Stenographisches Protokoll

67. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

XX. Gesetzgebungsperiode

 

Donnerstag, 20. März 1997

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Stenographisches Protokoll

67. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XX. Gesetzgebungsperiode Donnerstag, 20. März 1997

Dauer der Sitzung

Donnerstag, 20. März 1997: 9.01 – 22.44 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Bericht über das Universitäts-Studiengesetz – UniStG,

den Antrag 115/A (E) der Abgeordneten Mag. Herbert Haupt und Genossen betreffend Psychologenausbildung und über

den Antrag 141/A (E) der Abgeordneten Dr. Alois Pumberger und Genossen betreffend Einrichtung des eigenständigen Studiums der Zahnmedizin mit dem Wintersemester 1966/97

2. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Hochschülerschaftsgesetz 1973 geändert wird

3. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Forschungsorganisationsgesetz – FOG geändert wird

4. Punkt: Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Fürstentum Liechtenstein über Gleichwertigkeiten im Bereich der Reifezeugnisse und des Hochschulwesens samt Anlagen

5. Punkt: Notenwechsel zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Italienischen Republik über die gegenseitige Anerkennung akademischer Grade und Titel samt Anlage

6. Punkt: Protokoll über die Fortführung der Aktion Österreich – Slowakei, Wissenschafts- und Erziehungskooperation

7. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Fernmeldegesetz 1993 geändert wird

8. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Austro-Control-Gesetz geändert wird

9. Punkt: Schiffahrtsgesetz

10. Punkt: Wirtschaftskommission für Europa; Transeuropäische Eisenbahn (TER); Verlängerung des Kooperationsübereinkommens über den Treuhandfonds

11. Punkt: Änderungen zum Übereinkommen über internationale Beförderungen leicht verderblicher Lebensmittel und über die besonderen Beförderungsmittel, die für diese Beförderung zu verwenden sind (ATP)


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67. Sitzung / Seite 2

12. Punkt: Petition Nr. 13 betreffend "20 Jahre Fluglärm sind genug – Die Donaustadt fordert ihr Recht", überreicht vom Abgeordneten Josef Edler

13. Punkt: Bericht über ein Bundesgesetz, mit dem das Regionalradiogesetz geändert wird, und

über den Antrag 378/A (E) der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen betreffend Frequenzplanung und Bedarfserhebung für Privatradio

14. Punkt: Kabel- und Satelliten-Rundfunkgesetz

15. Punkt: Bundesgesetz, mit dem die als Bundesgesetz geltende Verordnung über die Errichtung und den Betrieb von Rundfunk- und Fernsehrundfunk-Empfangsanlagen geändert wird

16. Punkt: Erste Lesung des Antrages 375/A der Abgeordneten Dr. Hans Peter Haselsteiner und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Börsegesetz 1989 geändert wird

17. Punkt: Erste Lesung des Antrages 377/A der Abgeordneten Hermann Böhacker und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird

18. Punkt: Wahl in die Parlamentarische Versammlung des Europarates

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Inhalt

Nationalrat

Mandatsverzicht des Abgeordneten Dkfm. Kurt Ruthofer 13

Angelobung des Abgeordneten Reinhart Gaugg 13

Personalien

Verhinderungen 13

Geschäftsbehandlung

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung 1770/AB gemäß § 92 Abs. 1 der Geschäftsordnung 32

Durchführung einer kurzen Debatte gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung 151

Redner:

Karl Öllinger 151

Bundesminister Rudolf Edlinger 153

Dr. Ilse Mertel 154

Maria Rauch-Kallat 155

Hermann Böhacker 156

Dr. Volker Kier 156

Mag. Terezija Stoisits 157

Antrag der Abgeordneten Peter Rosenstingl und Genossen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur näheren Untersuchung der politischen und rechtlichen Verantwortung der zuständigen Bundesminister für Finanzen


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67. Sitzung / Seite 3

im Zusammenhang mit dem An- und Verkauf der HTM-Gruppe gemäß § 33 Abs. 1 der Geschäftsordnung

Bekanntgabe 32

Verlangen gemäß § 33 Abs. 2 der Geschäftsordnung auf Durchführung einer Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG 32

Zurückziehung des Antrages (siehe Amtliches Protokoll)

Absehen von der 24stündigen Frist für das Aufliegen der schriftlichen Ausschußberichte 645, 646 und 647 d. B. gemäß § 44 Abs. 2 der Geschäftsordnung 32

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung 33

Antrag der Abgeordneten Dipl.-Vw. Dr. Dieter Lukesch, DDr. Erwin Niederwieser und Genossen, den Bericht und den Antrag des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Hochschülerschaftsgesetz 1973 geändert wird, gemäß § 73 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung an den Ausschuß für Wissenschaft und Forschung rückzuverweisen – Annahme 38, 87

Unterbrechungen der Sitzung 87, 96, 149

Verlangen auf Durchführung von namentlichen Abstimmungen 95, 149

Antrag der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur Untersuchung von Kartellbildungen und Preisabsprachen im Zusammenhang mit der Vergabe von Straßenbauaufträgen gemäß § 33 Abs. 1 der Geschäftsordnung 216

Bekanntgabe 165

Verlangen gemäß § 33 Abs. 2 der Geschäftsordnung auf Durchführung einer Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG 165

Da der Antragsteller nicht anwesend ist, entscheidet Präsident Dr. Heinz Fischer, daß die Debatte nicht stattfindet 216

Ablehnung des Antrages 216

Antrag der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur näheren Untersuchung der politischen und rechtlichen Verantwortung der zuständigen Bundesminister für Finanzen im Zusammenhang mit dem An- und Verkauf der HTM-Gruppe gemäß § 33 Abs. 1 der Geschäftsordnung 216

Verlangen gemäß § 33 Abs. 2 der Geschäftsordnung auf Durchführung einer Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG 217

Redner:

Peter Rosenstingl 217

Dr. Jörg Haider 218

Ablehnung des Antrages 219


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67. Sitzung / Seite 4

Fragestunde (14.)

Wissenschaft und Verkehr 14

MMag. Dr. Willi Brauneder (11/M); Dr. Gertrude Brinek, Dr. Martina Gredler, Mag. Doris Kammerlander

Dipl.-Vw. Dr. Dieter Lukesch (105/M); Mag. Doris Kammerlander, Mag. Walter Posch, Dr. Martina Gredler, Dr. Michael Krüger

Dr. Martina Gredler (110/M); Werner Amon, Edith Haller, Sonja Ablinger, MMag. Dr. Madeleine Petrovic

Dr. Erwin Niederwieser (107/M); Helmut Haigermoser, Dr. Günther Leiner, Dr. Martina Gredler

Rudolf Anschober (109/M); Helmut Dietachmayr, Mag. Reinhard Firlinger, Jakob Auer, Mag. Thomas Barmüller

Dipl.-Ing. Leopold Schöggl (112/M); Dipl.-Vw. Dr. Dieter Lukesch, Dr. Martina Gredler, Ing. Kurt Gartlehner

Mag. Helmut Kukacka (106/M); Rudolf Anschober, Rudolf Parnigoni, Peter Rosenstingl, Mag. Thomas Barmüller

Bundesregierung

Vertretungsschreiben 13

Wahlen in Institutionen

18. Punkt: Wahl in die Parlamentarische Versammlung des Europarates 215

Ausschüsse

Zuweisungen 31, 212, 215

Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Peter Rosenstingl und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Errichtung des Semmering-Basistunnels (2187/J) 109

Begründung: Peter Rosenstingl 114

Bundesminister Dr. Caspar Einem 119

Debatte:

Mag. Reinhard Firlinger 130

Rudolf Parnigoni 131

Mag. Helmut Kukacka 133

Mag. Thomas Barmüller 135

Rudolf Anschober 138

Dr. Michael Krüger 140

Dkfm. Mag. Josef Mühlbachler (tatsächliche Berichtigung) 142

Franz Hums 143

Mag. Karl Schweitzer 144

Winfried Seidinger 145

Anton Leikam 146


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67. Sitzung / Seite 5

Otmar Brix 147

Hermann Mentil 148

 

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Michael Krüger und Genossen betreffend Unterbindung von Preisabsprachen bei der Vergabe von Großbauvorhaben – Ablehnung 142, 149

Entschließungsantrag der Abgeordneten Peter Rosenstingl und Genossen betreffend Nahverkehrsausbau statt Semmeringbasistunnel – Ablehnung (namentliche Abstimmung) 145, 149

Verhandlungen

Gemeinsame Beratung über

1. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über die Regierungsvorlage (588 d. B.): Universitäts-Studiengesetz – UniStG,

den Antrag 115/A (E) der Abgeordneten Mag. Herbert Haupt und Genossen betreffend Psychologenausbildung und über

den Antrag 141/A (E) der Abgeordneten Dr. Alois Pumberger und Genossen betreffend Einrichtung des eigenständigen Studiums der Zahnmedizin mit dem Wintersemester 1996/97 (638 d. B.) 33

2. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Hochschülerschaftsgesetz 1973 geändert wird (639 d. B.) 33

3. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über die Regierungsvorlage (581 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Forschungsorganisationsgesetz – FOG geändert wird (640 d. B.) 33

4. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über die Regierungsvorlage (412 d. B.): Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Fürstentum Liechtenstein über Gleichwertigkeiten im Bereich der Reifezeugnisse und des Hochschulwesens samt Anlagen (641 d. B.) 33

5. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über die Regierungsvorlage (427 d. B.): Notenwechsel zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Italienischen Republik über die gegenseitige Anerkennung akademischer Grade und Titel samt Anlage (642 d. B.) 33

6. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über die Regierungsvorlage (559 d. B.): Protokoll über die Fortführung der Aktion Österreich – Slowakei, Wissenschafts- und Erziehungskooperation (643 d. B.)33

Redner:

Dr. Michael Krüger 34

DDr. Erwin Niederwieser 35

Dr. Martina Gredler 38

Dipl.-Vw. Dr. Dieter Lukesch 44

MMag. Dr. Madeleine Petrovic 46

Dr. Irmtraut Karlsson 49

Dr. Martin Graf 50


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67. Sitzung / Seite 6

Dr. Gertrude Brinek 53

Bundesminister Dr. Caspar Einem 56

Dr. Volker Kier 57

Sonja Ablinger 58

Dr. Alexander Van der Bellen 59

Werner Amon 61

Dipl.-Ing. Leopold Schöggl 62

Mag. Walter Posch 63

Klara Motter 65

Mag. Dr. Josef Höchtl 66

MMag. Dr. Willi Brauneder 68

Mag. Gisela Wurm 75

Mag. Dr. Udo Grollitsch 76

Dr. Johann Stippel 78

Dr. Alois Pumberger 79

Edith Haller 80

Karl Öllinger 81

Annahme der Gesetzentwürfe in 638 und 640 d. B. 88

Genehmigung der Staatsverträge in 641, 642 und 643 d. B. 99

Annahme der dem schriftlichen Ausschußbericht 638 d. B. beigedruckten Entschließung betreffend Prüfung von innerstaatlichen Maßnahmen zur Verstärkung der internationalen Mobilität der Studierenden (E 49) 98

Entschließungsantrag der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser, Dipl.-Vw. Dr. Dieter Lukesch und Genossen betreffend die Berücksichtigung von Personen, denen Asyl gewährt wurde – Annahme (E 50) 37, 98

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dipl.-Vw. Dr. Dieter Lukesch, DDr. Erwin Niederwieser und Genossen betreffend Anerkennung von Studien an die Ausbildung an Pädagogischen Akademien – Annahme (E 51) 55, 99

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Martina Gredler und Genossen betreffend Aufforderung an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr zur Evaluation der Zeitgemäßheit der Universitätsberechtigungsverordnung – Ablehnung 66, 99

Gemeinsame Beratung über

7. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (591 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Fernmeldegesetz 1993 geändert wird (619 d. B.) 99

8. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (594 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Austro-Control-Gesetz geändert wird (620 d. B.) 99

Redner:

Peter Rosenstingl 100

Rudolf Parnigoni 101

Mag. Thomas Barmüller 103

Dkfm. DDr. Friedrich König 106

Mag. Reinhard Firlinger 108

Kurt Wallner 158

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann 160

Winfried Seidinger 161


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67. Sitzung / Seite 7

Annahme der Gesetzentwürfe in 619 und 620 d. B. 162

Gemeinsame Beratung über

9. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (564 d. B.): Schiffahrtsgesetz (618 d. B.) 162

10. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (344 d. B.): Wirtschaftskommission für Europa; Transeuropäische Eisenbahn (TER); Verlängerung des Kooperationsübereinkommens über den Treuhandfonds (616 d. B.) 162

11. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (437 d. B.): Änderungen zum Übereinkommen über internationale Beförderungen leicht verderblicher Lebensmittel und über die besonderen Beförderungsmittel, die für diese Beförderung zu verwenden sind (ATP) (617 d. B.) 162

12. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über die Petition Nr. 13 betreffend "20 Jahre Fluglärm sind genug – Die Donaustadt fordert ihr Recht", überreicht vom Abgeordneten Josef Edler (621 d. B.) 162

Redner:

Dr. Martin Graf 163

Emmerich Schwemlein 165

Mag. Dr. Udo Grollitsch 166

Johann Kurzbauer 168

Josef Meisinger 170

Mag. Thomas Barmüller 170, 180

Gabriele Binder 172

Mag. Helmut Peter 172

Robert Sigl 175

Andreas Wabl 176, 182

Josef Edler 178

Rudolf Parnigoni 180

Peter Rosenstingl 181

Annahme des Gesetzentwurfes in 618 d. B. 182

Genehmigung der Staatsverträge in 616 und 617 d. B. 183

Kenntnisnahme des Ausschußberichtes 621 d. B. 184

Annahme der dem schriftlichen Ausschußbericht 621 d. B. beigedruckten Entschließung betreffend die Verbesserung der Fluglärmsituation in der Umgebung des Flughafens Wien–Schwechat (E 52) 184

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Martin Graf und Genossen betreffend Nachtflugverbot am Flughafen Wien–Schwechat – Ablehnung 165, 184

Entschließungsantrag der Abgeordneten Andreas Wabl und Genossen betreffend die Verbesserung der Fluglärmsituation in der Umgebung des Flughafens Wien-Schwechat – Ablehnung 177, 184

Gemeinsame Beratung über

13. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (499 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Regionalradiogesetz geändert wird, und


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67. Sitzung / Seite 8

über den Antrag 378/A (E) der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen betreffend Frequenzplanung und Bedarfserhebung für Privatradio (645 d. B.) 184

14. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (500 d. B.): Kabel- und Satelliten-Rundfunkgesetz (646 d. B.) 184

15. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (472 d. B.): Bundesgesetz, mit dem die als Bundesgesetz geltende Verordnung über die Errichtung und den Betrieb von Rundfunk- und Fernsehrundfunk-Empfangsanlagen geändert wird (647 d. B.) 184

Redner:

Ing. Walter Meischberger 184

Dr. Josef Cap 187

Dr. Volker Kier 189

Mag. Helmut Kukacka 192

Dr. Michael Krüger (tatsächliche Berichtigung)197

Ing. Walter Meischberger (tatsächliche Berichtigung) 197

Mag. Terezija Stoisits 197

Peter Schieder 200

Dr. Michael Krüger 203

Mag. Cordula Frieser 206

Annahme der Gesetzentwürfe in 645, 646 und 647 d. B. 207

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Helmut Kukacka, Peter Schieder und Genossen betreffend Entscheidung über das Regionalradio für das Versorgungsgebiet Burgenland – Annahme (E 54) 202, 208

Entschließungsantrag der Abgeordneten Peter Schieder, Mag. Helmut Kukacka und Genossen betreffend Regionalradiogesetz – Annahme (E 53) 202, 208

Entschließungsantrag der Abgeordneten Ing. Walter Meischberger und Genossen betreffend Errichtung einer unabhängigen Bundesmedienanstalt – Ablehnung 204, 208

16. Punkt: Erste Lesung des Antrages 375/A der Abgeordneten Dr. Hans Peter Haselsteiner und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Börsegesetz 1989 geändert wird 209

Redner:

Mag. Helmut Peter 209

Mag. Dr. Maria Theresia Fekter 210

Dr. Alexander Van der Bellen 211

Dr. Ewald Nowotny 212

Zuweisung des Antrages 375/A an den Finanzausschuß 212

17. Punkt: Erste Lesung des Antrages 377/A der Abgeordneten Hermann Böhacker und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird 212

Redner:

Hermann Böhacker 212

Mag. Walter Guggenberger 213

Karl Donabauer 214

Dr. Volker Kier 214


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67. Sitzung / Seite 9

Zuweisung des Antrages 377/A an den Ausschuß für Arbeit und Soziales 215

Eingebracht wurden

Petition 31

Petition für eine gesetzliche Anerkennung des Berufes der AltenfachbetreuerInnen und FamilienhelferInnen (Ordnungsnummer 22) (überreicht vom Abgeordneten Mag. Walter Guggenberger)

Regierungsvorlage 30

644: Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994 und das Arbeitsverfassungsgesetz geändert werden

Anträge der Abgeordneten

Dr. Hans Peter Haselsteiner und Genossen betreffend Erhöhung der Transparenz der Entwicklung des Bundeshaushaltes (414/A) (E)

Dr. Hans Peter Haselsteiner und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Rechnungshofgesetz 1948 und das Geschäftsordnungsgesetz 1975 geändert werden (415/A

Edith Haller und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Betriebshilfegesetz geändert wird (416/A

Edith Haller und Genossen betreffend praxisgerechte Begrenzung von Nebeneinkommen bei Karenzgeldbezug (417/A) (E)

Ing. Mag. Erich L. Schreiner und Genossen betreffend Neukodifikation des gesamten Genossenschaftsrechtes (418/A) (E)

Dr. Alois Pumberger und Genossen betreffend erste Konsequenzen aus dem Bericht des Bundesministers für Arbeit und Soziales über die Preisgestaltung auf dem Medikamenten(Heilmittel-)sektor in Österreich unter besonderer Berück-sichtigung der diesbezüglichen Aufgaben und Maßnahmen des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger (Teil I) und über die von Organen des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales durchgeführte Untersuchung betreffend Vergabepraxis des Hauptverbandes und der Krankenversicherungsträger im Bereich Heilbehelfe und Hilfsmittel (Teil II) aufgrund der Entschließung des Nationalrates vom 13. Juni 1996, E 12-NR/XX.GP (III-59 d. B.) (419/A) (E)

Mag. Terezija Stoisits und Genossen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem eine Staatszielbestimmung zur Achtung, Bewahrung, Förderung und zum Schutz der sprachlichen und kulturellen Vielfalt der Republik Österreich in das Bundes-Verfassungsgesetz in der Fassung von 1929 eingefügt wird (420/A) (E)


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67. Sitzung / Seite 10

Mag. Helmut Peter und Genossen betreffend Novellierung des Urlaubsgesetzes (421/A

Peter Rosenstingl und Genossen betreffend Durchführung einer Prüfung durch den Rechnungshof gemäß § 99 (1) GOG (422/A)

Mag. Thomas Barmüller und Genossen betreffend eine Machbarkeitsstudie über Strategische Umweltprüfungen für Pläne und Programme (423/A) (E)

Mag. Thomas Barmüller und Genossen betreffend die Erarbeitung von Leitlinien für die Strategische Umweltprüfung von Politiken, Plänen und Programmen (424/A) (E)

Mag. Helmut Peter und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Energieabgabenvergütungsgesetz, Art. 62 des Strukturanpassungsgesetzes 1996, geändert wird (425/A)

Mag. Dr. Heide Schmidt und Genossen betreffend Änderung des Textes der Bundeshymne (426/A) (E)

Mag. Dr. Heide Schmidt und Genossen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz in der Fassung von 1929 geändert wird (427/A

Mag. Helmut Peter und Genossen betreffend Schaffung von Rahmenbedingungen, die die Gründung von Unternehmen erleichtern (428/A) (E)

Anfragen der Abgeordneten

Peter Rosenstingl und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Errichtung des Semmeringbasistunnels (2187/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie betreffend Verpackungsverordnung 1996 (2188/J)

Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Ermahnung des BezInsp. Rauter (2189/J)

Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend die Ausschreibung der Funktion eines Erhebungsgruppenführers beim Hauptzollamt Klagenfurt (2190/J)

Edith Haller und Genossen an die Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz betreffend Bundesländerprojekte für den Ausbau von Kinderbetreuungseinrichtungen aus Bundesgeldern (2191/J)

Hermann Böhacker und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Fehlalarmkostenersatz-Verordnung (2192/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Zurücklegung von durch Gerichte erstatteten Strafanzeigen (2193/J)

Dipl.-Ing. Leopold Schöggl und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Akkreditierung (2194/J)

Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Privatisierung von Sicherheitsdiensten (2195/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic, Sonja Ablinger, Dr. Martina Gredler und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Aufwand für Limitierung von Prüfungswiederholungen (2196/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Studienfortgang und Aufschubrecht in Wehr- und Zivildienst (2197/J)

Mag. Doris Kammerlander und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Liegenschaft der Republik Österreich EZ 1325, Grundbuch 63190 Baierdorf, inklusive Wohnobjekt 8020 Graz, Burenstraße 60a (2198/J)


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67. Sitzung / Seite 11

Dr. Alexander Van der Bellen und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend ökologische Nachbesserung der Elektrizitäts- und Erdgasabgabe (2199/J)

Mag. Therezija Stoisits und Genossen an den Präsidenten des Rechnungshofes betreffend die Kontrolle der Volksgruppenförderung gemäß § 8 Volksgruppengesetz 1976 wegen der versteckten Parteienfinanzierung (2200/J)

Mag. Doris Kammerlander und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend "Bettlerverordnung" (2201/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Bestellung der Burgtheaterdirektorin beziehungsweise des Burgtheaterdirektors (2202/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Ausschluß vom passiven Wahlrecht (2203/J)

Hermann Böhacker und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend leistungsorientierte Besoldung im Finanzressort (2204/J)

Anton Blünegger und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Erstattung von Anzeigen durch die Tiroler Gebietskrankenkasse/Ungleichbehandlungen; Verdacht des Tatbestandes auf Amtsmißbrauch durch Unterlassung gegen den Obman (2205/J)

Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Gendarmerieposten Deutschkreutz (2206/J)

Helmut Haigermoser und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend verstärkte Aktivitäten des CIA im Bereich der Wirtschaftsspionage (2207/J)

Helmut Haigermoser und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend die Verletzung des Datenschutzes seitens der Wirtschaftskammer Kärnten (2208/J)

Hermann Mentil und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Einführung des "Luxemburger Modells" als Maßnahme gegen die Schwarzarbeit in der Bauwirtschaft (2209/J)

Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend rückwirkende Erhöhung der Mindest-Körperschaftsteuer (2210/J)

Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Termin der nächsten Steuerreform (2211/J)

Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Anstieg der Schwarzarbeit (2212/J)

Ing. Monika Langthaler und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie betreffend Finanzierung von Inseraten aus dem Umweltbudget (2213/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend "Pyramidenspiel der Firma Samani Business Group" (2214/J)

Dr. Ilse Mertel und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie betreffend ARGE Familienakademie Oberdrautal (2215/J)


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67. Sitzung / Seite 12

Dr. Gertrude Brinek und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend Schulbau im Augarten, 1020 Wien (2216/J)

Johann Schuster und Genossen an die Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz betreffend Kontrolle von Schweineimporten (2217/J)

Johann Schuster und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Dieselmotorabgase (2218/J)

Johann Schuster und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Dieselmotorabgase (2219/J)

Mag. Gilbert Trattner und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend die Aussagen in der ORF-Pressestunde vom 19. März 1997 zum Termin der Einführung des EURO (2220/J)

Mag. Gilbert Trattner und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Anonymität der Sparbücher (2221/J)

Mag. Gilbert Trattner und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Drittmittelaufträge (2222/J)

Mag. Gilbert Trattner und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend konjunkturbelebende Maßnahmen für die Tiroler Bauwirtschaft (2223/J)

Mag. Gilbert Trattner und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Vermehrung von Planstellen durch das UOG 1993 (2224/J)

Mag. Gilbert Trattner und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Forschungsoffensive durch die der gewerblichen Wirtschaft zur Verfügung gestellte Technologiemilliarde (2225/J)

Franz Lafer und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Büroautomations- und Kommunikationssysteme (BAKS) für die Sicherheitsexekutive (2226/J)

Anfragebeantwortungen

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Karl Schweitzer und Genossen (1832/AB zu 1887/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann und Genossen (1833/AB zu 1846/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (1834/AB zu 1851/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Anton Blünegger und Genossen (1835/AB zu 1858/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Werner Kummerer und Genossen (1836/AB zu 1914/J)


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67. Sitzung / Seite 13

Beginn der Sitzung: 9.01 Uhr

Vorsitzende: Präsident Dr. Heinz Fischer, Zweiter Präsident Dr. Heinrich Neisser, Dritter Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder.

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf Sie herzlich begrüßen, bitte Sie, Platz zu nehmen, und eröffne die 67. Sitzung des Nationalrates.

Für den heutigen Sitzungstag als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Dr. Preisinger, Dipl.-Ing. Prinzhorn, Dr. Ofner, Hans Helmut Moser, Elmecker, Mag. Haupt, Ing. Nußbaumer und Fink.

Mandatsverzicht und Angelobung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Von der Bundeswahlbehörde ist die Mitteilung eingelangt, daß Herr Abgeordneter Dkfm. Kurt Ruthofer auf sein Mandat verzichtet hat. Weiters wurde Herr Reinhart Gaugg in den Nationalrat berufen.

Da der Wahlschein des Genannten vorliegt und dieser auch im Hohen Hause anwesend ist, werde ich sogleich die Angelobung vornehmen.

Nach der Verlesung der Gelöbnisformel durch die Schriftführerin wird der Mandatar seine Angelobung mit den Worten "Ich gelobe" zu leisten haben.

Ich bitte Sie, sich von den Sitzen zu erheben, und ersuche die Schriftführerin, Frau Abgeordnete Apfelbeck, um die Verlesung der Gelöbnisformel.

Schriftführerin Ute Apfelbeck: "Sie werden geloben unverbrüchliche Treue der Republik Österreich, stete und volle Beobachtung der Verfassungsgesetze und aller anderen Gesetze und gewissenhafte Erfüllung Ihrer Pflichten."

Abgeordneter Reinhart Gaugg (Freiheitliche): Ich gelobe.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich begrüße den neuen Abgeordneten herzlich in unserer Mitte. (Allgemeiner Beifall.)

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Für diese Sitzung hat das Bundeskanzleramt über eine Entschließung des Herrn Bundespräsidenten betreffend die Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung wie folgt Mitteilung gemacht:

Frau Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten Elisabeth Gehrer wird durch Herrn Bundesminister Dr. Werner Fasslabend vertreten.

Ich bitte um Kenntnisnahme.

Fragestunde

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen zur Fragestunde.

Ich beginne jetzt – um 9.02 Uhr – mit dem Aufruf der Anfragen.


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67. Sitzung / Seite 14

Bundesministerium für Wissenschaft und Verkehr

Präsident Dr. Heinz Fischer: Die erste Anfrage an den Herrn Wissenschaftsminister formuliert Herr Abgeordneter Dr. Brauneder. – Bitte, Herr Abgeordneter.

Abgeordneter MMag. Dr. Willi Brauneder (Freiheitliche): Herr Bundesminister! Gestatten Sie mir folgende Frage:

111/M

Welche konkrete Haltung nehmen Sie – insbesondere unter dem Aspekt einer sparsamen Verwaltung – in der Diskussion über die Errichtung eines Bildungsministeriums ein?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, ich bitte um Beantwortung.

Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr Dr. Caspar Einem: Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Abgeordneter! Ich darf mir zunächst den Hinweis erlauben, daß ich im Zusammenhang mit der Diskussion um ein allfälliges Bildungsministerium nicht wirklich Aspekte der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit angesprochen sehe. Die Frage, um die es dabei geht, ist eine Frage der politischen Schwerpunktsetzung in der Zusammenführung bestimmter Verwaltungseinheiten – da oder dort. Im Ergebnis handelt es sich, was die Frage der Wirtschaftlichkeit betrifft, zunächst um ein Nullsummenspiel, das weder Vorteile noch Nachteile auf der Wirtschaftlichkeitsebene verspricht.

In der Sache bin ich allerdings der Meinung, daß es sehr gute Gründe dafür gibt, die Zuständigkeit für die Bereiche Universitäten, Wissenschaft, Forschung, Technologie – ich möchte noch darüber hinausgehen und auch den Aspekt der angewandten Politik in einem der am weitesten fortgeschrittenen Bereiche der Technologie, also etwa der Telekom-Wirtschaft, nennen – zusammenzuhalten.

Ich sehe keinen unmittelbaren Anlaß, über die Frage der Auflösung dieses Zusammenhalts zu diskutieren. Mir ist aber andererseits bewußt, daß es Wünsche anderer Fraktionen in dieser Richtung gibt. Ich halte allerdings in der Sache nicht sehr viel davon, so zu tun, als wären die Universitäten ausschließlich eine Fortsetzung der Schule auf anderem Niveau.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke, Herr Bundesminister.

Zusatzfrage? – Bitte.

Abgeordneter MMag. Dr. Willi Brauneder (Freiheitliche): Herr Bundesminister! Gestatten Sie mir noch eine Zusatzfrage, nämlich: Hielten Sie es für sinnvoll, im Falle der Errichtung eines derartigen Bildungsministeriums dem besonderen Aspekt, der spezifischen Rolle der wissenschaftlichen Forschung und Lehre insbesondere an den Universitäten etwa durch einen eigenen Staatssekretär, besser vielleicht sogar durch eine eigene Staatssekretärin, Rechnung zu tragen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr Dr. Caspar Einem: Herr Abgeordneter! Ich habe schon versucht, deutlich zu machen, daß ich keinen besonderen Sinn in der Schaffung dieses Zuständigkeitskonglomerates sehe. Ich bin allerdings – wäre es sozusagen möglich, aus der Sicht eines einzelnen Bundesministers über die Frage der sinnhaften Schaffung von Staatssekretärspositionen nachzudenken – der Auffassung, daß es überall dort, wo etwa eine Mehrzahl von Ministerräten auf EU-Ebene zu bedienen ist, auch sinnvoll sein könnte, an Staatssekretäre zu denken.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke, Herr Bundesminister. – Frau Kollegin Dr. Brinek, bitte.

Abgeordnete Dr. Gertrude Brinek (ÖVP): Herr Bundesminister! Die Debatte um die Nutzung von Synergien im Unterrichts- und Wissenschaftsressort wird vorwiegend unter dem Aspekt, die


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67. Sitzung / Seite 15

Hochschulsektion dem Unterrichtsministerium zuzuordnen oder dafür eine neue Einheit zu bilden, geführt.

Wie würden Sie Synergien bewerten, die nicht nur die Hochschulsektion, sondern auch den Zusammenhang zwischen Hochschule und Forschung, einschließlich des angewandten Teiles, den Sie selbst angeschnitten haben, betreffen und diese Bereiche zusammengeführt sehen? Schließlich hat der Bundeskanzler die Diskussion darüber eröffnet. Wie würden Sie Synergien daraus bewerten?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister.

Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr Dr. Caspar Einem: Werte Frau Abgeordnete! Die Frage, wer diese Diskussion eröffnet hat, ist nur bei kurzfristiger historischer Betrachtung so zu charakterisieren, daß es der Herr Bundeskanzler gewesen wäre.

Unabhängig davon erlaube ich mir den Hinweis, daß die Hauptsynergien, die bei einer Neuordnung des Bundesministeriengesetzes in diesem Sektor erzielbar sind, im Bereich der Verwaltung, im Bereich der Ressortverwaltung am Minoritenplatz gelegen sind. Die Synergien, die sich im inhaltlichen Feld ergeben, vermag ich nicht wirklich zu erkennen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke, Herr Bundesminister. – Frau Dr. Gredler, bitte.

Abgeordnete Dr. Martina Gredler (Liberales Forum): Herr Bundesminister! Sie haben gesagt, ein Bildungsministerium bedeute die Fortsetzung der Schule auf anderem Niveau. Heißt das, daß es in krassem Widerspruch zur Freiheit der Lehre und der Forschung auf dem Universitätssektor steht, und wie können Sie eine Verschulung verhindern?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr Dr. Caspar Einem: Werte Frau Abgeordnete! Sie haben mir jetzt unterstellt, ich hätte gesagt, die Universitäten seien bloß die Fortsetzung der Schule auf anderem Niveau. Das Gegenteil habe ich gesagt! (Abg. Dr. Gredler: Das Bildungsministerium!)

Ich halte es für sinnvoll, deutlich zu machen, daß die Universitäten der Ort der forschungsgeleiteten Lehre sind und im übrigen der Ort, wo erwachsene Menschen die Chance haben sollen, sich sowohl zu bilden als auch Qualifikationen für die nachfolgende Berufstätigkeit zu gewinnen. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Frage der Unabhängigkeit der Lehre und Forschung ist bei der gegebenen Organisationsform, wie mir scheint, durchaus gewährleistet und wird im übrigen auch durch die Entwicklung, die wir nicht zuletzt mit dem UOG 1993 und mit dem heute hier zur Debatte stehenden Universitäts-Studiengesetz eingeleitet haben und fortsetzen wollen, noch weiter in Richtung Autonomie und Selbständigkeit der Hochschulen und ihrer Lehre unterstützt.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke schön, Herr Bundesminister. – Frau Kollegin Kammerlander, bitte.

Abgeordnete Mag. Doris Kammerlander (Grüne): Herr Bundesminister! Wie stehen Sie zur Schaffung eines Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kultur, in dem alle Kulturagenden zusammengeführt werden?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr Dr. Caspar Einem: Frau Abgeordnete! Die Frage, wie sich eine Bundesregierung jeweils gliedert und welche Ministerien dabei geschaffen werden, ist eine Frage, die primär der Herr Bundeskanzler zu entscheiden hat. Ich muß mich daher in dieser Frage einer Antwort enthalten.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke. Damit ist der erste Komplex erledigt.


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Die 2. Anfrage formuliert Herr Abgeordneter Dr. Lukesch. – Bitte sehr.

Abgeordneter Dipl.-Vw. Dr. Dieter Lukesch (ÖVP): Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

105/M

Mit welchen Maßnahmen wollen Sie eine durchgängige Internationalisierung der heimischen Universitäten im Sinne der internationalen Mobilität der Studierenden sicherstellen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr Dr. Caspar Einem: Herr Abgeordneter! Mir ist wie Ihnen an einer Öffnung der österreichischen Universitäten und insbesondere auch an der Unterstützung der Studierenden in ihrer Öffnung zur Welt hin gelegen. Ich denke allerdings, daß das Ziel, das wir hier gemeinsam verfolgen, nicht primär und ausschließlich durch technische Maßnahmen, wie sie heute schon in einer relativ großen Zahl vorhanden sind, erreicht werden kann.

Ein wesentliches Moment, das bis jetzt vielleicht nicht im Vordergrund gestanden, aber von wesentlichem Einfluß darauf ist, ob junge Menschen bereit sind, im Ausland Teile ihres Studiums zu absolvieren, ist, inwieweit sie den Mut und die Bereitschaft aufbringen, sich auf fremde Sprachen und Kulturen einzulassen, und inwieweit sie bereits vor ihrem Studium Gelegenheit bekommen haben, nicht nur über die Grenzen hinaus zu schauen, sondern auch Eindrücke zu gewinnen.

Einerseits glaube ich daher, daß Aktivitäten wie jene, die heute schon da und dort zu beobachten sind, nämlich daß Schüler während oder auch nach der Schulzeit Teile ihrer Schulpflicht im Ausland verbringen, außerordentlich nützlich für diesen Schritt ins Ausland sind. Andererseits hielte ich es für sinnvoll, wenn wir uns daranmachten, Chancen dafür zu bieten, daß sowohl Schüler als auch Schulabsolventen die Gelegenheit erhalten, gewissermaßen "Schnupperanwesenheiten" an ausländischen Bildungseinrichtungen im Ausmaß von bloß einer Wochen oder 14 Tagen zu konsumieren, um dadurch vor Ort zu "kosten" – wenn ich so sagen darf –, ob ihnen das eher Angst macht oder aber aussichtsreich erscheint.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke, Herr Bundesminister.

Zusatzfrage? – Bitte.

Abgeordneter Dipl.-Vw. Dr. Dieter Lukesch (ÖVP): Herr Bundesminister! Das wäre zum Beispiel ein Synergieeffekt zwischen Bildungs- und Universitätsagenden. – Meine Zusatzfrage lautet: Sind in Ihrem Ressort Mittel für sozial bedürftige Studierende vorhanden, um etwa die erhöhten Lebenshaltungskosten bei einem Auslandsstudienaufenthalt abdecken zu können?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr Dr. Caspar Einem: Herr Abgeordneter! Es ist einerseits das Bemühen der Bundesregierung, insgesamt zusammenzuwirken und durch dieses Zusammenwirken entsprechende politische Effekte zu erzielen. Das heißt aber andererseits nicht, daß wir dafür eintreten müssen, nur einen einzigen Minister in der Bundesregierung zu haben, weil dadurch die Synergien am meisten gefördert würden.

Zu Ihrer Frage: Es sind im Bereich des Bundesministeriums für Wissenschaft und Verkehr Mittel für Stipendien vorhanden. Es sind derzeit keine zusätzlichen Mittel – sozusagen in Ergänzung – vorhanden, um etwa in gesonderter Weise eine spezifische finanzielle Förderung für Auslandsstudien anbieten zu können. Wir haben allerdings ins Auge gefaßt, im Rahmen der Förderaktionen, die es im Ressortbereich gibt, Möglichkeiten zu suchen, wie wir spezifische Maßnahmen setzen können, die das Studium im Ausland begünstigen.


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Im übrigen haben wir im Rahmen des Wissenschaftsausschusses vereinbart, daß dem Nationalrat in absehbarer Zeit darüber zu berichten sein wird.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke, Herr Bundesminister. – Frau Mag. Kammerlander, bitte.

Abgeordnete Mag. Doris Kammerlander (Grüne): Ganz im Sinne der Internationalisierung: Was werden Sie tun, Herr Minister, damit das passive Wahlrecht für alle ausländischen Studierenden, so, wie das auch die SPÖ fordert, umgesetzt wird und Gesetz wird?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr Dr. Caspar Einem: Frau Abgeordnete! Wir werden versuchen, unsere ganze Überzeugungskraft für dieses Ziel einzusetzen. Es wird darum gehen, in Verhandlungen mit anderen politischen Parteien dafür eine Mehrheit zu finden.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke, Herr Bundesminister. – Herr Kollege Posch, bitte.

Abgeordneter Mag. Walter Posch (SPÖ): Herr Bundesminister! Mit welchen Maßnahmen wollen Sie die internationale Mobilität und Weltoffenheit der Professoren sicherstellen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr Dr. Caspar Einem: Herr Abgeordneter! Einerseits gibt es heute schon eine ganze Reihe von im System der wissenschaftlichen Gemeinschaft eingebauten Anreizmechanismen für diesen Zweck, nicht zuletzt das sogenannte – wenn auch bei uns unzutreffend so bezeichnete – Freisemester, das vielfach dazu genützt wird, um die Internationalität zu fördern.

Darüber hinaus ist aber nicht zu verkennen, daß etwa im Zusammenhang mit unseren Bemühungen um eine verstärkte Zentrumsbildung, zum Beispiel im Bereich der Technologieförderung, nur durch die Vernetzung mit dem Ausland eine entsprechende Entwicklung der wissenschaftlichen Reputation der Professoren und Institute auch im Inland zu erwarten ist. Ich gehe davon aus, daß diese Mechanismen einen nicht zu unterschätzenden Effekt haben werden.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke, Herr Bundesminister. – Frau Dr. Gredler, bitte.

Abgeordnete Dr. Martina Gredler (Liberales Forum): Herr Bundesminister! Wenn Sie die Mobilität der Studierenden unterstützen, warum wird dann im heute diskutierten UniStG die Festlegung der ECTS-Anrechnungspunkte für Lehrveranstaltungen nicht verpflichtend vorgeschrieben?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr Dr. Caspar Einem: Frau Abgeordnete! Diese Möglichkeit ist im Universitäts-Studiengesetz eröffnet.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke, Herr Bundesminister. – Herr Abgeordneter Krüger, bitte.

Abgeordneter Dr. Michael Krüger (Freiheitliche): Herr Bundesminister! Ist Ihnen die Statistik über den mangelnden Praxisbezug der österreichischen Universitäten, die das deutsche "Manager Magazin" aufgestellt hat und auf die sich das "profil" bezogen hat, bekannt? Wenn ja, welche Aktivitäten werden durch Ihr Ministerium erfolgen, um einen stärkeren Praxisbezug der österreichischen Universitäten zu bewirken?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr Dr. Caspar Einem: Herr Abgeordneter! Mir ist zwar die von Ihnen zitierte Statistik nicht bekannt, mir ist aber sehr wohl bekannt, daß es zu den Schwächen der österreichischen Hochschullandschaft zählt, daß der Praxisbezug vielfach nicht ausreicht.


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Ich habe allerdings bereits gestern im Rahmen der Aktuellen Stunde Gelegenheit gehabt, darauf hinzuweisen, daß wir mit einer ganzen Reihe von Maßnahmen, unter anderem auch im Zusammenhang mit der sogenannten Technologiemilliarde, konkrete Schritte setzen, um die engere Kooperation zwischen den Hochschulen einerseits und der unternehmerischen Praxis andererseits zu unterstützen. Nur so können jene Konzentration von Forschungsmitteln und jener Aufwand im Bereich von Forschung und Entwicklung in Österreich gewährleistet werden, die Österreich auch in diesem Kontext europareif machen.

Wir haben darüber hinaus konkret vor – ich hatte schon gestern das Vergnügen, auch darüber berichten zu dürfen –, die Vernetzung sowohl zwischen Hochschulinstituten als auch zwischen Hochschule und Fachhochschule einerseits und der Wirtschaft andererseits zu unterstützen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke, Herr Bundesminister.

Die Anfrage 110/M formuliert Frau Dr. Gredler. – Bitte.

Abgeordnete Dr. Martina Gredler (Liberales Forum): Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

110/M

Welche Schritte werden Sie in welchem Zeitraum setzen, um die Anwendung neuer Informationstechnologien im Bereich der Universitäten und Hochschulen und hier insbesondere im Bereich der Lehre systematisch zu fördern?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Bundesminister.


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Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr Dr. Caspar Einem:
Frau Abgeordnete! Vom Bundesministerium für Wissenschaft und Verkehr werden im Jahr 1997 etwa 45 Millionen Schilling für die Bereitstellung einer leistungsfähigen Netzwerkinfrastruktur, des sogenannten ACONET, in Österreich sowie die effiziente Einbindung in internationale wissenschaftliche Netze zur Verfügung gestellt. Damit wird die wesentlichste Voraussetzung für den Einsatz neuer Lehr- und Lerntechniken im Bereich der Universitäten und Hochschulen geschaffen. Die konkrete Bereitstellung von Lehrinhalten und die Nutzung der angebotenen Möglichkeiten obliegt allerdings den akademischen Lehrern.

Mit der Ausschreibung des Europäischen Hochschul-Software-Preises – des EASA oder European Academic Software Award – gemeinsam mit sechs anderen europäischen Ländern ist das Bundesministerium für Wissenschaft und Verkehr seit Jahren bemüht, die Erstellung und den Einsatz von qualitativ hochwertiger Software im akademischen Bereich zu fördern. Gleichzeitig soll dieser Preis dazu dienen, die Leistungen von Software-Autoren auf die gleiche Stufe wie die Veröffentlichung von Lehrbüchern und anderen wissenschaftlichen Publikationen zu stellen, um eine bessere Anerkennung in der akademischen Karriere zu erreichen.

Weiters ist im Bundesministerium für Wissenschaft und Verkehr derzeit eine Diskussion darüber im Gange, welche konkreten Schritte gesetzt werden könnten, um die Produktion von Multimediasystemen – also CD-Roms oder netzbasierenden Informationssystemen – mit bildungsrelevanten, anspruchsvollen Inhalten in Analogie zur Förderung von wissenschaftlichen Druckschriften zu fördern.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke, Herr Bundesminister. 

Zusatzfrage? – Bitte.

Abgeordnete Dr. Martina Gredler (Liberales Forum): Herr Bundesminister! Welche Möglichkeiten sehen Sie, sich auf der Ebene der Europäischen Union dafür einzusetzen, daß Fernstudien über elektronische Medien an mehreren Universitäten gleichzeitig absolviert werden können?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr Dr. Caspar Einem: Frau Abgeordnete! Zunächst geht es darum, schon auf nationaler Ebene entsprechende Voraussetzungen dafür zu schaffen und zu begünstigen. Wie Sie wissen, haben wir das im Rahmen des Universitäts-Studiengesetzes, das heute hier im Hohen Haus zur Debatte stehen wird, auch vorgesehen.

Es gibt einen Paragraphen betreffend Fernstudien, der vorsieht, diese auf der Ebene von Lehrveranstaltungen einzuführen, das heißt, nicht nur die Ortsgebundenheit festzuschreiben. Ich sehe allerdings zugleich auch eine ähnliche Entwicklung auf europäischer Ebene. Wir werden bestrebt sein, diesen Prozeß der Integration auch auf dem Gebiet von Wissenschaft und Lehre voranzutreiben. Es handelt sich hiebei um einen gesamteuropäischen Prozeß, den Österreich auch unterstützt.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke, Herr Bundesminister. – Kollege Amon, bitte.

Abgeordneter Werner Amon (ÖVP): Herr Bundesminister! Zu welchen Studien gibt es bereits heute Fernlernangebote, und welche dieser Studien verwenden das Internet als Unterrichtsmittel?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr Dr. Caspar Einem: Herr Abgeordneter! Zu dieser Frage kann ich die Antwort nicht aus dem Ärmel schütteln, biete aber an, Ihnen eine schriftliche Beantwortung dieser Frage in den nächsten Tagen zukommen zu lassen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke, Herr Bundesminister. – Frau Kollegin Haller, bitte.

Abgeordnete Edith Haller (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sie sind in Ihrem Wirkungsbereich für neue Informationstechnologien nicht nur im Bereich der Universitäten und Hochschulen zuständig, sondern auch im Bereich der Fachhochschulen. Meine Heimatstadt Kufstein hat ein Projekt für die Errichtung einer Fachhochschule mit dem neuen Studienzweig Facility-Management und Internationale Wirtschaft eingebracht. Herr Bundesminister! Welche Chance sehen Sie persönlich dafür, daß mit diesem Studium bereits im heurigen Herbst begonnen werden kann?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr Dr. Caspar Einem: Frau Abgeordnete! Mir ist bewußt, daß das Projekt Fachhochschule Kufstein, insbesondere auch in Kooperation mit Rosenheim, eine hohe Prioritätsstufe nicht nur im Land Tirol hat, sondern daß inzwischen auch eine positive Begutachtung erfolgt ist und daß im übrigen der Beginn dieses Studiums mit zunächst 100 Studienplätzen in Aussicht genommen ist. Es wird nun Sache der konkreten Budgetierung sein, für einen möglichst baldigen Start dieses Studiums Sorge zu tragen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke, Herr Bundesminister. – Frau Kollegin Ablinger, bitte.

Abgeordnete Sonja Ablinger (SPÖ): Herr Bundesminister! Wäre es möglich, im Zeitalter der neuen Informationstechnologien gleichzeitige Studien an verschiedenen Universitäten Österreichs für die Studierenden zu ermöglichen, was zur Zeit noch verhindert oder zumindest nicht ermöglicht wird? Der Prüfungstourismus wird derzeit als Argument verwendet, um dies zu verhindern. Würden die neuen Technologien nicht die Chance bieten, das erstere zu ermöglichen und das letztere zu verhindern?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr Dr. Caspar Einem: Frau Abgeordnete! Ich darf auch diesbezüglich noch einmal auf die Diskussionen im Wissenschaftsausschuß verweisen. Grundsätzlich geht der Weg zweifellos in die Richtung, die Frage der Standortgebundenheit nicht mehr so stark zu betonen wie in der Vergangenheit, sondern die Möglichkeiten moderner Kommunikationsinfrastruktur dafür zu nutzen, daß es gewissermaßen auch virtuelle Universi


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tätsstandorte gibt, die es dem Studierenden erlauben, dort zu studieren, wo er das für ihn attraktivste und inhaltsvollste Studienangebot vorfindet. Das unterstützt auch unsere Absicht, in der Richtung, daß es zu einem qualitativen Wettbewerb zwischen den Universitäten kommen soll, weiterzugehen. Wir werden diesen Weg beschreiten.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke, Herr Bundesminister. – Frau Dr. Petrovic, bitte.

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Bundesminister! In welcher Weise werden Sie sich dafür einsetzen, daß alle Studierenden während ihres Studiums einen kostenlosen oder zumindest sehr kostengünstigen Zugang zu den neuen Informationstechnologien haben?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr Dr. Caspar Einem: Frau Abgeordnete! Grundsätzlich ist es so, daß unsere Bemühungen in die Richtung gehen, die Infrastruktur, die notwendig ist, um die neuen Informations- und Kommunikationstechnologien nutzen zu können, bereitzustellen, also sicherzustellen, daß die Universitäten samt und sonders zu einem günstigen Tarif angeschlossen sind. In Ihrer Frage sind Komponenten enthalten, die sich sowohl an den Wissenschafts- als auch an den Verkehrs- und Telekom-Minister wenden. Die Frage der Tarifgestaltung ist, wie Sie wissen, derzeit in Diskussion.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke, Herr Bundesminister.

Wir kommen zur Anfrage 107/M, die Herr Kollege DDr. Niederwieser formuliert.


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Abgeordneter DDr. Erwin Niederwieser
(SPÖ): Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

107/M

Für welche Forschungsaufgaben und über welche Einrichtungen sollen die noch für das heurige Jahr von der Bundesregierung vorgesorgten, zusätzlichen Forschungsmittel verwendet werden?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr Dr. Caspar Einem: Herr Abgeordneter! Ich darf auch in diesem Zusammenhang noch einmal auf die Hinweise, die ich schon gestern im Rahmen der Aktuellen Stunde geben durfte, zurückkommen. Es gibt – grob gesprochen – zwei Absichten: Die erste ist die Absicht, daß wir im Bereich der Forschungs- und Technologiemilliarde Projekte unterstützen, die darauf abzielen, den Wissens- und Forschungs-Know-how-Transfer von Einrichtungen der Forschung und Lehre in die Praxis, insbesondere von Klein- und Mittelbetrieben, zu begünstigen. Dazu dient die bereits erfolgte Ausschreibung eines Ideenwettbewerbs, wie das Know-how von Fachhochschulen im Bereich ihres jeweiligen Standortes an die Klein- und Mittelbetriebe des Umfelds am effizientesten abgegeben werden kann. Dazu zählt auch das gestern bereits vorgestellte Projekt Post-Doc, das darauf abzielt, Absolventen von Studien ein Stipendium zu gewähren, wenn sie im Rahmen eines Projektes in eine betriebliche Praxis überwechseln, um Klein- und Mittelbetrieben eine bessere Möglichkeit zur Nutzung von Universitäts-Know-how zu bieten.

Auf der anderen Seite haben wir vor, noch heuer Schwerpunktaktionen bei der Förderung von Technologiestandorten beziehungsweise Kompetenzzentren vorzunehmen. Die beiden wesentlichsten, die wir noch heuer beginnen wollen, liegen im Bereich der Werkstoff-Forschung und Werkstoff-Anwendungstechnik einerseits und im Bereich des Telekomwesens andererseits. Dort geht es nicht um einen konkreten geographischen Standort, sondern um einen Cluster und die Clusterbildung von verschiedenen anwendungsorientierten Telekomnutzungen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke, Herr Bundesminister.

Zusatzfrage? – Bitte.

Abgeordneter DDr. Erwin Niederwieser (SPÖ): Herr Bundesminister! Der Wissenschaftsausschuß hat bei der Behandlung des Forschungsberichtes zu der Verwendung dieser Mittel eine Entschließung gefaßt, mit dem Auftrag, speziell Forscherinnen in diesem Bereich bei der Gewährung zusätzlicher Mittel zu berücksichtigen. Wie läuft das nun ab?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr Dr. Caspar Einem: Herr Abgeordneter! Ich bin sehr dankbar dafür, daß Sie auf diesen Aspekt hinweisen, weil eine der durchaus betrüblichen Entwicklungen der österreichischen Hochschul- und Forschungslandschaft darin gesehen werden muß, daß 100 Jahre, nachdem die erste Österreicherin endlich nach langem und schwerem Kampf durchsetzen konnte, ihren Doktoratstitel in Österreich erwerben zu dürfen, die Frauen nach wie vor in Wissenschaft und Forschung außerordentlich unterrepräsentiert sind. Uns ist daher sowohl daran gelegen, im Rahmen der Besetzungspolitik an den Hochschulen und Universitäten einen deutlichen Akzent zugunsten von Frauen zu setzen, als auch spezifische Projekte, die es Frauen in der Forschung ermöglichen, ihre Forschungsansätze in dieses Programm mit einzubringen, zu eröffnen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke, Herr Bundesminister. – Herr Kollege Haigermoser, bitte.

Abgeordneter Helmut Haigermoser (Freiheitliche): Herr Bundesminister! Laut Untersuchung des Wirtschaftsministeriums ... (Das Mikrophon beginnt zu pfeifen.) Das ist der "Vogel", meine Damen und Herren, der mir gestern abend gezeigt wurde! (Abg. Ing. Maderthaner: Der pfeift aus dem letzten Loch! Und immer, wenn der Caspar Einem redet!)

Herr Bundesminister! Meine Frage lautet: Laut Untersuchung durch das Wirtschaftsministerium löst 1 S an Forschungsmitteln 8 bis 15 S Umsatz aus. Im Forschungsbereich könnten damit hochwertige Arbeitsplätze geschaffen werden. Forschungsergebnisse und deren Umsetzung würden in der Folge neue Arbeitsplätze schaffen und die Produktion ankurbeln. Das ist ein Faktum. Daher ergibt sich natürlich die Frage: Wie können wir dieses Instrument verstärken?

Was sagen Sie zum Vorschlag von Fachleuten, durch eine Anhebung des steuerlichen Forschungsfreibetrages auf 30 Prozent und die Einführung eines Absetzbetrages mit Negativsteuerwirkung – nach dem "Tax-credit"-Vorbild der USA oder nach dem australischen Vorschlag einer Abschreibungsmöglichkeit von 150 Prozent – diesem Ziel, nämlich der Schaffung von Arbeitsplätzen und neuen Impulsen für die Wirtschaft, näherzukommen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr Dr. Caspar Einem: Herr Abgeordneter! Auch mir sind natürlich die Daten bekannt, aus denen hervorgeht, daß Investitionen in Forschung und Entwicklung einen sehr hohen Multiplikatoreffekt haben, was Arbeitsplätze, was die Zukunftssicherung des Wirtschaftsstandortes insgesamt und auch der Unternehmen, in denen diese Mittel veranlagt werden, betrifft. Wir sind daher sehr daran interessiert, auf allen Ebenen der Forschungsförderung so zielgenau wie möglich aktiv zu werden. Der Schwerpunkt unserer Bemühungen liegt derzeit, wie Sie wissen, darin, durch Einsatz von Förderungsmitteln dafür zu sorgen, daß zusätzlich auch private Investitionen ausgelöst werden, weil wir die positiven Wirkungen der Forschungsförderung kennen.

Darüber hinaus gibt es Vorschläge, auch eine steuerliche Förderung von Forschungsausgaben in Erwägung zu ziehen. Diese Überlegungen werden allerdings im Rahmen einer Gesamtsteuerreform, also innerhalb des Gesamtpakets, anzustellen sein.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke, Herr Minister. – Kollege Dr. Leiner, bitte.

Abgeordneter Dr. Günther Leiner (ÖVP): Sehr geehrter Herr Minister! In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage: Wie gestaltet sich die Umsetzung des vom Nationalrat einstimmig beschlossenen Entschließungsantrages vom 22. Jänner 1997, der die Entwicklung von Aktions


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linien zur effizienten Verteilung der Forschungs- und Technologiemilliarden für die Jahre 1998 und 1999 zum ehestmöglichen Zeitpunkt verlangt, und wie weit findet EUROCRYST darin Niederschlag?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.


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67. Sitzung / Seite 23

Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr Dr. Caspar Einem:
Herr Abgeordneter! Die konkreten Vorarbeiten für den Einsatz der sogenannten Technologiemilliarden der Jahre 1998 und 1999 sind in vollem Gange. Darüber hinaus ist, wie Ihnen bekannt ist, ein Beraterstab eingesetzt worden, der zusätzlich zu den ministeriellen Bemühungen sowohl im Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten als auch in meinem Ressort Vorschläge und konkrete Konzepte zu erstellen haben wird.

Was das von Ihnen angesprochene Großforschungsprojekt EUROCRYST betrifft, ist es so, daß – wie bereits mehrfach auch öffentlich bekundet – ein Gutachten zur Frage der Eignung Österreichs und des Beitrages des Forschungsprojektes für die österreichische Wirtschaft, das auch Österreich zu diesem Forschungsprojekt einzuholen bemüht ist, erstellt wird beziehungsweise haben wir den Auftrag dazu gegeben. Eine endgültige Antwort steht derzeit noch aus.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke, Herr Bundesminister. – Frau Dr. Gredler, bitte.

Abgeordnete Dr. Martina Gredler (Liberales Forum): Herr Bundesminister! Sie wissen wahrscheinlich, daß wir im Bereich der Forschungsausgaben noch nicht jene Quote erreicht haben, die international üblich ist. Wie wollen Sie die zusätzlichen Milliarden, die bis jetzt noch nicht dafür vorgesehen sind, vom Herrn Finanzminister organisieren?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.


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67. Sitzung / Seite 24

Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr Dr. Caspar Einem:
Frau Abgeordnete! Ich glaube, daß die Frage auf einem grundlegenden Irrtum basiert. Es ist nicht ausschließlich Sache des Staates, dafür zu sorgen, daß eine angemessene Forschungsförderungsquote oder Forschungsquote in einem Land erreicht wird. Es ist Sache des Staates, Rahmenbedingungen dafür zu schaffen und auch unterstützend tätig zu werden.

Wenn man die österreichischen Forschungsausgaben betrachtet, läßt sich feststellen, daß der Staatsanteil dabei nicht unterrepräsentiert ist. Das, was uns noch nicht in hinreichendem Umfang gelungen ist, ist, auch die Unternehmen zu verstärkten Anstrengungen in diesem Bereich zu bringen. Der wesentliche Grund dafür ist unter anderem die relativ kleinbetriebliche Struktur der österreichischen Unternehmen. Auch in anderen Ländern fallen traditionell in kleineren Betrieben relativ weniger Forschungs- und Entwicklungsaufgaben an.

Unser Ziel – auch im Rahmen der jetzt einzusetzenden sogenannten Technologiemilliarden – ist daher, Ansatzpunkte zu finden, die ein optimales Einsteigen auch des privaten Unternehmers in Forschungsprogramme ermöglichen, um so die Mittel, die der Staat selbst einsetzt, zu vervielfachen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke, Herr Bundesminister. Damit haben wir diesen Komplex erledigt.

Ich rufe die Anfrage 109/M des Kollegen Anschober auf und bitte um Verlesung des Textes.

Abgeordneter Rudolf Anschober (Grüne): Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

109/M

Welche Mindestgebühren für die Eurovignette und welche Sondergebühren für den Alpentransit fordert Österreich im Rahmen der Verhandlungen über die Neugestaltung der EU-Wegekostenrichtlinie?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr Dr. Caspar Einem: Herr Abgeordneter! Erlauben Sie mir vorweg den Hinweis, daß die Verhandlungen, die derzeit im Gange sind, nur dann als sinnvoll betrachtet werden können, wenn man den Zusammenhang einerseits zwischen der Diskussion um die Erhöhung der Straßenbenützungsentgelte im Rahmen der Eurovignette oder der Wegekostenrichtlinie und andererseits die bilateralen Verhandlungen zwischen der Europäischen Union und der Schweiz sieht, was den alpenquerenden Transit betrifft.

Die Zielrichtung, die Österreich dabei verfolgt, ist nicht primär gebührenorientiert, sondern eher darauf gerichtet, die sensible Alpenregion von Verkehrsströmen umweltbelastender Art soweit wie möglich zu entlasten, das heißt, eine Verlagerung auf die Bahn zu bewirken und auch dafür Sorge zu tragen, daß tatsächlich der jeweils kürzeste Verkehrsweg gewählt wird und daß es nicht durch Gebühren oder andere Maßnahmen zu Umwegverkehren kommt, wie das heute durch die Verkehrspolitik der Schweiz der Fall ist.

Unser Ziel ist, was die Mautgebühren betrifft, weiters darauf ausgerichtet, jedenfalls die heute vorhandenen Mautgebühren in Österreich aufrechtzuerhalten. Es gibt jetzt, wie Ihnen zweifellos bekannt ist, einen Vorschlag der Europäischen Kommission, der darauf abzielt, die beiden Alpenländer, die vom Umwegverkehr aus der Schweiz am meisten betroffen sind, in der Weise zu schützen, daß die Mautgebühren, die heute von Frankreich im Montblanc-Bereich und von Österreich vor allem im Brenner-Bereich tatsächlich verlangt und eingenommen werden, erhalten bleiben und als eine allgemeine Mautberechtigung für die Alpen vorgesehen werden. Es ist dazu der Kompromißvorschlag der Kommission erstattet worden, eine entsprechende Alpenklausel in die Wegekostenrichtlinie der EU einzubauen. Dieser Vorschlag hat dem Grundsatz nach auch in der letzten Sitzung des Verkehrsministerrats der EU breite Zustimmung gefunden.

Das ist derzeit unser primäres Anliegen, weil es hier um die sensible Frage des Alpentransits und um die Rückverlagerung des LKW-Verkehrs in der Größenordnung von 330 000 LKWs pro Jahr in die Schweiz geht. Dabei geht es in erster Linie nicht um die Gebührenbelastung, sondern um die Frage, inwieweit es im Rahmen dieser Verhandlungen gelingen wird, sicherzustellen, daß die Schweiz bereits in der ersten Phase des Gültigwerdens der neu abzuschließenden Vereinbarung ein entsprechend großes Kontingent für Fahrten von 40-Tonnern durch die Schweiz eröffnet. Zweitens geht es um die Frage, ob die Schweiz rasch genug eine leistungsfähige Bahnverladungsinfrastruktur für den Bahntransit durch die Schweiz eröffnet.

Zu den Werten, nach denen Sie gefragt haben, ist im wesentlichen zu sagen, daß es derzeit einen Vorschlag der holländischen Präsidentschaft auf Anhebung der Straßenbenützungsentgelte um den Inflationssatz, nämlich von derzeit 1 250 auf 1 325 Ecu, gibt. Das wird von vielen europäischen Staaten, darunter auch Österreich, als bei weitem nicht ausreichend angesehen. Es gibt andererseits die Forderung Deutschlands nach einer Anhebung auf zumindest 2 000 Ecu, die von Österreich unterstützt wird, und es gibt einen Kompromißvorschlag der Kommission, der darauf hinausläuft, die Gebühren zumindest auf 1 650 Ecu anzuheben, wobei ich mir jetzt Details erspart habe, weil außerdem eine Differenzierung in der Gebührenbelastung nach dem Umweltverschmutzungsgrad durch das entsprechende Fahrzeug vorgesehen werden soll.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke, Herr Bundesminister.

Zusatzfrage? – Kollege Anschober, bitte.

Abgeordneter Rudolf Anschober (Grüne): Herr Minister! Ich glaube, es ist generell auch von Ihnen unbestritten, daß der Faktor Kostenwahrheit ein ganz entscheidendes europäisches Verkehrslenkungsinstrument in Richtung einer umweltverträglichen Verkehrspolitik darstellt. Aber wenn ich Ihre Beantwortung jetzt richtig verstanden habe, dann bedeutet sie, daß es von österreichischer Seite keine Initiative in Richtung einer Veränderung der Wegekostenrichtlinie gibt, nämlich weg von Obergrenzen oder fixen Sätzen hin zu Minimalsätzen, das heißt hin zu Mindestgebühren, die von den Nationalstaaten nach oben verändert werden können. Ist das richtig?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr Dr. Caspar Einem: Herr Abgeordneter! Die Schwierigkeit, in der sich ein österreichischer Verkehrsminister im Rahmen dieser Verhandlungen in Brüssel befindet, ist die, daß wir zunächst einmal die vitalen Interessen des Landes in unmittelbarer Hinsicht zu vertreten haben und daß das nur auf begrenztes Verständnis bei insbesondere jenen Partnerländern, die ein besonderes Interesse an günstigen Straßenverkehrstransporten haben, stößt.

Daher die von mir gegebene Antwort: Wir müssen zunächst einmal danach trachten, daß der Standard, den wir heute erreicht haben, aufrechterhalten wird, bevor wir Forderungen, die darüber hinausgehen und die ich von der Tendenz her für richtig halte, erheben, weil wir auch auf die Zustimmung der Partner in Europa angewiesen sind.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke, Herr Bundesminister. – Kollege Dietachmayr, bitte.

Abgeordneter Helmut Dietachmayr (SPÖ): Herr Bundesminister! Ich komme noch einmal auf die Verhandlungen mit der EU zurück. Ist dieses mit der EU verhandelte System auch mit der Einführung einer kilometerabhängigen Maut für LKWs, also mit dem Road-Pricing, kompatibel?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister.

Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr Dr. Caspar Einem: Ja, Herr Abgeordneter, es ist in hohem Maße kompatibel. Das Road-Pricing ist sogar jene Methode, die Kostenwahrheit auf den Verkehrswegen herzustellen, die dazu am allerbesten geeignet ist. Das ist auch der Grund, warum in dem in Österreich bereits beschlossenen Gesetz vorgesehen ist, daß das System des Road-Pricing für LKWs bereits 1998 einzuführen ist.

Ich gehe davon aus, daß der zuständige Bundesminister – das ist jener für wirtschaftliche Angelegenheiten – diese gesetzliche Bestimmung auch zeitgerecht umsetzen wird.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke. – Kollege Firlinger, bitte.

Abgeordneter Mag. Reinhard Firlinger (Freiheitliche): Herr Bundesminister! Da Ihr Ministerium maßgeblich an der Einführung der Bemautung auf Österreichs Straßen beteiligt war, möchte ich an Sie die Frage richten, ob es seitens Ihres Ressorts, seitens Ihres Ministeriums, quantitativ nachvollziehbare Berechnungen gibt, wie sich die Bemautung kurz- beziehungsweise mittelfristig auf die Verlagerung des Straßenverkehrs in Richtung Schiene auswirken wird.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister.

Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr Dr. Caspar Einem: Herr Abgeordneter! Es gibt sehr konkrete Daten darüber, in welchem Umfang sich etwa die Maut – und zwar auch in ihrer Differenzierung – im Rahmen der Strecke von Kufstein bis zum Brenner auswirkt. Dort zeigt sich, daß die Maßnahmen der Bemautung insgesamt zu einer Verlagerung auf die Schiene geführt haben, ohne daß ich Ihnen jetzt Detailprozentsätze nenne. Die Nachtmaut hat dazu geführt, daß es eine Verdrängung sowohl auf die Schiene als auch auf die Tageszeit gegeben hat.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke. – Kollege Auer, bitte.

Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Herr Bundesminister! Bekanntlich ist die Schweiz ja nicht Mitglied der Europäischen Union. Meine Frage an Sie lautet daher: Wie soll Ihrer Ansicht nach Österreich bei den Verhandlungen zwischen der Europäischen Union und der Schweiz sicherstellen, daß der zurzeit durch Tirol fahrende Umwegverkehr auf Verkehrswege durch die Schweiz rückverlagert werden kann?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister.

Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr Dr. Caspar Einem: Herr Abgeordneter! Als eines von 15 Mitgliedern im Rahmen der Europäischen Union kann Österreich nur im Rahmen


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des Verkehrsministerrates seine Stimme dafür erheben, daß eine entsprechende Lösung gefunden wird, die auch den allgemeinen Zielsetzungen der Union – nämlich Wettbewerbsgleichheit oder faire Wettbewerbsbedingungen – dient und daß auch eine Lösung für jene Lasten, die die Mitgliedsstaaten zu tragen haben, gefunden wird. Das ist mittlerweile auch gelungen. Im Rahmen des Verkehrsministerrates besteht Übereinstimmung, daß eine Lösung gefunden werden muß, die dazu beiträgt, den heute aus der Schweiz nach Frankreich und Österreich verlagerten Verkehr wieder in die Schweiz zurückzuverlagern. Ohne Erreichung dieses Zieles wird es zu keinem Abschluß zwischen der Europäischen Union und der Schweiz kommen können.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke. – Herr Mag. Barmüller, bitte.

Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller (Liberales Forum): Herr Bundesminister! Die Kostenwahrheit ist ein geflügeltes Wort, insbesondere auch im Hinblick auf die Wegekostenrichtlinie. Da heute der Schwerverkehr durch den privaten PKW-Verkehr subventioniert wird, müßte eine vermehrte Kostenwahrheit eigentlich heißen, daß es zu Entlastungen für die privaten PKWs kommt, weil ja tatsächlich ein größerer Anteil der entstehenden Kosten vom LKW-Verkehr getragen wird. In welchem Ausmaß rechnen Sie mit Entlastungen für die PKW-Besitzer in Österreich durch Verabschiedung der EU-Wegekostenrichtlinie?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr Dr. Caspar Einem: Herr Abgeordneter! Die Wegekostengerechtigkeit einerseits und eine umwelt- und menschengerechte Verkehrspolitik andererseits haben keineswegs notwendigerweise zur Folge, daß die PKWs entlastet werden müssen. Sie haben aber in Österreich zumindest zur Folge, daß LKW, die heute vom PKW-Verkehr subventioniert werden, stärker belastet werden müssen. Unser Ziel kann es nicht sein, den Straßenverkehr insgesamt zu begünstigen. Unser Ziel muß es sein, umweltfreundliche Verkehrsmaßnahmen zu begünstigen, und dazu können auch – wenn auch nicht in erster Linie und ausschließlich – Belastungen des Straßenverkehrs zählen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke, Herr Minister. – Damit haben wir diesen Komplex abgeschlossen.

Die Frage 112/M formuliert Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Schöggl. – Bitte sehr.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Leopold Schöggl (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Minister! Wir haben gestern im Rahmen der Aktuellen Stunde das technologiepolitische Konzept der Bundesregierung bereits zur Sprache gebracht. Meine Frage dahin gehend lautet:

112/M

Welche Gründe sind dafür ausschlaggebend, daß eine Reihe von Maßnahmen des technologiepolitischen Konzeptes der Bundesregierung noch nicht umgesetzt wurden? – Und als Zusatz: obwohl sie nicht viel Geld kosten.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr Dr. Caspar Einem: Herr Abgeordneter! Ich bin ein wenig erstaunt über Ihre Frage, meine aber, es ist natürlich legitim für den Abgeordneten einer Oppositionspartei, genau diese Frage zu stellen. Erlauben Sie mir daher die folgende Antwort:

Das Konzept, das Sie ansprechen, ist in den von Ihrer Fraktion ebenfalls kritisierten Umrissen im Dezember öffentlich vorgestellt worden. Wir haben Gelegenheit gehabt, über dieses Konzept im Wissenschaftsausschuß zu sprechen. Das ist noch nicht sehr lange her. Wenn Sie mich heute fragen, warum noch nicht alles umgesetzt ist, dann muß ich Ihnen sagen, das liegt daran, daß die Umsetzung ja nicht primär darin besteht, möglichst viel Geld möglichst schnell beim Fenster hinauszuschütten, sondern sehr präzise Vorbereitungen dafür zu treffen, daß der Ein


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satz der Technologieförderungsmittel genau dort ansetzt, wo erwartet werden kann, daß ein größtmöglicher Nutzen für Österreich entsteht. Ich habe gestern und auch heute im Rahmen der Aktuellen Stunde schon Gelegenheit gehabt, darauf hinzuweisen, welche Schwerpunkte das sein werden.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke.

Zusatzfrage? – Bitte.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Leopold Schöggl (Freiheitliche): Herr Minister! Herr Abgeordneter Haigermoser hat es schon angesprochen: In diesem Konzept werden auch eine Reihe von indirekten Förderungsmöglichkeiten empfohlen. Welche konkreten Förderungsmaßnahmen beabsichtigen Sie, gemeinsam mit dem Herrn Finanzminister im Zuge der kommenden Budgetverhandlungen zum Wohle der technologieinnovativen Klein- und Mittelbetriebe umzusetzen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister.

Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr Dr. Caspar Einem: Herr Abgeordneter! In allererster Linie wird es mir darum gehen, deutlich zu machen, daß jeder Schilling, den wir im Bereich der Forschungs- und Technologieförderung einsetzen, ein Schilling für die Zukunft Österreichs, für die Menschen, die hier leben und arbeiten, ist. Daher geht es darum, diesen Bereich nicht allzustark zu belasten und vielmehr asymmetrische Budgetpolitik zu betreiben, die darauf hinausläuft, diesen Aspekt der Zukunftsförderung zu verstärken und dafür in Bereichen, in denen dies leichter vertretbar ist, sparsam zu sein.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke schön.

Zusatzfrage? – Bitte, Herr Kollege Lukesch.

Abgeordneter Dipl.-Vw. Dr. Dieter Lukesch (ÖVP): Herr Bundesminister! Ein Schlüssel zu dieser Technologiefrage liegt sicherlich auch in der Stärkung der Zusammenarbeit zwischen Universität und Wirtschaft. Können Sie sich, Herr Bundesminister, zur Stärkung dieser Zusammenarbeit vorstellen, daß auch österreichische Universitäten und Hochschulen nach amerikanischen beziehungsweise britischen Vorbildern Forschungsaktiengesellschaften einrichten und der Bund einen Teil dieser Aktien zeichnet?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister.

Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr Dr. Caspar Einem: Herr Abgeordneter! Meine Phantasie ist im Gegensatz zu dem, was in einer heutigen Tageszeitung steht, relativ weit und fast unbegrenzt. Ich denke allerdings, daß wir vor der Realisierung derartiger Vorhaben durchaus noch andere Dinge unmittelbar zu realisieren haben werden. Ich habe den Eindruck – anläßlich der Beratungen über das Universitäts-Studiengesetz haben wir im Unterausschuß des Wissenschaftsausschusses auch Gelegenheit gehabt, darüber zu sprechen –, daß wir beispielsweise vorher noch ein ganz anderes Problem zu lösen haben. Ich glaube nämlich, daß die Universitäten dazu animiert werden müssen, den Praxisbezug im Inneren ihres Lehrangebotes zu erhöhen, und daß wir daher auch darüber nachdenken sollten, inwieweit es sinnvoll erscheint, da und dort Studienkommissionen, sei es institutionell, sei es aber auch anlaßbezogen, durch Vertreter von Unternehmen oder Wirtschaftstreibenden zu ergänzen.

Es geht schon auch darum, daß wir anerkennen, daß überall außerhalb der Universitäten verlangt wird, daß Menschen projektorientiertes Arbeiten zu lernen oder anzuwenden in der Lage sind, daß es aber andererseits an den Universitäten derzeit noch kein derartiges Angebot gibt. Ich glaube, daß es eine ganze Reihe von zum Teil gar nicht besonders kostenintensiven Maßnahmen gibt, um diese Verschränkung von wirtschaftlicher Praxis mit Wissenschaft und Lehre an den Universitäten zu verbessern, ohne daß man dafür besonders viel Geld zur Verfügung stellen muß.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke. – Frau Dr. Gredler, bitte.


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Abgeordnete Dr. Martina Gredler
(Liberales Forum): Herr Bundesminister! Wie stehen Sie zur Forderung des technologiepolitischen Konzeptes 1996 der Bundesregierung, eine Enquete zu diesem Thema auf hoher politischer Ebene abzuhalten?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wie stehen Sie dazu, Herr Bundesminister?

Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr Dr. Caspar Einem: Frau Abgeordnete! Ich bin Teil der österreichischen Bundesregierung, ich stehe daher dazu. (Abg. Dr. Graf: Er ist ein Teil der Bundesregierung!)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke. – Herr Ing. Gartlehner ist mir als nächster Fragesteller gemeldet worden. – Bitte.

Abgeordneter Ing. Kurt Gartlehner (SPÖ): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine Frage an Sie, da Sie gestern bereits sehr konkrete ERP-Aktivitäten und sehr attraktive Neuförderungsmöglichkeiten hier präsentiert haben: Wie lange wird es noch dauern, bis uns unter Einbindung von externen Experten aus Wissenschaft und Industrie konkrete Aktivitäten für die zweite und dritte Technologiemilliarde bekanntgegeben werden?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister.

Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr Dr. Caspar Einem: Herr Abgeordneter! Ich gehe davon aus, daß wir den Einsatz der Förderungsmittel im Rahmen der zweiten Technologiemilliarde, also der Technologiemillarde für das Jahr 1998, etwa bis zur Jahresmitte des heurigen Jahres geplant haben werden, wobei Grundzüge des Konzepts auch jetzt schon vorliegen. Das Grundkonzept ist, daß wir in Schwerpunkte investieren wollen, in denen wir schon heute ein hohes wissenschaftlich-technisches Know-how haben, in denen es sowohl in Unternehmen als auch auf Forschungsstandorten dieses europareife Know-how schon gibt.

Dieser Schwerpunkt wird fortgesetzt und wird sich nur durch das Zusammenfinden der Praxis, nämlich der Unternehmens- und der Wissenschaftsseite, zeitlich noch etwas verzögern. Aber im Prinzip ist der Weg vorgezeichnet, und ich gehe davon aus, daß ich noch im Laufe des ersten oder gegen Ende des ersten Halbjahres darüber werde berichten können.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke. – Gibt es noch den Wunsch nach einer Zusatzfrage? – Das ist nicht der Fall.

Dann bitte ich den Herrn Abgeordneten Kukacka um Verlesung der Frage 106/M.


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Abgeordneter Mag. Helmut Kukacka
(ÖVP): Herr Bundesminister! Österreich ist bei der Umsetzung der EU-Führerscheinrichtlinie säumig. Das hätte bis 1. Juni 1996 geschehen sollen. Meine Frage lautet:

106/M

Wann werden Sie die seit 1. Juli 1996 ausstehende legislative Maßnahme zur Umsetzung der Richtlinie des Rates Nr. 91/439/EWG (EU-Führerscheinrichtlinie) setzen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister.

Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr Dr. Caspar Einem: Herr Abgeordneter! Den Beitrag, den ein Bundesminister dazu leisten kann, nämlich eine entsprechende Vorlage in die Regierung zu bringen, werde ich noch vor dem Sommer erbringen. Ich rechne damit, daß wir in der Lage sein werden, noch vor der Sommerpause ein entsprechendes Gesetz hier im Hohen Haus zu verabschieden.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke.

Zusatzfrage? – Bitte.

Abgeordneter Mag. Helmut Kukacka (ÖVP): Herr Bundesminister! Diese Vorlage ist bisher daran gescheitert, daß das Ministerium den EU-Führerschein oder die Umsetzung dieser EU-Richtlinie mit dem Punkteführerschein verknüpft hat, der aber bekanntlich nicht in dieser EU-Richtlinie enthalten ist. Dabei entstehen nach Schätzungen des ARBÖ Kosten in Gesamthöhe von bis zu 300 Millionen Schilling, auch die Bundesländer sind sehr stark davon betroffen. Man wird ihre Zustimmung benötigen. Die Frage ist also: Beharren Sie weiterhin auf der gleichzeitigen Verabschiedung des Punkteführerscheins, oder wäre es nicht sinnvoller, zuerst einmal die EU-Richtlinie, so wie sie vorgesehen ist, im Rahmen eines Führerscheingesetzes umzusetzen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister.

Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr Dr. Caspar Einem: Herr Abgeordneter! Ich bedauere es ein wenig, mich wundern zu müssen, daß Sie feststellen, daß die Vorlage dieses EU-kompatiblen Führerscheingesetzes daran gescheitert sei, daß ich den Punkteführerschein verlange. Das Verkehrsministerium scheitert an dieser Frage nicht. Es scheitert gegebenenfalls am Wollen des Koalitionspartners – und da sind Sie der Verhandler –, weil Sie sich bis jetzt zu einem Punkteführerschein sozusagen nicht verstehen wollten. Der Punkt ist also nicht, daß wir bisher nicht in der Lage gewesen wären, eine entsprechende Vorlage zu machen, sondern der Punkt ist, daß wir uns bis jetzt noch nicht darüber verständigt haben. (Abg. Dr. Khol: Weil Sie noch nie eine Kostenberechnung vorgelegt haben, Herr Minister! Legen Sie eine Kostenschätzung vor!) Herr Klubobmann! Seien Sie so freundlich, mich antworten zu lassen. Ich unterbreche Sie ja auch nicht, wenn Sie reden. (Abg. Dr. Schwimmer: Sie sind Minister für alle, nicht für eine Partei! – Abg. Dr. Khol: Legen Sie endlich eine Kostenschätzung vor!)

Worum es hier geht, ist, all jene Maßnahmen zu setzen, die – um das sehr deutlich zu sagen – nach fundierten Untersuchungen erwarten lassen, daß die Zahl der Verkehrstoten und der Schwerverletzten im Straßenverkehr zurückgeht. Das sind wir den Menschen schuldig, Herr Abgeordneter und Herr Klubobmann! (Beifall bei der SPÖ.)

Was jetzt die Frage der Einführung des Punkteführerscheins angeht, Herr Abgeordneter, ist es so, daß wir ja zuletzt auch darüber miteinander gesprochen haben, wie man da weiter vorgehen kann. Ich bin mit Ihnen einer Meinung, daß vor Einrichtung eines automationsunterstützten Führerscheinregisters der Punkteführerschein jedenfalls nicht realisiert werden kann. Ich bin weiters der Meinung, daß der Punkteführerschein ein geeignetes Instrument zur Reduktion der Zahl von Verkehrstoten und Schwerverletzten im Straßenverkehr ist. Ich betone auch, daß das nicht primär eine Frage von Kostenkalkulationen sein kann, weil Menschenleben nicht gegen Millionen aufgerechnet werden können. (Beifall bei der SPÖ.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke. – Zusatzfrage? – Kollege Anschober.

Abgeordneter Rudolf Anschober (Grüne): Herr Bundesminister! Die Führerscheinrichtlinie wurde ja immer richtigerweise als ein Bestandteil im Rahmen eines Gesamtsicherheitspaketes gesehen. Wird es dabei bleiben, daß die Führerscheinrichtlinie gemeinsam mit dem Punkteführerschein, mit einer Promillereduktion und mit einem Fahrversuch "Licht am Tag" realisiert und als Regierungsvorlage eingebracht wird?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister.

Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr Dr. Caspar Einem: Herr Abgeordneter! Den Punkteführerschein und die EU-Führerscheinrichtlinie sehen wir im Kontext eines Bündels von Maßnahmen zur Hebung der Verkehrssicherheit. Ich habe mir allerdings schon anläßlich der Beantwortung der Frage des Herrn Abgeordneten Kukacka erlaubt, darauf hinzuweisen, daß vor Schaffung eines automationsunterstützten Führerscheinregisters die Einführung des Punkteführerscheines nicht sinnvoll ist. Daher wird es hier zu einer Abfolge in zeitlicher Hinsicht kommen müssen.


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Weiters haben Sie nach den Maßnahmen Fahren mit Licht beziehungsweise Absenkung des höchstzulässigen Promillegehalts im Straßenverkehr gefragt. Dazu kann ich sagen: Wir verfolgen beide Ziele weiter.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke. – Kollege Parnigoni.

Abgeordneter Rudolf Parnigoni (SPÖ): Herr Bundesminister! Soviel ich weiß, liegt eine Kostenschätzung über die Höhe der Kosten für den geplanten Punkteführerschein bereits vor. Es sind bei weitem nicht 300 Millionen, wie da einmal angegeben worden ist. (Abg. Mag. Kukacka: Nachlesen!) Wie ich höre, liegt die Schätzung bei etwa 8 bis 14 Millionen Schilling. Ich möchte Sie weiters fragen, welche Maßnahmen Sie im Detail im Rahmen der Umsetzung dieser EU-Bestimmung zum Führerscheingesetz und im Rahmen eines Verkehrssicherheitspaketes planen. Wir haben bis jetzt nur drei Titel gehört.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister.

Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr Dr. Caspar Einem: Herr Abgeordneter! Zunächst einmal zur Frage der Kosten. Wir haben, weil Zweifel an der Höhe der genannten Zahlen laut geworden sind, Gespräche mit den Bundesländern begonnen, um gemeinsam mit den betroffenen Bundesländern – sie haben ja im Rahmen der Bezirksverwaltungsbehörden in erster Instanz die Vollziehung zu besorgen – festzustellen, welche Voraussetzungen geschaffen werden müssen, um diese automationsunterstützte Führerscheindatei einzurichten. Letztlich werden wir da abgestimmte Daten haben, wie hoch auch immer sie sein mögen, wobei allfällige Mehrbelastungen, die den Bundesländern allenfalls entstehen, nicht nur deshalb für die Bundesländer an Schrecken verloren haben, weil es ja immerhin den Konsultationsmechanismus gibt, sondern auch deswegen, weil wir im Rahmen der Verkehrspolitik vorhaben, Maßnahmen zur Entlastung der Bundesländer zu setzen. Ich darf dabei etwa an die auch vom Herrn Abgeordneten Kukacka immer wieder angesprochene Privatisierung der Zulassung erinnern.

Zu den von Ihnen gestellten Fragen. Im Führerscheingesetz planen wir über die Einrichtung des automationsunterstützten zentralen Registers hinaus auch besondere Maßnahmen bei starker Alkoholisierung. Das heißt, dort, wo der Alkoholisierungsgrad über 1,2 Promille liegt, soll künftig ein mindestens dreimonatiger Führerscheinentzug erfolgen. Es sollen Maßnahmen zur Entlastung der Verwaltung gesetzt werden, wie etwa Privatisierung der amtsärztlichen Untersuchung für die Führerscheinkandidaten. Es sollen computerunterstützte Führerscheinprüfungen in Fahrschulen abgehalten werden, und es soll letztlich das Lenken von Motorrädern bis 125 Kubikzentimeter auch mit einem Führerschein der Gruppe B unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt werden. Schließlich soll die Möglichkeit geschaffen werden, schon mit 17 Jahren die Lenkerberechtigung der Klasse B zu erwerben. Aufgrund der damit verbundenen intensiveren Ausbildung und größeren Fahrpraxis dieser Führerscheininhaber ist zu erwarten, daß das Fahranfängerrisiko gesenkt werden kann. Schließlich sollen Wegfahrsperren für Fahrzeuge von alkoholisierten Lenkern in der 20. Straßenverkehrsordnungsnovelle vorgeschlagen werden, und Radfahranlagen sollen auch für Inline-Skater geöffnet werden.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke. – Kollege Rosenstingl.

Abgeordneter Peter Rosenstingl (Freiheitliche): Herr Bundesminister! In Sachen Verkehrssicherheit haben schon Ihre Vorgänger Klima und Scholten nichts zusammengebracht. Wir haben hier einen Reformstau. Ich möchte daher konkret folgendes von Ihnen wissen und bitte Sie, die Frage zu beantworten: Wann werden Sie Novellierungen der Straßenverkehrsordnung beziehungsweise des Kraftfahrgesetzes unabhängig davon, ob sich die Koalition beim Punkteführerschein oder bei der Promillegrenze einigt, in diesem Haus einbringen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister.

Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr Dr. Caspar Einem: Herr Abgeordneter! Zunächst erlauben Sie mir, einen deutlichen Widerspruch aufzuklären. Sie haben gerade festgestellt, daß mein Amtsvorgänger Scholten in dieser Hinsicht nichts zusammengebracht habe. – An Ihrer Stelle würde ich einen Blick in die Verkehrsunfallstatistik wagen und feststellen, daß wir


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in den letzten 20 Jahren noch nie so wenige Verkehrstote und Schwerverletzte aufgrund von Verkehrsunfällen gehabt haben wie 1996. Ich denke, das ist etwas, was man auch auf der Oppositionsseite anerkennen kann. (Beifall bei der SPÖ.)

Aber nun zur konkreten Frage, wann die entsprechenden Gesetzesvorschläge dem Hohen Haus zukommen werden: Wir planen, dem Hohen Haus noch vor dem Sommer ein entsprechendes Verkehrspaket zuzuleiten.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke. – Zusatzfrage? – Kollege Barmüller, bitte.

Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller (Liberales Forum): Herr Bundesminister! Es wurden in dieser Diskussion um den Punkteführerschein hinsichtlich der Kosten zwei Zahlen genannt. Abgeordneter Kukacka spricht von 300 Millionen Schilling, Abgeordneter Parnigoni spricht davon, daß es nur 8 bis 14 Millionen Schilling sind. Da es offensichtlich nicht darum geht, in unkonstruktiver Weise zu verhindern, daß diese Maßnahme umgesetzt wird, werden Sie sicher die genauen Zahlen haben. Mich würde interessieren: Wie hoch ist der von Ihnen geschätzte Sach- und Personalaufwand für die Umsetzung dieser Maßnahme?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister.

Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr Dr. Caspar Einem: Herr Abgeordneter! Abgeordneter Parnigoni hat, soweit ich ihm folgen konnte, keine 48 Millionen genannt, sondern einen wesentlich geringeren Betrag. (Abg. Mag. Barmüller: 8 bis 14!) Es handelt sich dabei um jene Kosten, die im Rahmen des Bundes anfallen. Was es jetzt noch im Detail zu klären gilt, sind jene Kosten, die gegebenenfalls bei den Ländern anfallen. Dazu – das habe ich schon gesagt – ist nunmehr eine Arbeitsgruppe eingerichtet, die diese Fragen im Detail zu klären hat. Jene Bundesländer, die heute schon eine automationsunterstützte Erfassung der Führerscheine ihres jeweiligen Landesgebietes haben, werden dabei entsprechend geringe Kosten haben, und jene, die das noch nicht haben, werden zweifellos nicht die Einrichtung von automationsunterstützter Datenverarbeitung in den Bezirksverwaltungsbehörden ausschließlich diesem Thema zuordnen können. Wir werden dazu gemeinsam Daten erarbeiten, und diese werden Ihnen im Zusammenhang mit der Realisierung der automationsunterstützten Führerscheindatei vorgelegt werden.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Die Fragestunde ist beendet. Ich danke dem Herrn Bundesminister.

Die nicht erledigte Frage wird entweder nächstes Mal besprochen oder zurückgezogen und schriftlich eingebracht werden.

Einlauf und Zuweisungen

Präsident Dr. Heinz Fischer: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen verweise ich auf die im Sitzungssaal verteilte schriftliche Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A) Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Anfragebeantwortungen: 1832/AB bis 1836/AB.

2. Regierungsvorlage:

Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994 und das Arbeitsverfassungsgesetz geändert werden (644 der Beilagen).

B) Zuweisungen:


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1. Zuweisungen seit der letzten Sitzung gemäß §§ 32a Abs. 4, 80 Abs. 1, 100 Abs. 4, 100b Abs. 1 und 100c Abs. 1:

Ausschuß für Petitionen und Bürgerinitiativen:

Petition Nr. 22 für eine gesetzliche Anerkennung des Berufes der AltenfachbetreuerInnen und FamilienhelferInnen, überreicht vom Abgeordneten Mag. Walter Guggenberger.

2. Zuweisungen in dieser Sitzung:

zur Vorberatung:

Finanzausschuß:

4. IAKW-Finanzierungsgesetz-Novelle (609 der Beilagen),

Antrag 413/A der Abgeordneten Kurt Eder, Dkfm. Dr. Günter Stummvoll und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Ermächtigung zur Veräußerung von Anteilsrechten an der "Gemeinnützigen Eisenbahnsiedlungsgesellschaft Linz, GesmbH", an der "Gemeinnützigen Eisenbahnsiedlungsgesellschaft GesmbH in Villach" und der "Wohnbaugesellschaft der ÖBB gemeinnützige GesmbH" erteilt wird;

Gesundheitsausschuß:

Antrag 412/A (E) der Abgeordneten Dr. Alois Pumberger und Genossen betreffend drohende Spitalslastigkeit durch neue Finanzstrukturen im Gesundheitswesen;

Ausschuß für Land- und Forstwirtschaft:

Antrag 411/A (E) der Abgeordneten Robert Wenitsch und Genossen betreffend Anrechnung von Winterraps als Begrünungsmaßnahme bei der Fruchtfolgestabilisierung;

Verfassungsausschuß:

Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 (BDG-Novelle 1997), das Gehaltsgesetz 1956, das Pensionsgesetz 1965, das Nebengebührenzulagengesetz, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Verwaltungsakademiegesetz, das Ausschreibungsgesetz 1989, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1984, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1985, das Bundeslehrer-Lehrverpflichtungsgesetz, das Bundes-Personalvertretungsgesetz, das Land- und Forstarbeiter-Dienstrechtsgesetz, das Richterdienstgesetz, das Mutterschutzgesetz 1979, das Elternkarenzurlaubsgesetz, das Bundesfinanzgesetz 1997, das DAK-Gesetz 1996, das Entwicklungshelfergesetz, das Wachebediensteten-Hilfeleistungsgesetz, die Reisegebührenvorschrift 1955, das Dienstrechtsverfahrensgesetz 1984, das Bundestheaterpensionsgesetz, das Überbrückungshilfegesetz, das Landesvertragslehrergesetz 1966, das Land- und forstwirtschaftliche Landesvertragslehrergesetz und das Karenzurlaubsgeldgesetz geändert werden und das ÖBB-Ausschreibungsgesetz aufgehoben wird (631 der Beilagen).

*****

Ankündigung einer Dringlichen Anfrage

Präsident Dr. Heinz Fischer: Die Abgeordneten Rosenstingl und Genossen haben das Verlangen gestellt, die vor Eingang in die Tagesordnung eingebrachte schriftliche Anfrage an den Herrn Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Errichtung des Semmeringbasistunnels dringlich zu behandeln.

Gemäß den Bestimmungen der Geschäftsordnung werde ich diese Dringliche Anfrage an den Herrn Wissenschaftsminister für 15 Uhr festsetzen.


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Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung 1770/AB

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weiters teile ich vor Eingang in die Tagesordnung mit, daß mir das Verlangen vorliegt, eine Kurzdebatte über die Beantwortung 1770/AB der Anfrage 1794/J des Kollegen Öllinger betreffend Unterhaltsabsetzbetrag nach § 33 EStG durch den Herrn Finanzminister abzuhalten.

Da für die heutige Sitzung soeben die Verhandlung einer Dringlichen Anfrage festgelegt wurde, wird diese kurze Debatte nach der Diskussion der Dringlichen Anfrage stattfinden.

Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weiters haben die Abgeordneten Rosenstingl und Genossen nach § 33 der Geschäftsordnung beantragt, einen Untersuchungsausschuß zur näheren Untersuchung der politischen und rechtlichen Verantwortung der zuständigen Bundesminister für Finanzen im Zusammenhang mit dem An- und Verkauf der HTM-Gruppe einzusetzen.

Es liegt auch das nach § 33 Abs. 2 gestellte Verlangen vor, eine Debatte über diesen Antrag betreffend Einsetzung eines Untersuchungsausschusses durchzuführen.

Diese Debatte und die Abstimmung finden nach Erledigung der Tagesordnung der heutigen Sitzung statt. Ich bitte um Kenntnisnahme.

Absehen von der 24stündigen Auflagefrist

Präsident Dr. Heinz Fischer: Um die Punkte 13 bis 15 der Tagesordnung der heutigen Sitzung in Verhandlung nehmen zu können, ist es gemäß § 44 der Geschäftsordnung erforderlich, von der sogenannten 24stündigen Auflagefrist Abstand zu nehmen.

Es handelt sich dabei um die Berichte des Verfassungsausschusses über das Bundesgesetz, mit dem das Regionalradiogesetz geändert wird, und den Antrag der Abgeordneten Mag. Stoisits betreffend Frequenzplanung und Bedarfserhebung für Privatradios (645 der Beilagen) sowie über die Regierungsvorlagen betreffend Kabel- und Satellitenrundfunkgesetz (646 der Beilagen) und schließlich das Bundesgesetz, mit dem die als Bundesgesetz geltende Verordnung über Errichtung und Betrieb von Rundfunk- und Fernsehrundfunk-Empfangsanlagen geändert wird (647 der Beilagen).

Wir werden jetzt abstimmen über den Antrag, auf die 24stündige Auflagefrist für die soeben genannten Vorlagen zu verzichten. Dazu ist eine Zweidrittelmehrheit erforderlich.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem Antrag auf Abstandnahme von der Auflagefrist zustimmen, um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit so beschlossen . Wir können daher die Verhandlungsgegenstände im Rahmen der heutigen Tagesordnung verhandeln.

Behandlung der Tagesordnung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Es liegt mir der Vorschlag vor, die Debatte über die Punkte 1 bis 6, 7 und 8, 9 bis 12 sowie 13 bis 15 zusammenzufassen.

Gibt es dagegen Einwendungen? – Das ist nicht der Fall. Dann werden die Debatten so zusammengefaßt.

Wir gehen nunmehr in die Tagesordnung ein.


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67. Sitzung / Seite 33

Redezeitbeschränkung

Präsident Dr. Heinz Fischer: In der Präsidialsitzung wurde Konsens über die Dauer der Debatten zur gesamten Tagesordnung erzielt.

Es wird eine Blockredezeit von 9 Wiener Stunden vorgeschlagen. Daraus ergeben sich folgende Redezeiten: SPÖ 135 Minuten, ÖVP 126, FPÖ 117, Liberales Forum und Grüne je 81.

Das Hohe Haus hat darüber zu befinden. Ich frage: Gibt es gegen diese Vorschläge Einwendungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist das so festgelegt.

1. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über die Regierungsvorlage (588 der Beilagen): Universitäts-Studiengesetz – UniStG, den Antrag 115/A (E) der Abgeordneten Mag. Herbert Haupt und Genossen betreffend Psychologenausbildung und über den Antrag 141/A (E) der Abgeordneten Dr. Alois Pumberger und Genossen betreffend Einrichtung des eigenständigen Studiums der Zahnmedizin mit dem Wintersemester 1996/97 (638 der Beilagen)

2. Punkt

Bericht und Antrag des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Hochschülerschaftsgesetz 1973 geändert wird (639 der Beilagen)

3. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über die Regierungsvorlage (581 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Forschungsorganisationsgesetz – FOG geändert wird (640 der Beilagen)

4. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über die Regierungsvorlage (412 der Beilagen): Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Fürstentum Liechtenstein über Gleichwertigkeiten im Bereich der Reifezeugnisse und des Hochschulwesens samt Anlagen (641 der Beilagen)

5. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über die Regierungsvorlage (427 der Beilagen): Notenwechsel zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Italienischen Republik über die gegenseitige Anerkennung akademischer Grade und Titel samt Anlage (642 der Beilagen)

6. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über die Regierungsvorlage (559 der Beilagen): Protokoll über die Fortführung der Aktion Österreich-Slowakei, Wissenschafts- und Erziehungskooperation (643 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen zu den Punkten 1 bis 6 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Werden dazu mündliche Berichterstattungen gewünscht? – Das ist nicht der Fall.


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Damit gehen wir in die Beratungen ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Dr. Krüger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte.

10.08

Abgeordneter Dr. Michael Krüger (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich habe schon immer Probleme mit der Obrigkeit gehabt, darum erlauben Sie mir, an den Beginn meiner Ausführungen den Gedanken zu stellen, daß ich diese Debatte nicht gern "unter einem" führe, sondern "mit Einem". In diesem Sinne sollte die Debatte hier im Hohen Haus geführt werden. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Khol: Ein nettes Bonmot!) – Danke, das muntert auf.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Akademikerwürde und Arbeitslosigkeit müssen kein Widerspruch sein. Mit dieser bitteren Erkenntnis, die noch vor einigen Jahren unvorstellbar gewesen wäre, sind immer mehr Absolventen der Universitätsstudien konfrontiert. Wir haben in Österreich mittlerweile 6 000 arbeitslose Akademiker bei insgesamt rund 300 000 Arbeitslosen. Das sind 2 Prozent – ein Prozentsatz, der in der Vergangenheit undenkbar gewesen wäre. Noch nicht eingerechnet, und daher ist dieser Prozentsatz verfälscht, sind jene Absolventen der Studien, die arbeitslos sind und in die Statistik keinen Eingang finden. Daher, meine Damen und Herren, ist die Situation wesentlich ernster, als es diese Statistik glaubhaft machen will.

Faktum ist jedenfalls, daß der öffentliche Dienst durch das Sparpaket oder Belastungspaket weitgehend als Arbeitgeber für Absolventen der Studien ausscheidet. Diese Tatsache wird insbesondere bei den Juristen sehr stark evident. Bei den Juristen sind in der Vergangenheit 70 Prozent aller Absolventen im öffentlichen Dienst untergekommen. Jetzt sehen wir in der Statistik, daß gerade die Absolventen der juridischen Fakultäten verstärkt arbeitslos werden, keine Beschäftigung finden, weil sie sich darauf eingerichtet haben, im öffentlichen Dienst aufgenommen zu werden. Nun scheidet jedoch der öffentliche Dienst als Arbeitgeber aus, und die Arbeitsplätze in der Privatwirtschaft oder in den klassischen juristischen Berufen wie Anwaltschaft, Notariat oder Richtertum werden immer weniger.

Es wird daher, meine sehr geehrten Damen und Herren, niemand in diesem Hohen Haus bestreiten, daß das Universitäts-Studiengesetz in der Praxis für die Jugend, für jene, die jetzt noch an den höheren Schulen sind, für die, die studieren, von größter Bedeutung für die Bewältigung der Zukunft ist.

Ich glaube, daß durch diesen Entwurf die Chance vertan wurde, mehr Praxisbezug in die Universitätsstudien einzubringen, und genau daran krankt das Studiensystem in seiner jetzigen Ausformung, und es wird sich in der Zukunft durch dieses Universitäts-Studiengesetz nichts daran ändern. Wenn man die Zahlen der Bundesrepublik Deutschland, der Schweiz und Österreichs vergleicht, was den Praxisbezug, die Praxisnähe anlangt, so stellt man fest, daß bei der Beurteilung des Praxisbezuges unter diesen drei Ländern Österreich sehr schlecht abschneidet.

Wir wissen ja, daß im deutschen Managermagazin im Jänner dieses Jahres eine Umfrage von Personalchefs und von Führungskräften der Wirtschaft abgedruckt war, die sich mit dem Praxisbezug der österreichischen Universitäten, der deutschen Universitäten und der Schweizer Universitäten beschäftigt. Und nach dieser Beurteilung schneidet Österreich nicht gut ab. In der Bewertungsskala von 0 bis 100 befinden sich die Universitäten Wien und Linz – das stelle ich als Linzer mit Freude fest – zwar österreichweit im Spitzenfeld an Praxisbezug, was das juridische Studium anlangt, aber international gesehen oder multinational gesehen befindet sich Österreich unter diesen drei Ländern lediglich im Mittelfeld.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Diese große Chance, die man gehabt hätte, da eine Gegenbewegung einzuleiten, wurde mit der Schaffung dieses Universitäts-Studiengesetzes vertan. Ich komme jetzt ins Zentrum der Kritikpunkte, die wir Freiheitliche am Entwurf anzubringen haben.


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"Sag zum Abschied leise servus!". – Diese Melodie hat man zwangsläufig auf den Lippen, wenn man sich als verantwortungsvoller Abgeordneter dieses Hohen Hauses mit dem Herzstück des Universitäts-Studiengesetzes befaßt, nämlich der Aufstellung des Studienplanes. (Abg. Dr. Mertel: Singen Sie es uns vor? Singen Sie uns wenigstens den ersten Takt!) – Frau Kollegin Mertel, ich werde Ihnen einmal eine Privatarie schmettern, aber bitte haben Sie Verständnis dafür, daß ich Ihnen hier nichts vorsinge. Aber ich glaube, das Thema ist zu ernst, als daß es ins Lächerliche abgleiten sollte.

Denn, meine sehr geehrten Damen und Herren, Faktum ist, daß dieses Universitäts-Studiengesetz in seinem Herzstück – was die Aufstellung der Studienpläne anlangt – verfassungswidrig ist. Wenn Sie der Opposition nicht glauben wollen, glauben Sie wenigstens den Experten, die im Vorfeld der Beurteilung und auch im Hearing von einer Verfassungswidrigkeit gesprochen haben, denn der Verfassungsgesetzgeber zieht sich komplett zurück aus der Verantwortung für die Studienpläne. Er sagt lediglich: Studienpläne sind Sache der Universitäten, ich ziehe mich zurück, ich als Gesetzgeber gebe nur vor, wie viele Semester das Studium zu dauern hat, und ich gebe den Stundenrahmen vor. Ich gebe inhaltlich überhaupt nichts vor.

Professor Wünsch hat ja beim Hearing beispielsweise im Zusammenhang mit dem Medizinstudium gesagt: Niemand würde sich mit Erfolg dagegen wehren können, wenn eine Universität, eine medizinische Fakultät die Anatomie aus dem Fächerangebot herausnähme. Beziehungsweise könnte sich niemand dagegen wehren, wenn beim juristischen Studium das Europarecht, das derzeit auch ein stiefmütterliches Dasein fristet, aus den Studienplänen genommen wird. Genau das ist die Kritik, die ich hier in erster Linie anzubringen habe, nämlich daß sich der Gesetzgeber – daher diese Melodie "Sag zum Abschied leise servus!" – aus dieser Kompetenz verabschiedet. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist ein eindeutiger Widerspruch zur Verfassungslage, und wer sich ernsthaft mit dieser Thematik befaßt hat, kann mir diesbezüglich nur recht geben. Denn in Artikel 14 der Bundesverfassung ist nun einmal festgeschrieben, daß das Hochschulwesen in Gesetzgebung und Vollziehung Bundessache ist. Nun verabschiedet sich der Gesetzgeber davon. Der Gesetzgeber verabschiedet sich und stellt nur mehr Rahmenbedingungen auf. Das ist zweifellos – und das wurde von den Experten auch eingewandt – ein Verstoß gegen das Legalitätsprinzip, wonach die gesamte Vollziehung nur aufgrund der Gesetzgebung stattzufinden hat.

Ein weiterer Kritikpunkt ist die radikale Kürzung der Stundenanzahl, der Semesterstunden, die Einschränkung des Angebots. Herr Kollege Nowotny, Sie aus der Praxis werden mir da wohl recht geben: Das Angebot an universitären Vorlesungen wird geringer, der Stoff jedoch bleibt gleich oder wird sogar durch die geänderten Anforderungen mehr.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Man hat da wirklich eine große Chance vergeben, man gleitet in die Mittelmäßigkeit ab. Als Gesetzgeber verabschiedet man sich völlig von der Verantwortung für die Studienpläne, und das ist ein Weg in die falsche Richtung, nämlich in Richtung Mittelmäßigkeit. Es ist nicht mehr Autonomie für die Universitäten, sondern es ist die falsche Form der Gestaltung, wenn man sich als Gesetzgeber für die Studienpläne komplett unzuständig erklärt. Man hätte zumindest Rahmenbedingungen vorgeben müssen.

Ich glaube, mit dieser Thematik wird sich nicht nur das Hohe Haus in den kommenden Stunden befassen, sondern irgendwann einmal auch der Verfassungsgerichtshof, und dann werden Sie alle, meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, wieder lange Gesichter machen, wenn der Verfassungsgerichtshof dieses Gesetz in wesentlichen Bestimmungen aufhebt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

10.18

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter DDr. Niederwieser. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten.

10.18

Abgeordneter DDr. Erwin Niederwieser (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Kollege Krüger hat vom Verabschieden gesprochen. Sie von


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den Freiheitlichen haben sich mit Ihrer heutigen Vorgangsweise von jeder ernsthaften Debatte hier verabschiedet. Denn wie können Sie denn vom Herrn Bundesminister erwarten, daß er hier sitzt und mit uns über diese Gesetze diskutiert, während er sich auf eine Dringliche Anfrage vorbereiten soll, die von Ihnen eingebracht wurde und um 15 Uhr behandelt wird? Das ist ja unmöglich! (Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei den Freiheitlichen: Wir haben ihm ja nicht gesagt, er soll die Ressorts zusammenlegen!) Das ist ja unmöglich! Sie nehmen die Kontrollrechte dieses Parlaments überhaupt nicht ernst, und das werfe ich Ihnen vor! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Sie kennen die Ressortverteilung und Sie wissen, daß das, was Sie heute fordern, unmöglich ist. (Abg. Dr. Graf: Der Einstieg vom Kollegen Krüger war besser! – Anhaltende Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Detlef Müller-Böling, Leiter des deutschen Hochschulentwicklungszentrums, schrieb in der "Zeit" am 21. Februar einen Artikel mit dem Titel "Mehr Freiheit für die Universitäten". Worüber man in der Bundesrepublik Deutschland noch diskutiert, das beschließen wir heute mit diesem Gesetz. Wesentlichste Ziele sind eine moderne, der Entwicklung in den Wissenschaften angepaßte Gestaltung der Studienpläne, kürzere Studienzeiten, eine umfassende Anrechnung all dessen, was jemand in Österreich oder auch in einem anderen Land oder auch über Internet etwa innerhalb und außerhalb von Universitäten studiert hat, besser pädagogisch ausgebildete Lehrerinnen und Lehrer, eine Aufwertung des Mittelbaues und eine deutliche Steigerung der rechtsstaatlichen Qualität bei Prüfungen für die Studierenden.

Dieses Gesetz wurde in erster Linie von Überlegungen getragen, was im Interesse des Studiums und der Studierenden ist. Dafür, daß das so gut gelungen ist, ist vielen zu danken, und ich möchte hier an erster Stelle jene nennen, die selten genannt werden. Als ich am vergangenen Freitag um 20 Uhr nach den Verhandlungen aus diesem Haus ging, sagte ein Kollege unten beim Portier... (Abg. Dr. Graf: Die Verhandlungen waren um 16 Uhr zu Ende!) – Ja, ich habe noch etwas länger zu tun gehabt. Tut mir leid, daß ich noch zu arbeiten hatte. Sie haben heimgehen können – schön für Sie.

Ein Kollege sagte also unten beim Portier um 20 Uhr: Es ist alles schon in der Staatsdruckerei. Das heißt, unser Dank gebührt den Mitarbeitern dort, den Mitarbeitern der Parlamentsdirektion, die hinten schreiben und kleben und so weiter, die mithelfen, daß solche Gesetze möglich sind. Es gebührt unser Dank auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Ministerium, allen voran Herrn Sektionschef Höllinger und Herrn Mag. Faulhammer.

Dank gebührt auch den vielen Menschen an den Universitäten, die sich dazu geäußert haben. Es haben viele dazu beigetragen, daß dieses Gesetz eine Form angenommen hat, die, wie ich glaube, zukunftsweisend ist. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Erwähnen möchte ich natürlich auch die Experten in diesem Unterausschuß. Interessanterweise hat auch der von den Freiheitlichen nominierte Professor Dr. Kuich von der TU Wien sehr positive Worte für dieses Gesetz gefunden, und zwar genau für das, was Sie hier kritisiert haben, nämlich daß die Studienpläne von den Universitäten selbst, von den Studienkommissionen gestaltet werden können.

Also: Das, was Sie von den Experten gehört haben, haben wir nicht vernehmen können.

Einer der Experten meinte sogar in seinem Abschlußstatement: Es gab noch nie ein so mittelbau- und studentenfreundliches Studienrecht wie dieses. – Auch diese Aussage sollte hier wiederholt werden.

Nun zu einigen wesentlichen Kritikpunkten.

Was das Legalitätsprinzip angeht, Herr Kollege Krüger, können wir uns entscheiden: Entweder geben wir den Universitäten, den Studienkommissionen das Recht, diese Studienpläne nach ziemlich genauen Vorgaben, was die Qualitätsansprüche anlangt, zu gestalten, oder wir sagen, es will jeden Studienplan, jedes Studiengesetz wieder das Parlament beschließen. Wir haben uns für den Weg entschieden, den Universitäten diese Freiheiten einzuräumen, und ich denke, daß das richtig ist und daß das eine Entwicklung ist, die zukunftsweisend ist.


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Es wurde auch kritisiert, daß wir teilweise zu kurze Übergangsfristen bei Studienplänen hätten. Wenn wir davon ausgehen, daß ein neuer Studienplan ein besserer Studienplan ist, ein modernerer Studienplan, ein Studienplan, der mit der Entwicklung in den einzelnen Wissenschaften mitgeht, dann ist es doch wohl kein Fehler, die Studenten möglichst rasch auf diesen neuen Studienplan umsteigen zu lassen.

Was sind nun einige der wesentlichen Punkte, die wir – und nicht nur wir – als Fortschritt in diesem Gesetz erkennen können?

An erster Stelle möchte ich in diesem Zusammenhang den durch und durch demokratischen Geist dieses Gesetzes erwähnen, mit dem Sie vielleicht Schwierigkeiten haben. Der demokratische Geist dieses Gesetzes ist von besonderer Bedeutung, denn die wichtigsten Entscheidungen fallen in Zukunft in der Studienkommission, und die Studienkommission ist ein drittelparitätisch besetztes Gremium der Universität, und die Professoren, der Mittelbau und die Studierenden überlegen gemeinsam, wie das Studium in der Zukunft gestaltet werden soll.

Ein zweiter Punkt: Die Studien sind viel rascher als bisher den fachlichen Entwicklungen anzupassen. Wie wollen Sie das mit Gesetzesänderungen jeweils erreichen können? Der Praxisbezug, den Sie in Ihrer Rede eingemahnt haben, kann doch viel eher dadurch erreicht werden, daß man den Universitäten die Möglichkeit einräumt, nicht zu warten, bis der Gesetzgeber eine Änderung beschließt, sondern eine solche Änderung selbst vorzunehmen. Die Studienpläne sind dadurch aktuell, sie sind offen für neue Entwicklungen.

Und ein ganz wichtiger Punkt: Wir haben dafür Vorsorge getroffen, daß die pädagogische Qualität der Lehrerausbildung verbessert wird. Diesbezüglich wurde in der Vergangenheit immer wieder Kritik laut, Kritik, die mit diesem Gesetz, hoffe ich, der Vergangenheit angehört.

Weitere wichtige Punkte sind Möglichkeiten der individuellen Studienzeitverkürzungen oder auch die Feststellung des Nationalrates, die ja dem Ausschußbericht beigedruckt ist, wonach etwa die Studientitel auch in Zukunft für vergangene Studien – ich nenne hier nur Krems – anzuwenden sind.

Den Studenten wird mehr Rechtssicherheit bei Prüfungen eingeräumt. Der Mittelbau erhält in Verantwortung des Studiendekans die Möglichkeit der Betreuung von Diplomarbeiten und auch die Möglichkeit, Prüfungen abzuhalten. Ich denke, daß das ein ausgewogenes System ist, das eine Logik in sich hat: Diplomarbeit und Prüfungen. Ich glaube, das ist vernünftiger, als nur zu sagen, Diplomarbeiten mit einer Automatik, aber dafür keine Prüfungen abhalten zu dürfen. Die Studierenden können dadurch erwarten, daß ihnen in ausreichender Zahl Betreuung zur Verfügung stehen wird.

Es gibt auch eine bessere Information für die Studienanfänger.

Als letzten Punkt möchte ich darauf hinweisen – meine Kolleginnen und Kollegen werden noch weitere Punkte erwähnen – , daß mit Inkrafttreten dieses Gesetzes 11 Bundesgesetze und 176 Verordnungen außer Kraft treten. Das sind 5 000 Seiten Bundesgesetzblatt. Nennen Sie mir ein Gesetz, wo es das jemals gegeben hat! Die Universitäten werden erstmals in ihrer neueren Geschichte echte Eigenverantwortung für die Studienpläne erhalten.

Wir haben aber auch noch einige Klarstellungen zu treffen. Eine davon betrifft die Möglichkeiten von Studierenden, die in Österreich Asyl bekommen haben und gewisse Unterlagen nicht beibringen. Dazu bringe ich folgenden Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten DDr. Niederwieser, Dr. Lukesch und Kollegen betreffend die Berücksichtigung von Personen, denen Asyl gewährt wurde

Der Nationalrat wolle beschließen:


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"Der Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr wird ersucht, Personen, denen die Republik Österreich Asyl gewährt hat, in die gemäß § 31 Abs. 2 Z 4, § 34 Abs. 3 Z 4 und § 36 Abs. 4 zu erlassende Verordnung aufzunehmen."

*****

Da ich schon beim Verlesen bin, darf ich gleich noch einen Antrag einbringen:

Antrag

der Abgeordneten Dr. Lukesch, DDr. Niederwieser und Genossen betreffend die Rückverweisung des Berichts und Antrages des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Hochschülerschaftsgesetz 1973 geändert wird (639 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Bericht und Antrag des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Hochschülerschaftsgesetz 1973 geändert wird (639 der Beilagen), wird an den Ausschuß für Wissenschaft und Forschung rückverwiesen.

*****

Die Fraktionen sind darüber informiert. Die im Ausschuß bereits vom Kollegen Lukesch und mir geäußerte Bereitschaft, die verfassungsrechtlichen Bedenken wirklich eingehend und gründlich zu prüfen und ihnen auch Rechnung zu tragen, wenn sie berechtigt sind, hat dazu geführt, daß wir zur Überzeugung gelangt sind, daß es aus verfassungsrechtlichen Gründen, aus Gründen einer möglichen Anfechtung besser ist, diese Novelle zum Hochschülerschaftsgesetz nicht zu beschließen, weil wir mit den Fristen hier in sehr große Schwierigkeiten gekommen wären.

Schon vor dem Inkrafttreten des Universitäts-Studiengesetzes haben manche die Chancen erkannt, die dieses neue Gesetz bietet. Ich habe hier ein Schreiben etwa der Philosophen der Universität Innsbruck, in welchem sie jetzt schon andere Fakultäten befragen, ob sie nicht mitmachen wollen bei einer gemeinsamen Gestaltung dieser neuen Studienpläne. Das ist ein Beispiel dafür, daß es dem Fach und der Wissenschaft gleichermaßen verantwortliche Universitätsangehörige gibt, die die Chancen der Veränderung dieses Gesetzes erkannt haben.

Das neue Studienrecht ist ein Meilenstein in der Universitätsreform, und dies nicht nur für Österreich, sondern es ist beispielgebend für viele europäische Länder. Bundesminister Klima hat in seiner Regierungserklärung betont, wir müssen konkrete Perspektiven anbieten; dieses Gesetz ist eine Perspektive für unsere Universitäten.

Es bietet keine Perspektive eines Schlaraffenlandes, wo Milch und Honig fließen, aber eine Perspektive für eine erfolgreiche Zukunft, wenn man gewillt ist, die Chancen und Möglichkeiten dieses Gesetzes auch zu nutzen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

10.29

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Rückverweisungsantrag ist ein Verfahrensantrag, über den am Schluß dieser Debatte abzustimmen sein wird.

Der Entschließungsantrag, den Kollege DDr. Niederwieser verlesen und gemeinsam mit Dr. Lukesch eingebracht hat, steht ordnungsgemäß zur Verhandlung.

Am Wort ist Frau Abgeordnete Dr. Gredler. – Bitte.

10.29

Abgeordnete Dr. Martina Gredler (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ja, es gibt Grund genug, dieses Gesetz zu loben. Es ist ein bißchen


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wie mit einem Ei – in der Osterzeit kann man diesen Vergleich ja durchaus heranziehen –: Zuerst stößt man auf ein unschuldiges Weiß, das heißt Abbau der Bürokratie, das heißt Deregulierung. Das sind also echte Vorteile. Dann aber sieht man das imperiale Gelb hervortreten: die Allmacht der Professoren, die noch teilweise durchschlägt (Abg. Dr. Krüger: Aber das Gelbe vom Ei ist das Gesetz nicht!) , und zuletzt spürt man die Belastung des Cholesterinspiegels: Studienzeiten werden oft nicht verkürzt, sondern sie sind verlängert worden.

Es gibt auch andere Schwierigkeiten im Ablauf, zum Beispiel bei den individuellen Diplomstudien, auf die ich später noch eingehen werde.

Loben kann man dieses Gesetz, weil es die Mündigkeit der Studienkommission beinhaltet, weil die Studienkommissionen Lehrpläne erstellen können und sich daraus regionale Schwerpunkte ergeben könnten. Das wäre für die Studierenden sicherlich interessant.

Die Einbeziehung der Berufswelt ist sicherlich auch ein Vorteil. Eine Universität ist ja insofern eine Ausbildungsstätte, als die Studierenden dann geeignet sein sollen für eine Verwendung in der Arbeitswelt.

Nicht visionär ist dieses Gesetz in bezug auf die Zukunft. Wir haben Ressourcen, die teilweise fünf Monate brachliegen. Es ist zu überlegen, ob wir nicht schön langsam zu einem Trimestersystem übergehen sollten.

Und nicht visionär ist dieses Gesetz auch deswegen, weil der ganze Bereich der Informationstechnologien eigentlich noch nicht eingeflossen ist.

Ich möchte mich aber meinem Vorredner anschließen, was sein Lob für die Beamten anlangt. Ich glaube, es war für die Beamten äußerst schwierig, bei so vielen Interventionen ein gutes Gesetz vorzubereiten. Ich möchte ihnen im Namen des Liberalen Forums hiemit meinen Dank aussprechen. (Beifall beim Liberalen Forum und bei Abgeordneten der SPÖ sowie der ÖVP.)

Jetzt komme ich zum Vorschußmißtrauen dieses Gesetzes, zum Vorschußmißtrauen gegenüber den Studierenden. Die individuellen Diplomstudien können nicht eigenständig zusammengestellt werden, sondern es muß die Sinnhaftigkeit von einer dritten Person überprüft werden. Ich frage mich: Wer von den Dekaninnen und Dekanen ist so visionär, daß er die Sinnhaftigkeit eines Studiums oder einer Kombination von verschiedenen Fächern für die Zukunft ausschließen kann?

Ich erinnere in diesem Zusammenhang nur daran, daß zum Beispiel die Kombination EDV und Graphik vor 15 Jahren überhaupt nicht üblich war. Jetzt gehen aus dieser Fächerkombination Absolventen hervor, die zu den meistbegehrten in dieser technischen Welt gehören.

Ich glaube, man kann man die Sinnhaftigkeit nicht überprüfen lassen. Ich hätte mir gewünscht, daß eine Belastungsvergleichbarkeit besteht, das heißt, daß man den Studierenden bei einem individuellen Diplomstudium genauso viele Belastungen auferlegt wie jenen, die regulär ihre Studien machen.

Es gibt meines Erachtens auch ein Vorschußmißtrauen gegenüber den Assistentinnen und Assistenten, was die Betreuung, die Bewertung von Diplomarbeiten anlangt. Das ist der zweite Punkt meiner Abänderungsanträge, die ich jetzt umfassend beschreiben werde.

Es besteht dieses Vorschußmißtrauen deswegen, weil sie nach wie vor abhängig sind von der Bewilligung des Dekans oder der Dekanin, und das halte ich eigentlich nicht für sinnvoll. Ich glaube, daß man, wenn man eine Dissertation hat und sich auf Hochschulniveau bewährt hat, durchaus in der Lage ist, Diplomprüfungen beziehungsweise Diplomarbeiten zu bewerten, die noch dazu innerhalb von sechs Monaten bewältigt werden müssen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Vorschußmißtrauen gibt es auch bezüglich einer Einigungsmöglichkeit zwischen den Studierenden und den Lehrenden, was Blockveranstaltungen anbelangt. Man braucht immer den Studien


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dekan oder die Studiendekanin, der beziehungsweise die das bewilligt. Ich halte es wirklich für eigenartig, daß man diesen zwei Gruppen eine Einigung nicht zutraut. Es müßte eigentlich nur im Falle der Nichteinigung der Studiendekan oder die Studiendekanin herangezogen werden. Das ist ein dritter Punkt meiner Abänderungsanträge.

Was die Auflistung der Pflichten eines Studierenden anbelangt, würde ich meinen, daß die Studentinnen und Studenten genau wissen, was sie im Studium erwartet und welche Pflichten sie haben. Man braucht ihnen das nicht durch ein Gesetz vorschreiben, sondern ich glaube, sie sind mündig genug, das auch ohne eine solche Auflistung zu wissen.

Und jetzt, Herr Bundesminister, zu meiner Anfrage, die Sie vorher nicht beantwortet haben. Vielleicht können Sie dann in Ihrer Stellungnahme, die Sie wahrscheinlich abgeben werden, noch darauf eingehen.

ECTS: Ich weiß, daß es im Gesetz vorgesehen ist, und ich werde mir auch erlauben, diesbezüglich Änderungsanträge einzubringen, weil das ECTS die Mobilität der Studenten auf dem europäischen Sektor fördert. Im Gesetz ist das als Kann-Bestimmung enthalten. Ich möchte eine Verpflichtung haben, daß jede Lehrveranstaltung diese Bewertungspunkte vergibt, und zwar deswegen, weil die Studenten dann die Möglichkeit haben, mobiler zu sein, und daß sie nicht dort, wo diese Punkte nicht vergeben worden sind, unter Absolvierung eines bürokratischen Hürdenlaufes nachträglich vergeben werden. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Deshalb, Herr Bundesminister, würde ich Sie bitten, mir die Frage zu beantworten, warum es eine Kann- und nicht eine Muß-Bestimmung ist. (Abg. Mag. Barmüller: Von der Wiege bis zur Bahre: Formulare, Formulare!) Formulare, Formulare, genau. Wunderbar!

Ein weiterer Punkt sind die Protokollführungen, die Professoren und Professorinnen – wir haben ja immerhin 3 Prozent weibliche Professoren – mittels Tonträgern zu erledigen haben. Auch dazu ein Abänderungsantrag von mir, weil ich glaube, man müßte da wirklich die neuen Technologien einfließen lassen. Und wenn ein Professor oder eine Professorin sagt: Ich bin zu sehr abgelenkt mit der schriftlichen Protokollführung, aber ich möchte Tonträger benützen!, dann muß man ihnen doch diese Möglichkeit geben. Das ist ja nicht eine Sache von Opposition und Regierungsparteien, sondern eigentlich nur eine Sache der Klarheit der Sicht.

Zum Studium via Internet: Es gibt einen Passus im Gesetz, den ich durch einen Abänderungsantrag auch gern herausstreichen möchte, nämlich jenen, daß man in einem Semester nur an einer Universität studieren kann.

Herr Bundesminister! Sie wissen genau, daß ich über Internet in einem Semester gleichzeitig Vorlesungen in Mailand und in Paris "besuchen" könnte, über die neuen Technologien eigentlich auch die Prüfungen ablegen könnte, und daher wäre es im Sinne einer europäischen Integration der gesamten wissenschaftlichen Fächer doch wirklich antiquiert, zu sagen, wir dürfen in einem Semester nur an einer Universität eine Studienrichtung inskribieren.

Das ist wirklich nicht mehr das, was sich Studierende wünschen, und deshalb möchte ich Sie bitten, daß Sie das schleunigst ändern, weil es an der Realität der heutigen technologisierten Welt vorbeigeht. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Zu der ÖH-Wahl noch ein Wort. Ich halte es eigentlich für untragbar, daß man erstens einmal bei den ausländischen Studierenden einen Unterschied zwischen EU-Bürgerinnen und -Bürgern und Nicht-EU-Bürgerinnen und -Bürgern macht, was das passive Wahlrecht anbelangt. Ich weiß, daß es in der sozialdemokratischen Fraktion auch zu Schwierigkeiten gekommen ist in dieser Beziehung und daß man dort gar nicht darüber froh ist.

Geradezu peinlich aber ist es, daß wir aus verfassungsrechtlichen Gründen ein Anliegen, das seit der XIII. GP auf dem Tisch liegt, noch immer nicht erledigen können, weil wir Fristen versäumt haben. Ich halte es für eine vernichtende Niederlage des Parlamentarismus, daß aufgrund des bürokratischen Hürdenlaufes oder aufgrund von irgendwelchen Bestimmungen jetzt jene Leute, die interessiert wären, zu kandidieren, diese Möglichkeit nicht haben, sondern nach


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wie vor zwei Jahre warten müssen. Das halte ich wirklich für eine Niederlage des Parlamentarismus.

Abschließend noch eine Anmerkung zum Kapitel des Institutes für den wissenschaftlichen Film. Es ist eigentlich ein trauriges Kapitel, daß eine solche Institution aufgrund einer vernichtenden Bewertung durch den Rechnungshof geschlossen werden muß. Ich glaube, daß Institutionen, die Mittel, die ihnen von der öffentlichen Hand zur Verfügung gestellt werden, nicht in adäquater Weise verwenden, geschlossen werden müssen, zumal Institutionen beziehungsweise Universitätsinstitute die Möglichkeit haben, sich, wenn mehrere interessiert sind, ein eigenes Institut zu schaffen.

Ich hoffe, daß der wissenschaftliche Film dadurch eine neue Möglichkeit der Entfaltung hat, zumal wir durchaus beobachten konnten, daß dieses Institut sehr erfolgreich war, was die Einheimsung von Preisen für den internationalen Film anbelangt. Insbesondere möchte ich die ethnologischen Filme, die ich selbst gesehen habe, erwähnen, die durchaus Sinn gehabt haben und eine andere Form der Lehre mit einfließen ließen, nicht nur die verbale Kommunikation von Professoren oder Assistenten in Richtung Studenten, sondern auch die optischen Eindrücke, die sehr hilfreich waren in diesem Studium.

Ich möchte mir zum Schluß ein Lob vorbehalten – auch gegenüber den Beamtinnen und Beamten –, und zwar ist das die Einhaltung der weiblichen und männlichen Formen in diesem Gesetz. Wahrscheinlich werden meine Kolleginnen und Kollegen von der Freiheitlichen Partei das anders sehen, aber ich halte das durchaus für einen wesentlichen Fortschritt, daß sie das durchgehalten haben. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Zum Schluß möchte ich einen Abänderungsantrag vorlesen, weil ich da eigentlich datenschutzrechtliche Bedenken habe. Man verlangt von den Studierenden, daß sie Auskünfte über ihre Eltern geben, was den Beruf beziehungsweise den Rang anbelangt. Ich halte es nicht für korrekt, daß man jemanden verpflichtet, Daten von Drittpersonen anzugeben.

Außerdem, was sind "Eltern"? – Sind das auch Stiefeltern, sind das Pflegeeltern? Wie ist das abzugrenzen? Also ich halte das für sehr bedenklich und möchte daher den Abänderungsantrag vorlesen wie folgt:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Martina Gredler, Partnerinnen und Partner zur Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz über die Studien an den Universitäten (Universitäts-Studiengesetz) in der Fassung des Ausschußberichtes des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung (588 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der § 33 Abs. 3 lautet:

"(3) Über die in der Gesamtevidenz der Studierenden für die Zwecke der Hochschulstatistik zur Verfügung stehenden Daten hinaus sind anläßlich der Zulassung und des Abganges der Studierenden sowie die Verleihung eines akademischen Grades statistische Erhebungen unter Angabe der Matrikelnummer, der Universität oder Hochschule, des Geburtsdatums, des Geschlechts zulässig über:

1. den Familienstand,

2. die Zahl der Geschwister" – das ist auch relativ egal –,

"3. die Vorbildung und die bisherigen postsekundären Studien,

4. die berufliche Tätigkeit" – meinetwegen –,


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5. den Bezug von Studienbeihilfen und von Stipendien."

*****

Meinetwegen. Das alles sind personenbezogene Daten, aber nicht Daten, die andere, also Drittpersonen, angehen. Das würde ich eigentlich für vernichtend halten. (Beifall beim Liberalen Forum.)

10.43

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der zuletzt verlesene Abänderungsantrag entspricht den gesetzlichen Bestimmungen und steht mit in Verhandlung.

Darüber hinaus gebe ich bekannt, daß der etwas früher in seinen Kernpunkten erläuterte Abänderungsantrag zum Universitäts-Studiengesetz genügend unterstützt ist. Im Hinblick auf den Umfang dieses Antrags wird er nach § 53 Abs. 4 der Geschäftsordnung vervielfältigt, schriftlich verteilt und steht ab jenem Zeitpunkt dann mit in Verhandlung.

Dieser Abänderungsantrag hat folgenden Wortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Martina Gredler, Partnerinnen und Partner zur Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz über die Studien an den Universitäten (Universitäts-Studiengesetz) in der Fassung des Ausschußberichtes des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung (588 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle beschließen:

1. Der § 6 Abs. 2 lautet:

"(2) Das oberste Kollegialorgan jeder Universität und Hochschule hat durch Verordnung die Unterrichtswochen und die lehrveranstaltungsfreie Zeit so festzulegen, daß das Studienjahr mindestens 30 Unterrichtswochen und jedes Semester mindestens 14 Unterrichtswochen enthält. Für die lehrveranstaltungsfreie Zeit ist einmal im Studienjahr ein ununterbrochener Zeitraum von mindestens zehn Wochen vorzusehen."

2. Der § 7 Abs. 1 lautet:

"§ 7. (1) Die Studienkommissionen haben in den Studienplänen den Gegenstand, die Art und den Umfang der die Fächer bildenden Lehrveranstaltungen festzulegen."

3. Der § 7 Abs. 4 lautet:

"(4) Die Leiterinnen und Leiter der Lehrveranstaltungen sind berechtigt, die Lehrveranstaltungen in Abstimmung mit den Studierenden nur während eines Teils eines Semesters, aber mit entsprechend erhöhter wöchentlicher Stundenzahl durchzuführen (Blocklehrveranstaltungen). Wird keine Einigung mit den Studierenden erzielt, entscheidet die Studiendekanin oder der Studiendekan.

4. Der § 7 Abs. 8 lautet:

"(8) Die Studienkommission hat für Lehrveranstaltungen mit einer beschränkten Zahl von Teilnehmerinnen und Teilnehmern im Studienplan die Anzahl von möglichen Teilnehmerinnen und Teilnehmern sowie das Verfahren zur Vergabe der Plätze festzulegen. Dabei muß sichergestellt sein, daß den bei einer Anmeldung zurückgestellten Studierenden daraus keine Verlängerung der Studienzeit erwächst. Im Bedarfsfall sind überdies Parallelveranstaltungen, allenfalls auch während der sonst lehrveranstaltungsfreien Zeit anzubieten."

5. Im § 13 Abs. 5 lautet der erste Satz:


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"(5) Im Sinne des europäischen Systems zur Anrechnung von Studienleistungen (European Credit Transfer System – ECTS, 87/327/EWG, Amtsblatt Nr. L 166 vom 25. 6. 1987, CELEX-Nr. 387D0327) hat die Studienkommission im Studienplan den einzelnen Lehrveranstaltungen ECTS-Anrechnungspunkte zuzuteilen."

6. § 17 Abs. 2 und Abs. 3 lauten:

"(2) Der Antrag hat jedenfalls zu enthalten:

1. Die Bezeichnung des Studiums,

2. das Qualifikationsprofil,

3. die Studiendauer von mindestens acht Semestern,

4. die Festlegung der Studienabschnitte und deren Dauer,

5. die Prüfungsfächer und die Prüfungsordnung,

6. Lehrveranstaltungen im Ausmaß von mindestens 120 Wochenstunden,

7. wenn das Studium an mehreren Fakultäten oder Abteilungen (Universitäten oder Hochschulen) durchgeführt werden soll, die Zuordnung der Lehrveranstaltungen zu den beteiligten Fakultäten oder Abteilungen (Universitäten oder Hochschulen) und

8. die Abfassung einer Diplomarbeit.

(3) Die Rektorin oder der Rektor hat das individuelle Diplomstudium bescheidmäßig zu genehmigen, wenn der Antrag sämtliche in Abs. 2 genannten Inhalte aufweist. Wurde das individuelle Studium genehmigt, ist der oder die Studierende mit Beginn des folgenden Semesters zum Studium zugelassen. Den Absolventen eines individuellen Diplomstudiums ist der Diplomgrad ,Magister‘, den Absolventinnen der Diplomgrad ,Magistra‘ zu verleihen."

7. Im § 19 Abs. 4 lautet der erste Satz:

"(4) Im Sinne des europäischen Systems zur Anrechnung von Studienleistungen (European Credit Transfer System – ECTS, 87/327/EWG, Amtsblatt Nr. L 166 vom 25. 6. 1987, CELEX-Nr. 387D0327) hat die Studienkommission im Studienplan den einzelnen Lehrveranstaltungen ECTS-Anrechnungspunkte zuzuteilen."

8. Im § 23 Abs. 3 lautet der erste Satz:

"(3) Im Sinne des europäischen Systems zur Anrechnung von Studienleistungen (European Credit Transfer System – ECTS, 87/327/EWG, Amtsblatt Nr. L 166 vom 25. 6. 1987, CELEX-Nr. 387D0327) hat das Fakultätskollegium oder das Universitätskollegium im Studienplan den einzelnen Lehrveranstaltungen ECTS-Anrechnungspunkte zuzuteilen."

9. Im § 29 entfällt der Absatz 2.

10. Im § 34 entfällt der Absatz 8.

11. Der § 57 Abs. 3 wird durch folgenden Satz ergänzt:

"... Die Aufzeichnung mündlicher Prüfungen auf Tonträger als teilweiser Ersatz des Prüfungsprotokolls ist zulässig, wenn dagegen weder von den Studierenden noch von der Prüferin oder dem Prüfer Einwände erhoben werden."

12. § 61 Abs. 4 lautet:

"(4) Universitätslehrerinnen und Universitätslehrer mit einer Lehrbefugnis gemäß § 19 Abs. 2 Z 1 lit. a bis e UOG 1993, Hochschullehrerinnen und Hochschullehrer mit einer Lehrbefugnis gemäß


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§ 9 Abs. 1 Z 1 Kunsthochschul-Organisationsgesetz und § 7 Z 1 Akademie-Organisationsgesetz 1988 sowie Universitäts- und Hochschulassistentinnen und Universitäts- und Hochschulassistenten gemäß § 29 UOG 1993 drei Jahre nach der Verleihung des Doktorgrades sind berechtigt, aus dem Fach ihrer Lehrbefugnis oder ihrer Dissertation Diplomarbeiten zu betreuen und zu beurteilen. Die oder der Studierende ist berechtigt, eine Betreuerin oder einen Betreuer nach Maßgabe der Möglichkeiten auszuwählen."

13. In Anlage 1 entfällt die Ziffer 1.41.2.

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zum Wort gelangt Kollege Dr. Lukesch. Als Redezeit hat er selbst 12 Minuten vorgeschlagen. – Bitte.

10.43

Abgeordneter Dipl.-Vw. Dr. Dieter Lukesch (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich bilde mir nicht ein, daß ich mir heute vorstellen könnte, wie es einer Frau geht, wenn sie nach vielen Monaten der Schwangerschaft mit Freude und unter Schmerzen ein Kind gebärt, aber ein bißchen kann ich mich jetzt in die Situation hineindenken.

Dieses neue Uni-Studiengesetz steht seit 1992 in vorbereitender Diskussion im Rahmen der Studienreformkommission, seit 1995 in ganz intensiver Auseinandersetzung an den Universitäten in einem heftigen Dialog, und heute ist es soweit! Und wenn ich die Stimmen dazu höre, die insbesondere im Unterausschuß durch die Experten dargelegt worden sind, meine ich, daß der überwiegende Teil dieser Experten der Ansicht ist, daß das ein gutes Gesetz ist, das wir heute im Interesse der Universitäten beschließen sollen. (Beifall bei der ÖVP.)

Sehr verehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Am Neuen Institutsgebäude der Wiener Universität steht der Satz: "Die Wissenschaft und ihre Lehre sind frei", entnommen natürlich aus dem Staatsgrundgesetz. Aber wie sah denn diese Freiheit in bezug auf die Lehre – da möchte ich replizierend ein bißchen auf den Kollegen Krüger eingehen – aus?

Es gab ein Allgemeines Hochschul-Studiengesetz, das generell die Vorschriften für die Durchführung der Lehre und der Prüfungen regelte, ein umfangreiches Gesetz, das auch sehr häufig novellierungsbedürftig gewesen war. Es gab – das wurde schon erwähnt – elf besondere Studiengesetze, die dann den Fächerkanon für die Bereiche der Studien festlegten. Sie, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, haben gesagt, welche Fächer man bei der Informatik wählen muß und welche Bedeutung ihnen etwa im Zusammenhang mit der Diplomprüfung zukam, Sie mußten hier im Hohes Hause sagen, wie Werkstofftechnik aus Ihrer Sicht in den Universitäten zu strukturieren ist. – Das war also die Freiheit.

Daneben gab es an die 180 Gesetzesverordnungen, die detailliert die Art der Lehrveranstaltungen, die Stundenrahmen pro Fach festlegten, und erst innerhalb dieses engen Rahmens hatten die Studienkommissionen das Recht, die letzten Festlegungen zu treffen.

In den letzten 30 Jahren, meine sehr verehrten Damen und Herren, hat sich die Welt aber geändert. Sie ist viel dynamischer geworden, sie ist viel kompetitiver geworden. Das gilt ganz besonders auch für die Wissenschaft und für ihre Lehre. Daher müssen wir in dieser Form neuer Freiheiten darauf reagieren.

Meine Damen und Herren! Das heute zu beschließende Uni-Studiengesetz steht in einer ganz konsequenten Linie der Universitätsreform, die die ÖVP gemeinsam mit ihrem Koalitionspartner 1993 mit dem Universitäts-Organisationsgesetz, dem Fachhochschulgesetz schon begann. Dieses Uni-Studiengesetz ist aus meiner Sicht in mehrfacher Weise vorbildlich. Einerseits einmal im Hinblick auf die Deregulierungswirkungen. Der Umfang wurde schon genannt. Ich sage es noch einmal, denn es ist geradezu unglaublich: Zwölf Gesetze und 118 Studienverordnungen werden dadurch aufgehoben. Also: Andere reden von Deregulierung und Entbürokratisierung, wir tun es heute und hier! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)


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Wir haben, Herr Kollege Brauneder, über die verfassungsrechtlichen Bedenken – Artikel 18
B-VG – sehr genau nachgedacht. Wir nehmen solche Einwände auch durchaus ernst. Das ÖH-Gesetz war ein Anlaß, verfassungsrechtliche Bedenken, die im letzten Moment aufgetaucht sind, ernst zu nehmen und daher heute einen Rückverweisungsantrag einzubringen, der seine Ursache aber auch in einem zeitlichen Ablauf hatte, den eine bestimmte Partei in diesem Haus zu verantworten hat, den nicht wir zu verantworten haben.

Dieses Gesetz ist auch im Hinblick auf seinen schmalen Umfang – es umfaßt ja nicht einmal 50 Seiten – und durch den klaren Aufbau bemerkenswert. Auch hier, Herr Kollege Brauneder, unterscheide ich mich in der Einschätzung – wahrscheinlich als Nichtjurist; ganz bescheiden will ich das so sagen – bezüglich der deutschen Sprache, die dort verwendet wird, der Verständlichkeit des Gesetzes. Es soll ja lesbar sein, und zwar auch für Nichtjuristen und nicht nur für die Spezialisten auf dem Rechtsgebiet. Daher gibt es gewisse Redundanzen, gewisse Wiederholungen, eine möglichste Vermeidung von Verweisen auf andere Paragraphen, um dadurch einfach die Lesbarkeit auch für den Durchschnittsnormadressaten – wie das wohl so heißt – besonders zu erhöhen.

Ich glaube, meine weiblichen Abgeordnetenkolleginnen werden es noch würdigen, daß wir es ganz systematisch und konkret durchgezogen haben, alle akademischen Funktionen mit der weiblichen Bezeichnung voranzustellen und in der männlichen Bezeichnung nachzustellen, so wie es die deutsche Sprache verlangt. (Beifall bei der ÖVP und der Abg. Dr. Mertel. )

Das neue Gesetz gibt – das wurde schon gesagt, meine Damen und Herren – auf der Ebene der Studienkommissionen nunmehr den Universitäten die volle Autonomie für die Gestaltung der Lehre. Das heißt, mit diesem Gesetz stärken wir die Mitbestimmung, die Mitbestimmung der Studierenden vor allem, weil sie jetzt einen sehr demokratischen Einfluß auf die Gestaltung der Studien, auf die Inhalte der Studien haben.

Zudem wird es die Möglichkeit geben, Schwerpunktbildungen nach Standorten zu machen. Es gibt die Möglichkeit, rasch und flexibel auf neue Herausforderungen zu reagieren, und es wird mit Sicherheit auch zu einem Wettbewerb um das bessere Studienprofil, um den besseren Studienplan zwischen den verschiedenen Hochschulstandorten kommen. Ich wünsche mir diesen Wettbewerb, ich wünsche mir hier einen gewissen Grad an Individualisierung, weil das eben auch die verschiedenen Chancen entsprechend ausnützt.

Dieses Gesetz bringt aber auch eine Studienzeitverkürzung. Natürlich gibt es Klagen darüber, daß wir den Stundenrahmen in einzelnen Fächern um 10, 15 Prozent abgesenkt haben, aber als Universitätsangehöriger, meine Damen und Herren, darf ich schon sagen: Auch wir sind nicht frei von der Versuchung, zu Altem immer Neues hinzuzufügen, ohne von dem Alten irgend etwas wegzunehmen. Da wird es entsprechende Diskussionen geben: Was ist noch wichtig? Was ist nicht mehr so wichtig? Was ist besonders wichtig für die Zukunft unserer Studierenden? – Da wird es noch einen sehr fruchtbaren Dialog geben, der notwendig ist.

Dieses Gesetz – darüber hat es auch eine sehr heiße Auseinandersetzung gegeben – bringt noch ein neues wesentliches Element, es bringt einen Dialog zwischen den gesellschaftlich relevanten Institutionen außerhalb der Universität und der Universität über die Studiengestaltung.

Wenn Kollege Krüger über die Praxisferne unserer Studien klagt, so möchte ich ihm sagen, daß durch die Einbeziehung der Beschäftiger, die diese Absolventen abzunehmen haben, diese Praxis jetzt selbstverständlich in der Form einer effektiven Mitberatungsmöglichkeit in die entsprechenden Stellungnahmen einfließen und von den Studienkommissionen zu berücksichtigen sein wird. § 9 des Gesetzes dürfte Ihnen entgangen sein, in dem die Studienkommissionen aufgefordert werden, entsprechende Semesterpraktika einzurichten.

Wir führen also – das darf ich als jemand, der auch Angehöriger dieser Profession ist, sagen – die Universitäten ein wenig heraus aus dem elfenbeinernen Turm und verlangen von ihnen, daß sie ihre Verantwortung gegenüber der Gesellschaft wahrnehmen im Sinne des Zuhörens, wenn sie gute Ratschläge seitens der Wirtschaft, seitens der Gesellschaft erhalten, und indem sie in


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diesen Dialog eintreten. Ich glaube, das ist die richtige Art der Wahrnehmung der Verantwortung. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. DDr. Niederwieser. )

Das Gesetz bringt auch eine Orientierungsphase und eine Studieneingangsphase. Darauf hat die ÖVP bestanden. Wir wollen, daß unsere jungen Studierenden am Beginn ihres Studiums über die charakteristischen Inhalte und die besonderen Fähigkeiten, die man für ein bestimmtes Studium braucht, frühzeitig orientiert werden. Das hat nichts mit Knock-out-Prüfung zu tun, sondern mit Selbstüberprüfung der eigenen Interessen bei den Studierenden.

Die internationale Mobilität war heute in der Fragestunde schon ein Thema. Ich bin froh, daß wir das in diesem Gesetz verankert haben. Wir brauchen Mobilitätsprogramme à la Fulbright. Ein österreichisches Fulbright-Programm wäre eine entsprechende Zielsetzung. (Beifall bei der ÖVP und des Abg. DDr. Niederwieser. )

Meine Damen und Herren! Das Uni-Studiengesetz verbindet alles in allem Autonomie, Subsidiarität und Qualitätssicherung der Studien gleichermaßen. Es ist ein echtes – man soll mit diesem Ausdruck vorsichtig sein, aber hier ist er angebracht – Jahrhundertgesetz. (Ironische Heiterkeit des Abg. Dr. Graf. ) Es sind die Habeaskorpusakte unserer Universitäten. (Beifall bei der ÖVP und des Abg. DDr. Niederwieser. )

10.54

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Petrovic. – Bitte.

10.54

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ein Jahrhundertwerk, ein Werk, das epochale Bedeutung haben soll – ist es das, was heute hier beschlossen werden soll?

Ich denke, das Gesetz hätte vielleicht tatsächlich eine Chance gehabt, so etwas zu werden, wenn man die Bereitschaft, die zwischen der ersten Regierungsvorlage und der dann nachfolgenden Überarbeitung geherrscht hat, einmal wirklich grundsätzliche Verbesserungen in das Gesetz einzuarbeiten, bis zum Schluß beibehalten hätte. Wenn man alles getan hätte, die in unseren Augen viel zu starken Hierarchien an den Universitäten abzubauen, Autonomie wirklich lebbar zu machen, dann hätte dieses Gesetz durchaus ein vielleicht nicht gerade Jahrhundertwerk, nicht gerade epochales Werk, aber ein ganz wichtiges Gesetz für die Universitäten werden können. – Es lag einmal mehr an den Regierungsparteien, daß dieser große Wurf nicht gelungen ist.

Ich verkenne nicht, daß es in dem Gesetz durchaus auch Verbesserungen gibt, daß es Ansätze gibt in Richtung Vergrößerung der Autonomie, auch wenn diese Autonomie in der Praxis immer mehr zu einer Verwaltung des Mangels degradiert ist, denn darunter leiden die Universitäten und vor allem die Studierenden insbesondere durch die Sparpakete. Aber es hat Züge einer vergrößerten Autonomie, und die wollen wir nicht wegdiskutieren.

Das Traurige an diesem Gesetz ist jedoch die Tatsache, daß diese Änderungen buchstäblich in letzter Minute hineinkamen. Was uns fehlt in diesem Gesetz, das sind ein wirklich durchgängiges Autonomieprinzip, eine echte Zukunftsorientierung, eingebaut in das Gesetz, und eine Abschwächung der Hierarchien.

Mit Zukunftsorientierung meine ich, daß gerade die Universitäten in der Gesellschaft dazu aufgerufen wären, über den Horizont, der heute erkennbar ist, hinauszudenken, junge Menschen darauf vorzubereiten, was aller Voraussicht nach vielleicht morgen an Aufgaben zu lösen sein wird. Wenn diese Zukunftsorientierung aber in die Hände der Sozialpartner und ganz traditioneller Gremien gelegt wird, dann fehlt mir der Glaube, daß diese Zukunftsorientierung wirklich Platz greifen kann und wird.

Es wäre in einem ganz wichtigen Punkt möglich gewesen, eine echte Zukunftsorientierung in das Gesetz einzubauen, nämlich durch Wahlmöglichkeiten für die Studierenden. Wer, wenn nicht die Studierenden, soll in der Lage sein, Entwicklungstendenzen von morgen noch am


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ehesten abzuschätzen? Wer, wenn nicht diejenigen, die es selber betrifft, auch unter dem Risiko der eigenen Arbeitsmarktchancen betrifft, wer sollte diese Abschätzung treffen können, wenn nicht die Studentinnen und Studenten?

Das war im Entwurf drinnen. Und was findet sich jetzt? – Ein Untersagungsrecht der Professoren. (Abg. Dr. Lukesch: Der Studienkommissionsvorsitzende muß ja kein Hochschulprofessor sein!) Was wurde dazu im Unterausschuß gesagt? – Man will die Studierenden davor bewahren, sich selber hirnrissige Kombinationen zurechtzubasteln. (Abg. Dr. Lukesch: Das wird ja alles ermöglicht!)

Was sind "hirnrissige Kombinationen", Herr Abgeordneter Lukesch? – Was vielleicht noch vor 15 Jahren, vor zehn Jahren möglicherweise hirnrissig erschienen ist, vielleicht eine Kombination von EDV und Musik, eine Kombination von Publizistik und Veterinärmedizin, das ist heute durchaus chancenreich auf dem Arbeitsmarkt. Vielleicht gibt es heute Kombinationen, die in den Augen insbesondere der an Jahren älteren und in ihrer Berufskarriere weiter fortgeschrittenen Professoren absolut hirnrissig wirken, die vielleicht auch für uns hier im Hohes Haus hirnrissig wirken, aber wenn die jungen Menschen davon überzeugt sind, daß das Zukunft hat, dann hat es auch Zukunft. (Abg. DDr. Niederwieser: Das kann man alles machen!) Ich denke, es gibt kein Gremium, es gibt keine Behörde, es gibt keinen einzigen Politiker und keine einzige Politikerin, die den Studierenden diese Wahlrechte glaubhaft absprechen können. Ich halte das für einen gravierenden Rückschritt bei dieser Überarbeitung des Gesetzes. (Abg. Dr. Lukesch: Dann verstehen Sie es nicht!)

Meine Damen und Herren! Das gilt auch hinsichtlich der Hierarchie. Die Handschrift, die die Endredaktion der Regierungsvorlage jetzt prägt, das ist die Handschrift der Professoren. Die weibliche Form brauche ich hier nicht zu verwenden, denn im Unterausschuß war keine einzige Professorin als Expertin zugegen. Es gibt ja auch nicht viele Professorinnen.

Was haben die Herren Professoren hier hineinreklamiert? – Auch eine Schmälerung der Rechte des Mittelbaus. Diplomarbeiten soll der Mittelbau nicht selbständig betreuen und korrigieren können. Da will man doch lieber die Oberhand darüber haben, wer von den Vertreterinnen und Vertretern des Mittelbaus das darf, wer würdig oder auch angepaßt genug ist, um diese Rechte wahrzunehmen. Ursprünglich war es aber eine viel weitergehende Berechtigung und vor allem nur eine zeitliche Festlegung, denn es hieß: Assistentinnen und Assistenten, die eine gewisse Praxis an der Universität haben. Niemand hätte ihnen das Recht absprechen können, und es entspricht ja auch der Praxis. Wir zementieren damit einen Gesetzeszustand ein, von dem alle hier im Haus, die mit den Unis zu tun haben, von dem alle auf der Galerie wissen: Das entspricht nicht der Realität, denn es ist de facto der Mittelbau, der den überwiegenden Teil dieser Arbeiten im Bereich der Betreuung von Diplomarbeitskandidatinnen und -kandidaten leistet. Ich denke, diese einseitige Nuancierung zugunsten der Professoren war wirklich entbehrlich und hat diesem Gesetz nicht gutgetan. (Präsident Dr. Neisser übernimmt den Vorsitz.)

Insgesamt gibt es da oder dort Fortschritte. In meinen Augen sind sie aber zu gering. Das Schmerzliche war vor allem der Verschlechterungsprozeß in der letzten Phase der Gesetzwerdung. Das hätte meiner Meinung nach nicht passieren sollen und nicht passieren dürfen.

Ich finde es auch besonders traurig, daß noch am ersten Tag der Beratungen des Unterausschusses der zuständige Bundesminister zwar ein persönliches Plädoyer in die Gegenrichtung abgab, daß er sich für noch weiter gehende Wahlmöglichkeiten der Studierenden, und zwar nicht nur in den Geisteswissenschaften (Abg. DDr. Niederwieser: Haben Sie das nicht gelesen, Frau Kollegin Petrovic? Das steht ja drinnen!) , sondern – wie auch ich es getan habe, wie es auch die Liberalen getan haben – auch für mehr Wahlfreiheit in anderen Studienfächern und für eine Zukunftsorientierung durch die Studierenden selbst aussprach, dann aber eine Wende eintrat: Der Bundesminister wurde offenbar von seinen eigenen Fraktionskolleginnen und -kollegen "zurückgestutzt", seine Willensäußerung wurde nicht ernst genommen, und in der Folge wurde das Gesetz geändert: Es wurde weit stärker nach den Vorstellungen der Herren Professoren umgeschrieben. Das ist für mich das Traurige daran. Vor allem aufgrund dieser


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Veränderungen in der Schlußphase der Gesetzwerdung kann ich meine Zustimmung zu diesem nun vorliegenden Entwurf nicht geben. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. DDr. Niederwieser. )

Zu einem weiteren Punkt, einem fast tragischen Kapitel in der Geschichte der österreichischen Hochschulen: dem passiven Wahlrecht für ausländische Studierende. Dieses Kapitel hat eine lange Vorgeschichte. Derzeit versucht man seitens der Regierung, den Ball der Opposition zuzuspielen, indem man sagt, die Opposition hätte heftiger, schneller und intensiver drängen sollen. – Seit der XIII. Gesetzgebungsperiode wird diese Forderung der Österreichischen HochschülerInnenschaft erhoben. Seit mehr als 20 Jahren verlangt diese gesetzliche Interessenvertretung eine Gleichstellung aller Studierenden hinsichtlich des passiven Wahlrechtes. – Ich betone: seit mehr als 20 Jahren! – Aber irgendwie geht es nicht, jetzt geht es offenbar schon wieder nicht, es muß wieder an den Ausschuß zurückverwiesen werden.

Nicht einmal für die EU-Ausländerinnen und -Ausländer funktioniert das; mir wäre diese "Erweiterung" ohnehin zuwenig gewesen. Jetzt hat sich der Verfassungsdienst eingeschaltet, jetzt gibt es ein Fristenproblem, und da will man jetzt auf einmal nichts riskieren. – In anderen Gesetzesmaterien hingegen wurden Anfechtungen vor dem Verfassungsgericht sogar sehenden Auges in Kauf genommen, etwa, als es um die AusländerInnen-Gesetze, als es um das Asylrecht ging. Da haben alle gewußt, diese Gesetze werden angefochten, aber da vertrat man den Standpunkt: Man kann es ja einmal probieren, man kann es ja riskieren!

Zugunsten eines Rechtes ausländischer Studierender, zugunsten einer Erweiterung von Rechten will man aber lieber nichts riskieren. Der Verfassungsgerichtshof könnte ja anderer Meinung sein (Abg. DDr. Niederwieser: Reine Demagogie!) , also geht der Gesetzgeber bereits vorweg in die Knie und sagt nach mehr als 20 Jahren: Es ist nicht entscheidungsreif, wir müssen es wieder zurückverweisen an den Ausschuß. Es ist leider wieder nicht gegangen – und just haben wir wieder den Zeitpunkt einer ÖH-Wahl verpaßt, und es ist wieder zu spät.

Das letzte Mal ist es auch nicht gegangen. Damals hat sogar der Bundesminister selbst – es war noch Minister Scholten – einen Gesetzentwurf eingebracht. Dieser Entwurf war jetzt noch im Ausschuß, ist aber auf einmal vertagt worden. Die SPÖ hat sich offenbar mit der Vorlage ihres Ex-Ministers nicht mehr ganz identifizieren können. Es war ihr plötzlich ein zu heißes Eisen, allen Studierenden – unabhängig von ihrer Staatszugehörigkeit – das passive Wahlrecht zu geben. (Abg. DDr. Niederwieser: Einfach zusammenzählen muß man!)

Der Koalitionspartner wollte das nicht, also ging es auch nicht. – Ich frage mich, wie viele Jahre noch ins Land gehen werden, bis wir vielleicht wieder einmal knapp vor einer Wahl ganz heftig versuchen werden, das durchzubringen, und dann erneut feststellen werden: Die Fristen sind zu knapp, es geht schon wieder nicht.

Meine Damen und Herren! Diese Wahl wird mit Sicherheit angefochten werden. Diese Wahl wird vom Verfassungsgerichtshof geprüft werden. Die Art der Anfechtung haben Sie entschieden. Es erfolgt keine Anfechtung von der Seite, der vielleicht die Rechte der ausländischen Studierenden zu weit gehen, sondern es müssen einmal mehr die in Österreich an den Hochschulen zugelassenen Ausländerinnen und Ausländer ihrem Recht nachlaufen.

Ich hoffe, daß die Österreichische HochschülerInnenschaft den notwendigen Mut und die notwendige Bereitschaft hat, ihre ausländischen Kolleginnen und Kollegen in diesem Bestreben zu unterstützen, denn ich meine, es wäre ein wichtiger Schritt für die gesellschaftspolitische Entwicklung in diesem Lande, daß sich irgend jemand dem Zeitgeist, dem permanenten Weiterdrehen an der Diskriminierungsspirale entgegenstellt. Es wäre meiner Ansicht nach auch ein guter Auftrag für die Studierenden in unserem Lande, sich einmal mit der Politik dieser Regierung auseinanderzusetzen – auch wenn es traurig ist, daß offenbar mehr Hoffnung besteht, daß der Verfassungsgerichtshof politischen Mut zeigt, als dies von den Regierungsparteien in diesem Land noch zu erwarten ist. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

11.08


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67. Sitzung / Seite 49

Präsident Dr. Heinrich Neisser:
Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Karlsson. – Bitte. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten.

(Unter lauten Rufen: "Wir sind unzufrieden!" werden zahlreiche Flugblätter von der Galerie geworfen. – Unruhe im Saal.)

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Ich bitte die Bediensteten des Hauses, auf der Galerie für Ordnung zu sorgen. – Bitte, Frau Abgeordnete Karlsson, Sie haben das Wort.

11.08

Abgeordnete Dr. Irmtraut Karlsson (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Hohes Haus! Herr Abgeordneter Krüger hat in seiner Rede ein paar Mal das Lied "Sag’ beim Abschied leise servus" zitiert. (Unruhe im Saal, verursacht durch die Räumung der Galerie und das Aufsammeln der Flugblätter.)  – Ich kann nicht reden, solange es hier so laut ist.

Präsident Dr. Heinrich Neisser (das Glockenzeichen gebend): Frau Abgeordnete, Sie sind am Wort.

Abgeordnete Dr. Irmtraut Karlsson (fortsetzend) : Herr Abgeordneter Krüger hat während seines Redebeitrages ein paar Mal das Lied "Sag’ beim Abschied leise servus" zitiert. Er kennt wahrscheinlich die Geschichte dieses Liedes nicht. Ich möchte sie Ihnen erzählen. Das Lied wurde von einem jüdischen Komponisten und einem jüdischen Textdichter geschrieben und textiert. Später wurde es von den Nazis "arisiert" und Peter Kreuder zugeschrieben. Die jüdischen Komponisten sind im KZ umgekommen. Und heute haben wir einen Abgeordneten in unserer Mitte, der zu dem Wort "Nazi" nur blöde Scherze findet. Ich meine, es wäre eine Frage der Würde und des Anstandes dieses Hauses, daß dieser Abgeordnete sofort wieder ausscheidet. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe und Unruhe bei den Freiheitlichen.)

Zu Beginn meiner Ausführungen möchte ich einen Abänderungsantrag der Abgeordneten Karlsson und Brinek einbringen. (Abg. Aumayr: Sie haben hier nichts zu bestimmen! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen. – Unruhe im Saal.) – Sie haben kein Gespür für rechtsradikale Äußerungen und rechtsradikale Tendenzen, und da Sie das nicht haben, müssen wir Sie immer wieder darauf aufmerksam machen! Wir haben in unserer Bewegung derart viele Opfer gebracht, daß wir dieses Aufmerksammachen immer und ewig betreiben werden, solange es uns in diesem Hause gibt. (Beifall bei der SPÖ.) Es geht nämlich nicht mehr um ein "Wehret den Anfängen", sondern um ein "Wehret den Entwicklungen"! (Abg. Dr. Pumberger: Zur Sache, Frau Abgeordnete!)

Zur Sache. Ich bringe den

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Irmtraut Karlsson, Dr. Gertrude Brinek, Genossinnen und Genossen zum Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über die Regierungsvorlage 588 der Beilagen: Universitäts-Studiengesetz – UniStG (638 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Dem § 29 wird folgender Absatz 3 angefügt:

"(3) Die Studierenden haben das Recht, ihre Studien frei von Diskriminierung und insbesondere frei von sexueller Belästigung zu betreiben. Das Bundes-Gleichbehandlungsgesetz, BGBl Nr. 100/1993, gilt sinngemäß. Die Bundesministerin oder der Bundesminister hat durch Verordnung die im Bundes-Gleichbehandlungsgesetz vorgesehenen Maßnahmen zur Wiedergutmachung und die dabei einzuhaltenden Verfahren im Hinblick auf das im ersten Satz dieses Absatzes eingeräumte Recht festzulegen."

*****


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67. Sitzung / Seite 50

Dieser Antrag hat eine Vorgeschichte. Wie aus dem Antrag hervorgeht, wurde im Bundes-Gleichbehandlungsgesetz 1993 der Tatbestand der sexuellen Belästigung zum ersten Mal normiert.

Es gab diesbezüglich, was die Studierenden betrifft, eine Lücke, und ich habe bei der letzten Novellierung des UOG alles versucht, damit diese Gesetzeslücke geschlossen wird. Es wurde mir damals – zu Recht, finde ich – gesagt, das sei keine Organisationsfrage, sondern ich solle dieses Anliegen bei der umfassenden Reform des Universitäts-Studiengesetzes einbringen.

Dies ist nun geschehen, und das ist sehr gut, denn wir haben durch das Gleichbehandlungsgesetz und das Bundesgleichbehandlungsgesetz gute gesetzliche Grundlagen, die natürlich auf die universitätsspezifischen Verhältnisse angewandt werden müssen. Um nun nicht das ganze Gleichbehandlungsgesetz in dieses Universitäts-Studiengesetz einzubringen, haben wir eine Verordnungsermächtigung in unseren Antrag eingebaut. Da dies nun in den Händen des derzeitigen Ministers Einem liegt, bin ich der festen Überzeugung – ich weiß es auch von ihm –, daß diese Verordnung umgehend und ordentlich erlassen wird. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Dr. Graf. ) – Ich weiß, für Sie gibt dieses Thema nur Scherzchen her, aber es ist ernst. Sie sehen außerdem, daß die anderen Kollegen hier zuhören wollen.

Die Arbeitskreise für Gleichbehandlungsfragen sollen in das Begutachtungsverfahren über Studienorte und neue Studienrichtungen einbezogen werden. Ich glaube, das ist eine Verbesserung, denn diese Arbeitskreise haben sehr wohl die Expertise, ihre Meinung kundzutun.

Dieser Antrag ist ein weiteres Beispiel dafür – er ist durch eine Frauenkoalition zustande gekommen –, daß es nicht, wie immer behauptet wird, auf den einzelnen Abgeordneten, die einzelne Abgeordnete nicht ankäme. – Ganz im Gegenteil: Dieser Antrag zeigt, daß sehr wohl engagierte Abgeordnete hier in Zusammenarbeit Änderungen bewirken und herbeiführen können.

Zuletzt möchte ich noch auf die drei internationalen Gesetzesvorlagen und Abkommen, die wir hier beschließen, hinweisen – möglicherweise wird nämlich im großen Wust der Argumente und Anlagen darauf vergessen –, nämlich auf die Fortsetzung der Forschungskooperation mit der Slowakei, das Abkommen mit Liechtenstein über die Gleichwertigkeiten im Bereich der Reifezeugnisse und des Hochschulwesens und den Notenwechsel mit Italien über die gegenseitige Anerkennung der internationalen akademischen Grade.

Ich finde, daß das sehr begrüßenswerte Initiativen und Abkommen sind, denn nur durch das internationale Zusammenwirken von Wissenschaft und Forschung, durch die Internationalität unserer Universitäten, unserer Lehrenden und unserer Studierenden werden wir eine Zukunft für Österreich haben. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Lukesch. )

11.15

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der von der Frau Abgeordneten Dr. Karlsson vorgetragene Antrag ist ein Zusatzantrag, er ist ausreichend unterstützt und wird in die Verhandlung miteinbezogen.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Graf. – Bitte. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten.

11.16

Abgeordneter Dr. Martin Graf (Freiheitliche): Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Sehr geehrter Herr Minister! Herr Präsident! Ein Satz zur Kollegin Karlsson, die uns leider schon wieder verläßt, aber vielleicht richtet man es ihr aus. (Abg. Haigermoser: Wer verläßt uns?)

Ich bin sehr froh, daß weder Teile der SPÖ noch insbesondere Frau Dr. Karlsson darüber entscheiden, wer hier im Hohen Haus sitzt (Beifall bei den Freiheitlichen) , sondern daß es nach wie vor der Wähler ist, der diese Entscheidung trifft! Wir werden auch dafür sorgen, daß es dabei bleibt und Ihnen diese Kompetenz nicht zuwachsen wird. – Das nur zur Bemerkung von Frau Dr. Karlsson. (Abg. Mag. Posch: Ein Hoch dem "Nazi"-Buchstabierer!)


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Der Wähler hat entschieden, und aufgrund dessen sitzt jeder einzelne Abgeordnete hier, und zwar zu Recht und rechtmäßig! Sie, Frau Dr. Karlsson, werden nicht darüber entscheiden können, wer dieses Haus zu verlassen hat. (Weiterer Zwischenruf des Abg. Mag. Posch .)  – Auch Sie nicht.

Aber zur Sache: Ich habe noch immer die Jubelrede des Kollegen Lukesch – seines Zeichens Fraktionsführer der ÖVP – zu diesem Gesetz im Ohr. Er spricht von einem Jahrhundertgesetz, das an Klarheit und Ausdrucksstärke überhaupt nicht mehr übertroffen werden kann. – Dem möchte ich schon entgegenhalten, und das ist nicht von der Hand zu weisen: So klar, wie Sie es darstellen, dürfte es auch Ihnen nicht gewesen sein, sonst wäre es nämlich nicht notwendig gewesen, durch mehrere Ausschußfeststellungen den Gesetzestext zu determinieren, damit man überhaupt weiß, was gemeint ist; sonst hätten Sie auch nicht permanent Verweisungen und Delegationen darin verankern müssen. All das wird hier unter den Prätext "Autonomie für die Universität" gestellt, ohne daß es tatsächlich eine wirkliche Autonomie gibt. Die Autonomie steht nur auf dem Papier, ist aber inhaltlich nicht gegeben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich werde Ihnen ein paar Beispiele dafür geben, und die nachfolgenden Redner werden sie noch ergänzen. Es kann keine Autonomie sein, wenn eine Kompetenz vom Gesetzgeber verlegt wird – etwa von den Volksvertretern weg zum Bundesministerium –, etwa hinsichtlich der Studienpläne, und zwar auf dem Verordnungswege unter Einbeziehung von Kammern und Körperschaften öffentlichen Rechts, die dort Anhörungsrecht haben, während der Gesetzgeber selbst ausgeschaltet bleibt. (Abg. Dr. Lukesch: Die Studienpläne sind doch die Angelegenheit der Universitäten und nicht des Minoritenplatzes!)

Das ist nicht das Selbstverständnis der Autonomie, wie wir sie verstehen! Autonomie kann es auch nicht sein, wenn man den einzelnen Universitäten nicht die nötigen finanziellen Mittel gibt, über die sie selbst verfügen können. Sonst ist nämlich die Autonomie ausgehöhlt, und in diesem Fall ist das so passiert. Sie haben es vielleicht noch nicht erkannt, aber auch Sie, Herr Abgeordneter Lukesch, mit Ihrem "Jahrhundertgesetz" werden noch dazulernen! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Dr. Lukesch. )

Im wesentlichen sind alle Studien über einen Kamm geschoren worden, ohne Bedacht auf die einzelnen Bedürfnisse zu nehmen. Man schafft in Kärnten die Praxisorientiertheit ab, indem man dort ... (Abg. Mag. Posch: Völliger Unsinn! – Abg. Dr. Lukesch: Unsinn!) – Selbstverständlich! Man hatte dort das Praxissemester eingeführt, aber Sie haben es mit dieser Novelle wieder abgeschafft. So ist es, fragen Sie den Rektor, der als Experte hier war. (Weitere Zwischenrufe bei ÖVP und SPÖ.)  – Sie können ja dann noch dazu Stellung nehmen, aber es ist ein Faktum: Das Praxissemester, das neunte Semester im AWL-Studium ist dank Ihres Zutuns gefallen. Das ist Faktum.

Ich möchte noch einige spezielle Dinge erwähnen, um die Vorgangsweise dieser Gesetzwerdung besser zu beleuchten. Es wurde, wie schon gesagt, jedes Studium zumindest in seiner Titelgebung und in seinen verwandten Gebieten über einen Kamm geschoren, allerdings mit einer Ausnahme: dem Medizinstudium. Das Medizinstudium und das Zahnmedizinstudium schließen nicht mit dem Diplomtitel "Magister" ab, sondern unverändert mit dem Doktorat.

Ein Experte – da habe ich den Aufschrei von Absolventen der Universitäten vermißt, namentlich der Frau Kollegin Pittermann –, ein Vertreter der Veterinärmedizin, der allerdings kein Veterinärmediziner, sondern Physiologe ist, Dr. Hans Niedermüller, hat gesagt, er spricht sich gegen ein Doktorat ohne Leistung, das heißt gegen ein geschenktes Doktorat aus. (Abg. Dr. Brinek: Nicht nur er!) Das hat er wörtlich so gesagt, ich habe es mir notiert. (Abg. Dr. Lukesch: Kollegiumsbeschluß, Herr Kollege!) Das ist seine Expertenmeinung im Ausschuß gewesen. Kollegin Pittermann hat demnach ein geschenktes Doktorat und wird mit dieser Aussage des Experten leben müssen. Dieser Experte hat darüber hinaus auch falsch informiert, weil er nie von einem Kollegiumsbeschluß, der tatsächlich stattgefunden hat, gesprochen hat, sondern immer nur davon, daß sich die Mehrheit der Studenten dagegen ausgesprochen hat. Genau das Gegenteil ist jedoch der Fall. Da sieht man wieder, welch geringe Einflußmöglichkeiten Studenten haben, wenn es darum geht, ihre Belange zu regeln.


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Man hat also im medizinischen Studienbereich eine unlogische Änderung in dem "logisch" durchdachten Gesetz vorgenommen, allerdings nur für zwei medizinische Studien, nämlich, wie bereits gesagt, für die Human- und für die Zahnmedizin. Die Verterinärmediziner hat man durch den Rost fallen lassen, obwohl Kollege Niederwieser – er ist jetzt nicht da – den Studenten versprochen beziehungsweise gesagt hat, er sei grundsätzlich für diese Doktoratsregelung auch im dritten medizinischen Studium. Aber man muß Kollegen Lukesch davon überzeugen, denn der blockiert und bremst dieses Anliegen. Kollege Lukesch wurde von mir diesbezüglich befragt, und wir haben auch darüber diskutiert. Und er hat gesagt, wenn sich der Minister dagegen sträubt – er persönlich wäre ja auch dafür –, dann kann man nichts machen. Ich habe ihm darauf gesagt, die Gesetze machen immer noch wir, wir sind der Gesetzgeber und nicht der Minister. Er muß sich halt einen Ruck geben, wenn er es will, dann soll er gemäß seiner Überzeugung hier stimmen. Heute wird er Gelegenheit dazu haben. Es wird öffentlich werden, wie Sie sich dazu stellen, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Zwischenruf des Abg. Dr. Lukesch. )

Im Spaß hat er noch gesagt, ihn hätte es ja so enttäuscht, daß nicht die AG die Unterschriftenaktionsliste im Wissenschaftsausschuß übergeben hat, sondern daß es eine unabhängige Plattform war. (Abg. Dr. Lukesch: Sie irren! Die ÖH!) Sie wissen nicht einmal, daß es keine AG auf der veterinärmedizinischen Universität gibt! (Abg. Dr. Lukesch: ÖH!) Und das ist Ihr nächster Denkfehler!

International wird das immer verglichen.

Wir wissen aber, und Sie wissen es auch, daß in Frankreich, Belgien und in Italien die Studienrichtung Veterinärmedizin mit dem Doktorat abschließt. Bei uns gibt es eine überlange Studiendauer. Sie haben das nicht berücksichtigt. Jetzt wird es so sein, daß beispielsweise ein Südtiroler, der natürlich Italiener ist, in Österreich Veterinärmedizin studiert, dann nach Venedig fährt, sich das Studium nostrifizieren läßt und somit das Doktorat ohne Zusatzprüfung hat. Das ist das, was Sie erreicht haben, und ich halte das schlichtweg für ungerecht! Das muß aufgehoben werden! (Beifall bei den Freiheitlichen. )

Ich bringe daher folgenden Antrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Graf, Dr. Krüger, MMag. Dr. Brauneder, Mag. Dr. Grollitsch, Dipl.-Ing. Schöggl und Kollegen eingebracht im Zuge der Debatte zur Regierungsvorlage (588 d.B.) eines Bundesgesetzes über die Studien an den Universitäten (Universitäts-Studiengesetz – UniStG) in der Fassung des Ausschußberichtes (638 d.B.)

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der im Titel genannte Entwurf in der Fassung des Ausschußberichtes wird wie folgt geändert:

(1) Zif. 4.5 in Anlage 1 lautet:

"Veterinärmedizin: Studiendauer: 12 Semester, Praktikum 26 Wochen, Semesterstunden 240 bis 270, akademischer Grad: "Doktorin der Veterinärmedizin" beziehungsweise "Doktor der Veterinärmedizin", lateinisch "Doctor medicinae veterinariae", abgekürzt "Dr. med. vet"."

(2) In Zif. 2.4 in Anlage 2 wird nach dem Wort "Zahnmedizin" die Wortfolge "oder Abschluß des veterinärmedizinischen Doktoratsstudiums" eingefügt.

(3) In Zif 2.4 1 in der Anlage 2 wird nach dem Wort "Zahnmedizin" die Wortfolge "oder Veterinärmedizin" eingefügt.

(4) Zif. 2.12 entfällt.

*****


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Damit wäre sichergestellt, daß auch das dritte medizinische Studium wie alle anderen medizinischen Studien behandelt wird und daß man es nicht den Lobbyisten überläßt, welches Studium im medizinischen Bereich mit Doktorat abschließt und welches mit Magisterium. Wir werden namentlich darüber abstimmen. Sie werden diesbezüglich Ihre Visitenkarte abgeben können. (Beifall bei den Freiheitlichen. )

Noch etwas zum nächsten Tagesordnungspunkt betreffend das Ausländerwahlrecht beziehungsweise das passive Wahlrecht an den österreichischen Hochschulen.

Kollege Lukesch hat angeführt, daß er mit dem Jahrhundertwerk lange "schwanger gegangen" ist. Ich darf dazu einen Vergleich heranziehen. Man wollte heute eine Gesetzesvorlage zur Abstimmung bringen, die wieder einmal eine typische koalitionäre Lösung gewesen wäre. Man war ein bißchen schwanger, aber nicht wirklich. Und bevor man das Kind ausgetragen hat, hat man es schon wieder weggelegt; eine typische Lösung, die verfassungsrechtlich überhaupt nicht gedeckt, die gleichheitswidrig, verfassungswidrig gewesen wäre. Ich bin froh darüber, daß das nicht durchgegangen ist.

Sie von SPÖ und ÖVP werden sich letztendlich vor dem Wähler und in dem Fall auch vor den Studenten verantworten müssen, wie Sie tatsächlich zum passiven Ausländerwahlrecht stehen. Sind Sie generell dafür oder sind Sie dagegen? – Es gibt "ein bißchen schwanger" nicht, es können nicht ein paar Ausländer wählen dürfen; entweder alle oder keine. Beides ist in unserer verfassungsrechtlichen Pyramide gesetzlich gedeckt, aber es ist ein politisches Wollen, und das muß zum Ausdruck gebracht werden.

Ich verstehe den Standpunkt der Grünen und auch der Liberalen. Er ist durchdacht und konsequent. Wir Freiheitlichen wollen es jedoch nicht. Unser Standpunkt ist auch durchdacht und konsequent, wir wollen das passive Wahlrecht nicht – aber es ist wenigstens ein Standpunkt. Sie von den Regierungsparteien haben überhaupt keinen Standpunkt in dieser Frage, und das ist Ihnen auch in diesem Punkt wieder deutlich vor Augen geführt worden. (Beifall bei den Freiheitlichen. )

Unser Standpunkt – in aller Kürze, weil meine Redezeit zu Ende ist – gründet letztlich auch auf unserem Staatsgrundgesetz. Es kann nicht so sein, daß von den Staatsbürgerrechten nur mehr die Wehrpflicht übrigbleibt. Das Wahlrecht auf passiver Seite ist ein Staatsbürgerrecht, so wie es in unserer Verfassung in den Grundsätzen festgelegt ist. Daran wollen wir festhalten. Man kann es aber auch ändern, dazu ist der politische Wille notwendig. Sie werden sich entscheiden müssen. Sie müssen endlich einmal eine Entscheidung treffen, in die eine oder in die andere Richtung, aber Sie können sich nicht immer nach dem nächsten Wahltermin richten: ein bißchen schwanger gehen, wieder zurückziehen, und das 20 Jahre lang. Das hat sich kein Student verdient. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen. )

11.27

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Herr Abgeordneter Dr. Graf hat einen Abänderungsantrag zum Universitäts-Studiengesetz vorgetragen. Dieser Antrag ist ausreichend unterstützt und wird in die Verhandlung miteinbezogen.

Nunmehr ist Frau Abgeordnete Dr. Brinek zu Wort gemeldet. – Bitte. 8 Minuten Redezeitbeschränkung.

11.27

Abgeordnete Dr. Gertrude Brinek (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Lassen Sie mich mit einer Momentaufnahme beginnen. "Abschied von der vollständigen Universität" wurde kürzlich ein Beitrag vom Konstanzer Bildungsphilosophen Jürgen Mittelstraß überschrieben. Gemeint ist, daß einzelne Universitäten nicht alle fachlichen und disziplinären Spektren anbieten werden können, daß es statt dessen um Schwerpunktbildung, um Profilbildung gehe. Gekonnte Ungleichheit geht vor der Idee der "vollständigen Universität".

Ein zweites Beispiel: In einem Streitgespräch kommen Peter Glotz und Michael Daxner überein, daß die Vorstellung "Sieben Zauberer für die Uni" nicht taugt. Wieder ist vom Abbau traditio


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neller Ganzheitsmythen die Rede, vom notwendigen Risiko und der Herausbildung individueller Identitäten, von Institutionen, Eigenständigkeit, Entstaatlichung, Deregulierung und Wettbewerb.

Meine Damen und Herren! Es ist schon von meinen Vorrednern angesprochen worden: Während in Deutschland und in anderen Teilen Europas diese und ähnliche Probleme diskutiert werden – zweifellos vor einem differenzierteren Hintergrund –, liegt Österreich ein Studienrecht vor, das diesen Prinzipien in einem hohen Maße entspricht. Neben den angesprochenen Grundlinien dieses Universitäts-Studiengesetzes möchte ich aber einige Aspekte hervorheben, zum Teil unterstreichen und zum Teil neu formulieren.

Wichtig erscheint mir, daß gegenüber der ursprünglichen Fassung vom Juni 1995 hervorzuheben ist, daß es nun ein ausdrückliches Bildungsziel gibt: Bildung durch Wissenschaft, forschungsgeleitete Lehre, Berufsorientierung, Anwendungsorientierung, vor allem dort, wo es um einen expliziten Berufsausbildungsweg geht.

Weiters: Die Geistes- und Kulturwissenschaften und wir mit ihnen haben ihre damalige ministerielle Platzanweisung als Kurz- und Schmalspurstudien abwehren können. Die gegenwärtige Fassung stellt sie mit den anderen Studien hinsichtlich der Semesterzahl gleich und ermöglicht eine Vertiefung und Profilbildung im wesentlichen auf der empfohlenen Kombination mit anderen Studienbereichen und -fächern, sowohl aus der geisteswissenschaftlichen Fakultät als auch aus Naturwissenschaften und internationalen Studienteilen – bis zu 50 Prozent.

Ich möchte damit den unverzichtbaren und selbstbewußten Beitrag der Geisteswissenschaften betonen und auf ihre Orientierungsleistung, vor allem in einer individualisierten und postmodernen Gesellschaft, verweisen, sowie die spezifische Kulturstiftungskompetenz hervorheben.

Ein Nächstes: Die Qualität von Schule ist gegenwärtig im Gespräch und damit wesentlich die Qualität der universitären Lehrerausbildung. Ich halte fest: Die Österreichische Volkspartei hält ihrerseits fest an der Ausbildung der Lehrer für höhere Schulen an den Universitäten.

Wir halten damit fest an einem differenzierten Bildungssystem, an einer differenzierten Bildungsaufgabe der Schultypen im Bereich der Sekundarstufe eins, nämlich Hauptschule und AHS, die im allgemeinen Teil des Lehrplans ausdrücklich festgehalten ist.

Mit dem Universitäts-Studiengesetz sichern wir eine solide, fachliche und mindestens zwei Fächer umfassende Ausbildung neben der selbstbewußten Ausbildung im Bereich Pädagogik und Fachdidaktik, letztere, nämlich Pädagogik und Fachdidaktik, im Ausmaß zwischen 20 und 25 Prozent je Studienfach. Ich meine, daß sich die wissenschaftliche Pädagogik und Fachdidaktik gefordert fühlen müssen, Profil und Unverwechselbarkeit zu entwickeln und Qualität zu behaupten.

Ein nächster Punkt: Hervorzuheben ist auch die Möglichkeit – das scheint mir ganz wesentlich zu sein – des Gewinns von studentischer Zeit. Eine Mindeststudiendauer entfällt und Studien beziehungsweise Zeugnisse, die als außerordentliche Studien etwa vor der Reifeprüfung abgelegt wurden, können nun als ordentliche Studien angerechnet werden. Damit ist ein Zeitgewinn erreicht, damit ist Begabtenförderung ermöglicht.

Schließlich sei noch ein Hinweis auf die Studieneingangsphase gemacht, die Drop-outs verhindern und die Überblick verschaffen soll.

Gestatten Sie mir, meine Damen und Herren, an dieser Stelle eine Bemerkung zu einigen Vorrednern.

Frau Dr. Petrovic hat sich als Sprecherin eines ganz kleinen Segments der Hochschullehrer erwiesen, nämlich des nicht habilitierten Mittelbaus, und da wieder nur eines Teiles, der sich gerne – ich überziehe und überzeichne – auch eine Versklavung vorstellen kann, indem sich die KollegInnen wesentlich auf die Betreuung von Diplomarbeiten konzentrieren wollen. Das ist nicht im Sinne des gesamten Mittelbaus. Ich spreche hier nicht nur für den habilitierten Teil des Mittelbaus, sondern auch für den vernünftigen Teil der Assistenten, für einen großen Teil jener, die sagen: Verpflichtung zur Betreuung ist nicht im Sinne des eigenen wissenschaftlichen und forschungsmäßigen Weiterkommens. Die gegenwärtig von uns formulierte Fassung entspricht


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also durchaus dem Wunsch des überwiegenden Teils des akademischen Mittelbaus. Ich möchte das hier mit aller Deutlichkeit festhalten. (Beifall bei der ÖVP.)

Auch die Möglichkeit für Geistes- und Kulturwissenschaften, mit den 50 Prozent Ergänzungs- und Vertiefungsfächern so umzugehen, daß wir vorgeschlagenen Kombinationen folgen und darüber hinaus der Einzelweg nicht versperrt ist, wird von einem Großteil des wissenschaftlichen Personals und der StudentInnen gutgeheißen. Die Identität der Geisteswissenschaften darf nicht auf dem Spiel stehen. Das wissen die Studienkommissionsmitglieder künftig selbst, auch dort gibt es StudentInnen und den Mittelbau in den Kommissionen.

Zu Abgeordneten Graf ist noch zu sagen, daß es natürlich immer einen "Nostrifizierungstourismus" geben kann, daß sich der italienische Doktor der Veterinärmedizin in Österreich nicht so nennen darf und daß er hier nicht Dinge vermischen soll, die ... (Abg. Dr. Graf: Selbstverständlich darf er sich so nennen!) – Nein, er darf sich nicht so nennen. Es gibt Fälle, bei denen man nachgewiesen hat, daß das nicht möglich ist. Er kann sein Doktoratsstudium nachmachen, er kann es nostrifizieren. Nostrifizieren heißt auch Studienteile nachliefern. Dagegen ist nichts einzuwenden. (Abg. Haigermoser: Warum sind Sie so erregt?)  – Ich bin nur präzise, Herr Kollege.

Meine Damen und Herren! Die gegenwärtige Fassung des Universitäts-Studiengesetzes ist ein Ergebnis eines langen Diskussions- und Beratungsprozesses. Da meine Vorredner dem Hohen Haus, dem Personal hier und den Beamten im Ministerium schon gedankt haben – dem Dank schließe ich mich gerne an –, möchte ich mich bei all jenen bedanken, die sich im Bereich des Begutachtungsverfahrens durch Wortmeldungen, durch das Einbringen von Resolutionen, Positionen, Gutachten an diesem Diskussionsprozeß beteiligt haben, sehr konstruktiv beteiligt haben. Bei diesen Personen und Institutionen möchte ich mich ganz ausdrücklich bedanken. Ich glaube, ich mache das im Namen der hier vertretenen Kolleginnen und Kollegen. (Beifall der Abg. Tichy-Schreder. )

Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich zum Schluß noch zwei Dinge sagen und einen Antrag einbringen. Peter Glotz betitelt seinen Aufschrei zum Zustand der deutschen Universitäten: "Im Kern verrottet?" Er erinnert an die Nachkriegsbilanz: "Im Kern sind die Universitäten gesund". Jetzt könnten Spitzfindige auch noch auf die Idee kommen und fragen: Was ist denn eigentlich der Kern der Universitäten? Ist es Bildung durch Wissenschaft? – Ich glaube, die Frage, ob verrottet oder gesund, ist nicht endgültig zu beantworten. Wir haben uns mit diesem vorliegenden Universitäts-Studiengesetz diese Diskussion quasi aufgegeben. Wenn wir sie weiterhin mit einer qualifizierten Öffentlichkeit, mit einer ambitionierten Öffentlichkeit, mit den Betroffenen an den Universitäten führen, dann, denke ich, können wir das Universitäts-Studiengesetz zu einem schönen Anlaß nehmen, um den Weg der Diskussion fortzusetzen und weder Überschwang noch permanente Selbstzweifel Platz greifen zu lassen, sondern Erkenntnis und offenes Engagement.

Meine Damen und Herren! Ich bringe den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Lukesch, DDr. Niederwieser, Dr. Brinek ein, der sich auf die gegenseitige Anerkennung von Studien, die an Pädagogischen Akademien abgeschlossen wurden und für das Lehramtstudium an Unis angerechnet werden sollen, bezieht. In diesem Entschließungsantrag heißt es:

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Frau Bundesminister für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten wird ersucht, im Zusammenhang mit den Planungen zur Erarbeitung eines Studiengesetzes für die Pädagogischen Akademien Vorkehrungen zu treffen, die eine Anerkennung von Studien an Universitäten und Hochschulen, insbesondere Lehramtsstudien für die Ausbildung an Pädagogischen Akademien ähnlich den Anerkennungsbestimmungen im Universitäts-Studiengesetz ermöglichen."

*****


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Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

11.36

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der soeben vorgetragene Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und wird in die Beratungen miteinbezogen.

Zu Wort gemeldet hat sich nunmehr Herr Bundesminister Dr. Einem. – Bitte, Herr Minister.

11.36

Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr Dr. Caspar Einem: Herr Präsident! Hohes Haus! Erlauben Sie mir, daß ich zumindest kurz auch aus der Sicht des Ressortchefs des Wissenschaftsministeriums zu dieser heutigen Gesetzesvorlage Stellung nehme. Ich möchte es jedenfalls nicht verabsäumen, hier auch ausdrücklich erklärt zu haben, daß aus unserer Sicht, aus Sicht des Hauses, aus Sicht des Wissenschaftsministers der vorliegende Entwurf zu einem Universitäts-Studiengesetz ein wirklich großer Schritt in eine moderne und offene Studien- und Universitätslandschaft ist, und ich glaube, daß man durchaus anerkennen kann, daß es sich dabei zumindest um einen Jahrzehnteentwurf handelt. Das sage ich deshalb umso leichter, als ich umstandslos anzuerkennen habe, daß die wesentliche Arbeit an diesem Gesetz deutlich vor meiner Amtszeit geleistet worden ist. Daher fällt es mir umso leichter, dies auch halbwegs objektiv anerkennen zu können.

Ich möchte bei dieser Gelegenheit auch insbesondere den beiden Abgeordneten, die sehr viel Zeit und Herzblut für diese Materie aufgewendet haben, nämlich den beiden Wissenschaftssprechern der Regierungsfraktionen, herzlich für diesen Aufwand danken. Er ist nicht selbstverständlich gewesen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Ich möchte aber auch inhaltlich folgendes hinzufügen: Ich denke, trotz der angebrachten Kritik, daß der Schritt allenfalls nicht weit genug gegangen ist – auch ich hätte mir natürlich etwas mehr vorstellen können –, ist das Universitäts-Studiengesetz ein Schritt zu mehr Autonomie sowohl der Hochschulen und Universitäten als auch insbesondere der Studenten, und das halte ich für entscheidend. Wir glauben daran, daß Studenten in der Lage sind, eine vernünftige Wahl zu treffen. Wir glauben unter anderem auch deshalb daran, weil sie selbst es sind, die gegebenenfalls die Last oder die Nachteile einer verfehlten Studienentscheidung, also dort, wo sie Wahlfreiheit haben – wir stehen für diese Wahlfreiheit –, zu tragen haben.

Ich denke daher, daß wir da zwar einen Schritt hätten weiter gehen können, nur, die gewählte und nunmehr im Entwurf enthaltene Lösung bremst diese Freiheit in Wahrheit nicht. Es ist ein vernünftiger und, wie ich meine, erwachsener Kompromiß zwischen einem begleitenden Lernen und der Möglichkeit der Studienkommissionen, zu sagen: Das halten wir für nicht gescheit. Es gibt aber dennoch die Möglichkeit, auch dagegen ein Rechtsmittel zu ergreifen und diesen eingeschlagenen und gewollten Weg des Studenten mittels rechtlicher Instrumente durchzusetzen, andererseits ist die Freiheit der Studenten, ihre Fächerkombination vor allem im Bereich der geisteswissenschaftlichen Studien zu wählen, aber auch über die geisteswissenschaftlichen Studienrichtungen hinaus, gegeben und eingeräumt, und ich halte das für einen wesentlichen Schritt. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Ich glaube auch, daß wir sehen und anerkennen sollten, daß den Studienkommissionen in Zukunft wirklich große, um nicht zu sagen, größte Bedeutung bei der Ausgestaltung der autonomen Orientierung der Universitäten und der Fakultät zukommt.

Ich halte das für einen Schritt, der inhaltlich von der noch im Kindheitszustand gehaltenen, abhängigen Universität in eine erwachsene Universität, die selbstbewußt und nach vorne gerichtet ihre eigenen Studien gestaltet, übergehen kann. Ich halte das für einen richtigen Schritt, und wir werden ihn auch begleiten und unterstützen.

Das ist im wesentlichen der Kern. Das, was jetzt auf die Universitäten zukommt, ist, von diesen neu eingeräumten Freiheiten einen angemessen Gebrauch zu machen. Wir werden diese Entwicklung aufmerksam verfolgen und das, was die Vernetzung – ich habe vorhin schon im Rahmen der Anfragenbeantwortung darauf hinweisen dürfen – von Wissensgebieten, was die


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Vernetzung von Zusammenarbeitsmöglichkeiten zwischen verschiedenen Universitätsinstituten einer Universität, aber auch mehrerer Universitäten betrifft, aufmerksam verfolgen und unterstützen.

Es geht um Öffnung, es geht darum, den Universitäten Mut zu machen, diesen eingeschlagenen Weg auch praktisch umzusetzen, und es geht, meine sehr verehrten Damen und Herren, auch darum, daß wir den Studenten Mut machen, von diesen neuen Möglichkeiten in vollem Umfang Gebrauch zu machen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

11.41

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Danke, Herr Bundesminister.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Kier. – Bitte.

11.41

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich konzentriere mich auf einen einzigen Tagesordnungspunkt, nämlich auf den Tagesordnungspunkt, der sich mit dem Wahlrecht im Bereich der Österreichischen Hochschülerschaften beschäftigt. Ich bin der Meinung, daß es nützlich und angebracht ist, sich im Kontext der heutigen Debatte, die sicher und ohne Zweifel im Vordergrund die große Materie zu behandeln hat, mit diesem Punkt deswegen auseinanderzusetzen, weil es sozusagen paradigmatisch für unseren Zugang zu Wissenschaft und Lehre, zur Freiheit von Wissenschaft und Lehre und zu den Menschen ist, die hier leben und handeln.

Wenn wir im Rahmen dieser Debatte die Frage der passiven und aktiven Wahlrechte der Studierenden an der Universität ganz bewußt thematisieren, so deswegen, weil ich mich frage: Was soll aus den Universitäten werden, an denen mit ihren Mitgliedern – Studenten sind Mitglieder der Universität – so umgegangen wird, daß sie in zwei Kategorien von Ausländern sortiert werden, nämlich in gute und in böse? Das ist vielleicht etwas, was die ÖVP beantragt hat, weil sie das als eines der Bildungsziele des universitären Bereiches implizit definieren will. Sie will allen Leuten, die in Österreich studieren, schon bei der Immatrikulation klarmachen, daß wir ein ganz bestimmtes Gesellschaftsbild haben, nämlich ein Gesellschaftsbild, das sich offenbar an der sogenannten Ratzenböck-Doktrin orientiert, daß es nämlich Ausländer gibt, denen man das ansieht, und daß wir daher eine Ausgrenzungsphilosophie in die Mitwirkung der Studenten an der Universität "eintragen". Wir definieren unser Demokratieverständnis in Bereichen der Selbstverwaltung eben so, daß wir meinen, es gibt solche, die zwar alle Pflichten mitzutragen haben, aber keine demokratischen Mitwirkungsrechte haben sollen. So pragmatisch solche Anträge sind, so grundsätzlich ist ihr Gehalt.

Heute wurde bereits eine Rückverweisung beantragt; ich meine dessenungeachtet, daß ich heute einen Abänderungsantrag dazu einbringen soll, der lautet:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Gredler, Dr. Kier, Dr. Schmidt und PartnerInnen

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Punkt 1 wird ersetzt.

1. § 1 lautet:

"Österreichische Hochschülerschaft

§ 1 (1) Die Österreichische Hochschülerschaft ist eine Körperschaft öffentlichen Rechts. Ihr gehören die ordentlichen und außerordentlichen Hörerinnen und Hörer an Universitäten und Hochschulen künstlerischer Richtung an.


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(2) Die ordentlichen Hörerinnen und Hörer sind nach Maßgabe des Abs. 3 für die Wahl von Organen der Österreichischen Hochschülerschaft und der Hochschülerschaft an den Universitäten und Hochschulen künstlerischer Richtung aktiv und passiv wahlberechtigt, wenn sie vor dem 1. Jänner des Wahljahres das 17. Lebensjahr vollendet haben.

(3) (Verfassungsbestimmung) Das aktive und passive Wahlrecht für Organe der Österreichischen Hochschülerschaft und der Hochschülerschaft an den Universitäten und Hochschulen künstlerischer Richtung ist von der österreichischen Staatsbürgerschaft unabhängig.

(4) Das aktive und passive Wahlrecht richtet sich nach dem Stichtag, der sieben Wochen vor dem ersten Wahltag liegt."

*****

Wenn wir all das, was wir grundsätzlich in diesem Bereich in Anspruch nehmen, ernst nehmen, sollten wir heute nicht der Rückverweisung, sondern diesem Abänderungsantrag zustimmen, zumal – das verschweige ich nicht – im Wissenschaftsausschuß drei Anträge sozusagen liegengeblieben sind, die das durchaus bezweckt und auch erreicht hätten.

Daß wir außerdem mit den Fristen in Verzug geraten sind, daß wir durch eine sozusagen operative Verschleppung möglicherweise in die Lage geraten sind, daß eine solche Änderung für die nächste Hochschülerschaftswahl gar nicht mehr wirksam werden könnte, das ist das eine Problem. Daß wir aber diesen Umstand gleich dazu benützen, um das Problem wieder zu vertagen, wieder zurückzuverweisen und wahrscheinlich auf den Sankt-Nimmerleins-Tag zu verschieben, weil die übernächsten Hochschülerschaftswahlen erst spät sind, das würde ich für falsch halten. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall beim Liberalen Forum.)

11.47

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der vom Herrn Abgeordneten Dr. Kier soeben vorgetragene Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt und wird in die Verhandlung miteinbezogen.

Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Ablinger. 6 Minuten Redezeit. – Bitte.

11.47

Abgeordnete Sonja Ablinger (SPÖ): Herr Minister! Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Universitäts-Studiengesetz ist der zweite Schritt in Richtung Autonomie, und zwar deswegen, weil er die Bemühungen ganz klar zum Ausdruck bringt, Entscheidungen und Gestaltungsmöglichkeiten in die Hände der Universitäten zu legen – und dabei nicht nur ausschließlich in die Hände der Professorinnen und Professoren.

Dieses Gesetz ist auch ein Beispiel der Gesetzgebung mit breitem Dialog. Es hat eine lange Begutachtung gegeben, und erst jüngst gab es dieses Hearing, in dem auch wiederum unterschiedlichste Bedenken eingeflossen sind, natürlich – das ist keine Frage – nicht in dem Ausmaß, das sich viele gewünscht hatten, aber es war vom großen Bemühen getragen, Bedenken, die dort beziehungsweise in der Begutachtungsphase noch einmal formuliert worden sind, in die Gesetzgebung einfließen zu lassen.

Konkretes Beispiel, das heute schon öfters angeschnitten wurde, zum Bereich Wahlfreiheit statt Kombinationspflicht im Bereich der Geistes- und Kulturwissenschaften: Da hat es zum einen die lauten und heftigen Bedenken und dramatische Androhungen gegeben, würde man die Kombinationspflicht aufheben und die Wahlfreiheit in der Fassung der Regierungsvorlage zulassen, so sei das eine absolute Geringschätzung der Geistes- und Kulturwissenschaften. Die Androhungen waren durchaus dramatisch. Auf der anderen Seite hat es Bedenken vieler Studierender gegeben, man solle sie doch nicht in ihrer Wahl einschränken und ihnen damit Unmündigkeit attestieren.

Das, was wir heute beschließen, das, was in die jetzige Vorlage eingeflossen ist, ist ein Ja zur Wahlfreiheit mit Empfehlungen und darüber hinaus auch die Möglichkeit der uneingeschränkten Wahlfreiheit mit beiden, also mit der Einspruchsmöglichkeit des Studiendekans, aber – das ist


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ganz wichtig und nicht zu unterschätzen – auch mit der Berufungsmöglichkeit der Studierenden. Es ist natürlich ein Kompromiß, aber es ist ein Kompromiß, der meines Erachtens niemanden wirklich vor den Kopf stößt.

Insgesamt glaube ich, daß dieses Gesetz ein Schritt ist, der die Tür öffnet und frischen Wind in die Universitäten läßt, und dieser frische Wind tut not. Allgemein gesprochen glaube ich, daß sich die Zukunft der Universitäten vor allem auf zwei Bereiche konzentrieren soll: Sie soll – und das tut sie möglicherweise heute nicht in genügendem Ausmaß – Moderatorin gesellschaftlicher Lernprozesse sein, und sie soll sich viel mehr als bisher in die großen Fragen des 21. Jahrhunderts einschalten.

Kritisch sei noch angemerkt: Es ist doch so, daß zu wichtigen Fragen, zu sozialen Fragen unserer Gesellschaft sehr viele andere Bereiche, andere Institutionen, private Institutionen, private Vereine bedauerlicherweise manchmal viel mehr zu sagen haben als die Universitäten.

Das mag daran liegen, daß die Strukturen der Universitäten diese Möglichkeiten nicht in dem entsprechenden Ausmaß bieten. Mit einem Zitat möchte ich zum Schluß kommen: Die Realität ist frech genug, sich über die Fakultätsgrenzen hinwegzusetzen, manche Professorinnen und manche Professoren möglicherweise nicht.

Der zukünftige Schritt – der Herr Minister hat es auch anklingen lassen – wird sein, für mehr fakultätsübergreifendes Studieren, für mehr frischen Wind, für mehr Mut an den Universitäten zu werben. Ich glaube, dies ist der erste richtige Schritt, aber es wird notwendig sein, mit all unserer Überzeugungskraft für mehr zu werben, um den Professorinnen und Professoren die Angst nehmen zu können, daß Studierende an sich krause Ideen haben, was ihre Kombinationen betrifft, um ihnen die Angst zu nehmen, daß Studierende an sich dazu neigen würden, sich nicht dem Arbeitsmarkt entsprechend zu qualifizieren. Ich glaube, diese Angst werden wir ihnen nehmen, und wir werden möglicherweise in einigen Jahren diesen zweiten Schritt setzen. Der erste Schritt ist ein guter Schritt, den viele mittragen können. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

11.51

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Van der Bellen. – Bitte.

11.51

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Abweichend von meiner Fraktion werde ich dem Universitäts-Studiengesetz heute zustimmen. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und beim Liberalen Forum.)

Natürlich gibt es eine Reihe von Punkten, die am heutigen Tag unbefriedigend bleiben. Daß das passive Wahlrecht für Ausländer nach wie vor nicht geregelt ist, hat mit dem Uni-Studiengesetz zwar nichts zu tun, sondern mit dem Hochschülerschaftsgesetz. Das ist natürlich aus unserer Sicht äußerst unbefriedigend, um es milde auszudrücken. Aber auch im Uni-Studiengesetz sind mir einige Punkte aufgefallen, bei denen mir die Autonomie der Universität nicht ernstgenommen erscheint, bei denen man viel weiter hätte gehen können, bei denen man zu vorsichtig vorgegangen ist.

Beispielsweise § 34 Abs. 8: Da gibt es Bestimmungen darüber, wie vorzugehen ist, wenn für ein Studium Prüfungen auch an einer anderen Universität abgelegt werden sollen. Zugegeben – ja, ich weiß das von unserer eigenen Fakultät, der SOWI-Fakultät der Universität Wien –, der Prüfungstourismus ist ein Problem, aber das muß man nicht gesetzlich festschreiben. Da hätte man dem Studiendekan oder der Studienkommission ohne weiteres die Möglichkeit geben können, zu sagen: In diesen Fächern gibt es zum Beispiel ein Angebot, das es bei uns nicht gibt, das kannst du woanders machen, an der Universität Graz oder an der Wirtschaftsuniversität oder wo auch immer.  Oder: In dem und dem Fach sind wir überlastet, das kannst du auch woanders machen. – Das braucht man ja nicht im Gesetz festzuschreiben.


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Oder – das ist ein kleiner Punkt, aber für bestimmte ausländische Kollegen von großer Bedeutung –: § 70 folgende im Uni-Studiengesetz: Das Nostrifikationsverfahren wird nicht unerheblich erschwert. Ich weiß nicht, welchen Sinn diese Punkte haben sollen. Wie soll dieser ausländische Kollege in Zukunft nachweisen, daß sein Ansuchen zwingend und konkret notwendig ist? – Der Studiendekan muß da sozusagen allwissend sein, und das wird ihn vor größte Interpretationsprobleme stellen.

In einzelnen organisatorisch-administrativen Punkten geht auch nach wie vor die Zentralisierung viel zu weit. Was hat es für einen Sinn, zwingend vorzuschreiben, alle diese Zeugnisse der Evidenzstelle der Universität zu übermitteln? Wissen Sie, was sie damit machen werden? – Das gleiche, was sie bis jetzt damit gemacht haben, zumindest an der Universität Wien mit ihren Hunderttausend Studierenden. – Das sind Punkte, die man der Universität überlassen muß, wie sie das organisatorische Handling der Prüfungsadministration macht, denn es ist nun einmal zum Beispiel an der Universität Leoben im Vergleich zu der Universität Wien völlig unterschiedlich, allein was die Zahl der Studierenden betrifft.

Ich könnte mir auch vorstellen, daß der eine oder andere Punkt für eine politikwissenschaftliche Diplomarbeit etwas hergeben könnte, nämlich welche Lobby sich wo durchgesetzt hat und wo nicht. Erklären Sie mir bitte, warum für Mathematik eine Mindeststudiendauer von zehn Semestern bei 100 bis 120 Stunden vorgeschrieben ist. Das sind ja meines Wissens keine Labors, da lernt man Algebra und so weiter. In der Geographie braucht man neun Semester, allerdings für 120 bis 140 Stunden, also viel mehr. In meinem eigenen Fach, in der Volkswirtschaftslehre, genügen acht Semester, um 100 bis 125 Stunden zu absolvieren, also mehr als in der Mathematik, die aber dafür zehn Semester vorgeschrieben hat. (Zwischenruf des Abg. Dr. Lukesch. )

Das sind Merkwürdigkeiten, die von der Logik her schwer zu verstehen sind.

In anderen Punkten allerdings, bei denen es gute Argumente gegeben hätte, von der Regel abzuweichen, sind Sie dem nicht nachgekommen, wie zum Beispiel in der Wirtschaftsinformatik, bei der es ja wesentliche Bedenken nicht nur der Professoren, sondern auch der Studienkommissionen gibt, daß das zu geringe Stundenausmaß in der Wirtschaftsinformatik dazu führen wird, daß die Absolventen ernsthafte Probleme bei der internationalen Anrechenbarkeit bekommen könnten, namentlich in Deutschland.

Trotz alledem: Die Philosophie, wenn ich so sagen darf, des Uni-Studiengesetzes, durch das die Autonomie, die Flexibilität der Universität und namentlich der Studienkommissionen, in denen die Studenten drittelparitätisch vertreten sind, wesentlich erhöht werden, ist für mich der Grund, dem Uni-Studiengesetz zuzustimmen. En passant gesagt: Es wird zum ersten Mal in der Geschichte, glaube ich, möglich sein, mit sehr viel Freiraum das Doktoratstudium tatsächlich zu einem Studium zu gestalten. Die bisherigen Vorschriften stammen irgendwie aus den Gehirnen von Juristen, die von einem Doktoratstudium außerhalb der Juristerei – entschuldigen Sie, wenn ich dem einen oder anderen hier auf die Füße trete – absolut keine Ahnung haben. Nach wie vor ist der § 18 folgende, der sich damit befaßt, wohl zu detailliert und zu kasuistisch, aber jedenfalls tausendmal besser als das, was wir bisher hatten.

Noch ein Wort zur Kollegin Gredler – sie ist leider nicht da. Ich glaube, mich erinnern zu können, daß sie von der "Allmacht der Professoren" gesprochen hat. Also hier sehen Sie solch einen allmächtigen Professor! – Ich muß Ihnen ehrlich sagen: Unter Allmacht stelle ich mir etwas anderes vor. Es ist zwar schon lange her, daß ich den Religionsunterricht besucht habe, aber trotzdem. Richtig ist natürlich: Es gibt Mißstände, es gibt willkürliche Prüfungen, es gibt schlecht gelaunte Professoren, wenn Sie das meinen. Ich sage den Studentinnen und Studenten immer: Wehrt euch, und zwar sofort! Sofort! – Nicht hinunterschlucken und sagen: Schweinerei, ich bin ungerecht behandelt worden!

Die Hochschülerschaft ist dazu da, diese Beschwerden aufzunehmen und massiv zu vertreten. Es gehören schon immer zwei dazu, wenn Mißstände nicht in angemessener Frist abgestellt werden. Von Fakultät zu Fakultät ist es sehr unterschiedlich. Unsere Studenten sind ziemlich aktiv. Wenn es eine Schwierigkeit, ein Problem mit Prüfungen und so weiter gibt, dann wehren


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sie sich. Ich weiß, daß das nicht an allen Fakultäten so ist. Aber da gehören zwei dazu! Die Studenten müssen sich schon sozusagen auf die Hinterbeine stellen und ihre Rechte auch tatsächlich wahrnehmen, was sie im allgemeinen auch tun. Ich sage nur, in einzelnen Punkten könnte ich als Professor mir durchaus vorstellen, daß rabiater reagiert wird.

Alles in allem: Ich nehme hier das Privileg des Professors in Anspruch, eine abweichende Meinung, auch von meiner eigenen Fraktion, zu haben und diesem Gesetz, das ich nicht für ein Jahrhundertwerk halte, aber für eine wesentliche Verbesserung des Status quo, zuzustimmen. (Beifall bei den Grünen, bei SPÖ, ÖVP und beim Liberalen Forum.)

11.59

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Amon. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte.

11.59

Abgeordneter Werner Amon (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Das vorliegende Universitäts-Studiengesetz ist in Wahrheit eine Fortsetzung der Universitäts- und Hochschulreform, die von Erhard Busek eingeleitet wurde. Ich erinnere an das UOG 1993, ich erinnere an das Fachhochschulgesetz. Es ist ein Gesetz – Frau Kollegin Ablinger hat es angesprochen –, das, wie ich meine, auf Basis eines breiten Dialoges entstanden ist. Es war für mich schon beeindruckend, daß man gerade bei der Gesetzesfindung so viele eingebunden hat, insbesondere auch die Vertreter der Studierenden, wozu ich dann auch noch etwas sagen möchte.

Ich möchte vor allem unserem Dieter Lukesch danken, der nicht die Mutter, aber der Vater dieses Gesetzes ist (Beifall bei der ÖVP) und der gemeinsam mit Dr. Niederwieser dieses Gesetz möglich gemacht hat. Es ist dies ein Gesetz, das der notwendigen Flexibilität der Studierenden entgegenkommt, das die Entscheidungskompetenz sehr massiv an die einzelne Universität, zu den Studienkommissionen bringt und das dem Prinzip der Subsidiarität sehr entspricht. (Abg. Dr. Graf: Haben Sie schon einmal eine Universität von innen gesehen?) Ja!

Ich denke insbesondere an die Wahlmöglichkeiten, die dieses Gesetz bringt. Und es ist nicht so, wie jetzt teilweise kritisiert worden ist, daß der Studierende nachweisen muß, daß eine Kombination sinnvoll ist, sondern es muß vielmehr der Vorsitzende der Studienkommission das Gegenteil beweisen. Darum glaube ich, daß das so auch akzeptabel ist.

Ich meine, dieses Gesetz trägt auch der wachsenden Internationalisierung der Universitäten sehr massiv Rechnung – man denke nur an die Einführung neuer akademischer Grade wie dem Master of Advanced Studies oder dem akademischen Grad eines MBA. Damit tragen wir auch erfolgreichen Programmen, die es ja bereits gibt, wie etwa dem MBA-Programm in Krems, Rechnung.

Es wird auch der Praxisorientierung Rechnung getragen – ich denke etwa an das ABWL-Studium in Klagenfurt. Auch das sollte, glaube ich, nicht unerwähnt bleiben.

Dieses neue UniStG ist – und das ist ein zentraler Punkt des Gesetzes, zumindest für mich – sehr studentenfreundlich. Es beinhaltet einen verstärkten Kandidatenschutz etwa bei den Prüfungen – von mündlichen Prüfungen muß es in Hinkunft ein Protokoll geben –, die Erweiterung der Wahlmöglichkeit hinsichtlich der Prüfer, die Aufstockung des Senats bei der letzten Prüfung auf fünf Personen.

Ich glaube auch, Herr Bundesminister, daß wir, gerade um der weiteren Internationalisierung Rechnung zu tragen, uns wirklich gemeinsam bemühen sollten, ein Stipendiensystem gerade für internationale Studien – in der Art eines Fulbright-Stipendiums –, einzuführen.

Ich möchte aber auch zum ÖH-Wahlrecht etwas sagen. Da scheint mir doch eine gewissermaßen fadenscheinige Diskussion aufzukommen. Es ist zwar von den Grünen jetzt nur Kollege Öllinger da, aber ich möchte Ihnen schon sagen, daß bei einer Sitzung des bildungspolitischen Ausschusses des Zentralausschusses im Februar Herr Marwan Abado, der Ausländerreferent,


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der Ihnen ja nicht fernsteht, ausdrücklich dafür eingetreten ist, bei der Ausländerreferentenwahl von einer Direktwahl abzugehen, weil er nämlich vor einer Polarisierung zwischen dominanten Gruppen der Kurden, der Türken und der Iraner Angst hat. Und es haben sich auch die GRAS und die Fachschaftslisten dieser Argumentation der Abschaffung der Direktwahl des Ausländerreferenten angeschlossen. Ich halte es für sehr fadenscheinig – das muß ich Ihnen schon sehr deutlich sagen –, wenn alle, die heute für eine Rückverweisung an den Ausschuß stimmen, des staatlichen Rassismus geziehen werden. Ich sage Ihnen ehrlich: Ich glaube, daß es niemand notwendig hat, sich des staatlichen Rassismus zeihen zu lassen. Ich möchte das wirklich zurückweisen. (Beifall bei der ÖVP.)

Frau Dr. Petrovic, weil Sie jetzt wieder hereingekommen sind: Ich gebe Ihnen schon recht, daß die Regierung sehr lange Zeit gehabt hätte, bezüglich ÖH-Wahlrecht etwas zu unternehmen, aber Sie können sich auf der anderen Seite auch nicht der Verantwortung entziehen, daß Sie es waren, die am 16. Jänner vergessen hat, für eine Erweiterung der Tagesordnung im zuständigen Ausschuß zu stimmen, obwohl Sie die Rückendeckung und den Beschluß der Präsidiale, in der Sie ja Mitglied sind, hatten. Auch da muß man, glaube ich, bei der Wahrheit bleiben. Sie haben vergessen, im Ausschuß am 16. Jänner für einen Antrag auf Erweiterung der Tagesordnung einzutreten.

Weil ich gestern in einer Aussendung der ÖH-Vorsitzenden Berlakovic gelesen habe, positiv an diesem Gesetz sei, daß es der ÖH gelungen wäre, einen dritten Prüfungstermin pro Semester für alle Studierenden herauszuholen: Auch da, bitte, muß man bei der Wahrheit bleiben. Wahr ist, daß, als wir diesen Punkt verhandelt haben, sich die Vorsitzende der Hochschülerschaft, Berlakovic, in der Cafeteria befunden hat, wahr ist, daß die Vertreterin der Aktionsgemeinschaft, Ariane Bodenhöfer, das hineinverhandelt und untergebracht hat. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Lukesch: Das ist die Wahrheit!) Das soll man doch auch sagen, weil hier so getan wird, als hätte die ÖH-Vorsitzende so positiv verhandelt.

Abschließend: Es handelt sich also um ein Bundesgesetz, das den Studierenden sehr entgegenkommt, den Studierenden sehr Rechnung trägt, und ich werde diesem Bundesgesetz sehr, sehr gerne zustimmen. (Beifall bei der ÖVP.)

12.06

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Schöggl. 6 Minuten Redezeit. – Bitte.

12.06

Abgeordneter Dipl.-Ing. Leopold Schöggl (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Verbleibender Rest des Auditoriums, das noch – wie immer bei Wissenschaftsdebatten – sehr "rege" teilnimmt!

Frau Abgeordnete Karlsson, die nach ihrer Wortspende leider den Saal verlassen hat, hat uns eine rührende Geschichte von einem Lieder-Komponisten erzählt. – Ich kann auch eine rührende Geschichte erzählen, und zwar von unserem ehemaligen Bundesrat Gauster, der sehr sensibel war und den Sie bei seiner Angelobung zum Bundesrat – Sie, die Sie immer die Menschenfreundlichkeit an Ihre Fahnen heften – deshalb, weil er in Uniform erschienen ist, auf eine Weise attackiert haben, daß es bei ihm Depressionen ausgelöst hat. Und wir wissen, wie es geendet hat. – Das ist nämlich Ihre wahre Toleranz und Menschenfreundlichkeit! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Scheibner: Das ist der "Humanismus"!)

Sehr geehrter Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In der Sprache des Ingenieurs oder Technikers könnte man die Entstehung dieses Gesetzes so beschreiben: Fünf Jahre Konstruktions- und Entwicklungsphase, unzählige unbrauchbare Entwürfe, unter Intervention von inkompetenten Konsulenten zustande gekommen, untauglicher Versuch des Baus eines Prototyps, um das Ding endlich vom Reißbrett oder aus dem CAD-System zu bekommen, bei der Beurteilung des Prototyps werden unzählige Mängel festgestellt – trotzdem folgt der Versuch, dieses unbrauchbare Produkt unverändert zu bauen und mit großem Aufwand zu vermarkten. Das führt bei Betrieben zwangsläufig zum Scheitern. Und so ginge es einem Unternehmen, das seine Produkte ähnlich entwickelt und baut, wie das von der Koalition vorgelegte Uni


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versitäts-Studiengesetz zustande gekommen ist. – Vieles ist schon gesagt worden, ich möchte nur einige Punkte kurz beleuchten.

Zur Studieneingangsphase: Mit der Studieneingangsphase soll gewährleistet werden, daß der junge Student nach einigen wenigen Semestern Prüfungen über typische repräsentative Fächer seines Studiums ablegen muß, um sich selbst überprüfen zu können beziehungsweise feststellen zu können, ob seine Studienwahl, die er vielleicht aus etwas idealisierten Vorstellungen getroffen hat, tatsächlich richtig ist, so quasi, ob er am richtigen Dampfer ist. Die Vorgangsweise, wie das in diesem Gesetz geregelt ist, nämlich in Form einer relativ engen Detailregelung, sollte aber den jeweiligen Studienkommissionen überlassen werden, weil hier versucht wird, die verschiedenen Studienrichtungen über einen Kamm zu scheren, und technische und geisteswissenschaftliche Studienrichtungen eben nicht vergleichbar sind. Abgesehen davon ist die Stelle, wo diese Studieneingangsphase im Gesetz plaziert ist, aufgrund der Inkonsistenz der Struktur falsch angeordnet, sie gehört zur Gestaltung der Studienpläne.

Zu den Prüfungen ist anzumerken, daß vorgeschrieben wird, je Semester mindestens drei Prüfungstermine abzuhalten, und auch das ist eigentlich viel zu eng geregelt. Insbesondere bei den technischen Studienrichtungen wird es notwendig sein, daß im Rahmen der Universitätsautonomie von den Studienkommissionen laufend Termine festgelegt werden können, denn bei etwa 50 Einzelprüfungen werden drei Prüfungstermine pro Semester, wenn jeder Student jeden Termin nützt, viel zuwenig sein. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Selbstverständlich ist den Studenten ein reibungsloser Ablauf zur Absolvierung des Studiums in der Regelstudiendauerzeit anzubieten.

Ganz kurz zu den Übergangsbestimmungen: Die festgelegten Übergangsfristen sind zu kurz, werden zu großen Härtefällen führen, und es wird zu vielen Problemen, die mit großem bürokratischen Aufwand verbunden sein werden, kommen.

Ein Punkt, der auch der Wirtschaft sehr am Herzen liegt: Es werden neue Titel erfunden und angeboten. Da wird nach der Maxime vorgegangen, daß jeder, der irgendwann eine Universität von innen gesehen hat, auch einen Titel erhalten muß. Ich glaube, es ist in Österreich auch wirklich ein großer Markt für Titel vorhanden, allerdings ist ein Titel noch lange keine Garantie für den beruflichen Erfolg, vor allem dann, wenn der Titel im internationalen Wirtschaftsleben weder bekannt noch eingeführt oder akzeptiert ist, auch wenn er gut und englisch klingt.

Ich möchte zum Schluß noch sagen, daß dieses Gesetz sicher nicht zur Hebung der Akademikerquote, wo wir – wie immer beklagt wird – Schlußlicht sind, geeignet ist. Nicht die Quantität der Absolventen ist zu heben, sondern die Qualität der Akademiker ist laufend zu verbessern. Mit diesem Gesetz, meine Damen und Herren, wird das nicht gelingen. Darum müssen wir es ablehnen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

12.11

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet ist nunmehr Abgeordneter Mag. Posch. 6 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

12.11

Abgeordneter Mag. Walter Posch (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Zu meinem Vorredner möchte ich sagen: Es ist keine rührende Geschichte, wenn jemand in einem Konzentrationslager umkommt, und es ist überhaupt nichts Lustiges dabei. Und wenn meine Vorvorrednerin, Kollegin Karlsson, moniert hat, daß heute der Abgeordnete Gaugg angelobt wurde, dessen wichtigste politische Aussage diejenige war, daß er das Wort "Nazi" buchstabiert hat, was er in seiner Beschränktheit auch noch als ungeheuer lustig empfunden hat, dann kann man natürlich das Totschlägerargument verwenden und sagen: Der Wähler hat so entschieden, weil letzten Endes der Wähler der Souverän ist. – Trotzdem möchte ich mir vorbehalten, das zu wiederholen, was Frau Kollegin Karlsson gesagt hat: Wir werden ganz genau darauf schauen, was der "Nazi"-Buchstabierer Gaugg hier im Parlament aufführen und sagen wird. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Graf: Sie sind ein Demokrat! – Abg. Mag. Stadler: Er fürchtet sich schon!)


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Nun zum vorliegenden Universitäts-Studiengesetz. Das vorliegende UniStG ersetzt eine Reihe von Studiengesetzen, über 100 Studienordnungen und zirka 350 Studienpläne. Es wurde schon gesagt, daß die Arbeitsphase zu diesem Gesetz sehr, sehr lange war, daß sie entsprechend der Größe des Reformwerkes auch ein enormes Echo gefunden hat ... (Zwischenrufe des Abg. Meisinger. ) Bist du beunruhigt, Meisinger? Wollen wir über den Nationalsozialismus und über deinen Chef diskutieren? Das können wir auch machen! Jetzt steht allerdings das Universitäts-Studiengesetz auf dem Programm. (Abg. Dr. Graf: Doppelkassierer!)

Zu diesem Universitäts-Studiengesetz hat es gemäß der Größe des Reformwerkes über 600 Stellungnahmen und Gutachten gegeben. Mit dem vorliegenden UniStG wurde ein von Grund auf neues Gesetz geschaffen, das einfach und leicht lesbar ist und mit dem auch eine Reihe von Vereinbarungen aus dem Koalitionsübereinkommen verwirklicht wurden, wie ein stärker praxisbezogenes Medizinstudium, die Schaffung eines EU-konformen Zahnarztstudiums, die bessere pädagogische und fachdidaktische Ausbildung in den Lehramtsstudien sowie der Ausbau der Anrechnungen zwischen Universitäten und Akademien.

Mit der Erarbeitung der Lehr- und Lerninhalte wird in Zukunft ausschließlich die jeweilige Studienkommission beauftragt. Das wurde ja schon gesagt. Damit wurde die Entscheidungs- und Verantwortungskompetenz den Universitäten zugeordnet, wobei es an den einzelnen Studienkommissionen liegt, Innovationsfähigkeit zu zeigen und das Studienangebot besser und klarer zu strukturieren.

Mit dem vorliegenden UniStG hat man den Studienkommissionen, wie gesagt, schon sehr viel an Verantwortung und Entscheidungskompetenz überlassen. Nicht zugetraut hat man es ihnen allerdings, die wahrhaft abendländische Entscheidung zu treffen, ob Latein für das jeweilige Studium Voraussetzung sein soll oder nicht. Das heißt, bei einer ganzen Reihe von Studien wie Sprachen, Medizin oder Jus wird auch weiterhin Latein Zulassungsvoraussetzung sein und die derzeitige Hochschulberechtigungsverordnung bestehen bleiben. Abgesehen von diesen letzten Rudimenten spätmittelalterlicher Traditionen hat man allerdings die Studienkommissionen in die volle Mündigkeit entlassen.

Wichtig ist der § 9, wonach es den jeweiligen Studienkommissionen überlassen bleibt, ob sie die Absolvierung einer Praxis in den Studienplan aufnehmen wollen oder nicht. Die Festlegung einer Praxis hat sich bei einigen Studienrichtungen sehr bewährt, wie zum Beispiel bei der Angewandten Betriebswirtschaftslehre in Klagenfurt, die ein eigenes Praxissemester angeboten hat. Und es ist nicht so, wie Abgeordneter Graf gesagt hat, daß das Praxissemester fehlt, sondern es wurden generell für die Betriebswirtschaftslehre acht Semester eingerichtet. Es ist den Verhandlern, den Abgeordneten Niederwieser und Lukesch, Dank zu sagen, daß es ihnen gelungen ist, den Stundenrahmen auf 130 Stunden zu erhöhen (Abg. Dr. Graf: Das Praxissemester wird gestrichen, das wissen Sie!), und die Betriebswirtschaftslehre in Klagenfurt wird auch weiterhin das Praxissemester im Rahmen dieser neuen Studienordnung anbieten können, und man ist mit diesem Kompromiß sehr zufrieden. Das möchte ich Ihnen sagen. Ich habe selbst mit dem Vorstand gesprochen. (Beifall bei der SPÖ.)

Ein Kritikpunkt sei vielleicht noch gestattet: Ich finde es schade, daß man sich im § 45 nicht zur Abschaffung der alten, nicht bewährten fünfteiligen Notenskala durchringen konnte. Im ersten Entwurf war die Schaffung einer dreiteiligen Notenskala vorgesehen, nämlich "ausgezeichnet bestanden", "bestanden" und "nicht bestanden". Damit wäre der Studienfortschritt der Studierenden adäquat und ausreichend beschrieben worden, anstatt die Leistungen der Studierenden in eine abstrakte Ziffer zu gießen, die in ihrer graduellen Abstufung von 2 auf 3 oder 3 auf 4 ohnedies völlig belanglos ist, weil sie nichts entscheidet. Trotzdem ist man lieber bei der alten fünfteiligen Notenskala geblieben, was zu bedauern ist. (Abg. Dr. Graf: Jetzt bricht der Lehrer durch!)

Insgesamt gibt es allerdings im UniStG eine Reihe von Verbesserungen für die Studierenden. Der Zeitraum für die Fertigstellung der Diplomarbeit wurde von drei auf sechs Monate verlängert. Der Umfang der Prüfungsfächer ist in Zukunft so zu gestalten, daß die Studierenden das Studium auch in der Regelstudienzeit bewältigen können. Die Prüfungen als außerordentlicher


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Hörer oder Hörerin werden angerechnet, sofern sie nicht der Umgehung von Wiederholungsmöglichkeiten dienen. Zeugnisse müssen in Zukunft innerhalb von vier Wochen nach Ablegung der Prüfung ausgestellt werden, was für die Studien- und die Familienbeihilfe wichtig ist, und auch die Reprobationsfristen sind endgültig gefallen.

Erfreulich ist auch die Anrechnung von Lehrveranstaltungen, insbesondere die Anrechnung des Pädak-Studiums für das Lehramtsstudium und umgekehrt.

Die gravierendsten Änderungen gibt es allerdings im Bereich der Diplomstudien – Änderungen, die teilweise auch heftig kritisiert wurden. So waren im Erstentwurf im Bereich der geistes- und kulturwissenschaftlichen Studien der Entfall der Kombinationspflicht und die Reduktion auf sechs Semester vorgesehen. Ein sechssemestriges Kurzstudium mit akademischem Abschluß, etwa dem Baccalaureat, das auch zu einer formalen Berechtigung führt, wäre sicher eine sinnvolle Ergänzung gewesen in einem neu zu ordnenden, dreistufigen universitären Sektor. Leider konnte man sich auf eine solche Vorgangsweise nicht einigen, sodaß die alte Studiendauer von acht Semestern gleich belassen wurde. Allerdings ist die Kombinationspflicht endgültig gefallen, und es wurde die Kombinationsmöglichkeit verankert, wovon im wesentlichen die geistes- und kulturwissenschaftlichen Studien betroffen sind, die nunmehr als Einzelstudien konzipiert wurden. Es wurde durch die freien Wahlfächer eine Vielzahl von neuen Möglichkeiten eröffnet.

Abschließend möchte ich daher sagen, daß mit diesem UniStG ein ganz wichtiger Reformschritt gesetzt wurde, der die Autonomie der Universitäten stärken wird und damit auch die Verantwortlichkeit, wofür der Hochschulsektion im Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung ein besonderer Dank auszusprechen ist.

Was das Ausländerwahlrecht im Hochschülerschaftsgesetz anlangt, so möchte ich sagen: Ich halte die Regelung auch für antiquiert und überholt. Ich halte es für nicht zumutbar, daß man den Universitäten in allen Bereichen die Autonomie gestattet hat und nur in diesem Bereich die Studenten nicht selbst bestimmen dürfen, wie und nach welchen Regeln sie wählen wollen. Und selbstverständlich ist ein diskriminierendes Wahlrecht für Ausländer und selbstverständlich sind Diskriminierungen im Wahlrecht als rassistisch zu bezeichnen. Da gibt es überhaupt keinen Zweifel. Es ist höchste Zeit, daß diese rassistischen, diskriminierenden Paragraphen im Ausländerwahlrecht beseitigt werden. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Graf: Sie könnten bei der Arbeiterkammer anfangen!)

12.19

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Als nächste Rednerin hat sich Frau Abgeordnete Motter zu Wort gemeldet. Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.

12.19

Abgeordnete Klara Motter (Liberales Forum): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Posch, wenn Sie die Diskriminierung im Wahlrecht hier monieren, dann möchte ich Ihnen sagen: Sie haben heute noch Gelegenheit, unserem Antrag, den mein Kollege Kier eingebracht hat, Ihre Zustimmung zu geben. Sie werden an Ihren Worten gemessen, Herr Kollege Posch!

Meine Damen und Herren! Ich glaube sagen zu dürfen, daß das Universitäts-Studiengesetz, das heute beschlossen wird, zwar eine sehr lange Anlaufzeit hatte – ich weiß, wovon ich spreche –, daß es aber trotzdem, bei aller Detailkritik und bei scharfer Kritik an einzelnen unsachlichen Nichtreformen, eine Reform darstellt, mit der alle Betroffenen leben können.

Wir sind heute froh darüber, daß das Qualifikationsprofil in dieses Gesetz Eingang gefunden hat, denn es war eine alte Forderung von uns Liberalen. Wir begrüßen daher die Einsicht der Koalitionsparteien (Beifall beim Liberalen Forum) und werden auch in dritter Lesung dieser Gesetzesvorlage unsere Zustimmung geben.

Für uns Liberale ist aber sachlich nicht begründbar, warum die Studienkommission im neuen Universitäts-Studiengesetz weiterhin entmündigt bleibt. Auch in Zukunft kann sie nämlich nicht selbst über die Zugangsbestimmungen zu einem Studium entscheiden.


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Wir sind der Meinung, daß neben den in der Anlage zum Universitäts-Studiengesetz festgelegten Erfordernissen der besonderen Universitätsreife spezielle Zulassungserfordernisse lediglich von den Studienkommissionen im Rahmen des Studienplanes festgelegt werden sollten. Damit wäre ein Anstoß gegeben, eine legistische Besonderheit der bestehenden Situation einer sachlichen Lösung näherzubringen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Derzeit wird in verschiedenen Bestimmungen des Schulorganisationsgesetzes über die Reifeprüfung für jeden zur Reifeprüfung führenden Schultyp festgelegt, daß – ich zitiere – "nach den Erfordernissen der verschiedenen Studienrichtungen durch Verordnung des Bundesministers für Unterricht und Kunst im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Wissenschaft und Forschung zu bestimmen ist, in welchen Fällen Zusatzprüfungen zur Reifeprüfung aus den Unterrichtsgegenständen Latein, Griechisch oder Darstellende Geometrie abzulegen sind". – Zitatende.

Meine Damen und Herren! Es wäre jedenfalls die Frage zu stellen, warum die Hochschulen und die Universitäten diesbezüglich einer derart starken Einschränkung ihrer Autonomie und Souveränität ohne zureichende Begründung unterliegen sollen. Deshalb bringen wir folgenden Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Martina Gredler, Klara Motter und PartnerInnen betreffend Aufforderung an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr zur Evaluation der Zeitgemäßheit der Universitätsberechtigungsverordnung

Der Nationalrat möge beschließen:

"Der Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr wird aufgefordert, eine Befragung der Studienkommissionen der durch die Universitätsberechtigungsverordnung betroffenen Studien hinsichtlich der Zeitgemäßheit der in dieser Verordnung definierten Zugangsvoraussetzungen zu veranlassen und diese dem Nationalrat im Rahmen des nächsten Hochschulberichtes zu übermitteln."

*****

Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

12.23

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der von Frau Abgeordneter Motter ausreichend unterstützte vorgetragene Entschließungsantrag wird in die Beratungen miteinbezogen.

Zu Wort gemeldet ist als nächster Herr Abgeordneter Dr. Höchtl. 8 Minuten Redezeit. – Bitte, Herr Abgeordneter.

12.23

Abgeordneter Mag. Dr. Josef Höchtl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe mich als letzter ÖVP-Redner zu Wort gemeldet, weil ich zur Debatte über das vorliegende Gesetz und zu den vorgebrachten Argumenten Stellung nehmen wollte. Ich werde versuchen, das, was bisher an Argumenten gekommen ist, zu kommentieren.

Das Universitäts-Studiengesetz ist in der bisherigen Debatte mit drei Bezeichnungen ausgestattet worden. Einige Kolleginnen und Kollegen haben es als einen großen Schritt qualifiziert. Andere Kollegen wiederum, wie beispielsweise der Wissenschaftssprecher der Volkspartei, haben gemeint, es sei ein echtes Jahrhundertgesetz. Dritte wiederum haben gesagt, es ist zumindest eine Jahrzehnte-Beschlußfassung.


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Kennzeichen all dieser drei Bezeichnungen dieses heutigen Schrittes ist, daß allgemein anerkannt worden ist, daß es zu einer wesentlichen Verbesserung der gesetzlichen Grundlage für Österreichs Universitäten führt. Alleine das ist, glaube ich, etwas, worauf all jene, die dazu einen Beitrag geleistet haben, ob es die Parlamentarier sind, ob es die Vertreter der Universitäten sind, ob es Mitarbeiter aus dem Ministerium sind oder die jeweiligen Minister – es sind ja seit Beginn der Entstehung dieses Gesetzes drei gewesen –, stolz sein können. Das wollte ich hier festhalten und zum Ausdruck bringen. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Warum ist die Bezeichnung "Jahrhundertgesetz", die der Kollege Lukesch verwendet hat, möglich? – Deswegen, weil in den letzten Jahrhunderten die Universitäten dadurch gekennzeichnet waren, daß sie vom Staat bis ins kleinste Detail geregelt worden sind, und mit diesem Gesetz nun diese Detailregulierung abgeschafft wird. In diesem Sinn ist, glaube ich, die Kennzeichnung dieses Gesetzes als "Jahrhundertgesetz" sehr wohl gerechtfertigt. Ich meine, daß man das sehr wohl so interpretieren kann. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Einige meiner Vorredner haben im Zusammenhang mit diesem Universitäts-Studiengesetz auch verschiedene Zahlen genannt. (Abg. Mag. Stadler: Was machen Sie eigentlich im Wissenschaftsministerium?) Herr Kollege, hören Sie zu! Vielleicht werden Sie dann ein bisserl gescheiter. Das dient auch einem Herrn Mag. Stadler. (Abg. Mag. Stadler: Was tun Sie jetzt im Ministerium?)

Es ist so, daß heute mit diesem einen Gesetz zwölf Gesetze und 175 Verordnungen abgeschafft werden. Das ist die größte Deregulierungsaktion, die in den letzten Jahren in diesem Haus stattgefunden hat. (Beifall bei der ÖVP.)

Andere brüllen dazu, wir beschließen es! Auf die Tat kommt es an – und nicht auf das große Gebrüll und das Dreinreden, das meistens von dieser Fraktion, von dieser Seite (der Redner schaut in Richtung der Freiheitlichen) kommt. Das sei Ihnen hier ins Stammbuch geschrieben. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Stadler: Eine Deregulierung wäre es, deinen Dienstposten aufzugeben!)

Jetzt ist eine große Herausforderung für die Universitäten gegeben. Es müssen rund 300 Studienpläne geändert werden. Eine riesige Herausforderung, die da für Österreichs Universitäten besteht! Wir haben heute die gesetzlichen Grundlagen zu beschließen, aber die Universitäten haben die Aufgabe, die Freiheit zu nützen, die Unabhängigkeit zu nützen, die Eigenständigkeit zu nützen, die Autonomie zu nützen, und diese Aufgabe haben sie in den kommenden Jahren zu bewältigen. Es geht nicht nur darum, Chancen zu schaffen, sondern auch darum, die Chancen Wirklichkeit werden zu lassen, und sie werden erst dann Wirklichkeit, wenn sie genützt werden. Wir werden sehen, inwieweit das tatsächlich zum Wohle der österreichischen Studierenden, zur Verbesserung ihrer Qualität und der Ausbildungsmöglichkeiten genützt wird. (Abg. Mag. Stadler: Sie haben seit Jahren einen Dienstposten an der Uni und sind nie dort!)

Das sehen wir als eine große Herausforderung für die Universitäten. Ich bin überzeugt davon, daß die Verantwortlichen an den Universitäten diese Chancen auch nützen werden.

Nächster Punkt: Wir haben mit diesem Universitäts-Studiengesetz die Möglichkeit geschaffen, erstmals die bisher geltende gesetzliche Mindeststudiendauer zu unterschreiten. Wir haben durch die Gestaltung der einzelnen Prüfungsabläufe dem einzelnen Studenten anheimgestellt, daß er je nach Leistungsvermögen die acht, zehn oder zwölf Semester, die vorgeschrieben sind, sogar unterschreitet. Das ist ein Ausdruck unserer Gesinnung: jenen, die begabt und leistungswillig sind, diese Möglichkeit gesetzlich einzuräumen. Ich meine, auch das sollte hier betont werden. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Stadler: Da wäre der Bundeskanzler schon durchgefallen! 33 Semester!)

Wir haben immer beklagt, daß wir in Österreich im Vergleich zu vielen anderen Staaten eine wesentlich höhere durchschnittliche Studiendauer haben. Ich gehe nicht auf die einzelnen Beispiele ein, aber ein markantes Beispiel, das mit dieser heutigen Beschlußfassung erreicht wird, sei mir erlaubt zu nennen: Während man bisher für die Ausbildung zum Zahnmediziner im


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Durchschnitt fast 15 Jahre benötigt hat, wird das in Hinkunft in sechs bis sieben Jahren möglich sein. (Abg. Mag. Stadler: Wie lange braucht der Habsburg, bis er fertig ist?)

Das ist auch einem Herrn Mag. Stadler zu sagen, damit er endlich erfährt, was im heute zu beschließenden Universitäts-Studiengesetz überhaupt drinnen steht. Ich glaube, auch dieser Punkt ist wichtig. (Beifall bei der ÖVP.)

Eines können wir heute sagen, und damit möchte ich meine kurze Rede schließen: Es hat in der Diskussion viele konstruktive Beiträge gegeben, nicht nur von seiten der Regierungsfraktionen, sondern auch von seiten der Oppositionsparteien. Es hat aber eine Partei gegeben, der nichts anderes einfiel, als zu sagen: Das ist total falsch! Das muß man grundsätzlich ablehnen. Sie ist nicht gewillt, jenen Weg zu gehen, den der Kollege Van der Bellen heute hier beschritten hat, nämlich anzuerkennen, daß mit diesem Gesetz wesentliche Vorteile geschaffen und positive Schritte eingeleitet worden sind, beispielsweise durch die Schaffung weiterer Autonomie, was man auch als oppositioneller Politiker anzuerkennen hat.

Das wäre differenzierende Oppositionspolitik. Ich meine, das wäre auch der Stil, in welchem man in Hinkunft das Werk vieler beurteilen sollte. Das wäre auch eine andere, eine bessere Kultur, wie man hier im Nationalrat Gesetzentwürfe diskutieren sollte. Wir von der ÖVP sagen dazu gerne ja. Wir geben diesem Gesetzentwurf unsere Zustimmung. (Beifall bei der ÖVP.)

12.32

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Brauneder. – Bitte.

12.32

Abgeordneter MMag. Dr. Willi Brauneder (Freiheitliche): Sehr verehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Kollege Höchtl hat uns gerade über die Rolle der Oppositionsparteien belehrt. Sie geht dahin, daß man den Anträgen der Regierungsfraktionen zustimmt. Das sehen wir nicht so. (Abg. Dr. Höchtl: Eine differenzierte Haltung einnehmen, Herr Kollege Brauneder!)

Hohes Haus! Ich bringe einen Abänderungsantrag zu dem Gesetzentwurf ein, der hier mehrfach als Jahrhundertgesetz bezeichnet worden ist – eine zugegebenermaßen bescheidene Bezeichnung. Man hätte auch "Jahrtausendgesetz" sagen können.

Ich weise darauf hin, daß dieser Abänderungsantrag seiner Länge wegen – so nehme ich an – im Saal verteilt worden ist. Ich werde daher diesen Antrag in meiner Rede lediglich in seinen Kernpunkten erläutern.

Hauptpunkt Nummer eins: das große Lob der Deregulierung. – 83 Paragraphen mit meistens fünf langen Absätzen auf 42 Bundesgesetzblattseiten.

Es ist gelobt worden, es werden 12 Gesetze, 118 Verordnungen, nach der Zählung von Herrn Kollegen Lukesch, oder 175 Verordnungen, nach der Zählung von Herrn Kollegen Höchtl, aufgehoben.

Das ist statistisch interessant. Für den einzelnen Studierenden ist das allerdings völlig unerheblich, denn kein einziger Studierender hat bisher das Bedürfnis gehabt, das AHStG anzusehen und hiezu noch 175 Verordnungen. Ich kenne keinen einzigen Studierenden, der 175 Mehrfachstudien gepflogen hat. Das heißt, das ist statistisch gesehen möglicherweise interessant, geht aber an der Sache völlig vorbei. (Beifall bei Freiheitlichen.)

Wenn Sie dies auch so sehen, Herr Kollege Höchtl oder wer auch immer, dann ist das die gleiche – man könnte das so sagen – Augenauswischerei wie bei der nunmehrigen Aufgliederung des Bundesgesetzblattes in mehrere Teile, wo begründet worden ist, daß dies der Rechtssicherheit diene, so als würde man in Hinkunft nur in das Bundesgesetzblatt Teil 1 hineinschauen müssen und nicht auch in dessen andere Teile. Das hat sozusagen eine Argumentationstradition in den Regierungsparteien. – Soweit zum Punkt Deregulierung.


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Zur Effizienz: Eine Studienverkürzung wird eintreten. Ich ziehe nur diesen einen Punkt zur Betrachtung heran. Bisher hatten wir Semesterwochenstunden. Von nun an werden wir eine andere Einheit haben. Auch bisher war geregelt, wie lange die Studien dauern sollen. Aber trotz dieser Regulierung waren die Studien länger. (Abg. Mag. Stadler: Der Bundeskanzler hat 33 Semester gebraucht!)

Meine Damen und Herren! Wenn Sie glauben, daß Sie durch ein Zeichen vor einer Bestimmung, nämlich durch einen Paragraphen, die Menschen, die Vortragenden, die Hochschullehrer ändern können – ich sage das als Hochschullehrer ganz bewußt –, dann sind Sie in einem Irrtum befangen.

Ich kann Ihnen ein Beispiel aus der alten juristischen Studienordnung nennen: Kirchenrecht: sieben Wochenstunden. Es ist genauso schwierig oder leicht geprüft worden wie Rechtsgeschichte mit 14 Wochenstunden. Dieses Gesetz wird es nicht verhindern können, daß man bei einer drastischen Verkürzung der Wochenstundenzeiten dann in der Vorlesung sagt: Was dieses Thema betrifft, verweise ich Sie auf die nächsten hundert Seiten in diesem und jenem Buch. Das werden Sie nicht verhindern können, auch nicht durch ein neues Studiengesetz. – Soweit zur Effizienz.

Zur Autonomie: Wie sieht es mit der Autonomie aus, die angeblich ausgeweitet wird? – Ein Beispiel: § 5 des Gesetzentwurfes; Verfassungsbestimmung. Darin heißt es: Durch Bundesgesetz kann die Verwendung von Fremdsprachen bei der Abhaltung von Lehrveranstaltungen und Prüfungen festgesetzt werden.

Meine Damen und Herren! Warum durch ein Bundesgesetz? Warum kann man das nicht im Studienplan machen? Warum bedarf es dazu eines Bundesgesetzes?

Ein weiteres Beispiel: § 24, Universitätslehrgänge. Es endet diese Einrichtung beim Bundesminister oder bei der Bundesministerin. Warum können Universitätslehrgänge nicht autonom im Bereich, komplett ohne Zustimmungsrechte, bestimmt und fixiert werden?

Letztendlich die Studienpläne – angeblich ein riesiger Fortschritt im Bereich der Autonomie. Kein Gesetz mehr! Das sei 19. Jahrhundert, las ich in einer Zeitung. Kein Gesetz mehr! Schlechtes 19. Jahrhundert. Es wäre richtig allenfalls für die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts: Absolutismus. Aber in der zweiten Hälfte ist immerhin das Parlament schon vorhanden gewesen. Jetzt sind die Studienpläne im autonomen Bereich. Aber gekoppelt an Kammern, Interessenverbände und sonstiges – "und sonstiges", also auch noch so eine weiche Bestimmung!

Meine Damen und Herren! Es wurde auch keine gesetzliche Vorsorge getroffen, daß sich die Studienkommissionen an fünf Fakultäten – nehmen wir das einmal an – untereinander absprechen. Das, was Schweizer Kollegen uns gegenüber mit Neid empfinden, nämlich ein einheitliches Studienrecht, wird durch dieses Gesetz vielleicht nicht zerstört, aber sicherlich sehr erschwert. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Zum nächsten Punkt, zur Lesbarkeit des Gesetzes: § 4 enthält die Begriffsbestimmungen – ein klassischer Rückfall in das heute schon erwähnte 19. Jahrhundert mit seiner Begriffsjurisprudenz. Als Rechtshistoriker kann ich das nostalgisch sehen und könnte mich darüber freuen. Nur: Was sind denn das für Begriffe, die da aufgeführt werden?

Das steht zum Beispiel: Ordentliche Studien sind die Diplomstudien und Doktoratsstudien. – Das soll eine Begriffsbestimmung sein? Das ist eine Wiederholung von Überschriften! (Abg. Mag. Stadler: Eine Tautologie nennt man das! Ein weißer Schimmel!) Die Begriffsbestimmung erfolgt tatsächlich erst in jener Bestimmung, die diese Überschrift trägt.

Oder, meine Damen und Herren, Punkt 17: Universitätslehrgänge dienen der Weiterbildung. – Das muß man auch umkehren können. Weiterbildende Sachen sind Universitätslehrgänge. Wer also zu Hause auf seinem Sofa liegt und ein Lehrbuch lernt, der absolviert einen Universitätslehrgang? Sicher nicht! Es folgen zwar später die entsprechenden Bestimmungen, aber eine Begriffsbestimmung ist das dennoch nicht.


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Begriff: mündliche Prüfungen. – Was sind mündliche Prüfungen? Es bedarf einer Begriffsbestimmung. Punkt 31: Mündliche Prüfungen sind die Prüfungen, bei denen die Prüfungsfragen mündlich zu beantworten sind. (Ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Graf: Bravo! Das ist ein "Jahrhundertgesetz"!)

Ich bitte meine Fraktion, darüber nicht zu lachen. Es ist todernst. Es ist nämlich nicht geregelt, meine Damen und Herren, wie bei einer mündlichen Prüfung zu prüfen ist, nur die Art der Antwort ist bestimmt: sie muß mündlich sein. Aber es steht nichts darüber drinnen, wie die Prüfungsfrage zu stellen ist: durch Gestikulation, schriftlich oder in Form von Tonbandaufnahmen? (Abg. Mag. Stadler: Pantomime!)

Also entweder fehlt da etwas und Sie meinen, es sei selbstverständlich, daß in einer mündlichen Prüfung mündlich geprüft wird, aber dann ist es auch selbstverständlich, daß die Antwort mündlich gegeben wird. Ich erspare es Ihnen, meine Damen und Herren, etwas über die schriftliche Prüfung hier vorzulesen. – Soweit zur Lesbarkeit dieses Gesetzes. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir haben Glück, daß dieses Gesetz noch nicht gilt und wir hier nicht eine Lehrveranstaltung abhalten, sonst dürften wir nämlich nicht lachen – ich nehme das vorweg –, denn der Studierende hat sich seinen Studien ernsthaft zu widmen. Ich komme darauf noch zu sprechen.

Zum Punkt Fernstudien: etwas Wichtiges. Es ist aber nicht definiert, was ein Fernstudium ist. Vielleicht ist es aber selbstverständlich, und man braucht es nicht zu definieren.

Zur Terminologie und auch noch zur Lesbarkeit: In § 7 Abs. 3 heißt es: Der Umfang der Lehrveranstaltungen ist in Semesterstunden anzugeben. – Sie wissen, wenn sich der Uhrzeiger einmal dreht: eine Stunde. So ist es aber nicht! Ich lese weiter vor: Eine Semesterstunde entspricht so vielen Unterrichtseinheiten, wie das Semester Unterrichtswochen umfaßt. Eine Unterrichtseinheit dauert 45 Minuten. Die kleine Einheit, die man mit Stunde bezeichnen könnte, wenngleich sie auf 45 Minuten reduziert ist, heißt nicht Stunde, sondern Unterrichtseinheit. Stunde ist hier etwas ganz anderes als auf der Uhr. – Soweit zur Lesbarkeit. (Zwischenruf des Abg. Mag. Posch. ) – Es geht um die Lesbarkeit und nicht um meine Bezahlung, Herr Kollege! Um meine Bezahlung brauchen Sie sich nicht zu kümmern, auf die habe ich nämlich verzichtet. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Mag. Stadler. – Abg. Dr. Fekter: Wenn Sie solche Kinkerlitzchen aufzählen! Dann muß es ein gutes Gesetz sein, wenn Sie nichts finden! – Weitere Zwischenrufe.)

Es gibt eine Reihe inhaltlicher Ungereimtheiten. Im § 24 Abs. 1 ist von "Ausführungen über die Finanzierung" die Rede. Was sind "Ausführungen über die Finanzierung", Frau Kollegin Fekter? Sie erfahren das im nächsten Paragraphen, im § 27 Abs. 2, wo die nahezu identische Materie geregelt ist. Hier ist die Rede vom Finanzierungsplan. Man wird fragen: Ist das eine identisch mit dem anderen? Sind es zwei unterschiedliche Dinge?

Vom Herrn Wissenschaftssprecher einer noch größeren Partei hier im Hause haben wir das Kunststück erlebt, daß er auch Nichtausgesprochenes zu interpretieren vermag. Etwa, daß ich bei diesem Studiengesetz – Herr Kollege Lukesch könnte mir zufällig vielleicht helfen – den "sanften Diktator" fordere. Ich habe mich in diese Richtung nie geäußert. Man kann also Nichtausgesprochenes interpretieren. Aber das, was hier gedruckt ist, und zwar in vielfältigster unterschiedlicher Terminologie, öffnet der Auslegung tatsächlich Tür und Tor.

§ 29 ist jene Bestimmung, die von den Rechten und Pflichten der Studierenden handelt. Ich hätte das eigentlich als überflüssig in solch einem Gesetz erachtet: Rechte und Pflichten der Studierenden.

Die Pflichten: Studierende sind verpflichtet, sich ihrem Studium ernsthaft zu widmen. "Ernsthaft zu widmen"! (Abg. Mag. Stadler: Lachen verboten!) "Scherz und Ernst in der Jurisprudenz", ein bekanntes Buch des 19. Jahrhunderts, wird nicht mehr vorzulesen sein. Ich habe es gestern versäumt, in meiner Vorlesung den Test zu machen. Ich hätte sagen müssen: Meine Damen und Herren! Bitte lachen Sie nicht, wenn Ihnen etwas lustig vorkommt! Oder: Lachen Sie noch


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rasch, wenn Ihnen etwas lustig vorkommt, denn gemäß dieser Bestimmung dürfen Sie dann nicht mehr lachen! (Zwischenruf des Abg. DDr. Niederwieser. ) Was heißt "ernsthaft studieren"? Eine Sanktion gibt es nicht.

Zu etwas Ernsthaftem: Im Punkt 3 heißt es: Die Fortsetzung des Studiums ist dem Rektor der Universität oder Hochschule, an der die Zulassung zu einem Studium besteht, jedes Semester während der allgemeinen Zulassungsfrist zu melden. – Das ist eine Pflicht der Studierenden. Nur: Nach § 39 Abs. 1 Ziffer 2 und wortidentisch nach § 42 Abs. 1 Ziffer 2 erlischt die Zulassung, wenn man die Meldung mehr als zwei Semester unterläßt. Also wie schaut jetzt die Verpflichtung aus: Meldung jedes Semester oder Meldung zumindest im dritten Semester? – Die Liste ähnlicher Fehler könnte fortgeführt werden.

Zum Thema Verfassungswidrigkeit: Master of Advanced Studies nach § 28 und Master of Business Administration nach § 28 haben andere Voraussetzungen als die Führung derselben Titel aufgrund eines Universitätslehrgangs nach § 26. Das heißt, für unterschiedliche Leistungen wird derselbe Titel verliehen werden. Das kann – ich sage, das kann, nicht, das muß – verfassungswidrig sein.

§ 35 – "Allgemeine Universitätsreife" – Abs. 1 Punkt 3: Ein ausländisches Zeugnis ist anzuerkennen, das einem österreichischen Maturazeugnis a) aufgrund einer völkerrechtlichen Vereinbarung entspricht – in Ordnung –, b) aufgrund einer Nostrifikation – selbstverständlich –, c) aufgrund der Entscheidung des Rektors oder der Rektorin der inländischen Universität oder Hochschule – ich möchte nur bemerken: wir haben noch keine österreichischen Universitäten im Ausland, aber dafür scheint hier schon futuristisch Sorge getragen zu sein – im Einzelfall gleichwertig ist. Bitte, nach welchen Kriterien "im Einzelfall gleichwertig ist"? Nach welchen Kriterien entscheidet der Rektor oder die Rektorin? (Abg. Mag. Stadler: Stimmungslage!) Das ist sicher eine vernünftige Regelung, aber das gehört definiert. Da gehören Kriterien festgesetzt. Ich glaube, daß ohne solche die Bestimmung verfassungswidrig ist.

Ich glaube auch, daß es verfassungswidrig ist, bezüglich der Studienpläne – Herr Kollege Lukesch, Sie sind anderer Meinung – hinauszuverweisen aus dem parlamentarischen Raum. Man kann sich ja wohl auch die Straßenverkehrsordnung in Hinkunft nicht so vorstellen, daß das Bundesstraßenverkehrsgesetz etwa lautet: Die Straßenverkehrsordnung erläßt das Kuratorium für Verkehrssicherheit im Einvernehmen mit Kammern, Verbänden, Interessenvertretungen, insbesondere – in alphabetischer Reihenfolge jetzt – ARBÖ, ÖAMTC, Radfahrervereinigungen und sonstigen Bürgerinitiativen. (Zwischenruf des Abg. Dr. Lukesch. )

Zum Schluß zu den Fremdsprachen. Bei den Bestimmungen über die Fremdsprachen kann man all das widerspiegeln, was ich jetzt kritisiert habe. Erstens: leichte Lesbarkeit und Systematik. Die Regelungen über Fremdsprachen verteilen sich auf zwei Paragraphen, nämlich § 5 und § 10. Wer den einen Paragraphen liest, weiß natürlich nicht, was in dem anderen steht, außer er konsultiert – zugegeben – das Inhaltsverzeichnis.

Autonomie: Dazu habe ich schon zitiert. Nach § 5 eine Verfassungsbestimmung, Bundesgesetz. Wo ist hier die Autonomie?

Regelungszweck. Ich stelle mir das so vor aufgrund meiner Erfahrungen: Da kommt ein ausländischer Studierender und sagt zu mir: Your Honourable, I am not very good in English, but I am very, very good in the field of the legal system of Austrian universities. Und dann sagt er zu mir: Ich muß nicht Englisch können, ich beziehe mich auf § 10, und da steht ausdrücklich drinnen: Sprachkenntnisse – wenn er in einer Fremdsprache geprüft wird – sind nicht ausschlaggebend, es ist der Inhalt wichtig.

Meine Damen und Herren! Wie stelle ich den Inhalt fest, wenn der Studierende zu mir sagt: Ich bin exzellent im Universitätsrecht Österreichs, nur sagen kann ich es Ihnen leider nicht!? – Diese Bestimmung finden Sie wirklich im ersten Absatz des § 10. (Abg. Dr. Lukesch: Abenteuerlich!) Jawohl, Herr Kollege Lukesch! Ich habe ähnliches erlebt, es war nur in Französisch. Es ist abenteuerlich.


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Schließlich zum Inhalt dieser Bestimmung. Es ist für einen Fall gar nicht Sorge getragen worden. Es ist zum Beispiel aufgrund dieser gesetzlichen Bestimmung nicht möglich, eine Lehrveranstaltung an juridischen Fakultäten anzubieten, nämlich Einführung in das englische oder amerikanische Recht in Englisch oder in das französische oder belgische Recht in Französisch. So etwas Sinnvolles deckt die Bestimmung wieder nicht ab.

Zum Schluß kommend, meine Damen und Herren: das "Jahrhundertgesetz", die "Habeaskorpusakte". Herr Kollege Lukesch! Sie haben völlig recht: Es ist eine Habeaskorpusakte. Damit Sie nicht glauben, es ist dies meine eigene Idee, zitiere ich Ihnen aus einem Lexikon zur Habeaskorpusakte. Dort heißt es unter anderem: Obwohl der verbürgte Schutz – Sie kennen alle den Inhalt – zunächst weder für alle – Engländer – noch lückenlos war, wurde dies auf weiteren Stufen der Entwicklung erreicht. – Wie wahr!

Dieses Gesetz weist massive Lücken auf. Es gilt zwar für alle Studierenden, und zwar ausdrücklich beiderlei Geschlechts; ich finde das auch richtig so. Es enthält allerdings Normen so unterschiedlichen Inhalts, wie interne Dienstanweisung, Ermächtigung an den Bundesminister, Rechte und Pflichte der Studierenden. (Zwischenruf des Abg. Mag. Stadler. ) Der Kreis der Normenadressaten ist so unterschiedlich, daß der Satz: Es gilt nicht für alle!, nahezu zutrifft. Und so wird es auch sein. Mit dem Gesetz allein – ich überspringe jetzt einen Gedankengang und sage etwas anderes – haben wir eine Chance verpaßt. Ich bin – auch aufgrund meiner beruflichen Tätigkeit – der letzte, der sich nicht sehnlichst diese und jene Reform auf universitärem Boden herbeiwünscht. Aber mit diesem Gesetz, glaube ich, wird es nicht gehen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich möchte noch etwas zur Vorgangsweise sagen, Herr Kollege Lukesch; ich spreche aber auch andere an. Ich frage mich aufgrund eines Gesprächs, das wir gestern hatten, warum nicht betreffend diesen letzten Text ein ordentliches, normales Begutachtungsverfahren durchgeführt worden ist. Es drängt uns ja niemand, es ist egal, ob dieses Gesetz – ein besseres natürlich – ein Jahr früher oder später in Kraft tritt. Warum wurde kein Begutachtungsverfahren durchgeführt? (Ruf bei der ÖVP: 5 Minuten Redezeit!)

Wenn gesagt worden ist, die Experten hätten im Unterausschuß nahezu unbesehen zugestimmt – das Wort "euphorisch" haben Sie zum Glück nicht gebraucht –, dann könnte man dem Stöße von Briefen aus unterschiedlichsten Hochschulorten und von unterschiedlichsten Personengruppen entgegenhalten, die zum Teil nahezu flehentlich Änderungen monierten. Und wenn man diese Änderungswünsche sozusagen auf den Gesetzestext umlegt, dann wurde nahezu flächendeckend eine Änderung des Gesetzes gewünscht. Es ist nicht irgendein Punkt allein, auf den all diese Wünsche abzielen, sondern es ist nahezu flächendeckend, Herr Kollege Lukesch. (Zwischenruf des Abg. Dr. Lukesch. ) – Sie können sie bei mir einsehen. Vielleicht wissend, daß man bei den Regierungsparteien auf ein verschlossenes Tor stößt, sind diese Bitten und Anregungen deshalb hauptsächlich bei uns eingegangen. Das räume ich Ihnen gerne ein. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Ich könnte mir vorstellen, daß wir dem Gesetz unsere Zustimmung erteilen – unter einer Bedingung: Es müßte nur der Titel geändert werden. Frau Kollegin Brinek hat mich durch eine Wortmeldung im Unterausschuß auf diese Idee gebracht. Der Titel sollte lauten: Bundesgesetz, womit anhand von Fallbeispielen über die Studien an den Universitäten (Universitäts-Studiengesetz) diesen, nämlich den Universitäten, verpflichtendes Lehrmaterial für Lehrveranstaltungen in Logik, Deutsch, Gesetzgebungslehre und, um im Stil des Gesetzes zu bleiben, anderen Fächern anempfohlen wird. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

12.51

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Herr Abgeordneter Dr. Brauneder hat sich in seinen Ausführungen auf einen Abänderungsantrag bezogen, den er in seinen Kernpunkten vorgetragen hat. Dieser Abänderungsantrag ist schriftlich überreicht worden. Er ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.


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Im Hinblick auf den Umfang dieses Antrages habe ich gemäß § 93 Abs. 4 der Geschäftsordnung die Vervielfältigung und Verteilung veranlaßt. Der Text dieses Antrages wird auch dem Stenographischen Protokoll beigedruckt werden.

Der Abänderungsantrag hat folgenden Wortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Krüger, MMag. Dr. Brauneder, Dr. Graf , Mag. Dr. Grollitsch, Dipl.-Ing. Schöggl und Kollegen, eingebracht im Zuge der Debatte zur Regierungsvorlage (588 der Beilagen) eines Bundesgesetzes über die Studien an den Universitäten (Universitätsstudiengesetz – UniStG) in der Fassung des Ausschußberichtes (638 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der im Titel genannte Entwurf in der Fassung des Ausschußberichtes wird wie folgt geändert:

1. § 36 (2) lautet:

"(2) Für die in Österreich ausgestellten Reifezeugnisse handelt es sich um jene Zusatzprüfungen zur Reifeprüfung, deren Ablegung aufgrund der Universitätsberechtigungsverordnung für die Zulassung zum Studium vorgeschrieben ist."

2. § 57 (6) lautet:

"(6) Gelangt der Prüfungssenat zu keinem Beschluß über die Beurteilung eines Faches sind die von den Mitgliedern vorgeschlagenen Beurteilungen dieses Faches zu addieren, das Ergebnis der Addition durch die Zahl der Mitglieder zu dividieren und das Ergebnis auf eine ganzzahlige Beurteilung zu runden. Dabei ist einem Ergebnis, das größer als .,5 ist, aufzurunden. Eine positive Beurteilung eines Faches setzt jedenfalls eine Mehrheit an positiven Einzelbeurteilungen dieses Faches voraus."

3. § 61 (4) erster Satz lautet:

"Universitätslehrerinnen und Universitätslehrer mit einer Lehrbefugnis gemäß § 19 Abs. 2 Z 1 lit. a bis e UOG 1993, Hochschullehrerinnen und Hochschullehrer mit einer Lehrbefugnis gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 Kunsthochschul-Organisationsgesetz und § 7 Z 1 Akademie-Organisationsgesetz 1988 sowie Assistenzprofessorinnen und Assistenzprofessoren sind berechtigt, aus dem Fach ihrer Lehrbefugnis Diplomarbeiten zu betreuen und zu beurteilen."

4. § 62 (2) erster Satz lautet:

"Die oder der Studierende ist berechtigt, das Thema im Einvernehmen mit der Betreuerin oder dem Betreuer festzulegen oder das Thema aus Vorschlägen der zur Verfügung stehenden Betreuerinnen und Betreuer auszuwählen."

5. Dem § 62 (9) wird folgender Satz angefügt:

"Eine positive Beurteilung der Dissertation setzt jedenfalls eine Mehrheit an positiven Einzelbeurteilungen der Dissertation voraus."

6. In § 66 (1) entfällt die Wortfolge

"unbeschadet der Abhaltung akademischer Feiern aus dem Anlaß von Sponsionen und Promotionen."

6a. In § 66 (2) entfällt jeweils die Wortfolge

"unbeschadet der Abhaltung akademischer Feiern in Zusammenhang mit dem Abschluß des Studiums."


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67. Sitzung / Seite 74

7. § 66 (3) lautet:

"Zusätzlich zu Abs. 1 erfolgt die Verleihung des akademischen Grades "Doktorin" bzw. "Doktor" mit dem in diesem Bundesgesetz festgelegten Zusatz im Rahmen einer Promotion, die Verleihung des akademischen Grades "Magistra" bzw. "Magister" mit dem in diesem Bundesgesetz festgelegten Zusatz und die Verleihung des akademischen Grades "Diplomingenieurin" bzw. "Diplomingenieur" mit dem in diesem Bundesgesetz festgelegten Zusatz im Rahmen einer Sponsion. Die näheren Bestimmungen über Promotion sowie Sponsion erläßt der Akademische Senat durch Verordnung. Hierbei hat er die bisherige Tradition zu berücksichtigen. Zuständig für die Durchführung der Promotion sowie Sponsion ist jene Universität oder Hochschule, an welcher die Approbation der Diplomarbeit bzw. Dissertation erfolgte. Für die Verleihung anderer akademischer Grade kann das zuständige Kollegialorgan durch Verordnung eine äußere Form ihrer Verleihung festlegen. Der Studierende hat die Möglichkeit, auf die Teilnahme an einer akademischen Feier zu verzichten."

8. § 66 (3) und (4) erhalten die Bezeichnung (4) und (5).

9. § 80 (2) erster Satz entfällt die Wortfolge

"in der am 31. Juli 1997 geltenden Fassung".

10. § 80 (2) zweiter Satz lautet:

"Ab dem Inkrafttreten des jeweiligen Studienplanes aufgrund dieses Bundesgesetzes sind sie berechtigt, jeden der Studienabschnitte, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des neuen Studienplanes noch nicht abgeschlossen sind, in einem der gesetzlichen Studiendauer zuzüglich drei Semester entsprechenden Zeitraum abzuschließen."

11. Zif. 3.8 in Anlage 1 lautet:

Anerkennung von Studien, die an den Pädagogischen oder den Religionspädagogischen Akademien absolviert wurden:

Für Absolventinnen oder Absolventen der Lehramtsprüfung an den Pädagogischen oder den Religionspädagogischen Akademien, die zu einem Lehramtsstudium an einer Universität oder Hochschule zugelassen werden, gelten unbeschadet der sonstigen Bestimmungen dieses Bundesgesetzes (insbesondere § 59) folgende besondere Bestimmungen:

Positiv beurteilte Prüfungen, die ordentliche Studierende an einer anerkannten inländischen oder ausländischen postsekundären Bildungseinrichtung abgelegt haben, hat die oder der Vorsitzende der Studienkommission auf Antrag der oder des ordentlichen Studierenden bescheidmäßig anzuerkennen, soweit sie den im Studienplan vorgeschriebenen Prüfungen gleichwertig sind. Die Studienkommission ist berechtigt, solche Anerkennungen durch Verordnung generell festzulegen. Die Anerkennung von Prüfungen, die entgegen der Bestimmungen des § 34 Abs. 8 an einer anderen Universität oder Hochschule abgelegt wurden, ist ausgeschlossen."

12. In Zif. 6.3 bis 6.11 in Anlage 1

wird der Ausdruck "Semesterstunden: 100 – 125" ersetzt durch den Ausdruck "Semesterstunden: 125 – 140".

13. Zif. 6.13 in Anlage 1 lautet:

Wirtschaftsinformatik: Studiendauer: 9 Semester, Semesterstunden: 140 – 160.

14. In Zif. 6.15 in Anlage 1

wird der Ausdruck "Semesterstunden: 100 – 125" ersetzt durch den Ausdruck "Semesterstunden: 125 – 140".

*****


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67. Sitzung / Seite 75

Präsident Dr. Heinrich Neisser:
Als nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Wurm gemeldet. 6 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

12.52

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Mein Vorredner, Herr Abgeordneter Universitätsprofessor Dr. Brauneder, hat sich in wahrhaft "ernsthafter" Weise, so wie wir es als Studenten und Studentinnen oft vom Katheder herunter gehört haben, sehr zynisch über ein Gesetz lustig gemacht, nämlich über dieses Gesetz, das heute von vielen Fraktionen beschlossen wird. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Graf: Von zwei Fraktionen!)

Ich möchte noch dazu sagen: Es haben sich, wie schon erwähnt, die zwei Wissenschaftssprecher und die Abgeordneten im Unterausschuß ernsthaft mit diesem Gesetz befaßt. Es war eine wirklich ernsthafte Diskussion, und herausgekommen ist ein Gesetzeswerk, über das man sich freuen kann.

Nun zu meinen eigentlichen Ausführungen.

Ich glaube, daß es an der Zeit ist, daß jetzt, nach 30 Jahren Allgemeinem Hochschulgesetz, ein neues, nach zusätzlichen beziehungsweise anderen Gesichtspunkten erstelltes Studiengesetz beschlossen wird. Als sehr wichtig erscheint mir – im Unterschied zu einigen Kollegen von der freiheitlichen Fraktion – die Wechselwirkung zwischen beruflichen Erfordernissen und Studienplänen, die durch ein Begutachtungsverfahren und eine Überprüfung nach spätestens zehn Jahren festgeschrieben wurde.

Auch das erstmals geforderte Qualifikationsprofil einer Studienrichtung vertieft die Ausrichtung des Studiums auf den künftigen Beruf. Diese berufliche Orientierung ist im besonderen für die AbgängerInnen der allgemeinbildenden höheren Schulen, also der AHS, eine wertvolle und notwendige Unterstützung, da dieser Schultyp unter Wertschätzung seiner allgemeinbildenden Ausrichtung eigentlich seinen AbsolventInnen mit dem Reifezeugnis keinerlei berufspraktische Ausbildungen mitgibt.

Wie Ihnen bekannt sein wird, spricht man auch im jüngst veröffentlichten OECD-Bericht wiederholt davon, daß Österreich den geringsten Anteil an AkademikerInnen, gemessen an deren Anteil an den Erwerbstätigen, im europäischen Vergleich aufweist.

Das neue Universitäts-Studiengesetz kommt den Forderungen der OECD sicherlich entgegen, indem es die Studien international, aber vor allem innerhalb der Europäischen Union vergleichbarer macht. Auch wird eine Vielzahl der Studien geraffter und etwas kürzer.

Ohne Hinterfragung der ursprünglichen Intention der Universitäten wurde mit so mancher Novellierung mehr Abstand vom Prinzip Universitas, also Gesamtheit, Umfang, das Ganze, genommen. Es sei mir an dieser Stelle die Bemerkung gestattet, ob wir uns nicht mit der Verlagerung des Ausbildungsauftrages an die Universitäten zu sehr von deren eigentlichen Zweck entfernen. Wäre es daher nicht überlegenswert, um den internationalen Anforderungen näherzukommen, akademische Berufsausbildungen zunehmend in den Kompetenzbereich der Fachhochschulen zu verlagern? Damit wäre gewährleistet, daß das Kind nicht mit dem Bade ausgeschüttet wird.

So gesehen würde, meine ich, die für ein kleines Land wie Österreich auf vielen Gebieten sehr gute Grundlagenforschung nicht zu kurz kommen. Da die Grundlagenforschung die allgemeinere Lehre bewirkt, heißt das zwangsläufig, daß sie zwar weniger praxisorientiert, für einen Teil der Studierenden, die die wissenschaftliche Laufbahn wählen, nach wie vor aber von zentraler Bedeutung ist. Als die Physik zu Beginn dieses Jahrhunderts die grundlegenden Prinzipien und Funktionsweisen der Halbleitertechnik beschrieben hat, damals reine Grundlagenforschung, konnte noch niemand ahnen, daß 70 Jahre später diese Erkenntnisse im Zusammenhang mit neuen Technologien zu einer Revolution führen würden, die nahezu alle gesellschaftlichen Bereiche beeinflußt.


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67. Sitzung / Seite 76

Nun möchte ich auf eine mir besonders wichtige Gruppe eingehen, die in diesem Gesetz erwähnt ist.

Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Wer einen Arbeitsplatz hat, braucht keinen Studienplatz: Das konnte man einmal anläßlich eines Tages der offenen Tür an der Innsbrucker Universität hören. Dieser Satz hat sich mir – ich bin damals von der Abendschule gekommen und habe mir extra dafür einen Tag freigenommen – ins Gedächtnis eingekerbt.

Ich bin sehr froh darüber, daß ein Passus in diesem Gesetz erstmals die Berufstätigen erwähnt. Im § 7 Abs. 2 ist nämlich zu lesen, daß bei den Lehrplänen auf Studierende, die einen Beruf ausüben, also berufstätig sind, Bedacht zu nehmen ist. (Beifall bei der SPÖ.)

Dadurch wurde nun im Gesetz auf Gegebenheiten eingegangen, die schon lange Wirklichkeit sind, nämlich daß sich immer mehr Studenten nicht voll ihrem Studium widmen können, sondern eben Studium und Beruf miteinander vereinbaren müssen, die einen aufgrund finanzieller Notwendigkeiten, die anderen parallel zu ihrem beruflichen Weg, um das berufliche Wissen zu vertiefen und auszuweiten.

Sehr geehrte Damen und Herren! Dies kommt auch den Intentionen des Koalitionsübereinkommens sehr entgegen, das lebenslanges Lernen festschreibt und als erklärtes Ziel und als Notwendigkeit erkennt. (Beifall bei der SPÖ.)

So hoffe ich, sehr geehrte Damen und Herren, Hohes Haus, daß dieser Satz: Wer einen Arbeitsplatz hat, braucht keinen Studienplatz!, nie mehr gesagt und noch weniger – und das ist viel wichtiger – gedacht wird und daß beim Lehrveranstaltungsangebot die Situation der Studierenden einfließt, damit ein Mensch, der einen Beruf ausübt, sich daneben noch weiterbilden kann. Ich rede von einer immer größer werdenden Gruppe von Menschen, die sich an den Universitäten weiterbildet, die nicht selten den Marathon einer Abendschule hinter sich gebracht hat und dann auf die Universitäten geht und der man es nun ermöglichen sollte, zu einem akademischen Abschluß zu kommen, denn das sind oft nicht die Faulsten. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich möchte zur Ehrenrettung vieler Professoren sagen: Dieser Satz, der sich damals wirklich ins Gedächtnis von uns Berufstätigen eingeprägt hat, hat sich im Laufe des Studiums oft nicht bewahrheitet. Wir haben sehr viele offene Ohren gefunden, wenn wir auf die besondere Situation der Berufstätigen hingewiesen haben. Nun ist es nicht mehr nötig, offene Ohren zu finden, dafür, glaube ich, garantiert dieses Gesetz. Ich bin froh, ihm zustimmen zu können. (Beifall bei der SPÖ.)

12.59

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Grollitsch. 8 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

12.59

Abgeordneter Mag. Dr. Udo Grollitsch (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Schon im Ausschuß habe ich mir erlaubt, eine kleine Kritik am Zustandekommen dieses Gesetzes anzubringen. Ich war der Meinung, daß schlußendlich ein gewisses Lobbying und ein Intervenieren nach österreichischem Muster zur Endfassung geführt haben.

Wir ersehen nun aus dem Ausschußbericht die Chronologie der Gesetzwerdung. Glaubt man diesem Ausschußbericht, könnte man in der Tat den Eindruck erhalten, daß dabei eine gut nachvollziehbare, klare, demokratische Reihenfolge eingehalten wurde.

So wurde etwa am 5. März 1991 die Unterarbeitsgruppe "Reform des Studienrechtes" gegründet, die später "Deregulierung des Studienrechtes" genannt wurde. Im Sommer 1994 gab es dazu einen Endbericht, dann ein Vorbegutachtungsverfahren, danach wieder einen Endbericht, der im Sommer 1995 in Begutachtung gesandt wurde. Es wurden 611 Stellungnahmen abgegeben, die zusammengefaßt und im Oktober und später im Dezember 1996 zu einem Endbericht geformt wurden.


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67. Sitzung / Seite 77

Das Jahr 1996 – ich bleibe bei meinen Anschuldigungen im Ausschuß – war ein Jahr des Lobbyings und Intervenierens. Wer den besseren Draht zu Scholtens Büro hatte, konnte Einfluß nehmen. Dem war so! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Parnigoni. )

Auf diesen Vorwurf, der über die "Presse" verbreitet wurde, hat der Vater, die Mutter, eigentlich der Erfinder des Gesetzes, Herr Kollege Lukesch, über die "Presse" geantwortet. Er schreibt: Ein Jahr Intervenieren und Lobbying – so hat sich der Abgeordnete Grollitsch im Ausschuß lustig gemacht zur Entstehung des Universitäts-Studiengesetzes. Es spricht offenbar die autoritäre Führungsideologie der Freiheitlichen aus den Worten des Abgeordneten, wenn er Dialog mit Lobbying verwechselt. – Soweit die Aussagen des Abgeordneten Lukesch in der "Presse". (Abg. Dr. Lukesch: Im Original!)

Nun ein Zitat aus der heutigen Diskussion, in der Kollege Van der Bellen exakt zu diesem Thema wörtlich sagte: Merkwürdigkeiten beherrschten die Zuordnung von Semestern und Semesterstunden. Welche Lobby sich schneller durchgesetzt hat, kam zum Tragen. – Während dieser Worte hat der Abgeordnete Lukesch nicht nur beifällig genickt, sondern am Ende der Ausführungen auch geklatscht. Welche Doppelbödigkeit ist daran erkennbar! (Zwischenruf der Abg. Dr. Brinek. )

Dieses Lobbying und dieses "Geziehe" um Semesterstunden, um die Anzahl von Semestern sei an einem kurzen Beispiel erörtert. (Präsident Dr. Brauneder übernimmt den Vorsitz.)

Um etwa Magistra philosophiae facultatis theologicae, also Mag. phil. fac. theol., werden zu können, sind 100 bis 120 Stunden in acht Semestern vorgeschrieben. Will man an der gleichen Fakultät Mag. theol. werden, dann benötigt man bereits zehn Semester und 150 bis 170 Stunden. Will man Magister rerum socialium oeconomicarumque, also Mag. rer. soc. oec., zu deutsch: Betriebswirt vice versa Betriebswirtin, werden, reichen ebenso wie für das Studium der Wirtschaftswissenschaften acht Semester mit 100 bis 125 Wochenstunden. Studiert man aber ein vergleichbares Studium, um Wirtschaftsingenieur zu werden, dann braucht man zehn Semester und bis zu 235 Stunden. Für Sportwissenschaften reichen acht Semester, für Geographie neun, für Physik und Psychologie zehn und so weiter.

Eine Nachvollziehbarkeit dieser Vorgaben ist für uns ganz einfach nicht erkennbar. Es ist zu fragen, ob das Gesetz mit diesen Vorgaben das Richtige in Richtung Deregulierung getroffen hat und die Bedürfnisse der Universitäten in geeigneter Weise vorgegeben hat.

Kollege Lukesch! Ich kenne Ihre Vorarbeiten zu diesem Gesetz und weiß sie auch zu schätzen, sich aber als Vater und Mutter zugleich zu bezeichnen, ist vermessen. Vater des Gesetzes ist die lange Studiendauer in Österreich, Mutter des Gesetzes sind zweifelsfrei die leeren Kassen, die Spar- und Belastungspakete. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Lukesch: Kollege Grollitsch! Dann sind Sie die Vollwaise dieses Gesetzes! – Abg. Kiss: Die FPÖ ist die Vollwaise! )

Ein Vorwurf, der unisono in vielen Zuschriften von Universitäten, vom Mittelbau und auch von studentischer Seite, eingetroffen ist, ist, daß die Einschränkungen im Hinblick auf die Länge und Intensität klar nachvollziehbare Qualitätsverluste unserer Studien und Wettbewerbsnachteile für unsere Absolventen im EU-Raum bringen werden. Diese durchgehende Kritik ist auch bei Ihnen gelandet, Kollege Lukesch.

Wir haben im Ausschuß versucht, Ihre Meinung dafür zu gewinnen, daß man wenigstens den § 6 dieses Gesetzes ändert, in dem das Studienjahr definiert ist. Nach diesem § 6 besteht das Studienjahr aus 30 Wochen Vorlesungszeit, der Rest ist vorlesungsfreie Zeit. In der Bevölkerung wird die vorlesungsfreie Zeit de facto als Ferien- oder Urlaubszeit verstanden. Um das Studienjahr neu zu strukturieren und den Praxisbezug hineinzunehmen, war unser Vorschlag, daß man die Studienzeit allenfalls um eine Woche pro Semester verlängert – um den Qualitäts- und Intensitätsverlust wenigstens im Ansatz auszugleichen (Abg. Dr. Lukesch: Das kann man ja!)  – und die Prüfungszeiten im Studienjahr expressis verbis so nennt, mit vier Semestern auch so artikuliert, um den Eindruck, daß man ein Arbeitsjahr auf 30 Wochen reduziert, zu verdrängen.


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Schlußendlich sind wir der Überzeugung, daß wir den notwendigen Praxisbezug – und dazu gibt es sicher einen guten, wenn auch halbherzigen Ansatz im Gesetz – durch die Einräumung einer Zeitspanne von acht Wochen im Studienjahr berücksichtigen könnten. Es blieben dann noch immer acht Wochen für Erholungsferien.

Ein diesbezüglich eingebrachter Antrag – die Vorgespräche haben das bewiesen – hätte keinerlei Aussicht auf Erfolg. Ich möchte in diesem Zusammenhang aber an Ihre Vernunft appellieren und mich trotzdem in Zukunft bemühen, gerade zu dieser Geste – wenn wir sie so nennen wollen – Ihr Einverständnis zu erreichen. Wir werden zu diesem Thema weiter Verhandlungen führen.

Dem Gesetz können wir aus den erwähnten Gründen nicht zustimmen, auch wenn wir nicht verkennen, daß es in bezug auf Deregulierung und Demokratisierung Fortschritte bringt und den Spielraum der Universitäten im Verhältnis zur bisherigen Gesetzeslage verbessert.

Da gelobt wird, daß wir heute 300 Verordnungen und 118 Gesetze im weitesten Sinne mit einem Strich wegräumen, frage ich Herrn Niederwieser noch einmal, wer diese Gesetze in den letzten 20 Jahren gemacht hat. Wer hat sie uns denn verordnet, wer hat denn die Universitäten mit diesen Gesetzen ans Gängelband genommen? – Sie waren es, die Regierungsparteien waren es! Einen Freiraum zu schaffen, hat sich meine Fraktion seit jeher bemüht. (Abg. Dr. Lukesch: Kollege Brauneder hat etwas anderes gesagt!) Das ist mit einem Schritt in die richtige Richtung – das sei zugestanden – gelungen. Wie mangelhaft die Durchführung ist, hat Ihnen Kollege Brauneder erklärt. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.08

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Stippel. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

13.08

Abgeordneter Dr. Johann Stippel (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geschätzte Kolleginnen und Kollegen! "Tempora mutantur et nos in iis!" an meinen Vorredner. Er hat natürlich recht, daß wir bisher hier im Haus immer wieder mit einer Flut von Gesetzesvorlagen, die die Universitäten betrafen, konfrontiert waren. Aufgrund der Absicht, das besser zu machen, liegt heute ein Gesetzentwurf vor, der klar und in knapper Form den Universitäten ein neues Studienrecht gibt und damit eben diese vielen gesetzlichen und verordnungsmäßigen Verästelungen mit einem Schlag auflöst. Das ist ein gewaltiger Fortschritt! Ich freue mich daher, daß ich diesem Gesetz meine Zustimmung geben kann. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Es ist gegen Ende einer langen Debatte über ein Gesetz das meiste bereits gesagt worden. Ich möchte nur noch einen Aspekt hinzufügen: Ich habe mir von Beginn dieser Gesetzwerdung an immer eine Frage gestellt und sie auch klar beantwortet, nämlich: Wem soll dieses neue Studienrecht nützen? – Die Antwort darauf war für mich immer klar: den Studierenden. Denn es ist, wie heute schon mehrfach gesagt wurde, leider so, daß man im internationalen Vergleich in Österreich noch immer zu lange studiert.

Mit dem neuen Studienrecht wird man – in dieser Beziehung bin ich sehr optimistisch – in Österreich kürzer und effizienter studieren können, ohne daß ein Qualitätsverlust eintritt. Ich bin überzeugt davon, daß es trotz kürzeren Studierens zu Qualitätssteigerungen an unseren Hochschulen kommen wird.

Es liegt nun nach der Beschlußfassung hier im Hohen Hause an den Universitäten, dieses Gesetz mit Leben zu erfüllen. Die Universitäten haben damit ein sehr hohes Maß an Autonomie gewonnen, sie müssen aber auch die entsprechende Verantwortung tragen und in ihren Bereichen dafür sorgen, daß die bereits vorhandenen Ressourcen besser und effizienter als bisher genützt werden. Unter diesen Aspekten betrachtet, bin ich überzeugt davon, daß das neue Universitäts-Studiengesetz ein sehr, sehr gutes Gesetz ist. Natürlich wissen wir, die wir im Hohen Hause tätig sind, daß bei jedem Gesetz Verbesserungen möglich sind. Sollte sich in


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Zukunft herausstellen, daß das eine oder andere doch nicht so funktioniert, wie wir das heute glauben, wird der Gesetzgeber bereit sein, zu novellieren.

Zum zweiten Punkt, dem Hochschülerschaftsgesetz: Ich habe mich an dieser Stelle – ich weiß nicht, wie oft schon – dafür verwendet, daß das passive Wahlrecht für alle ordentlichen Studierenden gelten soll. Es ist richtig, daß bereits seit der XIII. Gesetzgebungsperiode dieses Thema im Raum steht. Die SPÖ hat sich – ich gebe gerne zu: nach sehr langem internen Diskussionsprozeß – zu dem durchgerungen, was ich hier vertrete. Die Österreichische Volkspartei als Koalitionspartner hat in der XVIII. Gesetzgebungsperiode, wenn ich mich richtig erinnere, zwar bereits ihre Zustimmung signalisiert, diese dann aber kurzfristig wieder zurückgezogen. Das ist nun der Status quo.

Wenn das passive Wahlrecht auf alle Studierenden aus EU-Ländern ausgedehnt wird, ist das zweifellos ein Fortschritt gegenüber der bestehenden Rechtslage, jedoch einer, der meiner Überzeugung nach zu gering ist. Denn was soll das, wenn beispielsweise Studenten aus der Schweiz oder aus Liechtenstein nicht passiv wahlberechtigt sind? Ich greife nur Liechtenstein heraus. Sie werden jetzt vielleicht sagen: na die paar Studenten! Das ist ja egal. Liechtenstein ist zwar ein kleiner Staat und hat daher nicht so viele Studenten wie andere Länder, aber Liechtenstein verfügt auch über keine eigene Hochschule. Das heißt, die Liechtensteiner Studentinnen und Studenten sind gezwungen, entweder in der Schweiz oder in Österreich – vornehmlich in Innsbruck, Kollege Lukesch – ihr Studium zu absolvieren. Sie kommen aber nicht in den Genuß des passiven Wahlrechtes. Das verstehe ich nicht.

Daher appelliere ich noch einmal an den Koalitionspartner, das Österreichische Hochschülerschaftsgesetz nicht nur rasch – denn wir können es uns nicht mehr leisten, es noch einmal auf die übernächsten Hochschulwahlen zu verschieben –, sondern auch in umfassenderer Art und Weise zu novellieren. (Beifall bei der SPÖ.)

13.14

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Die nächste Wortmeldung liegt von Herrn Abgeordneten Dr. Pumberger vor. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

13.14

Abgeordneter Dr. Alois Pumberger (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit diesem Universitäts-Studiengesetz wird auch mein Antrag auf Einrichtung eines eigenständigen Zahnmedizinstudiums miterledigt, ein Antrag, der in sagenhaftem "Tempo" miterledigt wird, denn er wurde schon am 14. März 1996 eingebracht, und nun, nach mehr als einem Jahr, wird er miterledigt, aber nicht im Sinne des Antrages, denn schon mit dem EWR-Beitritt am 1. Jänner 1994 wurde uns auch die Verpflichtung auferlegt, ein eigenständiges Zahnmedizinstudium zu schaffen, das es unseren Studierenden ermöglicht, dieses bis 1. Jänner 1999 abzuschließen, und ab 1. 1. 1999 schon die ersten Abgänger nach dem neuen Studiengesetz zu haben, denn mit spätestens 1. 1. 1999 wird auch der unbeschränkte Austausch von Zahnärzten aus dem gesamten EU-Raum und die Niederlassungsfreiheit der Studierenden in Österreich, der Zahnärzte in Österreich, möglich sein – und da besteht für unsere österreichischen Studenten ein eindeutiger Nachteil, denn: Im gesamten EU-Raum ist eine Studiendauer von sechs Jahren vorgeschrieben. In Österreich sind es mindestens sechs Jahre Studiendauer plus drei Jahre postpromotionelle Ausbildung, also neun Jahre. (Abg. Dr. Höchtl: Viele!)

Herr Kollege Höchtl nickt. Es sind nicht, Herr Kollege Höchtl, 15 Jahre, die unsere angehenden Zahnärzte brauchen. 15 Jahre sind eine Orientierung, Herr Kollege Höchtl, die Sie wahrscheinlich aufgrund der Studiendauer des Bundeskanzlers angenommen haben. (Abg. DDr. Niederwieser: Sie wissen genau, daß der berufstätig war!) Er hat, wie ich gehört habe, 34 Semester gebraucht; vielleicht orientieren Sie sich auch an einigen Ihrer Freunde in der ÖVP, die 30 Semester studieren, um Zahnarzt zu werden. Regulär ist es anders, Herr Kollege Höchtl! (Abg. Dr. Höchtl: Das ist ja ein völliger Blödsinn!) Aber Sie haben sich nicht so sehr mit der Dauer von Studien als mit Ihren Bezügen befaßt, Herr Kollege Höchtl. (Beifall der Abg. Madl. )


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Bemühen Sie sich, reguläre Zahlen auf den Tisch zu legen, wenn Sie hier reden. 15 Jahre sind entschieden zuviel. Aber auch elf Jahre sind im Vergleich zu den Studierenden in der EU noch zu lang. Wenn wir für alle Studierenden im europäischen Raum die gleiche Ausbildungsdauer haben wollen, so ist ein eigenständiges Zahnmedizinstudium unbedingt notwendig – und zwar möglichst rasch.

Ich lese heute in der Beilage zum Uni-StG ganze zweieinhalb Zeilen, die sich mit der Reform des Zahnmedizinstudiums befassen: Zahnmedizin, Studiendauer zwölf Semester, Praktikum 72 Wochen, blabla, Dr. med. medicinae dentalis. Zweieinhalb Zeilen! Und bis zur Umsetzung eines eigenständigen Zahnmedizinstudiums dauert es jetzt noch bis zum 30. September 2002. (Abg. Dr. Lukesch: Spätestens!) Bis dahin ist der Studienplan zu erstellen. Frühestens also im Jahr 2002 wird es möglich sein, daß unsere Studierenden eine gleich kurze Ausbildung wie alle Studierenden in der EU haben werden. Nach diesem Gesetz sind es weiterhin elf bis zwölf Jahre beziehungsweise zehn Jahre Mindestzeit für die Ausbildung unserer Studenten bei gleichzeitig nur sechsjähriger Ausbildung für EU-Studenten. Meine Damen und Herren! Das bedeutet eine deutliche Diskriminierung der Inländer. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es ist also unbedingt notwendig, daß ein entsprechender Studienplan so rasch wie möglich erarbeitet wird und daß endlich mit einem Gerücht aufgeräumt wird. Meine Tochter, die Medizin studiert, hat mir noch gestern mitgeteilt, daß ihre Kolleginnen und Kollegen sagen, ab 1. Oktober 1997, also ab dem Herbstsemester, könnten sie ein eigenständiges Zahnmedizinstudium beginnen. – Das ist eine Irreführung der Studenten. Man treibt sie in eine Phantasiewelt hinein. Die Studenten verlassen sich darauf. Sie haben jetzt noch zugewartet, womöglich sogar mit der Inskription, um dann ab 1. Oktober 1997 ein eigenständiges Studium beginnen zu können. (Zwischenruf des Abg. Dr. Leiner. ) Lassen Sie diese Unwahrheiten beiseite, und machen Sie endlich eine ordentliche Reform des Zahnmedizinstudiums im Sinne der EU-Richtlinien! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.19

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Die nächste Wortmeldung liegt vor von Frau Abgeordneter Haller. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Frau Abgeordnete.

13.19

Abgeordnete Edith Haller (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! – Herr Bundesminister Einem ist momentan nicht im Saal. – Meine geschätzten Damen und Herren! Ich darf Ihnen aus meiner Sicht folgendes sagen: Ich habe heute wieder einmal Angst um Österreich bekommen, und ich habe eine Gänsehaut gekriegt. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Lachen Sie ruhig, lachen Sie ruhig, auch Ihnen wird vielleicht einmal das Lachen vergehen. Ich habe eine Gänsehaut bekommen, als Frau Karlsson als eine der selbsternannten Guten in Österreich ans Rednerpult gegangen ist und zum zweiten Mal mit einer beispiellosen Intoleranz gegen freiheitliche Abgeordnete vorgegangen ist, obwohl sie die Folgen ihres ersten diesbezüglichen Vorgehens in der Zwischenzeit ja kennt.

Wein trinken und Wasser predigen, das ist wohl ihre Maxime. Genau diese Frau Karlsson hat heute einen Abänderungsantrag zum Universitäts-Studiengesetz eingebracht. Das ist der Grund, warum ich jetzt hier beim Rednerpult stehe und meinen Standpunkt zu dieser wirklich kontroversiellen Debatte einbringen möchte.

Dem von Karlsson und Brinek eingebrachten Antrag, in dem es letztlich um Diskriminierung, um sexuelle Belästigung im Universitätsstudienbereich geht, ist von seiner Grundintention her sicher nichts abzusprechen. Aber ich glaube, daß es einfach nicht richtig ist, wenn man die Maßnahmen zur Wiedergutmachung bereits in den Gesetzestext einfügt (Abg. Dr. Brinek: Das steht ja ganz richtig drinnen!) und dann, Frau Kollegin Brinek, bei der Begründung unter Wiedergutmachung die Wiederholung einer Prüfung ins Auge faßt.

Gerade Alexander Van der Bellen hat so schön angeführt, daß man sich sofort wehren soll. Auch von Studenten und Studentinnen kann erwartet werden, daß sie sich sofort wehren. Sie sollen nicht erst den Ausgang einer Prüfung abwarten und sich bei negativem Ausgang beschweren, daß eine sexuelle Belästigung stattgefunden hat. (Zwischenruf der Abg. Dr. Brinek. )


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Deshalb haben wir Freiheitlichen einen eigenen Antrag konzipiert, der sich jetzt ganz genau und explizit auf den Inhalt der sexuellen Belästigung bezieht. Ich darf diesen Abänderungsantrag einbringen.

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Haller, Apfelbeck, Dr. Povysil, Dipl.-Ing. Schöggl und Kollegen zur Regierungsvorlage (588 der Beilagen) eines Bundesgesetzes über die Studien an den Universitäten (Universitätsstudiengesetz – UniStG) in der Fassung des Ausschußberichtes (638 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der im Titel genannte Entwurf in der Fassung des Ausschußberichtes wird wie folgt geändert:

§ 29 wird folgender Abs. 3 angefügt:

"(3) Die Studierenden haben das Recht, ihre Studien frei von geschlechtsspezifischer Diskriminierung und sexueller Belästigung zu betreiben."

*****

Ich glaube, daß damit dem Tatbestand, daß die Macht, die natürlich im Universitätsbereich nach wie vor von seiten der Professoren ausgeübt wird, Kontrolle braucht, mit dem von uns ausgearbeiteten Abänderungsantrag in voller Weise Genüge getan wäre. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.23

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Der eben verlesene Abänderungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, entsprechend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Als nächster Redner ist Herr Abgeordneter Öllinger gemeldet. – Bitte.

13.23

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Minister! Damit ich Sie in den Genuß versetzen kann, auch über die grünen Abänderungsanträge abstimmen und sich für das passive Wahlrecht aussprechen zu können, muß ich Ihnen diese Anträge, die auch schriftlich verteilt worden sind, noch kurz zur Kenntnis bringen.

Es geht auf der einen Seite um den Abänderungsantrag Petrovic, Freundinnen und Freunde betreffend ein Bundesgesetz über die Studien an den Universitäten, Universitäts-Studiengesetz, wobei es um den Abbau von Hierarchien, um mehr Wahlrechte für Studierende, um ein größeres Gewicht für die gesellschaftliche Relevanz der Studiengänge geht.

Zum zweiten geht es um den Antrag Petrovic, Freundinnen und Freunde betreffend das Bundesgesetz, mit dem das Hochschülerschaftsgesetz geändert wird. In diesem Antrag geht es natürlich um das passive Wahlrecht für alle Studierenden; eine Frage, die im Laufe der Debatte schon einige Male erörtert worden ist.

Lassen Sie mich aber trotzdem noch auch auf die merkwürdigen Ausführungen des Kollegen Amon eingehen. Herr Kollege Amon! In der Regel sagt man von jemandem, der so argumentiert wie Sie: Der hat Äpfel und Birnen vertauscht. Das Problem ist, daß Sie Äpfel und Birnen nicht vertauschen können, weil Sie offensichtlich die Gegenstände, mit denen wir uns in dem Antrag beschäftigt haben, gar nicht kennen und nicht wahrgenommen haben. Es geht nicht, wie Sie in Ihrer Wortmeldung behauptet haben, Herr Kollege Amon, darum, daß eine Direktwahl der Ausländerreferenten geregelt werden soll. Sie haben behauptet, wir hätten uns für die Direktwahl der Ausländerreferenten ausgesprochen und das sei eine Position gewesen, die sogar von den Ausländerreferenten abgelehnt worden sei.


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Das ist nicht Gegenstand der Debatte. Es geht um das passive Wahlrecht für alle Studierenden. Herr Kollege Amon! Wenn ich so argumentiere wie Sie und sage, daß eine Direktwahl des Ausländerreferenten oder der Ausländerreferentin unter Umständen dazu führen könnte, daß eine Volksgruppe vertreten wird, sich andere aber nicht in dieser Volksgruppe äußern können, dann spricht das zwingend für das passive Wahlrecht ausländischer Studierender. Denn selbstverständlich haben beim passiven Wahlrecht für ausländische Studierende alle Volksgruppen oder Nationalitäten ausländischer Herkunft die Möglichkeit, sich im Rahmen ihres Wahlrechtes in die entsprechenden Gremien einzubringen.

Da geht es dann nicht mehr darum, daß ein Österreicher oder ein Schweizer eventuell für einen türkischen Kollegen oder eine türkische Kollegin sprechen könnte. Im Rahmen dieses passiven Wahlrechts ist diese von Ihnen angesprochene Problematik aufgehoben, was auch selbstverständlich ist. Die Frage von Nationalitätenkandidaturen, wie beispielsweise bei einer Wahl von Ausländerreferenten, stellt sich in diesem Umfang gar nicht mehr. Der Ausländerreferent ist natürlich von vornherein punziert. Er ist nur für die Ausländer da. Wenn das passive Wahlrecht für alle gälte, dann garantiere ich Ihnen, daß es unter Umständen auf einzelnen sozialistischen, grünen oder ÖVP-Listen irgendeinen Kandidaten oder irgendeine Kandidatin ausländischer Herkunft geben würde, aber das wäre es auch schon. Selbstverständlich wird im Rahmen solcher Kandidaturen – und ich erwarte mir eigentlich solche Kandidaturen – die Frage der Herkunft, der ethnischen und nationalen Herkunft keine Rolle spielen. Ihr Argument ist also im Zusammenhang mit dieser Debatte völlig irrelevant. Das muß hier gesagt werden.

Es geht bei diesem Antrag nicht darum, daß wir Ausländerreferenten wählen wollen. Es geht um das passive Wahlrecht für alle Studierenden. Ich wiederhole noch einmal: Dieses Wahlrecht ist seit der XIII. Gesetzgebungsperiode immer wieder behandelt worden. Es ist auch von Ihnen zugesagt worden. Es hat eine Verwendungszusage gegeben. Es hat auch von freiheitlicher Seite sehr viel Verständnis dafür gegeben. Doch im entscheidenden Moment, wenn es darum geht, über diese Frage abstimmen zu wollen, kneifen Sie. Sie kneifen wider besseres Wissen. Sie wissen sehr wohl, daß dies eine Frage ist, zu der Sie sich bekennen müssen. Es bleibt Ihnen nicht erspart, genauso wie in anderen Bereichen, daß Sie sich dazu positiv äußern. Aber Sie versuchen, hier ein politisches Spiel zu spielen und Kapital daraus zu schlagen. Das ist Unsinn, Herr Kollege Amon! Ich appelliere an Sie: Nehmen Sie dieses Problem so ernst, wie es offensichtlich auch schon von Ihrer Fraktion ernst genommen wurde!

Zu der Frage, die Sie ganz am Schluß angesprochen haben, daß ein Antrag von seiten der Grünen nicht rechtzeitig eingebracht worden wäre, bringe ich Ihnen das Präsidialprotokoll zur Kenntnis. Dort steht sehr wohl: SPÖ, ÖVP, Liberale und Grüne kündigen an, die Tagesordnung am Beginn der Sitzung gemeinsam zu ergänzen. – Das war eine gemeinsame Absichtserklärung von vier Fraktionen. Wenn ich mich nicht irre, wird darin auch die ÖVP angeführt. (Beifall bei den Grünen.)

13.29

Die vom Abgeordneten Öllinger eingebrachten Anträge haben folgenden Wortlaut:

Antrag

der Abgeordneten Dr. Petrovic, Mag. Stoisits, Freundinnen und Freunde betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Hochschülerschaftsgesetz geändert wird, eingebracht im Zuge der Debatte zum Hochschülerschaftsgesetz

Der Nationalrat wolle beschließen:

Bundesgesetz, mit dem das Hochschülerschaftsgesetz 1973 und das Bundesgesetz über die Gleichstellung von Südtirolern mit österreichischen Staatsbürgern auf bestimmten Verwaltungsgebieten geändert werden

Der Nationalrat hat beschlossen:

Artikel I


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Das Hochschülerschaftsgesetz 1973, BGBl. Nr. 309, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. Nr. 257/1993, wird wie folgt geändert:

1. § 1 lautet:

"Österreichische Hochschülerschaft

§ 1. (1) Die Österreichische Hochschülerschaft ist eine Körperschaft öffentlichen Rechts. Ihr gehören die ordentlichen und außerordentlichen Hörer an Universitäten und Hochschulen künstlerischer Richtung an.

(2) Die ordentlichen Hörer sind für die Wahl von Organen der Österreichischen Hochschülerschaft aktiv und passiv wahlberechtigt, wenn sie vor dem 1. Jänner des Wahljahres das 17. Lebensjahr vollendet haben.

(3) Das aktive und passive Wahlrecht richtet sich nach dem Stichtag, der sieben Wochen vor dem ersten Wahltag liegt.

2. § 2 Abs. 2 letzter Satz entfällt.

3. Im § 4 Abs. wird "Abs. 2 lit. b bis f" durch "Abs. 2 lit. b bis e" ersetzt.

4. Im § 5 Abs. 8 entfällt die Wortfolge "und Hörerversammlungen".

5. § 7 Abs. 4 lit. a lautet:

"a) die Entsendung und Abberufung von Studentenvertreter/inne/n in akademischen Behörden der Fakultät (Abteilung) nach Maßgabe der jeweiligen gesetzlichen Bestimmungen;"

6. § Abs. 7 lautet:

"(7) Bei jeder Hochschülerschaft an einer Kunsthochschule ist für jede Meisterklasse oder Klasse künstlerischer Ausbildung (§ 13 Abs. 1 der Kunsthochschulordnung, BGBl. Nr. 70/1971) und bei der Hochschülerschaft an der Akademie der bildenden Künste für jede Meisterschule (§ 52 des Akademie-Organisationsgesetzes, BGBl. Nr. 25/1988) eine Meisterklassenvertretung oder eine Klassenvertretung oder eine Meisterschulvertretung einzurichten. Diese führen die Bezeichnung "Meisterklassen-, Klassen- oder Meisterschulvertretung" mit einem die Zugehörigkeit zur Meisterklasse, Klasse oder Meisterschule kennzeichnenden Zusatz. Auf Meisterklassen-, Klassen- oder Meisterschulvertretungen sind die Bestimmungen der Abs. 2 bis 6 sinngemäß anzuwenden."

7. Dem § 12 Abs. 1 wird folgender Satz angefügt:

"Die Einberufung und der Ablauf ist in der Geschäftsordnung des jeweiligen Hauptausschusses zu regeln."

8. § 13 Abs. 2 lautet:

"(2) Die Entsendung von Studentenvertretern in staatliche und akademische Behörden (Kollegialorgane) und deren Unterkommissionen sowie von Delegierten in internationale Studentenorganisationen erfolgt unter Berücksichtigung des Mandatsverhältnisses der im jeweils entsendenden Organ vertretenen wahlwerbenden Gruppen mittels einfacher Stimmenmehrheit dieses Organs. § 15 Abs. 2 gilt sinngemäß. Die zu entsendenden Studentenvertreter sind von den jeweiligen wahlwerbenden Gruppen zu bestimmen. Bei der Entsendung ist über einen Gesamtvorschlag abzustimmen. Eine Abberufung vor Ablauf der Funktionsperiode ist mit Zweidrittelmehrheit der abgegebenen gültigen Stimmen möglich."

9. Im § 13 Abs. 4 wird das Zitat "Studienförderungsgesetz 1983" durch das Zitat "Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305," ersetzt.

10. § 15 Abs. 5 lautet:


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"(5) Die Wahlausschließungsgründe und die Wählbarkeit richten sich nach den Bestimmungen der Nationalrats-Wahlordnung 1992 (NRWO), BGBl. Nr. 471, sofern in diesem Bundesgesetz nichts anderes bestimmt ist. § 22 NRWO ist mit der Maßgabe anzuwenden, daß als Verurteilung jedes Erkenntnis nichtösterreichischer Rechtssprechungsorgane anzusehen ist, das aufgrund einer oder mehrerer mit Vorsatz begangener strafbarer Handlungen ausgesprochen wurde, sofern diese strafbaren Handlungen auch nach inländischem Recht gerichtlich strafbar sind und die Verurteilung in einem den Grundsätzen des Art 6 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl 210/1958, entsprechenden Verfahren ergangen ist."

11. § 15 Abs. 6 lautet:

"(6) Ein Mandat erlischt, wenn der Mandatar auf das Mandat verzichtet oder die Voraussetzungen für die Wählbarkeit nicht mehr vorliegen."

12. Im § 15 Abs. 7 wird das Zitat "Nationalrats-Wahlordnung 1971" durch das Zitat "Nationalrats-Wahlordnung 1992" ersetzt.

13. Im § 16 Abs. 6 lit. i wird das Wort "Ersatzmänner" durch das Wort "Ersatzpersonen" ersetzt.

14. § 16 Abs. 10 lautet:

"(10) Die Wahlkommissionen sind befugt, zur Besorgung der im Abs. 6 lit. c und d genannten Aufgaben Unterkommissionen zu bestellen, die aus zumindest drei Vertretern der im jeweiligen Organ vertretenen Gruppen bestehen müssen. Unterkommissionen sind insbesondere dann vorzusehen, wenn ein Standort, an dem mindestens 500 Studierende wahlberechtigt sind, mehr als 2 000 Meter von der nächstgelegenen Wahl- bzw. Unterkommission entfernt ist. Die Mitglieder der Unterkommissionen werden durch den Vorsitzenden der Wahlkommission angelobt."

15. Im § 21 Abs. 7 vierter Satz wird das Zitat "Einkommensteuergesetz 1972" durch das Zitat "Einkommensteuergesetz 1988" ersetzt.

16. § 25 entfällt, der bisherige § 24a erhält die Bezeichnung "§ 25".

17. Der bisherige § 26 erhält die Absatzbezeichnung "(1)". Der zweite Satz entfällt.

Dem § 26 Abs. 1 wird folgender Abs. 2. angefügt:

"(2) § 1, § 2 Abs. 2, § 4 Abs. 3, § 5 Abs. 8, § 7 Abs. 4, § 9 Abs. 7, § 12 Abs. 1, § 13 Abs. 2 und 4, § 15 Abs. 5 bis 7, § 16 Abs 6 und 10, § 21 Abs. 7 und § 25 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. .../1995 treten mit 14.4.1997 in Kraft."

Artikel II

Artikel II des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 141/1978, Artikel II Abs. 1 des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 482/1980, Artikel II des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 390/1986 und Artikel II des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 118/1991 treten gleichzeitig außer Kraft.

Artikel III

§ 4 Abs. 4 des Bundesgesetzes über die Gleichstellung von Südtirolern mit österreichischen Staatsbürgern auf bestimmten Verwaltungsgebieten, BGBl. Nr. 57/1979 tritt mit 13.4.1997 außer Kraft.

*****


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Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Petrovic, Freundinnen und Freunde zum Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung (638 der Beilagen) über die Regierungsvorlage (588 der Beilagen): Bundesgesetz über die Studien an den Universitäten (Universitätsstudiengesetz – UniStG)

Der Nationalrat wolle beschließen:

1. In § 21 (1) soll der 2. Satz lauten:

"Sie hat die grundlegenden wissenschaftlichen und wissenschaftlich-künstlerischen Kenntnisse und Methoden zu vermitteln, die für berufliche und gesellschaftliche Tätigkeiten der Absolventinnen und Absolventen erforderlich sind. Sie dient überdies dem Transfer neuer wissenschaftlicher und wissenschaftlich-künstlerischer Erkenntnisse in die Arbeitswelt und andere gesellschaftliche Bereiche."

2. In § 4 soll Ziffer 4 lauten:

"4. Orientierungsphase ist das Angebot von einführenden Lehrveranstaltungen aus einem oder mehreren Studienrichtungen (Fächerbündel), das der Information, der Orientierung und der frühzeitigen Entscheidung für eine Studienrichtung dient."

3. In § 6 (2) soll der zweite Satz lauten:

"Für die lehrveranstaltungsfreie Zeit ist einmal im Studienjahr ein ununterbrochener Zeitraum von mindestens zehn Wochen vorzusehen."

4. In § 7 (8) soll der letzte Satz lauten:

"Im Bedarfsfall sind überdies Parallellehrveranstaltungen, in begründeten Ausnahmefällen auch während der sonst lehrveranstaltungsfreien Zeit anzubieten."

5. In § 11 (3) sollen eine Ziffer 1 und 2 eingefügt werden und die darauffolgenden Ziffern die Bezeichnungen 3. – 9. erhalten:

"1. die gesellschaftspolitische Relevanz eines Studiums

2. die außeruniversitäre Forschung"

6. In § 11 (4) soll nach dem letzten Satz von Ziffer 2 folgender Satz angefügt werden.

"Weiters hat die Studienkommission facheinschlägige Einrichtungen des Beschäftigungssystems sowie Experten aus dem Bildungs-, Sozial-, Kultur- und Arbeitsmarktbereich zur Vorbereitung einer Stellungnahme nach Maßgabe ihrer Betroffenheit zu kontaktieren."

7. In § 12 (2) soll der erste Satz nach "anzuzeigen" mit einem Beistrich enden und danach folgender Satz angefügt werden.

"sowie Experten aus dem Bildungs-, Sozial-, Kultur- und Arbeitsmarktbereich zur Vorbereitung einer Stellungnahme nach Maßgabe ihrer Betroffenheit."

8. In § 14 (1) Ziffer 4 soll der Klammerausdruck ergänzt werden durch:

"die Arbeitsgruppe für Gleichbehandlung"

9. In § 14 (1) soll in Ziffer 6 nach dem Beistrich folgender Satz angefügt werden:

"sowie Experten aus dem Bildungs-, Sozial-, Kultur- und Arbeitsmarktbereich zur Vorbereitung einer Stellungnahme nach Maßgabe ihrer Betroffenheit."

10. In § 16 (2) soll nach dem zweiten Satz folgender Satz eingefügt werden:


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"Die Studienkommission hat dafür zu sorgen, daß bereits abgelegte Diplomprüfungsteile in vollem Umfang anrechenbar sind."

11. In § 18 (3) Ziffer 1 soll der Klammerausdruck ergänzt werden durch:

"die Arbeitsgruppe für Gleichbehandlung"

12. In § 22 (2) soll nach dem letzten Satz folgender Satz angefügt werden:

"Die Studienkommission hat dafür zu sorgen, daß bereits abgelegte Teile von Rigorosen in vollem Umfang anrechenbar sind."

13. In § 25 (2) soll nach dem letzten Satz folgender Satz angefügt werden:

"Die Studienkommission hat dafür zu sorgen, daß bereits abgelegte Teile von Abschlußprüfungen in vollem Umfang anrechenbar sind."

14. § 34 (8) soll ersatzlos gestrichen werden

15. § 38 (1) soll lauten:

"Orientierungsphase

(1) Im Studienplan ist eine Orientierungsphase für die Studienanfängerinnen und Studienanfänger zu gestalten, in der einführende, Basiswissen vermittelnde Lehrveranstaltungen aus einzelnen oder verwandten Studienrichtungen (Fächerbündeln) angeboten werden, die einen einführenden Charakter aufweisen und einen frühzeitigen Wechsel zwischen Studienrichtungen ohne Zeitverlust ermöglichen. In der Orientierungsphase hat Vorsorge dafür getroffen zu werden, daß Studierenden die Möglichkeit geboten wird, selbst ihre Eignung kritisch zu beurteilen und allenfalls ihre Studienwahl zu korrigieren. Die Orientierungsphase hat ausschließlich der Information und Orientierung der Studienanfänger zu dienen. Sie hat Lehrveranstaltungen im Ausmaß von mindestens 10 vH der Gesamtstundenzahl des ersten Studienabschnitts zu umfassen."

16. § 38 (3) soll das Wort "Studieneingangsphase" ersetzt werden durch: "Orientierungsphase"

17. § 58 (2) soll lauten:

"Die Studierenden sind berechtigt, negativ beurteilte Prüfungen in Studien zu wiederholen."

18. § 59 (5) soll lauten:

"(5) Positiv beurteilte Prüfungen, die außerordentliche Studierende abgelegt haben, sind für ordentliche Studien anrechenbar."

19. § 61 (4) soll lauten:

"Universitätslehrerinnen und Universitätslehrer mit einer Lehrbefugnis gemäß § 19 Abs. 2 Z 1 lit. a bis e UOG 1993, Hochschullehrerinnen und Hochschullehrer mit einer Lehrbefugnis gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 Kunsthochschul-Organisationsgesetz und § 7 Z 1 Akademie-Organisationsgesetz 1988, Universitäts- und Hochschulassistentinnen und Unviersitäts- und Hochschulassistenten gemäß UOG 1993 drei Jahre nach der Verleihung des Doktorgrades sowie Lehrbeauftragte gemäß UOG 1993 nach dreijähriger Lehrtätigkeit nach der Verleihung des Doktorgrades sind berechtigt, aus dem Fach ihrer Lehrbefugnis oder ihrer Dissertation Diplomarbeiten zu betreuen und zu beurteilen. Die oder der Studierende ist berechtigt, eine Betreuerin oder einen Betreuer nach Maßgabe der Möglichkeiten auszuwählen."

20. Der letzte Satz in § 61 (7) soll lauten:

"Wird die Diplomarbeit nicht fristgerecht beurteilt, hat die Studiendekanin oder der Studiendekan die Diplomarbeit auf Antrag der oder des Studierenden einem oder einer von der Studierenden


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67. Sitzung / Seite 87

oder vom Studierenden vorgeschlagenen Universitäts- oder Hochschullehrerin oder Universitäts- oder Hochschullehrer jeweils gemäß Abs. 4 oder 5 zur Beurteilung zuzuweisen."

21. In § 80 (2) soll der zweite Satz lauten:

"Ab dem Inkrafttreten des jeweiligen Studienplanes auf Grund dieses Bundesgesetzes sind sie berechtigt, jeden der Studienabschnitte, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des neuen Studienplanes noch nicht abgeschlossen sind, innerhalb der doppelten Mindesstudiendauer abzuschließen."

22. Ziffer 1.41 in Anlage 1 soll lauten:

"1.41 Ergänzung und Vertiefung: In den geistes- und kulturwissenschaftlichen Studien mit Ausnahme der Studienrichtung Übersetzen und Dolmetschen hat die Studienkommission abweichend von § 13 Abs. 4 Z 6 das Stundenausmaß für die freien Wahlfächer innerhalb eines Rahmens von 40 bis 50 vH der im Studienplan vorgesehenen Gesamtstundenzahl festzulegen. Die Studierenden sind berechtigt, aus den freien Wahlfächern Lehrveranstaltungen aus dem Lehrangebot aller anerkannten inländischen und ausländischen Universitäten und Hochschulen zu entnehmen oder aus einer zweiten Studienrichtung zu entnehmen. Die Verbindung des Studiums mit Lehrveranstaltungen einer zweiten Studienrichtung oder mit Lehrveranstaltungen aus Fächern mehrerer Studienrichtungen ist in den Diplomprüfungszeugnissen und im Bescheid über die Verleihung des akademischen Grades zum Ausdruck zu bringen."

23. Ziffer 6.13 in Anlage 1 soll lauten:

"6.13 Wirtschaftsinformatik: Studiendauer: 8 Semester, Semesterstunden: 160"

*****

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Hohes Haus! Zur Überprüfung des sehr aufwendigen Croquis und damit sich auch die Klubs damit vertraut machen können, unterbreche ich die Sitzung für kurze Zeit.

(Die Sitzung wird um 13.29 Uhr unterbrochen und um 13.37 Uhr wiederaufgenommen. )

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Meine Damen und Herren! Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf.

Zum Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ein Schlußwort des Berichterstatters findet nicht statt.

Bevor wir in das Abstimmungsverfahren eintreten, ist über den Rückverweisungsantrag zu Punkt 2 abzustimmen, nämlich zum Gesetzentwurf betreffend eine Änderung des Hochschülerschaftsgesetzes 1973 (639 der Beilagen).

Dazu haben die Abgeordneten Dr. Lukesch, Dr. Niederwieser einen Rückverweisungsantrag gestellt.

Wir stimmen jetzt über diesen Rückverweisungsantrag ab . Ich bitte daher, den jeweiligen Platz einzunehmen.

Ich lasse über den Rückverweisungsantrag abstimmen, den ich eben erwähnt habe.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, den Gesetzentwurf in 639 der Beilagen an den Ausschuß für Wissenschaft und Forschung rückzuverweisen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Dies geschieht durch die Mehrheit. Der Antrag ist angenommen. Der gegenständliche Gesetzentwurf ist damit an den Wissenschaftsausschuß zurückverwiesen.


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67. Sitzung / Seite 88

Bevor wir in das Abstimmungsverfahren eintreten, gebe ich noch bekannt, daß der zuvor vom Kollegen Öllinger in seinen wesentlichen Punkten verlesene und mittlerweile verteilte Antrag mit in Verhandlung gestanden ist.

Wir treten jetzt in das Abstimmungsverfahren ein, und zwar werde ich über jeden Ausschußantrag getrennt abstimmen lassen.

Zuerst gelangen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 638 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Dr. Gredler und Genossen Abänderungsanträge eingebracht.

Weiters haben die Abgeordneten Dr. Petrovic und Genossen einen Abänderungs- sowie einen Zusatzantrag vorgelegt.

Ferner haben die Abgeordneten Dr. Karlsson, Dr. Brinek und Genossen einen Zusatzantrag eingebracht.

Des weiteren haben die Abgeordneten Dr. Krüger und Genossen einen Abänderungsantrag eingebracht.

Weiters haben die Abgeordneten Dr. Graf und Genossen einen Abänderungsantrag eingebracht. Hiezu liegt ein Verlangen von 20 Abgeordneten auf namentliche Abstimmung vor.

Die Abgeordneten Haller und Genossen haben einen weiteren Zusatzantrag vorgelegt.

Schließlich hat Abgeordnete Dr. Gredler ein Verlangen auf getrennte Abstimmung hinsichtlich der §§ 6, 7, 13, 17, 19, 23, 29, 34, 53, 57, 61 und der Anlage 1 Ziffer 1 Punkt 41 gestellt.

Ich werde daher über die von den erwähnten Zusatz- beziehungsweise Abänderungsanträgen und dem Verlangen auf getrennte beziehungsweise namentliche Abstimmung betroffenen Teile – entsprechend der Systematik des Gesetzentwurfs – und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfs abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Dr. Petrovic und Genossen haben einen Abänderungsantrag betreffend § 2 Abs. 1 zweiter Satz und § 4 Z 4 eingebracht.

Ich ersuche im Falle Ihrer Zustimmung um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Ich lasse nun über § 2 Abs. 1 zweiter Satz sowie § 4 Z 4 in der Fassung des Ausschußberichtes abstimmen.

Ich bitte Sie um ein diesbezügliches Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Die Abgeordneten Dr. Gredler und Genossen sowie die Abgeordneten Dr. Petrovic und Genossen haben jeweils einen gleichlautenden Abänderungsantrag betreffend § 6 Abs. 2 zweiter Satz gestellt.

Ich ersuche Sie im Falle Ihrer Zustimmung um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Minderheit. Abgelehnt.

Ich lasse nun über § 6 Abs. 2 zweiter Satz in der Fassung des Ausschußberichtes abstimmen und bitte Sie um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Zur Abstimmung gelangt nun § 6 Abs. 1 sowie Abs. 2 erster Satz in der Fassung des Ausschußberichtes.

Ich bitte Sie um ein entsprechendes Zeichen. – Es ist wieder die Mehrheit. Angenommen.


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67. Sitzung / Seite 89

Die Abgeordneten Dr. Gredler und Genossen haben einen Abänderungsantrag betreffend § 7 Abs. 1 eingebracht.

Ich ersuche Sie im Falle Ihrer Zustimmung um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Minderheit. Abgelehnt.

Ich lasse daher über § 7 Abs. 1 in der Fassung des Ausschußberichtes abstimmen.

Ich bitte Sie um ein entsprechendes Zeichen im Falle Ihrer Zustimmung. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Die Abgeordneten Dr. Gredler und Genossen haben einen Abänderungsantrag betreffend § 7 Abs. 4 eingebracht.

Ich bitte Sie im Falle Ihrer Zustimmung um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Ich lasse daher über § 7 Abs. 4 in der Fassung des Ausschußberichtes abstimmen und bitte Sie um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Weiters haben die Abgeordneten Dr. Gredler und Genossen einen Abänderungsantrag betreffend § 7 Abs. 8 vorgelegt.

Ich ersuche Sie im Falle Ihrer Zustimmung um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

Weiters haben die Abgeordneten Dr. Petrovic und Genossen einen Abänderungsantrag betreffend § 7 Abs. 8 letzter Satz vorgelegt.

Ich ersuche Sie im Falle Ihrer Zustimmung um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über § 7 Abs. 8 in der Fassung des Ausschußberichtes.

Im Falle Ihrer Zustimmung bitte ich Sie um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Zur Abstimmung gelangen nun § 7 Abs. 2, 3 sowie 5 bis 7 in der Fassung des Ausschußberichtes.

Im Falle Ihrer Zustimmung bitte ich Sie um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist gleichfalls die Mehrheit. Angenommen.

Die Abgeordneten Dr. Petrovic und Genossen haben einen Abänderungsantrag betreffend § 11 Abs. 3 und 4 sowie § 12 Abs. 2 eingebracht.

Im Falle Ihrer Zustimmung bitte ich Sie um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Minderheit. Abgelehnt.

Wir gelangen daher zur Abstimmung über § 11 Abs. 3 und 4 sowie § 12 Abs. 2 in der Fassung des Ausschußberichtes.

Ich bitte Sie um ein entsprechendes Zeichen im Falle Ihrer Zustimmung. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Die Abgeordneten Dr. Gredler und Genossen haben einen Abänderungsantrag betreffend § 13 Abs. 5 erster Satz eingebracht.

Im Falle Ihrer Zustimmung bitte ich Sie um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.


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67. Sitzung / Seite 90

Ich lasse daher sogleich über § 13 Abs. 5 erster Satz in der Fassung des Ausschußberichtes abstimmen.

Im Falle Ihrer Zustimmung bitte ich Sie um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Zur Abstimmung gelangen nun § 13 Abs. 1 bis 4 sowie die restlichen Teile des Abs. 5 in der Fassung des Ausschußberichtes.

Im Falle Ihrer Zustimmung bitte ich Sie um ein entsprechendes Zeichen. – Dies geschieht durch die Mehrheit. Der Antrag ist angenommen.

Die Abgeordneten Dr. Petrovic und Genossen haben einen Abänderungsantrag betreffend § 14 Abs. 1 Z 4 und 6 sowie § 16 Abs. 2 eingebracht.

Ich ersuche Sie im Falle Ihrer Zustimmung um ein entsprechendes Zeichen. – Dies geschieht durch die Minderheit. Abgelehnt.

Wir gelangen zur Abstimmung über diese Teile des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschußberichtes.

Im Falle Ihrer Zustimmung bitte ich Sie um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Die Abgeordneten Dr. Gredler und Genossen haben einen Abänderungsantrag betreffend § 17 Abs. 2 und 3 eingebracht.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Minderheit. Abgelehnt.

Ich lasse über § 17 Abs. 2 und 3 in der Fassung des Ausschußberichtes abstimmen.

Ich bitte Sie um ein entsprechendes Zeichen im Falle Ihrer Zustimmung. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Zur Abstimmung gelangt jetzt weiters § 17 Abs. 1 in der Fassung des Ausschußberichtes.

Im Falle Ihrer Zustimmung bitte ich Sie um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Die Abgeordneten Dr. Petrovic und Genossen haben einen Abänderungsantrag betreffend § 18 Abs. 3 Z 1 eingebracht.

Im Falle Ihrer Zustimmung bitte ich Sie um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

Wir gelangen daher zur Abstimmung über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschußberichtes.

Im Falle Ihrer Zustimmung bitte ich Sie um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Die Abgeordneten Dr. Gredler und Genossen haben einen weiteren Abänderungsantrag betreffend § 19 Abs. 4 erster Satz eingebracht.

Bei Zustimmung ersuche ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

Ich lasse daher sogleich über § 19 Abs. 4 erster Satz in der Fassung des Ausschußberichtes abstimmen.


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67. Sitzung / Seite 91

Ich bitte Sie im Falle Ihrer Zustimmung um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Zur Abstimmung gelangen nun § 19 Abs. 1 bis 3 sowie die restlichen Teile des Abs. 4 in der Fassung des Ausschußberichtes.

Im Falle Ihrer Zustimmung bitte ich Sie um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Die Abgeordneten Dr. Petrovic und Genossen haben einen Abänderungsantrag betreffend § 22 Abs. 2 eingebracht.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiefür sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Minderheit. Abgelehnt.

Ich lasse nun über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschußberichtes abstimmen.

Ich bitte Sie um ein entsprechendes Zeichen im Falle Ihrer Zustimmung. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Die Abgeordneten Dr. Gredler und Genossen haben einen Abänderungsantrag betreffend § 23 Abs. 3 erster Satz eingebracht.

Im Falle Ihrer Zustimmung bitte ich Sie um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Minderheit. Abgelehnt.

Ich lasse daher sogleich über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschußberichtes abstimmen.

Ich bitte Sie um ein entsprechendes Zeichen im Falle Ihrer Zustimmung. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Zur Abstimmung gelangen § 23 Abs. 1 und 2 sowie die restlichen Teile des Abs. 3 in der Fassung des Ausschußberichtes.

Im Falle Ihrer Zustimmung bitte ich Sie um ein entsprechendes Zeichen. – Dies geschieht durch die Mehrheit. Angenommen.

Die Abgeordneten Dr. Petrovic und Genossen haben einen Abänderungsantrag betreffend § 25 Abs. 2 vorgelegt.

Im Falle Ihrer Zustimmung bitte ich Sie um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Minderheit. Abgelehnt.

Ich lasse sogleich über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschußberichtes abstimmen.

Im Falle Ihrer Zustimmung bitte ich Sie um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Die Abgeordneten Dr. Gredler und Genossen haben einen Abänderungsantrag eingebracht, der die Streichung des Abs. 2 im § 29 zum Inhalt hat.

Im Falle Ihrer Zustimmung bitte ich Sie um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Minderheit. Abgelehnt.

Ich lasse daher sogleich über § 29 Abs. 2 in der Fassung des Ausschußberichtes abstimmen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Zur Abstimmung gelangt § 29 Abs. 1 in der Fassung des Ausschußberichtes.


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67. Sitzung / Seite 92

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dem ihre Zustimmung geben wollen, um ein entsprechendes Zeichen. – Dies geschieht durch die Mehrheit. Angenommen.

Es liegen zwei Zusatzanträge der Abgeordneten Dr. Karlsson, Dr. Brinek und Genossen sowie der Abgeordneten Haller und Genossen vor, die sich beide auf die Einfügung eines Abs. 3 in § 29 beziehen. Ich erachte den Antrag der Abgeordneten Dr. Karlsson, Dr. Brinek und Genossen für den weitergehenden. Ich werde daher zunächst über diesen und danach über den Antrag der Abgeordneten Haller und Genossen abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Dr. Karlsson, Dr. Brinek und Genossen haben einen Zusatzantrag eingebracht, der die Einfügung eines Abs. 3 in § 29 beinhaltet.

Im Falle Ihrer Zustimmung bitte ich Sie um ein entsprechendes Zeichen. – Dies geschieht durch die Mehrheit. Der Antrag ist damit angenommen.

Die Abgeordneten Haller und Genossen haben einen Zusatzantrag eingebracht, der sich ebenfalls auf die Einfügung eines Abs. 3 in § 29 bezieht.

Ich bitte um ein entsprechendes Zeichen im Falle Ihrer Zustimmung. – Dies geschieht durch die Minderheit. Dieser Antrag ist daher abgelehnt.

Die Abgeordneten Dr. Gredler und Genossen haben einen Abänderungsantrag betreffend § 33 Abs. 3 eingebracht.

Im Falle Ihrer Zustimmung bitte ich Sie um ein entsprechendes Zeichen. – Dies geschieht durch die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Ich lasse daher sogleich über diesen Teil des Gesetzentwurfs in der Fassung des Ausschußberichtes abstimmen.

Im Falle Ihrer Zustimmung bitte ich Sie um ein entsprechendes Zeichen. – Dies geschieht durch die Mehrheit. Der Antrag ist angenommen.

Die Abgeordneten Dr. Gredler und Genossen sowie die Abgeordneten Dr. Petrovic und Genossen haben die Streichung des Abs. 8 in § 34 beantragt.

Wer dafür stimmen will, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Minderheit. Abgelehnt.

Wir gelangen zur Abstimmung über § 34 Abs. 8 in der Fassung des Ausschußberichtes.

Ich bitte Sie um ein entsprechendes Zeichen im Falle Ihrer Zustimmung. – Dies geschieht durch die Mehrheit. Der Antrag ist angenommen.

Zur Abstimmung gelangen nun in § 34 die Abs. 1 bis 7 in der Fassung des Ausschußberichtes.

Ich bitte Sie im Falle Ihrer Zustimmung um ein entsprechendes Zeichen. – Dies geschieht durch die Mehrheit. Dieser Antrag ist angenommen.

Die Abgeordneten Dr. Krüger und Genossen haben einen Abänderungsantrag betreffend § 36 Abs. 2 eingebracht.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein entsprechendes Zeichen. – Dies geschieht durch die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Ich lasse daher sogleich über § 36 Abs. 2 in der Fassung des Ausschußberichtes abstimmen.

Im Falle Ihrer Zustimmung bitte ich Sie um ein entsprechendes Zeichen. – Dies geschieht durch die Mehrheit. Der Antrag ist angenommen.


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67. Sitzung / Seite 93

Die Abgeordneten Dr. Petrovic und Genossen haben einen Abänderungsantrag betreffend § 38 Abs. 1 samt Überschrift sowie Abs. 3 eingebracht.

Im Falle Ihrer Zustimmung bitte ich Sie um ein entsprechendes Zeichen. – Dies geschieht durch die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Ich lasse daher nunmehr über diese Teile des Gesetzentwurfs in der Fassung des Ausschußberichtes abstimmen.

Im Falle Ihrer Zustimmung bitte ich Sie um ein entsprechendes Zeichen. – Dies geschieht durch die Mehrheit. Der Antrag ist angenommen.

Wir gelangen weiters zur Abstimmung über § 53 in der Fassung des Ausschußberichtes.

Im Falle Ihrer Zustimmung bitte ich Sie um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Der Antrag ist angenommen.

Die Abgeordneten Dr. Gredler und Genossen haben einen Abänderungsantrag betreffend § 57 Abs. 3 eingebracht.

Ich ersuche Sie im Falle Ihrer Zustimmung um ein entsprechendes Zeichen. – Dies geschieht durch die Minderheit. Der Antrag ist damit abgelehnt.

Ich lasse somit über § 57 Abs. 3 in der Fassung des Ausschußberichtes abstimmen.

Im Falle Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Die Abgeordneten Dr. Krüger und Genossen haben einen Abänderungsantrag betreffend § 57 Abs. 6 eingebracht.

Im Falle Ihrer Zustimmung bitte ich Sie um ein entsprechendes Zeichen. – Dies geschieht durch die Minderheit. Der Antrag ist damit abgelehnt.

Wir gelangen sogleich zur Abstimmung über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschußberichtes.

Im Falle Ihrer Zustimmung bitte ich Sie um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Wir gelangen weiters zur Abstimmung über die Abs. 1, 2 sowie 4, 5, 7 bis 9 des § 57 in der Fassung des Ausschußberichtes.

Im Falle Ihrer Zustimmung bitte ich Sie um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Die Abgeordneten Dr. Petrovic und Genossen haben einen Abänderungsantrag betreffend die § 58 Abs. 2 sowie 59 Abs. 5 eingebracht.

Im Falle Ihrer Zustimmung ersuche ich Sie um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Minderheit. Abgelehnt.

Daher gelangen wir sogleich zur Abstimmung über diese Teile des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschußberichtes.

Im Falle Ihrer Zustimmung bitte ich Sie um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Die Abgeordneten Dr. Petrovic und Genossen haben einen Abänderungsantrag betreffend § 61 Abs. 4 eingebracht.


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67. Sitzung / Seite 94

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiefür sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Dies geschieht durch die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Weiters haben die Abgeordneten Dr. Gredler und Genossen einen Abänderungsantrag betreffend § 61 Abs. 4 vorgelegt.

Im Falle Ihrer Zustimmung bitte ich Sie um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Minderheit. Abgelehnt.

Es haben ferner die Abgeordneten Dr. Krüger und Genossen einen Abänderungsantrag betreffend § 61 Abs. 4 eingebracht.

Im Falle Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Ich lasse nunmehr über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschußberichtes abstimmen.

Bei Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Die Abgeordneten Dr. Petrovic und Genossen haben einen Abänderungsantrag betreffend § 61 Abs. 7 eingebracht.

Im Falle Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir gelangen daher sogleich zur Abstimmung über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschußberichtes.

Im Falle Ihrer Zustimmung bitte ich um ein diesbezügliches Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Zur Abstimmung gelangen nun § 61 Abs. 1 bis 3 sowie 5 und 6 in der Fassung des Ausschußberichtes.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiefür sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Die Abgeordneten Dr. Krüger und Genossen haben einen Abänderungsantrag betreffend die §§ 62 Abs. 2 erster Satz und Abs. 9 sowie 66 Abs. 1 und 2 eingebracht.

Jene Damen und Herren, die sich hiefür aussprechen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Minderheit. Der Antrag ist damit abgelehnt.

Ich lasse daher sogleich über diese Teile des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschußberichtes abstimmen.

Im Falle Ihrer Zustimmung bitte ich Sie um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Die Abgeordneten Dr. Krüger und Genossen haben einen Zusatzantrag eingebracht, der die Einfügung eines neuen Abs. 3 in § 66 zum Inhalt hat.

Ich ersuche Sie im Falle Ihrer Zustimmung um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Minderheit. Abgelehnt.

Damit erübrigt sich eine Abstimmung über die beantragte Änderung der Absatzbezeichnungen.

Die Abgeordneten Dr. Petrovic und Genossen haben einen Abänderungsantrag betreffend § 80 Abs. 2 zweiter Satz vorgelegt.


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67. Sitzung / Seite 95

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dem zustimmen wollen, um ein entsprechendes Zeichen. – Abgelehnt.

Ferner haben die Abgeordneten Dr. Krüger und Genossen einen Abänderungsantrag betreffend § 80 Abs. 2 eingebracht.

Ich ersuche Sie im Falle Ihrer Zustimmung um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Minderheit. Abgelehnt.

Ich lasse sogleich über § 80 Abs. 2 in der Fassung des Ausschußberichtes abstimmen.

Ich ersuche Sie im Falle Ihrer Zustimmung um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Die Abgeordneten Dr. Petrovic und Genossen haben einen Abänderungsantrag betreffend die Anlage 1 Z 1 Punkt 41 eingebracht.

Im Falle Ihrer Zustimmung bitte ich Sie um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Minderheit. Abgelehnt.

Ich lasse daher nun über die Anlage 1 Z 1 Punkt 41 in der Fassung des Ausschußberichtes abstimmen.

Im Falle Ihrer Zustimmung bitte ich Sie um ein entsprechendes Zeichen. – Dies geschieht durch die Mehrheit. Angenommen.

Die Abgeordneten Dr. Gredler und Genossen haben einen Abänderungsantrag eingebracht, der die Streichung der Z 1 Punkt 41 Punkt 2 in der Anlage 1 zum Inhalt hat.

Bei Zustimmung ersuche ich Sie um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Minderheit. Abgelehnt.

Ich lasse daher sogleich über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschußberichtes abstimmen.

Ich bitte Sie im Falle Ihrer Zustimmung um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Die Abgeordneten Dr. Krüger und Genossen haben einen Abänderungsantrag betreffend die Anlage 1 Z 3 Punkt 8 sowie 6 Punkt 3 bis 6 Punkt 11 eingebracht.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dem ihre Zustimmung erteilen wollen, um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Minderheit. Abgelehnt.

Ich lasse daher sogleich über diese Teile des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschußberichtes abstimmen.

Im Falle Ihrer Zustimmung bitte ich Sie um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Die Abgeordneten Dr. Graf und Genossen haben einen Abänderungsantrag betreffend die Anlage 1 Z 4 Punkt 5 sowie die Anlage 2 Z 2 Punkt 4 sowie 2 Punkt 4 Punkt 1 und 2 Punkt 12 eingebracht.

Es ist namentliche Abstimmung verlangt worden. Da dieses Verlangen von 20 Abgeordneten gestellt wurde, ist diese namentliche Abstimmung durchzuführen.

Ich gehe daher so vor.

Die Stimmzettel, die zu benützen sind, befinden sich in den Laden der Abgeordneten und tragen den Namen des Abgeordneten beziehungsweise der Abgeordneten sowie die Bezeichnung


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67. Sitzung / Seite 96

"Ja" – das sind die grauen Stimmzettel – beziehungsweise "Nein" – das sind die rosafarbenen. Für die Abstimmung dürfen ausschließlich diese amtlichen Stimmzettel verwendet werden.

Gemäß der Geschäftsordnung werden die Abgeordneten namentlich aufgerufen, und die Stimmzettel sind in die bereitgestellte Urne zu werfen.

Ich ersuche jene Abgeordneten, die sich für den Abänderungsantrag der Abgeordneten Dr. Graf und Genossen aussprechen, "Ja"-Stimmzettel, jene, die dagegen stimmen wollen, "Nein"-Stimmzettel in die Urne zu werfen.

Ich bitte nunmehr die Schriftführerin, Frau Abgeordnete Reitsamer, mit dem Namensaufruf zu beginnen. Frau Abgeordnete Apfelbeck wird sie dann ablösen.

(Über Namensaufruf durch die Schriftführerinnen Apfelbeck und Reitsamer werfen die Abgeordneten den Stimmzettel in die Urne.)

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Die Stimmabgabe ist damit beendet.

Ich bitte nun die beauftragten Bediensteten des Hauses, die Stimmenzählung unter Aufsicht der Schriftführer vorzunehmen.

Zu diesem Zweck unterbreche ich die Sitzung für kurze Zeit.

(Die zuständigen Beamten nehmen die Stimmenzählung vor. – Die Sitzung wird um 14.05 Uhr unterbrochen und um 14.12 Uhr wiederaufgenommen .)

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Meine Damen und Herren! Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und gebe das Abstimmungsergebnis bekannt.

Es wurden 170 Stimmen abgegeben, davon sind 39 "Ja"-Stimmen und 131 "Nein"-Stimmen.

Der Abänderungsantrag der Abgeordneten Dr. Graf und Genossen ist damit abgelehnt.

Gemäß § 66 Abs. 8 der Geschäftsordnung werden die Namen der Abgeordneten unter Angabe ihres Stimmverhaltens in das Stenographische Protokoll aufgenommen.

Mit "Ja" stimmten die Abgeordneten:

Anschober, Apfelbeck, Aumayr;

Blünegger, Böhacker, Brauneder;

Dolinschek;

Firlinger;

Gaugg, Graf, Grollitsch;

Haider, Haidlmayr, Haigermoser, Haller, Hofmann;

Jung;

Kier, Koller, Krüger;

Lafer;

Madl, Meischberger, Meisinger;

Petrovic, Povysil, Pumberger;

Reichhold, Rosenstingl, Rossmann;


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67. Sitzung / Seite 97

Salzl, Schaffenrath, Scheibner, Schöggl, Schreiner, Schweitzer, Stadler;

Trattner;

Wenitsch.

Mit "Nein" stimmten die Abgeordneten:

Ablinger, Achs, Amon, Antoni, Auer;

Barmüller, Bauer Rosemarie, Bauer Sophie, Binder, Brinek, Brix, Buder, Bures;

Cap;

Dietachmayr, Donabauer;

Eder, Edler, Ellmauer;

Fekter, Feurstein, Fischer, Freund, Frieser, Fuchs, Fuhrmann;

Gaál, Gartlehner, Gatterer, Grabner, Gradwohl, Gredler, Großruck, Guggenberger, Gusenbauer;

Hagenhofer, Haselsteiner, Heindl, Hlavac, Höchtl, Horngacher, Huber, Hums;

Jäger, Jarolim;

Kaipel, Kammerlander, Kampichler, Karlsson, Kaufmann, Keppelmüller, Khol, Kiermaier, Kiss, König, Konrad, Kopf, Koppler, Kostelka, Krammer, Kräuter, Kröll, Kukacka, Kummerer, Kurzbauer;

Lackner, Langthaler, Leikam, Leiner, Löschnak, Lukesch;

Maderthaner, Maier, Maitz, Marizzi, Mertel, Mock, Morak, Moser Sonja, Motter, Mühlbachler, Müller, Murauer;

Neisser, Niederwieser, Nowotny, Nürnberger;

Oberhaidinger, Öllinger, Onodi;

Parfuss, Parnigoni, Peter, Pittermann, Platter, Posch, Puttinger;

Rada, Rasinger, Rauch-Kallat, Reitsamer, Riepl;

Sauer, Schieder, Schrefel, Schuster, Schwarzböck, Schwarzenberger, Schwemlein, Schwimmer, Seidinger, Sigl, Silhavy, Spindlegger, Stampler, Steibl, Steindl, Stippel, Stoisits, Stummvoll;

Tegischer, Tichy-Schreder, Trinkl, Tychtl;

Van der Bellen, Verzetnitsch;

Wallner, Wimmer, Wurm, Wurmitzer;

Zweytick.

*****

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Ich bitte, zur Fortsetzung des Abstimmungsverfahrens wieder den jeweiligen Platz einzunehmen.

Wir fahren jetzt im Abstimmungsverfahren weiter fort.


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67. Sitzung / Seite 98

Wir stimmen ab über den Antrag der Abgeordneten Dr. Petrovic und Genossen bezüglich eines Abänderungsantrages betreffend die Anlage 1 Ziffer 6 Punkt 13.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Dies ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Die Abgeordneten Dr. Krüger und Genossen haben ebenfalls einen Abänderungsantrag betreffend die Anlage 1 Ziffer 6 Punkt 13 eingebracht.

Im Falle Ihrer Zustimmung bitte ich Sie um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Minderheit. Abgelehnt.

Wir gelangen damit zur Abstimmung über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschußberichtes.

Ich bitte Sie im Falle Ihrer Zustimmung um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Die Abgeordneten Dr. Krüger und Genossen haben einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf die Anlage 1 Ziffer 6 Punkt 14 sowie Ziffer 6 Punkt 15 bezieht.

Bei Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Minderheit. Abgelehnt.

Ich lasse daher sogleich über diese Teile des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschußberichtes abstimmen und ersuche Sie im Falle Ihrer Zustimmung um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Da die restlichen Teile des vorliegenden Gesetzentwurfes Verfassungsbestimmungen enthalten, stelle ich zunächst im Sinne des § 82 Abs. 2 Ziffer 1 der Geschäftsordnung die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl an Abgeordneten fest.

Wir gelangen daher nunmehr zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschußberichtes.

Ich ersuche jene Mitglieder des Hohen Hauses, die auch hiefür ihre Zustimmung erteilen, um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Ausdrücklich stelle ich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Wir kommen daher sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen wollen, um ein entsprechendes Zeichen. – Dies geschieht abermals durch die Mehrheit. Angenommen.

Ausdrücklich stelle ich wiederum die verfassungsmäßige Zweidrittelmehrheit fest.

Weiters kommen wir nun zur Abstimmung über die dem Ausschußbericht in 638 der Beilagen beigedruckte Entschließung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür eintreten wollen, um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Die Entschließung ist damit angenommen . (E 49.)

Wir gelangen weiters zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten DDr. Niederwieser, Dr. Lukesch und Genossen betreffend die Berücksichtigung von Personen, denen Asyl gewährt wurde.

Im Falle Ihrer Zustimmung bitte ich Sie um ein entsprechendes Zeichen. – Dies geschieht durch die Mehrheit. Angenommen. (E 50.)


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67. Sitzung / Seite 99

Wir gelangen weiters zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Lukesch, DDr. Niederwieser, Dr. Brinek und Kollegen betreffend Anerkennung von Studien an die Ausbildung an Pädagogischen Akademien.

Im Falle Ihrer Zustimmung bitte ich Sie um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen. (E 51.)

Wir gelangen weiters zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Gredler und Genossen betreffend Aufforderung an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr zur Evaluation der Zeitgemäßheit der Universitätsberechtigungsverordnung.

Im Falle Ihrer Zustimmung bitte ich Sie um ein entsprechendes Zeichen. – Dies geschieht durch die Minderheit und ist daher abgelehnt.

Wir gelangen ferner zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 581 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die diesem Gesetzentwurf ihre Zustimmung geben wollen, um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Wir kommen daher sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte Sie abermals um ein entsprechendes Zeichen im Falle Ihrer Zustimmung. – Dies geschieht gleichfalls durch die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Weiters kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung, dem Abschluß des Staatsvertrages samt Anlagen in 412 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Im Falle Ihrer Zustimmung bitte ich Sie um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist einhellig angenommen. Die Genehmigung ist somit einhellig erteilt.

Nunmehr gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung, dem Abschluß des Staatsvertrages samt Anlagen in 427 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Im Falle Ihrer Zustimmung bitte ich Sie um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist gleichfalls stimmeneinhellig der Fall. Die Genehmigung ist damit erteilt.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung, dem Abschluß des Staatsvertrages in 559 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Im Falle Ihrer Zustimmung bitte ich Sie um ein entsprechendes Zeichen. – Auch dies geschieht stimmeneinhellig. Die Genehmigung ist damit erteilt.

7. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (591 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Fernmeldegesetz 1993 geändert wird (619 der Beilagen)

8. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (594 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Austro-Control-Gesetz geändert wird (620 der Beilagen)

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Hohes Haus! Wir kommen nun zu den Punkten 7 und 8 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.


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Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Die erste Wortmeldung liegt von Herrn Abgeordneten Rosenstingl vor. – Herr Abgeordneter, ich erteile Ihnen das Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten.

14.20

Abgeordneter Peter Rosenstingl (Freiheitliche): Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wieder einmal soll das Fernmeldegesetz abgeändert werden. Diese Abänderung ist nur deswegen notwendig, weil es die Regierung bisher nicht geschafft hat, ein brauchbares Telekommunikationsgesetz zustande zu bringen. (Beifall bei Abgeordneten der Freiheitlichen.) Geradezu absurd ist es, daß für jedes neue Mobilfunknetz beziehungsweise für jede neue Mobilfunkkonzession eine eigene Regelung geschaffen wird.

Meine sehr geehrten Damen und Herren von den Regierungsparteien! Dadurch, daß Sie für jedes Netz, für jede Konzession eine eigene Regelung schaffen, wird der Wettbewerb in diesem Bereich schwer beeinträchtigt. Wieso ist es für Sie von der Regierungskoaliton so schwer verständlich, daß ein freier Markt – und ein solcher soll ja hier geschaffen werden – gleiche Bedingungen für alle Bewerber erfordert?

Die derzeitige Situation ist eine Wettbewerbsverzerrung zugunsten eines Betreibers, nämlich der Mobilkom. Das ist der Betreiber, der früher einmal eine Monopolstellung gehabt hat. Diese Bevorzugung eines Betreibers lehnen wir aus freiheitlicher Sicht ab. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Eine Folge des nicht vorliegenden Telekomgesetzes ist aber auch die Schaffung jeweiliger Einzelbestimmungen in diesem Bereich, nämlich im Telekombereich, beim Telekomnetz und für diese Lizenzvergaben. Es ist wirklich unglaublich, daß es nun durch diese Einzelbestimmungen, durch diese Abänderungen, unterschiedliche Lizenzverträge gibt. Dadurch ist die Ungleichbehandlung der einzelnen Anbieter auf jeden Fall gegeben. Selbst die finanziellen Voraussetzungen für die einzelnen Betreiber sind unterschiedlich. Diese Situation wird durch die heutige Änderung des Fernmeldegesetzes nur noch verschärft.

Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren von der Regierungskoalition, und Sie, Herr Bundesminister, sind daran schuld, daß in diesem Bereich planlos vorgegangen wird. Sie haben dadurch in diesem Bereich ein Chaos verursacht, und wir sehen an der Entwicklung der jetzigen Anbieter und an deren Kritik, wie groß dieses Chaos derzeit schon ist.

Wir Freiheitlichen können dieser Gesetzesänderung im Telekombereich nicht zustimmen, weil wir der Meinung sind, daß gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle Betreiber vorliegen müssen, denn gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle Betreiber wären durchaus zum Schutz und zum Vorteil der Konsumenten. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es wird heute aber auch noch ein zweiter Bereich behandelt, nämlich die Änderung des Austro-Control-Gesetzes. Wir müssen heute leider feststellen, daß die Ausgliederung der Flugsicherung eine Aufblähung des Verwaltungsapparates bedeutet hat und steigende Flugsicherungsgebühren nach sich gezogen hat.

Es bleibt zum Beispiel unverständlich, warum der Vorstand der Austro Control erweitert werden mußte, warum man nicht bei einem Einzelvorstand geblieben ist. Weiters ist unverständlich, warum die Flugsicherungsgebühren seit der Ausgliederung so enorm angestiegen sind. Dieser Anstieg der Flugsicherungsgebühren hat überhaupt nichts mit Kostenwahrheit zu tun. Österreich ist diesbezüglich in Europa Spitzenreiter, und dieser Anstieg der Flugsicherungsgebühren schadet auch dem Ruf Österreichs als Fremdenverkehrsland. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es kann doch nicht so sein, daß unser Nachbarland Deutschland in diesem Bereich laufend sinkende Gebühren aufweist, während die Gebühren in Österreich immer höher werden. Das ist unverständlich.

Es leuchtet auch nicht ein, daß man nun eine Gesetzesänderung vornimmt, aufgrund derer wieder einmal nur ein Bereich unserer Gesellschaft begünstigt wird. Angesichts der derzeitigen


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67. Sitzung / Seite 101

hohen Arbeitslosenraten ist es unverständlich, daß in einem geschützten Bereich die Gehälter, die Begünstigungen enorm ansteigen.

Früher betrug der Durchschnittsverdienst bei der Flugsicherung rund 800 000 S per anno, ein durchaus ansehnlicher Betrag, mit dem jeder recht gut auskommen konnte. Seit der Ausgliederung der Flugsicherung, seit es diese ausgegliederte Gesellschaft gibt, sind die Durchschnittsgehälter in diesem Bereich auf über 1 Million Schilling pro Jahr angestiegen. Ich glaube, daß es gerade in Zeiten hoher Arbeitslosigkeit eine soziale Ungerechtigkeit darstellt, wenn in einem geschützten Bereich derartige Begünstigungen gewährt werden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Außerdem stellt es meiner Meinung nach eine soziale Ungerechtigkeit dar, wenn in der derzeitigen Lage sogar noch weitere Begünstigungen beschlossen werden. Das, was mit diesem Gesetz beschlossen wird, kostet 700 Millionen Schilling. Ich weiß schon, daß es Dienstnehmern zugute kommt, aber ich möchte trotzdem betonen, daß wir nicht in Zeiten leben, in denen wir einseitige Begünstigungen gewähren können.

Der freiheitliche Weg wäre eine Begünstigung aller . Der freiheitliche Weg wäre zum Beispiel eine Lohnsteuerreform und eine Senkung der Lohnsteuer, aber nicht eine Begünstigung einzelner, die 700 Millionen Schilling kostet. Aus diesem Grunde können wir dieser Änderung des Austro-Control-Gesetzes nicht zustimmen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.26

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Die nächste Wortmeldung liegt von Herrn Abgeordneten Parnigoni vor. – Bitte.

14.26

Abgeordneter Rudolf Parnigoni (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich darf vor Eingang in meine eigentlichen Ausführungen zu diesem Punkt einen Abänderungsantrag einbringen, der wie folgt lautet:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Parnigoni, Mag. Kukacka und Genossen zum Bericht des Verkehrsausschusses (619 der Beilagen) betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Fernmeldegesetz 1993 geändert wird

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der Nationalrat hat beschlossen:

Das Bundesgesetz, mit dem das Fernmeldegesetz 1993 geändert wird, in der Fassung des Ausschußberichtes wird wie folgt geändert:

In § 20a Abs. 11 (Z 7 des Antrages) lautet die Z 2:

"2. auf Antrag oder von Amts wegen, wenn eine Anpassung der im Konzessionsbescheid zur Nutzung zugewiesenen Frequenzen aufgrund geänderter technischer oder rechtlicher Voraussetzungen im Interesse einer effizienten Frequenzverwaltung und eines fairen Wettbewerbs erforderlich ist, und die Änderung im Hinblick auf die zur Nutzung zugewiesenen Frequenzen den reservierten Fernmeldedienst nicht in seinem Wesen verändert."

*****

Meine Damen und Herren! Dieser Abänderungsantrag ist deshalb notwendig, weil es bei der Übertragung via Diskette vom Ministerrat zum Parlament ein Problem gegeben hat. – Da zeigt sich schon, daß die modernen Technologien durchaus auch ihre Tücken haben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Diese Novelle des Fernmeldegesetzes beschäftigt sich mit der Möglichkeit der Ausschreibung einer dritten Mobilfunk-Frequenz. Ein dritter Anbieter


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im Bereich der Handy-Telefone soll dadurch auf den Markt kommen. Dieser Anbieter soll auf einem neuen Frequenzband tätig werden, nämlich im Bereich des 1 800-MHz-Bandes; die beiden bisherigen Betreiber, Mobilkom und max.mobil, die schon genannt wurden, sind im 900-MHz-Bereich tätig. Der Vorteil des 1 800-MHz-Bandes wirkt sich vor allem im städtischen Bereich aus, weniger im ländlichen Bereich.

Meine Damen und Herren! Der Handy-Boom ist, wie ich meine, etwas, was man als sichtbarstes Zeichen der Kommunikations- und Informationsgesellschaft bezeichnen kann. Langsam, aber sicher kann man an allen Orten erreicht werden, was einerseits sicherlich ein Vorteil ist, oftmals aber auch mit nicht unbeträchtlichen Nachteilen verbunden sein wird.

Wie hat sich dieser Markt entwickelt? – Ende 1996 waren weltweit etwa 137 Millionen Handies im Einsatz. Von 1995 auf 1996 gab es eine Steigerung von 57 Prozent, also um 50 Millionen Stück, und die Prognosen bis zum Jahr 2000 lauten, daß es zu diesem Zeitpunkt weltweit etwa 480 bis 500 Millionen Handies geben wird. Das ist eine enorme Herausforderung für die Wirtschaft und für uns alle, für die gesamte Gesellschaft.

Mit der vorliegenden Novelle wollen wir die Bedingungen für diese Marktentwicklung regeln. Der österreichische Markt zeigt sich nach den ersten Prognosen nicht so ausgeprägt. Für das Jahr 2000 werden 1 Million bis 1,2 Millionen Teilnehmer prognostiziert, bis zum Jahr 2005 soll es etwa 1,5 Millionen bis 1,8 Millionen Handies auf dem Markt geben, und danach soll die Entwicklung sprunghaft nach oben gehen.

Ich bin davon überzeugt, daß diese Schätzungen viel zu niedrig angesetzt sind, und bin auch sicher, daß die Teilnahme eines dritten Anbieters in diesem 1800-MHz-Frequenzbereich dazu führen wird, daß diese Marktprognosen massiv überschritten werden.

Es gibt natürlich ein Spannungsfeld, das bereits angesprochen worden ist. Es geht nämlich einerseits darum, eine vernünftige Lizenzgebühr für die Staatskasse einzuheben, andererseits müssen jene, die nunmehr zum Teil selbst dabei sind, ihr Netz aufzubauen, eine gewisse Chance haben, etwa im 900-MHz-Band, und natürlich muß auch der, der als dritter Bewerber auf den Markt kommt, gewisse Entwicklungsmöglichkeiten haben.

Daher haben wir eine Ausschußfeststellung getroffen, die, wie ich glaube, ganz vernünftig ist. Damit wird einerseits das Ziel erreicht, dem Kunden ein wirklich umfangreiches, kostengünstiges und qualitativ hochwertiges Angebot zur Verfügung zu stellen, andererseits wird aber auch sichergestellt, daß die Betreiber im 900er und im 1800er Megabandbereich in wirtschaftlicher Hinsicht Erfolge erzielen können. Außerdem kann die Staatskasse durch die Einhebung der Lizenzgebühren entsprechende Einnahmen lukrieren.

Daß die Freiheitlichen die Post permanent mit einer gewissen Gehässigkeit verfolgen, ist ihre Angelegenheit, das werden sie bei den 60 000 bis 70 000 Postlern zu verantworten haben. (Lebhafter Widerspruch bei den Freiheitlichen.)

Im übrigen ist es natürlich so, sehr verehrter Herr Kollege Rosenstingl, daß bei einem solchen Markt, bei solchen Erwartungen der Lobbyismus groß ist und daß jede Firma, jeder, der in diesem Markt mitmischen will, eine Beeinflussung versucht; daß jeder versucht, seine Position in besonderer Weise darzustellen, ist selbstverständlich.

Uns geht es darum – und mit dieser Novelle hat der Minister die Möglichkeit, hat der Regulator die Möglichkeit – , vernünftige Marktbedingungen für alle drei Bewerber, ja für alle auf dem Markt befindlichen Bewerber, herzustellen. Das ist schlußendlich unser Ziel. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

14.33

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Der vom Herrn Abgeordneten Parnigoni soeben verlesene Abänderungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, entsprechend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.


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67. Sitzung / Seite 103

Die nächste Wortmeldung liegt vom Herrn Abgeordneten Mag. Barmüller vor. – Bitte, Herr Abgeordneter. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 15 Minuten – ist das richtig?

14.33

Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Jawohl, ich werde 15 Minuten Redezeit in Anspruch nehmen, denn es ist tatsächlich so viel zu dieser kleinen Änderung zu sagen.

Wir konnten anfangs gar nicht glauben, daß man dabei so viel falsch machen kann, aber es ist passiert, Herr Bundesminister. Ich möchte darauf zurückkommen, was ich im Ausschuß schon angeschnitten habe und was zum Teil übernommen worden ist.

Ich möchte jetzt gar nicht hinzufügen, Herr Abgeordneter Parnigoni, daß noch immer übersehen worden ist, daß die Numerierung insgesamt nicht stimmt und auch der Abänderungsantrag nicht stimmt, weil die Ziffer 2, von der Sie hier gesprochen haben, zur Gänze fehlt und nicht klar ist, wo sie tatsächlich hineingehört. Aber Sie werden es sicher denjenigen, die das umsetzen müssen, so erläutern können, daß wirklich klar ist, was aufgrund Ihres Abänderungsantrages geändert werden muß.

Meine Damen und Herren! Mir fällt aber auf – und ich glaube, genau darum geht es –, daß mit dieser Gesetzesstelle, die hier novelliert wird, in Wahrheit nicht die Möglichkeit geschaffen wird, faire Wettbewerbsbedingungen zu etablieren, sondern man macht sozusagen ein Postschutzgesetz.

Ich kann Ihnen das auch belegen, Herr Abgeordneter Parnigoni, und möchte da beginnen, wo die Diskussion schon einmal begonnen hat, nämlich beim Konzessionsentgelt. Es ist immer wieder von der Berücksichtigung eines fairen Wettbewerbes gesprochen worden, es ist davon die Rede gewesen, daß die Begriffe: fairer Wettbewerb, funktionierender Wettbewerb, vollständiger Wettbewerb wirtschaftliche Bedeutung haben. Es sind dies alles Begriffe, die auch in den Erläuternden Bemerkungen nachzulesen sind, die aber nirgends eine genaue Definition erfahren, die also sehr unbestimmte Gesetzesbegriffe sind und daher auch in bezug auf den Artikel 18 Abs. 1 B-VG zumindest noch präzisierungswürdig sind, wenn man nicht eine Verfassungswidrigkeit riskieren will. Das ist bereits angeschnitten, aber nicht aufgegriffen worden.

Wenn Sie jetzt im Bericht des Verkehrsausschusses anführen, daß es um die Gleichbehandlung verschiedener, in Konkurrenz zueinander stehender Konzessionsinhaber geht, wenn es um diese Komponente der Gleichbehandlung geht, dann heißt das eigentlich, daß neu eintretende, nach den bisher auf dem Markt tätigen Unternehmen eingetretene Firmen zumindest nicht niedrigere Lizenzgebühren bezahlen dürften, als zum Beispiel der zweite oder erste Eintretende bezahlt hat.

Warum? – Die Post ist in diesem Bereich übermächtig. Mit ihren 370 000 Konsumenten im Mobilfunkbereich ist sie die absolut beherrschende Größe auf diesem Markt.

Jetzt ist interessant, daß ein nachfolgendes Unternehmen, die Firma max.mobil, nur 17 000, 20 000, 25 000 Konsumenten – etwa in dieser Größenordnung – bedient, ein neu eintretender Mitbewerber aber natürlich noch weniger Konsumenten haben wird. Das heißt aber, daß in der jetzigen Situation die neu eintretenden Kleinen gegenüber der Post, die so übermächtig ist, jedenfalls einen Wettbewerbsnachteil haben, weil die Post in diesem Bereich einfach die größere ist. Sie dominiert derzeit den Markt zur Gänze.

Wenn es aber so ist, daß Sie jetzt vom dritten Eintretenden ein geringeres Entgelt für die Konzession verlangen, dann bedeutet das – ich sage es nur der Vollständigkeit halber –, daß der Unternehmer, der als zweiter eingetreten ist, sowohl der Post als auch dem Neueintretenden gegenüber einen Nachteil hat. Daher muß etwa die Gleichbehandlung so interpretiert werden, daß zumindest die Konzessionsentgelte, die von den Privaten bezahlt werden, gleich hoch sein müssen.


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Was mich aber besonders irritiert, ist, daß man bei dieser Vergabe – es geht eigentlich nur um den ganz engen Bereich des Vergabeverfahrens – gesagt hat, man ziehe diese Bestimmungen, die ja eigentlich auch im Telekommunikationsgesetz enthalten sind, vor, weil man jetzt schon agieren und arbeiten müsse. – Sie werden diese Novelle auch rückwirkend in Kraft setzen, nämlich mit 1. März. Das ist nicht geändert worden.

Man hat auch gesagt, das Verfahren sei verbessert worden. Wenn Sie aber das Telekommunikationsgesetz, das schon im zweiten Entwurf vorliegt, und die jetzt geänderte Bestimmung des § 20a Fernmeldegesetz miteinander vergleichen, dann werden Sie sehen, daß die Bestimmungen des Telekommunikationsgesetzes nicht zu 100 Prozent übernommen worden sind.

Wenn das aber nicht der Fall ist, dann frage ich mich: Was sind die besseren Bestimmungen? – Wenn die jetzt etablierten die besseren sind, dann gehören sie auch ins Telekommunikationsgesetz. Und wenn das nicht der Fall ist, dann gehören die vom Telekommunikationsgesetz jetzt ins Fernmeldegesetz. Das ist aber nicht der Fall. (Abg. Parnigoni: Das Telekommunikationsgesetz liegt aber noch nicht vor!)

Herr Abgeordneter Parnigoni! Tun wir doch nicht so, als würden wir nicht massiv darüber verhandeln! Da das ja vom selben Ministerium gemacht wird, wird hier nicht doppelt gemoppelt, sondern es werden dieselben Überlegungen jetzt nur vorgezogen, und diese Unterschiede müssen einen Grund haben.

Der Grund dafür ist, so behaupte ich, daß das ein typisch österreichisches Gesetz wird: Man will es sich, was den Spielraum angeht, richten! Das ist die eigentliche Komponente. Man schützt den eigentlich marktbeherrschenden Unternehmer, nämlich die Post, und versucht, sich im Vergabeverfahren über unklare Begriffe, über weite Begriffe, einen möglichst großen Entscheidungsspielraum politischer Art zu sichern.

Ich sage Ihnen, warum ich zu dieser Interpretation komme. Wenn nämlich nach Telekommunikationsgesetz, von dem Sie zu Recht sagen, es liege nur im Entwurf vor, bereits 5 Prozent Marktanteil eine Marktbeherrschung bedeuten, dann bleibt die Post übermächtig. Derzeit liegt sie um fast 2 000 Prozent über den anderen.

Dann haben Sie aber eigentlich das Problem, daß schon die privaten Unternehmer, die auf fünf Prozent wachsen, ab diesem Zeitpunkt als marktbeherrschend gelten und daher in Zukunft unter das Regime der Regulierungsbehörde fallen werden, wie die große, noch immer übermächtige Post auch, und damit auch dem politischen Einfluß unterliegen. Sie haben es ja bisher vermieden, auch nur anzudeuten, welche Struktur diese Regulierungsbehörde haben wird.

Es gibt zwar ein Interview vom Herrn Bundesminister, in dem er von einer GesmbH spricht und davon, wie man sich das ungefähr vorstellen könnte. Es ist auch von 150 Mitarbeitern die Rede. Im Gesetz steht aber noch nirgends, wie das aussehen wird.

Es ist interessant, daß dort, wo man einen Wettbewerb etablieren möchte, die Bundesregierung hergeht und sagt: Sobald die zukünftig zwei privaten Unternehmen auf die Größe von fünf Prozent Marktanteil wachsen, sodaß sie insgesamt 10 Prozent haben und die Post die restlichen 90 Prozent hat, dann behandeln wir alle drei gleich und sagen, sie sind jeder für sich marktbeherrschend. – Das stimmt doch nicht, das entspricht doch nicht der Realität! Genau das wird aber gemacht.

Und noch etwas ist auffällig. Sie schreiben in dieser Vorlage einen temporären Ausschluß aus wettbewerbspolitischen Gründen fest, innerhalb dessen die Post angeblich nicht in den Bereich der DCS-1800er-Frequenzen hinein darf. Das wird zwar festgeschrieben, wird aber für jene durchbrochen, die nachweislich ihre Frequenzen schon ausgeschöpft haben. – Das kann in der derzeitigen Situation aber nur die Post sein, kein anderes Unternehmen! Nur die Post in ihrer derzeitigen Situation kann diese Frequenzen ausgeschöpft haben.

Für den neuen Anbieter oder für denjenigen, der die dritte Mobilfunkkonzession ersteigern will, ist es daher so, daß er nicht die Gewähr hat, sich während der nächsten drei Jahre in diesem


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Bereich ausweiten zu können, obwohl Sie sagen, der temporäre Ausschluß ist aus wettbewerbspolitischen Gründen notwendig. Gleichzeitig eröffnen Sie nämlich eine andere Möglichkeit und sagen, wenn ein anderer seine Frequenzen ausgeschöpft hat, dann durchbrechen wir dieses ... (Abg. Parnigoni: Drei Jahre voll!) Gut, aber Ihre Position steht hier nicht drinnen, und wenn Ihre Position hier nicht drinnen steht, dann ist es jedenfalls nicht das, was es laut Festschreibung im Bericht sein soll: Es ist keine Planungssicherheit für den dritten Mobilfunkerwerber gegeben, weil es nämlich den Einbruch der Post in seinen Bereich geben wird.

Sie haben es ja selbst gesagt: Der Vorteil der neuen Frequenzen liegt vor allem im städtischen Bereich. Das heißt, wir haben die interessante Position, daß ein dritter Bewerber sich primär einmal auf den städtischen Bereich konzentrieren wird, um seinen Markt dort aufzubauen, aber gleichzeitig werden Sie ihm dort von Anfang an die übermächtige Post als Konkurrenten hineinschicken.

Und das ist genau das, was dieses Gesetz bewirken soll: Es soll keinen Wettbewerb zulassen, sondern möglichst alles unter der Fuchtel der Post halten, letztlich auch auf dem Weg über die Regulierungsbehörde, von der wir nach wie vor nicht wissen, wie ihr Verfahren sein wird, wie ihre rechtliche Stellung im staatsrechtlichen Gefüge aussehen wird, von der nicht klar ist, wer da wirklich drinnensitzen wird, wie die Weisungsbefugnisse laufen werden, und so weiter. Es muß daher klar gesagt werden: Das ist ein "Postschutzgesetz", das ist kein Gesetz, um wirklich Wettbewerb zuzulassen.

Ich sage das vor allem auch deshalb, meine Damen und Herren, weil im Gesetz selbst immer wieder die Rede davon ist, daß von der Behörde etwa auch geprüft werden muß, ob tatsächlich ein Bedarf gegeben ist. Es wird also, wenn jemand neue Frequenzen bekommt, bei der Prüfung nicht nur darum gehen, ob der bisherige Frequenzbereich, der zugewiesen wurde, technisch bereits ausgeschöpft worden ist, sondern es wird auch darum gehen, ob ein tatsächlicher Bedarf gegeben ist. Das heißt, eine staatliche Behörde wird die Entwicklungschancen eines Unternehmens beurteilen. Und diese Behörde kann sagen: Vielleicht habt ihr euren technischen Bereich schon ausgeschöpft, aber ihr bekommt keine neuen Frequenzen, denn ihr werdet in dem Bereich wahrscheinlich keine neuen Kunden kriegen.

Das ist eine Maßnahme, die nicht akzeptiert werden kann! Das ist etwas, was der Bedarfsprüfungsmentalität entspricht, die es schon immer in unserem Land gegeben hat, die in Wahrheit aber mit diesem Gesetz aufgehoben und nicht unter anderen Auspizien wieder festgeschrieben werden sollte. Das müssen wir Liberalen natürlich auch kritisieren, und zwar sowohl bei diesem Gesetz als auch beim Telekommunikationsgesetz, denn wir wollen faire Wettbewerbsbedingungen auf dem Markt und kein "Postschutzgesetz", wie Sie es hier machen.

Der letzte Punkt, den ich ansprechen möchte, Herr Bundesminister – ich habe das bereits auch im Ausschuß getan –: Bei der Vergabe der Konzession wird es offenbar so sein, daß mehrere Verwaltungsverfahren parallel laufen. Es ist zwar dann im Ausschuß von Ihren Experten gesagt worden, nein, das sei nur ein Verfahren, aber der Wortlaut des Gesetzes ist anders. Ich verweise hier insbesondere auf den Abs. 7b des § 20a Fernmeldegesetz, in dem ganz klar drinnen steht: "Parteistellung besteht in den Verfahren anderer Antragsteller nur bezüglich der Auswahlentscheidung gemäß § 20a Abs. 7b Z 1."

Es ist dann in der Z 2 des Abs. 7b noch einmal diese Formulierung gewählt, die klar und deutlich von einer Mehrzahl der Verfahren spricht, und zwar mit dem Ausdruck: "in den Verfahren anderer Antragsteller". Damit wird klar, daß in Wahrheit nicht ein Versteigerungsverfahren stattfindet, sondern daß es parallel laufend mehrere Verfahren geben wird. Da Verfahren im Verwaltungsrecht aber nur Parteiöffentlichkeit haben, wird es natürlich keine Gelegenheit geben, daß jemand, der sich in einem parallelen Verfahren bewirbt, auch noch in anderen Verfahren irgend etwas herausfinden kann. Und das ist etwas, was ich als einen ganz, ganz entscheidenden Mangel ansehe.

Nach wie vor, meine Damen und Herren, ist nirgends definiert worden, was fairer Wettbewerb ist. Wenn fairer Wettbewerb so verstanden wird, wie ich es Ihnen jetzt aufgrund dessen, was im


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Bericht des Verkehrsausschusses steht, geschildert habe, dann ist das überhaupt kein Wettbewerb, und man wird sich auch darauf festlegen müssen, was die unbestimmten Gesetzesbegriffe wirklich bedeuten.

All das ist nicht geschehen, und daher, meine Damen und Herren, werden wir Liberalen dieser Abänderung auch nicht unsere Zustimmung geben. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

14.44

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Die nächste Wortmeldung liegt von Herrn Abgeordneten Dr. König vor. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. DDr. König: Was haben Sie als freiwillige Redezeitbeschränkung?) Es ist noch nichts vermerkt. Es liegt in Ihrem Belieben. (Abg. DDr. König: 10 Minuten, Herr Präsident!) Bitte, 10 Minuten.

14.44

Abgeordneter Dkfm. DDr. Friedrich König (ÖVP): Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte mich zunächst einmal mit der Novelle zum Fernmeldegesetz beschäftigen.

Ich glaube, grundsätzlich muß man feststellen, daß in diesem Bereich, im Bereich der Telekommunikation insgesamt, schon sehr viel geschehen ist. Es ist das Postmonopol weitgehend gefallen, es sind die Endgeräte völlig liberalisiert, wir haben heute Kabelfernsehgesellschaften, Energieversorgungsunternehmen, ja sogar die Bundesbahnen, die am Leitungsmonopol knabbern, und das Mobiltelefonmonopol ist auch gefallen.

Das heißt, es ist wirklich einiges geschehen, und wir wissen, daß bis zum 1. Jänner des nächsten Jahres nach den EU-Richtlinien auch das leitungsgebundene Sprachtelefonmonopol fallen wird.

Diese Liberalisierung, die bei uns schon durchgeführt wurde und jetzt fortgesetzt wird – man kann, wie Kollege Rosenstingl, sagen, es geht zu langsam –, ist zweifelsohne eine Öffnung für den Wettbewerb und hat zwei Ziele: zum einen das Ziel, Privatkapital anzuziehen und damit diese Bereiche auf Dauer leistungsfähiger zu machen und auch europäische Vernetzungen und Zusammenarbeit zu erleichtern, und zum zweiten das Ziel, die Innovation zu erhöhen, weil eben mehr Teilnehmer am Markt bemüht sein werden, neue Produktideen zu entwickeln, womit für den Konsumenten die Kosten sinken werden.

Ich glaube, das ist eine Idee, die die Handschrift der Volkspartei trägt. Wir haben das – Aufhebung der Monopole, Liberalisierung – seit langem gefordert, und wir befinden uns damit durchaus auch in Übereinstimmung mit dem, was die Europäische Union vorsieht.

Nun lassen Sie mich zu der Frage Stellung nehmen, die bei der Opposition so großen Raum eingenommen hat, ob man mit dieser Novelle das Monopol schützt. Ich kann das nicht sehen. Zunächst einmal sehe ich es als einen Zwischenschritt an, weil wir das Telekomgesetz jetzt noch nicht beschließen können. Es soll jedoch jetzt schon die dritte Frequenz vergeben werden können, und das bedeutet natürlich mehr Wettbewerb und nicht weniger Wettbewerb. Das heißt, durch den Zwischenschritt wird der Wettbewerb schneller kommen, als wenn wir warteten, bis das Telekomgesetz endlich verabschiedet ist. Und die unterschiedlichen Meinungen dazu zeigen ja, daß darüber noch verhandelt werden muß.

Zum zweiten ist es so, daß eindeutig hierin enthalten ist, daß eigentlich von Monopolschutz keine Rede sein kann, denn die zwei vorhandenen Mobiltelefonnetze, nämlich Mobilkom der Post und max.mobil, dürfen drei Jahre hindurch nicht in die 1800er Frequenz gehen.

Nun kann man, wie Kollege Barmüller dies getan hat, sagen, daß es eine Ausnahmebestimmung gibt, nur, Herr Kollege Barmüller, je schneller mehr Anbieter auf den Markt kommen, umso unwahrscheinlicher ist es, daß einer diese ganz strengen Bedingungen erfüllen kann, unter denen ihm nur über ein unabhängiges Gutachten zugebilligt werden kann, daß er tatsächlich keine andere Möglichkeit hat. Das ist wirklich eine sehr unwahrscheinliche Variante, die


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lediglich gemacht wurde, um für alle Eventualitäten Vorsorge zu treffen und nicht plötzlich Engpässe in der Versorgung zu haben. Aber an sich wird damit bewirkt, daß der Neue, der kommt, zunächst einmal – im Aufbau – drei Jahre lang eine gewisse Garantie für seine Investitionen hat; nur eine gewisse Garantie, denn er muß Kunden finden, und das hängt natürlich auch von seinem Angebot und seinen Erfolgen ab.

Das zweite aber ist, daß es zwei Verfahren gibt. Es gibt ja nicht nur das Administrativverfahren, sondern auch das Versteigerungsverfahren, und ich möchte dem Herrn Minister sagen, meine sehr persönliche Auffassung ist es, daß wir wahrscheinlich gut beraten wären, vom Versteigerungsverfahren Gebrauch zu machen, weil es eindeutig den Bestbieter ermittelt und nicht erst auf die vielen Faktoren abstellt, die dann immer wieder von Konkurrenten in der Öffentlichkeit bestritten werden. Mir scheint daher das Verfahren, das wir hier möglich machen, eines zu sein, das im Interesse einer entsprechenden Liberalisierung gelegen ist.

Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang jetzt auch etwas zum zweiten Thema sagen, nämlich zu Austro Control. Wir haben in Österreich zweifelsohne sehr, sehr hohe Flugsicherungsgebühren. Das ist ein Problem, weil das natürlich nicht nur unsere Luftfahrtgesellschaften trifft, sondern auch die Fluggesellschaften, die in Österreich landen. Wir wollen aber ein wichtiges Flugkreuz bleiben.

Umgekehrt aber – das muß man auch sagen – haben wir in diesem sensiblen Bereich, in dem hochqualifizierte Leute, nämlich die Fluglotsen, unter besonderem Streß arbeiten und sehr viel Verantwortung – genausoviel Verantwortung, bitte, wie die Flugkapitäne und die Kopiloten – für die Sicherheit des Fluges haben, erstklassige Leistungen, mit denen über all die Jahre wirklich Sicherheit garantiert werden konnte, und – wir haben keine Streiks.

Wir wissen, welch ungeheure Kosten den Fluggesellschaften entstehen, wenn die Fluglotsen streiken, denn dann geht nichts mehr. Das Bodenpersonal auf den Flughäfen und die Flugzeuge der Fluggesellschaften werden dann in gleicher Weise betroffen. Die Verluste sind gewaltig! Ausländische Gesellschaften zeigen uns, was für Bilanzverluste das bedeutet. So etwas kann eine Fluggesellschaft unter Umständen auch in den Ruin treiben.

Diese hohe Qualität der Fluglotsen wie auch ihre Einstellung zum Beruf zu erhalten, erfordert natürlich auch eine entsprechende Bezahlung.

Nun hat der frühere Verkehrsminister im Jahre 1994 anläßlich der Umwandlung in die neue Gesellschaft, also in die Austro Control, zugesagt, daß über Kollektivvertrag die Pensionierung dieser unter großem Streß arbeitenden Fluglotsen mit 55 Jahren erfolgen soll. Das entspricht dem internationalen Standard, das muß man auch hinzufügen, weil eben in diesem Bereich besonderer Streß vorliegt und daher besondere Sicherheitsanforderungen gegeben sind.

Es ist sicher nicht möglich, daß diese Beträge nun einfach von einem Tag auf den anderen hingelegt werden, und daher ist – analog zu den Neugründungen – die Lösung gefunden worden, daß wir mit diesem Gesetz eine 20jährige Abschreibung möglich machen. Bedauerlich ist, daß diese Belastungen natürlich dazu führen werden, daß die dringend notwendigen und wahrscheinlich und hoffentlich auch angestrebten Senkungen der Tarife verzögert werden. Das Ziel darf nicht aus den Augen verloren werden – das möchte ich sehr deutlich sagen –, aber es wird verzögert, weil diese Belastungen hinzukommen und aufgefangen werden müssen.

Der Ausschußbericht besagt, es wird zu keinen Erhöhungen der Gebühren kommen, aber Senkungen werden wir in der nächsten Zeit natürlich auch nicht haben können. Das muß man sehen. Dennoch glaube ich ... (Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Hofmann. ) Herr Kollege, Sie kommen nach mir? (Abg. Dipl.-Ing. Hofmann: Es gab bis zu 1 400 Prozent Steigerung nach der Ausgliederung!) Schauen Sie, Sie müssen eine Gesamtrechnung aufstellen, und ich sage Ihnen noch einmal: Ich glaube, daß das, was andere uns an Negativbeispielen vorexerziert haben, eine Warnung sein sollte. Ich weiß, wovon ich rede. Schauen Sie nach Brüssel, schauen Sie nach Spanien, schauen Sie nach Frankreich! Schauen Sie sich um, was sich dort abgespielt hat mit Streikaktionen der Fluglotsen, die alles stillgelegt haben, die den halben europäischen Flugverkehr lahmgelegt haben.


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Da steht sehr viel auf dem Spiel, und eine verantwortungsbewußte Gesamtverkehrspolitik muß darauf Rücksicht nehmen. Ich glaube daher, daß man aus dieser Sicht gesehen dieser Novelle sehr wohl die Zustimmung geben kann und geben soll. Das Ziel, durch weitere Rationalisierungen zu erreichen, daß die Gebühren auch in Österreich gesenkt werden, darf allerdings nicht aus den Augen verloren werden!

Ich darf aus der Kenntnis der Europäischen Union noch etwas anfügen: Wir sind aufgefordert, dazu beizutragen, daß die 35 verschiedenen Systeme der Flugüberwachung, die es in Europa gibt, zu einem einheitlichen System wie in Amerika zusammengefaßt werden, weil damit gewaltige Einsparungen verbunden wären und Verluste und auch Wartezeiten wesentlich vermindert werden könnten, denn die Wartezeiten in Europa sind durch diese 35 Systeme – inklusive Osteuropa – im Durchschnitt sehr, sehr viel länger als die durchschnittlichen Wartezeiten in den USA.

Da stecken die Rationalisierungsreserven! Diese müssen wir ausschöpfen, dann werden wir, wie ich meine, auch in Österreich das Flugkreuz Schwechat erhalten können, sodaß Österreich weiterhin ein wichtiger Knotenpunkt im West-Ost-Verkehr bleibt. (Beifall bei der ÖVP.)

14.54

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Mag. Firlinger. 8 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.54

Abgeordneter Mag. Reinhard Firlinger (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Zunächst möchte ich meinem Vorredner, Herrn Abgeordneten König, doch sehr vehement widersprechen, wenn er die These vertritt, daß der österreichische Telekomsektor in letzter Zeit sehr viel Inhaltliches und Innovatives zuwege gebracht hätte.

Herr Dr. König! Ich darf an Sie appellieren: Betreiben wir hier keine Realitätsverweigerung! Sehen wir bitte den Tatsachen ganz nüchtern ins Auge, und betreiben wir keine Schönfärberei! Österreich hat nämlich auf diesem Sektor sehr wohl einen gewaltigen Nachholbedarf. Wie groß dieser in Wirklichkeit ist, bemerkt man jeden Tag, wenn man als Mobilfunkbenützer eines GSM-Handys nur um eine Ecke fährt und permanent aus der Leitung hinausfliegt, sodaß man zu dem Schluß kommen muß: Das GSM funktioniert überall in Europa gut, nur nicht in Österreich. Daran ersieht man, daß das, was Kollege König hier von sich gegeben hat, wirklich nicht ernst gemeint sein kann.

Meine Damen und Herren! Die Ursache dieser GSM-Misere sehe ich zum einen im täglichen Kampf der österreichischen Post mit dem zweiten Lizenznehmer. Bis heute gibt es kein Verrechnungsabkommen. Solange es jedoch kein gegenseitiges Verrechnungsabkommen gibt, wird ständig Schuld zugewiesen – die Post gegenüber dem zweiten privaten Betreiber max.mobil und umgekehrt –, mit dem Ausbau der Leitungen würde man sich gegenseitig blockieren. Der Leidtragende dabei ist aber der Konsument. Das sind wahrhaft nicht die erstrebenswerten Zustände in Österreich auf diesem Sektor, und daher wäre es so wichtig, ein leistungsfähiges Telekommunikationsgesetz zu verabschieden, das wirklichen Wettbewerb ermöglicht und nicht einen Betreiber begünstigt.

Meine Damen und Herren! Der Telekommunikationsmarkt ist sicherlich, wie heute schon gesagt wurde, ein enormer Wachstumsmarkt, vielleicht der Wachstumsmarkt schlechthin, und es ist daher nicht verwunderlich, daß das Interesse, eine dritte Lizenz zu erwerben, so groß ist. Es gibt viele interessierte Anbieter, und der Kampf ist nicht fein. Die Methoden, die angewandt werden, um einander auszutricksen und diese Lizenz zu erhalten, sind wirklich sehr phantasiereich, und man wird sehen, wie das jetzt in Zukunft gehen wird, wer wirklich die dritte Lizenz in diesem neuen Bereich DCS-1800 bekommen wird.

Ich halte es für notwendig, im Vorfeld dieser Entscheidung wirklich zu 100 Prozent transparente Vergaberichtlinien gesetzlich zu definieren und diese in ein taugliches Telekommunikationsgesetz einzuarbeiten und nicht so, wie das in Österreich Praxis ist, ein Flickwerk zu machen – hier eine kleine Novelle, dort eine kleine Novelle – und erst am Schluß, wenn alle Lizenzen, sei es


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auf dem Mobilfunksektor oder auf dem Festnetzsektor, sozusagen "passiert" sind, das Telekommunikationsgesetz zu verabschieden. Das ist ein unzulässiger Schritt. Das ist nicht die notwendige Professionalität, und ich glaube auch, daß das Ausland eher argwöhnisch beobachtet, was in Österreich die gängige Praxis ist. Ich glaube wirklich, daß es notwendig ist, saubere Vergabebedingungen zu schaffen, weil es sonst angesichts der bisherigen Praxis sehr leicht zu einem Gang zu den Gerichten kommen könnte.

Meine Damen und Herren! Der zweite Betreiber, max.mobil, hat ja klar gesagt: Wir zahlen diese 4 Milliarden Schilling Lizenzgebühren unter der Voraussetzung, daß es bei zwei Lizenzen bleibt. Nun, auch ich bin der Meinung, daß drei Lizenzen besser sind als zwei Lizenzen, weil sie natürlich den Wettbewerb erhöhen, und wenn ein höheres Maß an Wettbewerb gegeben ist, dann werden auch die Preise fallen, aber wenn jetzt im nachhinein die Rahmenbedingungen geändert werden, dann kann man doch damit rechnen, daß die beiden Anbieter, die insgesamt 8 Milliarden Schilling an Lizenzgebühren bezahlt haben, nachträglich von der Republik Österreich eine Rückforderung für sich beanspruchen werden.

In den Startlöchern steht jetzt ein drittes Unternehmen, das sich soeben anschickt, die dritte Lizenz zu erwerben. Ich nenne bewußt keinen Namen. Dieses Unternehmen geht davon aus, daß man die Lizenz um 2 Milliarden Schilling bekommen kann. Ich fürchte, daß es dann zu einer sehr starken Wettbewerbsverzerrung nach unten kommt, weil nicht alle drei Anbieter, alle drei Lizenznehmer den gleichen Bedingungen unterworfen sein werden.

Das sind freilich Gepflogenheiten, die in Westeuropa eigentlich nicht üblich sein sollten. Aufgrund dieser mangelnden Transparenz und unsauberen Vergabepraxis ...

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Herr Abgeordneter! Entschuldigen Sie, aber ich muß Sie in einigen Sekunden zum Aufruf der Dringlichen Anfrage unterbrechen.

Abgeordneter Mag. Reinhard Firlinger (fortsetzend): Herr Präsident! Ich bin gleich fertig. – Wir Freiheitlichen werden aufgrund der dargestellten Mängel dem gegenständlichen Entwurf zum Telekommunikationsgesetz sicherlich nicht unsere Zustimmung geben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

15.01

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Ich unterbreche nunmehr die Verhandlungen über diesen Punkt der Tagesordnung, um die verlangte Behandlung einer Dringlichen Anfrage um 15 Uhr durchzuführen.

Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Rosenstingl und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Errichtung des Semmering-Basistunnels (2187/J)

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Wir gelangen zur dringlichen Behandlung der schriftlichen Anfrage 2187/J. Da diese inzwischen allen Abgeordneten zugegangen ist, erübrigt sich eine Verlesung durch den Schriftführer.

Die Dringliche Anfrage hat folgenden Wortlaut:

"Als eine der ersten Taten hat der neue Verkehrsminister erklärt, an der vom nunmehrigen Bundeskanzler Klima begonnenen Errichtung des Semmeringbasistunnels festhalten zu wollen. Dies, obwohl

die Bauarbeiten seit Monaten zwangsweise ruhen, weil ein gigantischer Wassereinbruch – der von den Experten der Tunnelbauer in diesem Umfang stets für undenkbar gehalten wurde – die Tunnelbauer zur Flucht aus der Röhre zwang;

es nach wie vor keine Finanzierung für das Projekt gibt, jedenfalls keine, bei der – so wie von Regierungsseite stets versprochen – Private das Risiko tragen;


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klar ist, daß ein Tunnel für die ÖBB ein so hohes Benützungsentgelt kosten würde, daß der Verkehr dadurch unwirtschaftlich wird und damit die Konkurrenzfähigkeit sinkt statt verbessert wird;

der Rechnungshof massiv davor warnte, das Projekt in Angriff zu nehmen, weil die zugrundegelegten Studien offensichtlich falsch seien;

nach wie vor keineswegs alle erforderlichen Verfahren positiv abgeschlossen sind.

Besonders empörend daran ist auch, daß die Gegner des Projektes nicht einmal einen Gesprächstermin beim Verkehrsminister erhalten, während ohne nähere Begründung das Projekt offensichtlich gegen alle Bedenken ‘durchgezogen’ werden soll.

Interessant dabei ist besonders, daß bereits mehrere Landeshauptleute beider Koalitionsparteien den Bedenken der Opposition, daß hier eindeutig die falschen Prioritäten gesetzt würden, folgen: Der Bürgermeister von Wien erklärte gemeinsam mit dem Landeshauptmann von Niederösterreich, man solle um das Geld, das der Semmeringtunnel verschlinge, lieber die Schnellbahnen rund um Wien ausbauen, das käme hunderttausenden statt wenigen hundert Pendlern zugute.

Tatsächlich zeigt sich, daß – allen Vereinbarungen zum Trotz – der in seiner Sinnhaftigkeit völlig unbestrittene und auch ansonsten unproblematische Ausbau wichtiger Schnellbahnprojekte, vor allem der Flughafenschnellbahn S7 und der S80, sich seit Jahren hinzieht und außer Spatenstichen von Koalitionspolitikern so gut wie nichts passiert. Dafür soll nun auch hier die Privatfinanzierung stattfinden, die sich gerade beim Semmeringtunnel als undurchführbar erweist.

Denn obwohl sich mittlerweile Generationen von Verkehrsministern bemühen, Privatinvestoren zur Finanzierung des Semmeringtunnels zu bewegen, gelingt dies logischerweise nicht, denn es ist klar, daß dieser nicht wirtschaftlich sein kann, weil einerseits die Kosten höher – alleine jene für den Sondierstollen haben sich mittlerweile verdoppelt –, andererseits die Einnahmen wesentlich geringer als prognostiziert sein werden. Letzteres vor allem deshalb, weil die ÖBB bereits seit Jahren erklären, ein kostendeckendes Benützungsentgelt niemals zahlen zu können.

Alles, was also von der vielgepriesenen vollständigen Privatfinanzierung blieb, von der die ÖVP in Wahlkampfzeiten sogar ihre Zustimmung abhängig gemacht hatte, ist, daß einige Baufirmen bereit sind, sich einen Teil des Entgelts in Form von Anteilen am fertigen Projekt bezahlen zu lassen und dafür staatlich garantierte Einnahmen – dem Vernehmen nach rund 300 Mio. S pro Jahr – zu kassieren, um den lukrativen Auftrag zu erhalten: Im Grunde nur eine Form des Zahlungsaufschubes. Dem steht jedoch zusätzlich noch der Nachteil gegenüber, daß der Bund auch bei größten Problemen an die betreffende Baufirma gebunden ist.

Doch ganz allgemein ist die Sinnhaftigkeit des Projektes zu bezweifeln, vor allem deshalb, weil die Koordination des Bahnausbaues generell fehlt:

So schreibt der Rechnungshof etwa über die stets von den Verkehrsministern als entscheidende Begründung genannte 'Prognos-Studie' wörtlich: 'Es gelingt der Studie nicht, die betriebs- und volkswirtschaftliche Sinnhaftigkeit des Semmeringtunnels ohne schwerwiegende Einschränkungen nachzuweisen.'

Entscheidende Punkte sind dabei aus der Sicht des Rechnungshofes:

Wichtige Pro-Argumente werden sogar von Prognos in Teilbereichen widerlegt.

Die Kapazitätsgrenze der historischen Bergstrecke wird erst ab dem Jahr 2010 erreicht.

Das Prognos-Gutachten errechnet große Vorteile aus der Einrichtung einer derzeit nicht nachgefragten, jedoch zuschußträchtigen ("ökonomisch und ökologisch suboptimalen") Verkehrsart (inländische Rollende Landstraße).

Die im Bundesbahngesetz 1992 bereits vorgegebene Schwerpunktverlagerung weg von den (inländischen) Gütersubventionen wird nicht berücksichtigt.


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Sie berücksichtigt nicht die Tatsache, daß die Vor- und Nachlaufstrecken und nicht der Paßübergang über den Semmering den eigentlichen Leistungsengpaß darstellen.

Dessen ungeachtet hielt der seinerzeitige Verkehrsminister Klima – so wie der heutige – an seinem Vorhaben fest und mit seiner Rückendeckung begann die HL-AG sogar noch vor dem Vorliegen des notwendigen eisenbahnrechtlichen Bescheides – also klar gesetzeswidrig – mit den Bauarbeiten. Ein Umstand, der auch vom Verwaltungsgerichtshof als unzulässig angesehen wird: In der Begründung seines Spruches über eine Beschwerde steht wörtlich zu lesen: 'Aus der (...) Verpflichtung der Behörde, über die Zulässigkeit (...) zu entscheiden, ergibt sich nämlich, daß die Aufnahme bzw. die Fortsetzung der bereits aufgenommenen Arbeiten bis zur Entscheidung über einen nach §16(5) EisbG gestellten Antrag untersagt ist.'

Doch derartige verfahrensrechtliche Mängel stören sozialistische Verkehrsminister offensichtlich nicht, erklärte der nunmehrige Bundeskanzler Klima damals doch öffentlich, was er von Bürgerbeteiligung und Genehmigungsverfahren hält, so: 'In Deutschland gibt es Strecken, wo schon Züge fahren, während die Einsprüche noch laufen.' (Standard, 12.12.94)

Die Hoffnung des Rechnungshofpräsidenten, daß 'die Anregungen zu einem fruchtbaren, dem wirtschaftlichen Einsatz öffentlicher Mittel dienenden Dialog führen' werde, scheint daher trügerisch gewesen zu sein.

Dabei, und das ist das eigentliche Problem, gäbe es eine Unzahl wesentlich wichtigerer Bahnbauprojekte, die derzeit wegen Geldmangels zu scheitern drohen, zumal der Semmeringtunnel, soll er tatsächlich eine wesentliche Beschleunigung der Südbahn bewirken, ja nur ein kleiner Baustein ist: Sogar der damalige Verkehrsminister Klima selbst erklärte (APA, 30.9.94), dieser Ausbau nach Kärnten werde die fünffache Summe verschlingen, eine Dimension, die ziemlich exakt jener einer sparsam ausgeführten Südostspange, also einer völlig neu trassierten Südbahn über das Burgenland, entspricht. Diese wird daher realistischerweise – weil die Mittel ja bereits in die alte Südbahn investiert wurden – nie realisiert werden können, obwohl so eine wesentliche Beschleunigung, große zusätzliche Kapazitäten und auch neue Verkehrserschließungen bisher vernachlässigter Regionen annähernd zum gleichen Preis erzielbar wären.

Es zeigt sich an diesem Beispiel dramatisch, welcher Schaden mangels koordinierter Planung – der Bundesverkehrswegeplan existiert bekanntlich immer noch nicht, und eine vorläufige Prioritätenreihung der vorliegenden Projekte, wie sie die FPÖ wiederholt gefordert hat, wurde nie vorgenommen – entsteht. Es gibt zwar eine diesbezügliche Studie, diese wird aber wohlweislich geheimgehalten, weil sie nicht die prestigeträchtigen Großprojekte, sondern kleinere Vorhaben wie Sicherungstechnik ganz oben reiht. Die Investitionsentscheidungen erfolgen günstigstenfalls nach dem Zufallsprinzip – nicht selten hat man den Eindruck, daß es vielmehr recht konkrete, nicht unbedingt aber verkehrspolitische, Interessen sind, die den Ausschlag geben – und haben zu einem ineffizienten Einsatz der ohnedies knappen Mittel geführt und drohen, dies weiter zu tun.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher an den Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr nachstehende

Dringliche Anfrage:

1. Was hat Sie dazu bewogen, als eine Ihrer ersten Handlungen im neuen Ressort sich für die Fortsetzung des zu recht umstrittensten Bahnbauprojektes, einzusetzen?

2. Ist es richtig, daß Gegner des Tunnelprojektes bei Ihnen trotz zahlreicher Ersuchen keinen Gesprächstermin erhielten; wenn ja, warum wollen Sie sich deren Argumenten von vornherein verschließen?

3. Ist Ihnen bekannt, daß mehrere Landeshauptleute, insbesondere auch der Wiener Bürgermeister, sich für die Errichtung dringender Nahverkehrsausbauten wie der S7 anstelle des Semmeringbasistunnels aussprechen?


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4. Ist es richtig, daß die Finanzierung der S7 – trotz des offensichtlichen Mißerfolges der Interessentensuche beim Semmeringtunnel – privat erfolgen soll, was zweifellos eine weitere Verzögerung bewirken würde?

5. Wieviel wird der Sondierstollen nach derzeitigem Stand kosten; wieviel war bei der Auftragsvergabe vorgesehen und wer kommt für die Mehrkosten auf?

6. In welchem genauen finanziellen Umfang wurden im Zusammenhang mit dem Semmeringbasistunnel bisher Aufträge erteilt, in welchem abgewickelt?

7. In welchem genauen Umfang ist die Finanzierung des Semmeringbasistunnels derzeit durch jeweils wen gesichert?

8. Halten Sie es für vertretbar, hunderte Millionen Schilling an Steuergeldern in ein Projekt zu investieren, dessen Weiterbau finanziell nicht geklärt ist?

9. In welcher genauen Form und welchem genauen Umfang erwarten Sie eine Privatbeteiligung an den Errichtungskosten und wie hoch schätzen Sie diese aktuell ein?

10. Welchen genauen Beschäftigungseffekt erwarten Sie durch die Errichtung dieses Tunnels beim Bau selbst sowie andererseits durch die Einsparung von Eisenbahnern im Betrieb danach?

11. Welche Möglichkeiten sehen Sie, bei der Auswahl der Baufirmen/Investoren zumindest zu erreichen, daß im Falle einer Errichtung des Tunnels österreichische Bauarbeiter beschäftigt werden, zumal sich mehrheitlich ausländische Firmen beworben haben?

12. Können Sie ausschließen, daß es dabei in irgendeiner Form zu staatlichen Garantien kommt, zumal einige der Bieter bereits öffentlich erklärt haben, daß dies die Voraussetzung für die Wirtschaftlichkeit sei?

13. Wieviel wird die Führung eines Zuges durch den Tunnel unter der Annahme der derzeit – extrem niedrig – geschätzten Baukosten kosten, wenn damit diese Baukosten wieder verdient werden sollen und ist es richtig, daß ein jährliches Benützungsentgelt von rund 300 Mio. S geplant ist, was etwa doppelt so viel wie bisher wäre?

14. Wie wollen Sie die finanziellen Mittel für die übrigen im Zuge des Südbahnausbaues erforderlichen Projekte – nach Angaben Ihres Vorgängers Klima über 30 Mrd. S – aufbringen?

15. Halten Sie es angesichts dieser gewaltigen Investitionsvolumen für realistisch, in der Folge auch noch eine zweite Südbahn, die in der Sparvariante etwa noch einmal soviel, in jener der 'Machbarkeitsstudie' sogar noch wesentlich mehr kosten dürfte, zu errichten, so wie dies aufgrund der Verordnung, mit der diese 'Südostspange' zur Hochleistungsstrecke erklärt wurde, vorgesehen ist?

16. Halten Sie es für richtig, damit praktisch die Südostspange aufzugeben, gerade zu einem Zeitpunkt, da Raumplaner vorschlagen, diese wegen ihrer europaweiten Bedeutung in die Reihe der von der EU mitzufinanziernden Projekte aufzunehmen?

17. Ist Ihnen bewußt, daß dieses Projekt aber kaum mehr wirtschaftlich realisierbar sein wird, wenn – so wie dies konkret geplant ist – eine Parallelstrecke in Ungarn und Slowenien errichtet wird und welche Konsequenzen ziehen Sie daraus?

18. Ist Ihnen bewußt, daß diese Strecke neben der Fahrzeitverkürzung zwischen Wien und Graz bzw. Klagenfurt auch eine wesentlich bessere Erschließung der betroffenen Regionen bewirken könnte und durch den Koralmtunnel erst die Voraussetzung für ein einigermaßen konkurrenzfähiges Angebot im Schienenverkehr Graz–Klagenfurt schaffen würde, was mit einem Ausbau der bestehenden Südbahn nie zu erreichen ist?

19. Welche Überlegungen waren dafür maßgeblich, daß im Bereich des 'Knoten Obersteiermark' ausgerechnet der Galgenbergtunnel gebaut wurde, der lediglich eine geringfügige Fahrzeitver


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kürzung zwischen Leoben und St. Michael ermöglichen wird, der wesentlich sinnvollere, weil kapazitätserhöhende Traidersbergtunnel als Verbindung zur Schoberpaßstrecke hingegen weiter auf die Realisierung warten muß?

20. Sind Sie der Ansicht, daß in den letzten Jahren tatsächlich stets die wichtigsten Bahnprojekte in Angriff genommen wurden?

21. Welche Gründe sind dafür maßgeblich, daß es bis heute kein nachvollziehbares System einer Prioritätenreihung im Bereich des Verkehrsinfrastrukturbaues gibt und wann wird endlich – auf der Basis des Bundesverkehrswegeplans oder möglichst in vorläufiger Form schon vorher – eine solche Reihung vorgenommen werden?

22. Sind Sie bereit, dem Nationalrat die im Auftrag Ihres Hauses und der ÖBB-Infrastruktur erstellte Studie über die Priorität von Bahnausbauvorhaben zur Verfügung zu stellen; wenn nein, warum nicht?

23. Wie hoch waren in den letzten Jahren die Investitionen in die einzelnen mittlerweile fertiggestellten Eisenbahninfrastrukturprojekte und welcher konkrete finanzielle Erfolg war damit bisher verbunden?

24. Welche genauen fahrplanmäßigen Vorhaben der ÖBB liegen diesem Infrastrukturausbau zugrunde, zumal der Taktfahrplan NAT, für den mittels des Semmeringtunnels ein symmetrischer Taktknoten erreicht werden sollte, gerade in der Steiermark (Richtung Westen) massiv ausgedünnt und beispielsweise wichtige Tagesrandverbindungen bereits gestrichen wurden?

25. Wie verantworten Sie bzw. Ihr Ressort die Tatsache, daß mit dem Bau des Sondierstollens bereits vor dem Vorliegen des eisenbahnrechtlichen Bescheides begonnen wurde ?

26. Wie verantworten Sie bzw. Ihr Ressort die Tatsache, daß dieser Bau auch nach dem Spruch des Verwaltungsgerichtshofes, der ausdrücklich festhielt, daß bis zu einer Entscheidung der Behörde über die fraglichen Anträge die Bauarbeiten untersagt seien, fortgesetzt wurde und wird?

27. Wie hoch sind die vorläufig ausgelegten Anwaltskosten, welche der HL-AG in dem Verfahren entstanden, das sie gegen Herrn Dipl.-Ing. Christian Schuhböck führt, weil sich dieser in einer Tageszeitung kritisch geäußert hat? Werden Sie die HL-AG anweisen, nicht länger auf Kosten des Steuerzahlers gegen einen engagierten Landschaftsökologen zu prozessieren?

28. Der Verfassungsgerichtshof hat überdies am 5. Dezember 1995 (Zl. B 274/95-27) festgestellt, daß die Trassenverordnung (BGBl. 472/1991) nach § 3 Abs. 1 Hochleistungsstreckengesetz (BGBl. 135/1989) keine Rechtsgrundlage für das eisenbahnrechtliche Baugenehmigungsverfahren gem. §§ 35 und 36 des Eisenbahngesetzes darstellt. Daher lag mit dem Erlaß der Trassenverordnung noch keine Projektgenehmigung im Sinne von Artikel 1 der Richtlinie über die UVP (85/337/EWG vom 27. Juni 1985) vor. Ist Ihnen bewußt, daß das bedeutet, daß Sie damit ein UVP-pflichtiges Projekt ohne vorherige Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung durchführen lassen?

29. Warum haben Sie und Ihre Vorgänger die massiven Bedenken des Rechnungshofes gegen die ihrer positiven Entscheidung für den Semmeringbasistunnel zugrundeliegende Prognos-Studie ignoriert?

30. Wie stellt sich aus Ihrer Sicht die Finanzierung des – sicher nicht kostendeckenden – Weiterbetriebes der alten Bahnstrecke, wie sie seinerzeit zwischen dem Verkehrsministerium und dem Land Niederösterreich vereinbart wurde, dar?

31. Schließen Sie – im Sinne des genannten Übereinkommens – aus der Sicht des Bundes aus, daß die alte Semmeringstrecke nach Fertigstellung des Tunnels als unrentable Nebenbahn, so wie zahlreiche andere Linien derzeit, eingestellt wird?


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32. Sind Sie bereit, in Anbetracht der diskutierten Probleme und der – auch nach Ansicht des hauptbetroffenen Bundeslandes Niederösterreich und Wiens – niedrigen verkehrspolitischen Priorität des Semmeringbasistunnels im Vergleich zu anderen Bahnprojekten, den Baustopp wieder in Kraft zu setzen?

In formeller Hinsicht wird verlangt, diese Anfrage im Sinne der Bestimmungen des § 93(1) GOG dringlich zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu behandeln."

*****

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Ich erteile Herrn Abgeordneten Rosenstingl als erstem Fragesteller zur Begründung der Anfrage das Wort. Gemäß § 93 Abs. 5 der Geschäftsordnung beträgt die Redezeitbeschränkung 20 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Präsident Dr. Fischer übernimmt den Vorsitz.)

15.01

Abgeordneter Peter Rosenstingl (Freiheitliche): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Bundesminister! Ihre Äußerungen während der vergangenen Tage haben uns Freiheitliche dazu gebracht, die heutige Dringliche Anfrage zu stellen. Es ist uns nämlich unverständlich, daß Sie trotz aller negativen Entwicklungen im Bereich des Semmering-Basistunnels ohne Rücksicht auf Verluste an diesem unsinnigen Projekt festhalten, und noch unverständlicher ist es für uns, wie Sie dieses Festhalten laufend begründen.

Herr Bundesminister! Wir alle kennen das Problem des Wassereinbruchs in den Sondierstollen. All das wurde von den Kritikern des Semmering-Basistunnels vorausgesagt. Der Wassereinbruch ist wesentlich umfangreicher, als selbst der schärfste Kritiker je befürchtet hat. Sie finden kein Mittel dagegen. Sie und die Firma, die das Projekt betreibt, stehen an. Die Situation, daß mindestens 150 Liter Wasser pro Sekunde in den Stollen eintreten, besteht unverändert weiter.

Herr Bundesminister! Ohne Rücksicht auf die Natur halten Sie stur an diesem Projekt fest.

In diesem Zusammenhang ist auch zu kritisieren, wie Sie sich persönlich in diesem Bereich verhalten. Es gibt Menschen, die berechtigte Bedenken haben, die diese Bedenken formulieren und mit Ihnen besprechen wollen. Es handelt sich dabei um Menschen – das möchte ich besonders betonen –, die bisher mit all ihren Prognosen viel öfter recht gehabt haben als Sie, Herr Minister, und alle Stellen, die Ihnen untergeordnet sind und gemeint haben, in diesem Bereich sei alles machbar.

Herr Bundesminister! Sie beziehungsweise Ihre Vorgänger – egal, ob das Klima oder Scholten war – haben gemeinsam mit der HL-AG, gemeinsam mit den Beamten Ihres Ministeriums, gemeinsam mit Prognos immer gemeint, alles sei machbar, es gebe keine Probleme. Sie oder Ihre Vorgänger haben sogar gemeint, das mit dem Wassereinbruch sei ein Unsinn, das werde man technisch schon hinbekommen.

Genau das Gegenteil ist eingetreten. Sie konnten überhaupt nichts regeln, Sie können diese Probleme nicht lösen. Sie haben den Wassereinbruch nicht hinbekommen. Aber die Menschen, die darüber in Sorge sind, die Menschen, die mit dem Herrn Bundesminister darüber sprechen wollen, können nicht zu ihm kommen, weil der Herr Bundesminister in seiner "Bürgernähe" ganz einfach Termine absagt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Bundesminister! Sie sollten die Meinungen der Kritiker des Projektes nicht ignorieren, sondern sollten sich diese Meinungen einmal anhören. Herr Bundesminister! Es ist mir unverständlich, daß Sie es, nachdem Sie einen Termin abgesagt haben, bis heute nicht der Mühe wert gefunden haben, den Leuten der Bürgerinitiative einen neuen Termin zu geben.

Das zeigt deutlich, wie "nahe" die Sozialdemokraten den Bürgern sind. Sie sind überhaupt nicht mehr bürgernah, ganz im Gegenteil: Bei ihnen geht es nur um Prestigeprojekte, bei ihnen geht es nur darum, daß irgendein Vorhaben nur deshalb, weil Herr Bundeskanzler Klima es so kräftig


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unterstützt hat, zu Ende geführt wird. Der Herr Bundeskanzler darf nicht irren. Auch wenn er unrecht hat, darf man das öffentlich natürlich nicht zugeben. Daher ignorieren Sie alles, daher entscheiden Sie gegen die Mehrheit der Österreicher. Wir alle wissen ja, daß die Mehrheit der Österreicher gegen dieses Projekt ist! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Bundesminister! Aber abgesehen vom Wassereinbruch – dazu wird mein Kollege Schweitzer noch einiges sagen –, abgesehen von den Umweltschäden ist dieses Projekt unwirtschaftlich und gereicht zum Schaden der österreichischen Steuerzahler. Es ist wirklich bedenklich, was Sie in den letzten Tagen darüber geäußert haben, auch deshalb, weil Sie ganz einfach das Wort brechen, das die Regierung gegeben hat, weil Sie das Wort, das Streicher, Klima und Scholten den Bürgern gegeben haben, nicht mehr halten.

Herr Bundesminister! Diese Ihre Vorgänger – Streicher, Klima und Scholten – haben immer gemeint, daß es eine private Finanzierungsvariante geben wird. Was aber sagen die Sozialdemokraten, wenn sie sehen, daß sie unrecht haben – etwas, was wir Freiheitlichen natürlich vorausgesagt haben –: Wenn sie merken, daß sie unrecht haben, dann ist ihnen alles gleichgültig, dann richtet sich Einem alles, wie er es braucht, und er meint, wenn es keine private Finanzierung gibt, dann macht das halt der Staat.

Herr Bundesminister! Nicht "der Staat" macht das, sondern das "machen" dann die Steuerzahler! Aber wir wehren uns dagegen, daß Sie aufgrund von Unfähigkeit und zugunsten von Prestigeprojekten immer wieder den österreichischen Steuerzahler belasten! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Bundesminister! Oder ist es vielleicht Ihre Absicht, dann, wenn es keine private Finanzierung gibt, eine neue Schuldengesellschaft zu gründen? Wie wollen Sie diese nennen? "Schuldengesellschaft Semmering AG" – oder wie sonst? – Sie haben in der letzten Zeit nur Schuldengesellschaften gegründet, weil Sie budgetmäßig am Ende sind. Weil Sie beim Budget ausgliedern wollen, machen Sie aus allem eine Schuldengesellschaft: eine Schuldengesellschaft bei der Post und dergleichen mehr. Vielleicht wollen Sie jetzt ganz einfach eine Schuldengesellschaft für den Semmering-Basistunnel gründen, oder vielleicht übertragen Sie die Schulden einer schon bestehenden Schuldengesellschaft. Das haben wir ja alles schon erlebt.

Herr Bundesminister! Wir Freiheitlichen haben immer darauf hingewiesen, daß die Privatfinanzierung nicht funktionieren wird und daß sich diese Privatfinanzierung außerdem nicht rechnet. Nun werden wir in unserer Meinung bestätigt, aber Sie gehen von diesem Projekt nicht ab. Sie wollen den Steuerzahler damit belasten.

Ich bin gespannt, wie sich Ihr Koalitionspartner dazu stellen wird. In den letzten Tagen hat Bundesminister Einem mehrfach gemeint: Das muß nicht privat finanziert werden, das werden wir schon vom Staat aus machen. Ich möchte heute aus gegebenem Anlaß auf folgendes hinweisen:

Meine sehr geehrten Damen und Herren von der ÖVP! Am 24. Jänner 1996 hat Ihr Obmann, Vizekanzler Schüssel, in einem Schreiben an einen Interessierten, der wissen wollte, wie es beim Semmering-Basistunnel weitergeht, noch gemeint – ich möchte jetzt nicht den ganzen Brief zitieren, aber eine wesentliche Passage daraus –: Die ganze Sache Semmeringtunnel ist für mich nur ein weiteres Beispiel für die Realitätsverweigerung der SPÖ gegenüber anstehenden Problemen. Wir sagen daher – "wir" ist in diesem Fall die ÖVP –, daß entweder eine private Finanzierungslösung ohne Ausfallshaftung des Bundes gefunden werden muß, oder es wird nicht mit dem Bau begonnen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren von der ÖVP! Ich bin gespannt, ob Sie diese Zusage, die Ihr Bundesparteiobmann gegeben hat, einhalten werden. Ich habe nämlich in den letzten Tagen irgendeine Wortmeldung von seiten der ÖVP vermißt, als Antwort auf die Äußerungen von Bundesminister Einem, der gemeint hat, das Projekt müsse nicht privat finanziert werden. Ich habe darauf gewartet, daß Sie sagen: Mit uns nicht! Das wird nicht gehen, wir bestehen auf eine private Finanzierung! – Ich befürchte allerdings, daß Sie, wie immer, im Liegen umfallen werden. Sie sind ja bereits als Umfallerpartei bekannt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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Herr Bundesminister! Ihnen und Ihren Vorgängern – und dabei möchte ich insbesondere den ehemaligen Bundesminister Klima, den heutigen Bundeskanzler, erwähnen – ist es nicht gelungen, die Wirtschaftlichkeit dieses Projektes darzustellen.

Man redet nur immer darüber, wie wichtig das ist, und man meint, das werde sich schon rechnen. Aber es gibt keinerlei Grundlagen, die diese Wirtschaftlichkeit tatsächlich beweisen. Ich nehme allerdings an, daß Sie sich gar nicht seriös damit beschäftigen. Mich wundert es nämlich immer wieder, wenn es heißt, die Benützungsgebühren würden das schon einbringen.

Sie scheinen ganz zu vergessen, daß diese Benützungsgebühren unter anderem auch die Österreichischen Bundesbahnen bezahlen müssen. Eine solche Erhöhung der Benützungsgebühren können sich die Österreichischen Bundesbahnen aber nicht leisten. Was wäre daher die Folge einer Erhöhung der Benützungsgebühren, wenn dieses Projekt durchgeführt werden würde? – Die Folge wäre, daß diese Benützungsgebühren von den Bahnbenützern bezahlt werden müßten. Das heißt, es gibt entweder eine enorme Tariferhöhung in allen Bereichen, oder Sie bezahlen es in irgendeiner Form, durch irgendwelche Zuschüsse aus dem Budget, was wiederum bedeutet, daß der Steuerzahler voll und ganz für dieses Projekt aufkommen muß.

Meine sehr geehrten Damen und Herren von den Regierungsparteien! Der österreichische Steuerzahler ist nicht mehr belastbar. Sie sind mit Ihrem Belastungspaket bereits an die Grenzen des Erträglichen gegangen, und wir werden alles dagegen unternehmen, daß Sie aufgrund unsinniger Projekte weitere Steuerbelastungen oder Gebührenbelastungen in Österreich einführen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Bundesminister! Wie wenig ernst Sie und die Sozialdemokraten das Problem der Wirtschaftlichkeit dieses Projektes nehmen, zeigt der Umstand, daß bis heute kein Vertreter der Regierungskoalition und insbesondere keiner der jeweils zuständigen Verkehrsminister sich jemals mit der diesbezüglichen Rechnungshofkritik auseinandergesetzt hat.

Herr Bundesminister! Ich nehme an, Sie kennen das Schreiben des Rechnungshofes, in dem zur Prognos-Studie, die ja die Grundlage für den Bau des Semmeringtunnels sein sollte, Stellung genommen wird. Diese Studie hat übrigens niemanden, der sich jemals seriös damit beschäftigt hat, überzeugen können. Es war direkt peinlich, wie seinerzeit in den Ausschüssen über die Prognos-Studie gesprochen wurde und wie wenige Argumente für den Bau des Semmeringtunnels gefunden werden konnten.

Der Rechnungshof, der, wie ich meine, doch eine bedeutende Institution für dieses Haus ist – und er sollte das auch für die Regierung sein –, meint in seinem Schreiben über die Prognos-Studie – ich zitiere –: Es gelingt der Studie nicht, die betriebs- und volkswirtschaftliche Sinnhaftigkeit des Semmeringtunnels ohne schwerwiegende Einschränkungen nachzuweisen. – Zitatende.

Herr Bundesminister! Ich frage Sie: Warum haben Sie sich, warum haben sich Ihre Vorgänger, warum haben sich die Sozialdemokraten und die gesamte Regierung mit dieser Kritik bis heute nicht seriös auseinandergesetzt? – Die einzelnen Punkte dieses Briefes, dieser Rechnungshofstellungnahme weisen ja ganz konkret darauf hin, wo die Probleme liegen. Der Rechnungshof weist ja darauf hin, daß sich die Prognos-Studie in Teilbereichen selbst widerlegt.

Das ist etwas, was auch im Ausschuß diskutiert wurde, und es hat seinerzeit im Ausschuß auch keine Gegendarstellungen gegeben. Einzelne Abgeordnete haben zwar Bedenken gegen diese Studie eingebracht, aber seitens der Regierungsparteien hat man immer nur gesagt: Das steht in der Studie, das rechnet sich – Dinge, die gar nicht drinnen stehen, wenn man es sorgfältig und genau liest –, und daher wird es durchgeführt.

Was ist mit dem Problem der Kapazitätsgrenze? Wann wird sie erreicht? – Sie wird nicht kurzfristig erreicht, denn die Entwicklung zeigt etwas ganz anderes auf. Daher brauchen wir keine kurzfristige, sondern eine langfristige Lösung, wie zum Beispiel die Südost-Spange, die wir schon so oft besprochen haben.


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Was ist mit der Kritik des Rechnungshofes, der darauf hinweist, daß in der Prognos-Studie sehr umfangreich auf die Rollende Landstraße eingegangen wird? – Wir wissen, daß die Rollende Landstraße nicht unbedingt das Zukunftsprojekt ist. Ich glaube nicht, daß die Österreicher wirklich wollen, daß wir die Autos spazieren führen.

Was ist mit der Kritik des Rechnungshofes, wonach die Schwerpunktverlagerung – weg von den Gütersubventionen –, die im Bundesbahngesetz 1992 enthalten ist, nicht berücksichtigt wurde? Warum setzen Sie sich damit nicht auseinander, Herr Bundesminister? Warum nehmen Sie nicht einmal sachlich zu diesem Projekt Stellung, statt Aussagen zu treffen, die man so übersetzen könnte: Mit den Bürgern reden wir gar nicht, die brauchen wir uns nicht anzuhören, denn ich entscheide gegen die Mehrheit der Österreicher und werde das Projekt, wenn kein Geld von Privatfinanzierungen da ist, halt über das Budget finanzieren. – Als ob wir in Österreich keine Budgetprobleme hätten!

Herr Bundesminister! Setzen Sie sich einmal mit der Kritik seriös auseinander, dann wird es vielleicht auch eine konstruktive Diskussion geben können!

Was ist mit der Kritik des Rechnungshofes, daß das eigentliche Problem nicht der Semmering, nicht der Paßübergang ist, sondern die Vor- und Nachlaufstrecken? – Ich bin gespannt, was Sie in den nächsten Wochen in diesem Bereich machen werden und wie Sie sich zu diesen Problemen äußern werden. Vielleicht werden Sie heute dazu Stellung nehmen.

Herr Bundesminister! Ein weiterer Bereich wird von Ihnen, von den Sozialdemokraten, nicht erörtert – leider auch von der ÖVP nicht, Herr Kollege Kukacka, weil sie hier in diesem Haus nicht zu dem steht, was sie außerhalb immer wieder sagt oder was der Herr Bundesparteiobmann sagt. Dieser hat ja auch gesagt, daß ein Semmeringtunnel nicht in Frage komme, wenn er nicht privat finanziert werde. – Was ist mit dem Bereich der Verkehrsinfrastruktur-Investitionen und der Notwendigkeit dieser Investitionen? (Abg. Mag. Kukacka: Abwarten!)

Herr Bundesminister! Wenn wir darüber sprechen, welche Verkehrsinfrastruktur-Investitionen notwendig sind, dann kommt als Antwort nicht: der Semmering-Basistunnel, sondern dann kommt als Antwort: Der Schwerpunkt liegt im Nahverkehr. Das teilen Ihnen ja sogar schon Ihre eigenen Leute mit!

Herr Bundesminister! Wenn Sie schon nicht auf die Kritiker hören wollen, wenn Sie schon nicht auf die Opposition hier in diesem Hause hören, warum hören Sie dann nicht wenigstens auf Ihre eigenen Leute, auf die Vertreter der Regierungsparteien, zum Beispiel auf Herrn Landeshauptmann Pröll oder auf Herrn Bürgermeister Häupl? – Letzterer meint, der Ausbau des Nahverkehrs müsse Vorrang vor dem Semmering-Projekt haben. (Abg. Wurmitzer: Das löst die Verkehrsprobleme im Süden überhaupt nicht!)

Herr Kollege! Sie glauben doch nicht wirklich, daß Sie ein Verkehrsproblem lösen, wenn Sie ein Loch in den Berg graben, Herr Kollege! Das ist doch wirklich naiv bis ins letzte. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Mag. Kukacka. ) Verkehrsprobleme werden nur durch Organisation des gesamten Verkehrs in Österreich gelöst. (Zwischenrufe der Abg. Mag. Kukacka und Leikam. ) Herr Kollege Wurmitzer! Sie sind wirklich der einzige, der noch glaubt, daß man mit einem Loch im Berg ein Verkehrsproblem lösen kann!

Herr Kollege! Sie reden heute für den Semmering-Basistunnel und morgen bei der Bürgerversammlung gegen den Semmering-Basistunnel. Bleiben Sie von der ÖVP einmal bei einer Linie! Bleiben Sie bei der Linie, bei der Sie einmal waren, als Sie gesagt haben, das Projekt kommt ohne private Finanzierung nicht in Frage. Herr Kollege! Ich möchte bei Ihnen einmal Standfestigkeit sehen! Das ist alles, was ich mir von Ihnen wünsche! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Aber leider muß ich sagen, daß unsere Broschüre, was den Semmeringtunnel anlangt, recht behalten hat: Die ÖVP ist die Umfallerpartei. Das ist ganz klar.

Herr Bundesminister! Warum erkennen Sie nicht, daß wir in Österreich dringend Grundlagen brauchen, um die Verkehrsinfrastruktur zu planen und zu finanzieren? Es gibt zum Beispiel noch


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immer keinen Bundesverkehrswegeplan. Man könnte fast meinen – und wenn es nicht so ernst wäre, wäre es ja beinahe erheiternd –, daß bei den Sozialdemokraten die Minister aus einem bestimmten Grund so schnell wechseln: Immer dann, wenn einer merkt, er bringt nichts zusammen, geht er schnell in ein anderes Ressort.

Der vielgelobte Bundeskanzler Klima mag als Finanzminister die Österreicher mit dem Sparpaket belastet haben – das haben die Österreicher gemerkt, weil jetzt alle weniger Gehalt haben, weil alle geringere Bezüge haben –, aber niemand in Österreich weiß, was der Verkehrsminister Klima zustande gebracht hat, außer daß er den Transitvertrag bei den EG-Verhandlungen aufgegeben hat. Das ist seine einzige Leistung als Verkehrsminister, die der Öffentlichkeit bekannt ist. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Scholten hat uns bei seiner ersten Verkehrsausschußsitzung mitgeteilt: Wir werden jetzt verstärkt am Bundesverkehrswegeplan arbeiten. Was war das Ergebnis? – Funkstille, und zwar bis zu heutigen Tag! Der Bundesverkehrswegeplan liegt nicht vor, und Sie, Herr Bundesminister, wissen wahrscheinlich noch gar nicht, wie diese Arbeit aussieht. Eigentlich habe ich mir vorgestellt, daß Sie uns bei Ihrer ersten Verkehrsausschußsitzung ein bißchen etwas darüber sagen werden, was Sie vorhaben. Sie sagen aber überhaupt nichts. Sie haben uns im Ausschuß nur erzählt, daß etwaige Verzögerungen im Verkehrsministerium eigentlich am Außenamt lägen, also daß Mock und sein Nachfolger schuld daran wären. Mock und Schüssel waren schuld, sonst haben Sie uns nichts Brauchbares erzählt.

Herr Bundesminister! Wir verlangen bei den Investitionsvorhaben im Infrastrukturbereich zumindest eine vorläufige Prioritätenreihung. Was aber machen Sie, Herr Kollege Parnigoni? – Sie lehnen unsere Anträge ab! Wenn wir fordern, daß bei den Infrastrukturinvestitionen die Prioritäten gereiht werden, damit wir alle wissen, was wichtig ist, dann wird dieser Antrag abgelehnt. Und warum wird er abgelehnt? –Weil Sie, Herr Bundesminister, ganz genau wissen, daß es in Ihrem Ministerium eine Studie gibt, die Sie – auch Ihre Vorgänger haben das gemacht; das muß ich immer dazusagen – unter Verschluß halten, weil genau das Gegenteil von dem drinnen steht, was Sie immer sagen.

Aus dieser Studie geht nämlich nicht hervor, daß der Semmeringtunnel die wichtigste Investition in Österreich ist, sondern da kommt etwas ganz anderes heraus. Diese Studie beinhaltet, daß andere, kleinere Vorhaben wesentlich wichtiger sind als der Semmering-Basistunnel. Diese Studie beinhaltet, daß Investitionen in die Sicherungstechnik notwendig sind, etwas, was wir Freiheitliche immer wieder gefordert haben und was Sie nicht durchführen, Herr Bundesmini-ster!

Investitionsentscheidungen in Österreich fallen nicht nach verkehrspolitischen Interessen, sondern sie fallen nach parteipolitischen Interessen. Die Freiheitlichen werden nicht aufhören, Herr Bundesminister, dieses unsinnige Projekt zu bekämpfen. Niemand braucht das Loch in diesem Berg, Herr Bundesminister! Es ist eine Zumutung, wenn Sie jetzt den Steuerzahler für dieses Projekt zur Kasse bitten wollen. (Zwischenruf des Abg. Seidinger. )

Herr Kollege! Sie sollten sich nicht melden, denn als ich gefragt habe: Was machen Sie gegen einen Wassereinbruch?, haben Sie gesagt, wir lösen ganz andere Probleme, die Technik kann alles. Eine unsinnigere Aussage – Technik gegen Natur – habe ich noch nie gehört, Herr Kollege! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Bundesminister! Ich werde nicht aufhören, hier in diesem Haus und in ganz Österreich die Allianz der Vernünftigen einzufordern. Wir müssen gemeinsam dieses Projekt verhindern (Zwischenrufe bei der SPÖ), im Sinne des Naturschutzes in Österreich und im Sinne des österreichischen Steuerzahlers, auf den Sie von der Regierung keine Rücksicht nehmen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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15.21

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gemeldet hat sich der Herr Bundesminister. Ich erteile es ihm. – Bitte, Herr Minister.

15.21

Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr Dr. Caspar Einem: Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Abgeordneter Rosenstingl! Ich erinnere mich durchaus an eine Überschrift in einer APA-Aussendung: Rosenstingl für sofortigen Bau des Semmeringtunnels. (Rufe bei der SPÖ: Oh!) Das ist eine interessante Aussage gewesen, weil Sie zu jener interessanten politischen Fraktion zählen, Herr Abgeordneter – das kann ich Ihnen heute noch zeigen, wenn Sie es wünschen –, für die es gute und schlechte Tunnels durch den Semmering gibt. (Zwischenruf des Abg. Mag. Schweitzer. )

Wenn der Semmeringtunnel für Autos gebaut wird, dann ist er gut, dann gibt es keine Wassereinbruchsprobleme, und wenn er für die Bahn gebaut wird, ist er schlecht, weil dann sind die Wassereinbruchsprobleme nicht lösbar. (Abg. Böhacker: Keine Polemik von der Regierungsbank aus!)

Herr Abgeordneter! Es wäre sinnvoll, daß wir, wenn wir über Verkehrspolitik sprechen, Sachfragen diskutieren und nicht auf der Gefühlstrommel ohne jeden Sachbezug dahinreden. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ing. Reichhold: Sie polemisieren von der Regierungsbank!)

Sie haben eine ganze Reihe von Fragen an mich gestellt. Wenn Sie den Wunsch haben, daß ich sie beantworte, werde ich sie beantworten (Abg. Ing. Reichhold: Treten Sie den Beweis an! Sie können gut etwas behaupten! Treten Sie den Beweis an!) , und Sie könnten auch, Herr Abgeordneter, so freundlich sein, den Antworten zu lauschen, sonst hätten Sie gleich nicht zu fragen brauchen. (Beifall bei der SPÖ.)

Frage 1 lautet: "Was hat Sie dazu bewogen, als eine Ihrer ersten Handlungen im neuen Ressort sich für die Fortsetzung des zu Recht umstrittensten Bahnbauprojektes einzusetzen?"

Ohne der Frage im Detail nachzugehen, ob das das umstrittenste Bahnbauprojekt ist, ist die Antwort relativ einfach. Ein Journalist, der mich in meinen ersten Amtstagen danach gefragt hat, wie ich zum Semmering-Basistunnel stehe, hat darauf jene Antwort bekommen, die nach der Sach- und Informationslage meines Hauses darauf zu geben war.

Ich darf Ihnen auch noch etwas mehr dazu sagen: Ziel einer zeitgemäßen Verkehrspolitik ist nach meiner festen Überzeugung die Sicherstellung einer für Mensch und Umwelt auf Dauer verträglichen Mobilität. Da ich mich zu einer wirklichen Verkehrsverlagerung von der Straße auf die Schiene bekenne – wir haben heute schon Gelegenheit gehabt, über diese Frage hier zu sprechen –, hat der Ausbau einer modernen und leistungsfähigen Schieneninfrastruktur für mich allergrößte Bedeutung. (Beifall bei der SPÖ.)

Darüber hinaus möchte ich festhalten, daß der Ausbau der Pontebbana-Achse ein gemeinsames Ziel der Bundesregierung ist, welches sich durch einen einstimmigen Ministerratsbeschluß manifestiert und auch ein wichtiger Bestandteil eines integrierten europäischen Schienennetzes ist.

In diesem Zusammenhang bewirkt der Neubau des Abschnittes Gloggnitz–Mürzzuschlag, verkürzt auch Semmering-Basistunnel genannt, eine Verkürzung der Strecke um mehr als 40 Prozent, Ersparnisse bei Betriebs- und Erhaltungskosten, weiters die Möglichkeit, alle Formen des Kombinierten Verkehrs abwickeln zu können, und eine Verkürzung der Reisezeit. Also insgesamt kommt es dadurch zu einer deutlich verbesserten Angebotsqualität auf der Schiene, zu erhöhten Wettbewerbsbedingungen für die Schiene, und damit werden die Voraussetzungen für eine verstärkte Verkehrsverlagerung von der Straße auf die Schiene geschaffen. Das ist auch unser Ziel.

Sie fragen zweitens, ob es richtig ist, daß Gegner des Tunnelprojektes bei mir trotz zahlreicher Ersuchen keinen Gesprächstermin erhielten, und, wenn ja, warum ich mich den Argumenten der Gegner von vornherein verschließe.

Herr Abgeordneter! Ich verschließe mich den gegnerischen und den befürwortenden Argumenten nicht. Ich darf allerdings in Erinnerung rufen, daß ich jetzt etwa sieben Wochen im Amt bin


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und die Wünsche nach Gesprächen mit mir etwa im Terminkalender vier bis fünf Monate füllen würden. Es ist nicht möglich gewesen, alle Terminwünsche, die in der Zwischenzeit an mich herangetragen worden sind, zu erfüllen, aber wir werden auch die Terminwünsche dieser Gruppen, die Sie ansprechen, zu erfüllen wissen.

Es ist aber derzeit auch nichts verloren. Derzeit ist eine Periode, in der in erster Linie die Frist bis zur Abgabe von Angeboten der Interessenten läuft; wie Sie wissen, läuft sie noch bis 31. März.

Zur Frage 3, ob mir bekannt ist, daß mehrere Landeshauptleute, insbesondere auch der Wiener Bürgermeister, sich für die Errichtung dringender Nahverkehrsbauten wie etwa der S 7 anstelle des Semmering-Basistunnels aussprechen:

Hiezu lautet die Antwort einfach: Nein, das ist mir nicht bekannt. Die Landeshauptleute von Wien und Niederösterreich haben im Rahmen einer gemeinsamen Pressekonferenz eine Verbesserung des Personennahverkehrs in der Ostregion verlangt und haben meine volle Unterstützung. Es ist überhaupt keine Frage, daß der Personennahverkehr in der Ostregion einer Verbesserung bedarf, und wir werden sie mit aller Kraft vorantreiben. Das ist nicht der Punkt, meine Damen und Herren von den Freiheitlichen! (Beifall bei der SPÖ.)

Mir ist allerdings auch bekannt, um das zu ergänzen, daß sich Landeshauptmann Pröll jetzt gegen den Bau des Semmering-Basistunnels ausspricht, wobei anzumerken ist, daß sich Landeshauptmann Pröll noch im Jahr 1991 in einem Übereinkommen mit dem damaligen Verkehrsminister für die Errichtung eines Semmering-Basistunnels zur Ermöglichung eines effizienten Verkehrs in diesem Bereich ausgesprochen hat. Es ist das nicht besonders überraschend, weil es damit zusammenfällt, daß etwa auch Ihr seinerzeitiger Landeshauptmann von Kärnten eine ähnliche Forderung erhoben hat.

Ich möchte Sie darauf hinweisen, daß die Kärntner Landesregierung ebenfalls im Jahre 1991 das sogenannte Kärntner Memorandum beschlossen hat, und zwar mit dem dringenden Ersuchen, den Semmering-Basistunnel zu realisieren. (Abg. Parnigoni: Wer war das?) Der damalige Landeshauptmann Jörg Haider hat in einem Brief an Bundeskanzler Vranitzky ersucht (Rufe bei SPÖ und ÖVP: Oh!) , die darin erhaltenen Vorhaben zum Wohle Kärntens und der Bevölkerung zu verwirklichen. Daß Sie heute hier nichts Dringenderes zu tun haben, als andere zu geißeln, wundert mich. (Beifall bei der SPÖ. – Rufe und Gegenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Es ist aber unwahr, wenn ich das mit aller Deutlichkeit sagen darf, daß sich der Herr Landeshauptmann von Wien, Häupl, gegen den Semmering-Basistunnel ausgesprochen hätte. Die Forderungen – ich habe es bereits erwähnt – der beiden genannten Landeshauptleute nach Förderung und Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs entspricht durchaus auch meinen verkehrspolitischen Intentionen und steht keinesfalls im Widerspruch zum dringend notwendigen Ausbau der Südbahn. Daher wurde bereits von meinem Vorgänger und von mir ein Großteil der geforderten Nahverkehrsprojekte in den sogenannten Übertragungsverordnungen 1 bis 3 zur Planung beziehungsweise zum Bau übertragen.

Ich darf vielleicht noch etwas ergänzen: Ich glaube nicht, daß es besonders sinnvoll ist, Aspekte des Güterverkehrs und des Personenverkehrs ständig gegeneinander auszuspielen, meine Damen und Herren von den Freiheitlichen! Ich denke mir, daß Sie auch zur Kenntnis nehmen müssen, daß eine Region wie die Ostregion Österreichs nicht nur darin Bedarf hat, die Pendler auf angemessene Weise zu versorgen, sondern daß wir hier auch einen bedeutsamen Wirtschaftsraum vor uns haben, in dem eine Reihe von Gütern produziert wird, die keineswegs alle in diesem Raum konsumiert oder verbraucht werden. Und weil das so ist, ist es auch notwendig, diese Güter auf möglichst umweltschonende Weise dorthin zu bringen, wo sie nachgefragt werden, sei dies nun im eigenen Land oder im Ausland.

Ich darf noch einmal darauf zurückkommen: Der Grundsatz, den wir vertreten, ist, den Güterverkehr soweit als irgendwie möglich auf der Schiene durchzuführen, weil dies die umweltfreundlichste Form des Verkehrs ist. (Beifall bei der SPÖ.)


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Gerade in diesem Bereich besteht aber ein besonderer Engpaß auch auf der Südbahnstrecke, weil die Möglichkeiten des Kombinierten Verkehrs auf der mehr als 150 Jahre alten Ritter-von-Ghega-Bahn bereits an Grenzen stoßen. Dagegen haben Sie kein einziges Argument angeführt, und dagegen ist auch kein Argument anzuführen.

Wenn wir also sagen, wir wollen den Ausbau einer leistungsfähigen Güterverkehrschance auf der Schiene nicht, weil wir keine Löcher in Berge graben, Herr Abgeordneter, dann sollten wir zugleich den Menschen, die in diesem Raum leben, sagen, daß das mehr LKW-Verkehr auf der Straße bedeutet, und das werden sie Ihnen auch danken, wenn Sie das deutlich genug sagen. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)  – Herr Abgeordneter! Das kann ich Ihnen ohneweiters beantworten, weil die von Ihnen gestellte Anfrage vor allem Polemik enthält! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren von den Freiheitlichen! Lassen Sie mich vielleicht noch eine ergänzende Anmerkung machen. Wenn es Ihnen möglich ist, in der Verkehrspolitik gesamtösterreichisch zu denken, dann sollten wir jene Grundsätze, für die wir gemeinsam, wie ich glaube – ich habe zumindest unlängst mit Herrn Landesrat Lugger dazu ein ausführliches Gespräch gehabt –, in Tirol eintreten, vielleicht auch für Wien und Niederösterreich umsetzen, und das ist die Verlagerung auf die Schiene! (Beifall bei der SPÖ.)

Viertens haben Sie mich gefragt, ob es richtig ist, daß die Finanzierung der S 7 – trotz des offensichtlichen Mißerfolges der Interessentensuche beim Semmeringtunnel – privat erfolgen soll, was zweifellos eine weitere Verzögerung bewirken würde.

Meine Antwort hiezu ist: Da die Interessentensuche für den Bau des Semmering-Basistunnels erst Ende März, nämlich am 31. 3, abgeschlossen sein wird, kann zum heutigen Zeitpunkt der Erfolg noch nicht beurteilt werden. Ich bitte aber hier nochmals um Verständnis, daß Interna über die Interessentensuche für eine Veröffentlichung derzeit – nicht zuletzt aus vertraglichen und juristischen Gründen – nicht geeignet sind.

Zum Ausbau der S 7 möchte ich aber festhalten, daß aufgrund einer Vereinbarung zwischen dem damaligen Bundesminister Klima und seinem slowakischen Amtskollegen für einen zügigen Ausbau der Eisenbahnverbindung Wien – Flughafen Wien – Bratislava – Flughafen Bratislava zunächst eine gemeinsame Ausschreibung für einen Berater erfolgte, da diese Verbindung im Rahmen einer Public-Private-Partnership errichtet werden soll. Dabei wurde Salomon Brothers International ausgewählt, da diese Beratergruppe als einzige praktische Erfahrungen im Bereich der Privatisierung und bei der privaten Finanzierung im Schienenbahnbereich hat, nämlich bei der Arlandabanan in Schweden.

Hervorzuheben ist weiters, daß es sich beim gegenständlichen Projekt, nämlich dem Projekt der S 7, um die Schaffung eines marktkonformen Gesamtsystems und nicht bloß um die Verbesserung bestehender Streckenteile handelt. Ich sehe daher diesem Konzept mit großem Optimismus entgegen.

Fünftens: Wieviel wird der Sondierstollen nach derzeitigem Stand kosten; wieviel war zum Zeitpunkt der Auftragsvergabe vorgesehen gewesen?

Die Antwort: Der Bauauftrag für den Sondierstollen wurde 1994 mit einer Summe von damals 440 Millionen Schilling erteilt, und zwar ohne Preisgleitung. Die Kostenschätzung auf heutiger Basis beträgt 570 Millionen Schilling.

Sechstens: In welchem genauen finanziellen Umfang wurden im Zusammenhang mit dem Semmering-Basistunnel bisher Aufträge erteilt und in welchem Umfang abgewickelt?

Im Zusammenhang mit dem Semmering-Basistunnel wurden bisher Aufträge im Zusammenhang mit der Planung der Bodenerkundung, der Grundeinlösung und der Errichtung des Pilotstollens im Umfang von 950 Millionen Schilling erteilt; davon sind bisher 650 Millionen Schilling abgerechnet.


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Siebentens: In welchem genauen Umfang ist die Finanzierung des Semmering-Basistunnels derzeit durch jeweils wen gesichert?

Die Finanzierung des Semmering-Basistunnels ist durch das Strukturanpassungsgesetz 1996 auch heute schon vollständig gesichert. Ungeachtet dieser Tatsache ist aber – ich würde Sie bitten, dem Aufmerksamkeit zuzuwenden – infolge der hohen Wirtschaftlichkeit des Projektes das PPP-Modell weiter zu betreiben. Deswegen betreiben wir diese Finanzierungsform. Jeder interessierte Zeitungsleser, Herr Abgeordneter Rosenstingl, weiß, daß der Abgabetermin für die Angebote mit 31. März fixiert ist und das Ergebnis der Interessentensuche jetzt, einige Tage davor, noch nicht bekanntgegeben werden kann.

Die achte Frage lautet: Halten Sie es für vertretbar, Hunderte Millionen Schilling an Steuergeldern in ein Projekt zu investieren, dessen Weiterbau finanziell nicht geklärt ist?

Ich habe bei der Beantwortung der vorhergehenden Frage bereits deutlich gemacht, daß das keine Frage der Sicherung der Finanzierung ist. Die Finanzierung ist bereits gesichert. Der Weiterbau des Semmering-Basistunnels ist gesichert, wenngleich wir – wie oben ausgeführt – für eine günstigere Finanzierung eintreten. Und dort ist auch der Ort, um das Rätsel aufzulösen, das Sie sich gestellt haben, was Ihnen der Herr Vizekanzler geschrieben hat.

Es ist überhaupt keine Frage, daß ich und auch meine Vorgänger versucht haben, die jeweils günstigste Form der Finanzierung für dieses Projekt zu finden. Und wenn wir im Rahmen einer Public-Private-Partnership-Finanzierung Partner finden, die bereit sind – und das ist eines der Ziele –, etwa das Kostenrisiko im Laufe dieses Baus zu übernehmen, dann ist das die günstigere Finanzierung, als wenn wir das selbst machen. Das ist überhaupt keine Frage, und das ist auch der Grund, warum wir diesen Weg gehen.

Wenn wir allerdings bei der Interessentensuche keine Angebote finden sollten, bei denen diese Interessenten dieses Risiko übernehmen, also uns nur Dinge anbieten, die wir auch alleine genausogut könnten, dann gibt es keinen vernünftigen Grund, diesen Weg zu gehen. Und das ist das, was ich in den letzten Tagen gesagt habe.

Im Interesse der Steuerzahler – diesbezüglich sind wir uns überraschenderweise sogar einig – geht es darum, sinnvolle Verkehrsprojekte so wirtschaftlich und billig wie möglich zu finanzieren. Das sind wir den Steuerzahlern schuldig – auch von meiner Seite aus. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Sie fragen neuntens: In welcher genauen Form und in welchem genauen Umfang erwarten Sie eine Privatbeteiligung an den Errichtungskosten, und wie hoch schätzen Sie diese ein?

Diese Frage kann ich Ihnen erst nach Vorliegen der privaten Angebote beantworten.

Zehntens: Welchen Beschäftigungseffekt erwarten Sie durch die Errichtung dieses Tunnels beim Bau selbst sowie andererseits durch die Einsparung von Eisenbahnern im Betrieb danach?

Diese Frage beantworte ich wie folgt: Gesamtwirtschaftliche Konsequenzen und Beschäftigungseffekte öffentlicher Ausgaben im Bereich der Infrastruktur sind durch viele Studien belegt. Ich möchte nicht alle im Detail anführen. Die Einschätzung der Beschäftigungswirkungen pro Milliarde öffentlicher Investition in diesen Sektoren reicht von 1 500 bis 4 460 Beschäftigte pro Jahr und Milliarde.

Die Budgeteffekte der Arbeitslosigkeit andererseits sind nach einer Studie von Busch dahin gehend einzuschätzen, daß ein Beschäftigungsrückgang von 1 Prozent – das sind grob gesprochen 29 000 bis 30 000 zusätzliche Arbeitslose – etwa knapp 5 Milliarden Schilling direkte und indirekte Kosten beim Staat verursacht.

Die Bahninfrastrukturinvestitionsprogramme von zirka 200 Milliarden Schilling auf Preisbasis von 1995 werden gestreckt auf 17 Jahre – und auf diese Periode beziehen sich diese 200 Milliarden Schilling – folgendes bewirken: eine Beschäftigung von etwa 26 000 Beschäftigten auf die Dauer


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von 17 Jahren, das sind also insgesamt etwa 440 000 Beschäftigungsjahre, weiters Geldrückflüsse an die öffentliche Hand von etwa 160 Milliarden Schilling, davon 120 Milliarden an den Bund.

Sie fragen elftens, welche Möglichkeiten ich sehe, bei der Auswahl der Baufirmen und Investoren zumindest zu erreichen, daß im Falle einer Errichtung des Tunnels österreichische Bauarbeiter beschäftigt werden, zumal sich mehrheitlich ausländische Firmen beworben haben.

Mir ist heute über die Zahl und die detaillierte Zusammensetzung jener Interessenten, die letztlich anbieten werden, noch nichts bekannt. Das werden wir am 31. 3. sehen. Aber eines kann ich auch sagen: Das, worauf es ankommt, ist, daß österreichische Arbeits- und Sozialrechtsstandards in vollem Umfang eingehalten werden. Das sind wir den Arbeitnehmern im Lande schuldig. (Beifall bei der SPÖ.)

Sie fragen weiters, ob ich ausschließen kann – offenbar bezieht sich diese Frage auf eine zuvor gestellte Frage –, daß es dabei in irgendeiner Form zu staatlichen Garantien kommt, zumal einige der Bieter bereits öffentlich erklärt haben, daß dies die Voraussetzung für die Wirtschaftlichkeit ist.

Herr Abgeordneter! Ich habe schon anläßlich des Kommentares zur vorherigen Frage bezüglich des PPP-Modells gesagt, wenn die privaten Anbieter von Finanzierung und Bau auch verlangen, daß der Bund die Summe garantiert, dann sind wir in einer Situation, in der wir eine Baufirma beauftragen könnten, zu bauen, in der wir uns von einer Bank Geld leihen könnten und im übrigen das Risiko tragen müßten. Dort kann ich den Vorteil einer privaten oder gemischt privat-öffentlichen Finanzierungsform nicht mehr erkennen. Dort wird diese Form sogar gegebenenfalls teurer, weil wir den Gewinnanteil der Anbieter auch noch zu zahlen haben.

Noch einmal: Wir sind es den Steuerzahlern schuldig, eine Finanzierung zu wählen, die sinnvolle, nützliche und notwendige Verkehrsinfrastruktur so wirtschaftlich wie möglich finanziert, und diese Entscheidung werde ich zu treffen haben. (Beifall bei der SPÖ.)

Sie fragen in Frage 13, wieviel die Führung eines Zuges durch den Tunnel unter der Annahme der derzeit, wie Sie sagen, "extrem niedrig" geschätzten Baukosten kostet, wenn damit diese Baukosten wieder verdient werden sollen, und ob es richtig ist, daß ein jährliches Benützungsentgelt von rund 300 Millionen Schilling geplant ist, was etwa doppelt so viel wie bisher wäre.

Die Höhe des künftigen Benützungsentgelts kann auch zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht im Detail ermittelt werden. Selbstverständlich kann aber davon ausgegangen werden, daß seitens der Österreichischen Bundesbahnen ein möglichst niedriges Benützungsentgelt angestrebt werden wird. Die Festsetzung des Benützungsentgelts fällt jedoch, falls der Weg der Public-Private-Partnership gewählt wird, ausschließlich in die Zuständigkeit des künftigen Konzessionärs, der bestrebt sein wird, ein erlösoptimales und daher keinesfalls ein überhöhtes Benützungsentgelt festzulegen.

Die Sicherstellung einer entsprechenden Kapitalrendite des Konzessionärs wird jedoch nicht ausschließlich über die Kalkulation des Benützungsentgelts erfolgen, da dieses nur einer von mehreren Bestandteilen der Gesamtkalkulation im Rahmen der Anbotslegung seitens des Konzessionswerbers sein wird können.

In Frage 14 fragen Sie, wie ich die finanziellen Mittel für die übrigen im Zuge des Südbahnausbaus erforderlichen Projekte – nach Angabe meines Vorgängers Klima über 30 Milliarden Schilling – aufbringen will.

Diese Mittel – das ist relativ einfach zu beantworten – sollen durch die Schieneninfrastruktur-Finanzierungsgesellschaft aufgebracht werden.

Zur Frage 15, ob ich es angesichts dieses gewaltigen Investitionsvolumens für realistisch halte, in der Folge auch noch eine zweite Südbahn, die in der Sparvariante etwa noch einmal soviel und in jener der Machbarkeitsstudie sogar noch wesentlich mehr kosten dürfte, zu errichten, wie


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dies aufgrund der Verordnung, mit der diese Südostspange zur Hochleistungsstrecke erklärt wurde, vorgesehen ist.

Antwort: Ja. Das halte ich für realistisch.

Zu den Fragen 16 und 18. Sie fragen: "Halten Sie es für richtig, damit praktisch die Südostspange aufzugeben, gerade zu einem Zeitpunkt, da Raumplaner vorschlagen, diese wegen ihrer europaweiten Bedeutung in die Reihe der von der EU mitzufinanzierenden Projekte aufzunehmen?" "Ist Ihnen bewußt, daß diese Strecke neben der Fahrzeitverkürzung zwischen Wien und Graz beziehungsweise Klagenfurt auch eine wesentlich bessere Erschließung der betroffenen Regionen bewirken könnte und durch den Koralmtunnel erst die Voraussetzung für ein einigermaßen konkurrenzfähiges Angebot im Schienenverkehr Graz – Klagenfurt schaffen würde, was mit einem Ausbau der bestehenden Südbahn nie zu erreichen ist?"

Ich beantworte diese Frage wie folgt: Die Südostspange stellt eine langfristige Perspektive für eine Kapazitätserweiterung Wien – Graz – Klagenfurt – Staatsgrenze Italien, die sogenannte Pontebbana Achse, dar und ist somit nicht im Konkurrenzverhältnis zur bestehenden Südbahn zu sehen. Vielmehr ist die Südbahn in Ergänzung um den Koralmtunnel und die Koralmstrecke durchaus ein leistungsfähiges Angebot in dieser Dimension.

Ferner wurde die Südostspange in die "gemeinschaftlichen Leitlinien für die Transeuropäischen Netze" aufgenommen, wodurch die Bedeutung dieser Hochleistungsverbindung für den langfristigen Ausbau des zentraleuropäischen Eisenbahnnetzes auch im Rahmen der Europäischen Union festzuhalten ist.

Als erster Schritt zur Realisierung des wichtigsten Teilabschnittes dieser langfristigen Netzergänzung, den auch Sie anführen, wurde am 29. Mai 1995 zwischen dem Bund und den unmittelbar beteiligten Bundesländern Steiermark und Kärnten vereinbart, daß die erforderlichen Planungsarbeiten für den Abschnitt Graz – Klagenfurt, also die Koralmbahn, unverzüglich begonnen werden. Die Planungstätigkeit wurde im vollen Umfang aufgenommen. Es ist allerdings auch daran zu erinnern, daß die Gesamtverkehrsspange, von der Sie hier sprechen, einen Realisierungszeitpunkt als Gesamtlösung vom Jahr 2020 hat und daher nicht mit heutigen Verkehrserfordernissen unmittelbar in Relation gesetzt werden kann.

Anläßlich des sogenannten Koralmgipfels vom 21. Oktober 1996 in Wolfsberg wurde von den anwesenden Repräsentanten der Länder Steiermark und Kärnten nachdrücklich die Bedeutung der Koralmbahn hervorgehoben und in einer Resolution zum Ausdruck gebracht, welche an den Herrn Bundeskanzler übermittelt wurde.

Aspekte der regionalen Entwicklung und Erschließung, insbesondere im Reiseverkehr, sprechen ganz eindeutig für die Realisierung einer Hochleistungsstrecke Wien – Graz, zusätzlich zur bestehenden Südbahn und zum Semmering-Basistunnel, ebenso die langfristigen Prognosen für den Güterverkehr. Die Kosten-Nutzen-Verhältnisse wurden in der Machbarkeitsstudie sowohl nach eigenwirtschaftlichen als auch nach gesamtwirtschaftlichen Kriterien ermittelt und ergaben für den Abschnitt Wien – Graz etwa gleichwertige Ergebnisse wie für den Abschnitt Graz – Tarvis.

Es ist jedoch festzuhalten, daß der Abschnitt Wien – Graz erst dann sinnvoll betrieben werden kann, wenn die Koralmbahn Graz – Klagenfurt fertiggestellt ist. Das heißt zugleich, daß auch der Abschnitt Wien – Graz als Zeitpunkt zur endgültigen Fertigstellung etwa das Jahr 2020 haben wird. Wir werden aber auch bis dahin eine leistungsfähigere Südbahn insbesondere im Interesse des Güterverkehrs und insbesondere im Interesse der Schonung der Anrainer an den Straßen vor zusätzlichem LKW-Verkehr brauchen. (Beifall bei der SPÖ.)

Ihre Frage 17 lautet: "Ist Ihnen bewußt, daß dieses Projekt aber kaum mehr wirtschaftlich realisierbar sein wird, wenn – so wie dies konkret geplant ist – eine Parallelstrecke in Ungarn und Slowenien errichtet wird und welche Konsequenzen ziehen Sie daraus?"


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Meine Antwort lautet: Es ist mir bekannt, daß es die Absicht gibt, zwischen Slowenien und Ungarn eine Bahnlinie zu errichten. Die Finanzierung dieses Projektes ist meines Wissens allerdings noch nicht, und zwar noch keineswegs, geklärt.

Relativ knapp neben dieser projektierten Linie gibt es bereits jetzt eine Bahnlinie von Slowenien über Kroatien nach Ungarn. Sollte also billiges Ostpreisniveau die Routenwahl beeinflussen, so kann Österreich bereits heute umfahren werden. Die geplante Verbindung über Murska Sobota stellt für Ungarn und Slowenien eher eine außenpolitische Unabhängigkeitsreserve dar.

Bei diesen Reserven zeigt sich – das gilt auch für andere Wirtschaftszweige, etwa für Gaspipelines –, daß man im allgemeinen keinen findet, der sie zu finanzieren bereit wäre, weil Unabhängigkeit allein kein Geld verdient.

Das angesprochene Projekt einer Direktverbindung zwischen Slowenien und Ungarn wird im Rahmen des paneuropäischen Korridors V insbesondere von Slowenien verfolgt. Nach derzeit vorliegenden Informationen ist die eingleisige Wiederherstellung einer Nebenbahn in zeitgemäßer Form zwischen Hodos und Zalalövö geplant, weil im Zuge des Korridors V derzeit nur Eisenbahnstrecken über kroatisches Territorium zur Verfügung stehen.

Da das anschließende Eisenbahnnetz in Slowenien und Ungarn nicht elektrifiziert ist, ist auch eine Elektrifizierung der projektierten Strecke derzeit nicht vorgesehen. Daher wird davon ausgegangen, daß dieses Projekt keinen entscheidenden Einfluß auf die Wirtschaftlichkeit der Südostspange haben wird.

Frage 19: "Welche Überlegungen waren dafür maßgeblich, daß im Bereich des ,Knoten Obersteiermark‘ ausgerechnet der Galgenbergtunnel gebaut wurde, der lediglich eine geringfügige Fahrzeitverkürzung zwischen Leoben und St. Michael ermöglichen wird, der wesentlich sinnvollere, weil kapazitätserhöhende Traidersbergtunnel als Verbindung zur Schoberpaßstrecke hingegen weiter auf die Realisierung warten muß?"

Die Antwort lautet: Beim "Knoten Obersteiermark" handelt es sich um eine gesamtheitliche Lösung des zwischen Bruck an der Mur und St. Michael bestehenden Kapazitätsproblems. Der Galgenbergtunnel stellt lediglich einen ersten Ausbauschritt dar.

Historisch gesehen war der Abschnitt Leoben – St. Michael eine untergeordnete Verbindung zwischen zwei Hauptbahnen, die heute mitten durch ein Wasserschutzgebiet führt.

Im Rahmen der Vernetzungsplanung wird derzeit unter anderem auch die Notwendigkeit der Errichtung des "Knotens Obersteiermark" im Zusammenhang mit einer künftigen Koralmbahn untersucht. Ein endgültiges Ergebnis dieser Untersuchungen liegt allerdings noch nicht vor.

Frage 20: "Sind Sie der Ansicht, daß in den letzten Jahren tatsächlich stets die wichtigsten Bahnprojekte in Angriff genommen wurden?"

Die Antwort kann nur lauten: Ja, ich bin dieser Ansicht.

Frage 21: "Welche Gründe sind dafür maßgeblich, daß es bis heute kein nachvollziehbares System einer Prioritätenreihung im Bereich des Verkehrsinfrastrukturausbaues gibt, und wann wird endlich – auf der Basis des Bundesverkehrswegeplans oder möglichst in vorläufiger Form schon vorher – eine solche Reihung vorgenommen werden?"

Für die Erstellung des Bundesverkehrswegeplans wurde vorerst eine Arbeitsgemeinschaft, bestehend aus den Firmen Prognos, Basel, dem Institut für Verkehrssystemplanung der Technischen Universität Wien und der Firma IPE, Wien, mit der Erstellung einer Pilotstudie hinsichtlich der Konzeption und Strukturierung eines derartigen Bundesverkehrswegeplans beauftragt. Diese Pilotstudie wurde der Öffentlichkeit 1993 vorgelegt.

Entsprechend der Konzeption wird der Bundesverkehrswegeplan eine verkehrsträgerübergreifende Kosten-Nutzen-Bewertung vornehmen. Die konkreten Arbeiten am Bundesverkehrswege


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plan haben 1994 begonnen. Die Arbeiten wurden und werden in ständiger Abstimmung und Koordination mit anderen Dienststellen des Bundes, insbesondere mit dem Wirtschaftsministerium, aber auch in Abstimmung mit den Bundesländern und den Österreichischen Bundesbahnen sowie unter Einbeziehung in- und ausländischer Experten durchgeführt.

Eine wesentliche Voraussetzung für eine derartige Arbeit ist eine qualitativ hochwertige Datengrundlage. Die Frage nach der Sicherung einer für Mensch und Umwelt auf Dauer verträglichen Mobilität, wie es im Arbeitsübereinkommen festgehalten wird, läßt sich nur beantworten, wenn wir über vertiefte Kenntnis der heutigen Mobilität und deren Beeinflußbarkeit verfügen.

So wurde zum Beispiel eine Befragung von 12 000 österreichischen Haushalten durchgeführt, um die täglichen Verkehrsbedürfnisse der Österreicher zu erfassen. Zusätzlich fanden und finden Erhebungen mit dem Ziel statt, die Bereitschaft der Österreicher festzustellen, auf umweltfreundlichere Verkehrsmittel umzusteigen, wenn sich einzelne Randbedingungen, wie etwa auch die Treibstoffpreise, ändern.

Die Ergebnisse der Befragungen werden gerade ausgewertet. Sie finden Eingang in umfangreiche Modellrechnungen, anhand derer verschiedene Szenarien der Verkehrsentwicklung prognostiziert werden sollen und die Wechselwirkungen zwischen Verkehrsangebot und Verkehrsnachfrage abgebildet werden sollen. Die Erstellung der Modelle ist also, wie bereits gesagt, in vollem Gange.

Eine weitere Vorarbeit für die Erstellung dieser Modellrechnung ist die digitale Abbildung der österreichischen Verkehrsnetze. Auch diese Arbeiten wurden nicht nur begonnen, sondern sind inzwischen bereits abgeschlossen.

Mit diesen Instrumentarien wird es möglich sein, die Änderung der Verkehrsnachfrage bei verschiedenen verkehrspolitischen Strategien darstellen zu können und ein gut abgestimmtes Konzept von verkehrspolitischen Maßnahmen und Ausbaumaßnahmen im Bereich der Verkehrsinfrastruktur zu erarbeiten. Ein entsprechendes Bewertungsverfahren, das eine Beurteilung der einzelnen Strategien anhand verschiedener Kriterien ermöglicht, befindet sich ebenfalls in Ausarbeitung.

In Übereinstimmung mit dem Arbeitsübereinkommen der Regierungsparteien vom März 1996, das im Zusammenhang mit dem Bundesverkehrswegeplan festhält, daß – ich zitiere – die Erstellung und schrittweise Umsetzung verkehrsträgerübergreifender Infrastrukturkonzepte auf Basis eines akkordierten Bundesverkehrswegeplans Schwerpunkt der künftigen Verkehrspolitik sein wird – Ende des Zitats –, erfolgt die Fertigstellung des Bundesverkehrswegeplans 1998.

Aufgrund der bisher geleisteten Arbeiten wurde der Fertigstellung des Bundesverkehrswegeplans ein Masterplan vorgeschaltet. Dieser befindet sich jetzt in der Phase der Fertigstellung. Dieser Masterplan wird bereits Einschätzungen über die zukünftigen Entwicklungen der Verkehrsnetze einschließlich möglicher Alternativen in Teilbereichen ermöglichen, um auf dieser Basis die Netzverträglichkeit der im Rahmen der in der Prioritätenreihung zu bewertenden Einzelprojekte beurteilen zu können.

Das Bewertungsverfahren für die Projektreihung, vor allem in der ersten Phase, wird möglichst einfach und hinsichtlich der Plausibilität der Ergebnisse überprüfbar sein.

Frage 22: "Sind Sie bereit, dem Nationalrat die im Auftrag Ihres Hauses und der ÖBB-Infrastruktur erstellte Studie über die Priorität von Bahnausbauvorhaben zur Verfügung zu stellen, wenn nein, warum nicht?"

Die erwähnte Studie über die Priorität von Vorhaben des Eisenbahninfrastrukturausbaus hat ausschließlich eine sehr eng definierte betriebswirtschaftliche Bewertung der Ausbauvorhaben vorgenommen und alle volkswirtschaftlichen und gesamtwirtschaftlichen Aspekte ausgeblendet. Sie befindet sich im Stadium der Abschlußdiskussion. Ich bin aber selbstverständlich gerne bereit, auf Wunsch des Nationalrates die entsprechenden Informationen zur Verfügung zu stellen.


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Frage 23: "Wie hoch waren in den letzten Jahren die Investitionen in die einzelnen mittlerweile fertiggestellten Eisenbahninfrastrukturprojekte, und welcher konkrete finanzielle Erfolg war damit verbunden?"

Die Planung und Umsetzung der Neu- und Ausbauten im österreichischen Schienennetz laufen seit 1987. Seit diesem Zeitpunkt wurden etwa 30 Milliarden Schilling umgesetzt.

Mit diesen Infrastrukturinvestitionen wurde in erster Linie ein international üblicher Standard des bestehenden Netzes geschaffen beziehungsweise aufrechterhalten. Die Steigerungsraten, vor allem im österreichischen Bahngüterverkehr, sind nicht zuletzt auf die verbesserte Eisenbahninfrastruktur zurückzuführen. 1996 konnte das Transportvolumen im Schienengüterverkehr auf rund 70 Millionen Nettotonnen gegenüber 63 Millionen Nettotonnen 1990 angehoben werden.

Frage 24: "Welche genauen fahrplanmäßigen Vorhaben der ÖBB liegen diesem Infrastrukturausbau zugrunde, zumal der Taktfahrplan NAT, für den mittels des Semmeringtunnels ein symmetrischer Taktknoten erreicht werden sollte, gerade in der Steiermark (Richtung Westen) massiv ausgedünnt und beispielsweise wichtige Tagesrandverbindungen bereits gestrichen wurden?"

Meine sehr verehrten Damen und Herren von den Freiheitlichen! Auch diese Frage geht von etwas verfehlten Prämissen aus. Es liegen dem Infrastrukturprojekt des Semmeringtunnels überhaupt keine fahrplanmäßigen Vorhaben der ÖBB zugrunde. Der Sinn und Zweck des Semmeringtunnels – ich habe darauf schon hingewiesen – liegt sicher nicht in der Ermöglichung symmetrischer Taktnoten in Wiener Neustadt und Mürzzuschlag durch die Erzielung einer Kantenfahrzeit von 30 Minuten zwischen diesen beiden Haltepunkten. Ein solcher Taktknoten könnte allenfalls ein erfreulicher Nebeneffekt des Basistunnels sein.

Der Bau des Semmeringtunnels – es ist noch einmal deutlich zu wiederholen – dient vielmehr der Aufnahme eines künftig wesentlich stärkeren Güterverkehrsvolumens, der Einsparung von Traktionsenergie sowie der Beseitigung von derzeit bestehenden sehr ungünstigen technischen Parametern der Semmering-Scheitelstrecke.

Ein Zusammenhang zwischen jüngsten Angebotsanpassungen im Personenfernverkehr der ÖBB und dem Bau des Semmeringtunnels ist überhaupt nicht herzustellen, da die Errichtung von Verkehrsinfrastrukturen mit langer Lebensdauer nicht vom jährlich wechselnden und anzupassenden Fahrplan des Personenfernverkehrs der ÖBB abhängig gemacht werden kann.

Frage 25: "Wie verantworten Sie beziehungsweise Ihr Ressort die Tatsache, daß mit dem Bau des Sondierstollens bereits vor dem Vorliegen des eisenbahnrechtlichen Bescheides begonnen wurde?"

Der Sondierstollen, Begleitstollen oder Erkundungsstollen stellt einen Bestandteil des mit dem Bescheid des Bundesministeriums für öffentliche Wirtschaft und Verkehr vom 28. November 1994, Zl. 225.502/67-VI 2/1994, genehmigten Gesamtprojektes "Semmering-Basistunnel" dar und wird aufgrund dieses zitierten Bescheides gebaut.

Der Baubeginn wurde von der HL-AG im Mai 1995 angezeigt. Durch die oberste Eisenbahnbehörde wurde diese Mitteilung positiv zur Kenntnis genommen und die Überwachung der durchgeführten Arbeiten im Sinne der Auflagen des zitierten eisenbahnrechtlichen Baugenehmigungsbescheides veranlaßt. Die erforderlichen Erkundungsarbeiten werden somit nach Maßgabe der Bestimmungen des eisenbahnrechtlichen Baubewilligungsbescheides durchgeführt.

Zur Frage 26: Wie verantworten Sie beziehungsweise Ihr Ressort die Tatsache, daß dieser Bau auch nach dem Spruch des Verwaltungsgerichtshofes, der ausdrücklich festhielt, daß bis zu einer Entscheidung der Baubehörde über die fraglichen Anträge die Bauarbeiten untersagt seien, fortgesetzt wurde und wird?

Auch dabei, meine sehr verehrten Damen und Herren von den Freiheitlichen, gehen Sie von falschen Voraussetzungen aus. Die aufgestellte Behauptung, daß aufgrund des zitierten Be


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schlusses des Verwaltungsgerichtshofes die Aufnahme beziehungsweise die Fortsetzung der bereits aufgenommenen Arbeiten am Erkundungsstollen untersagt worden sei, entspricht nicht dem Inhalt des Verwaltungsgerichtshofbeschlusses.

Im übrigen wird auf die vorher gemachten Ausführungen verwiesen, wonach der Sondierstollen einen Bestandteil des Gesamtprojektes darstellt und auf der Grundlage des rechtswirksamen Eisenbahnbaugenehmigungsbescheides errichtet wird. Dadurch sind die Schlußfolgerungen aus dem Verwaltungsgerichtshofbeschluß vom Oktober 1994, wie etwa daß Vorarbeiten vor Abschluß des nach § 6 Abs. 5 Eisenbahngesetz durchzuführenden Verfahrens nicht zulässig sind, als überholt zu betrachten.

Im übrigen wurde mit diesem Verwaltungsgerichtshofbeschluß die Beschwerde mangels Parteistellung des Beschwerdeführers im Vorab-Bewilligungsverfahren nach § 16 Abs. 4 Eisenbahngesetz zurückgewiesen.

Zur Frage 27: Wie hoch sind die vorläufig ausgelegten Anwaltskosten, welche der HL-AG in dem Verfahren entstanden sind, das sie gegen Herrn Dipl.-Ing. Christian Schuhböck führt, weil sich dieser in einer Tageszeitung kritisch geäußert hat? Werden Sie die HL-AG anweisen, nicht länger auf Kosten des Steuerzahlers gegen einen engagierten Landschaftsökologen zu prozessieren?

Da von Herrn Schuhböck unrichtige Behauptungen trotz wiederholter Aufforderung seitens der HL-AG nicht zurückgezogen wurden, war die HL-AG gezwungen, eine Richtigstellung auf gerichtlichem Wege zu erreichen. Ein mehrfach von der HL-AG angebotener Vergleich wurde von Herrn Schuhböck bisher nicht angenommen.

Zur Frage 28: Der Verfassungsgerichtshof hat überdies am 5. Dezember 1995 festgestellt, daß die Trassenverordnung nach § 3 Abs. 1 Hochleistungsstreckengesetz keine Rechtsgrundlage für das eisenbahnrechtliche Baugenehmigungsverfahren gemäß §§ 35 und 36 des Eisenbahngesetzes darstellt. Daher lag mit dem Erlaß der Trassenverordnung noch keine Projektgenehmigung im Sinne von Artikel 1 der Richtlinie über die Umweltverträglichkeitsprüfung vor. Ist Ihnen bewußt, daß das bedeutet, daß Sie damit ein umweltverträglichkeitsprüfungspflichtiges Projekt ohne vorherige Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung durchführen lassen?

Meine Antwort lautet: Baugenehmigungsverfahren gemäß der §§ 35 und 36 des Eisenbahngesetzes ... (Abg. Scheibner: Die Fragen brauchen Sie nicht vorzulesen, die Antworten reichen schon!) Sie reichen Ihnen schon? – Wissen Sie, meine Herren, daß Sie die Fragen schon kennen, ist mir bewußt. Es sind aber auch ein paar Bürger, die Ihnen sonst so wichtig sind, im Saale, die die Fragen nicht kennen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Mag. Stadler – applaudierend –: Wir sind Ihnen schon dankbar, daß Sie die Fragen vorlesen!)

Das Bundesministerium für Wissenschaft und Verkehr ist der Meinung – wenn Sie so freundlich sind, wenigstens die Antwort zur Kenntnis zu nehmen –, daß bei der eisenbahnbehördlichen Behandlung des Semmering-Basistunnelprojektes nicht gegen Gemeinschaftsrecht verstoßen worden, sondern daß den europäischen Umweltschutzanforderungen ausreichend Rechnung getragen worden ist.

Eine umfangreiche Begründung hiezu ist im eisenbahnrechtlichen Baugenehmigungsbescheid für den Semmering-Basistunnel vom 28. November 1994 – die Zahl habe ich vorhin bereits zitiert – enthalten.

Weiters ist im Hinblick auf die einschlägige Judikatur des Europäischen Gerichtshofes festzuhalten, daß die HL-AG bereits mit Antrag vom 7. Oktober 1992, mit Nachtrag vom 14. Dezember 1992 und weiteren Nachträgen beim Bundesministerium für öffentliche Wirtschaft und Verkehr um Erteilung der eisenbahnrechtlichen Genehmigungen für den Semmering-Basistunnel angesucht hat. Der Baugenehmigungsantrag für den Semmering-Basistunnel wurde sohin vor dem Inkrafttreten der Umweltverträglichkeitsprüfungsrichtlinie für Österreich, nämlich am 1. Jänner 1994, gestellt.


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Zur Frage 29: Warum haben Sie und Ihre Vorgänger die massiven Bedenken des Rechnungshofes gegen die Ihrer positiven Entscheidung für den Semmering-Basistunnel zugrundeliegende Prognos-Studie ignoriert?

Meine Vorgänger und ich haben die Anmerkungen des Rechnungshofes zur Entscheidung für den Semmering-Basistunnel nicht ignoriert, meine sehr verehrten Damen und Herren. Vielmehr habe ich den Auftrag gegeben, die der Prognos-Studie zugrundeliegenden Verkehrsprognosen zu aktualisieren. Die Ergebnisse liegen nunmehr vor und bestätigen die seinerzeitigen Annahmen und verkehrspolitischen Empfehlungen der Prognos-Studie. Falls es im Interesse des Parlaments gelegen ist, mache ich Ihnen diese neuesten Prognosen für den Personen- und Güterverkehr gerne zugänglich.

Zur Frage 30: Wie stellt sich aus Ihrer Sicht die Finanzierung des sicher nicht kostendeckenden Weiterbetriebes der alten Bahnstrecke, wie sie seinerzeit zwischen dem Verkehrsministerium und dem Land Niederösterreich vereinbart wurde, dar?

Der Weiterbetrieb der alten Bahnstrecke wurde mit dem Land Niederösterreich für den Regionalverkehr und für touristische Zwecke festgelegt und vereinbart. Mit Rücksicht darauf, daß damit im wesentlichen die Belastung der Strecke durch schwere Güterzüge ausgeschlossen ist, können die Erhaltungskosten für die Infrastruktur der Strecke nachhaltig gesenkt werden. Für den reinen Fahrbetrieb werden von Bundesseite bei Vorliegen der Voraussetzungen auch die Regelungen über gemeinwirtschaftliche Leistungen Platz greifen. Das Schicksal der alten Semmeringstrecke ist im bestehenden Vertrag zwischen Bund und dem Land Niederösterreich geregelt und danach zu beurteilen.

Zur Frage 31: Schließen Sie – im Sinne des genannten Übereinkommens – aus der Sicht des Bundes aus, daß die alte Semmeringstrecke nach Fertigstellung des Tunnels als unrentable Nebenbahn, so wie zahlreiche andere Linien derzeit, eingestellt wird?

Dazu ist ganz klar zu sagen: Die historische Ghega-Bahn ist nur bei einer Entlastung vom schweren Güterverkehr und vom durchfahrenden Personenfernverkehr überlebensfähig. Durch ein Übereinkommen zwischen Bund und Niederösterreich über den Semmering-Eisenbahnverkehr ist neben dem Erfordernis des Semmering-Basistunnels für den Hochleistungsverkehr der Fortbestand der Ritter-von-Ghega-Bahn gesichert.

Die vom durchfahrenden Güter- und Personenverkehr entlastete Ghega-Strecke soll für einen Regional- und Ausflugsverkehr, insbesondere Tourismus-Packages und Regionalangebote, verstärkt genutzt werden. Gerade für eine aufstrebende Tourismusregion Semmering ist es wichtig – befreit vom Lärm der durchfahrenden Güterzüge, der derzeit vor allem auch während der Nachtstunden auftritt –, diese Zielsetzungen realisieren zu können.

Zur 32. und letzten Frage: Sind Sie bereit, in Anbetracht der diskutierten Probleme und der – auch nach Ansicht der hauptbetroffenen Bundesländer Niederösterreich und Wien – niedrigen verkehrspolitischen Priorität des Semmering-Basistunnels im Vergleich zu anderen Bahnprojekten den Baustopp wieder in Kraft zu setzen?

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe versucht, deutlich zu machen, warum wir der Auffassung sind, daß dieser Tunnel im Rahmen eines Gesamtkonzeptes dem Zweck dient, den Güterverkehr auf die Schiene zu bekommen und nicht umgekehrt von der Schiene auf die Straße zu drängen. Ich kann diese Frage daher ausschließlich mit Nein beantworten. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

16.09

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke, Herr Bundesminister, für die Antworten.

Wir gehen jetzt in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, daß nach den Bestimmungen der Geschäftsordnung die Maximalredezeit für jeden Klub 25 Minuten und die Individualredezeit maximal 10 Minuten beträgt.


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Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Firlinger. – Bitte.

16.09

Abgeordneter Mag. Reinhard Firlinger (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Herr Bundesminister hat sich zwar bemüht, relativ ausführlich und durchaus nicht mit zu knappen Worten auf die Anfrage einzugehen. Er hat alles mögliche beantwortet, aber auf den wesentlichen Kern der Frage, was das für eine Finanzierung ist, die auf uns zukommt, was für eine Privatfinanzierung das ist und ob das Projekt – volkswirtschaftlich und betriebswirtschaftlich darstellbar – sinnvoll ist, hat der Herr Bundesminister – wie nicht anders zu erwarten war – keine Antworten geben können. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Der Herr Bundesminister hat nicht zuletzt deshalb so viel Zeit für die Antworten verwenden müssen, weil er in einem Anflug von Polemik dem Herrn Kollegen Rosenstingl einiges unterstellt hat, was dieser nicht gesagt hat.

Herr Bundesminister! Ich muß mich auch fragen, ob Sie richtig gelesen haben. Kollege Rosenstingl hat gesagt, er verlangt einen sofortigen Baustopp am Semmering, nicht Bau am Semmering! Ich glaube, Sie haben sich verlesen. (Abg. Mag. Kukacka: Sie müssen nachschauen, was er vor vier Jahren gesagt hat!)

Wenn Sie heute hergehen und Eisenbahntunnel und Straßentunnel permanent nach Ihrem Belieben verwechseln und austauschen, dann ist das Ihre Sache. Eine seriöse Politik ist das aber nicht! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Bundesminister! Beide Tunnelbauten, Straßentunnel und Eisenbahntunnel, sind volkswirtschaftlich, technisch und ökologisch nicht miteinander vergleichbar. Sie brauchen nur die Gutachten von Fachleuten herzunehmen, um zu sehen, daß dieser Vergleich Ihren Behauptungen nicht standhält. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Stadler: Das hat mit dem Ressortwechsel zu tun!)

Aber lassen Sie mich noch auf das eine oder andere eingehen, was uns der Herr Bundesminister in salbungsvollen Worten hier dargelegt hat. Zunächst einmal zum sogenannten Kärntner Memorandum.

Herr Bundesminister! Es ist richtig, daß es im Jahr 1990 im Lande Kärnten ein Dreiparteienübereinkommen gegeben hat, wonach unter Zugrundelegung der vorläufigen Erkenntnisse der damaligen Prognos-Studie ein verstärkter Ausbau der Vorlauf- und Nachlaufstrecken im Bereich des Wörthersees gefordert wurde. Allerdings: Die Diskussion um die Sinnhaftigkeit und die Plausibilität der Prognos-Studie war zu diesem Zeitpunkt noch nicht entbrannt. Und das, Herr Bundesminister, haben Sie in Ihrer Rede nicht gesagt. Das haben Sie tunlichst verschwiegen. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Denn die Diskussion darüber, ob die Prognos-Studie ein Gefälligkeitsgutachten ist – dieser Verdacht hat sich dann später erhärtet –, ist erst zu einem späteren Zeitpunkt erfolgt, und das haben Sie auch nicht gesagt, Herr Bundesminister. (Abg. Aumayr: Das weiß er ja gar nicht! – Abg. Dr. Haider: Das war als Polemik angelegt!) Mit Polemik hat der Herr Bundesminister heute nicht gespart.

Ich möchte der Korrektheit halber anführen – damit ein vollständiges Bild gewährleistet ist und damit man sieht, daß wir in diesem Parlament auch der Wahrheitsfindung dienlich sind –, daß von diesem Kärntner Memorandum in weiterer Folge abgegangen wurde. Aufgrund der Diskussion um die Prognos-Studie wurde dieses Dreiparteienabkommen dahin gehend abgewandelt, daß man eine Einbindung des Koralmtunnels gefordert hat, was aber nicht ausschließt, daß es eine Anbindung des Koralmtunnels an die Süd-Ost-Spange geben kann. Und das, Herr Bundesminister, haben Sie auch nicht erwähnt.

Sie haben in Ihrer Anfragebeantwortung das eine oder andere an Argumenten vorgebracht, aber auf die wirklichen Kernbereiche sind Sie nicht eingegangen. Sie haben auch nicht gesagt, daß – sobald der Kenntnisstand ein besserer war – sich auch die Kärntner Landesregierung den neuesten Erkenntnissen angeschlossen hat, um sozusagen eine Reparatur herbeizuführen.


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Herr Bundesminister! Auch legendäre Berühmtheiten der Vergangenheit haben schon gesagt: Was hindert mich, über Nacht gescheiter zu werden? Das können Sie uns bitte wirklich nicht zum Vorwurf machen, auch wenn Sie das gerne wollen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Bundesminister Dr. Einem: Dann sollten Sie es langsam machen!) Herr Bundesminister, es wird gemacht, seien Sie sicher. (Abg. Huber: Wieso tun Sie es dann nicht? – Abg. Dr. Haider: Frau Kollegin, niemand hindert Sie, klüger zu werden!)

Zum Benutzungsentgelt. Meine Damen und Herren! Der Herr Bundesminister hat gemeint, er wisse noch nicht, wie hoch dieses Benutzungsentgelt tatsächlich ausfallen wird. Er geht davon aus, daß es für den Betreiber ertragsoptimal ausgestaltet wird. – Jetzt frage ich Sie, Herr Bundesminister: Wie wollen Sie denn dann eigentlich Verhandlungen mit den potentiellen Interessenten führen, wenn Sie noch gar nicht wissen, was man dafür rechnerisch in Ansatz stellen kann? Da zeigt sich doch, daß diese Angelegenheit von Anbeginn an, von A bis Z, unseriös angelegt ist und daß es nur ein reines Prestigeprojekt Ihres Amtsvorgängers Minister Klima – Scholten hat sich da herausgehalten – und ein Prestigeobjekt der gesamten Bundesregierung ist. Sie können nicht mehr zurück, das ist das Problem! Klima hat sich zu weit hinausgelehnt. Jetzt kann er nicht mehr zurück, und Sie versuchen nun, ein paar fadenscheinige Begründungen zu geben.

Herr Bundesminister! Erklären Sie uns doch bitte, wie eine Kalkulation ohne Ausfallshaftung der Republik Österreich funktionieren soll. Ich weiß schon, welchen Weg Sie wahrscheinlich gehen werden, jedenfalls habe ich eine leise Ahnung. Sie werden wahrscheinlich hergehen und sagen, natürlich nicht ... (Abg. Leikam: Sie haben keine Ahnung!)

Hören Sie mir doch zu! Natürlich wird nicht unmittelbar die Republik Österreich eine Ausfallshaftung geben, sondern vielleicht wird die HL-AG eine geben, vielleicht werden die Österreichischen Bundesbahnen eine Ausfallshaftung geben. Sonst wird sich doch keiner dieser voraussichtlichen sechs Anbieter – Era, Neue Reformbau, Holzmann, Ilbau, Bouygues, Porr, STRABAG, Dragardos und wer sonst noch aller daherkommen wird – ernsthaft dafür hergeben, mit einem unsicheren Projekt, mit unsicheren Einnahmenerwartungen, ohne Haftung einer Bundesinstitution das Auslangen zu finden. Das können Sie doch nicht einmal dem größten volkswirtschaftlichen Laien weismachen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Ich möchte an dieser Stelle auch an die ÖVP-Mandatare appellieren: Sie sind jetzt gefordert, dieses unsinnige Projekt innerhalb der Koalition nochmals zur Diskussion zu stellen. Ihr Landeshauptmann Pröll kann nicht so tun, als gäbe es eine geteilte ÖVP: eine Bundes-ÖVP und eine Landes-ÖVP. Landeshauptmann Pröll ist tagein, tagaus durchs Land gepilgert und hat – gerade nicht bei seinem Augenlicht, aber hochoffiziell – erklärt, daß der Semmering-Basistunnel nicht gebaut wird. Er hat überall, wo er hingekommen ist, hochheilige Versprechungen abgegeben: Ich, Landeshauptmann Pröll, verbürge mich: Dieses Projekt wird nicht realisiert.

Jetzt sieht der Herr Landeshauptmann, daß das nicht gehen wird, und jetzt ist er böse auf die Bundespartei. Das ist ein billiges Unterfangen, meine Damen und Herren! So billig sollten Sie es in Ihrer Politik nicht geben. Sie kommen in Argumentationsnotstand, aber Sie werden dies den Bürgern zu erklären haben – außer Sie machen jetzt in der Koalition einen Schwenk und setzen durch, daß dieses Projekt nicht realisiert wird! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

16.18

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Abgeordneter Parnigoni. – Bitte.

16.18

Abgeordneter Rudolf Parnigoni (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Es ist sehr schade, daß Abgeordneter Haider den Saal verläßt (Abg. Haigermoser: Er geht zum Lautsprecher!), aber ich nehme an, er geht jetzt nicht wie immer während Parlamentssitzungen ins Fitneßstudio oder Inline-Skaten oder Klettern oder für Marathons trainieren, sondern in sein Abgeordnetenzimmer und lauscht mir. Ich weiß schon, das wird er sicher tun. (Abg. Haigermoser deutet in Richtung Redner auf seine Uhr.)


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Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Rosenstingl hat eine jener Reden gehalten, die ich schon auswendig kenne. Er hat sie auch schon vor den Ministern Streicher, Klima und Scholten gehalten. Die Dringliche Anfrage ist ein alter Hut, wir kennen sie schon auswendig. Eigentlich erübrigt sich die Debatte, denn Minister Einem hat in Wahrheit eine sehr prägnante und klare Antwort gegeben und damit auch bewiesen, daß die Dringlichkeit dieser Anfrage in keinster Weise gegeben ist. (Beifall bei der SPÖ.)

Die FPÖ versucht natürlich, durch die besondere Dramaturgie des Einsatzes ihrer Redner ein Szenario zu erzeugen, das es eigentlich gar nicht gibt.

Da spricht der Herr Rosenstingl von "gigantischen Wassereinbrüchen" – und in Wirklichkeit handelt es sich um 350 Liter pro Sekunde. Als im Jahr 1904 der Tauerntunnel gebaut worden ist, hat es einen Wassereinbruch von 4 000 Liter pro Sekunde gegeben, und das ist ohne Probleme bewältigt worden. Im Jahr 1904, mit den damaligen technischen Möglichkeiten! Lassen Sie sich vom Kollegen Grollitsch einmal aufklären, was das in Wirklichkeit für ein Problem ist.

Nun zur Behauptung, die Finanzierung wäre nicht gesichert. Der Herr Minister hat klargestellt, daß die Finanzierung gesichert ist. Wir sind natürlich daran interessiert, die Möglichkeit eines PPP zu finden, eines Private-Public-Partnership-Modells. Dieses muß allerdings mehr bringen, als das Projekt nur über die Möglichkeiten des Bundes zu finanzieren.

Abgeordneter Rosenstingl hat auch behauptet, daß keinesfalls alle Verfahren positiv abgeschlossen sind. Tatsache ist, daß das eisenbahnrechtliche Verfahren abgeschlossen ist. Damit sind eigentlich alle notwendigen Genehmigungen erteilt. Es ist damit alles unter Dach und Fach. Es geht lediglich darum, daß das Land Niederösterreich die Tieferlegung einer Landesstraße blockiert, und es ist natürlich notwendig, daß im Zuge des Bauverfahrens je nach Baufortschritt die entsprechenden begleitenden Genehmigungen erteilt werden.

Meine Damen und Herren! Der Abgeordnete Rosenstingl hat des weiteren behauptet, daß die ÖBB die Benützungsgebühr nicht leisten können, er verschweigt aber geflissentlich, daß dem ein beträchtliches Einsparungspotential gegenübersteht und es außerdem wesentlich verbesserte Marktchancen für den Güterverkehr gibt, die zu nützen sind. Gerade der Güterverkehr ist für die ÖBB ein gewinnbringender Bereich.

Der Kollege Firlinger, der schon immer ein ungeduldiger Mensch war, stellte eine No-Na-Frage, indem er sagte: Die Finanzierung ist in keinster Weise gesichert; was soll dieses Modell, und wie soll dieses Projekt funktionieren?, obwohl er ganz genau weiß, daß erst am 31. März, also in einigen Tagen, die Unterlagen darüber kommen werden und daß man erst dann dieses Modell darstellen kann. (Abg. Mentil: Nach dreimaliger Fristverlängerung!) Der Herr Kollege Firlinger ist ein Eiertänzer erster Ordnung (Beifall bei der SPÖ) , und zwar deshalb, weil er in seiner Rede versucht hat, uns weiszumachen, daß der Abgeordnete Haider, damals Landeshauptmann in Kärnten, den Vertrag mit irgendeiner Zaubertinte unterschrieben hat, die sich dann wieder ausgelöscht hat, die dann wieder verschwunden ist. Diese Unterschrift pickt, lieber Kollege Firlinger! Haider hat den Semmering-Basistunnel verlangt! Das ist die Wahrheit! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Mag. Firlinger: Aber die Entscheidung ist revidiert worden!)

Meine Damen und Herren! Ich möchte auch zu Niederösterreich einige Bemerkungen machen, weil mir das ganz wichtig ist. (Zwischenruf des Abg. Meisinger . – Abg. Koppler: Meisinger, du kennst dich da überhaupt nicht aus!)

Tatsache ist, daß das Projekt Semmering-Basistunnel natürlich auch im niederösterreichischen Landesverkehrskonzept steht, das im Juni 1991 einstimmig beschlossen wurde und die Priorität 2 zugewiesen erhalten hat. Priorität 2 bedeutet, daß dieser Tunnel in den nächsten 10 bis 15 Jahren zu realisieren ist.

Meine Damen und Herren! Wenn wir diese Zeitvorgabe halten wollen, dann müssen wir uns tummeln, damit wir es schaffen, daß dieser Tunnel in der vorgegebenen Zeit fertig wird. Aber dann muß das Land Niederösterreich, dann muß der sehr verehrte Herr Landeshauptmann Pröll endlich Flagge zeigen und das Seine dazu beitragen, damit er nämlich sein eigenes Landesver


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kehrskonzept nicht torpediert, sondern es einhält. Dazu ist auch notwendig, daß er die naturschutzrechtliche Genehmigung erteilt.

Beim Straßentunnel, lieber Kollege Kampichler, hat er genau drei Monate dazu gebraucht, bei der Eisenbahn braucht er anscheinend drei Jahre. Es läßt sich schon erkennen, wofür das Herz des Landeshauptmannes schlägt. Sein Motto lautet offenbar: Viele LKWs in den Süden! Es ist anscheinend sein Ziel, den Güterverkehr auf die Straße zu bringen, damit die Bewohner des Südens recht viel "Freude" haben, wenn die LKWs auf der S 6 an ihnen vorbeidonnern. Das ist sein Ziel!

Herr Landeshauptmann Pröll sollte seine Säumigkeit endlich beenden und lieber dafür sorgen, daß er mit seiner Haltung die Bauarbeiter nicht gefährdet, die jetzt den Tunnel in einem Verfahren von oben nach unten durchbohren müssen und damit einer wesentlich erhöhten Gefährdung ausgesetzt sind. Außerdem trägt er mit seinem derzeitigen Verhalten zu einer Verteuerung dieses Projekts bei.

Ich hoffe, daß auch bei ihm die Vernunft siegt und er dazu bereit ist, dafür zu sorgen, daß die Situation sich so gestaltet, daß dieses Projekt in der vorgegebenen Zeit über die Bühne gehen kann, damit das Landesverkehrskonzept Niederösterreichs erfüllt werden kann und damit das Wirklichkeit wird, was eigentlich im diesbezüglichen Regierungsbeschluß steht: daß der Schwerverkehr, der Güterverkehr von der Straße auf die Schiene verlegt wird, daß es auch für die Wirtschaft der Steiermark ein besseres Angebot gibt und daß es zu einer besseren Angebotsqualität auf der Schiene auch auf dem Abschnitt im Bereich Gloggnitz – Mürzzuschlag kommt. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

16.26

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Kukacka. Redezeit: 10 Minuten. – Bitte.

16.26

Abgeordneter Mag. Helmut Kukacka (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Einleitend kann ich den Oppositionssprechern Rosenstingl und Firlinger die Feststellung nicht ersparen, daß es ihnen nicht gelungen ist, auch nur ein einziges Argument vorzubringen, das ich nicht schon im letzten Jahr gehört habe. (Abg. Mag. Schweitzer: Die alten haben nach wie vor Gültigkeit!) Sie konnten auch keine Dringlichkeit dieses Themas aufzeigen, denn erst am 31. März, also am Ende dieses Monats, wird ja überhaupt über die Interessentensuche ... (Abg. Mentil: Nach dreimaliger Fristverlängerung!) Keine Frage! Selbstverständlich! Das war notwendig.

Meine Damen und Herren! Wir haben uns – und Sie sich übrigens auch – zu einer öffentlichen Interessentensuche bereit erklärt. Sie haben zugestimmt, daß es dazu kommen soll. Also müssen wir auch abwarten, bis ein vernünftiges Ergebnis dabei herauskommt und sich auch ausreichend Interessentengruppen melden, über die dann entschieden werden kann. Die Vorgangsweise war also ganz in Ordnung.

Meine Damen und Herren! Was wir heute hier gehört haben, war wieder der übliche politische Rundumschlag, das übliche Oppositionsgeschimpfe. Alles in allem, Herr Kollege Rosenstingl und Herr Kollege Firlinger, war das eine matte Vorstellung ohne neue Akzente, nur alter, neu aufgewärmter Kaffee. Das ist keine glaubwürdige Verkehrspolitik, meine Damen und Herren! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Hohes Haus! Ich möchte aus Anlaß der heutigen Dringlichen Anfrage einleitend festhalten, daß die Österreichische Volkspartei auf der Basis der bisherigen Beschlüsse der Bundesregierung und des Nationalrates eine eindeutige Haltung zum Semmering-Basistunnel einnimmt. Der Ministerrat hat am 26. November 1996 den seinerzeitigen Grundsatzbeschluß, in dem er sich zum Bau des Semmering-Basistunnels bekannt hat, bekräftigt. Wir bekennen uns auch in der großen Mehrheit der ÖVP-Parlamentarier und als Bundespartei zu dieser Aussage und zu dieser Entscheidung. (Beifall bei der ÖVP.)


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Meine Damen und Herren! Daß zwei Bundesländer, und zwar Niederösterreich und die Steiermark, unterschiedliche Meinungen hinsichtlich des Tempos und der Dringlichkeit des Ausbaus des Semmering-Basistunnels haben, ist doch legitim und kommt auch bei vielen anderen Infrastrukturprojekten vor. Denn: Was für die Steiermark und Kärnten notwendig, wichtig und dringlich ist, muß aus regionalpolitischen Gründen noch lange nicht für Niederösterreich dringlich sein.

Mit dem Ausbau des Nahverkehrs in der Ostregion lösen wir jedenfalls nicht die Anbindung der Steiermark, Kärntens und der Adriahäfen an den österreichischen Zentralraum. Das ist seinerzeit selbst dem damaligen Landeshauptmann Haider nicht entgangen. Er selbst war es doch, der, solange er Landeshauptmann war, auch dafür eingetreten ist. Erst später hat er sich aus rein opportunistischen Gründen von dieser Entscheidung abgeseilt. (Abg. Mag. Schweitzer: Aus sachlichen Gründen!) Aber, meine Damen und Herren, wir alle wissen doch längst, daß Opportunismus zum Markenzeichen der Politik der Freiheitlichen geworden ist. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Wir entscheiden hier im Nationalrat aus bundespolitischer Sicht und im Sinne einer gesamtösterreichischen und gesamteuropäischen Verkehrspolitik, und wir entscheiden das, was in dieser Richtung notwendig und sinnvoll ist, und aus diesem Grund bekennen wir uns zum Bau des Semmering-Basistunnels und halten dieses Projekt langfristig für notwendig und sinnvoll. (Zwischenruf des Abg. Mag. Firlinger. )

Herr Abgeordneter! Ich habe Ihnen schon erklärt, was der Unterschied zwischen regionalpolitischem Interesse und gesamtstaatlicher Verantwortung ist, aber das mit der gesamtstaatlichen Verantwortung werden Sie nie begreifen. Das beweisen Sie hier im Parlament jeden Tag! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Von keinem Gegner – vor allem nicht von der Freiheitlichen Partei – konnten bisher die vorliegenden Gutachten, insbesondere das Prognos-Gutachten, überzeugend widerlegt werden.

Meine Damen und Herren! Großtechnische Bauvorhaben waren in ihrer Geschichte nie unumstritten. Sicher gibt es auch bei diesem Tunnelbau technische Schwierigkeiten, aber solche Schwierigkeiten hat es bei allen großtechnischen Vorhaben gegeben. Es gäbe keine Brenner-Eisenbahnstrecke, es gäbe keinen Arlbergtunnel, es gäbe keinen Umfahrungstunnel Innsbruck, wenn Technik und Politik immer sofort vor irgendwelchen technischen oder politischen Schwierigkeiten zurückgewichen wären. Die technischen und die ökologischen Einwände, die beim Semmering-Basistunnel vorgebracht werden, werden auch bei vielen anderen Großprojekten vorgebracht.

Meine Damen und Herren! Einheitlich war die Meinung auch innerhalb der Fraktionen nie, auch nicht bei den Grünen. Erst in der letzten Sitzung, in der wir dieses Thema behandelt haben, und zwar am 14. Jänner 1997, hat mir der Kollege Wabl auf meine Frage ganz klar gesagt: Jawohl, ich bekenne mich zu diesem Semmering-Basistunnel!, während der Kollege Anschober einen politischen Dauerlauf gegen dieses Projekt liefert.

Meine Damen und Herren! Wenn Sie selbst innerlich so zerstritten sind, haben Sie überhaupt kein moralisches Recht, auch nur ein Wort über die Österreichische Volkspartei zu verlieren. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Ing. Reichhold: Ihr seid in dieser Frage innerlich auch zerstritten!) Ich habe mich ja dazu bekannt, daß es in dieser Frage unterschiedliche Interessen gibt. Aber die gibt es auch bei euch, und die treten ständig auf, bei euch und auch bei den Grünen. Aber Sie versuchen, das zu kaschieren, Sie versuchen, den Leuten hier etwas vorzulügen, denn, meine Damen und Herren ... (Abg. Mag. Schweitzer: Ah!)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter Kukacka, den Ausdruck "vorzulügen" nehmen Sie bitte sofort zurück!

Abgeordneter Mag. Helmut Kukacka (fortsetzend): Ich nehme ihn zurück und stelle fest, daß der Herr Kollege Rosenstingl erklärt hat, daß sich der Kollege Haider und die FPÖ immer gegen


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dieses Projekt ausgesprochen haben. Das ist die Unwahrheit! Der Kollege Haider hat sich als Landeshauptmann sehr wohl für den Bau des Semmering-Basistunnels ausgesprochen. – Das soll einmal klargestellt sein. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Dr. Khol: Ah!)

Meine Damen und Herren! Ich möchte für die Volkspartei ganz klar sagen: Erstens: Einen Baubeginn für den Haupttunnel kann es nur dann geben, wenn alle Behördenverfahren positiv abgeschlossen sind. Derzeit ist meines Wissens noch die naturschutzrechtliche Genehmigung für das Tunnelportal auf niederösterreichischer Seite ausständig.

Zweitens: Den Bau des Haupttunnels kann es nur dann geben, wenn die Gesamtfinanzierbarkeit dieses Projektes geklärt ist. Das ist derzeit ebenfalls noch nicht der Fall. Diese Frage ist vom Herrn Bundesminister zu klären. Ich möchte aber darauf hinweisen, daß es Minister Klima, der Erfinder der Private-Public-Partnership, war, der erklärt hat, der Bau des Semmering-Basistunnels käme nur dann in Frage, wenn er weitgehend privatwirtschaftlich finanziert werden könne. Er sagte des weiteren, bei einer öffentlichen Interessentenausschreibung könne er hinsichtlich der Finanzierung jedenfalls eine Haftung des Bundes für den privatwirtschaftlichen Anteil ausschließen.

Sein Nachfolger, Minister Scholten, hat am 13. Jänner 1997 gegenüber der APA erklärt, die privatwirtschaftliche Finanzierung sei eine Vorgabe dieses Projektes und er denke deshalb nicht an eine budgetäre Finanzierung.

Der jetzige Verkehrsminister muß offenbar die Finanzierung des Projektes neu überdenken beziehungsweise versuchen, sie auf neue Beine zu stellen. So interpretiere ich jedenfalls seine bisherigen Äußerungen, da sich offenbar, zumindest bis heute, noch keine private Investorengruppe für eine Private-Public-Partnership gefunden hat.

Aber der Termin ist ja noch nicht abgelaufen, und es kann sich in den nächsten Wochen in dieser Hinsicht noch einiges ergeben. Im übrigen wird über das endgültige Ergebnis sicherlich in diesem Hohen Haus auch noch eine umfassende Debatte stattfinden.

Meine Damen und Herren! Für uns von der ÖVP ist jedenfalls klar, daß die private Finanzierungsbeteiligung immer ein Bestandteil dieses Projektes war. Sollte sich diese private Finanzierungsbeteiligung als unmöglich herausstellen und fällt dieses finanzielle Standbein weg, so muß in der Bundesregierung nochmals über die Finanzierung gesprochen und verhandelt werden.

Ein Baubeginn des Haupttunnels kommt jedenfalls für die Österreichische Volkspartei ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte die Redezeit einhalten!

Abgeordneter Mag. Helmut Kukacka (fortsetzend): ... nicht in Frage, bevor die endgültige Gesamtfinanzierung des Semmering-Basistunnels rechtlich und budgetpolitisch restlos geklärt ist.

Damit, meine Damen und Herren, bin ich beim Schlußsatz angelangt.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter, die 10 Minuten sind nicht freiwillig, sondern geschäftsordnungsgemäß!

Abgeordneter Mag. Helmut Kukacka (fortsetzend): Ich bin schon beim Schlußsatz. – In diesem Sinne ersuche ich Sie, Herr Minister, so rasch wie möglich alle Entscheidungsgrundlagen auf den Tisch zu legen, damit dieses innenpolitische Dauerthema endlich einer Erledigung zugeführt werden kann. (Beifall bei der ÖVP.)

16.38

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Barmüller. – Bitte.

16.38

Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Der Semmering-Basistunnel ist wirklich ein Dauerbrenner, und


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es kann, Herr Abgeordneter Kukacka, nicht genügen, daß es eine private Finanzierungsbeteiligung gibt, sondern der wirkliche Knackpunkt ist, daß es eine private Finanzierung ohne Bundeshaftung gibt. Wenn sich das jemand antut, wenn sich das rechnet, dann ist es ein sinnvolles Projekt. Ansonsten wäre es das nicht.

Herr Abgeordneter Kukacka! Mir kommt die Situation wie damals in England vor, als man die E-Wirtschaft privatisiert hat. Das hat damals wunderbar funktioniert, nur mit einer Technologie wollte damals kein Privater etwas zu tun haben, und zwar mit den Atomkraftwerken. Das war auch eine Technologie, die politisch präferiert und subventioniert worden ist und wo alle gesagt haben: Das ist modern, das ist wichtig! – Trotzdem wollte kein Privater etwas damit zu tun haben, und zwar deshalb nicht, weil es sich nicht rechnet.

Ich sage Ihnen: Beim Semmering-Basistunnel wird es genauso sein. Eine echte private Finanzierung wird es nicht geben, weil sie sich nicht rechnet, und das ist das, was wir und was auch Sie zur Kenntnis nehmen müssen. (Abg. Mag. Kukacka: Es geht um eine private Finanzierungsbeteiligung ! Das war so vorgesehen!) Ja, ich weiß, aber Faktum ist, daß dieses Projekt nicht wirtschaftlich ist; ich werde später noch darauf eingehen.

Es wäre schon angebracht, wenn es in dieser Frage, wie es der Abgeordnete Rosenstingl eingefordert hat, ein bißchen mehr Standhaftigkeit und Standfestigkeit gäbe. Es wäre aber insbesondere auch notwendig, daß sich die FPÖ darüber klar wird, was sie eigentlich wirklich will. Aber man kann nicht ganz einfach hergehen und ihr nur etwas vorwerfen, sondern man muß dies auch belegen, und ich möchte das nun tun.

Ich möchte Sie etwa an die Sondersitzung vom 18. Februar erinnern, bei der es um die Beschäftigung gegangen ist. Da hat die FPÖ dieses Thema zu Recht aufgegriffen und in einem Entschließungsantrag, den ich hier habe, klar gesagt: "In der Folge sind Investitionsvorhaben, die hohe Beschäftigungseffekte erwarten lassen, vorzuziehen, und Projekte, die wenig Beschäftigungswirksamkeit entfalten (zum Beispiel der Semmering-Basistunnel) zu stoppen." – Das war am 18. Februar hier im Plenum.

Es ist dann keine zwei Wochen später im Bautenausschuß, und zwar Anfang März, zu einer Debatte über einen anderen Entschließungsantrag der FPÖ gekommen. Dieser ist allerdings nicht der Beschäftigung wegen, sondern zur Rettung der Bauwirtschaft gestellt worden, und darin verlangte die FPÖ eindeutig den "Bau von kapitalintensiven Bundesbau- und Infrastrukturvorhaben (Autobahnen, Schienenwege, Tunnels)". – Da muß ich sagen: Man muß sich schon entscheiden, was man wirklich haben will! Man kann nicht sagen, den Semmering-Basistunnel wollen wir nicht, aber alle anderen Löcher durch die Berge wollen wir.

Kollege Pumberger! Das ist etwas, was Sie vielleicht dem Herrn Bundesminister vorhalten wollen, nämlich daß er überall, wo er hinkommt, irgend etwas anderes sagt. Aber eines ist auch klar: Je nachdem, welches Thema Sie gerade hier auf den Tisch legen, je nachdem, was Ihnen gerade opportun erscheint, nehmen Sie unterschiedliche Positionen ein. Durchdacht ist das nicht! (Beifall beim Liberalen Forum. – Abg. Mag. Schweitzer: Korrekt ist das nicht, was du da sagst!)

Was Kollege Schweitzer sicherlich weiß und was ich hier nur der Vollständigkeit halber noch einmal auf den Tisch legen möchte, um diese Debatte, die es schon sehr lange gibt und in der auf Regierungsseite ein Argument das andere abgelöst hat, auch nachvollziehen zu können: Der Semmering-Basistunnel ist das Ergebnis einer zögerlichen, einer unentschlossenen Verkehrspolitik, meine Damen und Herren, die einerseits zwar getragen ist von dem verbalen Ansinnen, daß man doch mehr Kostenwahrheit erzielen und daß man den Verkehr von der Straße auf die Schiene bringen möchte, während man auf der anderen Seite aber einfach nicht bereit ist, die Kosten des Umweltverbrauchs dem Straßenverkehr tatsächlich anzulasten. Solange das aber nicht geschieht, wird die Schiene immer strukturell einen Nachteil haben. Und solange sie diesen strukturellen Nachteil hat, werden Bahnprojekte im Vergleich zu Straßenprojekten immer unrentabel sein.


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Es hat zwei Argumente gegeben, die die Bundesregierung auf den Tisch gelegt hat. Man hat einerseits gesagt, die Verkürzung der Fahrzeit zwischen Wien und Graz um 25 Minuten sei ein wichtiges Argument. Dieses ist dann später immer mehr davon abgelöst worden, daß behauptet wurde, man brauche mehr Kapazitäten über den Semmering. Wenn man sich das jetzt ansieht, dann muß man fragen: Was heißt das für die Bahn? Wie würde sie das rechnen müssen? Sie müßte doch letztlich zumindest einen Teil der Kosten des Semmering-Basistunnels über die Frachtgüter wieder hereinbekommen. Jetzt ist es aber bei Frachtgütern völlig egal, ob diese 25 Minuten länger oder kürzer auf der Strecke sind. (Abg. Wurmitzer: Das stimmt nicht!) Das stimmt schon, Herr Abgeordneter!

Was können Sie denn ansetzen? – Sie könnten allenfalls die Kapitalbindung ansetzen, die die Fracht dort hat, und das könnten Sie dann hernehmen für die Ertragsberechnung. Aber dann wäre es so, daß bei den Mehrkosten pro Waggon durch den Bau des Semmering-Basistunnels – und diese Mehrkosten betragen 2 000 S, 2 100 S pro Waggon – der Wert der Fracht eines Waggons bei Kapitalkosten von 7,5 Prozent über eine halbe Milliarde Schilling ausmachen müßte. (Abg. Wurmitzer: Die Rechnung ist falsch!) Fracht im Wert von 589,1 Millionen Schilling müßte in einem Waggon drinnen sein. Ich garantiere Ihnen: Das ist nicht der Fall.

Über die Frachtkosten bekommen Sie das nicht herein. Sie müssen das also, wenn Sie es über die Fracht nicht hereinbekommen, über den Personenverkehr hereinbekommen. Sehen Sie sich das aber an: Bei einer Passagieranzahl von 3,4 Millionen würde die Kostenbelastung pro Passagier und Strecke rund 200 S ausmachen. Auch das, so werden Sie mir zugestehen, geht nicht, denn bezogen auf die 25 Minuten müßte dann jedem die Minute, die er in der Bahn sitzt, 8 S wert sein. Herr Abgeordneter Wurmitzer! Da hätten Sie dann einen Stundenlohn des durchschnittlichen Bahnfahrers von 480 S. Das ist jedenfalls ein Vielfaches von dem, was ein Industriearbeiter bekommt, der bekommt nämlich nur 130 S. Daher kann das auch über den Personenverkehr nicht hereingebracht werden. – Also weder über den Fracht- noch über den Personenverkehr ist der Semmering-Basistunnel wirtschaftlich zu betreiben!

Dann hat die Bundesregierung in der Argumentation umgeschwenkt und gemeint: Wenn die Wirtschaftlichkeit durch diese Fahrzeitverkürzung nicht gegeben sei, dann sei sie doch vielleicht am ehesten durch die Kapazität zu erreichen. Da zeigt aber auch die Prognos-Studie eindeutig, daß die Kapazitätsengpässe nicht durch den Semmering an sich, sondern durch die Vor- und Zulaufstrecken gegeben sind. Das ist ein Faktum. Es ist klar, daß auch innerhalb der nächsten Jahrzehnte auf der alten Semmeringstrecke keine Kapazitätsengpässe zu erwarten sein werden. Daher ist auch dieses Argument nicht richtig.

Schließlich hat man gesagt, es gebe auch übergeordnete europäische Interessen, zum Beispiel die europäischen Schienennetze. Die europäische Dimension dürfe man doch nicht vergessen. Aber da zeigt ein Blick auf die Landkarte, Herr Abgeordneter Kröll, daß der Semmering in eine inneralpine Sackgasse führt. Er führt in eine inneralpine Sackgasse, wenn es um die Güterströme geht, und aus dieser Sackgasse kommen Sie nur durch weitere teure Tunnelprojekte wieder heraus. Daher kann es diese Anpassung auch nicht sein. Denn seien wir doch ehrlich: Die Semmeringbahn ist das Resultat einer schwerindustriellen Konzentration in der Obersteiermark, die aber offenbar nicht aufrechterhalten werden wird. Und weil das so ist, kann dieses Argument der internationalen Güterströme ... (Zwischenruf des Abg. Wallner. ) – Herr Abgeordneter Wallner! Es hilft nichts, wir müssen der Realität in dieser Sache ins Auge sehen!

Ich weiß, daß ein Abgeordneter aus der Region sagen wird: Ich möchte, daß dort Investitionen getätigt werden. Aber man wird damit nur Strukturen festschreiben, die auf Dauer nicht gehalten werden können. Und wir werden das erleben, was wir immer erlebt haben, nämlich daß sich die SPÖ, die eine typisch strukturkonservative Partei ist, aus kurzsichtiger Politik – nicht opportunistischer, aber kurzsichtiger Politik – den Realitäten verschließt. Und wir werden diese Kosten volkswirtschaftlich auch zu tragen haben. (Abg. Wallner: Die Industriebetriebe in der Obersteiermark schreiben alle schwarze Zahlen!)

Herr Abgeordneter! Es ist doch kein Zufall, daß die Semmeringstrecke, im vorigen Jahrhundert gebaut, über den Semmering verläuft, während aber die Süd Autobahn, in diesem Jahrhundert


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gebaut, nicht über den Semmering verläuft. Das hat doch einen Grund: weil sich nämlich einfach die wirtschaftlichen Erfordernisse und die Güterströme verschieben. Deswegen verläuft die Süd Autobahn ganz woanders als die Südbahn. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Wallner. ) Das muß man zur Kenntnis nehmen. So ist das, und daran werden wir auch nichts ändern können, auch wenn Sie es hier behaupten. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Daher ist eine Süd-Ost-Spange sinnvoll, aber der Semmering-Basistunnel ist es nicht, Herr Abgeordneter! (Ruf bei der SPÖ: So wie Ihre Erklärung!)

Herr Abgeordneter Kukacka hat noch etwas in die Waagschale geworfen. Er hat gesagt, der Schienenweg zwischen Ostsee, europäischem Bereich und Adria wäre eigentlich ein Argument für den obersteirischen Umweg. Das ist auch nicht der Fall, Herr Abgeordneter Wallner. Nicht umsonst sind die Fernhandelswege schon immer nicht über den Semmering gelaufen, sondern – wenn Sie dieses Argument strapazieren – direkt über Ungarn und Slowenien an die Seehäfen. Das ist so. (Abg. Wallner: Aber wir leben in der Obersteiermark!)

Das ändert nichts daran – jetzt komme ich zur Perspektive für die Obersteiermark, Herr Abgeordneter Wallner –, daß Sie verlangen, daß Geld in ein Projekt gesteckt wird, von dem Sie wissen, daß es keine Zukunft bietet, sondern nur jetzt aktuell vielleicht Beschäftigung bringt, während die Struktur der Obersteiermark in Zukunft keine schwerindustrielle sein wird, sondern eine weniger – ich sage das einmal ganz allgemein – tonnageorientierte Struktur. (Ruf bei der SPÖ: Aber als Industriestandort!) Dafür sollte man Vorsorge treffen, und da ist der Semmering-Basistunnel, Frau Abgeordnete, der falsche Weg. Das ist zur Kenntnis zu nehmen.

Noch einmal: Wenn Sie Wirtschaftsförderung für die Obersteiermark betreiben wollen – und dafür bin ich sehr zu haben –, dann verbuddeln Sie das Geld nicht irgendwo in der Erde, sondern stecken Sie es in Strukturen, die auch in Zukunft lebensfähig sind. (Beifall beim Liberalen Forum.) Das wird Ihnen vielleicht jetzt aktuell keine Wählerinnen und Wähler sichern, aber es ist volkswirtschaftlich sinnvoll und entspricht jener politischen, auch staatspolitischen Verantwortung, die Sie alle so gerne tragen möchten. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

16.47

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Anschober. – Bitte.

16.47

Abgeordneter Rudolf Anschober (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! "Positiv denken" lautet das Prinzip unserer Zeit. Ich möchte deshalb mit zwei positiven Aussagen beginnen.

Erstens: Meiner Ansicht nach hat Kollege Rosenstingl in einigen Bereichen, in denen er das Semmering-Basistunnelprojekt kritisiert hat, vollinhaltlich recht. Ich möchte allerdings darauf verweisen, daß die Kritik, die beim Semmering-Basistunnel in Sachen Naturschutz, in Sachen Geologie, in Sachen verkehrspolitischer Sinnhaftigkeit, in Sachen Finanzierungsfragwürdigkeiten gerechtfertigt ist, beim Projekt Semmering Schnellstraße noch viel, viel berechtigter wäre. Dazu habe ich aber von Ihnen und in Ihrer Anfrage kein Wort gehört und gelesen, und das halte ich für politisch unseriös.

Zweiter Punkt: Herr Verkehrsminister! Grüne Ohren hören es immer sehr gerne, wenn ein Verkehrsminister bei einer Anfragebeantwortung – und nicht nur dort – formuliert, daß der öffentliche Verkehr Priorität hat und daß die Notwendigkeit der Verkehrsverlagerung von der Straße auf die Schiene gegeben ist. Das hören wir sehr, sehr gerne. Ich muß nur dazusagen: Ich höre das jetzt in diesem Haus seit sechs Jahren von jedem Verkehrsminister, der auf dieser Regierungsbank gesessen ist. Rudolf Streicher hat das formuliert, Viktor Klima hat das formuliert, Rudolf Scholten hat das formuliert, und ich habe es heute auch von Ihnen gehört. Es sind immer die gleichen Aussagen. Aber wissen Sie, was in diesen sechs Jahren passiert ist? – In diesen sechs Jahren hat der LKW-Verkehr auf den Straßen um 33 Prozent zugenommen, die Bahn hingegen stagniert in dieser Relation. Die Bahn verliert Marktanteile dieser Größenordnung an die Straße.


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Der Straßenverkehr ist in den letzten 20 Jahren in Österreich um rund 80 Prozent gestiegen. Gleichzeitig hat der Personenverkehr auf der Bahn kaum zugenommen. Das heißt, die Schere geht immer weiter auseinander. In den Sonntagsreden der Politik heißt es: Wir brauchen eine Verlagerung auf die Schiene!, während in der Realität tagtäglich eine Verlagerung von der Schiene auf die Straße erfolgt. Das ist das Problem in dieser Situation, und eine Hauptursache dafür sehe ich in der Verkehrspolitik dieser Koalition, einer Verkehrspolitik, die eigentlich durch und durch – das geht wirklich bis in alle Detailbereiche – zerstritten ist.

Diese Koalition zieht verkehrspolitisch tatsächlich an einem Strang – aber in zwei entgegengesetzte Richtungen: nämlich in die eine Richtung, die durchaus in Richtung Bahn geht – das konzediere ich –, und in die andere Richtung, die völlig einseitig in Richtung Straße geht.

Was kommt heraus? – Es kommt ein Mix heraus, eine Kompromißpolitik, bei der keine Prioritäten in Richtung des öffentlichen Verkehrs gesetzt werden. Es kommt eine Politik heraus, die man eigentlich so richtig "tragisch-schön" am Semmering nachvollziehen kann.

Da gibt es eine ÖVP, die in weiten Bereichen dem Semmering-Basistunnel gegenüber kritisch eingestellt ist. Da gibt es eine SPÖ, die in weiten Bereichen der Semmering Schnellstraße gegenüber kritisch eingestellt ist. Und was war die politische Lösung? – Es gibt ein Junktim des ehemaligen Finanzministers Klima vom vergangenen Herbst, das besagt: Wenn wir das eine finanzieren, dann nur, wenn auch das andere gebaut wird. – Das sind österreichische Lösungen! Da werden gleich zwei unsinnige Projekte von der Priorität her – ich komme auf den Semmering-Basistunnel noch im Detail zu sprechen – in einem politischen Junktim und im Einverständnis mit der Bauwirtschaft durchgezogen!

Das ist die interne Koalitionsblockade in der Verkehrspolitik! Es gibt keine Prioritätensetzung in Richtung des öffentlichen Verkehrs – außer in den Sonntagsreden. Das ist das Problem! (Abg. Dr. Mühlbachler: Das wahre Malheur ist, daß die Grünen auch mit dem Auto fahren!) Und wie schaut denn, Herr Kollege Mühlbachler, diese koalitionsinterne Blockade aus? Was kostet denn das den Steuerzahler? – Ich vernehme von seiten der Hochleistungsstrecken-AG etwa den Vorwurf, daß alleine die Verweigerung des Landes Niederösterreich, von niederösterreichischer Seite aus den Semmering-Basistunnel bauen zu lassen, eine Baudauerverlängerung um eineinhalb Jahre und eine Kostenerhöhung um 650 Millionen Schilling verursacht.

Es kann doch keine koordinierte Koalitionspolitik sein, daß man im Endeffekt in zwei Richtungen unterwegs ist, beides verwirklicht, beides baut, damit Unsummen an Steuergeldern zuviel ausgibt, während man die notwendigen verkehrspolitischen Prioritäten in Richtung einer Verkehrswende, in Richtung eines umweltfreundlichen Verkehrs nicht setzt.

Herr Minister! Ein mir sehr, sehr wichtiger, zweiter Punkt ist die Frage der Kosten, etwa alleine die Kosten des Sondierstollens. Es hat in dieser Dringlichen Anfrage eine Frage gegeben – ich weiß jetzt bei dieser Fülle von Fragen nicht, welche konkrete Nummer das war –, die sich mit den jetzt geschätzten Fertigstellungskosten für den Sondierstollen beschäftigt hat. Sie haben, wenn ich mich nicht verhört habe, von einer Gesamtsumme von 570 Millionen Schilling gesprochen; 570 Millionen Schilling im Vergleich zu 440 Millionen Schilling, um die der Auftrag vergeben wurde. Es ist schon klar: ohne Preisgleitung et cetera. 570 Millionen Schilling betragen laut Ihrer Aussage – bitte korrigieren Sie, wenn es nicht stimmen sollte – die Gesamtbaukosten für den Sondierstollen.

Nun wissen wir: Die Vergabe erfolgte um 440 Millionen Schilling an die bauausführende Firma Porr. Laut HL-AG-Protokoll beträgt die Baukostenerhöhung bis zum vergangenen Sommer 125 Millionen Schilling. Also: 440 plus 125 Millionen Schilling, da sind wir jetzt schon recht nahe bei Ihren 570 Millionen Schilling.

Herr Minister! Da entnehme ich aber einem Protokoll der Bundesregierung vom 2. Dezember 1996, daß – ich zitiere daraus – diese im Zuge des Sondierstollens zur Bewältigung beziehungsweise Abdichtung erforderlichen Zusatzmaßnahmen – die aufgrund des Wassereinbruches verursachten Kosten – bei etwa 360 Millionen Schilling zusätzlich liegen.


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Jetzt weiß ich nicht, ob ich ein mathematisches Problem habe oder ob tatsächlich das stimmt, was ich von der HL-AG vernommen habe, nämlich daß die tatsächlichen Kostenschätzungen für den Bau des Sondierstollens nicht bei den von Ihnen heute verlautbarten 570 Millionen Schilling, sondern bei über 1 Milliarde Schilling liegen und daß sich die Gesamtkosten zusammensetzen aus den 440 Millionen Schilling Auftragssumme, den 125 Millionen Schilling Baukostenerhöhung bis vergangenen Sommer, den 360 Millionen Schilling Zusatzkosten, die für zusätzliche Abdichtungsmaßnahmen beim Baufortschritt notwendig sein werden, und den Wassereinbruchskosten, die sich ja ganz anders entwickelt haben, als man zunächst gemeint hat.

Das ist aufzuklären, und da zeigt sich, wie schlampig diese Schätzungen meiner Ansicht nach sind. Wir haben ja einen zweiten großen Risikobereich geologischer Natur neben dem Wassereinbruch vom 26. Oktober des vergangenen Jahres. Es handelt sich um den Kampalpenbereich; das ist bekannt. Man weiß, daß dort nur dann der Vortrieb möglich ist – auch aufgrund der falschen Bohrrichtung, die politisch erzwungen wurde; sagen wir es jetzt einmal so –, wenn man massive zusätzliche Abdichtungsmaßnahmen realisiert.

Nun wende ich mich an Herrn Kollegen Parnigoni. Kollege Parnigoni meint, dieser Wassereinbruch sei in Wirklichkeit eine Kleinigkeit. Herr Kollege! 150 Liter pro Sekunde seit 26. Oktober! Wissen Sie, was das in Summe ausmacht? – Das sind über 2 Milliarden Liter Wasser! Das ist die gesamte Jahreswasserversorgung einer Stadt mit rund 50 000 Einwohnern. Das ist die "Kleinigkeit" an hochqualitativem Wasser, das dort den Bach hinuntergeht! Glauben Sie wirklich, daß wir uns in Österreich solche "Kleinigkeiten" leisten können? – Ich glaube nicht, Herr Kollege Parnigoni! (Zwischenruf des Abg. Parnigoni. )

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Worum geht es bei dieser Debatte über den Semmering-Basistunnel? – Es müßte erstens Klarheit darüber herrschen, daß wir in Österreich eine Investitionswende weg von der Straße, hin zum öffentlichen Verkehr brauchen. Zweitens brauchen wir richtige Prioritäten bei diesen ÖV-Projekten. Da haben Häupl und Pröll recht, daß zunächst einmal die Priorität beim Nahverkehr und dann erst bei Großprojekten liegt. Und drittens brauchen wir vor allem Intentionen und Investitionen in Richtung Flächenbahn.

Was wir derzeit vor uns haben, ist das Austrocknen der ländlichen Regionen, was den öffentlichen Verkehr betrifft. Uns stehen ganz massive Kappungen – teilweise wurden sie bereits realisiert – beim Fahrplanangebot bevor. Uns stehen – und teilweise wurden sie bereits realisiert – Schließungen von Regionalbahnen bevor. Wir haben extreme Finanzierungsnotwendigkeiten im Bereich des Regionalverkehrs. Wir haben nach wie vor kein Nahverkehrsfinanzierungskonzept.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um den Schlußsatz!

Abgeordneter Rudolf Anschober (fortsetzend): Wir haben deswegen, meine sehr verehrten Damen und Herren, in Österreich derzeit eine Bahn, die sich nicht in Richtung einer Flächenbahn, sondern in Richtung einer Schrumpfbahn entwickelt. Daher ist es falsch, Milliardenbeträge in nicht prioritäre Projekte zu investieren. – Danke. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Parnigoni: Das ist eine Fehleinschätzung!)

16.58

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Krüger. – Bitte.

16.58

Abgeordneter Dr. Michael Krüger (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Wenn sich Kollege Parnigoni darüber wundert, daß ein Oberösterreicher, der weder Ökologe noch Verkehrssprecher ist, zum Semmering-Basistunnel das Wort ergreift, dann kann ich das sehr rasch erklären: Der Grund ist schlicht und ergreifend – das habe ich bereits beim Herausgehen zum Rednerpult gesagt – der Slogan: "In Linz beginnt’s!".

Meine Damen und Herren! Der Slogan "In Linz beginnt’s!" war bisher sehr zur Freude der Linzerinnen und Linzer und auch zu meiner eigenen Freude durchaus positiv besetzt. Jetzt allerdings leidet dieses positive Image der Stadt Linz und dieses Slogans. Ich nehme an, daß Sie sich schon vorstellen können, worum es geht. Es geht darum, daß es in den letzten Tagen


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eine Fülle von Pressemeldungen – in den "Oberösterreichischen Nachrichten", in den "Salzburger Nachrichten", im Nachrichtenmagazin "NEWS" und in der "Presse" – gab, in denen von einem Bauskandal, der in Linz seinen Ausgang nimmt und weit über Linz hinausreicht, die Rede war.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! An die Adresse der ÖVP: Ich habe Ihnen vor einigen Wochen eine Geschichte aus der Praxis erzählt, wonach ein Architekt im Auftrag einer ÖVP-Genossenschaft eine Ausschreibung durchzuführen und die Bauüberwachung, die Planung abzuwickeln hat.

Er wurde gebeten, dafür Sorge zu tragen, daß jeder einzelne Professionist bei seinem Angebot eine zehnprozentige Tangente für Parteispenden zugunsten der ÖVP vorsieht. Wenn man damals glaubte, daß das zu einem Aufheulen in den Reihen der ÖVP führt, so hat man sich getäuscht gesehen. Offensichtlich regt es dort niemanden auf, und ich kann das eigentlich nur so interpretieren, daß man sehr wohl um diese Praktik weiß, sie nicht immer duldet, das möchte ich gar nicht bestreiten (Abg. Aumayr: Es stört sie nicht!) , aber es stört im wesentlichen niemanden, solange die Parteikasse entsprechend aufgefüllt wird.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, insbesondere von der ÖVP! Ich erzähle Ihnen heute eine weitere Geschichte: Da gibt es einen Ferialpraktikanten, dessen einzige Aufgabe darin besteht, daß er Angebote ein und derselben Firma – jeweils mit einer geänderten Firmenadresse und mit einem geänderten Schriftbild – sammelt. Diese Angebotsunterlagen stammen von ein und derselben Firma; vorgegeben wird, daß sie nicht nur der Firma A, sondern auch den anderen Angeboten der Firmen B, C und D zuzuordnen sind, und seine einzige Aufgabe besteht darin, mit diesem Konvolut zu den Firmen, zu den Mitbewerbern und Konkurrenten zu gehen, damit man ihnen die Arbeit erspart, selber die Scheinangebote, die in Absprache erfolgen, abgeben zu müssen.

Und so wundert es mich überhaupt nicht, wenn aus den verschiedenen Aussagen des Linzer Kontrollamtsdirektors Klug hervorgeht, daß es bundesweit bei diesem Vergabeskandal um Milliardenbeträge auf Kosten der öffentlichen Hand geht. Er spricht wortwörtlich davon, daß das nur die berühmte Spitze des Eisberges ist.

Meine Damen und Herren! Dieses Absprachekartell kann naturgemäß nur dann funktionieren, wenn Mitspieler vorhanden sind, Mitspieler in den politischen Parteien, Mitspieler in den Genossenschaften und Mitspieler in der Beamtenschaft.

Daher wird es Sie wahrscheinlich nicht wundern, daß die gemeindeeigenen Bauverwaltungen und die Landesbauverwaltungen sogenannte gelbe Listen führen. Was steht auf dieser gelben Liste? – Da werden ganz genau jene Firmen erfaßt, die sich erlaubt haben, Angebotsunterlagen der öffentlichen Hand, die die Ausschreibung macht, abzuholen. Diese stehen dann auf der Liste, sie sind abschließend erfaßt, und von vornherein weiß die öffentliche Hand, wissen die Beamten, welche Firmen sich an dieser Ausschreibung beteiligen. So funktioniert das System, daß die Absprachen der Bauunternehmer, die in diesen Skandal verwickelt sind, in Abstimmung und unter Mitwirkung einzelner untreuer Beamten durchgeführt werden. Insgesamt geht dieser Skandal zu Lasten des einzelnen Steuerzahlers und auf Kosten der öffentlichen Hand. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Präsident Dr. Neisser übernimmt den Vorsitz.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es wird Sie sicher die Reaktion der politischen Parteien – von Rot und Schwarz – auf diesen Vergabeskandal in Oberösterreich interessieren. Landesrat Hiesl meint, das könne es nicht geben, das gebe es nicht in der Beamtenschaft, und übersieht aber oder will offensichtlich übersehen, daß eines dieser anonymen Schreiben genau seine Person trifft, in dem offen die Beschuldigung der Parteienfinanzierung ausgesprochen wird.

Meine Damen und Herren, glauben Sie mir: Als Anwalt bin ich selbst sehr vorsichtig bei der Beurteilung von anonymen Anzeigen, aber dieser Anzeige sind andere Anzeigen vorausgegangen, nämlich Anzeigen, in denen das Procedere sehr exakt aufgelistet ist, wie es im konkreten zu dieser Absprache und zu dieser Auftragsvergabe kommt. (Zwischenrufe der Abg. Seidinger


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und Koppler. ) Das ist alles ganz genau, minutiös aufgelistet. Am nächsten Tag hat dann die Eröffnung stattgefunden, und siehe da: Alle Prophezeiungen des anonymen Anzeigers, eines Insiders – und Sie wissen, daß man diesen Insider in den Reihen der Beamtenschaft ortet –, haben sich bewahrheitet.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zum Oberösterreich-Bezug muß ich sagen – und das selbstverständlich an die Adresse der ÖVP –: Ich war schon erstaunt, als ich hörte, daß Landeshauptmann Pühringer und Landeshauptmannstellvertreter Leitl in Wien eine Pressekonferenz abhalten. (Abg. Dr. Maitz: Wahlkampf!) Es ist sicher nicht uninteressant, obwohl sich natürlich das politische Spielfeld auf Landesebene befindet, und wenn Landespolitiker in der Bundeshauptstadt eine Pressekonferenz abhalten, dann eher zu Personalia in eigener Sache, etwa zu einer Manöverkritik. Ich darf Ihnen aber schon, meine Damen und Herren von der ÖVP, ins Stammbuch schreiben, und richten Sie das Ihren hohen Herren in Oberösterreich aus: Anstatt Pressekonferenzen abzuhalten, sollten sie sich einmal in Oberösterreich darum kümmern, daß nicht laufend mit Unterstützung der Bauverwaltungen Milliardenskandale zu Lasten des Steuerzahlers erfolgen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Aus diesem Grund, meine sehr geehrten Damen und Herren, stellen die Abgeordneten Dr. Krüger und Kollegen auch nachstehenden Entschließungsantrag:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Krüger und Kollegen betreffend Unterbindung von Preisabsprachen bei der Vergabe von Großbauvorhaben

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr und für wirtschaftliche Angelegenheiten werden aufgefordert, die Vergabevorgänge für Großbauvorhaben der letzten zehn Jahre hinsichtlich des möglichen Vorliegens von verbotenen Preisabsprachen der einzelnen Anbieter zu überprüfen und dem Nationalrat über das Ergebnis dieser Prüfung Bericht zu erstatten.

Die Bundesregierung wird weiters aufgefordert, dafür Sorge zu tragen, daß Firmen, die im Zuge von Ausschreibungen öffentlicher Aufträge verbotene Preisabsprachen durchgeführt haben, in Hinkunft von weiteren Auftragsvergaben ausgeschlossen werden.

*****

Ob es Ihnen ernst ist mit einer Aufklärung oder ob Sie Scheinbegründungen liefern, um diesen Entschließungsantrag zurückzuschmettern, das wird Ihre Angelegenheit sein! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.08

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der Entschließungsantrag, den Herr Abgeordneter Dr. Krüger soeben vorgetragen hat, ist geschäftsordnungsgemäß eingebracht worden, das heißt, er hat die erforderliche Zahl der Unterschriften und wird in die Verhandlung miteinbezogen.

Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Dkfm. Mühlbachler zu Wort gemeldet. – Herr Abgeordneter, Sie kennen die Geschäftsordnung. Ich bitte, daß Sie ... (Zwischenruf des Abg. Mag. Schweitzer. ) – Bitte, ist eine tatsächliche Berichtigung so aufregend?

Beginnen Sie Ihre tatsächliche Berichtigung mit der Darstellung des Sachverhalts, den Sie berichtigen wollen. – Bitte.

17.08

Abgeordneter Dkfm. Mag. Josef Mühlbachler (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Herr Abgeordneter Krüger hat den Kreis der Personen, die Ab


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sprachekartelle bilden, folgendermaßen umrissen: Mitspieler in den Parteien, Genossenschaften und in der Beamtenschaft.

Ich berichtige: Das kann nicht der ganze Personenkreis sein. Um den Personenkreis zu komplettieren, wäre er um Ziviltechniker zu erweitern. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Herr Abgeordneter Krüger! Wenn sich nämlich Gemeinden auf Ziviltechniker verlassen und diese mit Baufirmen in Absprache stehen, dann ist es Kommunen unmöglich, auf Fehler draufzukommen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Aumayr: Das ist eine Ergänzung!)

17.09

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Hums. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

17.09

Abgeordneter Franz Hums (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Leider muß ich von den 5 Minuten noch einige Minuten abzweigen: Herr Abgeordneter Krüger! Ich verstehe es wirklich nicht, wie im Zusammenhang mit der Diskussion über den Bau des Semmering-Basistunnels derartige Beschuldigungen auftauchen können, und ich weise es energisch zurück, daß hier Pauschalverdächtigungen von Beamten vorgebracht werden (Beifall bei der SPÖ) , daß Verdächtigungen von Leuten im Verkehrsministerium, in der HL-AG und im Bereich der Österreichischen Bundesbahnen zwar nicht ausgesprochen, aber implizit dadurch hervorgerufen werden, daß Sie das im Zusammenhang mit dieser Diskussion vorbringen.

Ich möchte Sie daher bitten, hier wirklich klarzustellen, daß von Ihnen die volle Integrität dieser Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter anerkannt wird. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Zum Thema selbst: Ich glaube, daß wir das Thema Semmering-Basistunnel wirklich in sehr vielen Expertisen ausreichend dargelegt haben. Es wurde immer wieder erklärt, daß dieses Projekt eines im Zusammenhang mit dem Gesamtprojekt "Ausbau der Bahn", mit dem Gesamtprojekt "Neue Bahn" ist und daß es dabei ganz besonders darum geht, dieser Region an der Südbahn ein zeitgemäßes und modernes System für das Wirtschaften und Reisen zu bieten.

Es ist nicht so, daß wir nur die Semmeringbahn diskutieren würden. Wir haben mehrfach festgestellt, daß für die Sicherung der Arbeitsplätze, des Wohlstands in Österreich unter anderem sehr wichtig und entscheidend ist, wie gut die Verkehrsinfrastruktur im gesamten Staat und in den einzelnen Regionen ist.

Dieses Verkehrssystem schließt insbesondere Bahn und Straße mit ein. Der Straßenbereich wurde in den letzten Jahrzehnten wirklich gut ausgebaut, und viele, viele Tunnels, die es bereits kreuz und quer in Österreich gibt, haben nie zu Diskussionen geführt. Der Semmering-Basistunnel im Eisenbahnbereich wäre der erste Diskussionspunkt, wo man in Österreich feststellen würde, man könne aus technischer Sicht einen solchen Tunnel nicht bauen. Ein Verkehrssystem, das der Wirtschaft, den Arbeitsplätzen der Zukunft dient, muß zeitgemäß, modern und umweltverträglich sein. Der heutige Eisenbahnverkehr am Semmering ist zwar touristisch attraktiv, aber nicht mehr zeitgemäß. Ghega würde mit Sicherheit heute auch einen Tunnel bauen. Daher, glaube ich, sollten wir uns endlich dazu entschließen. (Beifall bei der SPÖ.)

Beim Ausbau der Bahn Wirtschaftsberechnungen anzustellen ist notwendig. Aber im gesamten Verkehrsbereich Straße und Schiene kann man nie eine betriebswirtschaftliche Rechnung für ein Detailprojekt realistisch und vernünftig erstellen. Daher müssen wir auch da die gesamten volkswirtschaftlichen Nutzeffekte und die umweltpolitischen Nutzeffekte mitberücksichtigen.

Diese Projekte der Arbeitsplatzsicherung im Bereich der gesamten Wirtschaft in der Zukunft dienen aber auch der Arbeitsplatzsicherung in der Bauwirtschaft heute. Und das ist einer der Gründe, warum wir in der Regierung vorgesehen haben, daß in den nächsten fünf Jahren zusätzlich in den Eisenbahnbereich jährlich 12 Milliarden Schilling investiert werden. Ob jetzt eine


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private oder eine öffentliche Finanzierung zweckmäßig ist, diesbezüglich bin ich wirklich der Meinung des Herrn Bundesministers Dr. Einem: Man muß die wirtschaftlichste Form finden, und es wäre schlecht, aus ideologischen Gründen zu erklären, es kann nur eine private sein.

Wir müssen einberechnen, daß von den Investitionsmitteln mehr als 60 Prozent der Ausgaben wieder an den Staat in Form von Steuern und Sozialversicherungsabgaben zurückfließen. Es wäre das schlechteste, dieses Geld für Arbeitslosengelder, für Notstandshilfe auszugeben, anstatt unser Verkehrssystem gut auszubauen und damit jetzt und für die Zukunft Arbeitsplätze zu sichern, Arbeitsplätze im Bereich der gesamten Wirtschaft. (Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei den Freiheitlichen: Verbesserte Arbeitsplätze bei der Eisenbahn!) Daher meine Bitte, das gesamte Verkehrssystem Eisenbahn rasch und dringend zu modernisieren. (Beifall bei der SPÖ.)

17.14

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Schweitzer. – Ich mache Sie darauf aufmerksam, daß die gesamte Redezeit, die in dieser Debatte Ihrem Klub noch zur Verfügung steht, 7 Minuten beträgt.

17.14

Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich würde mir sehr gerne vom Abgeordneten Hums erklären lassen, wie ein Tunnel allein das Reisen für den österreichischen Eisenbahnbenutzer zeitgemäß machen soll. Genau das ist Ihre Aussage. Ich sehe überhaupt keinen Zusammenhang zwischen zeitgemäßem Reisen und diesem wirklich unnötigen Tunnel. (Abg. Leikam: Das mit den Arbeitsplätzen hast du wieder überhört!) – Wenn Sie durch den Ausbau unserer Verkehrswege Arbeitsplätze schaffen wollen, dann gibt es dafür mehr als genug Möglichkeiten, Kollege Leikam.

Herr Kollege Leikam! Es gibt keine vernünftige Verkehrsverbindung von Wien zum Flughafen Schwechat. Da gibt es wirklich extremste Probleme, und es kommt zu unmöglichen Anfahrtszeiten, sowohl vom Flughafen nach Wien als auch in die umgekehrte Richtung. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Die Landeshauptstadt des Burgenlandes liegt in einer eisenbahntechnischen Sackgasse, ebenso die Landeshauptstadt Graz und jene Kärntens. Diesbezüglich wären Prioritäten zu setzen, wenn man zeitgemäße Bahnverbindungen schaffen will, da wären Prioritäten zu setzen, wenn man zeitgemäßes Reisen für die gesamte ost- und südösterreichische Bevölkerung schaffen will, da wäre anzusetzen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Seit Jahren liegt das Bekenntnis vor, in diese Richtung etwas zu unternehmen. Seit Jahren weiß man, daß man am Semmering in Wahrheit nichts bewegt, außer daß man eine unbedeutende Fahrzeitverkürzung erreicht. Das ist alles, was man damit bezweckt. (Abg. Leikam: So ein Unsinn!) Wir müssen Unsummen in die Vorlaufstrecken investieren – das wissen Sie –, von Wiener Neustadt nach Gloggnitz, wir müssen Unsummen investieren in die Strecke von Mürzzuschlag bis Bruck, um diese Strecke wirklich attraktiv zu machen, und diese Milliarden wären viel besser in eine Südostspange investiert. Das wissen Sie, und dazu haben Sie auch eine entsprechende Studie, und ich habe eine Anfragebeantwortung vom Vorgänger dieses Verkehrsministers, in der dieser sagt, daß dieser Strecke enorme Priorität zukommt, weil es da einen ganz markanten Verlagerungseffekt von der Straße auf die Schiene geben wird.

Es ist eine Zumutung, daß man heute miterleben muß, wie sich die A 2 Tag für Tag zum größten Parkplatz Österreichs entwickelt. Das sind Probleme, da staut es sich wirklich – im wahrsten Sinne des Wortes –, und Sie sind nicht bereit, in diese Richtung wirklich zu investieren, um zum Beispiel die burgenländischen und steirischen Pendler mit einer vernünftigen Verkehrsverbindung zu bedienen. Der Seidinger will das Loch durch den Semmering ohne Argumente haben. Er hat es seit 1991 nicht argumentieren können, und er kann es heute nicht! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

All das, was wir seinerzeit, 1991, bei unserer ersten diesbezüglichen Dringlichen – gerichtet an den Verkehrsminister Streicher – gesagt haben, ist bis jetzt nicht widerlegt beziehungsweise ist


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eingetreten, wie zum Beispiel dieser fatale Wassereinbruch vom 26. Oktober 1996. Man muß sich einmal vorstellen, daß da Stunde für Stunde so viel Wasser ausrinnt, daß damit ein Schwimmbecken mit 12 Metern Länge und 6 Metern Breite und 2 Metern Tiefe gefüllt werden könnte. Mehr als 1,6 Milliarden Liter Wasser sind bereits ausgeronnen! Noch immer sind es 200 Sekundenliter beziehungsweise mehr als 17 000 Kubikmeter pro Tag, meine Damen und Herren! Was das für den Wasserhaushalt rund um den Semmering bedeutet, das kann sich jeder ausrechnen, der ein bißchen etwas von dieser Sache versteht. Was das für die Vegetation und unter Umständen für die weitere Entwicklung der Landschaft bedeutet, das können wir uns leider noch nicht ganz ausmalen, aber es wird fatale Auswirkungen haben.

Und genau das wurde 1991 noch in Abrede gestellt. Sie haben das mit Sicherheit ausgeschlossen: Da wird nichts passieren, alles bestens, wir haben technisch alles im Griff. – Heute stehen Sie in einer Riesenwasserlacke und können nicht einmal weiterbauen. Das ist die Situation. Das Loch im Semmering wird zum Problem aller sozialistischen Verkehrsminister. Irgendwann wird der Bevölkerung im Osten der Geduldsfaden reißen, weil sie auf entsprechende Verkehrsverbindungen heute noch warten muß, Kollege Hums. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Für sie ist dank sozialistischer Verkehrspolitik ein angenehmes Reisen noch lange nicht in Sicht.

Meine Damen und Herren! Abschließend bringe ich noch einen Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Firlinger, Mag. Schweitzer, Gaugg und Kollegen betreffend Nahverkehrsausbau statt Semmeringtunnel

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Der Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr wird aufgefordert, dafür Sorge zu tragen, daß die dringlichen Ausbauvorhaben im Bereich des Nahverkehrs, die auch kürzlich von den Landeshauptleuten von Wien und Niederösterreich urgiert wurden, umgehend in Angriff genommen und dafür die Vorarbeiten für die Errichtung des Semmeringbasistunnels abgebrochen werden."

*****

(Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.20

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der soeben vom Abgeordneten Mag. Schweitzer vorgetragene Entschließungsantrag ist geschäftsordnungsgemäß eingebracht, unterstützt und wird in die Verhandlungen miteinbezogen.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Seidinger. – Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten.

17.20

Abgeordneter Winfried Seidinger (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Ich kann nicht umhin, den Kollegen Schweitzer darauf hinzuweisen, daß er wie immer uninformiert ist, aber große Töne von sich gibt und spuckt. (Beifall bei der SPÖ.)

Er weiß nicht einmal, daß baugenehmigt bis 30. Juni 1996 die Finanzierung von Planung und Bau gesichert ist, zum Beispiel S 7, Flughafen/Klein-Schwechat: 936 Millionen Schilling. (Rufe bei den Freiheitlichen: Bahn!) Informieren Sie sich doch! (Abg. Böhacker: Der Seidinger kennt nicht den Unterschied zwischen Bahn und Autobahn!)

Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn Sie, sobald wir vom Semmeringtunnel reden, nur vom "bösen Loch" oder "bösen Rohr" sprechen und den Zusammenhang nicht sehen – Vorlauf und


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Nachlauf und all diese Dinge –, wenn Sie die europäische Dimension nicht sehen – das kann man nicht reduzieren auf die Steiermark oder gar Obersteiermark, auf Kärnten und Salzburg, sondern man muß auch die internationale Dimension sehen –, dann muß ich sagen: Entweder wissen Sie es nicht besser, oder Sie wollen es nicht besser wissen.

Drei Dinge an die Adresse der FPÖ – Kollege Leikam wird das noch deutlicher sagen –: Kärntner Memorandum 1991: Landeshauptmann Haider verlangt den Bau des Semmering-Basistunnels; 21 000 Unterschriften der Steirer vor nun vier Jahren, von der FPÖ mitgetragen, Klubobmann Vesko war mit Vertretern der anderen Parteien in Wien und hat diese übergeben; Kärntner/Steirer Memorandum vom Oktober 1996 betreffend die Koralmbahn: mit Unterstützung der FPÖ. – Ja was wollen Sie denn noch? Ich vermisse den Kollegen Schöggl – jetzt war er kurz herinnen, geht aber schon wieder –, denn das wäre auch ein steirisches Interesse, das er als "F"ler hier vertreten könnte.

Die Steiermark hat – das wissen alle – so wie viele andere Industriegebiete eine Strukturumwandlung zu bewältigen gehabt. Es gibt daher in der Obersteiermark sicher keine Schwerindustrie mehr, wohl aber die Ansiedlung kleinerer und mittlerer Betriebe. Und eines, bitte, wollen wir nicht: Wir wollen nicht zu einem großen Altenheim werden, während die Jugend unsere Region verläßt. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich höre keine Argumente gegen den Ausbau der S 6 und der Tunnelröhren durch den Semmeringscheitel. Ich höre sie nicht von euch, also sind es zwei verschiedene Löcher. Das eine baut man gern, obwohl der Verschleiß an Umwelt, an Ressourcen, an der Natur weit größer ist als beim Tunnel – bei der Schiene möchte man das nicht so sehen.

Die Diskussion ist vielfach zu einer Konfrontation geworden. Die Gegner haben immer wieder Argumente gebracht, die ihre Eigeninteressen widerspiegeln. Es wurden immer Ferndiagnosen gestellt, sie werden nach wie vor gestellt. Ich sage euch: Alle von den Gegnern des Semmering-Basistunnels, die hier heraußen waren, sind samt und sonders noch nie in der Steiermark gewesen, sie wissen gar nicht, wie die Baustelle ausschaut, und haben keine Ahnung, was dort vor sich geht. Ich verwahre mich gegen solche Ferndiagnosen, die brauchen wir nicht. (Beifall bei der SPÖ.)

In einer Lobby der Verhinderer und in einer Tyrannei der Egoisten sind Fakten nicht gefragt.

Zum Wassereinbruch: Es ist sehr wohl von Hydrologen und von den Geologen vorher befürchtet worden, daß Wasser kommen wird. Mit 70 Sekundenlitern hat man gerechnet, für 140 Sekundenliter Wassereinbruch wurden die Pumpen ausgelegt. Es hat jedoch niemand erwartet, daß schlagartig 350 Sekundenliter kommen. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Redet mit den Bauleitern: Die Baustelle ist jetzt wieder trocken. Nur eines ist geschehen: Es wurde aufgrund des Einspruches der Niederösterreicher von der Steiermark bergab gebohrt, und das Wasser rinnt halt immer noch bergab. Wenn man in Gloggnitz von unten hinauf gebohrt hätte, würde das Wasser dort hinunterrinnen.

Unser Appell: Bitte baut den Semmeringtunnel! Die alte Ghega-Bahn kann den Verkehr nicht bewältigen. Was das Gerede von der Nichtauslastung betrifft, so sollte man sich einmal informieren, was da alles nicht möglich ist: Der schwere Transit ist nicht möglich, die rollende Landstraße ist nicht möglich, Container sind nicht möglich, der Pendolino ist nicht möglich. – All das geht nicht. Und wenn man die alte Semmeringbahn ausbaut, dann wird ein Weltkulturdenkmal zerstört, und dagegen wehren wir uns! (Beifall bei der SPÖ.)

17.25

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Leikam. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

17.25

Abgeordneter Anton Leikam (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Kärnten wird gerne das "Tor zum Süden" genannt. Das stimmt sicherlich aus geographi


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scher Sicht, sicherlich aber nicht aus Sicht der verkehrsmäßigen Erschließung. Das gilt für das Auto, das gilt für das Flugzeug, und das gilt natürlich auch für die Bahn.

Die Kärntner Wirtschaft ist abgekoppelt vom Zentralraum Wien, und das ist sicherlich für die wirtschaftliche Entwicklung in unserem Lande ein arger Nachteil. Denn Tatsache ist nun einmal, daß eine gute Verkehrsinfrastruktur wichtig und Grundlage für eine wirtschaftliche Dynamik ist, und daher ist die Kärntner Politik und ist die Kärntner Wirtschaft so sehr dahinter, daß dieser Semmering-Basistunnel gebaut wird. Daher hat auch im Jahre 1991 der damalige Landeshauptmann Haider in diesem Kärntner Memorandum den Bau des Semmering-Basistunnels verlangt. Und erst seine Abwahl hat ein Umdenken eingeleitet – und nicht irgendeine Studie, wie es hier von Abgeordnetem Firlinger gesagt wurde.

Ich wundere mich schon darüber, meine Damen und Herren von den Freiheitlichen, daß kein einziger Kärntner Abgeordneter von Ihnen heute ans Rednerpult geht, um die wirtschaftlichen Interessen des Landes Kärnten hier zu vertreten. Es wird unsere Aufgabe sein, die Aufgabe der Abgeordneten der Regierungsparteien, das auch der Kärntner Bevölkerung dementsprechend zu sagen. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Abgeordneter Firlinger mußte für den damaligen Landeshauptmann Haider heute hier in die Bresche springen und das Memorandum verteidigen, weil kein Kärntner Abgeordneter bereit war, das zu tun. Der Abgeordnete Firlinger war aber falsch informiert. Er hat das heute als "Mann für alle Fälle" getan. Früher hat das der Gudenus gemacht, nur, der war lustiger als der Abgeordnete Firlinger, meine Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ.)

Abgeordneter Firlinger hat gesagt, eine Studie hätte ein Umdenken ergeben. Ich darf aber darauf verweisen, daß erst im Oktober des vergangenen Jahres, vor wenigen Monaten, eine Resolution der Länder Kärnten und Steiermark über die Koralmbahn verabschiedet worden ist. Da heißt es unter Punkt 4, meine Damen und Herren:

Die Koralmbahn kann nicht als Insellösung betrachtet werden. Die Länder Kärnten und Steiermark befürworten und unterstützen deshalb den raschen Bau des Semmering-Basistunnels. – Unterschrieben hat dieses Memorandum, diese Resolution, Mag. Karl Heinz Grasser, ein blauer Landesrat (heftige Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP) , und zwar im Oktober 1996, unterschrieben hat Dipl.-Ing. German Vesko, dritter Präsident des Steiermärkischen Landtages, ebenfalls ein Freiheitlicher, meine Damen und Herren, und weiters unterschrieben hat diese Resolution Mag. Walter Ebner, freiheitlicher Stadtrat in Klagenfurt. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen und Gegenrufe bei der SPÖ.)

Sie können sich selbst ein Bild machen, was Ihre heutige Anfrage zu bedeuten hat. Sie war ein Flop. Ihr Parteiobmann ist in dieser Frage umgefallen. Wir werden es der Bevölkerung sagen. – Sie wollen das Chaos herbeireden, wir wollen den Fortschritt, so werden wir auch weiterarbeiten. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

17.28

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der letzte Redner hiezu ist Herr Abgeordneter Brix. – Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. Die Gesamtredezeit für Ihren Klub beträgt 5 Minuten. – Bitte.

17.28

Abgeordneter Otmar Brix (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Eine bewährte Strategie der Freiheitlichen Partei ist, die Menschen gegeneinander auszuspielen! (Beifall bei der SPÖ.)

Das machen die Freiheitlichen die ganze Zeit, und das machen sie auch mit ihrer Anfrage in Punkt 3 und Punkt 4, wo sie die Wiener und die Menschen der Ostregion gegen Kärntner und Steirer ausspielen wollen. Ich sage Ihnen von den Freiheitlichen: Das wird Ihnen nicht gelingen, denn auf Kosten der Wiener werden Sie nicht rechnen können. Wir Wiener wollen den Ausbau unseres Nahverkehrs. Wir wollen aber auch den raschen Bau des Semmering-Basistunnels, damit wir schneller auf der Schiene auch im Süden sind. (Beifall bei der SPÖ.)


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Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Die Freiheitlichen maßen sich an, unseren Wiener Bürgermeister hier falsch zu zitieren. Aber ihnen geht es nicht darum, die Wahrheit zu sagen. Denn dann müßten sie erklären, was er wirklich bei der Pressekonferenz gesagt hat. Er hat nur die Kosten in den Raum gestellt, und er hat gesagt, daß auf diese Kosten auch der Nahverkehr ausgebaut werden muß. Aber er fordert genauso wie wir, daß die Menschen in der Südregion nicht vernachlässigt werden dürfen, daß wir auch dort rascher weiterkommen müssen und daß wir dort vor allem die Betriebe aufleben und leben lassen müssen, damit auch sie die Chance haben, am Wirtschaftswachstum teilzuhaben. (Beifall bei der SPÖ.)

Daher, meine Damen und Herren, bekennen wir uns dazu, daß für die 200 000 Menschen, die täglich nach Wien einpendeln, der Nahverkehr um die Bundeshauptstadt rasch ausgebaut werden muß.

Es muß aber ebenso rasch der Semmering-Basistunnel gebaut werden, damit nicht noch mehr Verkehr auf der Straße ist, damit es uns gelingt, diesen Verkehr von der Straße weg auf die Schiene zu bringen, um ihn umweltfreundlicher zu gestalten.

Daher wird auch Wien, genauso wie die anderen Bundesländer Niederösterreich, Steiermark und Kärnten, für einen raschen Ausbau des Semmering-Basistunnels eintreten, und wir werden nicht einen derart menschenfeindlichen Antrag, wie er von den Freiheitlichen eingebracht wurde, unterstützen. (Beifall und Bravorufe bei der SPÖ sowie Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

17.31

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es hat sich jetzt noch Herr Abgeordneter Mentil zu Wort gemeldet. – Herr Abgeordneter, Sie wissen, daß Sie noch 2 Minuten Redezeit haben.

17.31

Abgeordneter Hermann Mentil (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sie können hier schreien und debattieren und widerlegen, wie Sie wollen: Sie befinden sich in einem Finanzierungsdebakel!

Ich lese Ihnen die Milliardenchronologie dieses Finanzierungsdebakels vor:

Die Geschichte der Finanzierung des Semmeringtunnels ist beinahe so lang wie die Röhre selbst. (Anhaltende Zwischenrufe bei der SPÖ.) Horchen Sie zu, Herr Parnigoni! Kreisky wollte seinerzeit Budgetmillionen zur Arbeitsplatzsicherung flüssigmachen. Die Jahre vergingen, die veranschlagten reinen Baukosten stiegen auf 7,5 Milliarden Schilling. Stein der Weisen sollte das Modell einer Privatfinanzierung sein. (Abg. Dr. Stippel: Wer schreibt denn das? – Weitere lebhafte Zwischenrufe bei der SPÖ.) Hören Sie zu! Noch ein paar...

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Meine Damen und Herren! Ich bitte um etwas mehr Ruhe! – Bitte, Herr Abgeordneter.

Abgeordneter Hermann Mentil (fortsetzend): Herr Parnigoni, hören Sie zu! – Seit 1996 finanzieren Sie privat! Am 19. März 1997 erklärt Caspar Einem: Privatfinanzierung ja, aber nicht um jeden Preis!

Sie haben keine Finanzierung! (Anhaltende Zwischenrufe und Heiterkeit bei der SPÖ.) Sie befinden sich in einem Finanzierungsdebakel! Sie sind 20 Jahre lang nicht in der Lage gewesen, den Tunnel zu finanzieren. Das ist Ihr Problem! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Lebhafte Heiterkeit bei der SPÖ.)

17.32

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Meine Damen und Herren! Hiezu ist niemand mehr zu Wort gemeldet. Die Aufregung kann sich daher wieder legen.

Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen jetzt zu zwei Abstimmungen . Ich bitte, die Plätze einzunehmen. (Anhaltende Unruhe im Saal. – Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen.)


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Meine Damen und Herren! Ich bitte, wenigstens jetzt bei der Abstimmung jenes Maß an Ruhe zu bewahren, daß die Abstimmung klar und eindeutig über die Bühne gehen kann!

Wir stimmen als erstes ab über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Krüger und Genossen betreffend Unterbindung von Preisabsprachen bei der Vergabe von Großbauvorhaben.

Wer für diesen Entschließungsantrag ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit . Dieser Antrag ist abgelehnt .

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Rosenstingl und Genossen betreffend Nahverkehrsausbau statt Semmeringtunnel.

Diesbezüglich ist eine namentliche Abstimmung verlangt worden. Der Antrag ist von 20 Abgeordneten unterstützt. Ich gehe daher dem Begehren entsprechend vor und werde die Abstimmung mittels Stimmzettel durchführen lassen.

Die Stimmzettel, die Sie benützen, befinden sich in Ihren Laden. Sie tragen den Namen des Abgeordneten. "Ja"-Stimmzettel sind die grauen, "Nein"-Stimmzettel sind die rosafarbenen. Für die Abstimmung dürfen Sie ausschließlich den amtlichen Stimmzettel verwenden.

Sie werden jetzt in namentlicher Reihenfolge aufgerufen und aufgefordert, den Stimmzettel in die Urne zu werfen.

Ich darf die Frau Abgeordnete Parfuss in ihrer Eigenschaft als Schriftführerin bitten, mit dem Namensaufruf zu beginnen.

Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, daß jene Abgeordneten, die für den Entschließungsantrag der Abgeordneten Rosenstingl und Genossen stimmen, "Ja"-Stimmzettel abzugeben haben, jene, die dagegen stimmen, "Nein"-Stimmzettel in die Urne zu werfen haben.

Bitte, Frau Abgeordnete Parfuss, beginnen Sie mit dem Namensaufruf. Sie werden dann von der Frau Abgeordneten Apfelbeck abgelöst werden.

(Über Namensaufruf durch die Schriftführerinnen Parfuss und Apfelbeck werfen die Abgeordneten die Stimmzettel in die Urne.)

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Die Stimmabgabe ist beendet.

Ich ersuche die mit der Auszählung beauftragten Bediensteten des Hauses, die Auszählung unter Aufsicht der Schriftführer vorzunehmen.

Ich unterbreche die Sitzung zu diesem Zweck.

(Die zuständigen Beamten nehmen die Stimmenzählung vor. – Die Sitzung wird um 17.42 Uhr unterbrochen und um 17.45 Uhr wiederaufgenommen. )

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und gebe das Ergebnis der namentlichen Abstimmung bekannt:

Es wurden 146 Stimmen abgegeben. Davon waren 36 "Ja"-Stimmen und 110 "Nein"-Stimmen.

Der Entschließungsantrag der Abgeordneten Rosenstingl und Genossen betreffend Nahverkehrsausbau statt Semmeringtunnel ist somit abgelehnt.

Die Namen der Abgeordneten werden unter Anführung des Stimmverhaltens in das Stenographische Protokoll aufgenommen.

Mit "Ja" stimmten die Abgeordneten:

Anschober, Apfelbeck, Aumayr;


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Blünegger, Böhacker, Brauneder;

Dolinschek;

Firlinger;

Gaugg, Graf;

Haider, Haidlmayr, Haigermoser, Haller, Hofmann;

Jung;

Krüger;

Lafer, Langthaler;

Madl, Meischberger, Meisinger, Mentil;

Öllinger;

Partik-Pablé, Povysil, Pumberger;

Rosenstingl, Rossmann;

Salzl, Scheibner, Schreiner, Schweitzer, Stadler, Stoisits;

Wenitsch.

Mit "Nein" stimmten die Abgeordneten:

Ablinger, Achs, Amon, Auer;

Barmüller, Bauer Sophie, Binder, Brinek, Brix, Buder, Bures;

Cap;

Dietachmayr;

Edler, Ellmauer;

Fekter, Feurstein, Fischer, Freund, Frieser, Fuchs, Fuhrmann;

Gartlehner, Gatterer, Grabner, Gradwohl, Gredler, Großruck, Guggenberger, Gusenbauer;

Hagenhofer, Haselsteiner, Heindl, Hlavac, Horngacher, Huber, Hums;

Jäger;

Kaipel, Kammerlander, Karlsson, Kaufmann, Keppelmüller, Khol, Kier, Kiermaier, König, Konrad, Kopf, Koppler, Kostelka, Krammer, Kräuter, Kröll, Kukacka, Kummerer;

Lackner, Leikam, Leiner, Löschnak, Lukesch;

Maier, Maitz, Marizzi, Mertel, Morak, Moser Sonja, Motter, Mühlbachler, Müller, Murauer;

Neisser, Niederwieser, Nowotny;

Oberhaidinger, Onodi;

Parfuss, Parnigoni, Peter, Pittermann, Platter, Posch, Puttinger;

Rada, Rasinger, Rauch-Kallat, Reitsamer, Riepl;


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Schaffenrath, Schieder, Schuster, Schwarzenberger, Schwemlein, Schwimmer, Seidinger, Sigl, Silhavy, Stampler, Steibl, Stippel;

Tegischer, Tichy-Schreder, Trinkl, Tychtl;

Verzetnitsch;

Wallner, Wimmer, Wurm, Wurmitzer;

Zweytick.

*****

Kurze Debatte über die Anfragebeantwortung 1770/AB

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Wir gelangen nun zu der kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung des Bundesministers für Finanzen mit der Ordnungszahl 1770/AB.

Diese Anfragebeantwortung ist verteilt worden, eine Verlesung durch den Schriftführer erübrigt sich daher.

Wir gehen in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, daß nach § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung kein Redner länger als 5 Minuten reden darf, allerdings hat der Erstredner zur Begründung eine Redezeit von 10 Minuten. Stellungnahmen der Mitglieder der Bundesregierung oder von Staatssekretären sollen nicht länger als 10 Minuten dauern.

Herr Abgeordneter Öllinger, Sie sind der Antragsteller, der Unterzeichner des Verlangens. Ich bitte Sie, die Debatte zu eröffnen.

17.46

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In dem Exemplar der schriftlichen Anfragebeantwortung, das Ihnen vorliegt, fehlt leider der einleitende Text, die Begründung für die Anfrage. Ich werde sie aber gerne noch mündlich nachreichen.

Im Prinzip ist es uns bei der Anfrage an den Herrn Bundesminister darum gegangen, festzustellen, ob ausländischen Staatsbürgern, primär ausländischen Staatsbürgern, die hier in Österreich arbeiten und die durch das Sparpaket Nummer 2 die Familienbeihilfe verloren haben, weil sich ihre Kinder ständig im Ausland aufhalten – das ist die Formulierung, die in § 5 Abs. 4 Familienlastenausgleichsgesetz festgelegt ist –, nicht eigentlich nach dem Gesetz, nach dem Einkommensteuergesetz, der Unterhaltsabsetzbetrag zusteht. Klar ist, mit der Streichung der Familienbeihilfe wurde auch der Kinderabsetzbetrag für jene Kinder gestrichen, die sich ständig im Ausland aufhalten. Ich betone das Wort "ständig" deshalb, weil es eine nicht geringe Bedeutung bei der Begründung der Anfragebeantwortung durch den Herrn Bundesminister hat.

Das Einkommensteuergesetz sieht nämlich im § 33 Abs. 3 lit. b eine andere Formulierung vor. Dort heißt es: Einem Steuerpflichtigen – und die Formulierung ist leider sehr kompliziert – , der für ein Kind, das nicht seinem Haushalt zugehört (§ 2 Abs. 5 Familienlastenausgleichsgesetz 1967) – dort wird definiert was ein Haushalt ist – und für das weder ihm noch seinem von ihm nicht dauernd getrennt lebenden Ehepartner Familienbeihilfe gewährt wird, den gesetzlichen Unterhalt leistet, steht ein Unterhaltsabsetzbetrag von 350 S monatlich zu. – Das steigert sich dann mit der Anzahl der Kinder.

Klar ist nach dieser Bestimmung des Einkommensteuergesetzes, daß unter bestimmten Voraussetzungen – das Kind lebt nicht im Haushalt – der Unterhaltsabsetzbetrag zusteht.


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Es wird dann verwiesen auf den § 2 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes, wo definiert wird, was ein Haushalt ist. Diese Begründung ist natürlich wichtig: Zum Haushalt einer Person gehört ein Kind dann, wenn es bei einheitlicher Wirtschaftsführung eine Wohnung mit dieser Person teilt. Die Haushaltszugehörigkeit gilt nicht als aufgehoben – und da ist vor allem lit. a interessant –, wenn sich das Kind nur vorübergehend außerhalb der gemeinsamen Wohnung aufhält. – Nur vorübergehend.

Wenn sich das Kind nur vorübergehend außerhalb der gemeinsamen Wohnung aufhält, ist es trotzdem ein gemeinsamer Haushalt.

Wir haben vorhin gehört – so die entsprechende Bestimmung –, der Unterhaltsabsetzbetrag nach § 33 steht nur dann zu, wenn kein gemeinsamer Haushalt existiert. Und das ist der Punkt, auf den ich hinauswill. Herr Minister! Es ist völlig unverständlich, warum Sie diese Anfrage in der Weise beantworten, daß Sie sagen, diese Kinder gelten als haushaltszugehörig.

Wenn man diese Bestimmungen des Familienlastenausgleichsgesetzes durchliest, auch die Erläuterungen und die Gerichtsurteile dazu liest, dann ist klarerweise festzuhalten, daß diesen Kindern auch dann, wenn sie nur vorübergehend – und es wird in den Erläuterungen auch definiert, was "vorübergehend" ist – einem Haushalt zugehören, die Familienbeihilfe zusteht.

Auf der anderen Seite – und das ist jetzt der Punkt – wird im Familienlastenausgleichsgesetz argumentiert, Kindern ausländischer Staatsangehöriger – so steht es zwar nicht drinnen, weil es ja neutral formuliert ist –, die sich dauernd im Ausland aufhalten, steht diese Familienbeihilfe nicht zu. Jetzt sagen Sie in dieser Begründung der Anfragebeantwortung, die Kinder halten sich nur vorübergehend im Ausland auf. Wenn diese Ihre Begründung für die Verweigerung des Unterhaltsabsetzbetrages stimmt, dann steht diesen Kindern, die sich derzeit im Ausland befinden, weil sie eben nicht dauernd im Ausland sind, die Familienbeihilfe zu.

Jetzt haben Sie aber gerade im Familienlastenausgleichsgesetz im Rahmen des Sparpaketes 2 diesen Personengruppen die Familienbeihilfe gestrichen, weil die Kinder sich ständig im Ausland aufhalten. Und jetzt ist alles denkbar, Herr Minister, aber nur eines nicht: daß sich das Kind nach dem einen Zielparagraphen ständig im Ausland aufhält, daß sich aber nach dem anderen Zielparagraphen im Einkommensteuergesetz dasselbe Kind nicht dauernd im Ausland aufhält, es nur vorübergehend von seinem Haushalt getrennt, also haushaltszugehörig ist.

Herr Minister! Diese Beantwortung ist inakzeptabel. Entweder – und so ist ja dieses Gesetz klugerweise auch konzipiert – hat ein erwachsener Steuerpflichtiger für das Kind, das er zu versorgen hat, Anspruch auf die Familienbeihilfe und den Kinderabsetzbetrag, weil er eben Familienlasten trägt, sprich: Kinder zu versorgen hat, oder, wenn er diese Familienbeihilfe und den Kinderabsetzbetrag aus ganz bestimmten Gründen nicht bekommt, aber trotzdem sorgepflichtig für das Kind ist, er hat zumindest Anspruch auf den Unterhaltsabsetzbetrag.

Diese Beantwortung, Herr Minister, ist – ich kann sie nicht anders bezeichnen – das zynische Paradoxon. Sie ist deswegen zynisch, weil dieselbe Person zum einen als eine definiert wird, die sich dauernd im Ausland aufhält, und im Einkommensteuergesetz wird dann von Ihrer Seite, vom Gesetz selbst nicht, definiert und bestimmt, sie hält sich nicht dauernd im Ausland auf. Also das geht nicht!

Zynisch ist sie deswegen, weil derselben Person aus beiden Titeln, Familienförderung, Familienlastenausgleich und Familienbeihilfe, die Förderung verweigert wird und aus dem anderen, alternierenden Titel, der ja sinnvollerweise so konzipiert war, daß er für diesen Fall gilt, ebenfalls die Unterstützung eines Steuerpflichtigen für seine Steuerlasten aus der Familienförderung verweigert wird. Das, Herr Minister, geht nicht! Das ist inakzeptabel, Herr Minister!

Und noch etwas: Auch die Begründung, die Sie in der Anfragebeantwortung gegeben haben, ist zynisch. Das ist das zweite Paradoxon, daß Sie nämlich sagen, das bedeutet keine Diskriminierung der Unterhaltsverpflichteten mit im Ausland lebenden Kindern, weil der Heimatstaat des Kindes in Form von Geld- oder Sachleistungen, zum Beispiel Ausbildungsmöglichkeiten, Krankenversorgung, für eine entsprechende Abgeltung der Kinderlasten sorgt.


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Das ist auch zynisch, Herr Minister, denn Sie und ich, wir beide, und alle hier wissen, daß die Steuerlast, die diese Person trägt, in Österreich anfällt. Die Person, die hier in Österreich arbeitet, finanziert das österreichische Sozial- und Steuersystem. Die Person, die hier in Österreich arbeitet, trägt ihre Lasten für die Gesellschaft hier. Sie hat daher auch hier ein Anrecht auf entsprechende Förderung.

Nicht die Türkei ist zuständig, um für die Kinder dieser Menschen zu sorgen. Wir wissen natürlich, das ist das Heimatland, aber sie dürfen ja nicht nach Österreich nachreisen. Das wird ihnen ja verwehrt!

Deshalb sagen Sie ja bei der Familienförderung, die halten sich dauernd im Ausland auf. Es wird nicht dazugesagt, daß ihnen dieses Recht auf Familienzuzug verweigert wird, daß dieser dauernde Aufenthalt für viele dieser Kinder eigentlich nur deshalb ein dauernder ist, weil ihnen der Nachzug verweigert wird.

Aber es ist zynisch zu sagen, die Türkei soll für diese Kinder sorgen, während die Personen, die hier arbeiten, steuerpflichtig sind, hier das österreichische Sozial- und Steuersystem finanzieren, vom österreichischen Staat keine entsprechende Abgeltung erhalten. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Aber sie nehmen ja auch die Einrichtungen in Anspruch!)

Welche Einrichtungen nehmen sie in Anspruch, Frau Abgeordnete Partik-Pablé? Sie können nicht die Einrichtung der Familienbeihilfe in Anspruch nehmen – das haben Sie mit beschlossen –, sie können nicht den Kinderabsetzbetrag in Anspruch nehmen, sie können nicht die Notstandshilfe in Anspruch nehmen, obwohl sie hier genauso Steuern zahlen wie jeder andere Mensch. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Die Krankenhäuser, die Ärzte, die Straßen, die infrastrukturellen Maßnahmen!)

Sie und ich, wir wissen genau, was diese Untersuchung vom Wirtschaftsforschungsinstitut belegt. Und das ist ein praktisches Beispiel, wie demagogisch auch Ihre Politik in dieser Frage ist. Das ist ein praktisches Beispiel, daß diesen Personen alle Rechte verwehrt werden sollen, obwohl sie ihnen durch das Gesetz zustehen.

Darauf wollen wir hinweisen, und daher, Herr Minister, wollen wir eine klare Antwort von Ihrer Seite, weil diese Antwort inakzeptabel, zynisch und unbefriedigend ist. Das verstößt gegen österreichische Gesetze. (Beifall bei den Grünen.)

17.57

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet hat sich nun Herr Bundesminister Edlinger. – Bitte, Herr Minister.

17.57

Bundesminister für Finanzen Rudolf Edlinger: Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst möchte ich feststellen, daß Ausländer, die mit ihren Familien in Österreich leben und in Österreich arbeiten, im Hinblick auf Familienbeihilfe, Kinderabsetzbeträge und sonstige steuerliche Begünstigungen selbstverständlich den österreichischen Staatsbürgern gleichgestellt sind.

Außerdem möchte ich anmerken, daß grundsätzlich für in Österreich beschäftigte Ausländer, deren Kinder nicht in Österreich leben und mit deren Heimatstaaten kein Abkommen besteht, keine derartigen Zahlungen geleistet werden. – Dies nur, um diese beiden Dinge einmal in den Raum zu stellen.

Per 30. September 1996 wurden die bestehenden Abkommen mit Jugoslawien, Mazedonien und Bosnien gekündigt, per 31. Dezember 1996 die Abkommen mit Slowenien, Tunesien, Kroatien und der Türkei. Durch die Kündigungen der Abkommen werden sohin die in Österreich beschäftigten Personen dieser Länder natürlich gleich behandelt wie alle anderen Ausländer aus Staaten, mit denen es nie solche Abkommen gegeben hat.


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Ich möchte aber durchaus zugeben, daß ich Ihre Forderungen und Ihre Einstellung für legitim halte und daß mich auch die Argumentation im Hinblick auf die möglichen Interpretationsdifferenzen zwischen dem Familienlastenausgleichsgesetz auf der einen und dem Einkommensteuergesetz auf der anderen Seite durchaus nachdenklich gemacht hat, weil ich das bisher nicht von dieser Seite her gesehen habe.

Ich möchte aber betonen, daß die Kündigung der Abkommen nicht leichtfertig erfolgte. Gerade im Bereich von sozialen Maßnahmen ist das immer besonders problematisch, weil es ja eine große Zahl von Betroffenen gibt und es sich dabei nicht gerade um Begüterte handelt. Die Kündigung war ein Teil des notwendigen Konsolidierungspaketes und sollte den Zustand beseitigen, daß sich Österreich – und das muß man schon feststellen – eine wesentlich weitergehende Kinderförderung leistet als sämtliche anderen Staaten. Es ist eben internationaler Standard, daß der Heimatstaat für die Abgeltung von Unterhaltslasten zuständig ist. Österreich kann daher in einem solchen Fall keine Familienbeihilfe gewähren.

In Ihrer konkreten Anfrage wird nun festgestellt, daß dann Ihrer Meinung nach als Ausgleich der Unterhaltsabsetzbetrag gewährt werden müßte. Nach dem derzeitigen Gesetzeswortlaut ist das, wie ich meine, zumindest nicht leicht möglich. Das scheint durchaus gerechtfertigt zu sein, denn der Unterhaltsabsetzbetrag kann nicht als Instrument für die Abgeltung der Grundversorgung eines Kindes betrachtet werden.

Ich möchte aber schon auch noch darauf hinweisen, daß das klarer wird, wenn man sich das umgekehrt vorstellt. Wenn also beispielsweise der österreichische Vater eines Kindes in einem Nicht-EWR-Staat lebt, das Kind und dessen Mutter aber in Österreich leben, dann ist es selbstverständlich, daß das Kind und daß die Familie, die hier in Österreich zurückgeblieben sind, auch alle Rechte haben, die der österreichische Staat vorsieht.

Ich möchte aber trotz alledem aufgrund Ihrer Argumentation, sehr geehrter Herr Abgeordneter, zusagen, daß ich – weil ich meine Antwort wirklich nicht zynisch interpretiert wissen möchte, sondern auf der Grundlage des Gesetzes, wie ich es von meinem Einstieg her zunächst einmal gesehen habe – Einkommensteuergesetz und FLAF in den einschlägigen, von Ihnen genannten Positionen überprüfen lasse, um festzustellen, in welcher Weise welche Rechtsansicht der Realität entspricht. Mehr kann ich im Augenblick dazu nicht sagen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

18.01

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Danke, Herr Bundesminister.

Als nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Mertel zu Wort gemeldet. Ich mache darauf aufmerksam, daß nach der Geschäftsordnung alle folgenden Redner zu diesem Punkt eine geschäftsordnungsmäßige Redezeitbeschränkung von 5 Minuten haben. – Bitte, Frau Abgeordnete.

18.01

Abgeordnete Dr. Ilse Mertel (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Ich darf dem Herrn Finanzminister danken, daß er von sich aus die Anregung gemacht hat, die Argumentation und die Rechtsansicht, die von Herrn Öllinger geäußert worden ist, und die Abwägung – hier Einkommensteuergesetz, hier Familienlastenausgleichsgesetz – überprüfen zu lassen, denn seine Argumentation ist auch aus meiner Sicht nachvollziehbar.

Gleichzeitig aber darf ich daran erinnern, daß wir in Österreich den Familien ein umfangreiches Leistungspaket zur Verfügung stellen. Insgesamt werden nämlich 200 Milliarden Schilling von Bund, Ländern, Gemeinden und Sozialversicherungen aufgebracht. Österreich liegt damit im internationalen Vergleich – das kann man nicht oft genug wiederholen – nach wie vor an der Spitze. An diesem großzügigen Leistungssystem in Österreich nehmen alle Kinder, ohne Rücksicht darauf, ob Inländer oder Ausländer, teil.

Die Strukturanpassungsgesetze 1995 und 1996 dienten dazu, das Budget zu konsolidieren, um die Kernbereiche der Familienleistungen weiterhin aufrechterhalten zu können. Dem lag der Gedanke zugrunde, daß steigende Defizite vor allem wieder unsere Familien enorm belasten


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würden. Daher mußten Familien – auch österreichische Familien – zum Beispiel eine Kürzung der Familienbeihilfe in jeder Altersstufe um 100 S hinnehmen; ebenso wurden die Geburtenbeihilfe und die Heimfahrtbeihilfen sowie die Studentenfreifahrt gestrichen. Mit diesen Maßnahmen konnte allerdings der Kurs zur grundsätzlichen Sicherung der Familienförderungssysteme beibehalten werden.

Nun zur konkreten Anfrage der Grünen. Ich glaube, daß man klar sagen muß, daß die Bestimmungen für Kinder, die im Ausland leben und somit nicht haushaltszugehörig sind – das ist ja eine der Voraussetzungen zum Bezug der Familienbeihilfe und der Kinderabsetzbeträge – in diesem § 33 Abs. 4 Z 3 lit. a expressis verbis geregelt sind. Da steht nämlich drinnen, daß ein Kinderabsetzbetrag nicht zusteht. Lit. b ist nicht so genau geregelt.

Ich glaube, bei aller Härte – auf den ersten Blick – und bei aller sozialen Verantwortlichkeit, die wir auch den ausländischen Familien und Kindern gegenüber haben, muß man sagen, daß doch auch die Verantwortung jenes ausländischen Staates, in dem die Kinder leben, einzufordern ist. Ich freue mich, daß der Herr Finanzminister von sich aus gesagt hat, daß eine Überprüfung der Rechtsansicht und der anscheinend divergierenden rechtlichen Bestimmungen erfolgen soll, denn immerhin sind davon 54 000 Kinder betroffen und ist damit ein Kostenaufwand von 600 Millionen Schilling verbunden, wobei hinsichtlich der 54 000 Kinder in der Diskussion immer wieder eingewandt wird, daß das eine ziffernmäßige Größenordnung ist, die nicht überprüfbar ist.

Abschließend, meine Damen und Herren: Österreich ist in der Europäischen Union, was Familienleistungen betrifft, beispielgebend. Daher ist es aus unserer Sicht und aus meiner Sicht wohl das Ziel, daß dieses Niveau zu einem internationalen Niveau werden möge; vor allem für jene, die der EU beitreten wollen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

18.05

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Rauch-Kallat. – Bitte.

18.05

Abgeordnete Maria Rauch-Kallat (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Finanzielle Förderung von Familien ist zwar nicht die einzig notwendige Förderung, die Familien zuteil werden muß, aber sie ist eine der wesentlichsten Förderungen, um einen Ausgleich zwischen Familien mit Kindern und Familien ohne Kinder zu schaffen.

Frau Abgeordnete Mertel hat vor mir schon gesagt, Österreich hat in dieser Beziehung eine langjährige Tradition und ist auch EU-weit eines jener Länder, das nicht nur betragsmäßig, sondern auch in der Vielfalt seiner Leistungen, seien es jetzt finanzielle oder Sachleistungen, an oberster Stelle steht. Diese Leistungen – auch das ist schon gesagt worden – stehen in- und ausländischen Kindern, die in Österreich leben, hier in den Kindergarten und zur Schule gehen, ohne Unterschied zur Verfügung.

Sicher gäbe es – in meiner Zeit als Familienministerin habe ich das erlebt – für jeden Familienminister und sicher auch für jeden Finanzminister nichts Schöneres, als das Füllhorn über alle Familien auszuschütten. Jeder Politiker täte nichts lieber als das. Wir wissen allerdings, daß in Zeiten von steigenden Budgetdefiziten, in Zeiten schwieriger wirtschaftlicher Situationen der Staat nicht unendlich Geld ausgeben kann und daß es auch seine Verpflichtung ist, in dieser Zeit mit einem konsolidierten Budget – das war letztendlich das Ziel des Konsolidierungsprogramms 1996 – auch die Wirtschaftskraft und die Arbeitsplätze in diesem Land zu sichern.

Aus diesem Grund hat das Konsolidierungsprogramm auch jenen schmerzlichen Schnitt vornehmen müssen und die Hälfte der Kinderbeihilfen, die bis zu jenem Zeitpunkt mit den vom Herrn Bundesminister genannten Ländern durch Sozialabkommen gesichert waren, streichen müssen. Das gleiche ist analog dazu mit der Abschreibung des Unterhalts geschehen.

Die rechtliche Situation getraue ich mich hier nicht zu beurteilen, und ich bin auch sehr froh, daß der Herr Bundesminister zugesichert hat, die Rechtmäßigkeit dieser Ungleichbehandlung, die Sie hier angeführt haben, Herr Kollege, zu überprüfen, um zu sehen, ob das rechtens ist.


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Die Tatsache an sich ist zu bedauern, aber in Zeiten wie diesen glaube ich, daß gerade jene 600 Millionen Schilling an Einsparungen, die dadurch erzielt wurden, auch dazu beigetragen haben, den Familienlastenausgleichsfonds auch für die nächsten Jahre sowohl für österreichische Kinder als auch für alle jene Kinder, die in Österreich leben, zu sichern.

In diesem Sinne bedauern wir genau wie Sie, daß diese Maßnahme notwendig ist. Wir haben auch bedauert, daß Streichungen für österreichische Kinder notwendig waren, und wir hoffen sehr, daß wir in wirtschaftlich besseren Zeiten und nach der Budgetkonsolidierung den Familien wieder die entsprechende Unterstützung geben können – nicht nur den inländischen, sondern auch den ausländischen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

18.09

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Böhacker. – Bitte.

18.09

Abgeordneter Hermann Böhacker (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Herr Kollege Öllinger! Wenn man aus Ihrer Anfrage die Präambel wegläßt und sich nur auf die Fragen und deren rechtliche Beurteilung bezieht, dann kann ich den Schluß, den Sie aus der Beurteilung der entsprechenden Paragraphen ziehen, nicht teilen. Es ist ja erfreulich, daß der Herr Bundesminister für Finanzen gesagt hat, er werde die Rechtslage prüfen – das ist grundsätzlich positiv zu beurteilen –, trotzdem gehe ich davon aus, daß die hier vom Nationalrat beschlossenen Gesetze noch immer Vorrang haben sollten vor irgendwelchen Interpretationen.

Wenn seit dem 1. Mai 1996 im FLAG ausgesprochen wird: "Kein Anspruch auf Familienbeihilfe besteht für Kinder, die sich ständig im Ausland aufhalten", dann ist dieser Paragraph völlig klar.

Zum zweiten gibt es den § 33 EStG, der einem Steuerpflichtigen, der für ein Kind, das nicht seinem Haushalt zugehörig ist, einen Unterhaltsabsetzbetrag zugesteht, ihm also eben diesen gesetzlichen Unterhaltsbetrag zubilligt. (Abg. Dr. Mertel: Litera a!) "Lit. a) Einem Steuerpflichtigen steht die Familienbeihilfe und ein Kinderabsetzbetrag zu, wenn ..." und so weiter. Da steht vom Unterhaltsabsetzbetrag überhaupt nichts drinnen. (Abg. Dr. Mertel: Dann steht kein Kinderabsetzbetrag zu!)

Dann kommt noch der § 2 Abs. 5 Familienlastenausgleichsgesetz dazu: "Zum Haushalt einer Person gehört ein Kind dann, wenn es bei einheitlicher Wirtschaftsführung eine Wohnung mit dieser Person teilt." Das heißt, ein im Ausland lebendes Kind teilt die Wohnung, in der eine einheitliche Wirtschaftsführung durchgeführt wird. (Abg. Öllinger: Nein, nein, nein!)

§ 5 Abs. 4 Familienlastenausgleichsgesetz definiert zudem eindeutig, daß für ein Kind kein Familienbeihilfeanspruch besteht, wenn sich dieses Kind ständig im Ausland befindet.

Daher, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist für mich die Rechtslage völlig klar. Die soziale familienrechtliche Dimension ist eine andere. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Haider: Bravo!)

18.12

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet hat sich nun Herr Abgeordneter Dr. Kier. – Bitte.

18.12

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Nachdem mein unmittelbarer Vorredner hier eine Rechtsauslegung vorgenommen hat – gleichzeitig, Herr Kollege, haben Sie gemeint, man soll nicht so viel hineininterpretieren, aber es war natürlich eine Interpretation von Ihnen –, muß ich sagen, ich kann dieser Interpretation nicht wirklich folgen (Abg. Dr. Fuhrmann: Das versteht der Böhacker nicht!) , und mir ist die Feststellung des Herrn Bundesministers, daß er den Gehalt der Anfrage und der Beantwortung noch einmal einer Überprüfung unterziehen will, deutlich lieber.


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Ich erlebe dies als Signal eines fachkundigen und politischen Menschen, der erkannt hat, daß diese Antwort mißlungen ist – sage ich einmal vorsichtig. Sie ist rechtlich nämlich nicht so eindeutig zu interpretieren, denn wenn man den einschlägigen § 2 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes liest, so ist der Fall, den Kollege Öllinger angefragt hat, hier ausdrücklich nicht zu subsumieren. Um zu unterstellen, daß jemand, der in Österreich lebt, hier unbeschränkt steuerpflichtig ist und all das tut, was man tun muß, damit man überhaupt erst einmal einen Unterhaltsabsetzbetrag geltend machen kann, muß man ja vorher einiges tun. Wenn man nämlich das alles nicht tut, dann existiert der Unterhaltsabsetzbetrag gar nicht, und den Betreffenden gleichzeitig fiktiv in einen "gemeinsamen Haushalt" ins Ausland zu setzen, das wird nicht möglich sein. Oder: Zu unterstellen, daß ein Elternteil, der diesen Haushalt verläßt und noch dazu eine Staatsgrenze zwischen sich und das Kind bringt, dann im gemeinsamen Haushalt mit dem Kind lebt – auch das wird nicht funktionieren.

Hier ist – für die Bundesregierung bedauerlicherweise, erfreulicherweise für die sozialen Verhältnisse der Betroffenen – der Versuch, alle Leistungen, die jemand, der nicht österreichischer Staatsbürger ist und in Österreich arbeitet und eine Familie hat, die er nicht nach Österreich nachgeführt hat, zu streichen, mißlungen.

Es ist Ihnen gelungen, die Familienbeihilfe zu kappen – Sie mußten dazu alle Sozialabkommen kündigen; ich war erst jüngst in Tunesien; das war damals eines der kleineren Probleme, aber man wird heute noch darauf angesprochen, insbesondere weil auch die österreichischen Urlaubskrankenscheine jetzt in Tunesien nicht gelten; das war nur eine Fußnote –, es wurden die Absetzbeträge eliminiert – das ist Ihnen auch gelungen –, und Sie haben gedacht, die Leute werden jetzt zwar mehr Lasten haben, aber sie sollen im innerösterreichischen Steuerrecht auch noch zum Handkuß kommen.

Das arbeitet nicht, denn ein hier unbeschränkt Steuerpflichtiger muß alle Möglichkeiten haben, die ihm das Steuerrecht eröffnet. Wenn er keinen Kinderabsetzbetrag mehr hat, wenn es keine Kinderbeihilfe mehr gibt, dann hat er eben den Unterhaltsabsetzbetrag. Genau so und nicht anders sind § 33 Einkommensteuergesetz in Verbindung mit § 2 Familienlastenausgleichsgesetz zu lesen.

Ich habe die Antwort des Herrn Bundesministers verstanden. Sie war in diesem Sinne konstruktiv. Ich hoffe, es kommt ein Follow up, denn er wäre damit völlig in Übereinstimmung mit einer ganz anderen Anfragebeantwortung seines Vorvorgängers im Amt, des Bundesministers Staribacher, vom 2. August 1995, der zum selben Problemkreis ausgeführt hat: "Eine steuerliche Nichtberücksichtigung von Unterhaltspflichten wäre verfassungswidrig."

Ich meine, das, was hier läuft, wäre, wenn es sich in Bescheidform manifestiert, verfassungswidrige Anwendung. Das Gesetz selbst ist nicht verfassungswidrig, denn wenn man es richtig auslegt, paßt es schon. Daher empfehle ich dringend die Lektüre der Anfragebeantwortung XIX. GP, 1276/AB vom 2. August 1995. Sie ist in diesem Punkt erhellend. Darin hat das Finanzministerium einen ganz klaren Rechtsstandpunkt vertreten. Ich würde sagen, man braucht ihn nur unverändert beizubehalten, die Anfragebeantwortung inhaltlich zu korrigieren, die Vollzugspraxis auf die Rechtslage umzustellen, und wir haben gar kein Problem mehr. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

18.16

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Die nächste und letzte Rednerin zu diesem Tagesordnungspunkt ist Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. – Bitte.

18.16

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Fast wäre der nahezu einzigartige Fall eingetreten, daß sich eine Wortmeldung von uns Grünen erübrigt, denn die Zwischentöne des Herrn Bundesministers – zwar nicht so klar ausgesprochen – waren ja ziemlich eindeutig. Seine Beamten haben ihm – so interpretiere ich es – etwas vorbereitet, was er unterschrieben hat, wobei er sich der politischen Dimension dieser Unterschrift in der Auslegung nicht bewußt war. Denn eine Interpretation dieser zitierten Gesetze in der Art und Weise, wie sie schriftlich erfolgt ist und wie sie ja der Herr Kollege Böhacker von den Freiheit


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lichen auch wiederholt hat, ist eine krasse Ungleichbehandlung von Steuerzahlern und wäre damit gesetzwidrig. Das hat ja Herr Kollege Kier vorhin auch gesagt.

Ich habe nur deshalb jetzt noch das Wort ergriffen, um Frau Dr. Mertel zu sagen, daß es selbstverständlich überhaupt nicht im Widerspruch zum Ansinnen des Kollegen Öllinger steht, daß man die Verantwortung des Heimatstaates für Kinder, die dort leben, einfordert. Ich meine, das eine hat mit dem anderen nichts zu tun. Hier geht es ja um Rechtsansprüche, die Steuerpflichtige in Österreich haben, denn die Frage, ob man Familienbeihilfe an Kinder ausländischer Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen bezahlt, die nicht in Österreich leben, ist eine politische Entscheidung. Diese wurde im letzten Jahr getroffen, und man hat halt im Sparpaket II 600 Millionen Schilling wieder bei den Ärmsten eingespart, denn ausländische Familien und ausländische Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gehören zu jenem Teil der österreichischen Wohnbevölkerung, der von den Einkommen her an der untersten Stufe anzusetzen ist.

Wie wir jedoch – bedingt durch die Diskussion, die es in den letzten Wochen gegeben hat – vom Wifo klar belegt bekommen haben, sind ausländische Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen in Österreich ein wahres Geschäft, weil sie viel mehr Geld in den österreichischen Steuersack einzahlen, als sie jemals daraus lukrieren. So waren diese 600 Millionen Schilling, um die es geht, wirklich eine sehr ungerechte, aber auch familienfeindliche Maßnahme.

Ich gehe davon aus, daß Sie, Herr Bundesminister, es nicht bei Ihren heutigen Worten belassen werden, sondern daß Sie – ich habe mir noch nicht überlegt, in welcher Form, aber in jedenfalls eindeutiger Form – die Beamten und Beamtinnen, die diese Gesetzesstellen zu vollziehen haben, anweisen werden, sie nicht so zu interpretieren, wie es – ich sage: nicht unabsichtlich, sondern absichtlich – geschehen ist. Ich freue mich darüber, daß die Opposition einen so konstruktiven Beitrag hier im Nationalrat leisten konnte, um Sie auf ein Problem hinzuweisen, das Sie jetzt selber auch erkannt haben. (Beifall bei den Grünen.)

18.20

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Fortsetzung der Tagesordnung

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Ich nehme jetzt die Verhandlungen über die Punkte 7 und 8 der Tagesordnung betreffend Änderung des Fernmeldegesetzes 1993 (619 der Beilagen) und Änderung des Austro-Control-Gesetzes (620 der Beilagen) wieder auf.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneten Wallner. – Bitte.

18.20

Abgeordneter Kurt Wallner (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich darf also die Debatte über das Fernmeldegesetz wiederaufnehmen.

In Grundzügen muß man festhalten, daß zwei Anliegen mit der vorliegenden Novelle verfolgt werden: erstens die Konzessionsvergabe, zweitens das Konzessionsentgelt betreffend den reservierten Fernmeldedienst mittels Mobilfunk.

Meine Damen und Herren! In dieser Fernmeldegesetznovelle wird auch das Vergabeverfahren geregelt. Hier sind zwei Varianten festgeschrieben, die heute vor einigen Stunden schon diskutiert wurden, nämlich das Administrativverfahren und die Versteigerung. Es hat massive Kritik an der ursprüngliche Regierungsvorlage gegeben, weil man gemeint hat, daß die beiden von mir genannten Vergabeverfahren unterschiedlich behandelt werden.

Das war richtig, und daher hat mein Kollege Parnigoni gemeinsam mit der ÖVP einen Abänderungsantrag eingebracht, der regelt, daß bei beiden Verfahren, also sowohl beim Administrativverfahren als auch bei der Versteigerung, Akteneinsicht gewährt ist, und durch die Anwendung des AVG ist es möglich, die Berücksichtigung von berechtigten Interessen wahrzunehmen. Ich meine hier im besonderen die Wirtschaftsgeheimnisse von Mitbewerbern, von Konkurrenten.


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Diesbezüglich ist die Akteneinsicht ausgeschlossen, und ich glaube, daß das eine faire Vorgangsweise ist.

Meine Damen und Herren! Noch ein Wort zur Versorgungsqualität. Es ist eigentlich auch im Fernmeldegesetz festgeschrieben, daß es, wenn der Versorgungsgrad der Bevölkerung mit einer bestimmten Netzwerkqualität nicht gegeben ist, Sanktionsmöglichkeiten gibt. Ich glaube, daß diese Sanktionsmöglichkeit – das ist eine zivile Konventionalstrafe – etwas ist, wovon die Fernmeldebehörde nicht so rasch Gebrauch machen wird, weil die Konzessionsentgelte relativ hoch sind.

Daraus ergibt sich natürlich der Umstand, daß Konsumenten über Gebühr schlechte Qualität und schlechtes Service in Kauf nehmen müssen. Ich kann Ihnen nur sagen, bei einer Autofahrt von der Obersteiermark – über die wir heute schon im Zusammenhang mit dem Bau des Semmering-Basistunnels diskutiert haben – nach Wien hat man, wenn man ein Handy eingeschaltet hat, zahlreiche Unterbrechungen und muß immer wieder den Gesprächspartner neu anwählen. Hier wäre eine Verbesserung dringend notwendig.

Meine Damen und Herren! An dieser Stelle darf ich eine Forderung der Österreichischen Bundesarbeitskammer unterstützen, die auch meint, daß dieser Umstand der schlechten Versorgung und zum Teil auch schlechten Qualität nicht tragbar sei. Eine Abhilfe würde insbesondere darin bestehen, zur Absicherung der Konzessionsziele eine Verwaltungsstrafandrohung vorzunehmen, die sicherlich von den Behörden eher verwirklicht werden könnte.

Meine Damen und Herren! Wie bereits diskutiert, gibt es zurzeit in unserem Land zwei Mobilfunkbetreiber, nämlich Mobilkom und max.mobil. Nun soll ein dritter Anbieter hinzukommen. Das ist auch der tiefere Sinn dieser Fernmeldegesetznovelle, die als Zwischenschritt für das Telekommunikationsgesetz gilt, das voraussichtlich mit 1. Juli dieses Jahres in Kraft treten soll. Der neue Anbieter soll im Bereich des 1800-MHz-Bandes tätig sein, und die beiden bestehenden Anbieter sollen auch die Möglichkeit bekommen, mit jeweils 5 MHz auf diesem 1800-MHz-Band tätig zu sein, wenn eben der Bedarf gegeben ist und alle Möglichkeiten im Hinblick auf technische und wirtschaftliche Natur ausgenützt sind; allerdings erst nach drei Jahren.

Meine Damen und Herren! Wenn von Rednern sowohl der FPÖ als auch des Liberalen Forums darauf verwiesen worden ist, daß es sich hier um ein "Postschutzgesetz", wie sie sich ausgedrückt haben, handelt, dann muß ich entschieden dagegen auftreten, und ich möchte auch begründen, warum. Das 1800-MHz-Band sieht eine Bandbreite von 360 MHz vor. Diese 360 MHz werden wieder in Teile zu 5 MHz unterteilt. Wenn also die beiden jetzigen Betreiber Mobilkom und max.mobil ebenfalls 5 MHz davon bekommen, dann kann man nicht davon sprechen, daß die Post hier besonders geschützt wird. Es wird sehr wohl ein fairer Wettbewerb zugelassen, und ich kann nur sagen, daß das ausdrücklich kein "Postschutzgesetz" ist.

Meine Damen und Herren! Ich glaube, daß dieser dritte Anbieter für einen zusätzlichen Konkurrenzdruck sorgen wird. Es ist zu hoffen, daß das zum Vorteil der Verbraucher sein wird und daß die beiden bestehenden Anbieter ihre Gebühren senken, um so auch wettbewerbsfähig zu sein.

Meine Damen und Herren! Ich komme schon zum Schluß. An Konkurrenz wird es in naher Zukunft ohnedies nicht fehlen. Es gibt einen Beschluß der WTO, wonach in Zukunft auch Satellitennetze in Österreich Fuß fassen können. Es wird noch etwas Zeit vergehen, bis es soweit ist, aber schon in naher Zukunft wird es Handies geben, die sowohl im 900-MHz-Bereich als auch im 1800-MHz-Bereich arbeiten.

Ich bin der Meinung, daß wir als Gesetzgeber uns jeweils dem technischen Fortschritt anpassen und immer wieder entsprechende Novellierungen in das Hohe Haus bringen müssen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)


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67. Sitzung / Seite 160

18.27

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Hofmann. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

18.27

Abgeordneter Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Ich möchte zum Austro-Control-Gesetz Stellung nehmen. Sie wissen, daß im Jahr 1994 die Ausgliederung erfolgte, das heißt, das Bundesamt für Zivilluftfahrt wurde quasi zur Austro Control.

Was hat sich in der Zwischenzeit getan? – Der Vorstand wurde vergrößert. Es ist ein entsprechender – wie ich meine, eklatant hoher – Anstieg der Flugsicherungsgebühren eingetreten. Es ist offensichtlich zum Erfinden völlig neuer Gebühren gekommen, und, Herr Kollege Kukacka, wir sind Spitzenreiter in Europa. (Abg. Mag. Kukacka: Der Vorstand ist gleich groß geblieben! Er hat sich nicht vergrößert!) Was sagen Sie? (Abg. Dr. Haider: Verteuert hat er sich! – Abg. Mag. Kukacka: Der Vorstand ist von Anfang an gleichgeblieben und nicht vergrößert worden!) Verteuert hat es sich.

Lassen Sie mich gleich zu den Kosten Stellung nehmen, Herr Kollege Kukacka! (Abg. Mag. Kukacka: Reden Sie nicht von Dingen, von denen Sie überhaupt nichts verstehen!) Es werden Ihnen sicherlich die Nationalbank und die Bezüge der dort Beschäftigten noch in Erinnerung sein. Lassen Sie mich einige Zahlen nennen! Das Durchschnittseinkommen bei der Nationalbank betrug im Jahr 1994 772 000 S. Lassen Sie mich den Vergleich anstellen mit dem ehemaligen Bundesamt für Zivilluftfahrt. Da betrug das Durchschnittseinkommen im Jahr 1994 beziehungsweise vor der Ausgliederung 843 000 S. Sinn und Zweck war eine Effizienzsteigerung, ein Personalabbau. Alles sollte besser werden. Tatsache ist, daß Ende 1996 die Bezüge der dort Beschäftigten auf über eine Million Schilling gestiegen sind und selbstverständlich auch noch einige Leute mehr dort beschäftigt sind. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich will Ihnen aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, auch das Durchschnittseinkommen der Luftlinien AUA und Tyrolian nicht vorenthalten. Es sind dies einschließlich des fliegenden Personals bei der AUA 700 000 S und bei den Tyrolian Airlines 500 000 S. – Dies nur zum Vergleich.

Wenn wir heute über diese 700 000 Millionen Schilling zur Absicherung der Altersversorgung der Lotsen diskutieren, so lassen Sie mich eines dazu sagen: Hier sind grundsätzlich strukturelle Änderungen erforderlich. Die Fluglotsen, die, wie ich meine, mit Sicherheit eine gute, eine kooperative, eine stressige Arbeit verrichten, sollen auch ein entsprechendes Einkommen haben. Die Strukturen, die hier aufgebaut wurden beziehungsweise erhalten und ausgebaut werden, sind allerdings mehr als bedenklich.

Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn Kollege König von einer erstklassigen Sicherheit spricht, so kann ich Ihnen versichern, daß die hohe Qualität, die wir haben, auch nicht einzigartig ist. Wir sind stolz darauf, und es ist gut so, daß wir eine entsprechende Sicherheit im Flugverkehr haben, aber wenn Sie internationale Vergleiche anstellen, dann bitte auch diesen: Es ist die Austro Control ein Monopolbetrieb ohne Wettbewerb und ohne die Notwendigkeit, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen, da kein direkter Vergleich gegeben ist und diese Stellung auch entsprechend ausgenutzt wird.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich weiß, daß es seitens der Austro Control Überlegungen gibt, einen Teil des Luftraumes von Ungarn beziehungsweise von Tschechien zu überwachen. Da stelle ich mir die Frage: Warum ist es nicht möglich, sich auch die Luftraumüberwachung Österreichs, beispielsweise von Tschechien, anbieten zu lassen, um etwas mehr Wettbewerb aufkommen zu lassen?

Wenn der Verkehrsausschuß im Ausschußbericht feststellt, daß keine Erhöhung der Gebühren auf uns zukommen wird, so ist das etwas, was auch ich vertreten kann, und zwar deswegen, weil die Gebühren mit einer Steigerung von bis zu 1 400 Prozent bereits so enorm hoch sind, daß in diesem geschützten Bereich etwas geschehen muß. Die General Aviation wird ebenso wie die Fluglinien diesbezüglich etwas tun müssen. Dadurch wird die Wettbewerbsfähigkeit unserer österreichischen Linien gesteigert. (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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67. Sitzung / Seite 161

Man sollte versuchen – das ist maßgeblich –, diesen Overhead, der in diesem geschützten Bereich aufgebaut wurde, vernünftigen Strukturen zuzuführen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

18.32


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67. Sitzung / Seite 162

Präsident Dr. Heinrich Neisser:
Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Seidinger. – Bitte.

18.32

Abgeordneter Winfried Seidinger (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Noch einige Worte und Gedanken zur Novelle des Austro-Control-Gesetzes. Die Austro Control Ges.m.b.H., für den sicheren und wirtschaftlichen Flugverkehrsablauf verantwortlich, hat dafür zu sorgen, daß diese Sicherheit gewährleistet ist, und zwar vom Anlassen der Triebwerke bis zum Verlassen des österreichischen Luftraumes beziehungsweise umgekehrt. Es sind täglich bis zu 2 500 kontrollierte Luftfahrzeuge in oder über Österreich unterwegs. Die Austro Control beschäftigt 1 000 Mitarbeiter, davon sind 300 voll ausgebildete Lotsen.

Die Austro Control ist 1994 aus dem 1955 gegründeten Bundesamt für Zivilluftfahrt hervorgegangen, steht im Eigentum der Republik, ist aber privatwirtschaftlich organisiert. Ihre rechtlichen Grundlagen wurden durch das Bundesgesetz über die Austro Control Ges.m.b.H. im Jahre 1993 geschaffen. Welche Aufgaben hat sie zu erfüllen? – Flugverkehrsdienste, Kontrolldienste, Informations- und Alarmdienst, Überwachung der Einhaltung der Luftverkehrsvorschriften, Luftfahrtinformationsdienst, Flugfernmeldedienst, Flugwetterdienst, Aufsicht über den Flugbetrieb, Bewilligung von Ein-, Aus- und Überflügen, Zulassung von zivilluftfahrtseigenen Geräten, Prüfung der Luft- und Betriebstüchtigkeit, Aufsicht über die Luftfahrzeugwartung, Such- und Rettungsdienst, Errichtung und Betrieb von Flugsicherungsanlagen, Ausstellung von Zivilluftfahrt-Personalausweisen respektive Bewilligung von und Aufsicht über Zivilluftfahrtschulen.

Das heißt, es gibt eine Fülle von Verantwortungen und Aufgaben, die diese Austro Control Ges.m.b.H. übernommen und zu erfüllen hat; wie angekündigt wird sie diese unter Umständen auch für andere Lufträume übernehmen.

Es ist vielleicht interessant zu bemerken, daß Mitte der achtziger Jahre eine wahre Explosion des Flugverkehrs stattgefunden hat: Waren es 1987 noch 337 986 Bewegungen, so sind diese im Jahr 1996 auf 685 053, also auf mehr als das Doppelte gestiegen. Umfaßt sind hierin die Instrumentenflüge. Die Überflüge sind von 1993 bis 1996 um 100 000 gestiegen, die An- und Abflüge im selben Zeitraum um rund 40 000.

Die Luftfahrt – das sei ausdrücklich festgestellt – ist der einzige Verkehrsträger, der seine Infrastrukturkosten selbst trägt und – von der EU als Zielsetzung gefordert – auch Kostenwahrheit praktiziert.

Die Novelle des am 1. Jänner 1996 in Kraft getretenen Kollektivvertrages für die Bediensteten der Austro Control Ges.m.b.H., die uns vorliegt, erfüllt die bei der Ausgliederung gemachte Zusage, daß eine Übergangsregelung für Flugverkehrsleiter ab dem 55. Lebensjahr geschaffen wird. Das entspricht dem internationalen Standard des vorzeitigen Ruhestandes für langjährige Flugverkehrsleiter.

Die Novelle ermöglicht es der Gesellschaft, die für diese Übergangsregelung zu bildenden Rückstellungen – über einen Zeitraum von 20 Jahren verteilt – abzuschreiben. Die Bildung von Rückstellungen für Personalkosten der Flugsicherung wäre durch Einbeziehung dieser Kosten in die Kostenbasis der Flugstreckengebühren auch schon vor der Ausgliederung des Bundesamtes für Zivilluftfahrt möglich gewesen, wurde durch die Systematik des Bundeshaushaltes aber verhindert. Daher hat die Austro Control diesbezüglich Nachholbedarf. Der Vorteil dabei ist: Es entstehen keine Kosten für den Bund, es besteht volle EU-Konformität, und es gibt eine Ausschußfeststellung, in der der Verkehrsausschuß davon ausgeht, daß der durch die Dotierung von Rückstellungen für Personalaufwand entstehende Mehraufwand nicht zu einer Erhöhung der Flugsicherungsgebühren führen wird. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

18.36


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67. Sitzung / Seite 163

Präsident Dr. Heinrich Neisser:
Es liegt hiezu keine Wortmeldung mehr vor. Die Debatte ist geschlossen.

Die Berichterstatter haben kein Schlußwort verlangt.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung ; diese wird über jeden Ausschußantrag getrennt vorgenommen.

Zuerst gelangen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 619 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Parnigoni, Mag. Kukacka und Genossen einen Abänderungsantrag betreffend Z 6 § 20a Abs. 11 eingebracht. Da nur dieser eine Abänderungsantrag vorliegt, lasse ich sogleich über den Gesetzentwurf in der Fassung des Abänderungsantrages der Abgeordneten Parnigoni, Mag. Kukacka und Genossen abstimmen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die sich dafür aussprechen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Antrag ist mehrheitlich angenommen worden.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung zustimmen, um ein entsprechendes Zeichen. – Der Entwurf ist auch in dritter Lesung mehrheitlich angenommen worden.

Jetzt stimmen wir ab über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 594 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Dieser Gesetzentwurf ist mehrheitlich angenommen worden.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer in dritter Lesung zustimmt, den bitte ich um ein Zeichen. – Auch in dritter Lesung ist dieser Entwurf mehrheitlich angenommen worden.

9. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (564 der Beilagen): Schifffahrtsgesetz (618 der Beilagen)

10. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (344 der Beilagen): Wirtschaftskommission für Europa; Transeuropäische Eisenbahn (TER); Verlängerung des Kooperationsübereinkommens über den Treuhandfonds (616 der Beilagen)

11. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (437 der Beilagen): Änderungen zum Übereinkommen über internationale Beförderungen leicht verderblicher Lebensmittel und über die besonderen Beförderungsmittel, die für diese Beförderung zu verwenden sind (ATP) (617 der Beilagen)

12. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über die Petition Nr. 13 betreffend "20 Jahre Fluglärm sind genug – Die Donaustadt fordert ihr Recht", überreicht vom Abgeordneten Josef Edler (621 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Wir gelangen jetzt zu den Punkten 9 bis 12 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen sofort in die Debatte ein.

Erster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Graf. – Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte.

18.39

Abgeordneter Dr. Martin Graf (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Hohes Haus! Ich äußere mich in diesem Redeblock nur zu einem Thema – Herr Abgeordneter Edler lächelt bereits, weil er genau weiß, was auf ihn zukommt –, nämlich zum Thema "20 Jahre Fluglärm sind genug – Die Donaustadt fordert ihr Recht".

Kurz zur Vorgeschichte. Es gab in jüngster Vergangenheit – 1994 und 1995 – zwei Nationalratswahlgänge, einen Landtagswahlkampf und kurz danach, nämlich im Vorjahr, einen EU-Wahlkampf. Seit diesen Wahlgängen und auch bereits im Zuge der Abstimmung über den EU-Beitritt verfolgt mich als Donaustädter Grundmandatar das Thema Fluglärm; eigentlich sogar noch länger, weil sich bei der Errichtung der Piste 16/34 vor etlichen Jahren 40 000 Menschen gegen den Bau dieser Piste ausgesprochen haben.

Zu diesem Zeitpunkt war das die größte Bürgerinitiative, die Österreich je gesehen hat. Es gab damals natürlich massive Proteste und Befürchtungen seitens der Anrainer. Das alles wurde damals aber vom Tisch gewischt, und zwar mit Versprechungen seitens der Gesetzgeber, seitens der Flughafenbetreiber und letztlich auch seitens der Politik an sich, Versprechen hinsichtlich geplanter Maximal-Flugbewegungen et cetera. Wie sich dann leider herausgestellt hat, wurden alle diese Versprechen aber nicht eingehalten.

Weil der Volkszorn in diesem Punkt massiv zu kochen begonnen hat, haben es letztendlich die Sozialdemokraten aus der Donaustadt für wert befunden, sich diesem Thema zu widmen, was an sich lobenswert war. Also hat der Abgeordnete Edler begonnen, in den von mir erwähnten Wahlkämpfen mit einem Fünf-Punkte-Programm gegen den Fluglärm aufzutreten.

Dabei wurden einige Forderungen gestellt, die zwar schön klingen, aber wenig bringen. Letztendlich sind aber nicht einmal diese Forderungen umgesetzt worden. – Ich erspare es mir, sie hier im einzelnen zu zitieren. Herr Abgeordneter Edler! Sie kennen die Punkte ohnehin selbst am besten, Sie wissen, daß Sie sich da bei der Nase nehmen müssen, um voranzuschreiten. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Den Erfolgsberichten des Wiener Flughafens über den Umfang der zukünftigen Flugbewegungen war zu entnehmen, daß man bis zum Jahr 2015 mit einem Anstieg der Zahl der Passagiere von 8 auf 23 Millionen rechnet. Durch einen derartigen Anstieg des Flugverkehrs wird natürlich die Bevölkerung noch mehr belastet, zumal es bei uns leider kein Nachtflugverbot wie in anderen mitteleuropäischen Großflughäfen – zum Beispiel in München – gibt.

Da daraus Probleme entstehen können, hat der Abgeordnete Edler dies wiederum zum Anlaß genommen, nicht nur die Unterschriften für die Petition zu sammeln, die dann im Hohen Haus eingebracht wurde, sondern auch zu vermelden: "Mit dem Thema ,Bekämpfung des Fluglärms in Donaustadt‘ ist Edler auch in den Nationalratswahlkampf gezogen." – Er hat sich also persönlich darum angenommen.

Ich zitiere weiter aus dieser Meldung: "Edler hat sich letztlich voriges Jahr um die Flugverkehrstage in Wien Donaustadt angenommen, die am 22. April begonnen und bis 2. Mai stattgefunden haben." – Das waren diese Aktionstage, wo Edler versprochen hat, sich außerdem eigens für die Wiederaufnahme des Themas Fluglärmgesetz im Parlament einzusetzen. Der Einsatz war bis jetzt noch nicht zu erkennen, hat sich offensichtlich bis jetzt auch noch nicht gelohnt. Es wurde viel versprochen – geschehen ist nichts.


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67. Sitzung / Seite 164

Dann gab es Pressekonferenzen, in denen der Abgeordnete Edler die sofortige Einführung des Nachtflugverbotes gefordert und gesagt hat, er werde sich dafür stark machen. – Alles Wahlversprechen gegenüber der Bevölkerung; er ist Grundmandatar in Wien-Donaustadt.

Das hat er dann am 6. Mai 1996 wiederholt, indem er in einer Presseaussendung das verkündet hat, was er in einer Pressekonferenz am selben Tag noch einmal gesagt hat – ich zitiere –: "Die Donaustädter Flugverkehrs-Aktionstage haben ganz deutlich gezeigt: Die Bevölkerung will nicht länger dem Lärm der anfliegenden Flugzeuge ausgesetzt sein. Deshalb liegt für mich die Forderung nach einem erweiterten Nachtflugverbot für den Flughafen Wien-Schwechat klar auf der Hand." – Zitat Edler vom 6. Mai 1996.

Dann kam diese Petition in den Ausschuß, eine Petition, die aufgrund der Vorkommnisse den zentralen Punkt beinhaltet, Sofortmaßnahmen zu ergreifen, nämlich die sofortige Einführung eines Nachtflugverbots in der Zeit zwischen 22 und 6 Uhr, wie es in anderen Großstädten Europas bereits selbstverständlich ist.

Wenn man sich dann anschaut, wer diese Petition neben vielen Tausenden Donaustädter Bürgern, die natürlich dem Abgeordneten Edler und den Sozialisten im Bezirk vertraut und diese Petition unterfertigt haben, mit unterstützt hat, dann liest man an erster Stelle: Edler tritt für das Nachtflugverbot ein, für die sofortige Einführung des Nachtflugverbotes. Ich betone: Er tritt bereits seit 1994 dafür ein, und mit der erwähnten Petition auch in dieser Legislaturperiode.

Wer hat diese Petition mit unterzeichnet? – Erstunterzeichner: Leopold Wedel, Bezirksvorsteher; Zweitunterzeichner: Stefan Schemer, Nationalratsabgeordneter a.D.; Drittunterzeichner: Fritz Svihalek, Stadtrat für Verkehrsplanung und Verkehrsangelegenheiten; ferner: Franz-Karl Effenberg, SPÖ-Landtagsabgeordneter; Josef Edler, Nationalratsabgeordneter; Renate Winklbauer, SPÖ-Landtagsabgeordnete; Ruth Becher, SPÖ Wien, et cetera et cetera. – Ein "Who is Who" der Wiener und Donaustädter SPÖ, aber passiert ist nichts. (Zwischenruf des Abg. Edler .)

Im Ausschuß habt ihr das Nachtflugverbot abgelehnt – mit Ihrer Stimme, Herr Abgeordneter Edler! Wie Sie der Bevökerung weismachen wollen, daß das ein Erfolg ist, darauf bin ich gespannt. Sie gehen ja seit der Abstimmung im Ausschuß auf Tauchstation, weil Sie genau wissen, daß Sie diesbezüglich gegenüber der Bevölkerung im Verzug sind. Aber die Spezies der Donaustädter Sozialisten ist ja eine ganz, ganz eigene. (Abg. Schwemlein : Keine Beschimpfungen!)

Genauso agieren auch andere Vertreter der SPÖ, wie man zum Beispiel einer schriftlichen Anfragebeantwortung vom 6. Februar 1997 durch Stadtrat Svihalek, der sich für dieses Thema ja auch stark macht, entnehmen kann. Ich möchte dazusagen: Er ist Verkehrsstadtrat.

Wenn man ihn befragt, wie es sich mit seinen Wahlversprechen verhält, dann gibt er folgende schriftliche Auskunft – ich zitiere wörtlich –: "Die von Ihnen zur Begründung der Anfrage erwähnten Aussagen zum notwendigen Ausbau der U-Bahn" – das betrifft sein Ressort – "nach Eßling in verschiedenen Bezirksmedien sind von mir in meiner Eigenschaft als Vorsitzender der Sozialdemokratischen Partei der Donaustadt gemacht worden und haben mit meiner Funktion als Amtsführender Stadtrat für die Verkehrskoordination nichts zu tun."

Meine Damen und Herren von der SPÖ! Da muß ich Sie wirklich fragen: Nehmen Sie sich selbst noch ernst? Haben Sie einmal dieses Kapperl auf und ein anderes Mal jenes? Sie versprechen der Bevölkerung in der Wahlbewegung: Ich setze mich dafür ein!, aber wenn Sie dann in die verantwortlichen Positionen gesetzt werden, dann haben Sie damit nichts mehr zu tun, dann sind Sie jemand anderer?

Herr Abgeordneter Edler! So geht es nicht! Ich nehme Sie immer wieder in die Ziehung, weil ich Ihnen auch gesagt habe: Mit Ihnen gemeinsam könnten wir das Nachtflugverbot durchaus erreichen, gemeinsam hätten wir die Mehrheit dafür. Reden Sie sich nicht immer auf die ÖVP aus! Nehmen Sie diese Chance wahr! Verkaufen Sie die Leute nicht länger für dumm, sondern tragen Sie unseren Antrag betreffend die Einführung des Münchner Modells am Flughafen Wien mit! Er ist wirklich ein guter Kompromiß.


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Wir bringen aus diesem Grund folgenden Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Graf, Rosenstingl und Kollegen betreffend Nachtflugverbot am Flughafen Schwechat

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Der Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr wird aufgefordert, dafür Sorge zu tragen, daß für den Flughafen Wien-Schwechat ein Nachtflugverbot nach dem Vorbild des Münchner Flughafens eingeführt wird."

*****

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich bitte um Ihre Zustimmung, insbesondere um die Zustimmung des Abgeordneten Edler, damit er sich auch morgen noch in den Spiegel schauen kann! – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

18.48

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der Entschließungsantrag, den Herr Abgeordneter Dr. Graf vorgetragen hat, ist ausreichend unterstützt und wird in die Verhandlung miteinbezogen.

Ankündigung eines Antrages auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Ich gebe bekannt, daß die Abgeordneten Anschober und Genossen gemäß § 33 Abs. 1 der Geschäftsordnung beantragt haben, einen Untersuchungsausschuß betreffend Kartellbildungen und Preisabsprachen im Zusammenhang mit der Vergabe von Straßenbauaufträgen einzusetzen.

Es liegt das Verlangen von fünf Abgeordneten vor, eine Debatte über diesen Antrag durchzuführen. Im Sinne des § 33 Abs. 2 der Geschäftsordnung finden sowohl Debatte als auch Abstimmung nach Erledigung der Tagesordnung statt.

Fortsetzung der Tagesordnung

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Wir fahren mit der Debatte fort.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Schwemlein. – Bitte.

18.48

Abgeordneter Emmerich Schwemlein (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Von der Luft ins Wasser: Ich möchte ein paar Bemerkungen zum Schifffahrtsgesetz machen. Da nach dem 1. Jänner 1990 noch mehrere EU-Verordnungen in Kraft getreten sind, war es mehr als sinnvoll, einen neuen Entwurf zum Schiffahrtsgesetz vorzulegen. Das ist heute nunmehr der Fall.

Ich hoffe sehr, daß dieser Gesetzentwurf die breite Zustimmung dieses Hauses findet, und zwar in erster Linie deshalb, weil wir schon im Ausschuß vom Grundsatz her bestimmte Positionen von seiten der FPÖ, vom Kollegen Grollitsch, sehr wohl zugesagt bekommen haben, obwohl wir inhaltlich teilweise auseinander liegen.

Meine Damen und Herren! Es geht um das Rafting. Es ist uns mit diesem Schiffahrtsgesetz gelungen, auch das Rafting per Gesetz zu definieren, und darüber hinaus ermöglichen wir es den Landeshauptleuten, für bestimmte Uferabschnitte von Wildwassern durch eigene schiffahrtspolizeiliche Verordnungen Beschränkungen aufzuerlegen.


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Meiner Ansicht nach ist das ein ganz wesentliches Instrument. Es betrifft vor allem jene touristisch orientierten Bundesländer, in denen das Rafting eine Rolle spielt, zum Beispiel Salzburg, Tirol und die Steiermark. Da können die Landeshauptleute jetzt sinnvoll eingreifen.

Wir dürfen auch nicht vergessen, daß es für die Führer privater Rafts eine Patentpflicht gibt und eine einmonatige Fahrpraxis auf Wildwassern als Voraussetzung für die Zulassung zur Prüfung gesetzlich festgelegt ist. Meine Damen und Herren! Ich meine, gerade das ist der entscheidende Punkt: daß wir nämlich, was die Schiffsführer betrifft, nicht auf eine Verschulung setzen, sondern auf den Praxisbezug, und diesen schwerpunktmäßig festlegen. Ein Schiffsführer, dem eine große Anzahl von Menschen anvertraut wird, muß doch in erster Linie wissen, auf welchem Gewässer er sich bewegt und welche Risken da gegeben sind. Das kann eine theoretische Ausbildung nicht vollständig ausgleichen.

Es ist doch so, daß Rafting grundsätzlich als eine Risikosportart zu bezeichnen und mit einem hohen Gefahrenpotential ausgestattet ist. Unfälle kann zwar niemand ausschließen, aber es geht darum, daß wir – und ich könnte mir sehr gut vorstellen, daß Kollege Peter mir da zustimmt – die Palette der Angebote vergrößern. In der Tourismuswirtschaft sollte die Palette der Angebote so breit wie möglich sein. Wenn es Touristen gibt, die diese Form von Abenteuerur-laub machen wollen, dann sollten wir ihnen die Möglichkeiten dafür bieten, aber in einer gesicherten Rechtslage und vor allem mit der Einschränkung, daß der Schutz des Lebens in einem sehr hohen Maß gewährleistet sein muß.

Daher darf ich Sie, meine Damen und Herren, einladen, diesem Schiffahrtsgesetz Ihre Zustimmung zu geben, vor allem deshalb, weil wir damit nicht nur wichtige EU-Richtlinien umgesetzt haben, sondern einen sehr vernünftigen Schritt für die Zukunft tun. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

18.52

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Grollitsch. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte.

18.52

Abgeordneter Mag. Dr. Udo Grollitsch (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Kollege Schwemlein! Sie haben gerade den Praxisbezug, den dieses Gesetz bezüglich des Raftings fordert, hervorgehoben. Sie kennen offenbar die Inhalte nicht, denn ein Patent B, das mit sehr einfachen Mitteln erworben werden kann, gilt für sämtliche Wässer im Land, sodaß der Praxisbezug für das eigentlich zu befahrende Gewässer nicht hergestellt wird und der Schiffsführer auf die Gefahren vor Ort nicht vorbereitet ist.

Zweitens hat nach § 123 Abs. 1 und 2 jeder, der das Kapitänspatent besitzt – und sei es nur für ein "Adria-Schinakel", ein Segelschiff –, die Möglichkeit, etwa auf der hochwasserführenden Ötz ein kommerzielles Rafting stromabwärts zu führen. (Abg. Schwemlein: Sofern er nachgewiesen hat, daß er mehr als einen Monat lang dort unterwegs war!) – Dies nur zur Einleitung.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben am 31. Mai 1995 exakt dieselbe Thematik hier im Hohen Haus verhandelt. Damals ging es um eine Novelle zum Binnenschiffahrtsgesetz 1990. Damals habe ich in meiner Stellungnahme davor gewarnt, in diesem Gesetz quasi überfallsartig das Rafting unterzubringen. (Abg. Schwemlein: Das heißt, wir haben Ihrer Warnung nicht Folge geleistet! Stimmt das, Herr Kollege?)

Es heißt im Protokoll von damals – ich zitiere –: "Es ist ganz einfach so, daß ein explodierendes Freizeit- und Natursporterleben in den späten achtziger Jahren dazu geführt hat, daß es – im Zuge einer Anlaßgesetzgebung – notwendig erschien, dieses Rafting gesetzlich einzuordnen. Man hat es dem Binnenschiffahrtsgesetz zugeordnet, ohne daß dieses Gesetz den geeigneten Rahmen oder die Möglichkeiten dafür bieten kann. Würden Sie dieses Gesetz lesen, auch in der jüngsten Form" – 31. Mai 1995 –, "käme Ihnen bei keinem Satz auch nur die Idee, daß damit Wildwasserfahren gemeint sein kann."

Ich habe dann damit geschlossen, daß es nur zwei Möglichkeiten gibt: entweder dieses Gesetz dem Rafting anzupassen beziehungsweise umgekehrt, und habe einen Antrag gestellt, es dem Verkehrsausschuß zurückzuverweisen, um das geforderte Rafting tatsächlich entsprechend zu


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organisieren. Dieser Antrag wurde – wie gewöhnlich – von den Regierungsparteien abgelehnt, um allerdings knapp zwei Jahre später die Neuauflage des gleichen Gesetzes in den Erläuternden Bemerkungen wie folgt zu begründen:

"In Anbetracht der gestiegenen Attraktivität des Raftings und der damit verbundenen Gefahren und Risiken wird es als erforderlich erachtet und entspricht dem Wunsch der vom Rafting betroffenen Bundesländer, eine Reihe von raftingspezifischen Bestimmungen aufzunehmen." – Das einmal zur grundsätzlichen Reihenfolge der Geschehnisse rund um dieses Gesetz.

In diesem Zusammenhang hat mir damals, im Mai 1995, auf meine Klage darüber, daß meine Sachargumente einfach nicht gehört werden, weil ich offenbar auf der falschen Bank sitze, die Nummer 1 des österreichischen Raftings, ein gerichtlich beeideter Sachverständiger, mitgeteilt: Vorschläge zur konstruktiven Veränderung, die von Ihrer Fraktion kommen, werden früher oder später von den Regierungsparteien realisiert beziehungsweise unter anderem Wortlaut als ihre eigene Weisheit verkauft. Das passiert Ihnen und Ihrer Partei ja nicht nur beim Binnenschiffahrtsgesetz. (Beifall bei den Freiheitlichen.– Abg. Schwemlein: Das kann kein Freiheitlicher sein, der das geschrieben hat!) – Ich werde Ihnen später sehr gerne den Namen dieser Person nennen. Es ist kein Freiheitlicher! Es ist, wie gesagt, die Nummer 1 und die anerkannte Kapazität im österreichischen Raftingwesen. (Abg. Schwemlein: Fleißig ist er auch?) Ja, auch fleißig und tüchtig.

In seinem damaligen Beitrag hat Kollege Lukesch – der jetzt leider durch Abwesenheit glänzt (Abg. Schwemlein, den Saal verlassend: Er ist auch nicht mehr bereit, Ihnen zuzuhören, so wie ich jetzt!) – mich der Ahnungslosigkeit zu dieser Thematik bezichtigt und seinerseits behauptet, daß die Konzessionspflicht nur deshalb eingeführt worden sei, weil die Unfälle nur im freien – sozusagen "wilden" – Rafting und nicht bei den Konzessionierten passieren würden.

Meine Gegendarstellung hat er nicht angenommen. Ich richte sie ihm hiemit aus und werde ihm das entsprechende Protokoll übermitteln: Bedauerlicherweise sind sämtliche zwölf Raftingunfälle mit tödlichem Ausgang, die seit 1992 passiert sind, bei von konzessionierten Firmen geführten Raftingfahrten geschehen. Diese Firmen sind in der Zwischenzeit teilweise auch verurteilt worden. Ich kann Herrn Dr. Lukesch die Termine, die Unfallorte und die Namen der Firmen nennen – Zopf, Cäsar, Berger, Vösler, Hell et cetera –, die bedauerlicherweise diese schrecklichen Unfälle mit verursacht haben; so steht es jedenfalls in den Urteilen.

Als Ergebnis der Begrenzung der Gefahren steht mir ein Protokoll zur Verfügung, das von sämtlichen Verantwortlichen der Bundesländer und sämtlichen Raftingverbänden unterschrieben wurde. Darin heißt es unter anderem: Die Ämter der Landesregierung, die Vertreter der Raftingverbände, die Sachverständigen des Wildwasserwesens sehen als einzigen Ausweg aus der schlechten Vorbereitung der Raftingbootführer, eine Schiffsführerschule im Gesetz zu verankern. – Vielleicht werden Sie in absehbarer Zeit draufkommen, daß dieser Abänderungsantrag, den ich nunmehr abschließend zu diesem Gesetz einbringe, klug und g’scheit ist.

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Grollitsch, Rosenstingl und Kollegen zum Schiffahrtsgesetz 1997

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Regierungsvorlage 564 der Beilagen: Schiffahrtsgesetz in der Fassung des Ausschußberichts 618 der Beilagen wird wie folgt geändert:

§ 140 lautet:

"Dieser Teil gilt für die gewerbsmäßige (§ 75 Abs. 2) Schulung von Schiffsführern für Motor- oder Segelfahrzeuge und Rafts."

*****


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Sehr geehrte Damen und Herren! Ich bitte Sie, diesem Antrag zuzustimmen. Es ist nicht einsehbar, daß man für Schinakel aller Art eine vom Gesetz vorgesehene Schiffsführerschule mit genau vorgegebenen Richtlinien und entsprechender Prüfung zu absolvieren hat, während die 180 000 Ahnungslosen, die man pro Jahr über Österreichs Wildwässer stromabwärts hievt, in die Hände von Laien gegeben werden. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

18.59

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der vom Abgeordneten Dr. Grollitsch vorgetragene Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt und wird in die Verhandlung miteinbezogen.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kurzbauer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. – Bitte.

19.00

Abgeordneter Johann Kurzbauer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ich möchte mich in meinem Debattenbeitrag mit dem Schiffahrtsgesetz und mit der Petition Nummer 13 beschäftigen. (Präsident Dr. Brauneder übernimmt den Vorsitz.)

Das Schiffahrtsgesetz ist im Jahre 1990 in Kraft getreten, und aufgrund der seither gemachten Erfahrungen sind diverse Anpassungen notwendig. Vor allem in kompetenzrechtlicher Hinsicht, bei der Umsetzung der EU-Richtlinien und bei der Umsetzung internationaler Vorschriften müssen zusätzliche Änderungen vorgenommen werden.

Kollege Grollitsch hat auf Rafting hingewiesen. Ich möchte noch auf einen Teil der Schiffseichung, wo Anpassungen an das internationale Schiffübereinkommen erfolgen, hinweisen. Im Interesse der Verwaltungsentlastung und -vereinfachung werden Erleichterungen bei der Bewilligung von Schifführerschulen normiert, und es wird das Verfahren vereinfacht.

Sehr verehrte Damen und Herren! Aus Gründen der Übersichtlichkeit und Lesbarkeit wird das gesamte "Schiffahrtsgesetz 1990" als "Schiffahrtsgesetz" neu erlassen. Formal handelt es sich dabei um ein neues Gesetz. Durch das Bundesgesetz entstehen erhebliche Einsparungen beziehungsweise Mehreinnahmen für den Bund; das ist das Erfreuliche an diesem Gesetz.

Einige Beispiele: Es entfällt die Benützungsbewilligung für Sportanlagen. Die wiederkehrende Überprüfung von Fähranlagen erfolgt nicht mehr jährlich, sondern in Zukunft im Dreijahresabstand. Weiters entfällt die behördliche Eichung. Es gibt keine Eichpflicht für Fahrzeuge auf Nichtwasserstraßen und für Fahrgastschiffe. Auch entfällt generell die Erstüberprüfung bei CE-gekennzeichneten Sportfahrzeugen und die Gegenseitigkeitsüberprüfung bei ausländischen Befähigungsnachweisen. Ein wesentlicher Punkt: Die Überprüfung der körperlichen und geistigen Eignung von Besitzern von Kapitänspatenten findet nicht mehr alle sieben Jahre statt, sondern ist in Zukunft erst ab dem 65. Lebensjahr notwendig.

Für Diskussion im Ausschuß sorgte das Problem Alkohol am Steuerruder. Dies ist im § 6 geregelt. Dort heißt es: Zur Führung eines Fahrzeuges darf – wie im Straßenverkehr – die 0,8-Promille-Alkohol-Grenze nicht überschritten werden. Mit dem im Ausschuß eingebrachten Abänderungsantrag wurde für die gewerbsmäßige Schiffahrt die Alkoholgrenze auf 0,1 Promille herabgesetzt.

Sehr verehrte Damen und Herren! Mit diesem Gesetz wurden eine Reihe von Verbesserungen vorgenommen. Vor allem wurde dem Bürokratieabbau Rechnung getragen. Ich gebe diesem Gesetzentwurf gerne meine Zustimmung.

Nun zur Petition "20 Jahre Fluglärm sind genug – Die Donaustadt fordert ihr Recht". Diese Petition wurde dem Verkehrsausschuß zugewiesen und am 21. November 1996 und am 7. März 1997 in Verhandlung genommen. Die Einbringer der Petition ersuchen den Nationalrat, der zunehmenden Fluglärmbelästigung in der Donaustadt Maßnahmen entgegenzusetzen. Bereits beim Bau der Piste 16 kam es zu Schwierigkeiten, diese wurde von Anfang an massiv abgelehnt. Rund 40 000 Unterschriften wurden gesammelt.


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Als besonders belastend wird von der Bevölkerung die nachweisbare Überschreitung der – angeblich – seinerzeit von den zuständigen Ministern zugesagte Belastungsgrenze von maximal 17 Prozent des Gesamtflugverkehrs empfunden. Ebenso wird das Versprechen, keine Starts in Richtung Donaustadt durchzuführen, in zunehmendem Maße gebrochen. Die verbindliche Zusage aller politischen Gruppierungen zur Einführung eines Nachtflugverbotes wurde nicht erfüllt. Weiters wurde die vorgeschriebene Mindesthöhe beim Anflug nicht erreicht.

Bezogen auf das gesamte Flugverkehrsaufkommen im Linien- und Charterverkehr erfolgten im vergangenen Jahr von Jänner bis Oktober 15,3 Prozent der Landeanflüge über Eßling in Pistenrichtung 16. Dies bedeutet eine Reduktion um 1 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Starts in Richtung Donaustadt werden bei westlichem Wind nur dann durchgeführt, wenn die zweite Piste aufgrund von Bauarbeiten gesperrt ist beziehungsweise wenn man für Langstreckenflüge aus Sicherheitsgründen die längere Piste benötigt.

Bezüglich des geforderten Nachtflugverkehrverbotes in der Zeit von 22 Uhr bis 6 Uhr wird festgestellt, daß in ganz Europa auf keinem einzigen Flughafen ein absolutes Nachtflugverbot, wie in Petition 13 gefordert, besteht. Um die Fluglärmbelästigung in den Nachtstunden so gering wie möglich zu halten, wurde in der Zivilluftfahrzeuglärmschutzverordnung 1993 festgelegt, daß der Flughafen Wien während der Nachtstunden nur mehr von den sogenannten Kapitel-III-Flugzeugen, das ist die derzeit leiseste Kategorie von Strahlenflugzeugen, angeflogen wird. Die EU-Richtlinie 92/14 sieht ein Verbot der nächstlauteren Flugzeugkategorie, der sogenannten Kapitel-II-Flugzeuge, per 1. April 2002 vor. Dann ist auch eine weitere Reduktion der durch den Fluglärm verursachten Maximalpegel zu erwarten.

Ein absolutes Nachtflugverbot für den Flughafen Wien würde sich einerseits negativ auf die Wirtschaftlichkeit auswirken – es wären zum Beispiel Langstreckenflüge in den fernen Osten im jetzigen Umfang nicht durchführbar –, andererseits würde es, so wie in vergleichbaren europäischen Flughäfen, zu vielen Ausnahmebewilligungen und daher zu keiner wesentlichen Verringerung des Fluglärms kommen.

Laut einer erst kürzlich vom Österreichischen Zentralamt durchgeführten Erhebung fühlen sich zwei Drittel der Wiener Wohnbevölkerung von Lärm verursacht durch Straßenverkehr in der Nacht gestört, jedoch nur 0,8 Prozent durch Fluglärm.

Zum Vorwurf der Nichteinhaltung der Mindesthöhe beim Anfliegen: Sämtliche Instrumentenanflüge zum Flughafen werden von der Flugsicherung mittels Radar hinsichtlich der einzuhaltenden Flughöhe sowie des vorgeschriebenen Kurses überprüft. Diese Daten werden lückenlos aufgezeichnet und ständig kontrolliert.

Die Nichteinhaltung der Mindestflughöhe ergäbe auch keinen Sinn, denn kein Pilot setzt mutwillig das Leben seiner Passagiere, seiner Besatzung und sein eigenes Leben einem Sicherheitsrisiko aus.

In der Sitzung des Verkehrsausschusses vom 7. März wurde ein Entschließungsantrag der Abgeordneten Parnigoni und Kukacka mehrheitlich angenommen, der folgenden Inhalt hatte:

Der Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr wird ersucht, Initiativen zur weiteren Verbesserung der Fluglärmsituation in der Umgebung des Flughafens Wien-Schwechat fortzusetzen.

Ich fasse zusammen: Wir sollten uns bemühen, in diesem Bereich die Gesamtschau im Auge zu behalten. Ich habe einerseits Verständnis für die Anliegen der betroffenen Anrainer, andererseits erkennen wir auch das Bemühen der Verantwortungsträger – der Flughafen Wien AG –, Maßnahmen zu setzen, um die Belastungen für die betroffenen Anrainer laufend gezielt zu reduzieren. (Beifall bei der ÖVP.)


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19.09

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Meisinger. – Bitte.

19.09

Abgeordneter Josef Meisinger (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Im Schiffahrtsgesetz (564 der Beilagen) ist im 3. Hauptstück unter § 16 folgendes normiert: Durch Verordnung sind der Verkehr und der Betrieb von Fahrzeugen und Schwimmkörpern zu regeln, und zwar für den Fall, daß die Flüssigkeit des Verkehrs der gewerbsmäßigen Schiffahrt dies erfordert. Ein weiterer Grund ist die Durchführung von Regulierungsarbeiten oder von wasserrechtlich bewilligten beziehungsweise wasserwirtschaftlich erforderlichen Arbeiten. Als weiterer Grund wird der Einsatz von Organen der Schiffahrtspolizei und der Sicherheitsbehörden zur Erfüllung der ihnen gesetzlich obliegenden Aufgaben erwähnt.

Ich kann nun einen konkreten Fall anführen: Im Bereich der Mauthausener Brücke gibt es eine ganz gefährliche Engstelle der Donau, wo drei oder vier Fahrtrinnen vorgesehen sind, bei Niederwasser ist aber nur eine – und die mit besonderer Gefahr – befahrbar. Es ist etwa fünf Jahre her, daß zirka 40 Millionen Schilling für Baumaßnahmen ausgegeben wurden, die mehr oder weniger ohne Wirkung geblieben sind. Herr Bundesminister! Da hat die Bürokratie wieder zugeschlagen, denn aufgrund des Kompetenzdschungels sind Ihr Ministerium – ich weiß, das war vor Ihrer Zeit – und das Wirtschaftsministerium anscheinend nicht in der Lage, schnell und effektiv zu koordinieren. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die Sicherheit ist in diesem vielbefahrenen Nadelöhr stark gefährdet: Brückenpfeiler fordern zu Slalomkursen auf, und die Schiffskapitäne müssen wahre Kunststücke vollbringen. Wenn man bedenkt, daß der Gütertransport in den letzten Jahren um das Dreifache gestiegen ist und somit auch die gefährlichen Gütertransporte enorm zugenommen haben, daß vom Gesetzgeber eine Fahrrinnenbreite von 150 Metern vorgeschrieben ist, aber in Wirklichkeit nur 70 Meter erreicht werden, dann muß man sagen: Es ist Gefahr im Verzug.

Die Schiffahrtspolizei macht immer wieder darauf aufmerksam, daß es ein wahrer Glücksfall ist, daß es in diesem Bereich noch zu keinen größeren Unfällen mit Schäden an Menschen und Umwelt gekommen ist. Die Schiffahrtspolizei weist immer wieder darauf hin, daß die Sicherheit in keinster Weise gegeben ist, daß das erhöhte Risiko im Schiffsverkehr in diesem Bereich eben nicht beseitigt wurde und daß der Transport von gefährlichen Gütern enorm zunimmt.

Herr Bundesminister! Sie sind – da ja auch der Ennser Hafen ausgebaut wurde und sich dieser Bereich nun wirklich zu einem Schiffahrtsverkehrsknoten entwickelt – in Zusammenarbeit mit der Schiffahrtspolizei, aber auch mit dem Wirtschaftsministerium wirklich gefordert, raschest Abhilfe zu schaffen.

Ein Anliegen, Herr Bundesminister, bei dem ich Sie um die Änderung der Wasserstraßenverkehrsordnung ersuche – als sehr motiviertem Mühlviertler Abgeordneten ist es mir wichtig, daß der Fremdenverkehr im Mühlviertel weiter ausgebaut wird –, betrifft das Zillenfahren auf der Donau. Dies ist ein ganz besonderes Anliegen der Gastronomie und der Kulturvereine an der Donau, aber auch der Feuerwehr, die ihre Übungen verstärkt auf der Donau durchführt – speziell im Bereich Grein und Mauthausen.

Herr Bundesminister! Ich ersuche Sie, daß Sie, da das Gesetz komplett neu gestaltet worden ist, dem Sport und dem Zillenfahren auf der Donau im Verordnungsweg keinen Stein in den Weg legen und daß Sie besonders das Zillenfahren in Zukunft erleichtern, denn die Zillenfahrt auf der Donau hat eine lange Tradition. Ich ersuche Sie, dabei unterstützend zu wirken. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

19.15

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Barmüller. Sie wünschen eine freiwillige Redezeitbeschränkung von 5 Minuten. – Bitte.

19.15

Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Die Liberalen werden dem Bericht des Verkehrsausschusses betreffend die Verlängerung des Kooperationsübereinkommens über den Treuhandfonds ihre Zustimmung geben. Den Änderungen zum Übereinkommen über internationale Beförderungen


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leicht verderblicher Lebensmittel werden wir ebenfalls zustimmen. Herr Abgeordneter Peter wird noch Ausführungen zum Bereich des Fluglärms machen.

Mir obliegt es, mich auf das Schiffahrtsgesetz zu konzentrieren. Das vor allem deshalb, weil im Grunde genommen mit diesem Gesetz nichts Wesentliches passiert ist, das im Jahre 1990 bereits völlig neu erlassen wurde. Es sind noch EU-Anpassungen gemacht worden, und es ist aus Gründen der Übersichtlichkeit neu gefaßt und – so quasi – neu verlautbart worden. Wir halten das für sinnvoll.

Wir halten auch das für sinnvoll, meine Damen und Herren, was Abgeordneter Grollitsch hier ausgeführt hat. Er hat gemeint, daß, wenn es um die Schulung von Schiffsführern geht, dies nicht nur für den Bereich der Motor- und Segelfahrzeuge gelten soll, sondern auch für den Raftingbereich. Und das ist etwas, was gerade in Österreich mehr an Aufmerksamkeit verdient. Eine solch gewerbsmäßige Schulung würde gewährleisten, daß wesentlich weniger Unfälle im Bereich dieses Freizeitsports passieren. Das wäre es wert, auch in dieses Gesetz aufgenommen zu werden. Wir werden daher dem Abänderungsantrag des Abgeordneten Grollitsch unsere Zustimmung geben.

Meine Damen und Herren! Unbestritten war aber im Ausschuß die eigentliche politische Frage, nämlich: Soll es in Zukunft 0,5 Promille oder 0,8 Promille hinter dem Ruder geben? – Es wundert mich, daß gerade von der SPÖ, die in diesem Bereich immer wieder beteuert, daß sie diejenige ist, die 0,5 Promille durchsetzen möchte, diese Gelegenheit zur Änderung des Schiffahrtsgesetzes offensichtlich versäumt worden ist. Ich möchte nicht verhehlen, daß es eine vorsichtige Neigung seitens der SPÖ gegeben hat, den Anregungen der Liberalen zuzustimmen und zu sagen: Ja, eigentlich ist es nicht sinnvoll, generell 0,8 Promille durchzusetzen, sondern es wäre gut, diese Grenze überhaupt herunterzuschrauben, um ein Zeichen zu setzen. Die ÖVP ist aber gleich in Abwehrhaltung dazu gegangen.

Der kleinste gemeinsame Nenner wird nun sein, daß es für den Bereich der gewerbsmäßigen Schiffahrt so gehandhabt wird, wie es auch im Bereich der Straßenverkehrsordnung vorgeschrieben ist, nämlich 0,1 Promille. Das ist sinnvoll, das begrüßen wir. Wir verstehen aber nicht, meine Damen und Herren, warum Sie nicht die Gelegenheit genutzt haben, hier ein Zeichen zu setzen. Warum sind Sie, meine Damen und Herren von der ÖVP, hergegangen und haben Ihren Koalitionspartner gebremst? Ihre Klientel ist ja vom Schiffahrtsgesetz nicht unmittelbar betroffen.

Ich meine, es wäre sinnvoll gewesen, diesem Antrag, der im Ausschuß vom Abgeordneten Wabl und von mir vorgelegt worden ist, Folge zu leisten. Ich bin nicht zuversichtlich, was unsere Diskussionen betrifft, wenn es im Bereich der Straßenverkehrsordnung um die Senkung der Promillegrenzen gehen wird. Es ist zu befürchten, daß es – entgegen den Ergebnissen, die Studien gebracht haben, und nach wiederholten, zahlreichen politischen Erkenntnissen und Bekenntnissen, die es in diesem Hause auch bereits von seiten der SPÖ gegeben hat – nicht zu einer Senkung der Promillegrenze kommen wird. Wenn es so ist, meine Damen und Herren, darf man sich nicht darüber wundern, wenn man in Österreich nach wie vor meint, Trinken und Autofahren wäre lediglich ein Kavaliersdelikt. Das Gegenteil ist der Fall.

Noch einmal: Vielleicht kam man sich noch vor Ende der Debatte in diesem Hause darauf verständigen, daß ein solcher Antrag – es könnte wieder ein Fünfparteienantrag sein – betreffend 0,5 Promille eingebracht wird. Die Liberalen werden von sich aus hier im Plenum nicht noch einmal einen solchen Antrag stellen, denn es ist naheliegend, daß er, wenn wir uns nicht darauf verständigen, ja ohnehin abgelehnt wird.

Eines muß Ihnen klar sein: Wenn Sie in diesem Bereich weiterhin so zögerlich vorgehen, dann werden wir in dieser entscheidenden Frage keinen Schritt weiterkommen. Das ist dann eines jener Versäumnisse, die sich die Bundesregierung bei der nächsten Wahl zu Recht wird vorhalten lassen müssen. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

19.19


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Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder:
Die nächste Wortmeldung liegt von Herrn Abgeordneten Anschober vor. – Herr Abgeordneter Anschober ist nicht im Saal. Seine Wortmeldung verfällt daher.

Die nächste Wortmeldung liegt von Frau Abgeordneter Binder vor. – Bitte, Frau Abgeordnete.

19.19

Abgeordnete Gabriele Binder (SPÖ): Meine Damen und Herren! Auch ich möchte einige Bemerkungen zum Schiffahrtsgesetz machen. Es handelt sich ja um ein relativ junges Gesetz. Es ist erst 1990 in Kraft getreten. Bei den neuerlichen Veränderungen geht es vor allem darum, einige EU-Richtlinien und EU-Verordnungen in unser Gesetz einfließen zu lassen.

Im wesentlichen sind es drei neue EU-Richtlinien. Erstens: die Sportbootrichtlinie, bei der es um die Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten für Sportboote geht. Der zweite Punkt betrifft die Schiffsführerrichtlinie, dabei geht es um die Harmonisierung der Bedingungen für den Erwerb einzelner staatlicher Schifferpatente. Und drittens geht es um einen ECE-Übereinkommensentwurf über die internationale Beförderung gefährlicher Güter auf Binnenstraßen.

Weitere EU-Richtlinien werden in dieser Novelle verstärkt, zum einen die Patentanerkennungsrichtlinie und zum anderen die Zulassungsanerkennungsrichtlinie.

Einige Veränderungen betreffen auch jene Bereiche, die aufgrund der Erfahrungen, die seit dem Inkrafttreten gewonnen wurden, jetzt einfließen. Im wesentlichen sind es zehn Schwerpunkte, nachzulesen in der Regierungsvorlage und im geänderten Gesetz. Es geht vor allem um Vereinfachungen. Drei Änderungen dieses Gesetzes möchte ich hervorheben, da es dabei vor allem um die Frage der Sicherheit geht.

Zum einen möchte ich die Alkomatuntersuchungen betonen – auch in diesem Bereich gibt es die Kontrolle über den Alkoholgehalt im Blut. Ich kann mir vorstellen, daß man, wenn es im Straßenverkehr diesbezüglich einmal Änderungen geben sollte, da sicher auch im Rahmen des Schiffahrtsgesetzes neuerlich darüber wird reden. (Abg. Mag. Barmüller: Irgendwo müssen wir anfangen!) – So ist es! 0,8 Promille sind ein erster Schritt, denn diese Grenze war überhaupt nicht im Gesetz enthalten.

Der zweite Punkt betrifft die aufwendigeren Überprüfungen von Gefahrguttransporten, und der dritte Punkt ist das EDV-gestützte Schiffahrtsinformationssystem. Das sind die Punkte, die die Sicherheit betreffen, die sehr wichtig sind, auch einige Kosten verursachen. Alle anderen Maßnahmen und Veränderungen haben keinerlei finanzielle Auswirkungen für die Republik.

Meine Damen und Herren! Es geht um die Umsetzung der EU-Richtlinien und um die Verbesserungen im österreichischen Schiffahrtsbereich. Die Aktivitäten rund um das Wasser finden immer mehr Anklang, der Freizeitsport nimmt immer mehr zu. Im Mostviertel – man glaubt es kaum – haben wir Häfen in Wallsee, in Ardagger, wo immer mehr Schiffe und Boote ankern und anlegen. Zum anderen wird die Wasserstraße als Verkehrsträger meiner Meinung nach immer mehr Bedeutung erlangen. Mein Vorredner hat es schon angeschnitten: Den Enns-Donau-Hafen möchte ich in diesem Zusammenhang positiv erwähnen.

Alle Maßnahmen, die die Sicherheit am und um das Wasser verstärken, sind zu begrüßen. (Beifall bei der SPÖ.)

19.23

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Peter. – Bitte, Herr Abgeordneter.

19.23

Abgeordneter Mag. Helmut Peter (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Petitionen soll man ernst nehmen. Wenn sich Menschen in ihrem subjektiven Lebensgefühl bedroht fühlen, ist das ein Grund, darüber nachzudenken, warum es


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so ist. Den Menschen hilft es überhaupt nicht, wenn man ihnen nachweist, daß die Belastung – gemessen mit den objektivsten Meßgeräten der Welt – unter jedem internationalen Grenzwert liegt und daher nicht gesundheitsschädlich ist. Sie haben ein Anliegen, und das Anliegen gilt es ernst zu nehmen. Und wenn man das Anliegen ernst nimmt – das ist dann die Aufgabe des Politikers –, hat man klar zu prüfen, was machbar ist, was lösbar ist und was nicht lösbar ist.

Die Lärmbelastung in der Donaustadt durch den Straßenverkehr ist sicher höher als durch den Flugverkehr. Aber der Flugverkehr wird teilweise als besonders störend empfunden, vor allem in den Abend- und Nachtstunden, und darum ist er ein Thema, über das diskutiert werden soll.

Herr Abgeordneter Edler hat eine Petition mitunterschrieben, die Bürgerinitiative Nr. 13, die auch ins Hohe Haus gekommen ist, und darin werden sechs Punkte aufgelistet. Die sechs Punkte muß man analysieren, und zwar: ob die Forderungen erstens berechtigt, zweitens richtig und drittens umsetzbar sind.

Wir haben in Österreich immer denselben Fehler gemacht. Wir haben Flughäfen gebaut, ohne die nötigen Raumordnungsbestimmungen festzuhalten – ich denke an den Salzburger Flughafen, wo bis vor zehn Jahren noch Baugründe in der Schallgrenze des Flughafens ausgewiesen wurden und dort Neubauten entstanden sind. Natürlich haben die Menschen dort Gründe um wenig Geld gekauft, um jetzt zu sagen: Die Flugzeuge stören uns! Menschlich alles verständlich. Wir haben es aber am Salzburger Flughafen aufgrund der verfehlten Raumordnungspolitik bereits erleben müssen, daß die mögliche Auslastung des Flughafens wesentlich zurückgedrängt wurde. Hätte man vorher im Zusammenhang mit der Raumordnung richtig reagiert, wäre das nicht notwendig gewesen.

In einer ähnlichen Situation sind wir jetzt beim Wiener Flughafen. Ich weise nur auf folgendes hin, bevor wir über die einzelnen Punkte reden: Alle Beschränkungen, die wir einseitig in Österreich – unilateral, wie man sagt – erlassen, vor allem im Bereich der Chapter-II-Flugzeuge, die heute überwiegend oder fast nur mehr von unseren östlichen Nachbarn geflogen werden, die nicht in der Europäischen Union sind, mit denen es daher bilaterale Verträge gibt, bedeuten nach dem Reziprozitätsprinzip, daß es Retorsionsmaßnahmen für unsere eigene Fluglinie geben wird. Wenn Sie in Österreich Chapter-II-Flugzeuge verbieten, bedeutet das, daß die Bela-Russia-Air von Weißrußland dann sagen wird: Der Flug der AUA nach Minsk wird gestrichen, weil wir nur Chapter-II-Flugzeuge haben, und wenn wir mit diesen in Wien nicht mehr landen dürfen, dann wird selbstverständlich – reziprok – der Flug Wien – Minsk gestrichen. Das würde unsere eigene Airline, die AUA, sehr hart treffen.

Ich weise darauf hin, daß jedes Ding zwei Seiten hat und es daher schon wert ist, sich die Dinge genauer, im Detail anzuschauen und nicht nur zu sagen: Petition – Wählerstimmen, schon bin ich dafür. Das ist der Populismus, den man meistens den Freiheitlichen in diesem Haus vorwirft.

Der erste Punkt ist also eine 17prozentige Belastungsgrenze des Flugaufkommens. Erstaunlich ist, daß diese 17prozentige Grenze nie erreicht wurde, sondern maximal 16,5 Prozent der Landeanflüge im Jahr 1996 auf dieser Piste waren. Also die 17 Prozent sind nicht zu monieren, weil sie nie erreicht wurden.

Der zweite Punkt ist die Einführung eines "Schönwetter-ILS". Das ist – für die Laien ganz einfach gesagt –, daß man den Anflug oder die Landung nicht gerade macht, sondern gleich nach dem Start eine Kurve dreht. Die Lärmbelastung beim Start ist wesentlich größer als die Lärmbelastung bei der Landung. Die Lärmbelastung bei der Landung kommt vom Gewicht der Maschine. Je schwerer eine Maschine ist, gleichgültig welche Triebwerke sie hat, die ja bei der Landung nur mit sehr geringer Drehzahl laufen, desto lauter ist sie. Das heißt also, der Lärm entsteht durch das Gewicht der Maschine und nicht durch die Triebzahl. Es geht also offensichtlich um den Start. Fest steht aber, daß es nach den internationalen Richtlinien der International Civil Aviation Organisation nicht möglich ist, diese bis maximal 5prozentige Abschwenkung von der Anfluggrundlinie zu verordnen. Es ist dies eine allen internationalen Regeln widersprechende Forderung, die nicht erfüllbar ist.


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Dritter Punkt: sofortige Einführung eines Nachtflugverbotes in der Zeit von 22 Uhr bis 6 Uhr. Es ist heute ein Antrag von Herrn Dr. Graf eingebracht worden, ähnlich dem Münchner Beispiel. In München gilt das Nachtflugverbot von 23 Uhr bis 5 Uhr. In der Zeit vor 23 Uhr und nach 5 Uhr gibt es in München mehr Flüge, als es in Wien insgesamt in der Nacht gibt. In Wien gibt es in der Nacht im Schnitt 18 Landungen und 9 Starts, und davon sind nur maximal 17 Prozent auf dieser Route. Ich glaube daher, daß wir von einer Größenordnung reden, die ich für duldbar halte.

Was ich mir vorstellen kann – das war der Vorschlag von Barmüller und Wabl –, ist, daß es für Chapter-II-Flugzeuge ein Nachtstart- und -landeverbot gibt – das ist auch mit der Reziprozität vereinbar, weil wir dort nicht in der Nacht starten und nicht landen und auch gar keinen Bedarf danach haben. Ab 2002 sind in der Europäischen Union nur mehr Chapter-III-Flugzeuge – das sind die leisen Flugzeuge – zugelassen, zudem werden auch die Chapter-II-Flugzeuge aufgrund ihres Alters langsam vom Markt verschwinden. Aber natürlich werden vor allem unsere mittel- und südosteuropäischen Partner aus rein finanziellen Mitteln noch mit alten Geräten weiterfliegen müssen. Diese in der Nacht auszuschließen, halte ich für sinnvoll, das haben Barmüller und Wabl vorgeschlagen. Man sollte diesbezüglich mit dem Flughafen in Verhandlungen eintreten, und zwar nicht nach Münchner Vorbild, sondern nach eigenen Spielregeln. Wir brauchen die Münchner nicht dazu, daß sie uns erklären, wie das geht. Man sagt: Für die Chapter-III-Flugzeuge gilt eine Verringerung der Frequenz oder eine klar festgelegte Anzahl von Frequenzen.

Ich weise noch darauf hin, daß sich jedes totale Nachtflugverbot selbstverständlich auch auf die Österreicher selbst auswirkt, denn die Verbilligung der Charterflugreisen ist deswegen möglich, weil die Linienmaschinen, die am Tag eingesetzt sind, in der Nacht oder in den Randstunden im Charter unterwegs sind und damit zu wesentlich günstigeren Kosten die Österreicher in den Urlaub fliegen, als dies sonst möglich wäre. Mich schmerzt das als Hotelier. Ich kann mich mit Ihnen sofort auf eine Kerosinsteuer einigen, aber die wird man weltweit oder zumindest europaweit einführen müssen. – Das ist aber ein anderes Thema.

Vierter Punkt: lückenlose Kontrolle der vorgeschriebenen Anflugverfahren – Mindestflughöhe. – Das ist ein ausgesprochener Unsinn! Kein Pilot der Welt wird die Mindestflughöhe nicht einhalten und dadurch sich und seine Passagiere gefährden. Diese Aussage ist absolut zu widerlegen. Es gibt genaue Kontrollen der Flugvorschriften. Es gibt das sogenannte FANOMOS-System – Flight Track and Noise Monitoring System –, das lückenlos aufzeichnet, wo jemand fliegt. Dieser vierte Punkt, Herr Edler, den Sie unterschrieben haben – Sie haben sich zuwenig erkundigt –, stimmt nicht. Die Mindestflughöhe wird nicht unterschritten. Es ist falsch, das zu behaupten.

Die Frage der Lärmbelästigung, habe ich zuerst gesagt, ist etwas Subjektives. Die Lärmbelästigung liegt unter allen Grenzwerten. Die Grenzwerte sind in der Nacht noch einmal um 10 Dezibel niedriger, weil sie in der Nacht als noch störender empfunden werden. Ich glaube trotzdem, daß man dieser Frage einer schrittweisen Verringerung des Nachtflugverkehrs und eines totalen Verbots der Chapter-II-Flugzeuge in der Nacht von 22 Uhr bis 6 Uhr nähertreten sollte. Das wäre der konstruktive Weg, um aus der derzeitigen Situation herauszukommen.

Ein sofortiges Verbot der Kapitel-III-Flugzeuge ist natürlich ein Blödsinn, weil das sind die modernen. Man meint die Kapitel-II-Flugzeuge. Das ist ein Schreibfehler, ich korrigiere ihn hiermit. – Das ist aus den von mir genannten Gründen der Reziprozität nicht richtig und auch abzulehnen.

Ich glaube daher, daß die Petition den Sinn haben sollte, daß sich das Hohe Haus und vor allem das Verkehrsministerium – der Herr Minister sitzt hier – dieser Frage wirklich widmen und gemeinsam mit den Austrian Airlines, gemeinsam mit dem Wiener Flughafen eine Lösung finden, die die Lärmbelastung, wenn sie auch nur eine subjektive ist – objektiv liegt sie ja unter den zugelassenen Grenzen –, für die Bevölkerung verringert. Machen wir das aber bitte gemeinsam mit dem Flughafen und mit der AUA und nicht mit Ho-ruck-Anträgen, die bei der nächsten Wahlversammlung verkauft werden sollen. – Danke. (Beifall beim Liberalen Forum.)

19.32


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67. Sitzung / Seite 175

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder:
Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Sigl. – Bitte.

19.32

Abgeordneter Robert Sigl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hohes Haus! In seiner Wortmeldung hat Herr Abgeordneter Barmüller gemeint, er könne sich einen Fünfparteienantrag zur Herabsetzung der Promillegrenze auf 0,5 vorstellen. Die Sozialdemokraten würden sicherlich diesem Antrag gern die Zustimmung geben, wenn auf diesem Papier auch die Unterschrift des Abgeordneten Mag. Kukacka zu finden wäre. Dann wäre die Hürde des Fünfparteienantrages überwunden. (Abg. Mag. Barmüller: Der macht das doch nie! – Abg. Mag. Kukacka: Ich weiß, daß ein Drittel der SPÖ-Abgeordneten auch dagegen ist! Kümmert euch zuerst um die eigene Fraktion!)

Wir haben im Schiffahrtsgesetz auch die Möglichkeit geschaffen, die Promillegrenze auf 0,1 herabzusetzen. Also sehe ich sehr positiv in die Zukunft, daß hier neue Wege beschritten werden können.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe mich zu Wort gemeldet, um einige Diskussionspunkte über das Transeuropäische-Eisenbahn-Abkommen anzusprechen.

Österreich nimmt seit 1995 mit der Unterzeichnung des Transeuropäischen Eisenbahntreuhandfonds am transeuropäischen Eisenbahnprojekt, kurz TER, teil. Die Ziele dieses Projektes sind unter anderem die Verbesserung der Eisenbahninfrastruktur in den Projektstaaten, die Entwicklung von Investitions- und Finanzierungsprogrammen für einzelne Nord-Süd-Verbindungen zum Zwecke der Kapazitätssteigerung, die Verbesserung der Eisenbahntechnik und der Technologie sowie der Organisations- und Managementstruktur der Eisenbahnunternehmen.

Die Finanzierung der Verwaltung und Organisation, die zur Durchführung des TER-Projektes nötig ist, gewährleistet der schon angesprochene Transeuropäische Eisenbahntreuhandfonds, dessen Mitglieder jährlich einen Beitrag in diesen Fonds einzahlen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! TER ist nicht nur die einzige internationale Organisation, die sich mit diesen Zielen beschäftigt, sondern entspricht auch den Grundsätzen der österreichischen Verkehrspolitik. So tritt das Transeuropäische-Eisenbahn-Abkommen genauso wie die österreichische Verkehrspolitik für die Verlagerung des Verkehrs von der Straße auf die Schiene ein.

Insbesondere im Hinblick auf die Ostöffnung scheint eine Beteiligung am TER ein geeignetes Mittel zu sein, um der drohenden Gütertransitlawine aus dem Osten entgegenzuwirken. Denn durch die zunehmenden ökonomischen Verflechtungen zwischen den Regionen in Europa stieg und steigt der Güterverkehr überdurchschnittlich an. Leider werden aber diese Zuwächse im Güterverkehr hauptsächlich über den Straßengüterverkehr abgewickelt und dadurch die schon hohen externen Kosten des Straßengüterverkehrs, zum Beispiel die Unfallfolgekosten oder die Umweltkosten, vervielfacht.

Um dieser Tendenz entgegenzutreten, versuchen die TER-Mitgliedstaaten Verkehrsinfrastrukturen zu entwickeln, die die Verwendung von umweltschonenden Verkehrsträgern forcieren. Und da die Eisenbahn wohl das effizienteste und gleichzeitig umweltschonendste Verkehrsinstitut ist, kann man den Ausbau eines zusammenhängenden und effizienten Bahn- und kombinierten Verkehrsnetzes in den Ländern Mittel- und Osteuropas, so wie es das TER-Programm vorsieht, nur befürworten, denn nur eine effiziente Bahn und ein funktionierendes kombiniertes Verkehrsnetz garantieren eine dauerhafte Problemlösung des Güterverkehrs in Europa.

Meine Damen und Herren! Eine moderne Verkehrsinfrastruktur gewährleistet nicht nur eine bessere Lebensqualität für die Bevölkerung und den Schutz der Umwelt, sondern stellt auch gleichzeitig den Handel sicher. In dieser Hinsicht erscheint mir auch der finanzielle Beitrag, den Österreich für die Jahre 1997 bis 2000 in der Höhe von rund 450 000 S leisten müßte, wenn wir dieser Vereinigung weiter angehören wollen, als durchaus gute Investition für die Zukunft.


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Gemäß der Budgetprojektierung wird dieser Beitrag für Personalkosten, Schulungen, Beschaffung von technischem Material und vieles mehr verwendet.

Als letzten Grund für eine weitere Mitgliedschaft beim TER möchte ich nur anführen, daß Österreich als einziges EU-Land dem TER angehört, was Österreich einen besonderen Status innerhalb des TER gewährleistet. Außerdem sind die Ziele des TER EU-kompatibel, da die transeuropäischen Netze der EU auf den TER-Korridoren aufbauen und die EU in verschiedenen Erklärungen ausdrücklich auf das TER Bezug nimmt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Zusammenfassend möchte ich bemerken, daß wir Sozialdemokraten für den Weiterbestand der Mitgliedschaft im Transeuropäischen Eisenbahntreuhandfonds eintreten, daß die aktive Teilnahme Österreichs am TER nicht nur in unserem Interesse, sondern auch im europapolitischen Interesse ist. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

19.38

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Wabl. – Bitte.

19.38

Abgeordneter Andreas Wabl (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Ich habe hier zwei Anträge einzubringen:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Anschober, Freundinnen und Freunde zur Regierungsvorlage (564 der Beilagen): Bundesgesetz über die Binnenschiffahrt in der Fassung des Berichts des Verkehrsausschusses betreffend Absenkung der zulässigen Alkoholgrenzwerte

Der Nationalrat wolle beschließen:

Im § 6 Abs. 1 wird der Satzteil "Bei einem Alkoholgehalt des Blutes von 0,8 Gramm pro Liter (0,8 Promille) oder darüber oder bei einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,4 Milligramm pro Liter oder darüber gilt der Zustand einer Person jedenfalls als vom Alkohol beeinträchtigt;" geändert in "Bei einem Alkoholgehalt des Blutes von 0,5 Gramm pro Liter (0,5 Promille) oder darüber oder bei einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,25 Milligramm pro Liter oder darüber gilt der Zustand einer Person jedenfalls als vom Alkohol beeinträchtigt;".

*****

Die lieben Genossen von der sozialdemokratischen Fraktion werden heute wieder "zustimmen", weil das ja immer ihre Grundhaltung war. Kollege Kukacka wird natürlich auch "zustimmen", weil er ein überzeugter Vorkämpfer in dieser Sache war. Er hat sich ja sämtlichen Tests unterzogen, um die Richtigkeit dieser Maßnahme zu überprüfen.

Meine Damen und Herren! Ich verstehe schon, daß bei manchen die wirtschaftlichen Überlegungen wichtiger sind als die gesundheitspolitischen Überlegungen und die Überlegungen betreffend die Beeinträchtigung der Mitmenschen, aber Sie sollten sich dennoch hier überlegen, Herr Kollege Maitz, ob Sie nicht einmal auf der richtigen Seite stehen sollten. Ich glaube, Sie sollten einmal mit Kollegen Kukacka darüber reden, wie dieser Versuch ausgesehen hat, dann wissen Sie, was das Vernünftige ist.

Ich glaube, daß es ebenso gefährlich ist, in alkoholisiertem Zustand mit dem Schiff auf einem Fluß zu fahren wie mit dem Auto auf der Straße, meine Damen und Herren!

Herr Kollege Sigl! Ich glaube nicht, daß es noch notwendig ist, daß auf einem Antrag Kukacka steht, damit Sie mitunterzeichnen oder zustimmen können. Ich glaube, Sie werden als frei gewählter Abgeordneter – dafür hat man das ja in der Pyramide festgelegt; wir sind das höchste Kollegialorgan der Republik – dazu in der Lage sein.


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67. Sitzung / Seite 177

Meine Damen und Herren! Der zweite Antrag ist ein Entschließungsantrag der Abgeordneten Wabl, Anschober, Freundinnen und Freunde betreffend die Verbesserung der Fluglärmsituation in der Umgebung des Flughafens Wien-Schwechat.

Meine Damen und Herren! Einige Vorredner sind schon darauf eingegangen, wie engagiert sich Kollege Edler und Herr Stadtrat Svihalek für die Bevölkerung einsetzen. Er hat da eine sehr engagierte Petition mitunterschrieben, und dieser Antrag beinhaltet genau den Inhalt dieser Petition. Ich freue mich, Herr Kollege Edler, daß wir hier gemeinsam an einem Strang ziehen können und daß Sie heute hier im Hohen Haus mitstimmen können und werden – Kollege Barmüller wird sicher auch mitstimmen.

Kollege Peter hat hier seine Bedenken vorgetragen, die durchaus plausibel sind. – Kollege Peter! Mit dem wirtschaftlichen Argument kann man fast jede Maßnahme relativieren, auch mit dem Weltargument – es lautet: Das müßte ja von der ganzen Welt gemacht werden, damit es nicht wettbewerbsverzerrend ist! Auf diese Weise würden wir aber bis heute keine Sozialgesetzgebung haben, würden wir bis heute noch Kinderarbeit haben, würden die Menschen in vielen Bereichen in Österreich bis heute keine soziale Absicherung haben. Ich bitte Sie daher, dieses Argument nicht überzustrapazieren, denn das Weltargument ist schon bei der Energiesteuer fatal und bei solchen Anlässen sehr problematisch.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Wabl, Anschober, Freundinnen und Freunde betreffend die Verbesserung der Fluglärmsituation in der Umgebung des Flughafens Wien-Schwechat

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Der Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr wird ersucht, folgende Initiativen zur Verbesserung der Fluglärmsituation in der Umgebung des Flughafens Wien-Schwechat zu setzen:

a) Verlängerung des Nachtflugverbots für Chapter-II-Flugzeuge in den lärmsensiblen Zeiten,

b) Einführung eines Nachtflugverbots für Chapter-III-Flugzeuge sowie

c) Optimierung der An- und Abflugrouten.

Des weiteren wird der Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr ersucht, mit den Ländern Wien und Niederösterreich sowie den betroffenen Gemeinden Gespräche mit dem Ziel aufzunehmen, daß im Bereich der Raumordnung (Flächenwidmung) verstärkt auf lärmgestörte Gebiete Rücksicht genommen wird."

*****

Da kann ich nur die Anmerkungen des Kollegen Peter teilen. Selbstverständlich ist es die Aufgabe jener Organe, die bei der Raumordnung schon früher hätten eingreifen können, zu sagen: Dort muß ein klares Bauverbot erteilt werden beziehungsweise darf keine Umwidmung in Bauland erfolgen! – Das ist in den letzten Jahren und Jahrzehnten trotz der Entwicklung im Flugbereich nicht geschehen.

Ich kenne das aus der Steiermark bei vielen Straßenprojekten zur Genüge, ich kenne das von manchen Dörfern. Alle möglichen Leute bauen sich ihr Haus an Umfahrungsstraßen, bis die Umfahrungsstraße die Ortsdurchfahrt wird, und dann kommt die nächste Umfahrungsstraße. Ich kenne das aus einem Ort, dort wurde der eigentliche Ort zu einem Gespensterort degradiert. Dort gibt es überhaupt nichts mehr, auch kein Geschäft, nur die Kirche und die Schule stehen noch einsam dort. Die Bank, die Gendarmerie, der Kindergarten, alles wurde an die Umfahrungsstraße gebaut. Und jetzt gibt es dort wieder Leute, die sagen: Bitte, baut doch eine Umfahrungsstraße. Es geht dann in konzentrischen Kreisen immer weiter. – Ich halte das für den völlig falschen Weg.


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67. Sitzung / Seite 178

Meine Damen und Herren! Ich bin überzeugt davon, daß Kollege Edler hier mitstimmen wird. Ich kann mir etwas anderes nicht vorstellen – ich glaube, daß wir sein Gehalt in der Gehaltspyramide Gehalt nicht extra heruntergesetzt haben, sonst würde ich es verstehen. Kollege Svihalek ist leider nicht auf den Rängen, sonst würde er sicher sehr genau schauen, ob sein Parteigenosse Edler und alle seine Mitstreiter und Mitstreiterinnen aus Wien hier mitstimmen. (Abg. Dr. Graf: In welcher Eigenschaft? Als Parteivorsitzender oder als Stadtrat?) – Als Stadtrat natürlich. Es mag bei Ihnen so sein, daß Ihr Parteiobmann immer als Parteivorsitzender redet, das war auch der Fall, als er Landeshauptmann war, aber selbst da kann ich es mir nicht vorstellen.

Meine Damen und Herren! Damit bin ich mit meiner Rede am Ende. (Beifall bei den Grünen.)

19.46

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Die beiden verlesenen Anträge sind ordnungsgemäß eingebracht, entsprechend unterstützt und stehen daher mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Edler. – Bitte.

19.46

Abgeordneter Josef Edler (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich werde als freier Abgeordneter, der direkt im Wahlkreis Wien Nord, Donaustadt, gewählt worden ist, entscheiden. – Das zum Einstieg, meine Damen und Herren! (Abg. Wabl: Welche Entscheidung?)

Nun zur Petition "20 Jahre Fluglärm sind genug – Die Donaustadt fordert ihr Recht". Zur Vorgeschichte, meine Damen und Herren: Die Donaustadt ist ein großer Bezirk, flächenmäßig der größte Bezirk Wiens, er nimmt ein Viertel der Fläche Wiens ein, und es leben dort rund 120 000 Menschen. Natürlich ist der Fluglärm in dieser Region, von dem zirka 40 000 Menschen direkt betroffen sind, ein sehr großes Problem. Es gibt eine jahrelange Diskussion, und es hat auch viele Bürgerbewegungen gegeben. – Meine Damen und Herren der Freiheitlichen, der Grünen und der Liberalen! Wir sind stolz darauf, daß die Menschen, die Probleme haben, doch zu uns kommen und nicht zu den anderen. (Beifall bei der SPÖ.)

Geschätzter Herr Kollege Graf! Sie waren erst dabei, als diese Bewegung schon eine richtige Bewegung war, die ich gemeinsam mit Stadtrat Svihalek und Bezirksvorsteher Wedel betreut habe. Wir haben die Aktionstage gemeinsam  – das muß ich zur Ehre des Flughafens Wien und der Austro Control sagen – durchgeführt. Diese haben damals ergeben, daß sich zwar der Lärmpegel nicht erhöht hat, aber er bleibt trotzdem ein Problem.

Meine Damen und Herren! Nun zum Thema Unterschreiben: Jawohl, ich habe das unterschrieben, und ich persönlich – Sie waren dabei, Kollege Graf, und auch Ihr Bezirksparteichef, der nichtamtsführende Stadtrat Prinz – habe vor den Menschen die Erklärung abgegeben, daß ich das grundsätzlich unterstütze, aber nur, wenn es eine internationale Übereinstimmung und eine Absicherung des Wirtschaftsstandortes gibt. (Abg. Dr. Graf: Das steht aber in Ihrer Presseaussendung nicht drinnen!) – Das steht vielfach drinnen, und es gibt dazu die Presseerklärung.

Sie haben damals ganz einfach erklärt, das ist ein Problem, Sie seien grundsätzlich auch nicht gegen den Wirtschaftsstandort Wien oder Ostregion, aber wenn wir Probleme hätten – das hat uns damals bei dieser Versammlung Prinz erklärt –, sollten wir doch die Landungen und die Starts nach Preßburg verlagern.

Meine Damen und Herren! Es ist einfach, die Probleme zu verlagern. Ich bin dafür, daß wir die Probleme vor Ort und gemeinsam mit den Menschen lösen. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Es ist von Kollegen Kurzbauer schon darauf hingewiesen worden, daß die Entschließung hier zur Beratung und Beschlußfassung vorliegt. Das ist schon ein Teilerfolg, weil davon gesprochen worden ist, daß der Edler unterschrieben hat und es bewegt sich überhaupt nichts, nichts ist erreicht worden.


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67. Sitzung / Seite 179

Ich kann sagen: Der Zeitrahmen des Nachtflugverbotes der lauten Brummer wird ausgedehnt werden. Auch die Kontrolltätigkeit über diese sogenannten Kapitel-II-Flugzeuge wird verstärkt durchgeführt werden, weil es da noch immer eine Durchlöcherung gibt, und die werden wir sicherlich nicht zur Kenntnis nehmen.

Meine Damen und Herren! Wir haben seit 1. April dieses Jahres die EU-Liberalisierung, und wir werden einen harten Konkurrenzkampf haben in bezug auf die Ausdehnung, insbesondere was unsere Binnenflüge betrifft und die Konkurrenz zur Schiene. Wer wird die Franzosen, die Deutschen oder die Engländer, wenn sie sechs, sieben Stunden auf dem Flughafen Wien stehen, daran hindern, Binnenflüge bei uns durchzuführen? – Das ist für uns eine Herausforderung.

Wir haben die Forderung aufgestellt, in einem Programm und auch über die Bezirks-SPÖ-Donaustadt, daß wir besonders den Ausbau der Schiene, des hochrangigen Schienennetzes und die internationale Anbindung des Flughafens Wien fordern. Diese wird unbedingt notwendig sein.

Wir werden diesen Weg fortsetzen, gemeinsam mit den Menschen im Bezirk, und wir hoffen, daß wir erfolgreich sind und auch den Tag erleben werden, an dem wir international ein erweitertes Nachtflugverbot erreichen.

Nun zum Antrag, der im Ausschuß von den Kollegen Wabl und Barmüller eingebracht worden ist. Kollege Peter! Sie haben jetzt in Ihrer Rede vorgetragen, daß das Liberale Forum das ganz anders interpretiert. Ich darf doch darauf hinweisen, daß in diesem Antrag unter b) die Einführung eines Nachtflugverbotes für Chapter-III-Flugzeuge verlangt wird. Sie können doch nicht sagen, Sie verlangen nur für Chapter-II-Flugzeuge ein Nachtflugverbot, wenn es auch für Chapter-III-Flugzeuge verlangt wird.

Meine Damen und Herren! Ich habe es schon erwähnt: Wir werden in Absicherung des Wirtschaftsstandortes und unter Beachtung der Bedeutung des Flughafens gemeinsam mit den Menschen weitere Erleichterungen erkämpfen und durchsetzen.

Ich darf zum Schluß noch einen Abänderungsantrag einbringen:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Edler, Dr. Khol und Genossen betreffend den Ausschußbericht betreffend ein Bundesgesetz über die Binnenschiffahrt (618 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der Gesetzesantrag im eingangs bezeichneten Ausschußbericht wird wie folgt geändert:

Die bisherigen Abs. 2 und 3 des § 149 erhalten die Absatzbezeichnungen (3) und (4); folgender Abs. 2 wird eingefügt:

"(2) (Verfassungsbestimmung) § 5 Abs. 9 tritt mit dem auf die Kundmachung dieses Bundesgesetzes folgenden Tag in Kraft.

*****

Danke, meine Damen und Herren. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)


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67. Sitzung / Seite 180

19.53

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Der eben verlesene Abänderungsantrag wurde ordnungsgemäß eingebracht, ist entsprechend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Die nächste Wortmeldung liegt vom Abgeordneten Mag. Barmüller vor. Es ist dies seine zweite Wortmeldung. – Bitte.

19.53

Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Edler! Es stimmt schon, die Leute kommen noch zur SPÖ, nur: Ihre Probleme werden dort wieder nicht gelöst. Ich darf Ihnen das nur deshalb auch noch sagen, weil Sie im Ausschuß ganz dezidiert nicht das verfolgt haben, was Sie und auch Ihr Kollege Svihalek unterschrieben haben. Ich glaube, das sollte man nicht verschweigen. Sie haben im Ausschuß von vornherein w. o. gegeben und haben diese Entschließung, die jetzt im Bericht enthalten ist, mitgetragen und auch präferiert. Sie haben alles andere von vornherein fallengelassen.

Es ist nur deshalb verwunderlich, weil Sie hier – genauso wie Ihr Kollege Svihalek – unter Punkt 2 unterschrieben haben, daß Sie auch der Ansicht sind, daß die verbindlichen Zusagen aller politischen Gruppierungen zur Einführung eines Nachtflugverbotes nie erfüllt wurden. Jetzt haben Sie zwar auf der einen Seite unterschrieben – als Sie vor Ort waren, haben Sie gesagt, das sei wirklich ungeheuerlich, die machten das nicht, versprächen es aber immer –, bloß dann machen Sie hier genau das, von dem Sie vor Ort gesagt haben, daß das Politiker fälschlicherweise immer tun. Und das kann nicht sinnvoll sein.

Daß ich im Ausschuß – daran liegt mir auch, das klarzulegen – den Antrag des Abgeordneten Wabl unterstützt habe und in meiner Fraktion auch gemeint habe, es wäre sinnvoll, das auch hier im Plenum gesamthaft als Fraktion zu vertreten, liegt einfach daran, daß ich davon überzeugt bin, daß das, was hier steht, richtig ist. Der Antrag läßt nämlich die Dauer des Nachtflugverbotes für Chapter-III-Flugzeuge, also für die leisesten Flugzeuge, offen – das ist im Antrag gar nicht festgelegt. Es geht nur darum, daß man in einer politischen Verhandlung dann sagt: Es gibt eine Zeitspanne, in der Chapter-III-Flugzeuge in der Nacht nicht fliegen sollen. Aber wie groß dieser Bereich ist, ist nach dieser Entschließung offen.

Es hat auch Abgeordneter Peter klar gesagt, daß eine Verlängerung, also eine Ausdehnung, des Nachtflugverbotes für Chapter-II-Flugzeuge, also für lautere Flugzeuge, sinnvoll ist. Aber auch dazu läßt dieser Antrag einen Spielraum offen.

Daß man im Zusammenhang mit einer Optimierung der An- und Abflugrouten ohnehin nur einer Meinung sein kann, daß man, was auch Abgeordneter Peter ausgeführt hat, selbstverständlich in diesem Zusammenhang nur eine stärkere Berücksichtigung der Raumordnung befürworten kann, steht im Grunde genommen außer Zweifel. Aber es ist im Antrag der Regierungsparteien nicht enthalten.

Daher noch einmal: Ich werde diesem Antrag meine Zustimmung geben. Es tut mir leid, daß es nicht möglich war, in der kurzen Zeit, die uns zur Verfügung gestanden ist, meine Fraktion davon zu überzeugen, daß dieses Vorgehen sinnvoll ist, aber ich glaube, auch bei Ihnen könnte es zu einzelnen Fragen durchaus unterschiedliche Abstimmungsverhalten geben, zum Beispiel beim Antrag über 0,5 Promille Alkoholgehalt im Blut im Bereich des Schiffahrtsgesetzes. Wenn das gemacht würde, bekämen wir vielleicht über die Fraktionen hinweg einmal eine Mehrheit für eine sinnvolle Maßnahme. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

19.56

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Parnigoni. – Bitte.

19.56

Abgeordneter Rudolf Parnigoni (SPÖ): Es gibt ein kleines Mißverständnis. Abgeordneter Wabl hat einen Antrag eingebracht, in dem gefordert wird, daß ein Alkoholgehalt der Atemluft von 0,4 Milligramm pro Liter im § 6 Abs. 1 eingeführt werden soll. Es geht darum, daß auch im Schiffahrtsgesetz die Kapitäne dieser Bestimmung unterworfen werden. Das ist in Wirklichkeit eine Angleichung an jene Regelung, die im Bereich der LKWs bereits eine 0,0-Promille-Grenze vorsieht. Daher sollte diesem Antrag auch die Zustimmung erteilt werden.

Wir haben uns im Ausschuß, Kollege Kukacka, darauf geeinigt, diesbezüglich einen Fünfparteienantrag zu machen. Jetzt wäre es eigentlich ganz interessant, wie Sie dazu stehen. Das


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67. Sitzung / Seite 181

haben wir im Ausschuß eigentlich besprochen. (Ironische Heiterkeit und Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Haigermoser: Schwere Krise in der sozialistischen Koalition! – Abg. Mag. Kukacka: Wo es um die Personenbeförderung geht ... !) – Das ist dann wie beim Bus. (Abg. Haigermoser: Tohuwabohu!) – Bitte, es geht um ein sehr ernstes Thema, Kollege Haigermoser! Da würde ich dich wirklich bitten, ... (Abg. Mag. Kukacka: Das haben wir schon längst beschlossen!)

Dann muß ich sagen: Wenn das im Ausschuß so beschlossen worden ist, Kollege Wabl, dann verstehe ich deinen Antrag nicht, weil es dann ja in der Vorlage enthalten und daher die Gleichstellung erfolgt ist, nämlich mit jenen, die in der Schiffahrt sozusagen die Aufgabe eines LKW-Lenkers erfüllen. Daher ist die Gleichstellung erreicht, und ich glaube, daß das nicht notwendig ist, und wir lehnen daher diesen Antrag ab, weil es bereits in der Novelle vorgesehen ist. – Das wollte ich klarstellen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

19.58


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67. Sitzung / Seite 182

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder:
Zu Wort gemeldet ist noch Herr Abgeordneter Rosenstingl. – Bitte.

19.58

Abgeordneter Peter Rosenstingl (Freiheitliche): Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Edler! Einiges von dem, was Sie in Ihrer Rede gesagt haben, stimmt ganz einfach nicht.

Eines möchte ich feststellen, was ich allerdings nur aufgrund von Wahlergebnissen feststellen kann: Sie haben jetzt zum Beispiel gesagt, die Bürger kämen in der Donaustadt zu Ihnen und nicht zu den anderen. Ich frage mich, Herr Kollege Edler, warum der Bezirk Donaustadt jener Bezirk war, in dem die SPÖ bei der Gemeinderatswahl am meisten verloren hat. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Solch einen großen Zustrom an Wählern dürften Sie nicht haben, sondern sie dürften Ihnen in der Donaustadt eher verstärkt weglaufen. Aber das ist ja kein Wunder, Kollege Edler, denn Sie behaupten hier von diesem Pult aus tatsächlich – ich verstehe, daß Ihnen das peinlich ist, weil Sie sich nach dem heutigen Beschluß eigentlich nicht mehr unter die Bürger trauen können –: Ich habe nie gesagt, daß ich ein Nachtflugverbot will; ich habe immer behauptet, das muß ganz anders sein, mit Einschränkungen und so weiter!

Herr Kollege Edler! Ich darf aus Ihrem eigenen Pressedienst vom 6. Mai 1997 zitieren, in dem steht: Die Bevölkerung will nicht länger dem Lärm der anfliegenden Flugzeuge ausgesetzt sein. Deshalb liegt für mich die Forderung nach einem erweiterten Nachtflugverbot für den Flughafen Wien-Schwechat klar auf der Hand.

Wenn ich mir dann anschaue, was Sie heute beschließen werden, nämlich einen Entschließungsantrag, in dem steht, daß der Herr Bundesminister seine Initiativen zur Verbesserung der Fluglärmsituation weiter betreiben soll, also fortsetzen soll, dann kann ich sagen, wir alle in diesem Haus wissen aus Erfahrung, daß überhaupt nichts geschieht, daß sich daher nichts verbessern wird, daß daher die Donaustädter weiterhin mit Fluglärm belastet werden und daß Sie mit Ihrer Unterschrift nicht für das Unterschriebene geradestehen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf der Abg. Silhavy. )

Der einzige, der als Donaustädter etwas geleistet hat, nämlich einen wirklich sinnvollen Antrag eingebracht hat, war der Freiheitliche Graf, Herr Kollege Edler! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Kollege Edler! Sie haben es geschafft – Gott sei Dank, so muß ich sagen, haben Sie es geschafft –, daß die Donaustädter am meisten den Sozialdemokraten davonlaufen. Ich prophezeie Ihnen: Bei der nächsten Wahl werden Sie sehr wenige Wähler haben, insbesondere dann, wenn Sie Spitzenkandidat sind. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

20.01

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Wabl. Zweite Wortmeldung, Herr Wabl. – Bitte.

20.02

Abgeordneter Andreas Wabl (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Kollege Parnigoni hat gemeint, der Antrag der Grünen sei in dem Fall überflüssig. Meine Damen und Herren! Sie müssen sich einmal auf etwas einigen. Sie werden sich sicher etwas dabei gedacht haben, wenn Sie einem Buschauffeur auftragen, daß er nur 0,1 Promille haben darf, wenn er gewerbsmäßig unterwegs ist.

Jetzt frage ich Sie: Aus welchem Grund? Ist es wegen einer Schikane, oder ist es wegen der Verkehrssicherheit? Ist es eine Verkehrssicherheitsfrage?

Ebenso ist es bei der Schiffahrt. Wenn ich nämlich privat 20 oder 30 Personen mitnehme und das nur meine Gäste, meine Geburtstagsgäste sind, dann darf ich 0,8 Promille haben. Ich frage mich: Warum darf ich dann 0,8 haben? Ist die Gefahr geringer, weil es privat ist, oder gibt es da einen Denkfehler in Ihrer Überlegung?

Meine Damen und Herren! Wenn ein Lenker mit seinem Privatfahrzeug – sei es ein Schiff, oder sei es ein Auto – fährt und 0,8 Promille hat, dann ist das bedenklich. Dann ist das aber auch ein Problem für den Busfahrer, weil letzterer fährt ja nicht auf einer anderen Straße, genauso wie der Kapitän nicht auf einem anderen Fluß fährt. Sie sollten einmal diese unlogischen Gesetze erklären. Entweder ist es gefährlich – dann bitte 0,1 Promille für alle Fahrzeuglenker auf den Straßen! Oder es ist nicht gefährlich – dann lassen Sie diese Schikane weg! – Oder kann mir das irgend jemand erklären? Herr Kukacka, können Sie mir das erklären? Wozu 0,1 Promille für den Busfahrer? Stellen Sie sich vor, dieser fährt auf der Straße mit 50 Leuten im Bus, und ein Geisterfahrer kommt ihm mit 0,8 Promille entgegen, ist also beeinträchtigt. (Zwischenruf des Abg. Mag. Kukacka. ) – Ach, gewerbsmäßig! Sie meinen, wenn man ständig eine Verkehrsgefahr ist, dann darf man nur 0,1 haben. Wenn man nur manchmal eine Verkehrsgefahr ist, dann darf man 0,8 Promille haben. Ist das Ihre Logik? – Herr Abgeordneter Kukacka, Sie sollten sich das einmal überlegen!

Schauen Sie einmal auf die Straße, wie viele gewerbsmäßig und wie viele privat herumfahren. Ich sehe zwar sehr viele Busse, aber in manchen Gegenden nimmt ihre Zahl mehr und mehr ab. Auf den Autobahnen sehe ich in der Regel sehr viele Privatfahrzeuge, auf den Flüssen ebenso. Das ist unlogisch, was Sie da machen, Herr Kollege Parnigoni! Sie sind inkonsistent in Ihrer Überlegung. Ich halte deswegen diesen Antrag sehr wohl für vernünftig und sehr wohl für richtig.

Kollege Parnigoni! Ich kann mich erinnern – es ist allerdings schon einige Monate her –, daß die sozialdemokratische Fraktion fast geschlossen für den Antrag 0,5 Promille gestimmt hat. Meine Damen und Herren! Ich weiß schon, daß manche Gesetze nicht ganz konsistent sind, aber in diesem Fall ist die Inkonsistenz lebensgefährlich, Herr Kukacka! (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

20.05

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort ist nun niemand mehr gemeldet. Damit ist die Debatte geschlossen.

Ein Schlußwort des Berichterstatters findet nicht statt.

Wir treten in das Abstimmungsverfahren ein. Ich bitte Sie daher, Ihren jeweiligen Platz einzunehmen.

Wir kommen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschußantrag getrennt vornehmen lasse.

Zuerst gelangen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 618 der Beilagen.


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67. Sitzung / Seite 183

Hiezu haben die Abgeordneten Dr. Grollitsch und Genossen einen Abänderungsantrag eingebracht.

Ferner haben die Abgeordneten Anschober und Genossen einen Abänderungsantrag eingebracht.

Schließlich haben die Abgeordneten Edler, Dr. Khol und Genossen einen Zusatzantrag eingebracht.

Ich werde zunächst über die von den erwähnten Abänderungs- beziehungsweise Zusatzanträgen betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Anschober und Genossen haben einen Abänderungsantrag betreffend § 6 Abs. 1 eingebracht. Im Falle der Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Minderheit. Der Antrag ist damit abgelehnt.

Ich lasse daher sogleich über § 6 Abs. 1 in der Fassung des Ausschußberichtes abstimmen. Ich ersuche jene Damen und Herren, die dem ihre Zustimmung erteilen wollen, um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Die Abgeordneten Dr. Grollitsch und Genossen haben einen Abänderungsantrag betreffend § 140 eingebracht. Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiefür sind, um ein Zeichen. – Dies ist die Minderheit. Abgelehnt.

Ich lasse daher sogleich über § 140 in der Fassung des Ausschußberichtes abstimmen. Im Falle der Zustimmung bitte ich Sie um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Die Abgeordneten Edler, Dr. Khol und Genossen haben einen Zusatzantrag eingebracht, der sich auf die Einfügung eines neuen Abs. 2, Verfassungsbestimmung, in § 149 bezieht. Ich stelle daher das verfassungsmäßig erforderliche Präsenzquorum fest und bitte nun jene Damen und Herren, die hiefür sind, um ein diesbezügliches Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Ausdrücklich stelle ich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschußberichtes.

Da die restlichen Teile des Gesetzentwurfs eine Verfassungsbestimmung enthalten, stelle ich zunächst im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 2 der Geschäftsordnung die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten fest.

Ich bitte nun jene Damen und Herren, die den restlichen Teilen des Gesetzentwurfs samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschußberichtes zustimmen wollen, um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Ich stelle daher ausdrücklich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Wir kommen daher zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen wollen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Dies geschieht gleichfalls mehrheitlich, und ich stelle abermals die erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Wir kommen nur zur Abstimmung über den Antrag des Verkehrsausschusses, dem Abschluß des Staatsvertrages in 344 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diese Genehmigung erteilen wollen, um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist einhellig erfolgt. Ich stelle daher fest, daß die Genehmigung erteilt wurde.


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Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Verkehrsausschusses, dem Abschluß des Staatsvertrages in 437 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist gleichfalls Stimmeneinhelligkeit. Angenommen.

Ferner gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Verkehrsausschusses, seinen Bericht 621 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben wollen, um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die dem Ausschußbericht 621 der Beilagen beigedruckte Entschließung. Im Falle Ihrer Zustimmung bitte ich Sie um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen. (E 52.)

Wir gelangen weiters zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Graf und Genossen betreffend Nachtflugverbot am Flughafen Schwechat. Im Falle Ihrer Zustimmung bitte ich Sie um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Minderheit, daher abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Wabl und Genossen betreffend Verbesserung der Fluglärmsituation in der Umgebung des Flughafens Wien-Schwechat. Im Falle Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Minderheit. Abgelehnt.

13. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (499 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Regionalradiogesetz geändert wird, und über den Antrag 378/A (E) der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen betreffend Frequenzplanung und Bedarfserhebung für Privatradio (645 der Beilagen)

14. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (500 der Beilagen): Kabel- und Satelliten-Rundfunkgesetz (646 der Beilagen)

15. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (472 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem die als Bundesgesetz geltende Verordnung über die Errichtung und den Betrieb von Rundfunk- und Fernsehrundfunk-Empfangsanlagen geändert wird (647 der Beilagen)

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Meine Damen und Herren! Wir gelangen nunmehr zu den Punkten 13 bis 15 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf die mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Meischberger. Eine freiwillige Redezeitbeschränkung von 10 Minuten wird angezeigt. – Bitte.

20.11

Abgeordneter Ing. Walter Meischberger (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Regionalradiogesetz ist eine Gesetzesvorlage,


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67. Sitzung / Seite 185

die uns allen sehr bekannt vorkommen muß. Wir haben dasselbe Gesetz bereits vor nunmehr mehr als drei Jahren hier im Haus debattiert. Ich glaube, daß genau diese Gesetzesvorlage der Beweis dafür ist, daß die Mediengesetzgebung insgesamt und das Regionalradiogesetz im besonderen ein wirklicher Schandfleck dieser großen Koalition ist. Das ist von dieser Stelle aus schon mehrfach betont worden, nicht nur aus freiheitlichem Munde. Wir alle waren sehr gespannt darauf, was jetzt in dieser neuen Koalitionsstimmung, mit dem neuen Klima-Turbo, der sozusagen in der Mediengesetzgebung in die Koalitionsarbeit eingebaut wurde, anders sein würde.

Leider wurden wir sehr enttäuscht. Im Bereich des Regionalradios hat es eine große Blamage für das gesamte Haus gegeben, da der Verfassungsgerichtshof den letzten Beschluß dieses Hauses eher mit – man muß es fast so sagen – beschämenden Kommentaren an das Hohe Haus zurückverwiesen hat. Man hat sich erwartet, daß sich die Koalition besonders zusammenreißt und versucht, etwas anderes zu machen als das Husch-Pfusch-Gesetz vom letzten Mal. Leider müssen wir jetzt nach erfolgter Unterausschußdebatte und Debatte im Ausschuß feststellen, daß das Ganze wieder ein Husch-Pfusch-Gesetz geworden ist und wahrscheinlich denselben Weg geht wie die erste Vorlage. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Damit Sie auch alle sehen, daß das nicht nur die Sicht der Opposition beziehungsweise die Sicht der Freiheitlichen ist, darf ich zu Beginn eine Stellungnahme aus dem Begutachtungsverfahren vom Rechnungshof zitieren, der darin zu beiden Gesetzesentwürfen, die uns heute vorliegen, folgendes zu sagen hat:

Nach Ansicht des Rechnungshofes sind die vorgesehenen gesetzlichen Maßnahmen nicht ausreichend, um einen Einklang zwischen den Vorschriften der EU, den Bestimmungen der Menschenrechtskonvention und den damit zusammenhängenden Entscheidungen und der österreichischen Rechtslage herzustellen. Die unter Umständen auch als Wettbewerbsbeschränkungen beziehungsweise die Einführung von Wettbewerbsfreiheit verzögernden anzusehenden Entwürfe scheinen nicht geeignet, eine Reihe von weiteren Verfahren sowohl vor dem Verfassungsgerichtshof als auch vor dem EuGH und die damit verbundenen Verfahrenskosten zu verhindern. – Soweit der Rechnungshof.

Es ist auch so, daß bereits Abgeordnete der Koalition diese Gesetzesvorlage dementsprechend beurteilt haben. Ich möchte nur Kollegen Kukacka zitieren, der im Verfassungsausschuß gesagt hat, nachdem es zu einer Änderung gekommen ist: Diese Änderung in bezug auf den Frequenznutzungsplan ist deshalb zustande gekommen, um den zum Teil berechtigten Vorwürfen der Opposition die Spitze zu nehmen. – Allein das sagt mir sehr viel. Man hat also nicht versucht, die berechtigten Vorwürfe der Opposition grundlegend auszuräumen, man hat nur versucht, ihnen die Spitze zu nehmen. So lautete das wörtliche Zitat des Kollegen Kukacka.

Kollege Schieder von der SPÖ-Fraktion hat auch klar dargestellt, wie er dieses Übergangsgesetz sieht. Er hat aus seiner Sicht gesagt: Wissend, daß es wegen einer wahrscheinlichen EU-Rahmengesetzgebung, in der das Ganze keinen Platz haben wird, nicht halten wird, wird es halt so beschlossen, wie es heute vorliegt. – So etwas in der Qualität und in dieser Art vorzulegen, ist eigentlich schade, weil man damit eigentlich nur zwei Bedürfnisse befriedigt: Das eine ist das Bedürfnis, den ORF zu schützen, sozusagen ein ORF-Schutzgesetz herzustellen, und das andere ist das Bedürfnis, den Proporzsüchtigkeiten der großen Koalition Genüge zu tun. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir haben geglaubt, daß die Koalitionspartner tatsächlich etwas gelernt haben. Wir haben geglaubt, nach der Blamage von damals, nach drei vergangenen Jahren, nach mehrfachen öffentlichen Bekenntnissen der Regierungsparteien zum dualen System – duales System bedeutet nichts anderes als privates Radio und Fernsehen gleichberechtigt neben dem öffentlich-rechtlichen Radio und Fernsehen –, daß man wirklich in diese Richtung arbeiten will. Wir haben auch gehofft, daß es zu einer Privatradiogesetzgebung kommen wird. Wir reden von einer Regionalradiogesetzgebung, von einer Lokalradiogesetzgebung. In Wahrheit müßte über all dem nur eines stehen: das Proporzradio beziehungsweise die Proporzradiogesetzgebung.


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All jenen, die das heute beschließen, muß bewußt sein, daß man mit einer derartigen Vorgangsweise bereits sehr viel Schaden angerichtet hat. Man hat aus der Verurteilung der Republik vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg, der das ORF-Monopol als menschenrechtswidrig erkannt hat, in Wahrheit nichts gelernt. Man hat Unternehmer vor den Kopf gestoßen, man hat Investitionsmillionen vernichtet, man hat dieses Haus vor dem Verfassungsgerichtshof und vor der Wirtschaft bis auf die Knochen blamiert, und man hat die medientreibende Wirtschaft, die weiterkommen wollte, gebremst. Man hat alles darangesetzt, um dem ORF bundesweite Werbemillionen im Radiobereich zu sichern. Man hat Angst davor, den ORF der Konkurrenz auszusetzen. Die Beispiele von "Radio Melody" in Salzburg und "Antenne Steiermark" sind anscheinend derart erschreckend, daß man alles versucht, um derartige Dinge zu verhindern.

Da gibt es ein paar Ausdrücke, die im Ausschuß immer wieder gefallen sind. Einer davon war sehr beliebt bei Kollegen Kukacka, der immer davon gesprochen hat, welch knappes Gut Radiofrequenzen in diesem Land sind. – Das ist schon richtig, sie sind ein knappes Gut. Gerade deswegen verstehen wir nicht, Herr Kollege, warum man zwei Jahre lang dem ORF Überversorgungen und Mehrfachversorgungen zugesteht, sodaß zum Beispiel Ö3 in Wien auf drei Frequenzen, Österreich-Regional in Wien auf zwei Frequenzen hörbar ist, während Private keinen Platz für die Ausübung ihrer Profession bekommen. Das ist wirklich unverständlich, das ist nicht wirtschaftlich, und wir werden uns ganz gezielt und weiterhin dagegen wehren, daß es zu derartigen Gesetzen so einfach kommt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Warum wir Freiheitliche dem Ganzen nicht zustimmen, hat ein paar Gründe, die ich aufzählen will: Die erste Frage ist: Warum – das ist eine ganz einfache Frage, die wir seit Jahren stellen – gibt es bis heute keine bundesweite Frequenz?

Die zweite Frage lautet: Warum muß man Regionalradio nach Bundesländergrenzen vergeben? Warum nicht nach Senderstärken? – Natürlich darum, um eines zu gewährleisten, nämlich die proporzmäßige Absicherung, die Einflußnahme der Landesregierungen und der dort herrschenden Regierungsparteien.

Die dritte Frage, die sich stellt, ist: Warum erhält Wien zwei Regionalradiofrequenzen, während alle anderen Bundesländer nur eine Regionalradiofrequenz bekommen? Wer nimmt sich das "Kraut" heraus zu sagen: Die Wiener sind die besseren Radiohörer, die können wir mit zwei Privatradiofrequenzen oder Regionalradiofrequenzen zulassen, aber in allen anderen Bundesländern sperren wir das ab, da machen wir nur eine einzige Frequenz!?

Die Antwort liegt auf der Hand: Zwei Frequenzen in Wien und acht weitere Frequenzen in den anderen Bundesländern ergibt zehn, und zehn ist durch zwei einfach leichter teilbar als neun, und der Grund dafür ist wiederum beim Proporz zu suchen. (Abg. Haigermoser: "Ah, Schurke!")

Der vierte Grund, warum wir dem Ganzen nicht zustimmen können, ist die parteipolitische Vergabebehörde. Man hat in der neuen Regierungsvorlage den Proporz noch weiter festgeschrieben. Man hat die Besetzung der Regionalradio- und Kabelrundfunkbehörde noch enger und noch proporzmäßiger dargestellt. Und daß dies wiederum nicht nur aus unserer Sicht ein Problem ist – man sollte in der Zukunft darauf schauen, eine von parteipolitischer Einflußnahme unabhängige, aus Fachleuten bestehende österreichische Medienanstalt zu installieren, die derartige Dinge überwacht beziehungsweise Frequenzen vergibt –, das geht auch aus der Beurteilung dieser Gesetzesvorlage durch die niederösterreichische Landesregierung eindeutig hervor. Da heißt es unter dem Titel "Behördenstruktur": Trotzdem fehlt jedoch nach wie vor eine Medienanstalt, die wie in allen anderen europäischen Ländern für eine kontinuierliche Entwicklung des Privatrundfunks sorgen könnte. Unterzeichnet: Landeshauptmann von Niederösterreich Erwin Pröll. (Abg. Haigermoser: Ah, interessant!)  – Meine sehr geehrten Damen und Herren, diesbezüglich steht die Opposition mit ihren Forderungen wirklich nicht alleine da, auch von den Ländern werden derartige Dinge unterstützt.

Zum zweiten Teil der Regierungsvorlage: Kabel- und Satelliten-Rundfunkgesetz. Man kann sich die Frage stellen, warum es das Gesetz überhaupt gibt. Das Kabel- und Satellitenfernsehen


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funktioniert derzeit, im gesetzesfreien Raum, bestens in Österreich. Ich glaube, daß das ein ganz entscheidender Hinweis darauf ist, daß so wenig Reglementierung wie möglich den Markt am besten regelt.

Es stellt sich die Frage an den Herrn Staatssekretär – sie wurde auch im Ausschuß gestellt –: Warum gibt es bis heute kein Privat-TV-Gesetz? Warum ist es in Österreich bis heute niemandem möglich, Privat-TV zu betreiben? Auch das ist eindeutig menschenrechtswidrig. Auch hierzu bringe ich wieder die Stellungnahme der niederösterreichischen Landesregierung: Darüber hinaus wird zum vorliegenden Entwurf kritisiert, daß terrestrisches Fernsehen und Satellitenfernsehen einem eigenen Gesetz vorbehalten bleibt, das heißt, weiterhin verboten sein soll. Dieses Verbot widerspricht nach Auffassung der niederösterreichischen Landesregierung eklatant dem Grundrecht auf Rundfunkfreiheit und widerspricht eindeutig dem Artikel 10 der Menschenrechtskonvention. Wieder unterzeichnet: Niederösterreichische Landesregierung, Landeshauptmann Pröll.

Ich glaube, das meiste ist gesagt. Es ist vielleicht noch die Vorgangsweise im Ausschuß zu bekritteln. Als unser Verfassungsrechtsexperte, Kollege Krüger, der sich auch noch zu Wort melden wird, die Verfassungskonformität dieser Vorlage neuerlich in Frage gestellt hat, hat Kollege Cap von "Herumfummeln" gesprochen: Da werde schon wieder herumgefummelt und zerstört. – Herr Kollege Cap, ich möchte Ihnen von hier aus sagen: Das ist kein Herumfummeln, sondern nur ein Hinweis darauf, daß sich ausgegrenzt oder ausgeschlossen fühlende Unternehmer, die nicht zum Zuge kommen, eben den Weg zum Verfassungsgerichtshof beschreiten werden und damit wieder einiges hintangehalten wird.

Die Frage stellt sich, ob das nicht gewollt ist, ob das von Ihnen ... (Abg. Mag. Kukacka: Wieder Privatradio verhindern für die nächsten Jahre!) – Nein, Herr Kollege, nicht wir verhindern Privatradio! Machen Sie ein anständiges Gesetz, machen Sie ein menschenrechtskonformes Gesetz, gegen das sich niemand auflehnt, dann wird niemand zum Verfassungsgerichtshof rennen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Genau das ist der Punkt. Und solange Sie dazu nicht fähig sind, bleibt ein Vorwurf beziehungsweise ein Verdacht im Raum stehen (Abg. Mag. Kukacka: Abwarten!), nämlich daß Sie eigentlich wollen, daß außer dem ORF niemand sendet, daß man Gesetzesvorlagen derart dilettantisch darstellt wie diese, um sie dem Verfassungsgerichtshof auszuliefern und damit aufgrund von Aufschiebungen weiteres Radio und weitere Medien in Österreich verhindert werden. Das liegt in Ihrer Verantwortung.

Das Ganze wäre vielleicht ein kleiner Schritt gewesen, ein ganz kleiner Schritt vom Mediensteinzeitalter in Österreich zum Medienmittelalter, also noch weit von dem entfernt, was möglich wäre – wenn der Verfassungsgerichtshof nicht wäre.

Ich möchte meine Rede jetzt beenden. Wir bringen zur Regierungsvorlage einen Entschließungsantrag und zwei Abänderungsanträge ein, die mein Kollege Dr. Krüger verlesen wird. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

20.25

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Die nächste Wortmeldung liegt von Herrn Abgeordneten Dr. Cap vor. – Bitte.

20.25

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Es ist schon traurig, wie die medienpolitische Diskussion abläuft, aber noch trauriger ist, daß seitens der Opposition, wie es mein Vorredner gerade bewiesen hat, einfach keine konstruktiven Vorschläge kommen. Sich hier herzustellen und immer nur Proporzgeschrei zu machen, anstatt sich mit der Sache selbst auseinanderzusetzen, ist absolut nicht dienlich.

Es hat wirklich das Bemühen gegeben, möglichst rasch privates Radio in Österreich möglich zu machen (Abg. Mag. Peter: Möglichst rasch?), und wir sind darüber ganz besonders unglücklich, daß es Investitionen gegeben hat und deswegen Verluste gemacht wurden. Ich habe anläßlich


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der Diskussion über den damaligen Beschluß des Regionalradiogesetzes sogar noch gesagt, der Verfassungsgerichtshof hat entschieden, und rechtlich ist es zu respektieren. Aber genauso kann man auch kritisieren, daß es zu dieser Entscheidung gekommen ist, und ich bin nach wie vor der Meinung, daß auch die erste beschlossene Vorlage eine sehr gut ausgearbeitete, eine sehr sinnvolle war.

Wenn jetzt die Kritik kommt, aufgrund des Proporzes gibt es nur 10 Regionalfrequenzen und daher nur 10 Lizenzen, dann wird übersehen – und wahrscheinlich ist das meinem Vorredner auch kein besonderes Anliegen –, daß das notwendig ist, damit eine ausreichende Anzahl an Frequenzen vorhanden ist, um Lokalradio betreiben zu können. Sie werden ebenfalls die Petitionen der diversen potentiellen Lokalradiobetreiber in Ihr Postfach hier im Parlament bekommen haben, die sich Sorgen gemacht haben, ob man auch wirklich Lokalradio betreiben kann, auch das berühmte nichtkommerzielle Lokalradio, was auch immer das in der Praxis sein mag. Es hat diese Sorge gegeben, daher diese Regelung. Deswegen gibt es auch keinen strikten Versorgungsplan, sondern es steht buchstäblich alles, was nur technisch an Frequenzen möglich ist, zur Verfügung, damit man Radio im lokalen Bereich betreiben kann.

Jetzt soll es einen Wettbewerb geben, und dieser Wettbewerb wird dazu führen, daß dann eben viel an Lokalradio möglich ist. Also die Parole "Laßt tausend Blumen blühen" ist wirklich aufgegangen, und ich denke, daß das auch die Möglichkeit dazu gegeben hat.

Zur Diskussion im Ausschuß: Duales System und Privatisierung hört sich ja ganz gut an, aber auch aus dem Medienbereich wird gerade da die Ordnungspolitik eingefordert im Hinblick auf Konzentrationen, denen wir übrigens mit der Regelung 26.10.10 der Vorlage neben den kartellrechtlichen Regelungen ohnehin schon einen Riegel vorgeschoben haben. Und wenn Ordnungspolitik Sinn macht, dann muß die Politik natürlich auch eingreifen. Sie schildern die berühmte Medienanstalt, in der unabhängige Experten sitzen. – Abgesehen vom Begriff "Anstalt", der ein mäßig attraktiver ist, möchte ich sagen: Das schaue ich mir an, wer da wirklich drinnen sitzt: Da sitzen dann halt die Abgesandten von Murdoch, von Bertelsmann, von Leo Kirch und was weiß ich, wer aller Interesse hat. Und die bestimmen dann! Tun Sie doch nicht so, als wäre das Privatradio dann eine völlig wertfreie Angelegenheit, wo man überhaupt nichts zu regeln hätte. Enden wird das mit einer totalen Monopolstellung eines Privatbetreibers. Ich weiß nicht, was daran so attraktiv sein soll.

Wenn man Ordnungspolitik im Medienbereich ernst nimmt, dann hat man sich darüber Sorgen zu machen und darüber nachzudenken – und genau das, glaube ich, ist mit dieser Vorlage im Endeffekt auch geschehen. Daher meine ich, man soll natürlich auch die Debatte über potentielle Medienkonzentrationen, über Gefährdungen führen, soll über Verbesserungen nachdenken, aber man muß sich bewußt sein, daß das etwas ist, das in der Diskussion immer präsent sein sollte.

Und weil immer auf den ORF losgegangen wird: So mancher Oppositionsredner, auch mein Vorredner, entwickelt ein etwas seltsames Verhältnis dem ORF gegenüber. Österreich befindet sich in einer Situation höchster Konkurrenz mit internationalen Medienunternehmen, und daher ist es nur richtig im Sinne unseres Kulturverständnisses, der Wahrung unserer Kulturidentität, dafür zu sorgen, daß der ORF Bedingungen vorfindet, die ihn konkurrenzfähig machen.

Das geschieht durch das Management, das dafür sorgt, daß es die entsprechenden Reformen innerhalb des ORF gibt. Wir haben dafür gesorgt, daß – sei es bei den Werbezeiten, sei es bei den Gebühren – die entsprechenden Voraussetzungen gegeben sind. Aber das alles wird auch noch zuwenig sein, und daher strengt sich der ORF ganz besonders an – im Programmbereich, im Bereich der neuen Geschäftsfelder und in vielen anderen Bereichen –, um konkurrenzfähig zu sein.

Was spricht dagegen, wenn ein Land wie Österreich eine starke, große, konkurrenzfähige öffentlich-rechtliche Einrichtung wie den ORF hat? Was spricht da dagegen? Ich verstehe das nicht. Oder ist Ihnen die österreichische Kulturidentität kein Anliegen? Dann müssen Sie es aber bitte sagen. Was ist Ihr Konzept, wenn Sie für die Art von Dualismus sind, für die Sie, Herr


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Abgeordneter Meischberger, vorhin in Ihrer Rede eingetreten sind? – Also ich glaube, das sind Aspekte, die von ganz, ganz großer Bedeutung sind und ich meine, daß das Regionalradiogesetz – und das war ja damals der Auftrag, ein solches zu erstellen – optimale Lösungen dafür beinhaltet.

Und weil Sie immer über die Bundesfrequenz jammern, sage ich Ihnen folgendes: Man kann durchaus Übereinstimmungen zwischen den einzelnen Regionen und Regionalradioeinrichtungen herstellen. Man kann ja zeitgleiche Übernahmen von Sendungen durchführen, es kann Durchschaltungen geben. Also gar so ein Aneinandervorbeileben ist da mit Sicherheit nicht gegeben. Daher denke ich, man sollte dem positiv gegenüberstehen und nicht schon wieder ankündigen, alles zu versuchen, damit ja wieder eine Barriere errichtet werden kann und es dann unter Umständen wieder nicht rechtzeitig dazu kommt, daß die Privatbetreiber endlich Privatradio in Österreich – in allen Regionen und im gesamten Lokalbereich – betreiben können.

Zur zweiten Vorlage möchte ich nur sagen: Wir können stolz darauf sein. Es ist eines der liberalsten Gesetze. Es ist nur notwendig, anzuzeigen, daß die gesetzlichen Voraussetzungen gegeben sind, im Kabelbereich tätig zu sein. Es ist keine Genehmigung notwendig, und das ist wirklich sehr, sehr liberal. Ich glaube, man muß betonen, daß diese Vorlage daher ebenfalls ein Fortschritt ist.

Es bleibt daher zu hoffen, daß beide Vorlagen wirklich die Rahmenbedingungen schaffen, die nötig sind, damit optimale Fortschritte im Radiobereich, im Kabelbereich im Sinne einer Privatisierung gemacht werden. Ich halte das für eine wesentliche Voraussetzung dafür, daß es so rasch wie möglich auch zu einem Privatfernsehgesetz kommen wird – und es wird rasch dazu kommen. Ich meine also, daß wir auf dem richtigen Weg sind, und ich habe eigentlich nur Unverständnis für jene Art von Kritik der Opposition, die diesbezüglich bis jetzt geäußert wurde. (Beifall bei der SPÖ.)

20.33

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Kier. – Bitte.

20.33

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Kollege Cap hat es schon schwer. Es ist halt unangenehm, wenn man Argumente so schwungvoll vorbringen muß und selbst ganz genau weiß – er ist ja fachlich gut informiert –, daß all das, was man gesagt hat, zwar nicht falsch ist, aber auch nicht vollständig.

Zum Beispiel ist das vielgelobte Kabel- und Satelliten-Rundfunkgesetz in diesen Dimensionen, die Sie genannt haben, natürlich sehr liberal. Da widerspreche ich Ihnen nicht. Es hat aber einen maximalen Schönheitsfehler und zeigt vielleicht auch, Herr Kollege Cap, daß Sie mit dem Begriff "liberal" ausschließlich eine Dimension des Problems verbinden, nämlich den freien Zugang und die mangelnde Lizenzierung – das ist alles super –, aber die kartellrechtliche Seite, die Aspekte der Medienkonzentration, die ein Liberaler nie zugelassen hätte, die findet sich dort auch. Daher ist zwar der Zugang in dem Gesetz liberal, das Gesetz selbst leider aber nicht. Es mangelt ihm an dem Gesichtspunkt, daß wir eben bestimmte Medienkonzentrationen nicht noch kraft Gesetz fördern sollten, sondern diese zur höheren Ehre insbesondere der Vielfalt und der Medienfreiheit stärker begrenzen müßten, als es der Fall ist. Und deswegen ist es vorne ein hübsches Gesetz und hinten leider ein häßliches. (Beifall beim Liberalen Forum sowie der Abg. Mag. Stoisits. )

Ich räume ein, daß das Positive an dem Gesetz schon sehr bemerkenswert ist. Sich immerhin zu entschließen, auf Lizenzierungsverfahren zu verzichten, ist in der Republik Österreich nicht selbstverständlich.

Ich wende mich jetzt aber dem Regionalradiogesetz zu. Dort ist die Sache noch weniger stimmig, weil dort ist einer der zentralen Drehpunkte des Problems genau auch diese Frage der Medienkonzentration. Und wenn Sie davon sprechen, Kollege Cap, daß man das später nachbessern kann, dann sage ich Ihnen: Wenn man schon zum Zeitpunkt der Beschlußfassung erkennt, daß man es später nachbessern kann, und dabei mitschwingt – sozusagen als schmerz


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stillendes Element der Argumentation –, daß man es auch nachbessern wird , dann heißt das eigentlich, daß man es von vornherein nicht so hätte machen sollen.

Auch da ist wieder die Begrenzung der Konzentration mißlungen. Und ich fürchte, wir werden eine Situation haben wie seinerzeit, als wir ein Kartellgesetz beschlossen haben zu einem Zeitpunkt, als die Medienkartelle bereits gebildet waren, und dann haben wir uns rechtsstaatlich sozusagen damit abfinden müssen, daß man rückwirkend nichts ändern kann, wenngleich ich Ihnen sage: Die Einführung strengerer Vorschriften, die zum Beispiel kartellmäßige Beschränkungen beinhalten, bedeutet noch nicht unbedingt Rückwirkung – wenn man Entflechtung verlangt und Übergangsfristen macht.

Aber hier haben wir wieder ein solches Problem. Vom Rednerpult aus räumen Sie ein, daß das möglicherweise verbessert werden kann – in Klammern: sollte. Warum beschließt man es dann in der falschen Dimension? Warum springen wir dann nicht gleich ins kalte Wasser und schwimmen auf die andere Seite, statt zu hoffen, daß wir am Ufer sitzenbleiben können, bis irgendwer eine Brücke baut, und sei es die EU? (Abg. Dr. Cap: Panta rhei!)

Ja, panta rhei. Aber wenn wir in dieser Frage, die wir autonom entscheiden können – und Regionalradio ist ja wirklich kleinräumiges, auf das Gebiet der Republik Österreich beziehungsweise ihrer Bundesländer zurückgezogenes Radio –, die Hoffnung darauf setzen, daß die EU eine Regelung schafft, wonach wir unsere Regelung ändern müssen, weil sie eben kartellrechtlich bedenklich ist, dann möchte ich schon wissen: Warum machen wir nicht den Vorreiter? Warum setzen wir nicht Trends? (Beifall beim Liberalen Forum.)

So habe ich mir unsere Mitwirkung in der EU nicht vorgestellt, daß wir etwas machen und klandestin sagen, naja, zwei Jahre lang geht das noch, aber man weiß nicht, wann sich wer durchsetzen wird, momentan ist es auf EU-Ebene in der Schwebe, und wenn wir Glück haben, geht es gut aus. – Die Frage ist jetzt: Was wäre dann gut? Daß die EU unsere Medienkonzentration durch neue Regelungen aufhebt oder daß sie sie nicht aufhebt?

Wir hätten Trendsetter sein können und dann auch innerhalb der EU bei der Gestaltung dieser Materie darauf hinweisen können, daß wir das schon so gemacht haben und wir die anderen Mitgliedsländer herzlich einladen, daß sie es auch so tun. Jetzt müssen wir dort defensiv sein und womöglich versuchen zu verhindern, daß es besser wird, weil wir uns auf unsere eigene jüngste Beschlußfassung hinweisen lassen müssen.

Wenn Sie versucht haben, die Medienanstalt über das Wort an sich und über die Fachleute, die dort sitzen und die "von Kirch" kommen, schlechtzumachen, um die Regionalradiobehörde damit zu verteidigen, dann sage ich Ihnen: Die Regionalradiobehörde kann man nicht damit verteidigen, indem man ein Szenario malt, das, wenn es so wäre, wie Sie sagen, sicher nicht gut wäre, weil auch die Regionalradiobehörde sicher nicht gut ist. Das wissen wir jetzt schon. Wir wissen, daß sie nach parteipolitischen Mechanismen arbeiten wird, und das ist das Gegenteil von Presse- und Meinungsfreiheit. Das ist interessengebundene Politik, und zwar parteipolitisch interessengebundene. Und das ist genau einer der Aspekte, warum die Bürger in diesem Land verdrossen sind: weil die Parteien sich Einfluß arrogieren, wo sie ihn sich nicht arrogieren sollten.

Parteien sollen politischen Einfluß haben. Sie sollen als Fraktionen stark sein, aber sie sollen nicht überall die Finger drinnen haben. Und deswegen waren wir der Meinung, daß eine unabhängige Medienanstalt besser wäre. Natürlich kann auch eine unabhängige Medienanstalt mißlingen, wenn man die falschen Leute hineinsetzt. Da haben Sie recht, das ist möglich – aber es ist nicht zwingend. Wenn man sie hingegen parteipolitisch konstruiert, ist der Defekt zwingend eingebaut – nicht, weil es keine Fachleute oder schlechte Leute sind, sondern weil sie loyalitätsmäßig an ihre Parteien gebunden sind und nicht an den Auftrag Regionalradio. Das ist das Problem! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Da die Parteien die Leute hineinsetzen, also ihre eigenen Leuten sozusagen, nehmen sie sie auch nicht heraus, wenn etwas nicht funktioniert. Das zeigt sich überall, wo das so ist. Das war die Tragödie der verstaatlichten Industrie, das ist die Tragödie der Elektrizitätswirtschaft und so weiter und so fort. Wenn ich hingegen einen unabhängigen Fachmann nehme und feststelle,


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daß ich mich in seiner Auswahl geirrt habe, dann habe ich keine Loyalitätsrückkopplung. Dann wechsle ich ihn aus. Aber meinen eigenen Parteigänger, den wechsle ich nicht aus, und genau aufgrund dieser Mechanismen sind wir der Meinung, daß das nicht gut ist. (Abg. Dr. Cap: Parteien raus?)

Nein, ich verteufele die Parteien nicht, ich gehöre ja selber einer Partei an. Das Liberale Forum ist eine Partei, ist auch eine Fraktion in diesem Haus. Aber das heißt nicht, daß ich es für richtig hielte ... (Abg. Schieder: Sie haben ja schon mehr Erfahrung, das ist ja schon die zweite Partei, der Sie angehören!)

Herr Kollege Schieder! Ich halte es trotzdem nicht für richtig, die innere Kontrolle dadurch zu entfernen, daß eine doppelte Loyalitätsbindung in das System eingebaut wird. Das eine ist die sichtbare Loyalität der Funktion Regionalradiobehörde, und das andere ist die unsichtbare Loyalität, die parteipolitische Rückkoppelung und Bindung. Beide Loyalitäten sind an und für sich in Ordnung. Aber wenn sie deckungsgleich übereinander liegen, dann sticht der Obere den Unteren, und die parteipolitische Loyalität ist die stärkere, glauben Sie mir das, weil sie ist die existenzbegründende. Glauben Sie mir das! (Beifall beim Liberalen Forum. – Abg. Schieder: Es verlassen auch Leute die Partei!)

Deswegen meine ich, daß man da ein gewaltenteilendes Prinzip und eine Selbstbeschränkung braucht, weil den letzten Einfluß hat immer noch die Politik. Wir machen die Gesetze, und es sind Parteien, die hier im Parlament sitzen. Also die Politiker bestimmen ohnedies die Regeln, und wenn sie schon die Regeln bestimmen, müssen sie nicht auch noch alle Mitspieler aufs Spielfeld setzen. (Abg. Dr. Cap: Das ist doch ein metaphysischer Zugang!) Das wäre so, als ob man sagen würde, ein Fußballspiel funktioniert nur dann, wenn die Schiedsrichter auch mitspielen. Das ist nicht wahr. Denn dann hat nämlich eine Mannschaft plötzlich zwölf und die andere elf Leute, und wenn ich die Outwachler noch dazunehme, hat eine vielleicht dann 13 und die andere nur elf, und es wird allgemein vom Publikum als ungerecht empfunden. Glauben Sie mir das, es würde als ungerecht empfunden werden, wenn eine Mannschaft 13 Spieler hat und die andere nur elf. (Abg. Dr. Cap: Wo sind die interesselosen Experten? Sagen Sie mir einen interesselosen Experten!)

Herr Kollege Cap! Das ist das Problem, und deswegen möchte ich sagen: Verteufeln Sie nicht die unabhängige Medienanstalt anhand der Möglichkeit, daß Kirch vielleicht jemanden drinnen sitzen hat, wenn Sie eine Konstruktion haben, wo lauter Kirchs lauter Leute hineinschicken. Nur heißen die Kirchs in dem Fall Partei, und die Experten sind von der Partei. (Abg. Dr. Cap: Kier raus, Kirch rein!) Ich meine, dort ist es institutionalisiert und dort könnte es mißlingen. Herr Kollege Cap, Sie werden mich nicht überzeugen können, daß Autokratie besser ist als Gewaltenteilung. Das wird Ihnen nicht gelingen! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Wenn sich außerdem im ganzen Gesetzestext eine Begrifflichkeit wie "freie nichtkommerzielle Radios" nicht findet – ich hänge jetzt nicht am Wort –, also die einzigen Player in diesem Spiel, die sozusagen keine Lobby haben, dann wird man natürlich stutzig, und das wird man auch, wenn pro Bundesland letztendlich nur ein Regionalradio vorgesehen ist. (Abg. Schieder: Letztanfanglich!) Es gibt Hoffnung, daß es besser werden könnte, weil immerhin – und das gestehe ich durchaus ein – wurde ein Fortschritt erzielt in den politischen Gesprächen: Der Grundversorgungsplan ist gefallen. Es werden jetzt alle verfügbaren Frequenzen auf den Markt kommen, und das lobe ich durchaus, die Chancen sind dadurch größer.

Aber ganz zufrieden kann man damit auch nicht sein. Der konsequente Schritt wäre gewesen, sich auch zum Grundsatz der langfristigen Frequenzplanung zu bekennen. Sie erinnern sich an den Schweizer Experten, er hat das ganz klar ausgeführt. Ich sehe nicht deutlich genug, daß diese Gesichtspunkte von Ihnen hinlänglich berücksichtigt worden sind. Wenn man nämlich Frequenzen einmal vergeben hat, kann man sie schwer zurückrufen, das wissen Sie ja, weil dann kommt zu Recht oder zu Unrecht der Aspekt der wohlerworbenen Rechte auf den Tisch, und dann hat man ein Problem.

Daß die journalistischen Mitarbeiter nur rudimentär erwähnt sind, nämlich indem es die Auflage gibt, daß binnen Frist ein Redakteurstatut geschaffen werden muß, das erwähne ich bewußt hier


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von dieser Stelle aus, weil das haben wir in den Ausschußsitzungen vorgebracht. Ich hatte vorübergehend den Eindruck, das fällt auf fruchtbaren Boden. Es hat sich nicht wirklich durchgesetzt. Jetzt kombinieren Sie aber zwei giftige Aspekte: die Medienkonzentration und die mangelnde Absicherung der Pressefreiheit der Journalisten.

Ich nehme den Prototyp eines Bundeslandes X oder vielleicht V her. Dort gibt es eine beherrschende regionale Zeitung, die einen Deckungsgrad des Bundeslandes hat, der sich von 100 Prozent nur unwesentlich unterscheidet. Sie ist maßgeblich in Ihrem Sinn am regionalen Radio beteiligt, hat alle Bezirkszeitungen in der Hand, und dort arbeitet ein Journalist, der dem Herausgeber nicht gefällt. Er kann nicht einmal den Arbeitsplatz wechseln – er muß auswandern. Das finde ich nicht gut, weil das zwingt die Leute zu einer vorauseilenden Unterwürfigkeit bei der Wahrnehmung eines Berufes, der darauf angewiesen ist, daß die Menschen, die ihn ausüben, mit aufrechtem Gang arbeiten können. Es ist schwer genug, unabhängigen Journalismus zu betreiben. (Abg. Dr. Schmidt: Wie der Fall Broukal gezeigt hat!)

Es zeigt sich, daß diese Dinge unter Umständen sehr schnell zu einer auf political correctness hin bezogenen, vermeintlichen Höflichkeit führen – weil Höflichkeit und Unhöflichkeit dann zu Kategorien der journalistischen Wahrnehmung werden; aber das kann eine Stilfrage sein, und wenn jemand unhöflich war, dann war er vielleicht eben einfach unhöflich. Aber deswegen war er als Journalist doch nicht schlecht. Wenn das dann System wird, dann ist das schlecht, und wenn der große Prototyp ORF vorführt, wie man das macht, dann werden das die kleinen Privaten, die Sie ja auch sehr skeptisch betrachtet haben, Herr Kollege Cap, gerne nachmachen. Sie werden sagen: Im öffentlich-rechtlichen Rundfunk kommt das alle Tage vor, was werfen Sie uns das vor? – Und das ist nicht gut.

Die Journalistengewerkschaft hat diesbezüglich eindeutige Positionen bezogen. Ich berufe mich gar nicht darauf, aber sie sind so eindeutig gewesen, daß man einfach nur sagen kann: So ist es. Ob man jetzt in der Gewerkschaft ist oder ein Medienkonsument oder ein Abgeordneter in diesem Parlament, man muß sagen: Sie haben recht. Wir haben ohnedies einen sehr verknappten Arbeitsmarkt für Journalisten. Das ist eines der Probleme in diesem Land. Wechseln Sie einmal den Arbeitsplatz als Journalist, das ist gar nicht so einfach. Da zerstören wir Alternativen durch zu enge Grenzen.

In diesem Sinne werden Sie sich nicht wundern, daß wir mit dem Gesetz keine Freude haben.

Wenn außerdem eine solche Gefälligkeitsbestimmung enthalten ist wie der § 7 mit dem Werbeverbot, mit werbefreien katholischen Feiertagen, dann muß ich sagen, ich habe gedacht, die Zeit der Staatsreligionen ist überwunden. Wenn Sie das in einem öffentlich-rechtlichen Rundfunk machen, als eigene Innenbeschränkung, bin ich völlig damit einverstanden, weil es ist auch ein Element der Kultur und des Umganges miteinander. Und wenn der öffentlich-rechtliche Rundfunk einen Gesamtanspruch hat, kann man sagen, gut, machen wir das so. Aber wozu braucht man private Radiobetreiber, wenn man sie über staatsreligiöse Vorschriften einschränkt? Ein gut beratener privater Radiobetreiber wird sich nach seinem Publikum richten und daher nicht gerade am Karfreitag provokanterweise besonders witzige Musik spielen, glauben Sie mir das. Aber ihm das per Gesetz vorzuschreiben, ist etwas ganz anderes, und das hatten wir überwunden geglaubt.

Die Journalisten waren Ihnen eine eigene Bestimmung nicht wert – die katholischen Feiertage schon. In diesem Spannungsfeld zeigt sich, daß das offensichtlich wieder einmal so ein typischer Kompromiß dieser Bundesregierung war, bei dem der Kitt wichtiger war als die Substanz. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum sowie der Abg. Mag. Stoisits. )

20.48

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Kukacka. – Bitte.

20.48

Abgeordneter Mag. Helmut Kukacka (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Wenn ich ehrlich sein soll, dann muß ich sagen: Die Stellungnahme des Kollegen Meischberger war etwas enttäuschend: wenig Sachkenntnis, aber viel


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Polemik und Unterstellung statt konstruktiver Kritik und Kontrolle, wie es einer Opposition zustehen würde. Aber auch im Ausschuß haben Sie sich eigentlich sehr destruktiv verhalten und selbst keine Abänderungsvorschläge oder -anträge gebracht, vor allem nicht in jenen Bereichen, die Sie kritisiert haben, zum Beispiel in der Frage, wo und an welchen Stellen dieses Gesetz allenfalls verfassungswidrig wäre – mit dieser Unterstellung wird ja auch ständig gearbeitet. (Abg. Ing. Meischberger: Ist ja nicht wahr! Das ist ja gelogen!)

Nirgendwo ist der Nachweis erbracht worden oder gar ein Abänderungsantrag eingebracht worden, damit das verhindert wird, und deshalb, meine Damen und Herren, Herr Kollege Meischberger, ist diese Kritik unglaubwürdig. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Ing. Meischberger: Ist ja nicht wahr! Stimmt ja nicht!) Das war kein Abänderungsantrag, das war bestenfalls eine generelle Willenserklärung, eine Art von Entschließungsantrag, das wissen Sie gut.

Da lobe ich mir Kollegen Kier. Ich bin mit seinen Ausführungen zwar in vielen Punkten auch nicht einverstanden, aber er hat sich diesem Gesetz doch sehr viel sensibler genähert. Er hat es nicht kategorisch und pauschal abgelehnt, sondern etwas differenzierter betrachtet. (Abg. Dr. Schmidt: Er ist auch sensibler!)

Meine Damen und Herren! Der wichtigste medienpolitische Grundsatz der Österreichischen Volkspartei ist die Erhaltung und die Erweiterung der Medien- und Meinungsvielfalt in unserem Land, und mit diesem Gesetzesbeschluß kommen wir diesem Grundsatz wieder ein Stückchen näher, und das begrüßen wir an diesem Gesetz besonders. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Für uns jedenfalls ist es ordnungspolitisch auch wünschenswert, daß durch mehr Vielfalt und durch mehr Wettbewerb, der jetzt entstehen wird, die publizistische Macht insgesamt neutralisiert und die Gefahr der Monopolisierung und der Manipulation und auch der medialen Bevormundung begrenzt wird, weil eben jetzt auch der Konsument die Möglichkeit hat, auf mehr Anbieter zurückzugreifen, und weil sich diese Anbieter im Wettbewerb dem Konsumenten stellen müssen.

Sagen wir es ganz offen: Es geht in der Medienpolitik und in der Medienszene nicht immer nur um hehre Ziele, um die Demokratie, um die Erhaltung der Meinungsfreiheit, sondern es geht auch – das wissen wir doch alle – um Marktmacht, um Einfluß auf die öffentliche Meinung, um mediale und um politische Zukunftschancen. All das steht bei diesem Thema auch auf dem Spiel, und deshalb ist dieses Thema so diffizil.

Es geht dabei unserer Meinung nach – in der Politik sollte es zumindest darum gehen – prioritär um die weitere Entwicklung unserer Demokratie, denn Medien, ihre Inhalte, ihre Informationen, die sie verkaufen und mit denen sie handeln, sind nun einmal nicht irgendwelche Waren, wenngleich sie zunehmend aufgrund der Boulevardisierung schon marktschreierisch angeboten werden, sondern müssen für uns noch immer sensiblere Produkte sein als Waschmittel.

Helmut Schelsky, der bekannte deutsche Soziologe, hat – darauf habe ich schon einmal hingewiesen – wohl etwas zuspitzend, aber doch zutreffend gesagt, daß die Information heute zum entscheidenden Produktionsmittel in der Gesellschaft geworden ist und die potentielle Monopolisierung dieser Information, dieses Produktionsmittels, die aussichtsreichste Form politischer Herrschaftsdurchsetzung ist.

Meine Damen und Herren! Diese Tendenzen müssen wir ganz kritisch beobachten und ihnen auch entgegensteuern. Die Schaffung von mehr Wettbewerb und einer größeren Vielfalt gibt uns die Möglichkeit, einer solchen tendenziellen Monopolisierung entgegenzutreten.

Ein Mißbrauch publizistischer Macht kann zum Mißbrauch der Demokratie und damit zur Gefahr für die Demokratie werden, und deshalb ist es ganz wichtig, daß sich die Politik mit großer Sorgfalt diesen Fragen widmet, und das wollen wir von der Österreichischen Volkspartei jedenfalls auch in Zukunft tun.


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Wir von der Volkspartei bekennen uns seit jeher, seit den ersten Medienprogrammen, die wir entwickelt haben, zu einem dualen Rundfunksystem, das heißt, zu einem Nebeneinander von öffentlich-rechtlichem Rundfunk, wie es der ORF ist, und privaten Radio- und Fernsehveranstaltern.

Wir wissen, meine Damen und Herren – und das gestehen wir auch ein –, daß Österreich in Medienfragen der europäischen Entwicklung nachhinkt und daß leider statt des Parlaments der Verfassungsgerichtshof das Tempo bestimmt hat.

Meine Damen und Herren! Aber mit der Beschlußfassung der beiden vorliegenden Mediengesetze gehen wir einen großen und wichtigen Schritt in die moderne Medienzukunft. Für uns ist dabei auch wichtig, daß es damit zu einer Schaffung von Medienarbeitsplätzen in Österreich kommt und daß wir nicht, wie das in den letzten Jahren der Fall war, Medienarbeitsplätze in das Ausland exportieren. Denken wir nur etwa an die vielen Österreicher, die durchaus verantwortungsvolle Positionen, etwa in deutschen Medienanstalten, eingenommen haben. Also auch diese arbeitsmarktpolitische Aufgabe wird mit diesen Gesetzen bewältigt. Das ist, glaube ich, ein großer Schritt in die richtige Richtung. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Wir setzen damit ein klares Signal, daß Österreich auf dem europäischen Wachstumsmarkt "Medien und Telekommunikation" entsprechend partizipieren will. Infolgedessen müssen wir konsequenterweise die nächsten Schritte setzen, nämlich eine Reform des ORF und des ORF-Gesetzes, die Ermöglichung von österreichweitem terrestrischem Fernsehen und letztlich auch – das hat Kollege Kier auch angesprochen – die Schaffung einer unabhängigen Medien- und Telekommunikationsbehörde. Auch das ist uns ein Anliegen. Wir werden die Realisierung dieser Dinge konsequent einfordern.

Es ist für mich immerhin ein Hoffnungszeichen, daß Verkehrsminister Einem heute in einem Interview mit einer Zeitschrift festgestellt hat, daß er sich für den gesamten Bereich der Telekommunikation eine unabhängige Telekommunikationsbehörde vorstellen kann. Er kommt damit unseren Wünschen sehr nahe, und es könnten sich bei der Weiterentwicklung auch die Medien und eine unabhängige Medienanstalt in eine Telekommunikationsbehörde, in eine unabhängige Telekommunikationsanstalt integrieren. Jedenfalls ist das ein richtiger Ansatz, und wir werden ihn daher in der weiteren Diskussion konsequent einfordern. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Es wurde gesagt, dieses Gesetz sei ein ORF-Schutzgesetz. Dem ist nicht so! Dieser Meinung muß ich entschieden widersprechen. Der Wettbewerb mit Privaten wird auch dem ORF in Zukunft nicht über das Blockieren von Frequenzen möglich sein, da auch der ORF – so steht es im Gesetz – von der Überversorgung und der Mehrfachversorgung, wie er sie jetzt durchführt, Abstand nehmen muß. Die Behörde und das Frequenzbüro werden dafür sorgen, daß diese Überversorgung abgestellt wird, und die überzähligen Frequenzen, die dann frei werden, werden privaten Anbietern für lokale Hörfunkprogramme oder für regionale Radioprogramme zur Verfügung gestellt werden. In diesem Zusammenhang von einem Schutz des ORF zu sprechen, ist völlig ungerechtfertigt und entspricht auch nicht den Tatsachen. (Abg. Böhacker: Das glaube ich nicht!)

Meine Damen und Herren! Sie sagen, es werde nur Regionalradio ermöglicht, weisen aber auf der anderen Seite darauf hin, wie erschreckend es für den ORF war, daß er jetzt mit "Radio Melody" und "Antenne Steiermark" große Konkurrenz bekommen und sofort massiv an Reichweiten verloren hat. Das wird dem ORF jetzt in ganz Österreich passieren. Überall dort, wo gute Regionalradios und Lokalradios auftreten, wird das zu Lasten des ORF gehen. Also einen größeren Wettbewerb und auch – wenn Sie es so wollen – einen größeren Nachteil für den ORF als den, der durch diese Gesetzgebung entsteht, kann ich mir gar nicht vorstellen. (Abg. Ing. Meischber


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ger: Sie können es sich gar nicht vorstellen, daß es außer dem ORF ein anderes bundesweites Radio gibt!)

Meine Damen und Herren! Sie bringen hier eine völlig widersprüchliche Argumentation, eine Argumentation, die in sich überhaupt nicht logisch ist. Sie wissen doch auch, daß Regionalradios große Teile ihres Programmes gemeinsam produzieren können. (Abg. Ing. Meischberger: Was heißt "können"? Warum diese Beschränkung?) 60 Prozent des Programms können gemeinsamen produziert werden und werden selbstverständlich auch gemeinsam produziert werden. Was heißt denn das? – Daß auf diese Weise selbstverständlich eine Art überregionales Radio zustande kommen wird. Das sollten Sie eigentlich verstanden haben, wenn Sie dieses Gesetz gelesen haben, Herr Kollege! (Beifall bei der ÖVP. – Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Ing. Meischberger. )

Meine Damen und Herren! Sie haben uns allen mit Ihrem Beitrag zur Kenntnis gebracht, daß Sie auf diesem Gebiet leider wenig Sachkenntnis aufweisen und daß Sie diese wenige Sachkenntnis mit viel Polemik und Unterstellungen überspielen. Das sollte auch aufgedeckt werden. Aber ansonsten, meine Damen und Herren, bin ich ja dem Kollegen Meischberger dankbar dafür, daß er für die Privatisierung und für die Liberalisierung in diesem Bereich so sehr kämpft. Da haben wir ja in ihm auch einen gewissen Partner, denn unser Regierungspartner war in der Vergangenheit ja nicht sehr liberalisierungsfreudig. Das stimmt leider.

Aber immerhin wurde nun – das ist ein Verdienst des neuen Bundeskanzlers – diese Blockade gebrochen. Der Bundeskanzler hat die Junktimierungen, die da immer vorgenommen wurden, beseitigt, und heute kommt es Gott sei Dank endlich zu einem Beschluß. (Präsident Dr. Fischer übernimmt den Vorsitz.)

Drängen Sie weiter, aber machen Sie gute und richtige und sachgerechte Vorschläge, vermeiden Sie – sozusagen immer Ihr Problem –, zu glauben, Sie müßten hier mit überzogenen Polemiken agieren, Sie müßten immer besonders populistisch arbeiten! (Abg. Ing. Meischberger: Die reine Wahrheit sagen!) Versuchen Sie mit uns gemeinsam, in der Sache etwas weiterzubringen! Dann erweisen Sie der Liberalisierung und der Privatisierung der Medien einen guten Dienst. Das wünsche ich mir von Ihnen. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Das Kabel- und Satelliten-Rundfunkgesetz gehört zu den liberalsten Gesetzen in Europa, wenn es nicht überhaupt das liberalste Gesetz ist. (Ironische Heiterkeit des Abg. Ing. Meischberger. ) Wenn Sie lachen, dann kann ich nur sagen: Sie dürften es nicht gelesen oder nicht verstanden haben. Sie konnten hier kein einziges Beispiel bringen, warum es nicht liberal wäre. Es gibt in keinem Land Europas so wenige verwaltungsmäßige Vorschriften wie in diesem Gesetz. Die Zulassung ist nur in ganz wenigen Bereichen beschränkt, ansonsten ist nur die Anmeldung notwendig. Das gibt es sonst nirgendwo in Europa. Das wollte ich Ihnen auch gesagt haben.

Bei diesem Gesetz hat sich die ÖVP auch mit ihrer Ansicht durchgesetzt, daß gleichzeitig mit dem Kabelrundfunk auch der Zugang von Privaten zum Satellitenfernsehen ermöglicht werden soll. Satellitenfernsehen aus Österreich für Österreich, sowohl österreichweit als auch für bestimmte Regionen, wird mit diesem Gesetz ebenfalls ermöglicht – falls Sie das schon bemerkt haben sollten, Herr Kollege Meischberger.

In diesem Zusammenhang möchte ich einen Abänderungsantrag zur Verlesung bringen, der allerdings nur eine redaktionelle Korrektur des Ausschußberichtes mit sich bringt.

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Peter Schieder, Mag. Helmut Kukacka und Genossen zum Ausschußbericht (646 d. B.): Bundesgesetz, mit dem die Bestimmungen über den Kabel- und Satellitenrundfunk erlassen werden (Kabel- und Satelliten-Rundfunkgesetz)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

1. Im § 2 Abs. 1 Z 3 wird dem ersten Satz folgendes zugefügt:

"oder über Satellit".


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2. Dem bisherigen Text des § 3 wird die Absatzbezeichnung "(1)" vorangestellt; folgender Abs. 2 wird angefügt:

"(2) Einer Zulassung bedarf weiters die Weiterverbreitung von nach diesem Bundesgesetz veranstalteten Kabel-Rundfunkprogrammen über Satellit."

*****

Soweit die redaktionelle Veränderung.

Die Verpflichtung für Kabelnetzbetreiber, örtliche und regionale Kabel-TV-Programme verpflichtend übernehmen zu müssen, ist auf das notwendig Maß beschränkt. Aber zwei private Lokalprogramme sind verpflichtend und müssen gegen Entgelt auch zugelassen werden. Das ist eine richtige Regelung, denn Kabelnetzbetreiber sind, wie wir wissen, aus der Natur der Sache heraus lokale beziehungsweise regionale Monopolisten, und man kann es nicht nur ihrer Ingerenz zusprechen, ob und welche örtlichen Kabel-TV-Programme sie zulassen. Es muß eine gewisse Möglichkeit geben, auch auf Kabelmonopolisten einen gewissen Einfluß auszuüben, daß sie auch örtliche Programme zulassen, denn sonst wäre sie die erste und letzte Instanz, zu bestimmen, welches örtliche Kabelprogramm in ihrem Monopolkabel transportiert wird.

Im übrigen sind wir, meine Damen und Herren, der Meinung, daß den sogenannten freien, nicht kommerziellen Radios, aber auch den Minderheiten-Radios kein gesetzlicher Sonderstatus eingeräumt werden soll. Selbstverständlich können sich diese Radios um eine der ausgeschriebenen Frequenzen und Lizenzen bewerben. Eine rechtliche Sonderstellung, wie das verlangt wurde, oder gar eine rechtliche Bevorzugung würde aber gegen das Gleichheitsgebot verstoßen und sofort wieder neue verfassungsrechtliche Probleme aufwerfen. Sollte es wirklich – und darüber muß diskutiert werden, und dazu sind wir auch gerne bereit – eine politische Notwendigkeit für solche Radios geben, so muß diese letztlich im Rahmen des öffentlich-rechtlichen Auftrages des ORF gedeckt werden. Der ORF hat die Möglichkeiten dazu, etwa durch seine vierte Senderkette, die bereits derzeit ein mehrheitlich fremdsprachiges Programm produziert und abspielt, zum Beispiel "Blue Danube Radio" oder "FM 4". Es wäre sehr wohl möglich, daß in bestimmten Regionen Österreichs, etwa in Südkärnten oder im Burgenland, auf dieser Kette auch Minderheiten-Programme, beispielsweise Sprachprogramme, abgespielt werden. Dazu können wir uns sehr wohl verständigen.

Meine Damen und Herren! Damit komme ich zum Schluß meiner Ausführungen. Es gäbe noch viel zu sagen. Der ORF bleibt sicherlich noch in den nächsten zwei, drei Jahren Leitmedium in diesem Land; auch dazu gäbe es einiges zu sagen. Wir von der Österreichischen Volkspartei sind jedenfalls der Meinung, daß der ORF, auch wenn er letztlich eine andere Rechtsform bekommen sollte, auch in Zukunft seinen Schwerpunkt auf sein Selbstverständnis als öffentlich-rechtlicher Rundfunk legen muß. Auch in Zukunft soll er das bleiben, denn alles andere, meine Damen und Herren – und das wird sich auch in Österreich herausstellen – können Privatsender genauso gut, aber dafür gebührenfrei. (Beifall bei der ÖVP.)

Deshalb sind wir der Meinung, daß der ORF auch in Zukunft eine nationale Institution bleiben soll, mit der man sich identifizieren kann, weil sie unverwechselbar und unverzichtbar ist, und zwar im Sinne von österreichisch, im Sinne von objektiv, im Sinne von überparteilich. Das ist aber – auch das erkennen wir – noch eine Zielvorstellung und noch keineswegs tägliche Realität. Aber zumindest eine tägliche Herausforderung sollte und müßte es für ihn auch in Zukunft sein. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)


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21.08

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Abänderungsantrag, den Herr Abgeordneter Kukacka referiert hat, entspricht den Bestimmungen der Geschäftsordnung und steht mit in Verhandlung.

Es liegt der Wunsch nach einer tatsächlichen Berichtigung von seiten des Kollegen Dr. Krüger vor. – Bitte, Herr Abgeordneter.

21.08

Abgeordneter Dr. Michael Krüger (Freiheitliche): Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Abgeordneter Kukacka hat die Behauptung aufgestellt, das vorliegende Regionalradiogesetz sei keineswegs ein ORF-Schutzgesetz. Er hat weiters behauptet, daß der Entwurf zum Regionalradiogesetz das liberalste Mediengesetz Europas sei. (Abg. Schieder: Das ist keine tatsächliche Berichtigung! Das ist ein Debattenbeitrag!)

Ich berichtige tatsächlich, daß der Entwurf zum Regionalradiogesetz sehr wohl ein ORF-Schutzgesetz ist. (Abg. Schieder: Das ist unmöglich!) Es gibt nach wie vor keinen bundesweiten privaten Hörfunk, es gibt nach wie vor nur ein Regionalradio (Abg. Dr. Stippel: Dem gehört das Wort entzogen!) , und von Liberalismus kann da überhaupt keine Rede sein. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Schieder: Peinlich für die Juristen!)

21.09

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir hören uns jetzt noch die nächste tatsächliche Berichtigung , und zwar jene vom Kollegen Meischberger, an. – Bitte, Herr Abgeordneter.

21.09

Abgeordneter Ing. Walter Meischberger (Freiheitliche): Herr Abgeordneter Kukacka hat in seiner Rede behauptet, die Freiheitlichen hätten im Ausschuß keine Abänderungsanträge gestellt. – Wahr ist vielmehr, daß die Freiheitlichen drei Abänderungsanträge gestellt haben, gegen die Herr Kukacka – anscheinend in Trance – gestimmt und sie nicht wahrgenommen hat.

Zum zweiten hat Kollege Kukacka behauptet, die Freiheitlichen hätten keine klare Stellungnahme betreffend ihre verfassungsrechtlichen Bedenken im Ausschuß abgegeben. – Wahr ist vielmehr, daß die Ausführungen gerade des Kollegen Krüger hinsichtlich verfassungsmäßiger Bedenken vom Kollegen Cap im Ausschuß als "geradezu seminaristischer Vortrag" bezeichnet wurden. (Abg. Mag. Kukacka: Unsinn!) – Ich bitte um mehr Aufmerksamkeit in den Ausschüssen. (Ruf bei der ÖVP: Applaus, Freiheitliche! Was ist los?)

21.11

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Stoisits. – Bitte.

21.11

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen! Ich schließe an die tatsächlichen Berichtigungen meiner freiheitlichen Kollegen an, die sich gegen die Meinung des Herrn Mag. Kukacka verwahrt haben, daß sie in den Unterausschuß- und Ausschußverhandlungen nicht allzu konstruktiv mitgearbeitet haben. Das ist insofern nicht richtig, als die Freiheitlichen tatsächlich Abänderungsanträge eingebracht haben, allerdings in letzter Sekunde.

Der Herr Kollege Kukacka hat auch vergessen, daß es bei diesem Regionalradiogesetz und auch bei der parlamentarischen Verhandlung darüber zu einer Vorgangsweise gekommen ist – so etwas ist leider unüblich im Nationalrat –, die es ermöglicht hat, daß Vorschläge der Opposition – in diesem Fall waren es Vorschläge der Grünen – zu sehr produktiven Ergebnissen geführt haben, was in den parlamentarischen Ausschußverhandlungen eine Korrektur, das heißt noch eine Veränderung der Regierungsvorlage zur Folge hatte. Aber es werden von der Regierung Vorschläge, die die Opposition macht, immer noch sehr skeptisch aufgenommen und auch halbherzig behandelt.

Meine Damen und Herren! Durch die Beschlußfassung der heutigen Novelle kommt es zwar zu einer wesentlichen Änderung des noch bestehenden Regionalradiogesetzes durch die Frequenzplanung, aber insgesamt trägt dieses Gesetz trotzdem nach wie vor den Makel einer möglichen Verfassungswidrigkeit. Wenn sich Lokalradiobetreiber bei der Lizenzvergabe übergangen fühlen und den rechtlichen Weg bis hin zu einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof gehen, laufen wir Gefahr, uns der Peinlichkeit auszusetzen, daß dieses heute zu beschließende Regionalradiogesetz wieder vom Verfassungsgerichtshof als verfassungswidrig aufgehoben wird.


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Wir Grünen und ich als Vertreterin im Ausschuß und die von den Grünen nominierten Experten in der Unterausschußsitzung werden ein reines Gewissen haben, sollte es soweit kommen, weil wir Sie nicht nur auf diesen Umstand hingewiesen, sondern sogar eindringlich gebeten haben, den mahnenden Kritikern Gehör zu schenken und ein Regionalradiogesetz zu beschließen, das sozusagen lupenrein ist. Dazu ist es bedauerlicherweise nicht gekommen.

In mehreren Punkten – nicht nur in der Novelle, die hier zur Diskussion steht, sondern auch im bestehenden Regionalradiogesetz – könnte es meiner und vor allem der Ansicht von Radiobetreibern nach, die sich jetzt wieder um Lizenzen bewerben werden, zu Verfassungswidrigkeiten kommen, und zwar vor allem im § 10 des gültigen Regionalradiogesetzes, der sogar aufgehoben werden könnte, und auch in bezug auf die Frequenzen beim Regionalradio Niederösterreich. Das wissen die Kundigen in diesen Fragen ja alle. Das Regionalradio hat Niederösterreich Frequenzen zugeteilt, und dadurch wird es Wiener Lokalradiobetreibern unmöglich gemacht, mehr Frequenzen zu beanspruchen, da es keine freien Frequenzen mehr gibt, weil sie alle von Niederösterreich besetzt sind. Da hätte man sich, um eine etwaige Verfassungswidrigkeit auszuräumen, doch die Mühe machen können, eine andere Zuteilung bei den Frequenzen für das Regionalradio Niederösterreich vorzunehmen und nicht Wien-Kahlenberg.

Diese drei Punkte wollte ich festgehalten haben. Ich hoffe, daß wir uns nicht noch in dieser Legislaturperiode mit einer Novelle des Regionalradiogesetzes werden beschäftigen müssen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es sind in dieser Novelle ein paar Ungereimtheiten enthalten, die man Ihnen durch ein einfaches Schildern der realen Situation nahebringen könnte. Zum Beispiel ist es so – dieses Gesetz ist so mangelhaft –, daß zum Beispiel die Gegend Österreichs, aus der ich komme, nämlich das Südburgenland, keine eigene Lokalradiofrequenz zugewiesen bekommen kann, weil es dafür keine gibt, weil das schon längst sendende Regionalradio Steiermark 51 Frequenzen zugesprochen bekommen hat. Nur fünf davon werden vom Regionalradio "Antenne Steiermark" genützt. (Abg. Mag. Kukacka: Die anderen werden ihm wieder genommen!) Ja, aber erst nach zwei Jahren.

Der Gesetzgeber konnte sich nicht dazu entschließen, eine gesetzliche Verpflichtung zur Zurückgabe dieser Frequenzen zu normieren. Ich habe den Eindruck – und da befinde ich mich in Gesellschaft mit vielen anderen Personen –, daß unser Regionalradiogesetz ein bißchen die Philosophie in sich birgt, daß die Frequenz persönliches Gut eines Radiobetreibers ist. Wenn wir aber, um jetzt beim konkreten Beispiel des Südburgenlandes zu bleiben, im Raum Güssing oder im Raum Zickenbachtal ein Lokalradio haben möchten – dort gibt es konkrete Interessenten, vor allem, was zweisprachiges Radio anlangt –, dann besteht im Moment nur die Möglichkeit, Frequenzen auf freier Vereinbarungsbasis von der "Antenne Steiermark" zu bekommen. Aber es steht der "Antenne Steiermark" auch frei, zu sagen: Ihr bekommt sie, wenn ihr zahlt! Wir, die Inhaber dieses "persönlichen Guts" – unter Anführungszeichen –, bestimmen den Preis! – Mit Meinungsfreiheit und Meinungsvielfalt hat das unserer Ansicht nach nichts zu tun.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! In der heute zu beschließenden Novelle gibt es auch positive Dinge zu vermerken. Die Tatsache, daß es jetzt vor allem im Südkärntner Raum und damit für zweisprachiges Radio, slowenisch-deutschsprachiges oder slowenischsprachiges Radio, möglich sein wird, durch die Bildung einer Senderkette den gesamten Südkärntner Raum zu bestrahlen und damit ein Radio zu betreiben, ist wirklich sehr positiv zu vermerken. Ich bin froh darüber, daß man sich entschließen konnte, diese Möglichkeit zu bieten, weil es dort ja ein konkretes Interesse und Bedürfnis eines Lokalradiobetreibers gibt. Die dort dafür Zuständigen haben alles vorbereitet und wollen nichts anderes als an den Start gehen und senden, sobald sie Lizenzen zugesprochen erhalten haben.

Auch die Verkleinerung der Regionalradiobehörde ist etwas, das unsere Zustimmung findet. Es hat sich die bisherige Zusammensetzung der Regionalradiobehörde, was ihre Größe anlangt, als nicht entsprechend flexibel und effizient erwiesen. Deshalb wurde sie verkleinert. Vor allem der Umstand ist daran positiv zu bemerken, daß man sich dazu durchringen konnte, in einer politisch besetzen Kommission den Mitgliedern etwas aufzuerlegen, was in solchen Kommissionen gar nicht üblich ist, nämlich Berufserfahrung in dem entsprechenden Bereich haben zu


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müssen, um Mitglied dieser Behörde werden zu können. Das ist sicher als positiv zu bezeichnen.

Aber alles hat mehrere Seiten: Die nicht kommerziellen, freien Radios haben keine gesetzliche Erwähnung, keine Definition gefunden. Herr Kollege Kukacka hat das vorhin begründet. Seine Auffassung teile ich jedoch überhaupt nicht.

Herr Kollege Mag. Kukacka! Ihre Ansicht ist, das würde dem Gleichheitsgrundsatz widersprechen, und Sie meinten, eine Ungleichbehandlung von Radiobetreibern sei nicht in Ihrem Sinn. – Dem ist entgegenzuhalten, daß nichtkommerzielle Radioveranstalter keine Werbesendungen ausstrahlen und daß deren Betrieb nicht auf Gewinn ausgerichtet ist. Das schwerwiegende Argument für freie Radios ist ja, daß sie zur freien Meinungsäußerung und zur Meinungsvielfalt in einem Land einen wesentlichen Beitrag leisten. In Abwägung dieser beiden Güter ist es zweifelsfrei so, daß die Meinungsvielfalt und die freie Meinungsäußerung für so viele gesellschaftliche Gruppen wie nur möglich im Mittelpunkt stehen könnten. Wenn kulturelle, soziale Minderheiten und auch ethnische Gruppen – zum Beispiel auch ethnische Gruppen von Zuwanderern, die in Österreich eine neue Heimat gefunden haben – freies Radio betreiben wollen, so ist dies zwar möglich in Österreich, aber nur dann, wenn man auch entsprechende Geldmittel zur Verfügung hat.

Daß die Vorschläge hinsichtlich einer Verankerung der freien Radios in Österreich nicht neu, ungeprüft und ungetestet sind, zeigt sich in Frankreich, wo es solche Regelungen bereits gibt und wo auch das Modell existiert, freie, nichtkommerzielle Radios durch einen sogenannten Radiofonds zu finanzieren. Das heißt, jene, die durch Radio Geld verdienen und sich durch Werbeeinnahmen finanzieren, bezahlen einen bestimmten, nicht hohen, sondern ganz geringen Anteil in diesen Radiofonds ein, um – unter Wahrung des Prinzips der Meinungsvielfalt und der freien Meinungsäußerung – auch nichtkommerziellen Radios ein Leben – in diesem Fall darf man ja nicht "Überleben" sagen – zu sichern.

Daß es diesbezüglich nicht einmal zu einer Ausschußfeststellung gekommen ist, bedauern wir sehr. Man ist unseren Abänderungsanträgen, was diese Frage anlangt, nicht beigetreten. Das ergibt sich schlüssig, wenn man nicht einmal eine Ausschußfeststellung macht.

Es ist vor allem an einer Partei, nämlich der ÖVP, gelegen, daß es nicht dazu gekommen ist. Ich bin darüber deshalb ein bißchen verwundert, weil sich im Begutachtungsverfahren etwas ganz anderes abgezeichnet hat, Herr Mag. Kukacka. So hat zum Beispiel die Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammern Österreichs – diese kann man ja durchaus in Ihr Lager einordnen – in einer Stellungnahme zum Entwurf des Regionalradiogesetzes schlicht und einfach geschrieben: Es gehört sichergestellt, daß neben den Spartenprogrammen auch freies, nichtkommerzielles Radio Sendelizenzen erhält. – Gezeichnet ist diese Stellungnahme mit: "Der Präsident: Schwarzböck." (Abg. Mag. Kukacka: Freie Radios können sich ja bewerben!)

Herr Präsident Schwarzböck ist ja ein Kollege von Ihnen. Ich weiß nicht, ob er tatsächlich der Auffassung ist, die der Mediensprecher Ihrer Fraktion hier zum Ausdruck gebracht hat. Ich habe den Eindruck, daß man sich mit den Anliegen der freien, nicht kommerziellen Radios in der ÖVP-Fraktion viel zuwenig beschäftigt hat und daß es diesbezüglich Ängste gibt, die mir deshalb so seltsam erscheinen, weil es doch um nichts anderes als um Vielfalt – und nicht um Einfalt, Herr Kollege Kukacka! – geht. (Abg. Mag. Kukacka: Die Vielfalt ist gewahrt! Es geht um rechtliche Bevorzugung!)

Abschließend noch ein Wort zum Kabel- und Satelliten-Rundfunkgesetz. Die Kritikpunkte, die Herr Dr. Kier hier vorgebracht hat bezüglich des nicht generell vorgeschriebenen Redaktionsstatuts, unabhängig von der Anzahl der redaktionellen Mitarbeiter, sind für mich kein Indiz, das Positives für die Zukunft verheißt.

Dieses Kabel- und Satelliten-Rundfunkgesetz ist deshalb so bedeutsam, weil es ja als eine Art Muster für das künftige Privat-TV und für die Bestimmungen betreffend Privatfernsehen in Österreich anzusehen ist. Es ist dabei so ähnlich wie beim Regionalradiogesetz, nämlich daß die Beteiligung von Printmedien zwar der Höhe nach beschränkt ist, aber grundsätzlich die


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Lizenzvergabe – so wie im Regionalradiogesetz, und an das hat man sich beim Kabel- und Satelliten-Rundfunkgesetz ja angelehnt – auch an Unternehmen erfolgen kann, an denen marktbeherrschende Printmedien beteiligt sind. Das ist für mich kein Fingerzeig, daß man die bereits bestehende extreme Medienkonzentration in Österreich lockert oder entschärft, sondern genau das Gegenteil ist der Fall: Es wird zu einer weiteren, absoluten Verschärfung der Medienkonzentration in Österreich kommen.

Ein Punkt, für den ich – abgesehen vom Redaktionsstatut – kein Verständnis aufbringe, ist die Tatsache, daß sich zwar der ORF per Vertrag verpflichtet hat, dem Filmförderungsfonds jährlich einen meiner Ansicht nach nicht zu hohen, aber doch stattlichen Betrag zur Verfügung zu stellen, um österreichische Produktionen zu fördern, um damit in weiterer Folge natürlich auch Arbeitsplätze in der Filmbranche zu sichern, man aber dies den Betreibern im Kabelbereich nicht als Verpflichtung auferlegt. Das ist nicht nur deshalb bedauerlich, weil es kein Geld gibt, sondern weil das auch eine gewisse Konkurrenzverzerrung gegenüber dem ORF darstellt. Ich glaube, daß diese Verpflichtung unbedingt hätte aufgenommen werden müssen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Tatsache, daß es durch eine nicht gewissenhafte, mangelhafte Beschlußfassung des Regionalradiogesetzes zu einer Verzögerung der Liberalisierung auf dem Radiosektor in Österreich von mehreren Jahren gekommen ist, ist kein Ruhmesblatt für dieses Haus. Ich hege die Befürchtung, daß auch dieses Gesetz, dem Sie ja heute mehrheitlich die Zustimmung geben werden, kein Ruhmesblatt sein wird, und deshalb wird sich die grüne Fraktion einer Zustimmung zu diesem Gesetz verwehren. (Beifall bei den Grünen.)

21.29

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Peter Schieder. Er hat das Wort.

21.29

Abgeordneter Peter Schieder (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Ich möchte nicht wie meine Vorredner große medienpolitische Überlegungen anstellen, sondern in elf kürzeren Punkten zur Debatte und zu diesem Gesetz Stellung beziehen.

Erstens: Ich glaube, daß das ein Gesetz ist, das wirklich eine Liberalisierung bringt. Der große Liberalisierungsschub ist doch durch die Abänderung entstanden, daß nicht mehr der Grundversorgungsplan, sondern alle Frequenzen aufgenommen worden sind, denn dadurch sind so viele Frequenzen, wie es gibt, für Radio in Österreich möglich.

Als wir den diesbezüglichen Vorschlag im Ausschuß eingebracht haben, haben wir eine lange Liste von Frequenzen vorgelegt. Es sind noch einige mehr dagewesen. Darum gibt es einen Abänderungsantrag, den ich somit auch inhaltlich erläutert habe und der schon im Hause verteilt wurde.

Zweite Bemerkung: Es wird als Einwand gebracht, daß dieses Gesetz nicht liberal genug sei, weil es nicht auf Bundesebene privaten Hörfunk bringe oder, wie andere sagten, weil auf regionaler Ebene nicht genug Programme seien. Andere Redner haben wieder eingewendet, daß durch die regionale Ebene die lokale Ebene gefährdet sei.

Meine Damen und Herren! Genau das ist die Problematik in einem Land mit einer Topographie wie Österreich und mit einer beschränkten Anzahl von Frequenzen. Wir haben nicht die Wahl, österreichweit so viele privat zu machen, wie alle wollen, regional und auch lokal so viele zu machen, sondern das eine Gebiet kostet dem anderen die Frequenzen. Macht man in Österreich eine weitere private Kette, dann gibt es keine regionalen und keine lokalen Frequenzen mehr oder nur sehr beschränkt, und schafft man regional sehr viele Möglichkeiten, dann gibt es lokal nichts. Deshalb gab es das Bemühen, beides, regional und lokal, sicherzustellen, aber nicht überzuregulieren, sondern alle Frequenzen ... (Abg. Dr. Krüger: Das ist doch nicht wahr! – Abg. Ing. Meischberger: Herr Kollege! Sie wissen genau, daß das anders gegangen wäre!) – Berichtigen Sie mich dann tatsächlich, aber schreien Sie nicht dazwischen!


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Es ist das der Versuch, daß am Schluß jene Frequenzen, die übrigbleiben, auch noch dazugehängt werden können zu anderen. Es ist also im Rahmen der Möglichkeiten auf regionaler und lokaler Ebene die weitestgehend mögliche Liberalisierung eingetreten – um den Preis, daß es bundesweit dadurch nicht geschehen ist.

Drittens: Ich habe im Ausschuß eine Bemerkung gemacht, die ein bißchen als unfreiwillige Komik hingestellt wurde, nämlich daß wir wissen, daß dieses Gesetz vor allem in der Frage der Beteiligungsgrenzen nicht halten wird. Und es ist tatsächlich so, meine Damen und Herren! Es ist klar, daß es auf dem Gebiet der Beteiligungsgrenzen, also wieweit sich jemand an einer anderen Anstalt, etwa ein Zeitungsbesitzer an einem Radio, beteiligen darf, zu einer EU-weiten Regelung für alle Mitgliedsstaaten der EU kommen wird. Es hat einen diesbezüglichen Vorschlag von Kommissar Monti gegeben. Es war also eine Richtung klar. Dieser Vorschlag ist vor einiger Zeit in der EU-Kommission sozusagen geschmissen worden. Es ist aber klar: Es wird eine Regelung geben – und damit werden alle nationalen Regelungen nicht mehr haltbar sein.

Nur: Wie die EU-Regelung ausschauen wird, ob sie am Modell der Prozentsätze oder am Modell der Marktbeherrschung oder an anderen Modellen anschließt, kann heute noch nicht gesagt werden. In einer solchen Situation, in der man weiß, es wird in den nächsten Jahren so etwas geben, es wird eine EU-einheitliche Regelung kommen, in der man aber noch nicht weiß, welche – man kann sie nicht vorwegnehmen, weil sie noch nicht bekannt ist –, ist es am gescheitesten, im bestehenden System zu bleiben, dieses auszubauen und Neuland erst dann zu beschreiten, wenn es von der EU vorgegeben wird. Diesen Weg haben wir mit diesem Gesetz gewählt.

Nächster Punkt: Es gab eine große Debatte, ob Objektivität und Meinungsvielfalt in den einzelnen Anstalten oder Außenpluralität, also Vielfalt durch verschiedene Anstalten in einem Gebiet oder auch durch verschiedene Medien in einem Gebiet – Zeitungen, Plakate, Rundfunk –, also das Bemühen, umfassend zu informieren in einem Radio oder in einer Gegend durch verschiedene Radios oder noch weitere Medien. Im Entwurf hat man sich dazu bekannt – und wir sind dabei geblieben, Objektivität und Vielfalt im einzelnen Radio zum Ausdruck zu bringen.

Ich weiß schon, manche meinen, das Modell der Außenpluralität sei das fairere, das umfassendere. Das mag in Bereichen stimmen, in denen es einen ungehinderter Zugang zu einem Medium gibt, also wo jeder eine Zeitung herausbringen kann und sich diese Vielfalt daher einpendelt. In einem Gebiet allerdings, in dem es durch eine gewisse Anzahl von Frequenzen nur einen beschränkten Zugang gibt, kann diese Außen-, also diese Gesamtpluralität nur schwer garantiert werden, in einer Gegend, in der nur ein Radio möglich ist, überhaupt nicht, weil es in diesem Tal nur eine Frequenz gibt. Deshalb ist es angesichts dieser Situation vernünftiger, bei Objektivitätsgebot und Meinungsvielfalt als Auftrag für den einzelnen Betreiber zu bleiben, denn das sichert die Gesamtheit damit auch.

Die Minderheiten sind schon erwähnt worden. Ich glaube, da ist ein guter Weg gegangen worden. Wir werden dadurch zusammenhängende Radios in den Sprachen der Minderheiten ermöglichen und damit auch internationale Verpflichtungen erfüllen.

Was die freien Radios betrifft: Ich glaube, es ist durchaus angebracht, von dieser Stelle aus auch ein Wort zu den freien, also nichtkommerziellen Radios zu sagen. Ich glaube, die Rolle, die sie in einer Medienlandschaft spielen können, ist eine wichtige, und es ist auch ein neues Modell, daß alle in ein Programm hineinkommen können, daß es aber von ihnen abhängt, ob sie sich beteiligen wollen als Bürger, als Meinungsträger an der Vielfalt, die dadurch geboten wird. Zu einer Präferierung dieser freien Radios konnte sich der Ausschuß nicht durchringen; er steht ihnen allerdings positiv gegenüber. Daß die Benachteiligungen ausgeschaltet wurden, wurde schon in der Regierungsvorlage erwähnt.

Ich möchte deshalb bewußt noch einmal auf die Erläuterten Bemerkungen hinweisen, in denen es heißt: "Bei der Konzeption und Vergabe von lokalen Hörfunklizenzen sollen, ungeachtet der Frage der Finanzierung – diesbezüglich ist der Entwurf wie schon das Stammgesetz neutral formuliert –, auch sogenannte freie Radios, nichtkommerziell orientierte Programme, Berücksichti


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gung finden können." – Wir bekennen uns dazu, und das wird auch eine spezifische Aufgabe in der diesbezüglichen Kommission und bei der Vergabe sein.

Es hat dann weitere Vorschläge gegeben – ich glaube, das ist jetzt ein Antrag der Grünen geworden – zur Planung, zur optimalen Nutzung des UKW-Spektrums, also die Idee, daß die Strahlenleistung, die Senderhöhe, die Abstrahlung auch bei genehmigten für ein bestimmtes Programm so eingerichtet werden, daß dort kein Verlust eintritt und dadurch wieder mehr Frequenzen für andere kleine möglich werden. Wir konnten uns nicht dazu durchringen, das in das Gesetz oder in einen Entschließungsantrag aufzunehmen. Allerdings ist dieses Gedankengut ein wichtiges und richtiges und sollte meiner Meinung nach bei den Vergaben und bei den Planungen entsprechend berücksichtigt werden, weil es auch eine Möglichkeit darstellt, noch ein kleines Stück mehr Liberalität durch mehr Zugangsmöglichkeiten für kleine Radios zu schaffen.

Was die Frage Burgenland betrifft: Das Burgenland hat sich sehr bemüht, über die Versorgung von zirka 70 Prozent hinaus, die es durch eigene Standorte abdecken könnte, durch einen Standort Wien eine bessere Versorgung auch des nördlichen Burgenlandes zu erreichen, so wie auch Niederösterreich einen Standort Wien hat. Ich bringe zu dieser Frage folgenden Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Kukacka, Schieder und Genossen

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Nationalrat geht davon aus, daß die Regionalradio- und Kabelrundfunkbehörde bei ihrer Entscheidung über das Regionalradio für das Versorgungsgebiet Burgenland die möglichst großflächige Versorgung des Bundeslandes gewährleistet und darüber hinaus die wirtschaftlichen Notwendigkeiten zum Betrieb dieses Radios berücksichtigt.

*****

Dadurch könnte ein Stück faktischer Benachteiligung für das Burgenland aufgehoben werden. Ich ersuche Sie, diesem Antrag zuzustimmen.

Nächster Punkt: Journalisten und Gewerkschaft haben darauf aufmerksam gemacht, daß diese mehr Radios neue Chancen und auch neue Arbeitsplätze und Arbeitsgebiete mit sich bringen, aber daß man aufpassen muß – bei aller Notwendigkeit, von traditionellen zu neuen Formen zu kommen –, daß die Mitarbeiter dort nicht zum Freiwild werden. Deshalb ist das Redaktionsstatut als etwas Verpflichtendes aufgenommen worden. Den Wünschen und Anregungen der Gewerkschaft entsprechend legen wir folgenden Entschließungsantrag vor:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Schieder, Mag. Kukacka und Genossen

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Nationalrat geht davon aus, daß die Regionalradio- und Kabelrundfunkbehörde im Rahmen der Zulassung auch berücksichtigt, inwieweit das vom Zulassungswerber in Aussicht genommene Redaktionsstatut sachgerecht ist.

*****

Ich ersuche Sie um Zustimmung zu dieser Forderung der Journalisten und der Gewerkschaft, die auch, glaube ich, für ein geordnetes Arbeiten auf diesem Gebiet notwendig ist.


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Letzter Punkt: die Frage der kirchlichen Feiertage. Ich gebe allen recht, die sagen, daß das ein Anachronismus ist. Wahrscheinlich können wir das Werbungsverbot an kirchlichen Feiertagen nur aufheben, wenn der Schritt von der Kirche selbst kommt, wenn die Kirche selbst sagt, eine Werbung für Produkte sei unter Beachtung gewisser Richtlinien nichts Schlechtes und störe die Feiertagsruhe nicht. Eigentlich ist der Wunsch der Kirche, an manchen Feiertagen keine Werbung zu haben, ein schlechtes Urteil über die Werbung, das sich die Wirtschaft nicht verdient hat. Also ich glaube, da muß die Kirche überlegen, wie sie sich verhalten wird.

Interessant ist, daß juristische Personen des öffentlichen Rechts kein Radio betreiben dürfen – mit einer Ausnahme: Kirchen und Religionsgemeinschaften. Wenn diese dann selbst Betreiber eines Radios sind, so ist das vielleicht auch ein Weg, in dieser Frage zu einer neuen Einschätzung zu kommen.

Meine Damen und Herren! Vieles von dem, was wir hier geändert haben, ist an sich nicht sensationell. Die Opposition sagt, es hätte noch mehr geschehen können, und andere meinen, das sei zu weitgehend. Es ist dies aber der ernsthafte Versuch, auch in der parlamentarischen Arbeit einen sehr liberalen Entwurf, auf den sich die Regierung geeinigt hat, in diese Richtung noch zu verbessern, auf Vorschläge einzugehen und noch mehr Radio in Österreich zu ermöglichen. Das gleiche gilt für den Kabelbereich. – Ich ersuche um Zustimmung zu den Abände-rungs- und Entschließungsanträgen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

21.45

Präsident Dr. Heinz Fischer: Die beiden Entschließungsanträge Schieder, Kukacka beziehungsweise Kukacka, Schieder sind ausreichend unterstützt und stehen mit in Verhandlung.

Der in seinen Grundzügen vom Abgeordneten Schieder vorgetragene Abänderungsantrag hat folgenden Wortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Schieder, Mag. Kukacka und Kollegen zum Ausschußbericht (645 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Regionalradiogesetz geändert wird

Der Nationalrat wolle in Zweiter Lesung beschließen:

Das Bundesgesetz, mit dem das Regionalradiogesetz geändert wird, in der Fassung des Ausschußberichtes in 645 d. B. wird wie folgt geändert:

1. In Ziffer 4 lautet § 2b Abs. 7:

"(7) Die Regionalradio- und Kabelrundfunkbehörde kann bei der Vergabe von Sendelizenzen im Rahmen der Grundversorgung auch andere als die von den Antragstellern beantragten Frequenzen berücksichtigen, wenn mit ihnen das im wesentlichen gleiche beantragte Versorgungsgebiet versorgt werden kann und auf diese Weise mehr Antragstellern Sendelizenzen erteilt werden können."

2. Die dem Gesetzestext angeschlossene Anlage 2 wird durch die Anlage 2 in der Fassung dieses Abänderungsantrages ersetzt.

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Wortmeldung: Herr Abgeordneter Dr. Krüger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

21.45

Abgeordneter Dr. Michael Krüger (Freiheitliche): Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Durch das knappe Zeitbudget gezwungen, kann ich mich nur den Abänderungsanträgen beziehungsweise dem Entschließungsantrag widmen.


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Ich bringe folgenden Abänderungsantrag zur Verlesung:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Ing. Meischberger und Kollegen betreffend die Regierungsvorlage 500 der Beilagen

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Regierungsvorlage über ein Bundesgesetz, mit dem Bestimmungen über den Kabel- und Satellitenrundfunk erlassen werden (Kabel- und Satelliten-Rundfunkgesetz), wird wie folgt geändert:

Der zweite Satz des § 5 Abs. 2 lautet:

Davon abweichend dürfen juristische Personen des öffentlichen Rechts, ausgenommen der Österreichische Rundfunk, und juristische Personen und Personengesellschaften, an denen juristische Personen des öffentlichen Rechts, ausgenommen der Österreichische Rundfunk, unmittelbar beteiligt sind, Kabelrundfunkprogramme mit einer Dauer von nicht mehr als 120 Minuten pro Tag veranstalten, wobei Wiederholungen der Programme oder von Teilen dieser Programme sowie die Übertragung von Sitzungen allgemeiner Vertretungskörper nicht in diesen Zeitraum eingerechnet werden, ebenso Programme in einem Gebäude oder Gebäudekomplex in einem funktionellen Zusammenhang mit den dort zu erfüllenden Aufgaben, Kabelinformationsprogramme, die keine Werbung enthalten, und Kabeltext.

*****

Ich bringe weiters folgenden Entschließungsantrag zur Verlesung:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ing. Meischberger, Dr. Krüger und Kollegen betreffend Errichtung einer unabhängigen Bundesmedienanstalt

Die unterfertigten Abgeordneten stellen folgenden Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, innerhalb von drei Monaten einen Gesetzentwurf vorzulegen, der die Errichtung einer unabhängigen Bundesmedienanstalt vorsieht, die als Kontroll- und Zulassungsbehörde für die österreichischen Medien fungiert.

*****

Der folgende Abänderungsantrag wurde zwischenzeitig, wie ich gesehen habe, verteilt. Es genügt daher der Bezug auf einige zentrale Punkte dieses Abänderungsantrages. Es geht der freiheitlichen Fraktion darum, daß man den ORF mit nur drei bundesweiten Radioprogrammen zufriedenstellt. Derzeit sind es ja vier, und wir wissen genau, daß durch die Tatsache, daß es vier sind, kein weiteres bundesweites privates Radio möglich ist. Wenn sich der ORF von der vierten Frequenz zurückgezogen hätte, hätten wir tatsächlich den Ansatz eines echten dualen Systems. Dieses haben wir leider Gottes nicht.

Der Dualismus, der hier in der Regierungsvorlage angesprochen ist und der eigentlich das Ziel des Regionalradiogesetzes war, ist eindeutig nicht gegeben. Unter "Dualismus" versteht man, wie die Bezeichnung schon sagt, gleichberechtigten öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunk. Diesen gibt es nicht. Es gibt kein bundesweites Privatradio, es gibt – jetzt zumindest in der


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ersten Phase – nur ein Regionalradio pro Bundesland, mit Ausnahme von Wien, wo es zwei gibt.

Im übrigen ist der Dualismus auch im Fernsehbereich nicht hergestellt. Nach wie vor ist es dem privaten Sektor untersagt, terrestrisches Fernsehen zu betreiben. Nach wie vor ist es dem privaten Sektor untersagt, sich dieser Methode der Ausstrahlung zu bedienen. Der private Sektor kann sich lediglich dem Kabelfernsehen widmen. Also von einem Dualismus ist weit und breit keine Rede. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Dem Gesetz haftet, wie Frau Abgeordnete Stoisits bereits angemerkt hat, schon im Ansatz das Odium der Verfassungswidrigkeit an. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

21.49

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zum Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Frieser.

Die Anträge, die soeben referiert worden sind, sind geschäftsordnungskonform und stehen mit in Verhandlung.

Der zur Verteilung gelangte Abänderungsantrag hat folgenden Wortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Ing. Meischberger und Kollegen betreffend die Regierungsvorlage 499 der Beilagen

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Regierungsvorlage über ein Bundesgesetz, mit dem das Regionalradiogesetz geändert wird, wird wie folgt geändert:

1.) Der Titel des Gesetzes lautet (Z 1):

"Privatradiogesetz"

2.) In Z 3 wird § 2 Abs. 1 wie folgt geändert:

(1) Die drahtlosen terrestrischen Übertragungskapazitäten für Hörfunk sind den Österreichischen Rundfunk und den Sendelizenzen für bundesweiten, regionalen und liberalen Hörfunk zuzuordnen. Die Zuordnung hat nach Maßgabe der §§ 2a und 2b sicherzustellen, daß

1) für den Österreichischen Rundfunk eine Versorgung im Sinne des § 3 RFG, BGBl. Nr. 379/1984, mit höchstens drei Programmen des Hörfunks gewährleistet ist,

2) ein bundesweiter privater Hörfunk gewährleistet ist,

3) in jedem Bundesland der Nachfrage entsprechend Sendelizenzen für privaten regionalen und lokalen Hörfunk ermöglicht werden und

4) Doppel- und Mehrfachversorgungen nach Möglichkeit vermieden werden.

3.) In Z 4 wird in § 2a folgender erster Satz eingefügt:

Sendelizenzen für bundesweiten Hörfunk sind solche, die den Empfang des jeweiligen Programmes für mindestens 70 Prozent der Bevölkerungszahl des Bundesgebietes ermöglichen.

4.) In Z 4 wird in § 2b ein Abs. 9 angefügt:

(9) Innerhalb von sechs Monaten nach Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes können Anträge auf Zulassung zur Veranstaltung von bundesweitem Hörfunk gestellt werden. Die Regionalradio-


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und Kabelrundfunkbehörde hat innerhalb eines Jahres nach Inkrafttreten dieses Gesetzes eine Sendelizenz zu erteilen.

*****

21.49

Abgeordnete Mag. Cordula Frieser (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Im Auftrag meines Kollegen Kukacka soll ich mich bei Ihnen, Herr Dr. Krüger, herzlich bedanken, daß Sie jetzt noch einige Anträge "nachgeschoben" haben, um sozusagen Ihren Leistungsnachweis zu erbringen.

Meine Damen und Herren! Da meine Vorredner, insbesondere Kollege Kukacka, bereits die großen ideologischen und intellektuellen Perspektiven dieses Themas hier im Hohen Haus vorgetragen haben, bleibt es mir nur noch vorbehalten, kleine steirische Tatsachen zur Diskussion zu stellen.

Mit dem heutigen Beschluß wird ganz in Österreich für die absehbare Zukunft das ermöglicht, was bei uns in der Steiermark seit Mitte September 1995 Realität ist. Damals ging nämlich die "Antenne Steiermark" als erstes österreichisches Privatradio in Sendung.

Gestatten Sie mir, im Hinblick auf die Tatsache, daß dieses Privatradio bereits seit eineinhalb Jahren existiert, kurz drei Effekte, die durch das Betreiben von Privatradios erzielt werden, anzuschneiden.

Die "Antenne Steiermark" hat im Landesstudio Steiermark des ORF eine belebende Konkurrenz. Das Radio Steiermark hat unter der Leitung unseres Kollegen und Intendanten Kurt Bergmann mehrfach hörerfreundliche Reformen durchgeführt. Es ist ein alter Wahlspruch des Intendanten Bergmann: Ein Monopol macht fett – Wettbewerb macht fit. – Das hat er uns in der Steiermark vorexerziert.

Ein zweiter positiver Effekt war die Belebung der Wirtschaft. Die "Antenne Steiermark" hat im Jahre 1996 75 Millionen Schilling an Nettoerlös erzielt! Bei diesem Radio war es kleineren und mittleren Unternehmungen möglich, Werbeschaltungen zu bestellen. Ich glaube, ohne dieses Privatradio wäre es gerade diesen Unternehmungen nicht möglich gewesen, in die Werbung einzutreten.

Ein dritter sehr positiver Effekt war die Schaffung von Arbeitsplätzen. Gerade in Zeiten wie diesen, in denen Arbeitsplätze Thema Nr. 1 sind, muß darauf hingewiesen werden, daß durch das Betreiben der "Antenne Steiermark" 60 Arbeitsplätze im unmittelbaren Bereich und noch einmal so viele bei den Zulieferfirmen.

Betreffend lokales Kabel-TV waren es übrigens ebenfalls steirisch-kärntnerische Unternehmer, die das entsprechende Erkenntnis des Verfassungsgerichshofes erwirkt haben. Es hat auch diesbezüglich eine Initiative in der Steiermark gegeben. Steiermark 1 ist nach dem "Antennen"-Modell auf Sendung gegangen, und zwar in einer sehr bemerkenswerten Kooperation mit dem ORF. Mit dem Kabel-TV-Gesetz vollziehen wir die bereits bestehende Realität gesetzlich endlich nach.

Meine Damen und Herren! Noch ein grundsätzliches Thema sei kurz angerissen: Zwischen den privaten Medienbetrieben und dem ORF gilt es, nun Chancengleichheit und dieselben Wettbewerbsbedingungen herzustellen. Nur ein Beispiel dazu: Während die "Antenne Steiermark" der Straßenverwaltung im Jahre etwa 136 000 S für die Einspeisung des Programmsignals in den Plabutsch Tunnel zahlt, nutzt Ö3 diese Einrichtung kostenlos. Ö3 müßte bei Gleichbehandlung mit privaten Radiostationen in ganz Österreich etwa 3 bis 5 Millionen Schilling für solche Einspeisungen bezahlen!

Meine Vorredner haben bereits ihr Bekenntnis zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk abgelegt, was uns aber nicht erspart, demnächst eine Novelle zum ORF-Gesetz in Behandlung zu nehmen.


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Wir haben mit dem heutigen Beschluß dieses Gesetzes mit unseren medienpolitischen Hausaufgaben gerade erst begonnen, und es liegt an uns, sozusagen in die Hände zu spucken und unsere Arbeit fortzusetzen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

21.54

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Damit ist die Debatte geschlossen.

Schlußworte wurden nicht gewünscht.

Wir kommen zu den Abstimmungen, die über die einzelnen Ausschußanträge getrennt vorgenommen werden.

Zunächst stimmen wir ab über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 645 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Ing. Meischberger und Genossen einen Abänderungs- beziehungsweise Zusatzantrag eingebracht.

Weiters haben die Abgeordneten Schieder und Mag. Kukacka einen Abänderungsantrag eingebracht.

Ich werde daher zunächst die von den erwähnten Abänderungs- beziehungsweise Zusatzanträgen betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile der Vorlage abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Ing. Meischberger haben also einen Abänderungsantrag betreffend Z. 3 § 2 Abs. 1 und Z. 4 § 2a eingebracht.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die sich für diesen Antrag Meischberger aussprechen, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Ich lasse daher sogleich über diese Teile des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschußberichtes abstimmen.

Ich ersuche im Falle der Zustimmung um ein Zeichen. – Ich stelle fest, daß das mit Mehrheit angenommen ist.

Die Abgeordneten Schieder, Mag. Kukacka und Genossen haben einen Abänderungsantrag betreffend Z. 4 § 2b Abs. 7 sowie Anlage 2 eingebracht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Antrag Schieder/Kukacka zustimmen, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Die Abgeordneten Ing. Meischberger und Genossen haben auch einen Zusatzantrag eingebracht, der die Anfügung eines Abs. 9 in Z. 4 vorsieht.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die sich dafür aussprechen, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Weiters haben die Abgeordneten Meischberger und Genossen einen Abänderungsantrag betreffend den Titel des Gesetzentwurfes eingebracht.

Ich ersuche also jene Mitglieder des Hohen Hauses, die diesem Antrag Meischberger, betreffend Titel der Vorlage zustimmen, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit und abgelehnt.

Ich lasse daher über den Titel des Gesetzes in der Fassung des Ausschußberichtes abstimmen und ersuche im Falle der Zustimmung um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit beschlossen.

Schließlich stimmen wir ab über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Eingang in der Fassung des Ausschußberichtes.


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Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür ihre Zustimmung erteilen, um ein bejahendes Zeichen. – Der Beschluß ist mit Mehrheit gefaßt.


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Damit ist die zweite Lesung beendet.

Wir kommen zugleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die der Vorlage in dritter Lesung zustimmen, um ein bejahendes Zeichen. – Die Vorlage ist in dritter Lesung mit Mehrheit beschlossen.

Wir stimmen ab über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Kukacka, Schieder und Genossen betreffend Versorgungsgebiet Burgenland.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Antrag Schieder/Kukacka stimmen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Der Antrag ist mit Mehrheit angenommen. (E 54.)

Weiters stimmen wir ab über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Schieder, Mag. Kukacka betreffend Berücksichtigung des vom Zulassungswerber in Aussicht genommenen Redaktionsstatuts.

Auch hier bitte ich im Falle der Zustimmung um ein diesbezügliches Zeichen. – Dieser Entschließungsantrag ist mit Mehrheit angenommen. (E 53.)

Wir stimmen jetzt ab über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Ing. Meischberger und Genossen betreffend Errichtung einer unabhängigen Bundesmedienanstalt.

Ich darf bitten, daß jene Damen und Herren, die dem Antrag Meischberger zustimmen, ein Zeichen geben. – Dies ist die Minderheit, ist daher abgelehnt.

Als nächstes stimmen wir ab über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 646 der Beilagen.

Auch dazu gibt es einen Abänderungsantrag des Abgeordneten Ing. Meischberger und einen Abänderungsantrag der Abgeordneten Schieder und Mag. Kukacka.

Ich werde zunächst über die von den erwähnten Abänderungsanträgen betroffenen Teile und sodann über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Schieder, Kukacka und Genossen haben einen Abänderungsantrag betreffend § 2 Abs. 1 Z. 3 und § 3 eingebracht.

Ich darf bitten, daß jene Damen und Herren, die diesem Abänderungsantrag zustimmen, ein bejahendes Zeichen geben. – Dies ist mit Mehrheit angenommen.

Die Abgeordneten Ing. Meischberger und Genossen haben einen Abänderungsantrag betreffend § 5 Abs. 2 2. Satz eingebracht.

Ich ersuche jene Kolleginnen und Kollegen im Hohen Haus, die dafür stimmen wollen, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Ich lasse sogleich über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschußberichtes abstimmen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die der Fassung des Ausschußberichtes zustimmen, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Damit kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile dieses Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschußberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür ihre Zustimmung erteilen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit beschlossen.

Damit ist die zweite Lesung beendet.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem Gesetzentwurf auch in dritter Lesung zustimmen, um ein Zeichen. – Das Gesetz ist in dritter Lesung mit Mehrheit beschlossen.

Schließlich stimmen wir ab über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 647 der Beilagen. Hiezu liegen keine Abänderungsanträge vor.

Ich ersuche daher jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf stimmen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit in zweiter Lesung beschlossen.

Wir kommen zugleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dieser Vorlage 647 der Beilagen auch in dritter Lesung zustimmen, um ein Zeichen. – Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen.

16. Punkt

Erste Lesung des Antrages 375/A der Abgeordneten Dr. Hans Peter Haselsteiner und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Börsegesetz 1989 geändert wird

Präsident Dr. Heinz Fischer: Damit gelangen wir zum 16. Punkt der Tagesordnung.

Das Wort erhält zunächst Herr Abgeordneter Mag. Helmut Peter. – Bitte.

22.01

Abgeordneter Mag. Helmut Peter (Liberales Forum): Herr Präsident! Meine Damen und Herren des Hohen Hauses! Ich muß Sie bitten, mir trotz später Stunde in einer wichtigen Angelegenheit noch Ihr Ohr zu leihen.

Die österreichische Börse wird boshafter-, aber leider nicht unberechtigterweise von vielen ausländischen Beobachtern mit dem Titel "VIP" bezeichnet, was das Akronym für "Vienna Insider Place" ist. Das ist bedauerlich, und das ist nicht gut so. Die österreichische Börse hat eine "Börsenkultur", die ich, wenn ich boshaft sein will, mit der in Albanien vergleichen könnte.

Wir alle sind uns aber einig, daß wir etwas tun müssen. Wir gehen in Richtung des Anleger- und Minderheitenschutzes, weil wir meinen, daß das der wesentlichste Punkt auch bei allen anderen Reformen ist, die die Bundesregierung bereits plant, der im Vordergrund zu stehen hat. Wir freuen uns, daß diese Bundesregierung Klima Herrn Staatssekretär Ruttenstorfer vom Finanzministerium damit beauftragt hat, sich im eigenen Wirkungsbereich mit der Reform der Börse in Österreich zu beschäftigen. Wir bedauern aber, daß offensichtlich keine sichtbaren und spürbaren Aktivitäten auf uns zukommen.

Wir haben schon anläßlich der turbulenten Privatisierung und des Verkaufs der Creditanstalt-Bankverein an die Bank Austria darauf hingewiesen, daß die Minderheitsaktionäre der Creditanstalt dieser Übernahme praktisch schutzlos ausgeliefert sind. Wir haben auch eine Anfrage an den damaligen Finanzminister Klima gestellt, der uns damals sehr rudimentär geantwortet hat. Wir hoffen, daß er sich jetzt als Bundeskanzler dieser Aufgabe mehr widmen wird.

Ferner haben wir den gegenständlichen Antrag betreffend das Börsegesetz 1989 im Hohen Haus eingebracht, der heute der ersten Lesung zugeführt wird. In diesem geht es um das obligatorische Angebot, mit welchem die Übernahme einer Firma durch eine andere, wenn ein gewisser Anteil der Stimmrechte – wir haben 33 1/3 Prozent der vorhandenen und zugekauften Stimmrechte angenommen – überschritten wird, den internationalen Gepflogenheiten folgend, das durch den Übernehmer rechtzeitig der Börsenaufsicht sowie der Firma, deren Anteile er


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übernimmt, zu melden ist. Zweitens hat er ein ähnliches Angebot auch an die Minderheitenaktionäre zu machen. Das ist international üblich. Warum nicht in Österreich?

Wir haben zu Beginn dieser zweitägigen Parlamentssitzung über die Forschungsförderung diskutiert, und ich habe dabei eingewendet, daß Forschungsförderung zwar wichtig ist, daß man aber nicht in der Lage sein wird, Forschung zu finanzieren, Serien- und Produktreife herzustellen und die Marktpenetration mit dem Produkt zu finanzieren, wenn dem Betrieb nicht das nötige Risikokapital zur Verfügung gestellt wird.

In Österreich befindet sich eine Vielzahl von Geldmitteln in privater Hand, nämlich 3 800 Milliarden Schilling! Der Wert der Börsenkapitalisierung beträgt jedoch nur 4 Prozent der österreichischen Aktienbesitzer und nur 16 Prozent des österreichischen Bruttoinlandsproduktes. – In Anbetracht dessen sage ich noch einmal den bösen Satz, obwohl es mir selbst weh tut, diesen sagen zu müssen: Österreich ist nach Albanien wirklich der letzte Börsenstandort! Das ist eine echte Katastrophe für unser Land!

Ich fordere daher die Bundesregierung und das Hohe Haus, vor allem die Regierungsparteien, auf, sich dieser Frage endlich zuzuwenden. Es hat keinen Sinn, sich auf die kommende Rahmenrichtlinie der Europäischen Union auszureden, die möglicherweise durch Widerstände Großbritanniens zu einer bloßen Ratsempfehlung werden könnte. Handeln tut wirklich not in diesem Land, damit eine Börsenkultur entwickelt werden kann, mit der sichergestellt wird, daß auch Risikokapital in die Unternehmungen fließt, die dann neue Innovationen umsetzen und damit auch in der Beschäftigung weiterkommen können. (Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Was ist eine "alte Innovation"?) Ich weiß, daß das jetzt ein Pleonasmus war! Aber es freut mich, daß Sie so genau aufpassen und mich berichtigen! Ich werde mich auch spät in der Nacht wieder mehr konzentrieren! Herzlichen Dank!

Die Änderung des Übernahmerechts ist eine Conditio sine qua non für eine europareife Aktienmarktkultur, die nicht nur auf das Inland beschränkt bleiben darf. Die österreichischen Börse soll ja auch für ausländische Anleger interessant sein! Es ist dies ein unbedingter Bestandteil einer innovativen Kapitalmarktpolitik, die vor dem Hintergrund des Beginns des gemeinsamen Wirtschafts- und Währungsmarktes längst überfällig ist. Es gibt bittere Prognosen der Wirtschaftsforscher, die meinen, daß die Wiener Börse die Möglichkeit, ein Kompetenzzentrum für die Kapitalmärkte Ost- und Zentraleuropas zu werden, bereits verschlafen habe. Die letzte Chance, um dieses Verschlafen zu verhindern und doch noch auf den fahrenden Zug aufzuspringen, ist die Verwirklichung der Wirtschafts- und Währungsunion. Sie steht kurz bevor. Wir brauchen also eine konkurrenzfähige, wettbewerbsfähige Börse europäischen Standards.

Meine Damen und Herren! Ich bitte Sie, vor allem die Damen und Herren von den Koalitionsparteien, aber auch meine Kollegen von den Oppositionsfraktionen, sich dieser Frage wirklich mit der notwendigen Dringlichkeit zuzuwenden. Wir haben nicht die Zeit, uns weiterhin eine verschlafene Börse am Schottenring leisten zu können. Wir brauchen eine neue Börsenkultur, wir brauchen ein neues Börsegesetz, wir müssen auch eine Börse für Klein- und Mittelbetriebe schaffen, und wir sollten auch in Richtung der kleinen AG gehen. Ich bitte Sie nochmals, sich dieser wichtigen Frage zuzuwenden! – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

22.07

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Fekter. – Bitte.

22.07

Abgeordnete Mag. Dr. Maria Theresia Fekter (ÖVP): Herr Präsident! Hohes Haus! Wir haben am 27. Februar, das heißt vor drei Wochen, ein neues Übernahmerecht hier diskutiert, also genau dasselbe Thema. (Abg. Mag. Peter: Aber getan habt ihr nichts!) Daher möchte ich auf die ÖVP-Position, die ich damals dargelegt habe, hinweisen, welche in den Stenographischen Protokollen nachzulesen ist. Damals hat Herr Bundesminister Edlinger versprochen, bis Ende April eine Regierungsvorlage vorzubereiten. Aus diesem Grund halte ich es für verfrüht, heute davon zu reden, daß keine sichtbaren Zeichen gesetzt worden seien. – Diese werden eben erst Ende April gesetzt werden.


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Zum konkreten Gesetzesvorschlag des Liberalen Forums möchte ich sagen, daß er nicht sehr weit von der ÖVP-Position abweicht. Er ist stark am Schweizer Börsegesetz orientiert. Er ist – da gebe ich Kollegen Peter recht – dringend notwendig als vertrauensbildende Maßnahme für den Börseplatz Wien.

Kritik an Ihrem Gesetzesantrag muß ich dennoch anbringen: Ich halte erstens die Orientierung des Minderheitenschutzpreises beziehungsweise des Übernahmepreises am Börsenkurs zum Zeitpunkt der Anbotslegung, das heißt an einem Tageskurs, für ungeeignet. Geeigneter ist ein Durchschnittskurs der letzten Monate, um Manipulationen und Insidertrading, das unmittelbar vorher stattgefunden hat, auszuschalten.

Zweitens fehlt in Ihrem Antrag die Festlegung der Kompetenz der Aufsichtsbehörde, die Sie einschalten. Das heißt, es ist zuwenig, nur das Anbot dort abzugeben. Es wird mit Sicherheit notwendig sein, ein konkretes Verfahren für die Prüfung dieser Anbote und für den Paketabschlag zu entwickeln und in einem Gesetz zu normieren.

Für richtig halte ich es, den Paketabschlag in der fairen Höhe von 25 Prozent zu deckeln. Ein Paket ist strategisch mehr wert als einzelne Aktien eines Minderheitsaktionärs. Aus diesem Grund ist es gerechtfertigt, daß der Minderheitsaktionär weniger bekommt als jener, der das gesamte Paket kauft. Daß dieser Abschlag aber mit 25 Prozent gedeckelt ist, halte ich für notwendig, um zum Beispiel institutionelle Kleinanleger vor abrupten Wertverlusten zu schützen. Außerdem schützt das auch den Minderheitsaktionär, denn im strategischen Sinn zu sagen, daß das Paket um 50 Prozent mehr wert gewesen wäre, halte ich für nicht gerechtfertigt. – Diese 25 Prozent würde die ÖVP aber akzeptieren.

Ich möchte, daß in einem neuen Gesetz weiters die Pflichten des Bieters und der Zielgesellschaft bei der Übernahme normiert werden. Außerdem, Herr Kollege Peter – darauf haben Sie in Ihrer letzten, vor drei Wochen abgegebenen Stellungnahme hingewiesen –, werden wir mittelständische Aktiengesellschaften für unsere Wirtschaft entwickeln müssen. In diesem Falle müssen wir aber eine Ausnahme vom obligatorischen Minderheitenrecht für die Familien-AGs normieren, speziell in der Erbfolge. Und es muß auch eine Ausnahme für den konkreten Sanierungsfall vorgesehen werden, denn wenn sich jemand schon bereit erklärt, eine total marode Gesellschaft zu sanieren, dann soll ihn nicht ein hoher Schutzpreis für Minderheitsaktionäre an einer Sanierung hindern. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

22.11

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Professor Van der Bellen. – Bitte.

22.11

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Peter, Albanien würde ich nur ungern mit Österreich vergleichen, selbst wenn es nur um die Börse geht. Aber inhaltlich haben Sie natürlich recht: Wir brauchen dringend ein Übernahmerecht, das schreiben Sie ja auch in der Begründung Ihres Antrages. Der letzte Anlaßfall, anhand dessen wir das erkannt haben, war die Übernahme der Creditanstalt durch die Bank Austria; da ist es wieder besonders deutlich geworden. Ob das unbedingt ins Börsegesetz gehört oder ein eigenes Übernahmerecht sein soll, darüber kann man debattieren.

Kollegin Fekter möchte ich sagen: Das Versprechen der Regierungsparteien, ein Übernahmerecht zu konstruieren, datiert nicht erst vom 27. Februar, sondern meiner Erinnerung nach mindestens vom 11. Jänner 1997. Am 11. Jänner wurde nämlich das politische Abkommen zwischen SPÖ und ÖVP anläßlich der Übernahme der Creditanstalt durch die Bank Austria geschlossen, und einer der Punkte dieses Abkommens war die Schaffung eines Übernahmerechts. (Abg. Dr. Khol: So ist es!) Und bis Ende April wird es dann – so hoffen wir – kommen. (Abg. Dr. Fekter: Ich sprach von der Anfragebeantwortung in der 64. Sitzung am 27. Februar 1997!)

Ich wollte nur daran erinnern, daß die Regierungsparteien auch deswegen im Wort stehen, weil das am 11. Jänner bereits beschlossen wurde. Die Liberalen haben sehr rasch reagiert, nämlich


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am 14. Jänner, das muß Montag oder Dienstag nach dem Wochenende gewesen sein. (Abg. Mag. Peter: Es brannte uns unter den Nägeln!)

Ich nehme an, das kommt in den Finanzausschuß. Wir werden dann mindestens zwei Anträge im Finanzausschuß haben. Das finde ich sehr gut, denn Alternativen sind immer gut. Wir werden dann ja sehen, wie daraus das Beste zu machen ist. – Danke. (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

22.13

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Nowotny. – Bitte.

22.13

Abgeordneter Dr. Ewald Nowotny (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Ich möchte namens meiner Partei sagen, daß wir die Frage des Übernahmerechtes für wichtig halten. Wir halten auch die Börse für wichtig, wiewohl ich auch glaube, daß das diesbezügliche Urteil des Kollegen Peter weit überzogen war.

Tatsache ist jedenfalls, daß derzeit eine Arbeitsgruppe im Justizministerium besteht, die sich mit einem konkreten Übernahmerecht beschäftigt. Selbstverständlich werden Vertreter des Finanzministeriums, der rechtsberatenden Berufe, der Wissenschaft zugezogen. Es gibt auch schon einen Entwurf eines Wissenschaftlers, und zwar von Professor Doralt, zu dieser Frage.

Ich kann Ihnen also versichern: Wir sind mitten in der Arbeit und werden das Ergebnis dieser Arbeit in Kürze vorlegen können. (Beifall bei der SPÖ und beim Liberalen Forum.)

22.15

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Ich weise diesen Antrag, die Meinung von Herrn Professor Van der Bellen berücksichtigend, dem Finanzausschuß zu.

17. Punkt

Erste Lesung des Antrages 377/A der Abgeordneten Hermann Böhacker und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir kommen zum 17. Punkt der Tagesordnung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Der Erstantragsteller Böhacker erhält das Wort. Die restliche Redezeit beträgt 2 Minuten.

22.16

Abgeordneter Hermann Böhacker (Freiheitliche): Mit dem Sozialrechtsänderungsgesetz 1996 wurde von den Regierungsparteien eine Krankenscheingebühr in Höhe von 50 S eingeführt. Kaum war das "Baby" mit dem Namen "Krankenschein" am 1. Jänner 1997 geboren, kam es bereits zu den ersten Kindesweglegungen durch die Mütter und Väter dieser Krankenscheingebühr. Es wäre daher die logische Konsequenz, daß Sie, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, diesen Antrag von uns Freiheitlichen in Behandlung nehmen, ihn in den Ausschuß verweisen und dort auch ihre Zustimmung erteilen. Diese Krankenscheingebühr ist wirklich ein Unikum, das beseitigt werden muß.

Der Antrag der Freiheitlichen beschäftigt sich mit der ersatzlosen Abschaffung der Krankenscheingebühr, und es gibt dafür eine ausreichende Begründung: Erstens ist diese Krankenscheingebühr ein Bürokratiemonster, wie man es in Österreich noch nie erlebt hat. Die Kosten für die Einhebung, Berechnung, Verwaltung und Kontrolle der Krankenscheingebühr sind höher als der Ertrag dieser Krankenscheingebühr. Mit dieser Krankenscheingebühr ist man nicht in der Lage, das österreichische Sozialversicherungssystem nachhaltig zu sanieren. Diese Kranken


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scheingebühr belastet den extramuralen Bereich und nicht die Ambulanzen der Krankenanstalten. Diese Krankenscheingebühr ist ein volkswirtschaftliches Nullsummenspiel.

Wenn Sie nicht glauben, was ich sage, dann empfehle ich Ihnen, sich einmal ein Informationsblatt der Gebietskrankenkasse anzuschauen, wie diese Krankenscheingebühr zu handhaben ist. Dabei verweise ich Sie insbesondere auf Punkt zwei, "administrative Besonderheiten". – Ich würde das jedoch nicht als "administrative Besonderheiten", sondern als "administrative Kuriositäten" bezeichnen.

Meine Damen und Herren von den Regierungsparteien! Ich lade Sie ein: Setzen Sie den richtigen Schritt in die richtige Richtung! Sorgen Sie, wenn dieser Antrag im Ausschuß und hier im Plenum beraten wird, dafür, daß diese Krankenscheingebühr ersatzlos abgeschafft wird! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

22.17

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Guggenberger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte.

22.17

Abgeordneter Mag. Walter Guggenberger (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich könnte es mir relativ einfach machen: Diese Krankenscheingebühr war nämlich nicht das politische Kind der Sozialdemokraten. Sozialminister Franz Hums hat wiederholte Male im Vorfeld der damaligen politischen Beschlüsse darauf hingewiesen, daß wir Sozialdemokraten uns als Beitrag zur Gesundung der sozialen Krankenversicherung immer eine sehr bescheidene, angemessene Beitragserhöhung vorgestellt haben. Wir hätten uns vorgestellt, daß man beispielsweise die Beiträge um 0,1 Prozent anhebt. Das hätte der sozialen Krankenversicherung insgesamt 800 Millionen Schilling gebracht. Das wäre eine Summe gewesen, die außer den Lohnbuchhaltern kaum jemand gespürt hätte. – Wir mußten und müssen aber zur Kenntnis nehmen, daß dafür eine politische Mehrheit nicht zu finden war. So haben wir uns auf den Kompromiß Krankenscheingebühr eingelassen.

Trotzdem soll man in diesem Zusammenhang die Kirche im Dorf lassen. 50 S Krankenscheingebühr pro Quartal bedeutet einen monatlichen Beitrag von 16,60 S. Um diesen Preis bekommen Sie in der Cafeteria nicht einmal eine Wurstsemmel! Darüber hinaus sind Pensionisten und deren Angehörige sowie Kinder und all jene, die sozial bedürftig sind, davon ausgenommen. Der Adressatenkreis ist also stark eingeschränkt.

Wir gehören nicht unbedingt zu den Propagandisten dieser Krankenscheingebühr. Dennoch, Herr Böhacker – erlauben Sie mir diese saloppe Bezeichnung –, sind einige in der Begründung Ihres Antrages genannten Argumente schlicht und einfach Nonsens! Die Behauptung, daß die Mehreinnahmen fast zur Gänze für die Bürokratie verbraucht werden, hält einer kritischen Überprüfung schlicht und einfach nicht stand. Wir sind davon ausgegangen, daß man bei dieser Krankenscheingebühr 500 Millionen Schilling einnimmt. (Abg. Böhacker: Da liegen Sie weit daneben, Herr Kollege!) Wenn Sie sich so wie ich erkundigen, Herr Kollege Böhacker, wird man Ihnen sagen, daß diese Prognosen in etwa zutreffend sind.

Wenn Sie sogar sagen, daß die Betriebe in ihrer Leistungsfähigkeit durch die kostenlose Durchführung dieser Krankenscheinausgabe beeinträchtigt sind, sehr geehrter Herr Kollege, dann unterschätzen Sie die Leistungsfähigkeit der österreichischen Betriebe aber gewaltig! – Selbstverständlich hat kein Betrieb Freude mit dieser Regelung. Daher wiederhole ich: Wir Sozialdemokraten hätten eine Regelung vorgeschlagen, die administrativ angenehm und einfach durchgeführt hätte werden können. Wir mußten aber zur Kenntnis nehmen, daß wir dafür keine Mehrheit fanden.

In einem Jahr wird es aber soweit sein – und auch dafür ist, nicht zuletzt unter der Federführung des damaligen Sozialminister Franz Hums, die Vorarbeit in diesem Haus geleistet worden. Der Nationalrat hat in einer Entschließung den Bundesminister für Arbeit und Soziales, wie er damals noch geheißen hat, ersucht, bis zum 31. Dezember dieses Jahres die Voraussetzungen


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dafür zu schaffen, daß ein Chipkartensystem eingeführt wird, welches die Krankenscheingebühr ersetzen wird.

An der Realisierung dieses ehrgeizigen Projektes wird mit Hochdruck, fieberhaft und sehr ambitioniert gearbeitet; davon konnte sich auch Ihr Gesundheitssprecher unlängst bei einer Besprechung überzeugen. Ab dem nächsten Jahr wird die Krankenscheingebühr der Vergangenheit angehören. Ich halte es deshalb für sinnlos, unseriös und für eine reine Popularitäts- und Effekthascherei, daß Sie uns heute mit diesem Antrag behelligen. Daher werden Sie verstehen, daß wir Sozialdemokraten uns mit der Zielsetzung dieses Antrages in keiner Weise einverstanden erklären können! (Beifall bei der SPÖ.)

22.23

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Donabauer. – Bitte.

22.23

Abgeordneter Karl Donabauer (ÖVP): Herr Präsident! Hohes Haus! Wenn ich mir den Antrag der Fernsehpartei anschaue, dann kann ich feststellen, daß die Antragsteller Böhacker, Mag. Haupt, Dr. Pumberger und Dr. Povysil sind. Es fehlen die großen Genies wie Dolinschek und ähnliche, die normal die Sozialpolitik bei Ihnen machen. Das macht aber nichts!

Meine Damen und Herren! Wir haben diesen Konsens deshalb gefunden, weil wir unser Sozialversicherungssystem und unser Sozialsystem ernst nehmen und weil wir um eine nachhaltige Finanzierung gemeinsam bemüht waren. Es gab zwei Vorschläge: Wir haben uns konsensual auf einen geeinigt, und wir werden an der Weiterentwicklung hier arbeiten. In der nächsten Zeit werden über die Chipkarte verhandeln, ein Produkt, das wir gemeinsam auch ohne Ihre Mithilfe – denn diese brauchen wir nicht – herstellen werden, und dieses wird dann sicherlich gut ankommen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich möchte Ihnen sagen, daß dieser Antrag meiner Ansicht nach insofern eigenartig ist, als einiges darin steht, was wirklich nicht zu verstehen ist. Sie schreiben – wobei man sich über die Formulierung streiten kann –: "Sie belastet nämlich nur den extramuralen Bereich." – Sie wollten wohl sagen: Sie bezieht sich nicht nur auf den extramuralen Bereich.

Meine Damen und Herren! Außerdem ist das, was Sie über die Ambulanzen der Krankenhäuser ausführen, auch eine alte Sache. Denn im alten Finanzierungssystem der Krankenhäuser war der Krankenschein notwendig. Im neuen LKF-System ist er aber nicht mehr notwendig. – Ich verstehe Sie wirklich nicht: Diskutieren wir die LKF, dann paßt Ihnen das nicht, diskutieren wir Krankenschein, dann paßt Ihnen das auch nicht. Ihnen paßt in Wirklichkeit gar nichts! Und vorschlagen können Sie uns auch nichts, weil Sie keine Vorschläge haben!

Wir werden diesem Antrag nicht zustimmen, denn wir halten ihn für entbehrlich. Erstens ist er inhaltlich unschlüssig, zweitens ist er fachlich falsch – deshalb ist er das Papier nicht wert –, drittens besteht keine Notwendigkeit dafür, viertens sind Ihre Vorschläge sozialpolitisch nicht zielführend. Daher ist es eigentlich schade, daß sich der Nationalrat so spät mit solcher Kost befassen muß! (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

22.25

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zum Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Kier. – Bitte. (Abg. Dr. Khol: Der Kier spricht heute zum x-tenmal, aber immer gut!)

22.25

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Als ich diesen Antrag mit der Post bekommen habe, war ich zuerst ... (Abg. Dr. Khol: Amüsiert!) Nun, ich habe ihn einmal gelesen, und ich habe nicht mit einer ersten Lesung gerechnet, denn ich muß ehrlich sagen: Es ist ein kleiner, populistischer Fehler unterlaufen. – Es ist verständlich, daß man die Krankenscheingebühr abschaffen will. Ich stelle an mir auch den Reflex fest, das eigentlich zu wollen. In diesem Antrag wurde aber etwas übersehen. Es gibt nämlich noch diesen "blöden" § 73 ASVG. Gemäß diesem wurde nämlich für einen Personenkreis, der keine Krankenscheingebühren zahlt, auch etwas gemacht. Denn Pensionisten


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zahlen keine Krankenscheingebühren, daher kann man für die Pensionisten die Krankenscheingebühr auch nicht abschaffen.

Wenn einem das ein wirklich echtes Anliegen gewesen wäre, dann hätte man die Beitragserhöhung von 0,5 Prozent hinein nehmen müssen. Daher nehme ich zur Kenntnis – und bin etwas enttäuscht darüber –, daß unsere Kämpfer für den "kleinen Mann" zwar die Krankenscheingebühr abschaffen, den Krankenversicherungsbeitrag für Pensionisten aber erhöht lassen wollen. Das wollte ich hier deutlich sagen. (Zwischenrufe der Abg. Böhacker und Haigermoser. )

Daher fehlt diesem Antrag meiner Ansicht nach die Glaubwürdigkeit aus sozialpolitischen Gründen. Wir werden im Ausschuß darüber reden, und ich bin gespannt darauf, was Sie von den Freiheitlichen da machen werden.

Das war nur Theater! Sozialpolitik jedenfalls nicht, nicht einmal falsche! – Danke. (Beifall beim Liberalen Forum.)

22.27

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Damit ist die Debatte geschlossen.

Den Antrag 377/A, über den soeben die erste Lesung durchgeführt wurde, weise ich dem Ausschuß für Arbeit und Soziales zu.

18. Punkt

Wahl in die Parlamentarische Versammlung des Europarates

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen nunmehr zum 18. Punkt der Tagesordnung.

Aufgrund einer Vereinbarung in der Präsidialkonferenz ist ein Ersatzmitglied in die Parlamentarische Versammlung des Europarates zu wählen.

Es liegt ein schriftlicher Wahlvorschlag, lautend auf Frau Abgeordnete Dr. Irmtraut Karlsson vor.

Wortmeldungen dazu liegen nicht vor.

Damit kommen wir zur Abstimmung.

Da nur ein Wahlvorschlag vorliegt und es keine Gegenkandidaten gibt, schlage ich vor, daß wir im Sinne des § 66 Abs. 1 der Geschäftsordnung die Wahl nicht mittels Stimmzettel, sondern durch Erheben von den Sitzen durchführen, falls dagegen kein Einwand erhoben wird.

Gibt es einen Einwand? – Das ist nicht der Fall. Dann gehen wir so vor.

Ich ersuche jene Damen und Herren die für die Annahme des einzigen Wahlvorschlages, lautend auf Frau Dr. Karlsson, stimmen wollen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit überwältigender Mehrheit so beschlossen.

Damit ist die Wahl eines Ersatzmitgliedes in die Parlamentarische Versammlung des Europarates vollzogen.

Damit ist die Tagesordnung erledigt.

Anträge auf Einsetzung von Untersuchungsausschüssen

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen zunächst zur Verhandlung über den Antrag der Abgeordneten Anschober und Genossen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses be


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treffend "Kartellbildungen und Preisabsprachen im Zusammenhang mit der Vergabe von Straßenbauaufträgen".

Der Antrag ist an alle Abgeordneten verteilt worden, er muß daher nicht verlesen werden.

Der Antrag hat folgenden Wortlaut:

"Nach einer Reihe von Straßenbauskandalen in den vergangenen sechs Jahren vom Arlbergstraßentunnel über die Pyhrnautobahn, die Karawankenautobahn bis hin zur Ostautobahn, die immer das gleiche Strickmuster zeigten, ist nun in Oberösterreich erstmals der direkte Beweis von Kartellbildungen und Preisabsprachen gelungen. Nach Meinung des Linzer Kontrollamtschefs Klug ist es dadurch in den vergangenen Jahren zu Schäden in Milliardenhöhe für die öffentliche Hand gekommen, die durch eine Verfilzung von Beamtenschaft, Bauwirtschaft und Parteien mitverursacht wurden.

Die unterfertigten Abgeordneten beantragen die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur Untersuchung folgenden Gegenstandes:

,Kartellbildungen und Preisabsprachen im Zusammenhang mit der Vergabe von Straßenbauaufträgen."

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Es wurde die Durchführung einer Debatte verlangt, in die wir sogleich eintreten.

Zu Wort gemeldet ist der Erstantragsteller, Herr Abgeordneter Anschober. – Er ist jedoch nicht anwesend. Nach der Geschäftsordnung erhält zunächst der Antragsteller das Wort. Wenn er nicht da ist, kann eine Debatte über den Antrag nicht stattfinden. (Beifall bei der SPÖ und den Freiheitlichen.)

Wir werden in der Präsidialsitzung besprechen, ob wir bei dieser Vorgangsweise bleiben. Ich regle das heute einmal unpräjudiziell so.

Ich lasse über diesen Antrag nun aber abstimmen , auch wenn keine Debatte durchgeführt wird, und ich bitte, die Plätze einzunehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem Antrag Anschober auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zustimmen, der die Vergabe von Straßenbauaufträgen überprüfen soll, ein Zeichen der Zustimmung zu geben. – Dieser Antrag ist abgelehnt.

Damit kommen wir zur Verhandlung über den Antrag der Abgeordneten Dr. Haider und Genossen betreffend die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur "näheren Untersuchung der politischen und rechtlichen Verantwortung der zuständigen Bundesminister für Finanzen im Zusammenhang mit dem An- und Verkauf der HTM-Gruppe".

Auch dieser Antrag wurde inzwischen an alle Abgeordneten verteilt.

Der Antrag hat folgenden Wortlaut:

"Der Nationalrat wolle gemäß § 33 Abs. 1 GOG-NR beschließen:

'Zur Untersuchung

der politischen und rechtlichen Verantwortung der ehemaligen Bundesminister für Finanzen, Dkfm. Lacina, Dr. Staribacher und Mag. Klima, im Zusammenhang mit dem An- und Verkauf der HTM-Gruppe,


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der politischen und rechtlichen Verantwortung der ehemaligen Bundesminister für Finanzen, Dkfm. Lacina, Dr. Staribacher und Mag. Klima, im Zusammenhang mit der politisch motivierten Einflußnahme auf Organe der AT im Zusammenhang mit dem An- und 'Verkauf' der HTM-Gruppe sowie

der politischen und rechtlichen Verantwortung der ehemaligen Bundesminister für Finanzen, Dkfm. Lacina, Dr. Staribacher und Mag. Klima, im Zusammenhang mit den Stellungnahmen der Eigentümervertreter der ATW gegenüber der EU-Kommission betreffend die Genehmigung der staatlichen Beihilfe der öffentlichen Holdinggesellschaft Austria Tabakwerke (ATW) in der Höhe von 1,59 Milliarden Schilling zugunsten der österreichischen Gesellschaft Head Tyrolia Mares (HTM)

wird ein Untersuchungsausschuß eingesetzt, der aus insgesamt 13 Abgeordneten im Verhältnis 4 SPÖ, 4 ÖVP, 3 FPÖ, 1 LIF, 1 Grüne besteht.'

Die unterzeichneten Abgeordneten verlangen gemäß § 33 Absatz 2 iVm 57a und b GOG die Durchführung einer Debatte über diesen Antrag."

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Es liegt die Wortmeldung des Mitunterzeichners Peter Rosenstingl vor. – Bitte. Die Redezeit beträgt 10 Minuten. (Abg. Dr. Fuhrmann: Wo ist der Haider? – Weitere Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP.)

22.32

Abgeordneter Peter Rosenstingl (Freiheitliche): Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, daß es viel besser wäre, sich darüber aufzuregen, daß durch den HTM-Ankauf beziehungsweise durch den HTM-Verkauf hoher wirtschaftlicher Schaden entstanden ist. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Lebhafte Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Kiss: Wo ist Haider? Das ist eine Mißachtung des Parlaments!)

Präsident Dr. Heinz Fischer (das Glockenzeichen gebend): Herr Abgeordneter! Bitte setzen Sie fort!

Abgeordneter Peter Rosenstingl (fortsetzend) : Ich glaube, es wäre besser für Sie, sich damit zu beschäftigen, wieso es so viele ungeklärte Abläufe in diesem Bereich gegeben hat! Es wäre fraglos an der Zeit, sich darüber Gedanken zu machen, warum so viele Unregelmäßigkeiten vorliegen und warum diese Regierungskoalition seinerzeit diesen HTM-Kauf so sehr unterstützt hat!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir müssen heute leider feststellen, daß dabei ein wirtschaftlicher Schaden in Höhe von mindestens 3,4 Milliarden entstanden ist. Damit wurde den österreichischen Steuerzahlern Schaden in Milliardenhöhe zugefügt. Und dieser Schaden in Milliardenhöhe muß wieder einmal von den Österreicherinnen und Österreichern bezahlt werden! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir müssen uns damit beschäftigen, wieso es zu verschiedenen Abläufen kam und wie man diese aufklären kann. Wir müssen uns damit beschäftigen, daß Unregelmäßigkeiten vorliegen und daß ziemlich klar feststeht, daß es eine bewußte Falschinformation der EU-Kommission in diesem Bereich gegeben hat. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist aufklärungsbedürftig, warum im Jahre 1993 Bundesminister Lacina diesem Ankauf zugestimmt hat, obwohl er sich zunächst dagegen ausgesprochen hat. Es ist nicht nachvollziehbar, warum es zu einem solchen Wandel kam. Mit dieser Zustimmung durch den damaligen Bundesminister Lacina wurde sozusagen der Grundstein für diesen Schaden in Milliardenhöhe gelegt.

Es ist aber auch aufklärungsbedürftig, daß der damalige Bundesminister Staribacher beim Verkauf großen Druck ausgeübt hat, damit dieser Verkauf zustande kommt, und dadurch kam es zu Fehlentscheidungen in hohem Maße.


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Es ist aufklärungsbedürftig, warum dem Käufer Eliasch große Bonität zugestanden wurde, obwohl diese tatsächlich nicht gegeben war. Wir müssen aufklären, warum nicht überprüft wurde, ob der Käufer die entsprechende Bonität besitzt.

Meine Damen und Herren! Es ist doch sehr interessant, daß in der Aufsichtsratssitzung vom 2. November 1995 der damalige Aufsichtsratsvorsitzende gemeint hat – was auch protokolliert wurde –, daß sich "der Aufsichtsrat bei seiner Entscheidung über den Verkauf der HTM-Gruppe an Eliasch auf die Informationen über die Zusammensetzung der Käufergruppe verlassen und daher angenommen habe, daß bei dieser ausreichenden Kapazitäten sowohl hinsichtlich Eigenkapital als auch für das Sanierungsmanagement vorhanden sind! Nach dem bisherigen Verlauf muß er jedoch feststellen, daß Treichl den Aufsichtsrat nicht ausreichend informiert hat."

Was wollen Sie also noch mehr an Beweisen, daß es in dieser Angelegenheit aufklärungsbedürftige Vorgänge gibt, als daß selbst der Aufsichtsratsvorsitzende bei einer Sitzung die Bemerkung macht, daß er falsch informiert wurde! Wir haben dadurch den Beweis auf dem Tisch, daß es in diesem Zusammenhang Abläufe gab, die nicht ordentlich abgewickelt wurden. Wir haben den Beweis auf dem Tisch, daß es Falschinformationen gab. Wir haben den Beweis auf dem Tisch, daß die EU-Kommission falsch informiert wurde. Und wir haben – was viel schlimmer ist – den Beweis auf dem Tisch, daß ein Schaden in Höhe von 3,4 Milliarden Schilling entstanden ist.

Wenn Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren von der Regierungskoalition, von den Sozialdemokraten, von der ÖVP, der Meinung sind, daß es sich nicht so verhielt, dann ist das ein Grund für Sie, einem Untersuchungsausschuß zuzustimmen! Dann könnten Sie nämlich beweisen, daß keine Verfehlungen vorliegen. Dann könnten Sie beweisen, daß die Entscheidung des damaligen Finanzministers Lacina richtig war. Dann könnten Sie beweisen, daß beim Verkauf die Einflußnahme und der Druck, den der damalige Bundesminister Staribacher ausgeübt hat, richtig war. – Ich glaube aber, daß Sie das nicht beweisen können! Denn wenn einmal ein Schaden in Höhe von 3,4 Milliarden entstanden ist, dann fällt es schwer, einen Beweis zu führen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich ersuche Sie, im Interesse der österreichischen Steuerzahler bei dieser Aufklärung mitzuwirken und der Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zuzustimmen! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Schieder: Jetzt ist Haider da!)

22.37

Präsident Dr. Heinz Fischer: Die nächste Wortmeldung liegt von Herrn Abgeordneten Dr. Haider vor. Redezeit: 5 Minuten. – Bitte. (Lebhafte Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP.)

22.37

Abgeordneter Dr. Jörg Haider (Freiheitliche): Ich bin überrascht, daß Sie aufwachen, wenn ich da bin! Das ist eine tolle Sache! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Das ist das einzige Lebenszeichen, das die ÖVP noch von sich gibt in diesem Hohen Hause, denn ansonsten ist sie ohnedies unweigerlich dem großen Koalitionspartner verpflichtet – sonst würde sie in dieser Frage wahrscheinlich schon längst selbst initiativ geworden sein, um aufzuklären, warum ein sonderbarer Eigentümerwechsel bei einem im Eigentum eines Staatsbetriebes stehenden Sportartikelerzeugers vor sich gehen kann, der bis zur Stunde den österreichischen Steuerzahler immerhin 3,6 Milliarden Schilling gekostet hat!

Gleichzeitig sind 600 Arbeitsplätze bei der Firma HTM verlorengegangen. In der Zwischenzeit ist das Eigentum an diesem Unternehmen, das einstmals der Austria Tabak gehört hat, also einem Staatsbetrieb, an einen Ausländer übergegangen, der nicht nur eine sonderbare Holding auf den Cayman Islands unterhält, sondern der auch seine betrieblichen Einlageverpflichtungen bis zur Stunde nicht erfüllt hat. Und das ist der Punkt!

Es war die Frage offen, ob Eliasch dieser Unternehmenstransfer von der EU-Kommission genehmigt wird. Davon ist es abgehangen, ob dieser Vertrag auch rechtmäßig zustande gekommen ist. Die EU-Kommission wurde von den österreichischen Stellen offenbar falsch informiert.


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Der EU-Kommission wurde mitgeteilt, daß Eliasch vertraglich zugesichert hat, einen Eigenbeitrag von 300 Millionen Schilling innerhalb von drei Jahren zu leisten.

Das ist absolut falsch! Eliasch hat niemals diese Verpflichtung übernommen, daher macht sich auch jetzt das gesamte Bankenkonsortium erpreßbar. Eliasch will nicht nur die 900 Millionen Schilling, die man ihm bisher nachgelassen hat, nicht zurückzahlen, sondern er will auch weitere Nachlässe in Höhe von 800 Millionen Schilling, damit er Eigenkapitalzuschüsse, die er zu leisten hätte, nicht erbringen muß.

Trotzdem haben die österreichischen Stellen – einschließlich dieser Regierung und ihrer Mitglieder – der EU-Kommission mitgeteilt, daß das mit diesen 300 Millionen Schilling richtig sei. Das ist eine bewußte Falschinformation. Man hat der EU-Kommission mitgeteilt, daß die Austria Tabak einen Auftrag zur Privatisierung von HTM erteilt hätte. – Auch einen solchen hat es nie gegeben! Vielmehr war ein gewisser Herr Treichl, der Sohn des früheren Generaldirektors der CA Treichl, im Auftrag einer ausländischen Bank tätig, um eine Privatisierung der Austria Tabak zu versuchen; er wurde dann von der Austria Tabak als Sanierer für HTM eingesetzt.

Obwohl dieser Herr Treichl noch Anfang August für die Sanierung dieses Unternehmens tätig war und immerhin 500 000 S an Handgeld für seine monatliche Beratungstätigkeit kassiert hat, hat er 14 Tage später plötzlich die Meinung vertreten, dieses Unternehmen müsse verkauft werden, weil es nicht mehr sanierungsfähig sei.

Da spielt dann alles zusammen: Finanzminister Staribacher zwingt das Management der Austria Tabak zum Rücktritt, setzt es ab, setzt Interimsvorstände in der Person seiner eigenen Sekretäre ein, die dann gleichzeitig eine Haftpflichtversicherung abschließen, weil sie sagen: Wir sind gar nicht geeignet dafür, die Sanierung durchzuführen, und wenn uns einmal etwas auf den Kopf fallen sollte, dann soll die Haftpflichtversicherung für uns den Schaden zahlen. Dann informiert man die EU-Kommission falsch, Eliasch erfüllt seine Nachschußverpflichtungen nicht und die österreichischen Steuerzahler verlieren 3,6 Milliarden Schilling. Dann müssen die österreichischen Banken noch zusätzlich zu den 900 Millionen Schilling weitere 800 Millionen Schilling nachlassen, und dann gehen 600 Arbeitsplätze verloren.

Dabei spielten drei Finanzminister mit: Lacina, Staribacher und Klima!

Daher sind wir der Meinung, daß es bei einem Debakel von 3,6 Milliarden Schilling, bei gleichzeitigem Verlust von Hunderten Arbeitsplätzen und der Drohung, daß dieses Unternehmen überhaupt konkursreif wird, bei welchem letztlich außer Spesen nichts gewesen ist, wohl notwendig wäre, einmal die Verantwortung bei jenen zu suchen, die die EU-Kommission falsch informiert haben. Denn hätte die EU-Kommission nicht die Zustimmung erteilt, daß Österreich die hohen Förderungen an die HTM geben darf, weil der Eigentümer bereit ist, Eigenkapital zuzuschießen, hätte es dieses Debakel nicht gegeben!

Präsident Dr. Heinz Fischer (das Glockenzeichen gebend): Bitte um den Schlußsatz.

Abgeordneter Dr. Jörg Haider (fortsetzend): Jawohl, Herr Präsident. – Ich ersuche Sie daher, meine Damen und Herren – nicht aber, um den Freiheitlichen eine Freude zu machen, sondern um eines der größten Kriminalstücke der Wirtschaftsgeschichte in unserem Staate restlos aufzuklären und die Verantwortlichen dafür haftbar zu machen –, der Einsetzung eines solchen Untersuchungsausschuß die Zustimmung zu erteilen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

22.43

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Debatte ist daher geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur näheren Untersuchung der politischen und rechtlichen Verantwortung der zuständigen Bundesminister für Finanzen im Zusammenhang mit dem An- und Verkauf der HTM-Gruppe.


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
67. Sitzung / Seite 220

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem Antrag auf Einsetzung des soeben beschriebenen Untersuchungsausschusses ihre Zustimmung geben, dies durch ein Zeichen zu bekunden. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

Einlauf

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich gebe bekannt, daß in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 414/A bis 428/A eingebracht wurden.

Ferner sind die Anfragen 2187/J bis 2226/J eingelangt.

Die nächste Sitzung des Nationalrates, die geschäftsordnungsmäßigen Mitteilungen und Zuweisungen dient, berufe ich im unmittelbaren Anschluß an diese Sitzung ein.

Die Sitzung ist geschlossen.

Schluß der Sitzung: 22.44 Uhr