Stenographisches Protokoll

51. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

XXI. Gesetzgebungsperiode

 

Mittwoch, 6. Dezember 2000

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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51. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXI. Gesetzgebungsperiode Mittwoch, 6. Dezember 2000

Dauer der Sitzung

Mittwoch, 6. Dezember 2000: 11.02 – 23.04 Uhr

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Tagesordnung

Bundesfinanzgesetz für das Jahr 2001 samt Anlagen

Beratungsgruppe VIII: Land-, Forst- und Wasserwirtschaft; Umwelt neu

Beratungsgruppe X: Verkehr, Innovation und Technologie

Beratungsgruppe XI: Finanzverwaltung; Kassenverwaltung; Öffentliche Abgaben; Finanzausgleich; Bundesvermögen; Pensionen; Sonstige Finanzierungen und Veranlagungen; Finanzschuld, Währungstauschverträge

Text des Bundesfinanzgesetzes, Stellenplan und Fahrzeugplan

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Inhalt

Personalien

Verhinderungen 7

Ordnungsruf 27

Geschäftsbehandlung

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung 8

Antrag der Abgeordneten Dr. Peter Pilz und Genossen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur Untersuchung der Verantwortlichkeit des Bundesministers für Inneres für die illegale Weitergabe von Daten aus seinem Ressortbereich, der Organisationsmängel im Bereich der Sicherheitsbehörden, die dazu geführt haben, dass jahrelang unbemerkt personenbezogene Daten an dazu nicht Berechtigte weitergegeben wurden, gemäß § 33 Abs. 1 der Geschäftsordnung 173

Bekanntgabe 104

Verlangen gemäß § 33 Abs. 2 der Geschäftsordnung auf Durchführung einer kurzen Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG 104


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51. Sitzung / Seite 2

Redner:

Dr. Peter Pilz 174

Dr. Johannes Jarolim 175

Karl Öllinger 176

Ablehnung des Antrages auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses 179

Wortmeldung des Abgeordneten Dr. Alexander Van der Bellen betreffend "Kaffeehausstimmung" während der Debatte über den Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses 178

Unterbrechung der Sitzung 178

Erklärung des Präsidenten Dr. Werner Fasslabend betreffend weitere Wortmeldung des Abgeordneten Dr. Peter Pilz in der Debatte über den Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses sowie den Geräuschpegel in dieser Debatte 178

Ausschüsse

Zuweisungen 7

Verhandlungen

Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (310 und Zu 310 d. B.): Bundesfinanzgesetz für das Jahr 2001 samt Anlagen (370 d. B.) 8

Beratungsgruppe VIII: Kapitel 60: Land-, Forst- und Wasserwirtschaft, Kapitel 61: Umwelt neu 9

Redner:

Rainer Wimmer 9, 69

Anna Elisabeth Achatz 10

Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber 13

Georg Schwarzenberger 17

Bundesminister Mag. Wilhelm Molterer 19, 30

Mag. Ulrike Sima 21

Ing. Herbert L. Graf 23

Rudolf Edlinger (tatsächliche Berichtigung) 25

Dr. Eva Glawischnig 25

Karlheinz Kopf 29

Mag. Karl Schweitzer (tatsächliche Berichtigung) 32

Sophie Bauer 32

Dr. Eva Glawischnig (Erwiderung auf eine tatsächliche Berichtigung) 33

Georg Schwarzenberger (tatsächliche Berichtigung) 34

Jakob Pistotnig 34

Dr. Gabriela Moser 35

Jakob Auer 38

Otmar Brix 40

Ing. Gerhard Fallent 42

Dieter Brosz 44

Matthias Ellmauer 45

Ing. Erwin Kaipel 47

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann 48

Karl Freund 49

Mag. Kurt Gaßner 51

Roland Zellot 52

Dipl.-Ing. Werner Kummerer 53


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51. Sitzung / Seite 3

Erwin Hornek 54

Anton Heinzl 56

Franz Hornegger 57

Ludmilla Parfuss 58

Heinz Gradwohl (tatsächliche Berichtigung) 59

Johannes Zweytick 59

Emmerich Schwemlein 61

Johannes Zweytick (tatsächliche Berichtigung) 62

Ing. Wilhelm Weinmeier 62

Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller 64

Johann Loos 65

Dkfm. Dr. Hannes Bauer 67

Ing. Kurt Scheuch 68

Hermann Gahr 70

Heinz Gradwohl 71

Mag. Karl Schweitzer 72

Johannes Schweisgut 74

Ing. Hermann Schultes 75

Mag. Werner Kogler 76

Johann Kurzbauer 77

Mag. Dr. Udo Grollitsch 78

MMag. Dr. Madeleine Petrovic 79

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber und Genossen betreffend flächendeckende Ökologisierung der österreichischen Landwirtschaft – Ablehnung 15, 81

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen betreffend Einführung einer verpflichtenden, klaren und transparenten Kennzeichnung von tierischen Produkten – Ablehnung 38, 82

Annahme der Beratungsgruppe VIII 81

Beratungsgruppe X: Kapitel 65: Verkehr, Innovation und Technologie 82

Redner:

Kurt Eder 82

Mag. Reinhard Firlinger 84

Dr. Evelin Lichtenberger 86

Mag. Helmut Kukacka 89

Ing. Kurt Gartlehner 91

Dr. Martin Graf 93

Dr. Evelin Lichtenberger (tatsächliche Berichtigung) 95

Dr. Kurt Grünewald 96

Mag. Karin Hakl 98

Bundesministerin Dipl.-Ing. Dr. Monika Forstinger 100

Josef Edler 104

Anton Wattaul 106

Dr. Gabriela Moser 107

Matthias Ellmauer 109

Helmut Dietachmayr 110

lic.oec. HSG Irina Schoettel-Delacher 111

Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller 112

Mag. Johanna Mikl-Leitner 114

Gabriele Binder 115

Andreas Sodian 116

Sophie Bauer 117

Johann Kurzbauer 118


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51. Sitzung / Seite 4

Rudolf Parnigoni 119

Anton Knerzl 120

Mag. Gilbert Trattner (tatsächliche Berichtigung) 121

Gerhard Reheis 121

Mag. Martina Pecher 122

Emmerich Schwemlein 123

Mag. Gerhard Hetzl 124

Gabriele Heinisch-Hosek 125

Dr. Kurt Grünewald (tatsächliche Berichtigung) 127

Ernst Fink 127

Karl Dobnigg 128

Mag. Dr. Udo Grollitsch 130

Heinz Gradwohl 131

Dkfm. Mag. Josef Mühlbachler 132

Dr. Robert Rada 133

Mag. Rüdiger Schender 134

Theresia Haidlmayr 135

Johannes Zweytick 138

Johannes Schweisgut 139

Franz Kampichler 140

Ing. Wilhelm Weinmeier 141

Annahme der Beratungsgruppe X 141

Beratungsgruppe XI: Kapitel 50: Finanzverwaltung, Kapitel 51: Kassenverwaltung, Kapitel 52: Öffentliche Abgaben, Kapitel 53: Finanzausgleich, Kapitel 54: Bundesvermögen, Kapitel 55: Pensionen, Kapitel 56: Sonstige Finanzierungen und Veranlagungen, Kapitel 58: Finanzschuld, Währungstauschverträge 142

Text des Bundesfinanzgesetzes, Stellenplan und Fahrzeugplan 142

Redner:

Anna Huber 143

Mag. Gilbert Trattner 144

Mag. Werner Kogler 146

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll 148

Rudolf Edlinger 152

Hermann Böhacker 154

Rudolf Edlinger (tatsächliche Berichtigung) 155

Dr. Alois Pumberger (Erwiderung auf eine tatsächliche Berichtigung) 156

Marianne Hagenhofer 156

Dkfm. Mag. Josef Mühlbachler 157

Günter Kiermaier 159

Jakob Auer 160

Manfred Lackner 161

Mag. Cordula Frieser 163

Bundesminister Mag. Karl-Heinz Grasser 164

Dkfm. Dr. Hannes Bauer 167

Hans Müller 169

Ernst Fink 170

Erwin Hornek 171

Dkfm. Dr. Hannes Bauer (tatsächliche Berichtigung) 171

Annahme der Beratungsgruppe XI 171

Annahme des Bundesfinanzgesetzes für das Jahr 2001 samt Anlagen 173


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51. Sitzung / Seite 5

Eingebracht wurden

Regierungsvorlagen 7

400: Bundesgesetz, mit dem ein Bundesverfassungsgesetz über die Einrichtung einer unabhängigen Regulierungsbehörde in den Bereichen audiovisuelle Medien und Telekommunikation erlassen wird, ein Bundesgesetz über die Einrichtung der "Kommunikations-Kommission Austria" ("KommAustria") erlassen wird sowie das Bundes-Verfassungsgesetz, das Kabel- und Satelliten-Rundfunkgesetz, das Rundfunkgesetz, das Fernsehsignalgesetz, das Telekommunikationsgesetz, das Zugangskontrollgesetz, das Kartellgesetz und das Signaturgesetz geändert werden

401: Bundesgesetz, mit dem Bestimmungen für privaten Hörfunk erlassen werden (Privatradiogesetz – PrR-G)

Zu 379: Änderung der Regierungsvorlage 379 der Beilagen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem der Finanzausgleich für die Jahre 2001 bis 2004 geregelt wird und sonstige finanzausgleichsrechtliche Bestimmungen getroffen werden (Finanzausgleichsgesetz 2001 – FAG 2001) und das Finanzausgleichsgesetz 1997 und das Wohnbauförderungs-Zweckzuschussgesetz 1989 geändert werden

Anträge der Abgeordneten

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Regionalradiogesetz (RRG), BGBl. Nr. 506/1993 idF BGBl. I 51/2000, geändert wird (347/A)

DDr. Erwin Niederwieser und Genossen betreffend den schienenseitigen Ausbau der Brennerachse (348/A) (E)

Gabriele Heinisch-Hosek und Genossen betreffend Erhöhung der Sicherheitsmaßnahmen bei LKW (349/A) (E)

Anfragen der Abgeordneten

Dr. Günther Kräuter und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend tier- und naturzerstörerischen "Jetbootebetrieb" auf österreichischen Flüssen (1636/J)

Mag. Gisela Wurm und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend "Musterungsalkoholiker" rund um die Conrad-Kaserne in Innsbruck (1637/J)

Hermann Reindl und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Überstellung von Beamten der BPD Wien zur BPD Graz oder zum Landesgendarmeriekommando für Steiermark (1638/J)

Emmerich Schwemlein und Genossen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Sperre der Tauernschleuse (1639/J)

Gerhard Reheis und Genossen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Errichtung eines integrativen Betriebes in Imst (1640/J)

Dr. Brigitte Povysil und Genossen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend 400-Millionen-Schilling-Projekt-Pläne für unterirdische Erweiterung des Kunsthistorischen Museums (1641/J)


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51. Sitzung / Seite 6

Mag. Brunhilde Plank und Genossen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Einstellung des Schülerzuges Selzthal-Admont (1642/J)

Mag. Brunhilde Plank und Genossen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Auflassung der Bahnhöfe Gröbming, Rottenmann, Trieben und St. Michael als IC-Bahnhöfe (1643/J)

Mag. Brunhilde Plank und Genossen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Einrichtung des Fachhochschul-Lehrganges Geomatik Rottenmann (1644/J)

Dieter Brosz und Genossen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Laptop-Klassen (1645/J)

Johannes Zweytick, Norbert Staffaneller und Genossen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend die Leiterbesetzung des AMS-Leibnitz (1646/J)

Heidrun Silhavy und Genossen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Finanzierung der sozialen Krankenversicherung (1647/J)

Mag. Christine Muttonen und Genossen an den Bundeskanzler betreffend weitere Entwicklung der Förderung zeitgenössischer Kunst in Österreich (1648/J)

Mag. Christine Muttonen und Genossen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend konzeptive Balkanpolitik (1649/J)

Anfragebeantwortungen

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (1302/AB zu 1308/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (1303/AB zu 1303/J)

der Bundesministerin für öffentliche Leistung und Sport auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (1304/AB zu 1305/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (1305/AB zu 1297/J)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser und Genossen (1306/AB zu 1439/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (1307/AB zu 1311/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (1308/AB zu 1307/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen (1309/AB zu 1309/J)

 

 


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51. Sitzung / Seite 7

Beginn der Sitzung: 11.02 Uhr

Vorsitzende: Präsident Dr. Heinz Fischer, Zweiter Präsident Dr. Werner Fasslabend, Dritter Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn.

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich begrüße Sie herzlich und eröffne die 51. Sitzung des Nationalrates.

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Dr. Baumgartner-Gabitzer, Fischl, Jung, Murauer, Dr. Ofner, Mag. Kubitschek, Gaál, Reitsamer, Nürnberger, Verzetnitsch und Wenitsch.

Einlauf und Zuweisungen

Präsident Dr. Heinz Fischer: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisung darf ich auf die im Sitzungssaal verteilte schriftliche Mitteilung verweisen.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A) Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Anfragebeantwortungen: 1302/AB bis 1309/AB.

2. Regierungsvorlagen:

Bundesgesetz, mit dem ein Bundesverfassungsgesetz über die Einrichtung einer unabhängigen Regulierungsbehörde in den Bereichen audiovisuelle Medien und Telekommunikation erlassen wird, ein Bundesgesetz über die Einrichtung der "Kommunikations-Kommission Austria" ("KommAustria") erlassen wird sowie das Bundes-Verfassungsgesetz, das Kabel- und Satelliten-Rundfunkgesetz, das Rundfunkgesetz, das Fernsehsignalgesetz, das Telekommunikationsgesetz, das Zugangskontrollgesetz, das Kartellgesetz und das Signaturgesetz geändert werden (400 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem Bestimmungen für privaten Hörfunk erlassen werden (Privatradiogesetz – PrR-G) (401 der Beilagen).

3. Ergänzung oder Änderung von Regierungsvorlagen oder Berichten:

Änderung der Regierungsvorlage 379 der Beilagen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem der Finanzausgleich für die Jahre 2001 bis 2004 geregelt wird und sonstige finanzausgleichsrechtliche Bestimmungen getroffen werden (Finanzausgleichsgesetz 2001 – FAG 2001) und das Finanzausgleichsgesetz 1997 und das Wohnbauförderungs-Zweckzuschussgesetz 1989 geändert werden (Zu 379 der Beilagen).

B) Zuweisungen in dieser Sitzung:

zur Vorberatung:

Budgetausschuss:

Bundesgesetz, mit dem das Krankenanstaltengesetz, das Bundesgesetz über die Dokumentation im Gesundheitswesen, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz und das Sozialversicherungs-Ergänzungsgesetz geändert werden (396 der Beilagen),


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51. Sitzung / Seite 8

Antrag 343/A der Abgeordneten Friedrich Verzetnitsch und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz, BGBl. Nr. 324/1977, geändert wird,

Antrag 344/A der Abgeordneten Friedrich Verzetnitsch, Karl Öllinger und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, BGBl. Nr. 609, geändert wird,

Antrag 346/A der Abgeordneten Georg Schwarzenberger, Anna Elisabeth Achatz und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Katastrophenfondsgesetz geändert wird und ein Bundesgesetz zur Umsetzung der Entscheidung des Rates über Schutzmaßnahmen in Bezug auf die transmissiblen spongiformen Enzephalopathien und die Verfütterung von tierischem Protein vom 4.12.2000 erlassen wird;

Gesundheitsausschuss:

Antrag 341/A der Abgeordneten Dr. Andreas Khol, Ing. Peter Westenthaler und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Apothekengesetz geändert wird;

Ausschuss für Menschenrechte:

Antrag 342/A (E) der Abgeordneten Inge Jäger und Genossen betreffend die Verfolgung und Ermordung der Prostitution beschuldigter Frauen im Irak;

Verfassungsausschuss:

Antrag 345/A der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Regionalradiogesetz-RRG geändert wird;

Ausschuss für Wissenschaft und Forschung:

Bundesgesetz, mit dem das Hochschülerschaftsgesetz 1998 geändert wird (394 der Beilagen).

*****

Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (310 und Zu 310 der Beilagen): Bundesfinanzgesetz für das Jahr 2001 samt Anlagen (370 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich gehe nun in die Tagesordnung ein.

Redezeitbeschränkung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir haben Konsens über folgende Vorgangsweise erzielt: Es wird eine Tagesblockzeit von 10 "Wiener Stunden" vorgeschlagen, aus der sich folgende Redezeiten ergeben: SPÖ 195 Minuten, FPÖ und ÖVP je 145 Minuten, Grüne 115 Minuten.

Die Redezeiten des Regierungsmitgliedes, das für die jeweilige Beratungsgruppe zuständig ist, sollen von der Redezeit der betreffenden Fraktion abgezogen werden, sofern diese Redezeit 20 Minuten überschreitet. Bei einem zuständigen Staatssekretär soll die Redezeit dann abgezogen werden, wenn 10 Minuten überschritten sind.

Die Redezeit ressortfremder Regierungsmitglieder soll jeweils zur Gänze der Redezeit der zugehörigen Fraktion angerechnet werden.

Über diesen Vorschlag hat das Hohe Haus zu befinden.

Ich frage daher, ob es gegen diesen Vorschlag einen Einwand gibt. – Das ist nicht der Fall. Dann haben wir das so beschlossen.


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Beratungsgruppe VIII

Kapitel 60: Land-, Forst- und Wasserwirtschaft

Kapitel 61: Umwelt neu

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen zur Verhandlung über die Beratungsgruppe VIII für das Jahr 2001.

Ein Wunsch auf Berichterstattung seitens des Kollegen Auer liegt nicht vor.

Damit können wir sogleich in die Rednerliste eingehen.

Erster Redner ist Herr Abgeordneter Wimmer. – Bitte.

11.05

Abgeordneter Rainer Wimmer (SPÖ): Einen schönen guten Morgen! Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Das Thema BSE ist zum jetzigen Zeitpunkt das Gesprächsthema Nummer eins in Europa, und wir sind froh, dass die Europäische Union vorgestern das Verbot für die Verfütterung von Tiermehl ausgesprochen hat, das zumindest für die nächsten sechs Monate gelten wird. Ich bin mit dem deutschen Agrarminister einer Meinung, der der Ansicht ist, dass dieses Tierfütterungsverbot über einen längeren Zeitraum aufrechterhalten werden muss. Ich möchte auch dazu sagen, dass diese Entscheidung nicht zu früh gekommen ist. (Unruhe im Saal.)

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Aus dem Finanzministerium hört man, dass für diese Lösung der BSE-Krise zwischen 300 Millionen und 1 Milliarde Schilling aufgewendet werden sollen. Diese Mittel sollen aus dem Katastrophenfonds zur Verfügung gestellt werden, und ich möchte dazu sagen, dass ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Kollege Wimmer! Eine Sekunde. Meine Damen und Herren! Es herrscht am Beginn einer Sitzung immer solch eine große Wiedersehensfreude, die sich sozusagen in "kleinen Sitzungen" abzeichnet, daher bitte ich, diese außerhalb des Sitzungssaales zu verlegen. Am Beginn ist es immer besonders schwierig.

Bitte, Kollege Wimmer, setzen Sie fort!

Abgeordneter Rainer Wimmer (fortsetzend): Danke schön, Herr Präsident. – Ich möchte sagen, dass wir Sozialdemokraten mit dieser Vorgehensweise grundsätzlich einverstanden sind, aber eines muss schon festgehalten werden: Es fällt schon auf, dass, wenn nun die Finanzierung durch diesen Katastrophenfonds sichergestellt ist, ausschließlich die Konsumenten diese Maßnahmen zu bezahlen haben. Kein Mensch spricht von der Futtermittelindustrie, meine sehr geschätzten Damen und Herren! Diese wird völlig aus der Verantwortung gelassen, und das kann es wohl nicht sein. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich meine daher, dass insbesondere die europäische Futtermittelindustrie ihren Beitrag zur Sanierung zu leisten hat, weil sie bei der Entstehung des Problems, wie die verschiedenen Berichte immer wieder aufzeigen, nicht so unbeteiligt war, meine sehr geschätzten Damen und Herren! Wenn schon so viel Geld aus dem Kat-Fonds verwendet wird, dann hat auch die Finanzierung dieser Schnelltests, die unbedingt notwendig sind, aus diesem Topf zu erfolgen.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Wir kritisieren verschiedene Maßnahmen im Agrarbereich immer sehr heftig und mit Recht, wie ich meine. Wie absurd sich manch zu kritisierende Entscheidungen auswirken, zeigt folgendes Beispiel:

Wir haben jetzt gehört, dass 1 Milliarde Schilling aufgewendet wird, um dieses BSE-Problem zu bekämpfen, was wir auch für richtig finden, aber gleichzeitig wird im Rahmen dieses Budgets die Förderung von Biolandbau von 14 auf 11 Millionen Schilling gekürzt. Das heißt, dass sehr viele ... (Abg. Auer: Rainer! Du weißt das doch besser!) – Nein! Kollege Auer, du wirst auch wissen, dass gerade zum jetzigen Zeitpunkt eine Maßnahme gesetzt wird, die angesichts der


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Situation, die wir derzeit in Europa vorfinden, kontraproduktiv ist. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dipl.-Ing. Pirklhuber. )

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das heißt, dass gerade die Biobauern davon sehr getroffen sein werden und sehr viele Biobauern ihre Existenz aufgeben werden müssen. Sie werden die Produktion einstellen müssen. Noch dazu wissen wir – das ist das Kontraproduktive –, dass der Biolandbau absolut tiermehlfrei ist und somit die Verbreitung von BSE gerade in diesem Bereich ausgeschlossen ist. Ich glaube daher, dass diese Entscheidung falsch ist. Die Förderung des Biolandbaues um mehr als 20 Prozent zu kürzen, ist grob fahrlässig, meine sehr geschätzten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich bitte Sie daher, Herr Bundesminister, diese Entscheidung zu überdenken. Sie könnte fatale Folgen haben.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Lassen Sie mich noch ein paar Sätze zum Ausverkauf des Waldes und Wassers von Seiten der Bundesregierung sagen. Das ist ein Thema, das die Bevölkerung sehr betroffen macht. Ich hatte am Samstag Gelegenheit, an einer großen Versammlung der Servitutsberechtigten, der Eingeforsteten im Salzkammergut teilzunehmen, und ich sage Ihnen: Diese Menschen sind skeptisch, diese Menschen sind verunsichert, und diese Menschen bangen um ihr verbrieftes Recht – und das nicht unbegründet, wie sich immer mehr zeigt, meine sehr geschätzten Damen und Herren! Viele Fragen, die dort gestellt wurden, können zum jetzigen Zeitpunkt überhaupt nicht beantwortet werden, und das treibt die Unsicherheit der betroffenen Menschen auf den Höhepunkt, insbesondere wenn etwa über das Internet die ÖBF-AG Wälder, Grundstücke und Jagden anbietet.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bannwälder und Schutzwälder werden angeboten, obwohl sie noch mit öffentlichen Geldern saniert werden. Es werden Schutzwälder zum Verkauf angeboten, die noch bis zum Jahr 2020 satte Förderungen erhalten. Ein paar Beispiele: Das Objekt "Sonnstein am Traunsee" wird als Jagdgebiet ausgeschrieben und angeboten. Es wird festgehalten, dass bis zum Jahr 2020 noch insgesamt 35 Millionen Schilling zur Verfügung gestellt werden. Weiters gibt es das Objekt "Wimmersberg", ein Bannwald, das ebenfalls ausgeschrieben und zur Jagd freigegeben ist. 40 Millionen Schilling an Förderungsmitteln werden dafür noch fließen. Und dann gibt es das Objekt "Brentenkogel", das auch im Bereich Ebensee liegt, für das 19 Millionen Schilling zur Verfügung gestellt werden.

Angesichts dessen stellt sich natürlich die Frage, Herr Bundesminister: Heißt das, dass diese Flächen verkauft werden und die Förderungen bis zum Jahre 2020 aufrecht bleiben? – Wenn dem wirklich so ist, Herr Bundesminister, dann ist das ein gutes Geschäft für jene, die sich solch eine Jagd leisten können. Es ist aber unverantwortlich gegenüber dem österreichischen Steuerzahler, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Bundesminister! Diese "grüne Lunge", also den österreichischen Wald zu verkaufen, ist verantwortungslos. Genauso verantwortungslos ist es, die Wasserressourcen aufs Spiel zu setzen. Ich sage Ihnen schon heute: Die Bevölkerung wird Sie nicht aus Ihrer Verantwortung lassen. Wir werden die Menschen fragen und ihnen eine Plattform bieten, um gegen diese verantwortungslose Politik ein Zeichen setzen zu können. Sie werden die Rechnung dafür präsentiert bekommen. Und die erste Rechnung, Herr Bundesminister, wurde bereits vergangenen Sonntag im Burgenland geschrieben. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie Beifall von einigen Zuhörern auf der Galerie.)

11.12

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich darf den Damen und Herren auf der Galerie mitteilen, dass Beifall oder Ähnliches nicht erwünscht ist.

Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Anna Elisabeth Achatz. – Bitte.

11.13

Abgeordnete Anna Elisabeth Achatz (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Für die Bauern war neben dem Boden, der Erde, das Tier immer ganz besonders


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wertvoll. Der Respekt vor dem Tier, vor der Kreatur und die Verantwortung für Grund und Boden waren und sind die Grundprinzipien der bäuerlichen Bewirtschaftung. Jeder Verstoß dagegen, jeder Verstoß gegen diese Naturgesetze rächt sich furchtbar. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

2 Millionen Rinder – 2 Millionen Rinder! – müssen jetzt in der Europäischen Union verbrannt werden. Das muss man sich einmal vorstellen: 2 Millionen Rinder werden geschlachtet und verbrannt! Das ist eine Schande, eine kulturelle Schande für Europa in einem unbeschreiblichen Ausmaß. Es ist dies eine Sünde gegen die Schöpfung und das Leben. Wer ist dafür verantwortlich? – Es sind jene dafür verantwortlich, die dem Profit, dem Geld, dem raschen Gewinn und dem Genuss alles, aber auch wirklich alles unterordnen und denen nichts mehr heilig ist. Es sind aber auch all jene dafür verantwortlich, die immer billigere Lebensmittel fordern, immer billigeres Fleisch fordern und dieses auch kaufen (Abg. Haigermoser: Die AK!), ohne zu hinterfragen, woher es kommt, wie es produziert wurde. All jene, die mit billigen Lebensmitteln Politik machen, sind also dafür verantwortlich.

Erinnern wir uns: Für den EU-Beitritt wurde seitens der SPÖ von einer Frau Ederer mit folgendem Slogan geworben: Ja zu Europa, denn dadurch erspart sich eine österreichische Durchschnittsfamilie 1 000 S im Monat, weil die Lebensmittel durch den freien Warenverkehr, durch den grenzenlosen Warenverkehr so billig werden. Das war der Schlachtruf der SPÖ für den EU-Beitritt. (Abg. Sophie Bauer: Sagen Sie das Ihrem Koalitionspartner!) Ich erinnere mich gut daran. (Abg. Sophie Bauer: Sagen Sie das dem Herrn Bundesminister!) Es ist Ihnen jetzt unangenehm, dass ich Sie daran erinnere. (Abg. Edlinger: Aber wirklich nicht!)

Das strenge österreichische Lebensmittelgesetz wurde auf dem Altar der EU den vier Freiheiten geopfert. Lebensmittelzusätze, welche vor dem EU-Beitritt in Österreich verboten gewesen sind – es waren dies 80 an der Zahl –, waren plötzlich erlaubt, wurden einfach gegen alle Bedenken zugelassen. Alle Bedenken der Freiheitlichen im Hinblick auf die Gesundheit und die Lebensmittel wurden beim EU-Beitritt vom Tisch gewischt. Wäre es doch nur bei der Schildlaus geblieben! (Zwischenruf der Abg. Dr. Mertel. ) Heute grassieren der Rinderwahnsinn und die Schweinepest. 2 Millionen Rinder, Frau Kollegin Mertel, müssen verbrannt werden – dank des Wahnsinns des Profits. – Lustig ist das an und für sich nicht. Man steht vor dem Scherbenhaufen einer EU-Agrarpolitik, 2 Millionen Rinder müssen brennen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Grabner: Wer hat die Landwirtschaft in der Hand?)

Wer war denn für den EU-Beitritt? (Abg. Dietachmayr: Wer sind die Profiteure davon?) Wer war für den EU-Beitritt? – Diese EU-Agrarpolitik ruiniert die Lebensgrundlagen von Mensch und Tier und verschlingt Milliarden. Wir Freiheitlichen waren dagegen, Sie waren dafür. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich wünschte, wir hätten mit unseren Vorbehalten gegenüber der Europäischen Union und dieser ruinösen Agrarpolitik nicht Recht behalten, denn sie ruiniert die bäuerliche Kultur, eine jahrtausendalte Kultur. (Abg. Grabner: Schwarzenberger müsst ihr es sagen! Er ist verantwortlich für das Debakel!) Wenn der deutsche Bundeskanzler Schröder vor einem Monat in einem Interview sagt, die Österreicher brauchen sich doch nicht einzubilden, dass sie in ihren Schrebergärten weiter Landwirtschaft betreiben können, dann ist das eine Arroganz, die zum Himmel stinkt, das kann ich Ihnen sagen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Dass in Österreich bis heute kein BSE-Fall aufgetreten ist, ist Glück und verdanken wir der Tatsache, dass wir in Österreich noch – ich sage ganz bewusst noch  – eine kleinstrukturierte bäuerliche Landwirtschaft haben. Das ist ein Verdienst von Minister Molterer – ich sage das ganz bewusst, weil bekannt ist, dass wir in vielen Bereichen nicht einer Meinung sind (Abg. Edlinger: ... wäre die SPÖ schuld, Frau Achatz!)  –, der die besondere Situation der österreichischen Landwirtschaft erkannt, diese in Brüssel vertreten und dieser mit dem ÖPUL-Programm Rechnung getragen hat.

Das ist aber nur die eine Seite der Medaille. Die andere Seite ist, dass auf Grund des freien Warenverkehrs jederzeit Fleisch, Wurstwaren und Fertigprodukte aus Ländern der EU, in welchen


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BSE-Fälle aufgetreten sind, nach Österreich importiert werden und wurden. Ich werfe Ihnen, Herr Bundesminister Molterer, schon vor, dass Sie nichts dagegen unternommen haben (Abg. Grabner: Endlich ist sie an die richtige Adresse gelangt!), dass importiertes Fleisch in Österreich mit dem "Austria Gütesiegel" versehen und an die Konsumenten verkauft wurde.  Sie haben das auch abgelehnt. (Abg. Kiermaier  – in Richtung ÖVP deutend –: Da hinüber!) 

Herr Kollege Kiermaier! Sie haben auch die Anträge von uns Freiheitlichen, in denen gefordert wurde, dass mit diesem Konsumentenbetrug aufgehört werden muss, abgelehnt. Sie haben diese abgelehnt. Da sind Sie mit in der Verantwortung. (Abg. Kiermaier: Dort drüben ist euer Partner, nicht wir!) Das ist ein Betrug an den Konsumenten und an den österreichischen Bauern. (Zwischenruf des Abg. Grabner. ) Es ist auch das AMA-Gütesiegel bei den verarbeiteten Produkten nicht zu 100 Prozent in Ordnung, Herr Bundesminister! Auch da müssen wir dafür sorgen, dass in den verarbeiteten Produkten, auf denen das AMA-Gütesiegel ist, zu 100 Prozent österreichische Produkte enthalten sind.

Wieso fragt sich eigentlich niemand, warum es möglich ist, dass heute landwirtschaftliche, tierische Produkte so wenig kosten oder so viel kosten wie vor 30 Jahren? Wieso fragt sich das kein Mensch?

Wir konsumieren nur und denken nicht nach, woher das kommt und was der Bauer dafür bekommt. Ein Bauer bekommt heute für einen Liter Milch soviel wie vor 20 Jahren. Immer größere Konzerne zwingen die Bauern, immer billiger zu produzieren. (Abg. Sophie Bauer: Nicht nur die Bauern, die Industrie auch!) – Auch, nicht nur die Bauern, selbstverständlich auch den Handel, immer billiger und immer schneller.

Der Preisdruck setzt sich durch die gesamte Kette fort: vom Verbraucher über den Händler und Verarbeiter bis zum Landwirt, und endet beim Futtermittelhersteller. (Abg. Edlinger: Was tun Sie dagegen? Was tun Sie dagegen? Was tun Sie dagegen?) Mancher Artikel kostet heute einfach weniger als vor 40 Jahren. Im vergangenen Jahr war der Schweinepreis auf dem Niveau der Nachkriegszeit, und kein Mensch fragt nach. (Abg. Edlinger: Ich frage Sie! Geben Sie die Antwort!)

Bei Billigwaren muss irgendwer betrogen werden. Das ist entweder der Bauer, der umsonst arbeitet, oder der Händler, der nichts verdient, oder der Kunde, der letztlich den Dreck bekommt. (Abg. Edlinger: Ich warte auf Ihre Vorschläge!) Nicht nur beim Rind hat der Wahnsinn Methode, das ist beim Batteriehuhn das gleiche, das ist bei der Lachszucht das gleiche. Eine der widerlichsten Produktionsmethoden ist wohl die Mast von Puten, deren Fleisch als gesund, fett- und cholesterinarm propagiert wird.

In Deutschland werden weltweit die schwersten Puten gemästet. Erreichte ein Masthuhn vor 25 Jahren rund elf Kilo, so kommt es heute auf das Doppelte. Die Folge: Unter der Fleischlast brechen oder reißen die Skelette der Tiere, die Beine oder die Sehnen. (Abg. Schwemlein: Das kommt von immer mehr, immer mehr und immer mehr!) Die mit Kraftfutter und Medikamenten aufgemästete Brust ist der begehrteste Teil der Tiere. Sie kommen aus der Balance, dies lässt sie immer wieder in die stinkende Einstreu kippen. Das ist die Folge einer Agrarpolitik, vor der wir Freiheitlichen gewarnt haben – einer Agrarpolitik, welche die Bauern ruiniert, von ihren Höfen vertreibt, welche gegen die Gesetze der Natur ist und die Menschen krank macht. Die EU-Agrarpolitik ist gescheitert. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Schwemlein: Man muss fragen, warum! Ursachen! Nicht nur die Wirkungen! Reden wir einmal über die Ursachen, über die Ursachen und nicht über die Wirkungen!)

Der sichtbarste Beweis sind die Scheiterhaufen, auf denen jetzt 2 Millionen Rinder brennen. Kehren wir um! Hören wir auf, gegen die Schöpfung und gegen die Naturgesetze Politik zu betreiben! (Abg. Edlinger: Sie sind in der Regierung! Kehren Sie um! Sie sind in der Regierung! Kehren Sie um! Kehren Sie um!)

Es ist jetzt nicht die Zeit für Schuldzuweisungen, obwohl ich dazu versucht bin, aber ich mache sie nicht. Es ist auch nicht die Zeit, nach mehr Kontrolle zu rufen. Jetzt ist die Zeit, über Partei


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grenzen, über Landesgrenzen hinweg einen neuen Boden zu legen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Jetzt ist die Zeit, europaweit die Landwirtschaftspolitik endlich den Naturgesetzen unterzuordnen und den Mut zu haben, den politischen Mut zu haben, gegen billiges Profitdenken anzugehen. (Abg. Schwemlein: Mit dem Appell alleine ...! – Abg. Edlinger: Wir sind dazu bereit! Wir unterstützen Sie! Wir sind dazu bereit, Frau Achatz!)

Die sofortige Änderung der EU-Agrarpolitik ist ein Gebot der Stunde. Wenn die EU nicht dazu bereit ist, dann werden wir Freiheitlichen die Renationalisierung der Landwirtschaft fordern. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Schwemlein: Wo ist der Applaus beim Partner? Wo ist der Applaus beim Partner?)

Wir Freiheitlichen werden mit Sicherheit nicht tatenlos zusehen, wie durch eine verantwortungslose Landwirtschaftspolitik eine Jahrtausende alte Kultur zerstört wird und unsere Lebensgrundlagen ruiniert werden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

11.24

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Pirklhuber. – Bitte.

11.24

Abgeordneter Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Bundeskanzler! Fein, dass Sie da sind. Sehr geehrte Damen und Herren hier im Hohen Haus! Frau Kollegin Achatz! Ihr Moralisieren bringt uns keinen Millimeter weiter. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Schwemlein: So ist es!)

Dieses Moralisieren ist ein Versagen, nämlich ein Versagen der Politik. Wir brauchen politische Lösungen und nicht Schuldzuweisungen. Sie sprechen vom EU-Beitritt, Sie sprechen von Konsumentenverantwortung, von Verantwortung der Industrie. (Abg. Achatz: Wo sind die Ursachen? Wo sind die Ursachen?) Aber Sie sprechen nicht von jener Verantwortung, die die EU-Agrarpolitik für ihre Leitlinien hat, für ihre Maßnahmen, die sie im Rahmen der Agenda 2000 beschlossen hat.

Herr Bundesminister! Auch Sie haben einer klaren "Opferung" der europäischen Landwirtschaft auf den internationalen Agrarmärkten zugestimmt. Das nämlich ist die EU-Ansage "Liberalisierung der Agrarmärkte". Da sind Sie wie alle anderen EU-Agrarminister in die Knie gegangen. (Beifall bei den Grünen.)

Meine Damen und Herren von der Regierungsbank! Stellen Sie Ihre agrarpolitischen Perspektiven in Frage! Versuchen Sie eine Neupositionierung anzudenken! Wir brauchen diese Neuausrichtung, und wir brauchen ökologische und soziale Mindeststandards für die europäische Landwirtschaft.

Herr Bundesminister! Ich fordere Sie auf: Treten Sie auf europäischer Ebene dafür ein, und bitte gehen Sie ab von diesen Lippenbekenntnissen, wie sie das europäische Agrarmodell darstellt! Das ist ein reines Lippenbekenntnis, und das ist zu wenig, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Grünen.)

Was bedeutet denn letztlich Produktionslenkung? Was bedeutet es, Rahmenbedingungen für die Landwirtschaft in Europa zu gestalten, meine Damen und Herren? – Es bedeutet, nicht nur die biologische Produktionsweise gesetzlich zu verankern, wie es der biologische Landbau in Europa durch die EG-Verordnung 2092/91 ist, wir brauchen auf der anderen Seite selbstverständlich auch eine klare Definition, was wir unter Agrarfabrik verstehen.

Meine Damen und Herren! Das ist die Herausforderung. Wir müssen den Mut haben, klar zu sagen, was eine Agrarfabrik ist: eine flächenunabhängige Produktion, Herr Bundesminister, Tierhaltung in vierstöckigen Hochhäusern! Das muss endlich auf die Tagesordnung, das muss auf die Agenda der europäischen Agrarminister kommen. Dafür sind Sie verantwortlich, da müssen


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Sie etwas tun, damit auf europäischer Ebene diskutiert wird! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Es kann nicht so sein, dass Betriebe, die derzeit so produzieren, öffentliche Fördermittel bekommen. Meine Damen und Herren! Das ist unbedingt umgehend abzustellen. Klare gesetzliche Haltungs- und Fütterungsregelungen sind durchzusetzen. Ich denke, gerade diesbezüglich gibt es einen sehr guten Vorschlag auf europäischer Ebene; die EU-Kommission hat einen Vorschlag für eine obligatorisch offene Kennzeichnung von Futtermitteln vorgelegt. Das ist ein erster Schritt, damit Tiermehle auch nicht in vermischter Form in irgendeiner Weise in den Verkehr gebracht werden können.

Setzen Sie sich dafür ein, Herr Bundesminister, und starten Sie diese Offensive für einen Neubeginn der Agrardebatte auf europäischer Ebene! Wir brauchen eine Agenda 21 für die Landwirtschaft. Wir brauchen ein neues Ziel für die europäische Agrarpolitik. Daher fordere ich Sie nachhaltig auf, heute dazu Stellung zu beziehen. (Beifall bei den Grünen.)

Aus grüner Positionierung heraus ist es klar, wir treten für drei zentrale Prinzipien ein:

Erstens für eine flächendeckende nachhaltige ökologische Produktion von Lebensmitteln, nicht nur in Europa. Das muss ein globales Prinzip werden, meine Damen und Herren! Das ist eine notwendige zentrale Weichenstellung, die wir auch in den WTO-Verhandlungen vertreten müssen. Wir müssen versuchen, auch andere Nationen, andere Länder davon zu überzeugen.

Dazu gehören eben nicht nur Anreizkomponenten im Sinne von öffentlichen Förderzahlungen; dazu gehören auch Grenzwerte, klare Obergrenzen, klare gesetzliche Begriffsdefinitionen, was Massentierhaltung, was industrielle Landwirtschaft ist. Ohne diese Klärung, meine Damen und Herren, werden wir keinen Millimeter weiter kommen und werden alle zwei Jahre wieder in diesem Land oder in irgendeinem anderen Land in Europa einen Lebensmittelskandal vorfinden – zum Schaden der Konsumentinnen und Konsumenten und auch zum Schaden unserer Bäuerinnen und Bauern.

Zweitens: Die neuen Herausforderungen, Herr Bundesminister, bestehen auch darin, der Landwirtschaft neue Produktionsmöglichkeiten zu erschließen – Produktionsmöglichkeiten in einem ganz wichtigen Bereich, nämlich der Energieproduktion. Erneuerbare Energien sind ein Zukunftsprojekt. Dazu müssen wir mehr tun. Wir in Österreich befinden uns seit zehn Jahren auf einem Niveau von etwa 25 Prozent Anteil erneuerbarer Energien – trotz aller Bemühungen, auch Ihrer Parteikolleginnen und -kollegen! Wir kommen nicht vom Fleck.

Diesbezüglich fordere ich Sie auf, endlich Klarheit zu schaffen, damit wir weiterkommen in dieser Richtung, dass wir endlich auch andere Ansätze wie Biomasse, Biogas, Wind- und Kleinwasserkraft, aber auch Photovoltaik und solare Thermie in landwirtschaftlichen Betrieben einsetzen und umsetzen, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Grünen.)

Die dritte Säule einer grünen Agrarpolitik stellen klarerweise die Abgeltung von Umweltleistungen und der soziale Ausgleich für Produktionserschwernisse dar. Selbstverständlich gibt es dazu auch in der derzeitigen Agrarpolitik in Österreich Ansätze, die ich schätze und die ich auch entsprechend wahrnehme.

Aber wir haben auch hier einen ganz großen Reformbedarf, weil das Modell in der derzeitigen Form mit der Osterweiterung nicht mehr finanzierbar ist.

Sie wissen es, Herr Bundesminister. Ich fordere Sie auf: Legen Sie endlich einen neuen Vorschlag vor, der auch den Arbeitskräftebezug, die Tätigkeit der Bäuerinnen und Bauern in den landwirtschaftlichen Betrieben berücksichtigt und nicht nur Fördermodelle nach Betriebsgrößen und nach Zahl der Tiere in einem Betrieb kennt!

Meine Damen und Herren! Auf Grund dieser grünen Positionierung bringe ich heute einen


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Entschließungsantrag ein, der in drei wesentlichen Forderungen gipfelt.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dipl.-Ing. Pirklhuber, Freundinnen und Freunde betreffend flächendeckende Ökologisierung der österreichischen Landwirtschaft

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die österreichische Bundesregierung wird aufgefordert, zur Ökologisierung der Landwirtschaft folgende Maßnahmen zu treffen:

1. Die Zielbestimmungen des Landwirtschaftsgesetzes und alle die Landwirtschaft betreffenden Gesetzesmaterien sind darauf abzustimmen, dass im Rahmen des nationalen Handlungsspielraumes innerhalb der Gemeinsamen Agrarpolitik der Europäischen Union eine flächendeckend biologische Landwirtschaf in Österreich eingeführt werden kann.

2. Ziel des Österreichischen Programmes für umweltgerechte Landwirtschaft (ÖPUL) ist eine flächendeckend biologische Landwirtschaft. Die Evaluierung dieses Programmes ist hinsichtlich seiner ökologischen Bedeutung Ausgangspunkt für eine laufende Verbesserung und Adaptierung in diese Richtung.

3. Die österreichische Bundesregierung wird beauftragt, dafür einzutreten, dass sich das gesamte Förderungsinstrumentarium der EU-Agrarpolitik an umweltgerechten Produktions- und Tierhaltungsformen orientiert. Die Mittelausstattung des EU-Agrarbudgets ist nach ökologischen, volkswirtschaftlichen und sozialen Kriterien umzuschichten und neu auszurichten. Die Instrumente der Export-Erstattung, Lagerhaltung, Intervention und die Instrumente der Markterweiterung über Förderungen der verarbeitenden Industrie können wesentlich zurückgenommen werden, da eine ökologische Bewirtschaftung automatisch zur Reduzierung der Überschussproduktion führt.

*****

Meine Damen und Herren! Dieser Entschließungsantrag ist ein Auftrag an Sie, Herr Bundesminister, endlich auf EU-Ebene für eine neue Offensive, für eine neue europäische Agrarpolitik einzutreten. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Ich möchte in meinem Debattenbeitrag selbstverständlich auch auf einige konkrete Punkte des vorliegenden Budgets eingehen. Die Situation der österreichischen Landwirtschaft, meine Damen und Herren, ist doch alles andere als rosig. Hier hilft uns auch nicht, wenn wir die Zahlen beschönigen und uns hinstellen und sagen, wir sind ein Ökomusterland.

Real sieht es doch so aus, dass die Einkommenssituation der Landwirtschaft ganz problematisch ist. Wir haben einen deutlichen Rückgang der Einkommen, wie wir im Grünen Bericht 1999, den wir in diesem Haus noch nicht diskutiert haben, nachlesen können.

Zur Verteilungsgerechtigkeit. Meine Damen und Herren! Das ist unglaublich. Nach wir vor bekommen 260 Betriebe mehr als eine halbe Milliarde Schilling – 260 Betriebe! –, während die unteren 50 Prozent aller Direktzahlungsempfänger nur 14 Prozent der Fördergelder bekommen. Das ist doch unglaublich, Herr Bundesminister! Da müssen wir doch etwas tun! Das ist doch in jeder Form ungerecht. Es kann nicht Ziel einer Agrarpolitik sein, Großbetriebe ohne Deckelung, ohne Förderobergrenze extrem zu fördern. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Herr Bundesminister! Ihr Bundesvoranschlag ist außerdem mangelhaft. Ich nenne eine konkrete Position, die Position 1/60366, die Förderung der Entwicklung des ländlichen Raumes. Sie budgetieren hier 4,79 Milliarden Schilling. Vor Monaten sind Sie an uns herangetreten und haben gesagt: Wir waren erfolgreich auf EU-Ebene, wir haben 5,8 Milliarden aus der zweiten Säule der Agrarpolitik erkämpft. – Wo sind diese 5,8 Milliarden in diesem Budget? Herr Bundesminister! Ich bitte Sie, dazu Stellung zu beziehen.

Ich möchte jetzt konkret auf einen Punkt eingehen, den Kollege Wimmer auch schon angesprochen hat, um die Ausrichtung der Agrarpolitik anhand Ihres Bundesvoranschlages noch einmal grundsätzlich in Frage zu stellen.


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Herr Bundesminister! Wieso kürzen Sie den Bundesbeitrag für die Institutionen des biologischen Landbaus um 25
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 Prozent? – Ich verstehe das nicht. Sie treten seit Monaten und Jahren an die Öffentlichkeit und nutzen auch die Foren dieser Verbände, um sich darzustellen, um Ihre politische Ansage zu machen, um Ihren Zuspruch für den biologischen Landbau zu artikulieren, und jenen Organisationen, die es ermöglicht haben, dass Österreich heute in Europa so gut dasteht, immerhin fast 20 000 Biobetriebe – keine Frage, wir hatten im letzten Jahr und in den letzten Monaten viele Diskussionen über Ausstiegsprobleme aus dieser Biolandwirtschaft –, kürzen Sie das Budget noch zusätzlich, obwohl diese Organisationen mit einem geringen Budget arbeiten müssen – nämlich bisher 14 Millionen Schilling Bundesbeitrag. Diesen kürzen Sie um 25 Prozent. Herr Bundesminister! Ich verstehe Sie nicht mehr. (Abg. Parfuss: Das ist wirklich ganz schlimm!) Sind Sie ein Umweltminister, oder sind Sie kein Umweltminister? – Das ist hier die Frage.

Ihr Pressesprecher, Herr Popp, spricht davon, es sei notwendig, dem Wildwuchs Einhalt zu gebieten und die Kräfte zu konzentrieren. – Wo liegt in einer Budgetkürzung eine Kräftekonzentration? Wie können Sie das überhaupt argumentieren? – Sie haben gleichzeitig den Zuschuss für andere Institutionen erhöht: für die Landtechnik plus 1,9 Millionen Schilling, für die Qualitätsverbesserung in der Tierhaltung plus 1 Million Schilling, für die Agrarmarkt Austria plus 90 Millionen Schilling in Ihrem Bundesvoranschlag.

Herr Bundesminister! Das ist doch skandalös. Das kann ich nicht mehr anders bezeichnen. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Warum skandalös? – Das ist deshalb skandalös, weil Sie einerseits den Bio-Organisationen das Budget kürzen und andererseits das Budget der Agrarbürokratie – ohne sie als unbedeutend zu betrachten, ohne ihre Notwendigkeit in Frage zu stellen – um 90 Millionen Schilling erhöhen. Das argumentieren Sie mit einer Notwendigkeit von mehr Kontrollen im Bereich der Tierkennzeichnung. Andererseits kürzen Sie aber die Budgets jener Institutionen, jener Einrichtungen, die Vorsorge betreiben, die dazu beitragen, dass BSE und ähnliche Probleme erst gar nicht auftreten.

Herr Bundesminister! Das ist doch völlig kontraproduktiv. Die aktive BSE-Vorsorge, die die Bio-Organisationen durchführen, ist zu fördern und zu unterstützen. Ich fordere Sie auf, aktiv zu werden.

Ich bringe daher folgenden Antrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dipl.-Ing. Pirklhuber, Freundinnen und Freunde

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

1. In der Anlage I der im Titel bezeichneten Regierungsvorlage ist der nachfolgende Voranschlagsansatz wie folgt zu ändern:

VA-Ansatz

Aufgaben-bereich

VA-Post

Bezeich-nung

von

abzuän-dern um Mio Schilling

auf

1/60146

34

Nr

7660

Ugl

037

Förderung des biolo-gischen Land-baues – Institu-tionen

11,0

17,0

28,0

 

2. Die durch die Änderung bedingten Betragsänderungen sind auch in den in der Anlage I sowie Ia, Ib und Ic enthaltenen Summenbeträgen entsprechend zu berücksichtigen.

*****

Diese notwendige Aufstockung der Mittel begründe ich damit, dass jene Institutionen nachhaltig dazu beitragen, dass Fälle von BSE weiterhin nicht auftreten und dass regionale Projekte, die wirklich ökologisch sind, so wie dieses Milchprojekt (der Redner hält eine Bio-Milchpackung in die Höhe), das von solch einer Bio-Organisation entwickelt wurde, auch weiterhin den österreichischen Konsumentinnen und Konsumenten zugute kommen können. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

11.38

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Abänderungsantrag zum Bundesfinanzgesetz und der Entschließungsantrag bestehend aus drei Punkten sind ordnungsgemäß eingebracht, stehen zur Verhandlung und Abstimmung.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Schwarzenberger. – Bitte.

11.38

Abgeordneter Georg Schwarzenberger (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Hohes Haus! Herr Abgeordneter Pirklhuber! Es stimmt nicht, dass die Biobauern nächstes Jahr weniger bekommen würden als heuer, sondern die Bauern werden mehr bekommen. Das ÖPUL 2000 wird auch eine Verbesserung der Direktförderungen an die Biobauern bringen.

Was aber dieses Budget 2001 generell auszeichnet, ist, dass die Organisationen "abgeschlankt" werden müssen – nicht nur im Biobereich, sondern genauso in der Milchleistungskontrolle, bei den Zuchtverbänden, selbst bei der Beraterfinanzierung und auch in den landwirtschaftlichen Schulen. (Abg. Öllinger: Die Kammern auch?) Auch in der öffentlichen Verwaltung werden die Mittel um etwa 20 Prozent reduziert. Aber die Bauern und vor allem die Biobauern in Österreich werden im Jahre 2001 über 1,5 Milliarde Schilling bekommen.

Es ist falsch, wenn man sagt, die Biobauern würden nur 17 oder 14 Millionen Schilling, oder welche Zahl immer man nennt, bekommen. Das sind Organisationen. Ich habe vielleicht Verständnis bei Pirklhuber. Da er Geschäftsführer eines Kontrollverbandes ist, habe ich Verständnis dafür, dass Abgeordneter Pirklhuber will, dass diese Verbände mehr Mittel bekommen.

Aber nun zu unserem derzeit größten Problem in der europäischen Landwirtschaft: BSE ist tatsächlich eine Katastrophe für die europäischen Rinderbauern. Ich bekenne mich auch hier dazu, Gesundheit der Lebensmittel muss oberste Priorität haben. Da dürfen wir keine Kosten und auch keine Auflagen scheuen, um die Sicherheit der Konsumenten zu gewährleisten.

Im Agrarministerrat vom Montag dieser Woche wurde ein Maßnahmenbündel beschlossen, das zwar Milliardenbeträge kosten wird – auch für Österreich werden hohe Kosten entstehen –, aber bestmögliche Gesundheit gewährleisten und das Vertrauen der Konsumenten in Rindfleisch wiederherstellen sollte.

In Österreich mussten wir bisher Gott sei Dank – aber das ist nicht nur Zufall – noch keinen BSE-Fall vermerken. Wir haben aber selbst einiges mehr dazu beigetragen als andere europäische Länder. Wir waren die Ersten, die, und zwar seit 1990, Tiermehl nicht an Wiederkäuer verfüttern dürfen, dies ist also verboten. Bei uns wurde auch vorher kaum Tiermehl an Wiederkäuer verfüttert. (Abg. Gradwohl: Wer kontrolliert das? – Abg. Wimmer: Gibt es da Kontrollen?) Die Eiweißbasis bei Wiederkäuern kann sozusagen auch mit Grundfutter hergestellt werden, sofern es sich nicht um Hochleistungsrinder handelt, die 8 000, 10 000 oder mehr Kilogramm Milch pro Jahr zu leisten haben.


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Wir haben aber auch als eines der ersten europäischen Länder mit einer rigorosen Kontrolle begonnen. Viele Bauern haben es sogar als Schikane empfunden, dass seit 1997 jedem Tier zwei Marken eingezogen werden müssen, jede Veränderung der AMA gemeldet werden muss. Dort, wo das Kalb geboren wird, muss innerhalb von sieben Tagen gemeldet werden, wer das Kalb zum Aufziehen gekauft hat, das muss innerhalb von sieben Tagen gemeldet werden. Das geht sogar so weit, dass der Bauer, wenn er seine Tiere auf die eigene Alm auftreibt, das der AMA melden muss, damit man das genau nachvollziehen kann, denn es könnten ja auf der Alm verschiedene Tiere zusammenkommen.

Selbst dann wenn ein Tier auf einen Rindermarkt, zu einer Rinderversteigerung gebracht wird, muss das Tier der AMA gemeldet und vom entsprechenden Hof abgemeldet werden, und wenn es nicht verkauft wird, muss es am selben oder am nächsten Tage wieder angemeldet werden. – Solch rigorose Kontrollen gibt es in keinem anderen Bereich.

Herr Abgeordneter Pirklhuber hat beklagt, dass die AMA mehr Mittel braucht. Dazu Folgendes: Die AMA hat 130 Kontrollore, die das ganze Jahr hindurch unterwegs sind, um die landwirtschaftliche Produktion und auch den Weg über die Verarbeitungsbetriebe zu kontrollieren. Eines kann man nicht machen: vermehrte Kontrollen fordern und dann sagen, dass das Geld für die Kontrollen nicht gegeben werden darf, sondern dass der Bauer das selbst zahlen soll. So kann es nicht gehen! (Abg. Wimmer: Aber nicht über den Konsumenten!)

Im vergangenen Jahr haben diese AMA-Kontrollore über 90 000 Kontrollen durchgeführt. Und in diesem Zusammenhang möchte ich wirklich einen Finger in eine Wunde legen: Sehr viele Konsumenten deuten dieses rot-weiß-rote "A", das vom Verein "Made in Austria" kommt, falsch. Dieser Verein setzt sich aus dem Gewerkschaftsbund und der Bundeswirtschaftskammer zusammen und vergibt dieses rot-weiß-rote "A", das nur besagt, dass mehr als die Hälfte der Wertschöpfung in Österreich erfolgt ist. Es sagt überhaupt nichts darüber aus, woher die Grundstoffe, die Verarbeitungsstoffe kommen. Das ist wirklich eine "Konsumentenverwirrung". Die Konsumenten glauben, es handle sich um österreichische Rohstoffe.

Ich habe dieses rot-weiß-rote "A" schon auf Pistazienpackungen gesehen, auch auf Orangensaftpackungen, obwohl jeder von uns weiß, dass diese Produkte nicht in Österreich erzeugt werden. Aber: Wenn die Verpackung teurer ist als der Inhalt, kann dieses rot-weiß-rote "A" schon vergeben werden. Diese Verunsicherung der Konsumenten sollte schleunigst abgestellt werden! (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Dolinschek. )

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Zum eigentlichen Thema, dem Budget. Wir haben mit der Agenda 2000 neue Rahmenbedingungen, die bis zum Jahr 2006 Gültigkeit haben. Ich habe das Gefühl, dass die Sozialisten des Jahres 2000 nicht mehr dieselben sind wie die Sozialdemokraten des Jahres 1999. Damals ist nämlich in Berlin die Agenda 2000 von der Regierung noch gemeinsam, Bundeskanzler Klima war selbst dabei, beschlossen worden. Österreich hat dort bis zuletzt auf eine Degression der Förderungen gedrungen. Aber die sozialdemokratischen Regierungen in Europa waren nicht bereit, dieser Degression die Zustimmung zu geben. (Zwischenruf des Abg. Edlinger. )

Der deutsche Bundeskanzler Schröder hat beim Deutschen Bauerntag sogar gesagt, die Schrebergartenlandwirtschaft in den Alpenländern werde keine Zukunft haben, auch die Landwirtschaft werde sich industrialisieren müssen – weil die sozialdemokratischen Parteien in Europa möglichst billige Lebensmittel haben wollen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Edlinger: Die Degression ist möglich ...!) Das ist die eigentliche Ursache und die Doppelbödigkeit im Land. (Abg. Edlinger: Sie können den Kleinen mehr geben, Sie wollen es nur nicht!)

Herr Ex-Finanzminister Edlinger, wenn Sie nicht an Gedächtnisschwund leiden, müssen Sie wissen, dass die Marktordnungszahlungen zu 100 Prozent von Brüssel erfolgen und wir, wenn wir freiwillig darauf verzichten würden, nur Brüssel Kosten ersparen würden, nicht aber dem österreichischen Budget.


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Mehr als die Hälfte des österreichischen Landwirtschaftsbudgets sind Zahlungen, die von Brüssel aus über unser Budget gehen, also nur Durchlaufer. Aus diesem Grund wird in Wirklichkeit nur weniger als die Hälfte des Budgets von den österreichischen Steuerzahlern aufgebracht. Alles andere wird von Brüssel bezahlt.

Bei diesen Agenda-2000-Verhandlungen hat eine wichtige Forderung Österreichs, nämlich als zweite Säule die ländliche Entwicklung europaweit umzusetzen, Erfolg gehabt, sie ist mit dabei. Wir bekommen dafür auch insgesamt 9,8 Prozent der gesamten Mittel, die Brüssel für die ländliche Entwicklung aufwendet, für Österreich, obwohl wir nur rund 2 Prozent der Produktion und der Bevölkerung haben. Das ist ein Erfolg Österreichs, insbesondere unseres Bundesministers, aber es hat uns in dieser Sache auch, sage ich dazu, der österreichische Kommissar besonders geholfen, er hat das unterstützt und vorbereitet. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Damit komme ich schon zum Schluss. Wir haben uns dazu durchgerungen, die Budgets ab dem Jahr 2002 ohne Neuverschuldung zu beschließen. Auch von der Bauernschaft sind im Rahmen der Landwirtschaft für das Budgetjahr 2001 einige Opfer zu erbringen (Abg. Edlinger: Die kriegen doch mehr Geld!), aber im Interesse einer zukunftsorientierten Budgetentwicklung und im Interesse unserer Kinder werden wir diesem Budget die Zustimmung erteilen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Edlinger: Mehr Geld für die großen Bauern, weniger für die kleinen!)

11.48

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt der Herr Bundesminister. – Bitte.

11.48

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich werde selbstverständlich auch auf die aktuelle Fragestellung im Zusammenhang mit der BSE-Problematik eingehen. Sie werden mir aber gestatten, dass ich zuerst zur Budgetsituation des Kapitels 60 Stellung nehme.

Diese Bundesregierung ist angetreten, eine Neukonzeption in der Budgetpolitik in Richtung eines ausgeglichenen Haushalts zu machen. (Zwischenruf des Abg. Eder. ) Diese Budgetpolitik, Herr Abgeordneter Eder, ist klug und ist langfristig im Interesse Österreichs die einzige Alternative. Sie wissen das ganz genau. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Brix: Eine sehr subjektive Betrachtung! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Selbstverständlich muss daher auch das Budgetkapitel 60, Land- und Forstwirtschaft, unter diesem Aspekt gesehen werden. Meine Damen und Herren! Dieser Bundesregierung war es möglich, trotz dieses Budgetkurses sicherzustellen, dass alle Möglichkeiten, die Österreich im Rahmen der Agenda 2000 im Interesse unseres Landes, der Bauern und der Bevölkerung des ländlichen Raumes, der Konsumenten verhandelt hat, tatsächlich ausgeschöpft und lukriert werden können. Es wird kein Schilling in Brüssel liegen bleiben, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Schwerpunkte sind dabei selbstverständlich die Weiterentwicklung des Umweltprogramms, die Verbesserung etwa der Bergbauernförderung inklusive des Sockelbetrages für die kleineren Betriebe, die Weiterentwicklung der Investitionsförderung, die Weiterentwicklung der ländlichen Entwicklung als solche, die Maßnahmen der Forstwirtschaft und der Forstförderung, damit wir unsere Zielsetzung, die wir in Österreich haben, nämlich Stärkung der bäuerlichen Landwirtschaft in einem starken und wirtschaftlich erfolgreichen ländlichen Raum, auch durch diese Budgetkonzeption umsetzen und verwirklichen können. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Im Budget stehen unter dem Kapitel 60 insgesamt 24,8 Milliarden Schilling zur Verfügung. Schwerpunkt ist dabei, wie gesagt, das Nutzen der Chancen der Agenda 2000 für unser Land, für die Bauern und für den gesamten ländlichen Raum.

Apropos ländlicher Raum: Mir ist wichtig, dass dieses Landwirtschaftsbudget auch viel für die Sicherheit beinhaltet. Ich denke etwa an die Wildbach- und Lawinenverbauung, die gerade für


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die Menschen in den Gebirgsregionen eine lebenswichtige Voraussetzung für die Erhaltung und den Schutz ihrer Siedlungsräume darstellt.

Ich möchte nun auf einige aktuelle Fragestellungen eingehen.

Zuerst zur Frage BSE: Diese Bundesregierung hat im Ministerrat ein sehr klares Maßnahmenkonzept zu BSE beschlossen, das selbstverständlich die Entschließung des Nationalrates berücksichtigt und umsetzt.

Ich bin daher sehr dankbar und froh darüber, dass es am Montag in der Sondersitzung des Agrarministerrates in Brüssel zu einem EU-weiten Fütterungsverbot – ich würde sagen: für vorläufig sechs Monate – gekommen ist. Das ist eine richtige, notwendige, klare und in der Sache gerechtfertigte Entscheidung.

Zweitens: Es wird notwendige begleitende Marktmaßnahmen geben. Ich hoffe, dass wir das Vertrauen der Konsumenten rasch so weit wieder gewinnen, dass wir nur möglichst wenige Tiere, Frau Abgeordnete, notwendigerweise aus der Nahrungsmittelkette nehmen müssen, denn letztendlich können wir – auch davon bin ich überzeugt – langfristig nur mit dem Vertrauen der Konsumenten unsere gute und hochqualitative Produktion aufrechterhalten.

Drittens: Es wird eine Reihe von flankierenden Maßnahmen geben, die auch dieses Hohe Haus verlangt hat, reichend von der Frage Import und Qualität der Importprodukte bis hin zur Frage Eiweißplan, damit wir europaweit eine bessere Versorgungslage gewährleisten können.

Diese Bundesregierung wird alles in ihrer Macht Stehende tun – daher auch ein Danke für den Antrag, der heute Nacht im Haus eingebracht wurde und der uns auch die rechtliche Grundlage für die Umsetzung und die Möglichkeit der Entschädigung und der Finanzierung der Maßnahmen gibt.

Zur Frage des biologischen Landbaus: Für die österreichischen Biobauern wird mit diesem Budget mehr Geld zur Verfügung stehen. Im Bereich des Umweltprogramms wird die Finanzierung für den biologischen Landbau ausgeweitet. Meine Damen und Herren! Mit dem ÖPUL 2000 gibt es mehr Mittel. Wir erwarten derzeit, dass insgesamt 1,56 Milliarden Schilling für den Biolandbau ausgegeben werden. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Für die biologische Landwirtschaft stehen selbstverständlich auch andere Fördertöpfe zur Verfügung, Investförderung, um nur ein Beispiel zu nennen.

Richtig ist, dass wir im Bereich der Organisationenunterstützung eine Kürzung von rund 20 Prozent vorgenommen haben, aber, Herr Abgeordneter Pirklhuber, Sie wissen, dass im Rahmen des Umweltprogramms bis zu 120 Millionen Schilling für Beratungsaktivitäten zur Verfügung stehen und dass dieser Topf selbstverständlich auch den Organisationen des Biolandbaues zur Verfügung steht, allerdings in Abhängigkeit von der Qualität der Projekte.

Sie wissen auch, dass das Ministerium, dass ich bereits in Gesprächen mit den Organisationen des Biolandbaues stehe, wie diese Mittel auch von den Bioorganisationen in Anspruch genommen werden können. Sie können daher davon ausgehen, dass ich so wie bisher dafür Sorge tragen werde, dass der biologische Landbau in Österreich weiterhin eine positive Entwicklung nehmen kann. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Zu der von mehreren Rednern angesprochenen europäischen Perspektive. Ich würde Sie bitten, zur Kenntnis zu nehmen, dass diese Bundesregierung, dass ich, seit Österreich Mitglied der Europäischen Union ist, in wesentlichen Bereichen die europäische Politik mitgestaltet und verändert haben. Die Agenda 2000 würde nicht so aussehen, wie sie aussieht, hätte nicht Österreich etwa hinsichtlich der ökologischen Orientierung und der Schaffung der zweiten Säule Impulse gesetzt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)


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Das europäische Modell der Landwirtschaft würde nicht so aussehen, etwa in Richtung Nachhaltigkeit, Flächendeckung, ökologische Orientierung, Multifunktionalität, hätte nicht Österreich kräftig seine Stimme erhoben und gestaltet. Und das wird Österreich auch in Zukunft tun, vermehrt tun müssen, gemeinsam mit anderen, damit wir Fehlentwicklungen, die es zweifellos gibt, korrigieren.

Ich lege aber Wert auf die Feststellung, meine Damen und Herren – ich bitte, das auch so zu sehen –, dass nicht Fehlentwicklungen, die es in anderen Regionen gibt, künstlich nach Österreich getragen werden sollten. Ich lasse mir die österreichische Landwirtschaft nicht schlecht machen, weil ich weiß, dass die Bäuerinnen und Bauern gut arbeiten. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

11.55

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Sima. – Bitte. (Abg. Schwemlein  – in Richtung der sich zum Rednerpult begebenden Abg. Mag. Sima –: Ulrike, jetzt musst du auch mit einem Halleluja anfangen, wenn der Minister mit einem Halleluja aufhört!)

11.56

Abgeordnete Mag. Ulrike Sima (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Lassen Sie mich kurz das Kurzzeitgedächtnis der Kollegin Achatz ein bisschen auffrischen, bevor ich auf die Umweltpunkte eingehe, nachdem sie blitzschnell irgendwie Gitti Ederer als Schuldige für die BSE-Krise identifiziert hat. (Abg. Achatz: Nein! Nein!) Doch, doch, das haben Sie sehr wohl gemacht.

Ist Ihnen eigentlich klar, dass die ÖVP seit 1986 in diesem Land die Landwirtschaftsminister stellt und mit Kommissar Fischler auch einen sehr entscheidenden Einfluss auf die EU-Landwirtschaftspolitik hat?

Erinnern Sie von den Freiheitlichen sich noch daran, dass Ihr Minister Haupt noch vor einer Woche hier in diesem Haus und auch an anderen Orten die Verfütterung von Tiermehl an Nutztiere weiterhin verteidigt hat? Und jetzt stellen Sie sich hier her und präsentieren sich als Retterin des Abendlandes. Das kann doch, bitte, nicht wahr sein! (Beifall bei der SPÖ.)

Das war doch massive Kritik an Ihrem Koalitionspartner, die Sie hier geäußert haben.

Was mich sehr interessieren würde, Frau Kollegin: Welche konkreten Vorschläge haben Sie eigentlich? Wie soll es weitergehen? (Abg. Achatz: Da haben Sie nicht aufgepasst! Das habe ich in der Vergangenheit gesehen!) Wenn es konstruktive Vorschläge von Ihrer Seite gibt, dann sind wir von der SPÖ gerne bereit, diese zu unterstützen, weil wir die BSE-Krise auch als großes ungelöstes Problem der Landwirtschaftspolitik sehen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dietachmayr: Die Frau Achatz ist noch immer in der Oppositionsrolle! – Gegenruf der Abg. Achatz.  – Abg. Edlinger  – in Richtung Freiheitliche –: Sie sind in der Regierung, nicht wir!)

Jetzt zum Umweltkapitel. Die Budgetdebatte bietet immer Gelegenheit, auch ein bisschen Bilanz zu ziehen, in diesem Fall über die Umweltpolitik. Ihre Bilanz in Sachen Umweltschutz, Herr Bundesminister Molterer, ist leider eher ernüchternd. (Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten der SPÖ und der Freiheitlichen.) – Ich würde jetzt ganz gerne zur Umweltpolitik sprechen, wir können ja dann dieses Landwirtschafts-Quergefecht weiterführen.

Ich möchte gerne auf das Thema Klimaschutz zu sprechen kommen. Es gibt in Österreich nach wie vor keinen verpflichtenden Maßnahmenplan, wie wir das Kyoto-Ziel erreichen wollen, sondern lediglich eine Art Wunschpapier Ihres Ressorts, Herr Minister, in dem von einem zusätzlichen Finanzierungsbedarf von 1,25 Milliarden Schilling pro Jahr die Rede ist.

Wir haben dieses Papier immer als eher förderungslastig kritisiert, haben dann aber doch erfreut zur Kenntnis genommen, dass zumindest irgendetwas darüber vorliegt, wie man dieses Kyoto-Ziel in Zukunft erreichen möchte. Nach einem kurzen Blick in das Budget muss man jetzt aber leider feststellen, dass lediglich 75 Millionen Schilling zusätzlich an Mitteln für den Klima


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schutz vorgesehen sind. Das heißt, Sie erreichen das eigene, das von Ihnen vorgegebene Ziel nicht.

Meine Frage ist nun, nach dem jahrelangen Hin und Her im Klimaschutz: Wie wollen Sie das Kyoto-Ziel tatsächlich erreichen, und bleibt es nicht nur bei Lippenbekenntnissen von Ihrer Seite? Auch nach dem gescheiterten Gipfel von Den Haag haben Sie immer gesagt: Ja, in Österreich muss die Arbeit weitergehen, wir müssen weitertun! Dann aber gibt es nicht einmal genug Geld, um das von Ihrem Ressort vorgelegte Papier auch wirklich umzusetzen. (Beifall bei der SPÖ.)

Mein Eindruck ist, dass die österreichische Klimapolitik schon länger in einer gewissen Zwickmühle steckt: Über ordnungspolitische Maßnahmen wie eine LKW-Maut oder eine Ökosteuer traut man sich offensichtlich nicht drüber, und für den Förderungsansatz, den Sie gewählt haben, ist nicht genug Geld da. Aber jetzt ist es wirklich höchste Zeit – wir schreiben das Jahr 2000 –, dass Sie einen Ausweg aus dieser Situation aufzeigen, sonst wird sich das bis zum Jahr 2008 nie und nimmer ausgehen.

Beim Finanzausgleich, den ich als wirklich wichtiges Instrument in Sachen Klimaschutz sehe, um die Länder eben ein bisschen in die Pflicht zu nehmen, Klimaschutzmaßnahmen zu setzen, wurde die Zweckbindung der Wohnbauförderungsmittel in zwei Richtungen aufgemacht. Ja, man hat das Kyoto-Ziel hineingeschrieben, das ist positiv, aber andererseits steht auch drinnen, dass in Zukunft die Mittel der Wohnbauförderung für Infrastrukturmaßnahmen verwendet werden dürfen. Meine leider eher düstere Prognose ist: Es werden hauptsächlich Straßen gebaut werden, die dem Klimaschutz überhaupt nichts bringen werden, und für das Kyoto-Ziel wird wahrscheinlich wieder kein Geld übrig bleiben. Und das halte ich einfach für ein grobes Versäumnis von Ihrer Seite. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Zweytick: Erhaltungs- und Erneuerungsmaßnahmen!) Das können wir jetzt hoffen, aber ich halte es für eine falsche Politik, wenn man diese Mittel in beide Richtungen zur Verfügung stellt, anstatt zielgerichtet nur "Wohnbausanierungsmaßnahmen zur Erreichung des Klimaschutzzieles" hineinzuschreiben. Wem nützt das beste Klimaschutzziel, wenn man in Österreich immer noch nicht weiß und keine Ahnung hat, wie man das jemals erreichen will?

Ich möchte nur ganz kurz, weil ich in Den Haag auch bei der Präsentation des Klimaschutzprogramms der deutschen Kollegen war, dieses als positives Beispiel hervorstreichen: Es waren hauptsächlich Wirtschaftstreibende, Contracting-Firmen, Windmühlenbetreiber da. Sie alle sind dort mit glänzenden Augen gestanden und haben uns erklärt, wie viele Arbeitsplätze durch Klimaschutzinitiativen geschaffen werden, wie viel Geld sie auch damit verdienen werden und welche positiven wirtschaftlichen und technologischen Impulse aus diesem Klimaschutzprogramm der Deutschen kommen. Bei uns in Österreich ist es einfach immer noch ein lästiges Anhängsel, das man irgendwie mit Förderungsmaßnahmen in eine Ecke stellen will, und man hat noch nicht erkannt, welche positiven Wirtschaftsimpulse Klimaschutz bringen kann. (Beifall bei der SPÖ.)

Nächster Punkt: die Anti-Atom-Arbeit. Da war sicher das AKW Temelin im vergangenen Jahr das vorherrschende Thema. Ich bin eigentlich sehr froh darüber, dass die Bundesregierung jetzt endlich nach langem Zögern und Zaudern aufgewacht ist und sich zu gewissen Aktivitäten in Bezug auf Temelin durchringen konnte. Dabei muss ich allerdings sagen, dass der Ansatz von Schüssel und Zeman beim letzten Gipfel in die völlig verkehrte Richtung geht. Bei diesem Gipfel wurde nämlich vereinbart, dass es eine Überprüfung des AKW Temelin durch die Europäische Union geben soll, und zwar erst dann, wenn es einheitliche europäische Sicherheitsstandards für Atomkraftwerke gibt.

Der Bundeskanzler hat gemeint, das sei Ende des Jahres der Fall. Wie er zu dieser übertrieben optimistischen Annahme kommt, ist mir völlig rätselhaft, denn wir alle wissen, dass es auf EU-Ebene vielleicht gar nie einheitliche Sicherheitsstandards geben wird, weil eben einige Länder massiv dagegen sind, dass es solche Sicherheitsstandards gibt. Bis Ende des Jahres soll höchstens ein Vorschlagspapier, eine Diskussionsgrundlage vorliegen. Es ist also fraglich, ob es diese Sicherheitsstandard jemals geben wird. Mein Eindruck von dieser ganzen Geschichte war, dass man einfach versucht hat, die Temelin-Problematik auf die EU-Ebene abzuschieben, um


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sich im Land nicht mehr damit herumschlagen zu müssen. Ich glaube, dass das wirklich der falsche Ansatz ist! (Beifall bei der SPÖ.)

Die Verpackungszielverordnung ist wirklich eine einzige Niederlage. Damit haben Sie effektiv das Mehrwegsystem in diesem Land umgebracht, Sie haben sich auch leider nicht dazu durchringen können, eine Einwegabgabe zu schaffen. Sie haben die Weichen da in die völlig falsche Richtung gestellt.

Der Verkauf der Bundesforste sei der Vollständigkeit halber hier auch noch erwähnt. Ich halte das für völlig unverantwortlich, Herr Minister, und mir ist es ein Rätsel, wie Sie als Umweltminister dem Verkauf von Wald zum Stopfen des Budgetloches zustimmen können. Gerade Sie sollten die starke Stimme der Umwelt in der Bundesregierung sein. Herr Bundesminister, in dieser Hinsicht sind Sie leider eine herbe Enttäuschung! (Beifall bei der SPÖ.)

12.03

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ing. Graf. – Bitte.

12.03

Abgeordneter Ing. Herbert L. Graf (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesumweltminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Vor allen Dingen liebe Jugend, die heute hier dabei ist, denn sie betrifft ja dieses Budget auch unmittelbar, in Bezug auf die klimarelevanten Maßnahmen! Ich spreche über das Umweltbudget und gehe einmal davon aus, dass die im Laufe der letzten Debatten in den letzten Tagen geäußerte Kritik von Ihnen an den Sparmaßnahmen von uns ja begründet ist, und zwar begründet darin, dass wir einen Schuldenberg wegzuräumen haben, ein Budgetdefizit wegzuräumen haben, das Sie uns überlassen haben. (Abg. Sophie Bauer: Dafür sind wir das drittreichste Land!) Da können Sie noch so viel reden, das ist leider so!

Aber, liebe Frau Kollegin, die neue Bundesregierung ist auf dem besten Weg (Zwischenruf des Abg. Edlinger )  – es ist der Bereich Umwelt auch Thema, Herr Ex-Minister Edlinger –, mit dem eingeschlagenen Kurs trotz des Sparkurses auch in den wichtigsten Umweltbereichen entsprechende Akzente zu setzen und ordnungspolitische Maßnahmen für den Bereich Umwelt zu treffen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Edlinger: Für die missglückte Umweltpolitik ist Bartenstein verantwortlich! Das weiß wirklich jeder!)

Herr Kollege Edlinger! Wenn ich an die erste Sitzung in der Österreichischen Kommunalkredit AG Ende 1999 zurückdenke, wo ein entsprechender Bericht vorgelegen war, dass die Bedeckung der von Ihnen bereits zugesagten Geldmittel trotz Ihrer Zustimmung nicht stattgefunden hat (Abg. Edlinger: Das war falsch!), dann kann ich Ihnen hier und heute nur sagen: Die Umweltpolitik war und ist Ihnen anscheinend kein Anliegen. (Abg. Edlinger: Oje! Oje!) Das müssen wir einmal alle wissen, bitte! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Da hat er Recht! – Abg. Edlinger  in Richtung der Abg. Dr. Partik-Pablé –: Falsch ist das! Er weiß das!) Trotzdem ist es dieser Bundesregierung jetzt gelungen, entsprechende Mittel für die Umweltförderung, insbesondere für die betriebliche Umweltförderung, bereitzustellen. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Edlinger. )

Bitte, jetzt hören Sie einmal gut zu, dann werden Sie erfahren, dass diese Mittel jetzt bereitgestellt werden: im Jahre 2000: 475 Millionen Schilling, im Jahre 2001: 550 Millionen Schilling, im Jahre 2002: 650 Millionen Schilling. 90 Prozent von diesen betrieblichen Umweltförderungen gehen alleine in klimarelevante Maßnahmen. Warum? – Wenn Sie die Schlagzeilen in den Zeitungen lesen würden und die aktuelle Politik ein bisschen verfolgen würden, dann wüssten Sie, warum. So steht zum Beispiel im "Kurier" vom 24. November 2000 zu lesen: "Wärmstes Jahrhundert seit einem Jahrtausend." Seit Beginn der direkten Messungen der Lufttemperatur in Wien, und zwar im Jahre 1775, haben wir das wärmste Jahr zu erwarten, steht hier.

Das wäre ja weiters nicht schlimm, man bräuchte weniger zu heizen. Aber was geht damit einher? Es gehen damit Wirbelstürme in Europa einher (ironische Heiterkeit des Abg. Edlinger sowie Ruf: Und da ist die SPÖ schuld daran! Ich bin schuld daran!), es gehen damit Überschwemmungen in Europa einher, und das alles, was unsere Jugend dann einmal wird ausbaden müs


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sen, versuchen wir derzeit mit ordnungspolitischen Maßnahmen ins rechte Lot zu rücken. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Jetzt werde ich Ihnen noch etwas sagen, was Sie überhaupt nicht freuen wird, Herr Ex-Minister Edlinger! (Ironische Heiterkeit des Abg. Edlinger sowie Ruf: Ich nehme zur Kenntnis, dass ich an der Erderwärmung schuld bin!) Es ist tatsächlich so, dass diese energiefördernden Maßnahmen, was die neuen Energien betrifft, von dem besonders von Ihnen geschätzten Herrn Landeshauptmann Dr. Jörg Haider bereits im Jahre 1989 in Kärnten umgesetzt wurden und dann in weiterer Folge von allen anderen österreichischen Bundesländern übernommen wurden. In Kärnten wurden also – ebenso wie in anderen Ländern – ordnungspolitische Maßnahmen für die Energieförderung ergriffen. Wenn man bedenkt, dass derartige Förderungsmittel Investitionen von einem zehn- bis fünfzigfachen Wert der Energieförderung auslösen, so kommt man zu der Bilanz, dass das zusätzlich 30 000 neue Arbeitsplätze in Österreich im Bereich der Förderung von heimischen Energieträgern, die bei uns wachsen, bedeutet.

Die neue Bundesregierung ist sich auch der Verantwortung bewusst, die sie insbesondere der Jugend gegenüber hat. Aber dazu ist auch eines zu sagen: Wir können natürlich über die EU nicht drüberspringen. Ich habe in der letzten Woche gelesen, dass die Energiekommissarin Loyola de Palacio die Atomkraftwerke als Versorgungssicherheit für den Klimaschutz bezeichnet hat und dementsprechend auch wollte, dass die Atomkraftwerke in die Kategorie "klimaschutzrelevante Maßnahmen" mit einbezogen werden. In Anbetracht dessen kann einem nur schlecht werden.

Ich möchte mich bei Herrn Bundesumweltminister Mag. Molterer dafür bedanken, dass es ihm gelungen ist, auch in Den Haag darauf aufmerksam zu machen, dass das ein völlig falscher Weg wäre. Ich gratuliere Ihnen, Herr Bundesminister, zu diesem Erfolg, den Sie da erreicht haben, nämlich, dass die Atomkraftwerke nicht als klimaschutzrelevante Maßnahmen gelten.

Weil wir gerade beim Thema Atomkraftwerke sind, möchte ich insbesondere das Problem Temelin ansprechen und Ihnen hier auch einen Vorschlag unterbreiten. Es sei aber zunächst gesagt, dass der Dank primär den Bürgerinitiativen und allen aufrechten Bürgern, die auf dieses Problem aufmerksam gemacht haben, gilt. Ich danke aber auch Herrn Bundesminister Molterer und Herrn Bundeskanzler Dr. Schüssel für ihre Bemühungen, die gesamte Thematik auf eine sachliche Ebene zu stellen. Eine sachliche Ebene heisst, betreffend das AKW Temelin entsprechende Schritte für die Zukunft zu finden. Wenn Tschechien und die tschechischen Atomkraftwerksbetreiber behaupten, dass im Atomkraftwerk Temelin ohnedies alles in Ordnung sei, dann würde ja nichts dagegen sprechen, diese Aussage auch ins Internet zu stellen, und zwar nicht nur in sprachlicher Form, sondern auch in einer Übersicht über die Steuerwarte und über die Kontrollinstrumente von Temelin selbst.

Es ist heute mit jedem PC-Programm möglich, in eine Steuerwarte Einblick zu nehmen, ohne dass man dadurch über Fernwirkmöglichkeiten direkt in die Steuerungen eingreifen kann. Der Erfolg wäre, dass jeder, der über einen Internetanschluss verfügt, in die Steuerwarte in Temelin Einsicht nehmen könnte. Tschechien könnte den Wahrheitsbeweis antreten, dass keine Störungen vorliegen, und jeder könnte das auch entsprechend beobachten. Ich glaube, das wäre eine sehr gute Möglichkeit für alle, sich direkt einen Einblick in das AKW Temelin zu verschaffen. Trotzdem sollte natürlich nicht darüber hinweggetäuscht werden, dass es im Grunde genommen kein sicheres Atomkraftwerk gibt und daher à la longue ein Ausstieg aus der friedlichen Nutzung der Atomkraft mit dem von uns eingeschlagenen Weg über die erneuerbaren Energieträger gemacht werden muss. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

An dieser Stelle verweise ich auf das neue österreichische Elektrizitätswirtschafts- und Organisationsgesetz, das die neue Bundesregierung im Juli dem Nationalrat vorgelegt hat. Es wurde hier auch mit den Stimmen der SPÖ beschlossen. Ich glaube, dass gerade der Punkt, dass jeder Abnehmer die Zusammensetzung des Primärstroms nach Erzeugungsart auf seiner Abrechnung stehen haben wird (Abg. Kiermaier: Das schau ich mir an!), ein ganz großer Erfolg für die Zukunft ist, damit auch entschieden werden kann, von welchem Stromerzeuger beziehungsweise von welchem Stromlieferanten man den Strom beziehen wird. Der Stromabnehmer hat daher


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für sich selbst zu entscheiden, welche Firma er mit der Stromlieferung für sich beauftragen wird, und kann folglich den Atomstrom für die Zukunft ausschließen. Auch das ist ein Erfolg der neuen österreichischen Bundesregierung. Sie ist damit auf dem richtigen Weg zum richtigen Ziel.

Man kann natürlich nicht allen alles recht machen. So sagte zum Beispiel Frau Mag. Sima in einem Interview mit der "Kleinen Zeitung":

"Den Umweltschützern kamen beim Klimagipfel die Tränen. Den Bewohnern etlicher Inselstaaten steht das Wasser bis zum Hals." Und sie beklagte weiters, dass wir für den Klimaschutz nichts unternehmen.

Dazu muss ich sagen, meine Damen und Herren: Wir könnten das Zehnfache, das Zwanzigfache, das Hundertfache für den Klimaschutz machen, jetzt und heute und sofort, hätten wir nicht die große Hypothek dieser Schuldenlast, die auf uns liegt, die – im Interesse der Jugend und um ordnungspolitische Maßnahmen für die Zukunft setzen zu können – abzutragen ist. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Aus diesen Gegebenheiten hat die Bundesregierung das gemacht, was wirklich möglich war, und dafür möchte ich mich sehr herzlich bedanken. Ich gratuliere Ihnen dazu, Herr Bundesminister! (Neuerlicher Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

12.12

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Edlinger zu Wort gemeldet. Ich mache auf die Bestimmungen der Geschäftsordnung aufmerksam. – Bitte. (Abg. Zweytick: Auf diese Tatsächliche bin ich neugierig!)

12.12

Abgeordneter Rudolf Edlinger (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Graf hat sich im Zusammenhang mit einer Argumentation auf den Kärntner Landeshauptmann berufen und ausgeführt, dass der von mir sehr geschätzte Landeshauptmann Haider dies und jenes gesagt haben soll.

Ich stelle tatsächlich richtig, dass ich Herrn Landeshauptmann Haider überhaupt nicht schätze. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Diese tatsächliche Berichtigung hat aber sehr gehinkt! – Abg. Mag. Schweitzer: Edlinger "hebt" das Niveau! – Abg. Edlinger  in Richtung des Abg. Mag. Schweitzer –: Wahrheit muss Wahrheit bleiben!)

12.13

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Glawischnig. Die Uhr ist auf 12 Minuten gestellt. – Bitte.

12.13

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Herr Abgeordneter Graf, sind Sie noch da? – Ja, Sie sind noch da! Budgetpolitik ist nicht nur eine Frage von Zahlen, sondern auch eine Frage von Prioritäten. Ihre Prioritäten im Zusammenhang mit dem Umweltbudget sind es wert, dass sie noch einmal dargestellt werden.

Sie feiern es als Erfolg, 75 Millionen Schilling zusätzlich für den Bereich Klimaschutz auszugeben, wollen aber in den nächsten Jahren insgesamt – ich schätze es jetzt einmal – fast 30 Milliarden Schilling zusätzlich im Verteidigungsbudget: 4,5 Milliarden Schilling für das Eurokorps, und zwischen 24 und 57 Milliarden Schilling für die Abfangjäger. Vom Größenvergleich her gesehen ist es ausgesprochen absurd, dass man sich dann hier hinstellt und 75 Millionen Schilling zusätzlich für den Bereich Klimaschutz auch noch abfeiert, obwohl wir, wie wir alle wissen, deutlich mehr bräuchten. Es genügen eigentlich die Zahlen, um Ihre Prioritäten im Umweltbereich darzustellen. (Beifall bei den Grünen.)

Das Thema, das uns in diesem Jahr am meisten bewegt hat und das uns auch weiter bewegen wird, war das grenznahe Atomkraftwerk Temelin. Wir Grüne haben uns heute mit einem offenen Brief an Herrn Bundeskanzler Schüssel gewandt, der sich nächste Woche mit dem tschechi


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schen Premier Miloš Zeman treffen wird. Wir haben aber sehr besorgniserregende Meldungen bezüglich des Inhalts dieses Gespräches erhalten.

Es zeichnet sich da ein skandalöser Deal ab – wir haben das aus Tschechien erfahren –, und zwar zeichnet sich ab, dass der Bundeskanzler die vorgegebene Linie, nämlich, dass Temelin den Stand der Technik nachweisen muss, um unsere Position bei den EU-Verhandlungen zu beeinflussen, aufgeben wird und dass die tschechische Seite mit dem Angebot, eine Umweltverträglichkeitsprüfung ohne Betriebstopp – ohne Betriebsstopp! – durchzuführen, einen Konsens zwischen Österreich und Tschechien herbeiführen wird.

Jetzt frage ich Sie, insbesondere die Kollegen von der FPÖ: Wie bewerten Sie – nachdem wir hier im Hohen Haus eine klare Position zum AKW Temelin verabschiedet haben, nachdem wir in monatelangen Verhandlungen und Gesprächen die erwähnte Linie festgelegt haben –, dass der Bundeskanzler nächste Woche vorhat, diese Linie entgegen all dem Befremden und (Abg. Kopf: Woher wissen Sie das?) – ich weiß das – entgegen all den Befürchtungen, die in unzähligen Briefen geäußert werden, die tagtäglich bei uns – aber nicht nur bei uns, sondern auch bei ihnen – einlangen, zu verlassen?

Ich halte diesen Deal, der da vorbereitet wird, für einen Skandal. Wir haben uns heute diesbezüglich in einem offenen Brief an Herrn Bundeskanzler Schüssel gewandt, und ich erwarte mir, dass wir, bevor wir die österreichische Position in dieser Frage durch einen faulen Kompromiss ersetzen, hier im Hohen Haus Gespräche darüber führen, dass mit den Umweltsprechern Kontakt aufgenommen wird, dass mit den Atomgegnern und Atomgegnerinnen Kontakt aufgenommen wird, bevor dieser Umfaller passiert. (Beifall bei den Grünen.)

Nun zur Bilanz der Umweltpolitik. Von den Prioritäten habe ich schon gesprochen. Es sei mir erlaubt, in Richtung der FPÖ noch einmal zu fragen: Wo ist denn Ihre Handschrift in der österreichischen Umweltpolitik? – Beim Landwirtschaftsminister Molterer ist mir aus vielen seiner in den letzten Jahren getätigten Aussagen klar, wo er steht. Ich kenne seine Haltung zur Gentechnikförderung. Was die Abfallpolitik betrifft, hat die ÖVP vieles verschlafen, und jetzt können wir den Schlusspunkt einer sehr besorgniserregenden Entwicklung erleben.

Aber was die FPÖ betrifft, bin ich sehr überrascht, zumal die Frau Achatz heute Vormittag sehr emotional wieder einmal die anderen dafür verantwortlich gemacht hat. Ich frage Sie: Wo sind denn Ihre Initiativen im gesamten Konsumentenschutz- und Lebensmittelbereich geblieben? (Abg. Dr. Partik-Pablé: In den laufenden Jahren haben wir immer Initiativen gesetzt!) Was ist denn aus dem SOS-Ernährungsproblem geworden, das wir letztes Jahr sehr massiv thematisiert haben? (Abg. Dr. Partik-Pablé: Lesen Sie die Protokolle!) Was ist denn mit dem Faktum, dass Antibiotika noch immer in Tierfuttermitteln enthalten sind? (Abg. Dr. Partik-Pablé: Sie müssen in den Protokollen der vergangenen Jahre nachschauen!) Ich habe keine einzige Initiative der Freiheitlichen dazu in den letzten Monaten vernommen.

Was ist denn mit der Massentierhaltung, die die FPÖ dieses Jahr massiv erleichtert hat, indem sie zugestimmt hat, dass gesetzliche Vorschriften für viele Betriebe nicht mehr anwendbar sind? Wo ist denn da die Handschrift der FPÖ? (Abg. Mag. Schweitzer: Wir haben für die Massentierhaltung die Höchstgrenzen gesenkt!) Ich muss sagen: Ich bin persönlich sehr enttäuscht, dass Sie immer wieder etwas versprochen und dann nicht gehalten haben. Entweder sind das nur reine Lippenbekenntnisse gewesen, oder Sie haben in dieser Regierung völlig versagt. (Abg. Mag. Schweitzer: Warum arbeitest du nicht mit der Wahrheit?) Sie haben keine umweltpolitische Handschrift hinterlassen. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Falsch informiert! – Abg. Mag. Schweitzer: Es liegt ihr nicht, mit der Wahrheit zu arbeiten!) Ich arbeite ausschließlich mit der Wahrheit, Herr Kollege Schweitzer. Wenn Sie mir hier Lüge unterstellen wollen, dann bitte ich den Präsidenten, jetzt einzuschreiten.

Ich möchte noch auf die restlichen umweltpolitischen Fragen, die uns im Moment beschäftigen, kurz eingehen. (Abg. Mag. Schweitzer: Ich erinnere an die Briefe, an die Unwahrheit, bis hin zur Lüge, die gedruckt wurde!) Herr Präsident! Ich werde hier der Lüge bezichtigt! Vielleicht kann man das in irgendeiner Form abstellen.


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Wir haben alle anderen politischen ... (Abg. Mag. Schweitzer: Das weise ich nach! Das weise ich nach!)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Kollege Schweitzer! Haben Sie diesen Ausdruck gebraucht? (Abg. Mag. Schweitzer: Bitte?) Ich bitte Sie, den Ausdruck zurückzunehmen, wenn Sie ihn gebraucht haben. (Abg. Mag. Schweitzer: Ich kann das nachweisen, Herr Präsident!)

Herr Abgeordneter Schweitzer, dann erteile ich Ihnen für den Ausdruck "Lüge" einen Ordnungsruf, denn das ist nicht eine Frage der Wahrheit. (Abg. Mag. Schweitzer: Ich kann das nachweisen, Herr Präsident!) Ja, Sie können "Unwahrheit" sagen, aber Sie können ein Mitglied dieses Hauses nicht als Lügner bezeichnen. Das ist eine Praxis von 30 Jahren. (Abg. Mag. Schweitzer: Das habe ich nicht gesagt! – Abg. Dr. Partik-Pablé: Sie haben es nicht einmal gehört, Herr Präsident! – Abg. Mag. Schweitzer: Ich habe sie nicht als Lügner bezeichnet, ich habe von "Lüge" gesprochen!) Der Ordnungsruf ist erteilt.

Sie sind am Wort, Frau Abgeordnete Dr. Glawischnig!

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig (fortsetzend): Danke, Herr Präsident. – Herr Kollege Schweitzer, Sie können sich gerne zu Wort melden und in eine umweltpolitische Debatte eintreten. Ich vermisse im Moment ohnehin brauchbare Debattenbeiträge zur Umweltpolitik von Seiten der Freiheitlichen. (Beifall bei den Grünen.)

Ein Problemkind Österreichs, das wir noch nicht diskutiert haben und wo wir wirklich eine desaströse Situation vorfinden, das ist der Naturschutz in Österreich.

Während wir in anderen Bereichen unter Umständen den EU-Beitritt und die Rechtsvorschriften, die wir übernehmen mussten, kritisch sehen können, haben wir in diesem Bereich, Frau Kollegin Achatz, ein vorbildliches Regelwerk der Europäischen Union umzusetzen. Die desaströse Bilanz: Österreich hat in diesem Bereich 21 Vertragsverletzungsverfahren. Ich glaube, da kann man nicht mehr davon sprechen, dass die Europäische Union schuld daran ist, dass unsere Umweltstandards sich abgesenkt haben, sondern Österreich ist selbst dafür verantwortlich.

Der Großteil dieser 21 Umweltverfahren sind Naturschutzverfahren, und das ist besonders bedauerlich, weil ich glaube, dass vielen Menschen in Österreich Naturschutz und eine entsprechende Schutzpolitik angesichts auch der bedrohten Tier- und Pflanzenarten in unserem Land außerordentlich wichtig ist.

Wir haben das jetzt einmal diskutiert, und wir haben auch die traurige Bilanz zu ziehen, dass fast alle Naturschutzgesetze, Jagdgesetze, Fischereigesetze, Flur-Verfassungsgesetze EU-widrig sind. Ich würde Sie bitten, in einem Bereich, in welchem die Europäische Union Vorreiter gegenüber Österreich ist, auch dafür zu sorgen, dass wir die diesbezüglichen Gesetze auch einhalten und die betreffenden Tier- und Pflanzenarten auch unter Schutz stellen, entsprechende Gebiete unter Schutz stellen, und dass hier nicht Wirtschaftsinteressen, Lobbyinteressen Vorrang vor dem Naturschutz haben. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Der Klimaschutz ist schon angesprochen worden. Wir haben gemeinsam mit dem Umweltminister eine Woche in Den Haag verbracht: Dass vielen Staaten das Wasser wirklich bis zum Hals steht und dass wir natürlich den Schadstoff CO2 nicht so weit reduzieren können, dass den kleinen Inselstaaten, den vielen Staaten, die an Dürrekatastrophen leiden, die immer mehr Dürretote zu beklagen haben, geholfen wird, das ist wohl klar, Herr Graf, aber ich denke, es kann uns nicht aus der Verantwortung entlassen.

Wir haben dort massiv gearbeitet, dass Staaten wie die USA, aber auch Japan, aber auch Europa auf diese Klimaschutzpolitik in irgendeiner Form einsteigen. Das kann uns nicht aus der Verantwortung entlassen, im eigenen Land nationale Maßnahmen zu setzen. Wir wissen auch, es ist beschäftigungsintensiv, es ist wirtschaftsfreundlich, es ist innovationsfreundlich, eine Frischzellenkur für unsere Wirtschaft. Es ist also wirklich zu wenig, 75 Millionen Schilling im Budget zu veranschlagen und den Rest an die Länder zu delegieren. Das verdient eine glatte


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Fünf, wenn man es in der Schulsprache ausdrückt, für Klimaschutzpolitik im Budget. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Zweytick: Warum sagt man nicht 550?)

Zur Wasserschutzpolitik: Was mich auch immer besonders ärgert und erbost, ist, dass auch da wieder mit dem Feind Europäische Union gearbeitet wird. – Auch da haben wir im Inland einige Hausaufgaben nicht gemacht. Ich erwähne in diesem Zusammenhang noch einmal die Umweltverträglichkeitsprüfung. Es müssen sehr, sehr große Wasserentnahmen keiner UVP unterzogen werden, und es ist durch die rechtliche Umordnung de facto die Öffnung für die kommerzielle Verwertung erfolgt.

Man hört es ja auch ganz deklariert als Ziel: Teile des Wasserschatzes sind ökonomisch zu mobilisieren. Das sagt auch unser Umweltminister in einer sehr, sehr direkten Art, und andererseits wird dann wieder in Brüssel oder in diversen kleinformatigen Magazinen der Wasserschutz als das österreichische, rot-weiß-rote Fähnchen in die Höhe gehalten. – Also, man muss schon in irgendeiner Weise ein seriöses Konzept haben, wie man mit der Wasserschutzpolitik in Österreich umgeht, und man sollte da nicht billigen Populismus betreiben. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Zweytick: Wo ist der Vorschlag? Soll man das Wasser in Tanks einsammeln?)

Als Letztes noch zur BSE-Problematik: Späte Einsicht, muss ich sagen, späte Einsicht! – Wir haben letztes Jahr nach dem Dioxin-Skandal in Belgien die Probleme in der österreichischen Lebensmittel- und Konsumentenschutzpolitik, Landwirtschaftspolitik, Umweltpolitik verknüpft in dem Paket "SOS Ernährung" vorgestellt; die Freiheitlichen haben damals fast alle Punkte unterstützt. Sie haben aber bis zum heutigen Tag keinen einzigen dieser Punkte umgesetzt, und irgendwie scheinen sie zu vergessen, dass sie auch Regierungsverantwortung tragen, und sehen es nicht ein, dass man nicht ständig die Schuld auf die SPÖ schieben kann, die eine Budgetpolitik gemacht hat, die ihnen nicht gepasst hat.

Ich denke, es ist wirklich höchst an der Zeit, im Umweltschutz, im Tierschutz und in der Landwirtschaftspolitik einmal auch eine gewisse Verantwortung zu übernehmen. Ich habe mit Überraschung auch die ersten Anfragen von Ihren Ministern dazu gelesen, also bezüglich der umstrittenen Frage mit den Haustieren, mit den Falltieren, mit den Konfiskaten in den Futtermitteln. Bundesministerin Sickl hat genau so wie alle Jahre vorher ihre Vorgängerin gesagt, das seien wertvolle Eiweißfuttermittel, wir machen das nicht. Das gleiche gilt beim Verbot von Tiermehl, beim Verbot von Antibiotika.

All diese Punkte waren also reine Ankündigungen, und ich bin persönlich zutiefst enttäuscht, denn das geht auf Kosten der Konsumentinnen und Konsumenten und auch auf Kosten der Bio-Landwirte.

Im Übrigen: Diese Maßnahme, bei den Bio-Verbänden zu kürzen, ist eine reine Disziplinarmaßnahme. (Abg. Zweytick: Nichts gekürzt!) Das sind nämlich unabhängige Verbände, die sich politisch nicht vereinnahmen lassen. Bei anderen Verbänden werden hingegen die Mittel erhöht, und man erkläre mir bitte einmal, warum man gerade die kritischen Verbände, die sozusagen die Schmiere bei dieser ganzen Vorreiterrolle der Bio-Landwirtschaft in Österreich waren, kürzt. Das ist eine reine politische Disziplinierungsmaßnahme. (Beifall bei den Grünen.)

Meiner Ansicht nach ist das insgesamt eine sehr traurige Bilanz, aber es war das schon absehbar. Im Regierungsübereinkommen zwischen den beiden Parteien ÖVP und FPÖ gab es einen Satz, der da heißt: Verbot, über EU-Mindeststandards hinauszugehen.  – Verbot, über EU-Mindeststandards hinauszugehen: Das ist ein Aufgeben der Vorreiterrolle der österreichischen Umweltpolitik, wie sie in den letzten Jahren politischer Konsens war.

Das werfe ich Ihnen auch vor, Herr Minister Molterer: dass Sie das Regierungsübereinkommen mit diesem klaren Ziel – Umweltschutz, Konsumentenschutz, Tierschutz sind nachgereiht, alles, was der Wirtschaft in Europa schadet; Mindestumsetzung von Richtlinien, keine Vorreiterrolle mehr, kein Vorpreschen mehr, was auch wirtschafts- und innovationspolitisch sehr, sehr wichtig ist – aufgegeben haben. Es zeichnen sich auch in der konkreten Politik bereits die desaströsen Ergebnisse ab. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

12.26


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51. Sitzung / Seite 29

Präsident Dr. Heinz Fischer:
Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kopf. – Bitte.

12.26

Abgeordneter Karlheinz Kopf (ÖVP): Geschätzte Damen und Herren! Bevor ich zum eigentlichen Thema Umwelt komme, noch zu den vorher abgelieferten Debattenbeiträgen, vor allem zum Thema Produktkennzeichnung "Made in Austria", ein paar Sätze.

Ich glaube, dass es volkswirtschaftlich insgesamt gesehen eine besondere Errungenschaft gerade der Wirtschaft war, dieses "A", "Made in Austria", kreiert zu haben, weil wir, so glaube ich, damit österreichischen Produkten und österreichischer Wertschöpfung und damit der österreichischen Volkswirtschaft einen guten Dienst erwiesen haben. Logischerweise kann (Abg. Dr. Moser: Lebensmittel!)  – ich komme gleich zum Punkt Lebensmittel! – bei der heutigen Vernetztheit, bei der heutigen Globalität von Produktion so etwas nicht auf eine 100-prozentige Wertschöpfung im Inland abstellen, und man stellt deshalb auf die mehr als 50-prozentige Wertschöpfung im Inland ab, bei Lebensmitteln allerdings schon seit einiger Zeit auf 75 Prozent.

Natürlich ist jetzt, im Zusammenhang mit dem BSE-Skandal, die Sache neu zu prüfen, zu diskutieren, und es war die Wirtschaft, die angesichts dieses Problems und der Entstehungsgeschichte dieses Problems, die ja nicht im Inland liegt, sofort – schon letzte Woche! – reagiert hat und dieses Produktkennzeichen, dieses Herkunftskennzeichen aus dem Verkehr genommen hat, was die Lebensmittel anlangt. Man hat also sofort reagiert und sichergestellt, dass mit diesem an sich sinnvollen Güte- und Herkunftskennzeichen kein Missbrauch betrieben wird. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Zum Zweiten: Ich begrüße sehr, dass die Bundesregierung da sofort reagiert hat – auch was den finanziellen Schaden betrifft, natürlich prioritär in der Landwirtschaft – und festgestellt hat, dass Mittel aus dem Katastrophenfonds – wobei die nicht reichen werden – bereitgestellt werden, um die gröbsten Schäden abfangen zu können. Aber ich lege schon Wert auf die Feststellung, dass wir seitens der Wirtschaft natürlich darauf bestehen müssen, dass Ähnliches auch für den Bereich der Futtermittelhersteller – also auch für im gewerblichen Bereich tätige Unternehmen – zu gelten hat. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Nun aber zur Umweltpolitik und auch zu einigen Aussagen, die zuvor gemacht worden sind, vor allem von den beiden so sehr enttäuschten Umweltsprecherinnen der Oppositionsparteien.

Ich erinnere mich noch an eine Aussage der Kollegin Glawischnig von letzter Woche an dieser Stelle, wo sie festgestellt hat – ich hoffe, es tut ihr heute nicht Leid –, dass wir in Österreich, was die reale Umweltsituation betrifft, ein Musterland in Europa sind. Um so weniger verstehe ich daher die heute von beiden Oppositionssprecherinnen geäußerte Kritik. Tatsache ist, dass wir mit einem Mix aus ordnungspolitischen Maßnahmen und Fördermaßnahmen in nicht unbeträchtlichem Ausmaß – ja ich möchte sogar sagen: in sehr hohem Ausmaß – in Österreich unter größter Anstrengung aller Beteiligten eben diesen Standard erreichen konnten.

Wenn wir heute ein Gesamtumweltbudget und Umweltförderungsbudget von über 6 Milliarden Schilling im nächstjährigen Budget verzeichnen können, dann frage ich mich schon, Frau Kollegin Glawischnig und Frau Kollegin Sima, woher Ihre Unzufriedenheit rührt.

Vergießen Sie bitte auch keine Krokodilstränen bei dem Thema Kyoto-Programm! Mir ist es nämlich genau so gegangen wie dem Kollegen Graf im Beirat der Kommunalkredit. Dort war es der damalige sozialistische Finanzminister Edlinger, der die Zusatztranche von 100 Millionen Schilling Umweltförderung, die genau für Kyoto-relevante, für klimaschutzrelevante Maßnahmen reserviert und vorgesehen waren, über Monate blockiert hat, und wir konnten die Förderung für bereits vorliegende Projekten nicht auszahlen. Das ist nämlich die Wahrheit! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Zweytick: So schaut es aus!)

Also wenn Sie schon Kritik üben, dann bitte an der richtigen Stelle, nicht etwa bei unseren Umweltministern, die monatelang diesen Förderungsbeträgen nachlaufen und darum beim Finanzministerium regelrecht betteln mussten, während der Finanzminister sie monatelang blockiert


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51. Sitzung / Seite 30

hat. (Abg. Edlinger: Der war sparsam!) Ja, sparsam. Die Kolleginnen kritisieren jetzt zu geringe Ausgaben im Bereich der Klimaschutzförderungen. Sie, lieber Kollege Edlinger, waren es, der diese Förderungen zu verhindern versucht hat, Gott sei Dank erfolglos zu verhindern versucht hat.

Meine Damen und Herren! Noch einmal zum Thema Klimaschutz und Kyoto-Programm. Die Regierung hat vor Wochen ein sehr ambitioniertes Programm vorgelegt. Es war nicht zuletzt der Sprecher der Grünen, Kollege Van der Bellen, der dieses Programm der Bundesregierung zum Klimaschutz ja sogar ausdrücklich öffentlich gelobt hat. Ich verstehe daher überhaupt nicht, woher Sie jetzt, ein paar Wochen später, die Dreistigkeit nehmen, dieses Programm zu kritisieren. Wie kommen Sie überhaupt auf diese Idee? Ich weiß nicht: Gibt es bei Ihnen so unterschiedliche Positionen zu diesem Thema? (Abg. Dr. Van der Bellen: Wie kommen Sie auf sowas?) Ich kann ihnen gerne die entsprechende APA-Meldung bringen, wenn Sie wollen, Herr Kollege. (Abg. Dr. Van der Bellen: Ich bitte darum!) Ich bringe sie Ihnen nachher gerne zu Ihrem Platz.

Ganz kurz noch zusammenfassend zum Thema Umweltbudget, Umweltförderung. – Ich glaube, wir haben da nicht nur ein sehr ambitioniertes Programm, was die Inhalte und die Projekte betrifft, sondern auch sehr ambitionierte Vorhaben im finanziellen Bereich. Gerade angesichts der Tatsache, dass wir sonst so zum Sparen gezwungen sind – warum, das ist bereits hinlänglich diskutiert worden –, ist es um so bemerkenswerter, Herr Bundesminister, dass es dir gelungen ist, für den Umweltbereich ein Budget in dieser Größenordnung sicherstellen zu können. 6,3 Milliarden Schilling sind keine Kleinigkeit, das möchte ich ganz besonders hervorheben. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Mag. Schweitzer. )

Eines erscheint mir auch aus Sicht der Wirtschaft in diesem Zusammenhang so wichtig, um noch einmal betont zu werden: Diese 6,3 Milliarden Schilling sind geeignet, arbeitsplatzschaffende und arbeitsplatzsichernde Investitionen in der Größenordnung von etwa 20 Milliarden Schilling auszulösen. Ich frage mich: Wo gibt es ähnlich wirkungsvolle Förderprogramme – nämlich wirkungsvoll auch in Richtung der gesamten Volkswirtschaft, in Richtung der Beschäftigungssituation – wie gerade im Umweltbereich?

Es ist etwas Besonderes, wenn man an dieser Stelle bei einer Budgetdebatte, bei der es eigentlich um Sparen, Sparen, Sparen geht, feststellen kann, dass dieses Budget sogar eine Ausweitung erfahren hat. Herr Bundesminister, herzliche Gratulation dazu, dass dir das in den Budgetverhandlungen gelungen ist! Ich bin überzeugt davon, dass wir damit eine noch bessere Umweltsituation in Österreich schaffen und für unsere gesamte Volkswirtschaft besondere Erfolge werden erzielen können. Herzlichen Dank! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

12.35

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt der Herr Bundesminister. – Bitte.

12.35

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Meine sehr verehrten Damen und Herren! Tatsächlich ist es so, dass das Umweltbudget, wie Abgeordneter Kopf gerade festgestellt hat, trotz eines restriktiven Budgetkurses ausgeweitet werden konnte. Das ist auch ein klares Signal dafür, wie wichtig diese Bundesregierung Umweltpolitik nimmt.

Die Schwerpunkte dieses Budgets liegen auf der Hand: Das ist selbstverständlich die Frage der Klimaschutzpolitik, das ist zweitens die Frage der Siedlungswasserwirtschaft, das ist drittens die Frage der Altlastensanierung, und das ist viertens die Strategie in den Nationalparks.

Weil aber heute praktisch ausschließlich über die Bilanz der Umweltpolitik dieser Bundesregierung diskutiert wurde, nehme ich dieses Stichwort sehr gerne auf, meine Damen und Herren, und möchte ganz kurz diese Bilanz ziehen.

Wir haben eine Novelle des Anlagenrechts mit UVP- und IPPC-Umsetzung beschlossen. Wie haben ein Biozidproduktegesetz beschlossen, das auf breite Zustimmung auch der Opposition


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51. Sitzung / Seite 31

gestoßen ist. Wir haben die Umwandlung des Wasserrechtsgesetzes – Stichwort Deponie – in das Abfallwirtschaftsgesetz beschlossen; eine langjährige Forderung der Umweltpolitiker. Wir haben Nationalparkgebiete ausweiten können. Neu eröffnen konnten wir den Nationalpark Thayatal. Am kommenden Samstag wird der Nationalpark Kalkalpen um 2 000 Hektar ausgeweitet.

Wir haben endlich die Alpenkonvention mit dem Verkehrsprotokoll unterschreiben können; eine langjährige Forderung vieler Umweltpolitiker. Mir ist es gelungen, uns ist es gelungen, diese Unterschrift zu leisten.

Wir haben im heurigen Jahr eine Sondertranche in der Siedlungswasserwirtschaft beschlossen, zusätzliche Mittel dafür.

Wir haben ein Elektrizitätswirtschafts- und Organisationsgesetz, das der Biomasse und Verstromung aus nachhaltigen Ressourcen einen neue, eine zusätzliche Chance bietet (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen)  – belobt übrigens von vielen, auch von Oppositionspolitikern.

Wir sind dabei, zwischen den beiden Budgetkapiteln Umwelt und Landwirtschaft die Biomasseförderung auszuweiten und zu optimieren.

Wir haben für die Altlastensanierung heuer mit der ALSAG-Novelle, die im Budgetbegleitgesetz beschlossen wurde, zusätzliche Mittel zur Verfügung stellen können.

Wir haben mit der Getränkezielverordnung einen neuen Weg beschritten, auch einen umweltpolitisch neuen Weg, meine Damen und Herren, weil, wie ich überzeugt bin, moderne Umweltpolitik aus drei Komponenten bestehen muss: aus ordnungspolitischen Maßnahmen, aus Förderungsmaßnahmen und aus Konzepten der freiwilligen Vereinbarung mit der Wirtschaft. Die viel gelobte Präsentation, Frau Abgeordnete Sima, der deutschen Kollegen zum Kyoto-Prozess zeigt, dass ein ganz wesentlicher Teil der Strategie auf freiwilligen Vereinbarungen mit den Wirtschaftsbranchen beruht. Sie können nicht das, was Sie dort loben, in Österreich kritisieren. Das ist nicht konsequent!

Nun zur Frage "Kyoto-Ziel": Ich würde auch meinen, dass wir beim Kyoto-Programm Fortschritte erzielt haben. Auch ich bin mit der Umsetzung noch nicht zufrieden, das sage ich auch ganz offen, aber dass wir beim Finanzausgleich den Fuß in die Tür gestellt haben und jetzt die Details mit den Ländern verhandeln, ist ein Durchbruch in der Kyoto-Frage. Das wissen auch Sie, Frau Abgeordnete! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Auch was Kyoto-Programm und internationale Aktivitäten betrifft: Ich konzediere, dass wir in Den Haag sehr gut kooperiert haben, aber ich bitte Sie, das, was Sie in Den Haag gesagt haben, auch hier zu sagen. Ich zitiere jetzt – ich weiß nicht, ob es wortwörtlich so gesagt wurde –: Wir sind von vielen NGOs als österreichische Vertreter gelobt worden dafür, dass wir bezüglich Kyoto erreicht haben, dass in der EU-Position Nuklearenergie aus den flexiblen Mechanismen CDM und Joint Implementation ausgeschlossen wird. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Ich meine auch, dass es letztendlich beim globalen Ergebnis, das wir, so hoffe ich, nächstes Jahr erzielen können, auch zur Verwirklichung und zum endgültigen Durchbruch kommen wird.

Ich meine, dass wir mit Kyoto ein Thema vor uns haben, wo wir alle an einem massiven gemeinsamen Strang ziehen müssen, und wir müssen auch neue Wege gehen, und zwar nicht nur betreffend die Förderung, sondern wir müssen letztendlich auch ökonomische Anreize jenseits der Förderung schaffen, wie beispielsweise Energiecontracting, wie beispielsweise Mobilitätsmanagement im Verkehr.

Abschließend: Die Nuklearpolitik dieser Bundesregierung, die Antiatompolitik ist unmissverständlich und klar, und das wird auch, Frau Abgeordnete Glawischnig, bei den Gesprächen mit der tschechischen Regierung so sein. Verlassen Sie sich daher auf die Linie der Bundesregie


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rung und nicht auf Gerüchte von der tschechischen Seite. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

12.40

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Mag. Schweitzer zu Wort gemeldet. Sie kennen, Herr Abgeordneter, die einschlägigen GOG-Bestimmungen. – Bitte.

12.40

Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kollegin Glawischnig hat bereits mehrfach behauptet, dass durch eine Schlamperei im freiheitlichen Klub ihr eine wesentliche Einladung für ein Treffen zum Thema Alpenkonvention nicht zugegangen sei und sie deshalb verhindert gewesen wäre, daran teilzunehmen.

Es lässt sich hier auch nachlesen: "Das ist ein Skandal! Schweitzer hat uns diese Einladung vorsätzlich vorenthalten."

Ich sage nicht mehr, Herr Präsident, dass es sich hiebei um eine Lüge handelt. Ich ziehe das mit dem Ausdruck des Bedauerns zurück. Ich bringe aber den Nachweis, dass es sich da um die Unwahrheit handelt, Herr Präsident.

Ich habe hier mehrere Fax-Protokolle, die beweisen, dass diese Einladung der Kollegin Glawischnig rechtzeitig zugegangen ist und sie jederzeit die Möglichkeit gehabt hätte, an diesem Treffen in Deutschland teilzunehmen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Ing. Westenthaler: Das ist unglaublich! Die Kollegin Glawischnig hat es mit der Wahrheit nicht so genau! Die Grünen insgesamt haben es mit der Wahrheit nicht so genau!)

12.41

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Sophie Bauer. – Bitte.

12.41

Abgeordnete Sophie Bauer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Zunächst einmal möchte ich schon Herrn Abgeordneten Kopf in Erinnerung rufen, dass auch die ÖVP 14 Jahre lang in der Regierung war und Sie daher die Kritik an sich selbst richten können. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Kopf: Was habe ich gesagt?)

Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Im Budget 2001 gibt es in allen Bereichen massive Einsparungen, die aber vor allem im unteren Einkommensbereich zum Tragen kommen. Festzustellen ist, dass im Kapitel 60, Landwirtschaft, nicht reduziert wird, sondern dieses Budget um 2,3 Milliarden Schilling erhöht wurde. Zusätzlich wurden aber für das Jahr 2000 noch 700 Millionen Schilling für kofinanzierte Förderungsmaßnahmen bereitgestellt.

Herr Bundesminister! Sie hätten jetzt mit den finanziellen Mitteln die Möglichkeit, einen Sockelbetrag einzuführen, der die Existenzerhaltung vieler kleinbäuerlicher Familien ermöglichen würde. Sie wissen genau, Herr Bundesminister, wie wichtig die Leistungen dieser Familienbetriebe sind, die für die Sicherung und Erhaltung attraktiver Lebens- und Erholungsräume sorgen.

Vor allem aber hätten Sie jetzt die Möglichkeit, auch zur Sicherung des Arbeitsplatzes finanzielle Mittel zur Verfügung zu stellen. Es ist für uns Sozialdemokraten unverständlich, dass Sie, Herr Bundesminister, wieder nach Hektar fördern. Dieser Meinung, meine Damen und Herren, ist auch Vizekanzlerin Riess-Passer. (Abg. Kiermaier: Da schau her!) Sie sagt laut einer Presseaussendung, dass bei den Agrarförderungen die soziale Treffsicherheit nicht gewährleistet sei, und meint, man müsse in diesem Bereich etwas tun. (Abg. Dietachmayr: Warum tut sie es nicht?)  – Ja eben. – Sie ist aber auch der Meinung, dass man den Kleinen eine Überlebenshilfe geben soll und dafür die Großen weniger bekommen sollen.

Meine Damen und Herren! Dieser Meinung widersprach aber der ÖVP-Bauernbunddirektor Franz Ledermüller. Er meinte, die Vorschläge der Vizekanzlerin für den land- und forstwirtschaftlichen Förderbereich würden lediglich mangelnde Sachkenntnisse beweisen und sich


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nahtlos in die Vielzahl der FPÖ-Besteuerungs- und Budgetkürzungspläne einfügen. (Abg. Dietachmayr: Oh! – Abg. Öllinger: Da geht es zu bei den Bauern!)

Herr Ledermüller meinte weiter, im Sinne einer konstruktiven Budget- und Wirtschaftsplanung wäre die FPÖ gut beraten, diesen Basar von unausgereiften Vorschlägen wieder zu schließen, woraufhin die Abgeordnete Theresia Zierler ihre Chefin sofort verteidigte, indem auch sie meinte: Wir müssen darauf achten, dass kleine Bauern nicht immer ärmer werden, bis sie schließlich ganz verschwinden!

Meine Damen und Herren! Auch das einfache Parteimitglied aus Kärnten sprach sich für eine soziale Staffelung der EU-Förderungsgelder für die Bauern aus und meinte: Derzeit gilt für die Bauern: Je größer – desto begünstigter. Und er sagte weiter: Wir werden nicht die Grafen im Marchfeld subventionieren (Abg. Kiermaier: Sondern die in Kärnten!) und die kleinen Bauern vor die Hunde gehen lassen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dietachmayr: Das tun sie aber!)

Meine Damen und Herren! Dies waren Aussagen der Vizekanzlerin Riess-Passer und des einfachen Parteimitgliedes Haider, die natürlich vor den steirischen Wahlen getätigt wurden. Es handelt sich also um nicht gehaltene Wahlversprechen und somit um Wählertäuschung. Und das Ganze ist nicht mehr wert als den Einwurf in den Papierkorb.

Herr Bundesminister! Es ist nach wie vor unverständlich, dass trotz der massiven Anhebung von 2,4 Milliarden Schilling erst für das Jahr 2002 oder vielleicht sogar erst für das Jahr 2003 die Bereitschaft in Aussicht gestellt wurde, die soziale Staffelung für die Bergbauern und Bauern in benachteiligten Gebieten einzuführen. (Abg. Zweytick: Da gibt es keine soziale Staffelung!)

Es liegt also an Ihnen, Herr Bundesminister, jene Versprechen, die Sie schon zur Budgetdebatte 1999, aber auch zu jener 2000 gegeben haben, nämlich die Budgetmittel sozial und gerecht zu verteilen, schon jetzt umzusetzen, damit Chancen zum Überleben für die Bergbauern und für die kleinbäuerlichen Betriebe eröffnet werden.

Herr Bundesminister! Stoppen Sie das Bauernsterben, indem Sie die Bauern endlich finanziell unterstützen! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dipl.-Ing. Pirklhuber. )

12.47

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer persönlichen Erwiderung, die möglich ist, wenn ein Mitglied des Hauses in die Darlegung eines berichtigten Sachverhaltes einbezogen wird, hat sich Frau Abgeordnete Dr. Glawischnig zu Wort gemeldet. Die persönliche Erwiderung hat sich auf eine kurze Sachverhaltsdarstellung zu beschränken. – Bitte.

12.47

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig (Grüne): Herr Präsident! Ich wurde in der tatsächlichen Berichtigung durch den Abgeordneten Schweitzer persönlich einbezogen, und ich stelle jetzt den Sachverhalt dar wie folgt:

Mir wurde am 25. September ein Schreiben des Vorsitzenden des Umweltausschusses Karl Schweitzer übermittelt. Es war eine Einladung des Deutschen Bundestages, datiert mit 1. August, in dem stand, bis zum 7. September möge die Delegation in Österreich fixiert werden. Recherchen im Nachhinein ergaben, dass in der Zwischenzeit das Treffen bereits abgesagt worden war, weil Kollege Schweitzer mit der Übermittlung des Schreibens fast zwei Monate lang zugewartet hatte. – Danke. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Kiermaier: Oje! Das ist peinlich!)


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51. Sitzung / Seite 34

12.48

Präsident Dr. Heinz Fischer: Kollege Schwarzenberger, Sie wünschen auch eine tatsächliche Berichtigung? Sind Sie gemeldet? (Abg. Schwarzenberger: Ja!) Bitte, dann haben Sie das Wort.

12.48

Abgeordneter Georg Schwarzenberger (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Frau Abgeordnete Bauer hat in ihrer Rede erklärt, dass der Sockelbetrag erst im Jahre 2002 oder im Jahre 2003 ausbezahlt würde. – Das ist falsch!

Für die Ausgleichszulage für das Jahr 2001 dient als Grundlage der Berghöfekataster, das Punktesystem und auch der Sockelbetrag. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

12.49

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Pistotnig. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte.

12.49

Abgeordneter Jakob Pistotnig (Freiheitliche): Sehr verehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe die Ehre und ich bin stolz darauf, über ein Budgetkapitel reden zu dürfen, das da Forstwirtschaft heißt. Wenn jemand in der Zwischenzeit noch nicht weiß, was das ist: Das ist jene Fläche, die 50 Prozent Österreichs ausmacht und die den Menschen Erholung bietet, die Klimaschutz, gesunde Umwelt, reine Luft und reines Wasser garantiert, und all das, wie ich meine, fast zum Nulltarif. Die Leistung dieses Waldes wird von den Menschen auch so verstanden, als stünde sie ihnen zum Nulltarif zur Verfügung.

Ich möchte Ihnen heute einen Spiegel vorhalten und eine kurze Bilanz aufstellen. Wir haben eine negative Bilanz, das sind die Verbissschäden, die von 45 auf 48 Prozent gestiegen sind und die nachweislich auf die Stresssituation des Wildes zurückzuführen sind. Weil es im Wald durch die vielen Erholung suchenden Menschen wenig Ruhe gibt, geht das Wild bei Tag nicht mehr heraus und schädigt so die Kulturen. Ebenso sind die Schälschäden um 77 Prozent mehr geworden, und das ist ein 1 500-Hektar-Totalschaden, was einen immensen Wert darstellt.

Positiv ist die Situation in der Forstwirtschaft. Es wurden 14,1 Millionen Festmeter Holz geerntet. Das sind 0,5 Prozent mehr, wobei die Kleinwaldbesitzer um 2,6 Prozent mehr geerntet haben, die Bundesforste waren daran mit 1,87 Millionen Festmetern, das sind 13,3 Prozent der gesamten Ernte in Österreich, beteiligt.

Der Gesamtumsatz, den der Wald gebracht hat, sind 30,7 Milliarden Schilling. Das entspricht einer Steigerung um 16 Prozent. Erstmals haben wir damit um rund 4 Milliarden Schilling mehr erwirtschaftet als die gesamte Tourismuswirtschaft.

Von 27,3 Millionen Festmetern werden nur 70 Prozent genutzt, Herr Kollege Pirklhuber, womit auch widerlegt sein sollte, dass im kleinbäuerlichen Wald Kahlschläge erfolgen. Im Gegenteil: Es wächst wesentlich mehr zu, als geerntet wird.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir setzen voraus, dass das alles selbstverständlich zum Nulltarif geht, und ich darf Sie daher heute hier auch fragen: Wissen Sie, dass ein Baum, den man pflanzt, 100 Jahre wachsen muss, gepflegt werden muss, damit er dann einen Wert von rund 1 500 S repräsentiert? Haben Sie schon einmal einen Baum gepflanzt? Haben Sie schon einmal versucht, eine Kultur hochzubringen? Ich bezweifle das. Die wenigsten haben das gemacht. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Haben Sie schon einmal einen Kilometer Forstweg gebaut, der 300 000 S in der Errichtung kostet und bei dem der jährliche Aufwand der Erhaltung rund 30 000 S ausmacht? – Für die Bürger ist das ebenfalls zum Nulltarif.

Ein altes Sprichwort sagt: Was nichts kostet, ist nichts wert. – Damit komme ich zum Budget, und hier schlägt sich das Forstbudget mit einem Prozent des gesamten Agrarbudgets nieder, das heißt, vom Bund kommen 280 Millionen Schilling für Gesamtösterreich. Wenn man zu diesen nationalen Mitteln noch die EU-Mittel dazugibt, dann werden es 402 Millionen Schilling sein. Das ist weniger als im vorigen Jahr.


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51. Sitzung / Seite 35

Herr Bundesminister! Selbstverständlich würde der Forst wesentlich mehr Geld brauchen. Wir verstehen Ihre schwierige Situation, verstehen Sie aber auch unsere Situation. Wir haben sehr viel zu bezahlen, und es wären dringendst mehr Mittel notwendig, denn wenn man nur 400 Millionen Schilling zur Verfügung hat und es werden einem davon noch 20 Millionen Schilling weggestrichen, dann tut das besonders weh. Nehmen Sie daher dieses geringe Budget bitte als Beitrag der Forstwirte, nehmen Sie das als deren Solidaritätsleistung zur Budgetsanierung. Ich hoffe, dass in zwei Jahren dann auch für die Forstwirtschaft wieder mehr drinnen sein wird.

Meine Damen und Herren! Ich habe hier in diesem Hohen Haus die Erfahrung gemacht, dass Ihnen der Forst immer dann etwas wert ist und Sie bemerken, dass es etwas kosten soll, wenn zum Beispiel eine Debatte über die Bundesforste stattfindet, weil der Verkauf von 3 Prozent der Bundesforste auch dazu beitragen soll, dass dieses Budget saniert wird. Ich darf Ihnen sagen, wie ein Bauer darüber denkt, und zitiere aus einem Leserbrief. Dieser Bauer schreibt:

"Zu den Waldverkäufen der Österreichischen Bundesforste rate ich den Gegnern dringend zur Rückkehr zur Realität.

Die Aussagen gewisser politischer Funktionäre von Ausverkauf, Einzäunungs-, Betretungsverbot und Kahlschlag der Wälder sind Zeugnis laienhafter Argumentation und Unverstandes.

Die Tatsache ist, dass, im Forstgesetz 1975 verankert, jede Person den Wald zu Erholungszwecken betreten darf. Weiters frage ich die Gegner, wo es bei privatem Wald, und das sind 80 Prozent der Waldfläche Österreichs, Einzäunungen gibt.

Das Schreckgespenst der Kahlschläge ist genauso ein an den Haaren herbeigezogener Unsinn, da die Herrschaften anscheinend noch nie etwas von den Regulierungsplänen der Forstämter gehört haben." (Abg. Dipl.-Ing. Pirklhuber: Kollege Pistotnig! Erinnern Sie sich an die Unterlage, die ich Ihnen gezeigt habe!)

Und weiters heißt es: "Um bei der Realität zu bleiben, 3 Prozent der Waldfläche der Österreichischen Bundesforste sollen verkauft werden, möglichst kleinflächige Randlagen an bäuerliche Kaufwerber, die ein Garant für eine ordentliche Bewirtschaftung des Waldes sind. Das ist meine unmissverständliche Meinung." (Abg. Kiermaier: Das schauen wir uns genau an!)

"P.S.: Die Herren der SPÖ sollten lieber den Boden des österreichischen Waldes küssen und die Republik nicht brennen lassen, sonst könnte auch unser Wald noch Feuer fangen."

Kein Kommentar zu diesem Zitat. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

12.56

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Moser. – Bitte.

12.56

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Meine Damen und Herren! Als aufmerksame Leserin der monatlich erscheinenden Zeitschrift "Der oberösterreichische Jäger" darf ich Ihnen, Herr Kollege, erwidern: Der Herr Landesjagdmeister in Oberösterreich weist in seinem Vorwort der Ausgabe vom vergangenen August höchstpersönlich darauf hin, dass sehr wohl der Wildverbiss ein Hauptelement ist, das verantwortlich ist für den Zustand, für den schlechten Zustand der Wälder, vor allem auch der Schutzwälder.

Herr Kollege! Lieber Vorredner! Sie hätten ruhig ehrlich sein können und nicht den Stress des Wildes auf Grund verstärkter Freizeitaktivitäten als Hauptfaktor nennen, sondern ganz klipp und klar sagen sollen: Ja, auch die Jäger sind schuld, weil sie einfach das Wild zu stark füttern, weil es beim Wild einen Überbestand gibt, weil es keine Abschusspläne gibt. (Abg. Zweytick: Das stimmt ja nicht! Es gibt gesetzliche Abschusspläne!) Das nur als Fußnote zu dem, was Sie hier bemerkten, und als wesentliche Ergänzung und vor allem als Ausdruck der Wertschätzung für die oberösterreichische Jagdzeitung, weil man hier einen sehr guten Einblick in die Tiefenpsy


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51. Sitzung / Seite 36

chologie gewisser Kreise erhält. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Auer: Der Hans Reisetbauer wird es Ihnen danken!) Ja, ich kenne ihn auch persönlich. Danke!

Jetzt aber zum eigentlichen Thema, zum Kernthema: Herr Minister! Es geht bei diesem Budgetkapitel um das Wesentlichste überhaupt, nämlich um den Kern der Lebensinteressen aller Österreicherinnen und Österreicher, um den vitalsten aller Lebensbereiche. Es geht um strahlenfreie Zukunft, es geht um Beibehaltung der Klimasituation, es geht um gesunde Ernährung, es geht um gesundes Wasser. Das sind die Kernbereiche des Lebens jedes Einzelnen. Deswegen sollte dieser Bereich viel zentraler diskutiert werden, also nicht unter dem Haupttitel Landwirtschaft (Beifall bei den Grünen), sondern unter folgendem Titel: Sicherung der Lebensgrundlagen, Sicherung der Umwelt, Sicherung der Rahmenbedingungen auch für die Wirtschaft und vor allem für die Menschen in diesem Land.

Ihre Antwort hier war teilweise – ich sage teilweise – sehr defensiv. Sie haben in Ihrer ersten Stellungnahme festgehalten, es gelte, Fehlentwicklungen zu korrigieren. Ich glaube es Ihnen aufs Wort. Sie versuchen wahrscheinlich sehr wohl, innerhalb der EU gewisse Fehlentwicklungen in Richtung des industriellen Landwirtschaftsbereiches, in Richtung des Zu-kurz-Kommens des Klimaschutzes zu korrigieren, doch was mir fehlt und was meine KollegInnen schon sehr deutlich gesagt haben, das sind entschiedenere und herzhaftere Offensivkonzepte und Umsetzungsschritte.

Ich gestehe ein, dass teilweise umgesteuert wird, dass es teilweise auch positive Ansatzpunkte gibt, aber unter dem Strich fehlt meiner Meinung nach Wesentliches. Ich wiederhole es noch einmal: Ich vermisse in der Atompolitik ein herzhaftes Vorgehen gegenüber unserem Nachbarn. Dieser Deal, der sich da abzeichnet, Herr Minister, wird vom Herrn Bundeskanzler getragen, ich hoffe, nicht von Ihnen, und ich hoffe, dass Sie korrigierend eingreifen. Ich hoffe, dass Sie gerade in Zusammenarbeit mit dem oberösterreichischen Landeshauptmann die Versprechen, die Ihr Kollege in Oberösterreich gegeben hat, auch für sich als verpflichtend erachten und da wirklich couragiert und als Korrektiv ans Werk gehen, wenn es zu Verhandlungen über eine UVP kommt. Eine UVP muss das gesamte Atomkraftwerk umfassen und muss vor allem einen Betriebsstopp als Voraussetzung bieten, sonst ist es für uns nicht akzeptabel. (Beifall bei den Grünen.)

Ich baue auch darauf, dass Sie beim Energiekapitel bei den EU-Beitrittsverhandlungen nach wie vor einen Fuß in der Tür haben und diesen Fuß nicht aus der Tür nehmen, sodass uns die Möglichkeit, Druck auszuüben und auch Verhandlungsangebote an unsere tschechischen Nachbarn zu überreichen, noch offen steht. Das ist sehr wesentlich.

Nächster Bereich: Klima. Herr Minister, keine Frage: Biomasse wird etwas gefördert, aber sie muss noch mehr gefördert werden. Aber: Sie beziehungsweise der Herr Finanzminister haben eine Chance vergeben; vielleicht waren Sie dabei zu wenig am Drücker. Der Finanzausgleich ist ausverhandelt, und jetzt müssen Sie nachverhandeln. Und das Unangenehme bei allen Verhandlungen ist: Wenn bereits etwas paktiert ist, dann tut man sich bei Nachverhandlungen sehr schwer.

Wie wollen Sie denn die werten Landeshauptleute, die werten Landesfinanzreferenten dazu bringen, dass sie von den Milliarden an sozusagen zweckfrei gestellten, frei gegebenen Wohnbaufördermitteln jetzt generös zumindest 4 Milliarden Schilling pro Jahr für ganz Österreich umwidmen, umwidmen in ein offensives Kyoto-Programm? Mit welchen Instrumenten im Fenster, mit welcher Rute im Fenster drohen Sie den Landesfinanzreferenten, drohen Sie den Landeshauptleuten, wenn Sie ihnen schon den Weg frei gegeben haben, wenn sie freie Bahn haben, wenn die Zweckwidmung der Wohnbauförderung aufgehoben worden ist? (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn übernimmt den Vorsitz.)

Sie haben das getan, ohne zu junktimieren, ohne etwa zu verlangen: Ihr steckt 4 Milliarden Schilling in den Klimaschutz! – Das ist unsere Kritik. Das war vielleicht auch Ihr Fehler. Vielleicht haben Sie sich da zu wenig bei Ihrem Kollegen, bei Herrn Minister Grasser durchgesetzt. Sie hätten sich vielleicht leichter durchsetzen können, als Sie meinen, auch bei Ihren Parteikollegen,


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die ja größtenteils die Landeshauptleute und die Landesfinanzreferenten stellen. (Beifall bei den Grünen.)

Der nächste Lebensbereich, der auch in Ihren Händen liegt, ist das Grundwasser, ist daher zum Teil auch das Trinkwasser. Herr Minister, ein kleines Detail am Rande: Nach meinem Wissen – ich gebe es ehrlich zu, ich habe es nicht überprüft – sind Sie uns die Verordnung über die Maßnahmen, die der Landeshauptmann erlassen kann – § 33f Wasserrechtsgesetz –, noch schuldig.

Wie kann ein Landeshauptmann in Richtung Grundwassersanierung agieren, wenn ihm die entsprechenden Maßnahmen von Ihrer Seite her vorenthalten werden? Da fehlt die Verordnung! Es gibt seit Juli – ich glaube, es war der 7. Juli – den Beschluss über die Novelle zum Wasserrechtsgesetz, § 33f, aber für die Umsetzung fehlt uns noch immer das entscheidende Instrument. Das liegt in Ihrer Hand! Damit könnten Sie eine Fehlentwicklung korrigieren. Bitte, tun Sie es! Tun Sie es schleunigst und tun Sie es schnell! (Beifall bei den Grünen.)

Zum Schluss noch zum Kernthema der letzten Wochen, zu dem, was leider Kernthema der letzten Wochen war, nämlich zum Bereich Ernährung, zum Bereich BSE. – Gott sei Dank sind wir in Österreich in diesem Punkt besser dran. Der Hintergrund ist von Ihnen, Herr Minister, schon dargelegt worden: Wir haben eine anders strukturierte Landwirtschaft. – Aber wir könnten diese anders strukturierte Landwirtschaft noch viel besser anders strukturieren, wenn wir noch viel offensiver auf die Bioschiene umsteigen könnten!

Die Zahlen, die mein Kollege Pirklhuber genannt hat, zeigen es ja ganz deutlich: Eine halbe Milliarde der Förderungsmittel kommen einem sehr kleinen Bereich, nämlich 250 Betrieben in Österreich zugute. Dieses Missverhältnis spiegelt genau das Missverhältnis zwischen Erster Welt und Dritter Welt wider! In der österreichischen Landwirtschaft ist die Dritte Welt sozusagen der Großteil der Klein- und Mittelbetriebe, und die Erste Welt sind diese 250 Vorzeigebetriebe oder Großbetriebe oder Industriebetriebe – egal, wie man sie bezeichnet. "Landwirtschaftsbetriebe" kann man sie jedenfalls kaum mehr nennen.

Diesen Industriebetrieben geben Sie die meisten Mittel, obwohl sie schon genug haben. Den anderen Betrieben, den Klein- und Mittelbetrieben, geben Sie nicht so viel, obwohl sie es brauchen würden und obwohl das der Weg der österreichischen Landwirtschaft ist, den Sie in der EU – so hoffe ich zumindest – immer wieder als Zukunftsimpuls thematisieren.

Warum geben Sie zu Hause nicht mehr? Das ist der entscheidende Punkt für mich, und da werden Sie Ihre Glaubwürdigkeit verstärkt unter Beweis stellen müssen. (Beifall bei den Grünen.)

Zur Frage der Glaubwürdigkeit im Zusammenhang mit der Ernährung. – Herr Minister! Sie wissen genau, dass Kontrolle und Kennzeichnung das A und O für das Vertrauen und für die Sicherheit der Konsumentinnen und Konsumenten sind. Diesbezüglich können Sie in Österreich etwas tun, hier können Sie Fehlentwicklungen selbst korrigieren.

Aber was machen Sie? – Sie konzipieren ein Bundeslabor und dünnen dadurch die Kontrollmöglichkeiten aus. Sie selbst haben in einer Anfragebeantwortung mitgeteilt, dass das UBA eine Globalbudgetierung hat, ein ausgegliederter Betrieb ist. Ähnliches droht dann auch den ausgegliederten Kontrollinstanzen, sei es im veterinärmedizinischen Bereich oder bei der Lebensmittelkontrolle. Tun Sie da selbst etwas! Verstärken Sie nicht eine Fehlentwicklung oder korrigieren Sie sie nicht nur, sondern eliminieren Sie diese Fehlentwicklung in der Ausgliederungsstrategie dieser verschiedenen Kontrolleinrichtungen!

Abschließend möchte ich Ihnen, was die Kennzeichnung anlangt, einen konstruktiven Vorschlag machen, damit die österreichische Produktion im Sinne der österreichischen Landwirtschaft von den österreichischen KonsumtenInnen auch verstärkt wahrgenommen wird.

Ich möchte einen


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Entschließungsantrag einbringen und ersuche alle KollegInnen von ÖVP, SPÖ und FPÖ, diesem Antrag zuzustimmen.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde betreffend Einführung einer verpflichtenden, klaren und transparenten Kennzeichnung von tierischen Produkten

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird ersucht, unverzüglich die Einführung einer verpflichtenden, klaren, transparenten Produktkennzeichnung von tierischen Produkten nach einem ganzheitlichen Konzept, das die wesentlichen Einflussbereiche wie Bodenbewirtschaftung, Tierhaltung, Zucht, Tierfütterung, Transport und Schlachtung bewertet, zu veranlassen.

*****

Herr Bundesminister! Sie sind das den KonsumentInnen schuldig. Wir wollen österreichische Qualität kaufen, aber wir wollen wissen, was wir kaufen! Bitte, nehmen Sie diesen Antrag an, sonst bleibt Ihre Politik auf der Placeboebene, die da heißt: "Rindfleisch essen gehen zum Plachutta." – Das ist uns zu wenig! (Beifall bei den Grünen. – Zwischenrufe der Abgeordneten Schwarzenberger und Zweytick. )

13.06

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Moser, Freundinnen und Freunde ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Auer. Die Uhr ist wunschgemäß auf 5 Minuten eingestellt. – Bitte.

13.06

Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Budgetkapitel Landwirtschaft führt, wie fast immer, zu einer Auseinandersetzung über eine gewünschte Bewirtschaftung auf dem Lande: hier die kleinstrukturierte, überschaubare Produktion, qualitativ einwandfrei, grün, klein und nett, ein paar Kühe, freilaufende Henderln, eine paar lieb kratzende Schweinderln, blühende Wiesen, zufriedene Bauern und Bäuerinnen – mit einem Wort: die heile Welt. Die heile Welt wird uns hier von einer Seite vorgebetet.

Meine Damen und Herren! Von den Grünen kommen Vorwürfe wie: die Massenproduktion, der große Moloch, die unfaire Verteilung der Geldmittel.

Ich behaupte, meine Damen und Herren: Österreichs Landwirtschaft ist ökologisch orientiert, ist überschaubar und ist sich der Verantwortung bewusst. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ und den Grünen.)

Nun ein paar Fakten, die das untermauern sollen. Durchschnittliche Anzahl der Milchkühe je Betrieb in der EU: Österreich: 8,4, Großbritannien: 70 Stück, meine Damen und Herren! – Oder: der Schweinebestand. In Österreich werden pro Betrieb durchschnittlich 38 Schweine gehalten; in den Niederlanden: 723 Stück!

Meine Damen und Herren! Das ist die Realität, und mit entsprechend niedrigen Preisen hat sich der österreichische Bauer auseinander zu setzen, ob es ihm passt oder nicht! (Abg. Dr. Petrovic: Den durchschnittlichen Bauern gibt es nicht!)

Meine Damen und Herren! Ich behaupte, solange die Handelsketten, die Supermärkte Fleisch und Milch als Lockangebote anpreisen, so lange können wir hier soviel Agrarpolitik machen, wie wir wollen, wir sind auf Gedeih und Verderb dieser Machtkonzentration des Angebotes dieser Handels- und dieser Supermarktketten ausgeliefert! Und der Konsument lässt sich pflanzen und wird auf Dauer die Zeche bezahlen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP. – Abg.


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Dipl.-Ing. Pirklhuber: Aber die Rahmenbedingungen! Sie müssen in Wahrheit die Rahmenbedingungen verändern, das ist es eben!)

Realität ist auch Folgendes, Herr Kollege Pirklhuber: In Österreich betragen die Produktionskosten für ein Kilo Weizen 2,40 S. Ich führe jetzt gar nicht die billigsten Produktionsstätten wie Argentinien, Ungarn oder andere an. Aber vergleichen wir mit Deutschland-Ost: 1,61 S. Und der Produktpreis in Österreich beträgt in etwa über den Daumen 1,50 S bis 1,55 S. (Abg. Dipl.-Ing. Pirklhuber: Weil der Produktionsausgleich ...!)  – So schaut es in der Realität aus!

Meine Damen und Herren! All jenen Kritikern, welche meinten, die EU-Agrarpolitik habe versagt, sei auch gesagt: Das wird sicherlich in manchen Bereichen stimmen, aber da muss man eben dabei sein, um dort etwas verändern zu können. Das ist die einzige Chance, die es gibt, um positive Veränderungen herbeizuführen! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dipl.-Ing. Pirklhuber: Das müssen Sie Frau Achatz sagen!)

Ein weiterer Punkt: Gerade von Ihrer Seite (der Redner blickt in Richtung SPÖ)  – ich verstehe das; das ist aus der Sicht der Opposition, aufgrund dessen, dass man nicht mehr in der Regierung ist, vielleicht auch verständlich – wurde erklärt, die Bauern hätten beim Budget positiv abgeschnitten (Abg. Brix: Nicht alle!), und zugunsten der Großbauern müsste der Arbeitnehmer, der so genannte kleine Mann bezahlen. – Wie schaut denn die Einkommensentwicklung des Industriearbeiters im Verhältnis zur Landwirtschaft aus? (Der Redner hält eine Graphik in die Höhe.)  – Ich kann nur sagen: Wir Bauern würden uns wünschen, dass es bei uns ähnliche Entwicklungen gäbe, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.) Der österreichische Bauer ist in allen Agrarmärkten dem Wettbewerb ausgesetzt. Aber wo der Wettbewerb nicht funktioniert, das sind die Betriebskosten, meine Damen und Herren. Wie schaut es denn tatsächlich aus, wenn ich als Bauer 1 000 Kilo Soja-Schrot kaufe, 1 000 Kilo Handelsdünger und vielleicht 500 Liter Dieseltreibstoff? Wie schaut denn da der Preis aus im Vergleich dazu, wenn ein Großbetrieb in ostdeutschen Ländern 100 000 Liter Diesel auf einmal kauft? Wie schaut es denn aus mit dem Strompreis in Österreich? Wer erhält denn sofort den Rabatt? Der, der die große Menge bezieht, oder der, der die kleine Menge bezieht?

Wie schaut es denn bei vielen anderen Vergleichen aus? Der kleine Bauer hat nie die Chance, die gleichen Preise verrechnet zu bekommen wie jemand, der in größeren Einheiten kauft. Und wie schaut es denn tatsächlich beim Verkauf von Tieren aus, meine Damen und Herren? Der kleine Bauer mit 5 Schweinderln, die er verkauft, erhält doch einen wesentlich schlechteren Preis als jemand, der 100 Stück auf einmal liefern kann, weil der Transportunternehmer oder die Fleischindustrie in diesem Fall nur einen Betrieb anfahren muss, um einen LKW-Zug voll zu kriegen. – Das ist die Realität, und daher sind die Träumereien, die durchaus wünschenswerten idealistischen Vorstellungen etwas von gestern! Opas Landwirtschaft ist leider tot, die gibt es nicht mehr, meine Damen und Herren!

Sehr oft wird von der Wirtschaft und von der Industrie Effizienz gefordert. Und in diesem Spannungsfeld hat der Bauer zu bestehen. Wie es ihm geht, das sieht man, und der Konsument wird die Zeche auch mitbezahlen. Das Stichwort BSE sollte uns allen genügen, meine Damen und Herren. Österreich hat dagegen zeitgerecht Maßnahmen gesetzt, bezahlt aber jetzt genauso die Zeche wie die anderen EU-Länder, wo man nicht hören wollte. Ein anderes Beispiel sind die französischen Futtermittel, denen man Öl, Altöl beigemischt hat, oder Futtermittel in Luxemburg, in denen Dioxine gefunden wurden.

Meine Damen und Herren! Oder (der Redner hält einen Zeitungsartikel mit der Überschrift "Koteletts aus dem 4. Stock" in die Höhe): Wie schaut es denn aus bezüglich der neuen Vorstellungen in Holland, wo man in einem so genannten Deltapark in sechs Stockwerken 300 000 Schweine, 200 000 Legehühner und eine Million Masthähnchen füttern möchte?

Meine Damen und Herren! Ich bitte Sie, meine Damen und Herren, und auch unseren Herrn Bundesminister, in der EU darauf hinzuweisen. Mich interessiert von der EU nicht, wie zum Beispiel der Traktorsitz beschaffen sein muss, mich interessiert auch die Verordnung zur Gurken


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krümmung nicht, mich interessiert dieser Punkt! (Der Redner verweist auf den oben angeführten Zeitungsartikel.) Da ist einzuschreiten, und dagegen sind Maßnahmen zu setzen!

Meine Damen und Herren von der SPÖ! Wie gesagt: Wir müssen in der EU dabei sein, um in diesen Fragen Veränderungen herbeizuführen. Ich bin optimistisch, denn unser Bundesminister Molterer hat bereits in vielen Bereichen für Veränderungen gesorgt und hat Dinge zuwege gebracht, die sich heute anders darstellen, als sie ursprünglich geplant waren.

Meine Damen und Herren! Herr Bundesminister! Es gäbe auch die Notwendigkeit, im Hinblick auf die Klärschlammentsorgung Maßnahmen zu setzen, damit sich nicht auch das eines Tages als tickende Zeitbombe auswirken kann. Es geht nicht darum, nur der billigen Entsorgung das Wort zu reden, sondern zu hinterfragen: Wie schaut das aus? Welche unbekannten Gefahren schlummern in diesen Bereichen? Kann mit absoluter Sicherheit gewährleistet werden, dass nicht eines Tages der Bauer mit seinem Boden nicht mehr tun kann, was er will, weil diese Entsorgungsproblematik sich negativ auswirken kann?

Abschließend habe ich eine Bitte an Sie, Herr Bundesminister. Es gäbe ein Forschungsprojekt über die Phytosanierung. Es geht darum, Einsatzmöglichkeiten der Phytotechnologie zur Reinhaltung von Stoffströmen und zur Sanierung von Böden, Wässern, Schlämmen und organischen Reststoffen zu erarbeiten. Da nach diesem Kapitel das Kapitel "Technologie" auf der Tagesordnung steht, Herr Bundesminister, wäre es notwendig, mit Ihrer neuen Kollegin, Frau Bundesministerin Forstinger, entsprechende Maßnahmen für einen Pilotversuch zu erarbeiten.

Herr Bundesminister! Ich bitte Sie, sich hiefür wirklich einzusetzen, damit ein derartiges Projekt in die Wege geleitet werden kann. Vielleicht wäre es möglich, ein neues Produktionsfeld für die Landwirtschaft zu erschließen und unter dem Stichwort "Phytovalley" in die Tat umzusetzen.

Dem Budgetkapitel "Landwirtschaft" stehen wir trotz aller Schwierigkeiten, trotz aller Zwänge der Budgetsanierung durchaus positiv gegenüber und können ihm zustimmen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

13.15

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Brix. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

13.15

Abgeordneter Otmar Brix (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Die Darstellung des Herrn Bundesministers zum Budget und die Argumentation, die die drittstärkste Partei in diesem Lande dauernd gebraucht, um zu betonen, dass sie das Budget sanieren will, ist eine sehr subjektive, meine Damen und Herren.

Tatsächlich ist es so, dass Sie von der Regierungskoalition zwei Dritteln der Österreicherinnen und Österreichern sehr tief in die Tasche greifen, um ihnen Geld wegzunehmen und es besonders Privilegierten – und dazu gehören auch die privilegierten Großbauern in der Landwirtschaft (Abg. Hornek: Häupl!)  – zu geben. Sie machen eine Umverteilung von unten nach oben, indem Sie die Österreicherinnen und Österreicher schwächen, indem Sie ihnen das Geld wegnehmen. Das ist Ihre Finanzpolitik, für die Sie eintreten und zu der Sie sich auch bekennen! (Beifall bei der SPÖ.)

Sie wissen anscheinend nicht, wer eigentlich die Betreiber in der alten Regierung waren, die dafür gesorgt haben, dass die Schulden so deutlich angestiegen sind. (Abg. Zweytick: Das wissen wir schon! Minister Edlinger sitzt ohnehin da drüben!) Nehmen Sie sich einmal Ihre Regierungsprotokolle zur Hand und schauen Sie nach, ob es eine einzige Sitzung des Ministerrates gegeben hat, in der es keine Einstimmigkeit gegeben hat! Schauen Sie einmal dort nach, und dann zeigen Sie das den Österreichern und sagen Sie ihnen, was Sie in Wahrheit mit ihnen vorhaben und wie Sie vorher gewirtschaftet haben! Ihnen geht es darum, die Österreicher zu schröpfen und Großbauern im Ausmaß von 1,3 Milliarden Schilling zu bevorzugen. Das ist die Politik der Österreichischen Volkspartei mit ihrem Regierungspartner, den Freiheitlichen!


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Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Wenn Sie die Landwirtschaftspolitik nur ein bisschen ernst nehmen würden – ernst auch im Sinne des Klimaschutzes –, dann würden Sie für jene Landwirte eintreten, die wirklich ehrliche Politik machen, die wirklich das produzieren, worauf wir in Österreich so stolz sind, worauf auch ich stolz bin, wenn ich am Samstag zum Fleischhauer einkaufen gehe, dann würden Sie der biologischen Landwirtschaft verstärkt die Möglichkeit geben, auch zu liefern, und würden sie besser fördern.

Die Wiener Betriebe, die im Rahmen des Klimaschutzprojektes Bioprodukte aus regionaler Erzeugung nach Wien hereinholen – für Kindergärten, für Spitäler und so weiter –, sollten Sie mehr fördern. Aber was machen Sie, Herr Bundesminister? – Sie kürzen diese Projekte einfach um 20 Prozent. Ihnen ist der kleine, ehrliche Bauer nicht so viel wert wie der große. (Abg. Zweytick: Das sagen nur Sie!) Für Sie gilt: noch mehr für den Großen, und den kleinen Bauern noch mehr schröpfen, wie überall in Österreich. (Beifall bei der SPÖ.)

Kollege Auer hat davon gesprochen – und ich gebe dir darin schon Recht –, dass die Macht bei den Supermärkten liegt. Aber ihr habt euch ja einen klassen Partner ausgesucht! Dort sitzt doch auch Herr Veit Schalle. Vielleicht könntet ihr mit diesem Partner sprechen, damit er einmal darüber nachzudenken beginnt, ob er den Bauern nicht helfen könnte. Ich bin sehr dafür, dass man den Bauern hilft, aber ich bin ehrlich dafür, und ich weiß, dass auch du ehrlich dafür bist. Aber sprecht einmal mit diesem Partner darüber, wie man den Bauern helfen kann! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Auer: Lieber Freund, das war beim "Konsum" nicht anders, das war dort um nichts besser! 20 Milliarden in den Sand gesetzt! – Abg. Schwarzenberger: Das war beim "Konsum" um keinen Deut besser!)

Meine Damen und Herren! Herr Bundesminister! Ich komme nicht darum herum, wieder zwei Beispiele aus meiner Heimatstadt zu bringen. Sie wissen, Herr Bundesminister, wir haben 439 Betriebe auf 185 Hektar Gewächshausfläche. Sie kennen die große Sorge um die Heizkosten. Sie wissen, dass diese Betriebe europaweit nicht mehr konkurrenzfähig sind, wenn man ihnen nicht hilft. Die Stadt Wien hat ihnen einmal geholfen: für alle Wiener Betriebe, die Fernwärme haben, hat man den Fernwärmepreis deutlich gesenkt. Das ist ökologisch das Beste und ist auch sehr ökonomisch. Was geschieht aber mit den anderen Preisen? (Abg. Zweytick: Mit Biomasse heizen! – Abg. Auer: Vorschlag: Heizkosten senken mit Biomasse! Eine Chance für den Klimaschutz! Aber ein bisschen mehr Arbeit haben sie!)

Das Zweite. Wenn man diesen Betrieben schon auf diese Weise nicht helfen kann, Herr Bundesminister, dann gelingt es Ihnen vielleicht aber – oder vielleicht auch jener Partei, die schnell bei der Hand ist, den Bundespräsidenten zu beleidigen, aber trotz aller Schnelligkeit noch immer keinen Weg gefunden hat, sich beim Bundespräsidenten schnellstens zu entschuldigen –, für diese Wiener Erwerbsgärtner eine Möglichkeit zu schaffen, wenigstens Arbeitskräfte zu bekommen, damit sie ihre Produktion ernten können.

Sie wissen genau, dass wir Arbeitskräfte aus dem Ausland brauchen. (Abg. Auer: Jetzt kriegen sie etwas!)  – Nein, Sie wissen, die kriegen nichts. Da verfault der Radi, obwohl er jetzt aus dem Glashaus gehört. Na kommt heraus und schaut es euch an! Da gibt es Gurken, die man jetzt setzen müsste. Man kann sie aber nicht setzen, weil man keine ... (Abg. Schwarzenberger: Nur im Verhältnis zu den ...!)

Ich bringe Sie, Herr Bundesminister, zu den Betrieben. In diesen Betrieben wartet man auf Arbeitskräfte. Aber ich weiß schon, da die FPÖ diesbezüglich restriktiv vorgeht und ihr das machen müsst, damit Schüssel Bundeskanzler bleibt, dann muss alles geschehen – ganz egal, wer aller draufzahlt, auch die Wiener Gärtner. Aber was kümmern Sie schon rund 500 Gärtnerfamilien? (Abg. Auer: Die sind genauso wichtig!) Was kümmert Sie das schon? – Das ist egal, genauso wie es Ihnen auch beim Budget egal ist. Leider Gottes! (Beifall bei der SPÖ.)

Es wären noch einige Anmerkungen zu machen, zum Beispiel zum Altlastengesetz, bei dem die Novellierung jetzt derart durchgeschlagen hat, dass die mechanisch-biologischen Betriebe nicht gefördert werden, obwohl das für die Mülltrennung gescheit wäre.


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Es wäre auch sehr wichtig, etwas zum Thema Wasser zu sagen, aber es wird noch genug Möglichkeiten geben, das aufzuzeigen.

Herr Bundesminister! Die Unterstützung für unsere Bauern ist von unserer Seite aus gegeben. Wir werden Sie, ob das Gärtner oder ob das bäuerliche Betriebe sind, unterstützen. Aber mit einer Landwirtschaftspolitik, die jetzt davon ausgehen muss, dass nur die Großen unterstützt werden und den Kleinen etwas weggenommen wird, werden wir uns kritisch auseinander setzen. Dazu wird es auch von uns keine Zustimmung geben. (Beifall bei der SPÖ.)

13.21

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ing. Fallent. Die Uhr ist wunschgemäß auf 6 Minuten gestellt. – Bitte.

13.22

Abgeordneter Ing. Gerhard Fallent (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! (Abg. Leikam: Da werden die Ottakringer eine Freude haben!) Visionen, die von vielen Menschen gleichartig und gleichzeitig als Ziele erkannt werden, sind dazu angetan, neue Systeme zu schaffen. Dabei spielen Information, Wissen und Bewusstsein eine große Rolle.

Neben der Politik kommt auch den Medien große Bedeutung zu. Eine verantwortungsvolle und engagierte Berichterstattung ist wichtig. Dr. Hans Kronberger hat dies erkannt und verlieh am 30. November zum vierten Mal den Hans-Kronberger-Umweltjournalistenpreis. Dieser Preis wird für hervorragende Berichterstattung im Umweltbereich verliehen und ist mit 150 000 S dotiert. Ich gratuliere Dr. Hans Kronberger dazu, dass er diesen Preis ins Leben gerufen hat, gratuliere den Gewinnern und danke dafür, dass Dr. Kronberger diesen Preis auch selbst finanziert hat.

Auch mir ist es ein großes Anliegen, anhand von Beispielen zu arbeiten, visionäre Wege aufzuzeigen und zu suchen sowie diese mit Hilfe der Medien der Öffentlichkeit zu präsentieren. Journalismus darf nicht nach den Grundregeln, dass nur schlechte Nachrichten gute Nachrichten sind, ablaufen, sondern es ist bewusst Augenmerk darauf zu legen, positive Beispiele zu transportieren.

Vizekanzlerin Dr. Susanne Riess-Passer unterstrich bei ihrer Festrede anlässlich der Preisverleihung die Bedeutung der Umwelt- und der Klimapolitik. Sie sagte wörtlich: Umweltpolitik ist der zentralste Zukunftsbereich. – Zitatende.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Umweltschutz bedeutet neue Technologien und Chancen, eine zukunftsfähige Wirtschaft, moderne Arbeitsplätze für alle und Chancengerechtigkeit in unserer Gesellschaft. Jetzt liegt es an uns, diese Chancen aufzugreifen, vorne dabei zu sein und der Photovoltaik, Windenergie, Biomasse, Wasserkraft sowie Wasserstofftechnologie und Brennstoffzellen zum Durchbruch zu verhelfen.

Um Arbeit zu schaffen, müssen wir den Faktor Arbeit entlasten. Um Ressourcen zu schonen, müssen wir nicht erneuerbare Ressourcen belasten. Ich werde mich dafür einsetzen, dass zukunftsfähige Politik von Ökobonussystemen in den verschiedensten Bereichen geprägt ist. Es muss uns gelingen, die positiven Beschäftigungseffekte zu nutzen und dadurch das österreichische Sozialsystem zukunftsfähig zu gestalten. Es muss uns gelingen, die österreichische Volkswirtschaft zu stärken und Wohlstand, Gesundheit, Frieden und Lebensqualität dauerhaft zu sichern. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Österreich hat sich verpflichtet, das Klimaschutzziel zu erreichen. Ich bekenne mich dazu, dieses Ziel ausschließlich durch nationale Maßnahmen zu erreichen. Die Maßnahmen im Rahmen der so genannten flexiblen Mechanismen sehe ich als zusätzliche Möglichkeit, darüber hinaus global zum Klimaschutz beizutragen. Ob uns das gelingt, wird man sehen. Ich glaube, wenn wir uns alle anstrengen, dann kann es gelingen.


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51. Sitzung / Seite 43

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Klimaschutz kann nicht betrieben werden, indem wir CO2-Mengen nur auf dem Papier hin- und herschieben, über Formalismen streiten und Ziele formulieren, die im Bereich der Mess- und Bilanzierungsfehler liegen. Die österreichische Klimastrategie sieht Maßnahmen in den Bereichen Raumwärme, Elektrizität und Wärmeerzeugung, Abfallwirtschaft, Verkehr, Industrie, Land- und Forstwirtschaft vor. Durch einen ausgewogenen Instrumentenmix aus ordnungspolitischen Maßnahmen, öffentlichen Förderungen und Investitionen, ökonomischen Maßnahmen, Pilotprojekten und Informationskampagnen sowie Bewusstseinsbildung wollen wir dieses Ziel erreichen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Dabei wird darauf Wert gelegt, dass das ElWOG, das beschlossen wurde, umgesetzt wird und dass es zu einer Neugestaltung der Wohnbauförderung nach energetischen Kriterien kommt. Jeder sollte wissen, dass dabei zirka 50 Milliarden Schilling für Umweltmaßnahmen, für Klimaschutzmaßnahmen zum Einsatz kommen werden. Es geht darum, Räume nach dem Prinzip der Nähe und der Erhaltung der Strukturen zu ordnen, im Bereich der Siedlungswasserwirtschaft neue dezentrale Wege zu gehen und Altlasten zu sanieren. Es geht darum, das Programm für ländliche Entwicklung umzusetzen, in welchem zahlreiche Maßnahmen im ländlichen Raum vorgesehen sind und für welches zirka 40 Milliarden Schilling zur Verfügung stehen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ländliche Gebiete zukunftsfähig zu gestalten, das ist Umweltschutz. Weiters werden wir uns bemühen, Vertragsnaturschutz im Rahmen des Natura-2000-Programms zu betreiben, weil wir wissen, dass das Bestreben, Fauna und Flora zu erhalten, Umweltschutz bedeutet.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eine der größten Umweltgeißeln ist der stark zunehmende Lärm in unserer Zeit, in unserer Gesellschaft. Daher gilt es in Zukunft, Lärmquellen zu vermeiden und bestehende Lärmquellen einzudämmen. Lärmschutz ist bitte auch Umweltschutz.

Umwelt- und Klimaschutz sind grenzüberschreitende globale Angelegenheiten. Deshalb werden wir uns dafür einsetzen, dass das Einstimmigkeitsprinzip in den Bereichen Umwelt-, Wasser- und Energiewirtschaft, Raumordnung sowie im Bereich des Waldes und der Bodenbewirtschaftung erhalten bleibt, denn wir sagen: Subsidiarität ist Umweltschutz. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir werden uns auch für ein atomfreies Europa einsetzen. Temelin sowie die unzähligen Atomkraftwerke der EU-Mitgliedstaaten haben keinen Platz in einem zukunftsfähigen Europa. Wir sagen: Die Energiewende bedeutet Umweltschutz.

Wir werden uns weiter dafür einsetzen, dass durch entwicklungspolitische Maßnahmen und eine gerechte Verteilung der Ressourcen in unserer Welt die weltweite Armut bekämpft wird, denn auch Armutsbekämpfung sehen wir als Umweltschutz.

Wir lehnen es aber ab, was SPÖ und Grüne betreiben: Sie predigen Wasser und trinken Wein. In Deutschland ermöglichen sie 32 Jahre dauernde Ausstiegsszenarien aus der Atomenergie, die nichts anderes als 32 Jahre dauernde Garantieerklärungen für diese Atomkraftwerksbetreiber bedeuten. (Zwischenruf der Abg. Dr. Glawischnig. ) Sie verhindern Biomasseprojekte in den Gemeinden, weil Sie, wie ich weiß, dort in der Regel dagegen stimmen, weil man die dadurch entstehenden Mehrkosten der Bevölkerung nicht zumuten kann. Sie verursachen durch Blockadeaktionen Verkehrsstaus. Diese Art der Politik lehnen wir ab, denn sie bedeutet Umweltzerstörung! (Abg. Dipl.-Ing. Pirklhuber: Deutschland hat hier weltweit Vorbildfunktion! Das wissen Sie genau! Das ist grüner Fortschritt!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der ehemalige Bundeskanzler Vranitzky sagte: Menschen mit Visionen brauchen einen Arzt. – Ich sage Ihnen: Menschen mit Visionen brauchen eine Regierung, die diese Visionen in die Tat umsetzt! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)


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51. Sitzung / Seite 44

Ich glaube, meine sehr geehrten Damen und Herren, jetzt ist jedem klar geworden, was Vizekanzlerin Susanne Riess-Passer gemeint hat, als sie sagte, Umweltpolitik sei der zentralste Zukunftsbereich.

Albert Schweitzer hat gesagt: Mich interessiert in erster Linie die Zukunft, denn das ist die Zeit, in der wir leben werden. – Auch mich interessiert in erster Linie die Zukunft. Stellen wir daher durch ein neues Bewusstsein die Weichen in diese Richtung der Nachhaltigkeit! Regieren wir auch in diesem Bereich Österreich neu! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Leikam: Das war eine schwache Partie! – Abg. Mag. Sima: Falsche Rede, Herr Kollege Fallent!)

13.30

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Brosz. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

13.30

Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Kollege Fallent, ich gebe durchaus zu, dass die Grünen mehr Freude damit gehabt hätten, wenn der Atom-Ausstiegsplan in Deutschland schneller zu verwirklichen gewesen wäre. Ich möchte Ihnen aber nur eines sagen: Gäbe es nach wie vor eine konservativ-liberale Regierung in Deutschland, dann würde man darüber diskutieren, ob neue Atomkraftwerke gebaut werden, und dann würden wir wahrscheinlich erst in 100 Jahren darüber reden, was mit der Atomkraft passieren soll. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Böhacker: Das glaube ich nicht!) Natürlich ist es ein langer Ausstiegsweg, aber es ist zumindest ein Ausstiegsweg, und das haben die früheren Regierungen in Deutschland in keiner Weise zustande gebracht.

Herr Bundesminister Molterer! Ich möchte mich jetzt nur am Rande mit dem Thema Landwirtschaft beschäftigen. In Ihren Zuständigkeitsbereich fallen auch die Ausbildungsstätten im landwirtschaftlichen Bereich. Da gibt es momentan aus meiner Sicht durchaus Probleme, die auch im Rahmen der Budgetdebatte anzusprechen sind.

Es gibt abgesehen von den mittleren Ausbildungsstätten auch zwei höhere Ausbildungsstätten im Bereich der Land- und Forstwirtschaft, so genannte Försterschulen, und zwar in Bad Vöslau und in Bruck an der Mur. Die Situation an diesen beiden Schulen ist so, dass es – das gestehen auch die Lehrer und jene, die sich mit dieser Materie auskennen, ein – einen zu geringen Bedarf an ausgebildeten Förstern in diesem Ausmaß für zwei Schulen gibt.

Die Lehrer – gestern haben wir eine Debatte über das Engagement der Lehrer geführt – waren sehr engagiert und haben einen Plan entwickelt, wie man die eine Schule so umgestalten könnte, dass sie entsprechenden Bedarf erzeugen kann und dass jene, die dort ihre Ausbildung absolvieren, auch Arbeitsplätze bekommen.

Die Situation war derart, dass im Sommer der Beschluss gefasst wurde, die Schule in Bad Vöslau zu schließen. Zunächst hieß es auch, es werden keine Schüler aufgenommen, obwohl die Aufnahmeprüfungen bereits absolviert waren – und das mitten im Sommer, drei Wochen vor Schulbeginn.

Es war letztlich so, dass zumindest das abgewendet werden konnte mit der Auflage – und das empfinde ich eigentlich bis zu einem gewissen Grad als Zumutung –, dass jene Schüler, die in diesem Jahr in Bad Vöslau mit dem Unterricht beginnen, die Maturaklasse in Bruck an der Mur absolvieren dürfen. Wer sich geographisch auskennt, der wird wissen, dass die Entfernung zwischen Bad Vöslau und Bruck an der Mur mehr als 100 Kilometer beträgt. Das kann vom schulischen Aspekt her nicht akzeptabel sein – in keiner Form!

Zurück zur Alternative. Es ist nun allerdings so, dass Ihr Ministerium durch das Bundesministeriengesetz neu konstituiert wurde, es heißt nicht mehr nur Ministerium für Land- und Forstwirtschaft, sondern Ministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft. Die Lehrer an der Schule in Bad Vöslau haben gemeinsam mit den Schülern und Eltern ein Konzept entwickelt, um diese Schule in eine Höhere Lehranstalt für Wasserwirtschaft und Umweltmanagement umzugestalten.


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Ich meine, allein vom Titel Ihres Ressorts her müsste das blendend hineinpassen. Mir ist bewusst, dass es gesetzliche Grundlagen bezüglich Schulen gibt, die Ihr Ressort zu betreiben hat. Sowohl die Lehrer als auch wir Bildungspolitiker sagen, es ist eigentlich völlig egal, ob diese Schule von Ihrem Ministerium oder vom Bildungsministerium betrieben wird, es geht doch darum, was dort unterrichtet wird. Es hat mich schon sehr verblüfft, dass mir Frau Bundesministerin Gehrer im Budgetausschuss, als ich sie danach gefragt habe, zur Antwort gab, sie hätte erst zwei Tage vorher von privater Seite Unterlagen zugespielt bekommen und sei über die Probleme überhaupt nicht informiert.

Es gibt also eine Schule, die vor gar nicht so langer Zeit errichtet wurde, nämlich in den achtziger Jahren, mit Errichtungskosten von damals über 300 Millionen Schilling, aber uns und auch den Lehrern – wir haben nachgefragt – ist überhaupt nicht bekannt, was Sie mit dieser Schule vorhaben. Sie haben die Betreiberschaft. Sie sagen, in vier Jahren werde der Unterricht dort eingestellt. Dort steht ein Gebäude, noch dazu durchaus interessant, weil es ein Internat ist, wo für spezielle Ausbildungen Leute aus ganz Österreich hinkommen können. Diese Möglichkeit gibt es nicht überall. Entsprechende Unterbringungsmöglichkeiten, entsprechende Schulstrukturen, all das wäre gegeben. Und jetzt frage ich mich: Was passiert?

Es kann doch wohl nicht so sein, dass der Spargedanke jetzt schon so weit geht, dass jeder nur sein Ministerium sieht. Sie ersparen sich 30 Millionen Schilling, es gibt dort aber eine Schule um mehrere hundert Millionen Schilling, die man absolut brauchen könnte. Kollege Amon hat uns gestern vorgerechnet, wie viel die Errichtung einer neuen Klasse kosten würde, dort gibt es jedoch ein ganzes Gebäude, das man benützen könnte. Und es ist nicht möglich, dass Sie und Ministerin Gehrer vorher, bevor Sie in Gesprächen den Beschluss fassen, diese Schule zuzusperren, klären, wie es dort weiter geht! – Das halte ich für inakzeptabel, und ich würde Sie ersuchen, uns zu sagen, was Sie damit eigentlich vorhaben.

Aus meiner Sicht kann es nicht so sein, dass diese Schule geschlossen wird. Die Schule ist de facto nicht wirklich anders nutzbar, außer mit riesigen Investitionen. Man kann aus einem Internat kein Hotel machen; das ist, wenn man sich die Räumlichkeiten anschaut, nicht möglich. Alles andere – da haben wir auch nachgefragt – ist ebenfalls schwer denkbar, von der Kostenstruktur her wäre das kaum möglich.

Ich hätte von Ihnen gerne eine Erklärung, was damit passieren soll, und zwar möglichst bald, denn die Schüler – ebenso die Lehrer – stehen, wenn die Schule aufgelassen wird, vor einer schwierigen Situation.

Ich mache noch einen Bogen zum Biolandbau. Auch diesbezüglich gibt es einen Ansatz, und zwar eine Schulkantine. Das wäre durchaus eine Möglichkeit, bei der man sich überlegen könnte, wo man auch in diesen Ausbildungen den biologischen Gedanken fördern kann. Man sollte in diesen Ausbildungsstätten ganz massiv von Ihrem Ministerium aus ein Zeichen setzen und danach trachten, gerade dort, wo die Möglichkeit dazu besteht, den Biolandbau zu fördern. Da sollte man auf biologische Produkte zurückgreifen und in der Ausbildung stärker darauf eingehen. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

13.36

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ellmauer. Die Uhr ist wunschgemäß auf 5 Minuten gestellt. – Bitte, Herr Abgeordneter.

13.36

Abgeordneter Matthias Ellmauer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Kurz ein paar Worte zu den Ausführungen von Frau Abgeordneter Dr. Moser.

Frau Abgeordnete! Die Wald-Wild-Problematik kann man nicht so allgemein abtun, wie Sie es getan haben. Ich gebe Herrn Kollegen Pistotnig Recht, wenn er sagt, dass durch die Übernutzung der Natur durch den Menschen das frei lebende Wild in Räume abgedrängt wird, wo es dann zu Schäden kommt.


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Aber eine Aussage von Ihnen, Frau Abgeordnete Dr. Moser, muss ich auf jeden Fall korrigieren. Sie haben gesagt, es gebe keine Abschusspläne. Dazu darf ich Ihnen Folgendes sagen: Abschusspläne für alle Schalenwildarten sind in jedem österreichischen Landesjagdgesetz festgehalten, und die oberösterreichische Landesjagd-Verordnung sieht außerdem noch Strafen vor, wenn diese nicht eingehalten werden.

Mir bereitet aber in diesem Zusammenhang etwas anderes große Sorgen, und zwar die Pflege und der Weiterbestand unserer Schutzwälder. In meinem Bezirk sind etwa 90 Prozent der Schutzwälder von Oberösterreich zu finden. Ich habe zunehmend die Sorge, dass Forstfachkräfte – vor allem Forstfacharbeiter, die diesen Wald pflegen sollen – fehlen. Natürlich kann man einen Schutzwald nicht kostendeckend bewirtschaften. Ich will da überhaupt nicht von Bewirtschaftung sprechen (Abg. Dipl.-Ing. Pirklhuber: Darum sind die Verkäufe bei den Bundesforsten so problematisch!), denn, meine sehr verehrten Damen und Herren – passen Sie ein bisschen auf, Herr Kollege Pirklhuber! –, Schutzwald kann man nur durch Einzelstammentnahme und durch Einzelpflanzung in Ordnung halten. Das ist kostenintensiv, und dazu braucht man geschulte Kräfte.

Wenn man aber vor allem bei den Bundesforsten beim Personal einspart – und insbesondere bei den Forstfacharbeitern –, dann kann man noch so viele Schutzprogramme erarbeiten und erstellen, man wird nicht zum Ziel kommen! (Abg. Mag. Kogler: Erklären Sie das dem Minister! Das ist das "neue" Regieren!)

Nun einige Worte zur kürzlich abgehaltenen Klimaschutzkonferenz in Den Haag. Eine derart große globale Konferenz ist für die Organisatoren sicherlich mit Schwierigkeiten verbunden, und ich muss sagen, die Organisation in Den Haag war wirklich alles andere als zufrieden stellend. Dennoch möchte ich mich aber bei Ihnen, Herr Bundesminister, für Ihre Initiative besonders bedanken, denn es ist Ihnen gelungen, dass sich die Europäische Union auf eine gemeinsame ablehnende Haltung zu Nuklearprojekten bei den so genannten flexiblen Maßnahmen festgelegt hat.

Im Vordergrund der österreichischen Umweltpolitik und damit auch der Klimaschutzpolitik steht die Nachhaltigkeit, und diese bestimmt unser Handeln. Natürlich sind unsere Umweltprogramme mit den betroffenen Gebietskörperschaften und Interessenvertretungen abzustimmen. Hiezu sowie für die Umsetzung wird eine klare Organisationsstruktur und ein begleitendes Monitoring geschaffen. Nachhaltiger Klimaschutz bedeutet die Entwicklung von moderner, innovativer Technologie, aber auch eine umweltbewusste Verhaltensänderung der Menschen.

An dieser Stelle möchte ich auch eine Bemerkung an die Adresse der Frau Kollegin Glawischnig machen. Ich kann Sie, Frau Abgeordnete, beruhigen, die Bundesregierung – und insbesondere Bundesminister Molterer – wird keinesfalls hinter dem Engagement unserer Bevölkerung in Sachen Umweltschutz zurückbleiben. Im Gegenteil! Es ist vielmehr ein Prozess des konstruktiven Miteinanders notwendig. Nur so können wir Umweltbewusstsein und Klimaschutz zum Wohle unserer Bürgerinnen und Bürger weiter ausbauen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Diesen Aspekten wird besonders bei der Erstellung der nationalen Klimastrategie zu Erreichung des Kyoto-Ziels große Aufmerksamkeit gewidmet, denn da treffen sich Ökonomie und Ökologie. Die Produkte der heimischen Umweltindustrie sind nicht nur im Inland, sondern auch im Ausland sehr geschätzt. Mit bilateralen Vereinbarungen zur Reduzierung der Luftschadstoffe mit unseren mittel- und osteuropäischen Nachbarstaaten können wir nicht nur den Klimaschutz in diesen Staaten, sondern auch unsere Wirtschaft fördern. Vollbeschäftigung und keine neuen Schulden sind die Hauptprämissen der neuen Regierungspolitik.

Ein nicht unerheblicher Anteil dessen wird durch die Siedlungswasserwirtschaft erreicht. Ein Beschäftigungseffekt in der Größenordnung von mehr als 18 500 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ist nicht von der Hand zu weisen. Zwei wesentliche Ziele der Siedlungswasserwirtschaft werden weiter konsequent verfolgt, und zwar: die geordnete Ent sorgung der industriellen


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und kommunalen Abwässer und die ausreichende Ver sorgung der Bevölkerung mit hygienisch einwandfreiem Trinkwasser.

In diesem Zusammenhang bringe ich zum wiederholten Mal meine Sorgen als Bürgermeister einer Tourismusgemeinde zum Ausdruck. Man hat nun wohl die Unterschiede der Kostenintensität zwischen den Ballungsräumen und den Landgemeinden durch die Einführung einer abgestuften Förderintensität abgeschwächt. Ich bezeichne dies als ersten kleinen Schritt in die richtige Richtung, denn der Investitionsbedarf bei der Wasserversorgung beträgt in Gemeinden mit weniger als 10 000 Einwohnern pro Kopf mehr als das Vierfache von dem Wert in den Gemeinden mit über 10 000 Einwohnern. Die Kosten der Abwasserentsorgung können in Landgemeinden das Drei- bis Zehnfache betragen. Eine rasche Änderung der Förderrichtlinien und eine flexible Abstimmung auf den Einzelfall ist notwendig, um endlich den verschiedenen Anforderungen gerecht zu werden.

Abschließend stelle ich fest: Die österreichische Umweltpolitik ist eine Politik der Nachhaltigkeit und des Zukunftsdenkens. Wir haben die Verpflichtung, den kommenden Generationen eine intakte und damit gute Lebensgrundlage und Umwelt zu übergeben. Zudem sind positive Effekte auf die Wirtschaft und die Beschäftigungslage vorhanden. Ich stimme daher diesem Budgetkapitel gerne zu. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

13.42

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ing. Kaipel. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

13.42

Abgeordneter Ing. Erwin Kaipel (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich zum Thema Wasserwirtschaftsfonds eingangs Bilanz über die Wirkungen der Bundesförderungen im Bereich der Siedlungswasserwirtschaft ziehen. Wenn Herr Abgeordneter Fallent vor mir auch in dieser Frage vom "neuen Regieren" gesprochen hat, dann haben wir einmal mehr einen Beweis dafür, dass "neu regieren" heißt, ein bewährtes System zu gefährden.

Fasst man die Hauptergebnisse des Evaluierungsberichtes von 1996 bis 1998 über Wirkung und Kosten der Umweltförderung des Bundes zusammen, so zeigt sich, dass die Zahl der positiv erledigten Anträge gestiegen ist, ebenso die Förderungen insgesamt um 7 Prozent. Damit wurden die Voraussetzungen zur Erfüllung der EU-Abwasserrichtlinie geschaffen. Der Bericht, der nicht auf ökologische Aspekte beschränkt ist, hält zudem fest, dass mit Förderungen von jährlich 5 Milliarden Schilling für Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung direkt 15 000 Arbeitsplätze gesichert werden. Unter Berücksichtigung des gesamten Investitionsbetrages von 14,5 Milliarden Schilling pro Jahr hängen 42 000 Jobs von der geförderten Siedlungswasserwirtschaft ab.

Obwohl im Bereich der Wasserwirtschaft ein äußerst hoher Investitionsbedarf besteht, wird es nur mehr im Jahr 2000 eine Sondertranche geben. Der zugesagte Förderbarwert wird von 3,9 Milliarden Schilling im heurigen Jahr auf 3,5 Milliarden Schilling im Jahre 2001 abgesenkt werden, und er wird in den Jahren bis 2004 noch weiter bis auf 3 Milliarden Schilling sinken. Im Jahre 1999 gab es noch Zusagen, dass 4,9 Milliarden Schilling zur Verfügung stehen würden. Mit dieser Reduzierung wird das Investitionsvolumen im Tiefbau drastisch zurückgenommen. Gemeinden, Abwasserverbände und natürlich das Baugewerbe müssen sich deshalb auf magere Jahre beim Siedlungswasserbau einstellen. Die gewerbliche Wirtschaft rechnet infolge dieser Kürzungen mit dem Verlust von Aufträgen in Milliardenhöhe und mit einem Verlust von etwa 4 000 Arbeitsplätzen.

Neben diesem ökonomischen Problem und neben Arbeitsmarktproblemen wird durch diese Politik der Bundesregierung gleichzeitig aber auch die umweltpolitische Situation verschlechtert. Die finanziellen Einsparungen verhindern die Einhaltung der europäischen Vorgaben, verhindern die Einhaltung der EU-Richtlinie für kommunale Abwässer. Das von der Europäischen Union definierte Ziel, in den nächsten zehn Jahren eine 92-prozentige Anbindung der Haushalte an das


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öffentliche Wasser- und Abwassernetz zu erreichen, ist unter den von der blau-schwarzen Regierung vorgegebenen Bedingungen nicht mehr zu schaffen.

Um die Trinkwasserqualität und die Reinheit der österreichischen Gewässer zu gewährleisten, wurden in den letzten sieben Jahren 95 Milliarden Schilling investiert. Sollen die hohen Standards des europäischen und des österreichischen Wasserrechts weiterhin erfüllt werden, so ist, wie von den Experten der Kommunalkredit geschätzt wird, ein Investitionsbedarf im Ausmaß von 162 Milliarden Schilling bis zum Jahre 2012 notwendig. Davon werden 130 Milliarden Schilling für Abwassermaßnahmen benötigt. Der Evaluierungsbericht weist sogar einen Bedarf von 175 Milliarden Schilling aus.

Nur darauf zu warten, dass die von den Experten zu Recht vorgeschlagenen Maßnahmen, wie etwa die verbesserte Planung, der Verzicht auf unnötigen Aufwand von Hochtechnologie, der verstärkte Einsatz von so genannten PPPs, ein besseres technisch-wissenschaftliches Controlling der Projektabwicklung, kostensparende Betriebsmanagementsysteme oder günstige Finanzierungen, kostendämpfende Effekte haben werden, ist zu wenig. Auf diesem Feld wird es auch weiterhin unumgänglich und unverzichtbar sein, dass der Staat Geld in die Hand nimmt und steuert. Auch wenn das den Befürwortern von "Weniger Staat, mehr privat" nicht verständlich zu machen ist, in Bereichen der Siedlungswasserwirtschaft muss der Staat investieren. Man wird kaum Private finden, die da in die Bresche springen, außer man lässt auch in dieser Frage wieder die kleinen Leute, die kleinen Haushalte finanziell bluten, etwas, was bei dieser Regierung nie ganz auszuschließen ist.

Diese Politik des unüberlegten Kürzens und Streichens, nur um budgetpolitisch kurzfristige und hinterfragenswürdige Ziele zu erreichen, ist umweltpolitisch unverantwortlich! Aber auch langfristig ist dieses Aufschieben von unbedingt notwendigen Investitionen ökonomisch unsinnig, denn die Sanierungskosten werden in der Folge progressiv ansteigen. Um das Fördervolumen auf lange Sicht zu erhalten, wäre es notwendig, eine höhere Dotierung aus den Finanzausgleichsmitteln zu erreichen.

Herr Umweltminister! Sie sind nicht glaubwürdig, wenn Sie zwar von den Beitrittskandidaten die strikte Einhaltung der Umweltbestimmungen der Union fordern, gleichzeitig aber im eigenen Land das Gegenteil tun.

Meine Damen und Herren! Einem Budget, das schlechtere Umweltqualität und sinkende Lebensqualität für unsere Menschen zur Grundlage hat, können wir nicht zustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

13.48

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Hofmann. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

13.49

Abgeordneter Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Gestatten Sie mir, eine Anmerkung zu den Ausführungen von Frau Kollegin Glawischnig zu machen; sie hat leider gerade den Saal verlassen. (Abg. Achatz: Nein, sie ist da!) Sie ist da. Sehr gut! – Frau Kollegin Glawischnig, ich habe ein Problem damit, dass Sie immer wieder nach dem alten Modell "anschütten" vorgehen und die Bundesregierung, insbesondere den Bundeskanzler, anschütten und von einem "skandalösen Deal" sprechen, von einem skandalösen Deal mit den Tschechen, einem faulen Deal, wie Sie es genannt haben (Abg. Dr. Glawischnig: Fauler Kompromiss!), und zwar in Bezug auf Temelin im Zusammenhang mit dem Abschluss des Energiekapitels.

Wenn Sie schon derartige Behauptungen aufstellen, dann treten Sie an dieses Rednerpult und sagen Sie uns, woher Sie diese Informationen haben, dann geben Sie Ihre Informationsquelle bekannt! (Beifall bei Abgeordneten der Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Dr. Glawischnig: Lesen Sie tschechische Zeitungen!) Aber gehen Sie nicht nach Ihrem alten Strickmuster vor, nämlich Behauptungen aufzustellen, die Sie nicht beweisen können, also anzuschütten, um nachher – so glauben Sie jedenfalls – in eine "win-win"-Situation zu kommen. Aber dann, wenn


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es nicht so war und der Herr Bundeskanzler doch nicht den "faulen Deal" gemacht hat, den Sie ihm vorwerfen, zu sagen: Das hat er nur deswegen nicht gemacht, weil wir Grünen das aufgedeckt und uns dagegen ausgesprochen haben!, halte ich für eine besonders billige Vorgangsweise. So billig kann es wirklich nicht sein!

Die Bundesregierung, der Bundeskanzler, die Frau Vizekanzlerin haben eine ganz klare Position zu Temelin und zum Abschluss des Energiekapitels bezogen und diese auch dargelegt.

Herr Bundesminister! Ich erlaube mir, mich dem Klimaschutz, insbesondere dem Kyoto-Ziel noch einmal zuzuwenden. Es ist der Jahresverlauf bei den Emissionen bestimmt nicht dazu angetan, in Euphorie zu verfallen. Wir wissen, dass wir in den Jahren 1994 bis 1997 einen Anstieg zu verzeichnen hatten, dann einen gleichmäßigen Verlauf, und jetzt wieder einen Anstieg. Aber es ist, wie ich meine, als positiv zu werten, dass unabhängig davon, dass mit Ausnahme der Einigung auf flexible Mechanismen – wir haben schon gehört, ausgenommen die Atomenergie – keine Einigung beim Klimagipfel in Den Haag erzielt werden konnte, die Klimaschutzmaßnahmen in Österreich trotzdem, also unabhängig von diesem Ergebnis, getroffen werden, was in Zahlen heißt: 53,2 Milliarden Schilling für die nächsten zehn Jahre. Das heißt, Bund und Länder verhandeln, um Artikel 15a-Vereinbarungen zu treffen und eine Art Adaptierung der Wohnbauförderung vorzunehmen – sozusagen eine gemeinsame Aktion zwischen Bund und Ländern.

In der Europäischen Union orte ich jedoch eine gefährliche Entwicklung – mein Kollege Graf hat es schon erwähnt –: Loyola de Palacio, die für den Energiebereich zuständige Kommissarin, hat sich dazu verstiegen, die Feststellung zu treffen, dass es die Kernkraftwerke sind, die die besondere Attraktivität haben, geringe Emissionen von Treibhausgasen zu erzeugen. Sie hat auch gleich dazu gesagt, dass rund 70 Kernreaktoren zusätzlich erforderlich wären, um das Kyoto-Ziel zu erreichen beziehungsweise die CO2-Emissionen auf den Stand des Jahres 1990 zu reduzieren. Aus österreichischer Sicht ist das sicherlich keine Perspektive!

Herr Bundesminister! Ich darf Sie ersuchen, die Festlegung auf europäische Sicherheitsstandards innerhalb der Europäischen Union voranzutreiben. Wir wissen, dass es durchaus angebracht wäre, im Zuge einer Änderung des Euratom-Vertrages, der sich mit der Förderung der friedlichen Nutzung der Kernenergie befasst, dahin gehend zu wirken, dass Sicherheitsstandards festgelegt und Bestandteil des Euratom-Vertrages werden.

Ich sehe es als Aufgabe der österreichischen Bundesregierung, innerhalb der EU, die ja ohnedies, wie bekannt ist, sehr für Reglementierungen, für Standardfestlegungen ist, diese Standards betreffend die Sicherheit von Kernkraftwerken zu fordern. Und ich ersuche, im Zuge der Post-Nizza-Agenden diese einheitlichen Standards gemäß dem Stand der Technik tatsächlich zur Sprache zu bringen und einzufordern.

Insbesondere im Lichte der bevorstehenden Erweiterung der Europäischen Union ist hierbei allerdings auch auf die Kombination russischer Reaktoren mit westlichen Sicherheitsstandards Rücksicht zu nehmen. Es kann in dieser Hinsicht nur so sein, dass ein gemeinsamer, ein kombinierter und umfassender Sicherheitsstandard zu definieren wäre. Dies ist mein Ersuchen an Sie. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

13.54

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner ist Herr Abgeordneter Freund zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Abgeordneter.

13.54

Abgeordneter Karl Freund (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Das Agrarbudget ist natürlich ein wichtiger Teil unseres Gesamtbudgets, das heute beschlossen wird, weil es insbesondere auch die Leistungsabgeltung für unsere Bauern gewährleistet. Besonders wichtig erscheint mir, dass damit das österreichische Umweltprogramm mit einem Gesamtvolumen von 8 Milliarden Schilling finanziert wird. Es ist ein sehr anspruchsvolles Programm für unsere Bauern, weil es eine Bremse in der Bewirtschaftung be


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deutet – weniger Dünger, weniger Pflanzenschutz und weniger Tierhaltung – und insbesondere in diesen Bereichen hohe Auflagen zu erfüllen sind.

Österreich hat in der EU gut verhandelt. Die Hälfte dieses Volumens kommt nämlich aus Brüssel. Man bedenke: In Bayern werden insgesamt nur an die 3 Milliarden Schilling für ein solches Umweltprogramm für die Bauern bereitgestellt, weil nicht mehr Bauern bereit sind, die geforderten Auflagen zu erfüllen. Das zeigt auf der anderen Seite auch, wie aufgeschlossen unsere Bauern dem Schutz unserer Umwelt gegenüberstehen und wie sehr sie sich einer naturnahen Landwirtschaft verpflichtet fühlen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

85 Prozent unserer Bauern beteiligen sich an diesem Umweltprogramm! Ein schwerer Schlag für unsere Bauern ist jedoch die neu aufgeflammte Diskussion über die Rinderkrankheit BSE, die nun in Deutschland erstmals aufgetreten ist. Obwohl in Österreich bereits seit mehr als zehn Jahren das Verfüttern von Tiermehl an Rinder verboten ist und kein einziger Fall von BSE in unserem Land bekannt ist, werden unsere Konsumenten dadurch sehr stark verunsichert. Aber es zeigt sich auch da, dass Österreich eine gewaltige Vorreiterrolle eingenommen hat. Diese Diskussion bedeutet jedoch, dass unsere Bauern einen enormen Schaden erleiden und viele auch in ihrer Existenz gefährdet sind. Ich danke Bundesminister Molterer für sein rasches Eintreten in Brüssel, damit das Vertrauen unserer Konsumenten in unser Fleisch wiederhergestellt wird. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Die Bauern allein kann man diese Zeche nicht bezahlen lassen. Auch Bundesminister Molterer kann das nicht aus dem Agrarbudget, da muss der Finanzminister und da muss natürlich die EU her! Wir dürfen unsere Bauern mit ihrem enormen Schaden, der durch ein Problem, das in anderen Ländern auftritt, entstand, einfach nicht allein lassen!

Ich möchte auch ein Wort zu den konventionell wirtschaftenden Betrieben sagen, weil es immer wieder Kritik, gerade von Seiten der Grünen, an den so genannten normal wirtschaftenden Betrieben gibt. Diese darf man nicht vor den Kopf stoßen! (Abg. Dipl.-Ing. Pirklhuber: Aber da gibt es große Unterschiede, Herr Kollege!) Man muss dabei auch bedenken: In Österreich gibt es 10 Prozent Biobetriebe, die Bayern sind stolz darauf, dass sie jetzt gerade einmal 3 Prozent Biobetriebe haben. Auch in dieser Hinsicht nimmt Österreich also eine ganz gewaltige Vorreiterrolle ein! Und wenn die Volkspartei und der Bauernbund mit Minister Molterer da nicht schon immer zukunftsweisend tätig gewesen wären, hätten wir nicht diesen Erfolg zu vermelden. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Es wird von Ihrer Seite immer wieder von Massentierhaltung gesprochen. Wissen Sie, wie viel Tiere pro Hektar, pro Einheit bei uns gehalten werden? – Zwei sind es! In anderen Ländern Europas ist das um ein Vielfaches mehr. Auch diesbezüglich, meine Damen und Herren, nimmt also Österreich eine Vorreiterrolle ein.

Ich könnte noch viele andere Dinge aus diesem Budget aufzählen, die positiv zu bewerten sind. (Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Pirklhuber. ) Ganz besonders sei die Energiegewinnung aus Biomasse erwähnt, weil es mich freut, dass die Förderungen dafür nicht gesunken, sondern erhöht worden sind. Ich glaube auch, feststellen zu dürfen, dass die erneuerbaren Energieträger eine Säule für die Zukunft sein werden, denn das Heizen mit Holz ist bereits jetzt, gerade in der gegenwärtigen Rohöl-Krise, in Form von Hackschnitzeln um ein Wesentliches billiger und günstiger, als es andere Energieträger sind. (Abg. Schwarzenberger: Mit Abstand am billigsten!) Da die Rohkosten für Hackschnitzel bei 35 Groschen pro Kilowattstunde liegen, beim Heizöl aber bei zirka 75 Groschen, bedeutet das, dass Ersteres bereits um die Hälfte billiger ist.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Ich bedanke mich, denn Bundesminister Molterer hat mit diesem Budget drei Ziele für unsere Bauern erreicht: erstens deren finanzielle Absicherung, zweitens das Vertrauen in unsere Bauern und drittens das Vertrauen unserer Bauern in diese Bundesregierung. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

13.59


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51. Sitzung / Seite 51

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn:
Als nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Gaßner zu Wort gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

13.59

Abgeordneter Mag. Kurt Gaßner (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich zunächst einmal kurz auf den gestrigen Tag und auf die Prädikate zurückkommen, mit denen die Redner der Regierungsparteien die Demonstranten bedacht haben. Mit "Chaoten", mit "rot-grünem Mob", mit "Randalierern" wurden sie gleichgesetzt. (Abg. Steibl  – eine vergrößerte Illustration aus der "Kleinen Zeitung" in die Höhe haltend –: Und was ist das?) Ich kann mich nicht erinnern, dass diese Begriffe verwendet wurden, als die Bauern am Ring aufgefahren sind, dass da etwa von "schwarz-blauem Mob" oder von "Chaoten" die Rede war.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das sind Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, Studentinnen und Studenten, Lehrerinnen und Lehrer gewesen, österreichische Staatsbürger, die es nicht verdient haben, von den Volksvertretern in dieser Art und Weise verhöhnt und verspottet zu werden. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Zum Landwirtschaftsbudget im Detail. Eine Aussage von Herrn Abgeordnetem Prinz im Rahmen der gestrigen Debatte über das Sozialbudget hat mich aufhorchen lassen. Als er von der Rinderkrankheit BSE geredet und sich dann hinübergeschwindelt hat in Richtung "Na ja, da müssen wir wieder eine Förderung für die Bauern herausholen" – und damit war er wieder offensichtlich beim Sozialbudget –, hat er eine Bemerkung gemacht, die sinngemäß so gelautet hat: Die Kosten, die aus der BSE-Bekämpfung entstehen, sollten die tragen, die daraus Nutzen ziehen, nämlich die Konsumenten.

Na, jetzt ist es uns klar: Wenn die Konsumenten wollen, dass sie ordentliche, saubere Lebensmittel kaufen können, von denen sie nicht erkranken, dann sollen sie gefälligst diese notwendigen Maßnahmen selbst zahlen! Und da gibt es auch gleich einen Vorschlag dazu, nämlich: Die Deckung dieser Kosten sollte vom Katastrophenfonds übernommen werden. (Zwischenruf des Abg. Hornek. )  – Ich habe jetzt leider zu wenig Zeit, Herr Kollege! – Was ist der Katastrophenfonds? – Das ist das Geld der Konsumenten, das sind Steuermittel.

Es gibt auch ein anderes Beispiel, wo man das Geld der Konsumenten sieht. Man braucht sich nur das Landwirtschaftsbudget anzuschauen: Es sind in etwa 25,8 Milliarden Schilling; 20 Milliarden Schilling davon sind für die landwirtschaftliche Förderung vorgesehen. Und da sagt ein Experte des Wifo, Herr Schneider: Wenn man das grob rechnet, dann kann man sagen, dass eigentlich das gesamte bäuerliche Einkommen aus diesen Förderungen kommt, nämlich aus öffentlichen Mitteln. Das sind Gelder der Konsumenten, egal, ob sie von der EU kommen oder aus Österreich stammen, es sind öffentliche Steuermittel.

Es ist heute schon ein paar Mal diskutiert worden: Die Situation ist schwierig, ist unbefriedigend und von vielen Faktoren beeinflusst. Ein Faktor ist aber mit ganz klarer Sicherheit die landwirtschaftlich-industrielle Überproduktion. Und anstatt dort gegenzusteuern, Herr Bundesminister, und ein deutliches Zeichen für den von Ihnen immer wieder propagierten "Feinkostladen Österreich" zu setzen, kürzen Sie mit dem vorliegenden Budget die Mittel für die Bio-Bauern und unterstützen Sie mit diesem starren, alten Förderungssystem die Großproduzenten im landwirtschaftlich-industriellen Bereich. Aber so kann es ja nicht sein, dass man diese Maßnahmen nicht setzt! (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn Sie sagen, die Bio-Bauern werden auch aus anderen Töpfen gefördert, dann sagen Sie doch den Bio-Bauern endlich einmal, wo denn diese Töpfe sind, aus denen sie noch gefördert werden! Wenn ich mit Bio-Bauern rede, dann jammern sie darüber, dass sie keinerlei Unterstützung haben, vor allem keinerlei Unterstützung im Marketing-Bereich. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)


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Ein Beispiel, an dem die Einstellung des Herrn Kollegen Prinz und offensichtlich der ÖVP-Bauernvertreter schon sehr deutlich wird, ist das Beispiel des Grundwassers, das in weiten Bereichen äußerst nitrat- und pestizidbelastet ist. Ich nenne wieder mein berühmtes Beispiel, das erste österreichische Sanierungsgebiet Marchland-West, stellvertretend für viele Sanierungsgebiete, die Sie gar nicht mehr verordnen, weil Sie ja nicht wissen, wie Sie die Sanierung bezahlen sollen.

Dort ist es bereits so weit, dass die Konsumenten, die das Wasser kaufen müssen, dieses Wasser selbst sauber halten müssen, was für sie mit enormen Kosten für Filterungen, mit enormen Kosten für Tiefbohrungen et cetera verbunden ist. Da sind wir schon so weit: Wenn ihr sauberes Wasser haben wollt, wenn ihr ein ordentliches Lebensmittel haben wollt, dann zahlt euch das gefälligst selbst!

Ich kann Ihnen bestätigen und beweisen, Herr Bundesminister – die Daten sind vom September 2000 –, diese Erzählungen von Freiwilligkeit und vom Verständnis der Landwirte, dass in diesem Bereich nichts mehr gemacht wird, sind hier schwarz auf weiß widerlegt. Der Pestizidgehalt geht nicht zurück, obwohl die Pestizide was weiß ich wie lange schon verboten sind! Wer kontrolliert diese Pestizide? – Sie kommen nicht aus häuslichen Abwässern, sie kommen nicht von irgendwo her, sie kommen aus der Düngung. Und die Leute, die schon jetzt mit der "sozialen Treffsicherheit", die sich aus Ihren Entscheidungen ergibt, gestraft sind, müssen sich auch noch diese schleichenden, "treffsicheren" Gebührenerhöhungen im Versorgungs- und Entsorgungsbereich gefallen lassen. Wie lange sie sich das noch gefallen lassen, werden wir sehen. Wir jedenfalls werden Ihrem Budget nicht zustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

14.06

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Zellot. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

14.06

Abgeordneter Roland Zellot (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine geschätzten Damen und Herren! Herr Abgeordneter Gaßner, wir alle wissen, dass diese Förderungsmittel natürlich aus den Steuermitteln aller Staatsbürger, aller Österreicherinnen und Österreicher bezahlt werden, es gibt aber für diese auch Leistungen. In Österreich kann man das Wasser aus dem Wasserhahn trinken. In vielen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union ist das nicht mehr der Fall. In Österreich kann man nachvollziehen, woher Produkte kommen. In vielen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union kann man das noch nicht. In Österreich gibt es eine flächenbezogene Landwirtschaft, das heißt so viele Hektare, so viele Großvieh-Einheiten. In anderen europäischen Mitgliedsstaaten gibt es das nicht. (Abg. Kiermaier: Das ist nichts Neues!)

Das heißt, die österreichischen Bauern erbringen für die Förderungen auch Leistungen. Das ist nichts Neues, es muss aber einmal klar gesagt werden, damit es nicht so aussieht, dass die Bauern nur Subventionen und Ausgleichszahlungen bekommen und dafür keine Leistungen erbringen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Die Bauern erbringen natürlich für die Umwelt – Umwelt und Landwirtschaft sind eng verbunden – sehr große Leistungen. Ich werde Ihnen nun etwas sagen, was für Sie vielleicht neu ist. In meiner Heimatgemeinde hat man eine Heizanlage gebaut, eine Biomasse-Anlage, weil diese Stadt eine Klimabündnis-Stadt ist. Wir haben darum gekämpft. (Abg. Schwemlein: Woher kriegen Sie die Hackschnitzel?)

Als das Projekt in der Endphase war, sind die SPÖ-Funktionäre von Haus zu Haus gegangen und haben gesagt: Kauft lieber Gas, weil die Bauern wollen nichts anderes, als dass sich die Bäuerin wieder einen schönen Nerzmantel kaufen kann! Das unterstützen wir nicht! – Das ist eure SPÖ-Umweltpolitik! Das ist hier etwas ganz Neues, das haben Sie wahrscheinlich noch nicht gewusst. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Kiermaier: Wer’s glaubt, wird selig!)


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51. Sitzung / Seite 53

Meine geschätzten Damen und Herren! Auf Grund der BSE-Krise zeigt sich, Österreich ist nicht nur – so wie es in der Werbebranche heißt – "rauschfrei", Österreich ist auch BSE-frei, und das ist natürlich ein Verdienst der kleinstrukturierten bäuerlichen Familienbetriebe Österreichs. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Diese BSE-Krise führt auch zu einer klaren Absage an die Agrarfabriken. Herr Bundesminister! Ich glaube, es wäre notwendiger denn je, härtere Botschaften nach Brüssel mitzunehmen, indem man sagt: Dieses sechsmonatige Tiermehl-Fütterungsverbot ist wohl eine schwache Ansage für die Zukunft einer wirklich BSE-freien europäischen Landwirtschaft. Und es ist natürlich auch wichtig, dass man im biologischen Bereich weitertut.

Herr Pirklhuber! Ich schätze Sie, weil auch Sie keiner sind, der die Agrarpolitik nur von der Zeitung kennt, weil Sie auch praktizierender Landwirt sind. Aber eines muss ich Ihnen schon sagen: Mit diesem Entschließungsantrag, den Sie hier einbringen, wird wieder zusätzliche Bürokratie aufgebaut. Es wird verlangt, nachhaltig vorzuschreiben, welche Tierhaltung, welche Tierfütterung, welcher Transport erfolgen darf. Es fehlt gerade noch, dass Sie verlangen, dass zum Beispiel ein Rind nicht mehr auf den Markt kommen darf, wenn es schon eine gewisse Zeit im Schlachthof verbracht hat. Sie haben die Agrarbürokratie und die Agrarmarkt Austria kritisiert, da bin ich natürlich auf Ihrer Seite. Aber das, was Sie hier mit diesem Antrag verlangen, bringt wieder eine Erweiterung der Bürokratie, wodurch die Agrarmarkt Austria wieder mehr Geld braucht und der Bauer wieder mehr Marketingbeiträge zahlen muss, und das ist das Schlechte an diesem Antrag.

Meine geschätzten Damen und Herren! Herr Bundesminister! Ich glaube, dass sich wieder einmal gezeigt hat – und das gehört auch einmal gesagt –, dass gerade jene Länder Handlungsbedarf hätten, die mit dem Finger auf Österreich gezeigt und gesagt haben, wenn die Sanktionen wegkommen, werden wir diesen Staat weiter beobachten. – Ich sage: Wir Österreicher werden die anderen Staaten beobachten! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.)

14.11

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Kummerer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

14.11

Abgeordneter Dipl.-Ing. Werner Kummerer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Ich glaube, es ist recht interessant, wenn man hier so ins Plenum schaut, welchen Stellenwert die Koalitionsparteien dem Kapitel Landwirtschaft und Umwelt beimessen. (Abg. Steibl: Es sind leider noch nicht so viele Bauernvertreter im Parlament! Deswegen!) Nicht dreinschreien, zählen, Frau Kollegin! Zählen! Von der Sozialdemokratie sind wesentlich mehr Abgeordnete da als von Ihren beiden Parteien zusammen. Das zeigt den Wert, den dieser Bereich für Sie hat. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Haigermoser: So wichtig bist du nicht! – Abg. Schwarzenberger: Beim Sozialbudget gestern waren ganz wenige von Ihnen da!)

Herr Minister! Ich habe versucht, bei Ihren Ausführungen ziemlich genau zuzuhören. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Haigermoser. ) Aufgefallen ist mir auch, dass der Schreier von der Rechten keine Hand frei hatte – ebenso wenig alle seine Kollegen –, um bei Ihrer Rede zu applaudieren. Das war nicht uninteressant.

Herr Minister! Sie haben über die ländliche Entwicklung gesprochen. Sie haben wörtlich gesagt: Stärkung der bäuerlichen Landwirtschaft im ländlichen Raum. – Aus! Meine Damen und Herren der Koalitionsparteien! Herr Bundesminister! Unser Ansatz von ländlicher Entwicklung geht weiter, geht deutlich weiter. Er zielt auf die Abstimmung des Faktors Arbeitskraft. Und da sind wir wieder einmal beim Sockelbetrag.

Herr Minister! Sie fahren in den letzten Monaten einen Zickzackkurs. Bei der Vorstellung des Koalitionspapiers am 3.2.2000 haben Sie gemeint, dass die Möglichkeit einer Staffelung innerösterreichisch nicht umzusetzen ist. Am 17. Mai, Herr Bundesminister, anlässlich der Vorstellung des Budgets 2000 haben Sie gesagt – wörtlich zitiert –, im nächsten Jahr selbstverständlich


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auch den Sockelbetrag zu realisieren. Am 10. November 2000, nicht einmal ein halbes Jahr später, erklärte uns derselbe Landwirtschaftsminister: Der Sockelbetrag wird 2002 eingeführt. – Drei gänzlich konträre Aussagen innerhalb eines Jahres, das ist mehr als Verunsicherung. Was geschieht nun tatsächlich?

Meine Damen und Herren! Die Entwicklung des ländlichen Raumes bedeutet für uns die Schaffung und Erhaltung von dauerhaften und sinnvollen Arbeitsplätzen, nicht nur in der Landwirtschaft, sondern im ländlichen Raum insgesamt. Wir leben in einer Gegend, die gemischtwirtschaftlich genutzt wird, in der Industrie, Gewerbe und Fremdenverkehr nebeneinander existieren. Agrarpolitik muss und soll daher für den ländlichen Raum Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik sein.

Diese Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik ist sehr oft in Verunsicherung geraten. Gerade die Zuckerindustrie – in unserer Gegend ein bedeutender Faktor – hat schwere Bedenken hinsichtlich der Zukunft. Es geht darum, dass eine geplante Zuckermarktordnung 2003 auslaufen soll. Das bedeutet, dass spätestens in eineinhalb Jahren, im Jahre 2002, die Pläne für die Anbaugebiete fertig sein müssen. Das bedeutet, dass spätestens in eineinhalb Jahren klar sein muss, wie es mit der Zuckerrübe in Österreich weitergeht. Es hängen nicht nur die Arbeitsplätze in den Zuckerfabriken davon ab – ich erinnere an Hohenau, an die damals noch gemeinsamen Bemühungen, Herr Bundesminister, Hohenau zu retten –, es hängen auch sehr viele kleine Rübenbauern davon ab.

Die Verunsicherung geht aber noch weiter. Von den Landwirtschaftskammern wurde den Bauern zum Beispiel empfohlen, sich sichere Einkommen zu suchen und sich etwa auf den Grundwein zu verlegen. Viele Weinbauern haben das gemacht und stehen heute vor der Tatsache, dass sie für den Liter Weißwein nur 3 S bis 3,50 S bekommen und für den Liter Rotwein 7 bis 8 S. Oft können davon nicht einmal die Spritzmittel bezahlt werden.

Herr Bundesminister! Sie verteilen auch bei den Landwirten um, nämlich von unten nach oben, denn kein Problem haben die Großen wie etwa Fürst Liechtenstein, der – ich erinnere daran – 1998 Subventionen in Höhe von 22,5 Millionen Schilling erhalten hat, oder Graf Hardegg mit 13,9 Millionen Schilling an Subventionen.

Herr Minister! Es war interessant, die Ausführungen von Frau Kollegin Achatz zu hören. Es war interessant, dass die Erstrednerin Ihre gemeinsame Politik nach zehn Monaten praktisch für gescheitert erklärt hat. (Abg. Achatz: Die gemeinsame EU-Agrarpolitik!) Es war interessant, von Ihrem Koalitionspartner deutliche Zeichen in diese Richtung zu bekommen. Und es war auch interessant zu hören, Herr Bundesminister, dass Frau Kollegin Achatz von einer Renationalisierung der Landwirtschaft gesprochen hat.

Herr Minister! Sie haben das in Ihrer Beantwortung diskret umgangen, Sie haben dazu nicht Stellung genommen. Was bedeutet Renationalisierung der Landwirtschaft? Bedeutet das, wir lassen in Zukunft das Geld in Brüssel liegen? Bedeutet Renationalisierung, wir zahlen sämtliche Förderungen, die wir bis jetzt bekommen haben, zurück? Kollegin Achatz, wie stellen Sie sich das vor? Ist das die Agrarpolitik der angeblich großen und federführenden Partei in dieser Koalition? (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf der Abg. Achatz. )

14.17

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Hornek. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

14.18

Abgeordneter Erwin Hornek (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren dieses Hohen Hauses! Die Problematik BSE zeigt sehr plakativ und massiv auf, welche Wege es in der Landwirtschaft geben kann: jene, die positiv sind, und andere, die als Irrwege zu bezeichnen sind.

Als einen Irrweg sehe ich den Trend zur industrialisierten Landwirtschaft, wenn zum Beispiel auf ausrangierten ehemaligen Erdölschiffen auf hoher See Schweine gemästet werden, diese als


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Fleischprodukte dann zu uns kommen, oder die Ansinnen, gigantische Stallungen zu bauen, nicht in der grünen Wiese, sondern in Hafenanlagen, um auf kürzestem Wege Futtermittel, die in großen Mengen herangeschafft werden, an die Tiere zu verfüttern sowie Futtermittel zu verfüttern, die man als abartig bezeichnen muss. Es ist absoluter Unsinn, an einen Pflanzenfresser Fleischabfälle zu verfüttern.

Österreich hat in diesem Zusammenhang als Erster zum richtigen, zum frühesten Zeitpunkt, nämlich bereits 1989, mit einem Fütterungsverbot reagiert.

Diese abartigen Vorgangsweisen in manchen EU-Staaten haben dazu geführt, dass allein in England über 170 000 BSE-Fälle zu beklagen sind – eine Dimension, von der gigantische Risken ausgehen. Interessant ist auch die Vorgangsweise eines Mitgliedslandes der EU, das speziell gegenüber Österreich permanent den Finger erhebt und Vorbild sein will: Frankreich hat trotz des Wissens um die BSE-Situation in England zig Tausende Tonnen Abfälle nach Frankreich gebracht und an französische Tiere verfüttert. Die Folge davon sind 175 BSE-Fälle allein in diesem Jahr.

Die Situation Österreichs hingegen stellt sich Gott sei Dank wesentlich positiver dar, und ich sehe dies als ein Ergebnis des Zusammenwirkens aller Österreicherinnen und Österreicher, aller politisch Verantwortlichen und nicht als ausschließliches Verdienst unserer Partei.

Geschätzte Damen und Herren! Man muss aber sehr wohl auch darauf hinweisen, dass die österreichische Landwirtschaft verantwortungsbewusst strukturiert ist – sowohl im Umgang mit der Natur und der Erhaltung dieser als auch in den Größenordnungen und den damit verbundenen Umweltauswirkungen.

Das Wichtigste aber ist die Tatsache, dass wir bereits in der Vergangenheit die Tierkennzeichnung sehr konsequent durchgeführt haben – in Relation zu anderen Ländern wirklich vorbildhaft durchgeführt haben, Kollege Pirklhuber – und damit sichergestellt ist, dass man weiß, woher jedes Stück Vieh kommt, und dass man auch weiß, woher jedes Stück Fleisch kommt. – In der heutigen Zeit enorm bedeutsam! Das müssen wir in Zukunft auch gemeinsam noch viel mehr herausstreichen, um unseren Konsumenten verständlich zu machen, dass das, was sie kaufen, ein wertvolles österreichisches Produkt ist – egal, ob Rindfleisch oder nicht.

Ich möchte an dieser Stelle ausdrücklich darauf hinweisen, dass es – Gott sei Dank! – noch keinen einzigen BSE-Fall in Österreich gibt und dass wir alle gemeinsam daran arbeiten müssen, dass es dabei auch in Zukunft bleibt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen sowie des Abg. Dipl.-Ing. Pirklhuber. )

Absolut oberste Priorität hat die Qualität der Lebensmittel, absolut vorrangig muss es sein, dass sich der österreichische Konsument auf österreichische Lebensmittel verlassen kann und weiß, dass diese einen wertvollen Beitrag für seine Gesundheit und keine Gefährdung dieser darstellen.

Die politischen Maßnahmen nach Bekanntwerden der negativen Veränderung im BSE-Bereich wurden in Österreich meines Erachtens kompetent und verantwortungsbewusst einerseits durch den Tierarzt und fachkompetenten Minister Haupt und andererseits durch unseren gewohnt souverän agierenden Bundesminister Wilhelm Molterer gesetzt.

Geschätzte Damen und Herren! Wir haben alle gemeinsam dafür Sorge zu tragen, dass wir unsere fundamentalen Lebensgrundlagen – nämlich gesunde Luft, gesundes Wasser und gesunde Nahrungsmittel – auch in Zukunft erhalten. Es ist dies nicht ein Geschenk, sondern eine Leihgabe unserer Kinder, und darauf müssen wir in höchstem Maße achten. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)


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14.22

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Heinzl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

14.22

Abgeordneter Anton Heinzl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Den Inhalt der gesamten Palette der Gesetze, die in diesem Saal in diesen Tagen beschlossen wurden und werden, kann man zusammenfassend im Wesentlichen als ziellose und zügellose Geldbeschaffung beim Steuerzahler bezeichnen.

Ein gutes Beispiel dafür ist auch die Novellierung des Altlastensanierungsgesetzes. Derzeit beträgt der Altlastenbeitrag 400 S pro Tonne, und er wird mit 1. Jänner 2001 auf 600 S pro Tonne erhöht. Sie bürden den Bürgerinnen und Bürgern damit eine ungerechtfertigt hohe Last auf. Zahlreichen Deponiebetreibern, insbesondere kommunalen Unternehmen, beziehungsweise den Städten und Gemeinden selbst wird die wirtschaftliche Grundlage für den Fortbestand ihrer zumeist auf den letzten Stand der Technik gebrachten Deponien entzogen.

Diese massive Erhöhung des ALSAG-Beitrages auf den dreifachen Wert des derzeit gültigen Satzes wird zu gigantischen Mehreinnahmen des Bundes auf dem Rücken der für die Gebühreneinhebung zuständigen Städte und Gemeinden führen, die diese Kosten wiederum an die Bürger weitergeben müssen. Hiezu kommt noch, dass Sie durch wissenschaftlich nicht nachvollziehbare Grenzwerte unnötig hohe Mehraufwände verursachen. Das, Herr Minister, trifft nicht zuletzt alle Projekte zur Errichtung von mechanisch-biologischen Anlagen.

Auch stellt die Novellierung einen weiteren Schritt zur flächendeckenden Einführung von Müllverbrennungsanlagen dar und wirft der ökonomisch und ökologisch wünschenswerten Ergänzung mit mechanisch-biologischen Anlagen einfach brutal Prügel in den Weg.

Die Umweltpolitik dieser Regierung ist unsozial. Die Müllgebühren steigen ständig, während die FPÖ-ÖVP-Regierung kostensenkenden Technologien wie eben mechanisch-biologischen Anlagen, dem mechanisch-biologischen Verfahren, keinerlei Chancen gibt – und dies, Herr Minister, obwohl dadurch die Entsorgungskosten bei gleicher Umweltqualität und die Müllgebühren für die Bürger um zirka 30 Prozent gesenkt werden könnten!

Noch ein paar Worte zur geplanten Novellierung der Verpackungsverordnung. Sie wollen die Sammelquoten für verschiedene Verpackungen von derzeit etwa 95 Prozent auf nur mehr 80 Prozent senken. Kontrollieren wollen Sie das auch erst ab 2004, damit niemand mehr nach der Erfüllung der Quote fragen kann. Außerdem haben Sie noch ein paar Tricks geplant: etwa die Umstellung der Berechnung der Sammelquote vom Füllvolumen auf das Verpackungsgewicht. Dadurch, Herr Minister – das ist Ihnen sicherlich selbst bewusst –, öffnen Sie natürlich den Kunststoff-Einwegverpackungen Tür und Tor.

Sehr geehrte Damen und Herren! Der Herr Umweltminister ist einmal mehr vor dem Herrn Präsidenten der Bundeswirtschaftskammer in die Knie gegangen und hat das seit zehn Jahren aufgebaute Altstoffsammelsystem zugunsten der Gewinnmaximierung von Handel und Industrie verkauft. Dies ist ein Schritt in Richtung Bevorzugung von Großmärkten vor Kleinunternehmen! Dass in der Wirtschafts- und Landwirtschaftskammer die Großen die Kleinen schnalzen, ist ein alter Hut und ist bestens bekannt. Aber Sie betreiben das derzeit in einem nahezu unverschämten Ausmaß!

Sehr geehrte Damen und Herren! Alle Ökobilanzen werden ad absurdum geführt. Eine Mehrwegflasche aus Glas kann bis zu 60 Mal neu gefüllt werden, und danach wird das Glas wieder verwertet. Ähnliches gilt auch für die PET-Mehrwegflaschen. Wir fordern daher die Einführung von Abgaben auf nicht wieder verwendbare Plastikflaschen und Dosen, um die Müllberge nicht in den Himmel wachsen zu lassen. Der im Entwurf vorgesehene Schmäh von "freiwilligen Bemühungen der Wirtschaft" kann nur als schlechter Witz bezeichnet werden.

Sehr geehrte Damen und Herren! Nicht einmal dem ÖVP-nahen und von der ÖVP dominierten Gemeindebund gefällt dieser völlig verfehlte Entwurf. Auch der ÖVP-Gemeindebund fordert eine komplette Überarbeitung. Wir schließen uns aus den zuvor genannten Gründen dieser Forderung an.


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Sehr geehrte Damen und Herren! Die Ansage vom ausschließlich ausgabenseitigen Sparen dieser blau-schwarzen Regierung ist eine leere Worthülse. Die Einzigen, die nach der Verabschiedung dieses Budgets durch die blau-schwarze Parlamentsfraktion sparen müssen, werden die Österreicherinnen und Österreicher sein, denen Sie das Geld aus der Tasche ziehen. Sie werden die Rechnung für diese Arroganz noch präsentiert bekommen! Davon bin ich fest überzeugt, sehr geehrte Damen und Herren der blau-schwarzen Einheitspartei! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Rosemarie Bauer: Diese Rede haben Sie schon vor 14 Jahren gehalten!)

14.28

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Hornegger. Ihre Uhr ist wunschgemäß auf 4 Minuten eingestellt. – Bitte.

14.28

Abgeordneter Franz Hornegger (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die negativen Schlagzeilen füllen unsere Medien, und die Verunsicherung unserer Konsumenten ist groß. Nur ein Beispiel dazu: Auf der Titelseite des "profil" steht die Frage: "BSE in Österreich?" – Diese Verunsicherung, meine Damen und Herren, muss ein Ende haben!

Die in den letzten Jahrzehnten betriebene Agrarpolitik in Richtung Agrarindustrie war sicherlich der falsche Weg, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Rufe bei den Freiheitlichen: Richtig! – Abg. Parnigoni: War das die SPÖ oder die ÖVP? Das war nicht der Finanzminister, sondern der Landwirtschaftsminister!) Es werden dadurch noch sehr viele bäuerliche Betriebe in Österreich in den Ruin geführt werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir müssen den politischen Mut aufbringen, die Weichen verstärkt in Richtung biologischer Landbau zu stellen. (Abg. Dipl.-Ing. Pirklhuber: Genau so ist es!) Herr Bundesminister! Wir sollten es jenen Bauern, die sich bei der letzten Antragstellung im November noch nicht dazu entscheiden konnten, den Schritt in den biologischen Landbau zu wagen, ermöglichen, auch jetzt noch umzusteigen. (Abg. Dipl.-Ing. Pirklhuber: Da bin ich auch bei Ihnen, Herr Kollege, aber das geht nur dann, wenn wir auch die Institutionen fördern!)  – Ja, sehr gut! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Die Befristung, Herr Minister, wie sie im EU-Agrarministerrat beschlossen wurde, kann keine Lösung für die Zukunft sein, denn nur ein permanentes Verbot von Tiermehlverfütterung kann einen längerfristigen Umstieg in den biologischen Landbau sichern. Die sechsmonatige Frist kann nicht die große Ansage für uns Ackerbauern sein, auf pflanzliche Eiweißproduktion zu setzen.

Die Streichung der Zahlungen für die gefährdeten Tierrassen – ich komme selbst aus einem Bundesland, wo die Pinzgauer Rinderrasse noch sehr stark vertreten ist – ist ein weiteres negatives Beispiel.

Herr Kollege Pirklhuber, Sie sind ja selbst, wie heute schon einmal erwähnt wurde, im Biolandbau tätig. Ich möchte sagen: Der Wildwuchs der Kontrollverbände kann auch nicht im Sinne der Biobauern sein. (Abg. Dipl.-Ing. Pirklhuber: Es geht um die freie Wahl! Es gibt ein EU-Gesetz für die Kontrolle!) Wir haben schon jetzt die strengsten Auflagen, die strengsten Kontrollen, die höchsten Betriebsmittelpreise und leider die niedrigsten Erzeugerpreise. Und wir haben die Konsumenten noch nicht davon überzeugen können, dass Qualität vor Quantität steht und dass das gesunde Schnitzel auf dem Teller auch seinen Preis haben müsste. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Erlauben Sie mir noch einige Sätze zum Thema Bundesforste. Was den Verkauf von Waldflächen an bäuerliche Betriebe betrifft, so rate ich der Opposition dringend zur Rückkehr zur Realität. Unser Herr Forstsprecher Pistotnig hat Ihnen vor Augen geführt, wohin das führt, wenn Sie alles umdrehen, was im Prinzip im Forstgesetz verankert ist, und alles an den Pranger stellen. Für die Regierungsparteien ist es nämlich wichtig, dass keine Kerngebiete veräußert werden, sondern dass kleinflächige Randzonen – hören Sie genau zu, Herr Schwemlein; solche haben


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wir im Pinzgau zur Genüge – bäuerlichen Kaufwerbern angeboten werden, denn nur diese sind ein Garant für eine ordentliche Bewirtschaftung unserer Wälder. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Im Gegensatz zur Opposition habe ich das Vertrauen in Sie, Herr Minister, dass Sie mit diesem Agrarbudget und den positiven Weichenstellungen unseren bäuerlichen Betrieben die Chance auf Weiterbestand in der Zukunft sichern. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

14.33

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Parfuss. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

14.33

Abgeordnete Ludmilla Parfuss (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Ich bin vollkommen einer Meinung mit Frau Abgeordneter Achatz und mit meinem Vorredner Herrn Hornegger, dass Massentierhaltung auf jeden Fall denaturiert ist. Da bin ich völlig Ihrer Meinung, aber wahrscheinlich sind wir diesbezüglich alle der gleichen Meinung.

Sie haben in Ihrer Rede die EU-Landwirtschaftspolitik angeprangert. (Abg. Achatz: Die ist gescheitert, die EU-Agrarpolitik!)  – Ja, Sie haben Recht, aber auch die österreichische Landwirtschaftspolitik ist teilweise verfehlt, Frau Abgeordnete. Ich habe Sie eigentlich erst heute wieder sehr "lebendig" erlebt. Im Ausschuss haben Sie nur eine Statistenrolle übernommen, die Sie sehr gut eingeübt haben müssen. Sprachlos habe ich Sie erlebt, und das wundert mich schon sehr, Frau Abgeordnete, wenn ich an frühere Zeiten denke. Vielleicht hat sich die staatstragende Rolle, in der sich die FPÖ jetzt befindet, nur auf Frau Abgeordnete Achatz übertragen. Die anderen Funktionäre tun sich mit dieser Rolle offensichtlich sehr schwer. Denken wir nur an Salzburg! (Beifall bei der SPÖ.)

Wo sind die Zeiten, Frau Abgeordnete, in denen Sie mit flammender, erregter Stimme Kritik und Appelle vorgetragen haben, mit Engagement und Temperament? Mit vielem von Ihrer damaligen Kritik, Frau Abgeordnete, haben Sie völlig Recht gehabt, aber inzwischen hat sich halt etwas geändert. (Abg. Achatz: Was denn?) Sie sind jetzt mit Ihrer Partei Koalitionspartner in der Regierung. (Abg. Achatz: Na und?) Ihre Parteivorsitzende brüstet sich damit, dass die FPÖ eigentlich der Reformmotor ist. (Abg. Achatz: So ist es!)  – "Ändern" ist das Zauberwort, "ändern", Frau Abgeordnete! Aber stattdessen ist die FPÖ wie bei vielen anderen Themen auf Tauchstation, sei es in der Sozialpolitik, sei es im Naturschutz, sei es im Tierschutz.

Frau Abgeordnete! Die Probleme in diesen Bereichen haben sich nicht geändert! Geändert hat sich die FPÖ in der Regierung nach dem Motto: Mein Name ist Hase, ich weiß von nichts. – So geht es natürlich nicht! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Pumberger: Sie haben ja immer gesagt, wir sollen uns ändern! – Abg. Achatz: Also was hätten Sie denn jetzt gern?)  – Ich habe mich jetzt lange genug mit Ihnen beschäftigt, Frau Abgeordnete, jetzt muss ich mich dem Bundesminister zuwenden.

Herr Bundesminister! Sie haben einen Arbeitsbericht vorgelegt und sich darin in Ihrer in langen Jahren geübten Art natürlich in höchsten Tönen gelobt. Sie sind Politiker, daher sei Ihnen das selbstverständlich gestattet. Aber, Herr Bundesminister, Sie können nicht darüber hinwegtäuschen, dass es viele, viele ungelöste Probleme in der Landwirtschaft gibt. Es sind heute schon viele Probleme angesprochen worden, und eines der größten Probleme ist eine klare Richtungsentscheidung hin zum biologischen Landbau.

Heute ist schon sehr oft das Thema BSE angesprochen worden. BSE ist ein Ergebnis der Massentierhaltung, das ist schon oft betont worden. Im Budget ist aber keine Richtungsentscheidung der Regierung hin zu mehr Tierschutz und Biolandwirtschaft erkennbar, Herr Bundesminister. Wie es anders geht, nämlich ohne Skandale und ohne Milliardenentschädigungen, wissen wir aber schon! Die Biobauern leben uns das ja schon jahrelang vor. Die Biobauern dürfen nur hofeigene und gentechnikfreie Futtermittel verwenden, und nur in Ausnahmefällen dürfen sie Futtermittel zukaufen. Gerade der Verzicht auf Kraftfutter, eben die Hinwendung zur biologischen Landwirtschaft erhält – und das ist mir ganz besonders wichtig – auch die bäuerli


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che Struktur und bringt ganz automatisch mehr Tierschutz durch artgerechte Tierhaltung. (Abg. Dipl.-Ing. Pirklhuber: Auch das zeigt der Arbeitsbericht 1999!)

Wir von der SPÖ – aber auch Sie von der FPÖ, das muss ich dazusagen – fordern schon seit Jahren ein Bundes-Tierschutzgesetz, in dem die Vorschriften zur Tierhaltung auf einem hohen Niveau festgeschrieben sind. Vorbild sind die Biobauern mit dem Tiergerechtheitsindex, der artgerechte Tierhaltung garantiert. Wir wollen dieses flexible System der Tierhaltung für alle Bauern einführen. Wir kennen nämlich die Vorteile: die Vermarktung, die nachhaltige Landwirtschaft, gesündere Tiere und – worauf auch mein Vorredner hingewiesen hat – auch zufriedene Konsumenten. Das wollen wir doch alle! (Beifall bei der SPÖ.)

Vertrauen ist in diesem Bereich sehr wichtig. Und wer verhindert es? – Die ÖVP und ihre Organisationen, die natürlich um die Umsätze beim Futtermittel- und Medikamente-Vertrieb bangen. So schaut es aus! Herr Bundesminister! Ich fordere Sie auf: Gehen Sie Ihren eigenständigen Weg! (Beifall bei der SPÖ.)

14.39

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer tatsächlichen Berichtigung zu den Ausführungen des Abgeordneten Hornegger hat sich Herr Abgeordneter Gradwohl zu Wort gemeldet. – Herr Abgeordneter, bitte beginnen Sie mit der Wiedergabe der zu berichtigenden Behauptung und stellen Sie dieser Behauptung den berichtigten Sachverhalt gegenüber.

14.39

Abgeordneter Heinz Gradwohl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Abgeordneter Hornegger hat in seinen Ausführungen unrichtig behauptet, dass die Österreichische Bundesforste AG kleine Flächen an kleine Bauern abgeben werde. – Diese Tatsachenbehauptung ist unrichtig!

Ich stelle sie richtig, Herr Kollege Hornegger – und das ist nachzulesen in den österreichischen Medien aus den Monaten August und September; dem wurde bisher nicht widersprochen –: Aussagen des Generaldirektors Ramsauer, Aussagen des Vorstandsdirektors Uher belegen: Die Bundesforste verkaufen keine Teilstücke, verkaufen keine kleinen Flächen, sondern nur große Flächen!

Die kleinste Größenordnung, von der die Rede war, Kollege Hornegger – ich würde Sie ersuchen, in den Ausgaben der österreichischen Zeitungen von August und September nachzulesen –, waren 115 Hektar. (Abg. Hornegger: Auf Zeitungsberichte verlassen!) Zeigen Sie mir den kleinen Bauern, der diese 115 Hektar kauft! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Kiermaier: 115 Hektar für einen Kleinbauern – super!)

14.40

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Zweytick. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

14.40

Abgeordneter Johannes Zweytick (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Gestatten Sie mir zunächst, meine Betroffenheit über die BSE-Katastrophe zum Ausdruck zu bringen, die ich mit jenen teile, die davon direkt oder auch indirekt betroffen sind. Indirekt betroffen sind auf alle Fälle alle Rinderbesitzer, Rinderhalter und Landwirte, die wirklich aus Idealismus täglich für gesunde Nahrungsmittel sorgen und nicht aus Gründen der Spekulation.

Die Betroffenheit anlässlich einer derartigen Katastrophe kennt einfach keine Grenzen. Mein Mitgefühl gilt allen Bauern in Europa, da sie in Zukunft größere Probleme und auch große Sorgen haben werden, was die Sicherung ihrer Existenz betrifft und auch die Frage, wie man damit umgehen soll. Es stellt sich auch die Frage, was das für kleinere Betriebe bedeutet und wie man damit in der Öffentlichkeit umgeht. Derartige Skandale werden schamlos für Pressemitteilungen genützt, und zwar – würde ich fast sagen – ähnlich schamlos, wie es die Opposition hier tut. Eine Katastrophe wird dazu benutzt, um nichts anderes als eine gewisse Nestbeschmutzung im


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eigenen Land zu betreiben, was dem Image unseres Landes selbstverständlich schadet! (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Gradwohl. )

Hier geht es um ein Ministerium, das wichtiger ist: Es ist das Lebensministerium! Ich erwarte mir hier wirklich die Solidarität einer in der Vergangenheit erfolgreichen Sozialpartnerschaft, die es verstanden hat, gemeinsame Interessen auch gemeinsam nach außen zu tragen. (Zwischenrufe der Abgeordneten Parfuss und Dipl.-Ing. Pirklhuber. ) Das heißt aber auch, Solidarität mit allen Berufssparten in Österreich zu bekunden und wieder zu einer solidarischen Haltung einer einst gelebten Sozialpartnerschaft zurückzufinden. Es sollte nicht so sein wie gestern, als Sie mit einseitigen Aktionen hier in diesem Land für Unruhe gesorgt haben. Ich möchte nur darauf aufmerksam machen: Es wäre sehr schade um die Zukunft dieser erfolgreichen Sozialpartnerschaft, wenn sie in Zukunft durch derartige Aktionen verhindert würde. Ich gebe all dem keine Zukunft. (Ruf: Das ist ja unglaublich!)

Ich komme wieder zum Landwirtschaftsbudget zurück, mit dem wir uns heute befassen. Trotz heute notwendiger allgemeiner Konsolidierungsmaßnahmen, deren Gründe bei Bundesregierungen vergangener Zeiten liegen, ist es dem Landwirtschaftsministerium gelungen, die für die Bauern wichtigen und notwendigen Mittel so wie in der Vergangenheit auch für das kommende Jahr sicherzustellen. Aber diese Sicherstellung gelang nur durch eine interne Kraftanstrengung, die es notwendig macht, große Strukturmaßnahmen intern, also in der Verwaltung zu setzen, wodurch große Einsparungen erzielt werden können.

Auch die Landwirtschaft ist wie alle anderen Sparten in Österreich von den Konsolidierungsmaßnahmen natürlich nicht ausgenommen. Leider musste die vorgesehene Senkung des Treibstoffpreises für die Bauern, siehe Agrardiesel, die einfach notwendig wäre, oder auch der Sockelbeitrag für die Bergbauern auf 2001 verschoben werden. Erfreulich ist es aber, festzustellen, dass die Sicherung der Leistungsabgeltung für unsere Bauern auch für die Zukunft gelungen ist. Das sind vor allem das ÖPUL 2000, die Bergbauernförderung und die Marktordnungsprämie, die alleine von der EU getragen wird. Es ist sogar für 2001 eine Erhöhung auf 8,7 Milliarden Schilling vorgesehen. Minister Molterer hat im Rahmen der Agenda ausgezeichnet verhandelt, sodass eine Zuteilung an Österreich für die ländliche Entwicklung erfolgt. Dafür ist ihm und seinem Team herzlich zu danken. (Beifall bei der ÖVP.)

Auf Folgendes wurde noch nicht eingegangen: Es werden auch in Zukunft wichtige Budgetmittel für den Lawinenverbau und die Wildbachsanierung zur Gewährleistung des Schutzes unserer Bevölkerung zur Verfügung gestellt.

Oder zur Weinwirtschaft: Speziell im neuen Umstrukturierungs- und Umstellungsprogramm ist es gelungen, erstmals Mittel dafür zur Verfügung zu stellen. Das sichert auch nachhaltig flächendeckende Kulturlandschaften und die Existenz des Arbeitsplatzes Bauernhof. (Abg. Eder: Das glaube ich dir, weil da kennst du dich aus!)

Auch zum Klimaschutz ein Wort. Eine stärkere Förderung von Biomasseheizungen ist ein Gebot der Stunde, gerade angesichts des steigenden Ölpreises, was den Anfang vom Ende des billigen Öls oder – deutlicher – den Anfang vom Ende des Erdölzeitalters bedeutet. (Abg. Eder: Da wird es schwieriger!)

Zweckgebundene Mittel in der Wohnbauförderung schaffen dank des Finanzausgleiches immer neue Möglichkeiten für Synergien. Ich bin überhaupt der Meinung, dass in jedem öffentlich geförderten Wohnbauprojekt Biomasseheizungen und, so gut es geht, die Verwendung von Solarenergie in Zukunft zwingend vorgeschrieben sein sollten. In meiner Gemeinde ist das heute bereits selbstverständlich. (Abg. Eder: Das ist gut! Da sind wir uns einig! – Abg. Parfuss: Du hast die Zeit schon überzogen!)  – Ich habe meine Redezeit überzogen, will sie aber nicht weiter überziehen, denn Zeit ist kostbar.

Sie hatten lange genug Zeit, und Sie haben die mit den heutigen Maßnahmen auf die österreichische Bevölkerung zukommenden Belastungen mit zu verantworten und auch mit zu tragen. Aber Belastungen sind da, um künftig zu ent lasten. Und ich bitte trotzdem abschließend auch


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um Ihre Solidarität. – Herr Minister, herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

14.46

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Schwemlein. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

14.46

Abgeordneter Emmerich Schwemlein (SPÖ): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Vor allem meine Damen und Herren auf der Galerie! Wie Sie sehen, spreche ich nicht als Landwirt zu Ihnen, sondern als Konsument – Konsumenten sind wir ja alle hier im Raum. Ich möchte den Konsumenten (Abg. Achatz: Das sind aber die Landwirte auch!) – ich nehme an, dass auch die Landwirte Konsumenten sind – zwei Aussagen in Erinnerung rufen.

Zum einen hat Herr Kollege Zweytick in einer für mich nicht nachvollziehbaren Art und Weise gesagt: Die SPÖ betreibt Nestbeschmutzung gegenüber den Bauern.

Zum Zweiten kam Herr Kollege Freund hier heraus und sagte im Zusammenhang mit BSE: Damit nicht die Bauern die Zeche zahlen müssen.

Jetzt frage ich zum einen: Welche Zeche?, und zum Zweiten, meine Damen und Herren: Wer zahlt denn all die Folgekosten von BSE? – Nicht die Bauern, sondern die Konsumentinnen und Konsumenten! (Beifall bei der SPÖ.) Und jetzt frage ich Sie: Wer hat es verursacht? Haben die Konsumenten BSE verursacht? – Aber wirklich nicht! Die Bauern haben BSE verursacht! (Abg. Zweytick: Das ist ein Wahnsinn! – Anhaltende Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Jetzt sage ich Ihnen Folgendes, und jetzt reden wir über die Produktion in der Landwirtschaft. (Weitere Zwischenrufe.) – Du redest dann mit, wenn du mitreden kannst. Reden wir über die Produktion in der Landwirtschaft! Es geht darum, eine für den Menschen nachvollziehbare Nahrungsmittelkette vorzufinden.

Ich bringe folgendes Beispiel: Wenn Herr Kollege Schwarzenberger in seinem Stall eine 5 000-Liter-Kuh haben will, dann genügt es völlig, wenn er an diese Kuh das verfüttert, was an Ressourcen vorhanden ist. (Abg. Schwarzenberger: Das mache ich!) Da brauche ich keine Chemie, da brauche ich nichts. In dem Augenblick aber, in dem Kollege Schwarzenberger – und ich unterstelle ihm ja nicht, dass er es tut – eine 8 000-Liter-Kuh haben will, genügt das nicht mehr. Dann muss er nämlich hergehen und Zusatzstoffe verfüttern, damit er eine Turbokuh hat. Nur: Mit der Turbokuh beginnt das Desaster in der Landwirtschaft und in der Folge mit den Produkten, die den Österreicherinnen und Österreichern angeboten werden!

Ich sage noch einmal: Der Konsument ist auf keinen Fall schuld. Schuld ist immer der Produzent. (Abg. Schwarzenberger: Aber nicht der österreichische Bauer!) Werden Sie sich einmal dessen bewusst, dass zwischen Ursache und Wirkung ein großer Unterschied besteht. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Kollege Schwarzenberger! Ich habe nicht gesagt, dass der österreichische Bauer für BSE verantwortlich ist. Das ist ja klar. (Abg. Achatz: Oh ja! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Wieso? Es ist ja in Österreich kein BSE-Fall aufgetreten. Oder wollt ihr urplötzlich sagen, wir hätten ... (Abg. Zellot: "Die Bauern"! Wo sind die?)  – Überall gibt es Bauern, bitte. Überall gibt es Bauern!

Vergessen wir Folgendes nicht: Auch in Österreich lagern 330 000 Tonnen Tiermehl. Jetzt hat Herr Kollege Schwarzenberger richtigerweise gesagt: Von diesem Tiermehl exportieren wir ja die Hälfte, weil wir damit ohnehin nichts anfangen können. Da stelle ich gleich die Frage: Wohin exportieren wir denn das, meine Damen und Herren? – Das exportieren wir in den Ostblock, das wird dort verfüttert, und aus diesen Ostblockländern holen wir wieder unsere Produkte herein. Das heißt, das, was wir in Form von Tiermehl in den Ostblock exportiert haben, holen wir uns in


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Form von Fertigprodukten wieder zurück. (Abg. Gatterer: Wo ist der Ostblock?) Und das ist die Katastrophe in diesem Kreislauf, für den Sie verantwortlich sind, meine Damen und Herren.

Ein weiterer wesentlicher Punkt, den ich in dieser Sache ansprechen möchte. Wenn wir hier über Landwirtschaft reden, dann reden Sie, möglicherweise legitimiert, darüber, was Sie alles an Förderungen haben wollen. Reden Sie aber bitte endlich einmal auch darüber, welche Rechte der Konsument hat. Der Konsument hat das Recht auf ein ehrliches, sauberes Produkt. Jetzt sage ich, wenn der Landwirt ein solches ehrliches und sauberes Produkt herstellt, dann soll auch er den Preis dafür bekommen, und wenn der Markt den Preis nicht zulässt, dann soll eine Förderung dazu dienen, dass ein derartiges Produkt in den Handel kommen kann.

Was aber tun Sie? – Sie machen genau das Gegenteil! Sie fördern die Großbauern mit ihrer industriellen Produktion, und die kleinen Bauern werden in zunehmendem Maße vor die Existenzfrage gestellt. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Kollege Hornegger hat gesagt, die kleinen Bauern werden diejenigen sein, die die Wälder der Bundesforste aufkaufen können. – Lieber Herr Kollege Hornegger! Lesen Sie einmal das, was die Bauern der Region Innergebirg sagen, und zum Zweiten unterhalten Sie sich mit diesen Bauern! Es ist eine Tatsache: Wenn überhaupt Gemeinschaften von Bauern größere Flächen von den Bundesforsten aufkaufen können, dann nur unter der Voraussetzung, dass sie sich verschulden, denn aus der Kasse heraus können sie das nicht bezahlen. Daher ist das Verderbliche an der Politik, die Sie betreiben, dass Sie bereit sind, Eigentum zu verkaufen und dadurch die Bauern in neue Schulden hineinzutreiben! Das ist die mieseste Politik, die es überhaupt gibt! (Beifall bei der SPÖ.)

14.51

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Zweytick zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Abgeordneter, beginnen Sie mit der Wiedergabe der zu berichtigenden Behauptung.

14.52

Abgeordneter Johannes Zweytick (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Herr Abgeordneter Schwemlein hat behauptet, die Bauern seien für BSE verantwortlich.

Ich stelle tatsächlich richtig: Verantwortlich für BSE sind eine sorglose Tierkörperverwertung und Tierkörpermehlproduktion in England, wodurch Infektionen und Schäden in ganz Europa aufgetreten sind. (Abg. Edler: Sind das keine Bauern?) Tatsächlich: In Österreich gibt es keinen einzigen BSE-Fall. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Schwemlein: Ihr braucht es nur nicht zu verfüttern! Das ist ein Holler! Ein blanker Unsinn ist das!)

14.52

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Weinmeier. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

14.52

Abgeordneter Ing. Wilhelm Weinmeier (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte von Seiten unserer Fraktion ganz eindeutig dagegen protestieren, dass mein Vorredner hier die Bauern für den BSE-Skandal verantwortlich gemacht hat. Es ist wirklich nur die Agrarindustrie gewesen, und das sollten Sie endlich auch einmal verstehen, Herr Kollege. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Schwemlein. )

Ich möchte mich aber mit der Abfallwirtschaft beschäftigen, insbesondere mit der Altlastensanierung. Um die gigantischen Mittel, die für die Sanierung im Altlastenbereich erforderlich sind, aufbringen zu können, wurde der Altlastensanierungsbeitrag geschaffen. Für die Vergabe dieser Mittel ist der Altlastensanierungsbeirat, die Altlastensanierungskommission zuständig, und für die Abwicklung die ÖKK. Am 27. November fand die letzte diesbezügliche Sitzung bei der ÖKK statt.


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Erfreulich ist, dass in diesem Altlastensanierungstopf derzeit ausreichende Geldmittel für die Altlastensanierung vorhanden sind. Etwa 1,6 Milliarden Schilling stehen beziehungsweise standen zur Verfügung. "Standen" sage ich deswegen, weil in dieser Sitzung ein umfangreiches Förderungsprogramm beschlossen wurde. Es wurden insgesamt Förderungsmaßnahmen und Projekte in einem Ausmaß von 1,9 Milliarden Schilling beschlossen und ein Förderungsvolumen von 986 Millionen. Dies, meine Damen und Herren, ist im Interesse des Grundwasserschutzes sehr, sehr wichtig.

Ich nenne nur einige wichtige Projekte, die dort beschlossen wurden: Waggonreparaturwerkstätte Deutsch Wagram: Investitionen 91 Millionen Schilling, 53 Millionen Förderungsmittel; Deponie Wr. Neudorf: Investitionen 456 Millionen Schilling, Förderungsbeitrag 134 Millionen; Gaswerk Simmering: Investitionen 511 Millionen, Förderungsbeitrag 260 Millionen. – Diese Förderungsmaßnahmen sind, wie gesagt, sehr, sehr wichtig für unseren Grundwasserschutz.

Erfreulich ist weiters, dass auch Forschungsprojekte aus den Mitteln des Altlastensanierungsbeitrages gefördert werden. Es wurden in dieser Sitzung für zwei Projekte des Forschungszentrums Seibersdorf, die sich mit der Verbesserung im Bereich der Altlastensanierung beschäftigen, Förderungen beschlossen.

Es gibt aber im Bereich der Altlastensanierung das Problem, dass die Anträge rückläufig sind, und das nicht deswegen, weil es keine Altlasten mehr in unserem Land gibt, sondern weil es immer weniger Förderungswerber gibt, die bereit sind, die Eigenmittel dafür aufzubringen. Man wird sich mit diesem Problem über kurz oder lang auseinander setzen müssen.

Es tut sich bei der Altlastensanierung auch im EU-Bereich einiges. Es ist ein neuer Beihilfenrahmenentwurf vorgelegt worden, in dem eine strikte Umsetzung des Verursacherprinzips gefordert wird. Nach diesem Entwurf der EU wird es in Zukunft nicht mehr möglich sein, eine staatliche Förderung zu geben, wenn der Verursacher eindeutig feststeht. Wenn diese Richtlinie so beschlossen wird, dann wird das eine völlige Neuordnung unserer Förderungsphilosophie und unserer Förderungsrichtlinien erfordern.

Nun noch zu einem anderen Thema, nämlich zum Problem Temelin, weil hier von den so genannten Grünen immer so getan wird, als ob die jetzige Regierung schuld daran wäre, dass wir gegen die Inbetriebnahme des Kraftwerkes nicht mehr tun konnten. Ich zitiere dazu eine Aussage von Kommissar Verheugen, die er kürzlich gemacht hat und die wie folgt lautet:

"Er hoffe, dass der bilaterale Streit" – Anmerkung von mir: es ist interessant, dass er das einen bilateralen Streit nennt – "zwischen Wien und Prag bald gelöst wird. Verheugen erklärte, dass die damalige österreichische Regierung unter Kanzler Klima" – man höre! – " ... bis Ende 1997 die Chance gehabt hätte, Temelin auf die Liste der ,weg zu verhandelnden, weil nicht nachrüstbaren AKWs zu setzen, wie es bei Ignalina, Kosloduj und Bohunice geschah‘. Diese Frist habe Österreich jedoch versäumt." (Ruf bei den Freiheitlichen: Wer war das?)  – Das war Herr Bundeskanzler Klima. (Abg. Schwarzenberger: Deswegen ist er nach Südamerika ausgewandert!)

Also, meine Damen und Herren, insbesondere auch von der SPÖ! Frau Umweltsprecherin! Geben Sie nicht immer dieser Regierung die Schuld. Es wird hier eindeutig festgestellt, dass die Schuld daran, dass wir derzeit bezüglich Temelin in einer so schlechten Position sind, bei der Regierung Klima liegt. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Dr. Keppelmüller: Meinen Sie die "Alleinregierung Klima"?)

Meine Damen und Herren! Da es auch mit Umwelt zu tun hat, möchte ich noch etwas zu den Mobbingplakaten sagen, die die SPÖ jetzt überall zur Verschandelung unserer Natur aufstellt. Man will damit Druck auf frei gewählte Abgeordnete ausüben. Herr Abgeordneter Heinzl! Man sagt mir in Ihrem Bezirksbüro, dass Sie dafür verantwortlich sind. – Er ist nicht da, er ist offensichtlich schon wieder plakatieren gefahren. Herr Abgeordneter Heinzl! Setzen Sie sich hier oder bei anderen Diskussionen mit uns in der Sache auseinander, aber hören Sie endlich auf mit dem Aufstellen dieser Primitivplakate und damit, die Natur zu verschandeln!


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Ihre eigenen Genossen gehen ja auch nicht mehr mit dieser Aktion mit, denn es gibt inzwischen schon eine Aussendung des Vorsitzenden der SPÖ in Brand-Laaben, der sich eindeutig davon distanziert und Sie auffordert, diese Plakatständer sofort wieder wegzuräumen. (Abg. Eder: Da steht schon die Wahrheit drauf!)

Herr Kollege Heinzl – ich bitte, ihm das auszurichten – soll auch schleunigst in meiner Gemeinde diese Plakate wegräumen. Es gibt dort nämlich die Vereinbarung, dass keine Wahlplakate aufgestellt werden. Wenn das nicht unverzüglich geschieht, dann werden wir diese Plakate entfernen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Keppelmüller: Das ist Besitzstörung!)

Bei Sachdiskussionen im Bezirk sehe ich ihn nie, den Herrn Heinzl. Davor drückt er sich immer. Nur beim Plakatieren in der Nacht ist er offenbar stark. Solche undemokratischen Plakate und solche undemokratischen Methoden haben wir in unserer Oppositionszeit nie gebraucht. Es wäre auch gar nicht möglich gewesen, denn um all die Belastungen, die Sie beschlossen haben, auf eine Plakatfläche bringen zu können, hätten wir Großflächenplakate aufstellen müssen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.59

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Keppelmüller. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

15.00

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Herr Bundesminister, Sie werden heute – und auch schon in letzter Zeit – von der Freiheitlichen Partei verwöhnt. Ich habe immer noch die Reden der Kollegin Achatz im Ohr, die Sie schon betroffen haben. Jetzt ist da ein Wandel eingetreten, aber der Beißreflex ist bei den Freiheitlichen immer noch da. (Abg. Mag. Schweitzer: Ist ja gar nicht schlecht!) Er richtet sich also jetzt gegen die SPÖ, aber das klappt nicht ganz. (Präsident Dr. Fasslabend übernimmt den Vorsitz.)

Sie müssen aufpassen, denn es gibt immer noch Ressentiments von früher her. Da lese ich zum Beispiel – ich verurteile das natürlich, weil ich Frau Kollegin Achatz sehr schätze – eine Aussage von einem führenden Bauernbund-Funktionär: dass ihre Aussagen, nämlich jene von Frau Achatz, von "totaler politischer Ahnungslosigkeit" zeugten und nur dazu beitrügen, dass die Bauern verunsichert werden. – Das sagte ein gewisser Schwarzböck; er dürfte in Niederösterreich beim Bauernbund irgendetwas sein. (Heiterkeit und Zwischenrufe bei der SPÖ.) Auch die Aussagen des Kollegen Ledermüller in Richtung Frau Riess-Passer haben wir heute schon gehört.

Der Beißreflex richtet sich jetzt also gegen uns. Wir nehmen zur Kenntnis, dass für die Bereiche Landwirtschaft und Umwelt seit 1986 Edlinger, Klima und Einem zuständig waren. (Heiterkeit bei der SPÖ.) Wir nehmen das zur Kenntnis.

Jetzt wäre es für mich natürlich verlockend: Ich hätte auch noch ein paar Umweltthemen. Aber in der Kürze der Zeit vielleicht nur noch eines, Herr Minister, denn es passt in Ihr Ressort. (Abg. Dr. Martin Graf: Keppelmüller war zuständig!)

Da gibt es die "Fischer-Deponie", und bei der "Fischer-Deponie" werden wir vermutlich sehr viel Geld brauchen. Jetzt höre ich, dass der Katastrophenfonds für die BSE-Zahlungen herangezogen werden soll. Da wüsste ich gerne – vielleicht könnten Sie mir das heute noch beantworten –, wo Sie die 2 bis 3 Milliarden Schilling für die "Fischer-Deponie" untergebracht beziehungsweise wo Sie dafür vorgesorgt haben. Oder werden wir noch sehr lange darauf warten müssen?

Nun zum Budget selbst: Tatsache ist – und das kann niemand wegwischen –, dass es nur im Bereich Panzer, Flugzeuge und Landwirtschaft mehr Geld gibt. Das kann man den Bauern gönnen: 2,4 Milliarden Schilling mehr, 700 Millionen Schilling zusätzlich noch heuer.

Herr Bundesminister Molterer! Wenn man sich aber die landwirtschaftliche Struktur bei uns anschaut, die Größe der Höfe – wir kommen ja aus demselben Bundesland, wir haben bei uns


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nicht diese Großbauern, wie es sie in Niederösterreich zum Teil gibt –, dann muss man feststellen, dass diese Agrarpolitik in Wirklichkeit nach wie vor Nachteile für die kleineren Betriebe mit sich bringt.

Das setzt sich fort. Wenn der Sockelbetrag für die Bergbauern ausgesetzt wird und erst in einem Jahr zum Tragen kommt – da kann Kollege Schwarzenberger noch so den Kopf schütteln: das ist einfach so –, und wenn die Gewinnsätze für die Vollpauschalierung um 10 Prozent angehoben werden, so trifft das eben die Kleinen.

Herr Minister! Ich habe Sie im Ausschuss gefragt, wie es bei Hofübergaben mit den entsprechenden Steuern ausschaut. Da haben Sie beruhigt und gesagt: Bis zu einem Einheitswert von 5 Millionen Schilling gilt sowieso die alte Regelung, es wird also nicht verdreifacht.

Aber ganz so ist es offensichtlich nicht. Einer Zeitung des Oberösterreichischen Bauernbundes, also eines mir nicht nahestehenden Organes, entnehme ich Folgendes: Dort haben sie ausgerechnet, dass die Wohngebäude anders behandelt werden. Was die Wohngebäude betrifft, habe ich hier ein Beispiel: ein landwirtschaftlicher Betrieb, Einheitswert 200 000 S, Wohngebäude 300 000 S, Übergabepreis 640 000 S, zwei Leute im Alter von 62 Jahren haben Wohnrecht, Ausgedinge, freie Kost.

Da hätte der Übernehmer für das Wohngebäude bisher 11 184 S zu zahlen gehabt. Demnächst werden es 85 095 S sein – aber nur, wenn der Übernehmer der Sohn oder die Tochter ist, wenn es also ein Verwandter ist. Es gibt aber sehr viele Leute, die kein Kind haben, das dort übernimmt, und dann steigt das noch weiter hinauf. Diese Beispiele gibt es, Herr Minister, die muss man sich wirklich anschauen. Das trifft ganz sicher die Kleinen.

Herr Minister! Ähnlich ist es auch im Bereich der Sozialversicherung. Da wissen wir ja, wenn man beispielsweise einen Hof mit dem Einheitswert von 100 000 S und einen anderen mit dem Einheitswert von 900 000 S hat, dann zahlt jener mit 900 000 S nur das 3,5-fache des anderen an Beiträgen. – Da stimmt doch einiges nicht.

Ich denke aber, Herr Minister, dass Sie das durchaus auch erkennen. Es ist jedoch so schwierig, darum habe ich heute meine Bauernbund-Krawatte angelegt. (Der Redner weist auf seine rot-schwarz gemusterte Krawatte hin, auf der ein Schaf abgebildet ist.) Sie bezieht sich eigentlich auf Jakob Auer, habe ich gesagt, aber sie würde sich auch auf Sie beziehen: ein weißes Schaf hoffentlich unter vielen, vielen schwarzen Bauernbund-Schafen.

Herr Minister! Ich habe jetzt keine Zeit mehr; über den Biodiesel sollten wir noch einmal gesondert reden, nachdem ich irgendwo ein Interview mit Ihnen gelesen habe, in dem Sie erfreulicherweise gesagt haben, dass Sie auch an einer Ökobilanz beim Raps-Anbau interessiert sind. Eine solche Ökobilanz fordere ich schon lange. Ich hoffe, wir werden diese bald bekommen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Hornegger: Edlinger-Krawatte!)

15.04

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Loos. – Bitte.

15.05

Abgeordneter Johann Loos (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Wenn man die Debattenbeiträge von SPÖ-Rednern und denen der Grünen hört, könnte man glauben, Österreich befinde sich mitten in einer Katastrophe. Es wundert mich, dass manche noch nicht ausgewandert sind. Herr Abgeordneter Brix, als wir das letzte Mal in Bosnien waren, hätten manche gleich dort bleiben können, so, wie sie reden. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Brix: Minus 12 Prozent!) Ich sage Ihnen: In Österreich ist Gott sei Dank das Gegenteil der Fall! (Abg. Brix: Minus 12 Prozent im Burgenland!)

Weil Herr Abgeordneter Keppelmüller scherzhaft gesagt hat, dass nicht Edlinger, nicht Einem und so weiter für die Umwelt- und für die Landwirtschaftspolitik verantwortlich waren: Na, Gott sei Dank! Wären es diese Herren gewesen, die Sie genannt haben, dann hätten wir möglicher


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weise auch diese Katastrophen, die Ihrer Meinung nach jetzt stattfinden. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Keppelmüller: Wer hat den Bergbauernzuschuss eingeführt?)

Ich möchte aber auf ein besonders positives Beispiel eingehen, was die Umweltpolitik betrifft, und ich möchte mich daher nicht von Ihnen unterbrechen lassen, meine sehr geehrten Damen und Herren von der SPÖ. Es geht um die Nationalparks in Österreich. Darum hat übrigens auch ein Teil der vorigen SPÖ-Regierung besondere Verdienste, das möchte ich unterstreichen. Aber es wurde das mit den Nationalparks jedenfalls unter einem ÖVP-Landwirtschaftsminister eingeführt.

Ich freue mich heute besonders darüber, dass viele burgenländische Jugendliche, aber auch mittlere und ältere Personen aus den Bezirken Neusiedl und Oberpullendorf hier sind. Sie kennen den Nationalpark Neusiedlersee-Seewinkel besonders gut, und deshalb freue ich mich besonders, dass gerade diese Menschen hier sind. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir haben in Österreich nicht nur diesen einen Nationalpark, den ich genannt habe und in dessen Vorstand ich auch sein darf, sondern es gibt bei uns wunderbare Verschiedenartigkeiten, die wir in den Nationalparks haben. Wir haben Hochgebirgs-Nationalparks – Hohe Tauern, Kalkalpen –, wir haben wunderschöne Flusslandschaften – Donauauen-Thayatal –, und wir haben eben diesen Steppen- und Puszta-Nationalpark Neusiedlersee-Seewinkel.

Weil dies Herzeigeprojekte sind, Naturschutz-Herzeigeprojekte, hat unser Herr Bundesminister – das muss ich als lobenswert erwähnen – im heurigen Budget entsprechend dafür vorgesorgt. Da gibt es keine Minderung der Ansätze. Das möchte ich besonders hervorheben. (Beifall bei der ÖVP.)

Dass diese Nationalparks auch von besonderer regionalwirtschaftlicher Auswirkung sind, brauche ich nicht extra zu betonen. Im Fremdenverkehr haben wir gerade wegen der Nationalparks große Fortschritte gemacht. Vom Burgenland weiß ich genau, dass unsere Nächtigungszahlen und auch die Umsatzzahlen in der Gastwirtschaft enorm angestiegen sind, seit wir diesen Nationalpark haben, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das wirkt sich auf den Tourismus aus, und das wirkt sich auf die gesamte Geschäftstätigkeit in den Ortschaften aus.

Was in Zukunft vielleicht noch öfter gemacht werden könnte – und da sind wir jetzt wieder bei der Verbindung von Landwirtschaft und Umwelt –, ist, dass man diese Nationalpark-Produkte entsprechend umsetzt und bewirbt. Dazu bietet uns auch die Europäische Union verschiedenste Möglichkeiten. Es gibt das LEADER-plus-Programm, mit dessen Hilfe beispielsweise in Bezug auf Nationalpark-Produkte geworben werden kann oder auch die Betreuer für die Nationalparks entsprechend ausgebildet werden können, sodass eben Nationalparks bis jetzt noch immer etwas Positives bewirkt haben.

Die Redezeit ist leider Gottes sehr kurz; über diese Nationalparks könnte ich stundenlang reden, weil mir das besonders gefällt. (Abg. Mag. Schweitzer: Bitte!)

Ich habe aber heute gehört, dass die Grünen und die SPÖ leider Gottes nicht zustimmen wollen. Als Gewerkschaftsmitglied wünsche ich mir Folgendes, meine sehr geehrten Damen und Herren: Ich wünsche mir, dass morgen in Apetlon oder in St. Andrä – dort lebt eine SPÖ-Abgeordnete – Plakate aufgestellt werden, rot-grün, auf denen steht: "Ich habe nicht für den Nationalpark gestimmt. Ich habe nicht für die Altlastensanierung gestimmt. Ich habe dadurch Arbeitsplätze gefährdet."

Meine Damen und Herren! Ich hoffe, dass ich mir das als Mitglied des Gewerkschaftsbundes auch wünschen darf. (Beifall bei der ÖVP.)

Sie können auch blau-schwarze Plakate aufstellen, auf denen steht: "Johann Loos – ich habe für den Nationalpark gestimmt, ich habe für die Altlastensanierung gestimmt" (Bravo-Rufe bei der ÖVP), damit Sie die Farbe nicht so oft wechseln müssen. (Beifall bei der ÖVP.)


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Meine Damen und Herren! Mit großer Freude stimmen wir diesem Budgetteil natürlich gerne zu. (Beifall bei der ÖVP.)

15.09

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Bauer. – Bitte.

15.09

Abgeordneter Dkfm. Dr. Hannes Bauer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Zuerst einmal freue ich mich darüber, dass sich mein Vorredner so deutlich für Nationalparks ausspricht. Ich habe nicht nur zugestimmt, sondern zwei in Niederösterreich mit geschaffen. (Beifall bei der SPÖ.) Niederösterreich ist das einzige Bundesland, das zwei Nationalparks hat, und darauf bin ich auch sehr stolz.

Aber zuerst möchte ich noch eine Bemerkung zur Frage BSE machen, weil ich glaube, dass die Frage BSE so etwas wie ein Prüfstein und auch ein Wendepunkt in der Agrarpolitik in Europa sein muss. Es ist sicherlich so, dass die Frage nach dem auftaucht, was dahinter steht – nicht die Krankheit, sondern warum so etwas eigentlich entstehen kann: durch eine Agrarindustrie, durch eine Industrie, die eigentlich ausschließlich auf Gewinnmaximierung aus ist und dabei einen Weg beschritten hat, der eine Sackgasse darstellt.

Darüber wurde gestern in einer großen Zeitung berichtet; diese Zeitung hat das Problem auf den Punkt gebracht: "Der Rinderwahnsinn ist eigentlich ein Menschenwahnsinn." Es beginnt dort, wo die Menschen eine industrielle Produktion aufnehmen, die einfach nicht artgerecht sein kann und ist, und letztlich wird die Finanzierung der daraus entstandenen Schäden in Europa Kosten in Milliardenhöhe verursachen.

Herr Bundesminister! Ich glaube, dass wir in Österreich auf einem guten Weg waren; wir sollten auch Vorreiter in Europa bleiben. Es ist einfach wichtig, dass wir das Vertrauen herstellen, aber auch in der Gesamt-Weltpolitik, nämlich im Rahmen der WTO, europäische Gesichtspunkte vertreten, die letztlich darauf hinausgehen, dass die Konsumenten Sicherheit haben und ihr Recht auf gesunde Nahrungsmittel gewährleistet ist. Es muss aber ein Umdenkprozess nicht nur in der Landwirtschaft, sondern letztlich auch beim Konsumenten stattfinden.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Ich meine, dass das wirklich notwendig ist. Wenn man nämlich gewisse Zusammenhänge ignoriert – dass man zum Beispiel früher, um eine gewisse Reife des Fleisches zu erreichen, ein halbes oder ein Dreivierteljahr etwa bei Hühnern brauchte, und jetzt muss in acht bis zwölf Wochen das Gleiche erreicht werden –, dann muss ja geradezu ein Weg gegangen werden, der in eine solche Sackgasse führt.

Daher sollte man dies – bei aller Problematik und bei all dem, was in diesem Zusammenhang noch an Kosten entstehen wird – auch als einen Wendepunkt der Agrarpolitik betrachten: eine Hinwendung zu einer kleiner strukturierten Landwirtschaft, weg von der bestehenden industriellen EU-Landwirtschaft.

In diesem Zeitungsartikel wurde auch berichtet, dass die Sprache sie verrät. – Die Sprache verrät sie tatsächlich. Man spricht zwar von "Lebewesen" – da muss man auch die Achtung vor der Schöpfung mit einbeziehen –, verwendet aber ganz andere Begriffe, so zum Beispiel "kontaminiertes Material" – so, als wären das keine Lebewesen –, oder es werden die Kadaver und Leichen, die da aufgestapelt werden, nur in Milliarden bemessen, ohne dass auch die Tragödie gesehen wird, die dahinter steckt.

Sehr geschätzte Damen und Herren! Man muss daher einen anderen Zugang haben. Diese Situation zwingt uns in eine Diskussion, die schon lange hätte geführt werden müssen, nämlich eine Ethik-Diskussion, die nicht unter den Gesichtspunkten der Lobby-Interessen, sondern unter einer wirklichen, gesamthaften Ethik zu sehen ist! Darauf möchte ich hinweisen. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Bundesminister! Ein anderer Aspekt, der mir sehr am Herzen liegt, ist Folgender: Als einer, der lange in der Wasserwirtschaft tätig ist und der in der Kommunalkredit die Interessen Nieder


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österreichs und Österreichs vertritt, möchte ich sagen: Ich verstehe es nicht, dass Sie den Ansatz der Förderungen, was die Siedlungswasserwirtschaft betrifft, zurücknehmen. Das ist deshalb unverständlich, weil das sowohl für die Umwelt als auch für die regionale Wirtschaft wichtig ist. Eine Rücknahme der Investitionen um rund 40 Prozent bis zum Jahre 2003 bedeutet letztlich nicht nur eine Verschlechterung für die Umweltbedingungen, sondern bedeutet auch eine Reduktion regionaler Arbeitsplätze in der Bauwirtschaft. – Ich meine, beides sollte vermieden werden.

Wenn man diesen Weg weitergeht, so würde das letztlich bedeuten, dass eine Mehrbelastung für den Anschlusswerber oder für die Gemeinden und Länder entsteht. Und das ist ein unzumutbarer Weg! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Zweytick: Es werden ja immer weniger!) Ich möchte Sie bitten, Herr Bundesminister, dass Sie auf diesem Weg im Interesse der Umwelt und der Zahler, nämlich der Betroffenen, umkehren. – Ich danke. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Schwarzenberger: Hier sprach der große, historische Bauer!)

15.15

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ing. Scheuch. – Bitte.

15.15

Abgeordneter Ing. Kurt Scheuch (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Herr Minister! Wenn man den Ausführungen meiner Vorredner insbesondere von der SPÖ heute aufmerksam zugehört hat – das war schwer genug –, dann fühlt man sich sehr schnell an diese Worte von Oliver Goldsmith erinnert. (Abg. Kiermaier: Der hat ein Selbstbewusstsein! Das ist nicht schwach!) Er sagte: "Wenn kleine Fische sprechen könnten, dann würden sie Reden wie Walfische halten." (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Genau so, meine sehr geehrten Damen und Herren vom linken Viertel – denn es ist nur noch ein Viertel übrig geblieben –, verhalten Sie sich! (Abg. Kiermaier: Das ist letztklassig!) Sie kommen hier heraus und reden über Dinge, von denen Sie überhaupt keine Ahnung haben und für die Sie in den letzten 30 Jahre null gemacht haben. Sie entdecken Ihr großes Herz für die kleinen Bauern, meine sehr geehrten Damen und Herren von der SPÖ, aber dazu sind Sie einfach nicht berechtigt. (Abg. Dr. Keppelmüller: Von wem ist der Bergbauernzuschuss? – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Sie gehen sogar noch einen Schritt weiter – und säen Hass. Sie säen Hass in die Herzen der Menschen. Ich möchte gar nicht auf Ihre außenpolitischen Machinationen zurückkommen; aber im innenpolitischen Bereich schicken Sie die Leute auf die Straße. Sie gehen sogar noch weiter: Sie sind fähig, wirklich dazu fähig, eine ganze Berufsgruppe, einen Berufsstand, nämlich die Bauern, mit Wahlslogans wie "Die Bauern und die Großindustriellen sind die Gewinner dieser Regierung" in Verbindung zu bringen. (Demonstrativer Beifall des Abg. Schwemlein. )

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich sage Ihnen noch etwas: Ich bin stolz darauf, dass wir jetzt eine Regierung haben, die sich einmal durch ihre Arbeit klar zur ländlichen Bevölkerung bekennt! Das ist wirklich ein Meilenstein und ein Fortschritt in der Politik. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Dabei räume ich durchaus ein, dass sicherlich nicht alles gelöst ist. Wir werden uns natürlich überlegen müssen, dass es bei den Produktionsmitteln "Waffengleichheit" geben muss. Es wird sicherlich wichtig sein, dass der Agrardiesel eingeführt wird. Man muss auch über das "Austria-Gütesiegel" sprechen, gar keine Frage.

Aber wenn man andere Dinge hernimmt, die diese Regierung eigentlich in schnellster Zeit erledigen konnte, wie zum Beispiel das Karenzgeld für alle, wie zum Beispiel die Einführung des Kindergeldes, dann muss ich sagen: Das sind auch wirklich wichtige Bereiche für die Bäuerinnen, gerade für die Bäuerinnen!


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Wenn Sie – das muss ich hier auch an die Adresse der Grünen ganz klar sagen – nicht immer nur die linke Medien-Schickeria vertreten würden, dann würden Sie in diesem Bereich ganz klar das Herz am richtigen Fleck haben. (Abg. Dr. Glawischnig: Wer ist die "linke Medien-Schickeria"?) Diesen Leuten – das sage ich gleich hinzu – schlagen Sie mitten ins Gesicht, indem Sie zum Beispiel hier groß verkünden: Die Bundesforste werden ausverkauft.

Sehen Sie das einmal als Chance! Wenn Sie, Herr Kollege Schwemlein, niemanden kennen, der Bundesforste im kleinen Bereich kaufen will, dann nehmen Sie mich her. Schauen Sie mich an: Als kleiner Bergbauer aus dem Mölltal werde ich mich bemühen, dass ich ein kleines Trennstück von den Bundesforsten Millstatt bekommen werde. – Dafür bin ich ein lebendes Beispiel. (Abg. Schwemlein: Aber reden wir weiter, wenn Sie es haben!)

Herr Kollege Schwemlein! Ihr jetziger Zwischenruf zeigt den Bezug, den Sie zur Landwirtschaft haben. Das ist nämlich maximal Ihre geistige Schrebergärtnerei in diesem Bereich. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Herr Abgeordneter! Ich glaube, dass das nicht gerade die Ausdrucksweise ist, die wir im gegenseitigen Umgang pflegen sollten. (Abg. Ing. Westenthaler: Das war aber wirklich nicht schlimm!) Ich bitte, bei den weiteren Ausführungen darauf zu achten! (Abg. Ing. Westenthaler: "Schrebergärtnerei"! Was haben Sie gegen Schrebergärten?)

Abgeordneter Ing. Kurt Scheuch (fortsetzend): Die Wahrheit tut oft weh. Das verstehe ich schon, und das respektiere ich auch, Herr Präsident.

Grundsätzlich ist zu sagen, dass dieser Bundesforste-Verkauf durchaus eine Chance für kleine Landwirte ist, ihren Betrieb aufzustocken. Es ist auch durchaus eine Chance, wenn man von der geschichtlichen Seite her sieht, dass diese Bereiche den Leuten zu Maria Theresias Zeiten weggenommen wurden.

Besonders verwerflich ist, dass Sie sagen: Durch diesen Bundesforste-Verkauf solle es zu einem "Raubbau an der Natur" kommen. – Ich hätte mir gewünscht, dass einige von Ihnen hier heruntergegangen wären und sich bei den österreichischen Bauern bedankt hätten: für die reine Luft, für das reine Wasser, dafür, dass es in unserem Land kein BSE gibt!

Und Folgendes noch: Grundsätzlich hat die ländliche Bevölkerung spätestens beim Bodenkuss in Moskau des jetzigen Herrn SPÖ-Parteivorsitzenden Gusenbauer erkannt, welcher geistigen Heimaterde Sie zuzuordnen sind. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

15.20

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Wimmer. – Bitte.

15.20

Abgeordneter Rainer Wimmer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Kollege Scheuch, da Sie uns heute mit einem sehr umfassenden Zitat beziehungsweise Sprichwort entgegnet haben, darf ich Ihnen auch eines mitgeben: "Wenn die Sonne sehr tief steht, werfen auch kleine Zwerge große Schatten." (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte wieder zum Budgetkapitel Umwelt zurückkehren. Für das Jahr 2001 stehen ja für dieses Kapitel 6,1 Milliarden Schilling zur Verfügung. Das ist etwas mehr als im vorigen Jahr, dennoch muss man drei wichtige Punkte festhalten.

Erstens: Diese Bundesregierung ist kläglich daran gescheitert, ein nationales Klimaschutzmaßnahmenpaket auf die Beine zu stellen.

Zweitens: Es gibt keinerlei zusätzliche Mittel für den wichtigen Bereich Anti-Atompolitik.

Drittens: Die Mittel für Umweltschutzmaßnahmen im Ausland bleiben mit den 60 Millionen Schilling, die wir ja bereits voriges Jahr im Budget hatten, auf unbedeutendem Niveau. Wir sehen kein einziges Signal in Richtung Umweltpolitik – und das ist schlecht!


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Sehr geschätzte Damen und Herren! Die Dotierung des Wasserwirtschaftsfonds stellt ein Riesenproblem dar; das hat Kollege Bauer heute schon angeführt. In diesem Bereich wird es in nächster Zukunft, in den nächsten Jahren zu massiven Kürzungen kommen. Was das für unsere Siedlungswasserwirtschaft bedeutet, brauche ich wohl nicht extra zu erwähnen. Ich denke etwa an den Anschlussgrad verschiedener Bundesländer. Herr Kollege Scheuch! Das wäre zum Beispiel ein Grund dafür gewesen, dass Sie das heute erwähnt haben, denn gerade Kärnten ist da an letzter Stelle und würde das Geld dringend brauchen. (Beifall bei der SPÖ.)

Obwohl ein hoher Investitionsbedarf bestünde, wird es nur mehr heuer die Sondertranche mit 3,9 Milliarden Schilling geben, nächstes Jahr wird sich dieser Betrag auf 3,5 Milliarden verringern. In den darauffolgenden Jahren 2002 und 2003 werden dann überhaupt nur mehr 3 Milliarden Schilling übrig bleiben.

Sehr geschätzte Damen und Herren! Das bedeutet nicht nur einen massiven Rückschritt in der Umweltpolitik, sondern diese zurückgehenden Investitionen bedeuten auch massive negative Auswirkungen auf unseren Arbeitsmarkt. Man geht heute schon davon aus, dass im nächsten Jahr, 2001 also, 1 200 Bauarbeiter durch diese Kürzungen betroffen sein werden. – So viel zum volkswirtschaftlichen Schaden, der durch diese Maßnahmen entsteht. Gleichzeitig wissen wir, dass durch dieses reduzierte Bauvolumen die Erfordernisse der europäischen Richtlinie für kommunale Abwässer nicht eingehalten werden können.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Das heißt, wir können nicht einmal unsere selbst auferlegten Ziele erfüllen – und das ist zum Schämen, Herr Bundesminister. Das ist keine Umweltpolitik, die uns nach vorne katapultiert, sondern ganz im Gegenteil: Das ist ein Rückschritt. Das ist eine Umweltpolitik, die wir nicht meinen und daher auch nicht mittragen werden. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

15.24

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Gahr. – Bitte.

15.24

Abgeordneter Hermann Gahr (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Die Situation in Österreichs Landwirtschaft war bis zu jenem Tag, an dem das Thema BSE auftauchte, äußerst stabil. Auf Grund vieler Gespräche, die ich im letzten Halbjahr mit Bauern geführt habe, kann ich berichten, dass diese eigentlich zufrieden waren. Es gab stabile Milch-, Fleisch- und Zuchtviehpreise. – Dieser Optimismus ist aber leider durch das Thema BSE in eine gegenteilige Stimmung umgewandelt worden; es wurde ja heute schon viel dazu gesagt.

Beim Thema BSE dürfen wir nichts beschönigen! Die ersten Draufzahler sind die Bauern, und weitere werden folgen: sei es in der Verarbeitungsindustrie, seien es – in späterer Folge – auch die Konsumenten. BSE können wir nicht durch gegenseitige Schuldzuweisungen lösen, diese helfen uns nicht weiter, sondern wir müssen dieses Thema ernst, europaweit, aber auch mit nationalen Maßnahmen unterstützt lösen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich darf von allen eine gewisse Solidarität einfordern, ein gewisses Vertrauen in unsere Bauern. Wir haben es bis dato gebracht, und wir hoffen und wünschen uns, dass wir auch in Zukunft das Vertrauen der Bevölkerung und der Konsumenten haben werden. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich persönlich bin davon überzeugt, dass aus dieser Krise eine Chance entstehen und dass die kleinbäuerliche, gut strukturierte Landwirtschaft in Österreich, welche bis heute gute und gesunde Nahrungsmittel erzeugt hat, mittelfristig aus dieser BSE-Krise eine Chance bekommen wird.

Wir müssen mit einer traurigen Realität in der Landwirtschaft leben: In den Jahren 1995 bis 1999 gab es einen Einkommensrückgang von 16,7 Prozent pro Betrieb. Wir suchen keine Schuldigen, sondern dafür gibt es Gründe und Ursachen. Österreich hat kleine Strukturen, kleine Betriebe, Berggebiet und benachteiligte Regionen. Wir sind daher unter internationalem Druck und brauchen ein Landwirtschaftsbudget, welches uns in unserer Arbeit unterstützt und


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fördert. Wir hoffen, dass wir das Budget in Zukunft auch für unsere Landwirtschaft sichern können. (Beifall bei der ÖVP.)

Die Landwirtschaft in Österreich braucht breite, vielfältige Wege. Die Produktion allein kann unsere kleinen Betriebe nicht erhalten. Wir brauchen neue Kooperationen mit Wirtschaft, Gewerbe und Handel, wir müssen näher zum Konsumenten. Wir müssen aber auch – wie in allen Berufsbereichen – ein Augenmerk auf die Bildung legen. Wir, die bäuerliche Bevölkerung im ländlichen Raum, brauchen den Zugang zu neuester Technik, Informationstechnik, Kommunikationstechnik. Natürlich müssen auch die Medien in unsere Überlegungen miteinbezogen werden.

Wir müssen durch das Programm "Ländliche Entwicklung" unsere Strukturen verbessern. Wir werden den Bereich Biomasse forcieren, er ist eine Chance vor Ort, wir können damit energie-unabhängiger werden. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Mit dem Budget 2001 werden Härten und Einkommensverluste der Bauern ausgeglichen, der ländliche Raum gestärkt, Akzente in neue und aktuelle Chancen gesetzt. Aber die Bauern leisten auch ihren Beitrag dazu, indem sie bei der Agrarverwaltung und den Strukturen einsparen, den Sockelbetrag aufschieben und in späterer Zukunft den Agrardiesel, wie ich hoffe, erhalten werden.

Das Budget Landwirtschaft ist ein wichtiger Beitrag, nicht nur für die Bauern, sondern für das gesamte Land und für unsere Bürger. Ich hoffe und wünsche mir, dass das heute jeder solidarisch mitträgt. – Danke.

15.28

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Gradwohl. – Bitte.

15.28

Abgeordneter Heinz Gradwohl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich möchte mich eingangs mit einigen Aussagen meiner Vorredner im Rahmen dieser Debatte beschäftigen. Herr Kollege Schwarzenberger, Sie haben in Ihren Ausführungen davon gesprochen, dass der Sockelbetrag nach neuen Kriterien eingeführt wäre, dass er bereits umgesetzt ist und dass das zum Vorteil der österreichischen Bauern und Bäuerinnen gereicht.

Herr Kollege Schwarzenberger! Wenn man die vorgeschlagenen Berechnungen vom Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, die in einigen Kammern beraten beziehungsweise beschlossen wurden und Gültigkeit haben, näher betrachtet, dann sieht man, Ihr Vorschlag – der umgesetzt ist – bedeutet eine Verringerung der bisherigen Ausgleichszahlung um 1 000 S. Diese Verringerung von 1 000 S soll ein Vorteil für die österreichischen Bäuerinnen und Bauern, vor allem für die kleinen sein? – Herr Kollege Schwarzenberger! Das müssen Sie mir einmal "vorhupfen", ich kann das nicht nachvollziehen. (Beifall bei der SPÖ.)

Eine Bemerkung zu Herrn Kollegen Ellmauer, der hier für eine Aufstockung beziehungsweise Erhöhung des Personalstandes der Forstfacharbeiter bei den Bundesforsten eingetreten ist:

Kollege Ellmauer! Die Diskussion der letzten Wochen dürfte spurlos an Ihnen vorübergegangen sein. Glauben Sie wirklich, dass ein Unternehmen, das zwar im vergangenen Jahr 210 Millionen Schilling für das Budget an die Republik abgeführt hat, bei einem Verkauf von 50 000 Hektar – das ist ja nur eine "Kleinigkeit" von einigen Prozent, macht jedoch nach steirischen Verhältnissen umgerechnet rund 62 500 Einfamilienhaus-Grundstücksflächen aus, also nur eine "Kleinigkeit", es sind ja nur ein paar Prozent – im Bereich der Forstwirtschaft zusätzliche Fachkräfte aufnehmen wird, wenn es mit 4 Milliarden Schilling belastet wird? Womit sollen sie denn das finanzieren? – Das Gegenteil ist der Fall! Die Österreichischen Bundesforste werden sich von Fachpersonal trennen müssen, weil sie auch die Flächen, den Wirtschaftswald nicht mehr haben. (Beifall bei der SPÖ.)


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Sie betätigen sich hier als Sandmännchen. Sie wollen uns und der Bevölkerung Sand in die Augen streuen, während Sie in Wahrheit etwas ganz anderes machen: abzocken, verkaufen, verschleudern, Familiensilber zum Schrottpreis hinauswerfen! (Beifall bei der SPÖ.)

Ein weiteres Thema wurde bei dieser Debatte sehr stark besetzt, und zwar die Entwicklung des ländlichen Raumes. Geschätzte Damen und Herren! Die Entwicklung des ländlichen Raumes hat in den siebziger Jahren begonnen und wurde sehr erfolgreich und effizient umgesetzt. (Abg. Großruck: ... natürlich gewachsen!) Herr Kollege Großruck! Auch du kannst noch etwas dazulernen, dann werden deine Zwischenrufe vielleicht ein bisserl besser. (Beifall bei der SPÖ.)

Mit der Bergbauernförderung in den siebziger Jahren wurde tatsächlich eine positive Entwicklung des ländlichen Raumes betrieben. Jetzt gibt es ein Milliardenprogramm, aber laut Antwort des Herrn Bundesministers Molterer im Budgetausschuss, wie sich denn das auf die nichtbäuerliche beziehungsweise die nicht am bäuerlichen Hof beschäftigte ländliche Bevölkerung auswirkt, ist Folgendes beabsichtigt:

Im Rahmen des Budgets 2001 ist geplant, zirka 3 Prozent des Gesamtbudgets für die ländliche Entwicklung laut Artikel 33 einzusetzen. – Das heißt: 97 Prozent kommen den Höfen zugute und nur 3 Prozent der restlichen Wirtschaft beziehungsweise der Bevölkerung im ländlichen Raum! Wenn das der große Wurf für die ländliche Entwicklung sein soll, na dann: Gute Nacht, ländlicher Raum! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es gäbe noch sehr viel zu sagen, etwa im Zusammenhang mit BSE, im Zusammenhang mit dem Verkauf der Bundesforste oder im Zusammenhang mit der österreichischen Agrarpolitik.

Herr Bundesminister! Im Zusammenhang mit BSE möchte ich Ihnen noch einmal eine Frage stellen, die ich bereits vergangene Woche an Sie gestellt habe. Sie haben gesagt, es werden vertrauensbildende Maßnahmen erforderlich sein. Ich habe damals ein Beispiel aus der Zeitschrift "profil" angeführt, wo eine Tafel abgebildet ist, die in der Cafeteria beziehungsweise im Restaurant des Europäischen Rates aufgestellt ist, auf der es heißt: "Sie können unser Rindfleisch beruhigt essen, unser Rindfleisch kommt aus Argentinien." – Das sind für uns keine vertrauensbildenden Maßnahmen!

Oder: Die Sitzung des Rates wird hinter verschlossenen Türen abgehalten. Das sind keine vertrauensbildenden Maßnahmen!

Die Ergebnisse der Beratungen und die österreichische Position, die ich von Kollegen aus dem Ausland erfahre – sie lautet: Österreich kann auf die nationalen Maßnahmen verzichten, sofern der Nachweis geführt wird, dass die gemeinschaftlichen Maßnahmen in der gesamten Union umgesetzt sind, und dies von der Kommission bestätigt wird –, sind das genaue Gegenteil von dem, was Sie, Herr Bundesminister, in der vergangenen Woche hier in diesem Haus den Parlamentariern und Parlamentarierinnen erklärt haben!

Das ist ein Rückschritt, und das ist mit ein Grund, warum wir dem Budget nicht zustimmen können. Der Hauptgrund ist aber der, dass mit diesem Budget 2001 wieder einmal die Chance vertan wurde, die österreichische Agrarförderung gerechter zu verteilen, die Mittel der österreichischen Agrarförderung jenen zuzuführen, die sie tatsächlich brauchen: nämlich den kleinen, den familienbetrieblichen landwirtschaftlichen Strukturen in Österreich.

Da das wieder eine vertane Chance ist, werden wir dem Agrarbudget nicht zustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

15.34

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Schweitzer. – Bitte.

15.34

Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Rednerpult wird von den KollegInnen des Karl Öllin


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ger sehr häufig auch dazu missbraucht, Dinge vorzutäuschen, die man besonders in der Anti-AKW-Politik glaubt, getan zu haben, die aber mit der Realität nicht wirklich im Einklang stehen.

Kollegin Glawischnig hat das heute einmal mehr getan und vor allem auch die Frage gestellt: Was macht denn die FPÖ im Bereich der Umweltpolitik? Was macht die Bundesregierung in diesem Zusammenhang? – Ich habe mir gedacht, ich werde dies jetzt einmal ein bisserl detaillierter vortragen.

Frau Kollegin Glawischnig! Diese FPÖ hat den Dialog mit den Tschechen begonnen, und Ihre Kollegin Moser war ja dann auch mit in der Delegation. Ich glaube, das war ein guter Auftakt für die Gespräche, die dann im Anschluss daran hier in Österreich weitergeführt wurden. (Zwischenrufe der Abgeordneten Öllinger und Dr. Glawischnig. ) Diese Gespräche – auch die SPÖ war da sehr konstruktiv mit eingebunden mit den Kollegen Brix und Keppelmüller; das darf nicht vergessen werden – wurden hier in Wien konstruktiv weitergeführt und, wie ich meine, auch mit einem guten Ergebnis abgeschlossen.

Wenn ich heute Ihren Besuch in Temelin rückblickend betrachte, dann muss ich sagen, es tut mir Leid, dass ich den Termin, den ich damals fixiert hatte – und der der Grund dafür war, dass ich nicht mit dabei war –, nicht verschoben habe, weil Sie in Temelin eine große Chance hatten, die Sie nicht genutzt haben, weil es Ihnen einmal mehr um die mediale Darstellung gegangen ist, einmal mehr um "Kronen-Zeitung"-Fotos, um Schlagzeilen, und nicht um die Sache selbst.

Es ist schade, wenn man aus purer Rücksicht auf die Medienwirksamkeit die Sache vergisst. Das ist ein Dienst, der der gesamten Anti-Atompolitik, die in diesem Hause früher immer von allen vier Parteien getragen wurde, nicht gut getan hat. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Frau Kollegin Glawischnig! Medienwirksamkeit – schön und gut, aber nur dann, wenn sie auch mit Ergebnissen verbunden ist! Ohne Ergebnisse kann sie auf Dauer doch nicht sinnvoll sein. Und dass es Ihnen nur um die Medienwirksamkeit geht, zeigt dieser offene Brief. (Der Redner hält ein Schriftstück in die Höhe.) Sie verschicken heute, am 6. Dezember, einen offenen Brief. Die Grünen richten einen offenen Brief an Bundeskanzler Wolfgang Schüssel. (Zwischenrufe der Abg. Dr. Glawischnig. )

Was wollen Sie? – Sie wollen mit den Vertretern der Bundesregierung, mit den Vertretern des Parlaments, der Länder und der NGOs über diesen Gipfel am 12. Dezember sprechen. Frau Kollegin Glawischnig! Bis heute haben Sie mit den hier im Parlament vertretenen Parteien keinen Kontakt aufgenommen, um über diesen Gipfel zu sprechen. Bis heute haben Sie mit den Vertretern der Bundesregierung keinen Kontakt aufgenommen. Sie verschicken einen offenen Brief und sagen: Ich will das jetzt.

Wenn ich tatsächlich etwas will, dann gehe ich zum Herrn Bundesminister und sage: Könnten wir bitte unsere Position noch einmal vor dem Gipfel am 12. dieses Monats darstellen? (Anhaltende Zwischenrufe bei den Grünen.) Dann gehe ich zu den Vertretern der hier im Parlament sitzenden Parteien und sage: Mein Wunsch wäre, dass wir über all das noch einmal reden, was wir der Bundesregierung für diesen Gipfel mitgeben wollen.

Ihnen geht es um einen offenen Brief, einmal mehr um eine – sagen wir – Geschichte (Abg. Haigermoser: Alibihandlung!), die von Ihnen nicht wirklich ernst genommen wird, weil es Ihnen nur um die Schlagzeile geht und um sonst nichts. Das sind reine Alibihandlungen, Frau Kollegin Glawischnig.

Das geht sogar so weit, dass Sie ignorieren, dass es inzwischen bereits wieder eine Kontaktaufnahme mit den Vertretern der tschechischen Verhandlungsseite gegeben hat (Zwischenrufe des Abg. Öllinger ), dass die Hotline bereits so gut wie fixiert ist, dass der internationale Sicherheitscheck so gut wie fixiert ist und dass auch seitens der Tschechen die Zustimmung zur umfassenden Umweltverträglichkeitsprüfung signalisiert wurde.


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Das alles ist ein Verhandlungserfolg dieser Bundesregierung. Ich hoffe, dass Sie sich das nicht auf Ihre Fahnen heften können werden – auch nicht mit Hilfe Ihrer befreundeten Journalisten und Journalistinnen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Zu guter Letzt sage ich Ihnen noch, dass das, was Sie in diesem Brief auch versuchen, zu relevieren, irgendwie von Unkenntnis zeugt: Beim Gipfel von Nizza wird weder Temelin ein Thema sein, noch wird der Bundesminister dort anwesend sein. Da geht es um die institutionelle Reform, so weit darf ich Sie noch aufklären. Temelin ist dort kein Thema, und der Bundesminister ist dort als österreichischer Vertreter nicht anwesend. Dies zeugt etwas von Unkenntnis der Dinge.

Weiters bringe ich Ihnen von hier aus zur Kenntnis, damit Sie es dann nicht wieder über die Zeitschrift "Format" abstreiten: Kollege Benesch hat mich in einem Schreiben, das ich Ihnen ja zugesandt habe – das sage ich heute dazu, damit nicht wieder die Geschichten mit den Unwahrheiten auftauchen –, zu einem weiteren Gespräch eingeladen.

Frau Kollegin Glawischnig! Ich werde vorbehaltlich der Ergebnisse des Gipfels den 20. Dezember für dieses Gespräch vorschlagen. Das wollte ich Ihnen vom Rednerpult aus sagen, damit es auch protokolliert ist, damit Sie nicht noch einmal mit Unwahrheiten zum "Format" gehen können. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei den Grünen.)

15.40

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Johannes Schweisgut. – Bitte.

15.41

Abgeordneter Johannes Schweisgut (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Die Erörterung des Kapitels Land- und Forstwirtschaft und Umwelt neigt sich ihrem Ende zu. Beinahe 60 Redner haben sich mit diesem Thema beschäftigt. Ich meine, dass das Budgetkapitel Landwirtschaft sehr viele positive Aspekte geboten hat. Vor allem finde ich es erfreulich, dass ein Großteil des Budgets aus EU-Mitteln stammt.

Natürlich ist die heutige Budgetdebatte etwas vom BSE-Problem überschattet gewesen, aber an dieser Stelle möchte ich auch deutlich feststellen – und das zeigt sich sehr deutlich –, dass der österreichische Weg der strengen Kontrollen und vor allem auch der Kleinbetriebe und der Stärkung dieser Kleinbetriebe ein richtiger Weg gewesen ist, den wir schon seit vielen Jahren eingeschlagen haben.

Die Stärkung der bäuerlichen Kleinbetriebe zielte vor allem auch auf die Bio-Bauern ab. Ich möchte auch noch einmal darauf hinweisen, dass im Bundesvoranschlag 2001 auch diese Bauern vermehrt gefördert werden und damit ihre natürlichen Produkte weiterhin anbieten können. Ich möchte ferner festhalten, dass das Budget im Bereich des Bio-Sektors erhöht worden ist – und das, obwohl dieser neue BSE-Skandal, der eine Verschärfung der Lage in der Landwirtschaft hervorgerufen hat, damals noch nicht bekannt gewesen ist. Das bedeutet: Die Regierung hat rechtzeitig Maßnahmen in die richtige Richtung gesetzt. Immerhin weist Österreich mit über 20 000 Bio-Betrieben die absolut höchste Zahl innerhalb der EU aus (Abg. Dipl.-Ing. Pirklhuber: "Absolut" ist nicht korrekt, Herr Kollege! Relativ!)  – richtig, die relativ höchste Zahl. Italien hat die absolut höchste Zahl, aber relativ gibt es in Österreich die höchste Zahl.

In den letzten Jahren ist aber die Lage für die Bio-Bauern natürlich etwas schwierig und immer schwieriger geworden. Besonders in Tirol haben sehr viele Bauern in den letzten Jahren das Bio-Programm verlassen. Die Gründe dafür sind mannigfaltig: Es sind vielleicht die sehr scharfen Kontrollmaßnahmen, die natürlich auch positiv zu sehen sind, vielleicht die Marketing-Strategie, aber natürlich vor allem auch, dass die Kaufwilligkeit der Österreicher gegenüber Bio-Produkten noch nicht in dem Maß vorhanden ist, wie sie es eigentlich sein sollte. (Abg. Dipl.-Ing. Pirklhuber: Das liegt an den Vertriebsstrukturen! Lokale Kräfte haben zu wenig Geld, um damit ein ordentliches Marketing zu machen!)


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Eine weitere Schwierigkeit ist sicher auch die Problematik der Tierhaltung in den alten Höfen. Das ist sicher ein Problem, das man in der Zukunft wird lösen müssen: Man kann vielleicht auf den kleinen, in den Dörfern gelegenen Bauernhöfen eine optimale Bio-Haltung, vor allem was die Freiläufe betrifft, nicht umfassend bieten.

Die im Budget vorgesehenen Voranschläge werden die angespannte Lage sicherlich etwas abfedern. Allerdings kann die Existenz eines Bio-Bauern nicht allein durch Förderungen erhalten werden; auch danach müssen wir uns in Zukunft richten. Subventionen sollen zwar die Produktion und den Verkauf von Bio-Produkten unterstützen, Förderungen können aber nicht die einzige Existenzmöglichkeit für unsere Bauern in der Zukunft sein. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Zusätzliche Einnahmequellen stellen für viele Bio-Bauern natürlich auch der "Urlaub am Bauernhof" und die Pferdezucht dar. Sehr geehrter Herr Minister! Ich darf Sie bitten, die Pferdezucht in Zukunft nicht zu vergessen, denn sie ist für die Bio-Bauern besonders auch im Tiroler Bereich eine wichtige Nebeneinnahmequelle! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

In diesem Bereich ersuche ich Sie, die Kürzungen – gerade bei Subventionen – nicht linear vorzunehmen, sondern auch in den nächsten Jahren wieder entsprechend – so wie bisher auch – auf Einzelprobleme einzugehen. Herr Minister! Ich darf Sie vielleicht in diesem Rahmen auch bitten, im Sinne unserer Haflinger-Züchter in der EU die Anerkennung des Haflinger-Zuchtbuchs als Ursprungs-Zuchtbuch zu unterstützen. 10 000 Haflinger-Züchter sind davon betroffen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Khol: Jawohl, Willi, das ist wichtig!)

In diesem Sinne darf ich zusammenfassend sagen, dass die Bio-Bauern in allen Belangen auch in Zukunft weiter unterstützt werden sollen und dass das Ursprungs-Zuchtbuch nicht nur der Lipizzaner, sondern auch der Haflinger nach Österreich kommen soll. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

15.45

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ing. Schultes. – Bitte.

15.45

Abgeordneter Ing. Hermann Schultes (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich habe "Taferln" mitgebracht. (Der Redner stellt je eine Tafel auf die Regierungsbank sowie vor das Rednerpult. – Ruf bei der SPÖ: Vergessen Sie dann nicht, auszumisten!)  – Also auf dem Mist, den Sie ausbringen, wächst nicht einmal ein Schwammerl! (Rufe bei der SPÖ: Das kann man nicht sehen! – Der Redner ändert die Position der Tafel.) Zufrieden? – Gut. Für die, die ganz schlecht sehen, habe ich auch ein größeres.

Liebe Freunde im Hohen Haus! Freunde der Landwirtschaft und auch solche, die die Bauern beschimpfen! Euch alle meine ich heute mit meinen Worten. (Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Nein, die Kollegen müssen sie kennen lernen. – Gut.

Wir haben in Österreich Bauern, die Gewaltiges leisten, das ist unbestritten. Wir haben in Österreich ein Umweltprogramm, das großartig ist, und wir können auf der Basis der europäischen Grundlage einen eigenen Weg gehen, weil wir Phantasie haben. Vor allem haben wir aber einen gescheiten Minister und Landwirtschaftskammern, die funktionieren. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir haben in Österreich bis jetzt noch immer das Vertrauen der Konsumenten. Und ich sage Ihnen ehrlich: Wichtig für Österreichs Landwirtschaft ist die Zustimmung im Hohen Haus, aber noch viel wichtiger ist, dass die Konsumenten wissen, dass das, was sie von uns bekommen, ehrliche Produkte sind, hinter denen wir wirklich stehen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)


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Mir tut es persönlich weh, wenn ein gewisser Kollege Schwemlein die Bauern für BSE verantwortlich macht. Mein Gott, er versteht es halt nicht besser – Mitleid ist angebracht, also erlaube ich ihm das. (Beifall bei der ÖVP.)

Aber ganz sicher ist: Wenn ein und dieselbe Fraktion sagt, die industrielle Landwirtschaft sei daran schuld, und dann wieder sagt, die Bauern seien daran schuld, dann meine ich, ihr solltet euch zumindest intern ausmachen, was gemeint ist. Wir, die österreichischen Bauern, können jedenfalls nur wieder feststellen: seit zehn Jahren kein Tiermehl – vorher haben wir es auch nicht gebraucht –, die allerhöchsten Standards. (Abg. Dipl.-Ing. Pirklhuber: Nur bei den Rindern, nicht aber bei den Schweinen!) Wir sind im eigenen Bereich sauber. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich möchte daher auch die Freunde von dieser Fraktion bitten, darüber nachzudenken, was sie anrichten, wenn sie eine solche Schwarz-Weiß-Argumentation "daherbringen". (Abg. Dr. Khol: Richtig!) Ich möchte Sie darauf hinweisen, dass es in Österreich nicht nur Bauern gibt, sondern auch eine Lebensmittelverarbeitungsindustrie, die jährlich rund 110 Milliarden Schilling an Umsatz macht, ungefähr 55 000 Mitarbeiter hat und 20 Milliarden Schilling an Löhnen auszahlt, und diese Lebensmittelindustrie ist unser Transmissionsriemen zu den Konsumenten.

Natürlich sind wir über jeden Konsumenten froh, der auf dem Bauernhof einkauft. In der Hauptsache ist es aber so, dass die Ernährungsgewohnheiten, die Lebensgewohnheiten von heute mit sich bringen, dass unsere Kunden Convenience-Produkte kaufen, von der Lebensmittelindustrie vorgefertigte Produkte einkaufen.

Wir alle arbeiten mit geringsten Spannen und ohne Reserven, und wenn Sie eine Krise künstlich herbeireden, die in Österreich nicht stattfindet, dann gefährden Sie in erster Linie die Existenzfähigkeit unserer Verarbeitungsbetriebe; auch die der Bauern, aber wir halten viel aus. Wir sind Genügsamkeit gewohnt. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Dr. Pumberger. )

Wenn aber einmal die Verarbeitungsindustrie den Bach hinuntergeht, dann können wir über österreichische Produkte nur mehr jammern und von der guten alten Zeit reden. Wenn einmal Masterfood oder sonst irgendein europäischer Gigant bei uns das Sagen hat, dann interessiert den das österreichische AMA-Qualitätszeichen überhaupt nicht mehr, sondern dann geht es nur mehr um den billigen Preis, die Austauschbarkeit der Produzenten und letztendlich nur mehr darum, dass der Konsument schluckt, verdaut, schluckt, verdaut.

Freunde! Die österreichische Landwirtschaft, da geht es um das Leben, da geht es um die Umwelt, da geht es um Zukunft und Nachhaltigkeit – und vor allem: es geht um Menschen und um Menschenwürde. Kollege Abgeordneter Bauer, der auch in Niederösterreich nicht den schlechtesten Ruf hat, hat von Ethik in der Landwirtschaft gesprochen. Ihm glaube ich sogar, dass er es ernst meint. Wir werden diese Themen in Zukunft österreichisch besetzt weiterdiskutieren, weil wir in den letzten zehn Jahren schon viel herzuzeigen gehabt haben und wir in diesem Bereich gut weiterarbeiten werden. Den österreichischen Bauern könnt ihr vertrauen! (Beifall bei der ÖVP.)

15.50

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Kogler. – Bitte.

15.50

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Ich kann es kurz machen – es wird gerade ein bisschen länger als eine tatsächliche Berichtigung dauern. Eine solche wäre ja auch angebracht gewesen. Weil es gar so eigenartig ist, muss man es ein bisschen zurechtrücken: Kollege Schweitzer trägt in weinerlicher Manier vor, was die Grünen in Person der Kollegin Glawischnig nicht schon wieder alles gemacht hätten, dass sie in der "Kronen-Zeitung" war, und zwar mit Bild und was weiß ich. – Kollege Schweitzer, der Sie gerade nicht da sind, was wollen Sie? Wollen Sie auch in die "Kronen-Zeitung"? Wollen Sie mit einem schöneren Bild in die "Kronen-Zeitung" als Frau Eva Glawischnig? (Abg. Mag. Stoisits: Das ist unmöglich, das ist ausgeschlossen!)  – Das könnte man auch wieder tatsächlich berichtigen, wenn sich wer findet.


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Bleiben Sie doch dort, wo das Thema hingehört! Die FPÖ hat nicht nur bei der Vertretung des so genannten kleinen Mannes abgedankt, sie ist auch nicht mehr der Vorreiter gegen Machtmissbrauch, sie bringt auch umweltpolitisch nichts weiter, seit sie in der Regierung ist, und rennt jetzt in Person des Kollegen Schweitzer hektisch herum und fuchtelt auf Kollegin Glawischnig hin. Das ist völlig unglaubwürdig, und das gehört hier einfach noch einmal deponiert!

Und im Übrigen zur Beruhigung der Lage: Dieser Brief, auf den Bezug genommen und der hier kritisiert wurde, ist bereits am Freitag an den Kanzler gegangen mit der Bitte und der Aufforderung, seiner Koordinierungsfunktion, nämlich als Kanzler, nachzukommen – damit auch das hier einmal klargestellt ist. (Beifall bei den Grünen.)

Ich nutze die Wortmeldung aber noch für ein Letztes, weil wir doch mitten in der Budgetdebatte sind und Minister Molterer heute anders als bei der Debatte über die Budgetbegleitgesetze anwesend ist. Bei der ersten Erörterung dieser Materie war er, glaube ich, nicht da. Damals war er aus guten Gründen von Frau Ministerin Gehrer vertreten. Ich möchte unser ceterum censeo zu der Debatte um die Fonds im Umweltbereich anbringen.

Meines Erachtens – ganz im Gegensatz zu den heutigen Ausführungen von Kollegem Kaipel – könnte in diesem Bereich wesentlich mehr eingespart werden, wenn endlich ökologische Förderungsziele forciert würden und nicht immer auf diese großtechnologischen Lösungen gesetzt werden würde. Da ist sehr viel drinnen, und wir hoffen, dass diese Vorschläge aufgegriffen werden und dass dies dann mit ein bisschen mehr Respekt behandelt wird und der Finanzminister nicht bei jeder Gelegenheit erklärt, die Grünen haben für nichts und zu gar nichts Vorschläge. In diesem Bereich träfen sich die ökologische, die ökonomische und die soziale Treffsicherheit, wenn man endlich die kleinräumigen Lösungen bevorzugen würde. Noch habe ich die Hoffnung nicht aufgegeben, Herr Minister Molterer, in Ihnen einen vorläufig noch heimlichen, aber bald öffentlichen Mitstreiter für diese Sache zu gewinnen. Ich darf weiter hoffen. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

15.53

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kurzbauer. – Bitte.

15.53

Abgeordneter Johann Kurzbauer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Ich möchte mich mit meinem Debattenbeitrag dem ländlichen Raum und der ländlichen Entwicklung widmen. Meine sehr verehrten Damen und Herren! Versetzen wir uns vier Jahrzehnte zurück und versuchen wir, den ländlichen Raum zu definieren! Ich denke dabei vorwiegend an die Landwirtschaft, an die Bauernhöfe. Wir können feststellen, dass es vor 40 Jahren zirka 400 000 landwirtschaftliche Betriebe gab, dass der Anteil der Beschäftigten in der Land- und Forstwirtschaft bei rund 23 Prozent lag – also nicht ganz ein Viertel oder über ein Fünftel –, und dass damals die Betriebe zu 60 Prozent im Voll- und Zuerwerb geführt wurden. Es hat damals viele Arbeitsuchende gegeben, die in die Stadt gezogen sind, um Arbeit zu finden, und es gab damals das Schlagwort "Landflucht". Es war ein klarer Trend vom Land zur Stadt erkennbar.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! 40 Jahre später, heute im Jahre 2000 gibt es rund 250 000 landwirtschaftliche Betriebe, ein Minus von zirka 36 Prozent, und der Anteil der in der Landwirtschaft Beschäftigten beträgt nur mehr zirka 5 Prozent, ein Minus von fast 80 Prozent.

Es stellt sich für den ländlichen Raum von heute die Frage: Ist dies eine Bedrohung oder auch eine Chance, eine Chance für die Bauern, aber auch eine Chance für unsere Gesellschaft? – Der ländliche Raum von heute ist außer Produktionsstätte von Nahrungsmitteln: Wirtschaftsraum, Kulturraum, Tourismus- und Freizeitraum, Lebensraum. Aber vor allem, meine sehr verehrten Damen und Herren: Der ländliche Raum ist Heimat, Heimat für die gesamte Bevölkerung in diesem Raum. Heute ist der umgekehrte Trend erkennbar: in der Stadt arbeiten und auf dem Land wohnen.

Ich möchte das mit einem Beispiel untermauern: Unsere neue Landeshauptstadt in Niederösterreich, die Stadt St. Pölten, hatte bei der letzten Volkszählung im Jahr 1991 knapp über


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50 000 Einwohner. Heute, im Jahre 2000, knapp vor der kommenden Volkszählung, die ja bekanntlich im Mai 2001 stattfinden wird, hat die Stadt knapp unter 50 000 Einwohner. Dagegen verzeichnen die Umlandgemeinden eine überdurchschnittliche Bevölkerungsentwicklung.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Bild des ländlichen Raumes oder die ländliche Entwicklung ist heute anders als vor vier Jahrzehnten, wird aber in einigen Jahrzehnten wieder anders sein als heute. Wir sprechen heute von globalen Märkten, von Mobilität, vom Miteinander von Stadt und Land, und wir spüren diese Veränderung. Wir spüren aber auch die Sehnsucht der Menschen nach dörflichen Strukturen, nach neuer Lebensqualität, vor allem im privaten Bereich.

Ich bin davon überzeugt, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass diese Entwicklung Chancen für den ländlichen Raum bietet. Gerade unser österreichisches Programm für die ländliche Entwicklung wurde bei den Verhandlungen der "Agenda 2000" in Berlin seitens der EU anerkannt und besonders berücksichtigt. Und dank dem Verhandlungsgeschick unseres Bundesministers Molterer werden bis zum Jahre 2006 jährlich 5,83 Milliarden von der EU für Österreich zur Verfügung gestellt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Wesentlichen geht es um ein neues Programm für die ländliche Entwicklung, um die so genannten Artikel-33-Maßnahmen. Herr Abgeordneter Gradwohl! Wenn Sie meinen, dass gerade diese Maßnahmen für den einzelnen Bauern sind, so möchte ich darauf hinweisen, dass diese Investitionen in vernetzte Aktivitäten und gemeinschaftliche Projekte auch dem Ziel der Sicherung und Verbesserung der Vitalität des ländlichen Raumes dienen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit einer neuen Sichtweise, unterstützt durch ein neues Förderprogramm, ergeben sich für die Entwicklung des ländlichen Raumes neue zukunftsweisende Perspektiven. Zukunftsweisende Perspektiven bringen aber auch Chancen für neue Einkommensmöglichkeiten. – Ich danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

15.58

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Grollitsch. – Bitte.

15.58

Abgeordneter Mag. Dr. Udo Grollitsch (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Herzlich willkommen! – Herr Bundesminister Molterer! Meine Damen und Herren! Ich glaube, die Landwirtschaftsdebatte darf nicht zu Ende gehen, ohne dass das Problem erörtert wird, dass BSE und die Massentierhaltung insbesondere auch ein Problem des Tierschutzes sind. Das ist bisher zu kurz gekommen. EU-weit wird Geschäft mit Tierleid gemacht, meine Damen und Herren! Österreichs Bauern betreiben eine Gratwanderung zwischen artgerechter Tierhaltung, Preisdruck und hohen Qualitätsnormen. Und viele unserer Bauern stürzen bei dieser Kletterpartie ab.

Die EU und ihr Kommissär haben sich bisher am Thema des Tierschutzes vorbeigeschlichen, aber das kann nicht länger so bleiben. (Abg. Dr. Petrovic: Ja!) Schon wegen der Chancengleichheit braucht die Tierzucht einheitliche Tierschutzstandards. Ich hoffe, dass wir uns wenigstens über diese Aussage einig sind. Wir sollten die Chance, die dieses traurige Produkt der denaturierten Fütterung mit sich gebracht hat, nicht vorbeigehen lassen, ohne gerade darauf Bezug zu nehmen!

Meine Damen und Herren! Vor wenigen Tagen haben sich die Länder endlich über den Artikel-15a-Vertrag betreffend erhöhten Tierschutz im außerlandwirtschaftlichen Bereich geeinigt. Das ist für mich und für uns Freiheitliche Grund genug, dass in diesem Bereich bundeseinheitliche Regelungen und ein Tierschutzgesetz für frei lebende Tiere, Tiere im Haus, im Heim, in Zoos und in gewerblicher Tierhaltung geschaffen werden! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der Grünen. – Zwischenruf der Abg. Parfuss. )


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Diesbezüglich ist kein Umdenken erforderlich. Frau Parfuss! Auch Sie wissen, dass wir auf diesem Sektor seit langer Zeit in eine einheitliche Richtung tendieren. Das kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass wir im Sektor der Zuchttiere EU-weite Normen anstreben müssen.

Herr Bundesminister! Noch ein Wort: Von Ihnen als Vollzieher des Wasserrechtsgesetzes fordere ich das Versprechen ein, dass im Sektor der Aufstiegshilfen bei Wasserkraftwerken eine Nachrüstung vollzogen wird! Sie haben das in Aussicht gestellt, ich bitte Sie, hier fortzufahren! – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

16.01

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Petrovic. – Bitte.

16.01

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Mein Vorredner hat das Anliegen betreffend bundeseinheitliche und höhere Standards in Sachen Tierschutz angesprochen. Ich denke, dass eine solche Materie nicht nur den Tieren zugute käme, sondern auch für den KonsumentInnenschutz und für das Überleben kleinerer und mittlerer landwirtschaftlicher Betriebe wichtig wäre.

Herr Abgeordneter Grollitsch! Offenbar ist es Ihnen aber nicht gelungen, Ihren Kollegen Schwarzenberger davon zu überzeugen, denn bei der ÖVP beißen wir mit diesem Anliegen seit vielen Jahren total auf Granit, und das halte ich für schade! (Beifall bei den Grünen.)

Herr Bundesminister! Sie haben im Rahmen Ihrer Ausführungen und bei Debatten im Fernsehen immer wieder die klein- und mittelbäuerliche Struktur der österreichischen Landwirtschaft gelobt. Ohne Zweifel ist die Situation in Österreich noch etwas besser als in anderen Ländern Europas, aber die Tendenz – und für diese Tendenz ist die ÖVP verantwortlich! – ist schlecht.

Herr Bundesminister! Sie kennen genauso gut wie wir die Statistiken darüber, wie rasch der Konzentrationsprozess voranschreitet. Im letzten Grünen Bericht ist ausgewiesen, dass bereits 0,2 Prozent der Hühnerhalter 2,8 Millionen Legehennen haben. Das sind keine Kleinbauern! 9,8 Prozent der Masthühnerhalter haben 5,7 Millionen Hühner. Und 7,5 Prozent der Schweinehalter haben 1,8 Millionen Schweine. – Bei allen Tieren, auch bei den Rindern, ist – wie gesagt – leider ein unglaublich rapider Prozess der Konzentration festzustellen, und für diese Prozesse, Herr Bundesminister, tragen Sie die Verantwortung! (Beifall bei den Grünen.)

Es ist nicht so, dass sich Österreich eindeutig gegen diese Konzentrationsbestrebungen gestellt hätte. Die ÖVP als Regierungspartei machte damals wie heute Druck, dass man sich an den Standards der Agro-Industrie orientieren soll. Hier im Hohen Haus singen Sie das Hohe Lied der Kleinbetriebe, und wenn ausländische Gäste hier sind, dann gibt es natürlich ein hervorragendes österreichisches Biobuffet, aber wenn es darum ging, die gesetzlichen Rahmenbedingungen zu schaffen, dann hat die ÖVP bereits zweimal Druck gemacht, dass die Bestandsobergrenzen hinaufgesetzt werden: 1994 beim EU-Beitritt und vor kurzem im Zusammenhang mit den UVP-Schwellenwerten. Ist das Ihre Unterstützung der kleinbäuerlichen Betriebe? – Das ist eindeutig ein Zug in Richtung Agro-Industrie, diese Kritik kann man Ihnen wahrlich nicht ersparen! (Beifall bei den Grünen.)

Ich komme noch einmal zurück zur Unterstützung von Organisationen und damit zu den Budgetzahlen und ändere den von den Grünen eingebrachten Abänderungsantrag betreffend Bezeichnung des Titels der Regierungsvorlage wie folgt ab:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Pirklhuber, Gradwohl, Freundinnen und Freunde zur Regierungsvorlage betreffend das Bundesfinanzgesetz für das Jahr 2001 samt Anlagen (310 und Zu 310 der Beilagen) in der Fassung des Ausschussberichtes (370 der Beilagen)


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Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

In der Anlage I der im Titel bezeichneten Regierungsvorlage ist der nachfolgende Voranschlagsatz wie folgt zu ändern:


VA-Ansatz


Aufgabenbereich

Bezeichnung

Von

Abzuändern

um

auf

       

Mio. Schilling

 

1/60146

34

Qualitäts-verbessernde und produktions-umlenkende Maßnahmen

230,086

17,0

247,086

 

Die durch die Änderung bedingten Betragsänderungen sind auch in den in der Anlage I sowie Ia, Ib und Ic enthaltenen Summenbeträgen entsprechend zu berücksichtigen.

*****

Was darunter zu verstehen ist, ist klar. Herr Bundesminister! Sie wissen, dass die Bioverbände eine unverzichtbare Rolle bei der Qualitätskontrolle einnehmen. Die österreichischen Biobetriebe – und das sind viele, aber es sind bei weitem noch nicht alle Betriebe – haben nie bei dem Wahnsinn der Tiermehlverfütterung mitgemacht, und es waren die Bioverbände, die für hervorragende und strenge Kontrollen gesorgt haben. Diese Produzenten haben das beste Vertrauen der Konsumentinnen und Konsumenten zu Recht erhalten!

Ausgerechnet für diese Betriebe werden jedoch die Budgets gekürzt. Daher wollen wir, dass der Ansatz, den Sie von 14 Millionen Schilling auf 11 Millionen Schilling heruntergeschraubt haben, erhöht wird, und zwar verdoppelt wird, weil ich glaube, dass die österreichischen Biobetriebe und ihre Verbände das Recht haben, gerade jetzt entsprechend gewürdigt zu werden! (Beifall bei den Grünen.)

Allein im Vergleich zur Aufstockung bei der AMA ist dieser Betrag ohnehin eine Lappalie! Wir wollen, dass von 14 Millionen Schilling auf 28 Millionen Schilling aufgestockt wird. Das wäre gerade jetzt im Sinne einer Stärkung des Vertrauens der Konsumentinnen und Konsumenten dringend notwendig!

Herr Bundesminister! Sie haben gesagt, dass sich die Biobauern und ihre Verbände das Geld über Schulungsmaßnahmen teilweise wieder holen beziehungsweise beantragen können. Sie wissen jedoch genau, dass das nicht so ist! In diesem Zusammenhang geht es tatsächlich um Macht und Einfluss!

Was Sie mit Ihrer Budgetpolitik anstreben, ist klar: Es ist dies eine Disziplinierungsmaßnahme für die Biobäuerinnen und Biobauern. Diese können wohl an Fortbildungsgelder kommen, aber nur über das Monopol der Kammern. (Bundesminister Mag. Molterer: Nein, das ist falsch!) Herr Bundesminister, wieso geben Sie das Geld nicht den Bioverbänden selbst und schaffen dort eine eigene Position für Weiterbildung? Das wäre auch möglich! Wir wollen nämlich die Autonomie dieser Verbände, dass sie ihre eigenen Weiterbildungsmaßnahmen selbst bestimmen können und nicht über einen anderen Ansatz betteln gehen müssen! (Beifall bei den Grünen.)

Herr Bundesminister! Wie gesagt: Es gibt in Österreich etwa 20 000 biobäuerliche Betriebe. Das ist viel im europäischen Vergleich, aber eine sehr große Mehrheit der Betriebe gehört nicht da


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zu, und Sie wissen auch, dass zwar eine Mehrheit der österreichischen Betriebe in den ÖPUL-Programmen ist, etwa 15 Prozent der Betriebe jedoch nicht.

Herr Bundesminister! Wenn Sie so weitermachen und immer den Mantel des Schweigens über die paar ganz Großen, die wir in Österreich auch haben, breiten, wenn man Missstände nicht aufdecken und ansprechen darf, dann tragen Sie die Hauptverantwortung dafür, dass der Verunsicherung nicht wirksam entgegengearbeitet wird!

Sie wissen genau, dass es gerade auch bei diesen paar ganz Großen, die wir in Österreich haben, Unzulänglichkeiten gibt wie etwa Arzneimitteleinsatz, Lobbyismus, Interventionen bei Ihnen und bei den Medien. Es gibt den Versuch, zu verhindern, dass unangekündigte Kontrollen stattfinden. So lange Sie nicht wirklich dafür sorgen, dass die Produktion der Lebensmittel so transparent wie möglich vor sich geht, und so lange Sie nicht wirklich volles Vertrauen auch zu den Bioverbänden haben, so lange laufen Sie Gefahr, dass die Konsumentinnen und Konsumenten irgendwann einmal gar nichts mehr glauben, und das wäre sehr schade! (Beifall bei den Grünen.)

16.10

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Der eben vorgetragene Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht damit mit in Verhandlung.

Da dazu niemand mehr zu Wort gemeldet ist, schließe ich die Debatte.

Wir gelangen damit zur Abstimmung über die Beratungsgruppe VIII des Bundesvoranschlages für das Jahr 2001.

Dazu haben die Abgeordneten Dipl.-Ing. Pirklhuber, Gradwohl und Genossen einen Abänderungsantrag eingebracht.

Ich werde zunächst über den vom erwähnten Abänderungsantrag betroffenen Teil und schließlich über die noch nicht abgestimmten finanzgesetzlichen Ansätze der Beratungsgruppe VIII abstimmen lassen.

Wir gelangen jetzt zur Abstimmung über den Abänderungsantrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. Pirklhuber, Gradwohl und Genossen betreffend den Ansatz 1/60146.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein diesbezügliches Zeichen. – Ich stelle fest: Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Ich lasse sogleich über diesen Teil der finanzgesetzlichen Ansätze in 310 der Beilagen abstimmen und ersuche jene Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten finanzgesetzlichen Ansätze der Beratungsgruppe VIII. Diese umfasst die Kapitel 60 und 61 des Bundesvoranschlages in 310 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein bejahendes Zeichen. – Ich stelle fest: Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Gemäß § 55 Abs. 5 der Geschäftsordnung schlage ich vor, die Abstimmung über die bei der Verhandlung der Beratungsgruppe VIII des Bundesfinanzgesetzes eingebrachten Entschließungsanträge sogleich vorzunehmen.

Wird dagegen eine Einwendung erhoben? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen daher zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. Pirklhuber und Genossen betreffend flächendeckende Ökologisierung der österreichischen Landwirtschaft.


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Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Moser und Genossen betreffend Einführung einer verpflichtenden, klaren und transparenten Kennzeichnung von tierischen Produkten.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Ich stelle fest: Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Beratungsgruppe X

Kapitel 65: Verkehr, Innovation und Technologie

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Wir gelangen jetzt zur Verhandlung über die Beratungsgruppe X des Bundesvoranschlages für das Jahr 2001.

Als Erster zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Eder. – Bitte.

16.13

Abgeordneter Kurt Eder (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Im Rahmen der Regierungsumbildungsdebatte vor zwei Wochen haben wir bereits umfangreich über das Chaos debattiert, das Ihnen, Frau Bundesminister, Ihr Vorgänger hinterlassen hat. Ich denke jetzt zum Beispiel an die Behinderung des Infrastrukturausbaus durch das Hin- und Herschieben von Projekten ohne Gesamtplan oder an das Nichtumsetzen des LKW-Road-Pricings, wodurch dem Straßenbau das nötige Geld fehlt. Diese Regierung schröpft zwar einerseits die Autofahrer um 13 Milliarden Schilling, lässt aber andererseits die LKW-Lobby nahezu ungeschoren.

Ich nenne als Beispiele jetzt auch die im Ergebnis desaströse Versteigerung der UMTS-Lizenzen, wodurch dem Steuerzahler 20 Milliarden Schilling verloren gingen, und die stümperhafte Privatisierung der Telekom AG, im Zusammenhang mit welcher diese Regierung dem Steuerzahler weitere 20 Milliarden Schilling vorenthalten hat. – Diese Zahlen entsprechen nicht meinen Schätzungen, sondern den Schätzungen des Finanzministers dieser Regierung.

Weitere Beispiele sind die völlige Aufgabe aller Positionen der österreichischen Transitpolitik in den Verhandlungen, wodurch die österreichische Bevölkerung mehr Transit erleiden müssen wird, und die völlige Vernachlässigung der Verkehrssicherheitspolitik trotz hoher Unfallzahlen.

Frau Bundesminister! Ich möchte daher heute in erster Linie mit Ihnen die Zukunft diskutieren. Sie werden viele Überlegungen anstellen müssen, und Sie werden viel Kraft und Energie brauchen, um die Verkehrspolitik wieder auf den richtigen Weg zu bringen!

Seit Ihrem Eintreten in die Bundesregierung haben Sie meines Erachtens allerdings bereits zwei wesentliche Fehlentwicklungen mit zu verantworten.

Erstens waren die Weisung im Rahmen der EU-weiten Bahnliberalisierung und das Eintreten für die Zerschlagung der Österreichischen Bundesbahnen in eine Infrastruktur AG und in eine Betriebsgesellschaft meiner Meinung nach schwere Fehler, und zwar betriebswirtschaftlich allein dadurch, dass dem Unternehmen rund eine Milliarde Schilling an Synergien verloren geht. Volkswirtschaftlich würde das bedeuten, dass bei rund 86 Millionen Tonnen Güterverkehr weitere 35 Millionen Tonnen zusätzlich auf die Bahn gebracht werden müssten, um diese Verluste auszugleichen, und das ist eher unmöglich.

Auf dem Gebiet der Diplomatie haben wir durch diese Überlegungen Frankreich und Deutschland schwer verärgert: Wir gelten in dieser Frage nicht mehr als wirklich zuverlässig.

Sehr geehrte Frau Bundesminister! Setzen Sie diesen Weg nicht fort, sondern bekennen Sie sich zu einem integrierten Unternehmen! Die Österreichischen Bundesbahnen sind hervorra


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gend organisiert und auf dem Weg, ein ganz großes Unternehmen im international wachsenden europäischen Logistikbereich zu werden. Dieses Unternehmen braucht jetzt die volle Unterstützung der nationalen Politik! (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geehrte Frau Bundesminister! Durch das neue ASFINAG-Gesetz werden die Straßenbauschulden bis zu 35 Milliarden Schilling erhöht werden. Hiebei handelt es sich um außerbudgetäre Schulden, für die alle Steuerzahler haften. Das ist kein Weg zu einem Nullbudget, sondern ein ungedeckter Wechsel, der durch die anvisierten Bund-Länder-Verträge ausgestellt wird! Stellen Sie daher lieber die Straßenverkehrsinfrastruktur-Finanzierung auf gesunde Beine! Führen Sie so rasch als möglich das LKW-Road-Pricing ein. Mit einem Satz von rund 4 S pro Kilometer lassen sich alle notwendigen Infrastrukturmaßnahmen rasch finanzieren.

Frau Bundesminister! Stellen Sie die gesamte Verkehrsinfrastruktur auf eine ordentliche Planungsgrundlage, und erlassen Sie einen gesamthaften Bundesverkehrswegeplan beziehungsweise Masterplan. In diesem Zusammenhang sind klare Prioritätensetzungen erforderlich. Bauen Sie die Westbahn so rasch als möglich aus! Ich frage Sie aber auch: Was geschieht mit der Südbahn angesichts der Beschlüsse der Landeshauptmänner Pröll, Häupl und Stix – und jetzt Niessl? Wie ist Ihre Haltung zu dieser Frage?

Oder: Wie werden Sie die Verbindungen zu den osteuropäischen Staaten auf Schiene und Straße verbessern? Wann werden die Engpässe auf den österreichischen Autobahnen beseitigt, insbesondere zweiröhrige Tunnelröhren zum Beispiel im Tauerntunnel und am Katschberg fertig gestellt? Und wie wollen Sie all das schließlich finanzieren und durchführen lassen?

Ein derartiger Plan ist mehr als überfällig und so rasch als möglich fertig zu stellen! Besonderes Schwergewicht im Infrastrukturausbau ist der Ostregion und insbesondere dem Großraum Wien zuzumessen. Die hochrangigen Verkehrsverbindungen in die Oststaaten müssen verbessert werden. Ich denke dabei an die A 5, Autobahnspange Kittsee, sowie an den Ausbau der Bahntrassen und Nebenbahntrassen.

Wien braucht einen Autobahn-Schnellstraßen-Ring rund um die Stadt, um vor allem die Wohngebiete zu entlasten. Wien muss Bahnknotenpunkt bleiben. Daher soll der Lainzer Tunnel so rasch als möglich fertig gebaut und ein Wiener Zentralbahnhof konzipiert werden. Wien braucht aber auch einen besseren Nahverkehr ins Umland, daher mehr Nahverkehrsmittel und eine weitreichende Verlängerung der Wiener Linien ins Umland entsprechend den Pendlerströmen. (Beifall bei der SPÖ.)

Nur so wird es möglich sein, auch in Wien den Wirtschaftsstandort und die Qualität des Wirtschaftsstandortes entsprechend abzusichern.

Sehr geehrte Frau Bundesminister! Hören Sie auf, die Pendler zu schröpfen! Sorgen Sie für einen gerechten Ausgleich der Infrastrukturkosten! Betreiben Sie keinen Sozialabbau, weder bei Telefongebührenbefreiungen noch bei Zeitungstarifbegünstigungen! Sorgen Sie für niedere Sozialtarife, vor allem auch im öffentlichen Verkehr!

Sehr geehrte Frau Bundesminister! Helfen Sie den Pendlern, und heben Sie das Kilometergeld um 50 Groschen an, von derzeit 4,90 S auf 5,40 S, und zwar nicht nur für Autofahrer, sondern unabhängig von der Wahl des Transportmittels! Das wäre die entscheidende Hilfestellung für viele Pendler und ein zukunftsweisendes Nahverkehrskonzept! (Abg. Mag. Firlinger: Sie ist nicht zuständig!) Auch wenn jetzt der Zwischenruf kommt, dass Sie nicht zuständig sind, ersuche ich Sie, mitzuhelfen, Frau Bundesminister. (Beifall bei der SPÖ.)

Rasch aktiv müssen Sie auch auf internationaler Ebene werden. Österreich braucht einen neuen Transitvertrag über das Jahr 2003 hinaus. Was ist mit der Brennermautklage? Was ist mit dem Ökopunktesystem? – Setzen Sie die österreichischen Forderungen vor allem gegenüber der Europäischen Union mit Nachdruck durch.

Sehr geehrte Frau Bundesminister! All diese Entscheidungen lassen sich nicht auf die lange Bank schieben. Sie müssen jetzt und rasch getroffen werden. Wir Sozialdemokraten sind selbst


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verständlich bereit, die österreichischen Interessen in der Transitfrage zum Wohle der Bevölkerung zu unterstützen.

Wir werden Sie nach Ihren Taten beurteilen, nach der Zukunftsträchtigkeit, nach der sozialen Dimension, der Wirtschaftlichkeit, der Bürgernähe und dem Umweltschutz. Für Gespräche, sehr geehrte Frau Bundesminister, zwischen den Fraktionen stehen wir auch jederzeit gerne zur Verfügung.

Ich stehe auch nicht an, Frau Bundesminister, Ihnen für diese schwierigen Aufgaben im Interesse der österreichischen Bevölkerung alles Gute zu wünschen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

16.21

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Firlinger. – Bitte.

16.21


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51. Sitzung / Seite 85

Abgeordneter Mag. Reinhard Firlinger
(Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Kollege Eder! Das war dasselbe wie beim letzten Mal: Sie haben gebetsmühlenartig den Forderungskatalog heruntergelesen. Es ist dies der gleiche Forderungskatalog (Zwischenruf des Abg. Edler ), der schon x-mal, Herr Kollege Edler, in Pressemitteilungen von Ihnen, von Ihren Kollegen (Abg. Parnigoni: Weil euch nichts anderes einfällt!), vom Amtsvorgänger Parnigoni heruntergebetet wurde und ein bisschen von Ex-Minister Einem (Abg. Parnigoni: Setzt etwas durch!), der bekanntlich auch einmal die Ressortverantwortlichkeit dafür hatte, gewürzt wurde. Es werden Forderungen, Forderungen, Forderungen gestellt. Man müsste den Eindruck gewinnen, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass eigentlich in den letzten 13 Jahren, in denen ein SPÖ-Verkehrsminister das Kommando in der Radetzkygasse hatte, überhaupt nichts geschehen ist. (Zwischenruf der Abg. Dr. Mertel. ) Das ist der Eindruck, den Sie als Erstredner der parlamentarischen Fraktion der Sozialdemokratie hinterlassen haben. Das ist erschütternd, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich muss Ihnen wirklich eines sagen: Wenn Sie nichts anderes zusammengebracht haben, als Forderungen, die Sie zur rechten Zeit an sich selbst hätten richten müssen, meine Kollegen von der sozialdemokratischen Fraktion, hier zu wiederholen, dann ist das in der Tat ein dürftiges Ergebnis. (Abg. Eder: Vor einem Jahr haben nur Sie gefordert!) – Ich weiß, Herr Kollege Eder, du musst dich noch in deine neue Rolle als SPÖ-Verkehrssprecher einarbeiten. Manches liegt dir wahrscheinlich noch nicht so, aber das wird schon kommen.

Aber nichtsdestotrotz, meine sehr geehrten Damen und Herren, müssen wir doch auf ein paar Fakten – nichts als Fakten –, auf nackte Tatsachen in einer ernst zu nehmenden Debatte zurückgreifen. (Abg. Eder: Die Probleme sind die gleichen!) – Ja, Herr Kollege, die Probleme sind mannigfach, aber: Wer war 13 Jahre lang Verkehrsminister? – Es waren dies nicht Freiheitliche, sondern Leute Ihrer Fraktion! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wer hat denn dieses Chaos hinterlassen? Waren das Freiheitliche? (Rufe bei der SPÖ: Kukacka!) – Mäßigen Sie sich, und besinnen Sie sich.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Eder geht zum Rednerpult und sagt, die Bundesministerin für Infrastruktur setze das Road-Pricing nicht um. Herr Kollege Eder und Herr Kollege Ex-Finanzminister! (Abg. Eder: So lange sind Sie noch gar nicht bei der FPÖ, da waren Sie noch beim LIF! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Meine Damen und Herren! Ich würde ersuchen, Herrn Abgeordneten Firlinger die Möglichkeit zu geben, seine Ausführungen darzulegen, sonst muss er noch einmal auf das Pult schlagen, und das sollten wir, so glaube ich, zu vermeiden versuchen. – Bitte, Herr Abgeordneter, Sie sind am Wort. (Abg. Eder: Wo waren Sie noch überall?)

Abgeordneter Mag. Reinhard Firlinger (fortsetzend): Herr Präsident! Ich habe an sich eine laute Stimme und kann mich im Regelfall durchsetzen. Ich danke dennoch für die freundliche Unterstützung.

Meine Damen und Herren! Kollege Eder geht zum Rednerpult und behauptet, die Ministerin lasse das Road-Pricing treiben und mache nichts. Das stimmt nicht. Wo steht das geschrieben, was Sie, Herr Kollege Eder, hier behaupten? (Abg. Dr. Lichtenberger: Aufpassen!) – Das Road-Pricing ist voll im Gang, meine Damen und Herren! (Abg. Eder: Wo denn?) Die Planungsarbeiten zum Road-Pricing sind voll im Gang. (Abg. Eder: 1998 haben Sie es noch verlangt!) Nur ist das, Herr Kollege Eder, nicht jenes Road-Pricing und nicht jenes Konzept, welches Sie fünf oder mehr Jahre lang auf Teufel komm raus, auf Gedeih und Verderb verteidigt haben, obwohl Sie schon vor einigen Jahren gewusst haben, dass es völlig veraltet ist und nicht dem letzten Stand der Technik entspricht. Aber das ist Ihnen egal. (Abg. Dr. Jarolim: Firlinger muss noch gehen lernen!) Hauptsache, es wird investiert, Hauptsache, es wird Geld zum Fenster hinausgeworfen. Rückfluss, Wirtschaftlichkeit und solche Dinge waren Ihnen immer ein Fremdwort und bleiben für Sie ein Fremdwort, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Richtig ist, dass es im August – ich habe es schon einmal gesagt, aber ich sage es noch einmal – intensive Expertengespräche im Verkehrsministerium gegeben hat. Dabei wurde überlegt – das wissen Sie alle ganz genau, auch wenn Sie heute etwas anderes behaupten –, ob der Übergang auf eine leistungsfähige, moderne Technologie machbar ist oder nicht. Das Ergebnis ist für mich nachvollziehbar: Es ist machbar. Und jetzt geht es in die neue Phase. Daher frage ich mich, was Sie eigentlich wollen. Sie wollen verunsichern, Sie wollen irgendetwas herunterbeten. Aber das ist mir für eine zielgerichtete Verkehrspolitik zu wenig. (Abg. Eder: 3,5 Milliarden Verlust für ...!)

Zweiter Punkt, meine Damen und Herren: Was soll der Unsinn mit der Zerschlagung der ÖBB? – Wissen Sie, das ist auch so ein Schlagwort, das Ihnen über die Lippen kommt. (Abg. Eder: Da war Schmid noch anderer Meinung als Sie! Schmid war meiner Meinung!) Es geht um etwas ganz anderes. Wir wollen in Zukunft – ich glaube, da sind wir einer Meinung, auch ich mit Ihnen, Herr Kollege Eder, und ich glaube, sogar auch mit den Grünen (Abg. Edlinger: Das kann ich mir nicht vorstellen!), wobei das sicher eher die Ausnahme ist – von den Zuwachsraten des Verkehrsaufkommens mehr auf die Schiene bringen. Ergo dessen, meine Damen und Herren, müssen wir auch Kapazitäten verkaufen. (Zwischenruf des Abg. Edler. ) Schienenkapazität muss verkauft werden, und derzeit wird kaum zusätzliche Schienenkapazität verkauft (Abg. Edler: Wieso nicht!), weil all das ein monopolartiges Konglomerat mit einer nur theoretischen Trennung von Infrastruktur und Absatz ist, aber keinen faktischen Trennung. (Abg. Eder: Es kauft niemand eine Lokomotive und einen Zug! Ein Lastwagen ist billiger als ein Zug!) Das ist Tatsache, meine Damen und Herren! (Abg. Edler: Das stimmt überhaupt nicht!)

Es wurde per Gesetz ein Regulator, ein Schienenregulator, eingesetzt, der für Wettbewerb sorgen und den Wettbewerb überwachen soll. Aber was soll der Schienenregulator, wenn kein Wettbewerb vorhanden ist? – Ich glaube, Herr Fuhrmann in Ehren, aber er hätte sich auch etwas anderes erwartet. Wir als Gesetzgeber müssen natürlich dafür sorgen, dass dieser Schienenregulator tatsächlich für Wettbewerb sorgen kann und ein breites Tätigkeitsgebiet hat. (Abg. Edlinger: Stellt die Weichen! – Zwischenruf des Abg. Eder. ) – Aber natürlich, Herr Kollege Eder!

Meine Damen und Herren! Es geht darum, klare Verantwortungsstrukturen zu schaffen. Es geht darum, einmal die Strukturen zu schaffen, dass im internationalen Gleichklang, im internationalen Gefüge auch auf der Schiene die bestmögliche Auslastung herbeigeführt wird und dass nicht nur das Unternehmen ÖBB (Abg. Edler: Kostenwahrheit! Das traut ihr euch nicht!) und ein paar zerquetschte – so sage ich einmal – kleinere Privatbahnen das Netz nutzen können, sondern dass wir wesentlich weiter gehen und das Netz öffnen. So lange aber der Moloch im Vordergrund steht, wird das, meine sehr geehrten Damen und Herren, nicht funktionieren. Das ist das Problem.


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Ich kann nur an Sie appellieren: Bitte lösen Sie sich von dem Gedanken: In dem Moment, in dem man bei den ÖBB einen Beistrich verändert, bricht die Welt zusammen. Es bricht vielleicht die sozialistische Gedankenwelt zusammen, weil jede Veränderung eine neue Dynamik erzeugt, weil natürlich das Unternehmen auf eine ganz andere, moderne Basis gestellt wird und weil sicher ein gewisser Leistungsdruck erzeugt wird. Aber, meine Damen und Herren, wir haben uns im Koalitionsabkommen dazu bekannt (Abg. Edler: Da kennt sich Frau Schoettel besser aus als du!), wir wollen die Modernisierung des Betriebes, wir wollen einen höheren Selbstfinanzierungsgrad, wir wollen das nicht betriebsnotwendige Kapital einmal gründlich durchforsten, und wir wollen, dass die Schwachstellen, die vorhanden sind, auch beseitigt werden können. (Abg. Riepl: Sie sind ein Bremser in der Verkehrspolitik!)

Wir wollen aber nicht, meine Damen und Herren, dass der volkswirtschaftliche Charakter der ÖBB in Frage gestellt wird, denn es gibt weiterhin gemeinwirtschaftliche Leistungen, und dazu gibt es ein ganz klares und 100-prozentiges Bekenntnis seitens meiner Fraktion. Daran wird nicht gerüttelt, meine Damen und Herren!

Wenn wir also eine ernsthafte Debatte führen wollen, meine sehr geehrten Damen und Herren, dann müssen wir uns mit vielen dieser Dinge sehr klar und eindeutig auseinander setzen und die Debatte führen und nicht einfach Forderungen herunterbeten. (Zwischenruf des Abg. Eder. )

Ich glaube, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass die Prioritäten vorgezeichnet sind: Diese Trennung, dieses Projekt, werden wir durchführen. Auf der Straße werden wir ein modernes, zeitgemäßes LKW-Bemautungssystem einführen. (Zwischenruf des Abg. Riepl. ) Auf der Straße werden wir den Lückenschluss durchführen, Herr Kollege, auch wenn Sie sich alterieren. Ich sage Ihnen nur, was wir machen. Nein, so ist das nicht.

Der Vorgänger der jetzigen Bundesministerin, Herr Dipl.-Ing. Schmid, hat eine Reihe von Maßnahmen eingeleitet. Er hat die Prüfung des Semmering-Basistunnels eingeleitet, und es gibt keinen Grund, davon abzurücken. Es wurde eingeleitet, dass jetzt einmal die Strecke
Wien–St. Pölten als erste Priorität im Hochleistungsbereich gebaut wird, und es gibt auch da keinen Grund, daran zu rütteln. Es wird auch auf das Unterinntal und auf den Problembereich des Nordsüdtransits nicht vergessen werden. All diese Fragen kosten natürlich viel Geld, und die Prioritäten muss man immer hinterfragen. (Abg. Haigermoser  – in Richtung SPÖ –: Zehn Jahre habt ihr vorbeigeplant!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren von der sozialdemokratischen Fraktion! Bei Ihnen geht es immer nur um eines: möglichst viel Geld hinauswerfen, Milliarden investieren oder auch nur Milliarden ausgeben; zwischen Investieren und Ausgeben besteht ja ein Unterschied. (Abg. Edler: Sag einmal etwas Konkretes!) Es ist aber egal, wie dann das Resultat ausschaut, Hauptsache, der Staat ist wieder als Unternehmer aufgetreten.

Meine Damen und Herren! Für eine solche Politik stehen wir nicht zur Verfügung. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.) Wir wollen eine andere Politik machen. Wir wollen eine Politik machen (Abg. Eder: Welche Politik?), bei der der Rechenstift, Herr Kollege Eder, ständig im Spiel ist. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

16.33

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Lichtenberger. – Bitte.

16.33

Abgeordnete Dr. Evelin Lichtenberger (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Ministerin! Es ist nicht ganz leicht, nach den Ausführungen meines Vorredners jetzt das Wort zu einer sachlichen Verkehrspolitik zu ergreifen, weil er sich so aufregt und heute ein bisschen nervös ist. (Abg. Dr. Martin Graf: 35 S Benzinpreis! – Abg. Haigermoser: 35 S Benzinpreis! Sind Sie noch dabei?) Aber ich möchte es doch versuchen. Obwohl die Zwischenrufe des Herrn Haigermoser noch nie gestimmt haben und noch immer nicht stimmen, kann er sie nicht unterlassen. Das wird mich aber nicht davon abhalten können, zur Verkehrspolitik etwas zu sagen und nicht zu Klamotten, die da verbreitet werden, obwohl sie jenseits jeder Realität sind. Sie


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haben schon eine Wette verloren, vielleicht verlieren Sie noch eine zweite Wette zu diesem Thema. (Abg. Haigermoser: Mit Ihnen wette ich nicht! Wettschulden sind nämlich Ehrenschulden!)

Nun aber zur Verkehrspolitik: Seit Jahren – das ist einer der problematischsten Bereiche der gesamten österreichischen Politik – tritt die Verkehrspolitik in Österreich auf der Stelle, vor allem wenn man sie an den realen Bedürfnissen – ich rede da auch von den Bedürfnissen der Pendlerinnen und Pendler mit öffentlichen Verkehrsmitteln –, aber auch an den Vorhaben der Regierung selbst – das ist jetzt interessant – misst.

Es gibt ein Kapitel, das sich "Stärkung des Wirtschaftsstandortes Österreich" nennt. Beim Punkt "Infrastruktur und Verkehr" ist eine Liste von neun Punkten zu finden. Von diesen neun Punkten wird ein einziger umgesetzt, worauf mein Vorredner schon mit seiner bekannten Vehemenz hingewiesen hat, und zwar ist das der so genannte Lückenschluss. Der Lückenschluss wird durchgezogen. Der Lückenschluss bedeutet in Wirklichkeit, neue hochrangige Verkehrsachsen für den Straßenverkehr zu errichten und öffentliche Verkehrsmittel, die Jugendlichen, die älteren Menschen, die Menschen ohne Auto dienen, zu vernachlässigen, die Anzahl zu kürzen und vom Markt zu drängen, und zwar auf ganz fiese finanzielle Art und Weise.

Frau Ministerin! Ich habe einiges Positive von Ihnen im Bereich des Umweltschutzes und auch im Bereich des sozialen Engagements gehört. Bitte, zeigen Sie in diesem Bereich Ihr soziales Engagement, indem Sie nicht nur in der Windschutzscheibenperspektive denken, sondern auch jenen Menschen, die andere Verkehrsmittel, die eine andere Art der Mobilität und die mehrere Verkehrsmittel nutzen möchten, endlich zu ihrem Recht verhelfen. Das halte ich für die wichtigste Aufgabe in der Zukunft in Österreich. (Beifall bei den Grünen.)

Der Straßenbau in Österreich wird durchgezogen – egal, ob der Naturschutz zum Beispiel an der S 18 in Vorarlberg gefährdet ist, egal, ob für den Naturschutz bei der Nord Autobahn von Wien in Richtung Brünn im Raum Drasenhofen Gefahr besteht, egal, ob man zwar beim Semmering-Basistunnel heftigste Diskussionen betreffend die Bahn führt, aber bei der Semmeringscheitelstrecke alles, was den Naturschutz betrifft, gleichgültig ist, egal, ob Anrainerinnen und Anrainer unter der zunehmenden Verkehrsbelastung leiden und deswegen Autobahnpläne, wie zum Beispiel jenen von Linz nach Budweis, aber auch für andere Strecken, ablehnen, und egal, ob es tatsächlich einen Bedarf für neue hochrangige Strecken oder so großzügige Umfahrungen gibt, weil man in Wirklichkeit erkennen kann, dass es nur darum geht, dem Transitverkehr, dem weiträumigen Verkehr neue Schneisen auf Kosten der Anrainerinnen und Anrainer zu schlagen.

Es ist auch egal – jetzt sind wir beim Budget –, ob für diese Strecken im Rahmen der ASFINAG die Finanzierung vorhanden ist. Kollege Kukacka beklagt immer mit vielen großen Krokodilstränen den Schuldenberg der ASFINAG. Aber wenn es nun darum geht, Finanzierungsformen zu finden, die in diesem Bereich wirklich seriöse Änderungen herbeiführen könnten, und zwar nicht nur im Straßenbau, sondern im gesamten Verkehrswesen, haben wir heute noch nicht die Sicherheit, dass die Versprechen des Herrn Firlinger, dass das Road-Pricing zum entsprechenden Zeitpunkt kommt, tatsächlich eingehalten werden können.

Eine Anmerkung muss man natürlich schon auch dazu machen: Wenn es sich auf Grund der Größe oder Kleinheit Österreichs in diesem finanziellen Rahmen, also pro LKW-Kilometer 1 S oder 2 S, bewegen wird, dann werden wir weder den Schuldenberg der ASFINAG in den Griff bekommen, noch werden wir Mittel haben, endlich das gesamte Verkehrswesen gesamtheitlich zu finanzieren und gesamtheitlich aufzuarbeiten. (Beifall bei den Grünen.)

Frau Ministerin! Sie sind neu im Amt, deswegen habe ich die Hoffnung, dass Sie vielleicht auch neue Überlegungen zu den Verkehrswegen anstellen werden. Dieser Regierung möchte ich gerade beim Thema Budget noch einmal ganz deutlich sagen, dass man von der Politik, Autobahnen, Schnellstraßen und so genannte Umfahrungen zu bauen, wie jetzt zum Beispiel eine am letzten Wochenende in Abfaltersbach eröffnet wurde – der Pfarrer hat den Ort in "Asphaltersbach" umgetauft, und das mit Recht –, abweichen und wegkommen muss, wenn man eine vernünftige Verkehrspolitik auf Dauer betreiben will, die allen Menschen nützt und nicht nur


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einigen Gruppen, die sehr schnell sehr viele Güter auf der Straße zu Billigstpreisen transportieren möchten.

Diese neuen Schneisen sind vor allem in der Diskussion betreffend den Großraum Wien mehr als interessant. (Abg. Wattaul: Linienverkehr!) Die großen Autobahnringe, die geplant werden, sei es eine Lobau-Autobahn mitten durch wertvollstes Naherholungs- und Schutzgebiet, sei es die Ringautobahn um Graz, seien es ähnliche Bauwerke, wie die Donauquerungen, rücken nun in der Prioritätenliste wieder ganz nach oben. Das ist keine Zukunftspolitik!

Wir haben uns damit auseinander zu setzen, dass natürlich jetzt im Zuge der Osterweiterung neue Aufgaben auf uns zukommen. Wenn wir den entstehenden Wirtschaftsräumen in Mittel- und Osteuropa Straßen an die Grenzen stellen, werden diese Staaten die Straßen weiterbauen, und dann wünsche ich viel Glück und schönes Wetter, wenn man versuchen will, ein ähnliches Drama wie an der Inntal Autobahn wirklich und zielgerecht zu verhindern. Das kann man nicht so weiter betreiben, wie es offensichtlich jetzt wieder angelegt worden ist. (Beifall bei den Grünen.)

Herr Kollege Eder! Es schockiert mich schon, wenn Sie als Sozialdemokrat diesen Autobahnring um Wien so heftig verteidigen. (Abg. Eder: Wohnen Sie in Floridsdorf? Wohnen Sie in Floridsdorf, Frau Kollegin?) – Ich wohne in Hörweite der Inntal Autobahn, und ich kann Ihnen nur sagen, diese Zukunft wünsche ich Ihnen im Großraum Wien auf keinen Fall. (Abg. Eder: Reden Sie mit der Bevölkerung der Brünner Straße, der Prager Straße! Dann müssen wir diskutieren darüber!)

Das ist eine zentrale Debatte, die wir auch im nächsten Jahr zu führen haben werden. Da das Geld zu "verasphaltieren", anstatt es den Menschen durch einen gut ausgebauten öffentlichen Verkehr zugute kommen zu lassen, halte ich für eine falsche Politik. (Abg. Wattaul: Öffentlichen Verkehr gibt es auch auf der Straße!)

Meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie! Da liegen die Fehler genauso in der Vergangenheit, wie sie jetzt für die Zukunft angelegt worden sind. Das werde ich immer kritisieren, weil ich da nicht auf der Seite der "Asphaltierer" stehe. (Abg. Eder: Da unterscheiden wir uns!) Das ist kein Zukunftskonzept und hat sich nicht bewährt. Das gilt für Sie ganz genauso, und für Sie ganz besonders, mein Herr! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Wattaul: Öffentlichen Verkehr gibt es auch auf der Straße! Haben Sie das schon gehört?)

Womit wir noch einmal bei internationalen Problemen in der Verkehrspolitik wären. Frau Ministerin! Ich konnte den Medien entnehmen, dass die Mautklage nun eingebracht ist, und ich halte das für einen sehr wichtigen Schritt. Mich würde interessieren, in welcher Form sie eingebracht worden ist und ob man die Frage der einstweiligen Verfügung mit angegangen ist und in welcher Art und Weise man das getan hat, denn das ist jetzt natürlich für die Zukunft der Verhandlungen entscheidend.

Frau Ministerin! Sie werden viel Rückgrat vor allem gegenüber Ihrem Koalitionspartner ÖVP brauchen, der seit Jahren eine vernünftige Verkehrspolitik tatkräftigst verhindert hat, wenn es darum geht, eine neue Wegekostenrichtlinie auf Ebene der Europäischen Union zu schaffen, die sensible Korridore, die sensible Zonen – diese haben wir auch in Ostösterreich – so berücksichtigt, dass es keine massiven Belastungen mehr für die Anrainer gibt. (Beifall bei den Grünen.)

Es gäbe noch viel zu diskutieren, seien es zum Beispiel die so genannten umweltfreundlichen neuen Wasserstraßen, die man offensichtlich um 30 Prozent mehr eintiefen will, als es international überhaupt gefordert ist. Das ist natürlich eine Attacke auch in Bezug auf den Naturschutz. Oder es gäbe viel darüber zu diskutieren, dass sich ein Bundesverkehrswegeplan endlich zu einem rechtsverbindlichen Instrument entwickeln sollte und nicht nur ein Wunschkatalog von Bürgermeistern, Landeshauptleuten und Asphaltierern bleibt, der uns in der Vergangenheit schon genügend Probleme beschert hat.


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Wenn Sie aber in die Zukunft schauen, so möchte ich zum Abschluss natürlich noch ein zentrales Thema ansprechen. (Abg. Zweytick: In die Zukunft fahren, nicht schauen!) Im Budget gibt es zwar für Baufeiern mehr Geld – gefeiert wird offensichtlich in erster Linie auf der Straße –, für Verkehrssicherheit, und da für die Forschung, gibt es jedoch weniger Geld, aber das können vielleicht Sie als Neue jetzt doch noch durch Umschichtungen ändern. Es gibt neben etlichen anderen Problemen eine noch immer mangelhafte Verfolgung der Ökopunkte-Schwarzfahrer.

Frau Ministerin! Ich würde Sie wirklich bitten, zu überlegen, ob man verschiedenen Landeshauptleuten, die in der Kontrolle so vorgehen, dass sie sich eher auf Rechtsstreitigkeiten einlassen, als das Problem in Angriff zu nehmen, nicht doch vom Ministerium aus einmal so etwas wie eine Weisung erteilen sollte. Hier spreche ich von Landeshauptmann Weingartner. Das, so glaube ich, wäre wichtig. (Beifall bei den Grünen.)

Ein Punkt aber, bei dem wir finanziell in Zukunft die größten Probleme haben werden – Frau Ministerin, ich will Sie darauf hinweisen, dass das von uns keinesfalls toleriert wird –, ist, wenn die Finanzierung der Schülerfreifahrten aus dem FLAF durch eine Gesetzesänderung gekürzt werden soll und versucht wird, diese mit dem ÖPNRVG, mit diesem Wortmonster für die Finanzierung der öffentlichen Verkehre, in Übereinstimmung zu bringen. Wenn die Schülerfreifahrten in Österreich das nächste Feld der Attacke dieser Bundesregierung gegen die Schwachen in der Gesellschaft sind, dann haben Sie mit unserem entschiedenen Widerstand zu rechnen!

Wir werden es nicht hinnehmen, dass bei den Schülerfreifahrten das Gleiche geschieht wie in vielen anderen Beihilfensystemen für sozial Schwächere, nämlich dass man die Schülerfreifahrten durch finanztechnische Hin- und Herschiebereien so reduziert, dass die Eltern stärker zur Kasse gebeten werden. Da wird es Widerstand geben, aber ich hoffe doch, dass Sie mit Ihrem Engagement in diesen Verhandlungen auch noch etwas bewirken können. Das wäre eine Katastrophe und der nächste soziale Kahlschlag! Frau Ministerin! Das ist ein wichtiges und ein zentrales Betätigungsfeld. (Beifall bei den Grünen.)

Auf Grund dieser Ungleichgewichte und der sich abzeichnenden Probleme auch im Bereich des Budgets können die Grünen dem Budget, vor allem im Bereich Infrastruktur, natürlich nicht zustimmen (Abg. Wattaul: Mit dem können wir leben!) – auch wenn Kollege Kukacka jetzt wieder einmal erklären wird, wie er das immer tut, dass der Einzige, der etwas vom Verkehrswesen versteht, er ist (Abg. Donabauer: Er macht es gut!), da er sich dankenswerterweise gegen die Senkung des Alko-Limits eingesetzt hat. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

16.48

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Kukacka. – Bitte. (Abg. Böhacker: Jetzt wird es sehr schwer werden nach Frau Lichtenberger!)

16.48

Abgeordneter Mag. Helmut Kukacka (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Kollegin Lichtenberger ist immer ausgesprochen "charmant" zu mir. Ich will ihr aber diesbezüglich nicht nachfolgen, das überlasse ich ihr.

Meine Damen und Herren! Aber eines hat sie trotzdem gezeigt, nämlich dass wir mit ihren Vorstellungen, aber auch mit den Vorstellungen des Herrn Kollegen Eder die Verkehrsprobleme der Zukunft nicht lösen werden. Dazu wird es neuerer, innovativerer Vorstellungen bedürfen, und diese haben beide Vorredner nicht vorgelegt – das ist auch klar und eindeutig, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich möchte Ihnen Folgendes sagen: Sie müssen endlich von Ihrer antiquierten und rückwärts gewandten Verkehrspolitik Abstand nehmen (Abg. Zweytick: Das ist richtig!), die sich immer nur an der Einflussnahme des Staates orientiert, die sich darin erschöpft, immer nur mehr Geld von der öffentlichen Hand zu fordern, die nicht versteht, dass sich auch die Verkehrswelt in den letzten zehn, zwanzig Jahren geändert hat, dass wir es auch mit einer Liberalisierung der Verkehrsmärkte und der Verkehrsströme zu tun haben, meine Damen und Herren, und dass darauf die alten falschen Antworten nicht mehr gültig sind. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Eder: Da haben wir kein Problem miteinander! Da sind wir uns einig!)


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Meine Damen und Herren! Diese Bundesregierung hat eine historische Trendwende in der Finanzpolitik vorgenommen (Abg. Riepl: Abkassieren!), und diese Bundesregierung wird auch in der Verkehrspolitik eine Trendwende einleiten! Das finanzielle Erbe, das diese Bundesregierung auch in der Verkehrspolitik übernommen hat, muss ja aufgearbeitet werden – und das wird schwer genug sein, meine Damen und Herren!

Das verlangt von uns allen aber auch die Bereitschaft zur Veränderung. Es wird in diesem Bereich keine bequemen Lösungen geben, wie Sie das immer uns und vor allem den Bürgern einzureden versuchen, meine Damen und Herren! Es wird schwierige Entscheidungen geben (Zwischenruf des Abg. Eder ), und es wird auch immer Entscheidungen geben, die nicht von 100 Prozent der Bevölkerung mitgetragen werden, weil es kaum einen anderen Bereich als die Verkehrspolitik gibt, bei dem es so viele unterschiedliche Interessen gibt. (Abg. Eder: Das heißt mehr Belastungen für die Autofahrer! Das wollen Sie sagen!) Deshalb ist kein billiger Opportunismus angesagt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Für diese schwierige Aufgabe wünsche ich der Frau Bundesministerin viel Erfolg in unser aller Interesse. Ich meine, es ist nicht fair, wenn Sie hier wieder einen ganzen Katalog von ungelösten Problemen vorbeten, die uns doch Ihre Verkehrsminister hinterlassen haben, meine Damen und Herren! Das werden Sie doch nicht bestreiten! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Eder: Der Straßenbau war immer bei Farnleitner! Schüssel hat schon angefangen damit!)

Es wurde doch vielfach Budgetkosmetik betrieben, gerade im Verkehrsbereich. (Abg. Eder: Verkehr war immer ÖVP! Wirtschaftsminister Schüssel, Farnleitner!) Bundesaufgaben wurden ausgelagert, privatrechtliche Organisationen wurden geschaffen, Schulden wurden dort geparkt und neue Schulden gemacht, ohne dass jemals an die Rückzahlung gedacht worden wäre, meine Damen und Herren! (Abg. Eder: Sie waren immer dabei und haben mitgestimmt! Sie waren immer dabei und haben mitgestimmt! Bei allen Milliarden haben Sie mitgestimmt!) Vor diesem Problem stehen wir heute, weil Sie immer und überall den Weg des geringsten politischen Widerstandes gegangen sind. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Eder: Bei allen Milliarden haben Sie mitgestimmt! Sie waren immer dabei!)

Das war der falsche Weg. Sie brauchen sich nicht aufzuregen, Herr Kollege Eder! (Abg. Eder: Sie tun so, als ob Sie nicht auf der Welt gewesen wären!) Das sind Fakten. Sie sollten diese Fakten widerlegen, aber das können Sie leider nicht. Sie können auch den Schuldenberg von rund 250 Milliarden Schilling nicht leugnen, den diese Bundesregierung mit übernommen hat. (Abg. Riepl: Sagen Sie, was Sie machen würden!)

Heute hinken wir in vielen Bereichen ... (Abg. Riepl: Sagen Sie endlich, was Sie machen würden!) – Lassen Sie mich ausreden, dann werde ich Ihnen das gleich erläutern. Sie sind ausgesprochen nervös, weil Sie wissen, dass Sie die Verantwortung haben. Egal, in welchen Bereichen, wenn ich an die Bahn denke, wenn ich an den Postbereich denke (Abg. Eder: Sie waren für den Straßenbau zuständig!), Sie haben sich immer gegen neue innovative Lösungen gesperrt. (Beifall bei der ÖVP.) Sie und im Schlepptau Ihre sozialistische Gewerkschaft haben verhindert (Zwischenrufe bei der SPÖ), dass es bei Post und Telekom rechtzeitig zur Ausgliederung gekommen ist, dass es bei der Bahn rechtzeitig zu neuen Lösungen gekommen ist. Bekennen Sie sich dazu, Sie werden diese Verantwortung nicht abschieben können! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Eder: Sie haben immer mitgestimmt! Sie waren immer dabei! – Abg. Riepl: Sagen Sie endlich, was Sie wollen!)

Wir werden jetzt alles tun ... (Weitere anhaltende Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Meine Damen und Herren! Am Wort ist Herr Abgeordneter Mag. Kukacka! Ich bitte – bei allem Verständnis für Zwischenrufe –, nicht in Dauerzwischenrufe überzugehen!

Abgeordneter Mag. Helmut Kukacka (fortsetzend): Herr Kollege! Sie brauchen mich auch nicht daran zu erinnern, ich weiß das sehr wohl. Das war ja ein Grund dafür, dass wir uns von Ihnen getrennt haben, nämlich Ihre falsche Finanzpolitik, meine Damen und Herren, die diesen Staat in große Schwierigkeiten gebracht hat. Nehmen Sie das zur Kenntnis, das war der Haupt


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grund! Wir waren nicht bereit, diesen falschen Weg weiterzugehen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Jarolim: Nehmen Sie das zurück! – Abg. Dr. Lichtenberger: Deswegen haben Sie das Road-Pricing ...! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Innovative Konzepte sind notwendig, und es sind viele Reformen angesagt, zum Beispiel bei den Österreichischen Bundesbahnen. Auch hier ist eine echte Trendwende notwendig, denn wir zahlen jährlich 36 Milliarden Schilling aus dem Bundesbudget, damit dieses System überhaupt nur funktioniert und fährt. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Es ist heute nicht die Zeit, sich damit ausreichend zu beschäftigen, meine Damen und Herren! Aber lassen Sie sich erzählen, was etwa Wirtschaftsforscher dazu sagen: Das Problem der österreichischen Bahn ist ein völlig verfehltes, marktfernes System, das den Karren so tief in den Sumpf gefahren hat. In Österreich ist ja die Eisenbahn ein Politikum. Ein riesiger, eigentlich nicht lebensfähiger Saurier von starken Gewerkschaftern und Regionalpolitikern geschützt und vom Steuerzahler gestützt tummelt sich im "Jurassic Park", während rundherum längst eine neue Zeit losgebrochen ist. Das ist das Problem. (Abg. Kiermaier: Welcher CVler hat das geschrieben?)

Ihr eigener Generaldirektor Draxler sagt Ihnen, in Österreich gibt es einen wirtschaftlich unsinnigen Zugsverkehr in hohem Ausmaß. Ein Drittel der Züge fährt am Markt vorbei. Da fahren Geisterzüge sinnlos durch die Gegend, meine Damen und Herren! (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Das sind die Probleme, die Sie uns bereitet haben. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.) Und Sie sind heute noch nicht bereit, einen Reformweg in dieser Frage mit uns zu gehen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Lesen Sie den neuesten Bericht des Wirtschaftsforschungsinstitutes, meine Damen und Herren: ÖBB-Zuschüsse sind völlig ineffizient, Experte kritisiert Finanzierung. – Das ist das Problem, das wir haben. Gehen Sie diesen Weg gemeinsam mit uns, dann werden sich auch Erfolge einstellen. Aber Sie beharren nur auf alten eingefahrenen Positionen. (Abg. Riepl: Sagen Sie uns Ihre Meinung! Bitte, einen Vorschlag! Bitte, bitte, einen Vorschlag! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Es geht darum, auch in diesem Bereich zur Verbesserung des Wettbewerbs zu einer Liberalisierung der Schiene zu kommen. Wir brauchen eine gesellschaftliche Trennung der ÖBB in Absatzbereich und in Infrastrukturbereich. Wir brauchen eine stärkere Kooperation und Zusammenführung der HL-AG mit der SchIG und der ÖBB-Infrastruktur. Wir brauchen eine Neufestlegung und einen Ausbau des ÖBB-Ausbaukonzeptes und eine Neufestlegung des Ausbaues der Schienenwege. (Abg. Eder: Was ist dann? Erklären Sie mir, was dann ist? – Abg. Riepl: Bitte einen konkreten Vorschlag! Wir brauchen einen konkreten Vorschlag!)

Diesen Herausforderungen, meine Damen und Herren, müssen wir uns stellen. Dazu waren Sie in den letzten zehn Jahren nicht bereit. Das ist mit ein Grund dafür, dass wir jetzt neue politische Wege gehen und diese Konzepte im Interesse Österreichs auch erfolgreich umsetzen werden. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

16.57

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ing. Gartlehner. – Bitte. (Abg. Schwemlein: Kukacka war der Chefverhinderer!)

16.57

Abgeordneter Ing. Kurt Gartlehner (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Rede des Kollegen Kukacka beweist wieder eines (Abg. Fink: Er versteht das!), nämlich dass der Satz eines Philosophen, der vor mehr als 100 Jahren geprägt wurde: "Das Sein bestimmt das Bewusstsein", zutrifft. Diese Bewusstseinsänderung des Kollegen Kukacka ist auf sein verändertes Sein zurückzuführen.

Zweitens: Lieber Kollege Kukacka! Ich bin mit dir seit zehn Jahren in diesem Haus, und deine Feindschaft gegenüber der Eisenbahn, den ÖBB und den Eisenbahnern ist pathologisch, um


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das einmal präzise zu formulieren. (Beifall bei der SPÖ.) Es ist, ehrlich gesagt, nicht einmal mehr ärgerlich für mich, dir dabei zuzuhören. (Zwischenruf der Abg. Dr. Lichtenberger. )

Ich möchte mich aber heute mit dem Bereich Technologiepolitik beschäftigen, denn die Frau Bundesministerin ist auch für Technologiepolitik zuständig. Wir haben gerade heute eine Presseaussendung des BMVIT zur Kenntnis bekommen: Rat für Forschung und Technologieentwicklung: 1 Milliarde als kurzfristige Sofortmaßnahme empfohlen.

Wie wir wissen, gibt es seit geraumer Zeit einen Rat, und dieser Rat hat heute diese Empfehlung abgegeben – vielleicht war es auch schon gestern, heute ist es jedenfalls veröffentlicht worden –, dass dringend oder kurzfristig Sofortmaßnahmen zu treffen wären. Meine Damen und Herren! Das bedeutet – das ist ein Faktum, und jeder hier weiß das –, dass der Vorgänger der Frau Bundesministerin dieses Segment, diesen Verantwortungsbereich in fahrlässiger Weise schleifen ließ.

Wenn ich in diesem Zusammenhang noch einmal auf Kollegen Kukacka zurückkomme, frage ich mich: Was ist in diesem Jahr tatsächlich geschehen? Was ist in diesem Jahr in diesem Ministerium an Positivem geschehen? – Ich stelle fest, dass es allein bei den zwei Aktionen der Vergabe beziehungsweise Versteigerung der UMTS-Lizenzen so war wie auf einem Bauernmarkt.

Es gab fünf Bewerber, die fünf Lizenzen ersteigert haben – das muss man sich einmal vorstellen, das ist wirklich eine Operette –, und daher auch dieses blamable Ergebnis, das ja zu Milliardenausfällen für diese Republik geführt hat. Aber das ist ja den Damen und Herren dieser Bundesregierung egal. (Präsident Dr. Fischer übernimmt wieder den Vorsitz.)

Weiters möchte ich nur noch die bisherigen Privatisierungsbemühungen anschneiden, die Telekom-Austria-Aktie zu einem falschen Zeitpunkt, wie wir alle wissen, und das hat zu den schlechten Ergebnissen und den schlechten Erträgen geführt.

Die neue Frau Bundesministerin ist uns aus Oberösterreich als sehr engagierte und ernsthafte Arbeiterin in ihren Verantwortungsbereichen bekannt, das möchte ich hier auch einmal klar sagen. Ich habe daher an Sie, Frau Bundesministerin, hier einige Fragen im Zusammenhang mit Technologiepolitik, denn ich glaube, dass dieser Bereich ein wichtiges gesellschaftliches Aufgabenfeld darstellt, und wir sollten diesem Prozess der technologischen Entwicklungen in Österreich auch von staatlicher Seite her einen sehr genauen Rahmen geben, damit die Entwicklungen in der Art stattfinden, wie wir sie wünschen.

Ich möchte jedoch, dass die Wirtschaftsinteressen, die im technologiepolitischen Bereich natürlich eine erhebliche Rolle spielen – es ist auch gut so, dass es hier großes Interesse gibt –, nicht zu sehr in den Vordergrund gedrängt werden. Ich denke dabei ganz konkret an das Faktum, dass aus einem Konzern – allerdings aus verschiedenen Betrieben des Konzernes – zwei Vertreter in dem achtköpfigen Rat für Forschung und Technologieentwicklung sind, und ich denke daran, dass einer dieser Herren, der gleichzeitig auch in Seibersdorf Mitglied des Aufsichtsrates ist, angeblich bei Ihnen vorstellig gewesen wäre, um in Seibersdorf einen dritten Geschäftsführer zu installieren, um so auch den Einfluss der Firma Siemens in diesem außeruniversitären Forschungsinstitut weiter auszubauen.

Ich glaube, da sollte der Ansatz nicht in diese Richtung gehen. Ich appelliere daher an dieser Stelle an Sie, weil ich meine, dass wir zwar durchaus unsere österreichischen Industriebetriebe in diesen Prozess einbinden sollen, aber es nicht umgekehrt sein darf, nämlich dass hier Lobbying und Lobbyismus für einzelne Betriebe, die einen besseren Zugang zum System haben, stattfindet.

Meine Frage an Sie lautet daher: Werden Sie versuchen, bestimmte industrielle Lobbys in diesen Gremien sozusagen unter Kontrolle zu halten? Achten Sie bitte darauf, dass es nicht nur Mitnahmeeffekte dieser Industriebetriebe oder dieser Firmen gibt, denn es wäre schade um das Geld.


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Ich meine – und appelliere an Sie von dieser Stelle aus –, dass ein großes Potential an Materialien, Strategien und Konzepten in Österreich in den letzten Jahren erarbeitet wurde – ich denke dabei an den Delphi-Report, an die technologiepolitischen Konzepte der vergangenen Bundesregierung, die auch ausführlich diskutiert wurden. Auf breiter parlamentarischer Basis hat ein Diskussionsprozess stattgefunden, den es vorher in diesem Bereich nicht gab.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich appelliere an Sie, auch an die Regierungsfraktionen, dass der Staat in diesem Bereich der Technologiepolitik auch in Zukunft seine Aufgabe wird haben müssen. Dieser wirtschaftsliberale, thatcheristische oder Reaganomic-Kurs: Der Markt wird das schon regeln! wird in diesem Segment mit Sicherheit nicht zutreffen. Man weiß ja, dass im heurigen Jahr, nachdem die Ausgaben im Budget 2000 für die Technologie- und Forschungspolitik rückläufig waren, scheinbar auch schon die Forschungsquote leicht rückläufig ist, und sieht, wie effizient eigentlich die öffentlichen Mittel eingesetzt worden sind.

Wir können uns sehr gut vorstellen, gemeinsam mit Ihnen im Bereich der Steigerung der Forschungs- und Entwicklungsquote zu agieren. Wir werden Sie hier unterstützen, es gibt hier einen Konsens. Wir wünschen uns, dass es eine stärkere Koordinierung zwischen dem Bund und den Ländern im Bereich Technologiepolitik gibt. Programme, regional unterschiedliche Erfordernisse sollen erarbeitet und vereinbart werden.

Das, was wir auch noch sehr gerne hätten – und daran ist ja die Bundesregierung gleich am Beginn ihrer Tätigkeit kläglich gescheitert –, ist die Kompetenzbereinigung, meine Damen und Herren!

Meine Kollegen möchten schon gerne applaudieren, daher beende ich hiemit meine Ausführungen. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

17.05

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Martin Graf. – Bitte.

17.05

Abgeordneter Dr. Martin Graf (Freiheitliche): Sehr geehrte Frau Bundesminister! Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Ich möchte mich ganz kurz in die Gefilde der Verkehrspolitik versteigen, weil mich die Rede der Kollegin Lichtenegger irrsinnig inspiriert hat (Abg. Dr. Lichtenberger: Lichtenberger!) und ich als Wiener Mandatar auch einmal den einen oder anderen Gedanken zu dem, was Sie als Tiroler Mandatarin immer über Wien sagen, aufgreifen möchte.

Für mich war sehr interessant, dass gerade in Zeiten wie diesen grüne Politiker hier vom Rednerpult aus Weisungen fordern – das ist überhaupt interessant –, und zwar werden Weisungen immer dann gefordert – ich höre das ja öfter, nur geht es in der öffentlichen Diskussion sonst unter –, wenn ihnen die Art und Weise einer politischen Vorgangsweise nicht gefällt. Immer dann ist eine Weisung in Ordnung. (Zwischenruf der Abg. Dr. Lichtenberger. )

Grüne Verkehrspolitik besteht im Wesentlichen in der Erteilung von Weisungen, offensichtlich, um Ihren politischen Ansinnen Vorschub zu leisten. Ich halte es nicht für zweckmäßig und zielführend, dass man, je nachdem, auf welchem Standpunkt man sich befindet, Weisungen fordert oder das Weisungsrecht überhaupt abschaffen möchte. Ich glaube, Sie müssen sich diesbezüglich eine Linie in der politischen Auseinandersetzung zurechtlegen. Das ist ganz wichtig. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Noch ein Thema möchte ich aufgreifen, weil Sie die Nordostumfahrung (Abg. Dr. Lichtenberger: Sie haben die Ironie nicht verstanden!), die Wien wie einen Bissen Brot braucht – da sind wir mit den Sozialdemokraten einer Meinung –, hier von dieser Stelle aus verteufeln. (Zwischenruf des Abg. Edler. ) Sie haben – ich komme auch noch auf die SPÖ zu sprechen – die Entwicklung der letzten Jahrzehnte im Ostverkehrsgebiet verschlafen und wollen hier keine Maßnahmen setzen, ebenso wie die damaligen Regierungsparteien und die in Wien und in Niederösterreich an der Macht Sitzenden. Sie haben den Fall der Mauer und des Eisernen Vorhanges verschlafen. Es ist nun einmal Faktum, dass man derzeit zwischen Hainburg und Tulln im Wesentlichen nur über eine Brücke kommt, und das ist die Südosttangente.


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Das Tiroler Verkehrsproblem ist durchaus gravierend und soll auch ausreichend behandelt werden, aber dieses Verkehrsproblem gehört auch einmal erledigt. (Abg. Dr. Lichtenberger: Mit der Schiene!) Es geht nicht darum, zu versuchen, alles auf der Schiene zu erledigen, denn dann verschlafen wir auch die nächsten zehn Jahre. Sie betreiben auch, gerade die Grünen in Wien, eine doppelbödige Politik, wenn Sie sagen, die Nordostumfahrung dürfe nicht kommen, denn damit wäre – und das ist das wichtigste Argument – die Zerstörung des Nationalparks angesagt.

Ich sage Ihnen etwas: Diesen Nationalpark, der im Wesentlichen ein reiner Etikettenschwindel ist, kann man gar nicht zerstören, denn – Sie als Tirolerin werden das vielleicht nicht wissen (neuerlicher Zwischenruf der Abg. Dr. Lichtenberger )  –: Was ist das für ein Nationalpark, wenn mehrere Brücken, davon eine Autobahnbrücke, durch ihn führen? Was ist das für ein Nationalpark, wenn er mehrere Kraftwerke, ein Laufkraftwerk und ein Wärmekraftwerk, in seinem Herzen trägt? Was ist das für ein Nationalpark, wenn er Öltanklager, die bis heute nicht entsorgt sind, beherbergt? Was ist das für ein Nationalpark, wenn in seinem Herzen nach wie vor Industrieansiedlungen vorhanden sind?

Der Nationalpark verträgt durchaus eine weitere Donauquerung, und die brauchen wir, nämlich die Nordostumfahrung (Abg. Dr. Lichtenberger: Na servus!), damit wir die Bürger entlasten.

Sie haben selbst gemeinsam mit uns, im Gegensatz zu manch anderen Politikern, die aus diesem Kreis kommen, versucht, die Bundesstraße B 3 zu verhindern; allerdings auf einem anderen Weg. Es ist ein reiner Zubringer für die Südosttangente. Allerdings haben Sie das mit vielen Eigeninteressen vermischt.

Man kann diese oder jene Meinung politisch vertreten, das ist durchaus zulässig, aber Ihre Grünen in Wien haben die Bürger dort abgezockt. Sie haben ihnen einen Rechtsanwalt besorgt, diese Bürger haben viele Hunderttausend Schilling einbezahlt – damaliger Sprecher der Grünen: Rechtsanwalt Prader –, sie haben in einen Fonds eingezahlt, und man hat ihnen vorgegaukelt, man werde es verhindern können. Verhindert konnte nichts werden, aber die Grünen haben die Bürger noch abgezockt. – Das ist nicht unsere Politik, das sage ich Ihnen auch! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die Bürger haben letztlich schon mitbekommen, wie die Verkehrspolitik der Grünen in diesen Bereichen funktioniert. Das nur, um ein paar Dinge ins rechte Lot zu rücken.

Nun zur Forschungspolitik: Kollege Gartlehner, den ich sehr schätze, hat hier ein wahres Wort gesprochen: Es war eine Sofortmaßnahme notwendig, eine Milliarde Schilling, die zur Verfügung gestellt wird. Diese Sofortmaßnahme ist aber nicht auf dem Mist dieser Bundesregierung gewachsen, das wissen wir, sondern sie ist die konsequente Fortführung der verfehlten Politik im Forschungsbereich gewesen.

Was ist denn mit dieser Milliarde geplant? – Wir haben, das muss man auch feststellen, noch von Ihnen eingesetzte Wissenschafter in diversen Gremien sitzen, die mehr Geld ausgeben, versprechen oder vertraglich zusichern, als sie tatsächlich haben. Und damit man eben diese politisch oder auch wirtschaftlich in diesen Belangen überleben lässt, ist diese Milliarde notwendig. Sie wissen ganz genau, dass es zur Abdeckung des Bedarfs, der an sich buchhalterisch nicht gegeben ist, des FWF notwendig ist. Es ist daher auf Grund eines Versäumnisses in der Vergangenheit diese Vorsorge zu treffen. Und das ist die "dringende Sofortmaßnahme".

Ich bin sehr froh, wenn die Frau Bundesminister dieses Geld zur Verfügung stellt, weil es noch eine der letzten Altlasten ist, die wir da mitschleppen.

Wenn man die Forschungspolitik betrachtet, muss man doch eines sehen: Diese Bundesregierung war es auch, die im letzten Budget und auch im nächsten Budget nicht nur vorgesehen hat, die Forschungsförderungsfonds budgetär zu bedecken, sondern dies auch finanziert. Das ist in der Vergangenheit nicht immer gelungen, Herr Minister Einem. (Abg. Haigermoser: In Rust zum Beispiel beschlossen!)


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Ich kann mich noch an Zeiten erinnern – und die sind noch nicht lange vorbei –, da ist im Budget bei den diversen Fonds quasi ein Erinnerungsschilling gestanden. Das haben Sie damals noch verteidigt. Diese Zeiten sind mit dieser Bundesregierung schlichtweg vorbei, das muss man auch feststellen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir stellen budgetäre Mittel zur Verfügung, das kann man aus der Budgetierung ersehen. Dass es da und dort angeblich noch immer zu wenig sein soll, damit stimmen wir überein. Wir haben aber auch budgetär und in Finanzgesetzen dafür vorgesorgt, dass ein wesentlicher Teil des Finanzbedarfs in den mittelfristigen Budgetbedarfsannahmen bis zum Jahre 2003 bedeckt werden kann.

Ich möchte hier an dieser Stelle auch sagen, um das einmal zur Forschungs- und Technologiepolitik allgemein zu sagen: Es ist nicht immer nur die reine Zur-Verfügung-Stellung der Budgetmittel durch die staatliche Seite das Ausschlaggebende, um Forschung betreiben zu können, sondern wir müssen – auch die Wirtschaft, die Industrie – mit entsprechenden Impulsen, mit Finanzimpulsen, mit Ideenimpulsen, und auch mit Hebelwirkungen die notwendige Forschungsquote, die wir in Österreich brauchen, anregen. Ich glaube, darin liegt im Wesentlichen das Geheimnis für die Zukunft.

Ich meine, es ist notwendig, dass wir uns einmal über die Forschungspolitik insgesamt unterhalten – und dazu wird der Rat auch in weiterer Folge hilfreich zur Seite stehen –, darüber, ob es wirklich nur auf die im beschlossenen Budget oder im Rechnungsabschluss verwendeten Schillingmittel allein ankommt oder ob es nicht darum geht, dass wir das Geld effizient einsetzen. Es war nämlich auch ein Versäumnis der Vergangenheit, dass man weniger auf Effizienz geschaut hat, sondern mehr überhaupt auf den Einsatz von Mitteln. Da müssen wir einiges bewegen.

Wir brauchen eine Politik der wirtschaftlichen Hebelwirkung, den richtigen Mix dazu, einen effizienten Einsatz der Mittel, damit wir die geplante Forschungsquotenanhebung bis zum Jahr 2003 respektive auch 2005 erreichen. Dazu bedarf es der öffentlichen Mittel, der budgetären Vorausschau und letztlich auch des Mitspielens der Wirtschaft und der Industrie, die mittels eines gesicherten Rahmens wissen muss, wohin die Reise geht.

Es gilt, kritische Massen zu schaffen, Stärken zu stärken – und nicht, wie in der Vergangenheit, da und dort herumzudoktern.

Wir müssen auch die Ressortforschung in den Griff bekommen. Das ist ein wesentliches Moment. Nahezu alle Ressorts betreiben mehr oder weniger im weitesten Sinne Forschung. Auch diesbezüglich erwarten wir uns Impulse von den eingerichteten Gremien. Und ich bin sehr zuversichtlich, dass wir dann, wenn wir all das in den Griff bekommen, den Plan, die Forschungsquote auf internationalen Standard anzuheben, auch erreichen können. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen sowie des Abg. Dr. Stummvoll. )

17.15


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Präsident Dr. Heinz Fischer:
Zu einer tatsächlichen Berichtigung gelangt Frau Abgeordnete Dr. Lichtenberger zu Wort. – Bitte. (Abg. Haigermoser: Nicht für 35, sondern für 38 S der Liter Benzin!)

17.15

Abgeordnete Dr. Evelin Lichtenberger (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Mein Vorredner hat in seiner Rede behauptet, die Grünen hätten im Rahmen des Verfahrens betreffend die B 3 die Anrainerinnen und Anrainer abgezockt. (Abg. Dr. Martin Graf: So ist es! – Abg. Haigermoser: Abkassiert!)

Ich stelle richtig, dass zwar wahr ist, dass die Grünen wie die Freiheitlichen Gegnerinnen und Gegner dieses Projektes waren, dass es im Rahmen des Versuchs der Verhinderung dieses Baues auch ein Verfahren gegeben hat, dass es aber falsch ist, dass die Grünen abgezockt haben. Das möchte ich hier noch einmal deutlich festhalten. Davon kann überhaupt keine Rede sein. (Beifall bei den Grünen.)

17.16

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Grünewald. Die Uhr ist auf 10 Minuten gestellt. – Bitte. (Abg. Dr. Martin Graf: Dann war es halt der ehemalige Landessprecher der Grünen Rechtsanwalt Prader! Ich nehme zur Kenntnis, dass er kein Grüner mehr ist!)

17.16

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Hohes Haus! Gestatten Sie mir, wenn ich jetzt über Forschung und Entwicklung zu reden beginne, dass ich mit einer kleinen Gewissenserforschung anfange und den gestrigen Abend reminisziere.

Ich möchte mich bei Frau Kollegin Partik-Pablé bedanken. Sie hat gestern von Präsident Prinzhorn einen Ordnungsruf bekommen für den Ausdruck "Dreckschleuder". Und Frau Partik-Pablé ging – außer Protokoll – mit entwaffnender Ehrlichkeit zur Kollegin Mertel und sagte, das Wort "Dreckschleuder" hätte nicht ihr, sondern selbstverständlich mir gegolten. – Dieser geballte "Charme" lässt mich in den Knien erzittern. (Heiterkeit.) Ich bin nur froh darüber, dass sich protokollarisch alles als richtig herausgestellt hat, was ich gestern gesagt habe. (Abg. Mag. Trattner: Jetzt wissen wir es genau!)

Es ist nicht spezifisch für Österreich, dass sich zwischen Wunsch und Wirklichkeit ab und zu ganz schöne Abgründe auftun. Es fällt aber schon auf, wenn man die letzten Monate reminiszierend betrachtet, dass, auch wenn sich zwischen Versprechen, Absichtserklärungen, vagen Vorstellungen und realem Ton Klüfte auftun, behauptet wird: Ab jetzt wird alles besser, ab jetzt kommen die Meilensteine des Fortschrittes!, und zwar in der Dichte, dass man schon sein Ohr ans Gras legen muss, um das Wachstum des Fortschrittes überhaupt nur wahrnehmen zu können.

Was wurde versprochen? – Bereits die vergangene Regierung hatte sich das ehrgeizige Ziel gesetzt, die Forschungsquote bis 2005 auf den etwas über dem europäischen Schnitt liegenden Wert von 2,5 Prozent zu erhöhen. Das war sehr ehrgeizig. Die jetzige Regierung hat das übernommen. Tatsache und Faktum ist jedoch, dass auf Grund des stärker steigenden Bruttoinlandsproduktes und der relativ stagnierenden Budgetierung die Forschungsquote in Österreich heuer erstmals seit Jahren wieder leicht sinkende Tendenz zeigt.

Faktum ist, dass der ehemalige Bundesminister Schmid nunmehr seine finanzielle Lage erforscht und die Anwendungsorientierung seiner Forschungspolitik jetzt wahrscheinlich auf dem Tennisplatz liegt.

Faktum ist, dass alle Experten sagen: Wenn man diese 2,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes für Forschung und Entwicklung erreichen will, bedarf dies jährlicher – ich sage: jährlicher – Investitionen in der Höhe einer zweistelligen Milliardensumme.

Nun wird von 7 Milliarden oder 8 Milliarden Schilling gesprochen, und es sollte für alle unschwer nachvollziehbar sein, dass dies keine zweistellige Zahl ist. Sieben ist eine einstellige Zahl. Dafür kann die jetzige Frau Bundesministerin nichts, ich möchte aber trotzdem sagen: Das ganze Ergebnis der abgeschlossenen Budgetverhandlungen war, dass sich um diese einstellige Zahl nunmehr drei Ministerien ringen.

Der Orientalistik-"Liebhaber" Grasser wird letztlich entscheiden, wie sich diese Summe zwischen den drei Ministerien verteilen und wie sie zwischen Grundlagenforschung und angewandter Forschung bilanziert wird. – Auch das scheint mir für verfrühten Jubel nicht geeignet zu sein.

Trotzdem: 7 Milliarden sind 7 Milliarden, seien wir nicht undankbar. – Ich glaube, es sollte vornehmlich darum gehen, die Motivation der Bundesregierung zu erhöhen und ihr Verständnis für die Forschung zu erweitern. Dazu lassen Sie mich einige Punkte und einige Feststellungen völlig unverdächtiger Zeugen – Wirtschaftsforscher und Forschungspolitiker internationaler Bedeutung – anführen.


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Erstens: Faktum und unbestritten ist, dass die österreichischen Aufwendungen für Forschung und Entwicklung unter dem europäischen Durchschnitt liegen. – Das ist schon so fad, dass ich es gar nicht noch einmal wiederholen möchte.

Zweitens: Es ist international anerkannt, dass gerade Kleinstaaten sehr stark und überwiegend auf die öffentliche Finanzierung angewiesen sind, weil die so genannte Aggregationskapazität der Privatwirtschaft in Österreich nicht geeignet ist – wie in vielen Kleinstaaten –, genügend Drittmittel für den Forschungs- und Entwicklungsbereich zur Verfügung zu stellen.

Drittens: Faktum und innerösterreichisch, verglichen mit der internationalen Lage, unikal ist, dass 90 Prozent der öffentlichen Aufwendungen durch die Republik, sprich: den Bund, finanziert werden und nur knapp 10 Prozent – da kann man jetzt streiten, 10 oder 12 Prozent – von den Ländern. Ich glaube, auch da wäre etwas zu tun. Wir sind ein Bundesstaat – das ist mir klar; ich will das auch nicht ändern, Sie brauchen nicht zu erschrecken –, aber die ewigen Verbeugungen vor den Ländern sind für die Republik – ein gewagtes Wort – nicht nur positiv.

Viertens: Der private Finanzierungsanteil aus dem Bereich der Wirtschaft und der Industrie ist in Österreich unterdurchschnittlich, und es fällt auf, dass gerade im Bereich Industrie und Wirtschaft jene, die die jetzige Situation der Forschung und Entwicklung in Österreich am heftigsten kritisieren, selbst relativ – mit wenigen Ausnahmen – kümmerliche Beiträge für deren Fortkommen und Konkurrenzfähigkeit leisten.

Fünftens: Felderer und Campbell stellen in ihrem Buch "Forschungsförderung in Österreich" fest, dass der größte Mangel in Österreich wohl darin liegt, dass kein forschungsfreundliches Klima besteht und dass vielfach die bloße Anwendung von Wissenschaft mit Forschung verwechselt wird. Und da bitte ich Sie, gerade im Sektor Technologie und wirtschaftsnahe Forschung schon zu differenzieren, was Forschung und was bloße Anwendung ist. Nicht jedes Anlegen eines EKG-Gerätes – um aus meinem Bereich zu sprechen – ist Forschung, sondern das ist angewandte Wissenschaft. Das ist nicht zu schwer, man kann es schaffen, zu trennen.

Ich bringe Ihnen ein Beispiel: Japan war berühmt für seine anwendungsorientierte Forschung. Dort ist man vor zwei Jahren auf Folgendes draufgekommen: Wenn man über Jahre die Grundlagenforschung vernachlässigt und letztlich alles angewandt wurde, was die Grundlagenforschung an den Tag und ans Licht der Öffentlichkeit gebracht hat, entsteht plötzlich eine Lücke, und dann steht man vor dem Umstand, dass man nicht mehr schöpfen kann, weil nichts mehr da ist, was noch angewandt werden kann. Japan hat dann beschlossen, die Mittel für die Grundlagenforschung um 100 Prozent zu erhöhen. – Das fordere ich von Ihnen jetzt nicht, denn das wäre unrealistisch, aber man sollte überlegen, wie die Balance zwischen anwendungsorientierter Forschung und Grundlagenforschung wirklich vernünftig ausgesteuert werden kann. (Beifall bei den Grünen.)

Ich glaube, dass es Aufgabe Ihres Ressorts, Frau Minister, sein wird, die drei mit der Forschung und Technologie befassten Ministerien stärker zu vernetzen, weiters die Balance zwischen Grundlagen- und anwendungsorientierter Forschung zu garantieren und schließlich auch zu überlegen, wie man kritische Massen herstellen kann, um Schwerpunkte zu setzen, ohne die notwendige Vielfalt, die ja auch kreativitätsfördernd wirkt, aufs Spiel zu setzen.

Wir sind dem Rat für Forschung und Technologie eigentlich immer kritisch gegenübergestanden, und zwar aus dem Grund, weil uns das Ausleseverfahren wenig transparent erschien und wir auch nicht glauben konnten, dass etwas mehr als eine Hand voll Leute zeigen wird, wohin der Weg der Wissenschaft führen wird und wo Österreichs Stärken und Chancen liegen können. Ich glaube, Sie wären daher gut beraten, mit Universitäten, mit außeruniversitären Forschungseinrichtungen und mit Industrie und Wirtschaft in einen Dialog zu treten, um da wirklich ein umfassendes und objektives Bild von Mängeln und Schwächen, aber auch von Chancen und Stärken zu bekommen.

Wichtig wäre – das wurde schon gesagt –, dass die Risikobereitschaft der Wirtschaft erhöht wird, aber in dem Sinn, dass nicht die Wirtschaft den schlanken Staat predigt und darunter eigentlich nur Folgendes versteht: die Verstaatlichung des Risikos in der Forschungsfinanzie


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rung und die Privatisierung der Gewinne in der angewandten Finanzierung. So kann es nicht sein. (Beifall bei den Grünen.)

Ich glaube, dass Forschungspolitik berechenbar sein muss, und ich führe ganz kurz nur den FWF an, der zirka 90 Prozent der Grundlagenforschung an den Universitäten finanziert. Der österreichische Forschungsfonds leidet immer wieder daran, dass seine Grundausstattung zwar in den letzten Jahren schon durchaus brav angestiegen ist, aber im internationalen Bereich trotzdem überhaupt keinem Vergleich standhält, und dass zirka ein Drittel dieser Finanzierung erst im Laufe des Jahres, meistens erst im letzten Quartal, über Budgetüberschreitungsgesetze zugesagt wird. Das erlaubt im Prinzip keine langfristige Planung, das verunsichert Projektwerber, erschwert Schwerpunktsetzungen, und daher möchten wir Grünen Ihnen das ans Herz legen und einen Abänderungsantrag folgenden Inhaltes zum Budget einbringen:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Grünewald, Freundinnen und Freunde

Der Nationalrat wolle beschließen:

Im Bundesvoranschlag für das Jahr 2001 "Wirtschaft, Kapitel 65: Verkehr, Innovation und Technologie" ist im VA-Ansatz 1/65326 "Förderungen" der im Bundesvoranschlag vorgesehene Betrag von "569 500 000 ATS" auf 869 500 000 ATS zu erhöhen.

*****

Das klingt im ersten Augenblick unverschämt, aber bis zum Jahresende hat der Forschungsfonds annähernd über diese Mittel verfügt. Es wäre sinnvoll, wenn er diese Planungssicherheit am Beginn des Jahres hätte. – Vielen Dank und viel Erfolg. (Beifall bei den Grünen.)

17.27

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Abänderungsantrag, der hier vorgelegt wurde, ist ordnungsgemäß unterfertigt, ordnungsgemäß eingebracht und steht daher mit in Verhandlung.

Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Hakl. – Bitte.

17.28

Abgeordnete Mag. Karin Hakl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesminister! Meine Damen und Herren! Frau Bundesminister Forstinger hat ihr Amt an einem Tag angetreten, an dem Österreich von dem Seilbahnunglück in Kaprun erschüttert war, und sie hat es mit Bravour gemeistert, gleich zu Beginn ihrer Amtszeit an einem solchen Tage aufzutreten.

Die Folgen dieses Seilbahnunglückes werden uns in Österreich und das Verkehrsbudget auch in der näheren und ferneren Zukunft weiter beschäftigen. Wir stehen vor der verantwortungsvollen Aufgabe, die Tunnelsicherheit in Österreich noch weiter zu erhöhen, noch mehr Sicherheit zu geben, und diese Bundesregierung wird sich dieser Herausforderung stellen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Wir müssen dazu sagen, dass Seilbahnen an sich ein ganz besonders sicheres Massenverkehrsmittel sind. 550 Millionen Menschen im Jahr werden von 3 178 Anlagen befördert. Das heißt, die Wahrscheinlichkeit eines solchen Unglücks ist unglaublich gering und nur auf Grund des besonderen Tunnelumstandes überhaupt vorstellbar.

Ganz besonders wichtig ist es, bei unseren Straßen- und auch bei unseren Bahntunnels alle erforderlichen Maßnahmen und Möglichkeiten aufzuzeigen. Jetzt wird gerade überprüft, welche Mängel und welche Möglichkeiten einer Verbesserung der Sicherheit bestehen, wir müssen aber auch da aufpassen, dass nicht das Kind mit dem Bade ausgeschüttet wird. Ich möchte mich dabei darauf beziehen, dass im Zusammenhang mit der Tunnelsicherheitsdiskussion immer öfter auch darüber gesprochen wurde, wie zweckmäßig es in der heutigen Zeit ist, ein Bahn


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projekt zu bauen, bei welchem hauptsächlich unterirdische Streckenabschnitte geplant sind, wie das beispielsweise derzeit im Unterinntal der Fall ist.

Dazu möchte ich anmerken, dass da – im Gegensatz zu den meisten bestehenden Bahnstrecken und auch zu den meisten neu geplanten Bahnstrecken – bereits begleitende Sicherheitsstollen bei jedem einzelnen längeren Tunnel geplant wurden. Ich halte das auch bei neuen Bahnprojekten in der Zukunft für absolut unabdingbar.

Wir haben aber darüber hinaus auch dort, wo wir können, die Sicherheitsstandards auf den Straßen auch abseits von Tunnels, ohne unverhältnismäßig großen Aufwand zu treiben, erhöht. Ich möchte mich dabei ganz besonders auf die Notwendigkeit einer Autobahnabfahrt "Innsbruck-Mitte" beziehen, die sich mitten im Rückstaubereich der übrigen Autobahnabfahrten und Abzweigungen befindet. In Innsbruck gibt es derzeit für die Stadt eigentlich nur drei Autobahnabfahrten: Ost, West und Kranebitten – zum Vergleich: Linz hat mehr als zwölf –, und dort kommt es immer wieder zu Staus und infolgedessen zu Unfällen. Die Finanzierung dieser Autobahnabfahrt – es haben Land und Stadt Innsbruck bereits zugesagt, Mittel beizusteuern – würde von der Alpenstraßen AG übernommen beziehungsweise vorfinanziert werden, sodass ich hoffe, dass dieses Projekt möglichst bald durchgeführt werden kann. Die dafür erforderlichen Begleitmaßnahmen und vorbereitenden Schritte werden seitens der Stadt Innsbruck bereits durchgeführt.

Frau Bundesminister! Es tut mir oft Leid, wenn ich sehe, wie sehr Sie mit den Wünschen und regionalen Interessen zum Teil überfordert werden. Ich verstehe die Einzelinteressen eines jeden, sie sind jeweils legitim, ich halte es aber für wichtig, dass in einer Zeit der Budgetkonsolidierung wirklich nach dem Kriterium vorgegangen wird: Was ist am dringendsten wo erforderlich? In diesem Zusammenhang möchte ich schon auf ein paar Dinge eingehen, die mich in der letzten Zeit ein bisschen verblüfft haben.

Wir alle konnten in der "Presse" ein eine Seite langes Interview mit Herrn ÖBB-Generaldirektor Draxler lesen, in welchem er unter anderem sagte, ein Bahnausbau im Unterinntal sei absolut überflüssig, denn da wären noch Kapazitäten vorhanden. Ich habe hier die Anfragebeantwortung 1262/AB, in welcher auf die tatsächlichen Zugzahlen und Kapazitäten, und zwar auch im Unterinntal, eingegangen wird. Frau Bundesminister, ich weiß, dass diese Zugzahlen nicht irgendwo im Ministerium generiert werden, sondern jeweils von den Österreichischen Bundesbahnen stammen, und zwar Zahlen, die jeweils die Grundlage für weitere verkehrspolitische Entscheidungen darstellen müssen.

In dieser Anfragebeantwortung steht, dass im Unterinntal eine Kapazität von 289 Zugfahrten pro Tag gegeben ist. Was hier nicht steht, ist, dass an etlichen Tagen bereits jetzt 299 Züge am Tag auf dieser Strecke verkehren. Das bedeutet, dass es zu Verspätungen kommt, dass es bereits jetzt zu einer schlechten Qualität der Betriebsführung im Unterinntal kommt.

Es steht weiters hier – meistens von den ÖBB so locker-flockig hingeschmissen –, es sei auch eine Kapazitätssteigerung auf 360 Züge am Tag in diesem Bereich möglich. Das finde ich deswegen so interessant, weil es in ganz Österreich nur zwei weitere zweigleisige Bahnabschnitte gibt, auf denen heute ähnlich hohe Zugzahlen der Fall sind. Das ist erstens auf der Strecke Wien–St. Pölten, wo im Abschnitt zwischen Neulengbach und Wien auf Grund des Pendlernahverkehrs 248 Züge am Tag geführt werden, und das ist zweitens im Abschnitt zwischen Linz und Wels. Überall sonst in Österreich gibt es keine Abschnitte mit ähnlichen Zugzahlen wie bei der Strecke Unterinntal und bei den Strecken Linz–Wels und Wien–St. Pölten.

Diese drei Abschnitte erscheinen mir daher als die mit Abstand vordringlichst auszubauenden Strecken, wo etwas geändert werden muss. Ich verstehe die ÖBB-Argumentation überhaupt nicht und frage mich, wie man auf einer zweigleisigen Strecke Kapazitäten von 360 Zügen zulassen kann, es sei denn, man schmeißt überhaupt den gesamten Personennahverkehr aus dem Betriebsprogramm heraus. Das wäre schön, denn wenn das überall ginge, hätten wir in Österreich überhaupt keinen einzigen Schilling mehr in die Hand zu nehmen, um Infrastrukturen


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auszubauen, denn dann wäre auf jeder zweigleisigen Strecke die Kapazität ohne weiteres auf 360 Züge im Tag zu steigern. Das ist nicht möglich!

Wir haben weiters im Unterinntal die Situation, dass es nach wie vor keinen Personennahverkehr, keinen Taktverkehr gibt. Den Taktverkehr beziehungsweise eine offizielle Forderung des Landes Tirol nach einem Taktverkehr gibt es deswegen nicht, weil seitens der ÖBB zigmal gesagt wurde, dafür sei keine Kapazität vorhanden, auf der bestehenden zweigleisigen Strecke sei ein Personennahverkehr, sei ein Taktverkehr undenkbar.

Es gibt selbstverständlich auch ein Schreiben des Landeshauptmannes von Tirol, in welchem er einen Taktverkehr und einen Ausbau des Nahverkehrs fordert. Er schreibt darin, das Land Tirol sei auch bereit, den zusätzlichen Regionalverkehr zu bestellen, sobald dies die vorhandenen Kapazitäten ermöglichen – weil eben immer gesagt wurde, es sei absolut aussichtslos, das könne es nicht geben, hier bräuchte es den Ausbau. Jetzt sagt Generaldirektor Draxler, die Kapazitäten seien vorhanden.

Frau Bundesminister, ich bitte Sie inständig darum, mit den ÖBB ein ernstes Wort über diese nicht nachvollziehbaren Widersprüche zu sprechen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Redezeit ist leider bereits zu Ende. Ich gehe aber davon aus, dass ich darüber, warum im Unterinntal so viel unterirdischer Tunnelanteil vorhanden ist und sein muss, das nächste Mal referieren kann. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

17.37

Präsident Dr. Heinz Fischer: Fortsetzung folgt! – Zu Wort gemeldet ist die Frau Bundesministerin. – Bitte.

17.37

Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Dipl.-Ing. Dr. Monika Forstinger: Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Abgeordnete! Geschätzte Mitarbeiter meines Ministeriums! Geschätzte Damen und Herren! Vorerst danke ich Ihnen für die vielen Wortmeldungen, für Ihre Anregungen für die weitere Bearbeitung und für Ihre unterstützenden Bemerkungen zu der bisherigen Bearbeitung. Nachdem ich vor nicht allzu langer Zeit die Möglichkeit hatte, meine Schwerpunkte darzustellen, erlaube ich mir, zu all den Punkten, die Sie angeführt haben, Stellung zu nehmen. Ich hoffe, dass ich bei den Stichwörtern nichts übersehe, und möchte gleich mit Folgenden beginnen: Liberalisierung, Regelung, Regulator und die Frage, warum meine erste Unterschrift eine Weisung sein muss.

Ich habe, wie ich bereits bei meiner Antrittsrede gesagt habe, einiges an Arbeit vor mir liegen, und ich habe auch anstehende Entscheidungen zu treffen. Ich habe es mir nicht leicht gemacht, insbesondere deswegen, weil mein Vorgänger, Herr Bundesminister Schmid, in seinen Überlegungen eher noch eine aufschiebende Wirkung bei diesen Entscheidungen hatte. Es wäre auch für mich leicht gewesen, eine Entscheidung noch zwei Jahre hinauszuzögern.

Ich muss Ihnen aber sagen: Aus Erfahrungen mit der Marktöffnung in anderen Bereichen – ich spreche da zum Beispiel den Energiebereich an – ist es mir bei meiner Entscheidung nicht schwer gefallen, nach Abwägung aller fachlichen Kriterien einen ersten Schritt zu setzen, und zwar in der Frage der Trennung Absatz und Infrastruktur im Bereich der Schiene. Es ist mir das auch deshalb nicht schwer gefallen, weil ich weiß, dass, obwohl diese Weisung nur eine Frage der Regulatorregelung war, die Diskussion in Gang kommt, und ich kann jetzt auf all Ihre Punkte, die Sie angeführt haben, eingehen und allen negativen Argumenten positive entgegenstellen. Ich möchte aber sagen: Da ist die Diskussion sicher noch nicht abgeschlossen, denn die Frage, wie es im Detail aussehen wird, ist bei weitem noch nicht geklärt.

Zurückkommend auf die Erfahrungen in anderen Bereichen der Marktöffnung möchte ich Ihnen sagen, dass betreffend Energie schon beim EU-Beitritt klar war, dass es eine Öffnung für die Kunden geben wird. Noch ein halbes Jahr, bevor diese Regelung tatsächlich Realität wurde, hat es jedoch noch niemand geglaubt. Ich glaube, ich habe auch deswegen einen richtigen Schritt gesetzt, weil damit der Wettbewerb und die Attraktivität für dieses Verkehrsmedium sehr wohl


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sehr steigen werden, was zurzeit noch nicht gegeben ist, und ich war sehr überrascht, dass dies als Argumentation gegen die Schiene vorgebracht wird.

Ich darf hier nur zwei Zitate aus der "Presse" bringen; Sie kennen sie sicher auch. Unter der Überschrift "ÖBB sehen sich als Gewinner der Eisenbahnliberalisierung" heißt es da: Bis heute wollen einige Länder einige Bahnen nicht reinlassen. Nun ist es endlich zur umfassenden Liberalisierung gekommen, kommentiert Bahnsprecherin Viktoria Kickinger die EU-Einigung über grenzüberschreitende Bahngütertransporte.

So viel zum Thema ÖBB. Die detaillierten Darstellungen von Herrn Generaldirektor Draxler haben Sie sicher im Detail gelesen; dabei ist es sicher nicht um die Regulatorregelung gegangen, und er lässt auch in einer zukünftigen Organisation sehr viel offen. Und das muss auch so sein. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ein zweiter Punkt, der angesprochen wurde: Wir sind hier nicht im Kontext und im Gleichklang mit Deutschland oder Frankreich. Hier sei angedeutet, dass ich mich nicht im Blickwinkel der EU und der durchaus sinnvollen Akkordierung der EU befinde. Dazu darf ich nur Frau de Palacio zitieren, die derzeit immerhin die Kommissarin im Bereich Verkehr ist: Wettbewerb für Gütertransport auf der Schiene ab 2003: Ab 2003 dürfe jedes Unternehmen, das daheim eine Lizenz für den Eisenbahnverkehr hat, grenzüberschreitende Gütertransporte abwickeln und habe eine Garantie, das Schienennetz aller EU-Staaten unter den gleichen Bedingungen wie die nationalen Betreiber nutzen zu dürfen.

Wenn wir uns nicht bald genug vorbereiten – ich habe das Beispiel schon genannt –, glaube ich nicht, dass die Debatte richtig angegangen wird und wir auch die richtige Lösung zur richtigen Zeit haben werden. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Das Thema LKW-Maut ist bereits angesprochen worden. Schon vom ersten Tag an kam immer die Frage: Halten Sie den Zeitplan ein? Können Sie sich das vorstellen? Es kam immer wieder Kritik, es hieß, wir würden es nicht schaffen mit der Änderung und auch mit dem Bekenntnis zu einem vollelektronischen System.

Dazu muss ich sagen, mein Vorgänger Michael Schmid hat genau das Richtige getan, als er im August die vollelektronische Maut als eine Möglichkeit hat prüfen lassen. Wir wissen jetzt, dass wir das weiter betreiben können, und wir werden dies auch tun. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es ist Ihnen sicher nicht unbekannt, dass ich bereits jetzt all jene, die sich intensiv mit dem Thema Maut beschäftigt haben, eingeladen habe, ihr Wissen einzubringen und zu helfen, dass wird den Zeitplan auch wirklich einhalten können. Ich glaube auch, dass ich es mit Menschen zu tun habe, die Persönlichkeit genug sind, auch wenn sie noch bis vor einer Woche – oder wie lange auch immer – vehement gegen die vollelektronische Maut eingetreten sind, all ihr Wissen einzubringen und die Entscheidung, die jetzt getroffen wurde – dass dies auch eine gleichwertige Variante ist –, entsprechend mitzutragen.

Wir werden eine Arbeitsgruppe zusammenstellen, die in erster Linie dahin gehend wirken wird, dass wir das interne Know-how all jener Firmen, die mitgearbeitet haben – und hier meine ich die Tochtergesellschaften, wie zum Beispiel ASFINAG und ÖSAG, alle jene, die sehr viel wissen –, an einen Tisch bringen und uns überlegen, wie wir eine Gruppe mit einer entsprechenden internationalen Weitsicht bilden, um hier keine Zeit zu verlieren. Ich bin auch überzeugt davon, dass es gelingen wird. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ein weiteres Thema, das angesprochen worden ist: der Semmering-Basistunnel und ein gemeinsames Memorandum von Bürgermeister Häupl, Landeshauptmann Stix und Landeshauptmann Pröll, das ich erhalten habe, ein Memorandum, das mir zwar über die Presse zugegangen ist, das aber bis heute nicht auf dem Tisch ist.

Ich glaube, es ist Ihnen auch meine Reaktion nicht unbekannt. Gerade dieses Projekt, das schon lange besprochen wurde und für das Budgetmittel zur Verfügung stehen, kann man nicht mit einer Planskizze und Absichtserklärungen vergleichen. Ich werde daher einen Verkehrsgipfel


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einberufen, wo all diese Positionen auch von Experten dargelegt werden, denn wenn das wirklich bei der Südbahn, im so genannten Korridor 5, eine so gute Alternative ist, dann wird man mich überzeugen – insbesondere dann, wenn für eine so übergeordnete Trasse auch entsprechend viel Geld aus der EU zu lukrieren ist. – Ich glaube, damit ist das Thema besprochen.

Ich möchte auch nicht auf die, wie Sie gesagt haben, unterschiedliche Beurteilung von UVP und Naturschutzverfahren eingehen, einmal bei einem Straßentunnel, einmal bei einem Bahntunnel. Tatsache ist, dass wir ein laufendes Verfahren und auch genügend Zeit haben, alle Alternativen zu prüfen. Ich habe auch schon öffentlich gesagt, dass ich glaube, dass wir die Zeit überschritten haben, wo wir Natur- und Umweltschutz als Verfahrensverzögerung ansehen und nicht sachlich prüfen. – So viel zu diesem Thema. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Erlauben Sie mir, die Fragen Ökopunkte, Transit, Brennermaut, Unterinntal und Brenner-Basistunnel gemeinsam abzuhandeln. Ich glaube, es waren Sie, Frau Kollegin Lichtenberger, die von einer Klage gegen eine Maut gesprochen haben. Ich glaube, Sie haben die Klage betreffend Ökopunkte und Transit gemeint; davon gehe ich aus. Ja, wir haben, insbesondere auf Grund meiner Überzeugung, diese Klage eingebracht, denn ich glaube, wir müssen weiter verhandeln. Ich habe schon von Beginn an gesagt: Die Transitfrage – und das ist ein Teil davon – ist nicht nur ein Tiroler, nicht nur ein österreichisches, sondern ein europäisches Thema. Ich glaube nicht, dass die Verhandlungsposition eingeschränkt ist, wenn wir darauf aufmerksam machen, dass eine Regelung nicht nur unseren Interessen, sondern auch unseren Bemühungen nicht entspricht. Daher bin ich absolut überzeugt davon, dass wir mit der Einbringung dieser Klage den richtigen Schritt getan haben. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Was die Brennermaut und ihre Höhe betrifft, so erlauben Sie mir zu sagen, dass nach allen Untersuchungen, Darstellungen und Statistiken – und das ist sicher eine sehr kritische Betrachtung – allein die Höhe die Quantität des Transits nicht lösen wird. Aber es ist ein Zeichen dafür, dass wir diesen sensiblen Bereich in Tirol – und das ist er, nicht nur, weil es dort derzeit sehr viel Transit gibt, sondern auch, weil die Topographie eine entsprechende Belastung für die Bevölkerung und die Umwelt darstellt – ernst nehmen, und ich werde alles versuchen, um glaubhaft und nachvollziehbar eine entsprechende Höhe verhandeln und einbringen zu können.

Ich möchte nicht noch einmal eine Mauthöhe mit der Begründung zurückbekommen, dass sie nicht nachvollziehbar ist. Auch in kleinen Punkten ist die Glaubhaftigkeit – insbesondere bei unseren Nachbarländern – wichtig. Wir werden uns bemühen, eine entsprechende Kalkulation zu machen, einmal, um das abschnittsweise, den Längen entsprechend, nach der Wegekostenrichtlinie darzustellen, aber der zweite Teil wird sein, auch die Frage einer möglichen Quersubventionierung anzudeuten.

Es hat mich bei den ersten Gesprächen mit meinem Ministerkollegen in München sehr gefreut, dass er sehr offen ist für dieses Thema, insbesondere auch dann, wenn wir diese Höhe zweckbinden können und somit eine Forcierung gerade in Richtung Schiene erreichen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Das sind so meine ersten Ideen dazu, die nicht aus der Luft gegriffen sind, sondern sich in weiteren Gesprächen sicherlich auch realisieren lassen.

Da hier die Frage nach Ökopunkten und Kontrolle kam: Ich darf sagen, es ist das mittlerweile zum Thema einer privaten Klage geworden. Ich mische mich hier sicher nicht ein. Ich bin wie mein Vorgänger der Überzeugung, dass man mit einer Kontrolle vieles machen kann. Die Frage, ob jetzt der Bund die Zuständigkeit hat, das Land aufzufordern, ob es strafen kann oder nicht, ist für mich eine formelle. Ich glaube, dass Kontrolle in jedem Bereich sehr viel bringt – nicht nur im Bereich der Sicherheit, sondern auch im Hinblick auf die Einhaltung der Formalitäten. (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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Zum Thema Unterinntal und Brennerbahn. Frau Kollegin Hakl, Sie sprechen auch von Kapazitäten. Ich habe mir dieses Thema sehr genau angesehen, und hier steht Aussage gegen Aussage. In meinem Haus liegt eine Studie vor, die genau aufzeigt, dass die derzeitigen Kapazitätsengpässe nicht im Unterinntal liegen, sondern vielmehr am Brenner. Wir werden, nachdem das eine sehr wichtige europäische Transitfrage ist, auch hier versuchen, alle Möglichkeiten einer europäischen Unterstützung zu bekommen.

Ich meine damit nicht nur das Bekenntnis von Deutschland und Italien, wie wichtig es ist. Bekenntnis ist auch Unterstützung, ist aus meiner Sicht auch eine entsprechende Kostenbeteiligung. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) Neueste Informationen besagen, dass eine Kostenbeteiligung von maximal 10 Prozent möglich ist, und wenn ich gleichzeitig unsere derzeitige budgetäre Situation berücksichtige, brauche ich über einen Zeitplan nicht nachzudenken.

Aber sehen wir es konstruktiv, und überlegen wir: Wenn wir noch eine Planungszeit von sechs bis acht Jahren annehmen, eine Realisierung bei einem Tunnel mit 50 Kilometern Länge, und das angesichts der derzeitigen Diskussion um Tunnels, sind wir, was den längsten Tunnel im Alpenraum angeht, dann bei ungefähr 20 Jahren. Und das ist sicherlich sehr "sportlich", das werden Sie zugeben. Wir müssen die Unterinntaltrasse dann auch gemeinsam mit dem Brennerbahntunnel sehen. Wir werden selbstverständlich alle Planungen im Unterinntal weiter fortsetzen, und wir werden auch alles tun, dass wir in den Verhandlungen über das weiterführende Thema nicht gehemmt sind, aber wir müssen uns wirklich überlegen, wie da die Realisierungszeiträume aussehen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich komme nun zu einem nicht so strengen, sondern zu einem sehr schönen Thema in meinem Bereich: Forschung und Innovation. Ich habe es bei den Antrittsbesuchen aller Institutionen immer als mein Liebkind bezeichnet. Ich hoffe, dass ich auch genügend Zeit habe, es entsprechend entwickeln zu lassen.

Ich darf Herrn Kollegen Gartlehner beruhigen: Bei dieser Milliarde, wo ich wirklich sehr darauf gedrängt habe, dass sie freigegeben wird – es sind heute schon manche Argumente dafür genannt worden –, kann nicht von einem Aufschieben gesprochen werden. Wir haben uns dazu entschlossen, einen Rat für Forschung und Technologieentwicklung einzurichten, der unabhängig ist, der auch alle laufenden Programme evaluieren sollte. Es war zeitlich – am 6. September war die konstituierende Sitzung, die nächste Sitzung war am 4. Dezember – nicht früher möglich. Ich möchte da meinen Kollegen Michael Schmid verteidigen, denn das war sicher kein anstehendes Thema, sondern eine Notwendigkeit, und es wurde auch gemacht.

Ich danke dem Rat für Forschung und Entwicklung auch dafür. Meine Kollegin Elisabeth Gehrer und ich sind hier einer Meinung, dass das wirklich unbedingt notwendig war.

Und wenn Sie mich wegen eines dritten Geschäftsführers fragen, so bin ich Ihnen dankbar für diese Frage. Wahrscheinlich werden diejenigen, die bei mir Antrittsbesuche machen, jeweils mit Vermutungen bedacht werden von Seiten jener, die sehen, wer bei mir ein- und ausgeht. Tatsache ist, dass die von Ihnen angesprochene Person sicherlich nicht wegen eines dritten Geschäftsführers bei mir war, sondern diese Position zur Bestellung angestanden ist und wir auf meine Intention hin übereingekommen sind, dass das jetzt kein Thema ist, sondern dass wir auf Grund der verschiedensten Kompetenzbereiche, die es früher waren, und auf Grund der Zusammenführung, die erfolgte, vorerst einmal über die Strukturen nachdenken müssen, bevor wir uns mit der Bestellung von Geschäftsführern beschäftigen. Ich kann Sie also, glaube ich, wirklich beruhigen, dass das kein Thema war. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Einige Punkte zur Frage der Förderung. Es ist die Aufteilung der Förderung, die Zuwendung der Mittel angesprochen worden. Ich werde noch oft Gelegenheit haben, Ihnen auch zu diesem Thema meine Vorstellungen zu erläutern. Generell bin ich der Meinung, dass das in guten Händen ist, aber nicht nur deswegen, weil ich Entscheidungen, die getroffen wurden, annehme, sondern auch, weil ich mich bei der Kommissionssitzung davon überzeugen konnte, dass dieser Rat sehr gut und ausgeglichen besetzt ist, vor allem durch diejenigen, die koordinieren und führen. Die Absichten, die Sie alle, die wir gemeinsam hinsichtlich der Institution dieses Rates hatten,


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wurden sehr wohl verstanden. Der Rat wird sehr bald sein operatives Geschäft aufnehmen und hat, wie Sie sehen, auch bereits die ersten Schritte getan.

Weitere Punkte, die in Bearbeitung sind – ich habe sie schon angekündigt –: Zum Thema Verkehrssicherheit arbeiten wir ein umfangreiches Paket aus, wobei in Abstimmung mit dem Ministerium für Inneres selbstverständlich immer einerseits die Frage der Kontrolle und andererseits die Frage, warum auf Grund von möglicherweise fehlenden Maßnahmen Unfälle passieren können, und die Frage, wieweit es – insbesondere in meinem Verantwortungsbereich – Erfahrungen im Zusammenhang mit Sicherheit gibt, im Zentrum stehen. Wir werden sehr bald ein sehr klar dokumentiertes Maßnahmenpaket zum Thema Verkehrssicherheit vorlegen können.

Ein Punkt, der Sie vielleicht noch interessiert: die Frage der Sicherheit in Tunnels und im weiteren Umfeld um das Schicksal am Kitzsteinhorn. Es ist auch diesbezüglich die internationale Kommission bereits am Arbeiten. Sie ist zusammengesetzt aus Experten aus Italien, Frankreich, Schweiz, Deutschland und Österreich und arbeitet im Bereich Tunnelsicherheit, Seilbahntechnik und Brandschutztechnik. Diese Gruppe hat eine sehr gute erste Sitzung gehabt, das Aufgabengebiet definiert, und sie wird bereits Anfang Jänner – unter Einbindung der Seilbahnbetreibergesellschaften; das ist mir persönlich sehr wichtig – ihre nächste Sitzung aufnehmen.

Der Grund dafür, dass ich das besonders betone, ist, dass ich nicht haben möchte, dass wir über Anlagenkonzepte urteilen, ohne dass wir denjenigen, die dafür verantwortlich sind, auch die Möglichkeit geben, mitzuarbeiten. Daher ist das, glaube ich, die richtige Vorgangsweise. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich sage mit diesem kurzen Abriss – ich hoffe, dass ich auf all Ihre Punkte eingegangen bin – nochmals herzlichen Dank für Ihre Anregungen und Ihre Unterstützungen, auch für Ihre ausgestreckten Hände zur Unterstützung meiner weiteren Arbeit. – Danke schön. (Anhaltender Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

17.56

Ankündigung eines Antrages auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile, gebe ich bekannt, dass Herr Abgeordneter Dr. Peter Pilz nach § 33 Abs. 1 der Geschäftsordnung beantragt hat, einen Untersuchungsausschuss zur Verantwortlichkeit des Bundesministers für Inneres für die illegale Weitergabe von Daten aus seinem Ressortbereich einzusetzen.

Es liegt in diesem Zusammenhang ein von fünf Abgeordneten unterfertigtes Verlangen vor, über diesen Antrag eine Debatte durchzuführen. Einem solchen Verlangen ist stattzugeben.

Die Debatte und die Abstimmung über den Antrag finden nach Erledigung der heutigen Tagesordnung statt.

*****

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Edler. Die Uhr ist auf 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung gestellt. – Bitte.

17.57

Abgeordneter Josef Edler (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Meine Damen und Herren! Zuerst möchte ich Ihnen, Frau Bundesminister, meine Anerkennung aussprechen für Ihren sachlichen Zugang, was die Verkehrspolitik Österreichs betrifft, aber auch was die großräumige Sicht angeht.

Dieses Lob kann man den beiden Fraktionssprechern Kukacka und Firlinger nicht aussprechen, da ihre Beiträge betreffend die Österreichischen Bundesbahnen und die Eisenbahner wieder politisch motiviert waren. Es gab von ihrer Seite wieder politische Angriffe auf die Eisenbahner,


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so, wie sie das schon jahrzehntelang machen. (Abg. Mag. Kukacka: Ich habe kein Wort zu den Eisenbahnern gesagt! Keine Silbe!)

Ihnen sei ins Stammbuch geschrieben, Kollege Kukacka: Sie haben die Eisenbahner angegriffen und haben jedes Mal Ihre Wahlen verloren. Merken Sie sich das für die Zukunft! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Kukacka: Du phantasierst! "Selektive Wahrnehmung" nennt man das in der Psychologie!)

Was das ÖBB-Budget betrifft, muss ich anerkennend anmerken, dass es ein wesentlicher Beitrag ist, was die Entschuldung der ÖBB angeht. Trotzdem haben die ÖBB für Investitionen um 1 Milliarde Schilling weniger zur Verfügung, und das heißt, dass Tausende Arbeitsplätze nicht nur der Eisenbahner, sondern insbesondere in der Bauwirtschaft, aber auch in der Elektroindustrie gefährdet sind, meine Damen und Herren. Das muss man negativ anmerken. (Abg. Mag. Kukacka: 6 Milliarden für die Infrastruktur!)

Dass die finanziellen Mittel für die gemeinwirtschaftlichen Leistungen nicht erhöht worden sind, ist bedauerlich. Es müssen daher die Verkehrsträger, so auch die ÖBB, im Nahverkehr die Tarife erhöhen. Und das ist ein Skandal, meine Damen und Herren: dass bei Ihren Sparpaketen die Pendler die Rechnung dafür bekommen! (Beifall bei der SPÖ.)

Die ÖBB sind – trotz heftiger Angriffe – auf Erfolgskurs. Sie wollen ja jetzt, dass die roten Manager aus dem Aufsichtsrat oder Vorstand gehen, dafür sollen blaue hinein, schwarze hinein. Einverstanden. Österreich wird das aushalten. Aber nur müssen Sie das auch begründen: Wie viele Millionen Schilling kostet das die Steuerzahler? Ich glaube, dass Generaldirektor Draxler, obwohl ich nicht immer seiner Meinung bin, die ÖBB auf Erfolgskurs gebracht hat. Die Leistungssteigerung im Güterverkehr von 50 Millionen Tonnen vor zirka sechs Jahren auf jetzt rund 80 Millionen Tonnen ist, glaube ich, ein sehr großer Erfolg.

Die Einsparungen durch Reformen sind für mich nicht erfreulich. Seit 1992 sind 17 000 Arbeitsplätze bei den Österreichischen Bundesbahnen eingespart worden, und zwar ohne große Probleme. In welchem Betrieb hat es das noch gegeben, meine Damen und Herren? Ich glaube, man muss den Eisenbahnern für ihr Verständnis auch einmal danken. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Wattaul. )

Frau Bundesministerin! Ich glaube und hoffe, dass Sie bei dem bleiben, was Sie hier oder zumindest im Ausschuss gesagt haben: dass Sie mit Sorgfalt auf die Probleme ÖBB, auf das Problem Trennung zugehen, denn es ist erwiesen, dass jene Länder – Beispiel Großbritannien unter Margret Thatcher –, die getrennt haben, die privatisiert haben, die größten Probleme haben. Sie haben die schwersten Verkehrsunfälle zu verzeichnen, die Bahnen dort sind kaputt, und die Labour-Regierung muss jetzt rund 400 Milliarden Schilling (Abg. Böhacker: "Milliarden"? – Nein!) in die Infrastruktur investieren. Und das, meine Damen und Herren, ist ein Skandal bei einer Privatisierung. Das kann nicht die Privatisierung sein, die wir uns in Österreich vorstellen! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich glaube, die ÖBB haben sich gut vorbereitet, sie haben Infrastruktur und Absatz rechnungsmäßig getrennt und sind auch gewappnet gegenüber der Konkurrenz, was die Liberalisierung betrifft, das Aufmachen der Schienennetze.

Frau Bundesministerin! Warum haben Sie Probleme damit? Die ÖBB wollen ja auch in den deutschen Raum hinein, sie wollen nach Italien, und auch die Deutschen, Italiener oder Franzosen werden zu uns kommen und werden auf Grund der gesetzlichen Voraussetzungen und auf Grund der bestehenden EU-Normen fahren können. Wir sehen hier überhaupt kein Problem.

Noch kurz, Frau Bundesministerin, etwas zum Umgang mit der Sozialpartnerschaft. – Ich habe mit meiner Gewerkschaft gesprochen, und es ist befremdend, muss ich sagen – vor allem, da gestern der Bundeskanzler gesagt hat, dass diese Regierung Schüssel interessiert daran ist, die Sozialpartnerschaft so hoch leben zu lassen –, dass Sie bis dato für die Gewerkschaft der Eisenbahner, für den Obmann der Personalvertretung und für den Obmann der Gewerkschaft der Eisenbahner, noch keine Zeit für eine Terminvereinbarung gefunden haben. Ich glaube, das


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wird dringend notwendig sein, und zwar für beide Seiten, denn die Eisenbahner sind interessiert daran, wirklich auch sachlich mitzuarbeiten. Aber da muss man einmal ein Gespräch führen können. Ich glaube, das muss terminlich möglich sein.

Nur noch kurz zu den Nebenbahnen, die heute fast nicht angesprochen worden sind. Ein Problem, das auf uns, besonders aber auf Sie, Frau Bundesministerin, zukommt: 1 700 Kilometer Nebenbahnen sind gefährdet! Ich hoffe, dass wir eine gemeinsame Lösung zustande bringen, damit diese Nebenbahnen erhalten bleiben können, weil sie für die Pendler, für die Regionen so wichtig sind.

Meine Damen und Herren! Wenn wir nicht wollen, dass in Zukunft Aktionäre die Bahn, die ÖBB führen, sondern weiterhin Menschen für Menschen, dann wird es eine gute Bürgerbahn sein. Und dafür werden wir Sozialdemokraten eintreten! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

18.03

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Abgeordneter Wattaul. Er hat das Wort.

18.03

Abgeordneter Anton Wattaul (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Hohes Haus! Verkehr ist die Pulsader jeder Gesellschaft. Verkehr ist ÖBB genauso wie die Straße. Und ich muss dir wirklich etwas sagen, Kollege Edler: Wenn ihr die Bundesbahnen einmal aus der sozialistischen Umklammerung loslassen und wirklich wirtschaftliche Kriterien in den Vordergrund stellen würdet, dann würden die Bundesbahnen, zu denen ich mich wirklich bekenne, anders dastehen. Ich sage euch, bei den Bundesbahnen gibt es sehr viele gute Leute, aber wenn die Gewerkschaft anschafft, dann kann das nichts werden. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Ihr müsst dort wirklich einmal die wirtschaftlichen Kriterien in den Vordergrund stellen und nicht parteipolitisch argumentieren. Das geht nicht. Das möchte ich dir sagen, Kollege Edler – bei aller Sachlichkeit!

Zum öffentlichen Verkehr: Frau Lichtenberger, Sie sagen, Sie sind gegen die Straße. Bitte, wissen Sie eigentlich, wie viel öffentlicher Verkehr auf der Straße läuft? Wissen Sie, wie viele Linienbusse? Sie sagen einfach, Sie wollen keine Straße mehr haben. (Abg. Dr. Lichtenberger: Keine Autobahn!) Tatsache ist: Eine Bahn, 150 Tonnen schwer, transportiert 40 bis 80 Personen. – Das muss nicht sein! Diese Personen können ohne weiteres mit einem Linienbus, der 10 Tonnen Eigengewicht hat, transportiert werden. Dazu brauchen wir nicht, was weiß ich wie schwere, 150-Tonnen-Züge mit Personal. Das geht auch mit einem Bus. (Abg. Dr. Lichtenberger: Wir wollen keine neuen Autobahnen!)

Beispiel Waldviertel, wo die Bevölkerung nicht so dicht ist (lebhafte Heiterkeit bei der SPÖ und den Grünen): Sie werden doch dort nicht für den Personenverkehr allein Züge fahren lassen wollen? Es gibt dort keine Industrie, keinen Transport von irgendwelchen Gütern – da müssen Sie mit Bussen fahren, und dafür braucht man die Straße! (Abg. Brosz: Aber keine Autobahnen!) Man kann daher nicht ständig gegen die Straße wettern. Das funktioniert nicht. (Weitere Zwischenrufe bei den Grünen.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Kollege Wattaul, Sie haben von der Bevölkerungsdichte gesprochen, nicht? – Ja.

Abgeordneter Anton Wattaul (fortsetzend): Gut. Ich korrigiere: Wo eben wenig Bevölkerung ist. – Entschuldigung. (Heiterkeit bei den Grünen.)

Was ich sagen möchte, ist: Ich glaube nicht, dass es der richtige Weg ist, die Schiene und die Straße auseinander zu dividieren. Beide Verkehrsträger haben ihre Berechtigung. Die Schiene wird in Zukunft so viele Aufgaben zu bewältigen haben, dass sie mit der Straße zusammenarbeiten muss. Wir werden durch die Osterweiterung mit einem noch viel stärkeren Verkehrsaufkommen konfrontiert werden und daher sicherlich für alle, für Straße und Schiene, genug Arbeit haben. Es hat jedes Instrument seine Berechtigung – so muss man das sehen.


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Zum Road-Pricing möchte ich nur Folgendes sagen: Egal, ob man heute von 2 S oder 4 S spricht, bezahlen wird schlussendlich der Konsument. Es ist nicht so, dass der Transportunternehmer den Kilometerpreis bezahlt, sondern er wird am Ende auf das Produkt aufgeschlagen. Und wer wird das bezahlen? Es kann nur der Konsument sein, sprich der Steuerzahler. Das muss man einmal sagen. (Abg. Brosz: Und wer bezahlt für die Autobahnen?)  – Auch der Konsument. Es wird immer der Konsument zahlen müssen. Es ist so, dass der Steuerzahler auch den Nahverkehr subventionieren muss. Das ist eben so. Am Schluss zahlt immer der Steuerzahler.

Zu den Fahrschulen möchte ich auch noch etwas sagen, weil es da eine Aussendung von der SPÖ gibt. Es ist richtig, dass der Umstand, dass die Fahrschulen Prüfungen nur im Bezirk abhalten, ein Missstand ist. Das gehört geändert, damit ein Wettbewerb zwischen den Fahrschulen wirklich dazu führen kann, dass sie billiger werden. Ich glaube, das ist im Ministerium in Arbeit.

Von Frau Kollegin Kuntzl habe ich mir auch noch etwas aufgeschrieben: "Wer brummt, soll blechen." (Lebhafte Heiterkeit.) Ich glaube nicht, dass das der richtige Weg ist. – Ich habe das nicht gesagt. "Wer brummt, soll blechen" – das ist die Politik der Sozialisten. (Abg. Böhacker: Wer hat das gesagt?) Wer das gesagt hat? – Frau Kuntzl. Schauen Sie sich das an! (Der Redner hält eine Zeitung in die Höhe. – Neuerliche lebhafte Heiterkeit bei den Grünen.) Wenn das Politik ist, wenn das Verkehrspolitik ist, dann weiß ich nicht, was Politik ist. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

18.08

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Moser. – Bitte. (Abg. Neudeck: Das ist jetzt schwer für Sie!)

18.08

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Kollege aus dem Mostviertel! Mir ist durchaus klar, dass Sie als Mostviertler, Herr Kollege Wattaul, etwas Zweifel hegen an der Dichtheit der Waldviertler. (Lebhafte Heiterkeit.) Ich kann Sie aber beruhigen: Ich bewege mich öfter auch durch das Waldviertel, und ich habe wirklich noch keinen "undichten" Waldviertler getroffen. (Heiterkeit und Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Schwemlein. )

Was dort undicht ist – um sozusagen im Bild zu bleiben –, ist wirklich der öffentliche Nahverkehr. Sei es bei Bussen, sei es bei Bahnen – es fehlt an Verbindungen, an Taktfahrplänen. Diesbezüglich müsste man etwas tun. Das ist zwar in erster Linie Landesaufgabe, aber es fließt ja auch Bundesgeld ins Waldviertel. (Abg. Neudeck: Zu wenig Verkehr!)

Wenn man sich nun vom Waldviertel mühsam in dem vergleichsweise undichten öffentlichen Verkehrssystem hinunter ins Mostviertel bewegt, dann trifft man dort auf einen Schnittpunkt der ÖBB; dieser heißt St. Peter in der Au. Man nehme Platz in St. Peter in der Au, aber man lese zuerst! Es gibt dort ein schönes Schild über dem Fahrkartenschalter: "Geöffnet jeden ersten Montag im Monat." – Bitte, jeden ersten Montag im Monat kann man dort Fahrkarten kaufen! – Und gleich nebenan im Wartesaal gibt es ein Schild: "Der genehmigte Aufenthalt in diesem Wartesaal ist nur mit einer gültigen Fahrkarte erlaubt." (Lebhafte Heiterkeit.) Jetzt kommen Sie also dort an, können keine Fahrkarte kaufen, dürfen, wenn Sie sich an die Schilder der ÖBB halten, auch nicht im Warteraum Platz nehmen, und Sie stehen auf einem Bahnsteig, der womöglich ein undichtes Dach hat. – Das ist die Situation von öV-BenützerInnen in Niederösterreich zwischen Waldviertel und Mostviertel. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenbemerkung von Bundesministerin Dr. Forstinger. ) Frau Ministerin! Ich habe Ihnen das ja nur als Beispiel – das ist ein lebensnahes Beispiel; ich habe es selbst erlebt – geschildert, damit Sie einmal vom Ambiente eines Normalsterblichen oder einer Normalsterblichen ohne Auto ein bisschen erfahren.

Es ist das Gefüge eines Finanzsystems, das im Bereich öffentlicher Verkehr viele Fehlsteuerungen hat, wo Sie wirklich den Hebel ansetzen müssen. Schauen Sie sich einmal die Studie von Professor Schönbäck an. Sie ruht in den Schubladen, seit Klima Minister war. Schauen Sie sich dort einmal die acht Fehlsteuerungsmöglichkeiten an und räumen Sie auf! Räumen Sie die Kas


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sen aus und schichten Sie um! Es muss konzentriert werden, damit das System insgesamt dichter wird. – Das zum einen.

Ich kann Ihnen aber jetzt auch noch ein anderes Beispiel erzählen, und zwar aus dem Burgenland. Fahren Sie einmal ins Burgenland, da treffen Sie auf einen – wahrscheinlich wird es bald so weit sein – 100 Meter hohen Sendemasten mitten im Naturschutzgebiet. Sie erkundigen sich und hören: Ja, das ist möglich, denn dieser Sendemast dient der Aufrechterhaltung eines Funksystems für Fernmeldefunk im Sinne von Fahrzeugortung. Fahrzeugortung – das müssen Sie sich vorstellen! Mitten im Naturschutzgebiet, 100 Meter hoch. Es wird argumentiert, es sei von öffentlichem Interesse, dass dort Fahrzeuge geortet werden.

Erkundigen Sie sich, ob vielleicht die Gendarmerie, ob vielleicht die Polizei oder das Rote Kreuz diesen Masten wegen dieses Fahrzeugortungssystems brauchen! – Nein, sie brauchen ihn nicht, sie brauchen ihn überhaupt nicht. Also fragt man sich wirklich, warum hier das öffentliche Interesse Fahrzeugortung gegen das öffentliche Interesse Naturschutz gewonnen hat, wenn man den Sinn dieses Mastes höchstens darin sehen kann, dass Fahrzeuge geortet werden, die in Österreich gestohlen wurden und nach Ungarn verschoben werden. Was soll das?

Bitte, das ist auch eine reale Situation, nicht weit weg von hier, im Burgenland, im Bereich auch Ihrer Tätigkeit.

Jetzt komme ich noch zu einem ernsteren Punkt. Gehen Sie einmal in Wien in das Haus der Telekom-Control in der Mariahilfer Straße. Anfang Oktober gab es dort eine Informationsveranstaltung zur UMTS-Sendefrequenzen-Versteigerung. Sprechen Sie dort mit Herrn Direktor Otruba, und er wird Ihnen sagen: Ja, wir haben die Ausschreibemodalitäten so gestaltet, dass die Käufer, die Betreiber dieser Frequenzen – die sich ja in der Versteigerung Anfang November um diese Frequenzen auch beworben und sie gewonnen oder sozusagen ersteigert haben –, verpflichtet sind, innerhalb eines gewissen Zeitraumes – 2004 – Österreich zu 50 Prozent zu erschließen. Also sie müssen dafür sorgen, dass innerhalb dieses 50-Prozent-Bereiches in Österreich der Empfang auf UMTS-Frequenz möglich ist.

Wenn Sie dieses Gebäude, in dem Sie diese 50-Prozent-Versorgung mitgeteilt bekommen haben, wieder verlassen und dann das Regierungsprogramm lesen, so entdecken Sie: Sinn dieser modernen Technologie sei sozusagen auch die Zugänglichkeit und die Versorgung von Randgebieten, von Grenzregionen, von Gebieten, die bis jetzt wirtschaftspolitisch benachteiligt waren.

Das ist eine Herausforderung in der Technologiepolitik. Aber wie machen Sie – entschuldigen Sie, Ihr Vorgänger – die Ausschreibung, durch Herrn Dr. Otruba dann praktisch durchgeführt? Wie machen Sie die Ausschreibungen? 50 Prozent, bezogen auf die Ballungszentren. – Bitte, das ist Uralt-Technologiepolitik. Da müssen Sie eingreifen. Da müssen Sie etwas verändern. (Beifall bei den Grünen.)

Zum Schluss kommend: Blickpunkt ÖBB. Hier werden Sie verändern. Da geht es um die Besetzung eines neuen Vorstandes. Herr Generaldirektor Draxler wird ja höchstwahrscheinlich in die Wüste geschickt – er freut sich in mancher Hinsicht schon drauf, wie man in der Presse liest –, er ist ja von der falschen Farbe, und jetzt wird umstrukturiert. Ich bin schon neugierig, ob Managementkriterien bei der Besetzung des neuen Vorstandes nach Ihren Vorsätzen Platz greifen und umgesetzt werden oder ob nicht doch auf Grund dessen, dass Sie sich auf eine Mehrheit in diesem Haus stützen müssen, und die Mehrheit ja bekanntlich blau-schwarz ist, auch ein blau-schwarzer Vorstand bei den ÖBB Einzug halten wird. Darauf bin ich schon neugierig! Und ich bin auch neugierig auf die Konsequenzen. Werden Sie dann die "Taurus"-Loks, die jetzt schön rot gestrichen sind, auch in einer Färbelung zwischen blau und schwarz durch Europa fahren lassen? (Zwischenrufe bei den Grünen und den Freiheitlichen.)

Da wird es eine Nagelprobe geben zwischen den Managementansprüchen, die Sie stellen, und denn ganz konkreten Entscheidungen personalpolitischer Natur. Ich bin sehr neugierig darauf.


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Jetzt wirklich zum Schluss kommend: Frau Ministerin, ich bin dankbar für Ihre Äußerungen zu Detailproblemen, die Sie uns zukommen ließen. Diese Äußerungen zeugen durchaus von einer – wie soll man sagen – nicht gerade couragierten, aber doch bemühten Herangehensweise. Was mir allerdings gefehlt hat – und ich bin neugierig, ob Sie uns das auch einmal mitteilen werden –, ist eine Kontur und ein klarer Umriss Ihrer verkehrspolitischen Philosophie, Ihrer verkehrspolitischen Werthaltung. Darüber habe ich noch gar nichts erfahren. Da sind Sie für mich ein unbeschriebenes Blatt, tabula rasa. Ich hätte gerne einmal von Ihnen einen schönen, mit verkehrspolitischen Werten und mit Grundsatzentscheidungen gedeckten Tisch gesehen. Das würde mich wirklich interessieren. Vielleicht geht es heute noch, vielleicht geht es heute noch hier in diesem Haus, sonst vielleicht nächstes Mal. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

18.16

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ellmauer. Er hat das Wort. (Abg. Böhacker: Jetzt kommt wieder etwas Gescheites!)

18.17

Abgeordneter Matthias Ellmauer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Zustände auf Österreichs Straßen sind auch ohne die von der Opposition arrangierten Verkehrsblockaden schlecht genug. Vor allem in letzter Zeit häufen sich die Berichte von Unfällen im Baustellenbereich an den Autobahnen. Die meisten von uns sind ja tagtäglich Zeuge des mehr als bedauernswerten Zustandes unserer Straßen, was mich zu der Überzeugung führt, dass hier verstärkt Investitionen notwendig sind.

Ich meine, dass es vor allem angesichts einer künftigen Erweiterung der Europäischen Union unsere Pflicht ist, dafür zu sorgen, dass die vorhandene Infrastruktur erhalten und weiter ausgebaut wird. Eine funktionierende Wirtschaft verlangt intakte Verkehrswege. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Neudeck. )

Meine Damen und Herren! Im Falle einer EU-Erweiterung wird das Verkehrsaufkommen in Österreich als logische Konsequenz des erhöhten Warentransits und Personenverkehrs um ein Vielfaches steigen. Spätestens dann ist es undenkbar, dass sich die West Autobahn als Dauerbaustelle darstellt. Deshalb verlange ich, wie schon so oft zuvor – und nicht nur bei Ihnen, Frau Bundesministerin, sondern auch bei Ihren Vorgängern –, dass als logische Konsequenz des schon jetzt zu erwartenden Verkehrsinfarktes endlich der durchgehende sechsspurige Ausbau der West Autobahn vorangetrieben wird. Und ich fordere in diesem Zusammenhang auch ein besseres Baustellenmanagement.

Eine intakte Verkehrsstruktur ist Voraussetzung für einen funktionierenden österreichischen und daher auch europäischen Wirtschaftsraum, und es liegt daher in unser aller Interesse, dieses Projekt voranzutreiben.

Ein leider immer wieder vernachlässigter Punkt, der mir persönlich sehr am Herzen liegt, sind die vor allem für den Tourismus, aber auch für die Menschen und die Umwelt wichtigen Ortsumfahrungen. Deshalb hoffe ich, dass bei den künftigen Budgets mehr Mittel für diesen wichtigen Bereich zur Verfügung gestellt werden.

Als Bürgermeister der Gemeinde Traunkirchen ersuche ich Sie, Frau Bundesministerin – wie ich das ebenfalls auch schon bei Ihren Vorgängern getan habe –, dass die Ortsumfahrung von Traunkirchen so schnell wie möglich realisiert, dass für die Finanzierung Sorge getragen wird. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dietachmayr  – kurz Beifall spendend –: Dafür bin ich auch!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Slogan "Schiene statt Verkehrslawine" ist uns allen wohl bekannt. Allerdings ist verwunderlich, dass die roten Verkehrsminister so lange so wenig getan haben, um in diesem Bereich wirksame Maßnahmen zu setzen.

Und eines sage ich auch gleich voraus: Wir brauchen beides! Wir brauchen die bestmöglichen Straßenverbindungen, und wir brauchen die bestmöglichen Schienenverbindungen. Beide Bereiche sollen gleichermaßen ausgebaut und den Erfordernissen angepasst werden.


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Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vollbeschäftigung – aber kein neues Schuldenmachen – ist notwendig, um langfristig die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandortes Österreich zu wahren, und dafür sind Maßnahmen zum Ausbau der Infrastruktur unvermeidlich. Die nötigen finanziellen Mittel für die Erhaltung und den Ausbau des hochrangigen Straßennetzes sind langfristig durch die Installierung eines modernen, effektiven und kostengünstigen Road-Pricing-Modells für LKW sicherzustellen. Die Entscheidung darüber, welches System angeschafft werden soll, wird in den nächsten Monaten von Ihnen, Frau Bundesminister, zu treffen sein.

Abschließend wünsche ich Ihnen und uns allen (Abg. Parnigoni: Frohe Weihnachten!) – vor allem aber Ihnen, Frau Bundesminister, bei der Führung Ihres großen und schwierigen Ressorts – viel Erfolg, denn das wäre für unsere Bürger das Beste. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

18.21

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dietachmayr. – Bitte.

18.21

Abgeordneter Helmut Dietachmayr (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Einen Satz noch zu der Rede des Herrn Abgeordneten Kukacka; er ist zwar nicht im Haus, aber es wird ihm sicherlich ausgerichtet werden. (Zwischenruf der Abg. Steibl. )

Diese Rede hätte nicht einmal in ein Zelt des Urfahraner Jahrmarktes gepasst, geschweige denn hierher in dieses Haus. Er tut so, also ob die ÖVP 30 Jahre lang in Opposition gewesen wäre und nie ein Wort mitzureden gehabt hätte! Außerdem hat er – ich habe genau aufgepasst! – in seiner Rede keinen einzigen Vorschlag für die Verbesserung der Infrastrukturmaßnahmen beziehungsweise der Verkehrssysteme gebracht. Also kein Konzept, sondern nur losschlagen! Das hat sich meiner Meinung nach auch die neue Bundesministerin nicht verdient.

Frau Bundesministerin! Sie haben ein sehr wichtiges Ressort übernommen, und Sie haben hervorragende Mitarbeiter in Ihrem Ressort. Ich denke, wenn wir bei verschiedenen Verkehrsfragen die parteipolitische Komponente weglassen, dann müsste es gelingen, da und dort wirklich konstruktive Maßnahmen zu schaffen, um eine Verbesserung des Systems herbeizuführen.

Die Verkehrslawine wächst – leider, es ist so. Eine europaweite Erhebung hat sogar ergeben, dass in Österreich die Zahl der PKW noch stärker steigen wird als im europäischen Durchschnitt.

1998 kamen in Österreich auf 1 000 Einwohner 480 PKW. Bereits im Jahre 2010 werden auf 1 000 Einwohner 600 Autos kommen. Im Steigen begriffen ist aber nicht nur die Anzahl der PKW, sondern auch die Anzahl der gefahrenen Kilometer. Das heißt, dass sich immer mehr Autos auf den Straßen bewegen. Daher – um den Verkehr aufrechtzuerhalten – müssen die Verkehrswege ausgebaut werden, wobei sowohl der Ausbau der Schienenkapazitäten als auch der Ausbau bedarfsgerechter Straßen dringend notwendig ist. Ich frage mich nur, wie Sie das mit diesem Budget erledigen wollen. Das ist die große Frage!

Meine Damen und Herren! Über die Unfallzahlen und über das Unfallgeschehen wird meine Kollegin Binder noch im Detail berichten. Aber Folgendes ist klar: Es gibt heuer einen leisen Hoffnungsschimmer, weil nämlich die Zahl der Unfalltoten im Vergleich zum Vorjahr derzeit um zirka 100 unter dem Wert des Vorjahres liegt. Es muss aber unser aller Ziel sein, diese Unfallzahl noch um mindestens 50 Prozent zu senken. (Abg. Dr. Martin Graf: Das Ziel muss eine 100-prozentige Senkung sein!)

Frau Bundesministerin! Wir müssen uns wirklich anstrengen, vernünftige Maßnahmen zu finden. Ich halte nichts von den Vorschlägen Ihres Vorgängers Schmid, der gesagt hat, die Strafen sollten eine existentielle Bedrohung darstellen oder man solle die Höhe der Strafen nach dem Listenpreis der Fahrzeuge staffeln. Das ist eine reine Abzockermentalität, ohne am eigentlichen Problem zu rühren.


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Die Verkehrssicherheit hängt eher von konsequenter Überwachung als von erhöhten Strafen ab. Im Kraftfahrgesetz gibt es genügend Möglichkeiten, um Rowdies von den Straßen zu holen, daher brauchen wir weder neue Gesetze noch höhere Strafen. Die Exekutive soll vehement an den tatsächlichen Gefahrenstellen kontrollieren und die bestehenden Gesetze auch anwenden.

Frau Bundesministerin! Ein ganz wichtiger Aspekt ist der Führerschein. Es wurde heute schon kurz erwähnt: Der Führerschein kostet in der Regel mehr als einen Monatslohn: in Wien bis zu 17 500 S, in Kärnten etwas mehr, 18 700 S, und in Salzburg an die 20 000 S. Ich finde, da wäre mehr Wettbewerb angebracht. Weg mit dem Gebietsschutz! Die so genannte Deregulierungskampagne ist am Führerschein-Gesetz anscheinend völlig spurlos vorübergegangen. Wichtig wäre auch die freie Fahrschulwahl und eine wirksame Kontrolle der Preisauszeichnungspflicht. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Das Ziel muss lauten: Ein Führerschein darf nicht mehr als 1 000 Euro kosten. Frau Bundesministerin! Wenn Sie diesbezüglich Maßnahmen setzen, werden wir Sie gerne dabei unterstützen.

Frau Bundesministerin! Ich komme zum Schluss. Auch ich bin der Meinung, dass man nicht immer nur neue Dinge fordern soll, wie etwa den Ausbau der Straßen und so weiter, obwohl das auch wichtig ist, sondern ich glaube, wir müssen auch Maßnahmen setzen, um die bestehenden Verkehrsinfrastruktureinrichtungen optimal zu nützen. Ich bin schon sehr gespannt, wie Sie mir auf eine parlamentarische Anfrage antworten werden, die ich gestellt habe, und zwar betreffend den "Grünen Pfeil".

Der "Grüne Pfeil", das sei nur ganz kurz erwähnt, erlaubt das Rechtsabbiegen auch bei roter Ampel. Das ist in vielen Ländern bereits üblich; auch in Deutschland setzt sich das immer mehr durch. Es gibt dazu eine interessante Studie vom Bundesamt für Straßenwesen. Sie zeigt auf, dass das Unfallgeschehen dadurch nicht zunimmt. Frau Bundesministerin! Ich bitte Sie, unseren Vorschlag nicht gleich deshalb von vornherein abzulehnen, weil er eben von unserer Seite kommt. Setzen wir uns zusammen! Reden wir miteinander darüber! Vielleicht gibt es auch für Österreich eine vernünftige Lösung. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Martin Graf: Zentralistische Planwirtschaft beim Führerschein! – Abg. Parnigoni: Graf, keine Ahnung!)

18.27

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Schoettel-Delacher. – Bitte.

18.27

Abgeordnete lic.oec. HSG Irina Schoettel-Delacher (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Geschätzte Damen und Herren! Das Verkehrsressort sah sich in jüngster Zeit mit mannigfachen Herausforderungen und Belastungen konfrontiert. Neben einer ganzen Reihe von verkehrspolitischen Problembereichen, wie beispielsweise der Frage um die Brenner-Maut oder der Transitvertragsproblematik, sah sich Ihr Ressort leider mit einer Reihe von tragischen Verkehrsunfällen, schrecklichen Tunneltragödien und dem jüngst geschehenen, grauenhaften Unfall in Kaprun konfrontiert. Ich denke, es ist auch im Zuge einer Budgetdebatte einmal angebracht, den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen Ihres Ressorts für ihren unter größter physischer und psychischer Belastung geleisteten Einsatz unsere Anerkennung auszusprechen! (Beifall bei den Freiheitlichen, der ÖVP sowie des Abg. Dr. Keppelmüller. )

Sehr geehrte Frau Bundesminister! Es ist uns bewusst, dass die finanzielle Ausstattung gerade des Verkehrsressorts eigentlich nie wirklich ausreichend sein kann. Dennoch wird es gelingen, in wichtigen Bereichen wie zum Beispiel beim ÖPNV oder beim Verkehrssicherheitspaket wesentliche Verbesserungen zu erzielen. Auch werden im Rahmen der Technologieoffensive in den nächsten Jahren Ihrem Ressort rund 3 Milliarden Schilling für infrastrukturelle Verbesserungen zur Verfügung gestellt werden können.

All dies sind zwar positive Ansätze auf nationaler Ebene, das sollte uns aber nicht über die tatsächlichen verkehrspolitischen Herausforderungen der nächsten Jahre und Jahrzehnte hinwegtäuschen. Um diesen Herausforderungen begegnen zu können, müssen wir entsprechende


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Vorkehrungen sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene dringend forcieren. Egal, welchen Prognosen der verschiedenen Institute über das Verkehrsaufkommen in den nächsten Jahren man Glauben schenkt, alle gehen davon aus, dass sich der Güterverkehr bis 2010 mindestens verdoppeln wird. (Abg. Kiermaier: Das ist zu wenig!)  – Mindestens verdoppeln!

War bis in die siebziger Jahre die Schiene noch der dominierende Verkehrsträger, entfallen heute rund zwei Drittel des Güterverkehrs auf die Straße und ein Drittel auf die Schiene. Da nun aber die Verlagerung des Verkehrs von der Straße auf die Schiene ein anerkanntes europäisches verkehrspolitisches Ziel ist, entsteht auf europäischer Ebene, aber auch auf den nationalen Ebenen höchster politischer Handlungsbedarf. Dieses Ungleichgewicht zwischen den Verkehrsträgern Schiene und Straße konnte ja nur entstehen, weil der Straßengüterverkehr eben dem freien Wettbewerb ausgesetzt ist und dadurch effizienter und mit einem besseren Kosten-Leistungs-Verhältnis agieren muss (Beifall bei den Freiheitlichen sowie des Abg. Dr. Stummvoll ), wohingegen der Schienengüterverkehr keinem echten Wettbewerb ausgesetzt ist, sondern nach wie vor stark politisch ausgerichtet ist und vorwiegend innerstaatliche Prioritäten setzt.

Neue Verkehrskonzepte sollten demnach auch im Schienenverkehr den Wettbewerb zulassen, indem sie die Schienennetze weiter öffnen und deregulieren, damit auch Dritten mehr gleichberechtigter Zugang zum Schienennetz verschafft wird. Nur mehrere Anbieter von Verkehrsleistungen auf der Schiene schaffen Wettbewerb, und nur Wettbewerb führt zu einer Effizienzsteigerung, ohne die der Schienengüterverkehr in Zukunft nicht überlebensfähig sein wird. (Zwischenruf der Abg. Silhavy. )

Durch solche Maßnahmen kann die Schiene wieder zu einer echten attraktiven Alternative zur Straße werden, und das wollen wir doch alle, um wieder ein Gleichgewicht zwischen beiden Verkehrsträgern herzustellen.

Mit der Liberalisierung der Schiene ist ein dringend notwendiger Innovationsschub bei den Umschlags- und Verteilterminals zu erwarten, was eine Voraussetzung für die notwendige Effizienzsteigerung ist. Die rasche und reibungslose Abwicklung in zentralen Umschlags- und Verteilzentren und der Abbau von Hindernissen bei Grenzübertritten können bisherige Nachteile gegenüber der Straße wettmachen.

Straßenseitig wird eine Harmonisierung der verkehrsrelevanten Steuern und Arbeitsbedingungen – Stichwort: EU-einheitliche Fahrerlizenz – in nächster Zeit genauso an Bedeutung gewinnen wie die Herstellung der Kostenwahrheit für alle Verkehrsträger. Drakonische Maßnahmen, die den Straßenverkehr durch überzogene Ge- und Verbote oder höhere Steuern einzuschränken versuchen, sind hingegen nicht angebracht. Damit würden wir nämlich nur wieder künstliche Handelsbarrieren aufbauen, die die Vorteile und die Wettbewerbsfähigkeit eines europäischen Binnenmarktes wieder vernichten würden.

Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Die Verkehrswirtschaft befindet sich in einem dramatischen Umbruch. Vieles wird sich auf europäischer Ebene abspielen. Österreich wird sich dort stark positionieren müssen, um den Zug nicht zu verpassen oder Gefahr zu laufen, überfahren zu werden. Ich bin der Überzeugung, dass Sie dort eine starke Position für Österreich vertreten werden. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen sowie des Abg. Dr. Khol. )

18.33

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Keppelmüller. Er hat das Wort. (Abg. Mag. Schweitzer: Der redet ja überall mit!)

18.33

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Ich vermisse den Kollegen Haigermoser als Zwischenrufer. (Abg. Haigermoser: Hier!)  – Komm ein bisserl vor! (Abg. Haigermoser: Nein, ich lasse mir von dir nichts anschaffen!)  – Nicht? Schade! (Heiterkeit.)


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Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir behandeln jetzt das Kapitel "Forschung und Technologie". Ich habe heute schon zum Kapitel "Landwirtschaft" gesprochen, aber leider nur fünf Minuten lang, daher konnte ich mich nicht dem Thema "BSE" widmen, obwohl von freiheitlicher Seite dazu mehrmals eindeutig festgestellt worden ist, dass auch Herr Ex-Minister Einem einer der Schuldigen ist.

Frau Ministerin! Ich komme jetzt darauf zu sprechen, weil ich schon einen sehr starken Zusammenhang zur Forschung sehe. Mir ist in dieser Diskussion klar geworden, dass wir in Wahrheit über die Erkrankung selbst viel zu wenig wissen, dass in Wahrheit gar nicht gesichert ist, was für ein Erreger das ist und wie er übertragen wird. Er ist einfach da. Da gibt es einerseits einen hohen Forschungsbedarf, und daher wären sehr schnell Mittel dafür bereitzustellen. Andererseits müssen wir uns aber auch – und damit bin ich beim Umweltschutz – dem Entsorgungsproblem stellen.

Wir haben in Österreich etwa 330 000 Tonnen Tierkörper pro Jahr zu verarbeiten – derzeit hauptsächlich zu Tiermehl. Dabei bleibt etwa ein Drittel übrig, das teilt sich dann auf in überwiegend Tiermehl und auch Tierfette. Auch ich bekenne mich dazu, dass wir das Tiermehl nicht mehr verfüttern, aber wir müssen etwas damit machen. Wir können es zum Beispiel nicht vergraben, weil wir bald ein Deponierungsverbot haben werden; es würde auch niemand vergraben. Ich glaube auch, dass es nicht ganz so einfach ist, das sofort zu verbrennen, außer vielleicht in Hausmüllverbrennungsanlagen. Dazu reicht die Kapazität nicht aus.

Ich denke, wir sollten intelligente Möglichkeiten finden. Wir könnten zum Beispiel Biodiesel aus den Fetten machen, das müsste doch irgendwie möglich sein. Es ist ja bekannt, dass ich ein Verfechter von Biodiesel bin, insbesondere dann, wenn es eine entsprechende Kosten-Nutzen-Rechnung gibt und eine Ökobilanz, die auch Herr Minister Molterer gerne machen würde.

Wenn ich schon bei diesen Anregungen bin, dann möchte ich vorschlagen, ganz rasch das ÖBIG, das Umweltbundesamt, die Akademie der Wissenschaften und spezielle Forschungsinstitute auf dieses Projekt anzusetzen und gleichzeitig auch zu versuchen, gemeinsam mit der Industrie neue Technologien dafür zu entwickeln, wie wir diese Rückstände aufarbeiten können.

Ich möchte auch etwas aufklären, weil Kollege Schwemlein heute – wie ich glaube, ganz bewusst – von einigen Rednern missverstanden worden ist. Kollege Schwemlein hat sehr richtig gesagt, dass natürlich die Landwirtschaft – nicht unbedingt die österreichische Landwirtschaft –, vor allem die Agrarfabriken einen großen Anteil an den derzeitigen Problemen mit BSE haben.

Meine Damen und Herren! Weil ich heute die "Schwarze-Schafe-Krawatte" trage (der Redner deutet auf seine Krawatte, auf der vor rotem Hintergrund zahlreiche schwarze Schafe, darunter ein weißes, zu sehen sind), möchte ich sagen: Es ist nicht so, dass man einfach so tun kann, als ob der österreichische Landwirt grundsätzlich immer nur ein braver ist. Brave gibt es nicht überall!

Vor mir sitzt Kollege Zweytick. Er ist sicherlich ein Braver, ein weißes Schaf unter einigen schwarzen. Aber wir dürfen doch nicht vergessen, dass es auch einmal Glykol gegeben hat, das wir alle mitgetrunken haben! Und es gibt in Oberösterreich die Hormonverkäufe an der Autobahn – das ist in der Zeitung gestanden –, und es gibt illegale Düngemittelimporte. Das muss ja auch irgendjemand machen! Wenn es nicht die Landwirte sind, dann frage ich mich: Wer sonst?

Oder: Wir haben zum Beispiel in vielen Regionen zu viel Nitrat im Grundwasser. Ein Redner hat beispielsweise erklärt, wir hätten überall herrlich trinkbares Wasser. Das stimmt nicht ganz! Wir haben Probleme mit dem Grundwasser, das muss auch eine Ursache haben, und darüber wird man doch sachlich reden dürfen! – So habe ich die Aussage des Kollegen Schwemlein verstanden.

Es blinkt schon wieder die Lampe. – Ich möchte noch auf Folgendes hinweisen, Frau Bundesministerin: Sachlich fair finde ich es zum Beispiel, dass Ihr Kollege Haupt in einer Radiomeldung gesagt hat, dass 1990 unter Bundesminister Ettl durchgesetzt wurde – wir waren damals das einzige der jetzigen EU-Länder mit einem solchen Verbot –, dass an Rinder kein Tiermehl mehr


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verfüttert werden darf. (Demonstrativer Beifall bei Abgeordneten der Freiheitlichen.) Also gar so schlecht waren die roten Minister auch nicht, auch wenn angeblich Einem an all dem schuld ist, was Sie uns vorwerfen.

Frau Ministerin! Abschließend eine Bitte. Ich habe einen Zwischenruf gemacht bezüglich der "FOPs", "Friends of Prinzhorn". Ich bitte Sie, vor diesen nicht zu sehr in die Knie zu gehen. Zur Kollegin, die vor mir gesprochen hat: Ihr Gatte ist im Aufsichtsrat bei den ÖBB, und das ist meiner Ansicht nach eine glatte Unvereinbarkeit! Aber wenn man das schon macht, dass man einen Konkurrenten in den Aufsichtsrat setzt, dann könnte man, nachdem er sich heute sehr kompetent und als Freund der ÖBB erwiesen hat, vielleicht auch Herrn Kollegen Wattaul in diesen Aufsichtsrat entsenden. Das würde ich anregen. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

18.38

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Mikl-Leitner. – Bitte.

18.38

Abgeordnete Mag. Johanna Mikl-Leitner (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Hohes Haus! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das vorliegende Budget zum Bereich Forschung und Innovation zeigt, wie wichtig dieser Bereich für die Bundesregierung ist. Vor allem wird diese Wichtigkeit durch die Zusage, durch das Versprechen unterstrichen, in diesem Bereich in den nächsten drei Jahren weitere 7 Milliarden Schilling zu investieren. (Beifall bei der ÖVP.) Das heißt, die Bundesregierung hat die Zeichen der Zeit erkannt und weiß, wie wichtig dieser Bereich für den Standort Österreich ist, vor allem, damit wir zu dem Technologiestandort in Europa werden.

Die Standortpolitik zeichnet sich durch drei Säulen aus: durch Wirtschaft, Forschung und Bildung. Und nur durch diese Drei-Säulen-Politik ist es uns auch möglich, gesunde Betriebe in Österreich zu haben und für künftige Arbeitsplätze Sorge zu tragen.

Wir in Niederösterreich verfolgen den gleichen Kurs. Wir haben aus diesem Grund und ergänzend dazu in Niederösterreich auch vor einigen Monaten eine Technologieoffensive gestartet. Im Rahmen dieser Technologieoffensive haben wir die Position eines eigenen Technologie-Beauftragten ins Leben gerufen. Sie wird von keinem Geringeren als dem früheren Astronauten Dipl.-Ing. Franz Viehböck besetzt, der führend im Management der Firma Boeing arbeitet und jetzt für Niederösterreich seine internationalen Kontakte nützt und versucht, internationale Kooperationen im Forschungs- und Entwicklungsbereich für Niederösterreich zu nutzen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich darf nur auf den jüngsten Erfolg hinweisen. Im September wurde ein Kooperationsvertrag zwischen der Stanford University und dem Land Niederösterreich unterzeichnet. Das heißt, wir sind uns voll dessen bewusst, dass dieser Wissenstransfer für unsere Zukunft und für unser weiteres Fortkommen im Bereich der Technologie von entscheidender Bedeutung ist.

Ein weiterer Schritt neben der Einsetzung eines Technologie-Beauftragten ist, dass wir eine eigene Technologiestelle im Land Niederösterreich installiert haben. Im Rahmen dieser Technologiestelle wird ein neues Technologiekonzept erarbeitet – gemeinsam mit Experten aus dem Wissenschaftsbereich, Forschungsbereich und Wirtschaftsbereich. Ich bin aber fest davon überzeugt, dass dieses neue Technologiekonzept auf alle Fälle auch eine Weiterentwicklung der Clusterbildung, der Kompetenznetzwerke, und eine Weiterentwicklung der bereits jetzt angelaufenen Technologiezentren sein wird. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben uns ein sehr, sehr hohes Ziel gesetzt. Wir haben es uns zum Ziel gemacht, die Forschungsquote auf 2,5 Prozent des BIP anzuheben – ein sehr hohes Ziel, das all unsere Anstrengung erfordert. Ich glaube, gerade in diesem Zusammenhang wird es auch wichtig sein, unsere österreichischen Spitzen aus den Bereichen Forschung und Entwicklung wieder ins Land zurückzuholen. Wir wissen, dass viele zu so genannten Forschungstouristen geworden sind, in die Welt hinausmarschieren mussten, weil wir in


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Österreich einfach zu wenig Beschäftigung für qualifizierte Forscher und Wissenschafter hatten. Jetzt, so glaube ich, muss es unsere Aufgabe sein, den einen oder anderen wieder nach Österreich zurückzuholen und für uns in Österreich einzusetzen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Selbstverständlich sind in engem Zusammenhang damit umfassende internationale Forschungsprojekte zu sehen, die wir auch nach Österreich bekommen müssen. Eine große Chance für Österreich ist das Projekt "Austron", bei dem wir sicherlich einen Meilenstein im Bereich der internationalen Forschung und für den Standort Österreich setzen könnten. Ich darf an dieser Stelle anmerken, dass sich vor allem Niederösterreich als Standort sehr gut eignen würde, insbesondere Wiener Neustadt auf Grund der räumlichen Nähe zum Forschungszentrum Seibersdorf.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie sehen also, nur mit solchen Konzepten, mit solchen Strategien wird es uns gelingen, der Technologiestandort zu werden. Ich darf der neuen Frau Ministerin für ihre Aufgabe alles Gute und viel Erfolg wünschen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

18.43

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Binder. – Bitte.

18.43

Abgeordnete Gabriele Binder (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine Damen und Herren! Frau Ministerin! Sie haben als einen Ihrer Arbeitsschwerpunkte die Verkehrssicherheit genannt. Ich begrüße dies sehr, und wir werden Sie diesbezüglich auch unterstützen. Ich denke, es ist unbedingt notwendig, ein nationales Verkehrssicherheitsprogramm auf die Beine zu stellen, das vor allen Dingen auf fundierten Daten und wissenschaftlichen Erkenntnissen beruht.

Warum ist das so wichtig und notwendig? – Ich möchte Ihnen einige Daten und Zahlen des Jahres 1999 näher bringen. Eine Unfallstatistik des Kuratoriums für Verkehrssicherheit weist aus: Beinahe zwei Drittel aller Unfälle mit Personenschaden ereignen sich im Ortsgebiet. Rund 60 Prozent aller Verletzten werden im Ortsgebiet registriert. Vor allen Dingen die schwächsten Verkehrsteilnehmer, nämlich Fußgänger und Radfahrer, sind häufig die Leidtragenden. 30 Prozent aller Verletzten und 25 Prozent aller Getöteten im Straßenverkehr gehören der Altersgruppe der 15- bis 24-Jährigen an. Verglichen mit dem Anteil von 12 Prozent an der österreichischen Bevölkerung, wird das erhöhte Unfallrisiko dieser Altersgruppe deutlich erkennbar.

In der Gruppe der Fußgänger sind sowohl Kinder als auch ältere Menschen besonders gefährdet. Im Jahre 1999 verunglückten insgesamt 4 323 Kinder im Straßenverkehr, davon 611 auf dem Schulweg; 37 Kinder wurden dabei getötet. Mit dem selbständigen Eintreten in das Verkehrsgeschehen als Schulkind erreicht die Zahl der verunglückten Kinder im 6. Lebensjahr einen ersten Spitzenwert, ab dem 10. bis 12. Lebensjahr mit dem Einstieg als Radfahrer in das Verkehrsgeschehen wird diese Rate weiter ansteigen.

Zum Thema "Disco-Unfälle". Insgesamt wurden 1999 von der Exekutive 423 Unfälle als Disco-Unfälle klassifiziert, dabei – also auf der Fahrt von oder zu einer Disco – kamen 45 Menschen ums Leben. Deshalb ist zum Beispiel im öffentlichen Verkehr die Einrichtung von Nachtbussen unbedingt notwendig.

Zum Vergleich in Bezug auf das Transportrisiko: Stellt man die Anzahl verunglückter Zuginsassen der Zahl der im Straßenverkehr Verunglückten gegenüber, so ergibt sich für den Verkehrsträger Straße ein eindeutig höheres Transportrisiko als für Bahnreisende.

Bei der Betrachtung der gewonnenen Ergebnisse fällt auf, dass Österreich in praktisch allen Vergleichen schlecht abschneidet und fast immer im unrühmlichen Spitzenfeld zu finden ist. So liegt zum Beispiel das mittlere Unfallrisiko der Bevölkerung in Österreich mit zirka 4 900 Unfällen pro 1 Million Einwohner deutlich höher als in fast allen anderen europäischen Staaten. Ich meine, diese Fakten und Daten sprechen eine klare Sprache. Die Gefahrenquellen und Unfallursachen sind vielfältig und umfangreich. Deshalb ist es auch notwendig, ein Verkehrsstatistikunfall


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gesetz zur korrekten Registrierung von Personen- und auch von Sachschäden bei Verkehrsunfällen ins Leben zu rufen. Nur so können meiner Meinung nach rasch und effizient tatsächlich positive Veränderungen für alle VerkehrsteilnehmerInnen herbeigeführt werden. Rasches Reagieren ist somit gefragt! (Beifall bei der SPÖ.)

Zwei weitere Themen, die mir wesentlich zu sein scheinen: Zum einen sind im Sinne der Gleichbehandlung aller ÖsterreicherInnen bundeseinheitliche Standards bei den verkehrspsychologischen Untersuchungen nötig. Diese sind bundeseinheitlich festzulegen, denn derzeit gibt es unterschiedliche Handhabungen, und das ist, so meine ich, keine seriöse Basis.

Zum anderen möchte ich auf die Studie des Kuratoriums für Verkehrssicherheit im Auftrag der Arbeiterkammer hinweisen, deren Kernaussagen Folgende sind: erstens: PKW und LKW sind die größten Unfallverursacher, und zweitens: Die Zurücklegung des Arbeitsweges mit so genannten Öffis ist am sichersten. Diese Erkenntnisse sind im Zusammenhang mit der Situation der PendlerInnen zu sehen. Ich möchte damit auch auf die geplante Erhöhung der Bahntarife hinweisen. Ab 1. Jänner 2001 droht eine weitere Belastung, vor allen Dingen für die PendlerInnen.

Um das zu vermeiden, weise ich auf den Abänderungsantrag, den meine Kollegin Heinisch-Hosek noch einbringen wird, hin. Dieser Antrag enthält die Forderung nach der Erhöhung von Mitteln für gemeinwirtschaftliche Leistungen, um damit Preiserhöhungen abzufangen. Ich meine, das wäre mehr als gerecht – im Sinne der Sicherheit, im Sinne der Menschen und auch im Sinne der Umwelt! (Beifall bei der SPÖ.)

18.49

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Sodian. – Bitte.

18.49

Abgeordneter Andreas Sodian (Freiheitliche): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Verkehrsminister! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Als Inhaber einer Firma im Baunebengewerbe, die sich mit der Sanierung von Brücken beschäftigt, freue ich mich ganz besonders über die Budgetzahlen für das Jahr 2001, denn diese Zahlen sehen im Bereich der Bundesstraßen A und B eine Steigerung um einige Milliarden Schilling vor.

Meine Damen und Herren! Das bedeutet ein Mehr an Aufträgen, ein Mehr an Beschäftigten, ein Weniger an Arbeitslosen und dadurch ein Weniger an Ausgaben durch den Staat. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Dr. Lichtenberger: Die Straßen zahlt die Nationalbank!)

Die österreichische Wirtschaft wird zur Budgetsanierung im Jahr 2001 einen Beitrag von zirka 31 Milliarden Schilling leisten. Diese Summe kommt zum einen aus Abschöpfungen von Fonds der Unternehmen und zum anderen aus Beitrags- und Steuererhöhungen. Dies ist ein enormer Beitrag, den die Wirtschaft zur Konsolidierung dieses Budgets leistet. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.) So viel wie nie, meine Damen und Herren, leistet die Wirtschaft in diesem Bereich, aber die linke Reichshälfte sieht dies wieder einmal völlig anders. (Abg. Dr. Khol: Drittel! – Abg. Dr. Mertel: Das reicht!)

Sie, sehr geehrte Damen und Herren, wollen ja die Wirtschaft noch stärker belasten. Frau Kollegin Mertel, es ist so! Sie fordern weitere Belastungen der Wirtschaft. Ich bin gerne dazu bereit, Ihnen zu belegen, wie unangebracht Ihre Argumente sind, und zwar am Beispiel meiner eigenen Bilanz einer meiner Firmen. (Abg. Brosz: Eine Ihrer Firmen?) Ausgangspunkt sind 50 Millionen Schilling Umsatz, eine Lohnsumme von 8,5 Millionen Schilling. Ich rechne Ihnen vor, wie viel diese Änderungen die Wirtschaft kosten beziehungsweise ihr bringen.

Durch den Entfall des Entgeltfortzahlungsbeitrages erspare ich mir 138 621 S, durch den Entfall der Erstattung durch die Gebietskrankenkassa verliere ich aber 247 120 S. Die Senkung der Krankenversicherung um 0,3 Prozent bringt mir 18 467 S, die Kosten durch die Angleichung der Rechte der Arbeiter an die der Angestellten betragen jedoch 45 000 S. Der Entfall des IFB, der ja beschlossen wird, kostet meine Firma 767 000 S. Die motorbezogene Versicherungssteuer


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kostet mich 35 018 S, und die Mehrkosten der Vignetten machen 13 950 S aus. Das ergibt Mehrkosten in der Höhe von 1 108 000 S, meine Damen und Herren.

Wenn ich noch die Erhöhung des Dieselpreises dazurechne, der ja von 5,80 S auf 9 S gestiegen ist, so kommen weitere 1,6 Millionen Schilling dazu. Das bedeutet eine Gesamtbelastung von 2 708 088 S mehr in einem Jahr.

Meine Damen und Herren! Das sind Fakten. Das sind die wahren Zahlen. 2,7 Millionen Schilling an Belastungen, ohne am freien Markt einen höheren Preis erzielen zu können. Und was tun Sie? – Sie fordern blindlings eine stärkere Belastung der Wirtschaft, und zwar im Jahre 2001 um 7,5 Milliarden, im Jahre 2002 um 15 Milliarden und im Jahre 2003 sogar um 30 Milliarden Schilling. Und erst dies, meine Damen und Herren, würde zu einem Budget der Grauslichkeiten führen! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Auer: So ist es!)

Das sind die Tatsachen, Frau Kollegin! Sie verlangen in Ihrer alten Leier weitere Belastungen für die Unternehmer, für die Mietshausbesitzer und für die Großbauern – eben für die Wirtschaft. So ist es! Das fordern Sie.

Eine kurze Anmerkung zu den Stiftungen. – Ihr Ex-Finanzminister Lacina hat schon im Jahre 1993 erkannt, dass man durch ein neues Stiftungsgesetz Hunderte Milliarden ins Land holen beziehungsweise im Land halten kann. Jetzt darüber zu lamentieren, dass die Stiftungen zu gering besteuert sind, ist geradezu grotesk. Diese Bundesregierung handelt prompt und setzt genau dort an, wo im Stiftungsbereich steuerliche Ungleichbehandlungen von Ihnen geduldet oder übersehen wurden. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Ich bin zu sehr Demokrat, um Ihnen, meine Damen und Herren der linken Reichshälfte (Abg. Haigermoser: Reichsdrittel!), zu empfehlen, weiter zu träumen, damit Sie nicht noch mehr Schaden anrichten können, hingegen appelliere ich an Sie: Hören Sie auf mit Ihren Forderungen, die der Wirtschaft nur schaden können, und entwickeln Sie sich zu einer verantwortungsbewussten Oppositionspartei! – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

18.55

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Sophie Bauer. – Bitte. (Abg. Haigermoser: Jetzt wird sie wahrscheinlich von den "Großgrundbesitzern", den "Schlossherren" und den "Großbauern" sprechen!)

18.55

Abgeordnete Sophie Bauer (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich werde nicht von den Großgrundbesitzern reden, denn diese sind nicht mein Anliegen. (Beifall bei der SPÖ.)

Frau Bundesministerin! Ich konnte durch die Zersplitterung Ihres Ressorts im Budget keine konkrete Aufteilung auf die einzelnen Bereiche feststellen. Durch die Aufteilung der Kompetenzen kommt es zu einer totalen Verunsicherung bei der Finanzierung der einzelnen Projekte und Programme. Es wurde von Ihrem Vorgänger ein Rat eingesetzt, der für die Überprüfung der Projekte zuständig ist; im März 2001 soll erstmals ein Konzept vorliegen. Ich bin schon neugierig, welche Kriterien von Ihrer Seite dann zum Tragen kommen werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Da ich in einem Produktionsbetrieb tätig bin, wo alle Produkte, die erzeugt werden, auch selbst entwickelt werden, weiß ich, wie wichtig es ist, auch finanzielle Unterstützung für Forschung und Entwicklung zu bekommen, damit man die Chance hat, wettbewerbsfähig zu bleiben.

Frau Bundesministerin! Der vorgesehene Verkauf von österreichischen Unternehmen schwächt natürlich den Standort Österreich, und dies führt auch zu Verlusten von Wertschöpfung und Beschäftigung. (Beifall bei der SPÖ.)


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Bei all diesen Verkäufen von gut funktionierenden Betrieben muss festgehalten werden, dass es in erster Linie die verstaatlichten Betriebe waren, die eine gewisse Anzahl von Lehrlingen ausgebildet haben. In letzter Zeit hört man immer wieder von Seiten der Wirtschaft, dass es keine Fachkräfte gibt. Aber wo sollen diese denn herkommen, wenn keiner mehr dazu bereit ist, Lehrlinge auszubilden? (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Silhavy: Genau das ist es!)

Frau Bundesministerin! Selbst Finanzminister Grasser gibt in einer Presseaussendung zu, dass die vorgesehenen Einnahmen aus den Telekom-Aktien nicht den gewünschten Erfolg gebracht haben, nämlich dass statt des erhofften Aktienpreises von 11 bis 15 Euro pro Aktie nur 9 Euro erzielt wurden. Daraus lässt sich ableiten, dass beim geplanten Verkauf der Tabak Austria dasselbe passieren wird. Da, Frau Bundesministerin, hätten Sie die Möglichkeit, das noch zu verhindern. Die Abwanderung von wichtigen Unternehmensstellen ins Ausland führt selbstverständlich zum Verlust von Arbeitsplätzen.

Eine Vollprivatisierung gefährdet insgesamt 1 100 Arbeitsplätze in der Tabak Austria. Damit verbunden sind mehr als 500 verschiedene in Österreich angesiedelte Unternehmungen in der Produktions- und Dienstleistungsbranche, bei denen die Tabak Austria indirekt zur Wertschöpfung beiträgt. (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn übernimmt wieder den Vorsitz.)

Es wäre wichtig, dass 25 Prozent plus eine Aktie im österreichischen Eigentum bleiben. Selbst Finanzminister Grasser hat schon festgestellt, dass auch ihn ein Einnahmenverlust von jährlich 22 Milliarden Schilling treffen wird; das sind rund 21 Milliarden Schilling aus der Tabaksteuer und eine Milliarde Schilling an Körperschaftsteuern.

Frau Bundesministerin! Auch Studien belegen, dass mit dem Verkauf von Unternehmen an das Ausland die Gefahr besteht, dass wichtige Unternehmensteile wie etwa das Spitzenmanagement, die Planungsabteilungen, Einrichtungen für Forschung und Entwicklung und qualitativ hochwertige Fertigungsvorgänge in die neue Konzernzentrale im Ausland abwandern.

Mit diesem Verkauf von Gustostückerln an den "Verein der Freunde von Prinzhorn" sind nur kurzfristige Gewinne verbunden, längerfristig gesehen wird der Wirtschaftsstandort Österreich total geschwächt.

Frau Bundesministerin! Es wird auch Ihnen klar sein, dass Familiensilber nur einmal verkauft werden kann, aber Verschlechterungen in allen Bereichen das Ergebnis wären. Im Zusammenhang mit der Telekom Austria sucht man jetzt nach Schuldigen, weil der finanzielle Erfolg nicht erzielt wurde. Sie, Frau Bundesministerin, sind noch sehr jung und auch erst kurz im Amt, Sie hätten jetzt die Möglichkeit, dafür zu sorgen, dass bei der Austria Tabak 25 Prozent plus eine Aktie in österreichischem Eigentum verbleiben – und darum ersuche ich Sie. (Beifall bei der SPÖ.)

19.01

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kurzbauer zu Wort gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

19.01

Abgeordneter Johann Kurzbauer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte mich ganz kurz mit dem viergleisigen Ausbau der Westbahn im Streckenabschnitt St. Pölten–Wien beschäftigen.

Bereits im Jahre 1989 wurde dieser Streckenabschnitt per Verordnung der Bundesregierung zur Hochleistungsstrecke erklärt, im Jahre 1990 erfolgte dann die Planungsübertragung an die HL-AG. 1990 bis 1994 liefen das Trassenauswahlverfahren und die Trassenfestlegung. In weiterer Folge kam es zur Einleitung des UVP-Verfahrens, und im vergangenen Jahr wurde letztlich die Trassenverordnung durch den Verkehrsminister festgelegt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Vor einigen Wochen, es war im Oktober, wurde das eisenbahnrechtliche Baugenehmigungsverfahren für den Streckenabschnitt Wienerwald eingeleitet. Und auch dieses Verfahren wird in Kürze abgeschlossen werden. Was fehlt jetzt noch für


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den tatsächlichen Baubeginn? – Letztlich fehlt die Vorlage der Übertragungsverordnung, diese ist nämlich die Voraussetzung dafür, dass mit dem Bau begonnen werden kann.

Die Kosten für diesen Streckenabschnitt betragen zirka 15 Milliarden Schilling. Die Finanzierung erfolgt über die Schieneninfrastrukturfinanzierungs-Gesellschaft, es ist dort ein Rahmen von 143 Milliarden Schilling festgelegt. Durch die bereits erlassenen Übertragungsverordnungen ist dieser Rahmen von 143 Milliarden Schilling nun schon ausgeschöpft, daher stehen jetzt, Frau Bundesminister, Entscheidungen an, nämlich erstens, ob es neue Finanzierungsformen gibt, und zweitens, ob eine neue Prioritätenreihung der bereits erlassenen Übertragungsverordnungen, also eine Umschichtung vorgenommen wird. Die Kapazitäten der vorhandenen Westbahnstrecke sind ja, wie wir heute bereits gehört haben, voll ausgereizt und erlauben insbesondere im Streckenabschnitt Altlengbach–Eichgraben keine Höchstgeschwindigkeiten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich ersuche nun darum, dass seitens des Verkehrsministeriums die richtige Entscheidung getroffen wird, damit einem zügigen Ausbau der Westbahnstrecke zwischen St. Pölten und Wien nichts im Wege steht. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

19.04

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Parnigoni. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte. (Abg. Parnigoni begibt sich mit einem Paket in schwarzer Verpackung zum Rednerpult. – Abg. Auer: Da hat er das Weihnachtsgeschenk schon dabei!)

19.04

Abgeordneter Rudolf Parnigoni (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Die Budgetpolitik der Rechten und Konservativen in diesem Land ist getragen von drei Säulen.

Die erste Säule ist das Schröpfen, und zwar wen immer man nur schröpfen kann, insbesondere die Arbeitnehmer, nämlich mit etwa 47,8 Milliarden Schilling. (Abg. Mag. Trattner: Diese Zahl ist falsch!)

Die zweite Säule ist das Umverteilen, und zwar von den Schwächeren in dieser Republik hin zu jenen, die genug haben (Abg. Mag. Trattner: Ihr dürft euch nicht auf die Edlinger-Zahlen verlassen!), vor allem zu den Arbeitgebern, die aus dem Gesamtpaket in etwa 3 Milliarden Schilling lukrieren werden. Insofern hat auch der Vorvorredner mit seinen Behauptungen Unrecht.

Die dritte Säule, meine Damen und Herren, ist das Verscherbeln von Volksvermögen, von allem, was nicht niet- und nagelfest ist in der Republik. Ein Beispiel dafür ist die Telekom-Privatisierung. Da haben Sie ja Ihre "Meisterprüfung" abgelegt. Für 25 Prozent der Aktien hat die italienische Telekom seinerzeit in etwa 27 Milliarden Schilling bezahlt, beim Börsegang wurden für 29,8 Prozent des Vermögens, der Aktien insgesamt 11 Milliarden Schilling netto erreicht. (Abg. Rosemarie Bauer: Damit beweisen Sie, dass Sie gar keine Ahnung von irgendetwas haben!) Also wenn das kein Flop war, wenn das nicht zeigt, dass da mit Dilettantismus vorgegangen wurde, dann weiß ich es nicht, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Das zweite Beispiel ist die UMTS-Auktion. Kann man das noch patscherter anstellen, als es Herr Minister Schmid getan hat? Im März war alles fix und fertig, er hat nach seinem Amtsantritt gesagt, im Juni werde er das machen. Es kam der September, im November hat es endlich stattgefunden, aber da war der Zug natürlich schon abgefahren. Dadurch hat man nur mehr 15 Prozent dessen lukriert, was Engländer und Deutsche an Erlösen herausschlagen konnten – 11 Milliarden Schilling, 15 Prozent im Vergleich zu all den anderen Staaten. Wenn man das zeitgerecht gemacht hätte, so, wie es vorgesehen gewesen war, wenn Minister Schmid gehandelt hätte, dann hätte man auch daraus jetzt den entsprechenden Betrag zur Verfügung. (Abg. Mag. Trattner: Wie viel hat die Schweiz erlöst? – Abg. Dr. Martin Graf: Sie denken nur an Aktiengewinne!)


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Meine Damen und Herren! Es geht mir aber auch um die regionalpolitische Bedeutung dieser UMTS-Ausschreibung. Es hat sich nämlich herausgestellt, dass in der Ausschreibung – und das ist ja wirklich allerhand – vorgesehen war, dass nur eine 50-prozentige und keine flächendeckende UMTS-Versorgung gewährleistet werden muss. Sie schaffen damit eine Zwei-Klassen-Gesellschaft. Dadurch, dass die Menschen in den entlegenen Regionen möglicherweise keinen Zugang zu diesen modernen Technologien haben werden, schaffen Sie Bürger zweiter Klasse. Frau Bundesminister, Sie sind in Ihrem neuen Amt, das sicher nicht leicht ist, gefordert, Maßnahmen zu setzen, damit die vier beziehungsweise sechs Lizenznehmer diese entlegenen Regionen nicht vergessen und auch ihnen einen Zugang zu diesen neuen Möglichkeiten bieten.

Zum Abschluss: Regionalpolitische Bedeutung hat auch und vor allem die Schieneninfrastruktur. Diese ist nun in Gefahr. In Niederösterreich sind fast alle Nebenbahnen, Schmalspurbahnen real gefährdet, sind massiv von der Schließung bedroht. Ich fordere Sie, Frau Bundesminister, auf, raschest die Ausschreibung der von den ÖBB zurückgegebenen Strecken voranzutreiben, dass das sofort geschieht, weil hier Gefahr im Verzug ist, weil die Strecken nicht mehr die notwendige Haltbarkeit haben, weil darüber hinaus das rollende Material schrottreif ist und auch Kunden verloren gehen und auf den PKW umsteigen. (Abg. Zweytick: Was hat die ÖBB gemacht die ganze Zeit? Scherbenhaufen!)

Daher, Frau Bundesminister, möchte ich sie mit 6 000 Unterschriften unterstützen, die von den Waldviertlern zur Erhaltung der Waldviertler Schmalspurbahnen gesammelt wurden. Nehmen Sie sich die zu Herzen, handeln Sie so, dass es möglich ist, dass diese bereits bestehenden Bahnen auch in Zukunft betrieben werden können, zum Wohle der Umwelt und auch zum Wohle der Regionen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Parnigoni überreicht Bundesministerin Dr. Forstinger das Paket in schwarzer Verpackung. – Abg. Dr. Martin Graf: Herr Parnigoni, dann müssen Sie ein bisschen mehr Eisenbahn fahren! – Abg. Parnigoni: Ich fahre öfter als Sie! – Abg. Dr. Martin Graf: Nein, das glaube ich nicht!)

19.09


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Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn:
Als nächster Redner ist Herr Abgeordneter Knerzl zu Wort gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

19.10

Abgeordneter Anton Knerzl (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Minister! Hohes Haus! Als Ennstaler bin ich mit der Problematik der Bundesstraße 320 aufgewachsen und bestens vertraut. Auf dieser stark befahrenen Bundesstraße zwischen Liezen und Radstadt gibt es unzählige Kreuzungen und keine Überholmöglichkeiten. Man kann sich vorstellen, was dies für die Anrainer bedeutet. Es hat Jahre mit 100 Verkehrstoten auf der B 320 und unvorstellbarem menschlichem Leid gegeben. Die verantwortlichen Bundes- und Landespolitiker haben dieses Problem 25 Jahre lang verdrängt, viele Menschen mussten unnötig, unschuldig ihr Leben lassen. Deswegen freut es mich ganz besonders, dass die neue Verkehrsministerin, Frau Dr. Monika Forstinger, in ihrem Budget Mittel vorgesehen hat, um dieses Verkehrsproblem zu lösen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Bereits vergangene Woche hat ein Arbeitsgespräch mit den Bürgermeistern sämtlicher betroffener Gemeinden sowie den verantwortlichen regionalen Abgeordneten aller Parteien stattgefunden. Dort wurde dieses Problem erstmals über Parteigrenzen hinweg diskutiert, und man ist so einer Lösung zumindest einen kleinen Schritt näher gekommen. Von den vielen Vorschlägen soll die beste Variante für die Betroffenen umgesetzt werden. Man muss aufhören, diese ernste Problematik so wie in der Vergangenheit parteipolitisch auszuschlachten und für sich zu nutzen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Auch der Naturschutz und der Umweltschutz müssen berücksichtigt werden. Die Lösungsvariante muss ein Maximum an Menschenschutz und Naturschutz beinhalten. Die Bewohner des Ennstals haben es sich verdient, nicht mehr länger Opfer einer verfehlten Verkehrspolitik zu sein. Deshalb muss die Politik jetzt handeln! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

19.12

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer tatsächlichen Berichtigung auf Ausführungen des Herrn Abgeordneten Parnigoni hat sich Herr Abgeordneter Mag. Trattner zu Wort gemeldet. – Bitte beachten Sie § 58 Abs. 2 der Geschäftsordnung.

19.13

Abgeordneter Mag. Gilbert Trattner (Freiheitliche): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Hohes Haus! Kollege Parnigoni hat behauptet, der Vorgänger von Frau Bundesminister Forstinger hätte die Versteigerung der UMTS-Lizenzen verzögert und dass die Versteigerung ursprünglich bereits im Frühjahr 2000 hätte stattfinden sollen.

Richtig ist, dass vom Vorgänger von Michael Schmid folgender Zeitplan erstellt wurde: Herstellung der gesetzlichen Grundlage bis Jänner 2000, Ausschreibung der regionalen Frequenzen im Mai 2000, Vergabe der regionalen Frequenzen im September 2000, Ausschreibung der UMTS im August 2000 und Vergabe im Jänner 2001. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

19.13

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner ist Herr Abgeordneter Reheis zu Wort gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

19.14

Abgeordneter Gerhard Reheis (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! "Dürftige Bilanz des selbst ernannten Zukunftsministers. Schmid-Nachfolgerin erbt Geisterbrücken und Rätsel", so schrieb das "WirtschaftsBlatt" am 8. November 2000. – Ihr Vorgänger, Frau Bundesministerin, war leider ein Verzögerer und Verhinderer. Bei der Tiroler Bevölkerung hat Ihr Vorgänger, Herr Bundesminister Schmid, mit seiner Nullverkehrspolitik den zweifelhaften Ruf eines Anti-Tirol-Ministers erworben. Er war für uns Tiroler leider kein idealer Partner, weil er dieses Land mit seiner Transitbelastung im wahrsten Sinne des Wortes im Verkehr stehen ließ.

Ihr Besuch in Tirol, Frau Bundesminister, lässt uns hoffen, dass Sie es ernst meinen, dass Sie gemeinsam mit der transitgeplagten Bevölkerung an einer raschen Lösung der anstehenden Probleme arbeiten wollen. Und Probleme und Anliegen der Bevölkerung gibt es wahrlich genug. Fragen, die Ihrer hundertprozentigen Sorgfalt bedürfen, wie zum Beispiel: Wird der Transitvertrag eingehalten werden? Werden Sie Gespräche auf EU-Ebene führen, die den Schutz der Bevölkerung auch über das Vertragsende, das Jahr 2003, hinaus garantieren?

Die Alpenkonvention wurde vor nicht allzu langer Zeit endlich unterzeichnet, braucht jetzt aber ein entsprechendes internationales Sekretariat. Innsbruck hat sich dafür mit einem sehr attraktiven Standort, nämlich beim Goldenen Dachl, angeboten. Frage: Werden Sie und können Sie sich für Innsbruck als Standort dieses Sekretariats einsetzen?

Frau Bundesministerin, noch ein Wort zu den Ökopunktesündern. In Tirol seien von Jänner bis September über 8 000 LKWs erwischt worden, die illegal unterwegs waren, heißt es. Aber weder die Fahrer – die können ja meistens nichts dafür, weil sie fahren müssen oder andernfalls ihren Arbeitsplatz verlieren – noch die Fahrzeughalter wurden bisher verfolgt oder bestraft. Das ist für die betroffene Bevölkerung nicht erklärbar. Jeder, der eine Gesetzesübertretung begeht, wird bestraft, nur Ökopunktesünder offensichtlich nicht! – Da dürfen Sie nicht zuschauen! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Wird es von Österreich eine Zustimmung bei den Harmonisierungsbestrebungen der EU in Angelegenheit Nacht- und Wochenendfahrverbote geben? Wie beabsichtigen Sie, zukünftig bei LKW-Kontrollen österreichweit vorzugehen? Wird es da eine Verschärfung geben? Und zum Thema LKW-Road-Pricing: Wird der vereinbarte Termin eingehalten werden, oder werden auch in Zukunft Verzögerungen zugunsten der Transitlobby auf der Tagesordnung stehen?

Wir brauchen dieses Geld, das durch Road-Pricing lukriert werden wird. Wir brauchen es für die Sicherheit und den weiteren Ausbau unserer Verkehrswege, zum Beispiel für den Bau des Tschirganttunnels im Tiroler Oberland, der eine ganze Region vom Verkehr entlasten würde,


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oder auch für weitere Sicherheitsmaßnahmen beim Roppener Tunnel, in dem erst am vergangenen Sonntag ein Autofahrer einen schweren Unfall mit mehreren PKWs und Schwerverletzten verursacht hat.

Ein Wort auch zur Unterinntalbahn: Im Memorandum zum Ausbau der Brennerachse vom Mai 1994 haben sich die Mitglieder der österreichischen Bundesregierung und der Tiroler Landesregierung dafür ausgesprochen, dass die Realisierung der neuen Unterinntalbahn rasch vorangetrieben wird. Österreich hat sich im Transitvertrag und in der Folge im Transitkapitel des EU-Beitrittsvertrages zum Ausbau der Brennerachse ebenso verpflichtet wie Deutschland und Italien zum Ausbau der Zulaufstrecken. Erst in den letzten Tagen wurde von der Kommission auch anerkannt, dass eine Querfinanzierung von der Straße zur umweltfreundlichen Bahn möglich ist.

Und erst gestern titelte die "Tiroler Tageszeitung": Bayern fordert den Bau der Unterinntaltrasse, weil Bayern, so der Vorsitzende des Verkehrsausschusses im Bayrischen Landtag, bereits dabei ist, die Strecke München–Rosenheim–Kufstein auszubauen. All diese Maßnahmen sind auf das von Österreich vorgelegte Projekt Unterinntal und Brennerbasisbahn ausgerichtet. Bayern und Italien machen ihre Hausaufgaben, schreibt die "TT", also müsse auch Österreich den Bahnausbau vorantreiben.

Wir Sozialdemokraten haben daher folgenden Selbständigen Entschließungsantrag eingebracht:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten DDr. Niederwieser, Mag. Gisela Wurm, Reheis und GenossInnen betreffend den schienenseitigen Ausbau der Brennerachse

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie wird ersucht,

die im Memorandum zum Ausbau der Brennerachse gemachten Vereinbarungen einzuhalten und die bis zur Baureife gediehenen Ausbaupläne für die Unterinntalbahn umgehend und ohne Verzögerung zu realisieren,

mit den zuständigen Stellen der Europäischen Union und in bilateralen Verhandlungen sicherzustellen, dass "Überlinge" der Brennermaut für den Ausbau der Bahn verwendet werden können und

die Einhaltung der von den anderen Mitgliedsländern im Rahmen des Transitkapitels zugesagten Maßnahmen und insbesondere die Vereinbarungen seitens Deutschlands und Italiens zur Realisierung der Zulaufstrecken der Unterinntaltrasse einzufordern.

*****

Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

19.19

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Pecher zu Wort gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

19.19

Abgeordnete Mag. Martina Pecher (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Wenn Sie, Herr Dr. Grünewald, in den Chor jener einstimmen, die bezüglich Forschung und Technologie behaupten, es gehe sich alles nicht aus, es sei alles viel zu wenig, es müsste viel mehr budgetiert sein, und dabei vorrechnen, dass Ihrer Meinung nach jährlich ein zweistelliger Milliardenbetrag notwendig wäre, um die Ausgaben für Forschung und Entwicklung auf 2,5 Prozent des BIP zu erhöhen, dann muss ich Ihnen sagen: Sie haben sich offensichtlich in


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der Kommastelle geirrt! Das Ziel ist, bis in fünf Jahren, also im Jahre 2005, Forschungsausgaben in der Höhe von 2,5 Prozent des BIP zu haben, das bedeutet eine 0,15-prozentige Steigerung pro Jahr, somit 4,2 Milliarden Schilling jährlich an zusätzlichen Ausgaben.

Wenn man durchaus berechtigt sagt, dass dieser Betrag nicht nur von der öffentlichen Hand, sondern auch von Unternehmen, von der Wirtschaft beigebracht werden wird – nämlich zu etwa 50 Prozent –, dann gehen sich die 7 Milliarden Schilling, die laut Rat für Forschung und Technologie für die nächsten drei Jahre zur Verfügung gestellt werden, durchaus aus. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Dass auf jeden Fall die Wirtschaft motiviert werden muss, die Ausgaben für Forschung und Entwicklung zu erhöhen, ist auch klar. Wir liegen aber derzeit schon bei einer über 50-prozentigen Beteiligung der Wirtschaft, nämlich bei 56 Prozent der Ausgaben insgesamt, allerdings noch unter dem EU-Durchschnitt von 63 Prozent. Aber ich bin sicher, dass die Wirtschaft auch auf Grund der gestiegenen Ausgaben der öffentlichen Hand hier ihren Beitrag leisten wird. Wir werden damit, weil Forschung und Entwicklung nicht Selbstzweck ist, den Wettbewerbsvorteil der Unternehmen stärken und damit den Wirtschaftsstandort Österreich sichern. (Beifall bei der ÖVP.)

Herr Gartlehner! Sie haben eine Presseaussendung des Ministeriums reklamiert und natürlich nur eine negativ klingende Passage aus diesem Pressetext zitiert. Ich meine aber, dass diese Presseaussendung sehr viele positive Elemente enthält, wie zum Beispiel die Zusicherung der 7 Milliarden Schilling für Forschung und Entwicklung in den nächsten drei Jahren. Es wird aber auch – und das halte ich für einen wichtigen Satz – durch den Rat für Forschung und Technologie angestrebt, "eine Fokussierung auf definierte Forschungs- und Entwicklungsbereiche vorzunehmen und das sogenannte ,Gießkannenprinzip‘" der Vergangenheit "zu verabschieden." Ich glaube, dass es damit gelingen wird, auch die entsprechenden Unternehmen zu finden, die hier ihre Investitionen leisten werden.

Ein Satz noch an die Frau Bundesministerin: Ich bitte Sie und möchte auch Sie darauf ansprechen wie seinerzeit Minister Schmid, dass auch nicht in Ihren Bereich fallende angewandte Forschungsprojekte, die schon gemeinsam mit der Wirtschaft gemacht wurden und sehr erfolgreich laufen, wie die Kompetenzzentren, die Christian-Doppler-Forschungsgesellschaft oder die Kooperativen Forschungsinstitute, ihre rund 500 Millionen Schilling, die im Bundesministerium für Wirtschaft pro Jahr dafür notwendig wären, bekommen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

19.23

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Schwemlein. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

19.23

Abgeordneter Emmerich Schwemlein (SPÖ): Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Frau Bundesministerin! Ich trete mit konkreten Wünschen an Sie heran.

Wunsch Nummer eins: Da wir längere Zeit überhaupt keine Verkehrspolitik hatten (Abg. Zweytick: 30 Jahre – eine lange Zeit!), bitte ich Sie, so rasch wie möglich mit uns in einen Dialog einzutreten, damit zu erkennen ist, welche Schritte Sie vorhaben. Folgendes fällt nämlich schon auf in der Diskussion: Es heißt immer wieder, wenn Schwachstellen aufgezeigt werden, das sei auf das Nichtvorhandensein der Kostenwahrheit innerhalb der Verkehrsträger zurückzuführen. Ich denke mir, es wäre ein sehr guter Ansatz, eine Verkehrspolitik einzuleiten, bei der eben Kostenwahrheit zwischen den Verkehrsträgern entsteht, denn in erster Linie wäre der Nutznießer davon der Bürger.

Mein zweiter Wunsch, Frau Bundesministerin: Dieser Wunsch betrifft die Situation in meinem Bundesland Salzburg, den Wahlkreis Pinzgau/Pongau/Lungau, und zwar das große Problem mit der ÖBB-Tauernschleuse. Diese ist zurzeit für den Durchtransport von PKWs gesperrt. Ich bitte Sie, uns zu sagen, was Sie da innerhalb kürzester Zeit vorhaben, denn all die Autos, die nicht durch den Tunnel geführt werden können, belasten zusätzlich die Straße. Ich glaube, dass es


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unmittelbar vor den Hauptsaisonen ganz wichtig ist, hier eine Verkehrslösung zu haben, mit der die Region leben kann.

Der dritte für mich ganz wesentliche Punkt: Es ist mehrfach die Situation der Nebenbahnen allgemein angesprochen worden. Was die Krimmler Bahn betrifft, bitte ich Sie, nachdem Herr Minister Schmid nicht besonders glücklich und auch nicht sehr aktiv in dieser Sache vorgegangen ist, uns dabei zu helfen, dass die Ausschreibung zügig vorangeht. Auch die ÖBB-Vorstände – das sage ich ganz offen, Frau Ministerin – haben uns teilweise hier im Regen stehen lassen.

Es wurde unter anderem verlangt, dass das Land bereit sein sollte, das rollende Material zu übernehmen und dann in der Folge wieder an den Betreiber zu verkaufen. Ich glaube, all das sind "Schachtelschritte", die nicht machbar, nicht nachvollziehbar und nicht sinnvoll sind. Daher bitte ich Sie auch in dieser Angelegenheit, was die Krimmler Bahn betrifft, um Ihre Unterstützung.

Ein letzter Punkt, der auch von Frau Kollegin Hakl schon kurz angesprochen wurde: Da Kaprun meine Nachbargemeinde ist, bitte ich Sie auch, was die Situation der Seilbahn in Kaprun betrifft, sehr behutsam vorzugehen. Ich schätze es – ich möchte das positiv erwähnen –, dass Sie unmittelbar, nachdem Sie in Ihrer Funktion angelobt wurden, nach Kaprun gekommen sind. Das war eine richtige und gute Geste. Dafür danke ich Ihnen. Aber ich bitte Sie, uns auch in der Folge dabei zu unterstützen, dass einerseits die Seilbahngesellschaft nicht in eine Situation kommt, die für sie nicht tragbar ist, andererseits aber gleichzeitig den Menschen der bestmögliche Schutz zukommt. (Beifall bei der SPÖ.)

19.27

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Hetzl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte.

19.27

Abgeordneter Mag. Gerhard Hetzl (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Die Schaffung eines Ministeriums für Innovation und Technologie ist ein Signal für die Zukunftschancen unseres Landes und weist auf die Notwendigkeit und Bedeutung von Technologieoffensiven in unserem Land hin.

Ich möchte auf den Bereich Telekommunikation etwas näher eingehen. Im europäischen Vergleich liegt Österreich, was die Internetkosten und die Zahl der -nutzer anlangt, im Mittelfeld. In den letzten Jahren, also seit der Liberalisierung des Telekommunikationsmarktes kam es erwartungsgemäß zu einem starken Anstieg der Zahl der Anbieter, der Zahl der Nutzer und selbstverständlich auch zu einer Erhöhung der Umsätze in diesem Bereich, was auch zu sehr positiven Effekten auf dem Arbeitsmarkt geführt hat.

Der ehemalige Monopolist, die Telekom Austria, hat starke Konkurrenz bekommen und dadurch natürlich strukturelle Probleme. Da hier von dieser Stelle aus immer wieder Kritik an Privatisierungen zu hören ist, vor allem von Seiten der Opposition, würde ich Sie bitten, doch zur Kenntnis zu nehmen, dass ein Grundsatz der Europäischen Union Privatisierung ist. Bekennen Sie sich zu einer liberalen Wirtschaftspolitik! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Verstaatlichung ist in diesem System der Europäischen Union wirklich nicht vorgesehen.

Immer wieder kritisiert wird die Versteigerung der UMTS-Lizenzen. Ich kann Ihnen dazu sagen – Sie haben vielleicht die morgige Ausgabe des "Kurier" auch schon gelesen –: In der Schweiz wurden bei der Versteigerung dieser Lizenzen gerade einmal 1,86 Milliarden Schilling – nicht Franken! – erzielt.

Durch die rasante Entwicklung dieses Marktes und den technologischen Fortschritt kam es zu zahlreichen Innovationen auf dem Gebiet der elektronischen Datenübermittlung. Eine Initiative dieser Art wurde beispielsweise in der Region Weststeiermark gesetzt, die auf die Errichtung eines lokalen Breitbandfunknetzes abzielt. Dieses Projekt ist deswegen von ganz besonderer Bedeutung, weil es über die regionale Dimension hinaus auch den Großraum Graz anbinden will.


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Dieses überregionale Denken erfordert natürlich auch ein Umdenken bei politischen Entscheidungsträgern. Positive Effekte dieser Vernetzung von Wirtschaftsbetrieben, von öffentlichen Einrichtungen, Ämtern, Banken und so weiter sind natürlich in großer Zahl vorhanden, wie etwa die Schaffung von Arbeitsplätzen im Bereich der Telearbeit, im Bereich von Callcentern und Teleparks.

Dieser Breitbandfunk, der hier eingerichtet wird, erzielt eine Übertragungsrate von 2 Megabit in der Sekunde. Das entspricht etwa 30 ISDN-Leitungen und stellt in diesem Bereich einen Quantensprung dar. Es eröffnen sich zukunftsträchtige Bereiche wie Telelearning, Telearbeit und eine weltweite Anbindung mittels eines Servers an das internationale Netz.

Die drahtlose Übertragung großer Datenmengen war bislang nicht üblich – in einer besonders krisengeschüttelten Region wie der genannten natürlich eine Riesenherausforderung für die Zukunft, zudem auch ein Kostenfaktor beziehungsweise ein Wettbewerbsfaktor für Betriebe in diesem Bereich.

Im Bildungsbereich setzt die dort angesiedelte Handelsakademie Voitsberg einen Ausbildungsschwerpunkt im Bereich Informationstechnologie und E-Commerce. Die große Nachfrage zeigt, dass die Jugendlichen sehr großes Interesse an diesen Themen und speziell an der Informationstechnologie haben. Neu regieren, wie wir es verstehen, bedeutet auch, solche bildungspolitischen Mängel ehebaldigst zu korrigieren. Es ist an der Zeit, das vorhandene Potential, das unsere leistungswillige Jugend darstellt, auch in gezielter Form einzusetzen. Und dieses Pilotprojekt, diese wichtige Ausbildungsinitiative, zeigt, dass es mittel- und langfristig die Aufgabe ist, hier im Land geeignete Informationstechnologie-Fachkräfte selbst auszubilden, um damit den "Import" ausländischer Fachkräfte überflüssig zu machen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

19.32

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Heinisch-Hosek. Die Uhr ist wunschgemäß auf 5 Minuten gestellt. – Bitte.

19.32

Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Laut schreiend und zum Teil unflätig haben Sie gestern in der Früh versucht, ein Verkehrschaos herbeizureden, das dann wirklich so nicht stattgefunden hat. (Abg. Gaugg: Was ist jetzt los?) Herr Klubobmann Westenthaler war gestern röter als seine Solarbräune, er war sehr aufgeregt. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Khol: Beklagen Sie Ihr eigenes Unvermögen? Auch das Menschenketterl ist nur deswegen ein Ketterl gewesen, weil Sie nicht mehr mobilisieren können! Sie haben das letzte Aufgebot mobilisiert!)

Aber kehren wir zur Verkehrspolitik zurück. Ich habe das Gefühl, dass sich auch für die Pendlerinnen und Pendler in Österreich in Zukunft ein Chaos abzeichnen wird, nämlich auf Grund Ihrer Verkehrspolitik, meine Damen und Herren. Sie waren weder dazu bereit, eine Werbeoffensive für die Pendlerinnen und Pendler zu starten, mit der Chance, möglichst viele Menschen für den Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel zu gewinnen, noch waren Sie dazu bereit, zum Beispiel die Gemeinwirtschaftlichen Leistungen im Budget 2001 zu erhöhen, und das, obwohl eine Inflationsrate von 3,2 Prozent prognostiziert war.

Das heißt, AutofahrerInnen werden geschröpft, und jetzt werden auch die BahnfahrerInnen massiv bestraft. (Abg. Gaugg: Die Bahnfahrer nicht?) Ich frage Sie: Womit sollen die Menschen in die Arbeit fahren? Das Beamen ist, glaube ich, noch nicht so weit entwickelt. (Beifall bei der SPÖ.)

Vignette, Benzinpreis und Kfz-Steuer kosten die Autofahrer und Autofahrerinnen 13 Milliarden Schilling jährlich, und jetzt müssen auch noch die BenützerInnen öffentlicher Verkehrsmittel die dritte Preiserhöhung in nur zwölf Monaten in Kauf nehmen. (Abg. Gaugg: Die bösen Wiener Verkehrsbetriebe!) Beispiel: Eine Monatskarte von Wien nach Wiener Neustadt wurde zuerst um 40 S teurer, dann um 110 S und wird im Jahr 2001 noch einmal um 70 S teurer. Der Preis wird also auf 1 200 S pro Monat erhöht.


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Fast jede Niederösterreicherin und jeder Niederösterreicher muss aus dem Wohnbezirk auspendeln, um an den Arbeitsplatz zu kommen. Es ist ja logisch: Je weiter der Arbeitsplatz von der Wohnung entfernt ist, desto unsicherer ist es, dorthin zu kommen, weil man ja nicht immer die Verkehrsmittel zur Verfügung hat, die man braucht, wenn man öffentlich unterwegs sein will. Und es hat auch finanzielle Auswirkungen, weil es für den Einzelnen teurer wird. Wieso müssen diese Leute jetzt als finanzielle "Melkkühe" – unter Anführungszeichen – herhalten, wenn der Herr Finanzminister den Rahm abschöpft und für den Bereich des Nahverkehrs wenig zurückgibt?

Warum kämpfen Sie, Frau Bundesministerin, nicht für die zigtausend Pendlerinnen und Pendler, denen es in Zukunft wirklich schlechter gehen wird? Ein Beispiel einer Mödlinger Familie – das ist mein Heimatbezirk – mit zwei Kindern: Der Mann verdient 33 000 S brutto, die Frau 15 000 S brutto, ihre beiden Kinder studieren. Die Kfz-Steuer, die Maut-Vignette, die Stromsteuer, der Selbstbehalt bei der Krankenversicherung, die Anhebung der Rezeptgebühr, die Erhöhung der Fahrtkosten – die beiden sind öffentlich unterwegs –, das alles macht eine Summe von 26 800 S im Jahr aus. (Abg. Dr. Martin Graf: Wieso verdient die Frau nur die Hälfte?) Das ist ein Monatsgehalt! Das ist mehr als ein Monatsgehalt, Herr Kollege Graf! (Abg. Dr. Martin Graf: Wer ist denn daran schuld, dass die Frauen nur die Hälfte verdienen? – Sie! Sie!) Ich glaube, da sollte man nicht ruhigen Gewissens zuschauen.

Wir reden jetzt nicht über Frauenpolitik – darüber würde ich mich sowieso gerne einmal mit Ihnen unterhalten. Das wäre sicher interessant. (Beifall bei der SPÖ.)

Autofahren teurer, Bahnfahren teurer, die Nebenbahnen bedroht, die "Vorteils-Card" für junge Menschen teurer, und der Ausbau bestehender Bahnstrecken ist sozusagen auch verschoben. Diese Belastungen müssten, glaube ich, genügen, um endlich Entlastungen für PendlerInnen einzuleiten, und mit dem Abänderungsantrag, den ich jetzt einbringen möchte, wollen wir einen wirklich konstruktiven Beitrag leisten, indem wir nämlich die Erhöhung der Gemeinwirtschaftlichen Leistungen zur Inflationsabdeckung einfordern.

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Heinisch-Hosek, Eder, Edler und GenossInnen zum Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (310 und Zu 310 der Beilagen): Bundesfinanzgesetz für das Jahr 2001 samt Anlagen (370 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

VA-Ansatz

Aufgaben-Bereich

Bezeichnung

Von

Abzuändern um Mio. ATS

Auf

1/65158

33

Gemeinwirt-schaftliche Leistungen

8.743,723

+ 210

8.953,723

 

Die erforderlichen 210 Millionen Schilling sind aus den Erlösen der UMTS-Versteigerung aufzubringen.

*****

Natürlich gibt es mehrere Forderungen. Wir fordern die Erhöhung des kleinen und großen Pendlerpauschales um mindestens 30 Prozent, und wir sind auch der Meinung, dass das Kilometergeld endlich – beide Autofahrerklubs sagen das auch schon lange – um 50 Groschen pro Kilometer angehoben werden sollte. Dies wäre ein enormer Impuls für den öffentlichen Verkehr. In


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51. Sitzung / Seite 127

Deutschland ist es nämlich auch so, dass man das Kilometergeld bekommt, egal, welche Wahl des Verkehrsmittels man trifft, ob man ein öffentliches Verkehrsmittel oder ein Auto benutzt.

Bitte, verhindern Sie gemeinsam mit uns diese Anti-PendlerInnenpolitik und stimmen Sie unserem Antrag zu! (Beifall bei der SPÖ.)

19.37

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der soeben eingebrachte Abänderungsantrag der Abgeordneten Gabriele Heinisch-Hosek, Genossinnen und Genossen ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Abgeordneter Dr. Grünewald zu Wort gemeldet. – Herr Abgeordneter! Eine tatsächliche Berichtigung hat mit der Wiedergabe der zu berichtigenden Behauptung zu beginnen und hat dieser Behauptung den berichtigten Sachverhalt gegenüberzustellen, wenn ich bitten darf. (Abg. Dr. Martin Graf: Wieso verdienen Kuntzl und Bures zusammen nur die Hälfte von dem, was vorher Gusenbauer verdient hat?)

19.38

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Ich halte mich kurz. – Es wurde behauptet, ich hätte mich um eine Kommastelle verrechnet. Ich schließe das zwar nicht aus, aber ich habe gesagt, jährlich würde eine zweistellige Milliardensumme erforderlich sein, um auf 2,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes für Forschung und Entwicklung zu kommen.

Ich zitiere und stelle richtig: Im Bericht der Bundesregierung "Forschung und Wettbewerb", gezeichnet von Albert Hochleitner und Arnold Schmidt, damals von ÖVP und SPÖ in Auftrag gegeben, wurden unter der Annahme, nur 2 Prozent F&E-Anteile am BIP zu erreichen, für die Jahre 2000 bis 2004 Summen von 9 Milliarden bis 15,5 Milliarden pro Jahr an Mehrkosten berechnet.

Ich konzediere, es kann auch die Technologieoffensive der Bundesregierung auf falschen Zahlen beruhen; man müsste das nachrechnen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

19.39

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Fink. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

19.39

Abgeordneter Ernst Fink (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Hohes Haus! Frau Kollegin Heinisch-Hosek, die Leute wollen keine Demonstrationen mehr. Darum hat es das Chaos nicht gegeben, das Sie herbeireden wollten. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.) Ich zeige Ihnen hier nur "Das freie Wort" aus der "Kronen Zeitung". (Der Redner hält eine Seite aus der "Kronen Zeitung" in die Höhe.) Lesen Sie das! Sie haben falsch organisiert. Ihr Herr Präsident Nürnberger und Herr Präsident Verzetnitsch können eben nicht mehr zu großen Demonstrationen aufrufen, wie sie sie haben wollten. Es ist so.

Ich möchte auch noch zwei Verkehrsprobleme ansprechen, Frau Bundesminister. Ich freue mich, dass Kollege Knerzl bereits die Ennstal Straße angesprochen hat. Herr Kollege Parnigoni hat jedes Mal bei diesem Kapitel den Semmering-Basistunnel angesprochen, heuer hat er das vergessen. Er hat immer den Landeshauptmann von Niederösterreich entsprechend "angeschüttet". Jetzt gelingt das nicht mehr, er darf es nicht mehr.

Ich habe hier den "Kurier": "Ostregion gegen Semmeringtunnel". Da sieht man drei Landeshauptleute: Landeshauptmann Pröll, Landeshauptmann Häupl und Noch-Landeshauptmann Stix. – Da jetzt zwei Rote dabei sind, darf man dieses Thema nicht mehr aufgreifen. Aber ich spreche es sehr wohl an. Ich glaube, dass dieser Semmering-Basistunnel für die Steiermark ganz einfach notwendig ist. Und wir, die steirischen ÖVP-Abgeordneten, vertreten unseren


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51. Sitzung / Seite 128

Standpunkt bezüglich Semmering-Basistunnel auch weiterhin. Wir werden uns davon nicht abbringen lassen. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP und der Freiheitlichen.)

Ein zweites Problem, meine sehr geehrten Damen und Herren, stellt für mich auch die Strecke zwischen Heiligenkreuz und Ilz dar. In Heiligenkreuz im Burgenland, dem südlichsten Teil des Grenzübergangs zu Ungarn, hat durch die Öffnung des Ostens das Verkehrsaufkommen enorm zugenommen. Eine riesige Verkehrslawine wälzt sich durch die Oststeiermark. Täglich werden in Heiligenkreuz 1 100 LKWs abgefertigt. Sämtliche Ortschaften in diesem Gebiet, ob das jetzt Rudersdorf ist oder Großwilfersdorf, werden durchfahren, und daher ist es einfach notwendig, dass die Lösung dieses Verkehrsproblems angegangen wird.

Wenn wir jetzt mit dem Ausbau der B 65 beginnen würden, bräuchten wir mindestens bis zum Jahre 2010. Das heißt, rasche Hilfe in dieser Angelegenheit ist gefordert. Obwohl bereits im Jahre 1989 die Ostöffnung erfolgte und wir bereits im Jahr 1984 – immer wieder, jedes Jahr, haben wir das gemacht – versuchten, in Gesprächen mit den Bundesministern für Verkehr den Bahnausbau zu attraktivieren, von Szombathely über Körmend, Fehring nach Graz, das aber nie gelungen ist, ist es natürlich auch die Schuld der Verkehrsminister, dass in diesem Bereich nichts weitergegangen ist und wir daher auch beim Ausbau der Straße etwas später dran sind.

Seit 1984 gibt es bereits sämtliche Pläne für den Bahnausbau, die Kosten waren bekannt. Der ehemalige Bundesminister Streicher war in der Oststeiermark, und ein Freund, ein Kollege von mir – er ist allerdings ein SPÖ-Abgeordneter, aber deswegen kann er noch immer ein Freund sein –, hat erzählt, der Herr Bundesminister Streicher habe damals zu ihm gesagt: Aber eines sage ich dir: Sprich mir ja nicht die Ostbahn an! In diesem Fall halte ja deinen Mund! – Er hat es vielleicht etwas anders ausgedrückt, aber das heißt, der ehemalige Bundesminister wollte gar nicht, dass diese Ostbahn ausgebaut wird.

Frau Bundesministerin! Ich bitte Sie, dieses Problem anzugehen. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

19.43

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dobnigg. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

19.43

Abgeordneter Karl Dobnigg (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Kollege Fink! Es freut mich besonders, dass die steirische ÖVP auch weiterhin zum Semmering-Basistunnel steht, auch wir steirischen Sozialdemokraten stehen dazu, und ich hoffe, auch Kollege Grollitsch, der nach mir zu Wort kommen wird, wird sich dahin gehend äußern, dass wir gemeinsam für diesen Semmering-Basistunnel kämpfen werden. Dann wird diese Röhre auch gebaut werden, und wir Steirer werden schneller in Wien sein. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Diese Bundesregierung betreibt neben der leider sehr unverantwortlichen Belastung vieler Österreicherinnen und Österreicher und dem großen Sozialabbau auch den Ausverkauf gut florierender österreichischer Industrieunternehmen. Man könnte sogar sagen: Familiensilber wird zum Schrottpreis verschleudert! Bestes Beispiel dafür sind die völlig verunglückten Privatisierungen der letzten Zeit. Ein industriepolitischer Flop nach dem anderen! Man denke an das katastrophale Ergebnis bei der Versteigerung der UMTS-Lizenzen. Der zweite Flop war nun der Börsegang der Telekom.

Rund 40 Milliarden Schilling österreichischen Volksvermögens gingen durch dieses stümperhafte Vorgehen dieser Regierung verloren. Das Problem ist nun auch, dass die Geldmittel aus dieser Versteigerung und dem Börsegang der Telekom fest eingeplant waren. Da jetzt aber deutlich weniger Mittel lukriert werden konnten, fehlt Ihnen dieses Geld. Daher stellt sich die Frage, ob wieder der Bereich Forschung und Entwicklung unter der Budgetverknappung wird leiden müssen. 7 Milliarden Schilling waren nämlich versprochen. Und ich frage Sie, Frau Bundesministerin: Wird dieses Versprechen auch gehalten beziehungsweise gehalten werden können?


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Durch diese verantwortungslose Politik von ÖVP und FPÖ droht der weitere Ausverkauf heimischer Unternehmen und Technologien an das Ausland. Das heimische Kapital stellt ja keine ausreichend potenten Investoren zur Verfügung, bester Beweis: der Börsegang der Telekom. Es drohen mit dem Ausverkauf die Abwanderung von Konzernzentralen und wichtiger Unternehmensteile. Forschung und Entwicklung, Finanzwesen und Controlling sind die ersten Abteilungen, die im Zuge dieser Rationalisierungen in die Zentrale des Käufers abwandern würden. Zurück bleiben dann die Produktionsstätten als verlängerte Werkbank. Aber auch die heimischen Zulieferbetriebe werden beziehungsweise sind dann negativ betroffen.

Was die angebliche Entpolitisierung im Aufsichtsrat der ÖIAG betrifft, möchte ich nur Folgendes sagen: Den Austausch der bisherigen Aufsichtsräte durch Personen aus dem Freundeskreis des Herrn Prinzhorn kann man nur als die Einführung von politischer Freunderlwirtschaft bezeichnen.

Im Gegensatz zu der gängigen Meinung von ÖVP und FPÖ gibt es in der ehemaligen verstaatlichten Industrie nicht bankrotte und abgewirtschaftete Unternehmen, sondern bestens florierende Industriebetriebe. (Beifall bei der SPÖ.)

Beispiel: die VA-Stahl. Dieser Industriebetrieb hat sich zu einem österreichischen Paradeunternehmen entwickelt. Durch den großartigen Einsatz sowohl von der Belegschaft als auch vom Management wurden in den letzten Jahren Rekordergebnisse erwirtschaftet. Bei der jüngst stattgefundenen Eröffnung des neuen Kompaktstahlwerkes in Donawitz – übrigens ist es das modernste der Welt – war auch die politische Prominenz von Schwarz und Blau anwesend, allen voran Bundeskanzler Schüssel, der bei dieser Gelegenheit auch das Wort ergriff.

Das Interessante dabei: Politiker von ÖVP und FPÖ haben noch vor Jahren das Zusperren von Donawitz gefordert und dieses Werk als Museum bezeichnet. (Abg. Kiermaier: So ist es!) Wäre es nach Ihnen gegangen, hätten wir zusperren müssen und Tausende Menschen wären arbeitslos geworden, eine ganze Region wäre zum wirtschaftlichen Sterben verurteilt gewesen. (Beifall bei der SPÖ.)

Nur Dank der Unterstützung von Seiten der damaligen sozialdemokratisch geführten Bundesregierung und Dank des bereits erwähnten großartigen Einsatzes von Belegschaft und Management konnte der wirtschaftliche Umschwung zum Besseren erreicht werden.

Sie von den Regierungsfraktionen sprechen immer von Verantwortung, auch gegenüber der Jugend, und von der notwendigen Sicherung ihrer Zukunft. Auch wir Sozialdemokraten stehen zu 100 Prozent dazu. Dies wird aber nur gelingen mit einer verantwortungsvollen und modernen Industriepolitik zur Absicherung der heimischen Standorte und einer ÖIAG als Kernaktionär. (Beifall bei der SPÖ.)

Weil Sie von ÖVP und FPÖ unter dem Motto "Mehr Privat, weniger Staat!" immer wieder behaupten, der Staat solle nicht Unternehmer spielen, darf ich auf einen Artikel im "Kurier" vom 11. November verweisen und daraus zitieren:

",Österreich braucht mehr Kernaktionäre, wobei durchaus auch der Staat in diese Rolle schlüpfen kann.‘ So lassen sich die Ergebnisse von drei Studien zusammenfassen, die von der Gesellschaft des Bundes für industriepolitische Maßnahmen in Auftrag gegeben wurden. Die Untersuchung durchleuchtete dabei öffentliches Eigentum aus wirtschaftlicher und politischer Sicht vor dem Hintergrund der Globalisierung. Die Studie des Instituts für Höhere Studien relativiert eine gängige Meinung über den negativen Einfluss des Staates auf die Wirtschaft. Dass der Staat als Kernaktionär weniger effizient als Private sei, konnte nämlich nicht bewiesen werden. In einer globalisierten Wirtschaft würde ein Unternehmen von der Rückendeckung durch den Staat durchaus profitieren." – Zitatende. (Beifall bei der SPÖ.)

Frau Bundesministerin! Werte Damen und Herren! Hohes Haus! Wir alle gemeinsam tragen Verantwortung für die Zukunft der Menschen in diesem Land, auch Sie von FPÖ und ÖVP. Diese Verantwortung nehmen Sie von den Regierungsfraktionen aber derzeit leider nicht wahr. Sie machen eine Politik des Drüberfahrens und der Belastungen. Für diese Regierung heißt


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"Österreich neu regieren": Pensionisten, Arbeitnehmer und Familien abzocken, Arbeitsplätze und den Wirtschaftsstandort Österreich gefährden und schließlich Familiensilber verschleudern. Aber der Lack ist ab, meine Damen und Herren von der ÖVP! Die Rechnung wurde Ihnen ja erst am letzten Sonntag sehr deutlich von der Bevölkerung im Burgenland präsentiert. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Khol: Das war ja eine Märchenvorlesung, Herr Kollege! Glauben Sie das wirklich, was Sie da gesagt haben!)

19.50

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Grollitsch. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

19.50

Abgeordneter Mag. Dr. Udo Grollitsch (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Frau Bundesminister, Sie haben vermutlich bei einer ersten Übersicht über die Situation Ihres Ressorts feststellen müssen, wie viele uneingelöste Schecks der sozialistischen Verkehrsminister der letzten Jahrzehnte aufliegen. Unter den Altlasten befindet sich eine, die sich im Budget nach wie vor negativ niederschlägt, und darauf will ich kurz konkret eingehen.

1992 wurde mit einer so genannten Organisationsprivatisierung der Österreichischen Wasserstraßendirektion eine Österreichische Donaubetriebs AG, kurz ÖDOBAG, ausgegliedert; 100 Prozent im Bundeseigentum, Übernahme von 215 Beamten. In den folgenden fünf Jahren benötigte diese ÖDOBAG aus Budgetmitteln an Zuschüssen 110 Millionen Schilling und für die so genannte Strukturbereinigung, damit ist die Bezahlung der übernommenen Beamten gemeint, weitere 185 Millionen, wie aus einer parlamentarischen Anfrage an Ex-Minister Farnleitner herauszulesen ist. Mit dieser Rückendeckung aus dem Budget verdrängte die StaatsAG private Anbieter weitestgehend von der Donau.

Das erklärte Ziel war 1992, möglichst rasch zu privatisieren. Als das 1998 weit und breit nicht gelungen war, hat Farnleitner diese Altlast gesplittet und die Tochter der ÖDOBAG, die so genannte Donautechnik, gegründet, ebenfalls zu 100 Prozent im Bundeseigentum. Er entsorgte 70 Beamte dorthin. Während diese in den Geschäftsfeldern Wasserbau, Streckendienst und Messwesen zumindest Aufgaben vorfanden, blieben den verbliebenen restlichen 45 Beamten in der ÖDOBAG lediglich administrative Tätigkeiten. Beide stellen eine Budgetbelastung dar. Bundesminister Schmid hat auf dem Weg zu einer echten Privatisierung dieser beiden Bereiche Vorbereitungsarbeiten geleistet und eine Zusammenlegung der Obersten Schifffahrtsbehörde und der Abteilung der Wasserstraße vorgenommen.

Frau Bundesminister! Sie können hier auf Vorarbeiten zurückgreifen und ein Konzept umsetzen, das ganz im Sinne der Regierungsziele ist und insbesondere den freiheitlichen Vorstellungen entspricht: entbürokratisieren, Budget entlasten, privatisieren.

Das Konzept sieht übrigens vor, dass kein Arbeitsplatz verloren geht und die Erlöse die Kosten der restlichen so genannten Strukturbereinigung mehrfach übersteigen. Ich bitte Sie, auf dieses Projekt konkret und rasch zuzugehen. Es ist das eine Privatisierung mit Verstand und Herz.

Ich habe – abschließend – gestern eine Presseaussendung der Frau Bundesminister zur Kenntnis genommen – ich hoffe, Sie auch –: Sie überdenkt die Tiertransportregelungen. Wir haben heute schon bei der Agrardebatte über dieses Thema gesprochen. Ich als Tierschutzsprecher unserer Fraktion danke für diese Initiative. Frau Bundesminister! Das Hindernis werden die EU-Transportminister sein. Das ist genau der richtige Ansatz, der hier gewählt wurde. Wenn Sie gemeinsam mit dem Landwirtschaftsminister erreichen, dass der Ersatz für Lebendtiertransporte von der EU reduziert oder möglichst eliminiert wird, dann ist der Hebel dort angesetzt, wo es erforderlich ist. – Alles Gute dabei. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Bundesministerin Dr. Forstinger: Ich hoffe auch! Danke!)


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19.54

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Gradwohl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

19.54

Abgeordneter Heinz Gradwohl (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Ich darf kurz auf die Ausführungen des Kollegen Fink eingehen. Lieber Kollege Fink! Es ist nicht unbedingt mutig, sich als Steirer hier herzustellen und zu sagen: Wir sind für den Semmering-Basistunnel! Ich traue mich das auch, auch wenn Landeshauptleute meiner Fraktion das nicht goutieren. Es ist nur verwunderlich aus steirischer Sicht, dass die ÖVP-Abgeordneten heute hier am Rednerpult stehen und noch immer sagen: Wir treten dafür ein!, weil nämlich Frau Landeshauptfrau Klasnic das bereits im September des Vorjahres umgesetzt gehabt hat. So ist es zumindest plakatiert worden – gebaut ist er noch nicht, und das ist das Problem, Kollege Fink. (Beifall bei der SPÖ.)

Daher ein wirklich regionales Angebot, Parteigrenzen übergreifend: Gehen wir her, arbeiten wir gemeinsam daran, dass der Semmering-Basistunnel gebaut wird, denn er ist nicht nur für die Steirerinnen und Steirer und für die steirische Wirtschaft, sondern auch für den Kärntner Raum ein wichtiger Nerv, eine wichtige Verkehrsverbindung. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Kollegin Pecher hat in ihrem Debattenbeitrag – zwar in der Zwischenzeit bereits vom Kollegen Grünewald berichtigt – angeführt, dass hier von falschen Daten ausgegangen worden wäre. Jetzt maße ich mir nicht an, derjenige zu sein, der den Bedarf an Geld für Technologie und Innovation für die nächsten Jahre vorausrechnen kann, wenn wir, wie die Bundesregierung es vorsieht, bis zum Jahr 2005 auf 2,5 Prozent des BIP kommen sollen, sondern ich bediene mich eines Experten des Wifo, nämlich des Herrn Gernot Hutschenreiter, der im "Standard" vom 9. Oktober bereits bemerkt:

"Soll bis zum Jahr 2005 in Österreich tatsächlich eine Forschungsquote von 2,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes erreicht werden, dann müssten in den kommenden fünf Jahren kumuliert um knapp 70 Milliarden mehr für die Forschung und Entwicklung ausgegeben werden als bisher." Von diesen 70 Milliarden, meint er, "müssten rund 27 Milliarden Schilling von der öffentlichen Hand kommen".

Es heißt weiter: "Die Latte liegt aber hoch: Nach Hutschenreiters Modellrechnung zur Erreichung des Ziels müssten die Forschungsausgaben, die heuer bei gut 50 Milliarden liegen, im kommenden Jahr um knapp 6 Milliarden steigen. Im Jahr darauf müssten dann auf dieses erhöhte Ausgabenniveau noch einmal zusätzliche 6,6 Milliarden Schilling draufgelegt werden. Trägt die öffentliche Hand wie bisher 40 Prozent der Ausgaben, dann ergäbe sich daraus eine Budgetbelastung von 7,4 Milliarden Schilling für die beiden kommenden Jahre."

Wenn man das zusammenrechnet, dann kommt man auf die zweistelligen Milliardenbeträge, die notwendig wären. Aber sehr witzig oder nicht ganz durchsichtig ist dabei, dass der Herr Bundesminister für Finanzen in seiner Budgetrede von 10 Milliarden Schilling gesprochen hat. In den statistischen Beilagen zum Budget ist dann von 5 Milliarden die Rede, aber es ist nicht ganz klar nachgewiesen, woher diese kommen sollen, und wir diskutieren über 7 Milliarden in diesem Bereich.

Frau Bundesministerin! Es ist mir bewusst, dass das vor Ihrem Amtsantritt passiert ist, es ist auch kein Angriff auf Sie, sondern es ist einfach eine Meinungsäußerung, dass hier im Haus anwesende Abgeordnete wider besseres Wissen andere Dinge behaupten, als wir in den letzten Jahren bereits diskutiert haben, was wir versucht haben, in irgendeiner Form zu lösen.

Ich stehe nicht an, zu sagen, dass ich die Entwicklung in diesem Bereich, was den Rat für Forschung und Technologieentwicklung betrifft, positiv beurteile; auch die ersten Gespräche mit dem Vorsitzenden des Rates waren sehr positiv. Wir haben dort aber auch erfahren, dass durch die Zersplitterung der Kompetenzen Bedarfsanmeldungen der Ministerien in der Höhe von rund 18 Milliarden auf dem Tisch liegen. Auch das sind zweistellige Milliardenbeträge, die erforderlich wären, sich aber im Budget nicht wieder finden.

Frau Bundesministerin! Noch ein Punkt aus der Zeit vor Ihrer Ministerschaft, aber ein Punkt, der mir immer wieder aufstoßt, weshalb ich abschließend einfach noch einen Satz dazu sagen muss. Wir haben in den letzten Wochen und Monaten über die ÖIAG, über den Verkauf, über


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die Privatisierung der ÖIAG diskutiert. – Dieser Verkauf ist ein Ausverkauf! Sie, Frau Bundesministerin, sind dafür noch nicht verantwortlich zu machen, aber diejenigen, die sich damit beschäftigt haben, haben das sehr bewusst in Kauf genommen. Hier wird Familiensilber zum Schrottpreis verkauft, und das, geschätzte Damen und Herren, ist nicht verantwortungsvolle Politik für Österreich, sondern das geht zugunsten anderer. (Beifall bei der SPÖ.)

Es geht dabei, wie Rauscher im "Standard" schrieb – ich habe es ja schon mehrmals zitiert, und ich tue das auch heute –, um das "Schnäppchen-Shopping unter den ‚FoPs‘ (F riends o f P rinzhorn)".

Frau Bundesministerin! Seitens meiner Fraktion biete ich Ihnen die Zusammenarbeit im Bereich Forschung und Technologiepolitik an – und ich bin eigentlich voll der Hoffnung, dass diese Zusammenarbeit gelingen wird. Allerdings hoffe ich auch, dass es in diesem Bereich eine Änderung der Politik geben wird, denn – mit Verlaub, Herr Präsident! – das "Schnäppchen-Shopping" der "FoPs" kann nicht die Aufgabe des Hohen Hauses, kann nicht die Aufgabe der Gesetzgebung sein!

Sollten Sie da also eine Änderung anstreben, nochmals, Frau Bundesministerin: Wir Sozialdemokraten sind an einer solchen Veränderung interessiert. (Beifall bei der SPÖ.)

20.00

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Mühlbachler. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

20.00

Abgeordneter Dkfm. Mag. Josef Mühlbachler (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Sehr geehrte Frau Bundesministerin Forstinger, vorerst möchte ich Ihnen gratulieren zu Ihrem heutigen "Einstand" hier. Die Präsentation war äußerst gelungen und hat äußerst kompetenten Eindruck hinterlassen. Und dazu gratuliere ich Ihnen recht herzlich! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mich wundert immer wieder, dass die Sozialdemokraten noch immer nicht begriffen haben, dass sich diese Bundesregierung einem neuen Kurs für Österreich verschrieben hat. Es wird von Ihnen von der SPÖ noch immer mit alten Klischees argumentiert, mit Klischees, die schon lange keine Geltung mehr haben. Daher würde ich schon darum bitten, hier doch etwas sachlicher zu argumentieren und nicht einfach so oberflächlich "drüberzuschwimmen". (Zwischenrufe des Abg. Kiermaier. )  – Man sollte sich etwas besser auf Reden hier vorbereiten. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! In der kurzen mir zur Verfügung stehenden Redezeit möchte ich nun auf ein besonderes Thema hinweisen, nämlich auf die Bürokratie, die wir im Infrastrukturbau zu bewältigen haben. In diesem Zusammenhang ist mir auch ein hochinteressanter Artikel in "Bau intern" aufgefallen. – Zugegeben: Natürlich sehen Baufachleute die Situation anders als etwa Umweltschützer.

In einer Ausgabe von "Bau intern" schreibt ein Herr Michael Steibl, dass es in Österreich viel zu lange Vorlaufzeiten bei Projektrealisierungen beziehungsweise für die Bau-Reifmachung von Projekten gibt. In diesem Artikel ist auch die Rede davon, dass in Österreich beispielsweise ein UVP-Verfahren im Regelfall vier Jahre lang – oft noch länger! – dauert. In Deutschland hingegen konnte diese Frist durch ein Beschleunigungsgesetz – genau heißt dieses: Verkehrswege-Beschleunigungsgesetz – auf etwa 15 Monate herabgesetzt werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Glauben Sie aber nicht, dass ich jetzt den Straßenbauern das Wort reden möchte, und zwar derart, dass ich etwa Straßenbauer gegen Umweltschützer ausspielen wollte. Nein, mitnichten! Es sollten jedoch, so meine ich, sowohl die berechtigten Anliegen des Umweltschutzes als auch die berechtigten Anliegen einer breiten Öffentlichkeit, wenn es darum geht, die Infrastruktur zu verbessern, unter einen Hut gebracht werden. Und es sollten diese vielen Fristen, die sehr oft zugunsten von Individualinteressen


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"ausgestaltet" wurden, etwas verkürzt werden, sodass es eben auch zu einer Verkürzung der Verfahrensdauer kommt.

Mich hat es sehr gewundert, dass beispielsweise bei der B 310, der Bundesstraße hinauf ins Mühlviertel und in weiterer Folge nach Tschechien, die Baureifmachung eines relativ kleinen Streckenabschnittes, über den es im Großen und Ganzen Übereinstimmung in der Bevölkerung gibt, bereits mehr als drei Jahre in Anspruch nimmt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich meine, wir hier im Parlament sind dazu aufgefordert, darüber nachzudenken, und zwar nicht zu Lasten des Umweltschutzes, sondern zugunsten eines besseren Wirtschaftsstandortes Österreich. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Gaßner: Hervorragend vorbereitet!)

20.04

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Rada. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

20.05

Abgeordneter Dr. Robert Rada (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Es ist tatsächlich ein Drama – Herr Abgeordneter Mühlbachler, da gebe ich Ihnen Recht –, dass in Österreich ein neuer Kurs gestartet wird. Und das Problem ist, dass dieser neue Kurs auch die Verkehrspolitik betrifft. (Zwischenruf bei der ÖVP.)

Wenn man diese heutige Debatte Revue passieren lässt, sieht man umso mehr das Dilemma, in dem unser Land steckt: Ist es der öffentliche Verkehr, der forciert werden soll, ist es die Schiene, ist es der Nord-Ostring um Wien – oder ist es vielleicht die Wasserstraße?

In meinem eigentlichen Debattenbeitrag möchte ich mich aber jetzt aus meiner Sicht drei sehr umweltfreundlichen Themen im Verkehrsbereich zuwenden – mit der Bitte an Sie, Frau Bundesministerin, sich gleichfalls dieses Themas anzunehmen. Seit Jahren geht es um den Ausbau, um die Verlängerung, um die Intensivierung der S 2 von Wien nach Laa an der Thaya. – Man möge mir bitte verzeihen, dass ich als Weinviertler Abgeordneter gerade dieser Bahn intensives Augenmerk schenke.

Was diese S 2 betrifft: Alle Vorkehrungen wurden getroffen, alle Planungsarbeiten sind abgeschlossen, alle Verträge unterzeichnet, nur: Weiter ist nichts geschehen! Ihr Vorgänger, Frau Bundesministerin, hat offensichtlich "vergessen", dass er das – auch mit dem Landeshauptmann von Niederösterreich vereinbarte – Übereinkommen umzusetzen hat. – Das ist also ein Problem, das einer Lösung harrt. (Zwischenruf bei der ÖVP.)

Da hier jetzt oft über Umweltfreundlichkeit gesprochen und auch heute wieder behauptet wurde, was für einen Verkehrsstau diese "rot-grünen Chaoten" in Wien angeblich anrichten wollten: Es gibt, was die Vermeidung von Verkehrsstaus betrifft, einen sehr einfachen Ausweg, nämlich die Verwirklichung der S 80. Da ginge es um ein öffentliches Verkehrsmittel, mit dem man aus der Ostregion sehr rasch zur nunmehr neu verlängerten U 3 in Wien gelangen könnte. So wären bitte Verkehrsprobleme für die Bewohner der Ostregion Österreichs doch etwas leichter bewältigbar.

Wir Sozialdemokraten haben von Verkehrspolitik schon eine etwas andere Auffassung als Sie, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien: Wir meinen nämlich, dass es sozial mehr als gerecht wäre, attraktive öffentliche Verkehrsnetze zu schaffen. Mit einer Verkehrspolitik gilt es aber selbstverständlich auch, den Wirtschaftsstandort Österreich zu erschließen – und daher bin ich in dieser Frage ganz klar und eindeutig bei Herrn Abgeordnetem Graf, der ja immer wieder eine Nordostumfahrung Wiens fordert. Diese bedeutet sozusagen den "Lebensnerv" für die Region nordöstlich von Wien.

Frau Ministerin, nun aber zu einem weiteren Problem, das es zu lösen gilt. Seit Jahren wird das Problem "Donau-Eintiefung" diskutiert. In diesem Zusammenhang hätte es die verschiedensten Auswegmöglichkeiten gegeben – das Einzige aber, was tatsächlich gemacht wurde, war, östlich


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des Kraftwerkes Freudenau Schotter in die Donau zu kippen, diesen dann irgendwann bei Hainburg herauszuholen, den Schotter dann wieder zurückzukarren, um eben in diesem Bereich eine Eintiefung der Donau zu verhindern.

Selbstverständlich gäbe es auch die Möglichkeit, diese Eintiefung mittels Stauhaltungen zu verhindern, was aber nicht bedeutet, dass dort ein Kraftwerk hingestellt werden soll. Wie gesagt: Mit Stauhaltungen könnte dort eine Eintiefung der Donau verhindert werden.

Wenn es darum geht, Güter umweltfreundlich auf einer Wasserstraße zu transportieren, muss allerdings sichergestellt sein, dass auch Schiffe mit einem größeren Ladevolumen die Donau auf dieser Strecke befahren können.

Daher ersuche ich Sie, Frau Ministerin, hier klar zu sagen, ob Sie in Ihrer Politik für einen Transport auch auf Wasserstraßen eintreten. Wenn das der Fall ist, dann treten Sie diesbezüglich bitte in Verhandlungen ein, eröffnen Sie die Diskussion darüber, sodass durch Stauhaltungen sichergestellt wird, dass die Wasserstraße Donau so befahren werden kann, dass dies auch wirtschaftlich interessant ist. (Beifall bei der SPÖ.)

20.09

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Schender. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

20.09

Abgeordneter Mag. Rüdiger Schender (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Förderung von Forschung und Entwicklung ist ein äußerst wichtiger Teil einer modernen und zukunftsorientierten Politik – dies ist vor allem deshalb sehr wichtig, weil es dabei um die Sicherung Österreichs als guter Wirtschaftsstandort geht. In diesem Zusammenhang ist auch die Richtung, die diese Bundesregierung eingeschlagen hat, als äußerst positiv zu bewerten, hat sie sich doch das Ziel gesetzt, die Quote für Forschung und Entwicklung ganz deutlich anzuheben, und zwar von derzeit 1,8 Prozent des BIP auf 2 Prozent im Jahre 2002 und auf 2,5 Prozent im Jahre 2005. Das ist ein sehr engagiertes, sehr mutiges Ziel – und das bedeutet, dass bis zum Ende dieser Legislaturperiode mindestens 7 Milliarden Schilling zusätzlich für Forschung und Entwicklung eingesetzt werden. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Da ich gesagt habe, dass es sich hiebei um ein sehr engagiertes und mutiges Ziel handelt: Es ist dies aber auch und vor allem ein notwendiges und klares Bekenntnis zu einer zukunftsorientierten Wirtschaftsstandort-Politik. Ich bin mir dessen jedenfalls sicher, Frau Minister Forstinger: Du bist der Garant dafür, dass dieses Ziel erreicht wird und wir auch in diesem Punkt eine zukunftsweisende Politik einleiten werden.

Gefreut hat mich das klare Bekenntnis im Budgetausschuss zur verstärkten Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Wirtschaft, zum Technologie-Transfer zwischen Universitäten und Wirtschaft. Dabei spielt aber natürlich eine Rolle, dass die Wirtschaft, vor allem auch die Industrie, zu noch höheren Forschungsleistungen motiviert wird, dass vor allem im Bereich der Wirtschaft noch mehr Investitionen in den Forschungsbetrieb getätigt werden. Das setzt aber auch voraus, dass wir Impulse für private Forschung setzen.

Letztlich möchte ich noch als sehr positiv hervorheben, dass es durch die Schaffung dieses Zukunfts-, dieses Infrastrukturministeriums zu einer weitgehenden Aufhebung der Zersplitterung vor allem im Bereich der Forschung gekommen ist, wenngleich – auch das muss man ganz klar sagen – Forschung selbstverständlich immer eine Querschnittsmaterie sein wird. Aber dennoch muss man festhalten, dass gerade die Zusammenlegung der Kompetenzen für den FFF, den FWF sowie für den ITF in einem Ministerium einen ganz wichtigen Schritt darstellt und dass so eine ganz klare strategische Ausrichtung dieser Fonds ermöglicht wird.

Die Tatsache, dass es sich bei Forschung und Entwicklung um eine Querschnittsmaterie handelt, ist aber eigentlich kein Nachteil, sondern ich meine, dass darin auch sehr viele Chancen lie


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gen, fördert das doch das interdisziplinäre Denken, fördert das den Forschergeist in vielen Bereichen unserer Gesellschaft. Und das ist gut und notwendig.

Liebe Monika Forstinger! Ich darf dir persönlich jetzt noch recht herzlich viel Glück und Erfolg wünschen. Du wirst selbstverständlich unsere vollste Unterstützung haben – und ich meine, du wirst sicherlich unter Beweis stellen, dass dein Weg der richtige ist! Und man hat ja auch gesehen, wie viel an Sachkompetenz dir sogar seitens der Opposition attestiert wurde. – Viel Glück! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

20.13

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Haidlmayr. Die Uhr wird wunschgemäß auf 8 Minuten eingestellt. – Bitte.

20.14

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Auch ich als Oberösterreicherin möchte diese Gelegenheit nicht versäumen, Sie, Frau Ministerin, auf die Situation der ÖBB in Oberösterreich aufmerksam zu machen.

Vielleicht wissen Sie schon: Wir in Oberösterreich befinden uns diesbezüglich beinahe in einer Katastrophe. Und wenn ich mir anschaue, was die HL-AG in den letzten Monaten leistet, frage ich mich schon: Was denken sich die Leute dabei, was denken sich die Planer dabei? – Das darf es doch bitte nicht geben!

Ein Beispiel: Bahnhof Steyr. Jetzt wird dort das Bahnhofsgebäude umgebaut. Es dürfte wohl niemandem mehr unbekannt sein, dass überall nur mehr so gebaut werden darf, dass es keine Barrieren mehr gibt. (Beifall bei den Grünen.) Wie ist das aber am Bahnhof Steyr? – Zwei neue Räume wurden bereits fertiggestellt, und beim Eingang zu beiden wurde eine Stufe gebaut, eine künstliche Stufe, denn früher konnte man dort sehr wohl ohne Überwindung von Barrieren hinein!

Mir könnte diese Stufe vielleicht egal sein, aber das Problem ist, dass es a) die ÖNORM 1600 gibt, die eingehalten werden muss, und b) ist es so, dass, wenn heute eine RollstuhlfahrerIn oder eine behinderte Person den Zug benutzen will, diese zuerst zum Fahrdienstleiter rollen und diesem das melden muss. – Das wird man aber in Zukunft nicht mehr können, denn Rollis können bekanntlich nicht über Stufen!

Frau Ministerin! Diese Unkultur setzt sich ja noch fort. Niemand fühlt sich zuständig dafür, was die HL-AG macht, wie sie es macht – und vor allem, ob das, was sie macht, zweckdienlich ist oder nicht.

Ich kann Ihnen Beispiele bringen, da stellt es einem wirklich nur mehr die Haare auf. Wenn beispielsweise am Bahnhof St. Valentin der Lift kaputt wird, ist die nächste Firma, die diesen Lift repariert, in Salzburg. – Wissen Sie, wie lange das dauert?!

In St. Valentin habe ich jedenfalls durchgesetzt, dass es neben den Liftanlagen auch entsprechende Rampen gibt, um eben nicht auf diesen Lift angewiesen zu sein. – Das ist aber nur ein einziger Bahnhof, wo dies umgesetzt wurde. Bei allen anderen Bahnhöfen – den Bahnhof Linz werden Sie wahrscheinlich besser kennen als ich – ist der Lift zu 90 Prozent immer kaputt. Das heißt, man kann, wenn der Lift kaputt ist, am Bahnsteig sozusagen verrotten – aber niemand fühlt sich zuständig!

Frau Ministerin! Die Trennung von Infrastruktur und Personenverkehr ist in den Augen von Bahnbenützern wirklich die größte Dummheit, die jemals jemandem eingefallen ist. Und ich bringe auch dazu wieder ein Beispiel. Ich fahre mit dem Personenzug nach St. Valentin. Dort muss mich jemand aus dem Zug ausladen. Der Zugbegleiter kann das nicht tun, denn der darf keine Verspätung haben. Die Infrastruktur – und die Hubplattform ist eine Infrastruktur – kann aber nicht vom Personal der Infrastruktur in Betrieb genommen werden, weil diese nicht dazu da ist, den Personenverkehr zu unterstützen. Und wenn beim Personenverkehr kein Personal am Bahnhof ist, weil beispielsweise die Putzfrauen frei haben oder das Gepäckpersonal abgezogen


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wurde, dann steht man mit seinem Rollstuhl im Zug, kann aus diesem nicht heraus sozusagen in Richtung Infrastruktur und von dieser nicht hinein beispielsweise zum Umsteigen in den nächsten Personenzug. (Beifall bei den Grünen.)

Mit dieser Idiotie, Frau Ministerin, mussten wir die letzten zwei Jahre leben, aber es hat immer wieder – irgendwie halt – einen Ausweg gegeben. Aber diese Situation jetzt mit dieser Teilung, wo keiner etwas für den anderen tun darf – darum geht es doch, das hat sich irgendwie überlappt, damit der Personenverkehr aufrechterhalten werden konnte –, diese Situation also jetzt stellt speziell für mobilitätsbehinderte Menschen ein arges Problem dar.

Frau Ministerin! Aber mit dem Gegenseitig-Helfen hat es sich jetzt aufgehört, denn die Mitarbeiter der Gepäckabteilung gibt es dort nicht mehr! Auf der Westbahnstrecke gibt es in Zukunft die einzigen in Wien-West und in Vorarlberg. Aber dazwischen wird bitte kein einziger Bahnhof mehr mit Gepäckabteilungen ausgestattet sein, wird es keine Gepäckstelle mehr geben! Und das heißt selbstverständlich auch, dass es dann kein Personal mehr hiefür gibt. Wenn beispielsweise ein Rollstuhlfahrer in Zukunft mit dem Zug fahren will, so kann er sich das abschminken, denn das geht nicht mehr, weil eben die Situation zwischen Infrastruktur und Personenverkehr so sein wird, dass deren Mitarbeiter so gegeneinander gestellt werden, dass der Fahrgast eben in der Mitte – im wahrsten Sinne des Wortes – übrig bleibt. (Beifall bei den Grünen.)

Das ist die Situation. Sie werden wahrscheinlich die MitarbeiterInnen, die so genannten Management-Abteilungen – das hat einen Riesennamen, ich habe mir das nicht alles gemerkt – in Linz schon kennen oder noch das Vergnügen haben, sie kennen zu lernen. Wissen Sie, wenn ich dort in Linz anrufe, da stellt wahrscheinlich schon ein jeder die Haare auf, denn der Name Haidlmayr sorgt dort bereits für Aufregung. Denn wenn Haidlmayr anruft, dann bedeutet das nichts Gutes! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Schwarzenberger: Das kann ich mir vorstellen! – Abg. Edlinger: Nicht unterkriegen lassen!)

Ich sage Ihnen aber eines: Die Zugbegleiter sind mir so dankbar – also nicht nur die mobilitätsbehinderten Menschen, sondern auch die Zugbegleiter –, dass ich das mache, denn wenn sie etwas sagen, dann zählt das nicht.

Frau Ministerin! Man muss sich einfach überlegen, ob man Personenverkehr mit der notwendigen Infrastruktur anbieten will oder ob man den Personenverkehr nicht mehr will. Ich erzähle Ihnen noch ein Beispiel, damit Sie einmal sehen, welche Horrorgeschichten man erlebt oder in welche Lebenssituationen man geraten kann, wenn man als mobilitätsbehinderter Mensch mit den ÖBB fahren will. Eine Freundin von mir ist blind. Der Zugbegleiter hat sie auf den Bahnsteig hinausgestellt, denn das war kein Problem für ihn. Dort hat sie gestanden, denn die Infrastruktur ist doch nicht zuständig für den Personenverkehr! Und sie würde wahrscheinlich heute noch dort stehen, hätte sich nicht irgendjemand erbarmt und sie zum Zug gebracht, in den sie umsteigen wollte. Das ist die Situation!

Wenn ich mit Linz telefoniere, dann sagen die: Wir können nichts machen, so ist das, das eine ist Infrastruktur und das andere ist Personenverkehr, und die haben nichts miteinander zu tun! Wenn Sie heute auf einem Bahnhof sind – und ich bin dort – und das Personal für den Personenverkehr de facto nicht mehr vorhanden ist, weil es die "Gepäckler" nicht mehr gibt, dann sehen Sie zehn Köpfe, die dastehen und Ihnen zuschauen, wie Sie krampfhaft versuchen, irgendjemanden zu finden, der die Hubplattform findet, um irgendwie einen Zug zu erreichen. Und wenn ich sage: Bitte, können Sie die Hubplattform bringen?, dann ist die Antwort: Nein, das dürfen wir nicht, wir sind von der Infrastruktur! Dann sage ich: Hängt euch bitte ein Schild um, wer von der Infrastruktur und wer vom Personenverkehr ist, damit ihr nicht ständig in die Verlegenheit kommt, dass man euch um Tätigkeiten fragt, für die ihr nicht zuständig seid! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Abg. Eder: So ist es! – Abg. Schwarzenberger: So sind die Eisenbahner!)

Und jetzt zur Infrastruktur: Frau Ministerin! Es ist Ihnen ja nicht unbekannt, dass die Infrastruktur seit Jahren nichts mehr getan hat, um so genannte Großraumwaggons einzusetzen. Diese Großraumwaggons sind deshalb notwendig, weil es darin Rollstuhltoiletten gibt. Ich würde mich


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nie trauen, zum Beispiel mit dem Autoreisezug von Wien nach Bregenz zu fahren, denn da könnte ich die ganze Strecke nicht aufs Klo gehen. Und ich kann, Frau Ministerin, zwei Stunden bevor ich einen Zug benutze, nicht ein Glas Wasser trinken, weil ich nie weiß, ob dann wirklich ein Rollstuhlwaggon – auch wenn er im Fahrplan drinnen steht – an der Garnitur dranhängt. Diese Situation, Frau Ministerin, ist untragbar! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Sie können heute von niemandem verlangen, der sich auf die Reise macht von Wien nach Salzburg oder egal wohin, stundenlang nicht aufs Klo gehen zu können. Also das müsste schön langsam der Vergangenheit angehören. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Frau Ministerin! Jetzt gibt es teilweise die so genannten City-Shuttles. Die Waggons sind okay, nur gibt es wieder keine Toilette. Was denkt man sich denn da dabei? Denkt man sich dabei, dass jemand, der weniger als 200 Kilometer mit der Bahn fährt, sowieso nicht berechtigt ist, die Toilette zu benutzen? Darum hat man bei diesen Zügen, die ohnehin nur Kurzstrecken fahren, von Haus aus nicht dafür gesorgt, dass es auch nur eine einzige Rollstuhltoilette gibt. Die gibt es ganz einfach nicht. Ich habe mich bei Jenbacher erkundigt: Es ist auch nicht daran gedacht, das zu ändern. Das wurde von der Infrastruktur abgelehnt, obwohl es Pläne gegeben hat, die eine Rollstuhltoilette beinhaltet haben. So ist es. Ich glaube, da gibt es wirklich Handlungsbedarf!

Frau Ministerin! Noch eines: Sie kennen wahrscheinlich die Strecke nach Kleinreifling. Sind Sie die schon einmal mit einem Zug gefahren? (Bundesministerin Dr. Forstinger: Nein!) Das denke ich mir, Frau Ministerin! (Heiterkeit bei den Grünen und der SPÖ. – Abg. Edlinger: Ich weiß nicht einmal, wo das ist!) In diesen Zug, Frau Ministerin, steigen Sie gar nicht ein, wenn Sie keine routinierte Bahnfahrerin sind, weil Sie glauben, das ist die letzte Fahrt ins Museum. Solches Wagenmaterial schickt man dort Tag für Tag hin! Jeder Tourist kommt und fotografiert, weil er sich denkt, die hätten einen Zug aus dem Museum herausgestellt. (Heiterkeit und Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Wenn man den Leuten erklärt, dass die im Einsatz sind, sind sie völlig betroffen. Denn technisch, Frau Ministerin, entsprechen die schon lange nicht mehr dem Standard. Was dort auf die Reise geschickt wird, ist wirklich mehr als museumsreif, das ist wirklich eine Attraktion für Touristen. (Abg. Schwarzenberger: Seit 30 Jahren gibt es sozialistische Verkehrsminister!) Sie können Ihre Bahn noch verwenden, um Touristen zum Fotografieren anzulocken. Zum Mitfahren würde ich sie nicht einladen, weil das Risiko eindeutig zu hoch wäre.

Frau Ministerin! Die Situation auf den Nebenstrecken wird sich auch nicht verbessern, denn Sie wissen, dass zum Beispiel Steyr von der Westbahn mehr und mehr abgeschnitten wird. Man denkt jetzt auch daran, einen Großteil der Züge gar nicht mehr in St. Valentin halten zu lassen. Ja, was sollen wir denn dann tun? Sollen wir dann von St. Pölten rauf stoppen, nur weil in St. Valentin der Zug nicht mehr hält? Das kann es doch nicht sein! Dann frage ich mich: Wozu fährt denn diese ÖBB? Nur mehr, um von Wien nach Bregenz zu kommen – und alle, die zwischendrin aussteigen wollen, haben Pech gehabt? (Allgemeine Heiterkeit. – Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Frau Ministerin! Dann wundern Sie sich, dass die Züge als "Geisterzüge" durch Österreich fahren. Ja, Frau Ministerin, wenn ich von Wien bis Bregenz nie aussteigen darf, dann werde ich wahrscheinlich nie einsteigen! (Neuerliche allgemeine Heiterkeit. – Beifall bei den Grünen.)

Sie können nicht erwarten, dass sich der Personenverkehr der ÖBB verstärkt, wenn Sie das Angebot immer mehr reduzieren. Deshalb bin ich auch froh, Frau Ministerin, dass Sie aus Oberösterreich sind. Das kommt mir so gelegen wie nur was! (Allgemeine Heiterkeit.  – Abg. Edlinger: Dann wird der Zug wenigstens in Linz stehen bleiben!) Da habe ich nämlich viel eher die Möglichkeit, Sie und Landesrat Haider und Herrn Struger und wie sie alle heißen, viel mehr und schneller zusammenzubringen, als mir das mit Minister Schmid jemals gelungen wäre.


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Frau Ministerin! Ich sage Ihnen, ich werde das erste Treffen, ein gemeinsames Treffen mit Ihnen und mit den ÖBB und mit mir selbstverständlich (neuerliche allgemeine Heiterkeit), bereits im Jänner organisieren. Dann müssen wir gemeinsam schauen, wie wir solche Verrücktheiten, die wirklich auf Substanz und Kosten von Bahnbenutzern und -benutzerinnen gehen und die jeden Menschen nur davon abschrecken können, die Bahn zu benutzen, abstellen und wie wir es schaffen können, die ÖBB so attraktiv zu machen, dass Menschen, die mit dem Zug fahren wollen, nicht nur dann fahren, wenn sie etwas besonders Horrormäßiges erleben wollen, sondern auch dann, wenn sie sich entspannen wollen und die Bahn als Alternative zum Auto verwenden wollen. Das soll doch der Sinn des öffentlichen Verkehrsmittels sein, und in diese Richtung muss die Verkehrspolitik gehen, weil das die Zukunft ist! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Und wem heute das Bahnfahren versaut wird, der wird übermorgen wahrscheinlich freiwillig nicht mehr fahren. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

20.30

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Zweytick. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

20.30

Abgeordneter Johannes Zweytick (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesminister! (Abg. Dr. Khol: Jetzt hast es schwer, Hannes!) Ich meine, Kollegin Haidlmayr hat uns soeben sehr gut vor Augen geführt – und damit eigentlich den Nagel auf den Kopf getroffen –, was alles in den letzten 30 Jahren von roten Verkehrsministern in diesem Land versäumt wurde. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.)

Dies nicht nur durch die roten Verkehrsminister, sondern auch mit starker Mithilfe der ÖBB – trotz TV-Werbung mit Gorbatschow und Perestroika, was sicherlich einiges "Kleingeld" gekostet hat. Das erinnert mich aber eher an euren Parteivorsitzenden und den berühmten Flughafen in Moskau – Sie können sich erinnern?! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Eder: Fällt dir nichts Gescheiteres ein?)

Es ist gar nicht einfach in diesem Ministerium: 250 Milliarden Schilling betragen die Schulden auf Straße und Schiene. Dies ist ein belastender Betrag für Österreichs Zukunft! Neue Reformen müssen erstellt werden. Aber besonders die am meisten betroffenen Unternehmer oder das am meisten betroffene Unternehmen, nämlich die ÖBB, lieber Kollege, zeigt wenig Kooperationsbereitschaft.

In der Steiermark wurde in diesen Tagen die Reform des Verkehrsverbundes Süd eingeleitet, diese notwendigen Umstrukturierungen, die auch die Einbindung der Schüler- und Lehrlingsfreifahrten vorsehen. Aber was sagt die ÖBB dazu? Sie hat den Vertrag mit dem Steirischen Verkehrsverbund mit 1. Juni 2001 einfach gekündigt, so einfach und ersatzlos. Natürlich ist die Bundesregierung an der Kündigung des Vertrages schuld – aus der Sicht der ÖBB. (Abg. Edler: Das alles ist von der ÖVP so gewollt!) Natürlich wird die ÖBB wieder die Verhandlungen mit dem Steirischen Verkehrsverbund aufnehmen. Natürlich wird die ÖBB die Tarife erhöhen. Und natürlich trägt die Bundesregierung dafür die Schuld.

So einfach kann man es sich nicht machen! Und der ÖGB schickt einfach die Menschen auf die Straße. 49 Unternehmen haben den Verkehrsdienstvertrag mit dem Steirischen Verkehrsverbund unterschrieben. Sie können mit den Tarifen leben, weil sie wissen, wie ein Unternehmen wirtschaftlich geführt wird. Die ÖBB-Generaldirektoren wollen die kaufmännischen Prinzipien bei der Führung ihres Unternehmens nicht anwenden. (Abg. Edler: Der Direktor ist ein ÖVPler! – Abg. Eder: Von Pröll gekommen!) Der Staat zahlt ja ohnehin – derzeit 36 Milliarden Schilling im Jahr!

Es ist mir auch nicht verständlich, warum die ÖBB immer mehr Güter von der Schiene auf die Straße verlagert. So wurde zum Beispiel in Leibnitz der Stückgutbahnhof aufgelassen, und die Waren werden nun per LKW von Graz nach Leibnitz gebracht. Detail am Rande: Nur 7 Prozent


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beträgt der Bahnanteil am Inlandsgüterverkehr. (Abg. Edler: Da hast du eine falsche Zahl gelesen!) Nein, das ist Tatsache! Das ist die Wahrheit.

Abschließend möchte ich noch das Road-Pricing ansprechen. Ich begrüße die Einführung der vollautomatischen LKW-Maut, da damit alle Autobahnen gerecht einbezogen werden können. Es gibt keine freien Abschnitte, somit auch keine benachteiligten Regionen, sprich: Wirtschaftsräume. Mit dem Betreibermodell können die Einrichtungskosten aus der ASFINAG herausgeschält werden. Wir behandeln heute das Kapitel Technologie, Innovation und Verkehr, hören, welche technischen Möglichkeiten die Hightech-Firmen eröffnen. Nehmen wir die Chance wahr, und realisieren wir das vollelektronische Mautsystem!

Ihnen, Frau Verkehrsminister, darf ich viel Glück und Erfolg für die sicher nicht einfache Zukunft wünschen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Bundesministerin Dr. Forstinger: Danke! – Abg. Dr. Khol: Bravo, Hannes! – Abg. Kiss: Hannes, du kriegst eine Autobahn!)

20.34

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Schweisgut. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

20.34

Abgeordneter Johannes Schweisgut (ÖVP): Herr Präsident! Frau Ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Nach den Worten von Frau Haidlmayr fällt es mir jetzt natürlich viel leichter, ein Plädoyer für die Straße zu halten. Zuvor wäre mir vielleicht als Tiroler im Tiroler Unterland auch die ÖBB und die Schiene ein größeres Anliegen gewesen. So werde ich aber ein bisschen zur Straße reden und Sie vielleicht als einer der letzten Redner auch noch mit dem Wunsch nach einem Ausbau einer Straße in Tirol ein bisschen belästigen.

Da das Budget im Kapitel Verkehr im Jahre 2001 wieder Spielraum für Investitionen bietet, darf ich Ihnen einen letzten Wunsch aus dem Bundesland Tirol mit auf den Weg geben, und zwar meine ich den Ausbau der B 178, der früheren B 312, der so genannten Loferer Bundesstraße. Mit Ihrem Vorgänger, Herrn Bundesminister Schmid, habe ich bereits mehrere Gespräche darüber geführt und den Ausbau dieser sehr wichtigen Straße ausführlich diskutiert.

Wie Sie vielleicht wissen, handelt es sich bei dieser Straße um eine der wichtigsten sowohl Nord-Süd- als auch Ost-West-Verbindungen. Es ist dies nicht nur die innerösterreichische Verbindung von West nach Ost über Lofer, sondern es ist auch eine Zubringerstraße zum Felber Tauern und daher natürlich auch für viele eine Ausweichroute zum Brenner.

Diese Straße ist ein Projekt, das bereits seit über fünf Jahren in der Schublade liegt und diskutiert wird. Ich meine, dass es auch als Zubringerstraße für eine der wichtigsten Schiregionen der Welt, die Region Kitzbühel, von großer Bedeutung ist. Wichtig für den Tourismus wäre auch, die täglichen Stauungen, die unmöglichen Überquerungsmöglichkeiten, die Trennung von Ortschaften, von Freizeitzentren und dem Ortsgebiet in nächster Zeit anzugehen. Es sind in den letzten Jahren verschiedene Maßnahmen gesetzt worden, dennoch ist die Sicherheit auf dieser Straße nicht mehr gegeben, und auch der flüssige Ablauf des Verkehrs ist nicht gewährleistet. Die Straße führt durch mehrere Ortschaften. Die Lebensqualität der Bevölkerung ist also auch in diesem Gebiet stark beeinträchtigt.

Der letzte Umbau ist für das Jahr 2005 in Aussicht gestellt worden. Eine Einzigartigkeit bei diesem Straßenprojekt darf ich vielleicht auch erwähnen: Das Land Tirol und alle Anrainergemeinden haben sich bereit erklärt, eine Vorfinanzierung zu treffen. Aber es gibt nicht nur eine Vorfinanzierung, sondern es gibt in allen Orten von allen Parteien einstimmige Gemeinderatsbeschlüsse, und ich denke, auch das ist bei einem Straßenbauprojekt dieser Größenordnung keine Selbstverständlichkeit. Ich darf Sie daher ersuchen, dieses Projekt in Bälde anzugehen. Die Projektunterlagen sind bereits eingereicht, und ich darf Sie ersuchen, die Vorfinanzierung des Ministeriums auch entsprechend zu sehen.


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Vielleicht einen zweiten Bereich, den ich auch im Zusammenhang mit Verkehr noch einbringen möchte: Es gibt mehrere Straßen und mehrere Straßenprojekte, die in Tirol in den letzten Jahren in Form von Umfahrungsstraßen gebaut worden sind. Heute kommt es jedoch durch das Ansiedeln im Nahbereich dieser Straßen wiederum zu Anrainerprotesten. Letztlich wurde im Bereich Kundl, auf einer der wichtigsten Bundesstraßen, sogar ein sektorales LKW-Fahrverbot erlassen. Ich meine, dass es für die Wirtschaft – mehrere in diesem Bereich angesiedelte Großfirmen mit mehreren tausend LKWs – nicht unbedingt zumutbar ist, dort jetzt täglich 25 Kilometer Umweg in Kauf nehmen und zusätzlich zweimal durch einen viel befahrenen Straßentunnel fahren zu müssen. Ich denke, dies wäre eine falsche Verkehrspolitik, eine absolute Sackgasse. Ich meine: Auch die Wirtschaft muss auf der Straße leben können. (Beifall bei der ÖVP.)

Hohes Haus! Ich meine, alle Verantwortlichen in diesem Land sind aufgefordert, alles zu unternehmen, damit die österreichische Verkehrspolitik auch in Zukunft nicht nur zu Lasten der Wirtschaft geht, dass nicht nur der Ausbau der Schiene forciert wird, sondern dass auch in Zukunft vernünftige Straßenverkehrsprojekte verwirklicht werden können. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

20.38


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51. Sitzung / Seite 141

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn:
Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Kampichler. Die Uhr ist wunschgemäß auf 4 Minuten eingestellt. – Bitte.

20.38

Abgeordneter Franz Kampichler (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wie meine steirischen Kollegen bin natürlich auch ich hundertprozentig dafür, dass wir den Semmering-Straßentunnel bauen. Damit möchte ich mich aber nicht beschäftigen. Da Kollege Parnigoni und Kollege Dobnigg solche Probleme mit der Versteigerung der UMTS-Lizenzen gehabt haben, möchte ich ganz kurz einen Aspekt einbringen.

Auch ich war zuerst sehr enttäuscht, weil nur ein so geringer Versteigerungserfolg erzielt wurde. Für den Abbau der Staatsschulden hätten wir weit mehr gebraucht. Ich meine jedoch, mittel- oder langfristig sind wir damit in einer besseren Situation. Das hat mir auch vor kurzem ein junger Fachexperte bestätigt, der aus dem Bereich der Telekommunikation kommt. Er war bei einem internationalen Kongress in Berlin, der sich am 21. und 22. November mit der Weiterentwicklung des UMTS-Netzes beschäftigt hat. Dort wurde von den Deutschen eine sehr, sehr große Sorge artikuliert, und zwar dass sie darunter leiden, dass die Lizenzgebühren dort so hoch liegen. Die Branche klagt darüber, dass zu viel Kapital aus zukunftsorientierten und vor allem aus wachsenden Bereichen in unproduktive Bereiche abgeflossen ist. (Abg. Eder: Das glaubt doch niemand, das ist doch Unsinn!) Die Aktienkurse der deutschen Bieter sind nach der Versteigerung sofort zurückgegangen, und der hohe Kaufpreis drückt dramatisch die Erträge dieser Lizenzinhaber.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe mich mit Experten unterhalten. Sie haben mir das bestätigt, und es wurde bei dem Kongress in Berlin sehr deutlich zum Ausdruck gebracht. Herr Kollege! Sie können mir das wirklich glauben: Wir sind in einer besseren Situation, andere Länder beneiden uns darum, denn bei uns war der Kapitaleinsatz geringer, er war nicht überhöht, er war natürlicher, und aus diesem Grund werden wir uns auf dem Markt weit besser behaupten können. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Eder: Sie glauben, da wird etwas billiger bei uns!)

Das Angebot im UMTS-Netz kann bei uns erschwinglich gehalten werden. (Abg. Eder: Abwarten!) Herr Kollege! Das heißt, alle Interessenten werden sich dieses Angebot auch leisten können, und vor allem kann bei uns dieses Angebot sehr rasch umgesetzt werden. (Abg. Eder: Na ich bin neugierig!) Ich werde Sie dann daran erinnern, was ich Ihnen heute gesagt habe.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das festigt unsere Position, das festigt unseren Markt, und es bringt uns für die Zukunft Wettbewerbsvorteile. Davon werden viele profitieren, in weiterer Folge auch unsere Wirtschaft und damit auch unser Budget. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

20.41

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als letzter Redner dazu zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ing. Weinmeier. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 2 Minuten. – Bitte.

20.41

Abgeordneter Ing. Wilhelm Weinmeier (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Es war schon interessant zu beobachten, wie sich die Damen und Herren der SPÖ über die Rede der Frau Abgeordneten Haidlmayr belustigt und geklatscht haben und dabei offenbar völlig übersehen haben, dass die Kritik gegen ihre ehemaligen Verkehrsminister gerichtet war. Warum sie also gelacht haben, das weiß wohl niemand.

Meine Damen und Herren! Man kann sich nicht mit dem Problem Verkehr beschäftigen, ohne über das Thema Nebenbahnen zu diskutieren. Leider haben uns die roten Verkehrsminister auch im Bereich der Nebenbahnen einen Berg ungelöster Probleme hinterlassen. Die Nebenbahnen wurden systematisch ausgehungert und damit unattraktiv gemacht.

Im Bereich der Mariazeller Bahn dürfte sich nun aber doch eine Lösung abzeichnen. Der Einsatz der freiheitlichen Mandatare von Niederösterreich und des ehemaligen Ministers Schmid dürfte sich gelohnt haben. Als mögliche Lösung zeichnet sich ab, die Mariazeller Bahn zu verpachten. Angeblich wurde schon eine diesbezügliche Vereinbarung zwischen den ÖBB und dem Land Niederösterreich getroffen. Eine Lösung für die Mariazeller Bahn ist also in greifbarer Nähe.

Möglich gemacht wurde das durch den ehemaligen Verkehrsminister Michael Schmid, welcher selbst in die betroffene Region gefahren ist, dort mit den Menschen diskutiert und versprochen hat, sich für die Mariazeller Bahn einzusetzen, was er dann auch getan hat. (Unruhe im Saal. – Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn gibt das Glockenzeichen.) Er hat nämlich der ÖBB sofort eine Weisung erteilt – ich weiß, dass Sie das nicht gerne hören, dass Sie auch in diesem Bereich versagt haben (Abg. Edler: Geh hör doch auf!)  –, die Mariazeller Bahn so lange weiter zu betreiben, bis ein Nachfolger gefunden ist. Er hat sie auch damit beauftragt, diese Nachfolgersuche zu betreiben.

Wäre es nach den Plänen der ÖBB gegangen, wäre die Mariazeller Bahn am 30. Juni 2001 geschlossen worden. Das wäre eine touristische, strukturelle und wirtschaftliche Katastrophe für die Region gewesen. Dem ehemaligen Minister Schmid gilt daher der Dank der Region für seinen Einsatz für die Mariazeller Bahn. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die neue Ressortleiterin, Frau Bundesminister Forstinger, hat damit zumindest eines der vielen Probleme weniger, die sie von den Vorgängerregierungen geerbt hat. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

20.44

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Spezialberichterstatter das Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über die Beratungsgruppe X des Bundesvoranschlages für das Jahr 2001.

Diese umfasst das Kapitel 65 des Bundesvoranschlages in 310 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Heinisch-Hosek und Genossen einen Abänderungsantrag eingebracht.

Weiters haben die Abgeordneten Dr. Grünewald und Genossen einen Abänderungsantrag eingebracht.


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51. Sitzung / Seite 142

Ich werde zunächst über die von den Abänderungsanträgen betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten finanzgesetzlichen Ansätze der Beratungsgruppe X abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Heinisch-Hosek und Genossen haben einen Abänderungsantrag betreffend den VA-Ansatz 1/65158 eingebracht.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die sich hiefür aussprechen, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Ich lasse sogleich über diesen Teil der finanzgesetzlichen Ansätze in 310 der Beilagen abstimmen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Abänderungsantrag der Abgeordneten Dr. Grünewald und Genossen, der sich auf den VA-Ansatz 1/65326 bezieht.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiefür sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Ich lasse nun über diesen Teil der finanzgesetzlichen Ansätze in 310 der Beilagen abstimmen.

Ich bitte jene Damen und Herren des Hohen Hauses, die hiefür eintreten, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten finanzgesetzlichen Ansätze der Beratungsgruppe X. Diese umfasst das Kapitel 65 des Bundesvoranschlages in 310 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben wollen, um ein Zeichen der Bejahung. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Beratungsgruppe XI

Kapitel 50: Finanzverwaltung

Kapitel 51: Kassenverwaltung

Kapitel 52: Öffentliche Abgaben

Kapitel 53: Finanzausgleich

Kapitel 54: Bundesvermögen

Kapitel 55: Pensionen

Kapitel 56: Sonstige Finanzierungen und Veranlagungen

Kapitel 58: Finanzschuld, Währungstauschverträge

Text des Bundesfinanzgesetzes, Stellenplan und Fahrzeugplan

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen nun zur gemeinsamen Verhandlung über die Beratungsgruppe XI sowie über den Text des Bundesfinanzgesetzes und alle Anlagen, soweit sie noch nicht in Verhandlung gestanden sind.

Der Wunsch auf eine mündliche Berichterstattung liegt weder von der Frau Spezialberichterstatterin noch vom Herrn Generalberichterstatter vor.


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51. Sitzung / Seite 143

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Huber. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

20.47

Abgeordnete Anna Huber (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich habe zwar vorhin gelacht, als einige von Ihnen bei der Abstimmung nicht aufgestanden sind, aber das Verhalten lässt mich hoffen: Offensichtlich haben doch eine ganze Reihe der Abgeordneten ein ungutes Gefühl dabei, solchen Budgetansätzen zuzustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

Heute wird es nun beschlossen, das schon lange propagierte so genannte Wendebudget. Vieles von dem, was die Bundesregierung ... (Einige Abgeordnete der Freiheitlichen stehen bei der Regierungsbank und sprechen mit Bundesminister Mag. Grasser. – Abg. Schieder: Herr Präsident! Der Präsident reagiert nicht! – Abg. Dr. Mertel: So etwas von unhöflich! – Abg. Schieder: Das ist eine Unart, die da einreißt! – Unruhe bei der SPÖ.)

Vieles von dem, was Sie, Herr Finanzminister, angekündigt haben und was während der Budgetdebatten in den letzten Tagen im Haus gesagt wurde, steht in diametralem Gegensatz zu den Zahlen des Budgets – so nach dem Motto: Was kratzen mich denn die Versprechungen von gestern, was kratzen mich die Zahlen?

In einem Punkt aber haben Sie Wort gehalten: Es ist eine Wende. Es ist nämlich eine Wende von einer Konsensual- zu einer Konfliktdemokratie. (Abg. Böhacker: Eine bessere Wende!) Es ist die Wende von einem zumindest relativ gerechten Ausgleich zwischen den einzelnen Bevölkerungsgruppen hin zu einer Klientelpolitik. (Abg. Böhacker: Es ist eine Wende zum Besseren!) Und es ist die Wende vom Sozialstaat hin zu einer Ellenbogengesellschaft.

So ganz nebenbei gerät dabei natürlich auch der Rechtsstaat ins Eck. Es ist ja wirklich lästig, wenn gegen Regierungsmitglieder oder auch nur gegen einfache Parteimitglieder ermittelt wird. Wo kämen wir denn da hin, wenn diese Störungen noch weitergehen?

Zurück zum Budget. Beleuchten wir die Eckpunkte dieses Budgetkurses der Wende. Es ist ein neoliberales Programm mit einem großen Ziel, nämlich das Nulldefizit bis zum Jahre 2002 zu erreichen. – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Ziel halten wir Sozialdemokraten für richtig. (Ruf bei den Freiheitlichen: Aha!)

Grundsätzlich falsch aber sind unserer Meinung nach der Zeitpunkt und der Weg. Warum ist es der falsche Zeitpunkt? – Die wichtigsten Handelspartner Österreichs, nämlich Deutschland und Italien, planen ihre ausgeglichenen Haushalte für 2004 beziehungsweise 2006. Ich frage mich daher: Was treibt Sie, Herr Finanzminister, dazu, das Nulldefizit in Österreich schon für 2002 durchzusetzen, obwohl Sie durch diese Eile die soziale Gerechtigkeit mit Füßen treten, weil die Arbeitnehmer und die Pensionisten dieses Landes mit Milliarden belastet werden? (Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei den Freiheitlichen: 30 Jahre sozialdemokratische Verschuldungspolitik!)

Wie sieht nun dieser Weg aus? – Ich sage Ihnen, dieser Weg ist falsch! Erstens: Die Budgetkonsolidierung erfolgt vorwiegend einnahmenseitig, denn tatsächlich werden in den nächsten zwei Jahren über budgetbegleitende Maßnahmen über 80 Milliarden Schilling mehr an Steuern eingehoben, die Steuerquote ist damit die höchste in Europa. Zusammen mit den zwei bereits beschlossenen Belastungspaketen zahlen daher die kleinen und die mittleren Einkommensbezieher überproportional für die Budgetsanierung.

Herr Finanzminister! Ich frage Sie: Wo ist denn der Beitrag der Reichen? Wo ist denn der Beitrag zum Beispiel eines Herrn Prinzhorn und anderer Freunde? (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich sage Ihnen auch, dass der Weg falsch ist, weil zweitens das Realeinkommen der Menschen geschwächt und damit das Wirtschaftswachstum gebremst und die Inflation angeheizt wird. Aber was kümmert es neoliberale Groschenzähler, was dies für die Menschen wirklich bedeutet?


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51. Sitzung / Seite 144

Ich sage Ihnen: Der Weg ist drittens falsch, weil in Wirklichkeit nicht gespart, sondern im großen Stil ausgegeben wird, und zwar für ein Karenzgeld ohne jede Bedarfsprüfung, für Agrarsubventionen, die die Großbauern abschöpfen werden, während die fleißigen Kleinen mit einem Bettel abgespeist werden (Zwischenruf des Abg. Schwarzenberger ), und für die Absenkung von Lohnnebenkosten.

Damit sich das alles ausgeht, muss auf Teufel komm raus privatisiert werden. Unter Zeitdruck und sehr unprofessionell werden unsere Industriebetriebe verschleudert, es werden offensichtlich sogar Wald und Wasser und unsere Seengebiete der Budgetkonsolidierung geopfert.

Oder, frage ich mich, ist deshalb so stümperhaft vorgegangen worden, weil ein gerüttelt Maß an Interesse von Prinzhorn und Seilschaften dahintersteht, sich günstig Industriebetriebe und Jagdgebiete unter den Nagel zu reißen?

Zu all den himmelschreienden Ungerechtigkeiten kommt, dass Sie völlig übersehen, dass die wichtigsten Investitionen ... (Zwischenrufe der Abgeordneten Mag. Trattner und Haigermoser. )  – Es wundert mich wirklich, dass Sie sich als offensichtlich "beamteter" Hineinrufer noch immer keine niveauvolleren Zwischenrufe überlegt haben! (Beifall bei der SPÖ.)  – Zu all den himmelschreienden Ungerechtigkeiten kommt, dass Sie völlig übersehen, dass die wichtigen Investitionen in den Wirtschaftsstandort Österreich, in die Menschen, in die Bildung, in die Forschung und Entwicklung und in die Infrastruktur, wie zum Beispiel den Semmering-Basistunnel – also Investitionen für die Zukunft –, fehlen.

Daher werden wir Sozialdemokraten diesem Budget der Ungerechtigkeiten, diesem Budget der Umverteilung von unten nach oben, diesem Budget des falschen Weges, das unser Land und die Zukunft unserer Menschen nachhaltig verändern wird, nicht zustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

20.53

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Trattner. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte.

20.53

Abgeordneter Mag. Gilbert Trattner (Freiheitliche): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Finanzminister! Hohes Haus! Sie, Herr Abgeordneter Edlinger, sind als Finanzminister abgelöst worden, und jetzt wurden Sie auch schon als Erstredner Ihrer Fraktion abgelöst. (Abg. Edlinger: Abwarten!) Wir warten schon ab, aber wahrscheinlich wurde die Rede bereits gedruckt. Die "Kronen Zeitung" von morgen, heute ausgeteilt um 18 Uhr, schreibt: Zu mitternächtlicher Stunde wurde im Parlament das Budget 2001 verabschiedet – nicht ohne Wortmeldung des SPÖ-Budgetsprechers Edlinger, auch "Krawatten-Rudi" genannt. – Bis jetzt haben wir noch nichts gehört, abgestimmt haben wir auch noch nicht. – Er rechnet vor, dass künftig geplagte Bürger 14 400 S pro Jahr mehr an Steuern zu zahlen hätten.

Kollege Edlinger! Sie haben noch nie rechnen können, aber es ist sehr wertvoll, wenn Sie Dringliche Anfragen einbringen. Wir haben da eine Dringliche Anfrage der Abgeordneten Dr. Gusenbauer, Edlinger, die nur so von Rechenfehlern strotzt. Auf Seite 2 unter Punkt 4 steht: Innerhalb von nur zwei Jahren werden die Steuereinnahmen durch die neue Bundesregierung um über 80 Milliarden oder 12 Prozent erhöht. Pro Tag im Durchschnitt 40 S mehr als 1999. Das sind um 1 200 S monatlich oder 14 400 S jährlich mehr Steuern als 1999. (Ruf: Die Rechnung stimmt!)

Kollege Edlinger! Da gibt es nun ein paar Beispiele, und zwar: Ein Haushalt – Alleinerzieherin, ein Kind unter zehn Jahren – mit einem Bruttoeinkommen von 19 000 S hat im Jahre 2001 gegenüber 1999 eine Entlastung in der Höhe von 4 660 S, die sich wie folgt ergibt: Lohnsteuer 1999: 20 282, Lohnsteuer 2001: 16 987 S (Abg. Dietachmayr: Das war unsere Steuerreform, zum hundertsten Mal!), Kinderbeihilfe: 17 400 S, Kinderabsetzbetrag: erhöht auf 8 400 S, mit einbezogen die motorbezogene Versicherungssteuer für einen Golf in der Höhe von 955 S (Abg. Dietachmayr: Das war unsere Steuerreform, die wir beschlossen haben! Sie haben dagegen gestimmt!), sogar die Erhöhung des Vignettenpreises ist berücksichtigt. Auch wenn man die


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Energieabgabe mit einrechnet, ergibt sich für diese Alleinerzieherin eine Ersparnis von 4 660 S – und nicht eine Mehrbelastung von 14 400 S, wie Sie behaupten. (Abg. Dietachmayr: Sie haben dagegen gestimmt!)

Ein weiteres Beispiel: In einer Familie gibt es zwei Verdiener, ein Kind unter 10 Jahren. Der eine verdient 25 000 S brutto, der Partner verdient 21 000 S brutto unter den gleichen Voraussetzungen. Steuerersparnis im Jahre 2001 im Vergleich zu 1999: 7 390 S. (Abg. Dietachmayr: Das war die Steuerreform, die wir beschlossen haben! Sie haben dagegen gestimmt! Sie wollen es nicht begreifen!)

Wir begreifen das schon. Diejenigen, die es nicht begreifen, sind Sie! Damit komme ich zum zweiten Punkt, zu Herrn Altfinanzminister Edlinger. (Abg. Dietachmayr: Sie und Ihre Fraktion haben dagegen gestimmt!) In einer Pressekonferenz sagt Altfinanzminister Edlinger, offensichtlich degradierter Budgetsprecher seitens der sozialdemokratischen Fraktion: Budget kein Sanierungsfall. Rudolf Edlinger präsentiert ein finanzielles Entlastungsprogramm für Österreich und verteidigt die 30-jährige Budgetpolitik der SPÖ. – Also das ist eine gefährliche Drohung. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Haigermoser: So ist es!)

Herr Finanzminister! Wir haben als Beispiel die Aussagen eines Professors Streissler: Die Budgetsanierung ist nicht etwas, was man aufschieben kann. Die Maastricht-Verträge haben schließlich Verfassungsrang.

Felderer sagt: Der Finanzminister habe dieses Mal das untere Einkommensdrittel geschont. Der Finanzminister hat ausgabenseitig gemacht, was in der kurzen Zeit politisch möglich war.

Kramer: Die Budgeterstellung, sprich die Konsolidierung der Staatsfinanzen, ist vordringlich gewesen. – Kramer spricht von einer Konsolidierung der Budgets, Edlinger sagt, das Budget sei kein Sanierungsfall.

Frisch sagt: Das Budget muss saniert werden. – Edlinger sagt: Das Budget ist kein Sanierungsfall.

Ein unabhängiger Experte, Herr Köhler, Präsident des IWF, hat laut einem Zitat in der APA vom 6. November 2000 gesagt: Lob für Österreichs Budgetbild. Österreich sei auf einem guten wirtschaftspolitischen Kurs, die Reformanstrengungen würden zur Stärkung von Wettbewerbsfähigkeit, Wachstum und Beschäftigungspolitik dienen. Von Seiten des IWF werde begrüßt, dass die Budgetpolitik auf diesen Weg gebracht werde. – Und das ist das Entscheidende. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Haigermoser: Jawohl! So ist es!)

Diese Bundesregierung hat diese Budgetpolitik auf eine ehrliche Art und Weise auf die Reihe gebracht. Was haben Sie gemacht, Herr Kollege Edlinger? – Sie haben Budgetdefizits dargestellt unter Zugrundelegung von irgendwelchen budgetkosmetischen Maßnahmen.

Das Budget 1998 hat sich daraus zusammengesetzt, dass Sie die Bausparprämie um 1,8 Milliarden Schilling gesenkt haben, dass Sie Steuerguthaben in der Größenordnung von 15,8 Milliarden Schilling als Einnahmen verbucht haben, dass Sie 3,1 Milliarden Schilling an Sonderdividende seitens der OeNB bekommen haben, dass Sie Freibeträge in der Größenordnung von 3 Milliarden Schilling sistiert haben, dass Sie aus der Auflösung der Nullkuponfonds einmalig 4,5 Milliarden Schilling lukriert haben.

Herr Finanzminister! Sie haben eigentlich ein Budget immer nur auf Grund von budgetkosmetischen Maßnahmen dargestellt, und dann hat Sie die Realität eingeholt. Die Realität hat Sie insofern eingeholt, als Sie wirklich der Einzige im Staate Österreich sind, der davon spricht, dass das Budget kein Sanierungsfall ist.

Welche Maßnahmen Sie hier anführen, das ist ja wirklich kurios. Sie sagen: Das Entlastungsprogramm der SPÖ sieht Folgendes vor: Verzicht auf zusätzliche Ausgaben für Heer und Landwirtschaft, keine Senkung der Lohnnebenkosten in dieser Legislaturperiode, Verzicht auf das


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Kindergeld, Annäherung der Unternehmens- und Vermögensbesteuerung an das EU-Niveau. – Details dazu wollte Edlinger aber nicht sagen.

Wissen Sie, was diese Maßnahmen summa summarum ausmachen? – Sie machen eine Größenordnung von zirka 35 bis 40 Milliarden Schilling aus. (Abg. Haigermoser: 42!)

Wo sind denn die anderen 60 Milliarden, die zur Budgetsanierung notwendig sind? Wo sind sie denn? Sie hätten einfach wieder mit budgetkosmetischen Maßnahmen ein Budget darstellen wollen. Aber wir haben Sie Gott sei Dank dabei ertappt, und die Österreichische Volkspartei war klug, mit Ihnen keine Regierungsbeteiligung mehr einzugehen, damit endlich realistische Budgetzahlen auf den Tisch kommen, sodass die Leute auch wissen, was auf sie zukommt. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Edlinger: Herr Trattner! Die Kollegen von der ÖVP haben jetzt aber nicht mehr mitgepascht!)

Dass diese Maßnahmen notwendig sind, muss man Ihnen auch immer wieder in Erinnerung rufen. Sie haben zum 31. Dezember 1999 Schulden von 1 700 Milliarden Schilling hinterlassen, sonstige Schulden und Verwaltungsschulden in der Größenordnung von 300 Milliarden und 245 Milliarden außerbudgetäre Schulden. Wir haben also einen Schuldenberg von 2 245 Milliarden. Sie hätten laufend weitere Defizite geschrieben. Dieser Weg hätte dazu geführt, dass Österreich vom letzten Platz nicht mehr weggekommen wäre. Deswegen war es wichtig, dass diese Regierung diese Maßnahmen jetzt gesetzt hat.

Diese Maßnahmen muss man zu einem Zeitpunkt setzen, zu dem die Hochkonjunktur läuft, das Wirtschaftswachstum gewährleistet ist, Vollbeschäftigung herrscht und diese Vollbeschäftigung natürlich auch in den nächsten Jahren gewahrt sein wird. Das Wirtschaftswachstum ist trotz dieser Budgetkonsolidierungsmaßnahmen in Gleichklang mit der EU beziehungsweise mit der Bundesrepublik Deutschland. Alles andere, also was Sie hier behaupten, entspricht nicht den Tatsachen.

Herr Finanzminister Edlinger! Sie kennen auch das Bild der Haushaltsdaten der EU-Staaten. Von diesem Bild mit Österreich auf dem letzten Platz wollen wir mittels dieser Maßnahmen wegkommen. Wir werden nicht Spitzenreiter, aber wir kommen zumindest in ein gesundes Mittelfeld und gehören nicht zu den Abstiegskandidaten. Das ist der Erfolg dieser Bundesregierung, und deswegen werden wir diesem Budget gerne unsere Zustimmung erteilen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

21.02

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Kogler. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte.

21.03

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! – Herr Minister Grasser ist wieder in ein Gespräch vertieft. (Der Redner wirft einen Blick auf die Unterlagen des Vorredners, die auf dem Rednerpult liegen.) Auf diesem Zettel da steht: Die ÖVP war nicht dabei. – Das wäre meine erste Frage gewesen. (Beifall bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Haigermoser: Der hat einen Schwindelzettel!)

Wir sollten es ja tatsächlich so halten, dass wir es der ÖVP, wenn sie ihre Stellungnahmen abgibt – und ich greife gleich ein bisschen vor, Kollege Stummvoll wird ja dann meine Rede so wie das letzte Mal im Nachhinein zensurieren –, so leicht nicht machen dürfen. Wo waren Sie in den letzten 14 Jahren? Erklären Sie uns das bitte immer wieder, denn wir haben einen entsprechenden Aufholbedarf angesichts dessen, wie Sie sich hier verhalten. – So, wie Sie sich nicht erinnern wollen, was war, so wollen wir es nicht in unsere Köpfe lassen, ob Sie dabei waren oder nicht. Das wird einen 14-jährigen Aufwand brauchen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich anerkenne das Argument schon, dass man sich in einer Regierungskoalition nicht so durchsetzen kann, wie wenn man in einer Alleinregierung wäre, und dass es da durchaus Ansätze und Motive für einen Wechsel geben kann – auch für eine inhaltliche Wende in der Politik.


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Wenn man einmal nicht polemisiert, dann ist das ja ein plausibler Zugang, deshalb gibt es ja verschiedene Mehrheiten in einem Land. (Präsident Dr. Fasslabend übernimmt den Vorsitz.)

Okay, die ÖVP hat diese in dieser neuen Regierung vollzogen – auf welch krummen oder geraden Wegen auch immer –, und das ist ein Schritt zur Normalität, ein Regierungswechsel ist ein Schritt zur Normalität. Dass wir zuerst eine Regierung einer Koalition der Mitte gehabt haben, ist normal, genauso wie man vielleicht eine Rechtsregierung als normal bezeichnen könnte. Alles normal. – Auch, dass eine solche Regierung eine rechte, konservative Wirtschafts- und Budgetpolitik betreibt, mag noch normal sein. Das ist alles normal.

Wenn das aber alles zur Normalität gehört und gehören darf, dann dürfen Sie sich nicht wundern, wenn auch die Reaktionen auf eine inhaltlich rechts ausgerichtete Budget- und Budgetsanierungspolitik entsprechend sind, nämlich genau dann, wenn Sie selbst – in Richtung ÖVP gesprochen – den Weg der sozialpartnerschaftlichen Vorverhandlungen, so wie er bis jetzt in Österreich üblich war, zum guten Teil verlassen haben.

Ich weiß gar nicht, ob ich diesem Punkt so besonders nachtrauern soll. Aber worauf es mir jetzt und heute noch ankommt, nach nicht einmal einem halben Jahr so genannten Reformdialogs, ist, dass es nicht zulässig ist, dass man sich dann hier herstellt – Klubobmann Khol ist ja leider nicht mehr da – und diejenigen, die diese Maßnahmen kritisieren, in ein dubioses Eck drängt, nur weil sie von ihrem Demonstrations- und Streikrecht Gebrauch machen. So weit kann der Bogen, der vom Reformdialog bis zum Jubel über das Nulldefizit hier verbreitet wird, nicht reichen. Das wirkt letztlich ausgrenzend. (Beifall bei den Grünen.)

Alles, was ich bisher geschildert habe, würde für mich noch unter Normalität in einem demokratischen Land fallen. Aber dass sich dann die Regierungsmehrheit mit parlamentarischen Vertretern im Parlament hinstellt und ein Klubobmann vom Schlage des Andreas Khol einfach behauptet, Abgeordnete seien am Betreten des Parlaments gehindert worden, nur um da irgendetwas in den Raum zu nebeln, damit er rechtzeitig den Medien wortgewaltig entgegentreten und sie entkräften kann, das geht zu weit.

Kollege Stummvoll, der Sie ja nun als Nächster dran sind! Sie haben das gestern leider auch gemacht. Ich habe zufällig die ATV-Sendung gesehen. Sie haben selbst am gestrigen Tag behauptet, Abgeordnete seien am Betreten des Parlaments und am Arbeiten gehindert worden. (Heftige Zwischenrufe und Gegenrufe bei der SPÖ und der ÖVP.) Belegen und beweisen Sie das, und stellen Sie nicht solch populistische Dinge in den Raum, um damit in Wirklichkeit die berechtigten Sorgen und Artikulationsmöglichkeiten von betroffenen Bürgerinnen und Bürgern und auch vom ÖGB derart in Misskredit zu bringen. Das ist das Bedenkliche an Ihrer Vorgangsweise. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Steibl hält ein Bild in die Höhe.)

Was ist denn daran so schlimm (anhaltende Zwischenrufe bei den Freiheitlichen), wenn der ÖGB eine Menschenkette um das Parlament außerhalb der "Bannmeile" anmeldet? Ich bin im Wesentlichen nur von der Polizei daran gehindert worden, das Büro zu wechseln, das bekanntlich in der Schenkenstraße liegt.

Entschuldigen Sie, Frau Kollegin! Möchten Sie sich vielleicht ein bisschen beruhigen? Nur weil Sie mir jetzt ein Plakat herhalten, ist das noch lange kein Grund dafür, dass ich dazu Stellung nehmen muss. Das Taferl als Zwischenruf ist noch nicht erfunden. Das können Sie mir jetzt nicht "umhängen". (Beifall bei den Grünen.)

Um das noch einmal aufzugreifen: Rechtzeitig zum Sommerloch ist medial sehr wirksam die Idee des Nulldefizits verkündet und verkauft worden. Bereits von diesem Zeitpunkt an ist die Opposition sozusagen herausgefordert worden: Was sagen Sie dazu? Reformdialog, Reformdialog, Reformdialog.

Herr Finanzminister! Wenn das das Ende des Reformdialogs ist, dass man Zahlen präsentiert, die relativ kurzfristig auf den Tisch kommen, mehr oder weniger Scheingespräche mit der Opposition führt und am Schluss, wenn sich dann die Betroffenen aufregen, denen den Ball zuspielt


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und sie zu Verunsicherern und Chaoten der Nation stempelt – was hat das bitte mit Reform, was hat das mit Dialog, was hat das überhaupt mit einer ehrlichen und aufrichtigen Vorgangsweise zu tun? (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Das würde zu der Normalität eines Regierungswechsels aber dazugehören. Diesen Weg haben Sie verlassen. Das scheint mir das Problem zu sein. Ansonsten wäre das ja alles nicht so tragisch und durchaus üblich in einer Demokratie. Herr Kollege Stummvoll! Das wäre es vielleicht noch wert, darauf einzugehen. Was bei dieser Regierung nicht zur Normalität gehört, das mussten wir im letzten halben beziehungsweise Dreivierteljahr hier im Hohen Haus leider ohnehin ausführlich erörtern.

Und das ist ja in Wirklichkeit das Problem: dass wir eine Regierung haben, die schon durch unterirdische Gänge zur Angelobung geschlichen ist, dass wir eine Regierung haben, über deren einen Teil sich die EU-Partner berechtigte Sorgen gemacht haben und erstmals – wenn auch auf unglückliche und unseres Erachtens unzulässige Weise – zu diesen Sanktionen gegriffen haben, und dass letztlich ein Ministerwechsel den anderen jagt, während der, der gehen sollte, immer noch auf der Regierungsbank sitzt. In jedem anderen vernünftigen und demokratischen Land in Europa würde ein Justizminister, der in einem derartigen Strudel drinnensteckt, schon zurückgetreten sein. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Das ist nicht mehr Normalität, und das versuchen Sie mit Ihrer Vorgangsweise und mit Ihrer an sich für die Malaise, in der diese Regierung steckt, immer noch sehr geglückten Verkaufspolitik – die muss man Ihnen wirklich zugestehen – auch ganz bewusst zu verschleiern. Zu diesem Zweck – und damit möchte ich vorläufig enden, damit uns am Schluss noch ein paar Minuten bleiben – wird in jenem Budget, das heute zu beschließen ist, beim Bundeskanzleramt ein Titel mit 50 Millionen Schilling für ressortübergreifende Regierungspropaganda – wie wir das mittlerweile meines Erachtens zu Recht bezeichnen – veranschlagt. Man kann geteilter Meinung sein, was das betrifft. Ich halte es für demokratisch bedenklich, denn für derartige Vorgangsweisen werden dann auch noch Steuergelder herangezogen, um mit jenen brain-washing zu betreiben, die angeblich ohnehin schon wissen, dass das Nulldefizit so gescheit und toll ist. Ich frage daher: Wozu dann das Ganze?

Ich halte das für bedenklich! Das wollte ich Ihnen noch einmal ins Stammbuch schreiben: Wenn Sie sich Ihrer Vorgangsweise schon so sicher sind, warum werden dann noch 50 Millionen Schilling zum Fenster hinausgeworfen? Erklären Sie uns das, Kollege Stummvoll! Sie sind am Wort! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

21.11

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Stummvoll. – Bitte.

21.11

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Herr Präsident! Herr Finanzminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Da wir heute eine Budgetdebatte und keine Fragestunde an einzelne Abgeordnete haben, möchte ich nur zwei Sätze zu meinem Vorredner sagen.

Herr Kollege Kogler! Für uns ist es halt kein Normalzustand in einer Demokratie, dass ungefähr 200 Polizisten dafür sorgen müssen, dass 183 Abgeordnete das Parlament betreten können. Das ist für uns als demokratische Parlamentarier kein Normalzustand! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Zwischenruf der Abg. Dr. Mertel. )

Zweitens: Es ist unbestritten, dass wir jetzt 30 Jahre mit sozialistischen Bundeskanzlern und sozialistischen Finanzministern hinter uns haben. Richtig ist auch, dass 14 Jahre von diesen 30 Jahren die ÖVP als kleinerer Partner in der Regierung war. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Dr. Mertel. ) Dafür gilt das, was Sie selbst wissen: Jener Partner, der etwas verändern will, braucht dazu immer den zweiten Partner und ist daher immer im Nachteil. Derjenige, der aber nichts verändern will, braucht den zweiten Partner nicht. Dann bleibt alles, wie es ist. Das war unser Problem! Jetzt haben wir einen Partner, der Reformen mitmacht, und daher ist dieses


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"Österreich neu regieren" eine Strategie für die Zukunft. Das ist ein anderer Partner, Herr Kollege Kogler! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Ich habe nur 5 Minuten Redezeit und muss noch einen Abänderungsantrag einbringen. Daher möchte ich nur Folgendes sagen: Es war dies für mich die zwanzigste Budgetdebatte, die ich in diesem Haus erlebt habe, und sie hatte für mich folgende vier Kennzeichen:

Erstes Kennzeichen: In dieser parlamentarischen Debatte hat sich herausgestellt, dass es im Grunde keine substantielle Alternative zu diesem Budget gibt. Meine Damen und Herren! Es gibt keine Alternative! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Hätten wir die Formel angewendet, die von der SPÖ nicht hier im Parlament, sondern in einem Pressegespräch eingebracht wurde, nämlich: "20 Prozent weniger und das Ganze drei Jahre später", dann wären es – wie wir schon einmal vorgerechnet haben – um 45 Milliarden Schilling mehr Schulden gewesen. Und die Formel "Konsum mal zwei" ist kein Konzept der Zukunftsgestaltung, meine Damen und Herren! Das war eher ein dunkles Kapitel unserer Wirtschaftsgeschichte! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Zweites Kennzeichen dieser Budgetdebatte: Es wurde erstmals, seit ich Budgetdebatten verfolge, der Versuch unternommen, die Sachdiskussion aus dem Parlament auf Demonstrationen auf die Straße zu verlegen. Es kam zum Auszug der SPÖ aus dem Budgethearing, gleichzeitig aber zur Organisation von Straßendemonstrationen. Das ist kein guter Zug, meine Damen und Herren! So sollten wir Budgetpolitik nicht betreiben! (Zwischenruf der Abg. Dr. Mertel.  – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Die Entscheidung wird immer hier im Parlament fallen und nicht auf der Straße, Frau Kollegin! Sie können noch so laute Zwischenrufe machen, Sie können damit Ihre inhaltliche Schwäche nicht verbergen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Drittes Kennzeichen: Wir haben wieder einmal erlebt, dass ständig erklärt wurde, wie es nicht geht. Meine Damen und Herren! Wenn man in der Regierung ist, dann kann man nicht erklären, wie es nicht geht, sondern dann muss man zeigen, wie es geht! Wie es geht, das zeigt diese Regierung! Das werden wir heute auch beschließen als wichtige Weichenstellung für die Zukunft.

Vierter Punkt: Es war wirklich überraschend, dass von diesem riesigen Sanierungspaket, das eine unglaubliche nationale Kraftanstrengung bedeutet, für welches alle großen Gruppen der Bevölkerung ihren Beitrag leisten müssen, ein Paket im Umfang von 5 Milliarden Schilling 90 Prozent des Wirbels ausgelöst hat, nämlich das Paket "soziale Treffsicherheit", das durchaus auch offensive Maßnahmen enthält. Mit der Behindertenmilliarde, in Form der Pendlerbeihilfe und der Heizkostenzuschüsse haben wir sehr wohl versucht, sozial fair zu sein. Es wird nicht mit der Gießkanne oder der Hängematte agiert, sondern jenen geholfen, die es wirklich brauchen. (Abg. Huber: Das ist nicht wahr!) Das ist qualitative Sozialpolitik! Das entspricht nicht Ihrer Ideologie, das weiß ich! Sie bevorzugen die soziale Hängematte und die Rasenmähermentalität! Das wollen wir nicht! Wir wollen jenen helfen, die Hilfe brauchen, Frau Kollegin! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Im Gegensatz zur Opposition haben die beiden Regierungsparteien in den Budgetberatungen des Parlaments sehr wohl noch konstruktive Änderungen eingebracht, und daher möchte ich jetzt einen Abänderungsantrag einbringen.

Herr Präsident! Ich bitte, diesen Antrag dann zu verteilen, und möchte im Sinne des § 53 Abs. 4 der Geschäftsordnung nur die Kernpunkte dieses Abänderungsantrages kurz vortragen.

Erstens: Neue Überschreitungsermächtigung zum flexiblen Vollzug von Vergütungen zwischen Bundesorganen gemäß § 49 Bundeshaushaltsgesetz.

Zweiter Kernpunkt: Anpassung einer bestehenden Überschreitungsermächtigung an das vom Nationalrat bereits beschlossene Bundesimmobiliengesetz.


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Dritter Schwerpunkt: Anpassung des Stellen- und Fahrzeugplanes an organisatorische Änderungen im Zusammenhang mit dem vom Nationalrat bereits beschlossenen Bundesimmobiliengesetz einerseits sowie betreffend Hauptpunzierungs- und Probieramt andererseits, welches statt, wie ursprünglich beabsichtigt, ab 1. Jänner 2001 erst ab 1. April 2001 aufgelöst wird.

Vierter Kernpunkt: Budgetäre Umsetzung der nachträglichen Abänderung der Regierungsvorlage betreffend Finanzausgleichsgesetz 2001.

Fünfter und letzter Kernpunkt: Durch die betragsmäßigen Änderungen ergeben sich auch Änderungen der Schlusssummen im Art. 1 des Bundesfinanzgesetzes 2001, die ebenfalls in den vorliegenden Abänderungsantrag aufgenommen wurden.

Meine Damen und Herren! Das war das Ergebnis jener budgetären Beratungen, welche die beiden Regierungsparteien durchgeführt haben. Wir haben nämlich sehr wohl gesagt, dass wir im Parlament das, was die Regierung uns vorlegt, noch selbst umgestalten wollen. Das bedeutet parlamentarische Verantwortung! Parlamentarische Verantwortung besteht hingegen nicht – so wie es die SPÖ gemacht hat – in einem Exodus aus dem Parlament und in Demonstrationen auf der Straße! (Zwischenruf des Abg. Edlinger. ) Herr Altfinanzminister! Das war kein guter Stil und kein guter Weg, sondern ein Rückschritt ins vorige Jahrhundert! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

21.17

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Der soeben in seinen Kernpunkten vorgetragene Abänderungsantrag wird verteilt.

Er ist ausreichend unterstützt, steht in sachlichem Zusammenhang und steht daher auch mit in Verhandlung beziehungsweise zur Abstimmung.

Der Abänderungsantrag hat folgenden Wortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Stummvoll, Mag. Trattner und Kollegen zur Regierungsvorlage betreffend das Bundesfinanzgesetz für das Jahr 2001 samt Anlagen (310 und Zu 310 der Beilagen) in der Fassung des Ausschussberichtes (370 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

1. Im Art. 1 lauten die Schlusssummen:

 

Allgemeiner

Haushalt

Ausgleichs-

Haushalt

Gesamt-

Haushalt

   

Millionen Schilling

 

Ausgaben

809 077,607

506 567,95


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51. Sitzung / Seite 151

2

1 315 645,559

Einnahmen

776 310,845

539 334,714

1 315 645,559

Abgang

32 766,762

-

-

Überschuss

-

32 766,762

-

 

2. Im Art. VI Abs. 1 wird nach der Z 3 folgende neue Z 4 eingefügt:

‚4. bei den Voranschlagsansätzen des Ermessens der Unterteilung 8 der Kapitel 01 bis 70 für Vergütungen gemäß § 49 des Bundeshaushaltsgesetzes, wenn die Bedeckung durch Mehreinnahmen sichergestellt werden kann,’

3. Die bisherige Z 12 in Art. VI Abs. 1 erhält die Bezeichnung ‚5.’, wird nach der neuen Z 4 eingefügt und lautet:

‚5. bei den Voranschlagsansätzen des Ermessens der Unterteilung 8 der Kapitel 01 bis 70 oder beim Voranschlagsansatz 1/54848 für Mietzinszahlungen für das Jahr 2001 und sonstige im Zusammenhang mit der Verwaltung der Liegenschaften stehende Zahlungen an die Bundesimmobiliengesellschaft mbH auf Grund des Bundesimmobiliengesetzes, BGBl. I Nr. XXXX/2000, bis zu einem Betrag von insgesamt 5 200 Millionen Schilling, wenn die Bedeckung durch Ausgabeneinsparungen und/oder Mehreinnahmen bei den Titeln 645, 646 und/oder 647 sichergestellt werden kann,"

4. Im Art. VI Abs. 1 erhalten die bisherigen Z 4 bis 11 die Bezeichnung ‚6. bis 13.’ und die bisherigen Z 13 bis 19 die Bezeichnung ‚14. bis 20.’.

5. Der Stellenplan für das Jahr 2001 (Anlage II zum Bundesfinanzgesetz für das Jahr 2001) wird wie folgt geändert:

a) Teil II.A erhält in den Planstellenbereichen ‚5000 Zentralleitung’, ‚5040 Finanzlandesdirektionen’, ‚5072 Hauptpunzierungs- und Probieramt’ sowie im neu bezeichneten Planstellenbereich ‚6450 Burghauptmannschaft Österreich’ jeweils die aus der Anlage A ersichtliche Fassung.

b) Im Annex/Teil 1wird der Planstellenbereich ‚6404 Amt der Bundesimmobilien’ eingefügt und erhält die aus der Anlage A ersichtliche Fassung.

6. Der Fahrzeugplan für das Jahr 2001 (Anlage II zum Bundesfinanzgesetz für das Jahr 2001) wird im Abschnitt II.1 wie folgt geändert:

a) der Verwaltungsbereich ‚5040 Dienststellen’ erhält die aus der Anlage B ersichtliche Fassung

b) der Verwaltungsbereich ‚5072 Hauptpunzierungs- und Probieramt’ wird neu eingefügt und erhält die aus der Anlage B ersichtliche Fassung

c) der Verwaltungsbereich 6450 lautet ‚Burghauptmannschaft Österreich’ und erhält die aus der Anlage B ersichtliche Fassung

d) der Verwaltungsbereich ‚6453 Dienststellen der Bundesgebäudeverwaltung’ (betr. ähnl. Einr.)’ entfällt

e) die Zusammenfassung der Kraftfahrzeuge nach Gruppen und Kapitel erhält die aus der Anlage B ersichtliche Fassung.

7. In der Anlage 1 der im Titel bezeichneten Regierungsvorlage sind die nachfolgenden Voranschlagsansätze wie folgt neu einzufügen beziehungsweise zu ändern:

     

Abzuändern

VA-

Aufgaben-

Bezeichnung

Von

Um

Auf

Ansatz

Bereich

 

Millionen Schilling

1+2/50

 

Finanzverwaltung:

     


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1/5072
 

Hauptpunzierungs- und Probieramt:

     

1/50720

43

Personalausgaben

-

+6,400

6,400

1/50723

43

Anlagen

-

+0,028

0,028

1/50727

 

Aufwendungen (Gesetzl. Verpflichtungen)

-

+0,200

0,200

 

22

 

-

+0,140

0,140

 

43

 

-

+0,060

0,060

1/50728

43

Aufwendungen

-

+0,854

0,854

2/5072

 

Hauptpunzierungs- und Probieramt:

     

2/50724

43

Erfolgswirksame Einnahmen

-

+3,454

3,454

2/50727

43

Bestandswirksame Einnahmen

-

+0,028

0,028

1/51

 

Kassenverwaltung:

     

1/51818

43

Pauschalvorsorge für Sachausgaben; Aufwendungen

2.604,096

-4,000

2.600,096

1/53

 

Finanzausgleich:

     

1/53017

43

Finanzkraftstärkung der Gemeinden

1.134,707

+30,000

1.164,707

1/53027

43

Bedarfszuweisung an Länder

12.229,270

-2.629,270

9.600,000

1/53057

43

Bedarfszuweisung an Gemeinden

185,070

+30,000

215,070

2/52

 

Öffentliche Abgaben:

     

2/52804

 

Ertragsanteile der Länder und Gemeinden

175802,000

+2.569,270

178371,270

 

43

 

175744,400

+2.569,270

178313,670

1+2/55

 

Pensionen:

     

1/55907

22

Entschädigung für Kriegsgefangenschaft

-

+10,000

10,000

2/55904

22

Entschädigung für Kriegsgefangenschaft

-

+10,000

10,000

 

Die durch die Änderung bedingten Betragsänderungen sind auch in den in der Anlage I sowie Ia, Ib und Ic enthaltenen Summenbeträgen entsprechend zu berücksichtigen.

*****

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Edlinger. – Bitte.

21.17

Abgeordneter Rudolf Edlinger (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe mich gefragt, worüber Herr Mag. Trattner und Herr Stummvoll, würde es mich in diesem Hause nicht mehr geben, geredet hätten! (Heiterkeit bei der SPÖ.) Ich frage mich das schon die ganze Zeit während der Budgetdebatte, und sehr häufig ist mir ein Text eines Wiener Liederkomponisten in den Sinn gekommen: "Der Hofer war’s vom Zehnerhaus"! (Abg. Böhacker: Vom Zwanz’gerhaus! – Abg. Schwarzenberger: Nein! Der Edlinger war’s!) Sie finden für all das, was Sie in irgendeiner Befindlichkeit stört, diese Schuldzuweisung! Ich werte das eigentlich als durchaus positiv, denn in der Tat passen dieses Budget und die Reden, die ich dazu gehört habe, schlicht und ergreifend nicht zusammen! Das wissen auch die Menschen, und das hat sich heute gezeigt: Man kann nämlich nicht auf einen Knopf drücken, Tausende Menschen bringen ihren Protest durchaus sichtbar zum Ausdruck!

Sehr geehrter Herr Dr. Stummvoll! Ich kann leider auf Ihr zusammenfassendes Resümee zu unserem Abänderungsantrag nicht so antworten, wie ich gerne möchte, denn ich habe schon für eine sehr knappe Replik dazu einen Ordnungsruf bekommen. "Zwei Jahre später und 20 Prozent weniger" kann allerdings nur jemand sagen, der entweder unseren Antrag nicht gelesen hat oder ihn nicht versteht. Da ich Ihnen Zweiteres nicht unterstelle, kann ich nur annehmen, dass Sie ihn nicht gelesen haben. Es gibt aber auch noch eine dritte Möglichkeit, nämlich dass Sie in einer für Sie eigentlich sonst überhaupt nicht üblichen Bösartigkeit hier wider besseres Wissen argumentieren. Darauf möchte ich jetzt aber nicht im Detail eingehen. (Beifall bei der SPÖ.)


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Ich möchte nur in aller Kürze noch zu einigen wenigen Punkten Stellung nehmen, weil wir in den vergangenen 14 Tagen ohnehin sehr ausreichend darüber diskutiert haben. Es wird Sie nicht überraschen, wenn ich jetzt sage: Ich halte den Budgetkurs für falsch, weil er von unten nach oben umverteilt. Der Budgetkurs ist überwiegend einnahmenseitig, auch wenn Sie mit ganzseitigen Inseraten das Gegenteil darzulegen versuchen.

Herr Bundesminister! Wir haben laut Wifo die höchste Steuerquote. Auch die Europäische Union sagt, dass die Steuerquote von 1999 auf 2000 abgesunken ist. Das waren die Maßnahmen der Steuerreform! Jetzt haben Sie wieder fast dieselbe wie 1999, was beweist, dass Sie jene verteilungspolitischen Notwendigkeiten, die wir mit der Steuerreform gesetzt haben, innerhalb eines Jahres egalisiert haben. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Stummvoll: 2002 sinkt die Steuerquote aber wieder!)

Sie haben daher die sozial Schwachen in ganz massiver Weise durch Ihre Budgetpolitik getroffen! – Sehr geehrter Herr Bundesminister! Ich habe mit sehr großem Interesse Ihren Artikel "Finanzminister Grasser verkündet Belastungsstopp" am Sonntag im "Kurier" gelesen. Da ist mir gleich der Schreck in die Glieder gefahren, denn als ich das im Juni das letzte Mal von Ihnen gelesen habe, hat es drei Monate später das dritte Belastungspaket von Ihnen geben! Diese Ankündigung ist also fast eine Drohung!

Wenn Sie dann sagen, dass es Steuererleichterungen ab dem Jahr 2003 geben wird, dann klingt das zunächst einmal positiv. Wenn man aber nachliest, was genau Sie im Jahr 2003 tun werden, dann stellt man fest, dass Sie zwei Punkte als ganz wesentlich betrachten, nämlich erstens die Absenkung der Körperschaftsteuer, die in erster Linie große Unternehmen und Finanzinstitute zahlen, und zweitens die Reduzierung des Spitzensteuersatzes, welche wiederum jenen Österreicherinnen und Österreichern zugute kommt, die eine dreiviertel Million Schilling und mehr verdienen.

Sehr geehrter Herr Finanzminister! Sie kündigen damit das nächste Umverteilungsprogramm an. Das müssen wir den Menschen in diesem Lande in aller Deutlichkeit sagen! Und wenn Sie meinen, dass Sie ausgabenseitig konsolidieren, dann bin ich interessiert daran, wie Sie diesmal reden werden!

Normalerweise sagen Sie, dass das Wifo ein wunderbares Institut ist. Nun hat das Wifo gesagt, dass wir jetzt die höchste Steuerquote haben. – Jetzt sind die Aussagen des Wifo nicht mehr relevant! Die EU habe Ihnen bessere Zahlen geliefert. Dann hat aber die EU gesagt, dass Grasser das Nulldefizit nicht erreichen werde. – Plötzlich hat die EU einen Rechenfehler gemacht! In der Folge war die OECD plötzlich das Nonplusultra. Vor wenigen Tagen hat nun die OECD in ihrem Österreich-Bericht gesagt, dass sich in Ihrem Budgetprogramm zwischen 2000 und 2002 zu mehr als zwei Dritteln einnahmenseitige Maßnahmen finden. – Jetzt ist die OECD wahrscheinlich auch schlecht! Vielleicht haben Ihnen Ihre Freunde in den Vereinigten Staaten etwas anderes gesagt!

Ich halte daher fest: Dieses Budget ist ein Budget der sozialen Umverteilung in dem Sinne, dass die Kleinen zur Kassa gebeten werden und sich die Großen freuen! – Ich möchte Ihnen das anhand eines ganz einfachen Beispiels erklären, und damit höre ich dann auch schon auf.

Das sind nicht meine Worten, wenn Sie aber die Homepage der Wirtschaftskammer Oberösterreich lesen, dann können Sie feststellen, wie sich die Unternehmer Oberösterreichs – und ich nehme an, auch Sie – freuen. Ich zitiere:

"Sozialausgaben reduziert, Sozialmissbrauch abgebaut: Sozialmissbrauch durch Arbeitslose und Pfuscher eingedämmt: Wartezeit auf das Arbeitslosengeld verlängert; Besserstellung der Wirtschaftstreibenden durch die Pensionsreform; mittätige Unternehmerinnengatten bleiben arbeitslosenversichert; Abwehr der Abfertigung bei Selbstkündigung des Arbeitnehmers; Reduktion der Postensuchtage; Verschärfung der Zumutbarkeitsbestimmungen für Arbeitslose; Verkürzung der Wochenendruhe bei Lehrlingen; Lehrlingsbeschäftigung am Wochenende ermöglicht; Erhöhung des Wochengeldes für Unternehmerinnen; jährlich 100 Millionen Schilling weniger


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Sozialabgaben für Arbeitgeber; Arbeitslosengeld auch für Selbständige; Krankenkostenentlastung auch für Unternehmerfamilien; höhere Beiträge zur gewerblichen Sozialversicherung verhindert; Steuern, Abgaben und Kosten für Unternehmer gesenkt!"

Gar nichts anderes sage ich: Sie machen eine Politik für die da oben gegen die Masse derer da unten, und das werden wir den Menschen in aller Deutlichkeit sagen! (Beifall bei der SPÖ.)

21.24

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Böhacker. – Bitte.

21.25

Abgeordneter Hermann Böhacker (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Kollege Edlinger! Ich war eigentlich der Meinung, dass Sie sich hier heute entschuldigen werden! (Abg. Edlinger: Wofür denn?) Sie haben in der gestrigen Nationalratssitzung ein Mitglied dieses Hohen Hauses als Drogenhändler bezeichnet, nämlich Herrn Kollegen Dr. Pumberger, und haben dafür auch einen Ordnungsruf bekommen. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Edlinger. )

Herr Kollege Edlinger! Wenn Sie nur ein wenig Anstand haben und Manns genug sind, dann entschuldigen Sie sich bei Kollegen Dr. Pumberger, denn gerade er als Arzt ist darauf angewiesen, einen untadeligen Ruf zu haben. Das ist eine unerhörte Vorgangsweise und eine Entgleisung, Herr Bundesminister für Finanzen außer Dienst! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ. )

Nun zum Budget: Die Kollegen von der SPÖ haben plötzlich gesagt, dass sie eigentlich mit dem Ziel des Konsolidierungspfads einverstanden sind, dass nur alles viel zu schnell gehe. (Abg. Kiermaier: Das stimmt!)  – Herr Kollege Kiermaier! Das ist hochinteressant! Sie haben anscheinend ein Kurzzeitgedächtnis! Ich darf Sie daran erinnern, was Ihr Budgetsprecher, Abgeordneter Dr. Kurt Heindl, zum Budget 2000 gesagt hat, und zwar am 18. Mai 2000:

"Daher darf ich Ihnen sagen, was ein unverdächtiger Kritiker oder Beobachter, der berufsmäßig dazu verpflichtet ist, meint. Was sagt Nationalbankgouverneur Klaus Liebscher zu diesem Budget? Ich zitiere: ‚Die Pläne zur Budgetkonsolidierung sind wenig ambitioniert. Und sie sind letztlich auch nicht konform mit dem europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakt.’ Genau das kritisiert auch der ECOFIN-Rat. Daher sage ich Ihnen: Aus all diesen Gründen lehnt die Sozialdemokratische Partei das Budget 2000 ab." – Zitatende.

Sie haben es angeblich abgelehnt, weil zu wenig geschieht. Jetzt aber sagt Kollege Edlinger, dass das Budget abgelehnt werden muss, weil es zu schnell geht. – Da frage ich Sie, meine Damen und Herren von den Sozialdemokraten: Was wollen Sie denn wirklich? Wollen Sie den seriösen Budgetkonsolidierungskurs des Dr. Heindl gehen oder den Schuldenpolitikkurs des Scharfmachers Rudolf Edlinger? Diesbezüglich müssen Sie sich einmal entscheiden, wenn Sie glaubhaft sein wollen in der Budgetpolitik!

Da Sie immer meinen, dass die Budgetpolitik dieser Bundesregierung nicht ankommt, rate ich Ihnen: Lesen Sie auch andere Zeitungen, nicht nur diejenigen, die Ihnen genehm erscheinen! Der Sparkurs kommt nämlich gut an! (Abg. Edlinger: Die Burgenländer haben es Ihnen eh gezeigt!) Ich verstehe überhaupt nicht, warum sich das linke Reichsdrittel darüber alteriert (Abg. Edlinger: Wir sind in keinem Reich!), dass es mit Ende Oktober um 21 161 mehr Beschäftigte in Österreich gab. Mit über 3,153 Millionen Erwerbstätigen haben wir eine Rekordzahl. Daher verstehe ich Ihre Kritik überhaupt nicht! Warum alterieren Sie sich darüber, dass diese neue Regierung Rahmenbedingungen geschaffen hat, damit es ein Wirtschaftswachstum von 3,5 Prozent – das höchste seit den achtziger Jahren! – gibt?

Ich verstehe überhaupt nicht, dass Sie nicht daran interessiert sind, dass die Zahl der Jobsuchenden auf 171 000 und die Arbeitslosenrate um 11,7 Prozent zurückgegangen ist! Sie kritisieren, dass es in Österreich zu einem massiven Exportboom gekommen ist. All das kritisieren Sie! Das hat nicht die Regierung allein gemacht, aber sie hat die Rahmenbedingungen dafür geschaffen! Sie hat der Wirtschaft wieder das Vertrauen gegeben, zu investieren. All das


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kritisieren Sie als nicht positiv. Meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie! Da sind Sie auf einem falschen Weg! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Sie sprechen immer wieder – die Zeit ist leider zu kurz – von "denen da oben". – Wer sind denn "die da oben"? (Abg. Schwarzenberger: Der Edlinger! Der Gusenbauer!) Wen meinen Sie mit diesem Terminus "die da oben", die Bonzen oder wen? Sie kritisieren, dass etwa bei den Stiftungen die Steuern nicht entsprechend eingehoben werden. Wer hat denn das Stiftungsrecht eingeführt? – Die sozialdemokratischen Finanzminister waren es! (Abg. Mag. Firlinger: Lacina war’s!) Und welche Besteuerung haben sie vorgesehen? – Einen Eingangssteuersatz von 2,5 Prozent, sonst alles steuerfrei.

Wir, diese neue Regierung, spart dort und holt sich die Steuern dort, wo die Leute es sich leisten können. Der Eingangssteuersatz wird von 2,5 Prozent auf 5 Prozent, also um 100 Prozent, erhöht, und es wird eine Zwischenbesteuerung für Zinsen und eine Besteuerung für Beteiligungsveräußerungen von 12,5 Prozent eingeführt. – All das ist jedoch für Sie nichts! Sie haben die Steuerbefreiung bei Stiftungen eingeführt. Wir korrigieren das. Wir nehmen das auf das erforderliche Maß zurück. Eine solche Politik hätten Sie schon längst machen können, anstatt jetzt hier zu sagen, dass wir uns die Steuern angeblich bei den "kleinen" Leuten holen!

Wenn Sie immer wieder die Privatisierung der Telekom-Aktie kritisieren, dann empfehle ich Ihnen, den "Kurier" vom 6. Dezember zu lesen und sich die Performance der anderen Telekom-Aktien anzusehen! Da ist die Privatisierung der Telekom Austria noch ein Musterbeispiel einer guten Privatisierung! Sie vergessen in diesem Zusammenhang immer wieder, dass Sie es waren, die die Post und Telekom ausgeräumt haben! Sie haben diese Firma ausgezogen, und sie stand dann wie ein nacktes Kind da! Sie haben der Telekom 110 Milliarden Schilling Schulden mit auf die Reise gegeben! Das war Ihre Verschwendungspolitik!

Meine Damen und Herren! Ich komme zum Schluss. Ich möchte mich bei Ihnen, sehr geehrter Herr Finanzminister, aber auch bei Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in Ihrem Haus für die geleistete Arbeit sehr herzlich bedanken! Es war sicherlich nicht leicht, dieses große Werk im Bereich der Legislative zu schaffen, daher gilt mein Dank den entsprechenden Damen und Herren Mitarbeitern!

Ich kann abschließend nur sagen: Mit diesem Budget sind wir auf einem Konsolidierungspfad, der in die richtige Richtung geht. Es ist dies ein Pfad des Erfolges für die Jugend und für die Zukunft Österreichs! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

21.31


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51. Sitzung / Seite 156

Präsident Dr. Werner Fasslabend:
Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Edlinger zu Wort gemeldet. – Bitte.

21.31

Abgeordneter Rudolf Edlinger (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Abgeordneter Böhacker hat mich aufgefordert, mich bei Herrn Dr. Pumberger für eine Äußerung zu entschuldigen, die protokolliert ist. (Abg. Dr. Pumberger: Endlich ist es so weit!) Ich habe diese Äußerung allerdings nicht getroffen!

Ich führe zwar nicht zu diesem konkreten Fall, aber zum gleichen Anlass zur Untermauerung meiner Glaubwürdigkeit Frau Dr. Partik-Pablé an, der gestern etwas Ähnliches passiert ist: Sie hat einen Ordnungsruf für einen Ausdruck bekommen, den sie angeblich zu Frau Dr. Mertel gesagt habe, eigentlich aber Herrn Dr. Grünewald damit gemeint habe. (Zwischenruf der Abg. Dr. Partik-Pablé. )

Ich persönlich habe in keinem Zwischenruf Sie, sehr geehrter Herr Dr. Pumberger, als "Drogenhändler" bezeichnet! Das war ein anderer, und es ist nicht meine Aufgabe, diesen zu nennen. (Abg. Böhacker: Das ist unglaublich!) Ich stelle nur fest, dass ich das nicht war! Wäre ich es tatsächlich gewesen, dann würde ich mich selbstverständlich dafür entschuldigen! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

21.33

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zu einer persönlichen Erwiderung hat sich Herr Abgeordneter Pumberger zu Wort gemeldet. – Bitte.

21.33

Abgeordneter Dr. Alois Pumberger (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Abgeordneter Edlinger hat behauptet, dass nicht er mich in einem Zwischenruf als "Drogenhändler" bezeichnet hat, sondern jemand anderer.

Ich stelle tatsächlich fest, weil ich persönlich angesprochen war, dass er für den Zwischenruf, dass ich ein Drogenhändler sei, einen Ordnungsruf bekommen hat. (Abg. Dr. Mertel: Das können wir nachweisen!) Wenn er nun behauptet, dass er das nicht war, dann unterstellt er den Stenographen eine Fälschung des Protokolls! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

21.34

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Hagenhofer. – Bitte.

21.34

Abgeordnete Marianne Hagenhofer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Finanzminister! (Heftige Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten der SPÖ und der Freiheitlichen.)

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Meine Damen und Herren! Es ist sicherlich interessant, diese Debatte weiterzuführen. Jetzt ist allerdings Frau Abgeordnete Hagenhofer am Wort! – Bitte, Frau Abgeordnete.

Abgeordnete Marianne Hagenhofer (fortsetzend): Danke, Herr Präsident! – Vielleicht ist es möglich, diese Debatten später zu führen und jetzt die Budgetdebatte fortzusetzen!

Herr Kollege Stummvoll! Sie haben gemeint, die Sozialdemokratie betreibe eine Budgetpolitik, die einen Rückschritt ins vorige Jahrhundert darstellt. – Ich frage Sie jetzt: Wie war es denn im vorigen Jahrhundert? – Im vorigen Jahrhundert waren Schulbesuch und Studium Luxus und war eine ordentliche medizinische Versorgung Luxus und jenen vorbehalten, die es sich leisten konnten. (Zwischenruf des Abg. Dr. Stummvoll. )

Was geschieht jetzt? – Durch Ihre Politik kommt es genau zu diesem Paradigmenwechsel hin zu Studiengebühren, Ambulanzgebühren, Rezeptgebührenerhöhung, Zuzahlung im Krankenhaus, zu Besteuerung von Unfallrenten et cetera, und Sie stellen auch das Geld für Weiterbildungskarenz nach der Babypause ein. Meine Damen und Herren! Das könnte auch ein Rückschritt ins vorige Jahrhundert sein! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Schwarzenberger: Wir sind jetzt schon im 21. Jahrhundert! Im vorigen Jahrhundert hatten wir 30 Jahre lang sozialistische Finanzminister!)

Herr Kollege Schwarzenberger! Ihre Regierung steht nicht für eine soziale, sondern für eine mehr als liberale Marktwirtschaft, in der Wettbewerb und Konkurrenz das oberste Dogma sind, in der sich nur die Stärkeren durchsetzen können und die Schwächeren immer wieder draufzahlen und keiner fragt, wie es den Schwächeren in Zukunft gehen wird!

Ihre Forderungen nach mehr sozialer Gerechtigkeit für die wirklich Bedürftigen – so formulieren Sie das auch immer – bedeuten in Wirklichkeit eine Abkehr vom Wohlfahrtsstaat und vom Sozialstaat und dienen zum Aufbau der Schuldenhysterie! (Zwischenruf des Abg. Dr. Puttinger. ) Immer wieder reden Sie von 30 Jahren Schuldenpolitik und sagen, dass Österreich ein Sanierungsfall und überhaupt das Letzte vom Letzten sei! (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Heute haben Sie diese Formulierungen sehr oft auch anders dargestellt, so hat etwa Kollege Großruck sogar gesagt, dass niemand behauptet, Österreich stehe vor dem Abgrund. Was stimmt jetzt also wirklich? Und diese Hysterie nutzen Sie dann dazu, den Menschen zu suggerieren, dass gespart werden muss, dass all das notwendig ist, und zwar vor allem auf diese Art und Weise! (Abg. Dr. Puttinger: Haben Sie in Ihrer Jugend nie sparen müssen?)


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Meine Damen und Herren! Bei Wirtschaftswachstum ohne öffentliche Investitionen und ohne aktive Konjunktur- und Wachstumspolitik, durch welche ja die Rahmenbedingungen geschaffen werden, wären wir nicht vom europäischen Hinterland zur Avantgarde der Industrieländer aufgestiegen! Das werden Sie sicherlich nicht abstreiten! Aber wo Informationen fehlen, entstehen natürlich sehr leicht Gerüchte. (Abg. Dr. Puttinger: Haben Sie nie gespart?)

Ich nenne zwei Zahlen: 1999 lag die Verschuldung der Unternehmungen und der Selbständigen bei 1 603 Milliarden Schilling. Davon sprechen Sie nicht! (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Die Finanzschuld des Bundes lag bei 1 700 Milliarden. Meine Damen und Herren! Ich sage Ihnen: Würden Sie die Schulden der Unternehmen und Selbständigen binnen zwei Jahren auf null stellen, dann würde Ihnen jeder sagen, dass das ökonomisch unsinnig und auch nicht notwendig ist, weil jedes Unternehmen langfristige Investitionen auch kreditieren müssen wird und auch kreditieren wird, weil das sinnvoll ist. (Zwischenruf des Abg. Dr. Puttinger.  – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)  – Meine Herren! Sie reden nur von Monetärem, wir reden auch von der Volkswirtschaft im Sinne von Miteinbeziehen der Menschen, leben und leben lassen, denn nicht nur Geld regiert die Welt, wie es Ihr Thema ist! (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Dr. Puttinger. )

Lieber Herr Kollege Puttinger! Ihre Schaffung einer Schuldenhysterie ist politischer Gag und der Versuch, den Menschen etwas vorzugaukeln, damit Sie die Abkehr vom Wohlfahrtsstaat durchbringen können! Nicht anders ist es zu erklären, dass die Arbeitnehmer und Pensionisten 48 Milliarden Schilling bezahlen müssen und die Unternehmen im Jahre 2003 2 Milliarden Schilling wieder retour bekommen! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

21.39

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Mühlbachler. (Abg. Auer  – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Mag. Mühlbachler –: Josef! Erzähl ihnen einmal etwas!)

21.39

Abgeordneter Dkfm. Mag. Josef Mühlbachler (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Finanzminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Kollegin Hagenhofer! Ich darf Sie jetzt auf einen ganz gravierenden Irrtum in Ihrer Betrachtungsweise hinweisen: Sie haben gemeint, dass auch die Betriebe ihre Schulden nicht innerhalb von zwei Jahren abbauen würden. (Zwischenruf der Abg. Hagenhofer. )

Davon ist ja auch nicht die Rede! Es ist ja nicht die Rede davon, dass die Schulden des Staates innerhalb von zwei Jahren abgebaut werden, sondern es ist davon die Rede, dass die Defizite innerhalb von zwei Jahren abgebaut werden (Beifall bei der ÖVP), was dem entsprechen würde, dass man einen Betrieb innerhalb von zwei Jahren aus der Verlustzone zumindest in die Break-even-Point-Zone beziehungsweise in die Gewinnzone hineinbringt! (Zwischenrufe der Abgeordneten Edler, Hagenhofer und Mag. Gaßner. )

Schulden sind also nicht mit einjährigem oder zweijährigem Verlust gleichzusetzen, sondern Schulden haben sich im Laufe von 30 Jahren angesammelt! Die Verluste sind wesentlich geringer, wie auch Sie wissen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Edlinger: 50 Jahren!) Oder 15 Jahre, Herr Finanzminister außer Dienst Edlinger. (Abg. Edlinger: 1946 sind die ersten Schulden gemacht worden! – Abg. Dr. Mertel: Die ÖVP-Alleinregierung ...!)

Da möchte ich auch gleich eine Antwort auf Ihre Frage geben. Sie haben gefragt, Herr Finanzminister außer Dienst Edlinger (Abg. Edlinger: Das ist nett, dass Sie sagen "außer Dienst" und nicht immer "Altfinanzminister", denn das ist so furchtbar!) – Höflichkeit ist meine Linie, daher drücke ich es eben anders aus (Beifall bei der ÖVP)  –, was denn Herr Dr. Stummvoll und Herr Mag. Trattner reden würden, wenn Sie nicht mehr im Parlament wären. – Ganz einfach (Abg. Edlinger: Sie wären sprachlos!): Sie würden über 30-jährige sozialistische Finanzpolitik reden! (Abg. Edlinger: Das glaube ich nicht! – Abg. Mag. Gaßner: Und wo ist da der Schmäh? – Abg. Edlinger: ... zum drittreichsten Land in Europa! Das ist eine Bilanz!)


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51. Sitzung / Seite 158

Ob mit Edlinger oder ohne Edlinger: Es bleibt eine 30-jährige sozialistische Finanzpolitik, und diese 30-jährige Finanzpolitik hatte natürlich auch so ihre Schwachstellen – ihre ganz besonderen Schwachstellen. Ich sage nicht, Herr Finanzminister außer Dienst Edlinger, dass Sie im Konzert der Finanzminister Spitzenreiter bei der Budgetverschuldungspolitik gewesen wären (Ruf bei der ÖVP: Das war der Staribacher! – Abg. Edlinger: Spitzenreiter war der Schüssel! 900 Milliarden Schulden hat der beschlossen! Stellen Sie sich das vor! 900 Milliarden! Ein Hammer ist das!) Da haben Sie schon Vorgänger gehabt (Abg. Dr. Kostelka: Wo ist der Minister? Wo ist die Vertretung auf der Regierungsbank?), die wesentlich schwer wiegender in die Staatskasse hineingegriffen haben! (Abg. Dr. Mertel: Wo ist der Minister?)

Ich möchte Folgendes sagen: Als wir im Jahre 1986 in die Regierung eingetreten sind (Abg. Dr. Kostelka: Ich ..., die Sitzung zu unterbrechen, Herr Präsident!), hat es in diesem ersten Jahr noch ein Budgetdefizit (Abg. Dr. Kostelka: Wo ist der Minister?) von mehr als 100 Milliarden Schilling gegeben. (Abg. Dr. Kostelka: Wo ist der Minister?) Erst durch das Einwirken der ÖVP (Abg. Dr. Kostelka: Im Ernst: Wo ist der Minister, Herr Präsident? Er kommt seinen Verpflichtungen nicht nach!) ist das Defizit im ersten Jahr bereits auf 60 Milliarden Schilling abgesenkt worden. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Kostelka: Herr Präsident, ich sehe nicht, dass Sie handeln!) Da hat es sich gezeigt, wie sehr die Österreichische Volkspartei erforderlich war, um diesen Reformkurs einzuleiten! (Abg. Dr. Kostelka begibt sich zu Präsident Dr. Fasslabend.)

Allerdings war es die Sozialistische Partei, die diesen Reformen immer wieder entgegengestanden ist (Abg. Edler: Mühlbachler, rede nicht so!) und die sich dagegen gesträubt hat, tief greifende Reformen herbeizuführen. Das, meine sehr geehrten Damen und Herren, haben wir jetzt nachzutragen.

Ganz kurz noch etwas: Es wird der Vorwurf erhoben (Abg. Dr. Mertel: Wo ist der Minister?), dass die Budgetsanierung in erster Linie einnahmenseitig betrieben würde. (Abg. Dr. Mertel: Wo ist der Minister? – Abg. Edlinger: Das sagt die OECD!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren von den Sozialdemokraten! (Abg. Dr. Kostelka: Herr Präsident! Ich mache Sie darauf aufmerksam: Der Herr Minister versucht eine neue Generation von Handys!)


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51. Sitzung / Seite 159

Präsident Dr. Werner Fasslabend:
Am Wort ist Herr Abgeordneter Mühlbachler!

Abgeordneter Dkfm. Mag. Josef Mühlbachler (fortsetzend): Herr Dr. Kostelka! Sie stören meine Rede durch immer währendes Zwischenrufen, aber nicht zu meiner Rede, sondern zu einem anderen Sachverhalt!

Sie haben also gemeint, dass in erster Linie einnahmenseitig saniert wird. Ich habe aber bei all Ihren Debattenbeiträgen Ihre Vorschläge, wo man denn ausgabenseitig einsparen könnte, vermisst. (Abg. Edlinger: Keine Geschenke!) Sie haben sich von Kapitel zu Kapitel darin ereifert, die Ausgaben zu erhöhen. Ich habe nie gehört, dass Sie irgendwo ausgabenseitig einsparen möchten. Daher muss auch dieser Vorwurf, dass nur einnahmenseitig (Abg. Dr. Hannes Bauer: ... ausgabenseitig gespart worden! Zwei Drittel!) saniert wird, ganz sicher ins Leere gehen!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube (Abg. Dr. Hannes Bauer: Ich bin erschüttert, wirklich! – Abg. Auer: Herr Bauer, denken Sie an Niederösterreich!), Ihre Vorwürfe zu diesem Budget sind, auch wenn sie noch so oft wiederholt werden, einfach nicht aufrechtzuerhalten! (Beifall bei der ÖVP. – Ruf bei der SPÖ: O ja!)

Ich sage Ihnen auch: Die Bevölkerung erkennt deutlicher als Sie (Abg. Edlinger: Ausgabenseitig ein Drittel, einnahmenseitig zwei Drittel, sagt die OECD! Das ist genau das, was Sie kritisiert haben!), dass das Ziel, unsere Staatsausgaben und Staatseinnahmen wieder einmal in einem geordneten Haushalt darstellen zu können, lohnend ist, und daher nimmt sie auch die Mühen auf sich! (Beifall bei der ÖVP.)

21.45

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kiermaier.

Bevor ich ihm das Wort erteile, möchte ich noch darauf hinweisen, dass sich der Herr Bundesminister entschuldigt und mitgeteilt hat, dass er für einige Momente den Saal verlassen werde. (Abg. Dr. Kostelka: Telefonieren ist er gegangen!) Ich ersuche, Herr Abgeordneter Kostelka (Abg. Dr. Kostelka: Dafür habe ich kein Verständnis, Herr Präsident! – Abg. Schwarzenberger: Das ist Sache des Redners!), eine derartige Auskunft des den Vorsitz führenden Präsidenten zur Kenntnis zu nehmen und nicht auf diese Art und Weise hier zu polemisieren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Kiermaier. (Abg. Dr. Kostelka: ... und Sie haben es übernommen, dafür zu sorgen!)

21.46

Abgeordneter Günter Kiermaier (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gestatten Sie mir einige Anmerkungen zu diesem Budget aus der Sicht eines Klein- und Mittelbetriebes.

Dass dieses Budget unternehmerfreundlich sein soll, möchte ich schon etwas relativieren beziehungsweise präzisieren: Unternehmerfreundlich ist es schon, aber nur für die Großen! Die Leute, die Sie zu vertreten haben und die ich zu vertreten habe, gehören nicht der Industrie und den Großunternehmen an. Meine Sorgen gelten den Kaufleuten, den Wirten, den Handwerkern sowie allen anderen Dienstleistern, die sicherlich nicht dieser Kategorie angehören.

Diese klein- und mittelständischen Unternehmen machen ihr Geschäft nämlich mit jenen Leuten, denen Sie das Geld aus der Tasche ziehen werden! Meine sehr geehrten Damen und Herren von der blau-schwarzen Regierung! Woher, glauben Sie, sollen sie das Geld haben, das sie bei uns ausgeben und womit sie bisher dafür gesorgt haben, dass unsere kleinen Betriebe auch leben können? Man kann einen Schilling, oder später einen Euro, nicht zweimal ausgeben! Wie wird sich diese Situation im ersten Viertel des Jahres 2001 auswirken? Ich bin da nicht bei Kollegen Dr. Stummvoll, der gemeint hat, dass die Konsolidierung unbedingt in dieser von ihm vertretenen Form erfolgen soll.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Warum konsolidiert Deutschland, mit dem wir wirtschaftlich so lange und so eng verbunden gewesen sind, mit dem die Währung über zehn Jahre hinweg die gleiche gewesen ist, nicht in diesem wahnsinnigen Tempo mit uns mit? (Abg. Dr. Puttinger: Wann haben wir die gleiche Währung gehabt wie Deutschland?)  – Die haben sich das sehr wohl überlegt! Die wissen genau, was sie tun!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Man kann ein Land auch kaputtsparen! Wenn man all die Großaufträge nacheinander liquidiert (Abg. Böhacker: Herr Kiermaier! Wann hat Österreich die gleiche Währung gehabt wie Deutschland? Was war das für eine Zeit?) – man nehme als Beispiel den Investitionsstopp bei der Bahn, bei dem es um 2,3 Milliarden Schilling geht –, dann muss man sich darüber im Klaren sein, dass sich das natürlich auch auf die Firmen auswirken wird.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich denke nur etwa an die Erhöhung der Vorauszahlung für die Einkommen- und Körperschaftsteuer von satten 20 Prozent – glauben Sie, dass das für die Leute gut sein wird? – oder an die Abschaffung des Investitionsfreibetrags: Was glauben Sie, wie viele Investitionen da nicht getätigt werden?

Ein Meisterstück – ich habe es im Ausschuss schon gesagt – ist die wunderbare "Schnitzelsteuer": Da erklärt man uns dann, wie froh wir sein müssen, dass diese wegkommt, nachdem man sie für ein halbes Jahr eingeführt hat! Wissen Sie, was das auf Grund der notwendigen Umstellung von Speise- und Getränkekarten, an Registrierkassen und so weiter gekostet hat? Wissen Sie, wer das bezahlt hat? – Das haben die Wirte bezahlt! Schöne Grüße möchte ich Ihnen ausrichten, meine sehr geehrten Damen und Herren! – Das ist nicht gerade lustig. (Beifall bei der SPÖ.)


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51. Sitzung / Seite 160

Jetzt komme ich zu einem sehr ernsten Problem, das vielleicht lustig klingen mag, meine sehr geehrten Damen und Herren: Herr Bundesminister! Ich erinnere Sie an die erste Lesung des Budgets, und ich erinnere Sie – und ich möchte hier und heute eine klare und ehrliche Antwort hören und bitte Sie ganz konkret, meiner Frage nicht auszuweichen – an Ihre Aktion, als Sie uns einen Zahlungsbeleg gezeigt und uns mitgeteilt haben, Herr Franz Häusler habe Ihnen mittels einer Inlandspostanweisung 10 000 S geschickt.

Die "Kleine Zeitung" Graz hat dann recherchiert, und jetzt kommen wir zu den Ergebnissen, meine sehr geehrten Damen und Herren: Ja, schreibt die "Kleine Zeitung", es gibt drei Franz Häusler in der Steiermark, doch die Spendierhose hatte keiner von ihnen an. Hier die Auszüge aus dem Telefonprotokoll – steht dann weiter in der "Kleinen Zeitung" –: 10 000 S? Wollen Sie mich pflanzen?, sagte der Erste. (Heiterkeit des Abg. Edlinger. ) Der Zweite sagte noch etwas fatalistischer: 10 000 S – wozu sollen die überhaupt nützen?

Dann – und jetzt wird diese Geschichte tragisch – kommt die Aufklärung in dieser Sache, nämlich auf Grund eines Anrufs der "Kleinen Zeitung" im Ministerbüro.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Jetzt horchen Sie gut zu, was die Damen und Herren dort gesagt haben: Wir bitten Sie, das zu verstehen! "Franz Häusler" gibt es in dieser Form nicht! 

Meine Herrschaften, das ist nicht lustig! Sie können sich jetzt Folgendes aussuchen, Herr Minister: Entweder Sie entschuldigen sich dafür, dass Sie das ganze Plenum zum Besten gehalten haben (Abg. Dr. Mertel hält eine Seite eines Fernsehprogramms, auf der ein Film unter dem Titel "Dümmer geht’s immer" angekündigt ist, in die Höhe), oder Sie geben zu, dass in Ihrem Ministerium Unfähigkeit herrscht und die Herren und Damen nicht wissen, was sie am Telefon sagen. Aber sich herauszuwinden und hier zur Tagesordnung überzugehen, das werden Sie nicht können! Folgendes sage ich Ihnen schon: Dieses Plenum ist nicht irgendein Bierzelt oder ein lustiges Lokal, sondern hier hat man die Wahrheit zu sagen!

Herr Minister! Ich nehme nicht das Sprichwort "Wer einmal die Unwahrheit sagt, dem glaubt man nicht, und wenn er auch die Wahrheit spricht" in Anspruch, aber wenn Sie uns hier einmal die Unwahrheit gesagt haben, dann nehme ich Ihnen all das, was Sie uns inzwischen noch sagen möchten, nicht ab! – Ich danke Ihnen schön. (Beifall bei der SPÖ.)

21.51

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Auer. – Bitte. (Abg. Edlinger: Der Franz Häusler, der ist gestorben, gleich nach dem Aufgeben! – Abg. Schwarzenberger: Der Edlinger sagt, die Unternehmer profitieren, und der Kiermaier sagt, die Unternehmer profitieren nicht!)

21.51

Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe leider nur zwei Minuten Zeit und muss mich daher auf einige wenige Punkte beschränken.

Herr Bundesminister außer Dienst Edlinger! (Abg. Edlinger: Das ist nicht mein Budget!) Sie haben gefragt, was wir denn sagen würden, wenn Sie nicht mehr hier wären. – Das ist eine berechtigte Frage. Mich wundert es auf Grund der Schuldenpolitik eigentlich, dass Sie noch hier sind! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Noch etwas wundert mich: Die künstliche Aufgeregtheit des Herrn Klubobmannes Kostelka, der bitter moniert hat, dass Herr Finanzminister Grasser zwei Minuten hinausgegangen ist. (Abg. Dr. Kostelka: Telefonieren ist er gegangen! Eine neue Handy-Generation hat er sich angeschaut!)

Wunderbar! Darf ich Sie daran erinnern, Herr Kollege Kostelka, dass der Vorgänger dieses Bundesministers, der anwesende Herr Minister außer Dienst Edlinger, öfters hinausgegangen ist, weil er eine Zigarette rauchen wollte, und wir nie etwas dagegen hatten, weil es selbstver


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51. Sitzung / Seite 161

ständlich war, dass es möglich sein musste, sich auch von der Regierungsbank kurz für einige Minuten zu verabschieden. (Abg. Schwarzenberger: Außerdem: Der Herr Gusenbauer ist nie da!)

Meine Damen und Herren! Trotz dieses starken Tabakkonsums (Abg. Edlinger: Das ist ein starker Beitrag zum Budget, das muss ich schon sagen!) war die Tabaksteuer nicht ein Bereich, der besonders zur Budgetsanierung beigetragen hätte.

Ich habe mich auch gewundert, dass man gerade unter dem Kapitel Finanzen bitter beklagt hat, dass die Wirtschaftskammer Oberösterreich auf ihre Erfolge hinweist.

Ich bekenne mich zu diesen Erfolgen für ihre Mitglieder, meine Damen und Herren! Mir ist es lieber, man kann positive Erfolge verzeichnen und kann damit Arbeitsplätze sichern (Abg. Edlinger: Die Kleinen zahlen es nur! Die Kleinen zahlen!), als dass man wegen einer katastrophalen Wirtschaftspolitik in der Homepage auf die Schließung von Betrieben hinweisen müsste! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Mertel: Und wer zahlt es?)

Meine Damen und Herren! Dieses Budget mag in manchen Bereichen durchaus Schmerzen bereiten. (Abg. Dr. Mertel: Wem denn?) Insgesamt gesehen ist dies aber notwendig, damit die erforderliche Budgetsanierung möglich ist.

Herr Bundesminister für Finanzen! Ich habe an Sie noch einmal eine dringende Bitte. Es wird in diesem Abänderungsantrag auf eine Verbesserung im Finanzausgleich im Ausmaß von 60 Millionen Schilling hingewiesen. In Wirklichkeit sind es 28 Millionen, weil 32 Millionen für die beiden Gemeindebünde, den Städtebund und den Gemeindebund, ausgegeben werden. Das ist ein Groscherlspiel. Ich bitte daher, dringend darüber nachzudenken, wie man den finanzschwächsten Gemeinden tatsächlich helfen könnte! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

21.54

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Lackner. – Bitte.

21.54

Abgeordneter Manfred Lackner (SPÖ): Herr Präsident! Herr Finanzminister! Hohes Haus! Herr Kollege Auer, nur ganz kurz: Auf der Homepage der Arbeiterkammer Tirol steht wenig Positives über Sie (Abg. Auer: Da haben sie einen schlechten Berater!)  – so viel nur als Einstieg zu meiner Rede –, denn es gibt auch nichts Positives über diese Regierung zu berichten – damit das einmal klargestellt ist! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Ich bin schon richtig dankbar ob Ihrer gestrigen Dringlichen Anfrage! (Abg. Rosemarie Bauer: Das zieht nicht mehr!) Noch dankbarer bin ich natürlich für die mit viel Pathos vorgetragene Rede beziehungsweise Anfragebeantwortung des Herrn Bundeskanzlers: Wir sollen das Land also nicht schlecht machen. Der Umkehrschluss: Wir sollen stolz sein auf dieses Land. (Abg. Schwarzenberger: Ja! Wir sind es! – "Ja!"-Rufe bei der ÖVP.)

Frau Kollegin! Wir sind stolz auf dieses Land! Wir sind deshalb stolz auf dieses Land – und jetzt hören Sie gut zu –, weil die österreichische Sozialdemokratie 30 Jahre hindurch eine offensive Wirtschafts-, Finanz-, Sozial- und Beschäftigungspolitik betrieben hat (Abg. Dr. Spindelegger: Und Schuldenpolitik, nicht zu vergessen!), und das können auch Sie, Herr Spindelegger, nicht schlecht reden!

Herr Spindelegger! Nehmen Sie zur Kenntnis, dass die Sozialdemokratie viel für dieses Land geleistet hat (Beifall bei der SPÖ), und nehmen Sie zur Kenntnis, dass die Sozialdemokratie dieses Land, um in der Fußballersprache zu bleiben, von der Unterliga in die Champions League geführt hat! (Abg. Dr. Spindelegger: Auf Schulden!) Das werden auch Sie mit noch so viel Polemik nicht wegreden können, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei der ÖVP: Ihr seid abstiegsgefährdet!)


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Die drei Jahrzehnte Sozialdemokratie waren die besten, die dieses Land je erlebt hat! – Frau Kollegin Fekter, Sie müssen gar nicht lachen, denn es ist traurig, wenn Sie darüber lachen! Der Herr Bundeskanzler hat es gestern ja auch bestätigt: Er hat gesagt, wir können stolz sein auf dieses Land! Und ich bin stolz auf dieses Land! (Abg. Dr. Fekter: Ja, wir sind auch stolz auf dieses Land!)

Aber kommen wir einmal darauf zu sprechen, Frau Kollegin Fekter, wer eigentlich dieses Land schlecht macht: Ich habe heute den ganzen Tag von Debattenrednern der Opposition (Abg. Schwarzenberger: Ja! Der Opposition!)  – ach, Entschuldigung: der Regierungsparteien (Abg. Schwarzenberger: Stimmt schon! Sie haben richtig gesagt: "Der Opposition"!)  – gehört, dass sie ständig nur von "Schutt aufräumen" und von einem "Scherbenhaufen" gesprochen haben, als ob gerade erst ein Orkan über dieses schöne Land gefegt wäre.

Waren es nicht Sie, meine Damen und Herren, die dieses Land als "Sanierungsfall" stigmatisiert haben, um einen daraus abgeleiteten vermeintlichen Zwang zur Sanierung der öffentlichen Finanzen als Legitimationsgrundlage für einen neoliberalen Crash-Kurs zur Zurückdrängung des Staates von seinen Aufgaben, sozusagen, wie das der Klubobmann der Freiheitlichen so nett formulieren würde, zur ultimativen Demontage des Wohlfahrtsstaates zu gebrauchen?

Sind es nicht Sie, meine Damen und Herren, die das Nulldefizit als das zentrale Vehikel, als die zentrale Botschaft benutzen, um Ihre überholten – damit bin ich wieder bei Kollegen Stummvoll –, aus dem vorigen Jahrhundert stammenden gesellschaftspolitischen Vorstellungen durchzusetzen? (Abg. Edlinger: Aus dem vorvorigen Jahrhundert!)

Sind es nicht Sie, meine Damen und Herren, die den Rückbau des Wohlfahrtsstaates betreiben?

Sind es nicht Sie, meine Damen und Herren, die ständig Entsolidarisierung und Gesellschaftsspaltung betreiben? (Abg. Dr. Puttinger: Wann gab es denn den Klassenkampf? – Sie betreiben hier Klassenkampf!)

Sind es nicht Sie, meine Damen und Herren, die die Förderung eines konservativen Familienidylls betreiben? (Abg. Dr. Puttinger: Wissen Sie, was Klassenkampf ist? – Das Aufhetzen von Arbeitnehmern und Unternehmern! Das betreiben Sie!)

Sind es nicht Sie, meine Damen und Herren, die ständig eine Umverteilung von unten nach oben betreiben?

Ich weiß schon, dass Sie das nicht gerne hören, aber es sind eben Fakten, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Die von Ihrer so netten Politik, die Ihr Klubobmann "speed kills" nennt, Betroffenen, Herr Puttinger, sind Arbeitnehmer, Pensionisten, Arbeitslose, Kranke, Studenten und gemeinnützige Vereine!

Noch etwas: Wenn Herr Stummvoll sich hierher stellt und von nur 5 Milliarden Schilling spricht (Abg. Dr. Stummvoll: Ja, stimmt auch!), dann grenzt das an Zynismus! Man muss sich natürlich schon ansehen, wen es trifft: Für die betroffenen Gruppen, die ich jetzt erwähnt habe, Herr Stummvoll, sind 5 Milliarden viel, für die Stifter dieses Landes wären 5 Milliarden Schilling natürlich wenig – da gebe ich Ihnen schon Recht. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Puttinger: Oje! Klassenkampf!)

Lassen Sie mich zum Schluss kommen: Machen Sie so weiter, meine Damen und Herren, und Sie werden sich schneller, als Sie glauben – meine Kollegin aus dem Burgenland hat es gestern schon erwähnt (Abg. Amon: Und die Steiermark!)  –, auf der Ersatzbank wiederfinden, und dort gehören Sie auch hin! (Ruf bei der ÖVP: Steiermark! Unterliga! – Abg. Dr. Partik-Pablé: Und wer hat jetzt schlecht gemacht?)


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Dr. Pumberger ist auch noch da. Herr Dr. Pumberger! Eine kleine Richtigstellung von gestern: Sie haben uns mitgeteilt (Abg. Dr. Partik-Pablé: Wer hat jetzt schlecht gemacht?), dass Sie anlässlich der Debatte zu den Budgetbegleitgesetzen nicht das Wort "Heroin", sondern "Heptadon" verwendet hätten.

Wir haben mittlerweile das Protokoll ausgehoben: Dort steht "Heroin", und Sie werden doch den Protokollführern nicht unterstellen wollen, dass sie ein Protokoll fälschen! (Abg. Dr. Pumberger: Das ist mir zu blöd, darauf jetzt eine tatsächliche Berichtigung zu machen!) Im Übrigen – und das müssten Sie wissen, Herr Dr. Pumberger –: Heroin gibt es nicht als Medikament, es kann nur illegal besorgt werden! – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

22.00

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Frieser. – Bitte.

22.00

Abgeordnete Mag. Cordula Frieser (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Wenn wir heute das Budget 2001 beschließen, dann haben wir ein großes Stück Arbeit geleistet. Dieses große Stück Arbeit aber haben wir, nämlich die Parteien in dieser Regierung, geleistet und nicht die Oppositionsparteien, denn, wie ja auch meine Vorredner schon angemerkt haben (Abg. Öllinger: Das ist ein schwaches Argument! Das ist immer so! – Abg. Dr. Mertel: Intelligenzquotient!), die Vorschläge, die von der Opposition gekommen sind, waren eher dürftig, und Ihre Arbeit hat sich eher in Aktionismus erschöpft. (Abg. Öllinger: Das wäre sensationell, wenn die Opposition das Budget beschließen würde!)

Herr Bundesminister! Ich habe schon anlässlich der Debatte über die Budgetbegleitgesetze vorgeschlagen, einige große Reformwerke in Angriff zu nehmen. Es sind dies Reformwerke, die wir bedauerlicherweise mit dem Koalitionspartner in der alten Regierung nicht erarbeiten konnten. Aber da wir uns als die Reformregierung bezeichnen (Abg. Parnigoni: Zum Schröpfen der Menschen geben wir uns nicht her!), gehe ich davon aus, dass wir diese großen Reformwerke sicher noch in dieser Legislaturperiode erarbeiten können. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Parnigoni: Die Politik des Schröpfens können Sie allein machen!)

Herr Bundesminister! Mein erster Vorschlag betrifft eine Neukodifizierung des Einkommensteuergesetzes. Durch die vielen Novellen, die wir zum Einkommensteuergesetz 1988 beschlossen haben, ist das Einkommensteuergesetz bereits so kompliziert geworden, dass selbst die Steuerberater keine Freude mehr damit haben.

Mein zweiter Vorschlag wäre eine Neustrukturierung der Lohn- und Gehaltsabrechnung. Es ist dies ein Wunsch, den nicht nur Unternehmer hegen, sondern es ist natürlich auch ein Wunsch der Arbeitnehmer, damit auch ihnen die Lohn- und Gehaltsabrechnung in Hinkunft kein Mirakel ist, sondern es auch ihnen möglich ist, diese nachzuvollziehen.

Ein auch längst fälliges Reformvorhaben wäre ein neues Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz. (Abg. Dr. Fekter: Abschaffen!)  – Bedauerlicherweise (Abg. Dr. Fekter: Wirklich!), liebe Kollegin, wird das nicht möglich sein! – Das Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz stammt aus dem Jahre 1955 und ist mit anderen europäischen beziehungsweise EU-Gesetzen nicht vergleichbar und in keiner Weise konform. Ich glaube, dass eine Harmonisierung dieses Gesetzes längst fällig ist. (Beifall bei der ÖVP.)

Ein ebenfalls längst reformbedürftiges Gesetz ist das Gebührengesetz. Meine Damen und Herren des Hohen Hauses! Sie werden sich erinnern können – nicht der Herr Finanzminister, dazu ist er noch zu jung –: Es haben der Vorgänger des Herrn Finanzministers und dessen Staatssekretär Ruttenstorfer vor Jahren die Abschaffung der Stempelmarken groß abgefeiert. Was war wirklich? – Die Stempelmarken wurden zwar im Druck abgeschafft, aber nicht in ihrer Verwendung. Wir haben jetzt einen Engpass, und es gibt nach wie vor Situationen, in denen Stempelmarken dringend gebraucht werden, aber im Handel einfach nicht erhältlich sind. (Abg. Kiermaier: Das ist ja etwas anderes! Das sind Bundesstempelmarken und keine Kfz-Stempelmarken!)


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Verehrter Herr Finanzminister! Ich darf Sie nochmals daran erinnern, dass Sie nach dem Beschluss dieses Budgets keinen Grund haben, sich gemütlich zurückzulehnen, sondern dass noch eine Menge Arbeit auf Sie wartet! – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

22.04

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Bundesminister Mag. Grasser. – Bitte. (Abg. Dr. Niederwieser: Häusler! Häusler!)

22.04

Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Wir haben gerade im Vorbeigehen mit Klubobmann Khol festgestellt: Auf uns gemeinsam wartet noch sehr viel Arbeit, um diesen erfolgreichen Weg auch fortsetzen zu können und um das, was wir an grundsätzlichen Reformen in diesem Land auf die Schienen zu setzen begonnen haben, auch der Bevölkerung in aller Deutlichkeit klarzulegen, um ihr dies durch eine verstärkte Information und Kommunikation darzulegen, weil ich meine, dass wir hier im Hohen Haus von unserer Seite einen Diskussionsprozess geführt haben, der wichtig und notwendig ist.

Ich bedauere es aber gleichzeitig sehr – und das sage ich wirklich voller Überzeugung –, dass es die Opposition in diesem Hohen Haus in all diesen Tagen und Wochen, in denen wir das Budget und den Haushalt diskutiert haben (Abg. Öllinger: Sie waren ja gar nicht da!), aus meiner Sicht nicht geschafft hat, einen seriösen, objektiven, neutralen Zugang zu unseren Zahlen und Vorschlägen zu finden. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Öllinger: Einen "neutralen Zugang"!)

Meine Damen und Herren! Der einzige Grund, weshalb ich mich heute noch einmal zu Wort melde, liegt darin, dass auch jetzt in dieser Sitzung so viele Dinge gesagt worden sind, bei denen man einfach sagen muss: Wer es objektiv hinterfragt, wer es auf die Tatsachen hin überprüft, der kommt darauf, dass es einfach nicht stimmt, dass die Fakten anders sind! Ich bedauere dies deshalb umso mehr, weil man mit dieser Art und Weise der Politik, die gegen alles ist, die mit Unwahrheiten arbeitet, die der Bevölkerung Dinge darstellt, die so einfach nicht sind (Abg. Parnigoni: Was stimmt nicht? Sagen Sie es! Was stimmt nicht?), Angst macht, weil man damit Unsicherheit erzeugt und weil das ein Weg der Totalopposition ist, den sich dieses Land nicht verdient! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Parnigoni: Sie ergehen sich nur in Gemeinplätzen!)

Meine Damen und Herren! Was Sie von der Opposition wollen (Abg. Parnigoni: Sie ergehen sich nur in Gemeinplätzen!), das wäre ein Budget ohne Konsolidierung, und das würde heißen, dass das Defizit des Bundes im Jahr 2001 um 57,2 Milliarden Schilling höher wäre als das im Bundesvoranschlag vorgesehene. (Abg. Edlinger: Jetzt sagen Sie die Unwahrheit, Herr Grasser, und das wissen Sie auch!)

Rechnen Sie es nach: Im Jahre 2002 würde es um 89,7 Milliarden Schilling höher sein als das von uns vorgelegte. Damit sind Sie für höhere Zinsaufwendungen von rund 3 Milliarden Schilling im Jahre 2001 (neuerlicher Zwischenruf des Abg. Edlinger ) und von rund 5,7 Milliarden Schilling im Jahre 2002. (Ruf bei der ÖVP: So schaut es aus!) Sie sind also für eine konsequente Fortsetzung Ihres Weges (Abg. Edlinger: Herr Khol, Sie haben immer gepascht! Vier Jahre lang haben Sie gepascht! – Abg. Dr. Partik-Pablé  – in Richtung des Abg. Dr. Khol –: Das haben Sie jetzt davon! – Abg. Dr. Khol: Ich nicht! Er kann nicht mich meinen!), was bedeuten würde, dass kumuliert allein in diesen zwei Jahren die Finanzschulden um 146,9 Milliarden Schilling weiter ansteigen und wir um 8,7 Milliarden Schilling mehr an Zinsen zahlen würden.

Meine Damen und Herren! Wir haben gesagt, wir wollen nicht jedes Jahr mehr an Zinsen und Tilgungen für die Vergangenheit zahlen – zurzeit in Summe 250 Milliarden Schilling pro Jahr –, als wir für die Zukunft dieses Landes einsetzen können! Wir wollen mehr für Bildung, für Ausbildung, für Forschung und Entwicklung, für die Ausbildung unserer Jugend einsetzen! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)


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Sie sagen, es ist Umverteilung von unten nach oben, die wir betreiben. Dazu darf ich anmerken, meine Damen und Herren, dass schon eine unterschiedliche Qualität zu beobachten ist, wenn Sie die Budgetdebatte zum Budget 2000 und jetzt jene zum Budget 2001 vergleichen: Damals hat sich die Opposition noch bemüht, so manchen Experten aus der Tasche zu ziehen, weil man noch so manche Experten hatte, die bestätigt haben, was Sie gesagt haben. Diesmal aber, so stelle ich fest, nennen Sie überhaupt keinen Experten mehr, weder vom Wifo noch vom IHS noch von sonst wo, weil es keinen gibt, der das, was Sie sagen, bestätigen würde!

Ich darf Ihnen aber ein paar Expertenmeinungen entgegenhalten, etwa jene von Professor Felderer vom Institut für Höhere Studien, die in einer Studie aus dem Oktober 2000 – also einer sehr jungen Studie – zum Thema "Verteilungseffekte des Konsolidierungsprogramms der österreichischen Bundesregierung" dargelegt ist.

Diese kommt zum Schluss: Bei den einnahmenseitigen Maßnahmen werden Arbeitnehmer und Unternehmen etwa gleich stark belastet. Soweit diese Maßnahmen den einzelnen Einkommensgruppen zuzuordnen sind, tragen nach Auffassung des Instituts das mittlere und oberste Drittel die Hauptlasten. – Zitatende.

Das heißt, Professor Felderer bestätigt sehr genau, dass wir in unserem Programm das verwirklicht haben, was wir immer gesagt haben: Wir wollen, dass jene, die mehr haben, die mehr besitzen, die vermögender sind, die ein größeres Einkommen haben, auch stärker zur Konsolidierung beitragen, und dass jene, die sozial schwach sind, die Probleme haben, ihre eigene Existenz abzusichern, nicht dazu beitragen müssen, und das ist uns gelungen! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Silhavy. )

Ich rede davon, dass im Vergleich zum Jahr 1999 75 Prozent der Bevölkerung von unserem Paket nicht belastet sind, im Unterschied zum Paket des Jahres 1996, das eine sozialdemokratische Handschrift trug (Abg. Silhavy: Vergleichen Sie einmal 2000 mit 2001!) und bei dem jeder, egal, ob er nun 12 000 S, 13 000 S, 14 000 S, 15 000 S brutto verdient hat, bezahlt hat und einkommensteuerlich belastet worden ist. Das ist bei uns nachweisbar nur bei Einkommen über 30 000 S brutto (Abg. Parnigoni: Wenn Sie es noch so oft sagen, wird es deshalb auch nicht wahrer!) und bei Pensionen über 20 000 S brutto der Fall. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Neuerliche Zwischenrufe der Abgeordneten Parnigoni und Silhavy. )

Wenn Sie ein bisschen zuhören, dann können Sie das nächste Mal in diesem Hohen Haus vernünftiger, objektiver und auch den Tatsachen entsprechend argumentieren! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) Professor Kofler – ich konnte ihn bereits das letzte Mal zitieren – sagt: "Je weniger die Bürger von der Konsolidierung betroffen sind, umso eleganter und umso professioneller ist die Sanierung. Daran ist die Güte und Qualität der Konsolidierung zu messen." (Abg. Edlinger: Deswegen demonstrieren die Menschen ...!)

Professor Kofler kommt daher zu der Schlussfolgerung: "Wenn von einer Gesamtkonsolidierung von 100,6 Milliarden Schilling 75 Milliarden Schilling den Steuerpflichtigen beziehungsweise Bürger nicht oder nur untergeordnet treffen, dann ist dies eine im internationalen Vergleich hervorragende Konsolidierungsquote und Konsolidierungsqualität." – Zitatende. Ein weiterer Experte, der das bestätigt, was wir sagen.

Nächster Punkt: Professor Fritz Breuss, den Sie auch kennen, sagt am Schluss einer fiskalpolitischen Untersuchung über Österreich auf dem Weg zum Nulldefizit – es ist ja heute auch die Wirtschaft ins Treffen geführt worden, und es ist gesagt worden, dass wir zu schnell konsolidieren würden –:

"Zudem zeigt die Aufrechnung von Effekten der Steuerreform 2000 und den Konsolidierungsmaßnahmen, dass per Saldo die Auswirkungen auf das Wirtschaftsgeschehen nicht negativ sind."

Das ist ein wichtiger Punkt, weil Sie dauernd vor Augen führen wollen, es werde die Konjunktur kaputt gemacht, und wir würden dieses Land kaputtsparen. Das ist auch der Punkt, an dem ich mich massiv zur Wehr setze, weil ich nichts davon halte, dass man von Ihrer Seite her alles in


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diesem Land schlecht macht, was an Reformen von dieser Bundesregierung und von der Mehrheit des Nationalrates gesetzt wird und was als gut und richtig verfolgt wird. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Parnigoni: Dass Sie wehleidig sind, haben wir eh gesehen!)

Ein anderer Punkt: Es wird auch nicht besser, wenn Sie immer wieder behaupten, wir würden eine Konsolidierung zu zwei Dritteln auf der Einnahmenseite und zu einem Drittel auf der Ausgabenseite machen. (Abg. Edlinger: OECD!) Das war vielleicht Ihr Weg! (Abg. Edlinger: OECD!) Ich habe – im Gegensatz zu dem, was Sie hier sagten, auch das war nicht richtig – nie die OECD für mich ins Treffen geführt. (Abg. Edlinger: Wäre nicht schlecht!)

Ich könnte Ihnen aber ausnahmsweise ein Zitat bringen, Herr Abgeordneter Edlinger, wenn Sie Zweifel haben, ob wir dieses Ziel erreichen werden oder nicht – ich habe das noch nie gemacht, dass ich jemanden zitiert habe, der Nationalratsabgeordneter ist –; Sie sagen selbst: "Grassers Budget fürs Nulldefizit kann halten." (Abg. Edlinger: Klar!) Daher weiß ich nicht, was Sie mit OECD und anderen Dingen hier an Beispielen bringen wollen, wenn Sie selbst sagen, dass dieses Ziel erreicht werden wird. (Abg. Edlinger: Zu zwei Dritteln Einnahmen!) Ich bin froh darüber, dass Sie bestätigen, dass wir diese Zielerreichung schaffen werden. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Zur Einnahmen- und Ausgabenseite, meine Damen und Herren: Wer ganz nüchtern die Fakten betrachtet, kommt drauf, dass es nur eine mehrheitlich ausgabenseitige Sanierung sein kann. Die öffentliche Ausgabenquote in Österreich sinkt von 1999 bis zum Jahre 2002 um 4,6 Prozentpunkte des Bruttoinlandsproduktes. Das ist ein wesentlich stärkeres Absinken, als jemals in der Zeit meines Vorgängers erreicht werden konnte. Zusätzlich wird die Einnahmenquote in unserem Land um 2,1 Prozentpunkte und die Steuerquote um 0,3 Prozentpunkte sinken.

Ich frage Sie, meine Damen und Herren, und auch die Bürger unseres Landes: Wenn die Einnahmenquote sinkt, und wenn die Ausgabenquote noch wesentlich stärker als die Einnahmenquote sinkt, wie soll man dann einen vor allem einnahmenseitigen Konsolidierungsweg beschritten haben? – Das ist unmöglich! Das ist auch an allen Zahlen, ob sie von der OECD stammen, ob sie von der Kommission der Europäischen Union stammen, nachvollziehbar.

Daher ist es eine vor allem ausgabenseitige Sanierung! So, wie wir es immer angestrebt haben, wird es auch entsprechend eintreten.

Ich wurde auch gefragt – und man hat das meiner Ansicht nach sehr polemisch dargebracht –, was Herrn Franz Häusler betrifft. Dazu ist außerdem eine parlamentarische Anfrage gestellt worden; sie wird selbstverständlich ebenso beantwortet werden. Meine Damen und Herren, Sie können nicht nur davon ausgehen, sondern zu 100 Prozent sicher sein, dass ich Ihnen immer nur dann etwas sagen werde, wenn es tatsächlich stimmt.

Was Herrn Franz Häusler betrifft, kann ich nichts dafür, wenn Journalisten so recherchieren, dass sie den Herrn im Telefonbuch nicht finden. Aber ich fühle mich an den Datenschutz gebunden, "hänge" daher Herrn Häusler nicht "hinaus" und sage auch zu niemandem: Ich führe Sie an der Hand dorthin, das ist der Herr, der das gespendet hat.

Faktum ist, Herr Häusler hat 10 000 S gespendet. Sie können den Postboten fragen, Sie können den Originalbeleg sehen, ich habe Ihnen damals auch eine Kopie des Originalbelegs gezeigt. Herr Häusler hat diese 10 000 S gespendet, der Postbote hat sie zu mir ins Büro gebracht, wir haben dieses Geld entgegengenommen.

Wir haben uns aber – das habe ich Ihnen damals noch nicht berichten können, weil wir es damals noch nicht wussten – nach reiflicher Überlegung dazu entschlossen, da es keinen Aufruf an die Gesamtbevölkerung gegeben hatte, da es in Summe keine Spendenaktion in unserem Land gegeben hatte und da wir nicht wollten, dass jemand einen größeren Beitrag als andere leistet, ihm diese 10 000 S zurückzuüberweisen. Sie können das zur Kenntnis nehmen, es ist an allen Einzahlungen und Auszahlungen schriftlich nachvollziehbar. Das ist die Wahrheit. Herr Häusler hat mit seiner Spendenbereitschaft ein wichtiges Signal gesetzt. (Beifall bei den


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Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Kiermaier: Was hat Ihr Ministerium gesagt? Das Ministerium hat gesagt: "Wir bitten Sie, das zu verstehen, Franz Häusler gibt es in dieser Form nicht!")

Ich habe Ihnen – ich glaube, ziemlich ohne Ausflüchte, Herr Abgeordneter (Abg. Kiermaier: Das ist vom Ministerium, bitte!)  – Ihre Frage sehr konkret beantwortet. Ich kenne Herrn Häusler nicht, aber er hat mit seiner Spendenbereitschaft sehr gut dargestellt und bewiesen, dass die Österreicher bereit sind, diesen Weg der Sanierung des Haushaltes mitzugehen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Damit abschließend, meine Damen und Herren: Es gibt hier eine Haushaltspolitik, die verschiedene strukturelle Weichenstellungen ermöglicht, die es auch ermöglicht, dass wir in den öffentlichen Ausgaben von 31 Milliarden Schilling im Jahre 2000 auf 36 Milliarden Schilling im Jahre 2001 gehen können. Uns sind Beschäftigungseffekte wichtig, weil wir im Unterschied zu Ihnen in diesem Land Vollbeschäftigung realisieren wollen. Wir wollen, dass jeder in diesem Land, der arbeiten will und arbeiten kann, auch tatsächlich einen Arbeitsplatz hat.

Wir werden das auch erreichen: mit öffentlichen Beschäftigungsimpulsen in Form von größeren öffentlichen Investitionen, als es bei Ihnen der Fall war, in Form von Forschungs- und Entwicklungsprogrammen, wie es sie auch noch nie in einer vergangenen Bundesregierung gegeben hat, mit mehr als 10 Milliarden Schilling, die wir in diesem Bereich außerordentlich zur Verfügung stellen.

Deswegen gibt es auch Expertenlob, ob der Experte nun Streissler, Felderer, Kramer oder Frisch heißt. (Abg. Edlinger: Streissler hat im "trend" etwas ganz anderes gesagt!) Sie alle sagen: Das ist ein Weg, der den Wirtschaftsstandort in seiner Attraktivität sicherstellt, ein Weg, der wichtig ist, damit wir als Republik niedrigere Zinsen zahlen, damit die Konsumenten niedrigere Zinsen zahlen, damit die Unternehmen niedrigere Zinsen zahlen, ein Weg, der an den Familien, an den Mehr-Kind-Haushalten orientiert ist, wie es das Kindergeld beweisen wird, und ein Weg, der uns verpflichtet, auch 15 Milliarden Schilling an Lohnnebenkostensenkungen durchzuführen, damit es besondere Attraktivität für den Wirtschaftsstandort und für die Beschäftigten gibt. (Abg. Edler: Ablehnung bei der Wiener Wahl!)

Meine Damen und Herren! (Abg. Edler: Bei der Wiener Wahl wird er abgelehnt!) Das ist ein Weg, der Österreich zu einem modernen Land machen wird und der zu Vollbeschäftigung und einem attraktiven Wirtschaftsstandort führen wird. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

22.17

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Bauer. – Bitte. (Abg. Achatz: Jetzt wird es schwer!)

22.18

Abgeordneter Dkfm. Dr. Hannes Bauer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Zuerst möchte ich klarstellen, dass wir das Budget nicht deshalb ablehnen, weil zu wenig oder weil zu schnell gehandelt wird (Ruf bei der ÖVP: Weil zu viel getan wird!), sondern wir lehnen dieses Budget samt Begleitgesetz ab, weil die Gewichte falsch verteilt sind, meine sehr geschätzten Damen und Herren (Beifall bei der SPÖ), und weil wir am Ende dieser Legislaturperiode eine Tatsache haben werden, nämlich dass 45 Milliarden Schilling die Kleinen beigetragen haben und weniger Einkommen haben werden, während die Selbstständigen und die Unternehmer 3,5 Milliarden pro Jahr mehr haben werden. Deshalb wird es abgelehnt, meine sehr geschätzten Damen und Herren! (Neuerlicher Beifall bei der SPÖ.)

Ich möchte meinen, was den Weg betrifft (Abg. Böhacker: Klassenkampf pur!), spricht Herr Bundesminister Grasser von Informationen, die notwendig seien. Es wird dafür auch sehr viel ausgegeben, weil es ja nicht verständlich ist, meine sehr geschätzten Damen und Herren, was hier vorgeht, nämlich vorgeht in der Weise, dass man mit vielen Worten eigentlich etwas verschleiern will. Ich sage das sehr deutlich: Es ist ein Budget, das neue Ungleichheiten schafft, und man spürt ganz klar die Handschrift, die dahinter steht.


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51. Sitzung / Seite 168

Sie vergleichen sich immer so gerne und oft mit amerikanischen Verhältnissen, meine sehr geschätzten Damen und Herren! In Amerika ist es so, dass in den letzten 20 Jahren die oberen 10 Prozent der Einkommensbezieher 15 Prozent mehr haben, während die unteren 10 Prozent der Einkommensbezieher 6,5 Prozent weniger haben. Das wollen wir in Österreich nicht, meine sehr geschätzten Damen und Herren!

Noch ein Vergleich: 25 Prozent der Amerikaner, also das Viertel im oberen Einkommensbereich, haben in den letzten 20 Jahren nichts verloren, während drei Viertel in Amerika verloren haben. (Abg. Dr. Khol: Wir beschließen aber hier das österreichische Budget!) Genauso wird es auch in der Gesundheitspolitik sein, die Sie einleiten. (Abg. Dr. Khol: Wir beschließen das österreichische Budget und nicht das amerikanische!) Dass eine Zwei-Klassen-Medizin am Ende dieser Politik steht, meine sehr geschätzten Damen und Herren, davon bin ich zutiefst überzeugt! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Haigermoser: Ein Drittel der Amerikaner hat 25 Prozent ...!)

Noch etwas: Es wurde von so etwas wie Unwahrheit oder Totalopposition gesprochen. (Abg. Dr. Khol: Herr Bauer, gehen Sie nach Florida!) Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Ich kenne Amerika sehr gut. (Abg. Dr. Khol: Dann gehen Sie hin!) Nur muss man wissen, dass Sie die gleichen Ansätze haben. (Abg. Dr. Khol: Von Niederösterreich nach Wien und dann nach Florida: eine tolle Karriere!) Sie haben die gleichen Ansätze in der Gesundheitspolitik mit der so genannten Versicherungspflicht statt der Pflichtversicherung. (Abg. Dr. Khol: Bauer, ab nach Florida!)

In Wirklichkeit werden in jenen Ländern, in denen wie in Österreich Pflichtversicherung besteht, Ausgaben im Ausmaß von rund 8,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Gesundheit ausgegeben, in Ländern wie zum Beispiel Deutschland 10,5 Prozent und in Amerika 14,5 Prozent vom Bruttoinlandsprodukt. (Abg. Dr. Khol: Dann geh’n S’ nach Amerika, Herr Bauer!)

Genau deshalb nicht, Herr Dr. Khol! Schauen Sie, mit Ihnen kann man deshalb so schwer reden, weil Sie schwer mitkommen. Das ist nämlich das Problem. (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn wir 8,5 Prozent ausgeben, und bei 8,5 Prozent die gesamte Bevölkerung Zugang zum Gesundheitswesen hat, und in Amerika gibt man 14,5 Prozent aus (Abg. Dr. Khol: Ja gehen Sie doch nach Amerika!), aber nur die halbe Bevölkerung hat Zugang, dann sieht man, was dieser Kurs, der auch in Österreich eingeleitet werden soll, bedeutet. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Puttinger: Das ist keine Zwei-Klassen-Medizin!)

Noch etwas, meine sehr geschätzten Damen und Herren! Ich möchte eines sagen: Diese Koalition ist durch Taktik entstanden, sozusagen durch die Hintertür. Sie wurde auch durch die Hintertür angelobt. (Abg. Haigermoser: Und Sie wurden durch die Hintertür ...!) Durch die Hintertür musste sie zur Angelobung gehen. (Abg. Schwarzenberger: Sie kamen durch die Hintertür ins Parlament!) Ich sage eines: Durch die Hintertür können Sie uns kein Budget unterbreiten, das eine Spaltung der Gesellschaft bedeutet. Meine sehr geschätzten Damen und Herren, nehmen Sie das zur Kenntnis! (Ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Weil der Herr Bundesminister für Finanzen es hier angesprochen hat: In Wirklichkeit ist es doch so, dass die Konsolidierung schon 1995 bis 1999 eingeleitet wurde, mit 0,75 Prozent pro Jahr. (Abg. Achatz: Jetzt verstehe ich, warum man Sie in Niederösterreich nicht behalten wollte!) Das bedeutet, wenn man dieses Tempo fortgesetzt hätte, wäre man zum gleichen Ergebnis gekommen – ohne diese unsozialen Maßnahmen, meine sehr geschätzten Damen und Herren, und darauf kommt es an! (Beifall bei der SPÖ.)

Der Herr Bundesminister für Finanzen soll einmal zur Kenntnis nehmen, dass er hier nicht ein Budget vorlegen kann, das darin besteht, dass dieses Budget in Wirklichkeit so etwas wie einen Ansatz von Volkswirtschaft hat und dann mit McDonalds-Sprüchen fortgesetzt wird. Das ist in diesem Hause nicht möglich – um das klarzustellen! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Puttinger: Das ist Ihr Niveau, ja!)


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Jetzt komme ich darauf zurück, dass der Herr Bundesminister für Finanzen Experten zitiert hat, und zitiere hier drei Experten, Professor Badelt, Professor Streissler und Professor Walter. (Abg. Dr. Fekter: Was ist mit McDonalds ...?) Ich zitiere aus dem "trend" vom 1. Oktober 2000: "Drei Weise für Grasser" heißt die Überschrift. Sie untersuchen die Maßnahmen des Finanzministers zur Budgetkonsolidierung. Und was ist ihr Verdikt? (Abg. Achatz: Ist jetzt durch die Vordertür ... zugeflogen? – Zwischenruf des Abg. Haigermoser. )  – Versteckte Steuererhöhungen, keine strukturellen Änderungen, und zu wenig zur Sanierung; das nächste Sparpaket kommt bestimmt!

Sehr geschätzte Damen und Herren! Das ist die Antwort auf diesen Kurs. (Beifall bei der SPÖ.)

22.24

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Müller. – Bitte. (Abg. Dr. Khol: Schlögl hat Recht! Schlögl hat absolut Recht: Bauer gehört aus der Verantwortung heraus! Er gehört in die Opposition! Ich muss wirklich sagen: Kompliment für Herrn Schlögl! – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Jetzt ist der Redner am Wort!

22.24

Abgeordneter Hans Müller (Freiheitliche): Sehr geschätzter Herr Präsident! Sehr geschätzter Herr Finanzminister! Hohes Haus! Herr Kollege Bauer, Sie haben so viel von der Hintertür gesprochen. Ich glaube, Sie sind auch durch die Hintertür ins Parlament gekommen. Freiwillig haben Sie, Herr Dr. Bauer, St. Pölten nicht verlassen, sondern Sie sind auch gegangen worden. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Bezüglich des Budgets 2001 haben die Abgeordneten Gusenbauer und Edlinger einen Entschließungsantrag eingebracht. Ich zitiere kurz: Budgetkurs grundsätzlich falsch, Nulldefizit völlig willkürlich, Budget 2001 kein Wendebudget. – Das ist die Ansicht der Sozialdemokratie.

Dieser Feststellung gegenüber erlaube ich mir, einige Expertenaussagen wie folgt festzuhalten.

Streissler: Die Budgetsanierung ist nicht etwas, was man aufschieben kann. Hätte man länger gewartet, wären höhere Zinsen angefallen.

Felderer: Der Finanzminister hat diesmal das untere Einkommensdrittel verschont. Er hat auch ausgabenseitig gemacht, was in dieser kurzen Zeit politisch möglich war.

Kramer sagte, die Konsolidierung der Staatsfinanzen wäre auch abseits der EU-Verpflichtungen dringlich gewesen. Positiv sei, dass Strukturprobleme angepackt wurden.

Die derzeitigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sind günstig: eine Wachstumsrate von 3,5 Prozent, die sich nächstes Jahr auf 2,8 Prozent senken wird; der Arbeitsmarkt entwickelt sich bestens, man kann von Vollbeschäftigung sprechen.

Der Abgang im Budget 2001 wird rund 32 Milliarden Schilling betragen und somit um rund 22 Milliarden niedriger als im Jahre 2000 und um 35 Milliarden niedriger als im Jahre 1999 sein. Für das Jahr 2002 wird zum ersten Mal ein ausgeglichenes Budget angestrebt. Ab diesem Zeitpunkt darf es auch keine Aufstockung der Staatsschulden mehr geben.

Wenn die Opposition von einem sozial ungerechten Budget spricht, so stimmt das einfach nicht. Ich möchte in Erinnerung rufen: Die Behindertenmilliarde wurde beschlossen. Diese Regierung wird im Jahre 2001 Gesamtausgaben für Soziales und Gesundheit von rund 725 Milliarden Schilling tätigen. Mit einer gezielten Arbeitsmarktpolitik wird auch aktiv die Armutsbekämpfung verwirklicht. Nur zwei Beispiele sind die Gleichstellung von Arbeitern und Angestellten sowie die Anhebung des Mindest-Arbeitslosengeldes. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Diese Bundesregierung hat die Wende zum Guten vollzogen. Neben den beschlossenen Strukturmaßnahmen erfolgt ein weiterer Schritt zur


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Budgetkonsolidierung über die Privatisierung. Sie ist keine Form der Ideologie, sondern dient der Zweckmäßigkeit.

Mit dem Budget 2001 steht und fällt auch der Versuch, aus der drohenden Unfinanzierbarkeit staatlicher Aufgaben die Konsequenzen zu ziehen, was eine dauerhafte, nachhaltige Entwicklung der österreichischen Wirtschaft ermöglichen soll. Auch der Chefredakteur der "Salzburger Nachrichten", Herr Barazon, stellte fest, dass neben der wirtschaftlichen Privatisierung auch eine geistige Privatisierung unbedingt notwendig sei.

Wie stellte der Finanzminister in seiner Budgetrede so schön fest? – Ein guter Tag beginnt mit einem sanierten Budget! Ich wünsche unserer Republik und unserem Finanzminister noch sehr, sehr viele gute Tage. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

22.28

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Fink. – Bitte.

22.28

Abgeordneter Ernst Fink (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Vorerst zu Herrn Kollegen Lackner: Haben Sie das steirische Wahlergebnis bereits verdrängt? – Ich sage Ihnen: Vergessen Sie das nicht! Sie können tief fallen! (Abg. Edlinger: Klasnic hat gegen die Regierung ...!) Werden Sie nicht überheblich! (Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Dr. Bauer! Haben Sie Ihren Dienstwagen bekommen, bevor Sie hereingekommen sind? (Heiterkeit des Abg. Haigermoser. ) Oder, Herr Doktor, wie viele haben unterschreiben müssen, dass Sie überhaupt in dieses Haus gekommen sind? – Ich glaube, dass der Ausdruck "Hintertür" ganz richtig ist: Das ist eine schöne "demokratische" Gesinnung, die Sie an den Tag legen!

Ich möchte aber trotzdem ein paar Zahlen nennen. Weil immer diese Werbung um 70 Millionen Schilling angesprochen wird (Abg. Dr. Mertel: 80!): Wir wollen informieren, wir wollen ehrlich informieren, und das machen wir mit diesen 70 Millionen Schilling.

Frau Dr. Petrovic hat gesagt, dass diese 70 Millionen Schilling für 10 000 Personen je 7 000 S wären. (Abg. Edlinger: Sie missbrauchen Steuergeld für Ihre parteipolitische Agitation!) Da darf ich Ihnen zum Vergleich sagen: Wir zahlen pro Tag 280 Millionen Schilling an Zinsen! (Abg. Zweytick: So schaut es aus!) Das sind 40 000 Personen, die 7 000 S haben könnten – aber das pro Tag! Im Jahr wären es 14 600 000 Personen, die 7 000 S bekommen könnten! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich nenne Ihnen zum Vergleich noch eine weitere Zahl. (Abg. Parnigoni: Eine Märchenstunde!) Im Jahre 1970 haben wir, hat der ÖVP-Finanzminister einen Schuldenstand von 43 Milliarden Schilling übergeben. (Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von SPÖ und ÖVP. – Präsident Dr. Fasslabend gibt das Glockenzeichen.)

Edlinger hat zwar sein Büro nicht anständig übergeben, er hat aber einen Schuldenstand von 2 274 Milliarden Schilling übergeben. (Zwischenrufe. – Abg. Mag. Trattner: Edlinger rechnet noch immer mit dem Rechenschieber, und das falsch!) Das sind in 30 Jahren pro Jahr 70 Milliarden Schilling mehr an Schulden. Das ist eine gigantische Summe – und Sie reden heute noch immer davon, dass Sie noch mehr Schulden machen wollen! (Abg. Edlinger: 900 Milliarden Ihr Parteiobmann!)

Ich glaube, dass diese Bundesregierung den richtigen Weg geht. (Bravo-Rufe und Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Diese Bundesregierung signalisiert einen historischen und sehr weit blickenden Neubeginn dieser Bundespolitik. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Edlinger: Der Schuldenkanzler!)


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22.30

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Hornek. – Bitte.

22.30

Abgeordneter Erwin Hornek (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren dieses Hohen Hauses! Es hat am fünften Tag der Budgetdebatte keinen Sinn, langatmig bereits ausgetragene Streite zu wiederholen, sondern ich darf zusammenfassen. Wir sind auf dem richtigen Weg zu unseren Kernzielen: erstens keine neuen Schulden mehr; zweitens Reduktion der Staatsschulden und damit die Chance, sinnlose Milliarden für Zinsen einzusparen und damit die Zukunft zu gestalten – so, wie es jeder normale Haushalt auch machen muss! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Geschätzte Damen und Herren! Ich habe mit 30 Jahren die Funktion des Bürgermeisters in meiner Heimatgemeinde übernommen. Damals habe ich einen Berufskollegen, einen weisen Mann in meiner Heimatgemeinde, gefragt, was er als das Wichtigste in der Politik ansehen würde. Er meinte: Ich erzähle dir das Gleichnis von den zwei starken Pferden und dem Esel. Merke, wenn du zwei starke Pferde hast, die an einem Strang ziehen, und sie ziehen in beide Richtungen, dann gibt es kein Ergebnis. (Abg. Edlinger: Das ist wahr, der Schüssel ...!) Du musst sie dahin gehend bewegen, an einem Ende zu ziehen. Eine besondere Leistung kannst du erreichen, wenn der Esel in dieselbe Richtung zieht.

Geschätzte Damen und Herren! Ich wünsche allen, dass sie sich als starkes Pferd fühlen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

22.32

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Bauer zu Wort gemeldet. – Bitte. (Abg. Haigermoser: Was ist jetzt mit dem Dienstwagen? – Abg. Dr. Khol: Wärst du doch in Düsseldorf geblieben!)

22.32

Abgeordneter Dkfm. Dr. Hannes Bauer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! (Unruhe im Saal. – Präsident Dr. Fasslabend gibt das Glockenzeichen.) Zuerst einmal eine Klarstellung zu Herrn Abgeordnetem Fink: Ich habe natürlich keinen Dienstwagen, weil ein Abgeordneter dieses Hauses eben keinen Dienstwagen hat (Abg. Dr. Khol: Ja warum denn nicht?)  – außer aus einer anderen beruflichen oder politischen Funktion. Die habe ich nicht, ich bin hier ausschließlich Abgeordneter.

Außerdem möchte ich eines gegenüber denjenigen sagen, die immer wieder fragen, und möchte gleich klarstellen: Diese Veränderungen sind eine interne Angelegenheit. (Abg. Mag. Trattner: Wie viele haben unterschreiben müssen?)  – Das zum Ersten.

Zum Zweiten, um auch das klarzustellen: Eine gute Arbeit kann überall geleistet werden, und diese gute Arbeit werde ich hier leisten. (Beifall bei der SPÖ.)

Zum Letzten: So wichtig ein Land auch ist, weiß ich doch eines (Abg. Mag. Trattner: Das ist keine tatsächliche Berichtigung!): dass die politische Entscheidung für die Zukunft Österreichs hier fällt. (Abg. Dr. Khol: Tatsächliche Berichtigung!) Daher möchte ich hier mitwirken. (Beifall bei der SPÖ.)

22.33

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über die Beratungsgruppe XI. (Abg. Ing. Westenthaler: Die halbe SPÖ fehlt! – Abg. Dr. Khol: Gusenbauer, Verzetnitsch, Nürnberger ...! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Ich bitte um Aufmerksamkeit! Es ist dies ein längerer Abstimmungsvorgang, und ich glaube, es ist gleichzeitig auch ein wichtiger. Ich bitte um etwas Ruhe! (Präsident Dr. Fasslabend gibt das Glockenzeichen.)

Wir kommen nun zur Abstimmung über die Beratungsgruppe XI des Bundesvoranschlages für das Jahr 2001.


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Diese umfasst die Kapitel 50 bis 56 und 58 des Bundesvoranschlages in 310 der Beilagen in der Fassung des Spezialberichtes in 370 der Beilagen.

Dazu haben die Abgeordneten Dr. Stummvoll, Mag. Trattner und Genossen einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht.

Ich werde zunächst über die vom Zusatzantrag, danach über die vom Abänderungsantrag betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten finanzgesetzlichen Ansätze der Beratungsgruppe XI abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Dr. Stummvoll, Mag. Trattner und Genossen haben einen Zusatzantrag eingebracht, der sich auf die Einfügung neuer Voranschlagssätze in Kapitel 55 bezieht.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die sich dafür aussprechen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Ferner haben die Abgeordneten Dr. Stummvoll, Mag. Trattner und Genossen einen Abänderungsantrag hinsichtlich mehrerer Ansätze der Kapitel 50 bis 53 samt den durch die Änderungen bedingten Summenbetragsänderungen eingebracht.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die sich dafür aussprechen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Ich stelle fest, das ist ebenfalls die Mehrheit und damit angenommen.

Nunmehr gelangen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten finanzgesetzlichen Ansätze der Beratungsgruppe XI.

Diese umfasst die Kapitel 50 bis 56 und 58 des Bundesvoranschlages in 310 der Beilagen in der Fassung des Spezialberichtes in 370 der Beilagen.

Jene Mitglieder des Hohen Hauses, die dafür sind, ersuche ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Ich stelle fest, das ist mit Mehrheit angenommen.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Text des Bundesfinanzgesetzes samt Titel und Eingang in 310 der Beilagen in der Fassung des Ausschussberichtes in 370 der Beilagen.

Dazu haben die Abgeordneten Dr. Stummvoll, Mag. Trattner und Genossen einen Abänderungsantrag eingebracht.

Ich werde zunächst über die von dem erwähnten Abänderungsantrag betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Textes des Bundesfinanzgesetzes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Dr. Stummvoll, Mag. Trattner und Genossen haben einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf die Schlusssummen in Artikel I sowie in Artikel VI Abs. 1 des Textes des Bundesfinanzgesetzes bezieht.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein bejahendes Zeichen. – Ich stelle fest, das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Ich lasse nunmehr über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Textes des Bundesfinanzgesetzes samt Titel und Eingang in 310 der Beilagen in der Fassung des Ausschussberichtes in 370 der Beilagen abstimmen.

Jene Damen und Herren, die dafür sind, ersuche ich um ein Zeichen. – Ich stelle neuerlich fest, dass eine Mehrheit gegeben ist und dass es damit angenommen ist.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über die zum Bundesfinanzgesetz gehörenden Anlagen, soweit über diese noch nicht abgestimmt worden ist.


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Es sind dies die Zusammenfassung nach Gruppen und Kapiteln der Anlage I und der Anlagen Ia bis Ic, Gesamtübersichten, unter Berücksichtigung der sich aus den Spezialberichten in 370 der Beilagen ergebenden Abänderungen, weiters die Anlage II, Stellenplan, in der Fassung des Ausschussberichtes 370 der Beilagen, ferner die Anlage III, Fahrzeugplan, in der Fassung der Regierungsvorlage 310 und Zu 310 der Beilagen.

Die Abgeordneten Dr. Stummvoll, Mag. Trattner und Genossen haben einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf die Anlage II, Stellenplan, Teil II.A sowie Annex, Teil 1, und die Anlage III, Fahrzeugplan, Abschnitt II.1, bezieht.

Da zu den oben erwähnten Anlagen des Bundesfinanzgesetzes nur dieser eine Antrag eingebracht wurde, werde ich sogleich über die zum Bundesfinanzgesetz gehörenden Anlagen, soweit über diese noch nicht abgestimmt wurde, in 310 und Zu 310 der Beilagen in der Fassung des Ausschussberichtes in 370 der Beilagen unter Berücksichtigung des erwähnten Abänderungsantrags der Abgeordneten Dr. Stummvoll, Mag. Trattner und Genossen abstimmen lassen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich dafür aussprechen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Ich stelle fest, dass dies die Mehrheit ist und dass es damit angenommen ist.

Damit ist die zweite Lesung über das Bundesfinanzgesetz 2001 samt Anlagen beendet.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Ich stelle fest, diese Zustimmung erfolgt mit Mehrheit. Das Gesetz ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Damit ist das Budget für das Jahr 2001 verabschiedet. (Anhaltender Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Die Abgeordneten Ing. Westenthaler und Dr. Khol begeben sich zur Regierungsbank und reichen Bundesminister Mag. Grasser die Hand.)

Die Tagesordnung ist erschöpft – Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren, noch nicht, wie ich hoffe. Wir haben nämlich noch eine Kurzdebatte vor uns.

Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Wir gelangen nunmehr zur Verhandlung über den Antrag des Abgeordneten Dr. Pilz auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses betreffend Verantwortlichkeit des Bundesministers für Inneres für die illegale Weitergabe von Daten aus seinem Ressortbereich.

Dieser Antrag wurde inzwischen an alle Abgeordneten verteilt.

Der Antrag hat folgenden Wortlaut:

Antrag

des Abgeordneten Pilz, Freunde und Freundinnen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses gemäß § 33 GOG

Der Nationalrat wolle beschließen:

Zur Untersuchung folgender Gegenstände wird ein Untersuchungsausschuss eingesetzt:

1. Verantwortlichkeit des Bundesministers für Inneres für die illegale Weitergabe von Daten aus seinem Ressortbereich.


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2. Organisationsmängel im Bereich der Sicherheitsbehörden, die dazu geführt haben, dass jahrelang unbemerkt personenbezogene Daten an dazu nicht Berechtigte weitergegeben wurden.

Zusammensetzung: 5 SPÖ, 4 ÖVP, 4 FPÖ, 1 Grüne.

In formeller Hinsicht verlangen die unterfertigten Abgeordneten die Durchführung einer Debatte über diesen Antrag.

*****

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Wir gehen nunmehr in die Debatte ein.

Im Sinne des § 57 Abs. 1 GOG beträgt die Redezeit in der Debatte 5 Minuten, wobei dem Erstredner 10 Minuten zur Verfügung stehen. Stellungnahmen von Mitgliedern der Bundesregierung sollen gleichfalls nicht länger als 10 Minuten dauern.

Das Wort erhält zunächst der Antragsteller, Herr Abgeordneter Dr. Pilz. – Bitte.

22.41

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die politische Kultur in diesem Haus hat sich nachhaltig geändert. Ich habe eine Verabschiedung des österreichischen Bundeshaushaltes in der Art des Obersten Sowjets, wo von der Regierungsbank herunter geklatscht wird, eigentlich noch nie erlebt. (Allgemeine Heiterkeit.)

Nein, ich will keinen Untersuchungsausschuss über die Art der Verabschiedung des Budgets einsetzen. Ich bitte, das nicht misszuverstehen. (Abg. Dr. Khol: Wie war denn das beim Obersten Sowjet? Haben Sie auch den Boden in Moskau geküsst?)

Das ist interessant: Man braucht nur "Oberster Sowjet" zu sagen – und schon wird sogar Herr Abgeordneter Khol wieder munter. – Ich begrüße Sie wieder unter den Lebenden! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Abg. Dr. Khol: Der war bei den Kolchosen! – Abg. Schieder: Schade, dass der Busek nicht da ist, da hättet ihr die "Internationale" auch noch singen können!)

Was allerdings den Obersten Sowjet bei einer bestimmten Art der Klubführung und der Koalitionsdisziplin betrifft, so könnten wir dieses Thema ein anderes Mal erörtern. Ich widme mich dem Thema Untersuchungsausschuss und versuche wieder eine Begründung.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wer nicht untersuchen will, muss nachsitzen, und das wird nicht das letzte Mal sein. Wir werden diesen Antrag, befürchte ich, noch einige Male stellen müssen, und zwar aus einem sehr einfachen Grund: Immer wenn plenarfrei ist, bekommen wir eine Aufforderung, einmal vom Landeshauptmann von Kärnten, einmal vom Klubobmann der Freiheitlichen Partei, ungefähr folgendermaßen lautend: Ja, wir verlangen einen Untersuchungsausschuss, um die Verschwörung gegen die Freiheitliche Partei endlich lückenlos aufzuklären. Gefälschte Briefe, ihr Amt missbrauchende Generaldirektoren, die Freiheitlichen verfolgende Staatsanwälte und Richter und vieles andere mehr. – Das muss dringend immer dann untersucht werden, wenn der Nationalrat nicht zusammentritt. Kaum tritt der Nationalrat zusammen, ändert sich kurzfristig die Meinung, und es darf nicht mehr untersucht werden.

Meine Damen und Herren! Sie geben dem Untersuchungsausschuss damit sachlich eine gewisse Chance. Je länger Sie ihn verzögern, desto mehr Material findet sich. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler positioniert auf seinem Platz ein Bild des Musikers Richard Egües und sagt: Der Gusenbauer! – Heiterkeit bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Mertel  – in Richtung des Abg. Ing. Westenthaler –: Sie sind ziemlich primitiv!)


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Je länger Sie ihn verzögern, desto mehr wird ermittelt und auf desto mehr Akten, Zeugenaussagen und sonstiges Material können wir zurückgreifen. Insofern habe ich ein gewisses Verständnis für Ihren Beitrag zur Aufklärung, sonst – rein parlamentarisch – nicht.

Im Namen von Dr. Jörg Haider, von Ing. Peter Westenthaler, aber auch im Namen des Ansehens des österreichischen Rechtsstaates ersuche ich Sie ein weiteres Mal, unserem Antrag auf Untersuchungsausschuss zuzustimmen. Wenn Sie es nicht tun: Der nächste Antrag, die nächsten Beweise, die nächsten Zeugenaussagen kommen bestimmt. Wenn Sie unbedingt die ersten Anklagen abwarten wollen, ist das Ihre Sache.

Herr Dr. Khol! Spätestens dann – Sie wissen es, wir haben es zweimal gemeinsam erlebt, Sie lassen es auf ein drittes Mal ankommen – ist es so weit. Wir sehen uns im Untersuchungsausschuss über die Spitzelaffäre wieder. Die einzige Frage, die jetzt offen ist, ist, dem wievielten Antrag eine Mehrheit dieses Hauses zustimmt. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

22.45

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Für die nun folgenden Redner beträgt die Redezeit 5 Minuten. Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Jarolim. – Bitte.

22.45

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach dieser "ergreifenden" und "beeindruckenden" Zeremonie, die Sie hier vollbracht haben, als Sie das Budget verabschiedet haben und sich wechselseitig Applaus gespendet haben, hätte ich mir eigentlich erwartet – es hat an sich mit dem Thema nicht unmittelbar etwas zu tun, aber es hat sehr vieles nicht mit den Themen zu tun gehabt, die diskutiert worden sind –, da Herr Schüssel die Vergangenheit des Landes so groß gedeutet hat, dass Sie – und das möchte ich bei dieser Gelegenheit sagen, weil es meines Erachtens dazu gehört, damit ins Reine zu kommen – einmal gemeinsam hinuntergehen in den ÖVP-Klub, denn dort hängt eine Zeichnung, ein Bild zur Verherrlichung des Austrofaschismus – das des Herrn Dollfuß –, und das hätten Sie abhängen können.

Meine Damen und Herren! Sie gestatten, dass ich heute diese Diskussion zum Anlass nehme, Ihnen das zu sagen, weil das eine der größten Schanden in diesem Haus ist! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Sie tun hier großartig auf staatsmännisch und erklären den ganzen Tag, dass Sie das Land saniert haben. Sie sollten dieses unerträgliche Bild endlich einmal abhängen! Wenn Sie das getan haben, dann können Sie sich herstellen und uns erklären, wie es in diesem Land weitergehen soll.

Ich kann mich kurz halten. Ich glaube, Sie können den Antrag niederstimmen. Es wird sicherlich so sein, dass die Justiz trotzdem ermittelt. Die Sicherheitsbehörden, gegen die Sie An- und Ausfälle zulassen, werden ihre Ergebnisse abliefern, und dann wird das kommen, was kommen muss: Es werden die einen oder anderen Reihen gelichtet sein.

Herr Khol! Ich persönlich verstehe nicht, wie die ÖVP, wie Sie nicht nur als Jurist, sondern auch als Hochschullehrer einem Treiben zuschauen können, das meines Erachtens mit Redlichkeit schon lange nichts mehr zu tun hat. Ich muss sagen, ich habe es mir zwar nicht unmittelbar von Ihnen erwartet, aber erstaunt bin ich schon, dass Sie eigentlich so gut wie überhaupt nichts in die Diskussion einwerfen, überhaupt nichts, was dem Rechtsstaat in irgendeiner Weise dient, sondern einfach höhnisch zuschauen, wie das Konzept der FPÖ – das mittlerweile auch eines von Ihnen geworden ist, das muss man mit Bedauern sagen – durchgezogen wird, wie mit Ignoranz durchs Land gegangen wird. Sie versuchen ganz einfach, mit allen möglichen zur Verfügung stehenden Mitteln der Macht das Recht zu beugen und das herbeizuführen, was Sie haben wollen: zu erzwingen, dass die Straftäter, die in diesem Land herumlaufen, ganz einfach nicht vor den Richter kommen. Das ist eine Schande, die Sie zu vertreten haben. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Dr. Mertel  – in Richtung des Abg. Ing. Westenthaler, auf dessen


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Platz immer noch das Bild des Sängers Richard Egües positioniert ist –: Das ist ein primitiver Mensch!)

Vielleicht nur ganz kurz, weil es dem einen oder anderen ... Ich werden dann meine Ausführungen beenden, da ich glaube, dass es an sich überflüssig ist, so wie die Diskussion verläuft und Ihr Abstimmungsverhalten sein wird, Sie noch weiter mit Fakten zu konfrontieren. (Abgeordnete der Freiheitlichen stehen in den Reihen und diskutieren beziehungsweise betrachten das auf dem Platz des Abg. Ing. Westenthaler stehende Bild. – Abg. Schieder: Ist noch Sitzung?)

Aber etwas sollten Sie nicht vergessen. (Unruhe im Saal.) Dieser Brief, der da aufgetaucht ist, der sich als plumpe Fälschung herausgestellt hat, von dem der ehemalige Klubobmann
Haider sofort erklärt hat, das sei eine Fälschung, von dem wir alle wissen – das kleinste Kind im Land –, dass er offensichtlich nur den Zweck hatte, deshalb gefunden zu werden, um alle anderen Beweismittel als genauso unglaubwürdig abzustempeln, dieser Brief ist nicht der Erste in einer Geschichte, die uns zeigt, wie die FPÖ und Haider mit Dingen umgehen können.

In der letzten Ausgabe des "profil" ist ein Bericht über die Bespitzelung, über den Lauschangriff, den Haider im Jahre 1998 behauptet hat, als er erklärt hat, er würde auf der Frequenz 172,72 von Geheimdiensten bespitzelt werden. Sie können sich bestimmt noch daran erinnern, damals hat es sogar eine Dringliche zu diesem Thema gegeben. – Dann hat sich herausgestellt, dass diese Frequenz die Frequenz der Feuerwehr und nicht des Innenministeriums ist, wie die FPÖ behauptet hat. Es hat anschließend eine Recherche gegeben, und im Rahmen dieser Recherche hat sich herausgestellt – und jetzt liegt die Aussage eines Privatdetektivs vor –, dass er ihm die Anlage, von der damals Herr Haider bespitzelt wurde, geliehen hat. (Rufe bei der SPÖ: Oh!)

Meine Damen und Herren! Dieser Skandal, nämlich zu behaupten: Ich werde bespitzelt!, und nachher stellt sich heraus, dass die Anlage, mit der bespitzelt worden ist, ausgeliehen war, zeigt meines Erachtens eindeutig, welche Handschrift in diesem gegenständlichen Verfahren zu verfolgen ist. Das ist eine Schande – nicht nur für die FPÖ, sondern auch für die ÖVP. (Abg. Dr. Heindl: Peinlich für die ÖVP!) Ich kann Ihnen sagen: Der Reputation dieses Landes, die Sie immer so hoch heben, tun Sie damit keinen Dienst – aber das ist Ihre Verantwortung. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

22.50

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Öllinger.

Ich ersuche gleichzeitig die Damen und Herren des Hauses, auch wenn die Stunde schon vorgerückt ist, um so viel Aufmerksamkeit, dass man den Redner hört und dass es auch den Prinzipien der Höflichkeit entspricht!

Bitte, Herr Abgeordneter Öllinger.

22.51

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Ich hoffe, ich werde mich angesichts der fortgeschrittenen Stunde bemerkbar machen können. Erlauben Sie mir nur noch zwei Bemerkungen: Die eine Bemerkung: Sturm-Graz dürfte soeben wieder verloren haben. Das könnte möglicherweise damit zusammenhängen, dass immer dann, wenn sich die Frau Vizekanzlerin im Stadion aufhält, auch das Match verloren geht. (Heiterkeit und Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Rufe bei der ÖVP: Sehr "lustig"!)

Meine Damen und Herren! Ich würde deshalb empfehlen, dies zum Anlass zu nehmen, um ernsthaft darüber nachzudenken, ob man Herrn Klubobmann Westenthaler, der ja auch öfter Stadionambitionen hat, nicht doch manchmal eine Dispens gibt. Die Anwesenheit des Herrn Westenthalers im Stadion wird sicher die Sturm-Spieler auch zu angstgetriebenen Meisterleistungen bringen. (Abg. Mag. Kukacka: Ihr habt ja überhaupt keine Argumente mehr!)

Gestatten Sie mir eine zweite Bemerkung (Abg. Mag. Kukacka: Der ist ja geistig völlig weggetreten! – Abg. Dr. Pumberger: Ziemlich schwach, heute!): Es ist schon auffällig, dass den Re


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gierungsparteien, wenn wir über einen Untersuchungsausschuss diskutieren, inzwischen jedes Wort fehlt.

Meine Damen und Herren von den Freiheitlichen und der ÖVP! Sie sind sprachlos geworden. Auffällig dabei ist, dass immer dann, wenn Vertreter der Regierungsparteien – wie zuletzt Herr Generalsekretär Sichrovsky – im Fernsehen dazu sprechen dürfen, sie sich "selbstverständlich" für einen Untersuchungsausschuss aussprechen, weil die Freiheitliche Partei ja nichts zu verbergen habe in dieser Causa – und das werde man auch den Parteifreunden so empfehlen. (Abg. Gaugg: Alles zu seiner Zeit!)

Meine Damen und Herren! Wir haben heute erlebt, dass die Frau Vizekanzlerin offensichtlich nicht nur bei Sturm-Graz versagt hat, sondern schon gestern Abend beziehungsweise in der Nacht in der Causa Schnell. Wir erleben, dass die Spitzen der Freiheitlichen Partei – inklusive ihres Generalsekretärs Sichrovsky – sich offensichtlich in der Partei mit ihrer Wohlmeinung zu einem Untersuchungsausschuss nicht durchsetzen können. (Abg. Dr. Khol: Herr Präsident! Zur Sache!)  – Herr Khol! Ich spreche zur Sache. (Abg. Dr. Khol: Nein! Es geht nicht um Sturm-Graz, es geht um den Untersuchungsausschuss!) Es geht um den Untersuchungsausschuss. Ich habe soeben darauf hingewiesen, dass sich auch Herr Sichrovsky in dieser Causa nicht durchsetzen kann.

Es wird interessant sein, festzustellen, wie die Österreichische Volkspartei es in den nächsten Wochen schaffen wird, ihren Wählerinnen und Wählern zu vermitteln, dass sie ja eigentlich ohnehin immer für den Untersuchungsausschuss war und nur durch die Freiheitliche Partei – wahrscheinlich durch Herrn Sichrovsky – daran gehindert wurde, tatsächlich einem Untersuchungsausschuss zuzustimmen.

Meine Damen und Herren! Es ist auffällig! Sie wollen nicht einmal darüber sprechen, warum Sie zu einem Untersuchungsausschuss "Nein" sagen, und allein das spricht schon Bände. (Beifall bei den Grünen. – Bundesminister Mag. Grasser spricht mit Abgeordneten der Freiheitlichen in den Reihen der Freiheitlichen Partei. – Abg. Nürnberger: Vielleicht kann der Herr Minister seine Konferenz beenden! – Abg. Schieder: Das ist eine Herabwürdigung des Parlaments! Der soll draußen weiterreden, der ist ja kein Abgeordneter!)

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Darf ich noch einmal um etwas Aufmerksamkeit ersuchen? Ich ersuche auch Sie, Herr Abgeordneter Mag. Trattner, wenn es kleinere, doch länger dauernde Konferenzen gibt, diese nicht im Saale durchzuführen, sondern draußen!

Bitte, Herr Abgeordneter Öllinger.

Abgeordneter Karl Öllinger (fortsetzend): Danke, Herr Präsident. Ich nehme an, die Kolleginnen und Kollegen von der Freiheitlichen Partei diskutieren gerade darüber, ob sie nicht doch dem Untersuchungsausschuss zustimmen wollen. (Anhaltende Unruhe im Saal.)

Meine Damen und Herren! Sie können sicher sein, dass dies nicht die letzte Debatte über den Untersuchungsausschuss ist, und ich versichere Ihnen: Es wird noch genügend Möglichkeiten und auch Fakten geben, die Sie dazu beflügeln werden, einem Untersuchungsausschuss zuzustimmen. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

22.55

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen. (Abg. Dr. Van der Bellen hat sich zur Geschäftsordnung zu Wort gemeldet. – Abg. Ing. Westenthaler: Die Debatte ist geschlossen! Keine Wortmeldung mehr! Nicht schlafen! – Heftige Zwischenrufe bei den Grünen und der SPÖ.)

Da die Meldung zu einem Zeitpunkt erfolgt ist, wo ich es zwar bereits ausgesprochen, aber gleichzeitig ... (Neuerliche heftige Zwischenrufe bei den Grünen und der SPÖ. – Rufe bei der SPÖ: Das ist nicht wahr!)  – Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie mir die Möglichkeit geben würden, auszusprechen. Ich war im Begriff, zu sagen: Da ich es ausgesprochen habe, gleichzeitig aber bereits die Hand des Herrn Abgeordneten Van der Bellen in die Höhe gegangen ist,


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
51. Sitzung / Seite 178

möchte ich gerne seine Wortmeldung zur Geschäftsordnung entgegennehmen. (Abg. Schieder: Das ist außerdem Wurscht, ob die Debatte geschlossen ist oder nicht! – Abg. Mag. Trattner: Sie schreiben die Geschäftsordnung nicht um, Herr Schieder! Sie nicht!)

Bitte, Herr Abgeordneter Van der Bellen.

22.56

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Zum Ende der Sitzung möchte ich nur meine Bestürzung darüber zum Ausdruck bringen, dass Sie es während einer normalen Parlamentsdebatte zugelassen haben, dass sich hier ein Kaffeehaus etabliert. (Heftige Zwischenrufe.)

Herr Präsident! Ich frage Sie: Was wäre passiert, wenn die sozialdemokratische Fraktion und die grüne Fraktion während der Budgetdebatte das Gleiche gemacht hätten? Das möchte ich gerne wissen. Das, was Sie hier geboten haben, ist wirklich eine Herabwürdigung des Parlaments. Ich muss mich in aller Form dagegen verwahren, dass das Präsidium das zulässt. Das bestürzt mich wirklich tief! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

22.57

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Herr Abgeordneter Van der Bellen! Ich kann Ihnen dazu sagen, dass ich mich dann genauso verhalten hätte beziehungsweise habe wie in diesem Falle. (Abg. Edlinger: Das ist aber schlecht! Das ist ganz schlecht! – Abg. Ing. Westenthaler: Platz, Edlinger!)

Meine Damen und Herren! Ich ersuche Sie, die Debatte dann draußen weiterzuführen.

Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag des Abgeordneten Dr. Pilz auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses. (Rufe bei der SPÖ: Das gibt es ja nicht! – Anhaltende Unruhe im Saal.)

Meine Damen und Herren! Es tut mir Leid, aber es ist keine Wortmeldung mehr vorgelegen, es ist mir auch mündlich keine Nachricht zugekommen. Es hat hier offensichtlich ein Missverständnis gegeben. Ich bitte die Herren Klubobmänner zu einer kurzen Stehpräsidiale zu mir.

Die Sitzung ist unterbrochen.

(Die Sitzung wird um 22.58 Uhr unterbrochen und um 23.02 Uhr wieder aufgenommen. )

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf.

Ich habe in der kurzen Präsidiale die Tatsache besprochen, dass es keine Wortmeldung mehr gegeben hat, dass keine mehr vorgelegen ist und dass damit die Debatte auch tatsächlich geschlossen ist.

Es ist zwar Herr Abgeordneter Pilz gekommen und hat noch eine Wortmeldung abgegeben, diese ist mir jedoch weder zur Kenntnis gebracht worden, noch ist sie geschäftsordnungsmäßig vorgesehen, weil es schon eine Begründung gegeben hat und beide Fraktionen, die sich dazu gemeldet haben, ihre Wortmeldung abgegeben haben. Das ist der eine Punkt. (Abg. Ing. Westenthaler: Zu spät! Wer zu spät kommt, den straft das Leben!)

Der zweite Punkt, auf den ich auch noch ganz kurz hinweisen möchte: Ich habe in diesem Haus Debatten unterschiedlichster Qualität erlebt, auch mit sehr unterschiedlichen Geräuschpegeln. (Abg. Dr. Mertel: Mit Bildern!) Dieser Geräuschpegel ist von allen Seiten dieses Hauses je nach der Situation manchmal zweifellos auch über dem Zumutbaren gelegen. Ich habe hier nie einen anderen Maßstab angelegt – egal, von welcher Seite das gekommen ist. Ich bitte, auch das zur Kenntnis zu nehmen!


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
51. Sitzung / Seite 179

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Antrag des Abgeordneten Dr. Pilz auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, das durch ein Zeichen zu bekunden. – Ich stelle fest: Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Einlauf

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Ich gebe noch bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 347/A bis 349/A eingebracht wurden.

Ferner sind die Anfragen 1636/J bis 1649/J eingelangt.

*****

Die nächste Sitzung des Nationalrates, die für Donnerstag, den 14. Dezember 2000 um 9.30 Uhr in Aussicht genommen ist, wird auf schriftlichem Wege einberufen werden.

Diese Sitzung ist geschlossen.

Schluss der Sitzung: 23.04 Uhr