrechtspaket 2005) und über den Antrag 487/A (E) der Abgeordneten Beate Schasching, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umbenennung des Unterrichtsgegenstandes „Leibesübungen“ in „Bewegung und Sport“sowie über den Antrag 469/A (E) der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Qualitätsoffensive für die Schulen

Der in der Regierungsvorlage vorgesehene Ausbau der Nachmittagsbetreuung sieht keinen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz vor. Die Führung einer Tagesbe­treuung ist an eine Mindestzahl von 15 angemeldeten SchülerInnen gebunden.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden


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117. Sitzung / Seite 60

Abänderungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die im Titel genannte Regierungsvorlage in der Fassung des Ausschussberichtes wird wie folgt geändert:

Art. 1 Z. 8 lautet:

8. § 8d Abs. 2 lautet:

„(2) (Grundsatzbestimmung) Jedes Schulkind der Primar- und Sekundarstufe I in Ös­terreich hat gesetzlichen Anspruch auf Betreuung auch über die Unterrichtszeit hinaus. Dafür sind allgemein bildende Pflichtschulen, die keine Übungsschulen sind erforderli­chenfalls als ganztägige Schulformen (Schulen mit Tagesbetreuung) zu führen. Die Festlegung der Standorte solcher ganztägiger Schulformen hat auf Grund der Vor­schriften über die Schulerhaltung zu erfolgen, wobei sowohl ganztägige Klassen mit verschränkter Form von Unterricht und Tagesbetreuung als auch Nachmittagsbetreu­ung mit getrennter Abfolge vom Unterricht flächendeckend in einem Ausmaß vorzuse­hen sind, dass in angemessener Entfernung zum jeweiligen Wohnort der Schülerin­nen/der Schüler ein ausreichendes Angebot gewährleistet ist. Die räumlichen Voraus­setzungen dafür sind zu schaffen.“

§ 8d Abs. 3 entfällt.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort kommt Herr Abgeordneter Mag. Posch, und zwar zu einer tatsächlichen Berichtigung. – Herr Abgeordneter, Sie kennen die Bestimmungen: zunächst den zu berichtigenden, dann den berichtigten Sachverhalt; 2 Minuten Redezeit. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


12.02.24

Abgeordneter Mag. Walter Posch (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Herr Abgeordneter Amon hat in seinen einleitenden Bemerkungen zur Unter­richtsdebatte gegenüber einigen Abgeordneten der SPÖ von den „kranken Abgeord­neten der SPÖ“ in verleumderischer (Abg. Scheibner: „Verleumderisch“, bitte, das ist ungeheuerlich! – Zwischenrufe bei der ÖVP. – Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen), in verleumderischer und unrichtiger (Präsidentin Mag. Prammer gibt neuerlich das Glockenzeichen) und tatsachenwidriger Weise ...

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter, Sie haben mit einem zu be­richtigenden Sachverhalt zu beginnen! Keine Interpretation! (Abg. Scheibner: Für „ver­leumderisch“ einen Ordnungsruf!) Und dann haben Sie den berichtigten Sachverhalt zu bringen. – Bitte.

 


Abgeordneter Mag. Walter Posch (fortsetzend): Das war der zu berichtigende tat­sächliche Sachverhalt.

Ich berichtige daher tatsächlich: Diese Behauptung ist unwahr! Die von Herrn Abgeord­netem Amon in denunzierender Weise apostrophierten Abgeordneten ... (Abg. Scheib­ner: Da muss doch ein Ordnungsruf her! – Anhaltende Zwischenrufe bei der ÖVP.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter! Unterlassen Sie die Zuord­nungen, die Sie getroffen haben im Hinblick auf Denunzierung, sonst müsste ich Ihnen einen Ordnungsruf erteilen!

 



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Abgeordneter Mag. Walter Posch (fortsetzend): Die solcherart bezeichneten Abge­ordneten der SPÖ waren nicht krank, sondern waren völlig korrekt gemäß den Bestim­mungen der Geschäftsordnung als verhindert gemeldet. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Scheibner: Ah so? Weil Sie im MuseumsQuartier waren? – Abg. Mag. Molterer: Das war jetzt „professionell“! Schlechtes Gewissen, im Protokoll niedergeschrieben!)

12.03


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort kommt Herr Staatssek­retär Mag. Schweitzer. – Bitte, Herr Staatssekretär.

 


12.04.00

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Mag. Karl Schweitzer: Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte ganz kurz auf die Ausführungen der Kollegin Sburny eingehen und bemerken, dass ich es schade finde, dass sie jetzt die altbekannte Methode des Peter Pilz übernimmt, hier eine Halbwahrheit in den Raum zu stellen. (Abg. Sburny: Was ist die „Halbwahrheit“?)

Ich werde das jetzt richtig stellen und Sie einladen, sich davon zu überzeugen, dass es darum geht, unsere Arbeit den Menschen draußen vorzustellen. (Abg. Sburny – ein Schriftstück in die Höhe haltend –: BZÖ-Stil!)

Sie können gerne kommen, und zwar am Montag um 18.30 Uhr; ich lade Sie von hier aus zu dieser Veranstaltung ein, die genauso ablaufen wird wie in Mittersill und in Kitz­bühel: Dort wird berichtet über unser großes Breitensportprojekt „Fit für Österreich“. Es sind dazu eingeladen die Funktionäre der Dachverbände ASVÖ, ASKÖ und Union, die Funktionäre der Fachverbände, die Vertreter des Sportamtes und zahlreiche Spitzen­sportler. – So wie in Kitzbühel zum Beispiel Kollegin Gutensohn oder Kollege Prock da waren, die Landespräsidenten der Dachverbände, können Sie auch kommen. Es wird unter anderen Steffi Graf da sein, es wird Susanne Pumper da sein, es wird Franz Stocher da sein und es wird Hans Enn da sein – alles Vertreter des Spitzensports, sicherlich nicht uns zuzuordnen, sondern Sportinteressierte.

Wenn es Sie interessiert, was wir dort zu sagen haben: Sie sind eingeladen, herzlich willkommen, ich werde Sie persönlich begrüßen! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

12.05


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zum Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Mag. Dr. Brader. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


12.06.01

Abgeordneter Mag. Dr. Alfred Brader (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Minister! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Frau Kollegin Weinzinger ist leider nicht da, aber ich möchte an ihre Adresse trotzdem sagen, dass ihre unsach­lichen Aussagen zu nichtschulischen und nichtstaatlichen Kinderbetreuungseinrichtun­gen nicht nur diskriminierend, sondern ideologisch entlarvend sind. Ich glaube, es ist hier nicht der Platz für irgendwelche kryptokommunistischen Theorien zur Kinderbe­treuung. (Beifall bei der ÖVP sowie Heiterkeit bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Aber nun zu etwas ganz anderem:

Meine geschätzten Damen und Herren! Das zur Beschlussfassung vorgelegte Schul­rechtspaket 2005 enthält unter anderem Schwerpunkte wie Sprachförderung, Lese­förderung und die Neugestaltung des Förderunterrichts mit dem Ziel, eine verstärkte Individualisierung zu erreichen. All diese Punkte haben einen inneren Zusammenhang, der oft nicht ausreichend gesehen wird, was oft zu Fehlentwicklungen in der Schul­planung, in der Unterrichtsplanung führt.


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117. Sitzung / Seite 62

Wenn ich hier und jetzt versuche, die Bedeutung der Sprache – und damit meine ich auch die Bedeutung der Gebärdensprache – für die Entwicklung des Denkens und damit für den Bildungsprozess herauszustellen, dann nicht deshalb, um die oftmalige Aussage des Kollegen Walch „denken – lesen – sprechen“ zu untermauern oder zu verwerfen, sondern deshalb, um die Wichtigkeit der Sprach- und Leseförderung zu unterstreichen.

Sprache ist zwar nicht die einzige hinreichende Bedingung der Möglichkeit für die Ent­wicklung des Denkens – dafür ist auch die Internalisierung von Bewegungs- und Hand­lungsmustern bedeutsam –, aber komplexe Denkleistungen, komplexe Denkprozesse sind in Sprache eingebettet, werden von der Sprache getragen und sind und bleiben auf Sprache angewiesen.

Sprache wird in spezifischen Phasen in den ersten Lebensjahren erworben und ist in ihren Grundstrukturen im Alter von 5 Jahren fertig. In diesem Alter soll ein Kind alle Laute beherrschen und alle wesentlichen grammatikalischen Strukturen besitzen. Später erfolgen nur mehr quantitative Zuwächse.

Zirka 10 bis 15 Prozent unserer Kinder haben in diesem Bereich Defizite. Diese wer­den in Zukunft früher erhoben, und in einem guten, durchdachten Fördermodell wird diesen Defiziten entgegengewirkt. Ich bin überzeugt davon, dass wir dann eine andere Ausgangsbasis als jetzt bei den Schulanfängern vorfinden werden.

Das dafür vorgesehen Ausmaß von 4 Stunden pro Woche ist ausreichend, und ich denke, dass das genauso wichtig ist wie die Leseförderung.

Lassen Sie mich aber zum Lesen noch einiges sagen:

Dem Lesen wird leider im Elternhaus immer weniger Stellenwert eingeräumt. Kinder erleben ihre Eltern so gut wie nie lesend, vorgelesen wird kaum noch, und es ist daher nicht verwunderlich, dass die Kinder sich immer weniger auf das Lesenlernen freuen. Dabei sollte es aber so sein, dass es die Kinder gar nicht mehr erwarten können, end­lich Lesen zu beherrschen. Ich denke, dass wir hier über die Förderkurse die entspre­chenden ausgleichenden Momente schaffen können. Notwendig ist es auf jeden Fall.

Ich freue mich aber, dass über die wesentlichen Punkte dieses Schulrechtspaketes Übereinstimmung besteht, und ich freue mich auch auf die weiteren Schulpakete. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

12.09


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zum Wort gemeldet ist Frau Abge­ordnete Heinisch-Hosek. Wunschredezeit: 4 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


12.09.30

Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Staatssekre­tär! Die Frau Ministerin wird wieder kommen, denke ich mir. – Ist Ihnen aufgefallen, dass die Frau Bundesministerin heute dieses Schulrechtspaket nicht als Meilenstein gepriesen hat? – Das tut ja diese Bundesregierung an und für sich so gerne: Bei jeder Neuerung wird alles als Meilenstein verkauft. Aber das ist kein Wunder! – Kollegin Fuhrmann hat es dann unternommen, sie hat versucht, einen Meilenstein in ein kleines Packerl hineinzupressen – das ist ungefähr so, wie sie eine Wurstsemmel um 10 € kauft – So viel dazu.

Wir SozialdemokratInnen haben daran mitgewirkt, dass dieses kleine Schulrechtspaket doch noch verbessert werden konnte. Wir haben hart verhandelt, wir haben gut ver­handelt und erreicht, dass ein Teil dieses Paketes, beispielsweise was die Berufsreife­prüfungen anlangt, mit Verbesserungen bestückt werden konnte.


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117. Sitzung / Seite 63

Die Berufsreifeprüfung gibt es ja – Sie alle wissen das – nicht erst seit jetzt, sondern seit dem Jahr 1997. Besonders erfreulich ist, dass zwei Drittel derer, die sich auf die Berufsreifeprüfung vorbereiten, bereits eine Lehre oder eine Facharbeiterprüfung hinter sich haben. Diese Form der höheren Qualifizierung ist natürlich genau für diese Gruppe etwas sehr, sehr Wichtiges, ein wichtiger Sprung, ein wichtiger Schritt in ein eventuell späteres Studium an einer Fachhochschule oder an der Universität.

Zwischenzeitlich war dieses Erfolgsmodell kurzfristig gefährdet – gefährdet durch mehr Bürokratie, obwohl dieser Staat ja schlanker werden wollte, gefährdet durch eine damit einhergehende Verteuerung, aber gemeinsam konnten wir erreichen, dass jetzt auch jemand mit Meisterprüfung oder einer Befähigungsprüfung nach der Gewerbeordnung diese Ausbildung für die Berufsreifeprüfung angerechnet bekommt. Jetzt kann sich auch jede Kandidatin/jeder Kandidat zeitlich besser auf den Prüfungsverlauf vorberei­ten, weil der Prüfer/die Prüferin nicht, wie im ursprünglichen Entwurf vorgesehen, von der Schulbehörde kommt, sondern aus den jeweiligen Fachbereichen, wenn die Minis­terin dies gestattet, was ich auch glaube. Auch diesbezüglich haben wir gut verhandelt.

Ich meine, alles in allem ist es besonders für Lehrlinge und FacharbeiterInnen zu Ver­besserungen gekommen. Was uns aber wirklich große Sorge macht – gerade heute ist der letzte Schultag in den noch ausstehenden Bundesländern –, ist, dass mit Schul­schluss 12 700 junge Leute, junge Männer und junge Frauen, keine Lehrstelle gefun­den haben beziehungsweise noch eine Lehrstelle suchen.

Wir haben in unserem Bildungsprogramm, auch was die Berufsschulen und deren Auf­wertung betrifft, sehr gute Vorschläge anzubieten, die wir natürlich mit Ihnen auch weiter verhandeln wollen. Vielleicht können Sie ja nach unseren jetzigen Verbesse­rungsvorschlägen auch auf diese unsere guten Ideen eingehen.

Tatsache ist, dass wir sehr viele Berufsschulen haben, die sehr gut ausgestattet sind mit Werkstätten, mit Labors, zum Teil sogar mit Lehrbauhöfen und allem, was junge Leute für die Berufsausbildung brauchen. Wir wollen, dass diese Berufsschulen, die Theorie und Praxis in einem vermitteln können, dort, wo die Wirtschaft keine Lehrstel­len beziehungsweise nicht genug Lehrstellen anbieten kann, selbst eine vollwertige Lehre anbieten können.

Wir wollen das mit Ihnen auch in Zukunft sehr vehement diskutieren. 12 700 junge Leute sind es, die eine Lehrstelle suchen. Wir werden erst am Ende dieses Jahres sehen, wie viele wirklich eine Lehrstelle bekommen haben, wir werden sehen, ob sich das Programm des Lehrlingsbeauftragten Blum überhaupt durchsetzen kann, wir wer­den sehen, ob weitere Zuckerl für die Wirtschaft überhaupt noch etwas nützen oder ob wir nicht die Berufsschulen mit ihren bestehenden Strukturen besser nützen könnten, damit junge Leute zu einer abgeschlossenen Lehre und damit auch Berufsausbildung kommen. (Beifall bei der SPÖ.)

Uns ist das ein sehr, sehr wichtiges Anliegen, uns liegt die Berufsausbildung der jun­gen Leute sehr am Herzen. In Ihrer Bildungslandschaft hat dieser Bereich leider zu wenig Platz.

Zum Schluss kommend sei gesagt: Unsere Forderung nach gebührenfreien Abschlüs­sen von Berufsreifeprüfung und anderen diversen Abschlüssen bleibt aufrecht. Bei der Hauptschule ist das vom Gesetz her möglich, nur müssen die Länder das vollziehen und möglich machen. Es wäre gut, wenn es der Frau Bundesministerin und auch Ihnen ein bisserl mehr wert wäre, dass Höherqualifizierung für alle Österreicherinnen und Österreicher leichter möglich wird. (Beifall bei der SPÖ.)

12.14



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Stenographisches Protokoll
117. Sitzung / Seite 64

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Niederwieser zu Wort gemeldet. Herr Abgeordneter, Sie kennen die GO-Bestimmungen. – Bitte.

 


12.14.28

Abgeordneter DDr. Erwin Niederwieser (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Staatssek­retär! Hohes Haus! Abgeordneter Schweitzer (Abg. Mag. Gaßner: Staatssekretär!) hat gesagt – der Staatssekretär, ich kann das dann ja berichtigen –, Herr Staatssekretär Schweitzer hat gesagt, der Abgeordnete Niederwieser hat die Deutschkurse als reine Schikane bezeichnet. – Diese Aussage ist unvollständig und unrichtig!

Ich zitiere wörtlich: „Als ,reine Schikane‘ bezeichnet SPÖ-Wissenschaftssprecher Erwin Niederwieser die verpflichtenden Deutschkurse für internationale ForscherInnen, wie es das neue Fremdengesetz vorsieht.“ – Da ist doch wohl ein Unterschied! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

12.15


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abge­ordnete Felzmann. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


12.15.26

Abgeordnete Carina Felzmann (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Staats­sekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ganz kurz zu den Ausführungen der Kolle­gin Weinzinger: Ich weiß nicht, woher Kollegin Weinzinger ihre wirklich krausen Ideen zum Bild der Frauen und zu dem, was Frauen wirklich beschäftigt, bezieht. Ich möchte mich ganz eindeutig davon abgrenzen. Das hat nämlich weder etwas mit Frauen zu tun, die gerne zu Hause und stolz darauf sind, dass sie ihre Kinder erziehen können (Abg. Sburny: Das hat vielmehr mit den Männern zu tun, die Probleme mit der Nach­mittagsbetreuung haben!), noch etwas mit jenen Frauen zu tun, die Beruf und Familie unter einen Hut bekommen wollen und daher Lösungen finden, wie sie das schaffen. – Einfach ist das nicht, aber wir sind anders! (Beifall bei der ÖVP.)

Faktum ist, und auch das bitte ich Sie, Ihrer Kollegin mitzuteilen, dass wir sehr wohl in Bewegung sind. Schule ist in Bewegung. Nicht wir ruhen uns aus, sondern es ist so, dass Sie sich in der Diskussion um das Schulpaket in keinster Art und Weise bewegt haben. (Abg. Sburny: Sie wissen überhaupt nicht, wovon Sie reden ...!)

In diesem Schulpaket ist die angesprochene Berufsreifeprüfung integriert, die Verbin­dung von Lehre und Matura. Es sind jetzt schon viele Punkte ausgeführt worden, und ich denke, wir sollten diesem Thema in diesem Haus weit mehr Raum geben. Heute ist es noch so, dass wir auf ein exzellentes Handwerk, auf ein exzellentes Gewerbe zu­rückgreifen können. Dafür und für das duale Ausbildungssystem werden wir wirklich international bewundert.

Wir stehen immer wieder vor neuen Herausforderungen. Gerade im urbanen Raum ist das ein riesengroßes Thema. Auf dem Land können die Betriebe auf sehr hoch qualifi­zierte, motivierte Lehrlinge zurückgreifen, in der Stadt schaut das aber ganz anders aus. Daher sei auch Kollegin Heinisch-Hosek mitgegeben, ihre guten Ideen möge sie doch auch in Wien präsentieren. In Wien schaut es nämlich so aus, dass über 80 Pro­zent der Schülerinnen und Schüler höhere Schulen besuchen, völlig unabhängig davon, ob sie qualifiziert sind oder nicht. Das ist kein guter Weg, auch nicht für den Stellenwert der Lehre.

Wir müssen uns insofern Gedanken machen, als ja Österreich auch ein Produktions­standort ist; viele Bundesländer leben von der Produktion. Keine Volkswirtschaft würde nur mit Dienstleistern funktionieren. Wir können uns nicht à la longue gegenseitig den Rasen mähen oder uns selbst beraten. Daher sind wir gefordert, auch neue Wege zu


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gehen, das Handwerk, das Gewerbe in Österreich zu stärken. (Abg. Verzetnitsch: Mehr Lehrlinge aufnehmen!) Vor allem in einem erweiterten Europa sind wir gefordert, neue Wege zu gehen.

Ich denke, dieser jetzt in Diskussion stehende Teil, eingebunden in ein Schulpaket, ist eine Facette. Faktum ist: Wir gehen diesen Weg der Weiterentwicklung im Schulsys­tem sehr, sehr beschwingt. Meine Anregung an Sie: Begleiten Sie uns! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

12.18


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Dr. Rada. Wunschredezeit: 4 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


12.18.35

Abgeordneter Dr. Robert Rada (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Staats­sekretär! Hohes Haus! Auch ich sehe in dem in wenigen Minuten zur Beschlussfas­sung anstehenden Unterrichtspaket positive Ansätze (demonstrativer Beifall bei Abge­ordneten der ÖVP), aber eben nur positive Ansätze, weil die logische, pädagogische, sinnvolle Konsequenz nicht endgeschrieben wurde, nicht endgedacht wurde, wie eine sozialdemokratische Bildungspolitik das mit Sicherheit getan hätte. Ich werde Ihnen das auch anhand einiger Beispiele vorführen.

Ich begrüße sehr, dass die Schule im Pflichtschulbereich eine Fünf-Tages-Schule wird. (Beifall des Abg. Dr. Gusenbauer.) Daraus ergibt sich aber die logische Konsequenz, dass sehr viel Unterricht in den Nachmittagsbereich verlegt wird. Kinder brauchen aber Abwechslung, und daher wäre die verschränkte Form die bessere Form gewesen. (Zwischenruf des Abg. Amon.)

Ich begrüße, dass Schüler, die in der Volksschule AHS-Reife erreicht haben, nicht mehr in die erste Leistungsgruppe eingestuft werden müssen, sondern automatisch in die erste Leistungsgruppe kommen, AHS-Schülern praktisch gleichgestellt sind. Ich vermisse aber, dass das nicht wie bei den AHS-Schülern für ein ganzes Schuljahr gilt, sondern dass bereits im ersten Umstufungszeitraum abgestuft werden kann.

Ich begrüße die erreichten Verwaltungsvereinfachungen – zum Beispiel beim Schulbe­such im Ausland –, vermisse aber die Verwaltungsvereinfachung in anderen Berei­chen.

In diesem Zusammenhang kommt mir in den Sinn: Wir bekommen in letzter Zeit mehr und mehr Privatschulen. – Soll so sein, ist auch positiv, ich frage mich nur, warum wir in den letzten zwei, drei Jahren so viele Privatschulen bekommen haben. Hat die all­gemeine Pflichtschule vielleicht versagt, Frau Ministerin? Für diese Privatschulen wäre es auch notwendig, eine Verwaltungsvereinfachung zu erreichen. Man glaubt nicht, was da alles an Berichten von den Schulen, von der Schulaufsicht, von den einzelnen Behörden geschrieben werden muss.

Schlussendlich: Wenn wir all das umsetzen wollen, was dieses Schulrechtspaket bein­haltet, dann ist es auch notwendig, hoch qualifizierte Lehrer – wir haben sie – in aus­reichender Zahl zur Verfügung zu haben. Wenn ich mir das Verhältnis der Zahlen anschaue – ich habe das schon mehrmals hier an dieser Stelle erwähnt –, für wie viele Schüler ein Lehrerdienstposten zur Verfügung steht, muss ich sagen, es fehlt uns die­ses qualifizierte Personal in nicht unbedeutendem Ausmaß.

Es wundert mich daher, dass Präsident Neugebauer zwar eine pädagogisch hehre, qualitativ wertvolle Rede hält, gleichzeitig aber unterstreicht, dass diese Verhältniszah­len Schüler : Lehrer ausreichend sind. Ich hoffe, viele der Lehrer, die seiner Glaubens­gemeinschaft angehören, die bereits in Ferien sind, haben diese seine Rede heute gehört, denn mit diesen Verhältniszahlen, sehr geschätzte Damen und Herren, werden


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wir die Qualität der Schule, wie sie immer wieder angestrebt und in Festreden hoch ge­lobt wird, nicht erreichen können. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Amon.)

Frau Abgeordnete Brinek sagte, viele empfinden Schule eher als eine Wärmestube als einen Ort des Lernens. Ich meine, da muss sie auch dazusagen, warum das so ist. – Weil viel zu wenig Qualität da ist, weil Schulorganisation, Lehr- und Lerninhalte und die Lehrerarbeit nicht überall entsprechend gesichert sind – und ich behaupte, daran sind diese Verhältniszahlen mit schuld. (Beifall bei der SPÖ.)

12.23


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Steindl. 2 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.

 


12.23.16

Abgeordneter Konrad Steindl (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundes­ministerin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Ich bringe folgenden Abänderungsantrag der Abgeordneten Werner Amon MBA, Dipl.-Ing. Elke Achleitner, DDr. Erwin Niederwieser, Herta Mikesch, Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann, Gabriele Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen betreffend den Gesetzesantrag im Bericht des Unterrichtsausschusses über die Regierungsvorlage 975 der Beilagen: Schulrechtspaket 2005 (1044 der Beilagen), ein.

Der Antrag ist auf Grund seines Umfanges gemäß § 53 Abs. 4 GOG bereits verteilt. Ich erläutere den Antrag in seinen Kernpunkten.

Die Änderungen sollen bei der Bestellung der Vorsitzenden mehr Flexibilität schaffen und einen raschen sowie friktionsfreien Ablauf der organisatorischen Vorbereitung der Prüfungen im Rahmen der anerkannten Lehrgänge der Erwachsenenbildungsinstitutio­nen sicherstellen.

Mit diesem Abänderungsantrag ist weiterhin die Anerkennung der Meisterprüfungen bei den Fachbereichsarbeiten zur Berufsreifeprüfung gesetzlich geregelt. Somit werden wir auf Bundes- und Gesetzesebene dem Slogan „Karriere mit Lehre“ weiterhin gerecht werden. – Besten Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

12.24


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Steindl! Ich bestätige, dass der Antrag schriftlich überreicht wurde und bereits im Vorfeld gemäß § 53 Abs. 4 der Geschäftsordnung vervielfältigt und verteilt wurde. Er ist auch ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung. – Im Übrigen möchte ich vielleicht noch ergänzen, im Titel dieses Abänderungsantrages ist auch Herr Abgeordneter Dieter Brosz vermerkt. Das zur Klarstellung, denn ich hörte, dass es hier Irritationen gab.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Werner Amon MBA, Dipl.-Ing. Elke Achleitner, DDr. Erwin Nieder­wieser, Dieter Brosz, Herta Mikesch, Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann, Gabriele Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen betreffend den Gesetzesantrag im Bericht des Unter­richtsausschusses über die Regierungsvorlage 975 der Beilagen betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Schulorganisationsgesetz, die 5. Schulorganisationsgesetz-Novelle, das Pflichtschulerhaltungs-Grundsatzgesetz, das Schulzeitgesetz 1985, das Schulpflichtgesetz 1985, das Schulunterrichtsgesetz, das Schulunterrichtsgesetz für Berufstätige, das Bundesgesetz über Schulen zur Ausbildung von Leibeserziehern und Sportlehrern, das Land- und forstwirtschaftliche Bundesschulgesetz, das Bundes­gesetz betreffend die Grundsätze für land- und forstwirtschaftliche Berufsschulen, das


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Bundesgesetz betreffend die Grundsätze für land- und forstwirtschaftliche Fachschulen und das Bundesgesetz über die Berufsreifeprüfung geändert werden – Schulrechts­paket 2005 (1044 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

1. In Artikel 12 des eingangs bezeichneten Gesetzesantrages ist nach Z 1 folgende Z 1a einzufügen:

„1a. § 3 Abs. 2 letzter Satz lautet:

„Der zuständige Bundesminister hat durch Verordnung jene Meister-, Befähigungs- und sonstigen Prüfungen festzulegen, die diesen Anforderungen entsprechen.““

2. In Artikel 12 des eingangs bezeichneten Gesetzesantrages hat in Z 7 der § 8a samt Überschrift zu lauten:

„Durchführung der Prüfungen an Lehrgängen zur Vorbereitung auf die Berufsreifeprü­fung

§ 8a. (1) Die Abschlussprüfungen an anerkannten Lehrgängen gemäß § 8 finden vor einer Prüfungskommission unter der Vorsitzführung eines fachkundigen Experten mit einschlägigen Erfahrungen in der Durchführung von abschließenden Prüfungen statt. Der Rechtsträger des anerkannten Lehrganges hat spätestens drei Monate vor dem voraussichtlichen Prüfungstermin dem Landesschulrat gegenüber die für die Vorsitz­führung in Aussicht genommene Person vorzuschlagen. Der Landesschulrat hat bin­nen vier Wochen nach Einlangen des Vorschlages die namhaft gemachte Person oder einen anderen fachkundigen Experten des öffentlichen Schulwlesens mit der Vorsitz­führung zu betrauen.

(2) Der Prüfung sind die Lehr- oder Studienpläne des anerkannten Lehrganges zu Grunde zu legen. Sie hat unter sinngemäßer Anwendung der Prüfungsordnung der entsprechenden höheren Schulart zu erfolgen. Die Beurteilung jeder einzelnen Teil­prüfung erfolgt durch den Prüfer im Einvernehmen mit dem Vorsitzenden. Eine Wie­derholung nicht bestandener oder nicht beurteilter Teilprüfungen darf frühestens nach Ablauf von drei Monaten erfolgen.

(3) Die Einrichtungen der Erwachsenenbildung haben gemeinsam mit dem Vorsitzen­den (Abs. 1) unverzüglich, längstens jedoch binnen vier Wochen nach dessen Bestel­lung die konkreten Prüfungstermine festzulegen.

(4) Gleichzeitig mit dem Vorschlag des für die Vorsitzführung in Aussicht genommenen fachkundigen Experten (Abs. 1) sind dem Landesschulrat die Aufgabenstellungen der schriftlichen Klausurarbeiten zu übermitteln. Findet der Landesschulrat die vorgelegten Aufgabenstellungen im Hinblick auf den für das Prüfungsgebiet maßgeblichen Lehrplan und im Hinblick auf die geforderte Gleichwertigkeit ungeeignet, hat er unter Setzung einer angemessenen Frist die Vorlage neuer Aufgabenstellungen zu verlangen. Die Aufgabenstellungen der mündlichen Teilprüfungen sind dem Vorsitzenden am Prü­fungstag vor Beginn der Prüfung zur Genehmigung vorzulegen.“

3. In Artikel 12 des eingangs bezeichneten Gesetzesantrages hat in Z 9 der Abs. 1 des § 11 zu lauten:

„(1) Dem Vorsitzenden, den Prüfern und dem Schriftführer der an öffentlichen Schulen eingerichteten Prüfungskommissionen sowie dem vom Landesschulrat gemäß § 8a Abs. 1 letzter Satz bestellten Vorsitzenden, sofern er aus dem öffentlichen Schulwesen kommt, gebührt eine Abgeltung gemäß dem Bundesgesetz über die Abgeltung für Prüfungstätigkeiten im Bereich des Schulwesens mit Ausnahme des Hochschulwesens und über die Entschädigung der Mitglieder von Gutachterkommissionen gemäß § 15


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des Schulunterrichtsgesetzes, BGBl. Nr. 314/1976, nach Maßgabe der für Externisten­reifeprüfungen vorgesehenen Abgeltung.“

Begründung

Die Änderungen in § 8a sollen bei der Bestellung der Vorsitzenden mehr Flexibilität schaffen und einen raschen sowie friktionsfreien Ablauf der organisatorischen Vorbe­reitung der Prüfungen im Rahmen der anerkannten Lehrgänge der Erwachsenenbil­dungsinstitutionen sicher stellen.

Es ist vorgesehen, dass zunächst das für die Organisation im Grundsätzlichen verant­wortliche Erwachsenenbildungsinstitut dem Landesschulrat auch einen fachkundigen Experten für die Vorsitzführung vorschlägt. Dieser Vorschlag hat – zur Gewährleistung eines ordnungsgemäßen Ablaufes – spätestens drei Monate vor dem in Aussicht ge­nommenen Prüfungstermin zu erfolgen. Der Landesschulrat soll diesen Vorsitzenden oder eine andere geeignete Person aus dem Bereich des öffentlichen Schulwesens bis längstens vier Wochen nach Einlangen des Vorschlages zum Vorsitzenden zu bestel­len.

Die Abs. 3 und 4 des § 8a sind auf den in Abs. 1 neu vorgesehen Bestellungsmodus des Vorsitzenden zu adaptieren, wobei davon ausgegangen wird, dass bei der Mel­dung nach Abs. 1 an den Landesschulrat gleichzeitig mit der in Aussicht genommenen Person für die Vorsitzführung der vorgesehene Prüfungstermin bekannt gegeben wird und der Landesschulrat bei der allfälligen Bestellung eines anderen fachkundigen Experten diesen Termin berücksichtigt. Abs. 2 bleibt gegenüber dem Gesetzesantrag unverändert.

In § 11 Abs. 1 ist im Hinblick auf § 8a Abs. 1 zu differenzieren, ober der tatsächlich bestellte Vorsitzende dem (privatrechtlichen) Bereich der Erwachsenenbildungsein­richtung oder dem (hoheitlichen) Bereich des öffentlichen Schulwesens angehört. Nur letzterem gebührt eine Abgeltung für die Tätigkeit als Vorsitzender gemäß dem „Prü­fungstaxengesetz“, wohingegen die Abgeltung für den von der Erwachsenenbildungs­einrichtung beigestellten Vorsitzenden (privatrechtlich) durch diese zu erfolgen hat.

Kompetenzrechtliche Grundlage:

Ein dem Gesetzesantrag (1044 d.B.) in der Fassung des vorliegenden Abänderungs­antrages entsprechendes Bundesgesetz gründet sich kompetenzrechtlich auf Art. 14 Abs. 1 B-VG.

Besondere Beschlusserfordernisse:

Die Beschlussfassung über den Gesetzesantrag (1044 der Beilagen) in der Fassung des vorliegenden Abänderungsantrages unterliegt nicht den besonderen Beschluss­erfordernissen des Art. 14 Abs. 10 B-VG.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Mag. Gaßner. Wunschredezeit: 4 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


12.25.45

Abgeordneter Mag. Kurt Gaßner (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! So ganz verstehe ich die Jubelchöre auf Seiten der Regierungsparteien bezüglich dieses Schulpaketes nicht. Sie bejubeln, dass der Samstag in Zukunft schulfrei ist. – Fast in allen Schulen ist das bereits so.


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Sie bejubeln, dass jetzt nicht mehr „Leibesübungen“ gesagt wird, sondern „Bewegung und Sport“. – Darüber könnte man vielleicht jubeln, denn da ist wenigstens das Wort „Bewegung“ drin. In den Schulen ist es ohnehin nicht mehr möglich, ausreichend Be­wegung zu machen.

Sie bejubeln, dass fünf Lehrer-Stunden für die Nachmittagsbetreuung eingesetzt wer­den können. – Auch das war bisher schon möglich, nur waren die Durchführungsge­setze nicht wirklich geeignet, das auch umzusetzen.

Sie bejubeln vor allem eine massive Mehrbelastung der Gemeinden. – Darf ich Ihnen am Beispiel meiner Gemeinde, Schwertberg, sagen, was das heißt? Wir haben seit längerem Nachmittagsbetreuung, und das kostet die Gemeinde pro Kind jährlich 1 000 €. 15 bis 18 Schülerinnen und Schüler haben wir in dieser Nachmittagsbetreu­ung, und das bedeutet 15 000 bis 18 000 € pro Jahr.

Noch nicht mit berücksichtigt ist die soziale Staffelung, die ganz wesentlich ist, meine Damen und Herren! Wir können die besten Nachmittagsbetreuungen einrichten – wenn es sich die Eltern auf Grund der sinkenden Einkommen nicht leisten können, dann ist das alles umsonst. Aber gerade diese brauchen ganz dringend eine Nachmittagsbe­treuung für ihre Kinder, weil sie nämlich arbeiten gehen müssen, um sich einen eini­germaßen annehmbaren Lebensstandard leisten zu können.

Dazu kommt, dass all jene Gemeinden, die diese Einrichtungen schon vorher hatten, diese fünf Lehrer-Stunden, so nach dem Motto: Ätsch, ätsch!, jetzt nicht zugestanden bekommen. Das, Frau Bundesministerin, ist eine gravierende Ungerechtigkeit gegen­über denjenigen, die sich schon früher über diese Thematik Gedanken gemacht haben.

Eine zweite Überlegung: Ein Drittel der österreichischen Gemeinden kann ihre Haus­halte nicht ausgleichen. – Wie wollen Sie bewerkstelligen, dass in diesen Gemeinden Nachmittagsbetreuung angeboten wird, wenn nicht gleichzeitig das notwendige Geld dafür zur Verfügung gestellt wird, sehr geehrte Frau Bundesministerin? Ins Wirtshaus essen zu gehen und dann auf einem Bauernhof die Betreuungseinheit zu absolvieren, solche Modelle werden nicht möglich sein, wenn wir von einer qualitativ und pädago­gisch hoch stehenden Betreuung unserer Kinder reden.

Wenn Sie meinen, das könnte ja Gemeinden übergreifend gemacht werden, dann sehe ich darin eher eine Verteuerung. Es ist doch sicher so, dass, wenn ein Kind aus einer Gemeinde in eine andere kommt, dort auch der Beitrag zu leisten ist – Punkt eins –, und dazu kommen – zweitens – noch die Transportkosten. Sie verkürzen die Betreu­ungszeit, weil man die Kinder ein bisschen herumführen kann, aber das ist auch nicht die Lösung.

Es ist außerdem in diesem Gesetz nicht vorgesehen, wie – ähnlich wie bei den Gast­schulbeiträgen – der Austausch zwischen den Gemeinden ablaufen soll. Das ist leider nicht geregelt.

Was mich sehr verwundert – das ist jetzt eine Frage beziehungsweise spreche ich da­mit alle Gemeindevertreter an –: Der Städtebund hat einen Konsultationsmechanismus ausgelöst, weil es einfach ein Unding ist, dass eine obere Instanz etwas beschließt, was eine untere Instanz zu zahlen hat. Der Bund beschließt, die Gemeinden zahlen. Der Städtebund hat diesen Mechanismus ausgelöst, der Gemeindebund hat sich vom Konsultationsmechanismus zurückgezogen. Wenn ich mich an die starken Worte des Präsidenten Mödlhammer beim Gemeindetag erinnere, dann, muss ich sagen, bin ich schon sehr enttäuscht. Wen vertritt hier der Gemeindebund?

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eltern und Schüler, die auf Grund der von mir geschilderten Umstände auch in Zukunft keine Nachmittagsbetreuung haben können, können nicht jubeln. Die Gemeinden können auch nicht jubeln.


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Ich hoffe aber trotzdem – und daher gehe ich mit Zähneknirschen bei diesem Geset­zesantrag mit –, dass durch diesen Beschluss Bewegung in diese Überlegung kommt und dass in den zukünftigen Überlegungen auch die Gemeindefinanzen eine Rolle spielen. (Beifall bei der SPÖ.)

12.30


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abge­ordnete Dr. Wolfmayr. Wunschredezeit: 2 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


12.30.36

Abgeordnete Dr. Andrea Wolfmayr (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! 2 Minuten sind ganz sicher zu wenig, um einige der hervor­ragenden steirischen Erfolgsmodelle zu den Themen Tagesbetreuung und Berufsreife­prüfung vorzustellen, aber ich versuche es trotzdem. (Zwischenruf des Abg. Faul.)

Erstens: Unsere Studie zu Tagesschulen und so genannten verschränkten Modellen – ich spreche aber lieber von Kooperationen und Partnerschaften zwischen Schulen und diversen flexiblen Nachmittagsangeboten – wurde ja bereits im Ausschuss vom Kolle­gen Niederwieser positiv erwähnt. Danke! Diese Studie ist ja wirklich wegweisend. Es wird einerseits die Bedeutung neuer schulischer Modelle in einer geänderten Berufs­landschaft belegt, andererseits werden viele bereits praktizierte Möglichkeiten einer in­dividuellen Tagesbetreuung in der Schule vorgestellt; lokale und regionale Bedürfnisse und Besonderheiten sind dabei immer zu berücksichtigen. Hier gibt es ja bereits eine sehr gute Zusammenarbeit zwischen Schulen und Gemeinden und funktionierende Kooperationen zwischen Lehrern und Eltern. Ich verstehe die Kritik hinsichtlich der Einbeziehung der Gastronomie vor Ort überhaupt nicht.

Ich nenne als zweiten Punkt die schon seit vielen Jahren arbeitenden Tagesmütter der österreichweiten Organisation Hilfswerk, die hervorragend sind in der Tagesbetreuung und bei Lernhilfe, Frühförderung und Leseerziehung. Von dieser Stelle aus ein großes Lob an diese Organisation! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheit­lichen.)

Ein neuestes steirisches Projekt zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist „family at work“, ein weiteres Modul der von Landeshauptmann Waltraud Klasnic seit Jahren systematisch aufgebauten Aktion „KINDerLEBEN“. Unsere engagierte junge Landes­rätin Kristina Edlinger-Ploder, sie hat ja selbst zwei Kinder, beweist hier, dass ver­schränkte und kreative neue Formen der Bildungspolitik machbar sind – ein Weg in die Zukunft für viele Familien. Dennoch muss es aber immer und unbedingt bei der freien Wahl, der freien Entscheidung für eine Ganztagsbetreuung bleiben. Das ist uns von der ÖVP sehr, sehr wichtig. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich schließe meine Ausführungen mit einem letzten Erfolgsbeispiel, nämlich mit der Berufsförderung. Diesbezüglich hat uns ja der Regierungsbeauftragte Blum im Aus­schuss sehr gelobt. Beim steirischen Qualifizierungs- und Beschäftigungsprogramm gibt es einen Bildungsscheck für die Berufsreifeprüfung. Das bedeutet, dass die Förde­rungshöhe 100 Prozent der Kosten beträgt.

Das sind erfolgreiche Modelle aus der Steiermark. Landeshauptmann Waltraud Klasnic hat uns seit langem den Weg gewiesen, wie man im Bereich Familie, Erziehung, Kin­der und Bildung Politik macht! – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

12.33


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zum Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Dipl.-Ing. Auer. Wunschredezeit: 2 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 



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12.33.27

Abgeordneter Dipl.-Ing. Klaus Hubert Auer (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Bundes­ministerin! Hohes Haus! Unsere ÖVP-Bildungsministerin legt mit dem vorliegenden Schulpaket I eine ganze Reihe von wichtigen Änderungen im österreichischen Schul­wesen vor.

Ich werde ganz kurz auf die Besonderheit und auf die besondere Situation der Klein­schulen eingehen. Übrigens: Es sind gerade die Kleinschulen, die in der PISA-Studie sehr gut abgeschnitten haben. Die Wenigsten werden es wissen: Die beste Region in Europa ist Südtirol. Und Südtirol hat mit Abstand die meisten Kleinschulen. Daher ist für uns, sehr geehrte Damen und Herren von der ÖVP, die Erhaltung dieser Klein­schulen besonders wertvoll. Es gibt aber, glaube ich, andere Fraktionen, die es nicht gut mit dem ländlichen Raum meinen.

Ich möchte daher gleich daran erinnern, dass wir mit dem im Dezember beschlossenen Finanzausgleichsgesetz für die Jahre 2005 bis 2008 jeweils 12 Millionen € zusätzlich für das Lehrpersonal insbesondere in den Kleinschulen vorgesehen haben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.) Für Kärnten sind das etwas über 800 000 €; diese müssen zweckgebunden verwendet werden. Schade, dass gerade heute, am letzten Schultag, rund 15 Kleinschulen in Kärnten wahrscheinlich für immer ihre Türen schließen.

Wir von der ÖVP sind entschieden gegen diese Vorgangsweise, denn ohne Schule haben viele Dörfer, viele Märkte keine gute Zukunft. (Abg. Dr. Puswald: Deswegen sperren Sie es zu!) – Das machen in Kärnten genau Ihre Freunde von der SPÖ, Herr Kollege Puswald, mit den Partnern vom BZÖ.

Ein besonders wichtiger Aspekt ist auch die Tagesbetreuung – das darf ich hier auch noch ganz kurz ausführen –, die eben auch schulübergreifend möglich ist. Es ist auch – das ist vorhin auch schon angeklungen – die Unterschreitung der Richtzahl von 15 Schülern möglich. Daher: keine Angst, meine Damen und Herren von der SPÖ! (Abg. Faul: Wer sagt das? – Abg. Dr. Puswald: Ihr verbreitet die Angst!) Wir können also dafür auch den aliquoten Beitrag auszahlen – jawohl, das ist möglich, lesen Sie das Gesetz ganz genau!

Viele wissen gar nicht, Herr Kollege, wie kreativ die Bevölkerung, die Menschen im ländlichen Raum sein können, wenn es um die Nachmittagsbetreuung der Kinder geht.

Ganz wichtig ist für mich auch der Entschließungsantrag, was die Klassenschüler­höchstzahlen anlangt, und in diesem Zusammenhang verweise ich auf den Kommentar von Fritz Neugebauer.

Lassen Sie mich abschließend sagen: Alles in allem zeigt die ÖVP einmal mehr, dass sie die Verantwortung für die Zukunft dieses Landes wahrnimmt und gerade in den letzten Monaten enorm viel weitergebracht hat.

Gönnen wir unseren Kindern, unseren Lehrerinnen und Lehrern schöne Ferien, allen anderen einen erholsamen Urlaub, nicht zuletzt auch fernab von der Politik – und im Herbst geht es weiter. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

12.36


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zum Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Rädler. Wunschredezeit: 2 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


12.36.31

Abgeordneter Johann Rädler (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundes­ministerin! Ich kann mich nur meinem Vorredner anschließen: Es ist das das größte


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Reformwerk der letzten drei Jahrzehnte in der Schulpolitik, das nunmehr mit diesem Schulpaket I vorliegt.

Ich möchte zum Schluss dieser Diskussion noch auf eine Disparität der heutigen De­batte eingehen – zwischen Bund, Ländern und Gemeinden. Gerade von sozialdemo­kratischen Gemeindevertretern beziehungsweise Rednern wurde hier darauf hingewie­sen, welche Belastungen auf die Gemeinden zukommen.

Das Land Niederösterreich hat gerade in den letzten Wochen mit seinem 10 Punkte umfassenden Bildungsreformpaket bewiesen, dass durch dieses Paket die Schul­standorte in unserem Bundesland gesichert werden. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Jedes Schulkind in Niederösterreich, das in diesem Alter ist, wird in den nächsten Jah­ren in seiner Heimatgemeinde die Volksschule absolvieren können. Das Land Nieder­österreich wird auch eine sehr schlanke Struktur aufbauen: Die 21 Bezirksschulräte werden durch 5 Bildungsregionen ersetzt.

Aber zurück zu den Gemeinden. Es zeigt sich in dieser heutigen Debatte die Doppel­bödigkeit: Auch im burgenländischen Landtag wird zu dieser Stunde darüber debattiert, und die Sozialisten treten dort sehr stark dafür ein (Zwischenruf des Abg. Faul) – die Sozialdemokraten; sehr gerne (Abg. Dr. Puswald: So viel Zeit muss sein!) –, die Kos­ten der Nachmittagsbetreuung wieder einmal auf den Bund abzuschieben.

Nein, es ist auch Aufgabe der Gemeinden, hier tätig zu werden, angesichts der – Gott sei Dank! – sehr hohen Frauenerwerbsquote von 61 Prozent, angesichts von 160 000 AlleinerzieherInnen.

Das, glaube ich, ist die sozialpolitische Aufgabe, das ist jene Antwort, die wir als Ge­meinden auf die gesellschaftspolitischen Veränderungen zu geben haben, nämlich in die Nachmittagsbetreuung zu investieren. Jeder Bürgermeister ist gut beraten, eine Straße nicht zu bauen und das Geld – das wurde, glaube ich, von den Herren Abge­ordneten aus der Steiermark angesprochen – für die Nachmittagsbetreuung zur Verfü­gung zu stellen. Die Gemeinden haben eine große Verantwortung und werden diese auch wahrnehmen. Das ist gelebte Sozialpolitik, die keine Farbe hat. – Herzliche Gra­tulation zu diesem Schulpaket! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheit­lichen.)

12.38


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Der Herr Berichterstatter wünscht kein Schlusswort.

Wir gelangen nun zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Zuerst gelangen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf betreffend Schulrechts­paket 2005 in 1044 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Amon, Dipl.-Ing. Achleitner, Dr. Niederwieser, Brosz, Kolleginnen und Kollegen einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag einge­bracht.

Ferner haben die Abgeordneten Brosz, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungs­antrag eingebracht.

Weiters liegt ein Verlangen des Abgeordneten Brosz auf getrennte Abstimmung vor.


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Ich werde zunächst über die von den erwähnten Zusatz- beziehungsweise Abände­rungsanträgen sowie vom Verlangen auf getrennte Abstimmung betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Brosz, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag betreffend Artikel 1 Ziffer 8 eingebracht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Antrag ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

Zur Abstimmung steht nun Artikel 1 Ziffer 8 in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich ersuche jene Mitglieder des Hohen Hauses, die hiefür eintreten, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Angenommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussbe­richtes und unter Berücksichtigung des Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantra­ges der Abgeordneten Amon, Dipl.-Ing. Achleitner, Dr. Niederwieser, Brosz, Kollegin­nen und Kollegen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Der Ge­setzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 1044 der Beila­gen als Anlage 1 angeschlossene Entschließung betreffend Kosten der Berufsreife­prüfung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist einstimmig angenommen. (E 125.)

Ferner kommen wir zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 1044 der Beila­gen als Anlage 2 angeschlossene Entschließung betreffend Überprüfung von Verhal­tensvereinbarungen und Erziehungsmittel für Lehrer/innen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist mit Mehrheit angenommen. (E 126.)

Nun gelangen wir zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 1044 der Beilagen als Anlage 3 angeschlossene Entschließung betreffend Umsetzung einer qualitativ hochwertigen Tagesbetreuung.

Ich bitte auch da jene Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen. (E 127.)

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Unterrichtsausschusses, seinen Bericht 1046 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Unterrichtsausschusses, seinen Bericht 1047 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.


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Schließlich kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Unterrichtsausschusses, seinen Bericht 1049 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

12.43.215. Punkt

Bericht und Antrag des Unterrichtsausschusses über den Entwurf eines Bun­desgesetzes, mit dem das Universitätsgesetz 2002 geändert wird (1045 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zum 5. Punkt der Tagesord­nung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Broukal. Wunschredezeit: 7 Minu­ten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


12.43.51

Abgeordneter Josef Broukal (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Herr Mag. Netzer! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hinter uns liegen drei span­nende, viele Stunden dauernde Verhandlungen mit den WissenschaftssprecherInnen des BZÖ und der ÖVP. Für diese Gelegenheit möchte ich mich sehr herzlich bedan­ken. Wir haben wirklich in großer Tiefe ausgelotet, wo es Gemeinsamkeiten geben kann und ob diese Gemeinsamkeiten reichen, um auch einen gemeinsamen Beschluss zu fassen. So groß waren die Gemeinsamkeiten dann doch nicht, aber ich möchte ausdrücklich die Qualität des Gesprächs hervorheben und mich dafür bedanken.

Der Europäische Gerichtshof hat in seinem gestern veröffentlichten Urteil festgestellt, und zwar im Absatz 66:

Es „ist festzustellen, dass die Republik Österreich nicht dargetan hat, dass ohne“ die heute von Ihnen zu beschließenden Zugangsbeschränkungen „der Bestand des öster­reichischen Bildungssystems im Allgemeinen und ... im Besonderen gefährdet wären.“

Das heißt, die Vertreter der österreichischen Bundesregierung in diesem Verfahren waren nicht imstande, den Richtern des Europäischen Gerichtshofes klarzumachen, dass es tatsächlich um den Bestand der österreichischen Universitäten, dass es um Unzumutbarkeiten ginge, wenn ausländische Studierende die österreichischen Univer­sitäten unter denselben Voraussetzungen besuchen können wie Inhaber österreichi­scher Maturazeugnisse.

Der Europäische Gerichtshof hat weiters festgestellt, dass sich die Republik Österreich darauf beschränkt habe, auf die Probleme im Fach Medizin hinzuweisen, und er sagt dann wörtlich:

„Es ist darauf hinzuweisen, dass dem Gerichtshof keine Schätzung in Bezug auf an­dere Studienfächer vorgelegt worden ist und dass die Republik Österreich eingeräumt hat, dass sie insoweit über keine anderen Zahlen verfüge.“

Ich glaube, dass es die ausschließliche Konzentration der österreichischen Vertreter vor dem Europäischen Gerichtshof auf Probleme im Bereich Medizin war, die schluss­endlich zu diesem für Österreich negativen Spruch geführt hat. Der Gerichtshof selbst weist darauf hin, dass ihm für andere Fächer keine Zahlen vorgelegt wurden. Wir als Opposition fragen uns natürlich: Absichtlich, oder hatten sie diese Zahlen nicht? Denn: Jetzt wollen Sie ja von uns beziehungsweise wollen Sie hier im Nationalrat Studienzu-


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gangsbeschränkungen weit über das Fach Medizin hinaus beschließen. Sie wollen Studienzugangsbeschränkungen für die Tiermedizin, für die Biologie, für die Pharma­kologie, für die Kommunikationswissenschaft, für die Erziehungswissenschaft und für die Betriebswirtschaftslehre. (Zwischenruf der Abg. Dr. Brinek.) Habe ich eines zuviel aufgezählt? (Abg. Dr. Brinek: Ja, zu viel! Erziehungswissenschaften!) – Erziehungs­wissenschaften ist wieder weg. Ich korrigiere mich: Kommunikationswissenschaften und Publizistik.

Sei dem, wie dem sei. Es ist nicht eine Studienrichtung, nämlich Humanmedizin, son­dern es sind sieben bis acht Studienrichtungen, für die Sie heute Zugangsbeschrän­kungen einführen wollen, weil sie fürchten, dass da auch ein starker Zuzug deutscher Studierender zu unbewältigbaren Größenordnungen führen kann. Wenn Sie das heute wissen, wieso haben Sie das nicht im Jahr 2003, als die Verhältnisse an den Universi­täten dieselben waren oder, besser gesagt, noch ein bisschen besser als heute waren, vor dem EuGH eingewandt?

Ich gehöre nicht zu jenen, die berufsmäßig Paranoia haben, aber ich denke mir, eini­ge – damit meine ich nicht Sie hier im Hohen Haus – mit den Universitäten hauptberuf­lich Befasste sehen es recht gerne, dass etwas, was sie im demokratischen Dialog in Österreich nie zustande gebracht haben – auch weil Sie das nie wollten und sich immer dagegen verwahrt haben (Abg. Mag. Regler: So ist es!), nämlich eine Zugangs­beschränkung an den Universitäten –, jetzt sozusagen nach dem Motto: Horch, was kommt von draußen rein?, so wie vom Mond und unbeeinflussbar auf uns zukommt. Das lehne ich ab – und ich glaube, das lehnen nicht nur wir ab, sondern auch Sie. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Wie sollen wir weiter vorgehen? – Sie und die Rektoren wollten von uns, dass wir mit­stimmen, dass wir sozusagen sagen: Das ist doch eine nationale Kraftanstrengung! Das berühmte Wort „Schulterschluss“, das – nebenbei gesagt – ein preußischer Mili­tärausdruck ist, möchte ich hier gar nicht verwenden. Aber wir können das nicht tun, und ich bitte Sie um Verständnis dafür.

Wir sagen Ihnen seit Jahren – wir haben das auch in Anträgen, die Sie hier regelmäßig niederstimmen, festgelegt –, dass die Universitäten mehr Geld brauchen, dass es eine Ausweitung der Studienplätze geben muss, dass die Unis besser finanziert werden müssen, besser aufgestellt werden müssen. Hätten Sie dem seit Jahren zugestimmt, gäbe es da eine Entwicklung, dann hätten wir heute die befürchtete Katastrophe nicht, von der Sie sprechen. Da Sie uns aber jahrelang im Stich gelassen haben bei unserer Forderung, den Universitäten zu geben, was sie brauchen (Zwischenruf der Abg. Dr. Wolfmayr) – auch die Universitäten im Stich gelassen haben!; die Resolutionen der Rektorenkonferenz brauche ich Ihnen hier ja nicht aufzuzählen, die kennen Sie selbst –, sehen wir uns heute nicht in der Lage, Ihnen sozusagen ein Feigenblatt der Unvermeidbarkeit umzuhängen, indem wir mitstimmen, sodass Sie dann sagen kön­nen: Es blieb uns ja nichts anderes übrig, seht, sogar die SPÖ hat zugestimmt! – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

12.49


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zum Wort gemeldet ist Frau Abge­ordnete Dr. Brinek. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


12.49.44

Abgeordnete Dr. Gertrude Brinek (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Ich bedauere – kurz gefasst –, dass es nicht zur Vier-Parteien-Einigung gekommen ist, denn es gab ernsthafte, solide, engagierte Bemühungen, zu einem Konsens zu kommen, stelle aber gleich ein paar Dinge richtig.


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Erstens: Wir haben es uns als Mitglied der Europäischen Union mehr als zehn Jahre lang recht gemütlich in einer österreichischen Nische eingerichtet. (Abg. Sburny: War­um haben Sie nichts gemacht? – Abg. Broukal: Das ist der Punkt!) Wir haben dabei auch mit dem UniStG 1997 unter Bundesminister Einem diese Nische und dieses Ös­terreicher-Bevorzugungspaket noch einmal festgeschrieben, und zwar in dem Wissen, dass es eines Tages ein Ablaufdatum hat. Dieses Ablaufdatum ist eingetreten. Wir haben uns vorbereitet ... (Von der Galerie über den Abgeordnetensitzen der ÖVP wird ein Transparent mit der Aufschrift „Lebenstraum geplatzt“ entrollt. Gleichzeitig werden von dort aus Seifenblasen in den Saal geblasen.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete, einen Moment. – Ich lasse die Galerie räumen. Nehmen Sie das Transparent weg! (Beifall bei der ÖVP. – Die Ga­lerie wird geräumt. – Abg. Neudeck: Das sind die Luftblasen der SPÖ!)

Frau Abgeordnete, ich denke, Sie können fortsetzen. – Bitte.

 


Abgeordnete Dr. Gertrude Brinek (fortsetzend): Danke, Frau Präsidentin. – Ich würde mir wünschen, dass die Studierenden Österreichs auch europäisch denken ler­nen, europäische Urteile auch zur Kenntnis nehmen und sich nicht auf diese Weise – na ja, ich lasse das Wort weg – verhalten. (Abg. Dr. Puswald: ... uneuropäisch? – Abg. Mag. Molterer – auf die Seifenblasen hinweisend –: Sind die im SPÖ-Klub zubereitet worden? – Weitere Zwischenrufe.)

Gut, es ist das Ende der Nische gekommen, es ist das Ende der Österreicher-Bevorzu­gung gekommen. Wir leben in einem europäischen Hochschulraum. Wir wollen, dass sich österreichische Maturantinnen und Maturanten im europäischen Hochschulraum bewegen. Wir sind daher mit dem EuGH-Urteil von gestern vor neue Situationen ge­stellt.

Ich möchte auch zurückweisen, dass die Regierung oder das Parlament – die Parteien der Regierung hier im Parlament – nicht rasch genug reagiert hätten. Wir sind auf Podiumsdiskussionen aufgetreten, wir haben unsere Standpunkte über Medien aus­getauscht; wir haben Gespräche mit dem Rektor, mit dem Rektorenchef gehabt, in denen er uns im Namen der österreichischen Universitäten, Rektoren und Universi­tätslehrer eindringlich gebeten hat, die Unis mit einer neuen, nicht gut einschätzbaren Situation nicht im Stich zu lassen.

Wir meinen, dass wir richtig gehandelt haben, und bringen heute einen Abänderungs­antrag ein, der die Universitäten ermächtigt, ganz gezielte Maßnahmen zu setzen, und halten in einer Entschließung, die meine Kollegin Bleckmann dann noch vorbringen wird, auch fest, dass sich die Bundesregierung und das Parlament hier auf eine Eva­luierung, auf eine Dokumentation und auf die Verpflichtung, im Falle ganz bestimmter, unerwarteter Veränderungen Maßnahmen zu setzen, verstehen.

Mit dem Abänderungsantrag soll der offene Hochschulzugang erhalten bleiben – das ist auch das Missverständnis, das gerne zu politischen Zwecken kolportiert wird –, die Universitätsberechtigungsverordnung wird künftig auch für ausländische Studierende gelten, weil das sonst eine Österreicher-Benachteiligung gewesen wäre. Befristet wird das Ganze auf zwei Jahre. Damit soll evaluiert, beobachtet und kontrolliert werden. Es sollen die bundesdeutschen NC-Studienfächer davon betroffen sein, ohne selber im Land einen Numerus clausus auf Basis der Maturanoten einführen zu dürfen; das ist auch ganz, ganz wichtig! Vor der Entscheidung gibt es eine Einbeziehung des Senates und des Universitätsrates. Und was ebenfalls wichtig ist: Die Zahl der Studierenden, die bisher studiert haben, darf nicht unterschritten werden.

Damit meint es die österreichische Bundesregierung, das Parlament und die ÖVP ernst mit dem Ausbau der Akademikerquote. Wir haben das in der Diskussion auch schon so


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weit formuliert. Ähnlich wie das Lissabon-Ziel, ähnlich wie das Forschungsziel formu­liert wurde, sollte auch die Akademikerquote formuliert werden, natürlich auf der Basis der mindestens gleichen, wenn nicht besseren Chancen der Österreicherinnen und Österreicher. Ich habe mir erlaubt, in der Schuldebatte auch auf die sukzessive Reform der Maturabefähigung hinzuweisen. Es wird mit den Evaluierungsschritten überlegt werden, welche weiteren Maßnahmen, auch unter Aufbringung weiterer finanzieller Mittel, gesetzt werden müssen, um die Qualität an österreichischen Universitäten zu sichern.

Ich bedauere noch einmal, dass es nicht gelungen ist, einen Vier-Parteien-Antrag zu verabschieden. Ich meine, dass wir ein Signal in Richtung Universitäten gesetzt haben, nicht nur in Richtung der Studierenden, sondern auch in Richtung der Universitätsleh­rerinnen und Universitätslehrer, die die Abwicklung und Vollziehung eines funktionie­renden Studienbetriebs damit gewährleistet haben sollen. Wenn sich die Opposition davon verabschiedet, verabschiedet sie sich auch von der Unterstützung der Universi­täten und der an der Universität lehrenden Personen. (Widerspruch bei der SPÖ und den Grünen.) Das ist eine Tatsache, die wir zur Kenntnis nehmen. Trotzdem ist der Dialog nicht abgebrochen, er geht weiter. Die laufende Evaluierung wird allenfalls Maßnahmen noch vor Ende der Zweijahresfrist ermöglichen.

Frau Präsidentin! Ich bitte, den Abänderungsantrag in der vollen Länge kopieren und austeilen zu lassen. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

12.55


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich gebe bekannt, dass der soeben von Frau Abgeordneter Dr. Brinek eingebrachte Abänderungsantrag der Abgeordneten Dr. Bri­nek, Dr. Bleckmann, Kolleginnen und Kollegen zum Antrag des Unterrichtsausschus­ses 1045 d.B. in seinen Eckpunkten erläutert wurde, ausreichend unterstützt ist und damit mit in Verhandlung steht. Ich habe auch bereits veranlasst, dass er gemäß § 53 Abs. 4 der Geschäftsordnung zur Verteilung gelangt.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Gertrude Brinek, Mag. Dr. Magda Bleckmann, Kolleginnen und Kollegen zum Bericht und Antrag des Unterrichtsausschusses über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Universitätsgesetz 2002 geändert wird (1045 d.B.)

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

1. Die Novellierungsanordnung betreffend § 63 Abs. 1 Z 5 und § 76 Abs. 2 erhält die Ziffern-Bezeichnung Z 1.

2. Nach Z 1 werden folgende Z 2 und 3 angefügt:

„2. Nach § 124 werden folgende §§ 124a und 124b samt Überschriften eingefügt:

„Anwendung der UBVO 1998

§ 124a. Die Universitätsberechtigungsverordnung – UBVO 1998, BGBl. II Nr. 44, ist sinngemäß auch für Reifezeugnisse anzuwenden, die nicht in Österreich ausgestellt wurden.


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Ergänzende Bestimmungen für die Zulassung zu den vom deutschen Numerus Clausus betroffenen Studien

§ 124b. (1) Im Zeitraum Wintersemester 2005/2006 bis einschließlich Wintersemes­ter 2007/2008 kann das Rektorat in den Bakkalaureats-, Magister-, Diplom- und Dok­toratsstudien, die von den deutschen bundesweiten Numerus-Clausus-Studien Bio­logie, Medizin, Pharmazie, Psychologie, Tiermedizin, Zahnmedizin und dem bisherigen deutschen NC-Studium Betriebswirtschaft sowie Kommunikationswissenschaften und Publizistik betroffen sind, den Zugang entweder durch ein Aufnahmeverfahren vor der Zulassung oder durch die Auswahl der Studierenden bis längstens zwei Semester nach der Zulassung beschränken. Vor dieser Festlegung ist dem Senat Gelegenheit zu einer Stellungnahme zu geben, die innerhalb einer Frist von zwei Wochen erstattet werden muss. Die Festlegung samt allfälliger Stellungnahme des Senats hat das Rek­torat dem Universitätsrat zur Genehmigung vorzulegen. Entscheidet der Universitätsrat nicht innerhalb von zwei Wochen ab Vorlage, gilt die Festlegung als genehmigt.

(2) Bei der Festsetzung der Zahl der Studierenden ist sicher zu stellen, dass in den jeweiligen Studien mindestens gleich vielen Studierenden wie bisher das Studium möglich ist.

(3) Sofern in den Auswahlverfahren Prüfungen vorgesehen sind, gelten für die Wieder­holungen die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes. Die Wiederholung positiv beur­teilter Prüfungen ist zulässig. Prüfungstermine sind grundsätzlich einmal im Semester anzubieten. § 54 Abs. 8 ist nicht anzuwenden.

(4) § 124b gilt für alle Studierenden unabhängig von der Staatsangehörigkeit, die ab dem 7. Juli 2005 zum Studium zugelassen werden. Studierende, die vor dem 7. Juli 2005 zu dem betreffenden Studium zugelassen wurden, bleiben von § 124b unberührt, sofern ein Aufnahmeverfahren vor der Zulassung zum Studium vorgesehen ist.

(5) Die Bundesministerin oder der Bundesminister hat die Auswirkungen des § 124b in Zusammenarbeit mit den Universitäten zu evaluieren und dem Nationalrat spätestens im Jänner 2007 über das Ergebnis der Evaluierung einen Bericht vorzulegen. Die Aus­wirkungen des § 124b im Falle der Aufnahmeverfahren vor der Zulassung sind über­dies gesondert zu dokumentieren.“

3. Nach § 143 Abs. 10 wird folgender Abs. 11 angefügt:

„(11) § 124b in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XXXX/2005 tritt mit Ab­lauf des 31. Dezember 2007 außer Kraft.““

Begründung

Mit der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes vom 7. Juli 2005, wonach die österreichische Bestimmung der so genannten „besonderen Universitätsreife“ (§ 36 Abs. 1 UniStG – gleich lautend: § 65 Abs. 1 Universitätsgesetz 2002) dem EU-Recht widerspricht, entsteht für die österreichischen Universitäten eine schwierige Situation. So warten in den vom deutschen Numerus Clausus betroffenen Studien viele Perso­nen auf einen Studienplatz in Deutschland. Österreich erachtet den offenen Hoch­schulzugang für eine wichtige Grundlage des österreichischen Bildungssystems. Daher soll der offene Hochschulzugang erhalten bleiben. Allerdings ist es in den betreffenden Studien notwendig, kurzfristig eine Regelung zu treffen, damit nicht durch eine große Zahl zusätzlicher Studierender unvertretbare Studienbedingungen entstehen.

Zu § 124a:

Die Universitätsberechtigungsverordnung – UBVO 1998 sieht für bestimmte Studien die Ablegung von Zusatzprüfungen zur österreichischen Reifeprüfung oder Berufsrei-


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feprüfung vor oder während des Studiums vor. Bisher konnte auf den Nachweis dieser Prüfungen beim Vorliegen ausländischer Reifezeugnisse verzichtet werden, da in die­sem Fall ohnehin der Nachweis des unmittelbaren Zugangs zum Studium im Her­kunftsland der Reifeprüfung gefordert war. Da dieser Nachweis nunmehr von EU-An­gehörigen nicht mehr zu erbringen ist, wird mit der sinngemäßen Anwendung der UBVO 1998 für alle ausländischen Reifezeugnisse, mit denen die Zulassung zum Stu­dium erwirkt werden soll, sichergestellt, dass auch beim Vorliegen ausländischer Rei­fezeugnisse jenes Bildungsniveau vorhanden ist, das bei einem österreichischen Rei­fezeugnis für die Zulassung zum Studium oder dessen Fortsetzung vorausgesetzt wird.

Diese Bestimmung soll unbefristet in Kraft gesetzt werden.

Zu § 124b:

Um unvertretbare Studienbedingungen zu vermeiden, soll gemäß Abs. 1 den Univer­sitäten in den österreichischen Studien, die im Fachbereich der deutschen bundes­weiten NC-Studien liegen, die Möglichkeit eingeräumt werden, eine Zahl von Studie­renden festzulegen. In Deutschland sind dies derzeit Biologie, Medizin, Pharmazie, Psychologie, Tiermedizin und Zahnmedizin. Zusätzlich soll auch das Studium Be­triebswirtschaft berücksichtigt werden, für das ab dem Studienjahr 2005/06 zwar kein bundesweiter deutscher NC mehr gilt, bei dem aber noch eine beträchtliche Anzahl von Interessentinnen und Interessenten existiert, die in Deutschland keinen Studienplatz erhalten haben. Überdies mussten die deutschen Studien Publizistik und Kommunika­tionswissenschaften berücksichtigt werden, da in diesen Studien in Deutschland zwar kein bundesweiter NC besteht, diese aber in allen Bundesländern von Zugangsbe­schränkungen erfasst sind. Dies gilt auch für die betreffenden Doktoratsstudien.

Die Rektorate entscheiden, ob ein Auswahlverfahren vor der Zulassung zum Studium oder eine Auswahl der Studierenden bis längstens zwei Semester nach der Zulassung erfolgt. Festzulegen sind dabei nicht nur die betroffenen inländischen Studien und die Zahl der Studierenden, sondern auch die Kriterien und das Auswahlverfahren. Dabei soll nicht ausschließlich auf die Noten im Reifezeugnis abgestellt werden und sollen die Noten nicht als alleiniges Beurteilungskriterium herangezogen werden.

Vor der Entscheidung über die Anwendung dieser Bestimmungen auf ein Studium hat der Senat ein Anhörungsrecht, das auf Grund der Dringlichkeit der Maßnahmen in kur­zer Frist ausgeübt werden muss. Weil es sich um eine auch wirtschaftlich wichtige Ent­scheidung des Rektorats handelt, soll auch der Universitätsrat als Aufsichtsorgan – wie bei den anderen zentralen strategischen Entscheidungen des Rektorats – eingebunden sein. Wegen der Zeitknappheit wird wiederum eine kurze Entscheidungsfrist vorge­schlagen. Verweigert der Universitätsrat seine Zustimmung, muss das Rektorat einen neuerlichen Vorschlag erarbeiten. Lässt der Universitätsrat die Frist verstreichen, gilt die Festlegung des Rektorats als genehmigt und kann in Kraft treten.

Gemäß Abs. 2 ist die Zahl so zu festzulegen, dass die Zahl der Studierenden, die bis­her studierten, nicht unterschritten wird. Bei einem Aufnahmeverfahren vor der Zulas­sung wird dies die Zahl der bisherigen Studienanfängerinnen und Studienanfänger sein, die die Untergrenze bildet. Bei einer Auswahl der Studierenden nach der Zulas­sung wird dies die Zahl von Studierenden sein, die bisher in die Lehrveranstaltungen mit einer beschränkten Zahl von Teilnehmerinnen und Teilnehmern aufgenommen wurden.

Mit Abs. 3 soll sichergestellt werden, dass die Bestimmungen über die Wiederholung von Prüfungen für alle anwendbar sind, die sich dem Zulassungsverfahren unterziehen müssen. Grundsätzlich soll zumindest ein Prüfungstermin pro Semester angeboten werden. Davon ausgenommen sind jene Verfahren, in denen mehr als ein Termin pro Studienjahr nicht sinnvoll ist. Das wird bei den Aufnahmeverfahren vor der Zulassung


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der Regelfall sein. Aber auch bei Auswahlverfahren nach der Zulassung kann es aus curricularen Gründen nicht sinnvoll sein, mehr als einen Prüfungstermin pro Studien­jahr anzubieten. Bei dieser Regelung handelt es sich um eine Mindestzahl, das Ange­bot von mehreren Prüfungsterminen ist möglich.

Der Ausschluss der Anwendung des § 54 Abs. 8 ist notwendig, da dieser derzeit den bereits zugelassenen Studierenden ermöglicht, dass ihnen aus dem beschränkten Zu­gang zu Lehrveranstaltungen keine Studienzeitverlängerung erwächst. Mit dem Aus­schluss der Anwendung des § 54 Abs. 8 wird daher eine sachliche Behandlung der Bewerbung um beschränkte Plätze ermöglicht, ohne ausschließlich auf den Zeitpunkt der Zulassung abstellen zu müssen. Die betroffenen Studierenden haben jedoch wei­terhin die Möglichkeit, sich für andere Studienrichtungen oder an anderen Universitäten einzuschreiben.

Abs. 4 gibt den Studierenden Rechtssicherheit, die vor dem 7. Juli 2005, dem Tag der Verkündung des Urteils des EuGH, zum Studium zugelassen wurden. Bei den Studien, für die ein Aufnahmeverfahren vor der Zulassung festgelegt wird, ist es nicht zumutbar, sich nach bereits erfolgter Zulassung einem Aufnahmeverfahren mit ungewissem Aus­gang zu unterziehen. Anders verhält es sich bei den Studien, in denen ein Auswahl­verfahren nach der Zulassung erfolgt. In diesem zweiten Fall werden alle Studieren­den, also auch die vor dem 7. Juli 2005 zugelassenen, in das Auswahlverfahren einzu­beziehen sein. Diese unterschiedliche Regelung ist gerechtfertigt, da ja im zweiten Fall die Auswahl erst zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen wird.

Abs. 5 schließlich enthält eine Evaluierungsanordnung. § 124b soll für die Studien­jahre 2005/06 und bis 2006/07 sowie für das Wintersemester 2007/08 gelten. Die Be­fristung dient dazu, die Notwendigkeit dieser Regelung zu überprüfen und die Kriterien und Auswahlverfahren zu evaluieren. Diese Evaluierung soll im Herbst 2006 erfolgen und spätestens im Jänner 2007 dem Nationalrat vorgelegt werden. Die Auswirkungen auf die österreichischen Studierenden und die Universitätslandschaft in Österreich sind zu beobachten. Die Anwendung auch auf das Wintersemester 2007/08 ist erforderlich, um ausreichend Zeit für die Umsetzung der Evaluierungsergebnisse zu haben.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Dr. Grünewald. Wunschredezeit: 7 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


12.55.43

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Ich glaube, wir haben es uns sicher nicht leicht gemacht. Und, Frau Kollegin Brinek, Ihren Wunsch nach der Verabschiedung der Grünen von der Universitätspolitik kann ich Ihnen wirklich nicht erfüllen.

Worum geht es denn heute? – Es geht eigentlich um ... (Abg. Mag. Molterer: Das machen Sie sich aber leicht!) Nein, ich mache es mir nicht leicht! – Es geht um nicht mehr und nicht weniger als den freien und offenen Hochschulzugang. Den führen jetzt zwar sehr viele Leute im Mund, aber ich frage mich: Wie schauen die Realitäten wirk­lich aus?

Sie wissen sehr genau, Herr Klubobmann Molterer, dass der freie und offene Hoch­schulzugang schon jetzt durch knappe Ressourcen, nicht nur an Budgets, sondern auch an Räumen und Personal, vielfach und de facto in Frage gestellt wurde oder unterlaufen wird. Das Urteil ... (Abg. Dr. Brinek: Das stimmt doch nicht!) Das stimmt schon! (Abg. Dr. Brinek: Generell nicht!) – Das Urteil des EU-Gerichtshofes hat die Situation eigentlich lediglich verschärft und auf diese Mängel hingewiesen.


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Wenn jetzt Universitätsrektoren von der Regierung gewisse Notwehraktionen wün­schen und verlangen, bringe ich dafür schon ein gewisses Verständnis auf, weil es eben Notwehraktionen sind. Diese hätten aber keine sein müssen, hätte man rechtzei­tig Gespräche geführt und hätte man sich rechtzeitig Alternativen überlegt. Ich glaube, wenn jetzt das Resultat von Studienplatzbeschränkungen in Kauf genommen wird, kann ich ohne weiteres behaupten: Wir brauchen nicht weniger Studierende, sondern Österreich braucht mehr Studierende! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Was sind die harten Fakten? – Nur 31 Prozent der MaturantInnen kommen oder kön­nen auf die Universität gehen; EU-weit sind es 50 Prozent aller AbiturientInnen oder MaturantInnen. Die Betreuungsverhältnisse an den Universitäten haben sich in den letzten 40 Jahren ganz klar verschlechtert. Die Zahl der Studierenden hat sich vervier­facht, die des betreuenden Lehrpersonals nicht ganz verdoppelt – da tut sich eine Schere auf. Die öffentlichen Ausgaben pro Kopf von Studierenden sind, gemessen am BIP, um sage und schreibe 60 Prozent gesunken. Das sind die harten Fakten, die den offenen Hochschulzugang mit vielen Fragezeichen versehen! (Beifall bei den Grünen.)

Die Regierung, sage ich jetzt, kann aber nun nicht damit anfangen – wie manche es gerne tun –, mit einem Überraschungseffekt zu argumentieren. Es gibt keine Über­raschung! Das Problem der Ungleichbehandlung wurde vor zwölf Jahren gesetzt, seit sechs Jahren läuft ein Verfahren und eine Klage (Abg. Dr. Brinek: Ja, eh!), und vor fünf Monaten hat der Generalanwalt die EU-Position klargelegt. Das sind doch keine Überraschungen! Und wann haben unsere Verhandlungen begonnen? – Am Dienstag dieser Woche, drei Tage vor Verkündigung des EuGH-Urteils!

Wenn ich mir dann heute noch anhören musste: Wir haben doch vor drei Wochen in der Straßenbahn die Verhandlungen begonnen, als wir von Badelt zurück ins Parla­ment gefahren sind!, dann sage ich: Interessant, dass auch schon Straßenbahnge­spräche den Verhandlungsbeginn charakterisieren! Daran glaube ich nicht. Ich sage Ihnen – und ich glaube, jeder mit Vernunft gesegnete Mensch wird mir hier nicht wider­sprechen –, dass ein so komplexes Thema nicht in vier Tagen durch das Parlament gepeitscht werden kann; außer ich wünsche, dass „Ho ruck“ und „Husch und Pfusch“ zur Regel unseres Plenums werden. Ich glaube, wir alle wollen das nicht.

Wenn Österreich ein konkurrenzfähiges Bildungsland bleiben will, dann müssen wir mehr und bessere Studienplätze auch finanzieren. Ich glaube, dass das keine Frage des Könnens, sondern primär eine Frage des Wollens ist. Und, bitte, wollen Sie! – denn Sie versprechen es ja auch den Leuten. (Beifall bei den Grünen und bei Abge­ordneten der SPÖ.)

Oder aber die andere Alternative wäre, den offenen Hochschulzugang nicht mehr wie eine Plakette vor sich herzutragen, sondern zu sagen: Nein, wir wollen das nicht, das ist uns das Geld nicht wert, und das Budget wollen wir mit diesen Dingen nicht belas­ten! – Aber da fehlt Ihnen der Mut, dieses Wort auszusprechen, und das finde ich dann auch nicht in Ordnung. (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn übernimmt den Vorsitz.)

Der ehemalige Rektorenchef Winckler hat in seiner Amtszeit gesagt: Wir bräuchten 300 000 Studienplätze, um konkurrenzfähig mit Europa zu sein. Das sind 90 000 mehr als jetzt. Daher verstehe ich dieses Gefeilsche um die Finanzierung additiver Studien­plätze nicht zu hundert Prozent, sage ich jetzt einmal. (Beifall bei den Grünen.)

Wir wollen diese Finanzierung, um einfach mehr qualitativ gute Studienplätze garantie­ren zu können, und stellen daher folgenden Entschließungsantrag der Abgeordneten Grünewald und Broukal, Freundinnen und Freunden oder Genossinnen und Genossen (Abg. Dr. Brinek: Von dem haben Sie in den Verhandlungen nie was gesagt!):


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Der Nationalrat wolle beschließen:

1) Die Bundesregierung wird aufgefordert, dafür Sorge zu tragen, dass kurzfristig für österreichische Studierende weiterhin mindestens so viele Studienplätze zur Verfügung stehen wie bisher. Dafür sind die entsprechenden finanziellen Mittel bereitzustellen. Darüber hinaus muss es Ziel sein, die Zahl der Studienplätze weiter auszubauen.

2) Die Bundesregierung wird aufgefordert, mit der Bundesrepublik Deutschland bilate­rale Verhandlungen aufzunehmen, um eine Kostenbeteiligung für die Ausbildung deut­scher Studierender in Österreich zu erreichen.

3) Die Bundesregierung wird aufgefordert, auf europäischer Ebene entsprechende Ge­spräche zu führen, um langfristig eine gemeinsame Regelung zur Frage der grenzüber­schreitenden Studierendenströme, insbesondere in ihrer Finanzierung, zu erreichen.

Ich sage Ihnen, in Deutschland fehlen momentan 20 000 Ärztinnen und Ärzte! Die annoncieren in Österreich, wie Irland annonciert, Großbritannien und die skandinavi­schen Staaten, und darüber muss man in der EU schon reden können. Sie sollten da­mit beginnen!

Wir möchten aber auch sozial verträgliche Lösungen erreichen. Ich tue hier nicht sozial „herumduseln“, aber ist Ihnen vielleicht Folgendes bekannt: Wenn Studierende ihre Studiengebühren zahlen müssen und dann bei einem selektiven Ausleseverfahren, aus unterschiedlichsten Gründen, im wahrsten Sinn des Wortes selektiert oder zurückge­stellt werden, dann verlieren sie Studienbeihilfen, verlieren die Familienbeihilfe und gehen ein Jahr, bis zu einem neuen Antreten und einer neuen Möglichkeit, mehr oder weniger spazieren! Kann das in der Verantwortung einer guten Bildungspolitik sein? – Ich sage auf jeden Fall: Nein! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Das heißt – und glauben Sie mir, ich sage das nicht als ein Lippenbekenntnis –: Wir wollen mitarbeiten. Wir wollen mit Ihnen in Debatten treten. Wir wollen konstruktiv an einer nachhaltigen und dauerhaften Lösung mit den Rektoren, mit anderen Parteien, mit der Regierung arbeiten – das meine ich ernst, und das ist kein Scherz –, aber nicht vier Tage sozusagen vor dem Countdown und fünf vor zwölf beginnend! Da kann nichts herauskommen.

Ich glaube, wir sollten den Wissenschaftsstandort und Bildungsstandort Österreich hochhalten und ihn attraktiver machen. Das geht nicht mit „Ho ruck“, sondern es bedarf der Anstrengung aller. Wenn ich diesen Willen erkennen würde, dann sage ich Ihnen jetzt schon: Wir werden hier mit Ihnen darüber nachdenken und konstruktiv an besse­ren Lösungen arbeiten. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

13.03


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der soeben verlesene Entschließungsantrag der Abgeordneten Grünewald, Broukal, Freundinnen und Freunde ist ausreichend un­terstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Grünewald, Kolleginnen und Kollegen zum Bericht und Antrag des Unterrichtsausschusses über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Univer­sitätsgesetz 2002 geändert wird (1045 d.B.), betreffend Sicherstellung von Studienplät­zen für österreichische Studierende

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat die Republik Österreich gestern dazu verur­teilt, die Zugangsbeschränkungen für Studierende aus anderen EU-Ländern aufzuhe-


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ben. Die Zugangsbeschränkungen für ausländische Studierende zu österreichischen Universitäten stellen für den EUGH eine Diskriminierung Studienwilliger aus anderen EU-Ländern dar und verstoßen damit gegen EU-Recht.

Das für gestern angekündigte Urteil kommt alles andere als überraschend. Denn seit Jahren ist bekannt, dass die österreichische Zugangsregelung zu Universitäten, die für EU-BürgerInnen nicht nur die Matura, sondern auch einen Studienplatz in ihrem Hei­matland als Zugangsvoraussetzung an österreichischen Universitäten verlangt, von zahlreichen ExpertInnen aufgrund ihres diskriminierenden Tatbestandes kritisiert wurde. Die Bundesregierung hat wider besseres Wissen bis zur Urteilsverkündung nicht gehandelt, sondern bloß Vogel-Strauss-Politik betrieben. Seit der ersten Mah­nung Österreichs durch den Europäischen Gerichtshof am 9. November 1999, spätes­tens aber seit dem Schlussantrag Generalanwalt Jakobs am 20. Jänner 2005 hätte die Bundesregierung handeln müssen. All das hat sie verabsäumt und reagiert nun im Schnellschuss, wobei sie das Problem auf die Universitäten und Rektoren abschiebt.

Die vorgesehenen Zugangsbeschränkungen sind nun eine kurzfristige Notwehrreak­tion. Mittelfristig müssen mehr und qualitativ hochwertigere Studienplätze geschaffen werden. Und es muss eine Europäische Lösung für die Erhöhung der Hochschulüber­trittsquote angestrebt werden. Notwendig sind jedenfalls nachhaltige und langfristige Verbesserungen für Studierende.

Faktum ist, dass nicht nur die AkademikerInnenquote, sondern auch die Hochschul­übertrittsquote, also die Zahl der Übertritte von MaturantInnen an die Unis, in Ös­terreich weit unter dem europäischen Schnitt liegen. Dies mit Zugangsbeschränkungen zu beantworten ist jedenfalls kontraproduktiv und ein Rückschritt. Verglichen mit dem Jahr 2000 liegen die Studierendenzahlen in Österreich um 20 000 unter dem damali­gen Wert. Das kann nicht politisches Ziel sein! Österreich braucht mehr und nicht we­niger Studierende um den Anschluss an die Europäische Spitze zu finden.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

1) Die Bundesregierung wird aufgefordert, dafür Sorge zu tragen, dass kurzfristig für österreichische Studierende weiterhin mindestens so viele Studienplätze zur Verfügung stehen, wie bisher. Dafür sind die entsprechenden finanziellen Mittel bereit zu stellen. Darüber hinaus muss es Ziel sein, die Zahl der Studienplätze weiter auszubauen.

2) Die Bundesregierung wird aufgefordert, mit der Bundesrepublik Deutschland bilate­rale Verhandlungen aufzunehmen, um eine Kostenbeteiligung für die Ausbildung deut­scher Studierender in Österreich zu erreichen.

3) Die Bundesregierung wird aufgefordert, auf europäischer Ebene entsprechende Ge­spräche zu führen, um langfristig eine gemeinsame Regelung zur Frage der grenzüber­schreitenden Studierendenströme, insbesondere ihrer Finanzierung zu erreichen.

*****

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Bleckmann. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


13.03.49

Abgeordnete Mag. Dr. Magda Bleckmann (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsi­dent! Frau Minister! Hohes Haus! Kollege Grünewald, niemand hat von Überraschun-


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gen gesprochen, denn uns allen, wie ich glaube, war klar, dass es hier mehrere Mög­lichkeiten wird geben müssen, und genau daran ist gearbeitet worden. Doch niemand hat Sie davon abgehalten, hier Ihre Haltung einzubringen und zu verkünden und sich rechtzeitig darüber Gedanken zu machen.

Kollege Broukal: So groß war die Gemeinsamkeit nicht, haben Sie gesagt. Sie wissen selbst, wie weit wir mit der SPÖ in den Koalitionsverhandlungen gekommen sind und wie weitgehend die Übereinstimmungen waren: Die waren mit Ihnen sehr, sehr groß. (Abg. Broukal: Sie haben mit der SPÖ Koalitionsverhandlungen geführt? Wann denn?) Gescheitert ist es dann im Endeffekt an den Grünen. Das wissen wir, das wis­sen Sie.

Sie seitens der grünen Fraktion sagen, Ihnen seien die Wünsche der Studenten, der Studierenden so wichtig, dass Sie diese Wünsche denen der gesamten Universität vorzögen. (Abg. Dr. Grünewald: Die wünscht sich auch mehr Studienplätze!) So ist es, das muss man eben auch zur Kenntnis nehmen. Und wenn es nach Ihnen ginge, dann würde es nach dem Grundsatz gehen – ÖH-Vorsitzende der Uni Wien Doris Gusen­bauer, nomen est omen, gehört aber, glaube ich, verwandtschaftlich nicht dazu –: Ausländische Studenten willkommen, koste es, was es wolle! Nach diesem System gehen Sie ja vor. Sie sagen: Alle ausländischen Studenten sind willkommen! Das würde heißen ... (Abg. Dr. Grünewald: Das sagt die EU!)

Das sagt die EU? – Ihre Vertreter dort sagen das. Nicht die EU, sondern Ihre Vertreter in der ÖH, an der Uni fordern das und sagen das. Das würde dann auch bedeuten, dass wir für Herbst mindestens drei, vier Medizin-Unis bauen müssten, wenn es nach dem geht, was Sie wollen. (Abg. Öllinger: Aber geh!) Und das, bitte, ist leider nicht machbar und nicht möglich. (Zwischenruf des Abg. Brosz.) Darum geht es eben auch, dass man nur das macht, was finanziell leistbar und möglich ist. Ich habe BWL studiert! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Aber es ist schon klar, diese Aktion hat sein müssen, Seifenblasen müssen natürlich ein bisschen zerplatzen. Kollege Niederwieser hat es auch schon von Anfang an ge­sagt: Wir stimmen diesem Gesetz sowieso nicht zu! Ich habe das Gefühl, dass Sie alle hier nur Hinhaltepolitik gemacht haben, um zu schauen, was überhaupt möglich und machbar ist. (Abg. Öllinger: Wir? Wir haben Sie hingehalten?)

Stimmt – Entschuldigung! Seitens der SPÖ! Seitens der Grünen ist es anders gewe­sen: Sie haben in den Verhandlungen von vornherein gesagt, es werde von Ihrer Seite her Schwierigkeiten geben. Aber ich verstehe auch Sie nicht. Sie wollten alles, gerade Sie von den Grünen als glühende Befürworter der EU! Sie wollten in die EU, und das ist nun einmal einer der Nachteile der EU, dass das EU-Recht vor nationalem Recht gilt. (Abg. Sburny: Was ist denn der Nachteil? Sie wollten ...! – Weitere Zwischenrufe bei den Grünen.) Auch wenn das ein Wunsch ist, den Sie auch hätten, es ist eben nicht mehr möglich, das alte Gesetz aufrechtzuerhalten.

Das heißt, es muss ein neues Gesetz gemacht werden. Wir wollen den freien Hoch­schulzugang, das ist eine der Prämissen. Jetzt muss es nun einmal sein, dass es Zugangsbeschränkungen nach Qualität gibt, aber keinen Numerus clausus wie in Deutschland. Ich glaube, das ist auch ein wichtiger Punkt: Das soll und darf es in Österreich nicht geben!

Wir lassen die Unis nicht im Stich, das ist ein weiterer wichtiger Punkt. Wir sagen, die Unis sollen ein Rahmengesetz im Bereich ihrer Autonomie haben, um jetzt Maßnah­men setzen zu können, damit ein qualitätsvolles Studium möglich ist. Das war der Wunsch seitens der Universitäten, dem wir hier nachkommen. Wir übernehmen mit dieser befristeten Regelung – die dann evaluiert und bewertet werden wird, damit man nach zwei Jahren sehen kann, wie sie wirkt und ob man sie noch verändern muss –


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auch Verantwortung, indem wir sagen: Die Universitätslandschaft ist uns so wichtig, dass wir jetzt schnell und rasch reagieren! Es war vorbereitet, es ist vorbereitet und kann deshalb heute auch eingebracht werden.

Wir sagen auch: Es ist wichtig, dass auf europäischer Ebene Verhandlungen stattfin­den! Deshalb bringe ich folgenden Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Bri­nek und Dr. Bleckmann ein:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird ersucht, auf europäischer Ebene entsprechende Gespräche zu führen, um die besondere Situation Österreichs in der Frage des Hochschulzugangs deutlicher bewusst zu machen und im Hinblick auf künftige Regelungsmechanismen eine stärkere Berücksichtigung der Anliegen Österreichs auf Grund der sprachlichen Nähe zu Deutschland zu erreichen. Ziel sollte es sein, langfristig eine gemeinsame Regelung zur Frage der grenzüberschreitenden Studierendenströme zu erreichen, bei der wirtschaftliche Faktoren und Auswirkungen auf die Bildungssysteme der einzelnen Länder ausreichend Berücksichtigung finden und eine gerechte Kostenverteilung ge­währleistet wird.“

Ich denke mir, das ist etwas, dem Sie sehr wohl zustimmen müssten, denn es ist ja auch einer Ihrer Wünsche. Und ich denke mir, das wäre ein wichtiger Schritt – den wir auch gehen, um eine ausgleichende Gerechtigkeit für Österreich zu erreichen! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

13.08


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der soeben verlesene Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Brinek, Dr. Bleckmann ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Gertrude Brinek, Mag. Dr. Magda Bleckmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend europäische Studierendenmobilität zum Bericht und Antrag des Unterrichtsausschusses über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Univer­sitätsgesetz 2002 geändert wird (1045 d.B.)

Österreichs Universitäten haben in den vergangenen Jahren eine erfolgreiche Entwick­lung zu verzeichnen:

Im Wintersemester 2004 wurde mit 32 120 Studienanfänger/innen beinahe der histo­rische Höchstwert von 2003 erreicht (32 132). Die Zahl der Studierenden hat sich gegenüber dem Vorjahr um weitere 2 Prozent erhöht (WS 2004: 210 125). Bei der Anzahl der Absolvent/inn/en gibt es in den letzten 3 Jahren eine Steigerung von rund 20 Prozent (2003/04: 20 237 Abschlüsse). Die Anzahl der Doktoratsabschlüsse ist um fast 30 Prozent gegenüber Vorjahr gestiegen (auf 2 686). Die Erfolgsquote von Studie­renden liegt damit nun bei 78 Prozent und ist in den letzten Jahren deutlich gestiegen (ein Indiz für eine erhöhte Abschlussorientierung im Studium). Auch der Fachhoch­schulbereich entwickelt sich sehr gut, seit dem Jahr 2000 hat sich dort die Zahl der Studierenden (WS 2004: 23 394) und der Studienanfänger/innen (WS 2004: 7 558) verdoppelt. Bei der Umsetzung der Bologna-Ziele (Qualitätssicherung, zweigliedrige Studienstruktur und Anerkennungsfragen) wird Österreich mit der 2. höchsten Bewer­tung „very good“ bedacht: Der Umstellungsgrad der Studien an Universitäten in zwei­stufige Bakkalaureats- und Magisterstudien (WS 2004) beträgt knapp 30 Prozent (2002


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waren dies erst 11 Prozent). Das Diploma Supplement und das ECTS-System (Euro­pean Credit Transfer System) sind für alle Curricula flächendeckend implementiert.

Auf Grund des Urteils des Europäischen Gerichtshofs am 7. Juli 2005 in der Frage des allgemeinen Universitätszugangs für ausländische Studierende in Österreich ist eine Novellierung des Universitätsgesetzes 2002 notwendig geworden, die sicher stellt, dass die Universitäten angesichts des zu erwartenden verstärkten Zustroms insbeson­dere deutscher Studierender handlungsfähig bleiben und für die österreichischen Stu­dierenden weiterhin gute Rahmenbedingungen zur Verfügung gestellt werden können.

Österreich tritt für einen europäischen Hochschulraum ein und fördert die Mobilität der Studierenden. Wie das EuGH-Urteil zeigt, muss für die Bewältigung der neuen Her­ausforderungen Österreichs insbesondere im Verhältnis zu Deutschland ein neuer Weg gefunden werden.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird ersucht, auf europäischer Ebene entsprechende Gespräche zu führen, um die besondere Situation Österreichs in der Frage des Hochschulzugangs deutlicher bewusst zu machen und im Hinblick auf künftige Regelungsmechanismen eine stärkere Berücksichtigung der Anliegen Österreichs auf Grund der sprachlichen Nähe zu Deutschland zu erreichen.

Ziel sollte es sein, langfristig eine gemeinsame Regelung zur Frage der grenzüber­schreitenden Studierendenströme zu erreichen, bei der wirtschaftliche Faktoren und Auswirkungen auf die Bildungssysteme der einzelnen Länder ausreichend Berücksich­tigung finden und eine gerechte Kostenverteilung gewährleistet wird.“

*****

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Broukal zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


13.08.53

Abgeordneter Josef Broukal (SPÖ): Frau Dr. Bleckmann hat in ihrer Rede gemeint, es habe Koalitionsverhandlungen mit der SPÖ gegeben. – Das ist unwahr! (Beifall bei der SPÖ.)

13.09


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Von der Regierungsbank zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesminister Gehrer. Ich erteile ihr das Wort.

 


13.09.10

Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Herr Präsident! Hohes Haus! Ich möchte zuerst zu einigen Vorwürfen Stellung nehmen, die immer wieder gemacht werden. Von Frau Abgeordneter Sburny wird ständig gesagt: Rechtzeitig hätte man reagieren sollen – viel zu spät, viel zu spät! (Abg. Sburny: Ja! Was haben Sie gemacht?)

Meine Damen und Herren! Wir haben zehn Jahre die österreichischen Studierenden geschützt. Hätten Sie vor zehn Jahren schon wollen, dass wir diese Auswahlverfahren einführen? (Abg. Öllinger: Sie waren in der Regierung!) Hätten Sie das vor zehn Jah­ren schon wollen? (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Sburny.)


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Wir haben zehn Jahre einen breiten Rücken gemacht und haben versucht, den öster­reichischen Studierenden diesen Vorteil zu geben. Was finden Sie daran negativ? (Abg. Sburny: Seit fünf Monaten hat sich das abgezeichnet! Seit fünf Monaten!)

Wir haben auf europäischer Ebene ... (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Sburny.) Ich komme zum Vorwurf Nummer zwei. (Weiterer Zwischenruf der Abg. Sburny.) Ich darf eines zu Ihrer Feststellung, man hätte das auf europäischer Ebene in fünf Monaten lösen können, sagen (Abg. Sburny: Haben Sie es wenigstens probiert?): Sie haben keine Ahnung, wie Lösungen auf europäischer Ebene zustande kommen, wie schwie­rig es ist, Lösungen mit zwischenstaatlichen Zahlungen zu erreichen, wie schwierig es ist, eine Vereinbarung mit Deutschland zu treffen, wo es die einzelnen Bundesländer gibt, deren Kultusminister zuständig sind. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Es gab selbstverständlich mit der zuständigen Ministerin Gespräche. Diese Frage ist allerdings mit gegenseitigen Zahlungen zwischen Deutschland und Österreich nicht zu erledigen, denn es ist eine europäische Frage, die 25 Staaten betrifft.

Meine Damen und Herren! Der zweite Vorwurf, der immer erhoben wird, ist, man hätte beim Europäischen Gerichtshof nicht richtig argumentiert. Ich würde Sie bitten, all die Kilos an Unterlagen durchzulesen, die wir hinausgeschickt haben. Ich bitte Sie auch, zur Kenntnis zu nehmen, dass beim Europäischen Gerichtshof und beim Generalan­walt wirtschaftliche Argumentationen keinerlei Stellenwert haben. (Abg. Dr. Brinek: So ist es!) Wirtschaftliche Argumente werden in der Frage der Gleichheitswidrigkeit nicht zur Kenntnis genommen. (Abg. Neugebauer: Das muss man wissen!) Es wäre etwas anderes, wenn wir die neue europäische Verfassung hätten, denn in der steht ein Passus, dass man auch die wirtschaftlichen Auswirkungen berücksichtigen muss.

Meine Damen und Herren! Die Universitäten in Österreich haben sich gut entwickelt. Wir haben mehr Studierende, mehr Absolventen. Durch dieses Gerichtshofurteil, durch dieses Erkenntnis kann es natürlich sein, dass es einen Zustrom von deutschen Nume­rus-clausus-Flüchtlingen geben wird. Diejenigen, die jetzt sagen: Es kommt ohnehin nicht, lasst doch alles so, wie es ist, die möchte ich hören, wenn dann dieser Zustrom, den die anderen beschwören, tatsächlich eintritt! Dann wird man dastehen und wird sagen: Die Regierung hat nichts gemacht! Das Chaos ist ausgebrochen! Es ist ganz schrecklich! Wieso hat die Regierung nichts gemacht? – Deswegen ist es richtig und wichtig, jetzt zu handeln. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

In intensiven Diskussionen, öffentlichen Diskussionen, Diskussionen in der Rektoren­konferenz, bei verschiedenen Besprechungen wurde diese Frage intensiv erörtert. Von mir zu verlangen, ein Gesetz auf Halde zu beschließen, im Vorhinein, damit irgendein Erkenntnis des Gerichtshofs schon im Vorhinein mit einem Gesetz beantwortet wird, das ist doch wohl das Verlangen nach Kaffeesudleserei. (Abg. Sburny: Wer hat denn so etwas behauptet? Sie drehen einem die Worte um!)

Wir handeln also dann, wenn das Erkenntnis da ist, haben das aber gut vorbereitet. Die Rektorenkonferenz hat in intensiven Diskussionen einen Vorschlag erarbeitet. Der Vorschlag heißt: Auf zwei Jahre befristet erhalten die Universitäten die Möglichkeit, in den deutschen Numerus-clausus-Fächern entweder ein Aufnahmeverfahren oder ein Einstiegssemester zu machen. Die Studierendenanzahl muss auf der gleichen Höhe bleiben, es gibt eine Evaluierung, und es ist rechtzeitig darüber zu diskutieren, ob die­ses Gesetz verlängert, ob dieses Gesetz beendet oder ob etwas Neues gemacht wird.

Meine Damen und Herren! Wir haben uns sehr, sehr bemüht, einen Vier-Parteien-An­trag zu erreichen. Wir haben all Ihre Forderungen – zwei Jahre Befristung, Interventio­nen in Europa, Erhöhung der Übertrittsquote, Erhöhung der Akademikerquote, mehr Beratung und Information, Evaluierungen in das Gesetz aufzunehmen – formuliert, und ich war bis gestern der Meinung, dass es auch Ihr Bestreben ist, Verantwortung zu


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übernehmen – Verantwortung zu übernehmen für den geordneten Studienbetrieb, Ver­antwortung zu übernehmen, damit nicht jeder einzelne Rektor privatrechtlich geklagt werden kann. Ich habe gelernt, dass Sie nur dann bereit sind, Verantwortung zu über­nehmen, wenn Ihre gesamte Klientel, das heißt, wenn alle Ihre Studierendenverbände zustimmen. (Abg. Dr. Puswald: Jeder, der nicht Ihrer Meinung ist, ist immer gleich verantwortungslos!) So stelle ich mir verantwortliche Politik nicht vor!

Wir übernehmen die Verantwortung für einen geordneten Studienbetrieb, wir überneh­men die Verantwortung für geordnete Aufnahmemaßnahmen. (Abg. Dr. Puswald: Sie werden auch für Ihre Politik die Verantwortung übernehmen müssen! – Abg. Neuge­bauer – in Richtung der SPÖ –: Das werden Sie auch müssen!) Wir übernehmen die Verantwortung für die auf zwei Jahre befristete Möglichkeit, in den Numerus-clausus-Fächern Aufnahmeverfahren oder Einstiegssemester durchzuführen. Wir tragen wei­ters die Verantwortung dafür, dass in allen anderen Bereichen ein offener Hochschul­zugang erhalten bleibt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

13.15


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Zinggl. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


13.15.19

Abgeordneter Mag. Dr. Wolfgang Zinggl (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Hohes Haus! Wenn deutsche MittelschülerInnen heute im Abiturzeugnis einen Dreier zum Beispiel in Geographie haben, dann können sie in Deutschland einige Fächer nicht mehr studieren, dafür aber in Österreich. Wir haben jetzt genau genommen zwei Möglichkeiten, darauf zu reagieren. Die eine Möglichkeit besteht darin, dass wir weiter­hin den Österreicherinnen und Österreichern den Zugang wie bisher ermöglichen. Das ist ein bisschen teuer, weil dann die Deutschen dazukommen. Der zweite Weg wäre der, dass wir uns sukzessive dem Numerus clausus annähern. Das würde bedeuten, dass sehr viele Ärzte und Ärztinnen, die durchaus talentiert gewesen wären und das auch gerne gemacht hätten, in Zukunft diesen Beruf nicht mehr ausüben können.

Ich möchte nicht wissen, wie viele von denen, die heute operieren, Zähne ziehen oder in den Apotheken arbeiten, nicht dort arbeiten könnten, wo sie arbeiten, wenn wir schon frühzeitig Zugangsbeschränkungen eingeführt hätten. Deshalb meine ich, dass dieses österreichische Modell, das jungen Menschen die Möglichkeit eines weitgehend freien Hochschulzuganges einräumt, nach Europa transferiert werden sollte und sich nicht umgekehrt einzelne Numerus-clausus-Modelle in Europa breit machen sollten.

Dafür, meine Damen und Herren, braucht es natürlich viele Gespräche innerhalb Euro­pas, aber auch bilateral, insbesondere mit Deutschland. Wenn Sie, meine Damen und Herren, jetzt einen Entschließungsantrag einbringen, mit dem Sie genau das fordern, nämlich auf europäischer Ebene Gespräche zu führen, dann kann ich nur sagen: Das ist sehr spät. (Abg. Dr. Puswald: Zu spät!)

Was Sie von uns jetzt wollen, dass wir beschließen sollen, das ist im Unterschied dazu ein Abbau der Studienplätze von Österreicherinnen und Österreichern. Das ist doch ganz klar und durchsichtig, denn wir sollen den österreichischen Weg verlassen, und damit das niemandem auffällt, führen Sie sozusagen eine Art Notoperation durch. Sie schieben die EU vor und müssen jetzt Husch-Pfusch, geschwind irgendwie operieren.

Ursprünglich war es so, dass Sie den Patienten krank werden haben lassen – und jetzt mit der Notoperation, die möglicherweise gar nicht gut geht, soll in Wirklichkeit dann dieser freie Hochschulzugang auf die Schnelle entsorgt werden. (Beifall bei den Grü­nen sowie des Abg. Broukal.)


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Sie hätten doch wirklich rechtzeitig gegensteuern können. Vor zehn Jahren, haben Sie selbst gesagt, sind Sie schon draufgekommen, aber nach der ersten Klage oder spä­testens nach dem Kommentar des Generalanwalts vor wenigen Wochen hätten Sie doch wirklich intensiv diese Gespräche und Ideen aufnehmen können, Gespräche sowohl mit den Deutschen als auch mit den Parteien. Das haben Sie aber nicht ge­macht. (Abg. Dr. Brinek: Das ist eine Mickey-Mouse-Vorstellung!)

Ihr Argument, Frau Ministerin, dass Sie keine Gesetze entwerfen können, nur weil eventuell irgendwann irgendetwas passieren könnte und dass Sie sozusagen nicht für jedes Problem ein Gesetz im Vorhinein entwickeln könnten, ist in diesem Fall wirklich überhaupt nicht angebracht. Das erinnert mich auch ein bisschen an die Novelle „Der Schimmelreiter“ von Theodor Storm, die Sie sicher alle kennen, in der ein Landpfleger auch nichts unternimmt, obwohl einige Zeichen und einige Menschen im Lande, die diese Zeichen sehen, darauf hinweisen, dass die Flut jeden Augenblick die Dämme brechen könnte und dass auch dementsprechend operiert werden sollte, neue Dämme und Deiche aufgebaut werden sollten. Sie kennen die Geschichte, Sie wissen, wie sie ausgeht. In dem Fall haben wir genau das gleiche Resultat: Sie haben angesichts die­ser drohenden Flut keine Dämme gebaut. Jetzt sehen Sie die große Tsunami-Welle am Horizont und jetzt beginnen Sie mit wenigen Steinen irgendwie einen Schnell­schuss, eine Husch-Pfusch-Operation.

Ich kann Ihnen dazu nur sagen, dass dieses Gesetz auf jeden Fall so etwas wie einen verdeckten Numerus clausus bringt und dass mit diesem Gesetz natürlich die Anzahl der Österreicherinnen und Österreicher, die die Matura haben und studieren wollen, weiter sinken wird. Ich denke nicht, dass man dem wirklich zustimmen kann.

Unsere vernünftigen Verbesserungsvorschläge hätten genau das garantiert, dass näm­lich weiterhin die Anzahl der Österreicherinnen und Österreicher bei den Studien­zugängen konstant bleibt. Das hätte freilich einen Ausbau der Studienplätze bedingt, was zusätzliche finanzielle Mittel erfordert. Aber genau das ist doch die beste Investi­tion in die Zukunft. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

13.20


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Wolfmayr. – Bitte.

 


13.20.46

Abgeordnete Dr. Andrea Wolfmayr (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Das gestrige EuGH-Urteil kam nicht unerwartet, und wir waren nicht unvorbereitet. Wir waren auch nicht zu spät dran, sondern wir waren zeitgerecht und punktgenau. Ich werde in meinen drei Minuten Redezeit nicht auf die Vorwürfe der Opposition eingehen, die man Punkt für Punkt sehr gut entkräften kann. Die Ministerin hat das bereits sehr gut gemacht. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheit­lichen.)

Ich möchte lieber über das Warum, das Wie und die weitere Zukunft unserer öster­reichischen Studienlandschaft im Rahmen der europäischen sprechen. Angesichts dessen wird, wie ich meine, die Oppositionspolitik, die wir da vernommen haben und die mir teilweise – Entschuldigung, Kollege Zinggl! – ein bisschen Mickey-Mouse-artig vorkommt, zerplatzen wie die Seifenblasen, die vorhin von Studierenden von der Be­suchertribüne heruntergeblasen worden sind.

Nach Auffassung des EuGH ist die Finanzierung von Studienplätzen für Studierende aus anderen Mitgliedstaaten Teil der europäischen Solidarität. Wir müssen also Kon­sequenzen ziehen. Auch Rektor Winckler hat gesagt: Die anderen Länder werden jetzt nicht unser österreichisches Modell übernehmen. Wir sind keine Insel! Wenn die


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„Kleine Zeitung“ davon gesprochen hat, dass die Freiheit erste Risse bekommt, dann fügte sie relativierend hinzu, dass wir immerhin das einzige Land waren, das noch un­beschränkten Hochschulzugang hatte. Alle Länder haben unterschiedliche Systeme, fast alle europäischen Staaten – 24 von 25! – haben seit langem Zugangsbeschrän­kungen.

Im europäischen Kontext lässt sich unser Modell, egal, wie wir das beurteilen, jeden­falls nicht aufrechterhalten. Und deswegen haben wir auch Maßnahmen ergriffen. Wir müssen uns einer veränderten Situation anpassen und reagieren. Bis auf die Be­schränkungen in den sieben deutschen Numerus-clausus-Fächern wird der offene Hochschulzugang weiterhin aufrecht bleiben. Es wird kein Numerus clausus eingeführt. Erstes Ziel ist die Verbesserung der Rahmenbedingungen für unsere Studierenden.

Die österreichischen Universitäten, die in das europäische Hochschulwesen eingebun­den sind, werden ganz sicher auch mit den geänderten Bedingungen sehr gut fertig werden. Sie werden sie sogar nützen, um sich zu profilieren und zu verbessern, ganz im Sinn des Mottos, das Klubobmann Molterer gestern genannt hat, des Mottos der ÖVP nämlich, das lautet: Konsequent handeln, wegschauen gilt nicht! Und in diesem Sinn hat Ministerin Gehrer auch sofort, zeitgerecht und effizient gehandelt. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

13.23


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dipl.-Ing. Achleitner. – Bitte.

 


13.23.37

Abgeordnete Dipl.-Ing. Elke Achleitner (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundes­ministerin! Hohes Haus! Herr Kollege Zinggl von den Grünen! Dieses Gesetz ist mit Sicherheit keine Schnellschuss- oder Husch-Pfusch-Aktion, aber ich denke, Sie haben das Gesetz wahrscheinlich nicht einmal gelesen, sonst hätten Sie nicht die Aussage treffen können, dass ein Abbau der Zahl der Studienplätze in Aussicht gestellt ist. Sie brauchen sich nur den Absatz 2 anzuschauen, wo ganz explizit angeführt ist, dass in den jeweiligen Studien mindestens gleich vielen Studierenden wie bisher das Studium ermöglicht werden soll. Also: Zuerst lesen und dann Gesetze kritisieren. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Dr. Zinggl: Es ist um österreichische Studie­rende gegangen! – Abg. Broukal: Da sind dann aber die Ausländer mit dabei, und das bedeutet weniger Studienplätze für ÖsterreicherInnen!)

Es ist natürlich klar, dass auf Grund des gestrigen EuGH-Erkenntnisses Lösungen für die Universitäten gesucht werden müssen, aber nicht Lösungen, wie sie jetzt auch von den Grünen und von der SPÖ vorgeschlagen werden, so auf die Art: koste es, was es wolle. Wir brauchen realistische Lösungen, die für die Studenten, insbesondere für die österreichischen Studenten, positive Studienbedingungen erwarten lassen.

Eines ist ganz klar: Wir wollen keinen Numerus clausus, denn dies ist eine Ungerech­tigkeit, und Deutschland hat damit auch sehr schlechte Erfahrungen gemacht. Des­wegen gibt es mit diesem Gesetz Rahmenbedingungen für die Rektoren, die sie er­mächtigen, selbst Lösungen zu entwickeln, mit Studieneingangssemester, und nach konkreten Möglichkeiten zu suchen, damit Studierende auch angenehme und für ihr Studium notwendige Studienplätze zur Verfügung haben.

Es ist auch wichtig, dass laut dieser Gesetzesvorlage die laufende Auswirkung beob­achtet werden soll, denn es soll genau festgestellt werden, wie viele Leute wirklich nach Österreich kommen werden und welche Studien insbesondere davon betroffen sein werden, was man ja heute noch nicht vorhersagen kann.


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Und eines ist mir auch noch wichtig anzumerken: Österreich ist das einzige Land in Europa, das beim Medizinstudium keine Zugangsbeschränkung hat, und das sei auch einmal ganz klar festgestellt. Es ist der Zugang natürlich für jeden möglich, und dass eine gewisse Leistung bei den ersten Prüfungen im Rahmen eines Studiums erbracht werden muss, das liegt in der Natur der Sache.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich denke, bei den Verhandlungen hat die Opposi­tion wirklich der Mut verlassen, und es ist eine Art von Vogel-Strauß-Politik, dass man keine Verantwortung mehr für die Universitäten übernehmen will. Wahrscheinlich hat insbesondere die SPÖ nach dem gestrigen Asylgesetz der Mut verlassen, bei kon­struktiven Vorschlägen der Regierungsparteien mitzugehen. (Beifall bei den Freiheit­lichen und der ÖVP.)

13.26


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Van der Bellen. Ich erteile es ihm.

 


13.26.48

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Meine Damen und Herren! Deutsche Studentinnen und Studenten waren in Österreich immer willkommen, und sie sind weiterhin willkommen, aber sicher nicht einseitig zu Lasten und ausschließlich zu Lasten der österreichischen Studierenden. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Kollegin Achleitner ermahnt uns, den Gesetzestext zu lesen. Haben Sie ihn gelesen? Ist Ihnen aufgefallen, was im § 124b Abs. 2 steht? Ich lese es Ihnen vor, falls es Ihnen entgangen sein sollte:

„Bei der Festsetzung der Zahl der Studierenden ist sicher zu stellen, dass in den jewei­ligen Studien mindestens gleich vielen Studierenden wie bisher das Studium möglich ist.“ (Abg. Dr. Brinek: Mindestens!) „Mindestens gleich vielen Studierenden wie bis­her“. Das ist der Auftrag an das jeweilige Rektorat.

Ein Rektorat, das sich an diese Bestimmungen hält und sagt: Okay, bisher haben wir 1 000 gehabt, wir haben auch nach dem Kommen der bundesdeutschen Studierenden 1 000, erfüllt diesen Auftrag. (Abg. Mag. Donnerbauer: Mindestens!) Sie haben jetzt mindestens 1 000, und sie haben dann auch 1 000. Und wo sind jetzt die Kollegen aus Deutschland? Die sind null, oder wie? (Abg. Scheibner: Das können Sie jetzt nicht sagen, wie viele das sein werden!) Sie rechnen ja damit! Wir alle müssen damit rech­nen, dass es mehr sein werden als null. Von den 1 000 sind es dann eben 900 Öster­reicher – Hausnummer – und 100 Bundesdeutsche. Hätten Sie das verhindern können? Sicher hätten Sie das verhindern können, wenn Sie gewollt hätten! Dass das mehr Geld kostet, das muss einem klar sein. Das haben Sie sich jedoch geweigert zu tun. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Im ganzen Gesetz, in dieser ganzen Novelle, in den Erläuterungen, im heutigen Ent­schließungsantrag von ÖVP und FPÖ – oder wie Sie sich gerade nennen – steht nicht ein einziges Wort von einem zusätzlichen österreichischen Euro für die Universitäten. Schämen Sie sich dafür! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

13.29


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 1045 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Dr. Brinek, Dr. Bleckmann, Kolleginnen und Kollegen einen Zusatzantrag eingebracht.


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Ich werde zunächst über den erwähnten Zusatzantrag und dann über den Gesetzent­wurf samt Titel und Eingang abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Dr. Brinek, Dr. Bleckmann, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatzantrag eingebracht, der die Einfügung neuer Ziffern 2 und 3 sowie die sich dar­aus ergebende Änderung der Ziffernbezeichnung zum Inhalt hat.

Wer hiefür seine Zustimmung erteilt, den ersuche ich um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes, und ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung geben, um ein bejahendes Zeichen. – Es ist dies einstimmig ange­nommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung dem vorliegenden Gesetz­entwurf ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenom­men. Der Gesetzentwurf ist somit in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Dr. Grünewald, Broukal, Kolleginnen und Kollegen betreffend Sicherstellung von Studienplätzen für österreichische Studierende.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Dr. Brinek, Dr. Bleckmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend europäische Studierendenmobilität.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Angenommen. (E 128.)

13.30.556. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über die Bürgerinitiative (19/BI) betreffend „Sicherstellung der Schulqualität an Österreichs Pflichtschulen“ (1048 d.B.)

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nun kommen wir zum 6. Punkt der Tages­ordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Erster Debattenredner ist Herr Abgeordneter Brosz. Ich erteile es ihm.

 


13.31.19

Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundes­ministerin! Die vorliegende Bürgerinitiative zur Sicherstellung der Schulqualität an Österreichs Pflichtschulen wird von uns vollinhaltlich unterstützt. Da Sie einen Bericht darüber verfasst haben, dass all das, was vorgeschlagen worden ist, eigentlich unnötig ist und nicht umgesetzt werden muss, werden wir allerdings dem Ausschussbericht nicht zustimmen, weil wir gemeint hätten, es gibt einen Handlungsbedarf.

Es gibt viele Punkte, die darin enthalten waren, das haben wir heute schon lange dis­kutiert: die Frage der individuellen Förderung, die sinkende Lernkompetenz, die Moti­vation, all das teilen wir. Ich möchte zu einem konkreten Punkt kommen, wo ich mir gedacht habe, irgendwie sollten Sie Ihre Handlungsweise im Ausschuss schon einmal überdenken und sich fragen, ob das noch halbwegs Sinn macht, was Sie da tun.


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Es gab dann von uns den Wunsch, zu überprüfen, welche Kosten denn die Senkung der Klassenschülerhöchstzahlen im Pflichtschulbereich auf 25 verursachen würde. Wir haben im Ausschuss nicht beantragt, die Klassenschülerhöchstzahlen auf 25 zu sen­ken. Wir wollten nur eine Überprüfung der Kosten dieser Maßnahme im Pflichtschulbe­reich haben. Sie haben allerdings im Ausschuss diesen Antrag abgelehnt.

Sie lehnen einen Antrag hinsichtlich Offenlegung der Kosten ab. Welche Form des Parlamentarismus haben wir da? Die Ministerin sagt dann überhaupt in der Beantwor­tung: Der Pflichtschulbereich geht mich nichts an, die Umsetzung liegt nämlich in der Hand der Länder. Dass Sie über sämtliche statistische Erhebungen alle Daten haben, dass Sie das natürlich wissen, ist Ihnen egal.

Es ist offenbar nicht möglich, von der Regierung zu erfahren – wir können es als Opposition schwer berechnen –, wie hoch die Kosten wären, wenn die Klassenschü­lerhöchstzahlen im Pflichtschulbereich auf 25 gesenkt würden.

Daher bringen wir auch noch einmal diesen Entschließungsantrag ein. Genau zuhören: Es geht nicht um eine konkrete Maßnahme!

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Brosz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Vorlage eines Berichts über die Kosten der Senkung der KlassenschülerInnenhöchstzahlen auf 25 im Pflicht­schulbereich

zu Bürgerinitiative betreffend „Sicherstellung der Schulqualität an Österreichs Pflicht­schulen“ (19/BI)

Von Seiten der Elterninitiativen und vieler LehrerInnen wird zur Erhöhung der Unter­richtsqualität eine Senkung der KlassenschülerInnenhöchstzahlen auf 25 im Pflicht­schulbereich eingefordert. Es gibt in Österreich bislang keine Daten darüber, welche Kosten dieses Maßnahme verursachen würde.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur wird aufgefordert, dem Nationalrat bis spätestens 1. Oktober 2005 einen Bericht über die Kosten der Senkung der KlassenschülerInnenhöchstzahlen auf 25 im Pflichtschulbereich vorzulegen.

*****

Das sind jetzt drei Monate, die das Ministerium Zeit hätte. Ich bin übrigens auf diese Frage gekommen, weil ich vorige Woche bei einer Podiumsdiskussion in Vorarlberg war und dort der zuständige ÖVP-Landesrat Stemer in dieser Diskussion unaufgefor­dert von sich aus gesagt hat, in Vorarlberg würde es 6 bis 7 Millionen € kosten, die Klassenschülerhöchstzahlen im Pflichtschulbereich auf 25 zu senken. Ich habe mir dann gedacht, das ist eigentlich kein besonders dramatischer Kostenfaktor, denn etwa 5 Prozent der Pflichtschüler gehen in Vorarlberg in die Schule. Wenn ich diese 6 bis 7 Millionen hochrechne und das mal 20 rechne, dann sind wir bei 120 Millionen €. (Abg. Mag. Molterer: Das ist nichts?)


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Kollege Molterer, wenn Sie ins Budget schauen, werden Sie mitbekommen, dass Sie von 2004 bis 2006 das Pflichtschulbudget um 100 Millionen gesenkt haben. Anders ausgedrückt: Hätten Sie auf diese Senkung in zwei Jahren verzichtet, hätten wir mitt­lerweile allein mit dieser Maßnahme die Klassenschülerhöchstzahl von 25 im Pflicht­schulbereich, und dies nur durch den Verzicht auf die Senkung der Ausgaben für die PflichtschülerInnen. Ich sage Ihnen nur Finanzausgleich.

Mich hat das nicht besonders erschreckt, und ich würde jetzt gerne wissen – wenn das mit Vorarlberg hochrechenbar ist, kann ja sein, dass das sehr unterschiedlich ist –, was es denn kosten würde, die Klassenschülerhöchstzahl im Pflichtschulbereich, weil dort, glauben wir, ist es am dringendsten, auf 25 zu senken. Und das könnten wir, glaube ich, von einer Bundesministerin verlangen, dass sie uns diese Daten vorlegt, und dann können wir ernsthaft darüber diskutieren, ob das leistbar ist oder nicht. (Beifall bei den Grünen.)

13.35


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der soeben verlesene Entschließungsantrag der Abgeordneten Brosz, Kolleginnen und Kollegen ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Amon. – Bitte.

 


13.35.19

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Ich möchte einleitend sagen, dass die Bürgerinitiative, die sich sehr umfassend mit Fragen der Schulqualität und der Weiter­entwicklung im österreichischen Bildungssystem beschäftigt hat, ein sehr wertvoller Beitrag ist in der Diskussion um die Schulreformen, den wir auch außerordentlich ernst nehmen.

Das ist auch der Grund dafür, warum wir sofort nach Übermittlung vom Petitionsaus­schuss in den Unterrichtsausschuss vereinbart haben, ein Hearing mit den Vertretern der Bürgerinitiative zu machen. Das haben wir auch getan. Im laufenden Kontakt mit den Vertretern der Bürgerinitiative und der Elternvereine an den österreichischen Pflichtschulen ist das auch sehr positiv bewertet worden.

Ich habe den Eindruck, dass die Vertreter der Bürgerinitiative eine viel realistischere Sicht der Dinge haben als Sie, Kollege Brosz, bei dem, was Sie hier zum Besten ge­ben, denn die Vertreter der Bürgerinitiative haben durchaus den Eindruck gemacht und das auch im Gespräch artikuliert, dass sie erstens sehr froh darüber sind, dass wir etwa einen Entschließungsantrag eingebracht haben, mit dem Ziel, sich genau anzu­schauen, wie das denn mit der Klassenschülerhöchstzahl ist, denn wir haben uns das ja sehr genau schon einmal angeschaut und auch gemeinsam diskutiert. Wenn Sie in Österreich etwa 50 000 Schulklassen haben und in Wahrheit in einem nicht allzu gro­ßen Teil dieser Schulklassen mehr als 25 Schüler sind, dann ist allein mit der Absen­kung der Klassenschülerhöchstzahlen dem noch nicht Genüge getan, damit lösen wir noch keine Probleme. Im Gegenteil: Wir schaffen automatisch Mehrkosten in Form von Eröffnungskosten dieser Klassen, aber das Problem ist mitunter noch nicht gelöst.

Deshalb muss man sich natürlich auch die Teilungszahlen anschauen, denn diese sind sehr wesentlich in diesem Zusammenhang. Man muss sich sehr genau die Eröff­nungszahlen anschauen, auch das ist in diesem Zusammenhang relevant, und man muss natürlich auch die rückläufige Schülerzahlentwicklung in diese ganze Vorgangs­weise einbeziehen. Deshalb, glaube ich, liegen wir mit unserem Entschließungsantrag hier ganz richtig. (Beifall bei der ÖVP.)


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Die Eltern haben sich auch durchaus einverstanden erklärt damit, dass weite Bereiche dessen, was in dieser wichtigen Bürgerinitiative steht, eigentlich in den vorgelegten, in Diskussion stehenden und geplanten Schulpaketen enthalten sind, denn natürlich geht es uns auch darum, die Qualität zu verbessern und weiterzuentwickeln. (Abg. Brosz: Bei welcher Veranstaltung waren Sie?) Es geht uns darum, die frühe Sprachförderung umzusetzen. Ein erster Schritt ist heute mit dem vorliegenden Schulpaket gesetzt wor­den.

Die Schülerzahlen habe ich angesprochen. Uns ist es ein großes Anliegen, die Klein- und Kleinstschulen im ländlichen Raum zu erhalten, und das ist auch glaubwürdig, denn wir haben uns nämlich nicht ausschließlich an den Vorgaben des Finanzaus­gleiches orientiert, sondern es ist der Frau Bildungsministerin gelungen, zusätzlich 12 Millionen € für die Klein- und Kleinstschulen durchzusetzen, und das ist erfreulich und trägt eigentlich den Forderungen der Bürgerinitiative Rechnung, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Letzter Satz: Mit der Vorbereitung der Umwandlung der Pädagogischen Akademien hin zu Hochschulen für pädagogische Berufe wird durchaus auch jener Forderung Rech­nung getragen, die sagt, wir wollen eine verbesserte Lehrerausbildung in Zukunft haben. Ich danke allen Initiatoren dieser Bürgerinitiative. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

13.39


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mandak. Ich erteile es ihr.

 


13.39.06

Abgeordnete Sabine Mandak (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! 95 000 Unterschriften und zwei Drittel aller Elternvereine haben diese BürgerInnen­initiative unterzeichnet, das heißt, da steht ein sehr starkes Gewicht dahinter. Dieter Brosz hat schon gesagt, dass wir diese von den Unterzeichnern eingebrachten Forde­rungen natürlich unterstützen.

Bei der Forderung in Punkt 2 – individuelle Förderung verstärken – frage ich mich schon, wie das im Zusammenhang zu sehen ist mit den Aussagen von Kollegin Fuhr­mann am heutigen Vormittag, die sich gefragt hat, was denn daran schlimm sei, dass 40 000 Schülerinnen und Schüler heuer in Österreich das Lernziel nicht erreicht haben und entweder Nachprüfungen haben oder nicht. Die Eltern könnten ja mit ihnen lernen und sie für die Nachprüfung vorbereiten.

Wir haben da alle nur ganz groß geschaut und uns gefragt, wie man so denken kann! Man muss sich das schon vorstellen: Wie viele Eltern können denn ihren Kindern bei Nachprüfungen helfen? Wie viele können das, und wie viele können das nicht? Die Inhalte sind oft zu kompliziert, oft haben die Eltern nicht die entsprechende Schulbil­dung, oder aber sie sind erwerbstätig und haben daher schlichtweg nicht die Zeit hie­für, jeden Tag zwei oder drei Stunden mit ihren Kindern in den Ferien zu lernen und sie sozusagen darauf zu trimmen, die Nachprüfung zu schaffen. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Das ist der große Unterschied zwischen unseren und Ihren Vorstellungen, wie ein gut funktionierendes Bildungssystem ausschauen soll: Wir Grünen möchten gerne, dass diese Förderung in der Schule geschieht, wollen aber nicht den Eltern zu Hause die Verantwortung dafür auflasten. (Beifall bei den Grünen.)

Der Dachverband der Pflichtschullehrer hat dazu ein ausführliches Papier verfasst. Mich würde jetzt sehr interessieren, Frau Ministerin – da geht es um Maßnahmen, die


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sich aus Kürzungen im Rahmen des Finanzausgleichs ergeben –, was Sie zu all die­sen Vorwürfen sagen. Im Ausschuss haben Sie dazu nämlich überhaupt nichts gesagt.

Dabei geht es um Auswirkungen wie – um jetzt nur einige anzuführen –: dass zum Bei­spiel die Klassenschülerzahlen um bis zu 20 Prozent gestiegen sind, dass für eine individuelle Zuwendung viel weniger Zeit zur Verfügung steht, dass es keine Mittel für zusätzliche Angebote in Bezug auf Interessen- und Begabtenförderung gibt, dass die Ausgaben für Nachhilfeunterricht weiterhin steigen, dass die Schulschwerpunkte Integ­ration und interkulturelles Lernen stark beeinträchtigt sind, dass 10 Prozent der Pflicht­schulstandorte gefährdet sind und so weiter.

Frau Bundesministerin, nehmen Sie bitte Stellung zu den Punkten, die in diesem Pa­pier der Pflichtschullehrer angesprochen wurden! Sagen Sie, wie Sie dazu stehen und was Sie tun werden, damit in Zukunft solche Verschlechterungen hintangehalten wer­den können! – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

13.42


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Königsberger-Ludwig. Ich erteile es ihr.

 


13.42.41

Abgeordnete Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Ministerin! Hohes Haus! Die Bürgerinitiative zur Sicherstellung der Schulqualität in Österreich gibt uns einmal mehr die Gelegenheit, sich mit den Kernproblemen des österreichischen Schulsystems auseinander zu setzen und aufzuzeigen, dass da sehr wohl Handlungsbedarf besteht. – Jedenfalls habe ich da einen anderen Zugang als Kollege Amon, wurde doch seitens dieser BürgerInneninitiative ganz deutlich aufge­zeigt, welche Hauptprobleme, welche Kernprobleme es im österreichischen Schulsys­tem gibt. Und eines dieser Probleme sind jedenfalls die massiven Kürzungen im Bil­dungsbereich, Kürzungen, die ja hier schon mehrfach angesprochen wurden.

Allein in den vergangenen Jahren wurden im Bildungsbudget 8 Prozent eingespart! Jetzt macht der Anteil des Bildungsbudgets am BIP 2,36 Prozent aus; im Jahre 2000 waren es noch 2,63 Prozent. Auch da sind also Kürzungen vorgenommen worden, und diese Kürzungen haben unserer Ansicht nach – und auch nach Ansicht der BürgerIn­neninitiative – geradezu dramatische Auswirkungen auf das Bildungssystem in Öster­reich.

Einige dieser Auswirkungen wurden ja bereits angesprochen. So sind zum Beispiel die Klassenschülerzahlen um bis zu 20 Prozent gestiegen, für die individuelle Zuwendung pro Kind steht jetzt eine halbe Stunde weniger zur Verfügung. Weiters: Das Frühwarn­system an den Hauptschulen wurde drastisch gekürzt und eingeschränkt; daher auch diese hohen Nachhilfekosten. Letzte Schätzungen gehen davon aus, dass in Öster­reich hiefür 50 Millionen € pro Jahr ausgegeben werden – Ausgaben also, die die Men­schen in Österreich zusätzlich belasten.

Jedenfalls bin ich da ganz der Ansicht der Kollegin Mandak, dass eben nicht jeder/jede seinen/ihren Kindern bei Schulaufgaben helfen und sie dabei unterstützen kann. Daher muss es auch eine andere Form von Schule geben.

Wenn wir sagen, dass Schule in der Schule zu passieren hat, wissen wir natürlich auch, dass man damit nicht alle Probleme des Schulsystems lösen kann, aber dies wäre ein bedeutender – ich möchte fast sagen: der bedeutendste – Schritt dazu, dass es in Österreich Chancengleichheit für alle Kinder gibt, sodass es endlich nicht mehr so ist, dass die soziale Herkunft eines Kindes Einfluss auf die Leistungen eines Kindes hat. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)


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Auch ich bin voll überzeugt davon, dass Geld allein keine qualitative Bildung garantiert, aber: Eine qualitätsvolle Bildung muss uns eben etwas wert sein – und diese hat natür­lich auch ihren Preis; davon spricht ja auch diese BürgerInneninitiative. Ich meine jedenfalls, es wäre gut, wenn die Kolleginnen und Kollegen von ÖVP und FPÖ diese BürgerInneninitiative ernst nehmen würden, sind es doch zwei Drittel aller Elternver­eine, die diese Initiative unterschrieben haben. Hiefür wurden immerhin 95 000 Unter­schriften geleistet!

Daher nochmals: Man muss diese BürgerInneninitiative ernst nehmen, und zwar zum Wohle unserer Kinder, die in unseren Schulen ausgebildet werden. (Zwischenruf bei der ÖVP.)

Zum Schluss möchte ich noch speziell Kollegin Bleckmann folgende Anregung geben – sie hat ja heute Vormittag gesagt, dass dieses Paket, das wir heute beschlossen haben, das erste Schulpaket ist –: Wenn Sie, geschätzte Damen und Herren von ÖVP und FPÖ, diese Bürgerinitiative wirklich ernst nehmen und sich auch noch das Bil­dungsprogramm der Sozialdemokratischen Partei nicht nur anschauen, sondern es auch ernst nehmen, dann können wir vielleicht wirklich Schulpakete beschließen – von mir aus: zwei, drei, vier oder fünf –, die das Wort „Reform“ tatsächlich verdienen, damit eben wirklich etwas zum Wohle unserer Kinder in den Schulen geschieht. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

13.46


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Von der Regierungsbank aus zu Wort ge­meldet hat sich Frau Bundesministerin Gehrer. – Bitte.

 


13.46.05

Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Zu den Ausführungen meiner Vorrednerin möchte ich festhalten, dass wir diese Bürgerinitiative sehr ernst nehmen. Der Vorsit­zende des Unterrichtsausschusses, Werner Amon, hat die Vertreter und Vertreterinnen der Bürgerinitiative zu einer ausführlichen Aussprache eingeladen. Sie waren ja auch dabei. Dort sind die Ansichten und Meinungen sehr ausführlich und breit dargelegt wor­den, und wir gehen sehr intensiv auf all diese Fragen ein.

Ich möchte jetzt noch drei Bemerkungen machen; erste Bemerkung zum Budget: Meine Damen und Herren, wer ständig und jeden Tag sagt: Es ist alles so schlecht, es ist alles gekürzt worden!, redet einfach an der Wahrheit vorbei, denn das stimmt nicht! Wir haben mehr Schüler und Schülerinnen, und zwar um 40 000 mehr, in den wei­terführenden Schulen. Wir haben mehr Lehrer und Lehrerinnen, und zwar genau 2 229 Bundeslehrer und Bundeslehrerinnen, in den weiterführenden Schulen.

Wir haben das Budget für diesen Bereich drastisch erhöht: Im Jahre 1995 betrug es 4,81 Milliarden €; jetzt, im Jahre 2005, beträgt es 5,95, also fast 6 Milliarden €.

Meine Damen und Herren! Wer ständig behauptet, dass ständig alles krank gespart werde, sagt einfach nicht die Wahrheit! (Beifall bei der ÖVP.)

Zweite Bemerkung zu den Förderstunden: Von Frau Kollegin Mandak ist heute Vormit­tag eine Rechnung aufgestellt worden, und zwar die, wenn ich mich recht erinnere, dass auf einen Schüler rund 17 Minuten an Betreuung kommen. – Ich weiß nicht, wie Sie das gerechnet haben; ich würde das gerne mit Ihnen gemeinsam tun.

Jedenfalls: Wir haben im Bereich Volksschule, Hauptschule, in der Unterstufe des Gymnasiums insgesamt 1,5 Millionen Förderstunden à 50 Minuten. In diese Schulen gehen 800 000 Schüler und Schülerinnen. Wenn man das genau berechnet, so kom­men auf einen Schüler/eine Schülerin 94 Minuten. Und Sie werden doch wohl nicht behaupten, Frau Abgeordnete Mandak, dass 800 000 Schüler und Schülerinnen För-


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derstunden brauchen?! – Erfahrungsgemäß brauchen 15 Prozent Förderstunden, das heißt, wenn ich das richtig berechne, kommen auf einen Schüler Fördermöglichkeiten von 12 Stunden und 25 Minuten pro Jahr. Das wird in Gruppen angeboten, sodass in Fünfer-Gruppen über 30 Wochen hinweg Doppelstunden möglich sind, in denen die Schüler und Schülerinnen gefördert werden können.

Die 1,5 Millionen Förderstunden beziehen sich auf den Pflichtschulbereich, sind bereits vorhanden. Zum Förderbereich dazu kommen zahlreiche Dienstposten für den Son­derschul- und Integrationsbereich, zahlreiche Lehrer-Dienstposten für Kinder, die sich in einem Krankenhaus aufhalten; überdies haben wir auch noch 12 Millionen € mit den Ländern vereinbart. Wir haben also zahlreiche Ressourcen für die Förderung, und zwar sowohl für begabte Schülerinnen und Schüler als auch für jene, die sich beim Lernen schwerer tun.

Ich habe einen neuen Fördererlass herausgegeben, damit Förderstunden richtig und zielorientiert eingesetzt werden. Helfen Sie uns daher bei der Umsetzung!

Dritte Bemerkung zu den Klassenschülerzahlen: Die Klassenschülerzahlen sind im Schnitt in Österreich relativ niedrig, und zwar sowohl im internationalen Vergleich als auch in nationalen Durchschnittsberechnungen. Es ist aber richtig: Es gibt da und dort Spitzen. Wir möchten so etwas vermeiden, aber das geht nicht einfach so, dass man sagt: Die Klassenschülerzahlen herunter! – Da gibt es Teilungsziffern, da gibt es An­fangszahlen, da gibt es die Sprengeleinteilung, da gilt es einen großen Bereich zu berücksichtigen.

Es stimmt auch nicht, dass wir da nichts gemacht hätten! – Wir haben in Niederöster­reich Pilotprojekte eingerichtet, in denen wir die Möglichkeit geben, die Teilungsziffern, die Anfangsziffern, die Sprengeleinteilungen praktisch freizugeben, damit man eben zu niedrigeren Klassenschülerzahlen kommt. – Das beobachten wir jetzt, und dieses Modell könnte dann auch auf ganz Österreich ausgeweitet werden.

Wir werden – daher auch dieser Entschließungsantrag – ganz intensiv an einer Sen­kung der Klassenschülerhöchstzahl arbeiten. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeord­neten der Freiheitlichen.)

13.50


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Bleckmann. – Bitte.

 


13.50.34

Abgeordnete Mag. Dr. Magda Bleckmann (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsi­dent! Frau Minister! Hohes Haus! Seitens der Bürgerinitiativen haben wir im Ausschuss ja sehr viele Wortmeldungen gehört. Ein Bild ist bei mir hängen geblieben, das Sie uns als Karikatur mitgegeben haben. Da sitzt ein Lehrer und sagt: Um es gerecht zu ma­chen, bekommt ihr alle dieselbe Aufgabe; der Elefant, der Affe, der Vogel, der Fisch im Wasserglas, die Robbe und die Katze – ihr bekommt alle dieselbe Aufgabe, nämlich: Klettert auf den Baum!

Fazit ist, dass eben nicht alle Kinder dasselbe bekommen sollen, sondern jedes Kind das Passende. Das waren jetzt nur sechs „Klassenkinder“ sozusagen, und auch die bräuchten alle individuelle Betreuung. Das, was wir uns ja alle wünschen würden, nämlich dass jedes Kind wirklich das Passende bekommt, würde aber dazu führen, dass wir nicht mehr 25 Kinder in einer Klasse haben, sondern halt leider nur noch drei bis fünf Kinder, damit jedes Kind wirklich individuell seinen eigenen Lehrer bekommt, um bestmöglich gefördert zu werden. Das würde ich mir auch für mein Kind wünschen, sage ich Ihnen ehrlich, nur ist das derzeit leider nicht möglich, weil es finanziell nicht


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machbar ist. Da müssten wir wahrscheinlich das ganze Budget nur für diesen Bereich ausgeben.

Was seitens der Bundesregierung bereits getan wird, ist schon aufgezählt worden. Es gibt ja bereits individuelle Förderung. Es wird im Bereich der Frühförderung schon eini­ges getan; darüber haben wir am Vormittag schon gesprochen. Es gibt auch nicht ge­deckelte Integrations- und Deutschkurse. Der Ausbau der individuellen Förderung wird sehr stark forciert, vor allem in den Integrationsklassen. Es gibt zusätzlich 12 Millionen im Finanzausgleich, 1,5 Millionen Förderstunden an Volks- und Hauptschulen.

Die Regierung weiß, dass hier Handlungsbedarf besteht, und es wird auch viel getan. Mehr würden wir uns natürlich alle wünschen, und es ist klar, dass die Opposition hier immer mehr fordert, als machbar ist, aber wir tun halt das, was machbar ist. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

13.52


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Franz. – Bitte.

 


13.52.45

Abgeordnete Anna Franz (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Ministerin! Ge­schätzte Damen und Herren! Für uns als ÖVP ist die Weiterentwicklung der Qualitäts­sicherung in den Schulen ein vorrangiges Ziel. Wir sind ununterbrochen bemüht, auf Hinweise und Forderungen der Elternschaft, der Pädagogen sowie der Schülerinnen und Schüler einzugehen und auch umzusetzen, und so geschieht das auch mit dieser Bürgerinitiative.

In den letzten Jahren wurde von unserer Bundesregierung sehr viel unternommen, um im Schulbereich den Anforderungen der Zeit zu entsprechen. Bereits im Jahr 1995 wurde das Projekt „Schule in Bewegung“ ins Leben gerufen, das drei Punkte zum Inhalt hat:

Das ist zum einem die Autonomie, der Weg von der zentralen Verwaltung zur auto­nomen Gestaltung. Dazu zählen: Spielraum in den Lehrplänen, Gestaltungsspielraum auch in der Stundentafel, schulautonome Tage, ein schulautonomes Schulbudget, Zu­sammenarbeit mit Wirtschaftsbetrieben, moderne Lehr- und Lernmethoden und vieles mehr.

Zweitens gehört dazu die Qualitätsoffensive. Dazu zählen wir die Verhaltensvereinba­rungen, die Profilbildung und Schwerpunktsetzung der Schulen und vieles andere. Es braucht dazu natürlich stabile Rahmenbedingungen, und in diesem Sinne wird alles getan. Durch den Finanzausgleich stehen 12 Millionen € zusätzlich zur Verfügung, ebenso weitere 400 Lehrerstellen. Wir haben schon gehört: Es gibt 1,5 Millionen För­derstunden an Volks- und Hauptschulen, und das ist nicht wenig.

Ein wesentlicher Faktor ist auch in der Lehreraus- und -weiterbildung zu sehen. Hier sind 66,23 Millionen € vorgesehen. Um der veränderten Situation der heutigen Zeit gerecht zu werden, müssen Pädagogen nicht nur über den letzten Wissensstand Bescheid wissen, sie sollen auch sensibel auf die jungen Menschen eingehen, sie indi­viduell fördern und die Starken fordern. Das geschieht derzeit, und ich meine, Qualität hat auch mit den handelnden Personen zu tun, in erster Linie mit den Lehrerinnen und Lehrern, welche die Garantie der Schulqualität in Österreich sichern. Ihnen sei dafür gedankt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

13.55


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Fleckl. – Bitte.

 



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13.55.16

Abgeordnete Anita Fleckl (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Hohes Haus! Es ist natürlich sehr positiv, dass diese Bürgerinitiative zur Sicherstellung der Schulqualität an Österreichs Pflichtschulen heute hier im Plenum behandelt wird. Ich danke natürlich so wie meine VorgängerInnen jenen Menschen, die es durch ihr Engagement möglich gemacht haben, dass diese Bürgerinitiative heute hier im Hohen Haus ist, nämlich dem Dachverband für Pflichtschulelternvereine, allen voran natürlich dem Vorsitzenden, Herrn Kurt Nekula. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ, der Grünen und der ÖVP.)

Sie haben uns das Thema im Ausschuss eindrucksvoll näher gebracht, und wir von der SPÖ unterstützen natürlich diese Bürgerinitiative Punkt für Punkt. Herr Kollege Amon, es reicht nicht, nur einige wenige Punkte einfließen zu lassen. Ich bin der Meinung, dass das Gesamtpaket wirklich zu einer Verbesserung in Österreichs Schulsystem füh­ren kann. Außergewöhnliche Situationen erfordern nun einmal außergewöhnliche Maß­nahmen, und diese Bürgerinitiative ist eine außergewöhnliche Maßnahme. 90 000 El­tern in Österreich haben diese Bürgerinitiative unterstützt, weil sie sich Sorgen machen um Österreichs Schulsystem.

Viele negative Punkte in Österreichs Schulsystem wurden bereits angeführt. Auch ich möchte noch einige nennen: 10 Prozent der Pflichtschulstandorte sind von der Schlie­ßung gefährdet (Bundesministerin Gehrer: Überhaupt nicht wahr!), Einschränkungen der verpflichtenden Fortbildung der Lehrerinnen und Lehrer, keine Mittel für zusätzliche Angebote der Interessen- und Begabungsförderung.

Das sind Punkte, die wirklich zur Sorge veranlassen, und ich verstehe jene Eltern, die hiezu ihre Unterschrift geleistet haben.

Frau Bundesministerin, ein Wort vielleicht in persönlicher Sache. Mein Kind hat heute sein Zeugnis bekommen, und ich gratuliere ihm natürlich hier von dieser Stelle aus (Abg. Auer: Wir auch!): Er hat seinen Hauptschulabschluss. (Beifall bei Abgeordneten aller Fraktionen.) Danke, ich werde es ihm ausrichten, Herr Kollege Auer!

Frau Minister! Ich habe im Pflichtschulbereich mit meinem Kind in vollen Zügen die rund zehn Jahre Ihrer Amtszeit miterlebt. Es tut mir Leid, dass ich es sagen muss, aber ich wünsche mir für die Taferlklassler im Herbst ein besseres Schulsystem, und mit dieser Meinung bin ich nicht allein. Immerhin sind rund 50 Prozent der österreichischen Eltern von Kindern im Pflichtschulbereich dieser Meinung. Ich empfehle Ihnen, Frau Minister, in diesem Zusammenhang das SPÖ-Bildungsprogramm. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

13.58


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Prinz. – Bitte.

 


13.58.14

Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundes­minister! Meine Damen und Herren! Liebe Kollegin Fleckl, Gott sei Dank ist nicht allzu viel von der SPÖ im Bildungssystem, und das ist gut für die österreichischen Kinder. (Beifall bei der ÖVP.)

Individualisierung und Qualitätsmanagement, diese beiden Begriffe sind offenbar für die Eltern in Bezug auf die Sicherstellung der Schulqualität am wichtigsten. Was be­deutet das für die Lehrer? Und was bedeutet das für die Schüler?

Unter Individualisierung verstehe ich die Förderung besonderer Bedürfnisse und Bega­bungen genauso wie die Wahlfreiheit. Für das eine wie für das andere werden Sie in unserer Partei nur Befürworter finden. Wir haben diesbezüglich in den letzten Jahren ja auch einiges getan. Im Bereich der Integration wurde in den letzten Jahren ebenfalls


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vieles möglich gemacht. Ich verstehe die Anregungen der Elterninitiative als Impuls, den Bedürfnissen der Kinder immer wieder entgegenzukommen.

Beim Qualitätsmanagement möchte ich vor allem die Initiative zur Erhaltung der Klein­schulen hervorheben. Gerade die Kinder im Pflichtschulalter dürfen nicht zu Pendlern werden, die mehr Zeit in Verkehrsmitteln als auf dem Spielplatz verbringen. Auch hier kann ich versichern, unsere Unterrichtsministerin Elisabeth Gehrer und beispielsweise unser Landeshauptmann Dr. Josef Pühringer werden ein derartiges Aushungern des ländlichen Raumes verhindern. (Beifall bei der ÖVP.)

Qualität hängt nicht von der Größe der Schule ab, sondern vor allem von der Bereit­schaft der Lehrer und Eltern, den Kindern eine wertvolle Stütze in allen Altersstufen zu sein. Eines ist aber auch klar: Unsere Schulen leisten hervorragende Arbeit! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

14.00


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Rada. – Bitte.

 


14.00.00

Abgeordneter Dr. Robert Rada (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Frau Bundesministerin! Ich würde mir an Ihrer Stelle etwas denken, wenn so viele El­tern und Elternvereine zu einem der letzten Mittel greifen, nämlich eine Bürgerinitiative einzurichten (Abg. Schiefermair: Das ist ja kein „letztes Mittel“!), um darzustellen, dass in unserem Schulsystem nicht alles so ist, wie manche Koalitionsredner das heute schon den ganzen Vormittag darstellen wollten. Ich verstehe die Angst der Elternver­eine.

PISA möchte ich nicht mehr strapazieren, aber es ist trotzdem Tatsache, dass für im­mer mehr Kinder nur ein Lehrer zur Verfügung steht. Es ist Tatsache, dass immer mehr Zusatzangebote eingespart werden. Es ist Tatsache, dass, wenn Förderunterricht auch angeboten wird, er nur in geringerem Maße angeboten werden kann. Es ist Tatsache, dass die musischen Angebote zurückgehen. Es ist Tatsache, dass die sportlichen Angebote zurückgehen, und es ist Tatsache, dass die Fremdsprachenintentionen zu­rückgehen.

Wenn die Elternvereine die Senkung der Schülerzahlen fordern, muss ich sagen: Eine solche Senkung ist unbedingt notwendig! Wenn auch heute schon so viel über Indivi­dualisierung gesprochen worden ist, wie sollen wir in der Schuleingangsphase, in der Grundschule die Kinder so betreuen, wie sie es brauchen? Es gibt Kinder, die in die Schule kommen und bereits perfekt lesen und schreiben können. Und wir haben an­dere, die besondere Bedürfnisse haben und all dies nicht können. Daher können wir das nur in kleineren Gruppen lösen und nicht in Klassen mit Höchstzahlen mit 30 und mehr Schülern.

Frau Bundesministerin, Sie streichen das Pilotprojekt Niederösterreich mit der Bil­dungsregion als hervorragend heraus. Ich sage Ihnen jetzt bereits, was in diesem Papier steht, so Sie es nicht kennen: Die Grundstufe eins wird in den Orten bleiben – das ist die erste und zweite Klasse Volksschule –, die dritten und vierten Klassen wer­den durch die Gegend transportiert. Wenn Sie also sagen, die Kleinschulen werden erhalten bleiben, so ist das einfach unrichtig.

Abschließend: Wenn wir von der Qualität der Schule sprechen, dann müssen wir uns auch ernsthaft den Kopf darüber zerbrechen, ob es volkswirtschaftlich sinnvoll ist, die­ses einigermaßen bedenkliche Repetitionsmodell weiterhin aufrechtzuerhalten. (Beifall bei der SPÖ.)

14.02



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Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Schiefermair. – Bitte.

 


14.02.51

Abgeordnete Notburga Schiefermair (ÖVP): Herr Präsident! Werte Frau Ministerin! Hohes Haus! Ich denke, dass es beachtenswert ist, wie viele der von den Eltern ge­wünschten Dinge bereits umgesetzt worden sind oder sich gerade in Umsetzung befin­den. Ich möchte mich bei Ihnen, Frau Bundesministerin, dafür sehr herzlich bedanken.

Ich finde es auch toll, dass es so viele engagierte Eltern, Gruppen, ja überhaupt so viele Menschen gibt, die sich über viele Bereiche unseres Bildungswesens Gedanken machen.

Wenn ich mir die Bürgerinitiative genau anschaue, muss ich sagen: Es sind viele Punkte darin, wie zum Beispiel die individuelle Förderung von Interessen, von Kindern mit Begabungen und Schwächen, bezüglich deren bereits Maßnahmen gesetzt wur­den. Wir haben heute schon von den Leseförderungsprogrammen gehört, von den 7 700 Lehrern, die sich damit beschäftigen, Schülerinnen und Schüler zu fördern. Wir haben von diesen 1,5 Millionen Förderstunden gehört. Was die Sicherung kleiner Schulstandorte angeht: Viele Vorredner haben bereits auf die 12 Millionen € hinge­wiesen, die da in den Finanzausgleich eingeflossen sind. Und was die Senkung der Klassenschülerhöchstzahlen betrifft, haben wir mit dem heutigen Entschließungsantrag die entsprechenden einleitenden Schritte dazu gesetzt.

Ich glaube, es gibt noch sehr viele Punkte, aber ich möchte vielleicht noch auf einen eingehen. Bildung ist nun in Bewegung. Das neue Schulpaket entspricht den vielen Anforderungen, die gestellt wurden. Welchen Ansprüchen? – Dem Anspruch verschie­denster Überprüfungsmechanismen, den Ansprüchen der neuen Arbeitssituationen in Familien durch die 5-Tage-Woche, dem Anspruch der Wahl- und Entscheidungsfrei­heit, dem Anspruch der Vernetzung im ländlichen Raum, dem Anspruch, der unseren eigenständigen und verantwortungsvollen Pädagogen gerecht wird, und dem Anspruch des nötigen Spielraums für Wertevermittlung und Herzensbildung.

Ich danke allen, die sich konstruktiv in diesen Entwicklungsprozess eingebracht und daran beteiligt haben. Den Schülerinnen und Schülern, Lehrerinnen und Lehrern wün­sche ich nun erholsame und verdiente Ferien. Und eines wünsche ich mir, nämlich einen verantwortungsvollen Umgang seitens der Opposition mit diesen teils bereits umgesetzten und teils eingeleiteten Maßnahmen, denn diese positive Entwicklung darf, weil durch die Parteibrille betrachtet, kein Verlierer sein. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

14.05


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter DDr. Niederwieser. – Bitte.

 


14.05.28

Abgeordneter DDr. Erwin Niederwieser (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminis­terin! Geschätzte Damen und Herren! In aller Kürze zur Bürgerinitiative auf der einen Seite und dem Entschließungsantrag auf der anderen Seite. Natürlich gibt es da noch sehr viel zu tun, weil der Entschließungsantrag, über den wir reden, ja nur die Einrich­tung einer Arbeitsgruppe beinhaltet, mit dem Auftrag, den Vorschlag der Zukunftskom­mission, Autonomieabbau, zentrale Regelungen für Klassen- und Gruppengrößen, zu überprüfen, also nicht einmal umzusetzen, sondern nur einmal zu überprüfen.

Das ist sozusagen die direkte Antwort auf die Bürgerinitiative, und das wäre natürlich nicht viel. Das ist aber allen hier bewusst. Daher ist noch ein Stück Arbeit zu leisten.


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Die Frau Bundesministerin hat ja eine Reihe solcher Pakete angekündigt, und wir gehen davon aus, dass es künftig schwerere Pakete werden.

Wenn wir über die Bildungspolitik diskutieren und etwas kritisieren, dann kritisieren wir ja nicht die Arbeit der Lehrer oder die Arbeit der Kinder – das schon gar nicht –, son­dern sehr spezifisch die Bildungspolitik. Das sind unterschiedliche Dinge, die Sie im­mer wieder verwechseln.

Von all den Punkten, Frau Bundesministerin, die in der Bürgerinitiative enthalten sind, ist mir einer besonders wichtig, und diesen möchte ich abschließend noch ansprechen, nämlich den Punkt: Integration bedarfsgerecht ermöglichen.

Sie haben vor, als einen der nächsten Schritte den gemeinsamen Unterricht von Kin­dern mit und ohne Behinderungen über die 8. Schulstufe hinaus weiterzuführen. Wir haben seinerzeit diskutiert: Soll es jetzt nur an den Polytechnischen Schulen sein oder können es nicht auch die berufsbildenden mittleren Schulen sein? Sie können das ja künftig allein mit Ihren Mehrheiten entscheiden. Trotzdem appelliere ich daran, dass wir hier sehr rasch eine breitere Lösung finden und dass Sie in diese Öffnung für Kinder mit Behinderungen über die 8. Schulstufe hinaus nicht nur die Polytechnischen Schulen, sondern zumindest auch die berufsbildenden mittleren Schulen einbeziehen, damit das auch eine sachgerechte Lösung wird. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

14.08


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Die Frau Berichterstatterin wünscht kein Schlusswort.

Wir kommen nun zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 1048 der Beilagen angeschlossene Entschließung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Es ist dies mit Mehrheit angenommen. (E 129.)

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Brosz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Vorlage eines Berichts über die Kosten der Senkung der Klassenschülerinnen- und -schülerhöchstzahlen auf 25 im Pflichtschulbereich.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Es ist das die Minderheit. Abgelehnt.

14.08.377. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (995 d.B.): Bun­desgesetz über die strategische Prüfung im Verkehrsbereich (SP-V-Gesetz) (1002 d.B.)

8. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 554/A (E) der Abgeordneten Mag. Dr. Magda Bleckmann, Fritz Grillitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Übertragung der B 317 zwischen Scheifling und Klagenfurt in den Zuständig­keitsbereich der ASFINAG (1003 d.B.)


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9. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 482/A (E) der Abgeordneten Heinz Gradwohl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Übernahme der Scheitel­strecke der B 317 über den Perchauer Sattel in den Zuständigkeitsbereich der ASFINAG und ihren vierspurigen Ausbau (1004 d.B.)

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Über die Punkte 7 bis 9 der Tagesordnung wird die Debatte unter einem durchgeführt.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Erste Debattenrednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Moser. – Bitte.

 


14.10.01

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehr­ter Herr Staatssekretär – danke für Ihre Anwesenheit! Dass Sie wieder einmal den Mi­nister vertreten, ist ja schon die Norm und nicht die Ausnahme. (Abg. Scheibner: Aber Sie regen sich immer auf, dass die Staatssekretäre nichts zu tun haben!) – Ja, das steht in der Verfassung (Abg. Scheibner: Sie sagen immer, die Staatssekretäre tun nichts!), aber es hat ja auch einen gewissen politischen Signalcharakter, wenn Herr Mi­nister Gorbach maximal zu den Fragestunden im Parlament erscheint, als Vizekanzler ab und zu auf der Regierungsbank sitzt, sonst aber im Ausschuss durch Abwesenheit glänzt, bei den Spezialdebatten durch Abwesenheit glänzt (Beifall bei den Grünen – Abg. Lentsch: Wo ist der Van der Bellen?) und seine Zeit wahrscheinlich im Ausland verbringt oder das Management des BZÖ in Gang zu setzen versucht – ich weiß es nicht. (Abg. Neudeck: Frau Kollegin, haben Sie zum Thema auch was zu sagen? – Abg. Scheibner: Der Staatssekretär ist zuständig für diesen Bereich!)

Es ist ja phänomenologisch leicht nachzuvollziehen, was ich Ihnen jetzt dargestellt habe. Gehen wir jetzt zu den einzelnen Punkten:

Meine Damen und Herren! Jetzt, am Ende von drei Tagen parlamentarischer Debatte, reden wir über den Verkehrsbereich. Sie alle wissen – Herr Kollege Miedl, Sie sind sicherlich auch derselben Meinung –, der Verkehrsbereich ist unser größtes Sicher­heitsproblem, und gemeinsam versuchen wir immer wieder, für mehr Verkehrssicher­heit einzutreten. (Abg. Mag. Regler: Ja, machen wir!)

Der Verkehrsbereich ist das größte Gesundheitsproblem. Ich brauche es Ihnen nicht aufzuzählen: die Unfallschäden, die Ozonbelastung, die Feinstaubbelastung, die Lärm­belastung et cetera (Abg. Neudeck: HIV!) – gravierende Schäden treten dort auf!

Der Verkehrsbereich umfasst einen Großteil auch der Umweltproblematik: Flächenver­brauch, Artenvielfalt und diese Dinge – ich wiederhole hier nicht noch einmal den Fein­staub et cetera.

Und: Im Verkehrsbereich bewegen wir Finanzsummen unglaublichen Ausmaßes: 8 Mil­liarden im Rahmen von Investitionsprogrammen, Straße und Schiene zusammenge­rechnet! – Bitte bedenken Sie, wie viel der Pensionszuschuss im ASVG-Bereich ausmacht: weniger! Bedenken Sie, was Sie für Schulen ausgeben: weniger im Jahr! Bedenken Sie auch, was Sie für Universitäten ausgeben: ein Kinkerlitzchen von dem, was im Verkehrsbereich bewegt wird!

Diesen wesentlichen politischen Bereich, diesen wesentlichen politischen Aktions- und Gestaltungsbereich debattieren wir schon systematisch immer am Schluss von Tages­ordnungen von Plenartagen! Ich halte das für eine falsche Gewichtung dieses sehr, sehr eminent wichtigen Bereiches, für eine völlig falsche! (Abg. Mag. Regler: Um 14 Uhr?!) – Heute sind wir Gott sei Dank zeitlich gesehen noch nicht so spät dran


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(Abg. Eder: Es ist immer zu spät! – Abg. Mag. Regler: Ach so!), aber es ist der letzte Block von Tagesordnungspunkten, Herr Kollege!

Das war jetzt für mich eine wichtige Einleitung, denn bei dem konkreten Punkt, über den wir heute Beschluss fassen, geht es um die Umsetzung einer EU-Richtlinie über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme. Wir sollten in der Verkehrspolitik endlich mehr Gewicht auf vorausschauende Planung legen und mehr auf die vorausschauende Überlegung von Konsequenzen Wert legen. Das, was jetzt hier beschlossen werden soll, ist zwar eine Umsetzung, aber eine Umsetzung, die viel zu spät kommt, und eine Umsetzung, die nicht einmal im Titel den Ausdruck „Um­welt“ enthält. Im Titel gibt es keine „Umwelt“ – dabei sollen wir eine Umweltrichtlinie umsetzen! Ich meine, das zeigt ja auch deutlich, mit welcher Gesinnung bei uns oft im verkehrspolitischen Bereich gearbeitet wird. – Das ist einer meiner Hauptkritikpunkte gleich vorneweg.

Der zweite Hauptkritikpunkt: An sich sollte die Umsetzung der EU-Richtlinie bundes­einheitlich erfolgen. Was machen wir? – Teilweise muss sie erst wieder in den Ländern durch Landesgesetz umgesetzt werden.

Dann sollte die Umsetzung dieser Planungsumweltrichtlinie von EU-Ebene sektorüber­greifend erfolgen. Was wird bei uns gemacht? – Sie wird umgesetzt im Abfallwirt­schaftsbereich, sie wird umgesetzt im Wasserrechtsbereich und jetzt auch im Ver­kehrsbereich.

Ich darf Ihnen noch als Bonmot für die Umsetzungsfreudigkeit des Verkehrsressorts eine Anfragebeantwortung des Herrn Umweltministers Pröll vorlesen. An ihn habe ich ja die Frage gerichtet, wie es jetzt mit der strategischen Umweltverträglichkeitsprüfung im Verkehrsbereich ausschaut. Und er konnte mir jetzt, Ende Juni 2005, antworten – die Umsetzungsfrist war 21. Juli 2004 –:

Er hat nach Koordinationssitzungen und so weiter mit Vertretern des BMVIT mehrere Gespräche geführt. „Drei solche Treffen fanden ... statt (...). Zusätzlich ergingen zwei Schreiben an den damaligen Generalsekretär des BMVIT.“ Und: „Mein Ressort“ – das ist das Umweltressort – „bot in einem weiteren Schreiben an den Herrn Generalsekre­tär des BMVIT im Jahr 2004 fachliche Unterstützung zur Umsetzung ... an. Das BMVIT war somit umfassend und frühzeitig“ und so weiter in den Prozess eingebunden.

Was ist der Erfolg? – Wir sind ein Jahr zu spät dran! Das ist das Desinteresse im Ver­kehrsbereich an Umweltbereichen, an Umweltmaßnahmen und das Desinteresse im Verkehrsbereich und anscheinend auch im Verkehrsressort, vor allem unter dieser Vizekanzlerschaft, tatsächlich bereits Planungen einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen – denn das, was wir jetzt an Vorstellungen und Vorschlägen vorliegen haben, reduziert sich wieder auf eine kleine Vorwegnahme von projektbezogenen UVPs.

Ich nenne Ihnen jetzt noch einmal unsere generellen Kritikpunkte:

Erstens: Die rechtliche Verankerung des Generalverkehrsplanes fehlt. Wenn wir jetzt die EU-Richtlinie, die sich ja auf Planungen bezieht, umsetzen wollen, dann brauchen wir praktisch einen Gesamtplan, der dieser Prüfung unterzogen werden kann. Sonst können wir es uns ohnehin sparen. Sonst machen wir, wie üblich, die normalen pro­jektbezogenen UVPs und sparen uns den ganzen bürokratischen, aufwendigen Be­richtbereich, denn dieser hat nur einen Sinn, wenn es zusätzliche Qualität gibt. Und zusätzliche Qualität gäbe es, wenn im Vorfeld bereits bei der Planung und bei den Programmen eine strategische Prüfung angesetzt würde.


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Aber wenn Sie den Generalverkehrsplan gar nicht als Gesetz verankern, kann er gar nicht der SUP unterzogen werden, ist es also gar nicht möglich, dieses vorausschau­ende Instrument anzusetzen. Das ist ja die Perversion bei Ihrer Herangehensweise!

Weitere Kritikpunkte: Bei der Umweltverträglichkeitsprüfung, wie Sie sie vorsehen, sind die Flughäfen ausgenommen. Es besteht keine Pflicht zur Berücksichtigung des Um­weltberichtes bei Planentscheidungen. – Wozu dann das Ganze? Das ist nur von der EU aufgedrängter zusätzlicher Aufwand, der ohne Substanz bleibt!

Wir haben keine Übergangsbestimmungen zur Erfassung der Netzänderungen, die nach dem 21. Juli erfolgt sind. Die Umsetzung ist im Hinblick auf die Frist praktisch nicht ordentlich durchgeführt worden. Die NGOs sind nicht eingebunden, die Umwelt­anwaltschaften sind nicht eingebunden – es wurde nicht der Weg gewählt, ihnen Par­teienstellung einzuräumen.

Wir haben auch praktisch keine Einbindung der Gemeinden. Die Bürgermeister sind nicht mit einbezogen – das fehlt uns auch. Weiters erfolgt praktisch die Erstellung des Umweltberichtes vom Projektbetreiber – und nicht von einer unabhängigen Beamten­stelle. Das sind doch wirklich eklatante Fehler, wo man wieder einmal den Bock zum Gärtner macht! Und insgesamt haben wir keine Konkretisierung der Überwachungs­maßnahmen und Ergänzungen der gesetzlichen Abhilfemaßnahmen. Das fehlt uns auch.

Es tut mir Leid, dass insgesamt Arbeit verwendet wurde für eine Materie, die unterm Strich in der österreichischen Umsetzung keinen zusätzlichen Qualitätsgewinn bringt und verkehrspolitisch für uns leider zu keinerlei positiven Effekten irgendeiner Art führt.

Unsere Ablehnung ist deshalb klar argumentiert. – Danke schön. (Beifall bei den Grü­nen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

14.17


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Miedl. – Bitte.

 


14.17.30

Abgeordneter Werner Miedl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist heute Freitag, 14.15 Uhr (Abg. Dr. Puswald: Wir kennen die Uhr – trotz PISA!), ein wichtiger Tagesordnungspunkt steht zur Debatte, und es ist nicht am Ende des Plenartages, sondern mittendrin. Frau Kollegin Moser, mir kommt es so vor, als ob die Grünen aus der Präsidialkonferenz ausgeschlossen gewesen wären! Die Tagesordnung ist gemeinsam gemacht worden. Sie wissen ja, man kann natürlich immer das eine gegen das andere ausspielen. Als Verkehrsspre­cher der ÖVP bin ich mit der Anordnung der Tagesordnungspunkte sehr zufrieden. Ich denke, wir haben ein sehr aufmerksames Publikum, wenngleich es auch (Abg. Eder: Schütter!) im Umfang ein bisschen schütter geworden ist. Aber das ist so in einem Fachbereich, Herr Kollege Eder. Damit müssen wir leben.

Frau Kollegin Moser, ich habe bei Ihrem Beitrag eines nicht verstanden – wir haben das bereits im Ausschuss debattiert –: Es ist doch genau umgekehrt! Die strategische Prüfung gibt es genau deswegen, weil wir erstens die EU-Richtlinie umsetzen müssen und zum Zweiten Fehlplanungen vermeiden wollen. Wir wollen Fehlinvestitionen ver­meiden, weil genau das stimmt, was Sie analysiert haben. Aber genau deswegen ist das ja angesetzt! Und für den Fall, dass Alternativen angebrachter wären, müssen wir natürlich auch untersuchen, ob Alternativen besser sind, wobei die Wirtschaftlichkeit und die Erfüllung des Zwecks des Verkehrs jedenfalls zu gewährleisten sind.

Ich verstehe hier also Ihre Kritik nicht ganz, weil die strategische Planung an sich etwas sehr Grundsätzliches ist. Und wir haben genau in dieser Besprechung im Aus-


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schuss auch vereinbart, dass die betroffenen Umweltstellen der Länder damit beauf­tragt werden. Wir haben nur auch gesagt, wir wollen keine Verschleppung dieser Un­tersuchung auf den Sankt-Nimmerleins-Tag, sondern wir wollen das zügig durchgeführt wissen, damit die Wirtschaftlichkeit solcher Projekte nicht darunter leidet, und haben mit vier Wochen sozusagen eine maximale Frist dieser strategischen Prüfung festge­setzt.

Dass bestehende Gesetze, Frau Kollegin Moser, nicht noch einmal aufgerollt werden können, so wie der Generalverkehrsplan, ist mir völlig klar, denn wir beginnen dann wieder von vorne. Aber jede Netzkantenerweiterung wäre einer solchen strategischen Prüfung zuzuführen.

Ich persönlich bin froh über das Gesetz, weil es in Wirklichkeit alle umweltrelevanten, alle sozialen und alle Verkehrsgepflogenheiten mit einzubeziehen hat. Und ich denke, es ist ein modernes Gesetz. Ich danke Herrn Staatssekretär Kukacka, der uns in der Ausschusssitzung auch die entsprechende Aufklärung darüber gegeben hat. Und ich bin sehr froh, Herr Staatssekretär, dass Sie uns immer wieder in sehr kompetenter Weise im Ausschuss, aber auch hier im Plenum zur Verfügung stehen (Abg. Eder: Er ist immer da, ja!), als Fachminister sozusagen (Abg. Eder: Richtig!), als Fachstaats­sekretär. Dafür recht herzlichen Dank!

Meine Damen und Herren! Mit diesem Gesetz, das wir heute zu verabschieden haben, bin ich mehr als einverstanden. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Dipl.-Ing. Ach­leitner.)

14.20


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Eder. – Bitte.

 


14.20.36

Abgeordneter Kurt Eder (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr „Fachminister“! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich sage das gar nicht zynisch, sondern ich sage das sehr bewusst, denn schön langsam muss ich festhalten: Wenn jemand nicht Politiker sein will, sondern er eine private Karriere machen will, dann soll er das tun! Auch in der Fragestunde wurde der Herr Vizekanzler und Ver­kehrsminister schon gefragt, ob es stimmt, dass er mit einem Seilbahnunternehmen, dem Seilbahnunternehmen Klaus, mittlerweile schon Vorverträge hat. Das hat er nicht einmal wirklich bestritten. Er hat nur irgendwie herumgeredet. – Ich halte das für uner­träglich, dass der Herr Verkehrsminister nicht hier im Haus ist! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Ein Politiker mit Ablaufdatum ist suboptimal. – Das stammt nicht von mir, sondern das hat Herr Klubobmann Scheibner festgehalten.

Und ich muss noch ein paar Dinge heute hier sagen, weil das einfach gesagt gehört: Ich habe noch nie einen Bundesminister erlebt, der so wenig in Parlamentsausschüs­sen, beziehungsweise im Speziellen in Verkehrsausschüssen, gewesen ist! Ich habe mir das einmal angeschaut: Im Verkehrsausschuss haben wir in dieser Gesetzge­bungsperiode zwölf Sitzungen gehabt. Bei sieben Sitzungen war der Herr Verkehrsmi­nister nicht anwesend, obwohl alle diese Termine schon weiß ich wie lange vereinbart waren.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die letzte Verkehrsausschusssitzung, die der Herr Verkehrsminister persönlich besucht hat, war am 12. März – aber nicht 2005, sondern 2004! Das heißt, er war fast eineinhalb Jahre nicht mehr in diesem Haus im Verkehrsausschuss! (Abg. Gaál: Das ist eine Beleidigung des Parlaments!) Hat er denn überhaupt noch Interesse an Verkehrspolitik? Das schließt nahtlos bei dem an,


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was meine Vorrednerin, Kollegin Moser, gesagt hat: Da werden Milliarden bewegt – und die Abgeordneten haben nicht einmal die Möglichkeit, mit ihrem Verkehrsminister im Parlament in einem Ausschuss ordentlich Gespräche zu führen! Das ist einfach unerträglich, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Öllinger: Er braucht noch ein paar Staatssekretäre!)

Das letzte Mal, am 22. Juni, war alles vereinbart: Wer nicht kam, war der Herr Ver­kehrsminister! Warum ist er nicht gekommen? – Weil man in Niederösterreich die Han­dymastensteuer eingeführt hat. (Abg. Rädler: Eine sehr gute Sache!) Da hat er sich wichtig machen müssen. Da hat er gleich alle fünf Handymastenbetreiber eingeladen und wichtig geredet. Er hat nur vergessen, mit Schüssel zu reden. Wenn er nämlich mit Schüssel geredet hätte, hätte er sich die Sitzung erspart, denn der hätte sich nie mit dem Herrn Pröll in Niederösterreich angelegt. Also brauchen wir nicht darüber zu reden: Die Sitzung war unnötig. Der Verkehrsausschuss ist alleine „dagesessen“.

Nein, das ist eigentlich falsch: Er ist nicht alleine dagesessen, denn der Herr Minister hat natürlich seine Vertreter. (Abg. Öllinger – in Richtung Freiheitliche –: Beantragen Sie ein paar Staatssekretäre!) Einer sitzt heute hier, und ich muss sagen, dass Herr Staatssekretär Kukacka aus ÖVP-Sicht wirklich ordentlich seine politische Meinung im Ausschuss dargelegt hat! (Demonstrativer Beifall bei der ÖVP.) Aber der Minister war nicht da, und seine Meinung haben wir daher nicht gehört! (Beifall bei der SPÖ.)

Das heißt, ich bin eigentlich sehr froh, dass wir zumindest einen kompetenten Mann hier auf der Regierungsbank haben, der uns überhaupt noch zur Verfügung steht. (Abg. Öllinger – auf die Reihen des Freiheitlichen Parlamentsklubs weisend –: Dort sitzt ja überhaupt niemand mehr von den Freiheitlichen!)

Herr Bundesminister ... – wollte ich sagen, wenn er hier gesessen wäre. Er vernach­lässigt ganz einfach seine verfassungsmäßigen Pflichten dem Parlament gegenüber. Es ist ja auch das BZÖ überhaupt nicht mehr da – das ist ja anscheinend auch schon in Auflösung. (Beifall des Abgeordneten Dr. Puswald.)

Aber wichtig ist anscheinend in seinem Büro, dass man Schönheitsköniginnen, Misses beschäftigt. Jetzt hat er sich gebrüstet, wie ich vor kurzem einer Zeitung entnommen habe, dass er als Pressesprecher ein männliches Model eingestellt hat. (Abg. Rädler: Das ist aber jetzt tief! Das ist ganz tief!)

Nein, das ist nicht ganz tief, aber ich hoffe, dass die alle kompetent sind – ich unter­stelle hier auch gar nichts. Aber worauf kommt es eigentlich an in einem Ministerium? (Abg. Rädler: Ja, das wäre wichtig!) Kommt es nur mehr auf schöne Leute an – oder kommt es auch auf kompetente Leute an? – Es ist eine eigenartige Situation, die ich hier sehe. (Abg. Mag. Regler: Auch schöne Leute können gut sein!)

In der ASFINAG explodieren die Schulden. Darüber wird überhaupt nichts geredet.

Das Gesetz, über das wir heute hier befinden, kennt er, glaube ich, gar nicht. Der Herr Staatssekretär hat sich im Ausschuss bemüht, uns hiezu entsprechend Auskunft zu geben. Ich kann mich nur den Ausführungen meiner Vorrednerin, Kollegin Moser, an­schließen: Es ist an und für sich ein Gesetz, das absolut in die falsche Richtung geht. Daher werden wir auch diesem Gesetz nicht zustimmen.

Dann las ich gestern im „Kurier“: „Verwirrte Autofahrer“. In Kärnten, Oberösterreich und im Burgenland weiß man überhaupt nicht, wie man mit den Vormerkungen umgehen soll. Wenn ein Kind mit im Auto sitzt und die Leute sind Richtung Urlaub unterwegs und das Kind ist nicht entsprechend gesichert, muss das Auto angehalten werden. Dürfen die nicht mehr in den Urlaub weiterfahren? Werden die gestraft, nicht gestraft, vorge­merkt? – Kein Mensch weiß es. Wir haben uns bei den Behörden erkundigt: In diesen drei Bundesländern weiß man überhaupt nicht, wie man damit umgeht. So „super“ vor-


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bereitet sind die Dinge hier! Es ist bezeichnend, wie in diesem Bereich Politik gemacht wird und gearbeitet wird. (Abg. Gaál: Der Herr Minister gehört aus dem Verkehr gezo­gen!)

Wir lehnen eine so sorglose Politik auf jeden Fall ab! (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Dr. Gabriela Moser.)

14.25


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dipl.-Ing. Achleitner. (Abg. Riepl – in Richtung der sich zum Red­nerpult begebenden Abg. Dipl.-Ing. Achleitner –: Sagen Sie was zu dem, was Sie jetzt gehört haben! – Abg. Mag. Regler: Das ist eine kompetente Frau! ... sagt die reine Wahrheit!)

 


14.25.25

Abgeordnete Dipl.-Ing. Elke Achleitner (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Hohes Haus! Herr Kollege Eder, wenn Ihr einziger Beitrag zur Verkehrspolitik für Österreich das Schlechtmachen des Vizekanzlers und Bundesminister ist (Abg. Dr. Puswald: Das ist nicht Schlechtmachen, der ist schlecht!), dann muss ich schon sagen: Ihr Beitrag zur österreichischen Verkehrspolitik ist sehr mager und sehr dünn! (Abg. Dr. Puswald: Immer noch mehr als der Beitrag des Verkehrsministers!)

Frau Kollegin Moser, Sie haben angesprochen, dass Umwelt kein Thema im Verkehrs­bereich ist. Ich möchte Sie nur auf den Lärmschutz hinweisen, der mehr als je zuvor finanziert wird, gerade auch bei neuen Straßenbauten. Und auch bei der jetzigen Ge­setzesvorlage, bei der strategischen Prüfung werden für die Umwelt wieder vermehrt Maßnahmen getroffen und Möglichkeiten geschaffen, um genau die Auswirkungen auf die Umwelt zu berücksichtigen.

Es gibt bei dieser strategischen Prüfung mehrere Punkte: dass, wenn die Verkehrs­wege so angebracht sind, sogar auch grenzüberschreitend Untersuchungen der Um­weltauswirkungen betrachtet werden, dass ein Umweltbericht erarbeitet wird und – was ich noch viel wichtiger finde – dass die Umweltstellen der Länder, aber auch die Öffent­lichkeit mit einbezogen werden. Darum ist Ihre Aussage auch unrichtig, wenn Sie sagen, dass keine Privaten oder keine NGOs mit einbezogen sind, denn der Umwelt­bericht wird auf der Homepage dargestellt, und es können natürlich jederzeit Stellung­nahmen abgegeben werden.

Ein weiterer wichtiger Punkt, den ich auch für sehr positiv für die generelle Verkehrs­politik halte, ist bei der Planung neuer Verkehrsnetze, dass auch Alternativen geprüft werden, dass überlegt wird: Ist es notwendig oder ist es richtig, wenn es dort schon eine Straße gibt, eine Schiene zu bauen?, und umgekehrt. Das sind strategische Überlegungen, die sehr wichtig sind und die gerade für die Errichtung der Infrastruktur große Bedeutung haben.

Und durch diese strategische Prüfungen ... (Abg. Dr. Gabriela Moser: ... Generalver­kehrsplan!) – Ja, der Generalverkehrsplan ist einmal eine beschlossene Sache. Aber genau jetzt, bevor neue Planungen gemacht werden, soll diese strategische Prüfung durchgeführt werden, um Fehlplanungen – und teure Fehlplanungen! –, wenn man schon in Detailplanungen geht, zu vermeiden und um Risiken früher erkennen zu kön­nen, um diskutieren zu können, um Probleme von vornherein absprechen zu können und um auch eventuelle Erweiterungen eines Straßenverkehrsnetzes hintanzustellen und zu sagen: Nein, das hat keinen Sinn!, oder man macht lieber Schiene anstatt Straße.

Genau dieses Werkzeug ist mit dieser strategischen Prüfung möglich. Wie gesagt, gerade im Umweltbereich werden hier vermehrt Schwerpunkte gesetzt. Darum möchte


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ich abschließend sagen, dass gerade durch diese strategische Prüfung vorausschau­ende Problemlösung möglich ist und man auch die Möglichkeit hat, den Umweltbereich wieder verstärkt in Betracht zu ziehen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeord­neten der ÖVP.)

14.28


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Rest-Hinterseer. Ich erteile es ihr.

 


14.28.59

Abgeordnete Heidemarie Rest-Hinterseer (Grüne): Herr Präsident! Geschätzter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ich kann den euphemistischen Äußerungen der Kollegin Achleitner, die ich ansonsten sehr schätze, überhaupt nicht folgen. Es ist sehr schwer, das noch nachvollziehen zu können, wenn von zehn Zielen, denen Verkehrspläne ent­sprechen sollen, eines dem Umweltschutz, dem Thema Umwelt gewidmet ist.

Es erfolgt zum Beispiel keine konkrete Nennung der internationalen Vereinbarungen zum Schutz der Umwelt, wie dies im Kyoto-Protokoll oder im Verkehrsprotokoll zur häufig zitierten Alpenkonvention gefordert ist. Darauf ist überhaupt kein Hinweis zu fin­den.

Der neue Generalverkehrsplan, den Sie so gerne zitieren, ist offenbar ein Geheim­dokument, denn wir haben ihn noch nie gesehen. Wir wissen gar nicht, wie dieser aus­schaut, denn man kann ihn sich nur über irgendwelche Geheimpfade besorgen. Das ist kein Gesetzestext. Herr Kollege Miedl hat gesagt, dass das ein Gesetzestext ist, aber das stimmt nicht. Der Generalverkehrsplan ist uns nicht bekannt, lieber Herr Kollege Regler! (Abg. Mag. Regler: Er ist auch nicht beschlossen!)

Nachdem es sich um eine verspätete Umsetzung einer Richtlinie handelt, ist diese Euphorie hier auch nicht wirklich nachvollziehbar. Wenn es dieser Regierung so wichtig wäre, warum vollzieht sie dann diese Richtlinie verspätet nach? Abgesehen davon ist eine Gesamtbeurteilung des Verkehrswegenetzes im Sinne von umweltrelevanten Lösungen überhaupt nicht erkennbar.

Ich muss zu meinem Leidwesen auch sagen, dass in dieser Woche im EU-Parlament abgelehnt wurde, eine strategische Umweltprüfung der gesamten Verkehrswegepla­nung im europäischen Raum durchzuführen. In diesem Zusammenhang werden Milli­ardenbeträge ohne Gesamtschau betreffend ein ganzes Konzept eingesetzt bezie­hungsweise zum Teil verheizt! – Wie gesagt: Es fehlt eine Zusammenschau.

Die Informationspflichten des Bundesministeriums werden so wahrgenommen, dass die entsprechenden Informationen irgendwann auf die Homepage gestellt werden, was nicht wirklich benutzer- und benutzerinnenfreundlich ist. Es besteht auch eine beson­dere Informationspflicht gegenüber NGOs. Zum Glück arbeiten die NGOs aber besser als das Verkehrsministerium und haben oft schon Informationen, bevor das Ministerium diese hat. Sie sind also nicht wirklich davon abhängig, was aber auch nicht unbedingt ein Renommee ist, auf das man hinweisen kann.

Die Prüfung der Verträglichkeit des Verkehrsplanentwurfes mit den Raumordnungsplä­nen der Länder und den Fachplanungsakten der Ämter der Landesregierungen findet überhaupt nicht statt. Das ist auch ein besonderes Manko, weil so natürlich viel Arbeit nebeneinander geschieht und nicht gemeinsam aufeinander abgestimmt wird.

Insgesamt ist unsere Beurteilung sehr schlecht, daher können wir diesem Gesetzes­vorschlag nicht zustimmen. (Beifall bei den Grünen.)

14.32



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117. Sitzung / Seite 111

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Grillitsch. – Bitte.

 


14.32.16

Abgeordneter Fritz Grillitsch (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin sehr froh, dass wir heute über zwei Anträge hier abstimmen, nämlich über den Abgeordneten  der Frau Dr. Bleckmann und von mir – auch eine Besonderheit für dieses Hohe Haus! (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP und der Freiheitlichen, der sich offenbar auf den Versprecher des Redners bezieht) –, aber auch über den Antrag des Herrn Abgeordneten Gradwohl (Zwischenruf des Abg. Grad­wohl.)

Die beiden Anträge unterscheiden sich nicht nur hinsichtlich der Antragsteller, sondern auch in der Art und Weise, wie man Politik macht. (Abg. Dr. Puswald: Das stimmt, aber das spricht nicht für Sie!)

Unser Antrag, sozusagen der Regierungsantrag, ist der ganzheitliche Antrag, der An­trag des Kollegen Gradwohl ist hingegen aus der Kirchturmperspektive verfasst, denn er will nur die Aufnahme der Scheitelstrecke über den Perchauer Sattel, was zu unvor­teilhaften Lücken von Scheifling bis Klagenfurt führen und zusätzliche Lärmbelästigun­gen ergeben würde, Neumarkt könnte nicht umfahren werden und, und, und. Das ist eine Perspektive, die ich wirklich nicht nachvollziehen kann. (Zwischenruf des Abg. Öl­linger.)

Unser Antrag ist quasi ganzheitlich, nämlich durchbauen beziehungsweise durchfahren bis Klagenfurt mit enormer Investitionssumme. (Abg. Marizzi: Und bis Rom!) Natürlich! Auch die Verbindung in den Süden ist eine ganz wichtige, Herr Marizzi, nicht nur in den Osten, auch in den Süden!

Daher bin ich sehr froh, dass wir über diesen Antrag abstimmen, und ich glaube, es ist für dieses Hohe Haus und für jene, die ganzheitlich denken, eine Selbstverständlich­keit, dass sie dem ersten Antrag zustimmen werden, denn diese Region braucht das! Die Steiermark – und gerade diese Region – hat in letzter Zeit nach sozialistischer Vernichtungsarbeit, was Arbeitsplätze angeht, entsprechende Probleme gehabt, jetzt ist in dieser Region aber wieder Leben! (Abg. Dr. Puswald: Klasnic gehört aber zur ÖVP und nicht zur SPÖ! Klasnic ist die Vernichterin der Arbeitsplätze!)

„Spielberg-Neu“, Semmeringstraßentunnel, Semmeringtunnel-Bahn, die Therme in Fohnsdorf: Waltraud Klasnic und Hermann Schützenhöfer haben gestern den Antrag in der Steirischen Landesregierung gestellt. Ich füge jetzt hinzu: in mühsamer Absprache mit Herrn Voves, dass man auch in Fohnsdorf die Therme fördert. In Pöls gab es eine 250 Millionen €-Investition, und jetzt erfolgt diese wichtige Infrastrukturmaßnahme dank einer ÖVP-geführten Landesregierung in der Steiermark. (Abg. Dr. Puswald: Nicht mehr lang, Gott sei Dank!)

Herr Puswald, ich sage Ihnen: So lange werden Sie nicht nach Wien fahren, wie die Steiermark schwarz sein wird, das garantiere ich Ihnen! (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Pfeffer: Ich habe geglaubt, die Steiermark ist grün!) Sie wechseln zu oft, nicht nur über den Perchauer Sattel! Daher werden wir schauen, wer das nächste Mal hier sitzt und wer in der Steiermark als Landeshauptmann weiter tätig sein wird!

In diesem Sinne bitte ich Sie, unserem ersten Antrag zuzustimmen, weil er der ganz­heitliche und der nachhaltigere ist, um den Wirtschaftsstandort Oberes Murtal auch entsprechend abzusichern. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheit­lichen.)

14.35



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117. Sitzung / Seite 112

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Gradwohl. – Bitte. (Abg. Dr. Puswald – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Gradwohl –: Sag ihnen, wie es wirklich ist, Heinz!)

 


14.35.56

Abgeordneter Heinz Gradwohl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Fachminis­ter mit der Berufsbezeichnung Staatssekretär! Hohes Haus! Kollege Grillitsch, es ist zwar lustig, aber deine Aussage, wie lange die Steiermark schwarz sein wird, ist des­wegen bestimmt nicht haltbar, weil du bei dieser Aussage rot geworden bist! Daher glaube ich, dass sie nicht ganz ernst gemeint war! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kollegin Bleckmann ist tatsächlich meine Zeugin: Wir haben im vergangenen Jahr bereits darüber verhandelt, einen gemeinsa­men Antrag einzubringen. Allerdings war es vom Februar des vergangenen Jahres bis zum November des vergangenen Jahres nicht möglich, das mit der ÖVP zustande zu bringen. (Zwischenruf des Abg. Grillitsch.) Daher war es notwendig, am 18. November des Vorjahres einen Antrag einzubringen, der genau das umfasst, was notwendig ist.

Ich darf das etwas näher erläutern: Die ASFINAG hat auf Grund der Beschlussfassung des Generalverkehrsplans – nicht des neuen, sondern des Vorgängers – die Strecke von Judenburg bis Scheifling als hochwertige Bundesstraße übernommen und plant den Ausbau von Judenburg bis Scheifling mit Baubeginn 2007, und 2009 soll dieses Straßenstück fertig sein. (Abg. Mag. Regler: Gott sei Dank! – Abg. Grillitsch: Dank uns!)

Herr Kollege! Nach Scheifling in Richtung Süden gibt es aber nur eine Landesstraße B, und das noch dazu bei einem Nadelöhr über den Perchauer Sattel. Danach geht es in Kärnten wieder etwas besser ausgebaut ab Dürnstein beziehungsweise Friesach wei­ter bis Klagenfurt. (Zwischenruf des Abg. Scheibner.)

Herr Kollege Scheibner, der Steirische Landtag hat bereits im vorvorigen Jahr ein­stimmig beschlossen: Die Bundesregierung wird ersucht, dieses Scheitelstück in den Generalverkehrsplan und damit ins höherrangige Straßennetz zu übernehmen.

Kollege Grillitsch, du weißt es ganz genau: Zwei deiner Landtagskollegen aus Murau beziehungsweise Judenburg haben in den letzten Jahren eine Kanonade von Aussen­dungen losgelassen, mit denen sie auf der einen Seite den Verkehrslandesrat Leopold Schöggl bombardiert haben, er möge doch endlich einmal aktiv werden, und auf der anderen Seite auch Bittbriefe an sämtliche Abgeordnete geschickt haben, auch an dich. – Allein: Es war bis vergangenes Jahr beziehungsweise bis heuer im Mai nicht möglich ... (Zwischenruf des Abg. Grillitsch.) Ja, aber ihr habt einen Antrag einge­bracht und nicht berücksichtigt, dass das Straßenstück von Friesach bis nach Klagen­furt zurzeit noch nicht Beschlusssache des Kärntner Landtages ist. Daher werden wir noch länger warten müssen, bis sich der Kärntner Landtag dazu durchgerungen hat zuzustimmen, auch dieses Straßenstück in das hochrangige Bundesstraßennetz zu überführen. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Du hast ja Einfluss, Heinz!)

Das heißt im Klartext: Der weiter reichende Antrag gleicht der Verkehrspolitik, lieber Fritz Grillitsch, wie sie von der steirischen ÖVP für die Obersteiermark seit Jahrzehnten betrieben wird. „V“ steht für verhindern, verbocken und vor allem für Fristen verlängern.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir werden diesem Antrag der Kollegin Bleckmann und des Kollegen Grillitsch zustimmen, weil es uns wirklich darum geht, für die Bevölkerung etwas zu erreichen. Nur: Mit einem bisschen ... (Abg. Scheibner: Die Familienzusammenführung!) Auch das, Kollege Scheibner! Wir sind da wirklich offen, weil wir es genau in diesem Bereich, lieber Kollege Grillitsch, nicht mehr ertragen, dass wir ein Nadelöhr in Scheifling haben und dass diese Strecke als Ausweichstrecke für


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Mautflüchtlinge im Schwerverkehr benützt wird. (Abg. Dr. Puswald: Heinz, du bist großartig!)

Lieber Fritz Grillitsch, jetzt verstehe ich die Welt überhaupt nicht mehr! Im Verkehrs­ausschuss hat mir nämlich euer Verkehrsprecher Miedl vorgeworfen, dass Lärm­schutzmaßnahmen nichts sind, was wir hier diskutieren sollten. Du bringst das aber wieder ins Gespräch! Einigt euch doch darüber! (Abg. Dr. Puswald: Dann ist die ÖVP wirklich so zerstritten! Wie kann eine solche Partei noch regieren?) Bis ihr euch geei­nigt habt, ist die ASFINAG hoffentlich so weit, dass sie eine Planung beginnen kann! Wenn es nämlich nach euch, nach der ÖVP-Verkehrspolitik und nach der Unterstüt­zung für die Obersteiermark durch Frau Klasnic geht, dann können wir bald mit dem Radl fahren, aber auf keiner Straße. (Beifall bei der SPÖ.)

14.40


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Bleckmann. – Bitte.

 


14.40.40

Abgeordnete Mag. Dr. Magda Bleckmann (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsi­dent! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Lieber Kollege Gradwohl, willkommen in der Familie beziehungsweise im Familien-Antrag! (Heiterkeit.) Ich freue mich, dass du da mitgehst, denn ich denke, dass das eine gute gemeinsame Sache ist, die wir hier für die Obersteiermark wollen. Wir hätten dich gerne von Anfang an dabei gehabt, aber da hat es gewisse „Unwegsamkeiten“ gegeben. (Zwischenruf des Abg. Gradwohl.)

Auch hier gilt aber: Ende gut, alles gut! Wichtig ist, dass wir jetzt einen gemeinsamen Antrag haben, der eine Verbesserung für die Obersteiermark bringt, vor allem im Be­reich der B  317 über den Perchauer Sattel.

Ich denke mir, wenn das von der ASFINAG übernommen und dann auch in Bundes­kompetenz sein wird, dann brauchen wir Kollegen Schöggl in der Familie nicht mehr. Dann sind wir auf den Landesbereich nicht angewiesen, sondern dann kann man das seitens des Bundes aktiv angehen und dann müssen wir diesbezüglich auch gemein­sam vorgehen. (Abg. Gradwohl: Darum soll Herr Vizekanzler Gorbach einen Antrag im Ministerrat einbringen!)

Ich meine, wir brauchen da nicht einmal einen Antrag einbringen. Wir werden gemein­sam schauen, dass wir für die Obersteiermark zu dieser Verbesserung kommen und dass auch Ihrem Ansinnen Rechnung getragen wird. Ich glaube, dass wir das gemein­sam schaffen, nachdem wir auch das hier jetzt gemeinsam zu Stande gebracht haben. – Ich wünsche der Steiermark ein „Glückauf“! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.42


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Hlavac. Ich erteile es ihr.

 


14.42.12

Abgeordnete Dr. Elisabeth Hlavac (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Ich komme jetzt wieder zurück zur strategischen Prüfung im Ver­kehrsbereich, die, wie schon gesagt wurde, der Umsetzung einer EU-Richtlinie dient.

Das Konzept dieser Richtlinie ist sehr vernünftig: Es wird versucht, in einer möglichst frühen Phase zu überprüfen, ob Umweltverträglichkeit und auch Sozialverträglichkeit gegeben und ob die Anrainerinteressen berücksichtigt sind, sodass man sich eine Kon­frontation mit entsprechenden Problemen in einer Phase, in der es zu spät ist, erspart.


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Leider aber greift das Gesetz zu kurz: Es ist nicht geeignet, diesen Gedanken wirklich umzusetzen, weil zu sehr klein-klein gedacht wird. Es wäre notwendig, ganze Korridore zu betrachten und zu überprüfen, was gescheiter ist: Schiene oder Straße. Es wäre also nötig, wirklich in Alternativen und großflächig zu denken.

Ich gebe Kollegin Rest-Hinterseer Recht, dass es sinnvoll gewesen wäre, wenn in der Europäischen Union beschlossen worden wäre, dass die europäischen Netze über­haupt nach diesen Gesichtspunkten überprüft werden könnten.

Ein Problem ist hier auch schon angesprochen worden, nämlich das des Generalver­kehrsplans: Sinnvoll wäre es, wenn es endlich einen rechtlich verbindlichen General­verkehrsplan gäbe, der auch wirklich angepasst und realistisch ist und den man dann als Grundlage für die Überprüfungen nehmen könnte.

Es gibt hier also zu viele Mängel, und deshalb können wir diesem Gesetz, weil es eben keine wirkliche Umsetzung der Richtlinie ist, nicht zustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

14.44


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Glaser. – Bitte.

 


14.44.29

Abgeordneter Franz Glaser (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, dass die Grünen das Wort „strategisch“ ver­wechselt oder nicht richtig interpretiert haben: „Strategische Prüfung“ bedeutet nämlich, dass es darum geht, wie man an eine Sache herangeht, und nicht, wie diese Sache dann im Detail beurteilt wird.

Ich persönlich glaube, dass diese strategische Prüfung im Verkehrsbereich eine we­sentliche Verbesserung in der Verkehrsplanung bewirkt, weil sie zum einen gerade über den Umweltbericht die Öffentlich mit einbezieht und dem Umweltanwalt der Län­der eine Stellungnahme ermöglicht, und weil zum anderen auch eine verkehrsträger­übergreifende Prüfung dieser Vorhaben vorgesehen ist, was bis jetzt an und für sich noch nicht gegeben war. Ich glaube, dass gerade diese Zusammenschau der verschie­denen Verkehrsträger eine wesentliche Verbesserung darstellt. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich möchte aber auch noch darauf hinweisen, dass gerade der Umweltbericht kein Ersatz für die Umweltverträglichkeitsprüfung sein kann, und deshalb wird dieser Um­weltbericht ja auch von der Planungsfirma, von den Initiatoren, erstellt und nicht unab­hängig von Landesseite.

Ebenfalls wesentlich ist, wie ich glaube, dass wir mit dieser strategischen Prüfung wirk­lich auch die Öffentlichkeit mit einbeziehen. Durch dieses Einbeziehen der Öffentlich­keit informieren wir nämlich die Öffentlichkeit, und ich meine, dass nur ein informierter Bürger letztlich auch ein Bürger ist, der kompetent entscheiden kann. Ein kompetenter Bürger wird richtig entscheiden, denn er ist nicht uninformiert und ist daher miss­trauisch. Gerade aus diesem Grund glaube ich, dass diese strategische Prüfung ein großer Fortschritt in der Verkehrsplanung ist. – Danke.

14.46


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Steier. – Bitte.

 


14.46.42

Abgeordneter Gerhard Steier (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine geschätzten Damen und Herren! Wir debattieren heute über die strategische Prüfung im Verkehrsbereich, mit der Österreich EU-Vorgaben umsetzt, konkret die Richt-


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linie 2001/42/EG über die Prüfung von Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme.

Im Wesentlichen soll mit diesem Gesetz ein strategisches Planungsinstrument für das Verkehrsnetz des Bundes geschaffen werden. Konkret sollen die Auswirkungen von geplanten Veränderungen untersucht und Alternativen geprüft werden. – So weit die gute Absicht.

Die nähere Betrachtung des Gesetzes zeigt aber, dass das Bundesgesetz über die strategische Prüfung im Verkehrsbereich in der vorliegenden Form den Ansprüchen der EU-Richtlinie nicht gerecht wird. Warum, ist relativ rasch erklärt: Auch die beste Strategie würde nicht aufgehen, wenn man wichtige Grundlagen außer Acht lässt und mit Partnern nicht kommuniziert.

Meine geschätzten Damen und Herren! Eine der wesentlichsten Vorgaben der Richt­linie besteht darin, Gesichtspunkte von Plänen und Programmen möglichst früh, also schon in der vorgelagerten Planungsphase, zu berücksichtigen. Von der Richtlinie er­fasst sind alle Pläne und Programme, die von Behörden auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene erarbeitet wurden. Der Vorteil dieses breiten Ansatzes ist, dass es bei konsequenter Umsetzung für notwendige Infrastrukturprojekte deutlich bessere Start­bedingungen und eine höhere Akzeptanz in der Bevölkerung gibt, konkret durch eine ganzheitliche Sicht, durch eine verkehrsträgerübergreifende Prüfung von Alternativen, durch die Berücksichtigung ökologischer und ökonomischer Aspekte und in letzter Kon­sequenz auch durch transparente Planung. – So weit, so gut.

Wie wurde die Richtlinie nun in Österreich gestaltet? – Das Gesetz über die strate­gische Prüfung beschränkt die Prüfung lediglich auf Netzveränderungen im bundeswei­ten hochrangigen Verkehrsnetz, konkret also auf Hochleistungsstrecken, Bundesstra­ßen und Wasserstraßen. Es sieht aber keine Prüfung des Generalverkehrsplans vor, was einige Vorredner schon kritisiert haben. Weiters hat die Gesetzesvorlage rigorose Schwachstellen in der übergeordneten strategischen Prüfung bezüglich der so genann­ten verkehrsträgerübergreifenden Planung, wie alle Gutachter festgestellt haben.

Meine geschätzten Damen und Herren! Alles in allem erscheint es uns mehr als frag­lich, ob die strategische Prüfung die in sie gesetzte Erwartungshaltung auch erfüllen wird können. Wir stellen daher fest: Der von der Regierung gewählte Weg der Umset­zung von EU-Vorgaben ist halbherzig und mutlos. Daher werden wir dieser Gesetzes­vorlage nicht zustimmen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

14.49


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Haubner. – Bitte.

 


14.50.00

Abgeordneter Peter Haubner (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Das Konzept ist vernünftig und bedeutet einen Fortschritt in der Verkehrsplanung; wir haben das schon gehört. Meine Kollegen haben schon ausge­führt, dass der gewählte Ansatz, die Umweltaspekte nicht isoliert in die Betrachtung mit einzubeziehen, sondern sie integriert in einer strategischen Prüfung zu betrachten, unsere volle Zustimmung hat.

Die vorliegende Gesetzesvorlage stellt sicher, dass im Rahmen der strategischen Prü­fung eine ausgewogene Abwägung zwischen der Berücksichtigung von Umweltaspek­ten und der Bedeutung der Infrastrukturvorhaben für die Bevölkerung, wirtschaftlicher Entwicklung und standortpolitischer Erfordernisse zu erfolgen hat. Ich erwarte mir als Resultat dieses Gesetzes vor allem positive Auswirkungen. Durch das Aufzeigen von Alternativen werden Fehlentscheidungen rechtzeitig ausgeschaltet.


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Ich möchte zusammenfassend feststellen: Durch die strategische Prüfung gibt es posi­tive Impulse für eine effiziente Abwicklung und eine Optimierung der Genehmigungs­verfahren auch im Hinblick auf die Planbarkeit. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

14.51


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Fleckl zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihr.

 


14.51.00

Abgeordnete Anita Fleckl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! – Wie üblich ist der Herr Vizekanzler nicht anwesend, Verkehrsthemen dürften ihn nicht so sehr inter­essieren. – Hohes Haus! Die beiden Anträge von Kollegin Bleckmann und Kollegen Gradwohl spiegeln die momentane Verkehrspolitik nicht nur in der Steiermark und in der Bundesregierung wider. Es ist bedauerlich und peinlich (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Dem Heinz sein Antrag kann nicht peinlich sein!), denn momentan heißt die Verkehrs­politik der Bundesregierung wie der Verantwortlichen in der steirischen Landesregie­rung: keine eigenen Ideen, abschreiben, kopieren, verhindern und sich letztlich mit fremden Federn schmücken.

Der Antrag des Kollegen Gradwohl schildert die Situation der Grenzlandregion, und das beweist, dass Kollege Gradwohl diese Region genau kennt. Einen ausführlichen Antrag wie diesen als „Kirchturmdenken“ zu bezeichnen, wie das Herr Kollege Grillitsch getan hat, ist sicher sehr bedauerlich, da sich diese Region für ihre wirtschaftliche Situation nichts mehr wünscht, als endlich eine vernünftige Verkehrsverbindung und eine entsprechende Verkehrslösung zu bekommen. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich selbst komme ebenfalls aus einem Bezirk, der schon lange auf ein noch zu gestal­tendes Straßenprojekt wartet. Aber alles, was der Herr Vizekanzler macht, ist, PPP-Modelle vorzuschlagen, unzählige Studien zu erstellen, die Hunderttausende Euro kos­ten – aber passieren tut nichts! Den Menschen wird Sand in die Augen gestreut, und es werden Hoffnungen erweckt, die letztendlich nicht erfüllt werden.

Es war bedauerlich, dass Sie dem Antrag der SPÖ im Ausschuss nicht zustimmen konnten, denn ich denke, er wäre der sinnvollere der beiden vorliegenden Anträge. Der einzige Fehler, den er aus Ihrer Sicht anscheinend hat, ist, dass er von der SPÖ kommt.

Ich wünsche mir für die Steiermark eine bessere Verkehrspolitik, aber eine solche wird es wahrscheinlich nur dann geben, wenn ein Landeshauptmann Voves an der Spitze steht und den Powerplan in der Steiermark umsetzen wird. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ. – Rufe bei der ÖVP.)

14.53


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner ist Herr Abgeordneter Bucher zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


14.53.17

Abgeordneter Josef Bucher (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte mich in die Regio­nalpolitik der Steiermark nicht einmischen, darf jedoch aus Sicht der Kärntner fest­stellen, dass es uns sehr wichtig ist, dass dieser Teilabschnitt von Dürnstein bis nach Judenburg als bevorzugte Schnellstraße ausgebaut wird.

Ich darf dich, lieber Kollege Heinz Gradwohl, berichtigen, dass es auch im Interesse des Bundes liegt, eine Schnellstraße zu machen. Es ist tourismuspolitisch, es ist ver­kehrspolitisch wichtig und richtig, dass dieser Lückenschluss endlich vollzogen wird, da


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es sich dabei ja um eine historisch wichtige Verkehrsverbindung handelt, eine Verbin­dung zwischen dem Alpen-Adria-Raum und dem Donauraum.

Ich selbst befahre diese Strecke fast wöchentlich und weiß, dass es derzeit eine To­desstrecke ist. Im Jänner dieses Jahres habe ich einen sehr geschätzten Wirte-Kolle­gen verloren habe, der auf dieser Strecke leider verunglückt ist. Daher ist es mir per­sönlich ein großes Anliegen, dass diese Lücke so bald als möglich geschlossen wird. Wir in Kärnten haben die Voraussetzungen dafür erfüllt: Es wird von Friesach bis nach Klagenfurt eine Schnellstraße gebaut beziehungsweise eine Autobahn von St. Veit nach Klagenfurt. Damit ist dann diese Strecke von Wien nach Italien durchgängig als Schnellstraße befahrbar und eine echte Alternative zur jetzigen Nord-Süd-Verbindung über Graz. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.55


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner hat sich Herr Abgeord­neter Winkler zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


14.55.00

Abgeordneter Ing. Josef Winkler (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren! Auch ich darf auf eine Strecke Bezug nehmen, die wir, Kollege Klaus Auer und auch die Kollegen aus dem Kärntner Oberland, immer wieder benützen müssen. Im Laufe der Jahre mussten wir feststellen, dass diese Strecke immer stärker frequentiert wird, nicht zuletzt deshalb, weil der Sem­mering entschärft und diese Strecke zu einer entsprechenden Ausweichstrecke wurde.

Diese Nord-Süd-Verbindung bedeutet aber auch eine wirtschaftliche Impulsstrecke für den Kärntner und den steirischen Teil dieses Bereiches. Für mich als Kärntner Abge­ordneten ist daher unser Entschließungsantrag, mit dem in weiterer Folge eine baldige Übertragung erfolgen soll und somit eine Forcierung des notwendigen Ausbaus zwi­schen Scheifling und Klagenfurt erwartet werden darf, von besonderer Bedeutung.

Ich freue mich, dass du, Kollege Heinz Gradwohl, unserem Entschließungsantrag zu­stimmen wirst, denn auch ich bin – ohne das kritisieren zu wollen – davon überzeugt, dass dein Entschließungsantrag ein bisschen zu wenig weit geht. Die Strecke zwi­schen Klagenfurt und Scheifling muss nämlich als Ganzes gesehen werden. Und wenn der Kärntner Landtag die Voraussetzungen noch nicht geschaffen haben sollte, so darf ich von hier aus den Appell an die Kärntner Abgeordneten und an die Kärntner Lan­desregierung richten, dies so rasch wie möglich nachzuholen. (Demonstrativer Beifall des Abg. Gradwohl.)

Jedenfalls ist es so, dass es sich hier um eine häufig frequentierte Strecke handelt, auf der es immer wieder Unfälle gibt, weshalb ein entsprechender Ausbau ein Gebot der Stunde ist.

Ich darf aber nicht unerwähnt lassen, dass diese Strecke ein Referenzmodell ist. Das heißt, dass die Erfahrungen, die man nun erstmals mit dieser umweltstrategischen Verkehrsprüfung macht, Auswirkungen auf die weitere Anwendungsweise der stra­tegischen Verkehrsprüfung haben werden. So gesehen hoffe ich, dass in Zukunft be­sonderes Augenmerk auf diese Strecke gelegt wird, damit wir als die unter anderem Betroffenen auf einer sichereren Strecke fahren können. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Scheibner.)

14.57


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner hat sich Herr Abgeord­neter Schweisgut zu Wort gemeldet. – Bitte.

 



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14.58.42

Abgeordneter Johannes Schweisgut (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Ganz kurz noch: Es ist zwar sehr vieles schon gesagt, aber ich mache der Opposition sicherlich eine Freude, wenn ich sage, dass diese strategische Prüfung im Verkehrsbereich ein qualitativer Quantensprung ist. Es werden alle Alternativen ge­prüft. Bisherige netzstrategische Entscheidungen sind eigentlich aus dem Bauch her­aus getroffen worden. Jetzt ist es verpflichtend und in einer ausgewogenen Weise not­wendig, ökonomische, ökologische und soziale Aspekte zu berücksichtigen.

Die strategische Planung ist daher ein Gesetz, das zu begrüßen ist, das nicht auf Ein­zelprojekte abgestimmt ist, das nicht regionalspezifisch zu sehen ist, ein Gesetz, das nicht auf Bestehendes, nicht auf bereits Genehmigtes zurückfällt, sondern für die Zu­kunft von Bedeutung ist.

Das ist eine Optimierung im Sinne der Umwelt, im Sinne der Wirtschaftlichkeit. Aus die­sem Grunde ist diese Gesetzesvorlage zu befürworten. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

14.59


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Von der Regierungsbank aus zu Wort ge­meldet hat sich Herr Staatssekretär Mag. Kukacka. – Bitte.

 


14.59.00

Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie Mag. Helmut Kukacka: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Ich möchte ganz kurz auf die Kritik der Opposition an der Verhinderung des Herrn Vizekanzlers ein­gehen (Abg. Gradwohl: Aber zu spät! Zu spät, Herr Staatssekretär!) und darauf hin­weisen, dass diese Kritik ungerechtfertigt ist, denn, meine Damen und Herren, Sie wissen so gut wie ich, dass der Staatssekretär zur parlamentarischen Vertretung des Bundesministers berufen ist. Und wenn der Herr Vizekanzler von dieser verfassungs­mäßigen Möglichkeit Gebrauch nimmt, dann komme ich diesem Auftrag natürlich gerne nach. (Abg. Öllinger: Oh!) Was es an dieser Vorgangsweise zu kritisieren gibt, ist mir wirklich nicht einsichtig, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP und den Frei­heitlichen. – Präsident Dr. Khol übernimmt wieder den Vorsitz.)

Ganz kurz zu den Einwänden der Opposition gegen das Gesetz über eine strategische Prüfung im Verkehrsbereich: Meine Damen und Herren, ich möchte wirklich darauf hin­weisen, dass ja dieses Gesetz nicht nur eine Prüfung der Umweltauswirkungen neuer Planentwürfe vorsieht, sondern eben auch eine grundsätzliche, Verkehrsträger über­greifende Alternativprüfung vorsieht.

Welche Pläne und Programme sind da zu überprüfen, meine Damen und Herren? – All das, was gesetzlich verankert von den Behörden an Verkehrsplänen und Programmen entwickelt wird, also Verordnungsentwürfe von geplanten oder bestehenden Eisen­bahnstrecken, Gesetzentwürfe zur Erklärung von Gewässern zu Wasserstraßen, Ge­setzentwürfe zur Erklärung oder Auflassung von Straßenzügen zu Bundesstraßen.

Das ist also ganz genau festgelegt, meine Damen und Herren! Bei diesen Prüfungen geht es darum, dass nicht einzelne Projekte untersucht werden, sondern dass das gesamte Netz beziehungsweise die Netzänderungen entsprechend dargestellt werden.

Meine Damen und Herren! Es handelt sich also hier wirklich um eine sachlich richtige und auch politisch vernünftige Umsetzung dieser EU-Richtlinie, und es gibt dazu keine brauchbare und sinnvolle Alternative!

Abschließend möchte ich zu den beiden vorliegenden Anträgen betreffend Übertra­gung der B 317 zwischen Scheifling und Klagenfurt festhalten, dass auch für die Auf­nahme dieses Straßenzuges B 317 in das Bundesstraßengesetz eine entsprechende


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strategische Prüfung erforderlich ist. Wir gehen aber davon aus, dass die Überprüfung so rechtzeitig abgeschlossen werden kann, dass die Aufnahme der B 317 in das Bun­desstraßennetz voraussichtlich noch 2005 erfolgen kann. (Abg. Grillitsch – in Rich­tung des Abg. Gradwohl –: Na, hast du das gehört? Das war der ganzheitliche Antrag! Deiner ... nicht ...!)

Es liegt dazu auch ein entsprechendes Ausbaukonzept vor, nämlich eine bemautbare Schnellstraße zu schaffen, die in Teilabschnitten ausbaubar ist und für die auch eine entsprechende Finanzierung sichergestellt ist. Der Antrag wird also von Bundesseite durchaus befürwortet. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Frei­heitlichen.)

15.02

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Abgeordneter Zweytick. Wunsch­redezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


15.02.50

Abgeordneter Johannes Zweytick (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Diese strategische Prüfung im Verkehrsbereich – der Staatssekretär hat es gerade erläutert und ich fasse es noch einmal zusammen – betrifft die wesentlichen Netze in unserem Bundesland: das sind die Hochleistungsstrecken, das sind die Was­serstraßen und das sind die Bundesstraßen.

Um vielleicht noch einmal daran zu erinnern: Es geht bei dieser strategischen Prüfung gerade darum, Fehlplanungen und Fehlfinanzierungen zu vermeiden sowie Alternativ­möglichkeiten auszuloten. Es geht bei dieser vierwöchigen Frist um die Wirtschaftlich­keit, aber auch darum, Anrainerinteressen mit einzubeziehen. Wir setzen damit auch eine EU-Richtlinie um, und sie kommt dem Land, der Bevölkerung und der Verkehrs­sicherheit zugute.

In Österreich geht auf Straße und Schiene enorm viel weiter, sowohl bezüglich der Verkehrssicherheit der Teilnehmer als auch im Umweltbereich, wie zum Beispiel die vielen Lärmschutzwände, die errichtet werden. Die Bemühungen sind größer denn je. Mein Dank gilt daher unserer Bundesregierung, dem Verkehrsminister und Staatssek­retär Helmut Kukacka. (Rufe bei der SPÖ – in Richtung ÖVP –: Applaus!)

Allein am Beispiel Steiermark aufgezeigt: Dort konnte Frau Landeshauptmann Klasnic Großartiges vorbereiten und bewegen. Der Semmering-Basistunnel-neu, die Koralm­bahn einschließlich Tunnel oder der zweigleisige Ausbau Graz–Spielfeld mit dem Zu­sammenschluss Koper/Adria sind nur drei von mehreren Highlights. Das ist Styrian Power made by Klasnic. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheit­lichen. – Demonstrativer Beifall und Rufe bei der SPÖ – in Richtung der Beifall spen­denden Abgeordneten –: Bravo!)

Es geht um die Umsetzung. Es geht nicht nur um irgendwelche Pläne, die hier immer groß verkündet werden, sondern es geht um Fakten, es geht um Umsetzung.

Frau Kollegin Fleckl! Lassen Sie die Kirche im Dorf und stimmen Sie dem Antrag über den Perchauer Sattel zu. Es wäre dies ein großer Dienst an der Bevölkerung im Süden Österreichs. Eine Freikarte zum Scheiflinger Kirtag wäre Ihnen sicher. – Danke. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Neudeck: ... mehr Styrian Bauer als Styrian Power!)

15.05


Präsident Dr. Andreas Khol: Zum Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ein Schlusswort wird nicht gewünscht.


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Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Zuerst gelangen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf betreffend SP-V-Gesetz samt Titel und Eingang in 1002 der Beilagen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf eintreten, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer auch in dritter Lesung diesem Gesetzentwurf die Zustimmung erteilt, den bitte ich um ein Zeichen. – Auch in dritter Lesung wird die Zustimmung mit Mehrheit erteilt.

Nun kommen wir zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 1003 der Beilagen angeschlossene Entschließung.

Wer dieser Entschließung zustimmt, den bitte ich um ein Zeichen. – Die Entschließung findet die einstimmige Zustimmung des Hohen Hauses. (E 130.)

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Verkehrsausschusses, seinen Bericht 1004 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dem zustimmt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenom­men.

15.05.5210. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 649/A der Abgeordneten Klaus Wittauer, Werner Miedl, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 6. Juli 1960, mit dem Vorschriften über die Straßenpolizei erlassen werden (Straßenverkehrsordnung 1960 – StVO 1960), geändert wird (1005 d.B.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen zum 10. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet. (Die Abgeordneten Mag. Pram­mer, Mag. Molterer, Öllinger und weitere Abgeordnete stehen im Bereich vor der ersten Sitzreihe und sprechen miteinander.)

Bevor ich dem ersten Redner das Wort erteile, bitte ich die Abgeordneten, die Sicht auf das Plenum freizumachen. Das betrifft auch Zweite Präsidentinnen, Klubobleute, stell­vertretende Klubobleute. (Abg. Mag. Prammer begibt sich zu ihrem Sitzplatz.) Herr Kollege Öllinger! (Abg. Öllinger begibt sich ebenfalls zu seinem Platz.) – Können wir ein Raumklima herstellen? (Abg. Öllinger: Ja, aber ein angenehmes!) Bitte die Herr­schaften, Platz zu nehmen – und Herrn Stummvoll, uns nicht den Rücken zuzuwenden! (Abg. Scheibner – hinter seinem Platz stehend –: Darf man nicht mehr stehen?) – Nein, ich warte so lange, bis es ruhig ist im Plenum. (Ruf bei den Freiheitlichen: Sitz!)

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Hakl. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


15.07.01

Abgeordnete Mag. Karin Hakl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Ich darf gleich zu Beginn den folgenden Antrag einbringen:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dipl.-Ing. Achleitner, Miedl, Fauland, Mag. Hakl, Kolleginnen und Kollegen zum Antrag der Abgeordneten Wittauer, Miedl betreffend ein Bundesgesetz,


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mit dem das Bundesgesetz vom 6. Juli 1960, mit dem Vorschriften über die Straßen­polizei erlassen werden (Straßenverkehrsordnung 1960 – StVO 1960), geändert wird (649/A)

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Antrag der Abgeordneten Wittauer, Miedl betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 6. Juli 1960, mit dem Vorschriften über die Straßenpolizei er­lassen werden (Straßenverkehrsordnung 1960 – StVO 1960), geändert wird (649/A), wird wie folgt geändert:

1. Die Promulgationsklausel lautet:

„Das Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 6. Juli 1960, mit dem Vorschriften über die Straßenpolizei erlassen werden (Straßenverkehrsordnung 1960 – StVO 1960), BGBl. Nr. 159, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 52/2005, wird wie folgt geän­dert:“

2. § 44c Abs. 1 lautet:

„(1) Die Behörde kann für eine bestimmte Straße oder Straßenstrecke für den Fall besonderer Verkehrs- oder Fahrbahnverhältnisse, deren Auftreten zeitlich und/oder örtlich nicht vorhersehbar ist, durch Verordnung Verkehrsmaßnahmen (Verkehrsver­bote, Verkehrsbeschränkungen, Verkehrserleichterungen) festlegen, die auf Grund der örtlichen oder verkehrsmäßigen Gegebenheiten nach dem Stand der Wissenschaft zur Aufrechterhaltung oder Förderung der Leichtigkeit oder Flüssigkeit des Verkehrs unter Bedachtnahme auf die Verkehrssicherheit zweckmäßig sind.“

*****

Nach Verlesung dieses Abänderungsantrages darf ich kurz inhaltlich darauf eingehen, was wir hier in der Straßenverkehrsordnung ändern. Wir alle kennen aus Deutschland die Überkopf-Straßenverkehrsbeeinflussungsanlagen, die auch schon in unserem Bundesgebiet, zum Beispiel in Tirol, errichtet wurden. Allerdings hat in der Vergangen­heit die gesetzliche Grundlage dafür gefehlt, bei zeitlich oder örtlich vorab nicht genau bekanntem Auftreten von Staus derartige Verkehrsbeeinflussung wirklich möglich zu machen.

Mit dieser neuen Vorkehrung ist es jetzt möglich, im Falle von Staus Geschwindig­keitsbeschränkungen für eine höhere Flüssigkeit des Verkehrs vorzusehen, was ganz erheblich der Verkehrssicherheit dient.

Der Abänderungsantrag wiederum lässt nur solche Maßnahmen zu, die für die Flüssig­keit des Verkehrs und damit für die Verkehrssicherheit tatsächlich zweckmäßig sind, während im ursprünglichen Vorschlag vorgesehen war, dass Maßnahmen möglich sind, die geeignet erscheinen, die Ziele zu erreichen. Uns erschien das als zu vage. Wir wollen, dass wirklich nur dann, wenn es notwendig ist, eine solche Verkehrsbeein­flussung vorgenommen wird, und ich bin sehr froh, dass damit die gesetzlichen Grundlagen geschaffen sind. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheit­lichen.)

15.10


Präsident Dr. Andreas Khol: Der von Frau Abgeordneter Mag. Hakl eingebrachte Abänderungsantrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. Achleitner, Miedl, Fauland, Mag. Hakl, Kolleginnen und Kollegen zum Antrag der Abgeordneten Wittauer, Miedl betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 6. Juli 1960, mit dem Vorschriften über


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die Straßenpolizei erlassen werden (Straßenverkehrsordnung 1960), geändert wird, ist hinreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Binder. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


15.11.09

Abgeordnete Gabriele Binder (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Verkehrsbeeinflussungsanlagen bieten vor allen Dingen mehr In­formation für alle VerkehrsteilnehmerInnen. Durch die dynamische Verkehrsinformation werden besonders an verkehrsbelasteten, unfall- oder staugefährdeten Streckenab­schnitten die Verkehrsgeschehen reguliert: zum Beispiel durch Geschwindigkeitshar­monisierung, weiträumige Unfall- und Stauwarnungen, dynamische Verkehrsführung auf Umleitungsrouten, Warnung vor Nebel, Glatteis oder durch Sperrung einzelner Fahrbahnen, etwa bei Geisterfahrern, oder die Möglichkeit, Fahrstreifen zu signalisie­ren, dass dort Baustellen sind oder ein Unfall passiert ist.

In Österreich werden bundesweit rund 800 dieser Informationsbrücken über Autobah­nen gebaut. Bis 2008 soll dieser Ausbau erledigt sein. Ziel dieser Systeme sind vor allen Dingen die Erhöhung der Verkehrssicherheit, die Reduktion der Unfallzahlen um bis zu 35 Prozent und die Steigerung der Leistungsfähigkeit des Verkehrsflusses um bis zu 15 Prozent.

Ich denke, es ist eine sinnvolle Maßnahme, denn mit diesen flexiblen Anzeigen ist es möglich, das gesamte Verkehrsgeschehen gezielt zu beeinflussen. Start der so ge­nannten intelligenten Straße ist in Tirol, wie Kollegin Hakl schon erwähnt hat, und mit der vollständigen Inbetriebnahme wird bis Ende des Jahres gerechnet.

Meine Damen und Herren! Unter dem Blickwinkel, dass bis 2015 der Straßenverkehr insgesamt um 40 Prozent zunehmen wird und auf dem hochrangigen Netz um 30 Pro­zent, denke ich, dass diese Art von Verkehrsleitung und -lenkung absolut notwendig ist. Aber diese Zahlen und Daten weisen dringendst darauf hin, wie wichtig und vor­dringlich die Verlagerung des Verkehrs von der Straße auf die Schiene ist. Der Herr Minister ist aufgefordert, intensive Vorkehrungen diesbezüglich zu treffen.

Letzter Punkt in Zusammenhang mit Verkehrstelematik auf Österreichs Straßen: Auf einigen Streckenabschnitten auf Österreichs Autobahnen sind so genannte Section Control-Anlagen errichtet worden. Ziel sind die absolute Einhaltung und Kontrolle von Tempolimits. Nicht zufrieden stellend für mich und für uns ist, dass von den hun­dertprozentig erfassten Übertretungen nur rund 20 Prozent verfolgt werden können. 80 Prozent können aus rechtlichen Gründen nicht bestraft werden, und ich denke, das entspricht nicht unserem Gerechtigkeitssinn. Herr Minister, Herr Staatssekretär! Ich denke, da ist Handlungsbedarf gegeben.

Zum Schluss kommend: Meine Fraktion wird dem vorliegenden Antrag zustimmen – im Sinne von mehr Leistungsfähigkeit auf der Straße, aber vor allem auch im Sinne von mehr Verkehrssicherheit. (Beifall bei der SPÖ.)

15.15


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Frau Abgeordnete Dipl.-Ing. Achleitner. 3 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.

 


15.15.00

Abgeordnete Dipl.-Ing. Elke Achleitner (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Hohes Haus! Ich bin sehr froh darüber, dass im Sinne der Verkehrssicherheit auch die Opposition in diesem Fall mitgeht, denn ich denke, gerade die verkehrsrele­vanten Daten, die erfasst werden, und die Maßnahmen, die dann vor Ort und ad hoc


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getroffen werden können, sind ein weiterer und ein guter Beitrag zur Verkehrssicher­heit.

Ein weiterer Punkt ist, dass auch die Kapazität auf den Straßen durch diese Verkehrs­beeinflussungsanlagen erhöht werden kann, was zu weniger Stau und zu mehr Zeit führen wird, wodurch es auch zu einer gewissen Geldersparnis kommen wird.

Wir haben schon gehört, die Verkehrsunfälle können drastisch gesenkt werden: Wenn durch diese Verkehrsbeeinflussungsanlagen die Zahl der Schwerverletzten um bis zu 30 Prozent reduziert werden kann und generell über 35 Prozent der Verkehrsunfälle vermieden werden können, dann denke ich, dass das eine sehr gute Maßnahme zur Steigerung der Verkehrssicherheit ist. Daher ist die jetzt vorliegende Gesetzesvorlage wichtig, schafft sie doch die rechtlichen Grundlagen für diese Verkehrsbeeinflussungs­anlagen.

Verkehrsbeeinflussungsanlagen bringen uns sicher dem Ziel näher, die Gesamtzahl der Verkehrstoten auf dem österreichischen Straßennetz bis ins Jahr 2010 zu halbie­ren. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

15.16


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr. Moser. 4 Mi­nuten.

 


15.16.49

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrter Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Wir haben im Ausschuss dieser Maßnahme der Einrichtung von die Verkehrssicherheit verbessernden Anlagen, näm­lich Anlagen der Verkehrslenkung, durchaus in einer Art Vorschubleistung von Ver­trauen zugestimmt. Jetzt erhalte ich einen Abänderungsantrag, der die Formulierung enthält, dass unter Bedachtnahme auf die Verkehrssicherheit diese Maßnahmen ge­setzt werden.

Im Ausschuss hatten wir einen Text vorliegen, in dem es ganz klar und eindeutig hieß: Erhöhung der Verkehrssicherheit. – Verschiedene VorrednerInnen haben von der Erhöhung der Verkehrssicherheit gesprochen, aber im jetzigen Abstimmungstext steht „Bedachtnahme“.

Meine Damen und Herren, wir kennen ja den Kontext: Der Herr Vizekanzler – ich sage ja gar nicht mehr Verkehrsminister – hat ja einen Bubentraum. Dieser Bubentraum heißt: Freigabe von Tempo 160. Über solche verkehrsbeeinflussende Anlagen kann die Erlaubnis signalisiert werden, dass Tempo 160 gefahren werden darf. Dieser Bu­bentraum des Herrn Vizekanzlers ist auf Grund von verschiedensten Studien als sehr riskant und verkehrssicherheitsvermindernd entlarvt worden.

Und jetzt kommt eine Änderung in der StVO. Ich frage mich überhaupt, warum wir das nicht in der letzten Sitzung beschlossen haben, in der wir eine Generalreform der StVO diskutiert haben. Warum müssen wir jetzt schon wieder nachbessern? Da sind keine zwei, drei Monate vergangen. Und bei dieser Änderung kommt es jetzt wieder zu einem Abgehen von der Erhöhung der Verkehrssicherheit zur Bedachtnahme auf die­selbe. Natürlich können Juristen verschiedene Bedeutungshorizonte entwickeln, nur: Ich glaube, „Erhöhung“ ist ein fixer Zieldefinitionsausdruck, und „Bedachtnahme“ ist eine relativ weiche Formulierung. Deswegen kann ich entgegen meiner Zustimmung im Ausschuss, wo es noch um die Erhöhung ging, dieser Änderung im Plenum nicht meine Zustimmung geben. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

15.19


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Kößl. 3 Minuten.

 



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15.19.00

Abgeordneter Günter Kößl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren! Das bedauern wir natürlich sehr, wenn Sie nicht zustimmen kön­nen. Ich glaube, dass es an und für sich eine ganz wichtige Gesetzesmaterie ist, die wir heute hier beschließen, wenn es auch nur eine geringfügige Textänderung in der Straßenverkehrsordnung ist.

In Zukunft wird es auf jeden Fall möglich sein, Verkehrsregelungen für bestimmte Stra­ßen- und Verkehrsverhältnisse zu verordnen. Damit wird es für den Straßenverkehrs­teilnehmer mehr Sicherheit geben, mehr Rechtssicherheit und vor allem, was wesent­lich wichtiger ist, mehr Schutz und mehr Sicherheit vor den Gefahren im Straßenver­kehr.

Die heutigen Verkehrsbeeinflussungsanlagen sind technisch ausgereift und in der Lage, selbsttätig auf die verschiedensten Verkehrsverhältnisse zu reagieren. Freilich wird es notwendig sein, diese Anlagen vor allem auf Schnellstraßen und Autobahnen rasch zu installieren. Sie haben ihren Sinn erfüllt, wenn nur ein Menschenleben damit gerettet werden kann. Als Gesetzgeber erfüllen wir damit die wichtigste von allen unse­ren Pflichten.

Verkehrsbeeinflussungsanlagen sind imstande, selbsttätig und dynamisch auf ver­schiedenste Verkehrsverhältnisse zu reagieren, um den Verkehr flüssig zu halten, um Staubildungen zu verhindern beziehungsweise zu verzögern und, neben der Verkehrs­sicherheit ein ganz wichtiger Beitrag, um die Umweltbelastung zu verringern. Wir wissen ganz genau, Staubildungen stellen eine wesentliche Umweltbelastung dar – mit der Verkehrsbeeinflussungsanlage ist es möglich, diese Umweltbelastung sehr wesent­lich zu verringern.

Die Errichtung von Verkehrsbeeinflussungsanlagen reiht sich sehr gut in alle anderen Verkehrssicherheitsmaßnahmen ein, die von der Bundesregierung gesetzt worden sind, um Verkehrstote zu verhindern beziehungsweise die Verkehrssicherheit auf den Straßen zu heben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

15.21


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Marizzi. Er wünscht, 4 Minuten zu sprechen.

 


15.21.27

Abgeordneter Peter Marizzi (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren! Meine Kollegin Binder hat schon über die Unfälle gesprochen, daher möchte ich mich auf den Stau konzentrieren. Wir haben in Österreich laut VCÖ zirka 1 Milliarde Staustunden, das sind pro Autofahrer 100 Stunden. Die Gesamtkosten sind gewaltig: 6,4 Milliarden €. Die derzeit sehr hohen Treibstoffpreise machen einen großen Anteil davon aus.

Diese Materie ist eine Konsensmaterie – wir stimmen dem gerne zu, aber ein bisschen differenzierter. Man muss aufpassen, dass bei den ganzen Verkehrsleitsystemen – und es werden immerhin in der nächsten Zeit an die 300 Millionen € in diese Verkehrs­leitsysteme investiert – der Autofahrer nicht zweimal bezahlt. Natürlich werden sich unsere österreichischen Firmen wie Siemens und Kapsch freuen, wenn sie diese Systeme errichten können, aber der Autofahrer hat heute auch im Auto schon sehr intelligente Systeme, und da zahlt er das eigentlich zweimal. Daher mahnen wir hier zur Vorsicht. Außerdem hat die ASFINAG, glaube ich, sehr hohe Schulden, und daher muss man sehr, sehr vorsichtig an diese Sache herangehen.

Wir sprechen gern von der „intelligenten Straße“ – wir stimmen diesem wichtigen Vor­haben auch zu –, aber wie schaut es auf der „intelligenten Straße“ in Wirklichkeit aus?


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Man braucht sich nur die Süd Autobahn anzuschauen. Herr Staatssekretär, Sie haben sicher den Artikel vom Donnerstag, dem 23. Juni, gelesen: „Defekte Betonfahrbahn schlägt hohe Wellen“. – Das ist fast wie eine Teststrecke. In die Süd Autobahn wurden 1,4 Milliarden investiert, und jeder, der aus Kärnten oder aus der Steiermark nach Wien fährt, muss über eine Rumpelpiste fahren!

Ich kann mir nicht vorstellen – es geht da um den größten Knoten Österreichs –, dass man da wieder zur Tagesordnung übergeht! Man redet von einer „intelligenten Straße“ und weiß, dass rund um Wien der größte unintelligente Stau entsteht! Und jetzt muss das Ganze wieder repariert werden. Herr Staatssekretär, ich würde Sie bitten, da schon nach Konsequenzen zu trachten. Denn wenn die „Kronen Zeitung“ schreibt: Eine Woche vor Eröffnung Pfusch entdeckt – die neue Süd Autobahn wieder kaputt!, dann kann das kein Renommee für eine „intelligente Straße“ sein. – Aber trotzdem stimmen wir dem heutigen Gesetz zu. (Beifall bei der SPÖ.)

15.24


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Fauland. 2 Minu­ten. – Bitte.

 


15.24.18

Abgeordneter Markus Fauland (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Mit der Einführung von Verkehrsbeeinflussungsanlagen gehen wir auch einen Schritt Richtung Zukunft, und zwar einen Schritt hin zur Regelung der Mobilitätsanforderun­gen, die auf uns in weiterer Folge zukommen werden. Es mag uns in Zukunft gelingen, vor allem den Güterverkehr von der Straße auf die Schiene zu verfrachten, es wird uns aber in Zeiten der europäischen Erweiterung, in Zeiten des erhöhten Mobilitätsbedürf­nisses der Bevölkerung nicht gelingen, den Individualverkehr auf der Straße zu redu­zieren. Und deswegen ist es umso mehr notwendig, für einen flüssigen und reibungs­losen Ablauf zu sorgen.

Mit Verkehrsbeeinflussungsanlagen ist der erste Schritt gemacht, hier ein positives Signal zu setzen, aber auch die Verkehrssicherheit zu erhöhen. Man denke nur an die Problematik eines Staus: Es ist irgendwo ein Unfall passiert, die Leute fahren aber mit den gleichen Geschwindigkeiten auf diesen Unfallort zu – es entsteht ein Stau, der 10, 20 Kilometer lang ist. Mit solch einer Verkehrsbeeinflussungsanlage kann man das Tempo schon im Vorfeld senken und so einen besseren Fluss erwirken.

Und – das sei in die Richtung der Grünen gesagt – es besteht auch die Möglichkeit, die Umweltbelastung zu reduzieren. Wir haben in Salzburg eine Emissionsverordnung, die auf der Tauern Autobahn eine durchgehende 100 km/h-Beschränkung vorsieht, die aber an sich auf Grund einzelner Grenzwertüberschreitungen nur an einzelnen Tagen notwendig wäre. Mit einer Verkehrsbeeinflussungsanlage kann man je nach Luftbelas­tung individuell die Geschwindigkeit regeln und so einen Beitrag einerseits zur Erhal­tung der Mobilität, andererseits aber auch zur Entlastung unserer Umwelt leisten. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

15.26


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Hütl. 2 Minuten. – Bitte.

 


15.26.26

Abgeordneter Dipl.-Ing. Günther Hütl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Marizzi hat ja schon das Wort Intelligenz strapaziert. Man könnte das Thema wirklich mit „Straße mit zuneh­mender Intelligenz“ untertiteln. Bereits jetzt kann man mit einer Verkehrsbeeinflus­sungsanlage effektiv vor Gefahren gewarnt werden und somit das Risiko von Folgeun-


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fällen wirkungsvoll minimieren. Nun ist es möglich, auf automatisch erfasste verkehrs­beeinträchtigende Situationen adäquat zu reagieren, also auf Verkehrsverhältnisse, deren Auftreten zeitlich beziehungsweise örtlich nicht vorhersehbar ist.

Der Stellenwert und die Notwendigkeit einer intelligenten und effizienten Verkehrs­lenkung werden immer mehr zunehmen, denn der Straßenverkehr wird im gesamten Netz bis 2015 um etwa 30 Prozent wachsen. Verkehrsmanagement endet ja nicht an den österreichischen Grenzen, denn die Schnittpunkte wichtiger europäischer Ver­kehrskorridore liegen in unserem Land. Die Verkehrsmanagement- und -informations­zentrale gleicht auch die Steuerungsstrategien international ab und sorgt damit für einen großräumig optimierten Verkehrsablauf. Dazu wird sie mit anderen europäischen Verkehrszentralen in Verbindung stehen, unter anderem mit Verkehrszentralen in Bayern, Südtirol, Slowenien und Ungarn.

Bis 2010 werden jedenfalls rund 300 Millionen € für den Ausbau eines flächendecken­den Verkehrsmanagement- und -informationssystems im hochrangigen Straßennetz investiert werden, um Österreichs Autobahnen und Schnellstraßen zu den modernsten und sichersten in Europa zu machen. Dafür einen herzlichen Dank an den Verkehrs­minister und auch an Staatssekretär Kukacka. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

15.28


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Preineder. Auch er spricht 2 Minuten. – Bitte.

 


15.28.25

Abgeordneter Martin Preineder (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Geschätztes Hohes Haus! Unsere Bundesregierung und alle Verantwort­lichen, auch der Verkehrsausschuss, waren immer wieder bemüht, ständig Verbesse­rungen im Bereich der Verkehrsbedingungen und klarerweise auch der Verkehrssicher­heit voranzutreiben – angefangen von der Ladegutsicherung bis hin zu den Warn­westen, vom Vormerksystem bis zum Alkovortestgerät. Das sind einige Beispiele der letzten Zeit, die in diese Richtung zeigen.

Die steigende Mobilität bedeutet einfach erhöhtes Verkehrsaufkommen, und dem kann man nicht nur durch mehr Straßen gerecht werden, sondern auch durch gezielte Stauvermeidung. Denn Stau bedeutet – das wissen wir alle aus eigener Erfahrung – Zeitverlust, das ist gleich Stress, und wenn wir Stress haben, erhöhen wir beim Auto­fahren gerne das Risiko. Was extrem entsteht – Kollege Marizzi hat schon darauf hin­gewiesen –, ist ein volkswirtschaftlicher Schaden. Es gibt Berechnungen, wonach eine Stunde Stau auf der Südosttangente in etwa 600 000 € kostet. Der ÖAMTC schätzt die gesamten Staukosten in Österreich auf 19 Milliarden € pro Jahr – eine unheimliche Summe!

Die Änderung der Straßenverkehrsordnung, durch welche diese Verkehrsbeeinflus­sungsanlage ermöglicht wird, soll dem entgegenwirken, um eben rechtzeitig auf ver­änderte Verkehrssituationen zu reagieren, um vordefinierten Situationen gerecht zu werden und sie zu steuern. Das ist eine Maßnahme, die heute umgesetzt wird.

Ich darf vielleicht noch dazu einladen, über weitere Maßnahmen nachzudenken. Eine davon wäre, mehr Parkplätze bei Autobahnauffahrten zu schaffen, damit man dort Fahrgemeinschaften bilden kann. Kollege Kainz, Kollege Rädler und ich sind heute wieder gemeinsam hierher gefahren (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP), um nicht nur, Herr Präsident, die Parkplatzsituation rund um das Parlament zu entlasten, sondern auch, um Staus zu vermeiden, um Stress zu vermeiden und die Umwelt zu entlasten.


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Ich glaube, es gibt ständig Verbesserungen. Ich lade Sie dazu ein, sie mitzutragen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

15.30


Präsident Dr. Andreas Khol: Letzter Redner dazu ist Herr Abgeordneter Schweisgut. Seine Redezeit beträgt 2 Minuten. – Bitte.

 


15.30.54

Abgeordneter Johannes Schweisgut (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Ich freue mich natürlich über diese Fahrgemeinschaften in der Früh. Diesbezüglich kann ich leider nichts Positives berichten, denn ich bin schon seit drei Tagen hier, weil ich aus Tirol komme, und ich kann nicht täglich anreisen.

Daher ist auch mein Thema die Tiroler Verkehrsbeeinflussungsanlage, die ja bereits seit Ende April ihren Probebetrieb aufgenommen hat. Ich wohne in der Nähe von Kufstein, bin natürlich zwischen Kufstein und Innsbruck sehr viel unterwegs und habe auch schon in persönlichen Erfahrungen diese Anlage gesehen. Ich habe festgestellt, dass sie sicher dazu geeignet ist, gerade im Raum Innsbruck doch sehr positiv zu wirken.

Aber auch in anderen Bereichen haben sich einige sehr positive Erkenntnisse gezeigt: Durch die Video-Beobachtung haben sich Gefahrensituationen rechtzeitig entschärfen lassen. Es wurden Fahrspuren auf Grund eines Unfalls gesperrt und rechtzeitig Sicher­heitskräfte alarmiert, die zur Absicherung von Unfallstellen entsandt wurden. In einem Fall gab es auch einen Geisterfahrer, wobei rechtzeitig eine Warnung über diese Über-Kopf-Anlagen angezeigt wurde.

Besondere Hinweise sind auf diesen Anlagen auch möglich. Wir haben sie auf der Inntal Autobahn sehr oft im Einsatz, beispielsweise an bestimmten Feiertagen, wenn LKW-Fahrverbot entweder in Italien, in Deutschland oder in Österreich herrscht und dadurch natürlich auch der LKW-Verkehr ganz anders beeinflusst werden muss.

Insgesamt, muss ich sagen, ist das eine sehr, sehr positive Maßnahme. Ich freue mich, dass der Probebetrieb durch dieses Gesetz jetzt in einen echten Betrieb übergehen kann, der bisher nicht möglich war. Die verbesserte Sicherheit und der Verkehrsfluss, das ist sicher eine Investition wert; nicht nur in die Qualität der Autobahnen, sondern auch in die Qualität im technischen Bereich soll investiert werden. Dafür steht auch diese Regierung, und ich bedanke mich für diese Möglichkeiten. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

15.32


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ein Schlusswort des Berichterstatters wird nicht gewünscht.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1005 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Dipl.-Ing. Elke Achleitner, Werner Miedl, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungsantrag eingebracht.

Ich werde zunächst über die von dem erwähnten Abänderungsantrag betroffenen Teile und dann über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Dipl.-Ing. Elke Achleitner, Werner Miedl, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag betreffend die Promulgationsklausel sowie § 44c Absatz 1 eingebracht.


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Ich bitte jene Damen und Herren, die dem zustimmen, um ein Zeichen. – Das ist mehr­heitlich angenommen.

Nun kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung erteilen, um ein bejahen­des Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Ge­setzentwurf eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Der Gesetzentwurf ist ein­stimmig auch in dritter Lesung angenommen.

15.34.1511. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 653/A (E) der Abgeordneten Dr. Franz-Joseph Huainigg, Klaus Wittauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Zugänglichkeit des öffentlichen Verkehrs für ältere, behinderte und kleine Menschen (1006 d.B.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen zum 11. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Die Debatte eröffnet Frau Abgeordnete Dr. Moser. Ihre Wunschredezeit ist 5 Minuten. (Abg. Dr. Gabriela Moser – auf dem Weg zum Rednerpult –: Es reichen 2 Minuten!) Sie wollen nur 2 Minuten. Wir hören das mit Freude.

 


15.34.41

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehr­ter Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Wir haben am Mittwoch bereits ausgiebig über das Behindertengleichstellungsgesetz diskutiert. Da hatte meine Kolle­gin Haidlmayr schon Bedenken, was konkrete Verbesserungen und konkrete Schritte anlangt. Auch bei diesem Antrag sind wir natürlich prinzipiell froh, dass jetzt endlich die Bedürfnisse der Behinderten, der Menschen mit Behinderungen erhoben wurden und werden.

Allerdings sind wir nicht ganz zufrieden, dass es bei dieser Erhebung und nur bei der Erstellung eines Konzepts bleibt und die konkreten einzelnen Umsetzungsmaßnahmen mit diesem Gesetz wieder nicht Wille und Ausdruck sozusagen des Herangehens in diesem Parlament werden. Wir haben eigentlich nach fünf Jahren Diskussion wieder nur einen kleinen Schritt in Richtung Erhebung und keinen größeren Schritt in Richtung Umsetzung gemacht.

Meine Kollegin Haidlmayr hat Ihnen ja schon wiederholt ihre persönlichen Schwie­rigkeiten bei der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel genannt und Ihnen sehr gute Beispiele vor Augen geführt. Es ist wirklich erniedrigend – echt erniedrigend! –, wie Menschen mit Behinderungen oft auch in öffentlichen, mit Steuergeldern finanzierten Einrichtungen nicht zu ihren Bedürfnissen kommen und gerade in Zügen oft zwischen zwei Waggons auf Plattformen transportiert werden.

In diesem Vorschlag, den Sie jetzt unterbreiten, gehen wir jetzt wieder nicht den Weg der konkreten Verbesserung, sondern nur den Weg der allgemeinen Anhäufung der einzelnen Missstände, der allgemeinen Erhebungen, der allgemeinen Konzepterstel­lungen. Wir wollen keine Zeitverzögerung, wir wollen gleich in konkrete Maßnahmen gehen. Deshalb ist uns das zu wenig. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

15.36



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Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Huainigg. 5 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.

 


15.36.53

Abgeordneter Dr. Franz-Joseph Huainigg (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekre­tär! Hohes Haus! Es geht in diesem Entschließungsantrag um ein Konzept, in dem wir den Verkehrsminister ersuchen, vor allem zur Sicherstellung von Barrierefreiheit und auch von Sicherheitsmaßnahmen für behinderte Menschen im Straßenverkehr beizu­tragen. Es ist nämlich oft der Fall, dass zum Beispiel blinde Menschen gehen und sich plötzlich an einem Straßenschild den Kopf anstoßen. Oder sie tragen grobe Verlet­zungen davon, wenn sie plötzlich mit dem Taststock nicht den Briefkasten ertasten und dagegen rennen. Auch Baustellen sind nur mit Bändern abgesichert und daher nicht ertastbar, was ebenfalls lebensgefährlich ist.

Aus eigener Erfahrung muss ich sagen, dass teilweise Gehsteigkanten nicht abge­schrägt sind und man dann mit dem Rollstuhl einen anderen Weg fahren muss, der aber in gefährliche Verkehrsbereiche führt und oft zu wirklich sehr kritischen Situatio­nen im Straßenverkehr führt. Deshalb glaube ich, dass ein umfassendes Konzept mit den Ländern und mit den Gemeinden erstellt werden sollte.

Ich meine, dass das ein so wichtiges Thema ist, dass ich auch hoffe, dass die Oppo­sition mitstimmen wird.

Ich möchte noch am Ende des Parlamentsjahres einen besonderen Dank ausspre­chen, nämlich an meine parlamentarische Mitarbeiterin. Ich denke, ich kann das stell­vertretend für alle Abgeordneten des Hauses tun und sagen, dass wir sehr dankbar für die Hilfe im Hintergrund sind und dass diese Hilfe auch die Qualität des Hauses sichert. – Danke. (Allgemeiner Beifall sowie Beifall des auf der Regierungsbank sitzen­den Staatssekretärs Mag. Kukacka.)

15.40


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Haidlmayr. Wunschredezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


15.40.24

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Mei­ne sehr geehrten Damen und Herren! Können Sie sich noch an vorgestern erinnern? Da haben Sie das Behindertengleichstellungsgesetz abgefeiert. Sie haben versucht, uns weiszumachen, dass das ein tolles Gesetz mit klaren Rechten für behinderte Men­schen, die sie auch einklagen können, sei. Und heute kommt diese Entschließung.

Wissen Sie, noch besser aufdecken, als Sie es jetzt selber getan haben, könnte das keiner. Wenn es stimmen würde, so wie Sie es behauptet haben – und ich habe Ihnen gesagt, dass es nicht so ist –, dass es einklagbare Rechte für behinderte Menschen im Bereich des öffentlichen Verkehrs gibt, dann bräuchten wir diese Entschließung heute nicht, sondern dann würden wir spätestens am 1. Jänner 2006 genau das, was hier drinnen steht, einklagen können. (Die Rednerin hält einen Entschließungsantrag in die Höhe.)

Aber Sie haben jetzt selber den Beweis geliefert. Das ist also ein Schuss ins Knie. Sie sind nicht glaubwürdig: Noch besser als mit diesem Papier können Sie es nicht bele­gen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Dieses Papier ist wirklich ein Hit und ist auch bereits an die Öffentlichkeit und an die österreichische Behindertenbewegung gegangen, nämlich als Gegendarstellung zu dem, was Sie vorgestern behauptet haben, dass das alles nicht stimme, was erklärt worden sei. Aber es ist eben so.


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Zu diesem Entschließungsantrag selbst ist zu sagen: Es ist schon ein starkes Stück – sage ich jetzt auch noch einmal dazu –, wenn die Regierungsparteien das Selbstbe­stimmungsrecht und das Selbstvertretungsrecht von behinderten Menschen immer so vor sich her schleppen und behaupten, wie wichtig ihnen das sei und ohne das gehe ja überhaupt nichts mehr. Sie sagen: Selbstverständlich seid ihr bei allen Entscheidungen dabei, denn ihr seid ja die Experten.

Und dann steht in diesem Entschließungsantrag – ich lese es Ihnen vor, Herr Molte­rer –: „Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie wird ersucht, ge­meinsam mit den Ländern, Städten und Gemeinden eine Erhebung der Bedürfnisse älterer, behinderter und kleiner Menschen im öffentlichen Verkehr durchzuführen“, und so weiter und so fort.

Die behinderten Menschen als Experten sind da nicht dabei. Wir, meine sehr geehrten Damen und Herren, müssen und werden Ihnen vorlegen, was nicht barrierefrei ist. Sie wissen es nicht. Sie verstehen davon genau so viel wie ich vom Bergsteigen, nämlich nichts!

Da sieht man wieder ganz deutlich, wo Ihre Rechte für behinderte Menschen sind, wo Ihr Expertenwissen über behinderte Menschen, das Sie sich immer aneignen wollen, bleibt, wenn diese nicht einmal bei den Erhebungen über die Barrierefreiheit mit dabei sein dürfen. Das sollen nur die Länder, Städte, Gemeinden und der Bundesminister machen. – Jawohl, die verstehen die Geschichte! Das sieht man ja an dem, was wir haben. Da sieht man ja, wie gut die sind, was sie nicht alles von der Materie verstehen. Denn wenn sie etwas verstehen würden, dann bräuchte man das alles nicht, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Mit diesem Antrag machen Sie sich wirklich lächerlich. (Abg. Miedl: Das ist unerhört, Frau Kollegin! – Abg. Öllinger: Das stimmt aber! Ist nicht unerhört!) Das ist aber Ihre Sache und nicht meine. Dass das Behindertengleichstellungsgesetz nicht das hält, was Sie versprochen haben, das haben Sie hiemit bewiesen. Wir haben es Ihnen gesagt.

Wir wollen aber trotzdem, das sage ich Ihnen auch, dass endlich die Barrieren im öffentlichen Raum aufgezeigt werden können und auch verändert werden müssen, weil dies eben über das Behindertengleichstellungsgesetz nicht geht.

Wir wollen, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass diese Expertisen gemein­sam mit den Vertretern der behinderten Menschen gemacht werden und nicht ohne sie. Die Fremdbestimmung ist out! (Beifall bei den Grünen sowie der Abgeordneten Mag. Lapp und Mag. Grossmann.)

Wir, meine sehr geehrten Damen und Herren, wollen auch nicht, dass das eine Ent­schließung ist bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag, die irgendwann einmal realisiert wird. Da steht ja überhaupt nicht drinnen, bis wann das umgesetzt sein soll. Das kann auch im Jahr 2070 sein. Wer sagt denn das? – Es steht ja nichts drinnen! Und das geht mit uns auch nicht. Wir wollen einen klaren Zeithorizont.

Wir wollen, dass dieses Ergebnis von den Vertretern der Länder, Städte und Gemein­den und den VertreterInnen der Behindertenbewegung, der Betroffenen – und damit bringe ich nun meinen Entschließungsantrag ein, Herr Präsident – bis spätestens 31. Dezember 2005 vorgelegt werden muss und dass, resultierend aus diesen Ergeb­nissen, bis 30. Juni 2006 eine Regierungsvorlage vorzulegen ist, die zum Inhalt hat, dass eben die Diskriminierungsbestandteile im öffentlichen Verkehr, die aufgezählt wurden, entsprechend beseitigt werden, und zwar innerhalb eines Zeitraumes von zwei Jahren.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das hat Kraft und nicht das, was Sie von den Regierungsparteien uns vorgelegt haben – ohne Zeithorizont, ohne


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Einbindung von Menschen mit Behinderungen. Dafür sind wir nicht mehr zu haben. Das geht mit uns nicht!

Deshalb bitte ich Sie: Denken Sie darüber nach! Nehmen Sie Ihren Entschließungs­antrag zurück und stimmen Sie dem unsrigen zu! (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Dr. Rada.)

15.47


Präsident Dr. Andreas Khol: Meine Damen und Herren! Frau Abgeordnete Haidlmayr hat den Antrag im Wesentlichen erläutert. Sie hat ihn nicht wörtlich verlesen, aber ich gehe davon aus, Frau Kollegin, dass das, was Sie uns schriftlich gegeben und was wir an alle Fraktionen verteilt haben, der von Ihnen eingebrachte Entschließungsantrag ist. (Abg. Haidlmayr nickt zustimmend.) – Er ist damit eingebracht, hinreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut: 

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Theresia Haidlmayr, Dr. Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde betreffend konkrete Maßnahmen mit klarem Zeithorizont für die Zugänglichkeit des öffentlichen Verkehrs für behinderte, ältere und kleine Menschen sowie deren Sicher­heit im öffentlichen Straßenverkehr, eingebracht im Zuge der Debatte über Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 653/A(E) der Abgeordneten Dr. Franz-Joseph Huainigg, Klaus Wittauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Zugänglichkeit des öffentlichen Verkehrs für ältere, behinderte und kleine Menschen (1006 d.B.)

Ältere, behinderte und kleine Menschen werden im öffentlichen Verkehr oftmals mit Gegebenheiten konfrontiert, die eine Teilnahme erschweren oder sogar unmöglich machen. Bauliche Barrieren, wie hohe Stufen, nicht abgeschrägte Gehsteigkanten oder zu kleine Liftkabinen können zu unüberwindbaren Hindernissen für körperbehinderte Menschen oder Mütter/Väter mit Kinderwägen werden. Für blinde Menschen birgt der Straßenverkehr unnötige Gefahren und Verletzungsrisiken. Zu niedrig montierte Ver­kehrsschilder (diesbezügliche konkrete Änderungen wurden bereits im Antrag 452/A(E) der Abg. Haidlmayr, Freundinnen und Freunde vorgeschlagen, der jedoch von ÖVP und FPÖ erst am 12.5.2005 abgelehnt wurde) und Postkästen oder schlecht abgesi­cherte Baustellen können von blinden Menschen mit dem Blindenstock nicht ertastet werden. So kommt es zu schmerzhaften Kollisionen und schweren Verletzungen, die durch entsprechende Planung und Änderung vermeidbar wären. Kombinierte Rad- und Gehwege sowie fehlende tastbare Bodenmarkierungen und zu wenig auffallend gestal­tete Warnhinweise hindern sehbehinderte und blinde Menschen an der sicheren und selbstständigen Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr. Auch im Hinblick auf die Sicherheit von Kindern, sprich kleinen Menschen, sollte das bestehende verkehrspoliti­sche Regelwerk überarbeitet und angepasst werden.

Die Planung und bauliche Ausführung des öffentlichen Verkehrs und der öffentlichen Verkehrsmittel orientieren sich stark am „durchschnittlichen Benützer“, ohne die unter­schiedlichen Bedürfnisse der Teilnehmer genauer zu hinterfragen und zu analysieren. Mittlerweile gibt es eine Reihe von einschlägigen Ö-Normen und Richtlinien, die bei der Gestaltung des öffentlichen Verkehrs und der öffentlichen Verkehrsmittel Berücksichti­gung finden müssen. Damit können einerseits teure Nachrüstungen und Adaptierungen vermieden werden und andererseits kann die sichere und gleichberechtigte Teilhabe aller Menschen am öffentlichen Verkehrswesen gewährleistet werden.

Es ist allerdings gerade angesichts der Tatsache, dass die entsprechenden Normen und Richtlinien bereits vorliegen und nur mehr der Umsetzung harren, völlig unzurei-


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chend, sich auf die Erhebung des Bedarfs (der ja eben nicht nur bekannt ist, sondern auch bereits in konkrete Normen und Richtlinien gegossen wurde) und ein auf dieser erneuten Bedarfserhebung fußendes Konzept zu beschränken. Im Gegenteil müssen erstens die Behindertenverbände und -organisationen in die geplanten Arbeiten einbe­zogen werden und zweitens endlich die nötigen konkreten Umsetzungsmaßnahmen erfolgen, um die tatsächliche volle Zugänglichkeit des öffentlichen Verkehrs für behin­derte, ältere und kleine Menschen zu erreichen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie wird ersucht, gemeinsam mit den Ländern, Städten und Gemeinden und den VertreterInnen der Behindertenor­ganisationen eine Erhebung der Bedürfnisse älterer, behinderter und kleiner Menschen im öffentlichen Verkehr durchzuführen. Dabei ist insbesondere auf die Gewährleistung der Verkehrssicherheit, die allgemeine Nutzbarkeit der öffentlichen Verkehrsmittel so­wie das barrierefreie Bewegen im öffentlichen Verkehr für diese Personengruppen ein­zugehen.

Die Ergebnisse sind bis 31.12.2005 vorzulegen.

Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie wird aufgefordert, in der Folge dem Parlament bis spätestens 30.6.2006 eine Regierungsvorlage vorzulegen, welche inhaltlich und budgetär sicher­stellt, dass diese Ergebnisse umgesetzt und alle Diskriminierungsbestandteile im Öf­fentlichen Verkehr mit einer Übergangsfrist von maximal zwei Jahren beseitigt werden.

*****

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Lapp. Ihre Redezeit ist gleichfalls 5 Minuten. – Bitte.

 


15.47.27

Abgeordnete Mag. Christine Lapp (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Die Bewegung im Straßenverkehr ist durch sehr viele Barrieren für ältere, behinderte und kleine Menschen beeinträchtigt. Deshalb honorieren wir die Initiative seitens der Regierungsfraktionen, dass sie sich einmal Gedanken darüber machen wollen.

Die Kritikpunkte unsererseits gehen aber auch in diese Richtung, dass leider die betrof­fenen Menschen fehlen, dass also die Interessenvertretung der betroffenen Menschen nicht eingebunden wird.

Wir haben in den letzten Verkehrsausschüssen einen Antrag eingebracht, den wir mit blinden Menschen erarbeitet haben. Sie von den Regierungsparteien haben in der Straßenverkehrsordnung dann die Vorschriften für die Straßenschilder ein bisschen verändert, aber leider sind sie immer noch in einer Höhe, dass sie für blinde Menschen eine Barriere darstellen.

Sie sehen, Sie werden da noch einen sehr langen Weg gehen müssen. Das Problem ist, dass sich behinderte Menschen nicht mehr lange frotzeln lassen und dass sie zu ihrem Recht kommen wollen. Es ist wesentlich und wichtig, dass man behinderte Men­schen als Expertinnen und Experten sieht und dass man mit diesen Menschen ge-


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meinsam den Straßenverkehr durchforstet, denn da gibt es nach wie vor noch sehr grausame Unfälle, die auch tödlich ausgehen.

Bei den öffentlichen Verkehrsmitteln, die Sie in diesem Antrag auch ansprechen, würde ich meinen, dass da verschiedene Züge noch nicht auf Barrierefreiheit abgetestet wur­den, dass da also noch sehr viel notwendig ist. Aber ansonsten, wenn ich an das Wie­ner U-Bahn-Netz und die U-Bahnen in Wien denke, ist zum Beispiel dieses öffentliche Verkehrsmittel in Wien barrierefrei.

Wir wollen aber trotzdem Ihr Bemühen unterstützen und unterstützen Ihren Antrag, finden aber, dass es wesentlich ist, dass Sie sich selbst für eine effiziente und erfolg­reiche Arbeit für behinderte Menschen eine Frist setzen und sich für diese Menschen einsetzen. Deswegen unterstützen wir auch die Initiative der Grünen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

15.49


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé. Sie wünscht, 5 Minuten zu sprechen. – Bitte.

 


15.50.00

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Ich werde mich dann entscheiden, ob ich die 5 Minuten ausnutze oder nur 3 Minuten rede.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Frau Abgeordnete Haidlmayr, ich denke, Sie missverstehen diesen Antrag. Er ist auch kein Schuss ins Knie, sondern es geht um die berühmte Sensibilisierung. (Zwischenruf der Abg. Haidlmayr.) Ich weiß, Sie haben mir einmal bei einer Podiumsdiskussion gesagt, Sie können das Wort „Sensibilisierung“ schon nicht mehr hören. Aber die Bevölkerung und unsere Politiker brauchen ein großes Maß an Sensibilisierung! Es muss bei allen Planungen bewusst sein, dass es ältere Menschen, Behinderte und Eltern mit Kinderwägen gibt, die eben­falls am Verkehr teilnehmen wollen. Es müssen nicht nur die Normen erfüllt werden, sondern sie müssen auch sinnvoll angewendet werden! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Haidlmayr.)

Frau Haidlmayr, bitte, passen Sie doch einmal auf, wenn ich Ihnen etwas sage! Kaum sage ich ein Wort, schreien Sie schon! Passen Sie doch einmal auf! (Abg. Parnigoni: Meistens berechtigt!)

Ich habe beispielsweise einen Katalog bekommen, ich glaube, es war von einer Initia­tive in Graz. Darin haben sich die Initiatoren gerühmt, dass sie eine tolle städtebauliche Maßnahme getroffen haben: Stadterneuerung und so weiter. Was ich gesehen habe, war für mich als Rollstuhlfahrerin, als wirkliche Fahrerin, eine Katastrophe, weil nur lauter holpriges Pflaster vorhanden war. Es hat zwar wunderschön ausgesehen, aber es war holprig. Dabei sind die Normen zwar erfüllt worden, aber kein Mensch hat daran gedacht, dass behinderte Menschen dort im Rollstuhl fahren. Das ist nur einer der Punkte! Ich habe dann an die Verantwortlichen für diese Initiative geschrieben, sie haben mir das dann alles begründet und so weiter.

Ein weiteres Beispiel stellt die U-Bahn in Wien dar. Frau Abgeordnete Lapp! Sie haben gerade die U-Bahn in Wien gerühmt und gesagt, sie wäre barrierefrei. (Abg. Haidl­mayr: Sie ist nicht barrierefrei!) Sie haben gesagt, die Behinderten lassen sich nicht frotzeln.

Frau Abgeordnete Lapp, fahren Sie einmal mit einem Rollstuhl in der Wiener U-Bahn! Da gibt es zwischen der Zugsgarnitur und dem Perron so große Spalten, dass man panische Angst bekommt, dass man beim Einsteigen hineinfällt. Das Gesetz ist erfüllt,


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die U-Bahn ist barrierefrei, aber es gibt diese Spalten! (Abg. Haidlmayr: Das stimmt! – Abg. Mag. Lapp: Da gibt es eine Rampe!) – Nein, es gibt keine Rampe!

Frau Abgeordnete Lapp, ich lade Sie ein, so wie Frau Abgeordnete Mandak das ges­tern getan hat: Fahren Sie einmal mit mir mit der U-Bahn, dann werden Sie das sehen! (Abg. Haidlmayr: Da sind wir einer Meinung! – Ruf bei der SPÖ: Sie tun dramatisie­ren!) – Frau Haidlmayr nickt. Sie fährt fast täglich mit der U-Bahn und steht auch vor diesen Spalten.

Es gibt aber zum Beispiel auch in Wien irrsinnig steile Rampen, wo nicht einmal ein Kinderwagen hinaufgeführt werden kann. Wieder, Frau Abgeordnete Haidlmayr: Die Norm ist erfüllt, aber kein Mensch kann von dieser Rampe profitieren, und es gibt noch viele weitere Beispiele.

Deshalb meine ich, dieser Antrag soll auch auf diese Sensibilisierung hinarbeiten. Selbstverständlich, Frau Abgeordnete, sollen Behindertenvereine mit einbezogen wer­den. Ich finde, dass das dieser Antrag vollkommen offen lässt, denn da steht, mit Län­dern soll verhandelt werden. Aber da stehen doch Personen dahinter, und es ist selbst­verständlich, dass die Behindertenvereine und betroffenen Personen mit einbezogen werden. (Zwischenruf der Abg. Haidlmayr.)

Dieser Antrag ist also überhaupt nicht lächerlich, sondern er ist sinnvoll. Ich wäre über­haupt dafür, dass man solche Anträge auch in anderen Ressorts stellt, weil es noch sehr viele andere Bereiche gibt, nicht nur im öffentlichen Verkehr, wo behinderte, alte, kleine und noch kleinere Menschen, nämlich die Kinder, benachteiligt sind. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

15.53


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Marek. 3 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 


15.53.52

Abgeordnete Christine Marek (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Haidlmayr, ein paar Worte möchte ich an Sie richten. Aufgrund der Art, wie Sie mit unserem Herrn Kollegen Huainigg umgehen, habe ich mittlerweile das Gefühl, dass Sie schon fast ein Problem damit haben, dass hier ein zweiter Behinderter ist (Zwischenruf der Abg. Haidlmayr – Abg. Sburny: Das ist wirk­lich das Letzte!), der selbst betroffen und höchst kompetent in Angelegenheiten der Be­hindertenpolitik ist, der konstruktiv daran mitarbeitet und nicht alles schlecht macht, so wie Sie das tun. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Mein herzliches Dankeschön an Franz-Joseph Huainigg, der trotz seiner starken per­sönlichen Betroffenheit ein politisches Engagement und einen Einsatz zeigt, die ein­fach bewundernswert sind. – Danke, Franz-Joseph! (Beifall bei der ÖVP und den Frei­heitlichen.)

Weiters möchte ich Ihnen sagen, Frau Haidlmayr, dass dieser Antrag überhaupt kein Widerspruch zum Behindertengleichstellungsgesetz ist, weil das eine Bundesmaterie ist. In dem Antrag, den Sie offensichtlich gelesen haben, haben Sie anscheinend über­sehen, dass die Länder und Gemeinden mit einbezogen (Zwischenruf der Abg. Haidl­mayr) und gemeinsam Maßnahmen zur höheren Verkehrssicherheit und für den öffentlichen Bereich für kleine Menschen, behinderte Menschen und Menschen mit Beeinträchtigung erarbeitet werden sollen. Daher hat dieser Antrag eine absolute Be­rechtigung. Ich begrüße ihn sehr und stimme ihm sehr gerne zu. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

15.55



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Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Abgeordneter Broukal: Laptop und Telefon ... (Abg. Broukal: Ist zu viel!) – Das ist zu viel! Das sagen Sie auch. Danke. (Allgemeine Heiterkeit.)

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Sieber. – Bitte.

 


15.55.24

Abgeordneter Norbert Sieber (ÖVP): Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! Meistens orientieren sich die Planung und Umsetzung des öffentlichen Verkehrs stark am durchschnittlichen Benutzer. Übersehen wird dabei, dass unterschiedliche Benut­zer unterschiedliche Bedürfnisse haben.

Mittlerweile gibt es erfreulicherweise Ö-Normen und Richtlinien, die bei öffentlichen Verkehrsmitteln berücksichtigt werden müssen, um die sichere und gleichberechtigte Benützung der Verkehrsmittel und Verkehrsflächen durch alle Benützer zu gewährleis­ten. Aber offensichtlich gibt es in diesem Bereich noch Defizite, die unbedingt beseitigt werden müssen.

Noch immer sind ältere, behinderte und kleine Menschen im öffentlichen Verkehr mit großen Problemen konfrontiert, sodass es ihnen erschwert oder sogar unmöglich ge­macht wird, öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen, und sie somit stark in ihrer Mobilität eingeschränkt sind. Hohe Stufen, fehlende Rampen, nicht abgeschrägte Gehsteigkan­ten, zu enge Liftkabinen, schwer lesbare Wegweiser sind nur einige der Hindernisse, mit denen körperbehinderte Menschen zu kämpfen haben.

Aber auch Mütter und Väter mit Kinderwägen sind betroffen und daher oft auf fremde Hilfe angewiesen. Genauso birgt das jetzige verkehrspolitische Regelwerk für kleine Menschen, also auch Kinder, viele Gefahren in sich und sollte daher angepasst wer­den.

Auch für blinde und sehbehinderte Menschen können bauliche Barrieren zu großen Gefahren werden. Dabei geht es etwa um zu niedrig montierte Straßenschilder oder fehlende tastbare Bodenmarkierungen. Schlecht abgesicherte Baustellen können ebenfalls zu schweren Verletzungen führen. All dies wäre durch angepasste Planung und Änderungen vermeidbar. Blinde Menschen und Rollstuhlfahrer möchten selbstän­dig und vor allem sicher am öffentlichen Verkehr teilnehmen. Genau dies wird ihnen aber leider oft verwehrt. Mobilitätsbarrieren müssen abgebaut werden.

Ich bin deshalb froh, dass es heute diese Vorlage gibt, um einen weiteren Schritt in Richtung barrierefreies Bewegen im öffentlichen Verkehr zu setzen, um die Mobilität aller Verkehrsteilnehmer zu gewährleisten. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheit­lichen.)

15.57


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Preineder. 2 Mi­nuten Redezeit. – Bitte.

 


15.57.39

Abgeordneter Martin Preineder (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Staatssekretär! Es ist nach dem Behindertengleichstellungsgesetz der zweite An­trag von unserem Franz-Joseph Huainigg, dem ich zu seiner Lebenseinstellung und zu seiner politischen Umsetzung recht herzlich gratulieren darf. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Es geht darum, eine stärkere Berücksichtigung von behinderten, von älteren und von kleineren Menschen, vor allem Kindern, im öffentlichen Verkehr zu erzielen. Als Vater von zwei kleinen Kindern, von Zwillingen, weiß ich, wie schwierig es oft ist, mit einem überbreiten Kinderwagen zurechtzukommen, wenn man zu einer Gehsteigkante kommt


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und nicht weiß, wie man sie bewältigen kann, oder wenn man sich auf einem Gehsteig befindet, der schmäler wird, und man auf die Straße ausweichen muss. Auch Hinder­nisse wie Büsche oder Blumentröge stehen oft im Weg und stellen ein Problem dar. (Unruhe im Saal. – Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.) Wenn das für mich als Vater ein Problem war, dann gilt das sicher umso mehr für ältere oder behinderte Menschen.

Geschätzte Damen und Herren! Liebe Kollegen! Es steht die Urlaubszeit bevor. Ich darf Ihnen allen einen angenehmen Urlaub wünschen, aber ich darf Sie auch bitten, bewusst und mit offenen Augen, mit Augen von Älteren und Behinderten durch die Welt zu gehen und sich vielleicht so zu bewegen, wie sich diese Menschen bewegen, und manche Hindernisse zu sehen, die wir sonst nicht sehen, um hier auch ein gewis­ses Verständnis zu erreichen. Manchmal geht es nicht um hohe Kosten, sondern es geht darum, dass man die Probleme dieser Menschen erkennt und entsprechend mit­denkt.

Räumen wir diese Steine aus dem Weg! Bauen wir damit Brücken! Jeder lange Weg beginnt mit dem ersten Schritt. Ich lade vor allem auch die Grünen ein, diesem Ent­schließungsantrag zuzustimmen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

15.59


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mandak. Frei­willige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

 


15.59.47

Abgeordnete Sabine Mandak (Grüne): Herr Präsident! Hohes Haus! Frau Kollegin Partik-Pablé! Sie haben Recht, es braucht ein großes Maß an Sensibilisierung, damit Schritte gesetzt und umgesetzt werden. Ich denke, im Idealfall sollte jede und jeder von uns ständig mitdenken: Was bedeuten die Entscheidungen, die wir hier, in Landtagen und in Gemeindevertretungen fällen, für Menschen mit Behinderung, für ältere Men­schen und für kleine Menschen. (Unruhe im Saal. – Präsident Dr. Khol gibt das Glo­ckenzeichen.)

Ich bin froh, dass Herr Kollege Huainigg diese Formulierung gewählt hat, weil sehr oft von den Bedürfnissen von Menschen mit Behinderungen ausgegangen wird, was na­türlich völlig zu Recht und ganz wichtig ist. Aber auch Menschen, die kleine Kinder haben, und vor allem Menschen im Alter haben genau die gleichen Probleme, stehen vor den gleichen Problemen. Das heißt, es betrifft eine ganz große Gruppe von Men­schen, wenn wir von den Barrieren des Alltags und ganz besonders von den Barrieren im öffentlichen Verkehr sprechen.

Grundsätzlich bin ich aber auch der Meinung, dass der Antrag von dir, Franz-Joseph, einer Präzisierung bedarf. Leider ist es so. Leider brauchen wir Fristen, sonst passiert wenig oder nichts. Wir brauchen aber natürlich auch die Beteiligung Betroffener. Über die Betroffenen hinweg wird zu oft geplant und entschieden. Was dabei herauskommt, sehen wir jeden Tag.

Ich fahre nicht in einer Fahrgemeinschaft zum Parlament, sondern mit öffentlichen Ver­kehrsmitteln. Am Südbahnhof, der gerade umgebaut worden ist, ist mir beispielsweise aufgefallen, dass dort neue Anzeigetafeln angebracht worden sind, die für jemanden, der auch nur eine schwache Brille tragen muss – von Menschen, die sehr schlecht sehen, überhaupt nicht zu reden –, nicht lesbar sind. Alte Menschen können diese Ta­feln überhaupt nicht mehr lesen.

Es geht also nicht nur um die ganze Frage von Aufzügen in Bahnhöfen, den leidigen Stiegen überall und den Einstiegen in die Verkehrsmittel, sondern es geht auch darum,


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sich in den Gebäuden bewegen und an die Informationen gelangen zu können. Leider ist das nach wie vor noch nicht der Fall.

Ich persönlich meine, dass man nicht warten muss, bis irgendetwas erhoben worden ist, um Schritte zu ergreifen. Ich kenne zig Bahnhöfe in Österreich, wo man nicht barri­erefrei zum Bahnsteig kommt. Da brauche ich keine Erhebung, da brauche ich einen Lift! Ich kenne auch zig Bahnsteige, wo ich aus dem Zug nur über drei Stufen heraus­komme. Da brauche ich keine Erhebung, da brauche ich ein anderes Gleis und ordent­liche Züge!

Es gibt eine Reihe von Maßnahmen, von denen wir wissen, sie sind dringend zu set­zen. Ich weiß, es liegt nicht alles in Bundeskompetenz, aber wenigstens die ÖBB könnten hier beispielhaft vorangehen. Ich wünschte mir, es wäre so. Leider ist es bis heute und auch bei erst kürzlich gesetzten Maßnahmen nicht so. Schade. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

16.03


Präsident Dr. Andreas Khol: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Die Frau Berichterstatterin wünscht kein Schlusswort.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 1006 der Beilagen angeschlossene Entschließung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist mit Mehrheit angenommen. (E 131.)

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen betreffend konkrete Maßnahmen mit klarem Zeithorizont für die Zugänglichkeit des öffentlichen Verkehrs für behinderte, ältere und kleine Menschen sowie deren Sicherheit im öffentlichen Straßenverkehr.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

16.04.1712. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 651/A der Abgeordneten Klaus Wittauer, Werner Miedl, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Bundesgesetz über Aufgaben und Organisation der Bundes-Wasserstraßenverwaltung – Wasserstraßengesetz geändert wird (Wasserstra­ßengesetznovelle 2005) (1007 d.B.)

13. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 650/A der Abgeordneten Klaus Wittauer, Werner Miedl, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Luftfahrtgesetz geändert wird (1008 d.B.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nunmehr zu den Punkten 12 und 13 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir treten in die Debatte ein.

 


Erster Redner ist Herr Abgeordneter Eder. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minu­ten. Sie müssen die Zeit nicht ausschöpfen. – Bitte.


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16.05.00

Abgeordneter Kurt Eder (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Ich werde die fünf Minuten sicherlich nicht ausnutzen und möchte zunächst betonen (Unruhe im Saal – Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen), dass die SPÖ stets für die Ein­richtung einer Unfalluntersuchungsstelle des Bundes eingetreten ist. Derzeit existiert eine derartige Einrichtung allerdings nur für die Luftfahrt, und sie soll entsprechend einer Regierungsvorlage jetzt auf Schiff und Bahn ausgedehnt werden. Da dazu aber auch Verfassungsbestimmungen notwendig sind, war die SPÖ in die parlamentari­schen Verhandlungen eingebunden.

Wir haben eine Reihe von Bedenken geäußert, und diesen Bedenken wurde in mehre­ren Verhandlungsrunden weitgehend Rechnung getragen. Andererseits gibt es aber einige offene Punkte, die wir noch verhandeln wollen, was spätestens Anfang Septem­ber der Fall sein wird, um die Vorlage am 22. September 2005 – so hoffe ich – im Ver­kehrsausschuss gemeinsam mit den Regierungsfraktionen verabschieden zu können.

Der SPÖ ist es gelungen, in den Verhandlungen gerichtliche Parallelermittlungen zu vermeiden und den einzelnen Beteiligten ausreichend Rechtsschutz zu gewähren. Es wird zu einer engen Kooperation zwischen den untersuchenden Staatsanwälten und der Unfalluntersuchungsstelle kommen. Denn nur auf diesem Wege lässt sich der eigentliche Zweck der Unfalluntersuchungsstelle, nämlich die Unfallanalyse samt Vor­schlägen zur Vermeidung weiterer Unfälle, von den Schuld- und Haftungsfragen der Beteiligten ausreichend trennen.

Was die heutige Luftfahrtgesetznovelle betrifft, so handelt es sich um eine Art Notlö­sung, einen Notantrag der Regierungsparteien, weil sie gegenüber einem EU-Termin mit den Umsetzungsfristen bereits in Verzug sind. Das Ganze hängt aber mit dem, was ich vorhin gesagt habe, eng zusammen. So betrachten wir das als Gesamtpaket und stimmen heute diesem einen Teil des Paketes nicht zu, sondern werden im September dann dem gesamten Paket, soweit alles fertig verhandelt ist, gerne unsere Zustimmung geben. (Beifall bei der SPÖ.)

16.07


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Abgeordneter Dipl.-Ing. Mag. Reg­ler. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


16.07.10

Abgeordneter Dipl.-Ing. Mag. Roderich Regler (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Hohes Haus! Wir haben heute zwei Vorlagen, davon eine Novelle zum Was­serstraßengesetz. Wir haben im Vorjahr die Wasserstraßenverwaltung aus dem Ver­kehrsressort ausgegliedert und haben festgelegt, dass innerhalb von drei Monaten die Zuweisung der im Verkehrsressort tätigen Personen an die entsprechende Gesell­schaft zu erfolgen hat, damit die Schleusenaufsicht und die Wasserstraßenregelung dort erfolgen können.

Es hat sich aber herausgestellt, dass drei Monate nicht ausreichend sind, weil nicht be­dacht worden ist, dass gegen derartige Bescheide auch ein Einspruch erhoben werden kann und dass in so einem Fall die Zuweisung in dieser dreimonatigen Zeit nicht möglich ist. Wir brauchen aber die Spezialisten unbedingt vor Ort, denn gerade die Wirtschaft, die auf der Donau fährt, benötigt eine gute Regelung, weil Schleusen auch immer wieder gewartet werden müssen. Die Experten müssen diese optimale Rege­lung also tatsächlich vornehmen.

Aus diesem Grund streichen wir jetzt den Passus, dass die Zuweisung innerhalb von drei Monaten zu erfolgen hat, damit das auch in den Fällen, wo ein Einspruch erfolgt ist, in Ruhe und rechtlich sicher umgesetzt werden kann.


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Die zweite Novelle, die wir heute beschließen, ist die Novelle zum Luftfahrtgesetz. Es stimmt schon, dass eine ganze Reihe von wichtigen Dingen für die Luftfahrt in Vorbe­reitung ist. Es wird auch im Herbst eine weitere Novelle zum Luftfahrtgesetz geben. Weiters wird die Untersuchungsstelle eingerichtet, die Kurt Eder erwähnt hat.

Es geht aber darum, dass wir mit der Umsetzung von zwei EU-Vorschriften beinahe in Verzug sind. Bis 4. Juli 2005 ist die EU-Richtlinie über die Meldung von „Ereignissen“ in der Zivilluftfahrt umzusetzen. Derzeit gibt es die Regelung, dass nur Unfälle und Stö­rungen der Austro Control zu melden sind. Nun sollen auch so genannte Ereignisse gemeldet werden. Das sind Mängel, Fehlfunktionen, Betriebsunterbrechungen und so weiter.

Auch der Kreis der Meldepflichtigen wird erhöht, also nicht mehr nur die Flugplatzhal­ter, Luftverkehrsunternehmer und Piloten, sondern auch alle Personen, die Zivilluft­fahrzeuge entwickeln, herstellen, überprüfen, warten, beladen, enteisen, schleppen und so weiter müssen jetzt solche Meldungen machen.

Das heißt, alle Vorfälle, die künftig vorkommen und anfallen werden, werden katalogi­siert, sie werden nun bekannt und untersucht, und damit wird die Sicherheit in der Luftfahrt erhöht.

Weiters müssen wir eine Anpassung an die EU-Verordnung über die Zuweisung von Zeitnischen auf Flughäfen umsetzen. Wir haben im Luftfahrtgesetz wie in der EU bis­her den Flugplankoordinator gehabt, und jetzt gibt es noch eine weitere Funktion, den Flugplanvermittler, den wir auch aufnehmen müssen und der einer besseren Zuteilung der Slots dienen wird. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wir haben also insgesamt zwei ganz wesentliche Verbesserungen vorgenommen: Die Sicherheit wird erhöht, und die Slot-Zuteilung erfolgt gerechter. Doch trotzdem gibt es überraschenderweise noch jemanden, der dem nicht zustimmt. Ich fordere alle auf, beide Gesetze einstimmig anzunehmen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

16.10


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Wortmeldung: Frau Abgeordnete Bayr. Auch sie wünscht 5 Minuten Redezeit. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


16.10.57

Abgeordnete Petra Bayr (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Laut Rechnungshof war die Ausgliederung der Bundes­wasserstraßendirektion eine der misslungensten Ausgliederungen überhaupt. Sie hat erhebliche Mehrkosten für den Bund mit sich gebracht. Durch die Gründung der öffent­lichen Wasserstraßen-GesmbH im Dezember 2004 ist riesengroßes Bundesvermögen in diese Gesellschaft verschoben worden. Das ist quasi Familiensilber: Familiensilber, das 30 Schiffe, 4 Steinbrüche, diverse Baggergeräte, beinahe 200 Grundstücke um­fasst und das natürlich für die Privatwirtschaft ausgesprochen interessant ist.

Die jetzige Novelle sieht im Konkreten eine Fristverlängerung der Privatisierung für die Schleusenaufsicht vor. Wir von der SPÖ meinen, dass gerade die Frage der Schleu­senaufsicht eine ist, die wirklich eine öffentliche Aufgabe ist. Wir haben auch die Kritik anzubringen, dass die Kontrolle der sozialen und der technischen Regelungen dadurch weiter erschwert wird.

Ich persönlich hoffe ja sehr, dass die Privatisierungstendenzen im Verkehrsressort jetzt schön langsam enden, dass sie vor allem auch vor der Bodensee-Schifffahrt enden. Denn obwohl dies natürlich für den zukünftigen Arbeitgeber des Verkehrsministers sehr lukrativ und spannend wäre, muss ich eines schon sagen: Dem Herrn Vizekanzler ist in seiner Funktion als Verkehrsminister eine gewisse Konsequenz wirklich nicht abzu-


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sprechen. Er hat mit unerschütterlicher Konsequenz – ich glaube, bis auf eine Sit­zung – alle Sitzungen des Verkehrsausschusses geschwänzt, und er hat die meisten Debatten zu Verkehrsthemen hier im Plenum nicht besucht.

Es mag dafür mannigfaltige Gründe geben. Es kann sein, dass in der FPÖ die perma­nente Krise war oder dass jetzt im sich marginalisierenden BZÖ der Hut brennt und er andauernd löschen muss; das ist möglich. Es kann sein, dass er an Verkehrspolitik kein Interesse hat. Es mag aber auch sein, dass er vor dem Hohen Haus und dem Parlamentarismus keinen Respekt hat. Wir wissen es nicht. (Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Was wir aber auf jeden Fall wissen und was sonnenklar ist, ist, dass dieser unglück­liche Lebensabschnitt, den er jetzt führt, für ihn relativ bald zu Ende gehen wird, dass er diesen bald hinter sich gebracht haben wird und dass für ihn etwas Neues, für ihn sicher viel Passenderes und Besseres in der Privatwirtschaft zum Greifen nahe ist. (Abg. Neudeck: Haben Sie zum Thema auch etwas?) Ich hätte ja sehr gerne den letz­ten Tag dieser Session, den letzten Tagesordnungspunkt dazu genützt, dem Herrn Verkehrsminister adieu zu sagen. Leider hat er selbst schon vor ein paar Wochen adieu gesagt, und er ist wieder nicht hier.

Ich hoffe sehr und wünsche ihm, dass er in seiner neuen Funktion in der Privatwirt­schaft mehr Erfolg und auch mehr Geschick an den Tag legen wird, als er es als Vize­kanzler und als Verkehrsminister gehabt hat. (Abg. Neudeck: Das hätten Sie ihm auch schreiben können!) Allerdings, seinem neuen Dienstgeber die Bodensee-Schifffahrt durch eine weitere Privatisierung quasi als Morgengabe mitzubringen, das halte ich in der Tat für sehr geschmacklos und hoffe, dass es nicht dazu kommt. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Wir von der SPÖ lehnen jedenfalls die Wasserstraßengesetznovelle 2005 ab. Wir geben aber die Hoffnung nicht auf, dass ein zukünftiger Verkehrsminister ein bisschen motivierter sein wird. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

16.14


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Hof­mann. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


16.14.22

Abgeordneter Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren des Hohen Hauses! Zur Wasserstra­ßengesetznovelle wurden schon Erklärungen abgegeben (Abg. Neudeck: Von der Vorrednerin aber nicht!) – seitens der Regierungsparteien –, und zwar darüber, wo­durch diese Novelle begründet ist und warum sie erforderlich ist. Tatsache ist, dass durch den Einspruch der Gewerkschaft auf Grund der besoldungsrechtlichen Stellung und des Dienstortes, die nicht im Vertrag fixiert sind, Gefahr gegeben ist, dass die Zuweisungsfrist verstreicht und demnach die Beamten im BMVIT bleiben müssten. Das soll so nicht sein, und es wird durch diese Novelle die Möglichkeit geschaffen, diese Dinge noch entsprechend zu regeln.

Zu den Novellen zum Luftfahrtgesetz darf ich sagen, dass hinsichtlich der Ereignisse, die nun entsprechend der EU-Richtlinie auch zu melden sind – und es wurde schon im Detail angeführt, was darunter fällt –, dies dann, wenn es zur Verbesserung der Sicher­heit in der Luftfahrt dient, durchaus zu begrüßen ist, wenn daraus die entsprechenden sicherheitstechnischen Lehren gezogen werden und damit eine Verbesserung eintritt.

Dem zweiten Punkt werden wir zwar ebenfalls zustimmen, aber er ruft trotzdem ein wenig Skepsis bei mir hervor, wenn es nämlich um die Zuweisung von Zeitnischen auf


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Flughäfen geht. (Abg. Eder: Genau!) Die Erfahrung zeigt nämlich, dass zum Beispiel die Flugplankoordinierung, die durch die Europäische Union, durch die EUROCON­TROL stattfindet, nicht überall Zufriedenheit auslöst. Es gibt also Erfahrungswerte, die Kritik durchaus angebracht erscheinen lassen, nämlich dann, wenn es für österreichi­sche Controller in Zusammenarbeit mit den Piloten als Hilfestellung nicht mehr möglich ist, von einem Flughafen Deutschlands nach Frankreich zu fliegen, weil irgendwelche Luftstraßen gesperrt sind und der Controller selbst das nicht mehr schafft. Da muss man also sehr aufpassen, dass diese Koordinierung nicht zu einer Überkoordinierung und zu einer Bremse führt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Diese Bedenken habe ich auch im Zusammenhang mit den Slots, also mit den Zeit­nischen, die für Flughäfen zugewiesen werden. Nichtsdestoweniger werden wir zu­stimmen, aber ein kritisches Auge darauf werfen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

16.17


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Rest-Hinter­seer. 4 Minuten Wunschredezeit. – Sie sind am Wort. (Abg. Dipl.-Ing. Hofmann begibt sich zur Regierungsbank und spricht mit Staatssekretär Mag. Kukacka. – Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.)

 


16.17.29

Abgeordnete Heidemarie Rest-Hinterseer (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssek­retär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen im Hohen Haus! Es war eine leichte Unter­treibung von Herrn Kollegen Regler, als er sagte, dass wir fast zu spät dran sind. Es hätte dies am 4.7. umgesetzt werden müssen, was die Flugsicherheit betrifft.

Wir haben eine kleine Anmerkung dazu auch im Ausschuss angebracht. Dass Verfah­ren wegen Verwaltungsübertretung nur bei begründetem Verdacht auf vorsätzliche und grob fahrlässige Verursachung von Unfällen vorgesehen sind, das ist etwas benützer­unfreundlich, nämlich dann, wenn Unbeteiligte kein Verfahren bekommen, weil es nur eine ganz normale Fahrlässigkeit war. Wir haben das also kritisiert, sind aber im Prin­zip einverstanden.

Ebenso ist es mit dem Bundesgesetz über die Bundes-Wasserstraßenverwaltung, wo­bei hier wieder anzumerken ist, dass das „Speed kills“-Problem aufgetreten ist. Wir haben das ja schon vor kurzem kritisiert, dass wir es hier sehr schnell wieder werden ändern müssen. Genau so ist es auch gekommen.

Meine Damen und Herren! Das bringt mich dazu, am Ende dieses Arbeitsjahres, vor der Sommerpause, ein paar grundsätzliche Anmerkungen zum Thema Nachhaltigkeit anzubringen.

Ein Kollege von der ÖVP hat heute zum Thema Strategie gesagt: Die Grünen haben offensichtlich nicht viel Ahnung von Strategie. Das mag stimmen, wenn es den eigent­lichen Begriff betrifft, nämlich die Kunst der Kriegsführung. Er hat sich aber in den letzten Jahrhunderten sehr verwandelt und ist zu einem Begriff für das langfristig aus­gerichtete Denken in größeren Zielen und Zusammenhängen geworden, und da haben wir doch, glaube ich, um einiges die Nase vorn.

Genau das vermissen wir: Wir vermissen bei den Gesetzesvorlagen die langfristige Planung, die nachhaltige Umsetzung und auch die Vorbereitung und Zusammenarbeit hier im Hohen Haus. Wenn immer in letzter Sekunde Abänderungsanträge eingebracht werden, denen wir dann doch wieder nicht zustimmen können, so spricht das nicht gerade für die Qualität Ihrer Arbeit. (Unruhe im Saal. – Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.)


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Kollege Kogler sagt in solchen Fällen immer: Gehen Sie in sich! – Das können Sie jetzt während der Sommerpause machen. Kommen Sie doch bitte ausgeruht wieder, und verpflichten Sie sich endlich der Nachhaltigkeit, die Sie immer im Mund führen! – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

16.20


Präsident Dr. Andreas Khol: Letzter Redner: Herr Abgeordneter Böhm. Wunschrede­zeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


16.20.27

Abgeordneter Franz Xaver Böhm (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehr­ter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich kann Ihnen versichern, ich habe auf der Liste gerade nachgesehen, ich habe noch 19 Minuten Restredezeit, verspreche Ihnen aber, das nicht auszunützen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Neudeck: Das ist lebensverlängernd, Kollege!)

Sehr verehrte Damen und Herren! Wenn wir über Luftverkehrsgesetze sprechen, dann sollte man auch ein bisschen auf die jetzige Situation insbesondere in Österreich ein­gehen, nämlich auf die aktuellen Zahlen, die es in den vergangenen Monaten hiezu gegeben hat, und zwar den Wiener und den Salzburger Flughafen betreffend, die ja die beiden größten Flughäfen Österreichs sind. Die Entwicklung in Salzburg: plus 25 Pro­zent; im ersten Halbjahr 2005 fast 900 000 Passagiere, also ankommende und abrei­sende Gäste. Flughafen Wien: 7 Millionen Passagiere. Die Austrian Airlines sind in Verhandlung mit Slovak Airlines, um diese zu übernehmen und das Standbein Preß­burg und Slowakei auszubauen. – Ich glaube, das sind sehr wichtige Informationen.

Was die in Verhandlung stehende Gesetzesnovelle selbst anlangt, ist ja schon sehr vieles dazu gesagt worden; es gibt dem eigentlich nichts mehr hinzuzufügen.

Abschließend möchte ich noch auf die Flugwetterberatung zu sprechen kommen. Die­ser Punkt ist leider in der Diskussion untergegangen; ich möchte mir jedoch erlauben, dazu dem Herrn Staatssekretär etwas mitzuteilen. Die Flugwetterberatung wurde pri­vatisiert, es wurde dort umgestellt. Wie mir der Mediendienst der Wirtschaftskammer Salzburg mitgeteilt hat, gibt es da einige Ungereimtheiten. Herr Staatssekretär, viel­leicht können wir uns am 22. September das noch einmal ansehen. Es gilt auf alle Fälle, dort Verbesserungen zu machen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Als letzter Redner vor der Sommerpause trage ich noch einen Wunsch an unseren Herrn Präsidenten vor. Da es mir in den ver­gangenen zwei Jahren geglückt ist, den Urlaub jeweils so zu wählen, dass ich ihn wegen einer Sondersitzung unterbrechen musste, darf ich dem Herrn Präsidenten Fol­gendes mitteilen: Ich bin jetzt zehn Tage auf Urlaub – und daher: Vielleicht könnte man die Sondersitzung nach dem 20. Juli machen. (Heiterkeit.)

Einen wunderschönen Urlaub für alle, wo immer Sie hinfahren oder sein werden! – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

16.23


Präsident Dr. Andreas Khol: Sehr geehrter Herr Abgeordneter, ich darf Ihnen mit­teilen, dass diese Terminwahl nicht von mir abhängt (Heiterkeit bei der ÖVP und den Freiheitlichen), sondern von jenen Fraktionen, die ein Recht darauf haben, Sondersit­zungen zu beantragen. Sie können sich aber ungefähr ausrechnen, wann ein Termin für eine Sondersitzung politisch „lukrativ“ ist. Das ist eine Frage der Intelligenz, die Sie sicherlich haben. (Heiterkeit.) – Ich bin überzeugt davon, dass Sie Ihren Urlaub unge­stört verbringen können, denn die Opposition weiß selbst, wann ein guter Termin für


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eine Sondersitzung ist. Ich würde sagen, bis zum 15. August ist das Wetter ziemlich sicher. (Beifall bei der ÖVP.)

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Zum Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ein Schlusswort wird seitens der Berichterstattung nicht gewünscht.

Wir gelangen nun zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Zuerst gelangen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf betreffend Wasserstra­ßengesetznovelle 2005 samt Titel und Eingang in 1007 der Beilagen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf eintreten, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das erfolgt mit Mehrheit, ist angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer auch in dritter Lesung dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – In dritter Lesung hat sich die Mehrheit vergrößert. Der Entwurf ist auch in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesge­setz, mit dem das Luftfahrtgesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 1008 der Beilagen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf eintreten, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung die Zustimmung erteilt, den bitte ich um ein Zeichen. – Die Zustimmung wird auch in dritter Lesung mit Mehr­heit erteilt. Der Gesetzentwurf ist angenommen.

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Die Tagesordnung ist erschöpft.

Ich bitte Sie aber noch, mir Ihre Aufmerksamkeit zu schenken, weil wir noch eine Zuweisungssitzung haben – und ich ganz zum Schluss noch einige Worte an Sie rich­ten möchte.

Einlauf

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich gebe noch bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 676/A (E) bis 688/A (E) eingebracht wurden.

Ferner sind die Anfragen 3264/J bis 3334/J eingelangt.

Schließlich ist eine Anfrage der Abgeordneten Dr. Kräuter, Kolleginnen und Kollegen an den Präsidenten des Nationalrates eingebracht worden.

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Die nächste Sitzung des Nationalrates, die geschäftsordnungsmäßige Mitteilungen und Zuweisungen sowie den Beschluss auf Beendigung der Tagung betreffen wird, berufe ich für 16.26 Uhr – das ist gleich im Anschluss an diese Sitzung – ein.

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Diese Sitzung ist geschlossen.

16.26.02Schluss der Sitzung: 16.26 Uhr

 

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