Stenographisches Protokoll

61. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

XXI. Gesetzgebungsperiode

 

Dienstag, 27. März 2001

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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61. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXI. Gesetzgebungsperiode Dienstag, 27. März 200


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61. Sitzung / Seite 2

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Dauer der Sitzung

Dienstag, 27. März 2001: 10.01 – 19.14 Uhr

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Tagesordnung

1. Punkt: Wahl eines Schriftführers/einer Schriftführerin

2. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über das Bundesgesetzblatt 1996, das Bundesgesetz über die Bundesrechenzentrum GmbH (BRZ GmbH), das Einkommensteuergesetz 1988, das Umgründungssteuergesetz, das Umsatzsteuergesetz 1994, das Erdgasabgabegesetz, das Staatsdruckereigesetz 1996, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1984, das Landesvertragslehrergesetz 1966, das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz, das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 und das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz geändert werden sowie ein Bundesgesetz, mit dem die Agentur für Ernährungssicherheit – Österreich errichtet wird (Ernährungssicherheitsgesetz), erlassen wird (Budgetbegleitgesetz 2002)

3. Punkt: Bericht und Antrag betreffend den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Entschädigungsfondsgesetz (BGBl. I Nr. 12/2001), das Bundesfinanzgesetz 2001 (BGBl. I Nr. 1/2001) und das Versöhnungsfonds-Gesetz (BGBl. I Nr. 74/2000) geändert werden

4. Punkt: Bundesgesetz über die Errichtung einer Bundesbeschaffung Gesellschaft mit beschränkter Haftung (BB-GmbH-Gesetz)

5. Punkt: Bericht und Antrag betreffend den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Bundesfinanzgesetz 2001, BGBl. I Nr. 1/2001, geändert wird

6. Punkt: Bundesgesetz über die Leistung eines zusätzlichen Beitrages zum Internationalen Fonds für landwirtschaftliche Entwicklung (IFAD)

7. Punkt: Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und dem Kabinett der Minister der Ukraine über Amtshilfe und gegenseitige Zusammenarbeit in Zollsachen

8. Punkt: Abkommen zwischen der Republik Österreich und Bosnien und Herzegowina zur Förderung und zum Schutz von Investitionen

9. Punkt: Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Simbabwe über die Förderung und den Schutz von Investitionen samt Protokoll

10. Punkt: Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Königreich Nepal zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen samt Protokoll

11. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Zählung von Arbeitsstätten (Arbeitsstättenzählungsgesetz) geändert wird

12. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 332/A (E) der Abgeordneten Emmerich Schwemlein und Genossen betreffend Modellregionen im Tourismus

13. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 251/A (E) der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen betreffend Anhebung der Ausgleichstaxe nach dem Behinderteneinstellungsgesetz

14. Punkt: Bericht über die Petition (7/PET) zur Rettung des Schönbrunner Bades, überreicht vom Abgeordneten Dr. Erwin Rasinger

15. Punkt: Sammelbericht über die Petitionen Nr. 6, 7 und 9 sowie über die Bürgerinitiativen Nr. 3 und 5 bis 9

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Inhalt

Nationalrat

1. Punkt: Wahl eines Schriftführers/einer Schriftführerin 28

Wahlergebnis:

Sophie Bauer 28

Personalien

Verhinderungen 11

Ordnungsruf 38

Geschäftsbehandlung

Antrag der Abgeordneten Paul Kiss, Wolfgang Jung und Genossen, dem Ausschuss für innere Angelegenheiten zur Berichterstattung über die Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Ein-, Aus- und Durchfuhr von Kriegsmaterial und das Waffengesetz 1996 geändert werden sowie ein Truppenaufenthaltsgesetz erlassen wird, 428 d. B., gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung eine Frist bis 9. Mai 2001 zu setzen 27

Verlangen gemäß § 43 Abs. 3 der Geschäftsordnung auf Durchführung einer kurzen Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG 27

Redner:

Paul Kiss 85

Dr. Peter Kostelka 87

Walter Murauer 88

Wolfgang Jung 89

Dr. Peter Pilz 91

Annahme des Fristsetzungsantrages 92

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung 27


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61. Sitzung / Seite 3

Aktuelle Stunde (13.)

Thema: "Die Regierung gefährdet die Unabhängigkeit und die wirtschaftliche Existenz des ORF"

Redner:

Dr. Josef Cap 11

Staatssekretär Franz Morak 13

Peter Schieder 16

Dr. Andreas Khol 17

Ing. Peter Westenthaler 18

Mag. Terezija Stoisits 19

Dr. Peter Wittmann 20

Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer 21

Dr. Michael Krüger 22

Dr. Eva Glawischnig 24

Bundesregierung

Vertretungsschreiben 26

Ausschüsse

Zuweisungen 26, 125

Verhandlungen

Gemeinsame Beratung über

2. Punkt: Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (499 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über das Bundesgesetzblatt 1996, das Bundesgesetz über die Bundesrechenzentrum GmbH (BRZ GmbH), das Einkommensteuergesetz 1988, das Umgründungssteuergesetz, das Umsatzsteuergesetz 1994, das Erdgasabgabegesetz, das Staatsdruckereigesetz 1996, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1984, das Landesvertragslehrergesetz 1966, das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz, das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 und das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz geändert werden sowie ein Bundesgesetz, mit dem die Agentur für Ernährungssicherheit – Österreich errichtet wird (Ernährungssicherheitsgesetz), erlassen wird (Budgetbegleitgesetz 2002) (539 d. B.) 28

3. Punkt: Bericht und Antrag des Budgetausschusses betreffend den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Entschädigungsfondsgesetz (BGBl. I Nr. 12/2001), das Bundesfinanzgesetz 2001 (BGBl. I Nr. 1/2001) und das Versöhnungsfonds-Gesetz (BGBl. I Nr. 74/2000) geändert werden (541 d. B.) 28

Redner:

Doris Bures 29

Hermann Böhacker (tatsächliche Berichtigung) 30

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll 31

Mag. Werner Kogler 33

Mag. Gilbert Trattner 38

Dr. Dieter Antoni 40

Staatssekretär Dr. Alfred Finz 42

Werner Amon, MBA 43

Dieter Brosz 45


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61. Sitzung / Seite 4

Mag. Karl Schweitzer 48

Dieter Brosz (tatsächliche Berichtigung) 50

Dr. Robert Rada 51

Mag. Karl Schweitzer (tatsächliche Berichtigung) 52

Bundesministerin Elisabeth Gehrer 52

Dr. Robert Rada (tatsächliche Berichtigung) 54

Dr. Gottfried Feurstein 54

Karl Öllinger 56

Hermann Böhacker 58

Anna Huber 60

Dr. Gertrude Brinek 62

Dr. Gabriela Moser 63

Georg Schwarzenberger 65

Mag. Kurt Gaßner (tatsächliche Berichtigung) 6


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7

Kurt Eder 67

Mag. Martina Pecher 69

Helmut Dietachmayr 71

Mag. Johanna Mikl-Leitner 72

Mag. Barbara Prammer 74

DDr. Erwin Niederwieser 75

Marianne Hagenhofer 76

Mag. Terezija Stoisits 77

Dr. Andreas Khol 78

Dr. Peter Kostelka 79

Dr. Michael Krüger 79

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 539 und 541 d. B. 80

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 539 d. B. beigedruckten Entschließung betreffend Errichtung einer Agentur für Ernährungssicherheit – Österreich (E 72) 80

Gemeinsame Beratung über

4. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (486 d. B.): Bundesgesetz über die Errichtung einer Bundesbeschaffung Gesellschaft mit beschränkter Haftung (BB-GmbH-Gesetz) (546 d. B.) 81

5. Punkt: Bericht und Antrag des Finanzausschusses betreffend den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Bundesfinanzgesetz 2001, BGBl. I Nr. 1/2001, geändert wird (547 d. B.) 81

Redner:

Günter Kiermaier 81

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll 83

Mag. Werner Kogler 83

Hermann Böhacker 92

Anna Huber 94

Hermann Böhacker (tatsächliche Berichtigung) 95

Staatssekretär Dr. Alfred Finz 96

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann 97

Dr. Eva Glawischnig 98

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann (tatsächliche Berichtigung) 100

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 546 und 547 d. B. 100

Gemeinsame Beratung über

6. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (419 d. B.): Bundesgesetz über die Leistung eines zusätzlichen Beitrages zum Internationalen Fonds für landwirtschaftliche Entwicklung (IFAD) (542 d. B.) 101

7. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (425 d. B.): Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und dem Kabinett der Minister der Ukraine über Amtshilfe und gegenseitige Zusammenarbeit in Zollsachen (543 d. B.) 101

8. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (383 d. B.): Abkommen zwischen der Republik Österreich und Bosnien und Herzegowina zur Förderung und zum Schutz von Investitionen (544 d. B.) 101

9. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (420 d. B.): Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Simbabwe über die Förderung und den Schutz von Investitionen samt Protokoll (545 d. B.) 101

10. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (443 d. B.): Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Königreich Nepal zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen samt Protokoll (548 d. B.) 101

Redner:

Hans Müller 101

Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber 102

Annahme des Gesetzentwurfes in 542 d. B. 103

Genehmigung der vier Staatsverträge in 425, 383, 420 und 443 d. B. 104

Gemeinsame Beratung über

11. Punkt: Bericht des Wirtschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (284 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Zählung von Arbeitsstätten (Arbeitsstättenzählungsgesetz) geändert wird (528 d. B.) 104

12. Punkt: Bericht des Wirtschaftsausschusses über den Entschließungsantrag 332/A (E) der Abgeordneten Emmerich Schwemlein und Genossen betreffend Modellregionen im Tourismus (529 d. B.) 104

13. Punkt: Bericht des Wirtschaftsausschusses über den Entschließungsantrag 251/A (E) der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen betreffend Anhebung der Ausgleichstaxe nach dem Behinderteneinstellungsgesetz (530 d. B.) 104

14. Punkt: Bericht des Wirtschaftsausschusses über die Petition (7/PET) zur Rettung des Schönbrunner Bades, überreicht vom Abgeordneten Dr. Erwin Rasinger (531 d. B.) 105

Redner:

Günter Kiermaier 105

Dkfm. Dr. Günter Puttinger 106

Mag. Kurt Gaßner 107

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann 108

Emmerich Schwemlein 109, 116

Dr. Evelin Lichtenberger 111

Dkfm. Dr. Hannes Bauer 112

Mag. Dr. Josef Trinkl 114

Staatssekretärin Mares Rossmann 115, 122

Patrick Ortlieb 117

Theresia Haidlmayr 117


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61. Sitzung / Seite 6

Dr. Reinhold Mitterlehner 119

Sigisbert Dolinschek 120

Mag. Martina Pecher 121

Detlev Neudeck 123

Mag. Werner Kogler 124

Annahme des Gesetzentwurfes in 528 d. B. 125

Kenntnisnahme der drei Ausschussberichte 529, 530 und 531 d. B. 125

Zuweisung des Entschließungsantrages 251/A (E) an den Ausschuss für Arbeit und Soziales 125

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 531 d. B. beigedruckten Entschließung betreffend Rettungsmaßnahmen für das Schönbrunner Bad (E 73) 125

15. Punkt: Sammelbericht des Ausschusses für Petitionen und Bürgerinitiativen über die Petitionen Nr. 6, 7 und 9 sowie über die Bürgerinitiativen Nr. 3 und 5 bis 9 (444 d. B.) 126

Redner:

Mag. Gisela Wurm 126

Edeltraud Gatterer 128

Edith Haller 129

Theresia Haidlmayr 130

Rainer Wimmer 132

Johann Kurzbauer 133

Dr. Gerhard Kurzmann 134

Dr. Robert Rada 135

Dr. Alois Pumberger 136

Mag. Christine Muttonen 137

Ilse Burket 138

DDr. Erwin Niederwieser 139

Anton Heinzl 141

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 142

Eingebracht wurden

Petition 26

Petition betreffend "Eine Chance auf Familienleben – auch den im Handel Beschäftigten" (Ordnungsnummer 21) (überreicht von der Abgeordneten Mag. Barbara Prammer )

Bürgerinitiative 26

Bürgerinitiative betreffend "Bevor es zu spät ist" (Ordnungsnummer 18)

Regierungsvorlagen 26

483: Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über Funkanlagen und Telekommunikationsendeinrichtungen erlassen wird und das Telekommunikationsgesetz sowie das Bundesgesetz über die Verkehrs-Arbeitsinspektion geändert werden

532: Objektivierungsgesetz


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61. Sitzung / Seite 7

533: Bundesgesetz über den unabhängigen Dienstrechts- und Objektivierungskontrollsenat (UDOS-G)

534: Objektivierungs-Begleitgesetz umfassend: Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird; Bundesverfassungsgesetz, mit dem Bundesverfassungsgesetze und Verfassungsbestimmungen aufgehoben und geändert werden; Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Vertragsbedienstetengesetz 1948 und das Bundes-Personalvertretungsgesetz geändert werden

Bericht 27

III-93: Bericht über die Tätigkeit der Arbeitsinspektion im Jahre 1999; BM f. Wirtschaft und Arbeit

Antrag der Abgeordneten

Dr. Alois Pumberger, Dr. Erwin Rasinger und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert werden (412/A)

Anfragen der Abgeordneten

Heinz Gradwohl und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend die Aufforderung "Nachzuschauen", wie angeblich Milliarden in der EU versickern (2179/J)

Heinz Gradwohl und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Vollziehung des Futtermittelgesetzes, des Tiermehl-Gesetzes und des Düngemittelgesetzes im Bundesland Niederösterreich (2180/J)

Heinz Gradwohl und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Import von gentechnisch verändertem Soja zur österreichischen Futtermittelproduktion (2181/J)

Heinz Gradwohl und Genossen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Import von gentechnisch verändertem Soja zur österreichischen Futtermittelproduktion (2182/J)

Mag. Karl Schweitzer und Genossen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend Veranstaltung der SPÖ in der Diplomatischen Akademie am 15. März 2001 (2183/J)

Gabriele Heinisch-Hosek und Genossen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend drohende Einstellung von Nebenbahnen/Privatbahnen (2184/J)

Dr. Robert Rada und Genossen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Versäumnisse der Klimaschutzpolitik im Verkehrssektor (2185/J)

Dr. Günther Kräuter und Genossen an die Bundesministerin für öffentliche Leistung und Sport betreffend Abfuhr für Graz als Fußball-EM-Austragungsort (2186/J)

Mag. Barbara Prammer und Genossen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Verdacht auf grobe Verfahrensmängel und Diskriminierung von Mag. Monika Herbstrith bei der Bestellung einer/eines Direktorin/Direktors an der Zentrallehranstalt HTL Spengergasse (2187/J)


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61. Sitzung / Seite 8

Manfred Lackner und Genossen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Senkung von Medikamentenpreisen (2188/J)

Manfred Lackner und Genossen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Gesundheitssystem und Krankenkassen (2189/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend "4-Augen-Prinzip bei der Lebensmittelsicherheit auf EU-Ebene" (2190/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend den "Förderungsmissbrauch bei subventionierten Tiertransporten" (2191/J)

Theresia Zierler und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend "Leitlinien Grüner Politik" (2192/J)

Manfred Lackner und Genossen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend umfassende Reform der Gesundheitsberufe bis 2000 (2193/J)

Helmut Dietachmayr und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Vertriebenen-Fonds (2194/J)

Manfred Lackner und Genossen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend die AK-Studie über die Preise von rezeptfreien Medikamenten (2195/J)

Dr. Peter Wittmann und Genossen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend die Ostumfahrung Wiener Neustadt (2196/J)

Dr. Ilse Mertel und Genossen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend die Finanzierung und gesetzliche Regelung einer Datenerhebung zur "Zeitverwendung" durch die STATISTIK AUSTRIA (2197/J)

Dr. Ilse Mertel und Genossen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend die Finanzierung und gesetzliche Regelung einer Datenerhebung zur "Zeitverwendung" durch die STATISTIK AUSTRIA (2198/J)

Gerhard Reheis und Genossen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend unterirdische Verkehrsachse Stuttgart–Brescia als Zukunftsvision der italienischen Staatsstraßenverwaltung ANAS (2199/J)

Dr. Sylvia Papházy, MBA und Genossen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Aufgaben und Tätigkeiten des Akkreditierungsrates (2200/J)

Mag. Karl Schweitzer und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Weitergabe von Observationsberichten an FORMAT (2201/J)

Rudolf Parnigoni und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend das Recht auf freie Meinungsäußerung im Bundesministerium für Inneres (2202/J)

Dr. Kurt Grünewald und Genossen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend illegale Medikamentenversuche in der Psychiatrie (2203/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Impfen; mögliche Erhöhung der Kinder


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sterblichkeit durch WHO-Impfkampagnen; Notwendigkeit einer sofortigen Überprüfung (2204/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Evaluierung erfolgter Ausgliederungen (2205/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Machbarkeitsstudie City-S-Bahn (2206/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Verantwortlichkeit und Verwaltungsstrafen im Lebensmittelbereich (2207/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Kennzeichnung und Gütezeichen (2208/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Reform der Lebensmittelkontrolle (2209/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Telekom Austria (2210/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend "Entschlackung" des WGG, Rückzahlung von Finanzierungsbeiträgen nach WGG (2211/J)

Mag. Terezija Stoisits und Genossen an den Bundeskanzler betreffend die Vertretung der steirischen Slowenen im Volksgruppenbeirat für die slowenische Volksgruppe (2212/J)

Theresia Haidlmayr und Genossen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Suizidprävention für ältere Menschen in Österreich (2213/J)

Dieter Brosz und Genossen an die Bundesministerin für öffentliche Leistung und Sport betreffend EU-rechtswidrige Ausländerbeschränkung in der 1. Division der Fußballbundesliga (2214/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend unhaltbare Entgleisungen eines Managers der FPÖ-nahen Privatuniversität Imadec (Sprengung von Asylantenheimen bzw. Verarbeitung von Menschen zu Kebab) als "scherzhafte" SMS-Sendungen (2215/J)

Dieter Brosz und Genossen an die Bundesministerin für öffentliche Leistung und Sport betreffend Ausländerbeschränkung im Amateurfußball (2216/J)


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Rudolf Parnigoni und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend das "Büro für innere Angelegenheiten" (2217/J)

Astrid Stadler und Genossen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Planungs- und Finanzierungsstand notwendiger Verbesserungen am Straßennetz im Tiroler Oberland (2218/J)

Helmut Dietachmayr und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Verwendung von Kreditkarten bei der Bezahlung von Verkehrsstrafen (2219/J)

Rudolf Parnigoni und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Einrichtung einer Sicherheitsakademie (2220/J)

Rudolf Parnigoni und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Bestellung eines Rechtsschutzbeauftragten (2221/J)

Anfragebeantwortungen

der Bundesministerin für öffentliche Leistung und Sport auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (1784/AB zu 1786/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (1785/AB zu 1736/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (1786/AB zu 1778/J)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Otmar Brix und Genossen (1787/AB zu 1913/J)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (1788/AB zu 1973/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber und Genossen (1789/AB zu 1790/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (1790/AB zu 1896/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Helmut Dietachmayr und Genossen (1791/AB zu 1856/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Dieter Brosz und Genossen (1792/AB zu 1823/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig und Genossen (1793/AB zu 1791/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Georg Oberhaidinger und Genossen (1794/AB zu 1813/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (1795/AB zu 1800/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (1796/AB zu 1838/J)

*****

des Präsidenten des Nationalrates auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (14/ABPR zu 13/JPR)

 


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Beginn der Sitzung: 10.01 Uhr

Vorsitzende: Präsident Dr. Heinz Fischer, Zweiter Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn, Dritter Präsident Dr. Werner Fasslabend.

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Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf Sie einladen, Ihre Plätze einzunehmen, und ich eröffne die 61. Sitzung des Nationalrates, die für heute, 10 Uhr, einberufen wurde.

Das Amtliche Protokoll der 60. Sitzung vom 20. März ist im Sinne der Bestimmungen in der Parlamentsdirektion aufgelegen und ohne Einspruch geblieben; es gilt daher als genehmigt.

Als verhindert gemeldet für die heutige Sitzung sind die Abgeordneten Ing. Gerhard Bauer, Mag. Firlinger, Rosemarie Bauer und Ing. Maderthaner.

Aktuelle Stunde

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich gelange nunmehr zur Aktuellen Stunde, deren Thema lautet:

"Die Regierung gefährdet die Unabhängigkeit und die wirtschaftliche Existenz des ORF"

Die erste Wortmeldung liegt mir dazu von Herrn Abgeordnetem Dr. Cap vor. Die Redezeit beträgt 10 Minuten. – Bitte.

10.02

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Es ist bezeichnend, dass Sie (in Richtung Freiheitliche und ÖVP) gerätselt haben, welches Abzeichen wir heute tragen. Es ist das Wiener Wappen. (Alle Abgeordneten der SPÖ tragen das Wiener Stadtwappen am Revers.) Es wird Ihnen nicht entgangen sein, dass am Sonntag Landtags- und Gemeinderatswahlen sind. (Abg. Mag. Schweitzer: Waren!) Mich wundert, dass Sie noch da sind, Sie sollten Ihre Wähler suchen, Herr Klubobmann Westenthaler! (Beifall bei der SPÖ.) Ich sage Ihnen: Ich bin stolz, Wiener zu sein (Abg. Nürnberger: Simmering!), und ich werde das heute noch begründen können.

Wir haben heute eine Materie zu diskutieren, die von Ihnen in dieser Woche auch in einer Pressekonferenz präsentiert werden wird. Morgen werden die so genannten Weisen an die Öffentlichkeit treten, es wird um das ORF-Gesetz gehen.

Ich behaupte, nach der Niederlage bei den Landtags- und Gemeinderatswahlen in Wien werden Sie jetzt noch härter versuchen, Ihren Machtanspruch in Österreich durchzusetzen. Sie werden noch weniger mit der Opposition reden, und Sie werden das Volk und die Bevölkerung noch mehr fürchten. Und Letzteres zu Recht, sage ich Ihnen.

Daher meine ich, wenn es um dieses ORF-Gesetz geht, dann geht es Ihnen nicht darum, dass dieses Gesetz die Unabhängigkeit des ORF sichern soll, und dann geht es Ihnen auch nicht darum, dass der ORF seine wirtschaftliche Existenz auch in Zukunft in dem Ausmaß gesichert haben soll, wie es bis jetzt der Fall ist. Ihr Vorschlag, den Sie in Ihrer Punktation eingebracht haben, ist in Wirklichkeit eine Einschränkung und eine Beseitigung der Unabhängigkeit des ORF. Das ist Ihr Plan. (Beifall bei der SPÖ.)

Es ist doch der größte Schmäh, zu sagen, dass, nur weil Herr Khol, Herr Westenthaler und andere, die Ihrer Politikerdefinition entsprechen, nicht mehr im Kuratorium, sprich im späteren Stiftungsrat vertreten sein sollen, die Politik draußen ist. Dass es ein Glück für das Unternehmen ist, dass Khol und Westenthaler nicht mehr im ORF-Führungsgremium sitzen werden, ist unbe


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stritten. Das wird jeder Hörer und Seher begrüßen, und das werden auch die Mitarbeiter des ORF begrüßen. Aber Sie ändern ja nicht die Entsendungsmöglichkeiten von Regierungsvertretern, von Parteien, von Bundesländern; neun Regierungsvertreter werden auf Grund Ihrer Vorhaben wieder im neuen Stiftungsrat sein. Was werden die dort vertreten? – Natürlich werden sie die Interessen der Regierung zu vertreten haben!

Sie planen: Politiker raus, aber Politiker in anderer Form wieder hinein! Das ist ein Doppelspiel, und dafür werden Sie weiterhin die Rechnung der Wählerinnen und Wähler – und leider der ORF die Rechnung der Hörer und Seher – bekommen. (Beifall bei der SPÖ.) Oder sagen wir es anders: Sie sollen nicht wie Politiker ausschauen, aber sie sollen wie Politiker agieren. Das ist doch die Wahrheit!

Es kommt noch etwas hinzu – weil Herr Klubobmann Khol so schlau schaut; jetzt kommt sein Part –, nämlich die Hörer- und Sehervertretung in der Form zu beseitigen und durch einen Publikumsrat zu ersetzen. In der Sprache Khols heißt das: mehr regierungsloyale Vertreter in den künftigen Stiftungsrat. – So ist die Sprachregelung. Und warum? Damit auch die Blauen mitreden können, denn bis jetzt haben die Schwarzen die absolute Mehrheit im ORF-Kuratorium. Die drittstärkste Partei hat im ORF-Kuratorium die absolute Mehrheit! Sie wird auch im neuen Stiftungsrat die absolute Mehrheit haben, aber sie hat nicht die Zweidrittelmehrheit. Diese ist unter Umständen bei der Abwahl des Generalintendanten interessant.

Wenn man jetzt die Hörer- und Sehervertretung, die eigentlich die Hörer und Seher vertreten soll und nicht die ÖVP und die FPÖ – aber das interessiert die beiden Herren und die beiden Fraktionen nicht –, sozusagen reformiert und in einen schwarz-blauen Publikumsrat umwandelt, dann hat Schwarz-Blau im Stiftungsrat eine Zweidrittelmehrheit. Da ist es natürlich keine Kunst, wenn man dann nonchalant sagt, für die Abwahl des Generalintendanten – dem Sie im Übrigen zugestehen wollen, dass er jetzt ein Durchgriffsrecht hat, damit er dann eine bevorzugte Interventionsstelle ist – können wir ruhig die Notwendigkeit einer Zweidrittelmehrheit vorsehen. Das ist natürlich unter diesem Gesichtspunkt lächerlich.

Sie wollen auch keinen breiten Konsens. Wir haben zum Beispiel vorgeschlagen, bei der Wahl des Generalintendanten sollte man bei einer Zweidrittelmehrheit bleiben. Man sollte bei diesem Gesetz überhaupt darauf schauen, dass es breiten Konsens gibt, dass wirklich mindestens zwei Drittel des Hauses, also eine große Mehrheit hier im Haus mitdiskutieren, mitentscheiden kann. Aber Sie agieren wie bei der Medienbehörde. Sie wollen die Opposition am liebsten gar nicht sehen, und schon gar nicht in den Entscheidungsgremien. Das ist Ihre Grundeinstellung!

Und Sie wollen den ORF gleichschalten. Der ORF soll ein regierungsabhängiges Organ sein, das endlich einmal die Hörer und Seher so beeinflussen kann, dass Sie trotz schlechter Politik andere Wahlergebnisse haben, Herr Klubobmann Westenthaler. Aber das wird Ihnen auch nichts helfen, denn wenn man so eine "pestige" Politik macht, wenn man den Leuten dauernd in die Geldtasche greift und Demokratie abbaut, dann wird man eben einfach nicht gewählt. Und das wird nicht nur in Simmering und Favoriten so sein. (Beifall bei der SPÖ.)

Im Übrigen gibt es jetzt in der Wahlforschung einen neuen Wahlkoeffizienten, das ist der "Westenthaler-Koeffizient". Der ist zweistellig: minus 10 Prozent (Heiterkeit bei der SPÖ), und zwar Geburtsort und Wahlkreis, Simmering und Favoriten. Das sollte man ruhig hinzufügen.

Nächster Punkt, der in diesem Zusammenhang wichtig ist. Sie wissen ganz genau, dass es eine ziemliche Dominanz gibt: Murdoch, Time Warner und Bertelsmann sind die wirklich Mächtigen im Medienbereich. Anstatt froh darüber zu sein, dass Österreich mit dem ORF eine Einrichtung hat, die konkurrenzfähig ist, bei der sich die österreichische Kulturidentität wieder findet, wollen Sie diesem ORF in seinen wirtschaftlichen Gestionen so viele Schwierigkeiten bereiten, dass er in Wirklichkeit den Hörer- und Seherinteressen nicht mehr entsprechen kann. Anders formuliert – das kann ich aus den diversen Kuratoriumsdiskussionen berichten –: Sie wollen, dass der ORF seine beliebten Sendungen – ob das "Die Millionen-Show", "Taxi Orange" oder "Musikantenstadl" ist – nicht mehr senden kann. Sie wollen in Wirklichkeit, dass die massen


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attraktiven Sendungen nicht mehr gesendet werden können. Und ich sage Ihnen: Das ist eine Bevormundung des Hörers und Sehers. (Zwischenruf der Abg. Dr. Fekter. )

Sie wollen den Hörer und Seher zwangsbeglücken. ÖVP und FPÖ wollen nicht nur die Informationssendungen beeinflussen und nicht nur bestimmen, was gut oder schlecht ist, was der Hörer und der Seher hören und sehen darf, was politische Information, was kulturelle Information betrifft – nein!, auch im Freizeit- und Vergnügungsbereich wollen Sie Einfluss nehmen. Sie wollen auch bestimmen, wann der Hörer und der Seher etwas zum Lachen hat und wann er etwas zum Weinen hat. Wenn er Sie sieht, hat er ohnehin nur etwas zum Weinen, daher lassen Sie ihm wenigstens die Sendungen im ORF, bei denen er etwas zum Lachen hat!

Dieser Eingriff ist ein fundamentaler. Daher habe ich eine weitere Frage zu stellen: Warum brauchen Sie einen so genannten Weisenrat? – Es ist ja noch gar nicht sicher, ob diese Leute überhaupt weise sind. Sie werden morgen eine Pressekonferenz abhalten – komischerweise geht das sehr schnell, das muss ja schon von langer Hand geplant gewesen sein; die Weisen müssen ja schon in pectore weise gewesen sein, bevor sie sich noch als Rat definiert haben –, sie werden sich morgen darstellen und werden ihre Vorstellungen präsentieren.

Aber bei der Präsentation des Buches von Klubobmann Khol über die schwarz-blaue Wende mit dem Titel "Der schwarz-blaue Marsch durch die Wüste Gobi" – seit vergangenem Sonntag wird das übrigens ein endloser Marsch durch die Wüste Gobi werden, sage ich Ihnen nur (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ)  – ist der Festredner der "Oberweise" Gerd Bacher. Das heißt, er ist nicht ein unabhängiger Weiser, der über den ORF nachdenkt, sondern er ist ein schwarz-blauer Exekutor bei der Veränderung und Machtergreifung der Regierung im ORF. Das ist die Wahrheit! Von langer Hand vorbereitet, Festredner anlässlich der Präsentation Ihres Buches! – Das sollte man in diesem Zusammenhang wirklich nicht vergessen.

Sie wollen sich verschanzen, Staatssekretär Morak will sich hinter den Weisen verstecken, und mit ihm Bundeskanzler Schüssel. Gemeinsam spielen Sie dieses Versteckspiel hinter diesen so genannten vier Weisen. Ich verstehe Herrn Csoklich nicht, der doch schon einmal ein Rundfunk-Volksbegehren für die Unabhängigkeit des ORF initiiert hat. Er müsste das ein zweites Mal tun, um den ORF aus den Krallen von Khol und Westenthaler zu befreien, die ihre Schlinge immer enger um diese Einrichtung ziehen wollen.

Wenn das alles so ist – und es ist so – und wenn über 50 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher den ORF in dieser Form eigentlich weiter haben möchten (Zwischenruf des Abg. Mag. Kukacka )  – Herr Kukacka, Sie haben private Medieninteressen, Sie sollten bei dieser Thematik gar nicht mitreden (Beifall bei der SPÖ)  –, dann sage ich Ihnen: Sie sollten die österreichische Bevölkerung befragen, denn diese hat das Recht, da mitzureden. Wenn so viele Österreicherinnen und Österreicher den ORF unabhängig, wirtschaftlich gesichert (ironische Heiterkeit bei Abgeordneten der Freiheitlichen) und mit all den vielen Sendungen, die ihnen so gut gefallen, weiter haben wollen, wenn sie wirklich haben wollen, dass Sie nicht zugreifen, dann machen Sie eine Volksbefragung. Seien Sie Manns genug und machen Sie eine Volksbefragung! Verstecken Sie sich nicht, indem Sie hier das Parlament überfahren wollen! Das ist nämlich Ihre Gesinnung, für die Sie am Sonntag bereits die Rechnung präsentiert bekommen haben. (Beifall bei der SPÖ.)

10.13

Präsident Dr. Heinz Fischer: Für eine Stellungnahme zum Thema der Aktuellen Stunde erhält der Herr Staatssekretär das Wort. Seine Redezeit soll gleichfalls 10 Minuten nicht überschreiten. – Bitte, Herr Staatssekretär.

10.13

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Franz Morak: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Titel der heutigen Aktuellen Stunde, nämlich dass die Unabhängigkeit und die wirtschaftliche Existenz des öffentlich-rechtlichen Rundfunks bedroht wären, ist eine Unterstellung, die ich auf das Schärfste zurückweisen möchte. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)


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Die Vorwürfe und Behauptungen, die Kollege Cap hier vom Podium, von der Rostra aus in das Plenum gesagt hat, sind so absurd, dass ich nicht näher auf sie eingehen möchte. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Sie beweisen einmal mehr, dass es sich hier um ein politisches Spiel zu Lasten des sensibelsten Teils unserer Medienlandschaft handelt, nämlich der elektronischen Medien und deren Entwicklung zu einem europäischen Standard.

Im Sinne eines konstruktiven Dialoges in diesem Bereich, Herr Kollege Cap, möchte ich Sie zur Rückkehr zur Sachlichkeit bitten. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Haigermoser: Das ist eine gute Idee!)

Betreiben Sie nicht weiterhin Ihre parteitaktischen Spiele, wie Sie sie schon bei der "KommAustria" veranstaltet haben, auf dem Rücken der Medienunternehmer in diesem Land! Der Bürgermeister dieser Stadt hat nach seinem Wahlsieg von Demut gesprochen. (Ruf bei der SPÖ: Das ist ein großartiger!) Ich habe diese in Ihrer Rede nicht wahrgenommen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Sie werden sich erinnern, Herr Kollege Cap, dass bereits im Jänner dieses Jahres eine Enquete unter dem Motto "Quo vadis öffentlich-rechtlicher Rundfunk?" stattgefunden hat. Es waren einige Abgeordnete anwesend, es hat diverse Kommentare dazu gegeben, in denen von einer sachlichen Diskussion und von einer sachlichen Atmosphäre bei dieser Diskussion die Rede war. Die Bundesregierung hat damit erstmalig eine umfassende Tagung zur Zukunft des ORF mit Experten im Vorfeld zur Novellierung des ORF-Gesetzes veranstaltet. Bisher – Herr Kollege Cap, da werden Sie mir Recht geben – war das bei den Medienkanzlern dieser Republik nicht üblich.

Ich darf Ihnen die Ergebnisse dieser Enquete in Erinnerung rufen: Erstens wurden unabhängiger Journalismus und Medienfreiheit gefordert. Dies ist durch § 17 des Rundfunkgesetzes und durch das Redaktionsstatut doppelt abgesichert. Ich begreife mich nicht nur als jemand, der dieses Gesetz novelliert, sondern natürlich auch als Anwalt für die Medienfreiheit und als Anwalt für den unabhängigen Journalismus in diesem Land. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Zweitens wurde davon gesprochen, dass es in diesem Land einen enormen Aufholbedarf im Bereich der Medien gibt. Die Diskussion, die darüber geführt wurde, war bisher nicht so, dass sie dazu angetan war, diesem Aufholbedarf gerecht zu werden. Ich und diese Bundesregierung haben deswegen Klarheit geschaffen; sofort nach Amtsantritt haben wir ein Fernsehfrequenzgutachten in Auftrag gegeben mit dem Ziel, terrestrisches privates Fernsehen in diesem Land zu ermöglichen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Drittens haben wir zu dieser Tagung zur Vorbereitung einer Novellierung des ORF-Gesetzes eingeladen, und zwar nach einer Abkühlphase – Sie haben immer den 5. Dezember auf den Lippen geführt –, damit es ausführliche Beratungen mit heimischen und internationalen Medienexperten in dieser Angelegenheit gibt. Es ging – noch einmal! – um den öffentlich-rechtlichen Auftrag, um die digitale Zukunft dieses Landes und um die europäische Dimension beider Fakten. Die Konsequenz daraus – und ich habe das mehrmals in den Medien wiederholt und auch dort zum Ausdruck gebracht – ist: Der ORF muss effizient bleiben und sein, er muss wettbewerbsfähig bleiben und sein, und er muss fit gemacht werden für die Zukunft.

Klar war aber auch ein Bekenntnis zum dualen Rundfunksystem, in dem der öffentlich-rechtliche Rundfunk einen Grundwert darstellt, der seinen festen Platz in der österreichischen Medienlandschaft hat, der seinen festen Platz bei Erlangung der österreichischen Identität hat und durch seine Programmkultur, durch seine politische Kultur sowie im täglichen Beweis der österreichischen Identität im Äther maßgeblichen Anteil daran hat.

Lassen Sie mich deswegen noch ein wenig auf die europäische Komponente eingehen! Diese wird hier immer gerne übersehen und missverstanden. Es gibt natürlich auch im Bereich der EU eine kontroverse Diskussion. Es gab in den Ratsarbeitsgruppen in den letzten Monaten eine Diskussion, aber auch im EU-Ministerrat für Kultur und Medien. Die Bedingungen, bis zu welchem Ausmaß gebühren- und werbefinanziertes öffentlich-rechtliches Fernsehen mit den EU-Wettbewerbsrichtlinien vereinbart werden kann, das ist das Thema, über das auf euro


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päischer Ebene diskutiert wird. Die Schlüsse aus der Debatte, die Neudefinition des öffentlich-rechtlichen Auftrages sind kein spezifisch österreichisches Problem. Es ist bei vielen Mitgliedstaaten ein Faktum, das in unterschiedlicher Intensität vorhanden ist und diskutiert wird.

Das Protokoll über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zum Amsterdamer Vertrag berechtigt die Mitgliedstaaten zur Festlegung der Finanzierung und des öffentlich-rechtlichen Auftrages. Aber es gibt dabei unterschiedliche Auslegungen des Protokolls im Hinblick auf Klagen privater Rundfunkveranstalter gegen die Finanzierung durch Gebühren und staatliche Zuwendungen und die damit verbundene Rechtsunsicherheit, insbesondere im Hinblick auf die Frage des Umfanges der Prüfungsbefugnis. Die bisherigen Überlegungen der Kommission zur Beihilfenregelung sind dahin gehend, dass Tätigkeiten öffentlich-rechtlicher Veranstalter gleichzeitig eine Dienstleistung darstellen und von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse sind. In dieser Entscheidung wird klargemacht, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk eine besondere Bedeutung hat. Das heißt, der öffentlich-rechtliche Auftrag muss klar präzisiert werden, muss klar formuliert werden und in einem Rechtsakt enthalten sein. Er darf nicht über die Rundfunkaktivitäten hinausgehen, und eine unabhängige Behörde soll zur Überwachung verpflichtet werden. Ich erinnere Sie in diesem Zusammenhang an den Bundeskommunikationssenat, der eine Art. 133 Z 4-Behörde ist.

Auf Grund der Einordnung von öffentlich-rechtlichem Rundfunk als Dienstleistung im allgemeinen wirtschaftlichen Interesse ist auch die Transparenzrichtlinie zu erwähnen – Richtlinie 2000/52/EG –, das heißt kostenmäßige und kostenrechnungsmäßige Trennung von Dienstleistung im allgemeinen wirtschaftlichen Interesse und sonstigen Geschäftsbereichen. Die Änderung bezweckt also eine Umwandlung des bisherigen Wirtschaftskörpers in eine Stiftung öffentlichen Rechts. Die Stiftung hat den Zweck der Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Auftrags bei voller Wahrung der durch das B-VG zugesicherten Unabhängigkeit des Rundfunks – noch einmal: volle Wahrung! –, insbesondere der Personen und Organe, keinerlei Änderung der Stellung der programmgestaltenden Mitarbeiter und damit weiterhin volle Sicherung der journalistischen Freiheit. Die Unabhängigkeit der Organe wird wesentlich durch eine Unvereinbarkeitsbestimmung verstärkt, das heißt, Politikern, Mandataren, Angestellten politischer Parteien, Angestellten von politischen Klubs, Bildungseinrichtungen und Ministersekretären ist der Zugang zu diesen Gremien verwehrt.

Weiterhin betont die Stiftung den Aspekt, dass der Begünstigte die Allgemeinheit ist. Die Neufassung der Werbebestimmungen soll Rechtssicherheit geben – auch privaten Anbietern – und im Sinne der von mir anfangs erwähnten dualen Rundfunkordnung auch die Existenzfähigkeit beider gewährleisten. Wir meinen, dass in der demnächst dem Parlament zugehenden und vorher noch in Begutachtung gehenden Novelle ein ausgewogenes Verhältnis zwischen öffentlich-rechtlichem Auftrag und den Möglichkeiten, darüber hinauszugehen und sich privat am Markt zu finanzieren, durchaus gewahrt bleibt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich sage Ihnen auch, dass die Haltung dieser Bundesregierung, nämlich ihr Bekenntnis zu einem öffentlich-rechtlichen, auch am Markt funktionierenden ORF mehrmals in Brüssel von mir erwähnt und dargestellt wurde. Ich werde das auch weiterhin tun.

Mit demselben Nachdruck möchte ich aber darauf bestehen, dass wir Rahmenbedingungen für eine zukunftsorientierte Medienpolitik in diesem Land schaffen, das heißt, dualer Rundfunk in einem fairen Wettbewerbssystem, ein starker ORF mit einem zeitgenössisch öffentlich-rechtlichen Auftrag und die Schaffung der Voraussetzungen für privates Fernsehen. Dafür hoffe ich, in diesem Haus eine Mehrheit zu bekommen. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

10.24

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich danke dem Herrn Staatssekretär für seine Stellungnahme.

Wir gehen jetzt in die Debatte ein. Ich darf daran erinnern, dass jedem Redner und jeder Rednerin in dieser Debatte eine Redezeit von 5 Minuten zur Verfügung steht.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Schieder. – Bitte.


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10.25

Abgeordneter Peter Schieder (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Unangekränkelt von falscher Bescheidenheit hat der Herr Staatssekretär vor wenigen Minuten hier Folgendes festgestellt: Ich und die Bundesregierung haben Klarheit für den ORF geschaffen. – Dass Schwarz-Blau den ORF in Ruhe lässt und ihm ermöglicht, seine erfolgreiche Arbeit fortzusetzen, durfte man ja nur hoffen – erwarten konnte man es auf Grund der Erfahrungen in anderen Bereichen nicht.

So spitzte sich die Sorge auf zwei Denkmöglichkeiten zu: Wird die Regierung den ORF unverändert als wirtschaftlich und medial starkes Instrument belassen, darin die Kontrolle und die Führung übernehmen und für ihre Zwecke nutzen oder wird sie ihn wirtschaftlich und rechtlich schwächen, Teile privatisieren und Platz für Private auf Kosten des ORF schaffen und sich dafür Applaus, Zustimmung und Dankbarkeit bei manchen Presseorganen und vor allem bei Österreich-hungrigen deutschen Medienriesen einhandeln und vielleicht auch ein paar zu beteiligende Freunde damit beschenken?

Die von der Regierung vorgelegte Punktation, Herr Staatssekretär – das ORF-Gesetz selbst liegt, wie Sie ja zugeben mussten, noch immer nicht im Entwurf vor –, lässt befürchten, dass Sie sich dazu entschlossen haben, beides zu tun, nämlich den ORF zu schwächen und gänzlich unter Ihre politische Kontrolle zu bringen. Das lehnen wir im Interesse unseres Landes mit aller Entschiedenheit ab! (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Mag. Stoisits. )

Meine Damen und Herren von Schwarz-Blau! Sie handeln damit gegen die Wünsche der Österreicherinnen und Österreicher, und dafür werden Sie auch bei den Österreicherinnen und Österreichern zu bezahlen haben. 85 Prozent der Österreicher bezeichnen – wie die letzte große Umfrage von Fessel-GfK vom Februar dieses Jahres zeigt – den ORF als "wichtig" für Österreich, 59 Prozent meinen, er wäre "einer der besten Botschafter unseres Landes im Ausland", und 57 Prozent geben an, dass er "für sie persönlich wichtig" ist.

Klar ist auch die Einstellung der Österreicherinnen und Österreicher zu den Zukunftsszenarien: Mehrheitlich sind sie gegen eine Privatisierung, Teilprivatisierung oder Umwandlung in eine AG, und keinesfalls soll der ORF in ausländischen Besitz übergehen.

Was Schwarz-Blau in der Punktation ankündigt, inklusive der Werbeverbote, ist nicht nur ungereimt und ungerecht, sondern es beschränkt auch die Einnahmen für den ORF und hat direkte Folgen in verschiedenen Bereichen: für die Eigenproduktionen und für den Umfang der Programmleistungen. Es beschneidet den ORF außerdem bei den zukünftigen technischen Möglichkeiten, und es schränkt den Medienstandort Österreich ein. Das nützt daher vor allem der Auslandskonkurrenz.

In höchstem Maße nachteilig ist aber das, was Sie bei der terrestrischen Digitalisierung vorhaben. Ganz Europa stellt im Fernsehbereich auf terrestrisch-digital um. In Österreich haben wir drei Frequenzketten, in Bruchstücken eine vierte. Zwei dieser Frequenzketten sind ORF 1 und ORF 2, die dritte bräuchte man dringend für die Digitalisierung, denn dann entstünden vier digitale Programmmöglichkeiten: Platz für den ORF, Platz für technische Entwicklungen und Platz für Private. Sie wollen diese dritte Frequenzkette Privaten geben, Sie wollen sie in mehrheitlich ausländischen Besitz geben und machen damit in Wirklichkeit die Digitalisierung unmöglich. Das ist negativ und wird technische Konsequenzen für ganz Österreich haben. Sie verhindern damit eine bessere Empfangsqualität, die Vollversorgung bisher unterversorgter Regionen, die regionale Vielfalt, mehr TV-Programme und auch neue elektronische Informationsmöglichkeiten.

Statt dass Sie diese Chance nützen und ein großes Joint-venture der österreichischen Industrie, der Wirtschaft und des ORF machen, das sich in 21 bis 24 Monaten realisieren ließe, und hier Aufträge schaffen, schaden Sie aus persönlichen, parteipolitischen Gründen dem ORF, unserem Land und seinen Bewohnern. (Beifall bei der SPÖ.)

10.30


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Präsident Dr. Heinz Fischer:
Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Khol. Er hat die gleiche Redezeit. – Bitte.

10.30

Abgeordneter Dr. Andreas Khol (ÖVP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Österreichische Rundfunk ist für die Demokratie in diesem Lande unerlässlich. Der Österreichische Rundfunk ist für die gute und objektive Information der Bevölkerung in diesem Land unerlässlich. Der ORF ist für die Volkskultur, für die Hochkultur, für die Kultur überhaupt und für die Unterhaltung der Bevölkerung unerlässlich. – Wir werden ihn stützen und halten! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir werden ein Gesetz in diesen Nationalrat einbringen und hier diskutieren, mittels dessen wir den ORF zu einer Stiftung des öffentlichen Rechts umbauen – eine Vermögensmasse, die sich selbst und dem österreichischen Volk gehört –, wir werden den ORF aus den Fängen der Politik befreien, objektiv gestalten und zu einer Stiftung umgestalten, die dem österreichischen Volk, seiner Information und Unterhaltung dient. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir brauchen die neun Länderprogramme, wir brauchen das Fremdsprachenprogramm, wir brauchen das Fernsehprogramm beider Kanäle, und wir werden auch eine Digitalisierung brauchen. Der ORF soll an der Spitze des technischen Fortschritts stehen. Dafür werden wir die gesetzlichen Grundlagen schaffen. Wir sind dafür, dass sich der ORF zur einen Hälfte aus den Gebühren finanziert und zur anderen Hälfte aus der Werbung, und wir werden ihm auch die Werbungsmöglichkeiten sichern, die er zur Gestaltung seiner Programme braucht. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Herr Kollege Cap! Wenn Sie meinen, dass wir Art und Inhalt des Programms vorschreiben wollen, faktisch nur Information und Kultur haben wollen, so täuschen Sie sich. Sie werden aus den Kuratoriumssitzungen wissen, dass wir beispielsweise für "Taxi Orange" sehr viel Verständnis aufgebracht haben. Wogegen wir uns gewehrt haben, ist, dass auf einem Kanal "Taxi Orange" und auf dem anderen Kanal der "Musikantenstadl" auf dem Programm steht, wodurch die Vielfalt des Angebotes an einem Abend nicht gewahrt bleibt. Es braucht beides, es braucht den "Musikantenstadl", und es braucht auch "Taxi Orange". Wir werden keine geschmäcklerische Kulturzensur ausüben. Ganz im Gegenteil!

Meine Damen und Herren! Das Kernstück der ORF-Reform ist allerdings die Entpolitisierung. Ich verstehe nicht, Herr Cap und Herr Schieder, wie Sie die Stirne haben können, hier herauszutreten und von Entpolitisierung zu reden! Ich erinnere Sie an den 2. Juli 1999, Viktor Klima war damals noch Bundeskanzler:

Im Parlament wurde der "Euroteam"-Skandal untersucht – schon damals! –, Korruption und Verwicklung des Bundeskanzlers in diesen Skandal waren behauptet. Behauptet, nicht bewiesen! Der ORF berichtete darüber. Der ORF hatte im Moderatorentext vorgesehen, dass der Sohn des Bundeskanzlers, Jan Klima, als Kontrollor und Rechnungsprüfer von "Euroteam" in den Nachrichten erwähnt wird. Wie durch ein Wunder stellte dann plötzlich der Moderator fest, dass jene 8 Sekunden, die in der ORF-Moderation dafür vorgesehen waren, zu erwähnen, dass der Sohn des Bundeskanzlers Viktor Klima Rechnungsprüfer bei der der Korruption beschuldigten Firma "Euroteam" sei, gestrichen wurden. Dieser Satz wurde weggestrichen! Später hat sich herausgestellt, dass ein Kurator, der zugleich Mitarbeiter im Kabinett des Bundeskanzlers war, von einem Vertrauensmann der Sozialdemokraten im ORF über diesen Satz unterrichtet wurde. Der Kurator hat im Auftrag des Bundeskanzlers beim ORF angerufen, und der betreffende Satz wurde gestrichen! – Und da stellen Sie sich hierher und behaupten, für die Entpolitisierung zu sein! (Zwischenrufe bei der ÖVP, den Freiheitlichen und der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Wir wollen, dass in Zukunft keine Kuratoren mehr im Auftrag des Bundeskanzlers beim ORF anrufen können! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Wir haben bereits heute alle Kanzlersekretäre, Ministersekretäre von den neuen Regierungsvertretern, alle Politbeamten zurückgezogen und durch Richter, Rechts


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anwälte und Universitätsprofessoren ersetzt. Und wenn der grüne Kurator Schennach sich darüber beklagt, dann möchte ich Sie, meine Damen und Herren von den Grünen, daran erinnern: Sie hatten eine Fachfrau, eine Expertin im Kuratorium, nämlich Frau Universitätsprofessor Puntscher-Riekmann, und diese wurde durch den Pressesekretär Schennach ersetzt. – Das ist Entpolitisierung in Rot und Grün, und das lehnen wir ab! Der ORF muss frei sein! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

10.36

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ing. Westenthaler. Gleiche Redezeit. – Bitte.

10.36

Abgeordneter Ing. Peter Westenthaler (Freiheitliche): Herr Staatssekretär! Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn man, so wie die SPÖ, nach 15 Jahren wieder einmal eine Wahl gewinnt, dann verstehe ich schon, dass man sich darüber freut – das würde jeder tun –; dass allerdings gerade ein Vertreter – nämlich Herr Ex-Zentralsekretär Cap – jener SPÖ-Zeit hier herausgeht, in der eine schwere Wahlniederlage nach der anderen eingefahren wurde, jener Vertreter, der wegen chronischer Erfolglosigkeit von Herrn Vranitzky an die frische Luft gesetzt worden ist, ist doch wirklich bemerkenswert. (Abg. Eder: Ein schwacher Westenthaler!)

Ich bin auch froh darüber, dass diese Aktuelle Stunde zu Mittag im Fernsehen übertragen wird, denn es ist auch die Art und Weise, nämlich mit welcher Überheblichkeit, mit welcher Arroganz Sie heute dieses vorgestrige Wahlergebnis kommentiert haben, interessant für die Menschen, die vor den Fernsehern sitzen und sich das anschauen. Wenn man sich Sie anschaut, Ihre Arroganz und Überheblichkeit nach diesem Wahlsonntag, dann wird man, dann werden einige bereits wieder nachdenklich werden und sich überlegen, ob es wirklich richtig war, Sie mit dieser Macht, mit dieser absoluten Mehrheit in Wien auszustatten. Ich sage Ihnen, Herr Kollege Cap, nach diesem Ihrem Auftritt hier: Hochmut kommt vor dem Fall, und das wird Ihnen auch passieren! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Im Jahre 2002, nach Beschlussfassung des neuen ORF-Gesetzes, mit In-Kraft-Treten und mit Umsetzung des neuen ORF-Gesetzes, wird in Österreich ein neues Medienzeitalter anbrechen. 17 Jahre nach Deutschland und drei Jahre nach Albanien wird Österreich den Schritt zum europäischen medienpolitischen Standard machen, wird Österreich ein duales System haben, ein System mit öffentlich-rechtlichem Fernsehen und mit Privatfernsehen. 17 Jahre nach Deutschland, drei Jahre nach Albanien endlich auch Privatfernsehen, endlich auch duales System in Österreich – das bedeutet aber auch einen jahre- und jahrzehntelangen Stillstand der SPÖ in der Medienpolitik, dem wir nun durch die Überwindung des ORF-Monopols, aber auch durch die Zementierung von mehr Meinungsvielfalt und mehr Meinungsfreiheit begegnen wollen.

Die SPÖ reagiert auch heute wieder – Herr Kollege Cap und Herr Schieder – so wie in den vergangenen Tagen wie ein kleines Kind in der Sandkiste, dem man sein Lieblingsspielzeug weggenommen hat, in dem Fall den ORF. Ich sage Ihnen: Dieses Gesetz, die Entparteipolitisierung, die wir hier fortführen, wird nun einmal das Ende für den Politfunk, für den "Rotfunk" ORF bedeuten und den Beginn einer neuen Ära der Unabhängigkeit im Österreichischen Rundfunk! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Das tut halt der SPÖ besonders weh. Die Larmoyanz von SPÖ und Grünen nach der Bekanntgabe der Entscheidung, dass hinkünftig keine Politiker mehr im ORF vertreten sein werden, ist ja auch bezeichnend. Herr Kollege Cap hat sämtliche Superlative dafür verwendet: enttäuschend, unkonkret; ein Aufschrei von Cap und Schennach von Rot und Grün ging durch die Medienwelt. Er hat das als Rosstäuscherei bezeichnet, als PR-Gag, und er hat sich einige Tage später plötzlich wieder für die Entsendung von Politikern in den ORF ausgesprochen. Herr Kollege Cap! Sie wollen Ihre Macht, Ihre rote Übermacht im ORF, die Sie sich jahrelang zementiert haben, nicht loslassen. Sie werden es aber müssen, weil dieses Gesetz es Ihnen


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nämlich vorschreiben wird, Herr Kollege Cap! Sie werden letztlich loslassen müssen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Der nächste Schritt der Entparteipolitisierung wird durchgeführt werden, nachdem wir das Kuratorium bereits ausgetauscht haben. Sie haben das ORF-Kuratorium jahrelang mit Partei- und Ministersekretären beschickt. Herr Kalina, Kanzlersekretär, Herr Kern, SPÖ-Sekretär, Herr Krammer, Kanzlersekretär – all diese Politruks sind im ORF gesessen und haben dort den Auftrag ihrer Partei erfüllt. Wir haben sie sofort nach Regierungsbildung ausgetauscht und durch parteifreie, unabhängige Experten, Juristen, Fachleute ersetzt. Und das tut Ihnen weh! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) Diese Unabhängigkeit, die wir geschaffen haben, tut Ihnen weh!

Der zweite Schritt ist jetzt die gänzliche Entparteipolitisierung. Es werden nicht nur Politiker nicht mehr im ORF sein können, es werden nicht nur Mandatare nicht mehr im ORF sein können, sondern es werden auch keine Parteifunktionäre, keine Parteiangestellten, keine Klubangestellten, überhaupt keine Parteisekretäre mehr im ORF sein. Dafür wird dieser Unvereinbarkeitsparagraph sorgen! Ich verstehe schon, dass das Herrn Schennach als Parteisekretär und Pressesprecher wehtut, denn auch er selbst wird nicht mehr im ORF sein können, sondern nur mehr unabhängige Experten. Das ist die weitestgehende Entpolitisierung, die wir durchführen, und ich sage Ihnen: Das ist der Anfang vom Ende Ihres Modells eines roten Propagandainstruments ORF! Das wird in Zukunft vorbei sein, das kann ich Ihnen versprechen. Dafür werden wir sorgen, dafür wird dieses neue Gesetz sorgen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Wir werden neue Standards schaffen, den Publikumsrat aufwerten, einen ORF der Bürger schaffen mit der Beteiligung der Menschen, die im Publikumsrat auch als Seher und Hörer des ORF vertreten sein werden. – Das ist eine gute, eine neue Reform, ein neues Medienzeitalter ab dem nächsten Jahr! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

10.41

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. Gleiche Redezeit. – Bitte.

10.41

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Dobro jutro, poštovane dame i gospodo! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Entpolitisierung à la Westenthaler – wissen Sie, wie das im ORF ausschaut? (Abg. Eder: Ich kann es mir vorstellen!) Da kommen vermeintliche, angeblich parteiunabhängige Kuratoren in den ORF, und was ist die erste Tat, die sie im ORF setzen? – Sie schmeißen den wahrlich unabhängigen Prüfer hinaus und ersetzen ihn durch einen Haider-getreuen, fast könnte man sagen, Haider-hörigen Finanzprüfer. – Das ist Entpolitisierung, Parteiunabhängigmachung à la Westenthaler, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Das, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, haben die Grünen als erste und lange Zeit einzige Partei verlangt: Entpolitisierung des ORF-Kuratoriums im Sinne von "keine Mandatare im Kuratorium!", das heißt, kein Khol, kein Westenthaler, kein Schieder, kein Cap in einem ORF-Kuratorium. Das haben die Grünen als Erste verlangt! (Abg. Ing. Westenthaler: Kein Schennach!) Und dazu, meine sehr geehrten Damen und Herren, stehen die Grünen bis heute.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der ORF gehört nicht Khol, der ORF gehört nicht Westenthaler, aber auch nicht Cap und Schieder (Abg. Dr. Khol: Aber auch nicht Schennach!), der ORF gehört uns allen, uns Bürgerinnen und Bürgern, meine sehr geehrten Damen und Herren des ORF! (Abg. Dr. Khol: Ihnen gehört er auch nicht!)

Herr Klubobmann Dr. Khol! Das, was bisher bekannt ist aus den Punktationen betreffend die Frage, was in Zukunft mit dem ORF passieren soll, wie Albanien aus Österreich zurückgedrängt und Deutschland nach Österreich hereingenommen werden soll – soll ich Ihnen sagen, wie das ausschaut? Man blutet im wahrsten Sinne des Wortes den ORF mit 1 Milliarde Schilling aus!


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Man entzieht dem ORF 1 Milliarde Schilling, um tatsächlich das auszuschalten, Herr Klubobmann Dr. Khol, was uns Bürgern und Bürgerinnen, ORF-Sehern und -Seherinnen an unserem ORF gefällt! Glauben Sie wirklich, Herr Dr. Khol, dass Sendungen wie etwa "Mei liabste Weis", Sendungen, die für Österreich interessant sind, noch produziert werden können, wenn es diese 1 Milliarde Schilling nicht mehr gibt? (Abg. Dr. Khol: Natürlich!)

Herr Dr. Khol, jeder weiß, dass "Mei liabste Weis" für Österreich relevant ist, aber nach Deutschland kann dieses Programm nicht verkauft werden. Und das ist das, was uns Sorge macht, wenn heute davon gesprochen wird, dass man den ORF entpolitisiert, dass man einen zukunftsfähigen ORF macht. Das, was heute auf dem Plan der Bundesregierung steht, ist, dem ORF die wirtschaftliche Basis einzuschränken, ihm radikal die Möglichkeiten zu nehmen, genau das zu tun, worin, wie Sie, Herr Dr. Khol, hier lautstark beteuert haben, eine wesentliche Aufgabe des ORF besteht, nämlich Identitätsstiftendes, Österreichprägendes, letztendlich auch so etwas wie Nationalbewusstsein in Österreich zu verbreiten. Das wird es dann nicht mehr geben, wenn diese Maßnahmen gesetzt werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Abschließend noch ein Wort zu dem von Herrn Staatssekretär Morak erwähnten "Weisenrat". 273 Jahre hat er am Buckel, der "Weisenrat", die Herren, die diesen "Weisenrat" stellen, meine sehr geehrten Damen und Herren – wohlgemerkt Herren, denn selbstverständlich ist bei einer blau-schwarzen Regierung keine weise Frau dafür vorgesehen, und würde sie auch 80 Jahre alt sein, es sind nur weise Herren, insgesamt 273 Jahre alt. Glauben Sie denn wirklich, dass diese Herren mit diesen Jahren am Buckel tatsächlich imstande sind, die Zukunft des ORF im Sinne der Neudefinition des öffentlich-rechtlichen Rundfunks für das 21. Jahrhundert zu prägen? Das ist die Gedankenwelt, die den ORF wahrlich geprägt hat – denken Sie nur an den verdienten Generalintendanten Bacher –, aber das waren die Siebzigerjahre, meine sehr verehrten Damen und Herren!

Jetzt geht es darum, sich Gedanken zu machen über neue Medien, über interaktives Fernsehen, auch über wirtschaftlich wesentliche Fragen für den ORF. Was machen wir mit dem Teleshopping? Was machen wir mit jenen Dingen, die dem ORF die Möglichkeit geben könnten, in Zukunft ein wirklich multifunktionales Gesamtkommunikationsunternehmen zu werden? Der ORF versucht das schon jetzt, meine sehr geehrten Damen und Herren, aber es gibt keine gesetzliche Basis dafür, und deshalb ist der Handlungsbedarf jetzt so groß, dem ORF durch eine Novelle des ORF-Gesetzes jene wirtschaftlichen Möglichkeiten zu geben, die ihn zu einem Fernsehen der Zukunft für alle Österreicherinnen und Österreicher machen. – Danke. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

10.47

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zum Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Wittmann. Gleiche Redezeit. – Bitte.

10.47

Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Herr Klubobmann Dr. Khol! Sie stellen sich hierher und sagen, Sie schaffen nun einen unabhängigen ORF. Wollen Sie damit behaupten, dass er es bisher nicht war? (Rufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP: Ja! Richtig!) Das heißt, auch unter Ihrer Regierungsbeteiligung ist es zu Interventionen, zu Einflussnahmen und zur Beeinflussung der Redakteure gekommen? Wollen Sie das damit behaupten? (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Ich kann Ihnen sagen, das ist richtig, und ich lese Ihnen Reaktionen der ORF-Redakteure auf Ihre Interventionen und die Interventionen Ihres Regierungspartners vor. Es gibt eine Resolution, weil die Redakteure nicht mehr gewusst haben, wie sie diesen Interventionen entgehen können, weil sie nicht mehr gewusst haben, wie sie ihre Unabhängigkeit im Fernsehen darstellen können. Der Vorwurf, der dieser Resolution vorangestellt ist, lautet:

"Der Druck der Regierungsparteien auf die Redaktionen hat in den letzten Tagen ein unerträgliches Ausmaß angenommen, bis hin zu persönlichen Einschüchterungsversuchen der ORF-Redakteure."


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Das ist Ihre "Interventionitis" im ORF, das sind Ihre Interventionen und die Interventionen des Herrn Westenthaler! (Beifall bei der SPÖ.)

Da gibt es in der Causa Kleindienst ein mehrtägiges Interventionsbombardement von FPÖ-Klubobmann Westenthaler. Es gibt ein Fax des ÖVP-Klubs mit mehrseitiger Detailkritik an "ZiB"-Beiträgen. Sehr geehrter Herr Dr. Khol! Sie wollen jetzt die gesetzliche Basis dahin gehend verändern, dass Sie noch mehr Einfluss auf den ORF haben (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Van der Bellen ), dass die politische Intervention gesetzlich abgesichert wird!

Klubobmann Westenthaler hat im Zusammenhang mit dem Medienprogramm am 10. Oktober 2000 gesagt, man werde per Gesetz dem ORF die Parteilichkeit austreiben, und jetzt bereitet er dieses Gesetz vor, meine Damen und Herren! Dieses Gesetz, in dessen Punktation bereits vorweg einige Ankerpunkte festgelegt sind, zeigt eindeutig die parteipolitische Motivation, die dahinter steht, aber auch die wirtschaftliche Motivation, den ORF auszuhungern, dem ORF gegenüber dem privaten Fernsehen eine schlechtere Ausgangsposition zu verschaffen, damit man über wirtschaftliche Interessen und wirtschaftliche Macht letztendlich auch politische Macht ausüben kann.

Ich finde, in dem neuen ORF-Gesetz, das Sie hier beschließen wollen, kommt Ihre Geisteshaltung ganz klar zum Ausdruck. Auch der Staatssekretär mischt mit, in seiner Abteilung ist parteipolitische Besetzung gang und gäbe geworden. Der überaus kompetente Leiter des Filmressorts wird ohne Angabe von Gründen abgelöst und durch einen parteipolitisch geprägten Nachfolger ersetzt. Das ist Ihre Art, Politik zu machen, Parteipolitik zu machen. Bei jeder Bestellung der handelnden Personen lassen Sie ausschließlich parteipolitische Gedanken walten. Ausschließlich! Es gibt keine Objektivierung bei der Bestellung von Personal.

Es macht keinen Unterschied, ob jemand als politischer Mandatar einen Posten erhält oder durch die Regierung bestellt wird. Wenn Sie Entpolitisierung wollen, dann müssen Sie den Bestellungsmodus verändern (Beifall bei der SPÖ), sonst sitzt halt nicht mehr Herr Khol dort, sondern sein Schulfreund, und es sitzt halt nicht mehr Herr Westenthaler dort, sondern sein Tennispartner – wenn er noch einen findet. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ.) Der Generalintendant des ORF hat es selbst gesagt: Dann sitzt halt nicht mehr der Schmied dort, sondern die Schmiedln. Beeinflusst werden sie ausschließlich durch die Politik. Das ist nur ein Feigenblatt, das Sie sich umhängen. Es ist der Versuch des Griffs der Regierungsparteien nach dem ORF.

Meine Damen und Herren! Das muss der Bevölkerung klargemacht werden! Das ist ein weiterer Schritt in Richtung: Rot raus und ausschließlich Blau und Schwarz hinein, ein weiterer Schritt in parteipolitischer Manier, was dazu führt, dass die Redakteure in den Redaktionsstuben schon Angst vor Ihren Maßnahmen haben, weil Ihre Interventionen so weit gehen, dass sie Resolutionen verfassen müssen, damit sie sich überhaupt noch wehren können gegen diese Interventionitis, die Sie in den letzten Jahren hier an den Tag gelegt haben.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Redezeit bitte!

Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (fortsetzend): Dieses Gesetz wird die gesetzliche Absicherung der Interventionitis von Blau und Schwarz auf einen bisher unabhängigen ORF. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Mag. Stoisits. )

10.52

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Baumgartner-Gabitzer. Redezeit: ebenfalls 5 Minuten. – Bitte.

10.53

Abgeordnete Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Was uns Herr Abgeordneter Cap heute hier vorgespielt hat, war Theater (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen), kein großes Welttheater, sondern kleines Österreich-Theater: die Mär vom geknebelten ORF, Herr Abgeordneter Cap! Aber ich sage Ihnen: Der ORF hat selbstbewusste Redakteurinnen und Redakteure, die professionell arbeiten und sich um eine un


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abhängige und objektive Berichterstattung bemühen. Das war bisher so und wird auch so bleiben. Sie können sich jeden Tag davon überzeugen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Versuchen Sie nicht ständig, Panik zu machen! Der ORF ist Teil der Identität Österreichs, und das soll auch so bleiben.

Worum geht es eigentlich wirklich? Sie wissen es genau. Es geht um die Weiterentwicklung der Medienpolitik in diesem Land. Nach jahrzehntelangem Stillstand werden endlich Rahmenbedingungen für eine elektronische Medienvielfalt in diesem Land geschaffen, und ich sage Ihnen: Es ist höchste Zeit! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Regierung hat noch gar kein ORF-Gesetz vorgestellt, sondern zunächst sind nur Eckpunkte eines ORF-Gesetzes vorgestellt worden. Und zu diesen Eckpunkten, zu diesen wesentlichen Inhalten dieses ORF-Gesetzes kann man in Wirklichkeit keine Kritik äußern. Es ist die Umwandlung in eine Stiftung geplant, es ist eine neue Definition des öffentlich-rechtlichen Auftrages geplant, und es ist auch Zeit, dies endlich vorzunehmen.

Außerdem muss ich Ihnen sagen, dass die Regierung sich Know-how von außen besorgt hat. Sie hat sich Weise besorgt, und diese werden von Ihnen, Herr Cap, und von Ihnen, Frau Abgeordnete Stoisits, auf unglaubliche Art und Weise abqualifiziert, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Sie tun so, als würden die Weisen die Medienpolitik in diesem Land bestimmen, was natürlich nicht so ist, sondern das macht hoffentlich dieses Parlament. Aber: Warum soll man auf Erfahrung verzichten? Warum soll man auf 287 Jahre Erfahrung verzichten? Welche Art ist denn das, mit älteren, erfahrenen Kennern der österreichischen Rundfunk-Landschaft umzugehen? Ich finde das unglaublich, Frau Abgeordnete Stoisits! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Weiters ein Wort zu den von Ihnen so kritisierten Entsendungsrechten. Es gibt bereits eine Politikerklausel, und das, was die Regierung vorhat, ist, diese Politikerklausel auszudehnen. Das ist meiner Meinung nach wirklich korrekt und auch höchst an der Zeit.

Herr Abgeordneter Cap! Sie führen eine wirklich scheinheilige und doppelbödige Diskussion. (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen. – Abg. Schieder: Scheinheilig? Herr Präsident! – Abg. Dr. Stummvoll: Die Betonung lag auf "heilig"!)  – Eine doppelbödige Diskussion. Ich möchte an den Kommentar im "Standard" erinnern, wo Ihnen von Herrn Fidler ein "kurzes Gedächtnis" bescheinigt wird, und zwar sagt er – ich zitiere –:

"Originell nur, dass Cap just jetzt einfällt, man möge doch nur noch eine Minderheit mit Politikern besetzen, die Mehrheit aber mit Journalisten, Betriebsräten und Publikumsvertretern. Auf die Idee kam er bis Februar 2000 nicht, als die SPÖ ihre Mehrheit im Kuratorium verlor." (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Diese Woche, Herr Abgeordneter Cap, geht das Gesetz in Begutachtung, und diese Woche ersuche ich Sie, Ihre Bedenken gegen dieses Gesetz oder Vorschläge, sofern Sie welche haben, einzubringen. Betreiben Sie nicht schon im Voraus Panikmache, Herr Abgeordneter Cap, sondern überraschen Sie uns mit einer konstruktiven Kritik! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

10.57

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Krüger. Gleiche Redezeit. – Bitte.

10.57

Abgeordneter Dr. Michael Krüger (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Ich möchte auch namens meiner Partei die Kritik an den Weisen mit Vehemenz zurückweisen, nämlich deshalb, weil sich diese Kritik ja nicht gegen die Personen selbst


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richtet, sondern weil Sie sagen, dass diese Herrschaften eben deshalb, weil sie schon älter sind, per se ungeeignet sind, als Berater tätig zu werden. Meine Damen und Herren von der SPÖ! Die Pensionisten in diesem Land, die betagteren Menschen in diesem Land sind Ihnen recht, wenn Sie ihnen vor der Wahl Pensionistenbriefe schreiben können, aber wenn sie dann gestaltend als Weise mitarbeiten sollen – Menschen, die wirklich große Verdienste errungen haben –, dann sind sie für Sie zweitrangig. So schaut es aus, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ein Zweites, Herr Kollege Cap, ist der menschliche Umgang mit Ihrem unmittelbaren Amtsvorgänger als Zentralsekretär, nämlich mit Herrn Dr. Keller, den Sie in Ihre Kritik am Weisenrat miteinbezogen haben. Das hat eine ganz andere Qualität. Ich hatte kürzlich als Anwalt mit meinem Berufskollegen Dr. Keller eine Verhandlung vor dem Arbeitsgericht, und ich kann Ihnen sagen, Dr. Keller ist ein blitzgescheiter Mann, ein erfahrener Mann und vor allem ein in ORF-Dingen erfahrener Mann.

Die älteren Herrschaften, die nichts mehr mit dem ORF zu tun haben, sind auch deshalb gewählt worden, weil es bei den Jüngeren ganz einfach Unvereinbarkeiten gibt – von jenen, die im aktiven Berufsleben stehen, ist ja keiner wirklich unbefangen –; das ist einer der Gründe für ihre Bestellung. Aber Sie sollten es mit sich selbst und mit Ihren Genossen ausmachen, dass Sie ausgerechnet Ihrem Amtsvorgänger ein derart schlechtes, unbegründet schlechtes Zeugnis ausstellen, Herr Kollege Cap! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich muss Ihnen noch etwas sagen: Sie verschweigen in Ihren Stellungnahmen – und da beziehe ich auch Kollegen Schieder mit ein –, dass Sie hier von diesem Rednerpult aus nicht für den ORF sprechen, nicht für die Regierung oder für sonst jemanden sprechen, nicht für den Publikumsbeirat, nicht für die Zuseherinnen und Zuseher, sondern nur für sich selbst. Es tut Ihnen ja weh, Herr Kollege Cap, dass Sie aus dem Kuratorium ausscheiden müssen, und es tut Kollegen Schieder weh, dass er ausscheiden muss. Darum geht es Ihnen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich sage Ihnen noch etwas: Wir wollen statt des ORF-Kuratoriums einen Stiftungsrat einrichten. Und wir wollen, dass der Stiftungsrat nach dem Vorbild des Aufsichtsrates einer Aktiengesellschaft haftet. Daher werden Sie jetzt sehr schnell erkennen, wieso Sie beide in diesem Stiftungsrat deplatziert sind: weil Sie in Wirklichkeit nicht gleichzeitig die Interessen des ORF vertreten und Medienpolitiker sein können.

Genau diese Unvereinbarkeit, meine Kollegen von der SPÖ, hat ja dazu geführt, dass es in Österreich dieses Medien-Albanien oder diesen Medien-Kongo, wie immer man das bezeichnen mag, gegeben hat, weil Sie sich in Wirklichkeit als Bewahrer der Interessen des ORF hier stark gemacht haben, privates Fernsehen verhindert haben, privaten Rundfunk verhindert haben, schlechte Gesetze gemacht haben, die aufgehoben wurden, und Schaden verursacht haben. Das ist jetzt die Rechnung, die Ihnen präsentiert werden muss: Sie werden aus dem Kuratorium des ORF ausscheiden müssen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Schieder: Und Sie sind der Anwalt privater Interessenten! Sie sind der Anwalt privater Interessenten!)

Ich sage Ihnen noch etwas: Kollege Wittmann hat mit keinem Wort dementiert, was Klubobmann Khol über die unglaubliche "Interventionitis" der SPÖ im ORF gesagt hat! Er hat darauf nicht einmal etwas entgegnet! (Abg. Schieder: Sie vertreten die Privaten mit Gewinn! – Abg. Dr. Kostelka: Sie betreiben Ihre privaten Geschäfte! Sie reden für Ihre eigenen Interessen!)

Ich bringe Ihnen ein weiteres Beispiel: Frau Ulla Schmid, angesehene Redakteurin der Tageszeitung "Der Standard", schreibt in ihrem Buch über die Spin-Doktoren: ORF-Redakteure waren im Superwahljahr 1999 (Abg. Ing. Westenthaler: Gut zuhören, Cap!) immer wieder stille Teilnehmer jeder Strategiesitzung der Roten. Fragen wie: Wurde das mit oben – nämlich mit dem Küniglberg – schon abgeklärt?, gehörten zum Standardrepertoire des ehemaligen ORF-Generalsekretärs Andreas Rudas – dann, wie wir wissen, Bundesgeschäftsführer der SPÖ.

Das sagt nicht die Freiheitliche Partei, sondern das sagt Ulla Schmid, die "Standard"-Redakteurin.


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Herr Kollege Cap, ich sage Ihnen noch etwas, da wir vom Kuratorium reden, und da halte ich Ihnen eine frühere Aussage vor – Sie sagen ja, dass alles, was wir machen, schlecht ist, und alles, was vorher gemacht wurde, perfekt war.

Kollege Cap sagte in der 127. Sitzung der vergangenen Legislaturperiode: "Man kann jetzt für das Kuratorium sein oder nicht. Ich bin nicht für diese Form, denn ich finde, das schadet dem Unternehmen."

Herr Kollege Cap, Sie sagen selbst, dass das dem Unternehmen schadet, einem ambitionierten Projekt dieser Regierung erteilen Sie jedoch eine klare Absage. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich finde es auch bemerkenswert, dass Sie jetzt sagen, dass wir die Zweidrittelmehrheit bei der Wahl des ORF-Generalintendanten lassen sollen. Ja bitte, aber Bundeskanzler Vranitzky sagte, ebenfalls in der XX. Legislaturperiode, es lägen ja einige Reformbeispiele auf der Hand. So, wie derzeit, nach dem geltenden Rundfunkgesetz, ein Generalintendant des ORF bestellt werde, werde auf der ganzen Welt nicht bestellt, und das werde man schleunigst zu ändern haben. (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

Sie wollen das nicht geändert haben! Herr Kollege Cap, Sie befinden sich nach wie vor im Mediensteinzeitalter der SPÖ. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

11.03

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Glawischnig. – Bitte.

11.03

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Herr Kollege Krüger, eine Korrektur: Frau Redakteurin Ulla Schmid arbeitet beim "profil" und nicht beim "Standard". (Ruf bei der SPÖ: Der Krüger hat ja keine Ahnung!)

Eine Korrektur auch gegenüber den Herren Klubobmännern Westenthaler und Khol. Herr Klubobmann Khol hat sichtlich vergessen, dass ein Pressesprecher der ÖVP, des Landeshauptmannes Pröll, immer noch im Kuratorium sitzt.

Herr Klubobmann Westenthaler hat ein neues Medienzeitalter angekündigt. Aber davon ist, und das ist schon bemerkenswert, in dieser Punktation überhaupt nichts ersichtlich.

Ich möchte das noch einmal ausführlich begründen: Wenn wir dahin gehend argumentieren, dass es jetzt um eine Beschränkung, eine Einschränkung der wirtschaftlichen Möglichkeiten des ORF geht, dann ist das durch die Punktation, die Sie vorgelegt haben, begründet. Wie würden Sie es deuten, wenn nicht als deutliche wirtschaftliche Beschränkung, wenn es tatsächlich so ist, dass die Einnahmen des ORF um 10 Prozent reduziert werden sollen, dass eine Milliarde weniger an Gestaltungsspielraum für den ORF vorhanden sein soll, bei Aufrechterhaltung der derzeitigen Struktur, durch Deckelung der Einnahmen, durch das Streichen von Sonderwerbemöglichkeiten? Anscheinend ist das Ihr Weg in das "neue Medienzeitalter".

Dahinter steht sichtlich die Strategie, denjenigen, die jetzt ante portas stehen, durch die Einschränkung der wirtschaftlichen Möglichkeiten des ORF die Tür nach Österreich aufzumachen. Und das ist aus unserer Sicht ein falscher Weg, Sie vertun mit dieser Punktation eine riesige Chance! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Sie wollen um 10 Prozent weniger Einnahmen – eine Milliarde weniger! Das ist bei der derzeitigen Struktur nicht verkraftbar!

Ich habe von Ihnen kein Wort zu zukunftweisenden Dingen gehört, also wenn es beispielsweise darum geht, das österreichische Renommee vielleicht im Ausland kulturell herzustellen, Radio Österreich International. Oder, was eine Schande ist, Herr Staatssekretär Morak: Österreich hat


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keinen Kulturkanal! Auch von diesen Schritten auf dem Weg ins angeblich neue Medienzeitalter habe ich heute hier nichts gehört.

Da im Zusammenhang mit dem "Weisenrat" eine Diskussion über das Alter entstanden ist: Meine Befürchtung geht weniger in Richtung Alter, sondern in Richtung ideologischer Hintergrund.

Wenn ein Gerd Bacher sagt, dass Ö3 ein "Dodel"-Sender sei, muss ich Ihnen sagen: Gut, darüber kann man in einer kulturellen Debatte durchaus einmal diskutieren, aber wenn man nicht dazusagt, dass Ö3 die Cash-Cow ist und Ö1 mitfinanziert, wenn man nicht dazusagt, dass damit auch andere kulturelle Aufträge, die für den ORF und für die österreichische Meinungsvielfalt sehr wichtig sind, mitfinanziert werden, dann fehlt einem eine ganz besondere Perspektive, nämlich wie man den kulturellen Auftrag, den Informationsauftrag und den kulturellen Unterhaltungsauftrag in Zukunft ernsthaft weiterführen möchte. – Das ist unsere Kritik am "Weisenrat". (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Noch ein Punkt: Ich finde es wirklich beschämend, dass die Erfahrung in der Medienpolitik ausschließlich auf Männer reduziert wird, dass es nicht möglich war, eine einzige Frau in diesen "Weisenrat" zu entsenden. Das ist auch kein Aufbruch in ein neues Medienzeitalter, Herr Westenthaler! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Die Stiftung ist unserer Meinung nach durchaus in Ordnung, aber die Konstruktion, die jetzt vorgesehen ist, stellt wahrlich keine Entpolitisierung dar!

Ich zitiere jetzt Herrn Barazon – ich glaube, wahrlich kein Rot-Grüner und durchaus jemand, der in medienpolitischen Fragen mit kritischen Bemerkungen zu einer Debatte beigetragen hat –, der meint, gegen die Entfernung aller Politiker aus den ORF-Gremien könne man schwer protestieren, doch bleibe der ORF ein Staatsbetrieb, für den der Bundeskanzler als alleiniger Vertreter des Eigentümers Staat zuständig sei, und in jedem Unternehmen habe der Eigentümer das letzte Wort.

Das bedeutet: Entpolitisierung und ausschließliche, alleinige Macht dem Bundeskanzler! Opposition und Kritiker raus!

Wenn Herr Khol meint, der ORF müsse frei sein, dann heißt das wohl: frei von Opposition und frei von Liberalität. Etwas anderes kann damit nicht gemeint sein. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Weil der Vorwurf kam, zu wenig Konstruktives und zu wenig Vorschläge von der Opposition: Wir sagen deutlich ja zu einer ORF-Reform, ja zu einer Digitalisierung, die den Namen auch verdient und nicht nur auf Inseln beschränkt ist, auf 50 Prozent. Wir sagen auch ja zu einem öffentlich-rechtlichen Auftrag, wobei darüber diskutiert werden muss, was das in Zukunft heißen soll, nämlich: Auftrag für Bildung, für Kultur, für Information, die auch zeitgemäß ist, und für Unterhaltung, die zeitgemäß ist. Wir sagen auch ja zu einer offensiven Positionierung des ORF als modernes Medienunternehmen. Wenn es nicht einmal möglich ist, dass der ORF eine eigene Zeitung druckt, dann, denke ich, ist es schon noch ein großer Schritt bis zu einem neuen Medienzeitalter. (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

Abschließend: Entpolitisierung ja, aber nicht in der Form, dass Sätze fallen wie: In den Redaktionsstuben muss aufgeräumt werden! Bestimmte Elemente sind aus dem ORF zu entfernen! – Wenn das unter "Entpolitisierung" zu verstehen ist, dann haben wir große Sorge um die Zukunft Österreichs, was Meinungsfreiheit und Meinungsvielfalt anlangt. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

11.08

Präsident Dr. Heinz Fischer: Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor, ich erkläre die Aktuelle Stunde für beendet.


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Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Für die heutige Sitzung hat das Bundeskanzleramt über eine Entschließung des Bundespräsidenten betreffend die Vertretung eines Regierungsmitgliedes folgende Mitteilung gemacht: Frau Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita Ferrero-Waldner wird durch Frau Bundesministerin Elisabeth Gehrer vertreten.

Einlauf und Zuweisungen

Präsident Dr. Heinz Fischer: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisung darf ich auf die schriftliche Mitteilung, die an alle Mitglieder des Hohen Hauses nach § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung verteilt wurde, verweisen.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A) Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Schriftliche Anfragen: 2179/J bis 2193/J.

2. Anfragebeantwortungen: 1784/AB bis 1796/AB.

Anfragebeantwortung (Präsident des Nationalrates): 14/ABPR.

3. Regierungsvorlagen:

Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über Funkanlagen und Telekommunikationsendeinrichtungen erlassen wird und das Telekommunikationsgesetz sowie das Bundesgesetz über die Verkehrs-Arbeitsinspektion geändert werden (483 der Beilagen),

Objektivierungsgesetz (532 der Beilagen),

Bundesgesetz über den unabhängigen Dienstrechts- und Objektivierungskontrollsenat (UDOS-G) (533 der Beilagen),

Objektivierungs-Begleitgesetz umfassend: Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird; Bundesverfassungsgesetz, mit dem Bundesverfassungsgesetze und Verfassungsbestimmungen aufgehoben und geändert werden; Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Vertragsbedienstetengesetz 1948 und das Bundes-Personalvertretungsgesetz geändert werden (534 der Beilagen).

B) Zuweisungen:

1. Zuweisungen seit der letzten Sitzung gemäß §§ 32a Abs. 4, 80 Abs. 1, 100 Abs. 4, 100b Abs. 1 und 100c Abs. 1:

Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen:

Petition Nr. 21 betreffend "Eine Chance auf Familienleben – auch den im Handel Beschäftigten", überreicht von der Abgeordneten Mag. Barbara Prammer,

Bürgerinitiative Nr. 18 betreffend "Bevor es zu spät ist".

2. Zuweisungen in dieser Sitzung:

a) zur Vorberatung:

Finanzausschuss:

Antrag 411/A (E) der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen betreffend die Unterstützung der Israelitischen Kultusgemeinde angesichts der Gefährdung jüdischer MitbürgerInnen und der inneren Sicherheit sowie der Demokratie durch antisemitische Äußerungen;


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Ausschuss für innere Angelegenheiten:

Antrag 410/A (E) der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen betreffend die Unterstützung der Israelitischen Kultusgemeinde angesichts der Gefährdung jüdischer MitbürgerInnen und der inneren Sicherheit sowie der Demokratie durch antisemitische Äußerungen;

Ausschuss für Menschenrechte:

Antrag 409/A (E) der Abgeordneten Dr. Alexander Van der Bellen und Genossen betreffend die innere Sicherheit in Österreich, insbesondere von Menschen jüdischen Glaubens und die Gefährdung der Demokratie durch antisemitische Äußerungen;

Wirtschaftsausschuss:

Bundesgesetz, mit dem das Patentanwaltsgesetz geändert wird (484 der Beilagen),

Antrag 408/A (E) der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig und Genossen betreffend drohender Ausverkauf der österreichischen E-Wirtschaft an Atom-Konzerne;

b) zur Enderledigung im Sinne des § 28b GOG (vorbehaltlich der endgültigen Entscheidung des Ausschusses):

Ausschuss für Arbeit und Soziales:

Bericht des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit über die Tätigkeit der Arbeitsinspektion im Jahr 1999 (III-93 der Beilagen).

*****

Fristsetzungsantrag

Präsident Dr. Heinz Fischer: Vor Eingang in die Tagesordnung darf ich mitteilen, dass Herr Abgeordneter Kiss gemeinsam mit Herrn Abgeordnetem Jung beantragt hat, dem Ausschuss für innere Angelegenheiten zur Berichterstattung über die Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Ein-, Aus- und Durchfuhr von Kriegsmaterial und das Waffengesetz geändert werden sowie ein Truppenaufenthaltsgesetz erlassen wird, eine Frist bis zum 9. Mai 2001 zu setzen.

Ferner liegt das ausreichend unterstützte Verlangen vor, über diesen Antrag eine Debatte durchzuführen.

Da es heute keine Dringliche Anfrage und keinen Dringlichen Antrag gibt, findet die Fristsetzungsdebatte – nach den Bestimmungen der Geschäftsordnung – um 15 Uhr statt. Die Abstimmung erfolgt in unmittelbarem Anschluss an die Debatte.

Behandlung der Tagesordnung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Es liegt mir der Vorschlag vor, die Debatte über die Punkte 2 und 3 der heutigen Tagesordnung sowie über die Punkte 4 und 5, 6 bis 10 und 11 bis 14 zusammenzufassen.

Gibt es dagegen einen Einwand? – Das ist nicht der Fall. Das ist daher so beschlossen.

Redezeitbeschränkung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gehen in die Tagesordnung ein.


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In der Präsidialkonferenz wurde Einvernehmen über folgende Vorgangsweise erzielt: Es ist eine Tagesblockzeit von 8 "Wiener Stunden" in Aussicht genommen, aus der sich folgende Redezeiten ergeben: SPÖ 156 Minuten, Freiheitliche und ÖVP je 116 Minuten, Grüne 92 Minuten.

Auch darüber hat das Hohe Haus zu beschließen.

Ich frage, ob es gegen diesen Vorschlag Einwendungen gibt. – Das ist nicht der Fall, damit haben wir das einstimmig angenommen.

1. Punkt

Wahl eines Schriftführers/einer Schriftführerin

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir kommen zum 1. Punkt der Tagesordnung. Es ist dies die Wahl eines Schriftführers oder einer Schriftführerin in Nachfolge der ausgeschiedenen Schriftführerin Reitsamer.

Es liegt mir der Vorschlag vor, Frau Abgeordnete Sophie Bauer als Schriftführerin des Nationalrates zu wählen.

Da mir nur dieser eine Vorschlag vorliegt und somit keine Gegenkandidatur vorhanden ist, besteht die Möglichkeit, diese Wahl nicht mit Stimmzetteln, sondern durch Aufstehen und Sitzenbleiben durchzuführen. – Dagegen gibt es keinen Einwand.

Ich darf daher jene Damen und Herren, die dem Wahlvorschlag lautend auf Frau Abgeordnete Sophie Bauer bei der Wahl zur Schriftführerin zustimmen, um ein diesbezügliches Zeichen ersuchen. – Ich stelle fest, dass die Frau Abgeordnete einstimmig gewählt wurde. (Allgemeiner Beifall.)

Ich bin noch verpflichtet, zu fragen, ob sie die Wahl annimmt. (Abg. Sophie Bauer: Ich nehme sie an!) – Gut, damit ist der Wahlakt vollzogen und der 1. Punkt der heutigen Tagesordnung erledigt.

2. Punkt

Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (499 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über das Bundesgesetzblatt 1996, das Bundesgesetz über die Bundesrechenzentrum GmbH (BRZ GmbH), das Einkommensteuergesetz 1988, das Umgründungssteuergesetz, das Umsatzsteuergesetz 1994, das Erdgasabgabegesetz, das Staatsdruckereigesetz 1996, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1984, das Landesvertragslehrergesetz 1966, das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz, das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 und das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz geändert werden sowie ein Bundesgesetz, mit dem die Agentur für Ernährungssicherheit – Österreich errichtet wird (Ernährungssicherheitsgesetz), erlassen wird (Budgetbegleitgesetz 2002) (539 der Beilagen)

3. Punkt

Bericht und Antrag des Budgetausschusses betreffend den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Entschädigungsfondsgesetz (BGBl. I Nr. 12/2001), das Bundesfinanzgesetz 2001 (BGBl. I Nr. 1/2001) und das Versöhnungsfonds-Gesetz (BGBl. I Nr. 74/2000) geändert werden (541 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen zu den Punkten 2 und 3 der Tagesordnung. Die Debatte wird unter einem durchgeführt.

Ein Wunsch nach Berichterstattung liegt nicht vor.


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61. Sitzung / Seite 29

Erste Rednerin ist Frau Abgeordnete Doris Bures. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

11.13

Abgeordnete Doris Bures (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das heute vorliegende Budgetbegleitgesetz ist der vorläufige Schlusspunkt einer Reihe unsozialer Maßnahmen, eigentlich eines ganzen Maßnahmenpaketes, das die blau-schwarze Koalition beschlossen hat.

Meine Damen und Herren von den Freiheitlichen und der ÖVP! Sie haben in den letzten Wochen mit ungeheurer Brutalität jene Menschen, die niedrige oder mittlere Einkommen beziehen, belastet. Alle Experten haben nachgewiesen, dass Ihre Budgets, die bereits beschlossenen und die noch vor uns liegenden, in verteilungspolitischer Hinsicht eine absolute Schieflage aufweisen, weil vor allem Bezieher niedriger und mittlerer Einkommen belastet werden. Wenn Sie Ihre Politik und Ihre Maßnahmen konsequent umsetzen, werden die Arbeitnehmer in Zukunft mit zusätzlich 43 Milliarden Schilling im Jahr belastet, während auf der anderen Seite Arbeitgeber und Unternehmen mit mehreren Milliarden entlastet werden.

Es ist deshalb wichtig, das zu sagen, weil damit aufgezeigt wird, dass es Ihnen nicht um Budgetkonsolidierung geht, sondern darum, auf der einen Seite gerade Bezieher niedriger und mittlerer Einkommen und Pensionisten zu belasten, um auf der anderen Seite für Arbeitgeber, für Großunternehmer, für Großbauern Entlastungen zu schaffen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Puttinger: Wo werden die Unternehmen entlastet?)

Sie haben in den letzten Monaten die Menschen mit Abgabenerhöhungen konfrontiert, es ist eigentlich alles in den letzten Monaten teurer geworden, das Heizen, das Autofahren, das Kranksein, und auf der anderen Seite haben die Menschen auch ein geringeres Nettoeinkommen. Arbeitnehmer haben ein geringeres Nettoeinkommen, Pensionisten haben einen geringeren Pensionsbezug, weil Sie bei den Absetzbeträgen brutal gekürzt haben.

Und Sie haben auch eine Reihe unsozialster Maßnahmen gesetzt, wie die Unfallrentenbesteuerung, die dazu führt, dass gerade jene Menschen, die das Schicksal ohnedies hart getroffen hat, um ein Drittel weniger bekommen.

Sie haben eine Reihe dieser Maßnahmen, dieser Belastungen sehr chaotisch – dieses Haus und dieses Land haben es erlebt – und dilettantisch durchgeführt. Ich erinnere nur an die Ambulanzgebühren, die so chaotisch und dilettantisch umgesetzt wurden, dass sie vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben wurden.

Ich ersuche Sie, jetzt nicht in einer neuerlichen Husch-Pfusch-Aktion diese unsoziale Maßnahme, von der alle Experten sagen, dass sie finanziell überhaupt nichts bringt, wieder zu beschließen, sondern die Ambulanzgebühr im Interesse der kranken Menschen wieder abzuschaffen. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Budgetpolitik der blau-schwarzen Koalition kann man folgendermaßen zusammenfassen: Sie ist nicht wachstumsorientiert, sondern restriktiv. Sie werden durch Ihre Budgetpolitik das Land kaputtsparen, statt notwendige Zukunftsinvestitionen vorzunehmen, nämlich Investitionen in den Bereichen Ausbildung und Forschung. Sie führen mit Ihrer Budgetpolitik vor allem aber eine ungerechte Einkommensverteilung durch, nämlich eine Verteilung von den unteren Einkommen zu den oberen. Sie begünstigen die Bezieher hoher Einkommen auf Kosten der Bezieher kleiner Einkommen.

Auch auf Grund des Budgetbegleitgesetzes wird 2001 kein gutes Jahr für Österreich und für die Steuerzahler sein. Durch Ihre Maßnahmen werden die Steuereinnahmen weiter steigen, die Steuerquote wird um 1 Prozent hinaufschnellen, und auch die Staatsausgaben werden neuerlich steigen.

Diese hohe Steuer- und Abgabenquote, die alle spüren – die höchste Steuer- und Abgabenquote der Zweiten Republik! (Abg. Böhacker: Das ist falsch! Das ist unrichtig!)  –, führt dazu,


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dass die Steuerlast für Arbeitnehmer auf Grund Ihres Budgets und Ihres Budgetbegleitgesetzes um 110 Milliarden Schilling höher sein wird. Das haben die Bezieher geringer und mittlerer Einkommen und die Pensionisten zu begleichen: 110 Milliarden Schilling!

Die Sozialdemokratie steht für eine andere Budgetpolitik. Wir sind für eine Budgetpolitik, in deren Mittelpunkt steht: mehr Geld für die Ausbildung, mehr Geld für Bildung – statt, wie Blau-Schwarz es vorsieht, mehr Geld für das Bundesheer.

Wir Sozialdemokraten stehen für mehr Investitionen in die Forschung, höhere Forschungsausgaben – statt nach dem Gießkannenprinzip Lohnsteuersenkungen und Geldgeschenke für Unternehmen durchzuführen. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir stehen auch für Investitionen im Bereich der Kinderbetreuung, damit es tatsächlich so ist, dass Frauen und Männer Berufsausübung und Kinderbetreuung gemeinsam erfüllen können – kein undifferenziertes Kindergeld, das auf Kosten der Frauen geht, wie Sie das in Ihrem Budget vorsehen!

Mir ist es wichtig, auch Folgendes in Erinnerung zu rufen, weil diese Bundesregierung immer so tut, als hätte sie die Budgetkonsolidierung erfunden: 1996 wurde unter Finanzminister Edlinger die Budgetkonsolidierung eingeleitet. Diese Bundesregierung hat natürlich auch nicht die Maastricht-Kriterien erfunden, die die Grundlage für die Budgetpolitik sind.

Dass die Budgetkonsolidierung bereits 1996 begonnen wurde, zeigt sich an einer ganz einfachen Zahl, nämlich an der Staatsschuldenquote. Sie haben es sich zum Ziel gesetzt, von 2,3 Prozent auf das Nulldefizit zu kommen. Ich rufe Ihnen in Erinnerung, Herr Staatssekretär: Von 1996 bis 1999 wurde die Staatsschuldenquote unter Bundesminister Edlinger, also unter Führung der Sozialdemokratie, um mehr als 3 Prozent gesenkt. Das heißt, das war viel ambitionierter als das, was Sie jetzt vorhaben. Die damalige Budgetkonsolidierung hat sich vor allem dadurch von Ihrer heutigen unterschieden, dass wir gesagt haben: Konsolidierung ja, aber sozial gerecht! Und "sozial gerecht" bedeutet, dass jene, die mehr haben, einen größeren Beitrag leisten sollen, und jene, die weniger haben, einen geringeren. (Beifall bei der SPÖ.)

Es geht Ihnen also nicht darum, das Budget zu konsolidieren, sondern darum, Menschen zu belasten, und darum, umzuverteilen, nämlich von den unteren Einkommen, wie gesagt, zu den oberen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin sehr froh darüber, dass in vielen Diskussionen BürgerInnen und WienerInnen, vor allem auch in den letzten Wochen, zu mir gekommen sind und gesagt haben: Die haben uns viel versprochen, sie haben versprochen, dass vieles billiger wird, dass zum Beispiel die Mieten gesenkt werden – aber das Gegenteil ist der Fall. Sie haben gesagt, sie werden die Pensionisten nicht belasten – aber die Pensionisten haben durch diese unsoziale Politik weniger im Geldbörsel als jemals zuvor. (Abg. Dr. Grollitsch: Das ist auch ein Unsinn! Das ist ein Unsinn!)

Die Menschen spüren die unsoziale Politik, die Sie machen. Die Menschen spüren, dass Sie eine Politik vertreten, bei der der Schwächere auf der Strecke bleibt und sich nur der Stärkere durchsetzt. Ich bin froh darüber, dass die Wähler, weil sie all das spüren, dieser unsozialen Politik, dieser Politik der sozialen Schieflage am Sonntag eine klare Absage erteilt haben! (Beifall bei der SPÖ.)

11.22

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Böhacker zu Wort gemeldet. Redezeit: maximal 2 Minuten. Zuerst den zu berichtigenden Sachverhalt wiedergeben, dann Berichtigung. – Bitte.

11.22

Abgeordneter Hermann Böhacker (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Herr Staatssekretär! Frau Kollegin Bures hat wider besseres Wissen wieder einmal festgehalten,


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dass die Steuer- und Abgabenquote des Jahres 2002 beziehungsweise 2003 die höchste der Zweiten Republik darstelle. – Das ist unrichtig, Frau Kollegin!

Wahr ist vielmehr, dass die Steuer- und Abgabenquote im Jahr 1997 44,8 Prozent des BIP betragen hat, 1998 44,7 Prozent und 1999 44,5 Prozent. All das war unter der Zeit eines sozialdemokratischen Finanzministers. Die Steuer- und Abgabenquote des Jahres 2002 wird 44,3 Prozent betragen und ist daher wesentlich niedriger als in den drei genannten Jahren unter einem sozialistischen Finanzminister. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Edlinger: Das werden wir abwarten!)

11.23

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Stummvoll. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 12 Minuten. (Abg. Dr. Stummvoll  – auf dem Weg zum Rednerpult –: 10 Minuten!) Ich korrigiere wunschgemäß und nehme 2 Minuten zurück.

11.24

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Minister! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn wir heute hier das Budgetbegleitgesetz 2002 debattieren, dann debattieren wir ein wichtiges Rahmengesetz nach dem Budgetbegleitgesetz 2001, das ebenfalls schon richtige Weichen für die Budgetkonsolidierung gestellt hat; ein wichtiges Gesetz, das eine epochale Wende in der Finanz- und Budgetpolitik ermöglicht, nämlich die Nulldefizitstrategie. Meine Damen und Herren! Eine epochale Wende in der Finanz- und Budgetpolitik nach 30 Jahren sozialdemokratischer Finanzminister! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Herr Kollege Edlinger, auf diesen ... (Abg. Edlinger: Und ÖVP-Staatssekretär, Herr Kollege!) Ja, das stimmt. Aber Sie wissen, wer immer der Stärkere ist (Abg. Edlinger: Mir tut es so Leid! Diese Selbstbezichtigung, dass Sie ein kleines Würstchen gewesen sind, tut mir Leid!), und Sie wissen, wer 30 Jahre lang Bundeskanzler war, Finanzminister war, Sozialminister war. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Kollege Edlinger! Ich habe ja auf diesen Zwischenruf gewartet, denn offensichtlich kommen Sie von der roten Farbe nicht weg. Nach den roten Zahlen, die wir geschrieben haben, während Sie Finanzminister waren, haben Sie heute bei der Debatte über das Budget einen roten Strich in den Haaren, der Sie offenbar an die roten Zahlen erinnert, die wir geschrieben haben, als Sie noch Finanzminister waren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Edlinger: Das war das Wahlresultat!)

Herr Kollege! Ich verrate Ihnen jetzt ein Geheimnis: Wir haben im ÖVP-Klub darüber debattiert, ob wir Ihnen auch eine Wette anbieten sollen. Die Wette hätte gelautet: Wenn Sie Ihre Parteifinanzen so rasch sanieren wie die Regierung das Budget (Zwischenruf des Abg. Edler ), dann lassen wir uns die Haare schwarz-blau färben. Aber die Mehrheit hat gesagt: Wir machen das Parlament nicht zum Kasperltheater! Und daher machen wir es nicht, Herr Kollege Edlinger! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Aber diese Wette wäre verlockend, das müssen Sie zugeben. Es wäre verlockend, Ihnen diese Wette anzubieten. (Abg. Mag. Kogler: Herr Kollege Stummvoll! Es ist bezeichnend, dass Sie sich auch die blaue Farbe in die Haare schmieren! – Weitere Zwischenrufe.)

Wir sehen unsere Aufgabe darin, das Land aus den roten ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Kollege Stummvoll! Bitte, bringen Sie nicht jene Abgeordneten in Verlegenheit, die nichts zum Hineinschmieren haben. (Heiterkeit.)

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (fortsetzend): Danke für den guten Ratschlag.

Meine Damen und Herren! Wenn wir eine Aufgabe in der Budgetpolitik sehen, dann besteht sie darin, dass Budgetpolitik wieder das werden soll, was sie sein soll, nämlich Zukunftsgestaltung – und nicht Schuldenmachen. Durch traurige Erfahrungen haben wir gesehen, dass Schulden der größte Feind der Arbeitsplätze sind, der größte Feind der sozialen Sicherheit, der Feind der


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Jugend und auch der Feind der Pensionisten. Schulden sind eine sehr unsichere Zukunftsstrategie, meine Damen und Herren! Und wir möchten uns davon lösen.

Wir wissen, es wäre viel einfacher, weiter zu verwalten. Wir müssen ja zugeben, dass wir 30 Jahre lang eigentlich gut gelebt haben, aber zu Lasten der Zukunft unserer Kinder. Und das ist einfach nicht mehr zu verantworten. Einige Zeit geht das sicher gut, aber wenn jeder fünfte Steuerschilling, der dem Bund verbleibt, für die Zinsen der Staatsschuld verwendet werden muss, dann ist Verantwortung gefragt, nämlich für die Zukunft unserer Kinder und auch für die Sicherheit der Pensionen vorzusorgen, meine Damen und Herren, und das tut diese Bundesregierung. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Das Budget 2002, für das das heutige Begleitgesetz eine wichtige Rahmenbedingung darstellt, ist auch ein zutiefst europäisches Budget – nicht nur, weil es in Euro erstellt, weil es das erste Budget in Euro ist, sondern weil wir endlich die rote Laterne in der EU-Statistik abgeben. Wir waren das schlechteste Land, was die Staatsverschuldung und die Defizitquote betrifft. Mit diesem Budget sind wir wieder im soliden Mittelfeld der Europäischen Union, meine Damen und Herren.

Ich habe schon einmal gesagt, um noch einmal auf Rot zu sprechen zu kommen: Kaum sind die Roten aus der Regierung, hat unlängst ein Taxler gesagt, geben wir die rote Laterne wieder ab. Ich glaube, das ist ein sehr positives Zeichen und ein wichtiges Signal – trotz der Wiener Wahl, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Lassen Sie mich zur Wiener Wahl eines sagen – leider ist Kollege Gusenbauer jetzt nicht im Saal –: Gusenbauer soll sich ja nicht zu sehr freuen, denn Gusenbauer ist kein Häupl! Und das wird er noch sehr leidvoll erfahren müssen.

Meine Damen und Herren! Das Budget 2002 ist aber nicht nur ein Budget ohne Schulden, sondern es ist auch ein Budget der Zukunftssicherung, ein europäisches Budget und ein Budget des Vertrauens. Wir sehen das ja an den Wirtschaftsdaten – ich habe es schon einmal hier gesagt –: Wir hatten allein im letzten Jahr 25 000 neue Arbeitsplätze, 27 000 weniger Arbeitslose, 40 Prozent weniger Langzeitarbeitslose und die geringste Jugendarbeitslosigkeit in Europa. Das signalisiert das Vertrauen der Wirtschaft und der Arbeitnehmer in diese Budgetkonsolidierung.

Meine Damen und Herren! Machen wir uns nichts vor: Wirtschaftsstandort, sichere Arbeitsplätze und Budget haben einen sehr engen Zusammenhang. Auf Dauer kann ein Land als Wirtschaftsstandort nicht attraktiv sein, wenn das Budget nicht in Ordnung ist. Und das Budget wird auch nicht nachhaltig saniert werden können, wenn das Land als Wirtschaftsstandort nicht attraktiv ist. Es besteht eine sehr enge direkte Beziehung zwischen Wirtschaftsstandort, Vollbeschäftigung und Budgetsanierung, und wir stehen für beides: für Vollbeschäftigung und für Budgetkonsolidierung, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Wir haben den Zustand der Vollbeschäftigung erreicht. Meine Damen und Herren! Erst vorige Woche hat der Generalsekretär des Wirtschaftsbundes, unser Kollege Karlheinz Kopf, darauf hingewiesen, dass heute jeder zweite Betrieb über Arbeitskräftemangel klagt. Das ist der Zustand der absoluten Vollbeschäftigung. Unser Hauptproblem ist heute, dass wir zu wenig Arbeitskräfte haben, und zwar nicht nur IT-Fachkräfte. Die Betriebe suchen Hilfsarbeiter, Facharbeiter, EDV-Personal. Das ist heute unser Problem. Aber dieses Problem, sage ich ganz offen, ist mir lieber als das Problem, dass wir Hunderttausende Arbeitslose haben, die keinen Arbeitsplatz finden, denn wir stehen für die Sicherheit der Arbeitsplätze! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Lassen Sie mich, meine Damen und Herren, da meine Vorredner, insbesondere Frau Kollegin Bures, wieder einmal gemeint haben, in diesem Budget sei nichts für Forschung, Entwicklung und Bildung enthalten, auch noch Folgendes sagen: Wir haben im Budgetausschuss, wo allerdings Frau Kollegin Doris Bures nicht dabei war, darauf hingewiesen, dass von dieser Bundesregierung innerhalb von drei Jahren 7 Milliarden Schilling mehr für Forschung und Ent


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wicklung, 7 Milliarden Schilling mehr für Bildung und 8 Milliarden Schilling mehr für Infrastrukturmaßnahmen ausgegeben werden. Das im Vergleich des Jahres 2002 zu 1999.

Meine Damen und Herren! Das ist Zukunftsgestaltung, und das ist das Gegenteil von dem, Herr Kollege Edlinger, was wir mit Ihnen zusammengebracht haben. Das muss man objektiverweise sagen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Edlinger: Falsch!) Es lassen sich einfach gewisse Fakten auch von einem rhetorisch noch so begabten Oppositionsredner nicht beiseite schieben, Herr Kollege Edlinger! (Abg. Edlinger: Die Menschen haben es eh bemerkt!)

Wir sind eigentlich dankbar, dass Sie uns immer wieder an die roten Zahlen erinnern, die wir mit Ihnen geschrieben haben. Wir werden schwarze Zahlen schreiben – und wir tun das aus Verantwortung für die Zukunft unserer Kinder, aus Verantwortung für unser Land! (Abg. Edlinger: Die Menschen haben es bemerkt!)

Ich möchte auch Folgendes sagen – ein Vorredner hat es bereits gesagt –: Bitte, legen Sie ein bisschen mehr Demut an den Tag! Wie Sie sich heute hier überheblich – überheblich! – etikettiert haben, ist geschmacklos. Ich frage Sie: Hat irgendwer von uns nach dem 11 Prozent- Erfolg der Waltraud Klasnic ein steirisches Wappen auf der Brust prangen gehabt? Also, mir kommt das schon ein bisschen so vor, als würden Sie glauben, jetzt haben Sie es schon geschafft. Sie haben es noch lange nicht geschafft, meine Damen und Herren von der SPÖ, und Sie werden im Jahre 2003 bitter daran denken, dass Sie sich zu früh gefreut haben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Noch einmal: Gusenbauer ist kein Häupl! Und ich muss leider auch für uns sagen: Görg ist auch kein Schüssel! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Edlinger: Der Görg hat sogar trotz Schüssel etwas dazugewonnen!)

11.32

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Kogler. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. – Bitte.

11.32

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Bezug nehmend auf meinen Vorredner, aber auch auf die Budgetrede des Finanzministers – es ist, so glaube ich, durchaus legitim, diese am Beginn einer Debatte zu den Budgetbegleitgesetzen in die Betrachtung mit einzubeziehen – dominieren immer wieder die Begriffe "Nachhaltigkeit", "Zukunftsorientierung", mitunter "soziale Treffsicherheit" und so weiter, und da ist meines Erachtens schon auffällig – ich lasse dabei die Wiener Wahlen außer Acht –, dass bei der Gestaltung der Offensive zum Nulldefizit der Frage der Nachhaltigkeit und der Zukunftsorientierung von dieser Bundesregierung viel zu wenig Beachtung geschenkt wird. Bei einer kritischen Betrachtung sieht man nämlich, dass in ein, zwei Jahren das alles ganz anders ausschauen wird. Ich werde jetzt ein bisschen darauf eingehen.

Wenn wir nachhaltig sanieren wollen oder zukunftsorientiert, also in Ihrem Sinne, Herr Abgeordneter Stummvoll – was Zukunftsorientierung für die Grünen bedeutet, darauf sollten wir natürlich extra eingehen, selbstverständlich –, dann müssten wir für eine ausgewogene Lage zwischen einnahmen- und ausgabenseitigen Maßnahmen sorgen. Der Konjunktiv ist, so glaube ich, das Angebrachtere. Im Jahre 2001 haben wir es mit einer 75-prozentigen ausgabenseitigen und einer 25-prozentigen einnahmenseitigen Sanierung zu tun. Dieses Verhältnis verbessert sich auch im nächsten Jahr, in welchem es dann 60 : 40 ausmachen wird, nicht wesentlich.

Meine Damen und Herren! Nehmen wir diese Indikatoren ernst! Wir werden es beim Bundesrechnungsabschluss in den kommenden Jahren sehen. Es ist nicht zu unterschätzen, was das bedeutet. Dazu kommt noch – und darauf wird noch einzugehen sein –, dass Sie Ihrer Klientel für 2003 schon prophylaktisch entsprechende Steuergeschenke in Aussicht gestellt haben. Wie soll sich das alles ausgehen? Jetzt redet man sich noch leicht, insbesondere der smarte Herr Finanzminister redet sich leicht. Das alles ist gut kampagnisiert, keine Frage, aber die Be


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währungsprobe kommt erst. Nicht, dass das Nulldefizit 2002 nicht halten könnte, aber was wird 2003 und vor allem nach der nächsten Wahl, 2004, sein? Das ist die Frage!

Ich erwähne das deshalb, weil Sie ja ständig auf dieser "Nachhaltigkeit" und "Zukunftsorientierung" herumreiten, und zwar so oft, dass man es schon fast nicht mehr hören kann. Sie bemühen sogar eine 100-Millionen-Schilling-Kampagne, die Sie in ganz Österreich durchziehen, um das immer wieder zu betonen. Das müssen Sie sich dann gefallen lassen, und jetzt müssen Sie sich bereits den Vorwurf gefallen lassen, dass Sie in Wirklichkeit die Antwort schuldig bleiben, was diese Frage betrifft. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Meine Damen und Herren von der ÖVP und den Freiheitlichen! Sie haben ein Nulldefizit, ein Maastricht-konformes Defizit österreichweit im Auge; das ist soweit okay. Es ist völlig legitim, dass der Bund de facto 0,7 Prozent des BIP als Abgang präliminiert hat und im Gegenzug die Länder für 0,75 Plus Vorsorge halten sollen. Aber schauen wir uns wieder die Zahlen an! Was war bis jetzt, was war im Vorjahr? Es wären meiner Erinnerung nach 23 Milliarden Schilling, die in Zukunft da sein müssten. Jetzt stehen 7 Milliarden Schilling zu Buche, die die Länder beibringen können, und es ist überhaupt nicht ersichtlich, wie die Länder das schaffen sollen – noch dazu, wo die Maastricht-Konformität immer strenger interpretiert wird. Österreich ist ja sogar so weit gegangen – und wir machen uns damit in Brüssel lächerlich –, dass es an den Auslegungen, was Maastricht-konform ist oder nicht, herumzudoktern begann.

Die Länder sind ja in Wirklichkeit – ich zitiere Lehner – ein bisschen hineingelegt worden. Das böse Erwachen kommt, und das ist auch ein Grund für Ihre Regierungskrise, weil die Landeshauptleute sagen: Was habt ihr denn da mit uns gemacht? Es ist Ihnen, insbesondere Finanzminister Grasser, tatsächlich gelungen, die Länder ein bisschen zu kitzeln und an der Nase herumzuführen, aber der Finanzminister spürt es jetzt ohnehin, was er davon hat. Die Länder können überhaupt nicht so ohne weiteres diese 23 Milliarden Schilling beisteuern – es sei denn, mit Budgettricks, die sich gewaschen haben.

Das schauen wir uns auch noch an, denn das ist wesentlich für die Erreichung des Nulldefizits. Außerdem bleibt jede Antwort aus, was die Strukturreformen betrifft, wie etwa die Bundesstaatsreform et cetera. Also die Frage, was die "Nachhaltigkeit" beziehungsweise die "Zukunftsorientierung" betrifft, bleibt offen. Und diese Fragen müssen Sie sich gefallen lassen. Vielleicht kann der Herr Staatssekretär dazu etwas sagen, wenn der Herr Finanzminister schon nicht da ist.

Das andere, was ich angekündigt habe, zu erwähnen, halte ich auch für wesentlich, nämlich die Frage der versprochenen Steuergeschenke. Wenn wirklich die Lohnnebenkosten sozusagen ohne Kompensation in deutlichem Ausmaß gesenkt werden sollen, dann wird dieses Geld ja irgendwo fehlen, wenn jetzt schon das Budget zu 75 Prozent und im nächsten Jahr zu 60 Prozent ausgabenseitig konsolidiert wird. Schreiben Sie das einfach so fort, dann werden Sie sehen, dass da eine Lücke klafft, die mit den Ankündigungen des Finanzministers nicht geschlossen werden kann. Im Gegenteil, denn mit dieser Klientel-Politik im Bereich der Unternehmer hört es ja nicht auf, es geht noch weiter, wie zum Beispiel in den Bereichen Militär und traditionelle Familienpolitik. Das sei Ihnen unbenommen, aber das kostet ja alles Geld, das wissen Sie ganz genau. Die Schere geht immer mehr auseinander, und es gibt von Ihnen keinen Hinweis darauf, wie Sie diese schließen wollen.

Meine Damen und Herren! Diese Bundesregierung hält sich einen legeren Finanzminister, der die Dinge sehr flott formuliert, der bestens beraten ist, was seine Kampagnen betrifft, aber diese Bundesregierung geht eigentlich ziemlich altvaterisch zu Werke. Sie betreiben eine Klientel-Politik, die nach wie vor auf Landwirtschaftsförderung für große Betriebe aufbaut, aber von Ökologisierung ist dabei keine Rede. (Abg. Dr. Stummvoll: Wir schaffen Arbeitsplätze!) Im Bereich der Einnahmen "kitzeln" Sie gerade ein bisschen die Stiftungsmilliardäre, aber das ist ja nicht einmal mehr eine Alibi-Aktion, denn auch da wird die präliminierte Summe nicht mehr halten. So geht das in einem fort!


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Diese Bundesregierung hat ein paar Eckdaten vorgegeben, und diese Nulldefizit-Hysterie ist in Wirklichkeit genau der Paravent, hinter dem Sie Ihre ideologisch verbrämten Maßnahmen verkaufen. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Stummvoll: Bei uns ist niemand hysterisch!)

Das ist ja legitim. Bitte bekennen Sie sich dazu, aber erklären Sie doch dem Volk nicht, dass die Nulldefizit-Geschichte das Wichtigste ist! Wann, Herr Kollege Stummvoll, sollen wir denn sanieren, wenn nicht in der Hochkonjunktur? Das ist doch klar! (Abg. Dr. Stummvoll: Dann stimmen Sie zu!) Da haben auch wir nie widersprochen. Aber reden wir doch über die Maßnahmen, die dazu führen!

Ich komme jetzt zum Begriff "Zukunftsorientierung". – Wo greifen Sie denn wirklich hinein, um zu sanieren? Irgendwo muss ja einnahmenseitig zu Buche stehen, wie Sie sanieren – wenn schon nicht ausgabenseitig!

Ich komme damit zum Problem, dass da die verschiedenen Bevölkerungsgruppen zu beachten sind. Eigentlich muss man die Frage der sozialen Treffsicherheit semantisch einmal genauer betrachten. Ich habe immer geglaubt: Na ja, das wird ein lustiger Gag werden! Vom Wortspiel her ist der Begriff "soziale Treffsicherheit" auch von allen Seiten aufgenommen worden. Da wird so quasi mit der Schrotflinte hinausgeschossen, und man schaut, wen man trifft. Das ist ja die erwartete Reaktion der Opposition, wie man solch einen Begriff wahrscheinlich verwenden wird.

Aber wenn man sich das anschaut, dann sieht man, dass es noch viel schlimmer ist: Zielsicher treffen Sie die sozial Schwächeren! Sie legen es ja geradezu darauf an: Da ist ein Unfallrentner, der hat noch nicht genug bezahlt. – Anvisieren – treffen. Das ist bei Ihnen "soziale Treffsicherheit". Gratuliere!

Genauso haben Sie es bei den Ambulanzgebühren gemacht. – Da sind Leute krank, die sollen zahlen; und wer vielleicht irgendwie noch auskommt, der soll sich wenigstens im Dschungel der Bürokratie verheddern und dort noch mit der Zettelwirtschaft behelligt werden. – So schauen Ihre Maßnahmen aus! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Dr. Stummvoll schüttelt verneinend den Kopf.)

Sie schütteln den Kopf! Sie wissen ja genau, dass es so ist. Sie schütteln den Kopf, aber es wird Ihnen nichts helfen.

Was die Ambulanzgebühren betrifft – Kollege Öllinger wird später noch darauf eingehen –, bin ich schon gespannt, wie Ihre nächste Vorgangsweise aussehen wird. Wieder stellen Sie sich hin und erklären: So und so und so werden wir es machen, und das möglichst schnell! – Wenn Ihnen das Wahlergebnis vom Sonntag nicht schön langsam zu denken gibt, wo Sie mit Ihrer "Speed kills"-Parole gelandet sind, dann wird es nicht das letzte Ergebnis dieser Art gewesen sein. Aber das ist eigentlich Ihr Problem.

Nur: Diese Vorgangsweise steht diametral dem entgegen, was Sie dauernd verkünden, nämlich Dialogbereitschaft, dieses und jenes "neu regieren". – Altvaterisch ist das, wie Sie es machen. Die Fassade bröckelt schon, Herr Kollege Stummvoll. (Abg. Dr. Stummvoll schüttelt verneinend den Kopf.) Da können Sie ruhig den Kopf schütteln, aber es schaut nicht mehr so gut aus. Der Lack ist matt, und zwar auch beim Herrn Finanzminister. Der Lack ist matt. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Dr. Stummvoll: Schauen Sie sich doch um! Das stimmt ja gar nicht! Schauen Sie sich die Gesichter an!)

Der Grasser ist jetzt nicht da. Wollen wir den Kollegen Finz nicht in Verlegenheit bringen! Oh (sich umdrehend und Bundesminister Mag. Grasser, der inzwischen eingetroffen ist, erblickend), jetzt haben Sie mich überdrippelt. (Der Redner wendet sich dem nunmehr auf der Regierungsbank sitzenden Bundesminister Mag. Grasser zu und schüttelt diesem die Hand.) Wir haben uns gestern erst um 22 Uhr getrennt; es war eine sehr schwierige Debatte. (Abg. Mag. Trattner: Du wolltest nicht gehen! Du wolltest nicht mehr nach Hause gehen!) Okay, das Tor sei Ihnen zugestanden. Es steht 5 : 1 für die Grünen. (Heiterkeit bei den Grünen.)


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Nun ein weiterer Punkt, was die Zukunftsorientierung betrifft: Im Bereich der Bildung wird sehr wohl eingespart, und zwar an der falschen Stelle. Wir haben das hier schon öfter gesagt, aber man muss es immer wieder erwähnen.

Bei den Studiengebühren ist es das Gleiche. Sie wissen genau, wen Sie mit Ihrer "sozialen Treffsicherheit" treffen. – Warum sagen Sie – das richtet sich eigentlich mehr an die Adresse der FPÖ – nicht im Lichte des Sonntags: Wir überdenken die eine odere andere Maßnahme? Was ist denn dabei? Sie werden die Opposition dafür haben können.

Unfallrentenbesteuerung, Ambulanzgebühren, Studiengebühren – dort, wo etwas schiefgegangen ist, wird noch zugelegt. Es wird weiter drübergefahren. Gratuliere! So werden Sie nicht weit kommen. Sie sind in der Sackgasse, aber mit immer mehr Speed. Wo soll das hinführen? – Sie werden es schon wissen.

Nächster Punkt: Was fehlt in diesem Budget und auch in der Budgetrede des Finanzministers? (Abg. Dr. Pumberger: Es fehlt die Neuverschuldung!)  – Kollege Pumberger, Sie sind auch wieder wach geworden. – Es findet sich auf jeder Seite mehr als einmal das Wort "Zukunft", aber es findet sich in der ganzen Budgetrede nicht ein einziges Mal der Begriff "Umwelt". Das Wort "Umwelt" kommt überhaupt nicht vor. Was ist das für eine Zukunftsorientierung?!

Es wäre an der Zeit, bei der Diskussion über die neuen Steuerreformpläne auch über eine ökologische Steuerreform zu reden. Ich merke das nur der Vollständigkeit halber an, weil Sie sich immer sozusagen im modernen Gewande auf die Bühne begeben. Ich halte das für einen eklatanten Rückschritt.

Kollege Grasser! Ich weiß schon, beim Herrn Stronach war die Umweltdimension nicht unbedingt etwas Modernes, aber in der europäischen Diskussion und Debatte ist das so, und diese Regierung hat zu verantworten, dass das terminologisch bereits verschwindet. Früher war es wenigstens noch ein Bekenntnis, jetzt ist es nicht einmal mehr das. Und das ist eine gefährliche Drohung für die Zukunft! (Beifall bei den Grünen.)

Ich verstehe dieses ständige Zukunftsgewäsch überhaupt nicht. In Wirklichkeit wird hier konservative, phasenweise reaktionäre Politik gemacht, und das wollen Sie damit kaschieren, dass Sie überall "Zukunft" drüberschreiben. Was die Zukunft bringen wird, wird eine andere Frage sein!

Kommen wir zu der Frage, wie Sie sich aus dieser Malaise zu retten versuchen. Ich muss das regelmäßig anmerken: Sie finanzieren aus Steuergeldern eine Kampagne, die bisher mindestens 50 Millionen Schilling – wahrscheinlich bereits viel mehr – gekostet hat, um gehirnwäscheartig über die unschuldigen Fernseherinnen und Fernseher herzufallen und Inserate zu schalten, wo der größte Humbug drinnen steht. Das ist wirklich ein weiteres Problem!

Man bemüht sich, Frau Kollegin Gehrer, seit Jahr und Tag im Bildungswesen ein bisschen Wirtschaftsbildung unter die Leute zu bringen, aber was wird inseriert? – Die Schuldenaufnahme der Vergangenheit wird verglichen damit, dass jetzt jeder Lohnsteuerzahler oder Erwerbstätige 7 000 S im Monat mehr in der Kasse haben könnte. – Das ist nicht nur dumm und polemisch (Abg. Öllinger: Das ist richtig!), das ist auch in einer Weise an jeder Erkenntnis vorbeigehend, dass einem fast die Worte fehlen. Aber Sie finanzieren das!

Es ist doch völlig klar, dass es immer darauf ankommt, was mit Kreditaufnahmen finanziert wird. – Herr Minister, Sie wissen das, vergreifen Sie sich da jetzt nicht, es wird Ihnen in der Zukunft nicht gut bekommen, wenn Sie da auch noch überführt werden! Das steht doch in jedem Lehrbuch, wahrscheinlich sogar schon in einem aus der Handelsakademie. Und wenn Sie schon immer den Staat mit einem Haushalt vergleichen, vergleichen Sie ihn doch einmal mit einem Unternehmen!

Es ist schon möglich, dass die SPÖ in der Vergangenheit irgendetwas verwirtschaftet hat (Abg. Edler: Die ÖVP mehr!), dass Investitionen irgendwie verludert worden sind, und zwar unter dem großen wohlwollenden Auge der ÖVP, das wird schon stimmen, aber grosso modo haben


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Investitionen auch hin und wieder eine Rendite, so auch im Staatsbereich, und das ist eine Frage der Infrastruktur.

Wo wäre denn das Wirtschaftswachstum, wenn nicht in der Vergangenheit investiert worden wäre, auch über Kredite? (Beifall bei den Grünen.) Solch einen Blödsinn verbreiten Sie unter den Leuten, und das ist wirklich das Schlimme an dieser Sache! Da sind Sie einfach überführt. Zeigen Sie mir ein Lehrbuch, das Sie nur annähernd stützen kann – aber Steuergelder für solche Inserate aufzuwenden, das ist die "große Leistung" dieser Regierung!

Wir haben uns aufgeregt – und die FPÖ erst recht – bei der Kampagne der Regierung zum EU-Beitritt, richtig, aber da hatte man immerhin noch ein Wohlwollen dahinter erkennen können. Okay, eine große Idee. Für den Beitritt zur Europäischen Union darf eine Regierung auch werben. Möglicherweise. Ich bin dagegen, dass mit Steuergeldern für die Regierung geworben wird. Das ist Sache der Parteien, und dafür gibt es eine Parteienfinanzierung. Aber diese wollen Sie natürlich kürzen, weil Sie die Opposition behindern wollen. Das ist aber wieder eine andere Frage.

Dass Sie mit einer Kampagne, finanziert mit Steuergeldern, sozusagen auf die Leute losgehen, ist bis jetzt einmalig. Und die FPÖ, die sich damals bei der EU-Kampagne so besonders aufgeregt hat, sollte jetzt einmal vor den Vorhang treten und sagen: Schluss mit dieser Geldverschwenderei! Die gibt es in anderen Bereichen auch – aber da versagen Sie, da tun Sie mit. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Dr. Pumberger: Das machen wir: Schluss mit der Verschwenderei!)

Kollege Pumberger! Wenn wir jetzt doch den Sonntag ein bisschen replizieren (Ruf bei den Freiheitlichen: "Replizieren"?!): Es gäbe das Problem nicht, wäre nicht dieser Wahlkampf gewesen; dann müsste man an dieser Stelle heute nichts sagen. Bei diesem Wahlkampf aber, den Ihre Partei im Übrigen mit dem Unsäglichen – aus Kärnten eingeflogen, grinsend von jeder Straßenecke – geführt hat, haben Sie ein Tabu gebrochen, das sich die "drei Weisen", als sie im Frühjahr und Sommer in Österreich waren, gar nicht hätten träumen lassen.

Wir haben eine Präambel vom Bundespräsidenten mehr oder weniger in die Regierungserklärung hineindiktiert – von alleine wäre es ohnehin nicht gegangen –, und was ist passiert? – Schamloser Bruch, und nicht nur das, ein Tabubruch in der Zweiten Republik. (Abg. Dr. Pumberger: Waren Sie auch dabei?) Den hat Ihre Partei zu verantworten! (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Dr. Pumberger. )

Kollege Pumberger! Es entspricht Ihrer Geisteshaltung, dass Sie sich da müde zurücklehnen. Das ist schon klar! (Beifall bei den Grünen.) Wäre der "Weisen-Bericht" jetzt zu erstellen, wäre er fürchterlich, und das zu Recht. Eigentlich ist das Schönste vom vergangenen Sonntag, dass wir einen Weisen-Bericht bekommen haben, einen demokratisch legitimierten Weisen-Bericht der Wiener Wählerinnen und Wähler. Das ist Ihnen ins Stammbuch zu schreiben! Wenn Sie sich diese Geschichte nicht merken, dann fahren Sie weiter – "speed kills" – in die Sackgasse. Der Lack ist ab, was diese Regierung betrifft. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Das hängt leider auch mit der Budgetpolitik zusammen, nämlich damit, dass, wie vorhin erwähnt, unter dem Nebenziel des Nulldefizits eine Reihe unsozialer und auch reaktionärer Maßnahmen gesetzt werden. Das Nulldefizit dient nur zur Legitimierung. Es passt in das Bild dieser Bundesregierung, insbesondere in jenes der FPÖ, solche Wahlkämpfe zu führen, und es passt insbesondere in das Bild der ÖVP, im Medienzeitalter solche Kampagnen zu finanzieren. Das hat auch einen reaktionären Charakter, weil Sie die Leute mit ihrem eigenen Geld belügen. Lassen Sie sich das gesagt sein!

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Kollege Kogler, das Wort "belügen" kann ich nicht akzeptieren!

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (fortsetzend): Herr Präsident! Ich habe erstens keinen Adressaten genannt, was das betrifft, zweitens betrifft es zumindest die Werbeagentur. Ich wollte den Herrn Finanzminister nur auffordern, sich von solchen Lügen zu distanzieren.


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Ich bleibe dabei: Es ist eine Lüge, wenn man behauptet, dass 7 000 S mehr in der Kasse jedes Erwerbstätigen sein könnten, wäre nur keine SPÖ-Regierung am Werke gewesen. – Das ist ein Unsinn, das ist die bewusste Unwahrheit, und das ist terminologisch eine Lüge! (Beifall bei den Grünen.)

11.50

Präsident Dr. Heinz Fischer: Es ist ständige Praxis, dass es nicht um Wahrheitsbeweise, sondern um die Terminologie geht. Ich erteile für den Ausdruck "belügen" einen Ordnungsruf. (Abg. Dr. Cap: Das ist eine wahre Lüge!)

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Trattner. – Bitte.

11.50

Abgeordneter Mag. Gilbert Trattner (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Auf Ihre Aussagen, Herr Kollege Kogler, sollte man – besonders auf jene, die Sie am Ende Ihrer Rede gemacht haben – überhaupt nicht eingehen, denn es wäre schade um die dafür benötigte Zeit. Aber etwas anderes sei Ihnen gesagt, denn Sie haben hier einen entscheidenden Fehler gemacht: Sie haben hier über ein Budgetbegleitgesetz referiert, das es gar nicht gibt. Sie haben nämlich über ein Budgetbegleitgesetz aus dem Jahr 1996/97 refereriert, das ungefähr ein Gewicht von 30 Kilo gehabt hat und bei welchem es um ein Belastungsvolumen in der Höhe von 130 Milliarden Schilling ging.

Wenn Sie dieses Budgetbegleitgesetz gemeint haben, dann gebe ich Ihnen Recht. Aber das vorliegende Budgetbegleitgesetz, das wir heute behandeln, enthält überhaupt keine Steuererhöhungen, sondern da geht es in erster Linie um den Konsolidierungsbedarf, der im Bereich der Bundes- und Landeslehrer besteht, und zwar in einer Größenordnung von 100 Millionen Euro. Dieser Kosteneinsparungseffekt für die Jahre 2001 und 2002 kommt in erster Linie dadurch zustande, dass gewisse Dinge in diesen Bereichen geändert werden, zum Beispiel dass außerschulische Leistungen nicht mehr in Stunden abgegolten werden, sondern über eine Pauschalabgeltung honoriert werden. Da gibt es ein Versuchsmodell auf vier Jahre, das diese Kosteneinsparungen in den nächsten Jahren ermöglichen soll.

Das ist im Wesentlichen der Inhalt des Budgetbegleitgesetzes 2001. Wovon Sie, Herr Kollege Kogler, gesprochen haben, ist eine Geschichte von vor vier bis fünf Jahren, die von einem sozialistischen Finanzminister zu verantworten ist. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Was ich auch nicht verstehe, ist der Umstand, dass Sie so unvorbereitet hier herausgehen. Dazu muss ich sagen: Es soll sich der grüne Klub einmal klar darüber werden, was Sie hier eigentlich sagen wollen. (Abg. Öllinger: Das wissen wir schon!) Wollen Sie eigentlich nur alte Zahlen bringen von vor vier, fünf Jahren, oder wollen Sie sich mit den tatsächlichen Zahlen auseinander setzen, damit, wie es momentan ausschaut?

Was die Beschäftigungslage betrifft, weisen wir derzeit einen Höchstrekordstand auf. Wenn wir uns das Wirtschaftswachstum anschauen, so können wir das höchste Wirtschaftswachstum seit den Achtzigerjahren feststellen. Die Zahl der Jobsuchenden ist gesunken. Wir hatten in Österreich im Jahre 2000 24 000 Neugründungen von Betrieben. Die Exporte sind auf ein Höchstmaß gestiegen. Und vor allen Dingen haben wir einen Rekordwert bei den Sozialausgaben erreicht.

Das, was Sie hier tun, ist Miesmacherei erster Klasse, eine Miesmacherei gegenüber der österreichische Bevölkerung, die diese nicht verdient. Auch als Oppositionspartei sollten Sie die österreichische Bevölkerung darüber informieren, wie es wirklich ist, und konstruktive Ansätze zur freiheitlichen beziehungsweise zur Regierungsbudgetpolitik machen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Es ist ja so, dass die Sozialisten und die Grünen den Eindruck erwecken wollen, als ob das Budgetdefizit und die Schulden seit der Regierung der Österreichischen Volkspartei und der Freiheitlichen entstanden wären. Da muss man schon die Bevölkerung aufklären und ihr sagen,


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dass wir von Ihnen 1 700 Milliarden Schilling Schulden übernommen haben, dass wir außerbudgetäre Schulden übernommen haben, dass wir Vorbelastungen in einer Größenordnung von 2 200 Milliarden Schilling übernommen haben, dass wir im Jahre 1999 in Europa das Schlusslicht bei den Budgetdefiziten waren, und zwar mit 2,1 Prozent.

Deswegen hat sich diese Bundesregierung zum Ziel gesetzt, mit der Neuverschuldung Schluss zu machen und das Ganze auch sozial verträglich zu gestalten. Es mag schon sein, dass auf diesem Weg auch einzelne Fehler passiert sind, wie zum Beispiel bei der Besteuerung der Unfallrenten, aber diese Bundesregierung wird diesen Fehler sanieren. (Anhaltende Zwischenrufe des Abg. Edler. ) Sie wird nicht so darüber hinweggehen, wie Sie es im Jahr 1987, als Sie die Besteuerung der Unfallrenten eingeführt haben, gemacht haben, indem Sie auf eine höchstgerichtliche Entscheidung gewartet haben. Diese Bundesregierung steht dazu, wenn sie einen Fehler begeht, und sorgt dafür, dass dieser Fehler auch korrigiert wird. (Abg. Edler: Husch-Pfusch-Gesetze!) Und dieser Fehler wird auch korrigiert. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Wo wäre denn die Reise hingegangen, wenn wir nichts gemacht hätten? Wo würde denn die Reise hingehen, sollte es wirklich zu einer Reduktion des Wirtschaftswachstums kommen? Wohin führen denn immer mehr Schulden? – Dadurch wird der Spielraum für die Zukunft immer kleiner.

Wenn allein die Ausgaben für die Bedienung der Staatsschulden, die Sie verursacht haben – da schließe ich noch gar nicht die Tilgungen mit ein, sondern damit meine ich lediglich den Zinsendienst –, fast 50 Prozent – exakt 43 Prozent – des heutigen österreichischen Sozialbudgets ausmachen, dann muss ich Ihnen sagen: Wenn Sie glauben, dass Sie so weitertun könnten, dann gehen Sie hinaus und sagen Sie das der österreichischen Bevölkerung! Sagen Sie ihr: Wir wollen so weitermachen! – Aber nach zwei, drei oder vier Jahren einer solchen Politik käme dann der Big Bang, und dann müssten wir mit rigorosen Maßnahmen so stark auf die Einkommen zurückgreifen, dass es wirklich zu einer Verarmung der Bevölkerung käme.

Deswegen haben wir gesagt: Die notwendigen Maßnahmen müssen rechtzeitig getroffen werden, und zwar sozial ausgewogen und vor allen Dingen in der Weise, dass die Bevölkerung auch die Perspektive hat, dass die Einkommen in der Zukunft auch wieder steigen werden, dass das verfügbare Einkommen ein höheres wird.

Was die Erhöhung des verfügbaren Einkommens betrifft, so muss man sich nur die Entwicklung der Kaufkraft anschauen, so muss man nur die Entwicklung der Kaufkraft im Jahre 2002 mit jener im Jahre 1999 vergleichen.

Die ehemalige Regierung hat eine Steuerreform und ein Familienpaket in der Größenordnung von 30 Milliarden Schilling beschlossen. Wir, diese Bundesregierung, haben die Finanzierung dieser Vorhaben erst möglich gemacht. Dieser Bundesregierung ist es gelungen, innerhalb von einem Jahr drei Budgets auf dem Weg zum Nulldefizit zu realisieren. Und diese Bundesregierung hat es auch möglich gemacht, dass das verfügbare Einkommen der unteren Einkommensschichten, und zwar im unteren Einkommensdrittel, im Jahre 2002 um 9,5 Milliarden Schilling höher sein wird als jenes im Jahre 1999 unter einem sozialistischen Finanzminister. (Abg. Edlinger: Stimmt ja nicht!) Das stimmt exakt! Und im Jahre 2002 werden 75 Prozent der unteren Einkommensschichten mit 22,5 Milliarden Schilling entlastet beziehungsweise haben sie um 22,5 Milliarden Schilling mehr Kaufkraft. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wodurch kommt denn diese Entlastung zustande? Wie kommen denn diese Dinge zustande? – Erstens dadurch, dass wir die Steuerreform, die Sie mit einem Blankowechsel beschlossen haben, finanziert haben. Sie waren damals ja nicht einmal in der Lage, Ihrem Regierungspartner zu sagen, wie das Budget wirklich ausschaut. Hätte der Regierungspartner zur damaligen Zeit gewusst, wie das Budget tatsächlich ausschaut, hätte er es sich überlegt, solch eine unüberlegte Steuerreform zu machen und einen Blankowechsel auszustellen. Sie haben ihn ja nicht informiert, und zwar deshalb nicht, weil er über die tatsächlichen Budgetzahlen überhaupt keine Information haben sollte.


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Meine Damen und Herren! Das, was Sie uns heute vorhalten, ist der größte Humbug aller Zeiten. Wir kennen ja Gott sei Dank die Vereinbarung, die Sie mit der Österreichischen Volkspartei geschlossen haben, wie Sie das Budget 2000 sanieren wollen beziehungsweise es überhaupt ermöglichen wollten, dass ein Budget 2000 zustande kommt. Sie wollten bei den Frühpensionen das Antrittsalter nicht um eineinhalb Jahre stufenweise anheben, sondern um zwei Jahre. Diese Bundesregierung hat dieses Vorhaben zumindest auf eineinhalb Jahre reduziert.

Und Sie wollten auch noch Folgendes machen: die Mineralölsteuer um einen Schilling plus Mehrwertsteuer anheben. Was glauben Sie, welche Auswirkungen das auf die Pendler gehabt hätte?! Gehen Sie hinaus und sagen Sie das den Pendlern! Haben Sie den Mut dazu! Haben Sie endlich einmal den Mut, draußen zu sagen, was Sie vorgehabt haben! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Sie waren auch diejenigen, die den Vorschlag gemacht haben, den Preis für die Vignetten zu verdoppeln. Das waren Sie! Stehen Sie endlich einmal auch dazu!

Die Belastungen, die Sie im Jahr 1996/97 in der Größenordnung von 100 Milliarden Schilling beschlossen haben, haben nur dafür ausgereicht, die größten Löcher zu stopfen. Aber Sie haben mit der Neuverschuldung weitergetan, als wäre nichts gewesen. Und deswegen ist es richtig, dass diese Bundesregierung dieser Neuverschuldung ein Ende gesetzt hat, und deswegen ist diese Bundesregierung mit dem Plan, bei der Neuverschuldung auf Null zu gehen, auf dem richtigen Weg. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Das sagen immens viele Budgetexperten. So sagt auch Herr Professor Erich Streissler:

"Die Budgetsanierung ist nicht etwas, was man aufschieben kann, die Maastricht-Verträge haben schließlich Verfassungsrang. Hätte man mit dem Sanieren noch länger zugewartet, hätte man mit einem höheren Zinsniveau für die Gesamtwirtschaft rechnen müssen. Es ist falsch, wenn Kritiker jetzt den Sozialabbau beklagen. Weil jedes Defizit schlussendlich vom Steuerzahler finanziert werden muss, geht es darum, die Belastung der künftigen Generationen zu reduzieren. Wir dürfen nicht noch mehr zu Lasten der Jugend agieren, als man das im Pensionistenstaat Österreich ohnehin schon tut." – Zitatende.

Professor Streissler, ein anerkannter Budgetexperte, hat der Bundesregierung das Zeugnis ausgestellt, dass es nicht nur notwendig, sondern auch wichtig und richtig war, dass entsprechende Maßnahmen gesetzt wurden, damit ein gewisser Spielraum für die Zukunft unserer Jugend vorhanden ist. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

12.00

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Antoni. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte.

12.00

Abgeordneter Dr. Dieter Antoni (SPÖ): Herr Präsident! Herr Finanzminister! Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Wesentlicher Bestandteil des Budgetbegleitgesetzes 2002 sowie des nachgereichten Abänderungsantrages ist das neue Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz. (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn übernimmt den Vorsitz.)

Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich aber vorweg festhalten: Es ist unsere sozialdemokratische Überzeugung, dass eine reichere Gesellschaft – und erfreulicherweise sind die Österreicherinnen und Österreicher das – in die Bildung mehr Geld investieren sollte und nicht weniger. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Schweitzer: Wer tut das?)

Wir alle, sehr geschätzte Damen und Herren, sind diese Gesellschaft. Wir müssen die Zukunftschancen unserer Jugend ernst nehmen und dürfen daher gerade bei den Bildungsausgaben nicht den Sparstift ansetzen. (Abg. Mag. Schweitzer: Wo passiert das?) Wir Sozialdemokraten fordern Sie, meine sehr geschätzten Damen und Herren, dringend auf, wichtige gesellschaftspolitische Ziele, wie zum Beispiel die Bildung und die Ausbildung unserer Jugend, nicht dem Mythos des Nulldefizits zu unterwerfen!


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Auch wenn sich im neuen Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz einige Elemente finden, mit denen wir uns durchaus anfreunden können: Es wird Ihnen nie und nimmer gelingen, das "Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz neu" bildungspolitisch zu argumentieren oder zu begründen. Es ist und bleibt eine budgetpolitische Maßnahme. 1,2 Milliarden Schilling werden mit dem LDG eingespart, und kein einziger Schilling, meine Damen und Herren, wird für die angekündigte Bildungsoffensive verwendet, nicht für die Fremdsprachenoffensive und auch nicht für die Qualitätsoffensive. Das Gegenteil ist der Fall: Das Geld wird genommen, um Budgetlöcher zu stopfen. Somit trägt das LDG dazu bei, den praktizierten LehrerInnenabbau fortzusetzen.

Sehr geehrte Frau Bundesminister! Sie haben auf meine Anfrage im Budgetausschuss klargestellt, dass zu Beginn des Schuljahres 2001/2002 allein im Pflichtschulbereich auf Grund des LDG 2 118 Planstellen eingespart werden. Vorsichtig geschätzt sind das etwa 3 000 Lehrerinnen und Lehrer, weil man ja mitrechnen muss, dass wir viele teilzeitbeschäftigte Lehrer – Vertragslehrer – haben. Dass diese Maßnahme im Pflichtschulbereich erst der Anfang ist, verschweigen Sie geflissentlich, denn auf Grund der Bestimmungen des Finanzausgleichs wird bis zum Schuljahr 2004/2005 ziemlich genau jene Zahl von 5 000 bis 6 000 Lehrerinnen und Lehrern erreicht sein, die es im Pflichtschulbereich nicht mehr geben wird, von der wir immer gesprochen haben.

Es wird – und das wissen Sie genauso wie wir alle – durch diesen LehrerInnenabbau zu einem massiven Qualitätsverlust im Unterricht und zu dramatischen Kürzungen von Bildungsangeboten kommen. (Abg. Mag. Schweitzer: Erklär das! Erkläre, warum!)

Und damit Sie, sehr geehrte Frau Bundesminister, mir nicht auch heute wieder Panikmache und das Schüren von Ängsten und Unsicherheiten vorwerfen, lasse ich betroffene Eltern aus dem Bundesland Vorarlberg, aus dem Pflichtschulbereich, zu Wort kommen. Ich zitiere – Sie kennen das Schreiben, Frau Bundesminister, genauso wie Herr Klubobmann Khol und Herr Klubobmann Westenthaler, die jetzt beide nicht da sind –:

"Sehr geehrte Frau Bundesminister! Wir befürchten, dass die geplanten Verschlechterungen im Besoldungsrecht auf lange Sicht zu einer dramatischen Senkung des derzeit hohen Bildungsniveaus führen werden. Die Zukunft unserer Kinder, die Zukunft unseres Bildungssystems dürfen nicht kaputtgespart werden. Wir bitten Sie deshalb: Nehmen Sie als zuständige Ministerin alles, was in Ihrer Macht steht, wahr, um die geplanten Einbußen im Bildungsbereich rückgängig zu machen, um die leistungsgerechte Entlohnung der Pflichtschullehrerinnen und -lehrer sicherzustellen. Wehren Sie sich gegen ungerechtfertigte und pauschalierte Diffamierungen der Lehrerinnen und Lehrer in der Öffentlichkeit." – Zitatende.

Nun noch eine Bemerkung zum Abänderungsantrag: Damit wird versucht, älteren Lehrerinnen und Lehrern durch eine so genannte Sonderurlaubsregelung das vorzeitige Ausscheiden aus dem Lehrerberuf schmackhaft zu machen.

Meine Damen und Herren von den Regierungsparteien! Sie wissen ganz genau, dass während eines Sonderurlaubs der Lehrerdienstpostenplan gebunden ist, sodass der ursprüngliche Zweck, dadurch Platz für neue, junge Lehrerinnen und Lehrer zu schaffen, nicht erreicht wird.

Frau Bundesministerin! Ich kann diese Ihre Vorgangsweise weder verstehen noch gutheißen. Statt den Lehrerinnen und Lehrern für ihre jahrzehntelange wertvolle pädagogische Arbeit mit unseren Kindern Dankbarkeit und Lob zukommen zu lassen, wird ihnen zusätzlich noch die anteilige Belohnung – ich meine damit die Jubiläumszulage – vorenthalten. Außerdem müssen jene Lehrerinnen und Lehrer, die dieses Angebot – nach Ihrer Ansicht: hoffentlich – annehmen und in den Ruhestand treten, mit empfindlichen finanziellen Abschlägen für den Rest ihres Lebens rechnen, denn es kommt dadurch zu empfindlichen Pensionskürzungen. – Auch das, meine Damen und Herren, ist ein unschöner Bestandteil Ihrer so genannten Bildungsoffensive. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Schweitzer: So unseriös warst du schon lange nicht, Dieter!)

Frau Bundesminister! Ich will Ihnen nicht unterstellen, dass Sie sich, als Sie das neue Landeslehrer-Dienstrecht konzipiert und mit den Gewerkschaften verhandelt haben, alle diese Grausamkeiten wirklich so gewünscht haben. Aber ich vermute, Sie haben sich völlig dem Diktat


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der FPÖ-Regierungsmitglieder – des Herrn Finanzministers Grasser und der Frau Vizekanzlerin Riess-Passer – unterworfen, im Bildungsbereich die "Rasenmäher-Kürzungsmethode" anzuwenden. Die pädagogischen Anliegen und das Anliegen der Österreicherinnen und Österreicher, endlich eine Bildungsoffensive zu starten, kommt so ganz dramatisch unter die Räder. (Beifall bei der SPÖ.)

12.06

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Staatssekretär Dr. Finz. – Bitte.

12.06

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Alfred Finz: Sehr verehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr verehrte Damen und Herren! Wir haben heute das Budgetbegleitgesetz 2002 vor uns, und jeder hier kann nachlesen, dass dieses Budgetbegleitgesetz 2002 keine Mehrbelastungen gegenüber dem Jahr 2001 vorsieht. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Es ist also nicht richtig, wenn behauptet wird, dass die Belastungen weiter fortgeschrieben werden. Dies ist absolut unrichtig.

Es ist auch nicht richtig, dass heute eine höhere Belastungsquote besteht als vor ein paar Jahren. Wir haben im Jahre 1997 – das wurde schon berichtet – mit 44,8 Prozent die höchste Steuerbelastungsquote gehabt, und im Jahr 2002 wird sie 44,3 Prozent betragen.

Die Einnahmenerhöhungen ergeben sich nur daraus, dass wir eine gute wirtschaftliche Lage haben. Diese gute wirtschaftliche Lage muss dazu genützt werden – und das entspricht jeder vernünftigen Volkswirtschafts- und Finanzpolitik –, dass wir für künftige Aufgaben das Budget sanieren. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Wir haben doch die große Aufgabe, dass wir ein Pensionssystem auch für künftige Generationen sichern müssen, und dafür müssen wir bereits jetzt durch ein ausgeglichenes Budget vorsorgen.

Es ist heute auch schon festgestellt worden, dass wir bei einem jährlichen Budgetvolumen des Bundes von 800 Milliarden Schilling eine jährliche Zinsenbelastung von 100 Milliarden Schilling übernommen haben. Das ist ein gewaltiger Klotz, der uns am Bein hängt. Das bedeutet vor allem – und das gibt heute jeder zu –, dass man eine solche Entwicklung, eine solche Verschuldungspolitik nicht weiter treiben lassen kann.

Das Budget zu konsolidieren heißt, wir müssen aus dem laufenden Budget, also aus dem so genannten administrativen Budget, einen Überschuss erzielen, der diese 100 Milliarden erreicht. Das ist unsere Aufgabe, und das muss entweder mit Mehreinnahmen oder mit Ausgabenkürzungen erreicht werden.

Was könnten wir alles mit diesen 100 Milliarden tun? Wir könnten mehr für Forschung und Entwicklung ausgeben, was heute hier eingemahnt worden ist, und wir könnten mehr Investitionen in die Infrastruktur tätigen. Aber daran hindert uns die Zinsenbelastung, die Belastungsquote, die wir aus der Vergangenheit übernommen haben.

Und weil Sie so gerne davon reden, dass die Schulden in der letzten Zeit gemacht worden sind, möchte ich feststellen: Es wurde bereits im Jahre 1986 ein jährliches Defizit von mehr als 106 Milliarden erreicht.

Herr Abgeordneter Kogler! Sie haben gesagt, es komme noch die Bewährungsprobe für die Bundesregierung, ob es ihr gelingt, auch den Budgetvollzug so zu gestalten, wie der Budgetvoranschlag ist. – Das ist richtig, aber wir haben bereits eine erste Bewährungsprobe vorgelegt. Der Budgetvollzug 2000 sieht einen gewaltigen Defizitabbau gegenüber 1999 vor. Wie hoch war das Defizit im Jahre 1999? Es betrug fast 70 Milliarden Schilling! – Und wie viel beträgt es jetzt, im Jahre 2000? – Unter 40 Milliarden! Das ist doch eine gewaltige Verbesserung in einem Jahr! Damit haben wir bereits einen Beweis erbracht. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Und was war der Unterschied zu der früheren Art von Budgetpolitik? – Früher wurden Mehreinnahmen, die sich zum Beispiel durch eine bessere wirtschaftliche Entwicklung ergeben ha


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ben – ich denke zum Beispiel an etwa 7 Milliarden an Mehreinnahmen aus Abgaben oder an den Erlös aus der UMTS-Lizenz-Versteigerung –, sofort wieder ausgegeben, aber das haben wir nicht gemacht. Das ist die neue Art von Budgetpolitik, die wir jetzt betreiben: Wir gehen eine ernsthafte Konsolidierung an.

Sie haben auch den Finanzausgleich angesprochen und gemeint, die Länder werden diesen Überschuss nicht erreichen. – Bitte, das ist ein paktierter Finanzausgleich! Ich nehme doch an, dass Landeshauptleute – auch der Bürgermeister der Stadt Wien – wissen, was sie unterschreiben. Der Bürgermeister der Stadt Wien hat ja am Sonntag einen großen Vertrauensbeweis bekommen. Er wird doch wissen, was er unterschreibt! Ich verstehe daher auch nicht, wieso ein Bürgermeister, der zum Beispiel im Pflichtschulbereich bestimmte Deckelungsbeträge und Klassenlehrerzahlen vereinbart, dann hergeht und eine Unterschriftenliste gegen Bildungsabbau und Schulenabbau auflegt. Da weiß die linke Hand offenbar nicht, was die rechte unterschrieben hat. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Sie haben vorhin Herrn Professor Lehner erwähnt. Ich glaube, Sie haben das, was er diesbezüglich geschrieben hat, nicht ganz genau gelesen. Er sagt immer, die Länder budgetieren sehr, sehr vorsichtig – das ist eine Tradition –, sind aber dann im Erfolg wesentlich besser. Außerdem werden die Budgets, die Sie zitieren, jetzt alle nachgebessert, weil inzwischen der Finanzausgleich gekommen ist und die Länder die Budgets ja noch überarbeiten müssen.

Wir sind daher davon überzeugt, dass die paktierte Zusage durch die Länder auch eingehalten wird. Und nach unserer Auffassung sind auch in struktureller Hinsicht die Möglichkeiten dafür gegeben, dass diese Zusagen wirklich eingehalten werden können. Sie kennen die Behauptungen, dass wir noch zu mild gewesen wären. Denken Sie nur an die Wohnbauförderung! Da ist ein gewaltiges Volumen vorhanden.

Sie haben weiters die Strukturreformen angesprochen. Diese Strukturreformen sind unerlässlich, und wir werden sie in Bälde vorlegen. Es sind schon erste Ansätze vorhanden, aber diesbezüglich haben wir nur Ablehnung erhalten. Einerseits fordert die Opposition Strukturreformen berechtigterweise ein, aber wenn man dann Vorschläge vorlegt – wie etwa die Ausgliederung des Punzierungswesens; das ist praktisch eine Privatisierung, wir haben uns ja nur mehr die Aufsicht vorbehalten –, dann werden diese Vorschläge sofort bekämpft!

Heute steht eine Strukturreform des Beschaffungswesens des Bundes zur Diskussion. Ich bin schon neugierig auf Ihren Beitrag, wie Sie von der Opposition dazu Stellung nehmen werden, denn durch diese Strukturreform, durch eine bessere Organisation im Beschaffungswesen erspart sich die Bundesverwaltung – ich betone: allein mit dieser Maßnahme! – eine halbe Milliarde Schilling. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir nehmen die Staatsverantwortung für unsere künftigen Generationen ernst. Für unsere zukünftigen Generationen ist es erforderlich, das Budget zu sanieren. Der nächste Schritt ist, diese Budgetsanierung durch entsprechende Strukturreformen nachhaltig zu sichern, und der dritte Schritt ist dann, eine ausgeglichenere steuerliche Belastung der Bevölkerung herbeizuführen beziehungsweise eine Absenkung der Steuerquote auf den europäischen Schnitt zu erreichen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

12.14

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Amon. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte.

12.14

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Ich möchte zunächst kurz auf den Beitrag von Kollegen Antoni eingehen, der hier ganz pathetisch gemeint hat: Reichere Gesellschaften sollen in Bildung investieren und in diesen Bereichen nicht einsparen.


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Ich möchte dazu festhalten: Wir geben mit dem nun diskutierten Budget mehr für Bildung und Forschung aus, als jemals zuvor ausgegeben wurde. Das ist die Wahrheit und nichts als die Wahrheit! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Glawischnig: Aber in Relation! ... bei den Zahlen bleiben! Wie sieht es denn aus für die jungen Leute mit den Bildungschancen?)

Und dann sprach Herr Kollege Antoni – das war ganz amüsant – vom "Mythos des Nulldefizits". – Dazu möchte ich einmal klipp und klar sagen: Das Nulldefizit ist kein Mythos, sondern eine Notwendigkeit im Interesse der jungen Leute in diesem Land! (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Aber das Einzige, was Sie von der SPÖ offenbar an Jugendlichkeit in Ihrer Politik haben, ist der Möchtegern-Punker Edlinger in Ihren Reihen, der ja heute hier als Punker verkleidet durch die Gänge und Hallen defiliert, möchte ich sagen. Das ist wirklich interessant. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Es fehlt ihm nur die Haarpracht! – Abg. Dr. Trinkl: Die zweite Jugend! Eine spätpubertäre Erscheinung!)

Ich habe das absolut erkannt, und es ist ja nicht nur Kollege Edlinger, der glaubt, dass er als Punker besonders jugendlich agieren muss. Aber was mich wirklich stört, ist, dass die SPÖ nicht und nicht begreifen will, dass diese Sparmaßnahmen notwendig sind, weil die Schulden von heute die Steuern und die Arbeitslosen von morgen sind! Sie sollten sich wirklich einmal mit jungen Leuten an einen Tisch setzen, weil diese einfach nicht einsehen, warum man permanent Schulden auf Kosten künftiger Generationen machen will. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Schweitzer: Das ist doch denen von der SPÖ Wurscht!)

Jedenfalls stelle ich mir einen Generationenvertrag nicht so vor, dass ich als Gegenüber einen SPÖ-Pensionistenchef habe, der durch rassistische und antisemitische Äußerungen auffällt. So stelle ich mir Verhandlungen über einen Generationenvertrag beileibe nicht vor, das darf ich Ihnen in aller Deutlichkeit sagen! (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich komme nun zu meinem eigentlichen Thema, nämlich zum Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz. Es wurde hier immer wieder kritisiert, dass über die Lehrerschaft "drübergefahren" würde und dass das ein Gesetz sei, das Arbeitsplätze koste, und dergleichen mehr.

Dazu möchte ich Folgendes sagen: Ich glaube, dass gerade das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz ein Gesetz ist, das deshalb beispielgebend ist, weil es ein Gesetz ist, das wirklich mit jenen verhandelt worden ist, die auch unmittelbar betroffen sind. Ich möchte in diesem Zusammenhang die Pflichtschullehrerinnen und Pflichtschullehrer lobend erwähnen. Das sind nämlich diejenigen gewesen, die die Notwendigkeit von Reformmaßnahmen sehr wohl erkannt haben! (Abg. Mag. Schweitzer: In großem Ausmaß!)

Es war die Gewerkschaft der Pflichtschullehrerinnen und Pflichtschullehrer – im Übrigen auch die SPÖ-Gewerkschaft der Pflichtschullehrerinnen und Pflichtschullehrer –, die diesem Modell letztlich ihre Zustimmung gegeben hat. Die waren nämlich clever genug – um das einmal so salopp zu formulieren – und haben rechtzeitig ein modernes, ein flexibles Dienstrechtsmodell erarbeitet und in die Verhandlungen mit eingebracht. Und es waren die Vertreterinnen und Vertreter der Pflichtschullehrerinnen und Pflichtschullehrer, die bei den Verhandlungen mit den zuständigen Ressortchefs diese Vorschläge eingebracht haben.

Dieses neue Landeslehrer-Dienstrecht führt eben dazu, dass der Lehrer in seiner Gesamtheit betrachtet wird, dass wir sozusagen nicht mehr nur beurteilen, welche Leistung ein Lehrer 53unmittelbar (Abg. Dr. Glawischnig: Was ist damit gemeint? Körper, Geist und Seele?)  – Ich verstehe die Frage nicht. (Abg. Dr. Glawischnig: Der Lehrer in seiner Gesamtheit – was ist damit gemeint?)  – Seine Leistung, die er in seiner Gesamtheit erbringt.

Warum schneiden wir denn bei den OECD-Studien im Durchschnitt so schlecht ab? Weil ausschließlich die Lehrzeit, die der Lehrer in der Klasse verbringt, beurteilt wird, und nicht alles, was sonst noch dazugehört: die Vorbereitung, die Nachbereitung, die Gespräche mit den Er


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ziehungsberechtigten, das, was er an Engagement in die Schule einbringt, für die Klasse einbringt, das Qualitätsmanagement und so weiter.

Ich bin tatsächlich davon überzeugt, dass wir mit dem neuen Landeslehrer-Dienstrecht ein sehr modernes Dienstrecht schaffen, das gemeinsam mit den Lehrerinnen und Lehrern erarbeitet worden ist, aber nicht nur mit der Gewerkschaft derselben, sondern dieses Modell wurde dann noch einer Urabstimmung unterzogen, an der sich über 80 Prozent der Betroffenen beteiligt haben, und über 70 Prozent haben diesem Modell ihre Zustimmung gegeben! – Das ist die Art und Weise, wie diese Bundesregierung vorgeht: Gemeinsam mit den Sozialpartnern in diesem Bereich werden Lösungen gefunden, die auf eine breite Zustimmung stoßen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Schweitzer: Bravo! – Abg. Öllinger: Eine Urabstimmung über Pest und Cholera!)

Abschließend möchte ich Ihnen sagen, dass es auch nicht – Sie malen hier den Teufel an die Wand! – zu Entlassungen bei den Lehrerinnen und Lehrern kommt. Im Gegenteil: Ich höre etwa aus Niederösterreich, dass im kommenden Jahr Lehrerinnen und Lehrer angestellt, nicht entlassen werden. – Das ist die Wahrheit. Hören Sie endlich damit auf, hier Dinge zu verkünden, die nicht wahr sind! Nehmen Sie das bitte zur Kenntnis!

Aus Vorarlberg hören wir im Übrigen, dass das leicht zu bewältigen ist, was hier im Landeslehrer-Dienstrecht vorgesehen ist. Dasselbe hat auch der Präsident des Wiener Landesschulrates gesagt, und Ihr Bürgermeister in Wien hat im Zusammenhang mit dem Finanzausgleich gerade diesem Punkt seine Zustimmung gegeben. Vielleicht sollten Sie sich daran ein Beispiel nehmen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

12.20

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Brosz. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. – Bitte.

12.20

Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Finanzminister! Ich wollte eine tatsächliche Berichtigung zu den Ausführungen des Herrn Kollegen Trattner machen, der jetzt nicht mehr anwesend ist. Er hat gemeint, der Konsolidierungsbedarf im Bildungsbudget bei den Landeslehrern betrage 100 Milliarden j . Das kann irgendwie nicht stimmen; ich nehme an, das war ein Versprecher. (Abg. Achatz: Schilling!) 100 Milliarden Schilling – das ist interessant, aber das glaube ich auch nicht. Es wäre interessant, wie hoch der Konsolidierungsbedarf angesetzt wird. Es könnte sein, dass es 100 Millionen j sind, aber vielleicht erfahren wir das noch im Laufe der Debatte.

Kollege Amon! Mit dem höchsten Bildungsbudget haben Sie Recht. Ich gebe Ihnen Recht, es ist das höchste ausgewiesene Bildungsbudget. Allerdings brauche ich nur Ihre Bildungsministerin Gehrer zu zitieren, die in den letzten Jahren immer wieder gesagt hat: Es muss eine Erhöhung von 3 bis 4 Prozent geben, um den Struktureffekt und die Gehaltserhöhungen aufzufangen. Diese 3 bis 4 Prozent hat es in den letzten Jahren einfach nicht gegeben, und Sie können das ja im "Budgetheft" nachlesen. Ich bin das letzte Mal von der Frau Bundesministerin gerügt worden, weil ich daraus zitiert habe; es ist aber vom Kollegen Grasser, es ist nicht meines.

Sie haben auch gesagt, unsere Zahlen seien nur halb wahr. Sie sind zumindest ganz wahr, wie man sieht, wenn man liest, was da drinnen steht, und wenn man sich anschaut, was funktionell passiert ist. Da gibt es eine Erhöhung in den Budgets von 1999 auf 2002 um 1,48 Prozent – in Summe, nicht jährlich! Jetzt rechnen Sie sich einmal 3 bis 4 Prozent pro Jahr aus, und schauen Sie, was da herauskommen würde, dann sehen Sie die Differenz, die wir haben, die das Sparpotential ist.

Es ist immer so differenziert. Auf der einen Seite sagen Sie, wir müssen sparen, und auf der anderen Seite loben Sie, dass wir das höchste Bildungsbudget und ein super Dienstrecht haben. Wenn Sie hergehen und sagen, wir wollen einsparen und ziehen die Lehrer als Haupteinsparposten heran – genau das passiert nämlich aus meiner Sicht –, dann könnten wir wenigstens sachlich diskutieren. Wenn wir auf dieser Ebene diskutieren, dann können wir uns


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die Maßnahmen anschauen. Aber versuchen Sie nicht, es so darzustellen, als hätten wir eine Bildungsoffensive! Die gibt es in diesem Land ganz sicher nicht. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Mag. Schweitzer: Was ist eine Bildungsoffensive aus grüner Sicht?)

Eine Bildungsoffensive ist ganz sicher nicht (Abg. Mag. Schweitzer: Nicht, was sie nicht ist! Was ist eine?), dass man ein Budget über Jahre einfriert, eine ordentliche Budgetierung ... (Abg. Mag. Schweitzer: Mach einen Vorschlag! Was kannst du vorschlagen?)  – Was ist denn das für eine Nervosität? Das ist ja unglaublich! Haben Sie den Sonntag noch nicht ganz verdaut? Unglaublich – sitzt da, schreit rein! (Abg. Mag. Schweitzer: Mach einen Vorschlag! Einen Vorschlag!)

Kollege Schweitzer ist zur Abwechslung im Saal, das merkt man, denn kaum ist er da, geht es schon wieder los. Normalerweise ist er ja nie da. Der Vorschlag ist relativ eindeutig, Sie haben das früher selbst gesagt: Nehmen Sie nicht das Bildungsbudget als den Posten her, bei dem Sie massiv kürzen! Das ist relativ einfach. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Mag. Schweitzer: Wie schaut die Bildungsoffensive aus?) Das ist ganz einfach: Sie brauchen nur beim Bildungsbudget nicht so stark einzusparen. (Abg. Mag. Schweitzer: Seit du im Parlament bist, hast du keinen einzigen Vorschlag gemacht! Keinen einzigen Vorschlag! – Abg. Öllinger: Geh, Schweitzer!)

Kollege Schweitzer, ist es jetzt schön langsam genug? (Abg. Mag. Schweitzer: Unfähig, einen Vorschlag einzubringen!) Kollege Schweitzer, ich bin froh, dass ich so "unfähig" bin, und bei den Diskussionen in Schulen merke ich, dass offenbar die Opposition nicht die ist, die als unfähig in der Bildungspolitik wahrgenommen wird. Gehen Sie in die Schulen, hören Sie, was die Menschen über Sie reden, über Kollegen Amon, über die Regierung, und dann werden Sie wissen, wer in diesem Land unfähig in der Bildungspolitik ist! Sicher nicht die Opposition! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Mag. Schweitzer: Mach einen Vorschlag!)

Zurück zum Landeslehrer-Dienstrecht. – Ich brauche keinen Vorschlag zu machen, wir reden über das Budgetbegleitgesetz. Wir sind nicht in der "Vorschlagsstunde", sondern wir haben zur Stunde das zu beurteilen, was Sie als Landeslehrer-Dienstrecht vorgelegt haben. (Abg. Mag. Schweitzer: Das ist innovativ!) Und das würde ich jetzt gerne tun, auch wenn Sie noch so laut hineinschreien; irgendwann werden Sie schon wieder aufhören.

Das Landeslehrer-Dienstrecht hat mehrere Prämissen gehabt. Sie haben unter anderem behauptet, es orientiert sich an der Lehrerarbeitszeit-Studie. Ich möchte feststellen: Genau das tut es nicht. Die Lehrerarbeitszeit-Studie hat ergeben, dass die Arbeitszeit der Lehrer länger ist als das, was Sie vorher angenommen haben. – Frau Minister, Sie lachen über die Lehrerarbeitszeit-Studie; mag sein, dass Sie diese zum Lachen finden, kann sein. Aber der Punkt ist: Wenn man so einen Auftrag gibt, was Sie getan haben – es war Ihr Auftrag –, dann würde ich meinen, dass Sie auch eine gewisse Verantwortung haben, die Ergebnisse ernst zu nehmen und dann nicht zu sagen: Die Lehrer haben sich ja da nur selbst beurteilt! Faktum ist: Man kann dieses Landeslehrer-Dienstrecht sicherlich nicht mit der Lehrerarbeitszeit-Studie begründen. – Punkt 1.

Punkt 2 – und da komme ich auch gleich zu Ihnen zurück –: Sie sagen, Sie haben sich geweigert, die Lehrverpflichtung zu erhöhen. Wer dieses System kennt, weiß, dass diese Aussage so nicht stimmt. Natürlich ist die formale Lehrverpflichtung nicht erhöht worden, aber Sie kappen ein System, und in diesem System waren Abschlagsstunden vorgesehen, und auf Grund dieser Abschlagsstunden hat sich dann letztlich auch die Lehrverpflichtung errechnet. Jetzt gibt es keine Abschlagsstunden mehr, damit wird natürlich die Lehrverpflichtung erhöht. Das können Sie drehen und wenden, wie Sie wollen. Wenn Sie sich die Daten anschauen – und das bestätigen Sie auch –, werden Sie merken, dass die Lehrer länger in der Klasse stehen müssen. Bekennen Sie sich doch dazu! Sagen Sie, das ist das, was Sie wollen, dann kann man zumindest einen offenen Diskurs führen! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Mag. Schweitzer: Was sollen die Lehrer sonst als unterrichten?)


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Kollege Amon! Zur basisdemokratischen Abstimmung, von der Sie so oft gesprochen haben, und zur guten Einbindung der Pflichtschullehrer möchte ich Ihnen hier noch einmal sagen: Diese Abstimmung hat so ausgeschaut, dass die Alternative geheißen hat: Einsparungsplan der Regierung oder Einsparungsplan der Gewerkschaft. Wenn das alles ist, was die Gewerkschaft ihren Mitgliedern vorlegt, dann, denke ich mir, ist das hinsichtlich des Demokratieverständnisses auch ganz interessant. Offenbar ist die Gewerkschaft dazu da, die Maßnahmen der Regierung umzusetzen. Ich glaube, dass die Gewerkschaft durchaus auch berechtigt wäre, die Interessen ihrer Mitglieder zu vertreten, und das hat sie ganz sicher nicht gemacht. (Beifall bei den Grünen.)

Schauen Sie sich zum Beispiel Vorarlberg an! Die haben als Einzige die Frage vorgegeben: Sind Sie gegen die Kürzungen? – Herausgekommen ist, dass 96 Prozent gegen das Modell sind. Das wäre doch ein klarer Auftrag gewesen! Aber Sie können auch so weitertun. Sie haben ja am Sonntag gesehen, wie gut diese Maßnahmen ankommen. Das kommt ja nicht von irgendwoher. (Abg. Dr. Ofner: Ihr kommt schon wieder runter! Jetzt seid ihr nicht einmal auf dem hohen Ross! Ihr seid auf einem Hutschpferd!) Schauen Sie sich einmal an, was sich in den Schulen tut, und dann machen Sie so weiter wie bisher! Die ÖVP ist offenbar besonders prädestiniert dafür; von der FPÖ wird dort ohnehin nichts erwartet, das ist nicht der Punkt. Von der FPÖ wird dort nichts erwartet! Aber von Ihnen von der ÖVP würde etwas anderes erwartet, aber Sie gehen genau den Weg, dass Sie die Bildungspolitik, die die FPÖ vorgibt, einfach umsetzen.

Finanzminister Grasser hat in einer interessanten Stellungnahme zum Landeslehrer-Dienstrecht – ich weiß nicht, er oder sein Ministerium – gemeint, es sei nicht genug, es gehöre das Ziel erreicht, dass das OECD-Mittel erreicht wird. Ich bin mir jetzt nicht ganz sicher, was gilt. Frau Ministerin Gehrer hat gesagt, das gilt nicht, das ist kein Ziel der Regierung. Vielleicht kann man das dann noch einmal klarstellen. (Bundesminister Mag. Grasser: Die Frau Minister gilt!) Die Frau Minister gilt, okay! Dann gilt das nicht mehr, was da drinnen steht; wunderbar, das ist eine gewisse Beruhigung. Das hätte nämlich geheißen, dass man noch drei Stunden mehr Lehrverpflichtung braucht, um das zu erreichen, was Sie wollen. Aber wenn Sie es hier zurücknehmen, ist mir das auch recht.

Zu den konkreten Auswirkungen. Auch im Abänderungsantrag werden nicht alle bestehenden Bedenken ausgeräumt. Ein Problem zumindest möchte ich noch einmal erwähnen, abgesehen, wie gesagt, von der Gesamtsituation: Es kommt zu Reallohneinbußen, denn die Lehrer werden länger unterrichten. Die Meinung, dass diese Maßnahme notwendig wäre, wird übrigens von den Lehrern überhaupt nicht geteilt. Wenn Sie das behaupten, Kollege Amon, dann kann ich Sie überhaupt nicht verstehen. Ich weiß nicht, woher Sie das haben. Es gibt eine Pflichtschullehrer-Gewerkschaft, die ein eigenes Modell ausgearbeitet hat, das geringfügig anders ausschaut, das möglicherweise weniger Dienstposten kosten wird, dafür aber mehr Einsparungen bei den Aktivgehältern vorsieht. Aber dass Sie sagen, die Lehrer haben das gewollt, das halte ich schon für etwas sehr weit hergeholt. (Zwischenruf des Abg. Amon. ) Den Bedarf haben sie überhaupt nicht erkannt!

Schauen Sie sich die Drohungen an, die von Ihnen gemacht werden: Mit dienstrechtlichen Maßnahmen, mit sämtlichen Disziplinarverfahren wird gedroht. Den Dienststellenausschüssen an den Gymnasien soll verboten werden, zu überlegen, ob sie Protestmaßnahmen setzen. Mit diesem Druck wird gearbeitet! Da können Sie doch nicht sagen, das ist gewollt. – Überhaupt nichts ist gewollt. Faktum ist, dass es massiven Widerstand gegen diese Maßnahmen gibt, und das ist gerechtfertigt, weil es überhaupt keinen Grund gibt, hier so einzuschneiden.

Sie brauchen sich ja nur die Gehaltsentwicklung bei den Lehrern anzuschauen, das zeigen ja alle Studien. Sie werden ja nicht ernsthaft sagen wollen, dass die Lehrer in Österreich in den letzten Jahren eine überdurchschnittliche Gehaltsentwicklung hatten. Sie hatten sie nicht. Sie sind am unteren Limit dessen, was sich an Gehaltsentwicklung getan hat. (Abg. Dolinschek: Das glauben Sie ja selber nicht, was Sie da sagen!) Und daher gibt es einfach kein Verständnis dafür, dass man sagt, in diesem Bereich muss massiv eingespart werden. Aber Sie werden es trotzdem umsetzen.


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Faktum ist: Dieses Landeslehrer-Dienstrecht trägt einem überhaupt nicht Rechnung. Man hätte über ein Dienstrecht diskutieren können, aber herzugehen und zu sagen, wir wollen etliche Milliarden Schilling einsparen, und dann ein Dienstrecht zu basteln, wo genau das passiert – was soll denn da für ein Dienstrecht herauskommen? Das kann doch nie ein Dienstrecht sein, bei dem man nach Kriterien wie Gerechtigkeit vorgeht, wobei man da auch darüber diskutieren muss, wie die Leistung eines Lehrers festgestellt wird. Aber dann müsste man andere Voraussetzungen schaffen, dann kann man nicht hergehen und sagen, das Sparziel sind etliche Milliarden Schilling, und anhand dieses Sparziels dann ein Modell machen. Wie soll das mit Leistung in Verbindung stehen? Wie soll das mit Gerechtigkeit in Verbindung stehen? Das Einzige, was Sie wollen, ist, den Sparstift anzusetzen. Das ist das Problem. (Abg. Amon: Gegenvorschlag!)

Gegenvorschlag – ganz einfach, wir haben das mehrmals gesagt –: Wir wollen andere budgetäre Gewichtungen haben. Schauen Sie, dass Sie bei den Stiftungen etwas tun, schauen Sie, dass Sie bei anderen steuerlichen Maßnahmen endlich dort hinkommen, wo wir sein wollen, aber lassen Sie das Bildungssystem aus und ziehen Sie diesen Bereich nicht als Hauptspargebiet heran! Sie tun das, und dafür haben Sie, würde ich einmal sagen, wenn man sich das anschaut, jetzt auch schon in den Schulen die Rechnung präsentiert bekommen. Sie können es weiterhin tun, es steht in Ihrer Macht, aber Sie hätten auch die Möglichkeit, darüber nachzudenken, ob man hier nicht einen Dialog führen sollte, der nicht so ausschaut, dass man nur sagt, das ist das Ziel, so viel muss eingespart werden. Es geht darum, mit den Leuten wirklich zu sprechen, mit ihnen zu reden zu versuchen, um zu hören, welche Maßnahmen im Bereich der Schule derzeit wirklich notwendig sind. Da gibt es viele ... (Abg. Amon: Sie sagen, dass beim Landeslehrer-Dienstrecht nicht mit den Lehrern gesprochen worden ist?)

Mit der Gewerkschaft, mit Herrn Helm ist gesprochen worden! Das sind ja nicht die Pflichtschullehrer, das ist Ihr Parteikollege, der versucht hat, das Modell der Regierung umzusetzen. Es ist ja lächerlich, wenn man da von den Lehrern spricht. Das sind ÖVP-Vertreter gewesen, die dieses Modell ausgemacht haben! (Beifall bei den Grünen. – Zwischenruf des Abg. Großruck. )

Und die SPÖ hat mit Herrn Modritzky gesprochen, aber die SPÖ im Haus ist wenigstens so weit, dass sie sich von ihrer Gewerkschaft distanziert und das Modell hier nicht mitbeschließen wird. (Abg. Amon: Die Betroffenen sind dafür, ganz interessant!) Dazu ist zwar der Gewerkschaft der SPÖ nicht wirklich zu gratulieren, aber zumindest ist doch anzuerkennen, dass es hier im Haus ein differenziertes Abstimmungsverhalten geben wird und das, was die Gewerkschaft ausverhandelt hat, nicht mitbeschlossen wird, weil das eben unerträglich ist.

Versuchen Sie, einen Dialog zu führen! Versuchen Sie, hier nicht nur Macht auszuüben und Druck auszuüben, sondern treten Sie in einen Dialog ein! Es wäre dafür höchste Zeit. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Mag. Schweitzer: Kein Vorschlag! Kein Vorschlag!)

12.31

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Schweitzer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte.

12.31

Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Herr Finanzminister! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Während der Rede von Kollegen Brosz ist eine Schulklasse auf die Tribüne gekommen. (Abg. Dr. Mertel: Welche Bühne?) Ich habe versucht, mitzuzählen: es waren keine 20 – doch, da sind auch noch einige –, auf alle Fälle kamen sie mit einer Unzahl von Begleitlehrern. Das Lehrer-Schüler-Verhältnis, das ich hier sehen kann, ist ein durchaus gutes. Bildungsnotstand ist also noch nicht auszurufen. (Abg. DDr. Niederwieser: So machst du deine Berechnungen! Jetzt wissen wir es!) Sie wissen das, wir haben ein hervorragendes Lehrer-Schüler-Verhältnis.

Das ist das Einzige, was Sie an konkreten Forderungen vorbringen: Sie wollen die Klassenschülerzahl weiter senken. Das wäre unter Umständen möglich, wenn diese SPÖ in ihren 30 Jahren ununterbrochener Regierungszeit eine verantwortungsvolle Finanzpolitik gemacht hätte! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.) Geerbt haben


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wir einen Schuldenberg, der so hoch ist wie in keinem anderen EU-Land. Um die Zukunft dieser Kinder abzusichern, gilt es, diesen Schuldenberg abzubauen. Und das tut diese Bundesregierung verantwortungsbewusst, im Gegensatz zu den Vorgängern. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Nun, Herr Kollege Brosz – ich weiß nicht, ob ich das noch einmal machen werde –, setze ich mich das erste Mal mit dem flachen Inhalt Ihrer Rede auseinander.

Zum Ersten: Die Urabstimmung bei den Pflichtschullehrern hat nicht nur eine sehr breite Zustimmung zum Modell, das zwischen Regierung und Gewerkschaft, also den offiziellen Vertretern der Lehrer, ausgehandelt wurde, gebracht, sondern es wurde auch im Gegensatz zu dem, was Sie behauptet haben, neben der Möglichkeit, sich für eine der beiden gesetzlichen Maßnahmen zu entscheiden, die Möglichkeit angeboten, sofort gewerkschaftliche Maßnahmen zu ergreifen. Tatsache ist, dass trotz dieser Möglichkeit 80 Prozent aller Lehrer – bei einer Wahlbeteiligung von über 80 Prozent – für dieses hier in Diskussion stehende Modell gestimmt haben. – Das zum Ersten, Herr Kollege Brosz.

Nun zum Zweiten: zu den Reallohneinbußen. Reden wir einmal über die Zahlen, und reden wir einmal über die AHS-Lehrer, die jetzt wieder einmal, weil in erster Linie von Grünen motiviert – ich habe diese Vorschläge, die Sie machen, mitgebracht, und das sind die einzigen; ich werde später noch darauf eingehen –, streiken wollen. Schauen wir uns einmal die Situation an: Sie steigen ein mit einem Bruttobezug von 26 402 S (Abg. Brosz: Wer? Wer?) und steigen aus mit einem Bruttobezug in der Gehaltsstufe 17 in der Höhe von 49 935 S.

Dazu gibt es eine Unzahl von leistungsorientierten Komponenten, die in Zukunft zur Auszahlung gelangen. Wie schaut es damit aus? Für Schulveranstaltungen zum Beispiel – Sie empfehlen ja: bestreiken wir alle Schulveranstaltungen, weil alles so ungerecht ist! – gibt es eine Tagesgebühr von 465 S, das ergibt pro Woche 2 790 S, und eine Betreuungszulage von 418 S pro Tag, das ergibt pro Woche 2 508 S. Das macht in Summe pro Woche 5 298 S zusätzlich zur normalen Entlohnung.

Oder schauen wir uns die Maturavorbereitung an, Herr Kollege Brosz – weil ja die Lehrer "so schlecht" bezahlt werden –: Ein Lehrer bereitet einen Monat lang drei Stunden je Woche fünf Kandidaten auf die Matura vor. Dafür erhält er zusätzlich zu seinem Grundgehalt folgende Bezahlung: für jede Stunde 2 768 S, das sind im Monat 8 304 S. Und für jeden Schüler gibt es einen Steigerungsbetrag von 356 S, das sind im Monat 1 780 S. Das heißt, zusätzlich zur normalen Entlohnung gibt es 10 084 S.

Oder: Für die Klassenvorstandstätigkeit gibt es 20 000 S pro Jahr zusätzlich zum Gehalt. Kustodiat: 16 000 S zusätzlich. Für eine Schiwoche – habe ich schon gesagt – 5 298 S, für Maturavorbereitung: 10 084 S.

Es besteht also die Möglichkeit, durch zusätzliche Leistungen zusätzlich 51 000 S zu verdienen. Herr Kollege Brosz, das sind Zahlen, die durchaus in Ordnung sind, und auch im Jahre 2001 zählt man mit diesen Gehältern durchaus zu den Besserverdienern in diesem Land. Es besteht also wahrlich kein Grund, zu streiken, und für die Grünen wahrlich kein Grund, die Lehrer aufzuhetzen mit Dingen wie der Aufforderung zu gezielter Krankmeldung der Pragmatisierten auf Grund von akuter Kreislaufschwäche beim Anblick des Gehaltszettels. – Das sind Ihre einzigen Vorschläge, die Sie in die Bildungspolitik einbringen, Herr Kollege Brosz! Das ist alles: Streikt, weil wir diese Regierung nicht wollen! Seid dagegen, weil wir das nicht wollen! – Obwohl die Mehrheit dafür ist. (Abg. Öllinger: Zurück in den Turnsaal, Herr Kollege Schweitzer!)

Und das ist ja das Problem: Sie können offensichtlich mit demokratischen Mehrheiten nicht umgehen. Sie können es nicht akzeptieren, wenn sich die Lehrer mit 80 Prozent für ein neues Dienstrecht entscheiden, und können nicht eine Regierung akzeptieren, hinter der ein Großteil der österreichischen Bevölkerung steht. (Abg. Öllinger: Welcher Großteil?) Sie wollen Ergebnisse demokratischer Wahlen nicht zur Kenntnis nehmen! Das ist Ihr Problem. Sie haben mit der Demokratie ein Problem! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)


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61. Sitzung / Seite 50

Sie werden nie eine Mehrheit in diesem Lande haben! Für Ihre Ideen werden Sie nie die Mehrheit der Bevölkerung und nie die Mehrheit der Lehrer begeistern können (Abg. Öllinger: Für Ihre Gott sei Dank auch nicht!), weil sich Ihre Ideen auf das beschränken, was ich gar nicht weiter ausführen will. (Abg. Öllinger: Antisemitismus, Rassismus sind Gott sei Dank auch nicht mehrheitsfähig!)

Herr Kollege Brosz! Sie haben jetzt die 15. oder 20. Rede gehalten, seit Sie in diesem Haus sind. Sie haben noch keinen einzigen konkreten Vorschlag für die Verbesserung der Bildungspolitik auf den Tisch gelegt! Dazu sind Sie nicht imstande, Herr Kollege Brosz, weil Sie keine Ahnung von der Materie haben. Herauskommen und die Dinge oberflächlich kritisieren, das ist ein bisschen wenig. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Dieses neue Lehrerdienstrecht wurde mit den Lehrern über einen langen Zeitraum ausverhandelt, verbessert und wird heute im Interesse der jungen Leute, die unsere Schulen besuchen, auch beschlossen werden. Auf Ihre Vorschläge werden wir noch lange warten müssen. Ich bin sicher, Sie werden keinen einzigen konstruktiven einbringen können. Das ist typisch grüne Politik, wie wir sie seit eh und je kennen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

12.38


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61. Sitzung / Seite 51

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn:
Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Brosz zu Wort gemeldet. – Herr Abgeordneter, ich ersuche Sie, den § 58 Abs. 2 GOG zu berücksichtigen und mit der Wiedergabe der Behauptung, die Sie zu berichtigen wünschen, zu beginnen. (Abg. Öllinger: Die ganze Rede muss berichtigt werden!)

12.38

Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne): Herr Kollege Schweitzer hat soeben vieles behauptet; ich möchte drei Sachen tatsächlich berichtigen.

Zunächst hat er behauptet, bei der Urabstimmung hätte es drei Auswahlmöglichkeiten gegeben. – Das stimmt nicht, das ist unrichtig!

Richtig ist: Es gab zwei Auswahlmöglichkeiten, die gegeneinander ausgewertet wurden, und eine Zusatzfrage, die extra ausgewertet wurde. Diese steht nicht im Verhältnis zu den ersten zwei Fragen.

Außerdem wurde die Zusatzfrage mit einer Bedingung formuliert, nämlich dass das überhaupt nur dann zum Tragen kommt, wenn das Modell nicht angenommen wird. (Abg. Mag. Schweitzer: Was war das?) – Ich bin bei der Berichtigung, da habe ich nur zwei Minuten, und ich habe das so weit berichtigt.

Der zweite Punkt: Sie haben behauptet, die AHS-LehrerInnen steigen mit einem Bruttogehalt von über 26 000 S ein. – Das ist ebenfalls unrichtig!

Laut Gehaltsschema 2000 beträgt das Einstiegsgehalt der AHS-LehrerInnen 22 903 S. (Abg. Mag. Schweitzer: Die steigen mit Gehaltsstufe 4 ein! Hast du das nicht begriffen?) – Das ist ebenfalls unrichtig, aber das berichtige ich jetzt nicht.

Dritte unrichtige Behauptung: Die Grünen hätten dazu aufgerufen, sich nach dem Anblick des Gehaltszettels krankzumelden. Sie zitieren da immer eine Homepage der ÖLI-UG. – "UG" steht nicht für "und Grüne", sondern ÖLI-UG steht für "Österreichische Lehrer/innen-Initiative – Unabhängige Gewerkschafter/innen". Das sind also nicht die Grünen.

Ich würde Ihnen schon so viel Humor zutrauen, dass Sie zumindest das erkennen. Bei antisemitischem Humor sind Sie perfekt, den erkennen Sie wunderbar. (Abg. Mag. Schweitzer: Das ist ein Redebeitrag!) Aber wenn empfohlen wird, sich nach dem Anblick des Gehaltszettels krankzumelden, dann glauben Sie offenbar, das ist völlig ernst gemeint. Bitte, lassen Sie es dabei. (Beifall bei den Grünen.)

12.40

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Rada. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

12.40

Abgeordneter Dr. Robert Rada (SPÖ): Sehr geschätzter Herr Präsident! Sehr geehrte Regierungsmitglieder! Es ist ja nahezu ein Skandal – ich möchte das in aller Deutlichkeit hier festhalten –, wenn Abgeordneter Schweitzer angesichts der Zahl von auf der Galerie anwesenden SchülerInnen und Lehrern, von denen er annimmt, sie seien Begleitpersonen, hier feststellt, dass viel zu viele da wären. (Abg. Mag. Schweitzer: Das habe ich nicht gesagt! – Abg. Dr. Ofner: Da hast du nicht zugehört! – Abg. Böhacker: Das ist eine Unterstellung!) Das haben Sie in Ihrem Redebeitrag zum Ausdruck gebracht. Sie wissen nicht, Herr Abgeordneter Schweitzer, um welche Art von Klasse, um welche Art von Schülern es sich hier handelt. Sie wissen sicherlich nicht, ob es LehrerInnen sind, Sie wissen nicht, ob es Begleitpersonen sind, denn soweit ich die Lehrerinnen und Lehrer auf der Besuchergalerie sehe, haben sie kein Mascherl, das darauf hindeutet, dass sie Lehrerinnen und Lehrer sind, aber ich heiße sie trotzdem sehr herzlich willkommen. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Feurstein. )

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Ich möchte in meiner Rede auch auf die Beiträge zweier Vorredner Bezug nehmen. Zum Ersten: Herr Abgeordneter Amon! Ich werde Sie sicherlich beim Wort nehmen, ich habe mir das sehr genau aufgeschrieben: Sie haben gesagt, in Niederösterreich werden im kommenden Schuljahr Lehrer aufgenommen. – Jeden Einzelnen, den wir in Niederösterreich aufnehmen werden – und ich weiß, wovon ich rede –, müssen Sie mir namentlich nennen. Vielleicht wissen Sie mehr. Ganz im Gegenteil: Wir werden in Niederösterreich im kommenden Schuljahr Dienstverträge nicht mehr verlängern, Herr Kollege Amon! Das ist eine Tatsache! (Abg. Amon: Da sind Sie schlecht informiert! Der Wahlkampf ist vorbei!) Sie sprechen von der Aufnahme von Lehrern. Das wird es aber nicht geben, genau das Gegenteil wird der Fall sein.

Ein Zweites: Abgeordneter Stummvoll hat heute von Vollbeschäftigung gesprochen und dafür ein Lob ausgesprochen. Es würde mich sehr freuen, hätte er Recht. Tatsache ist aber, dass wir einen Lehrerabbau haben werden. – Nur so viel zur "Vollbeschäftigung".

Wenn es heute um das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz geht, dann möchte ich doch auch eine Anmerkung zu grundsätzlich positiven Aspekten machen: Lehrerinnen und Lehrer sind nicht Halbtagsbeschäftigte. Lehrerinnen und Lehrer sind nicht solche, die nur Ferien haben. Das weiß auch Abgeordneter Schweitzer aus seiner ehemaligen Berufszeit. Lehrerinnen und Lehrer haben sehr, sehr viel Arbeit zu leisten. Es ist daher positiv zu bewerten, dass es auch entsprechend dargestellt wird, dass sehr viel Jahresarbeit geleistet wird. (Beifall bei der SPÖ und des Abg. Brosz. )

Festzuhalten ist aber auch, dass dieses neue Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz nicht bloß dazu geschaffen wurde, um Lehrerinnen und Lehrern mehr Verbesserungen einzuräumen, sondern um insgesamt 1,2 Milliarden Schilling einzusparen. Auch das muss klar festgehalten werden, und das ist ja jetzt in diesen Budgetverhandlungen auch das Thema. Daher ist eine zweite Überlegung durchaus denkbar.

Eines stimmt auch – und daher kommen wir auch zu diesen Einsparungen von Dienstposten –: dass die Zahl der Unterrichtserteilungsstunden ganz einfach angehoben wurde. Frau Bundesministerin, das können wir nicht wegdiskutieren. Ich kann jetzt in Anbetracht der Zeit gar nicht mehr auf den Block 1, Unterrichtserteilung, eingehen, aber ich habe ganz große Sorge, dass in den Bereichen 2 und 3 nicht nur Regulierungen, sondern sehr, sehr viele Überregulierungen eintreten können. Ich habe diesbezüglich große Sorge; ich sagte das bereits im Budgetausschuss.

Wie schaut es mit Vor- und Nachbereitungszeiten aus? Wie schaut es mit den Korrekturstunden aus? Wie wird in Hinkunft eine übersorgfältige Schulleitung, eine übersorgfältige Schulaufsicht diese Korrekturstunden bei einem Beratungslehrer, bei einem Legasthenielehrer, bei einem Lehrer für Leibeserziehung oder Werkerziehung kontrollieren? Welche Kontrollmechanismen werden eingebaut werden?


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61. Sitzung / Seite 52

Ein Vorletztes, Frau Ministerin: Wenn es darum geht, über die Korrektur zu reden, vergleichen wir: Wie schaut es mit den Korrekturarbeiten eines Mathematiklehrers mit einer Unterrichtsklasse aus, und wie schaut es mit den Korrekturarbeiten eines Deutschlehrers mit drei Unterrichtsklassen aus? Ich behaupte – da ich selbst Mathematiklehrer bin –, dass der Deutschlehrer wesentlich mehr Arbeit bei der Korrektur haben wird. Und ich behaupte auch, dass dieser von diesem Modell ungerecht behandelt wird und daher das alte Modell ein wesentlich besseres gewesen ist.

Ein Letztes: Wir haben im Block 3 für Elterngespräche 10 Stunden vorgesehen. Frau Bundesministerin! Ich unterstreiche Ihre Sorgfalt für ein Frühwarnsystem, und ich unterstreiche Ihre Sorgfalt für die individuellen Förderprogramme, aber mindestens diese 10 Stunden muss ein Lehrer für diese Arbeit schon innerhalb einer Woche erledigen, um diesen Aufgaben gerecht zu werden. (Beifall bei der SPÖ.)

12.46

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Mag. Schweitzer zu Wort gemeldet. – Herr Abgeordneter! Eine tatsächliche Berichtigung beginnt mit der Wiedergabe der zu berichtigenden Behauptung.

12.46

Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (Freiheitliche): Herr Präsident! Ich werde zweimal berichtigen. Zuerst Kollegen Rada, der wahrscheinlich auf Grund eines Hörfehlers – anders kann ich mir das nicht vorstellen – behauptet hat, ich hätte gesagt, dass mit der Schülergruppe viel zu viele Lehrer mitgekommen seien. – Ganz im Gegenteil, Herr Kollege Rada: Ich habe gesagt, dass die Begleitlehreranzahl für diese Schülergruppe eine durchaus schöne ist und dass diese das durchaus erfreuliche Lehrer-Schüler-Verhältnis in Österreich, das bei 1 zu 10 liegt, widerspiegelt. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Zum Zweiten hat Kollege Brosz nachdrücklich zu erkennen gegeben, dass er, was das Gehaltsschema der L1-Lehrer betrifft, keine Ahnung hat. (Abg. Brosz: Das ist keine tatsächliche Berichtigung!) Er hat behauptet, dass L1-Lehrer mit rund 20 000 S einsteigen. – Kollege Brosz! Tatsächlich steigen L1-Lehrer in der Gehaltsstufe 4 ein, und das bedeutet 26 402 S brutto. Das ist tatsächlich richtig! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

12.47

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Herr Abgeordneter! Der zweite Teil war keine tatsächliche Berichtigung mehr.

Zu Wort gelangt nun Frau Bundesminister Gehrer. – Bitte.

12.48

Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Ich meine, dass gerade im Bildungsbereich eine fachliche Diskussion sehr wichtig ist, dass man dabei aber auch sachlich bleiben sollte. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Von Herrn Kollegen Brosz wurde behauptet, das Bildungssystem werde als Hauptspargebiet herangezogen. – Herr Kollege Brosz! Ich muss Ihnen das leider – oder Gott sei Dank – widerlegen: Das Bildungsbudget erreicht im Jahr 2002 den höchsten Anteil an den Ausgaben aller Ressorts, den es jemals gegeben hat. Das Bildungsbudget hat einen Anteil von 13,72 Prozent am Gesamtbudget. Das ist das Höchste, das es jemals gab. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

1998 betrugen die Ausgaben für Bildung rund 7 Milliarden j , 2002 werden es rund 8 Milliarden j sein. Das ist mehr, um 1 Milliarde j mehr!

Weiters ist festzustellen, dass die Ausgaben für die Bildung mehr gestiegen sind als die Ausgaben für die anderen Ressorts. Die Ausgaben für die anderen Ressorts im allgemeinen Haushalt sind um etwa 4,5 Prozent gestiegen, die Ausgaben für Bildung wurden um 8,5 Prozent er


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höht. Ich bitte Sie, das wirklich zur Kenntnis zu nehmen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Natürlich haben wir das nicht im alten Verteilsystem gemacht, sondern wir haben Schwerpunkte gesetzt. Wir geben mehr Geld für die "Computermilliarde" aus, wir geben mehr Geld für die Forschung aus, und wir geben mehr Geld für die Ausstattung der Universitäten aus.

Ich möchte auch bei dem, was Herr Kollege Rada gesagt hat, ansetzen, nämlich dass die Kontrollmechanismen bei dem neuen Landeslehrer-Dienstrecht, das wir jetzt diskutieren, verstärkt werden müssen. Meine Damen und Herren! Das ist eine große Angst von mir, dass plötzlich alle Bezirksschulinspektoren hergehen und auf die Minute genau jeden Lehrer kontrollieren. Um das geht es ja gar nicht! Es geht darum, dass die Lehrer und Lehrerinnen persönlich und selber ihre Gesamtjahresarbeitszeit ausschildern.

Bisher hat es die Unterrichtsstunden gegeben. Jetzt sagt der Lehrer, soviel brauche ich für die Vorbereitung, soviel für die Nachbereitung, soviel brauche ich für die Elterngespräche.

Dabei geht es nicht darum, dass die Inspektoren ihre Kontrollrechte verschärft wahrnehmen. Inspektoren haben eine völlig neue Aufgabe. Inspektoren sind regionale Schulmanager, die die Weiterentwicklung der Schule zusammen mit den Direktoren und Direktorinnen, zusammen mit den Lehrern vorantreiben müssen.

Dieses neue Landeslehrer-Dienstrecht, das wir heute diskutieren, ist eine sehr wichtige Weiterentwicklung. Warum ist es notwendig, Strukturmaßnahmen zu setzen? Es wurde nicht einmal von Herrn SPÖ-Finanzminister Edlinger bestritten, dass man Strukturmaßnahmen setzen muss. Nach einem Ansteigen der Zahl der Dienstposten in den achtziger Jahren, nach einem ungehemmten Schuldenmachen, nach damit einhergehenden Budgetausgaben ist es notwendig, das Budget zu konsolidieren. Das ist Aufgabe einer verantwortungsvollen Regierung.

Wir haben dabei folgenden Weg gewählt: Wir wollen schauen, dass wir uns bei den Verhältniszahlen zwischen Schülern und Lehrern, dass wir uns bei den Stundenzahlen, die der Lehrer in der Klasse ist, mehr an das angleichen, was europaweit üblich ist. Wir haben aber gerade im AHS-Bereich und BHS-Bereich von den Ressourcen für die Schüler und Schülerinnen nichts weggenommen. Es stimmt nicht, dass in diesen Bereichen weniger Ressourcen zur Verfügung stehen. Ich halte das für besonders wichtig.

Wenn Sie sagen, gerade in Vorarlberg wird großer Unmut über das neue LDG laut und es werden so viele Dienstposten abgebaut, dann muss ich Ihnen die Schlagzeile, die vor kurzem in der Zeitung war, entgegenhalten: "Lehrer-Personalabbau: Stemer", der zuständige Landesrat und Landesschulratspräsident, "gibt Entwarnung". Es stimmt also nicht, dass es da so besondere Schwierigkeiten gibt, dass eine besonders große Zahl von Lehrern im Pflichtschullehrerbereich abgebaut wird.

Meine Damen und Herren! Dieses neue Landeslehrer-Dienstrecht ist ein Projekt, das mit einem Jahresarbeitszeitmodell arbeitet, das vier Jahre lang erprobt wird, und das uns neue Erkenntnisse bringen wird. Es handelt sich um ein modernes Dienstrecht.

Wenn wir zwei zusätzliche Anträge hier im Parlament haben, die besonders auch den Sonderurlaub betreffen, dann muss ich schon eines klarstellen: Der Sonderurlaub dient der Vorbereitung auf den Vorruhestand. Es war nie daran gedacht, dass jemand, der in Sonderurlaub geht, sofort durch einen jungen Lehrer ersetzt werden soll. Wir wollen ja unser Ziel erreichen, indem wir möglichst vielen Lehrern und Lehrerinnen die Möglichkeit geben, den Vorruhestand in Anspruch zu nehmen, damit wir die jungen Lehrer und Lehrerinnen in unseren Schulen weiter beschäftigen können. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Es ist auch falsch, dass es Pensionskürzungen gibt. Es gibt ein Vorruhestandsmodell, das ein Lehrer freiwillig in Anspruch nehmen kann. Dieses Vorruhestandsmodell wurde mit Ihnen, meine Damen und Herren von der SPÖ, erarbeitet, wurde von Ihnen gutgeheißen und auch von Ihnen mit beschlossen. Es ist ein gutes Modell, es ist ein gutes Angebot, es ist ein guter


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Sozialplan für die Lehrer und Lehrerinnen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Wenn man heute von der allgemeinen Entwicklung in der Politik spricht, meine Damen und Herren Abgeordneten, dann ist es schon möglich, dass es kurzfristig bei den Menschen zieht, wenn gezielte Panikmache betrieben wird, wenn Ängste geschürt werden, wenn verunsichert wird. Das ist anscheinend die Antwort der Opposition auf die Herausforderungen der Zukunft.

Aber ich sage Ihnen eines klar: Bis 2003 werden die Menschen merken, dass durch diese Budgetkonsolidierung die Arbeitsplätze gesichert sind, die Wirtschaftskraft gestärkt wird, weitere Investitionen in Bildung und Forschung erfolgen und wir damit der Jugend eine Zukunft geben. Ich danke allen Lehrern und Lehrerinnen, die engagiert und mit großem Einsatz für die Zukunft der Jugend arbeiten. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Auf Grund zusätzlicher Investitionen, wie Computermilliarde, Unimilliarde, Forschungsmilliarden, wird unser Bildungssystem in den nächsten Jahren in der Weltklasse spielen. Das ist unsere Antwort auf die Herausforderungen, und das ist unsere Zukunftsgestaltung. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

12.55

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Rada zu Wort gemeldet. Er kennt den § 58 GOG ganz genau. (Abg. Dr. Khol: Da bin ich nicht so sicher! – Abg. Schwarzenberger: Lassen wir uns überraschen!)

12.55

Abgeordneter Dr. Robert Rada (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Ich fürchte, es gab auch in diesem Fall einen Hörfehler. Ich habe nicht behauptet, dass es verstärkte Kontrollen geben wird müssen, um die Töpfe 2 und 3 zu überprüfen, sondern ich sagte, ich fürchte, dass es verstärkte Kontrollen geben wird. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Böhacker: Zu Tode gefürchtet ist auch gestorben! – Abg. Dr. Martin Graf: Herr Präsident! Er kennt § 58 doch nicht!)

12.56

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Feurstein. Ihre Redezeit ist wunschgemäß auf 8 Minuten eingestellt. – Bitte.

12.56

Abgeordneter Dr. Gottfried Feurstein (ÖVP): Herr Präsident! Frau Ministerin! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Ich möchte noch einmal auf das zurückkommen, was die Erstrednerin, Frau Abgeordnete Bures, gesagt hat. Sie hat wieder einmal aufgezeigt, wo überall gespart werden muss.

Meine Damen und Herren! Warum muss jetzt im Jahre 2001 und im Jahre 2002 gespart werden? – Weil in 30 Jahren ein Schuldenvolumen von 200 000 S pro Österreicherin und Österreicher aufgebaut worden ist. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ich möchte nicht die Schülerinnen und Schüler auf der Galerie strapazieren. Aber, meine Damen und Herren von der SPÖ, von den Sozialdemokraten, Ihre Finanzminister haben dieses Schuldenvolumen von 200 000 S aufgebaut, das muss klargestellt werden. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Wenn diese Schulden nicht aufgebaut worden wären, dann stünden wir heute vor einer anderen Situation. Die Regierung, die jetzt seit etwas mehr als einem Jahr im Amt ist, hat gezeigt, dass sie vernünftig sparen kann, und ich pflichte dem bei, was Abgeordneter Trattner gesagt hat: Natürlich sind da und dort Korrekturen notwendig. Aber grundsätzlich ist der Kurs richtig, meine Damen und Herren. Wir müssen von den Schulden wegkommen, und wir müssen von der Neuverschuldung wegkommen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.) Das ist uns auch gelungen.


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Ich möchte noch einmal ... (Lebhafte Zwischenrufe bei der SPÖ.) Sie können jetzt schreien, so viel Sie wollen. Ihr Schreien bezeugt, dass Sie ein schlechtes Gewissen haben, Frau Abgeordnete Bauer. (Beifall bei der ÖVP.) Wer schreit, ist immer in der Gegnerschaft und hat ein schlechtes Gewissen. So ist es. (Weitere Zwischenrufe.)

Meine Damen und Herren! Ich bin der Meinung, die Frau Ministerin hat klar aufgezeigt, dass im Bildungsbereich wichtige Akzente gesetzt werden. Und Sie sollten zur Kenntnis nehmen, dass das Bildungsbudget 2002 den höchsten Anteil am Gesamtbudget hat, den es jemals gegeben hat. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.) Unter keinem früheren Minister gab es einen so hohen Anteil des Bildungsbudgets am Gesamtbudget. Das sollten wir anerkennend feststellen, anstatt hier so zu tun, als ob alles nur schlecht wäre.

Herr Abgeordneter Brosz! Sie haben hier auch sehr schöne Worte gefunden, aber Sie haben uns keine Alternativen und Möglichkeiten aufgezeigt, wie man aus den Schwierigkeiten herauskommen könnte. Und ich sage Ihnen ganz klar: Genau so wichtig wie die Bildungssituation, die für uns und die Frau Ministerin wichtig ist – das haben wir heute wieder gehört und zur Kenntnis nehmen können –, sind uns auch die älteren Menschen, die Pensionisten und die Pensionen. Sie wissen, dass wir aus diesem Grunde aus der Arbeitslosenversicherung 15 Milliarden Schilling für die Pensionisten, für die Pensionen zur Verfügung stellen, meine Damen und Herren.

Angesichts dieser 15 Milliarden Schilling wird immer wieder kritisiert, dass man hier zu hohe Beträge verfügbar macht. (Abg. Öllinger: Jawohl!) Ich werde dies gleich begründen. Herr Öllinger, Sie kennen das Gutachten, das unter Frau Ministerin Hostasch in Auftrag gegeben worden ist, das besagt, dass nicht 15 Milliarden Schilling für die Anerkennung von Ersatzzeiten in der Pensionsversicherung notwendig sind, sondern 23,5 Milliarden Schilling. Für die Arbeitslosen decken die 15 Milliarden genau die Ersatzzeiten. Also die 15 Milliarden Schilling sind genau jener Betrag, der aus der Arbeitslosenversicherung für die Ersatzzeiten in der Pensionsversicherung aufgebracht werden muss. Seien wir froh, dass diese Regierung diesen Schritt in Richtung Ehrlichkeit in der Pensionsfinanzierung gesetzt hat, anstatt alles nur über den Bundeszuschuss abzudecken. Dieser Weg ist der einzig richtige. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Dieses Budgetbegleitgesetz beinhaltet aber noch zwei andere wichtige Punkte. Ich bin sehr froh, dass die Situation für die Notstandshilfebezieher wieder geregelt wird. Die Notstandshilfebezieher werden wieder die Dynamisierung ihrer Notstandshilfe erhalten, und zwar durch dieses Gesetz rückwirkend mit 1. Jänner 2001. Das ist eine ganz wichtige Maßnahme, die hier gesetzt wird. Ich muss auch feststellen, leider hat die SPÖ bei der Abstimmung im Budgetausschuss nicht erkannt, dass diese Maßnahme für die Notstandshilfebezieher ganz wichtig ist. Sie haben leider nicht zugestimmt. (Zwischenruf der Abg. Silhavy. )

Wir werden mit diesem Budgetbegleitgesetz noch eine weitere wichtige Maßnahme für den Arbeitsmarkt, für die Menschen, die in Schwierigkeiten kommen, insbesondere in bestimmten Zweigen der Lebensmittelbranche, setzen. Wir werden die Arbeitsstiftung "Aufleb" verlängern, weil diese Arbeitsstiftung gezeigt hat, dass dies sehr vernünftig und sehr Erfolg versprechend für die Menschen sein kann, die im Zusammenhang mit der BSE-Krise in Schwierigkeiten kommen. Wir werden auch auf Grund der Diskussion im Budgetausschuss einen Antrag einbringen, der vorsieht, dass nicht nur die Eintrittsmöglichkeit in die Stiftung "Aufleb" um ein Jahr verlängert wird, sondern auch die Dauer. (Abg. Mag. Gaßner: Warum haben Sie unseren Antrag niedergestimmt?)

Ich muss Sie korrigieren: Sie haben keinen offiziellen Antrag zu diesem Punkt im Budgetausschuss eingebracht. Wir werden diese Dinge machen und durch die Stiftung "Aufleb" jenen Menschen, die Schwierigkeiten haben, die Möglichkeit bieten, aus den Schwierigkeiten herauszukommen. Wir sind überzeugt davon, dass diese Menschen, die jetzt da und dort arbeitslos werden können, vielleicht auch durch die Stiftung "Aufleb" wieder eine vernünftige Alternative auf dem Arbeitsmarkt finden werden, meine Damen und Herren.


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In diesem Sinne meine ich, dass dieses Budgetbegleitgesetz eine ganze Reihe von sehr wertvollen, wichtigen und zukunftsweisenden Aspekten enthält. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

13.02

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Öllinger. Die Uhr ist auf 7 Minuten eingestellt. – Bitte.

13.02

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Das einzige Positive, das man zu diesem Budgetbegleitgesetz sagen kann, ist, dass es sich in seinem Umfang deutlich von den Vorgängergesetzen unterscheidet. Die waren nämlich wesentlich umfangreicher. Es ist relativ schlank. Das ist aber wirklich schon das Einzige.

Wenn ich das an den großen Worten messe, die die Kolleginnen und Kollegen der Regierungsparteien schon gesprochen haben, zum Beispiel Kollege Amon, der gesagt hat, die Schulden von heute sind die Steuern und die Arbeitslosen von morgen, wenn ich das an solchen Sätzen messe, dann wird es ganz bitter, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, dann wird es wirklich ganz bitter für Sie! Man könnte nämlich auch mit Fug und Recht einen anderen Satz nehmen: Das sanierte Budget von heute ist die fehlende Infrastruktur von morgen. (Abg. Großruck: Das steht bei Karl Marx ...!) – Herr Kollege Großruck! Auch das wäre denkbar. Ich möchte nicht in einem Land leben, wo wie in den USA nicht nur die Straßen kaputt sind, sondern auch das Schulsystem, wo das Einzige, was funktioniert, das Gefängnissystem ist, mit dem man die Leute dann noch unter Kontrolle zu halten versucht. (Beifall bei den Grünen.)

Das ist nicht die Vorstellung eines Landes, in dem ich leben möchte. Diese Vorstellung teilen, wie ich meine, mit mir noch viele andere Österreicherinnen und Österreicher.

Ja, wir wollen etwas für die Bildung ausgeben. Ja, wir wollen etwas gegen die Armut in diesem Land machen, und deshalb, meine Damen und Herren, stehen wir dazu. Bestimmte Ihrer Maßnahmen – und es sind leider sehr viele – gehen auf Kosten gerade derer, die es am wenigsten brauchen können. Im Bildungsbereich gehen sie auf Kosten der Kinder und Jugendlichen. Herr Kollege Schweitzer von der FPÖ rechnet vor: Bei den SchülerInnen auf der Galerie sitzen zwei Begleitlehrerinnen dabei, und deshalb ist das Schüler-Lehrer-Verhältnis so großartig.

Meine Damen und Herren! Ich weiß nicht, wann Kollege Schweitzer das letzte Mal in einer Schule gewesen ist. Er ist ja im Nebenberuf, glaube ich, Turnlehrer. (Abg. Schwarzenberger: Ist das keine Schule? – Abg. Böhacker: Was haben Sie gegen Turnlehrer? Sind das Menschen zweiter Klasse?) – Herr Kollege Böhacker! Ich weiß jedenfalls nicht von Klassen zu berichten, in denen zwei Lehrer oder zwei Lehrerinnen drinnen sind. (Beifall bei den Grünen.)

In der überwiegenden Zahl der Schulklassen plagen sich Lehrerinnen und Lehrer im Sprachunterricht mit 29, 30 Schülerinnen und Schülern in der Klasse redlich ab. Und wir wissen, was es heißt, im Sprachunterricht große Klassen zu unterrichten. Das ist für die Schülerinnen und Schüler genauso wenig angenehm wie für die LehrerInnen, und vor allem verhilft es nicht zu einem guten Unterricht und zu einem guten Spracherwerb. Herr Kollege Böhacker! Dafür müssten die Klassen nämlich wesentlich kleiner sein. Ich hoffe, das ist auch für Sie einleuchtend. Bestimmte Dinge hat ja jeder noch in Erinnerung aus dem Schulunterricht, nämlich wie man am besten lernen kann. Beim Sprachunterricht sind es vor allem kleine Klassen. (Abg. Böhacker: Gehöre ich zu den ganz Dummen? Wir waren 31 Schüler in einer Klasse!)

Meine Damen und Herren! Ich möchte noch auf ein anderes Kapitel eingehen: Arbeitslosenversicherung. Kollege Feurstein hat mir vorgerechnet: Entnahme von 15 Milliarden Schilling für Zwecke der Pensionsversicherung, das ist genau das, was die Arbeitslosenversicherung zu zahlen hat.

Das stimmt nicht, habe ich ihm in einem Zwischenruf geantwortet, und es stimmt auch tatsächlich nicht. Egal, wie Sie es drehen oder wenden, meine Damen und Herren – und ich kenne


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auch die Berechnungen, die dem Sozialministerium gegeben wurden –, ob ich die Ersatzzeiten beitragsseitig oder leistungsseitig berechne, erklären Sie mir, Herr Kollege Böhacker, mit dem gesunden Hausverstand, der auch einem Steuerberater zuzumuten ist, warum bei sinkenden Arbeitslosenzahlen die Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung für die Pensionsversicherung steigen! Sie wissen, Herr Staatssekretär, dass das nicht zusammenpassen kann. Wenn die Arbeitslosenzahlen steigen und daher auch die Ersatzzeitenabgeltung steigt, dann müssten die Leistungen für die Pensionsversicherung steigen. Aber Sie sind es doch und die Bundesregierung und die Koalitionsparteien, die uns ein um das andere Mal erklären, die Arbeitslosigkeit gehe stark zurück – und daher müsste auch die Ersatzzeitenabgeltung zurückgehen. Das tut sie nicht.

Erklären Sie mir, Herr Staatssekretär, da Sie mir ja im Ausschuss schon die entsprechenden Zahlen versprochen haben, warum beim Kinderbetreuungsgeld keine Ersatzzeitenabgeltung vorgesehen ist! Erklären Sie mir das! Dann sage ich Ihnen einen Satz: Das Kinderbetreuungsgeld von heute sind die fehlenden Pensionszahlungen von morgen. Das ist die Antwort auf Ihr Kinderbetreuungsgeld.

Es ist eine unglaubliche Zumutung, aber bezeichnend, wenn die Bundesregierung dem Hauptausschuss des Nationalrates dann einen Beschluss vorlegt, in dem es heißt:

"Die Bundesregierung wird ersucht, beim Europäischen Rat in Stockholm die österreichische Strategie einer offensiven Familienpolitik, wie sie zuletzt mit der Einführung des Kinderbetreuungsgeldes dokumentiert wurde" – ich lese das andere nicht vor, da kommt dann auch noch die "hervorragende" Vorsorge für die Pensionen vor –, "in die Evaluierung der Lissabon-Strategie und in die Beratung der weiteren Vorgangsweise einzubringen, wobei auch weiterhin die strikte Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips eingefordert werden soll." – Das ist ein Beschluss des Hauptausschusses des Nationalrates.

Meine Damen und Herren! Abgesehen davon, dass das ein Wortungetüm ist, heißt das nichts anderes als: Wir in Österreich klopfen uns deswegen auf die Schulter, weil wir ein Kinderbetreuungsgeld haben, von dem wir noch nicht wissen, wie es konkret aussehen wird, aber wir schlagen es ganz Resteuropa vor. Wir sind so toll im Bereich der Familienpolitik. Darum gehen wir nach Österreich zurück und sagen, denen in Europa haben wir es aber ordentlich gezeigt. Wir sind super! Wir wissen nicht, was kommen wird, wir wissen nicht, wie wir das in zehn Jahren im Bereich der Pensionen finanzieren wollen, aber wir sind super. Wir haben keine Ahnung. – Das ist die Politik dieser Bundesregierung.

Da könnte ich noch eines draufsetzen, und zwar das, was Sie jetzt heute wieder rund um den Ministerrat am Beispiel der Ambulanzgebühren vorgeführt haben, dass Sie nämlich noch immer nicht wissen, was Sie eigentlich schon längst wissen sollten, nämlich dass die alte Regelung bürokratisch war, dass das, was Sie als die neue Regelung erklären, nicht minder bürokratisch, aber vor allem für die Leute eine Belastung ist und keineswegs irgendeinen Lenkungseffekt haben wird, den Sie auch inzwischen gar nicht mehr behaupten, aber zu behaupten vorgegeben haben.

Wenn Sie des Weiteren dann vor dem Ministerrat etwas anderes erklären – wie etwa Minister Haupt – als nach dem Ministerrat, dann zeigt sich einmal mehr, dass Sie nicht einmal so einfache Dinge wie die Ambulanzgebühren, bei denen wir Ihnen schon vor einem Jahr gesagt haben: Das ist bürokratisch, das geht nicht, das können Sie so nicht machen, wie Sie das geplant haben! – ich kann mich noch sehr gut an die Debatte im Sozialausschuss erinnern –, schaffen. Und dann werden Sie es umso weniger beim Kinderbetreuungsgeld schaffen, mit dem Sie nach Stockholm gefahren sind, um sich auf die Schultern zu klopfen, dass Sie ein tolles Kinderbetreuungsgeld haben, von dem Sie nicht wissen, wie es funktioniert.

Meine Damen und Herren! Wenn Sie das bei den Ambulanzgebühren nicht schaffen, wenn Sie das beim Kinderbetreuungsgeld nicht schaffen, dann sollten Sie eigentlich die Konsequenz daraus ziehen und in sich gehen.


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In dieser Hinsicht möchte ich meinen Vorredner, den Kollegen Brosz, kritisieren, der Sie anders als ich zum Dialog aufgefordert hat. Ich glaube, Sie sind nicht dialogfähig (Abg. Böhacker: Sie sind nicht regierungsfähig, wie die deutschen Grünen beweisen!), Sie sind nicht einmal fähig, dass Sie die eigenen Worte, die Sie hier in Beschlüssen formulieren, die eigenen Versprechen irgendwie verstehen. Das ist doch die eigentliche Katastrophe: Das, was Sie mit dem Kinderbetreuungsgeld vorhaben, bei dem Sie noch immer nicht wissen, wie es aussehen soll, ist eine Belastung für die Zukunft. Das ist eine Belastung für die Frauen. Das ist eine Belastung für jene, die in 20 Jahren in Pension gehen wollen.

Sie sollten die Konsequenzen daraus ziehen, sich an der Nase nehmen – die Nase ist ja inzwischen schon etwas länger geworden – und vor allem bei den Versprechen, die Sie gemacht haben, etwas vorsichtiger sein. Sie schaffen es nicht, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, mit irgendeinem überzeugenden Konzept hier vor den Nationalrat zu gehen und konsequent zu bleiben. (Beifall bei den Grünen.)

13.13

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Böhacker. – Bitte.

13.13

Abgeordneter Hermann Böhacker (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Herr Kollege Öllinger, was haben Sie gegen Turnlehrer, weil Sie so herabwürdigend über Turnlehrer sprachen und sagten, er sei so im Nebenberuf nur Turnlehrer? Sie waren anscheinend schon lange nicht mehr in der Schule oder sind nicht in einem Sportverein ehrenamtlich als Kinder- und Jugendtrainer tätig, denn sonst wüssten Sie, wie wichtig Turnlehrer in der Schule sind. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Schauen Sie sich die heutige Jugend an! – Viele Jugendliche haben Übergewicht, Bewegungsmangel, sie können kaum mehr ordentlich laufen. Daher ist es unheimlich wichtig, dass Turnlehrer auch aktiv tätig sind. (Abg. Öllinger: Ist der Schweitzer im Turnsaal?)  – Das, Herr Kollege Öllinger, zum Ersten.

Zum Zweiten, zu Ihren Vorschlägen, die Sie immer wieder bringen. – Schauen Sie einmal ganz kurz nach Deutschland, wo die Grünen in der Bundesregierung sind: eine Wahlniederlage nach der anderen für die Grünen. Wenn Sie einmal Verantwortung tragen, dann weiß man relativ rasch, wohin es geht.

In der "Süddeutschen Zeitung" konnte man lesen: Der Sturzflug der Grünen in der Bundesrepublik geht weiter. (Abg. Öllinger: Dort gibt es Gott sei Dank keine Freiheitliche Partei! Das ist auch ganz wichtig!)

Aber nun zum Budgetbegleitgesetz, meine sehr geehrten Damen und Herren. Ich darf zunächst, bevor ich auf die Ausführungen meiner Vorredner weiter eingehe, folgenden Antrag einbringen:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Feurstein, Böhacker und Kollegen zum Bericht und Antrag des Budgetausschusses betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Entschädigungsfondsgesetz (BGBl. I Nr. 12/2001), das Bundesfinanzgesetz 2001 (BGBl. I Nr. 1/2001) und das Versöhnungsfonds-Gesetz (BGBl. I Nr. 74/2000) geändert werden (541 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der Bericht und Antrag des Budgetausschusses betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Entschädigungsfondsgesetz (BGBl. I Nr. 12/2001), das Bundesfinanzgesetz 2001 (BGBl. I Nr. 1/2001) und das Versöhnungsfonds-Gesetz (BGBl. I Nr. 74/2000) geändert werden (541 der Beilagen), wird wie folgt geändert:

1. Art. 2 (Änderung des Bundesfinanzgesetzes 2001) wird wie folgt geändert:

a) Die Änderung des Art VI Abs. 1 erhält die Ziffernbezeichnung "1."


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b) Nach Z 1 wird folgende Z 2 eingefügt:

"2. Nach der Ziffer 21 werden folgende Ziffern 22 und 23 neu eingefügt.

,22. beim Voranschlagsansatz 1/40108 bis zu einem Betrag von 100 Millionen Schilling für die Beschaffung moderner Nachtsichttechnik und für die Verbesserung der Infrastruktur im Zusammenhang mit der Überwachung der EU-Außengrenze im Osten, wenn die Bedeckung durch Ausgabeneinsparungen und/oder Mehreinnahmen sichergestellt werden kann;

23. beim Voranschlagsansatz 1/61208 bis zu einem Betrag von 45 Millionen Schilling für Maßnahmen im Zusammenhang mit grenznahen Kernkraftwerken, wenn die Bedeckung in Höhe von 20 Millionen Schilling durch Ausgabeneinsparungen und/oder Mehreinnahmen im Ressortbereich und in Höhe von 25 Millionen Schilling durch sonstige Ausgabeneinsparungen und/oder sonstige Mehreinnahmen sichergestellt werden kann.‘"

*****

Damit ist gesichert, dass die Umsetzung der Vereinbarung von Melk auch entsprechend finanziert wird und dass die Untersuchungen im Zusammenhang mit dem Kernkraftwerk Krško auch weiterhin finanziell bedeckt werden.

Meine Damen und Herren! Zum Budgetbegleitgesetz: Die Bundesregierung, allen voran Finanzminister Karl-Heinz Grasser und Staatssekretär Finz, haben den österreichischen Bürgern für 2002 einen Belastungsstopp versprochen. Diese Bundesregierung hat diesen Belastungsstopp nicht nur versprochen, sondern wird ihn auch umsetzen. Allein dieses Budgetbegleitgesetz ist der in Zahlen und Worte gegossene Beweis, dass es im Jahr 2002 zu keinen neuerlichen Belastungen für die Bürger kommen wird. Das ist Reformpolitik dieser Bundesregierung!

Wenn Frau Kollegin Bures heute hier von einem Schlusspunkt im Zusammenhang mit diesem Budgetbegleitgesetz spricht, dann hat sie unbewusst Recht gehabt. Es ist ein Schlusspunkt, es gibt keine neuerlichen steuerlichen Belastungen.

Wenn sie aber andererseits immer wieder die Belastungen und Sanierungsmaßnahmen aufzuwärmen versucht, dann darf die Sozialdemokratie in aller Kürze daran erinnert werden, was sie im Strukturanpassungsgesetz so an Grauslichkeiten beschlossen hat.

Der allgemeine Steuerabsetzbetrag wurde eingeschliffen und über einem Einkommen von 500 000 S abgeschafft. Die Sonderausgaben wurden um die Hälfte gekürzt. Bei den Überstunden wurde ein Höchstbetrag von 590 S eingeführt, der steuerfrei bleibt. In Zeiten wie diesen, in denen Arbeitskräftemangel herrscht und die Fleißigen und Tüchtigen mehr arbeiten wollen, werden diese heute auf Grund der Maßnahme der SPÖ-Finanzminister noch nachträglich bestraft.

Die begünstigte Besteuerung des 13. und 14. Monatsgehaltes wurde durch die Sozialdemokratie massiv verschlechtert! Die Freibetragsbescheide für die Lohnsteuerpflichtigen wurden zwei Jahre ausgesetzt. Die Lohnsteuerpflichtigen, die Arbeiter und Angestellten, haben die Reformen der sozialdemokratischen Finanzminister finanzieren müssen. Die Einkommensteuer- und Körperschaftsteuervorauszahlungen wurden angehoben.

Für die Jahre 1996 und 1997 wurden die Verlustvorträge zu 100 Prozent ausgesetzt. Jetzt regen Sie sich auf, weil die Verlustvorträge nur mehr zu 75 Prozent abzugsfähig sind. Die Mietzinsrücklage wurde abgeschafft, was zu einer Verteuerung der Mieten geführt hat. – Maßnahme der Sozialdemokraten! Die Sparbuchsteuer wurde von 22 auf 25 Prozent erhöht. Das betraf vor allem die kleinen Sparer. 25 Prozent ist für einen Großverdiener ein super Steuersatz; für den kleinen Sparer sind 25 Prozent Kapitalertragsteuer auf Zinsen eine durchaus hohe Belastung.

Der Abschreibungssatz bei den PKWs wurde für die Firmen auf 12,5 Prozent reduziert. Die Vorsteuerabzugsmöglichkeiten für Steuer-LKWs wurden eingeschränkt. Sie von der Sozialdemokratie haben eine Steuer auf Strom und Erdgas eingeführt, eine Energiesteuer, die überwiegend


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von den Haushalten zu tragen war. Die Tabaksteuer wurde um 10 Prozent erhöht und viele Dinge mehr. Diese Liste ließe sich endlos fortsetzen.

Da frage ich die Kolleginnen und Kollegen von der Gewerkschaft, von der Arbeiterkammer: Wo war denn da der Aufschrei hinsichtlich unsozialer Treffsicherheit? Wo war hier der Aufschrei, das starke Gewerkschaftsherz, als es darum ging, die Kleinen zu schröpfen? – Da war es mäuschenstill, da gab es keine Reaktionen, da hat man allem bedingungslos ohne Wenn und Aber zugestimmt.

Trotzdem, trotz dieser Maßnahmen, trotz dieser Belastungen in Höhe von mehr als 120 Milliarden Schilling haben Sie einen Schuldenberg von 2 200 Milliarden Schilling hinterlassen.

Sie waren sich auch nicht zu gut dazu, das Pflegegeld um 2 Milliarden Schilling zu kürzen. – Alles unsoziale, zutiefst unsoziale Maßnahmen, die Sie getroffen haben. Und die Gewerkschaft hat geschwiegen, die Arbeiterkammer hat geschwiegen. Auch das starke Herz der Eisenbahner, Kollege Edler, hat sich nicht auf die Schienen geworfen für eine sozial gerechtere Sanierungspolitik.

Meine Damen und Herren! Weil immer wieder von den Ländern der Aufschrei kommt: Wir werden zu viel belastet! Wir können keinen Budgetüberschuss erbringen! – Dazu sei hier einmal den Landeshauptleuten mit aller Deutlichkeit gesagt, dass die Ertragsanteile der Länder im Jahre 2002 – im Vergleich zu 2001 – massiv angehoben werden: So erhalten die Länder um 365 Millionen j und die Gemeinden um 284 Millionen j mehr Ertragsanteile. Das sind Steigerungen von immerhin 5,4 Prozent beziehungsweise von 4,6 Prozent für Länder und Gemeinden.

Daher noch einmal, meine Damen und Herren – die Zeit läuft davon, ich komme daher schon zum Schluss (Abg. Eder: Ihnen läuft nicht nur die Zeit davon, sondern Ihnen laufen auch die Wähler davon!)  –: Die Sanierung des Budgets ist nicht etwas, was aus Jux und Tollerei geschieht! Diese Bundesregierung, diese Regierungsparteien sanieren im Interesse einer schuldenfreien Zukunft aller Generationen. Wir sichern die Pensionen, wir wollen die Erhaltung der Vollbeschäftigung – und wir wollen eine glückliche Zukunft für unsere Kinder und Enkelkinder. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

13.21

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der soeben von Herrn Abgeordnetem Böhacker eingebrachte Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Huber. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

13.22

Abgeordnete Anna Huber (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Herr Kollege Böhacker, Ihnen läuft viel davon: nicht nur die Zeit, sondern offensichtlich auch der Wähler! Aber worüber machen Sie sich Sorgen? (Abg. Böhacker: Frau Kollegin, darf ich Ihnen etwas sagen?) Man möchte meinen, Sie sorgen sich über das, was vorgestern in Wien passiert ist. Aber nein: Kollege Böhacker macht sich Sorgen um die Wahlverluste der Grünen in Deutschland! Das ist schon sehr bemerkenswert! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Böhacker: Bayern-München gewinnt auch nicht jedes Spiel – und wird trotzdem immer wieder Meister!)

Eindeutig und klar ist, dass mit dem Budget 2002 die einseitige Belastungswelle munter weitergeht. Es macht Ihnen von den Koalitionsparteien offensichtlich überhaupt nichts aus, Klein- und Mittelverdiener für diesen Mythos "Nulldefizit" bluten zu lassen. Sie schröpfen massiv die Arbeitnehmer, die Pensionisten unseres Landes, und allein die Lohnsteuer ist für 2001 und 2002 um satte 18 Prozent geradezu explodiert! 31 Milliarden Schilling! (Abg. Böhacker: Es gibt mehr Beschäftigte, und es gibt ein höheres Lohnniveau! Das sollten Sie zur Kenntnis nehmen!) Auf der anderen Seite werden Milliarden – und das ist das Perfide! – für ein Kindergeld, von dem man nicht weiß, wie es ausschauen wird, ausgegeben, ebenso für Großbauern oder etwa für


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das Bundesheer. (Abg. Böhacker: Sie haben ein sehr schlechtes Kurzzeitgedächtnis! – Weiterer Zwischenruf bei den Freiheitlichen.)

Das reale Einkommen der Österreicherinnen und Österreicher – und das ist das, was bedenklich ist – wird weit unter den EU-Durchschnitt sinken; das zeigen alle Prognosen. Österreich ist, was die einkommensmäßige Entwicklung anlangt, von der Überhol- auf die Kriechspur geraten. (Abg. Böhacker: Ja, ja, das hat schon der Edlinger gesagt!) Und die Menschen spüren das alles in ihrer Geldbörse! – Sich aber in dieser Situation dann auch noch hierherzustellen und zu behaupten, es habe einen Belastungsstopp gegeben, und – wider besseres Wissen – zu sagen, 75 Prozent der Menschen seien davon überhaupt nicht betroffen, das, so finde ich, ist schon ein starkes Stück! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Das ist doch bitte eine Verhöhnung jener Österreicherinnen und Österreicher, die mit ihrem Geld sorgfältig haushalten müssen, weil sie nicht so viel haben – und die wirklich jeden Schilling umdrehen müssen. Diese werden aber jetzt stärker und stärker belastet: durch Steuererhöhungen, durch höhere Gebühren, durch Gebühren, die sich zum Teil verdoppelt haben! Weiters erwähne ich in diesem Zusammenhang nur: Einführung von Studiengebühren, Ambulanzgebühren, Besteuerung von Unfallrenten, Wegfall der beitragsfreien Mitversicherung, Kürzung der Familienbeihilfe beim Bezug von Arbeitslosengeld, Pensionskürzungen und so weiter. (Abg. Böhacker: Wie war das mit den Pflegegeldkürzungen? Wie war das mit dem Freibetragsbescheid? Wo waren Sie denn da?)

Die Liste all Ihrer Grausamkeiten ist lang – und Sie haben die Rechnung dafür präsentiert bekommen, denn die Menschen haben sehr wohl ein Gespür für Gerechtigkeit! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Nun zum Budgetbegleitgesetz, und zwar möchte ich jetzt ein paar Worte zum Gesetz betreffend Gründung der Ernährungsagentur sagen; von dieser Agentur ist ja jetzt nicht mehr als ein Entschließungsantrag übriggeblieben. Für mich unverständlich ist, warum diese Bundesregierung und warum vor allem ausgerechnet der Gesundheits- und Konsumentenschutzminister an einer solchen Konstruktion festhält.

Da wird behauptet, es gäbe eine effektivere Kontrolle der Lebensmittel und es gäbe auch Kostenersparnis durch Synergieeffekte. – Wenn man sich dann aber diese Konstruktion anschaut, sieht man, dass Sie damit bestenfalls ein Ziel erreichen können: möglicherweise weniger Kosten. Jetzt frage ich Sie: Ist das wirklich die oberste Zielsetzung, nämlich: einsparen, einsparen! – auch wenn es um die Sicherheit von Lebensmitteln, auch wenn es um die Gesundheit der Menschen geht?

BSE, Hormone, Antibiotika, die Maul- und Klauenseuche: All das hat die Konsumentinnen und Konsumenten verunsichert. Aber was ist Ihre Antwort? – Keine Änderung der unglücklichen Verquickung von Nahrungsmittelproduktion und Nahrungsmittelkontrolle. Der Landwirtschaftsminister will sogar federführend in dieser Ernährungsagentur mitbestimmen.

Was ist noch geplant? – Die Ernährungsagentur soll durch Aufträge aus der Wirtschaft die Kosten für die wohl mit jedem auftretenden Lebensmittelskandal aufwendigere und damit teurer werdende Kontrolle abfangen. – Glauben Sie tatsächlich, dass die Lebensmittelkontrolle genauso hart und genauso bedingungslos Verstöße gegen das Lebensmittelrecht aufzeigen wird, wenn diese Kontrolle finanziell eben von dieser Wirtschaft abhängig sein wird?! – Sogar in den USA, wo der Staat wirklich alles, was nur irgendwie möglich ist, dem Markt überlässt, ist die Nahrungsmittelkontrolle selbstverständlich Hoheitsaufgabe.

Österreich hat gerade in der Lebensmittelsicherheit einen außerordentlich hohen Standard. Setzen Sie diesen Standard – eben durch die geplante Ausgliederung der Lebensmittelkontrolle – um Gottes willen nicht aufs Spiel!

Sicherheits-, Kennzeichnungs- und Kontrollstandards vom Feld bis zum Ladentisch, das erwarten sich jetzt die Konsumentinnen und Konsumenten. Bündeln Sie daher das Know-how aller Kontrolleinrichtungen, und zwar von der Futtermittel- bis zur Lebensmittelkontrolle, ausschließlich – ich betone: ausschließlich  – im Gesundheits- und Konsumentenschutzministerium! Sonst


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kann diese Ernährungsagentur nämlich nur ein Placebo werden. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

13.27

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Brinek. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte.

13.28

Abgeordnete Dr. Gertrude Brinek (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Zum Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, einem Teil des Budgetbegleitgesetzes, ist zwar schon viel gesagt worden, aber Missverständnisse und falsche Zahlen dürfen nicht stehen bleiben, sodass ich jetzt gleich damit beginne, Kollegen Öllinger zu korrigieren. Ich meine, dass das Reden vom "Bildungsnotstand", das Reden von "Gefahr für die Bildung" absolut gefährlich ist, denn mögen – Gott behüte! – anderswo und in anderen Zusammenhängen wirkliche Gefahren auftauchen, dann sind wir möglicherweise überstrapaziert, weil eben bereits an der falschen Stelle "Alarm!" gerufen worden ist.

Herr Öllinger, das ist Alarm an der falschen Stelle! Und ich werde Ihnen das auch gerne belegen. Ihr Kollege Brosz hat auf die Zwischenrufe nicht nur des Kollegen Schweitzer, sondern auch anderer Kolleginnen und Kollegen: Machen Sie einen Vorschlag! Sie haben doch grundsätzlich dem Sparziel zugestimmt!, stets von "anderen steuerlichen Maßnahmen" gesprochen. Ich habe das mitgeschrieben.

Jetzt frage ich Sie, Herr Kollege Brosz, Herr Kollege Öllinger: Welche "anderen steuerlichen Maßnahmen", welche Bildungssteuer, welche Sozialsteuer oder welche Familiensteuer wollen Sie denn einführen, um zum Ergebnis zu kommen? Welche "anderen steuerlichen Maßnahmen", von denen Sie gesprochen haben, wollen Sie einführen? (Abg. Öllinger: Belastungen gibt es bereits genug!)

Ich sage Ihnen: Es müssen keine eingeführt werden – und diese Bundesregierung wird auch keine einführen, für unseren Weg haben Sie die Bestätigung auch vom Präsidenten des Wiener Landesschulrates, von Herrn Bürgermeister Häupl. Bürgermeister Häupl hat nämlich nicht nur davon gesprochen, dass er das Sparen "abwehren konnte", sondern am 17. Oktober 2000, also nach den Finanzausgleichsverhandlungen, sagte er: Wir haben gewonnen!", so das Stadtoberhaupt. "Wir haben gewonnen!", wie passt denn das zusammen mit: "Es ist Gefahr in Verzug!", beziehungsweise: "An der Bildung wird zu viel gespart!"?

Und dieser "Wir haben gewonnen!"-Ausspruch wird ja auch noch ergänzt beziehungsweise bestätigt durch den Herrn Amtsführenden Präsidenten des Wiener Stadtschulrates Scholz, der in einer Aussendung meinte, von einem Qualitätsverlust in der Schule könne nicht die Rede sein. Und weiters Scholz wörtlich: Gegen allen Widerstand und gegen alle Unkenrufe kann das gut ausgestattete Wiener Schulwesen weiter gewährleistet werden. – Zitatende.

Wo, Herr Kollege Öllinger, kann denn da bitte von Ihrem "Szenario" die Rede sein, dass es zu einer "Reduktion von Planstellen" sowie zu einer "tiefgreifenden Einschränkung der Bildungsqualität" kommen werde?!

Herr Kollege Öllinger, Herr Kollege Brosz, nehmen Sie doch bitte Expertenmeinungen – und die von mir hier aufgezeigten sind solche – ernst!

Natürlich könnte man jetzt nachträglich Herrn Landeshauptmann und Bürgermeister Häupl gleichfalls sagen, er möge sich selbst ernst nehmen.

Herr Kollege Rada! Ich erinnere mich auch an eine Sitzung des Budgetausschusses, in der Sie davon gesprochen haben, Sie würden sich Sorgen machen, dass dieses neue Arbeitszeitmodell nicht kontrolliert werden könne. – Da frage ich mich schon: In welcher Zeit, in welcher Welt leben wir eigentlich, wenn Sie nach mehr Kontrollmaßnahmen rufen (Widerspruch bei der SPÖ) – ja, so war das! – und wenn Sie wenig Vertrauen in die Basis haben, wenig Vertrauen


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auch als Mitglied der Landesschulinspektorenkonferenz, Herr Kollege Rada, auch wenig Vertrauen in Ihre eigenen Bezirksschulinspektoren haben, wenig Vertrauen in Ihre eigenen Direktoren – und noch dazu wenig Vertrauen in die eigenen Lehrer! – Ich bin entsetzt, kann ich da nur sagen. Ein neuer Zentralismus, eine neue Kontrollinstanz soll nicht wieder eingeführt werden, und die Lehrer wünschen sich auch, ihre eigenen Angelegenheiten in höchstmöglichem Maße an der Schule selbst zu regeln. Und das wird ihnen mit diesem neuen Gesetz ermöglicht werden. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Ich hoffe, dass im Schulbereich auch weiterhin Qualität vorherrscht. Wir haben in vielen Bildungsbelangen, und zwar im Universitätsbereich genauso wie im Schulbereich – und da schon lange –, die Zeiten der pädagogischen Autonomie eingeleitet. Und wenn es Schulprofilbildung, wenn es das unmittelbare Reagieren-Können auf die Umgebung, auf die besonderen Verhältnisse der Schüler und der nachfragenden Eltern gibt und wir das besonders berücksichtigen können, also Schulautonomie als pädagogische Autonomie, so können wir nun mit diesem Zeitgesetz auch die dienstrechtliche Autonomie einleiten.

Wie gesagt: Ich wünsche mir keine neuen Kontrolleinrichtungen, und ich spreche weder der Gewerkschaft noch den Gewerkschaftsvertretern das Vertretungsrecht ab, was die Grünen aber sehr wohl gemacht haben. Ich meine, dass man diesem Erziehungs- und Solidaritätspakt nur zustimmen beziehungsweise dazu nur gratulieren kann. Ich bin sehr froh darüber, dass dieser Akt gesetzt wurde – und dass als weiterer Modernisierungsschritt eine Dienstrechts-Autonomie eingeleitet werden kann. – Alles Gute! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

13.33

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Moser zu Wort gemeldet. Redezeit: 8 Minuten. – Bitte.

13.33

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Meine Vorrednerin wollte von uns einen konstruktiven Vorschlag, wie wir Bildung finanzieren, wie wir Bildung finanziell vorantreiben wollen. – Einen solchen Vorschlag haben wir hier schon öfters unterbreitet, aber es macht mir gar nichts, das hier zu wiederholen, denn ich finde, dieser unser Vorschlag ist sehr gut.

Wir von den Grünen wollen erstens möglichst keine Abfangjäger, keine zusätzlichen Panzer. Das würde Milliarden Schilling bringen, Milliarden, die wir nicht nur in die Bildung stecken, sondern mit denen wir eine Technologieoffensive vorantreiben könnten, aber keine dickpanzerhäutige. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Und dazu ein zweiter, ein ganz konkreter Vorschlag, wie man zugunsten von Bildung umschichten könnte. Herr Präsident Prinzhorn, Sie selbst sind ja, glaube ich, Nutznießer einer österreichischen Institution, die es sonst nirgends gibt, und zwar weltweit nicht. In Österreich gibt es das Stiftungswesen – mit all seiner Großzügigkeit, die wirklich einzigartig ist. Was glauben Sie, was man durch Besteuerung von Stiftungen lukrieren könnte, um damit Bildungseinrichtungen zu finanzieren!? – Dabei bekäme man mindestens 4 bis 6 Milliarden Schilling! Das wäre unser zweiter konkreter Vorschlag. (Beifall bei den Grünen.)

Da viele meiner VorrednerInnen über Schule, Lehrer und diverse Probleme in diesem Zusammenhang gesprochen haben, möchte ich jetzt auf folgendes kleines Detail eingehen: In der Schule wird ja öfters suppliert. Ich habe aber nicht gewusst, dass Menschen vom Parlament aus quasi zu Supplierungen in Gemeinderatswahlen geschickt werden. Jetzt haben wir hier – ich erspare Ihnen damit das Lesen der APA – einen typischen Fall von Supplierung: Da gibt es eine Abgeordnete namens Dr. Helene Partik-Pablé, die – supplierartig, springerartig, wie es eben in der Schule üblich ist – flott in den Wiener Wahlkampf überwechseln musste, dort mit Müh und Not einen Totalabsturz der FPÖ verhinderte, aber diese – vergleichsweise – dort gut reüssierende FPÖ-Spitzenkandidatin wird dort nicht belassen, sondern ruck, zuck, wie es eben in der Schule bei Supplierungen üblich ist, kommt Frau Dr. Partik-Pablé sofort zurück ins Parla


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ment, denn laut APA ist sie ja "nahezu unersetzbar". "Nahezu unersetzbar", das sagte ihr Klubobmann Westenthaler, und weiters meinte er: Der Abgang von Dr. Partik-Pablé in den Gemeinderat würde im Parlament eine große "Lücke" hinterlassen. (Abg. Öllinger  – auf leere Bankreihen bei den Freiheitlichen deutend –: Ja, eine Riesenlücke!)

Wir haben sie leider noch, diese Lücke, aber ich glaube, Frau Kollegin Partik-Pablé wird auf Grund der "weisen" Supplierpolitik der FPÖ sicherlich bald wieder diese Lücke füllen.

Nun zurück zu einem anderen Bereich: In Österreich gibt es insgesamt 120 000 Lehrerinnen und Lehrer, und in Österreich gibt es auch mindestens 120 000 Mieterinnen und Mieter, die vom Budgetbegleitgesetz 2001 betroffen sind, das ja jetzt repariert werden muss. Herr Staatssekretär Finz, Sie sind ja sicherlich auch daran interessiert – wir haben ja schon einmal darüber gesprochen –, dass der Staat Einnahmen lukriert, und zu diesem Zweck haben Sie im Budgetbegleitgesetz 2001 die Aufhebung der Gemeinnützigkeit bei den Bundeswohnungen angestrebt. Nur ist Ihnen von den Koalitionsparteien da ein kleiner Fehler passiert, und dieser muss jetzt, natürlich ruck, zuck, repariert werden, nämlich im Artikel 12. Und das geschieht auf verfassungsmäßig bedenkliche Art und Weise. Sie haben nämlich nicht bedacht, dass es bei den Gemeinnützigen der Eisenbahner einen Miteigentümer gibt, nämlich die Städte Bruck an der Mur und Mürzzuschlag. Und diese Anteile von jeweils 1 000 S konnten die Eisenbahner-Gemeinnützigen jetzt veräußern, sodass diese nicht mehr zu 100 Prozent in Bundeseigentum standen. Damit wären Ihnen immerhin an die 21 000 Wohnungen sozusagen durch die Lappen gegangen, die gemeinnützig hätten bleiben können, weil es bei diesen eben keinen Zwang hätte geben können – im Sinne von 100 Prozent Bundeseigentum –, dass diese ihre Gemeinnützigkeit verlieren.

Jetzt gibt es eben diesen Artikel 12, der verfassungsrechtlich sehr bedenklich ist, mit dem Sie rückwirkend einen Stichtag einführen, ab dem es nicht mehr möglich ist, wenn man zu 100 Prozent in Bundeseigentum stand, dieses Bundeseigentum sozusagen abzustreifen. Dieser Stichtag lautet: 23. November 2000. Und nun wollen Sie mit einem Budgetbegleitgesetz, das erst nach dem 31. Mai 2001 in Kraft treten wird – der Stichtag sozusagen für dieses Open-in oder Open-out –, diesen Fehler reparieren. Das wird Ihnen auf Grund Ihrer parlamentarischen Mehrheit wahrscheinlich gelingen, aber trotzdem bleibt verfassungsmäßig einiges ungeklärt beziehungsweise ist einiges ziemlich bedenklich.

Und noch etwas ist wichtig im Zusammenhang mit 120 000 Mieterinnen und Mietern, die in bundeseigenen Wohnungen leben – schade, dass der Herr Finanzminister nicht hier ist –: Hier und heute tagt nämlich eine Arbeitsgruppe, die sich damit beschäftigt, wie diese Wohnungen veräußert werden sollen. Und in dieser Arbeitsgruppe gibt es einen sehr kompetenten Herrn, der gleichzeitig Aufsichtsratsvorsitzender der BUWOG ist, nämlich Ernst Karl Plech. Uns bekannt ist er ja bereits als jahrelanger treuer Financier des ehemaligen FPÖ-Parteiobmannes und jetzigen "einfachen Parteimitgliedes".

Da liegt doch ganz eindeutig Unvereinbarkeit vor! In diesem Zusammenhang wollte ich heute den Herrn Finanzminister fragen – und das frage ich jetzt Sie, Herr Staatssekretär Dr. Finz –: Sehen Sie nicht eine Unvereinbarkeit darin, dass ein Vorstand der BUWOG gleichzeitig in einer Arbeitsgruppe tätig ist, in der es darum geht, BUWOG-Wohnungen sehr, sehr kostengünstig zu verkaufen? (Ruf bei der SPÖ: Das ist mehr als bedenklich!) Und jetzt kommt nämlich das von mir geradezu Prophezeite: Der Verkauf an die MieterInnen, das Angebot des Herrn Finanzministers, das auch als großes Versprechen von Herrn Kollegen Tancsits immer wieder hier thematisiert wird, das Angebot an die MieterInnen, Wohnungseigentum zu erwerben, soll, so das Vorhaben dieser Arbeitsgruppe, rückgängig gemacht werden, weil – unsere Prophezeiung tritt damit ein – nur 20 Prozent der MieterInnen Interesse an einem Kauf haben. Und ein Haus, in dem 20 Prozent in Streubesitz sind, also das Wohnungseigentum bei MieterInnen liegt, ist eben für Investoren großen Umfangs uninteressant.

Ich kann Ihnen das auch beweisen: In Oberösterreich hat Herr Direktor Scharinger von der Raiffeisen Landesbank Oberösterreich bereits sein Interesse an WAG-Wohnungen bekundet – allerdings nur dann, wenn er sie sozusagen alle in Bausch und Bogen erhält. Das schließt


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allerdings aus, dass das Versprechen des Herrn Finanzministers eingelöst wird. Wie soll denn das bitte alles zusammenpassen?

Diese Frage stelle ich jetzt nicht nur in den Raum, sondern diese Frage möchte ich auch beantwortet haben – gerade auch angesichts dessen, dass hier und heute diese Arbeitsgruppe tagt, ein namhaftes FP-Mitglied sozusagen die Schraube in Richtung internationaler Investoren dreht und damit auch das Versprechen des Herrn Finanzministers rückgängig zu machen droht.

Das wäre wirklich ein interessanter Ansatzpunkt, hat doch diese Bundesregierung immer wieder versprochen, Mieten billiger zu machen, nur: Wohnen wird nicht billiger, wenn große Investoren Hauseigentum erwerben und dieses zu gewinnträchtigen Konditionen vermieten möchten. Denn was sagt dazu Herr Direktor Scharinger? – Er möchte einen großen Immobilienfonds auflegen, eine Veranlagungsmöglichkeit durch die Raika Oberösterreich schaffen, die Kapital in den Wohnungsbereich bringt. Das geht aber nur dann, wenn er lukrative Objekte hat, und die hat er nur, wenn das WGG insgesamt dereguliert wird.

Dahin gehend hat sich ja bereits Kollege Tancsits geäußert: Er sagt ja immer, er möchte ein "Musterstatut" einführen. Sein "Musterstatut" ist genau das, was wir vor dem WGG hatten, nämlich ein Rückschritt, was die Sicherheit der Mieter anlangt. Und so stellt auch dieses Budgetbegleitgesetz eine Art Damoklesschwert für viele Mieterinnen und Mieter dar. Nicht nur 120 000 LehrerInnen sind von diesem Budgetbegleitgesetz betroffen, sondern eben höchstwahrscheinlich auch 120 000 Mieterinnen und Mieter. Das ist wieder einer dieser Akte, die wir seitens der Opposition nur als Schröpfakt an der Bevölkerung bezeichnen können. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

13.42

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Schwarzenberger. Die Uhr ist wunschgemäß auf 10 Minuten eingestellt. – Bitte.

13.42

Abgeordneter Georg Schwarzenberger (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! In der Regierungsvorlage zum Budgetbegleitgesetz 2002 war auch eine Agentur für Ernährungssicherheit vorgesehen; Frau Abgeordnete Huber ist ja in ihrem Redebeitrag bereits kurz darauf eingegangen. – Verhandlungen in diesem Zusammenhang haben allerdings ergeben, dass es sich hiebei um ein sehr umfangreiches Gesetzeswerk handeln wird und es daher sinnvoll erscheint, diese Gesetzesvorlage in Begutachtung zu geben, damit auch die Länder ihre Vorstellungen da einbringen können, denn was die Kontrolle anlangt, sind ja die Länder und der Bund hinsichtlich Kompetenzaufteilung mit eingebunden. Dort, wo die Länder bereit sind, von ihren Kompetenzen auch Kontrollagenden an die Ernährungsagentur abzugeben, wäre das natürlich sinnvoll. Zuerst war vorgesehen, die Ernährungsagentur nur auf Bundesebene eben mit Bundeskompetenzen und die Ernährungsagentur insofern auszustatten, als diese Verträge mit den Ländern abschließen kann, eben was Aufgaben der Länder in diesem Bereich anlangt.

Nun ist aber vorgesehen, dass – soweit die Länder dem zustimmen – gleichzeitig auch Länder-Kontrollagenden in dieses Gesetz einfließen.

In einer durch die europäische BSE-Krise hervorgerufenen Zeit der Verunsicherung können wir nur mit Qualitäts- und Sicherheitsstrategie das Vertrauen der Konsumentinnen und Konsumenten wieder gewinnen. Das Vertrauen der Konsumenten in diesem Bereich wieder zu gewinnen ist vorrangiges Ziel. Das gilt natürlich genauso für die Landwirtschaft, und deshalb ist Ziel dieser Ernährungssicherheitsagentur die Bündelung und Konzentration der Zuständigkeiten im Bereich der gesamten Lebensmittelproduktion. Mit dieser Agentur für Ernährungssicherheit kann die Kontrolle vom Feld bis zum Ladentisch sichergestellt werden.

Parallel dazu werden wir vom Österreichischen Bauernbund aus, und zwar jetzt im Frühjahr und österreichweit, Rindfleischaktionen durchführen und gezielt mit den Konsumentinnen und Konsumenten darüber sprechen. Vorgehabt haben wir auch, noch jetzt im Frühjahr die Aktion "offener Bauernhof" durchzuführen, was jedoch wegen der Maul- und Klauenseuche in Westeuropa


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leider nicht möglich ist, da so ein zusätzlicher Gefahrenherd gegeben wäre. Diese Aktion werden wir aber nach dem Abflauen der Maul- und Klauenseuche in Europa, voraussichtlich im Herbst, sehr wohl durchführen, um den Konsumentinnen und Konsumenten die Möglichkeit zu geben, sich selbst ein Bild zu machen und eben vor Ort zu schauen, wie auf österreichischen Bauernhöfen Rinder beziehungsweise andere Tiere großgezogen werden.

Auch Frau Abgeordnete Anna Huber hat hier zugestanden, dass es bei uns in Österreich Lebensmittelqualität auf sehr hohem Niveau gibt, allerdings stört uns dann schon – wenn wir eben hier in Österreich diesbezüglich ein höheres Niveau als andere europäische Staaten zu akzeptieren bereit sind –, dass für Wiener Spitäler, und diese Information ist mir zugegangen, wöchentlich 350 Kälber aus Holland importiert werden!

In Österreich sind bezüglich Milchaustauscher tierische Fette verboten; es dürfen ausschließlich pflanzliche Fette beigemischt werden. In Holland hingegen ist weiterhin die Beimischung tierischer Fette erlaubt. In Holland stellt die Kälbermast eine spezialisierte Produktionsrichtung dar, bei der eben ausschließlich Milchaustauscher verwendet werden.

Dass Einrichtungen in Wien dann – weil von uns in Österreich, eben auf Grund der Vollmilchmast, Kälber nicht zu diesem Preis angeboten werden können – Kälber aus Holland importieren, das ist schon eine Doppelbödigkeit! Das muss ich hier ganz offen sagen! Den österreichischen Bauern etwas zu verbieten, was die Holländer dürfen, aber die Kälber dann von Holland zu importieren, weil diese billiger sind, das muss sich in Zukunft auch aufhören! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! In der Zwischenzeit wurden bei unseren Schlachtbetrieben rund 45 000 BSE-Tests durchgeführt – und kein einziger dieser Tests war positiv, bei keinem einzigen Test konnte ein an BSE erkranktes Tier festgestellt werden.

Die österreichische Landwirtschaft wurde allerdings noch vor zwei Jahren vom deutschen Bundeskanzler Schröder als "Schrebergarten-Landwirtschaft" bezeichnet, die "keine Zukunft" haben werde, denn es müsse sich auch die Landwirtschaft, wie Schröder meinte, "industrialisieren", weil so Lebensmittel billiger produziert werden könnten. – Mittlerweile wird jedoch die österreichische Landwirtschaft von den meisten europäischen Staaten als Vorbild bezeichnet.

Deshalb treten wir auch dafür ein – um eben auch hinsichtlich Kontrolle Vorbild für andere europäische Staaten zu werden –, dass bei uns von einer Hand, sozusagen vom Boden bis zum Ladentisch, kontrolliert und damit zusätzliches Vertrauen hergestellt wird.

Derzeit werden Düngemittel, Pflanzenschutzmittel, Futtermittel, Saatgut oder etwa Pflanzgut vom Landwirtschaftsministerium aus kontrolliert; das Veterinärwesen, der Lebensmittelbereich werden vom Sozialministerium aus kontrolliert – und eine Reihe von Kontrollaufgaben haben auch die Bundesländer. Das zusammenzufassen und zu bündeln muss ein Gebot der Stunde sein.

An die Bundesregierung möchte ich folgende Aufforderung richten, Herr Staatssekretär Dr. Finz, nämlich so rasch wie möglich zu einer Dauerfinanzierung der BSE-Kosten, der BSE-Tests, der Verwertung des Risikomaterials zu kommen, denn die jetzige provisorische Lösung läuft bereits wieder in einem Monat aus. Vor dem 1. Mai, bevor dieses Provisorium wieder ausläuft, wollen wir diesbezüglich eine dauerhafte Lösung gesetzlich verankert wissen.

Abschließend bringe ich folgenden Antrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Feurstein, Mag. Trattner und Kollegen zur Regierungsvorlage (499 der Beilagen) betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über das Bundesgesetzblatt 1996, das Bundesgesetz über die Bundesrechenzentrum GmbH (BRZ GmbH), das Einkommensteuergesetz 1988, das Umgründungssteuergesetz, das Umsatzsteuergesetz 1994, das Erdgas


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abgabegesetz, das Staatsdruckereigesetz 1996, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1984, das Landesvertragslehrergesetz 1966, das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz, das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 und das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz geändert werden sowie ein Bundesgesetz, mit dem die Agentur für Ernährungssicherheit-Österreich errichtet wird (Ernährungssicherheitsgesetz), erlassen wird (Budgetbegleitgesetz 2002) in der Fassung des Ausschussberichtes (59 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Das Budgetbegleitgesetz 2002 in der Fassung des Ausschussberichtes 539 der Beilagen wird wie folgt geändert:

1. Art. 11 (Änderung des Arbeitslosenversicherungsgesetzes 1977) wird wie folgt geändert:

a) Die Ziffer 1 lautet:

"1. Im § 18 Abs. 7 lit. b und Abs. 9 vorletzter Satz wird der Ausdruck ,31. Dezember 2000‘ jeweils durch den Ausdruck ,31. Dezember 2001‘ und im Abs. 7 lit. b der Ausdruck ,31. Dezember 2003‘ durch den Ausdruck ,31. Dezember 2004‘ ersetzt."

*****

Hiebei handelt es sich um Terminverschiebungen, die auch der Gewerkschaftsbund verlangt hat – und dieser Forderung kommen wir nun nach. Damit wird die "Aufleb"-Stiftung verlängert, um vor allem auch für die Arbeitnehmer im Fleischereigewerbe, deren Arbeitsplätze gefährdet sind, die Möglichkeit zu schaffen, in diese Aktion einbezogen zu werden.

Deshalb bitte ich auch Sie von der Opposition, diesem Abänderungsantrag Ihre Zustimmung zu geben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

13.50

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der soeben eingebrachte Abänderungsantrag der Abgeordneten Dr. Feurstein, Mag. Trattner, Wimmer und Kollegen ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Mag. Gaßner zu Wort gemeldet. – Bitte.

13.51

Abgeordneter Mag. Kurt Gaßner (SPÖ): Herr Präsident! Ich beziehe mich auf die Wortmeldung des Herrn Abgeordneten Feurstein, der hier in seiner Rede auf meinen Zwischenruf hin behauptet hat, die SPÖ hätte keinen Antrag auf Weiterbestehen der "Aufleb"-Stiftung eingebracht. (Abg. Dr. Feurstein: Nicht diesen! )

Ich berichtige tatsächlich: Die SPÖ hat am 1. Februar 2001 diesen Antrag eingebracht (Abg. Böhacker: Einen Antrag!)  – diesen Antrag –, dass die "Aufleb"-Stiftung weiter betrieben wird. (Abg. Dr. Feurstein: Ich habe gesagt, im Budgetausschuss! Lesen Sie das Protokoll!) Allerdings wurde er von den Regierungsparteien niedergestimmt, und daher konnte er im Budgetausschuss nicht mehr behandelt werden. (Beifall bei der SPÖ.)

13.52

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Eder. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

13.52

Abgeordneter Kurt Eder (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte dort anknüpfen, wo Frau Kollegin Moser geendet hat, und zu Artikel 12 des Budgetbegleitgesetzes einige Anmerkungen machen.


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61. Sitzung / Seite 68

Ich erinnere mich noch gut daran, dass noch vor den Nationalratswahlen die Freiheitlichen plakatiert haben: Mieten werden gesenkt! Mieten müssen billiger werden! – Die Regierung hat aber bisher ganz im Gegenteil durch ihre Politik die Mieten erhöht, da durch die Belastungen, die sie den Menschen aufgebürdet hat, auch die Inflationsrate sehr stark gestiegen ist, zumindest stärker als in den vergangenen Jahren. Die Festlegung der Mietenpreise hängt natürlich auch sehr stark von der Inflationsrate ab, und damit sind klarerweise auch die Mieten teurer geworden. (Abg. Dr. Puttinger: Das Öl ist billiger geworden!)

Das war offensichtlich auch ein Grund dafür, dass vor allem im Wiener Wahlkampf plötzlich von der Freiheitlichen Partei kein Wort mehr in Richtung "Mieten senken" zu hören war, obwohl man ja mittlerweile ohnehin daran gewöhnt ist, dass, was immer sie plakatieren, ohnehin nicht kommt oder – noch schlimmer – bewusst nicht eingehalten wird.

Nebenbei bemerkt: Auch die Häuselbauer werden ein bisschen überrascht sein, weil die Zinsen für Bauspardarlehen mittlerweile ebenfalls um 2 bis 2,5 Prozent angestiegen sind. Die monatlichen Rückzahlungsraten für die kleinen Häuselbauer und Wohnungskäufer werden also empfindlich teurer.

Ihre Absicht ist klar: Sie von der Regierung wollen – und damit komme ich jetzt auf das Thema sozialer Wohnbau, der Ihnen ein Dorn im Auge ist, zu sprechen – den sozialen Wohnbau, den wir erfolgreich aufgebaut haben, der weltweit herzeigbar ist, ganz einfach nicht, Sie wollen, dass er zerstört wird. Und dieser Artikel 12 soll wieder ein Stückchen dazu beitragen.

Den ersten Schritt haben Sie, Herr Staatssekretär, ja schon vor wenigen Monaten mit der Änderung des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes im Rahmen der Budgetbegleitgesetze 2001 gemacht. Sie haben damals beschlossen, dass die rund 106 000 Wohnungen, die ausschließlich im Eigentum von Gebietskörperschaften stehen, die Gemeinnützigkeit verlieren und verkauft werden können.

Den Mietern – und damit knüpfe ich an das an, was meine Vorrednerin gesagt hat – hat man damals versprochen, dass sie ihre Wohnungen günstig werden kaufen können, dass das eine super Angelegenheit werden wird. – Nicht gesagt haben Sie den Mietern allerdings, dass sie sich erstens innerhalb einer kurzen Frist entscheiden müssen, zweitens, dass Häuser mit unterschiedlichen Strukturen, also Eigentums- und Mietwohnungen, kaum verwaltbar sind, und nicht genannt haben Sie auch die Preise für diese Wohnungen.

Kann sich der Mieter die Wohnung nicht leisten oder entscheidet er sich nicht rechtzeitig für den Kauf, so kommen die privaten Immobilienhändler – von denen einer, ein sehr bekannter Mann, der ja bereits als Vorsitzender der BUWOG tätig ist, bereits genannt wurde – oder sonstige Investoren zum Zug, was ja eigentlich immer das Ziel dieser Gesetzesänderungen war. Denn man hat von Anfang an von 30 Milliarden Schilling geredet, man braucht 30 Milliarden, die kann man aber nicht mit dem Verkauf an die Mieter hereinbringen, das ist ja lächerlich!

Ich halte fest, dass dieser Artikel 12 des WGG auch heute wieder geändert wird. Und jetzt muss man sich fragen: Warum wird das heute geändert? – Weil das letzte Mal natürlich wieder Fehler passiert sind! Es ist wieder etwas falsch gemacht worden. Es ist Ihnen nämlich nicht einmal bekannt gewesen, wer Eigentümer dieser Gesellschaften ist, weil zu jenem Zeitpunkt, als diese Bestimmung beschlossen wurde, schon ein Eigentümerwechsel durchgeführt worden war. Diesen möchte man nun rückwirkend reparieren, aber in einer jämmerlichen Art und Weise, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Sie haben gemerkt, dass bei den Eisenbahnern einige Genossenschaften, auf die die Immobilienwirtschaft schon ein Auge geworfen hatte, nicht verkauft werden können, weil eine Wohnbaugesellschaft Ihre Absicht, nämlich das Verscherbeln des gemeinnützigen Wohnbestandes, erkannt hat und vor In-Kraft-Treten des Gesetzes, also noch nach alter Rechtslage, einen Anteil einer ansonsten zu 100 Prozent im Eigentum von Gebietskörperschaften stehenden Gesellschaft im Interesse der Mieter an eine Genossenschaft, die den Eisenbahnern gehört, verkauft und damit Ihrem Zugriff entzogen hat. Und das darf ja nicht sein!


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61. Sitzung / Seite 69

Durch eine offensichtlich verfassungswidrige und zutiefst fragwürdige Gesetzesänderung und mit fadenscheinigen Gründen versuchen Sie nun, diese Gesellschaft wieder unter das Gesetz zu zwingen. Und Sie schrecken dabei auch nicht davor zurück, rückwirkend, nämlich mit dem Stichtag 23. November 2000, einzugreifen. Dieser Tag wurde deshalb gewählt, weil der Anteilsübergang damit nach dem Stichtag liegt und die Gesellschaft nun, obwohl sie nach bestehender Rechtslage nicht hätte verkauft werden können, nun unter das Gesetz gezwungen werden kann.

Dies bezeichnet man allgemein als Anlassgesetzgebung. Ich bezeichne es eher als Missbrauch des Parlaments, dass uns die Regierung das heute zumutet.

Sie setzen sich damit aber nicht nur über Anteilsveräußerungen hinweg, auch der Aufsichtsrat der Wohnbaugesellschaft hat der Veräußerung mit drei zu null Stimmen zugestimmt, weil die zwei oder drei Aufsichtsräte des Finanzministeriums bei dieser Aufsichtsratssitzung gar nicht anwesend waren. Ein anderer Beamter hingegen, der nicht Aufsichtsrat war, ist dort hingegangen und hat behauptet, er hätte dort ein Stimmrecht – was absurd ist, weil man weiß, dass man ein Stimmrecht für die Dauer einer Aufsichtsratssitzung bestenfalls an einen anderen Aufsichtsrat weitergeben kann, nicht aber irgendjemand einfach kommen und sagen kann: Ich bin jetzt hier Aufsichtsrat und habe ein Stimmrecht.

Ich habe auch gehört, dass der Beamte, der nicht Mitglied des Aufsichtsrates war, weitere Schritte unternommen hat. So hat er zum Beispiel dann eine außerordentliche Generalversammlung beziehungsweise Hauptversammlung einberufen, in der er sich selber nachträglich zum Aufsichtsrat machen ließ, damit er das, was er vorher nicht tun hätte dürfen, jetzt tun darf. Es ist ja absurd, was hier alles geschehen ist!

Ich muss Ihnen, Herr Staatssekretär, schon die Frage stellen: Haben Sie davon gewusst? Hat der Finanzminister das gewusst? Oder wurde das sogar von Ihnen und vom Finanzminister veranlasst? Und sollte dies tatsächlich so geschehen sein, dann sind dies Methoden, die in einem Rechtsstaat eigentlich nicht vorkommen dürften, meine Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Dr. Moser. )

Doch das ist noch immer nicht alles! Es geht noch lustig weiter dort! Das ist noch immer nicht alles. – Um die Anteilsveräußerung zu verhindern, wurde auch noch der Gesellschaftsvertrag nachträglich geändert, sodass der Gesellschaftsvertrag nun besagt, dass in Zukunft die Hauptversammlung auch noch zustimmen muss – also nicht nur der Aufsichtsrat, sondern auch die Hauptversammlung! –, wenn eine Veräußerung durchgeführt werden soll.

Nachträglich den Aufsichtsrat zu vergewaltigen, die Hauptversammlung zu vergewaltigen, den Gesellschaftsvertrag zu vergewaltigen und uns heute hier auch noch zuzumuten, ein rückwirkendes Gesetz zu beschließen, durch das 20 000 Familien in Unsicherheit gestürzt werden, das halte ich wirklich für einen Skandal, Herr Staatssekretär! (Beifall bei der SPÖ.)

Das Ganze dient nur dazu, die Mieter zu schädigen und Immobilientreuhänder zu befriedigen. Sollten Sie dieses Gesetz heute wirklich beschließen, dann werden wir die betroffenen Mieter genau darüber informieren, meine Damen und Herren. Herr Görg ist in den Wiener Wahlkampf gezogen mit großartigen Sprüchen wie: Gemeindewohnungen sollen verkauft werden! Genossenschaftswohnungen sollen verkauft werden! Das ist der moderne Weg. Das ist der richtige Weg. – Das war eines der Kernthemen der ÖVP in Wien!

Die Antwort, meine Damen und Herren, haben Sie von den Wienerinnen und Wienern in einem guten Ausmaß erhalten. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

13.59

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Pecher. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte. (Zwischenruf des Abg. Dr. Heindl.  – Abg. Grabner  – in Richtung Freiheitliche –: Die Wähler haben Ihnen die Rechnung ...! – Abg. Gaugg: Aber nicht in Niederösterreich ...!)

13.59


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Abgeordnete Mag. Martina Pecher
(ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zum Budget 2002: Zum ersten Mal ein Budget ohne Neuverschuldung (Abg. Grabner: ... Westenthaler ... 11 Prozent!)  – Herr Abgeordneter! Ich kann mir vorstellen, dass Sie dann noch eine Antwort darauf bekommen werden. (Abg. Grabner: Von wem?)  – Darf ich jetzt auch zu Wort kommen? Ich habe nur meine 6 Minuten. (Abg. Grabner: Dann reden Sie!)

Zum ersten Mal keine Neuverschuldung, keine neuen Schulden, daher keine höheren Zinsen, keine höheren Steuern für die Menschen der Zukunft! (Abg. Eder: Sie verdienen ... und die Leute zahlen! – Abg. Dr. Puttinger  – in Richtung SPÖ –: Kein Klassenkampf!) Wieder Aussichten für die Jungen, die heute sagen, sie wissen nicht, was mit ihren Pensionen in Zukunft sein wird, wer ihre Krankenversorgung in Zukunft zahlen wird.

Zum ersten Mal wird wirklich gespart; und das ist nicht nur ein Lippenbekenntnis. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.  – Abg. Edler: Wie viel verdienen Sie persönlich an dieser Regierung? – Abg. Grabner: Nicht wenig!)  – Ich zeige Ihnen gerne meine Bilanzen, wenn Sie das wirklich interessiert. (Abg. Dr. Puttinger: Die kann er nicht lesen! – Rufe und Gegenrufe zwischen den Abgeordneten Grabner und Dr. Puttinger. )

Also: keine Lippenbekenntnisse beim Sparen, Lippenbekenntnisse, wie man sie des Öfteren hört. Jedes Mal, wenn die Medien, wenn das Fernsehen in der Nähe ist, sagen die Herren und Damen von der Opposition: Natürlich muss gespart werden, es ist ganz wichtig, dass gespart wird. – Wenn man sich aber die Pressekonferenzen des Herrn Finanzministers a. D. ansieht, nämlich wie seine Sparvorschläge zur Budgetsanierung lauten, dann ist das schon eine spannende Sache. Der Herr Finanzminister a. D. verlangt eine Entlastung der Bevölkerung durch Steuersenkung, weil das Wirtschaftswachstum im Jahre 2000 sehr gut war, eine Steuersenkung auf Dauer, die – pro Jahr bitte! – 15 Milliarden Schilling ausmacht, also 15 Milliarden mehr Defizit, um 15 Milliarden höhere Schulden. So stelle ich mir Sparen wirklich nicht vor!

Darüber hinaus will er weitere 15 Milliarden mehr an Schulden durch das Rückgängigmachen sämtlicher Maßnahmen. Sparen möchte der Herr Finanzminister a. D. weiters bei der Landwirtschaft. Ich glaube, das ist in Zeiten der Fleischkrise, in der man von der Landwirtschaft mehr Kontrollen und strengere Auflagen verlangt, auch nicht gerade ein sehr guter Vorschlag. (Abg. Schwarzenberger: Und von Holland die Kälber importieren!) Ein Großteil der bäuerlichen Bevölkerung bangt zurzeit um seine Existenz und kann sich bei weitem nicht vorstellen, wie die Verdienste in anderen Bereichen sind.

Aber auch Sparen à la Grün bedeutet laut den Vorschlägen Ihres Experten Rossmann eine Wiedereinführung der Vermögensteuer, die Erhöhung der Schenkungssteuer und die Erhöhung der Kapitalertragsteuer. Ich meine, will man das breit einführen, trifft man genauso die mittleren und kleineren Einkommen. Das erinnert einen sehr an die Vorschläge der Kommunistischen Partei, wenn man das so liest. (Ironische Heiterkeit bei den Grünen und der SPÖ. – Abg. Edler: Letztklassig!)

Nun zu Artikel 11 Budgetbegleitgesetz. Die Arbeitslosenversicherung, meine Damen und Herren, hat erfreulicherweise einen Überschuss zu verzeichnen, weil wir in Österreich eine sehr, sehr gute Beschäftigungslage haben. Es gibt die niedrigste Arbeitslosenrate seit langer Zeit. (Abg. Edler: Und wer hat das gemacht?)  – Ich glaube, Sie gestehen uns zu, dass das auch noch ein bisschen der Koalitionspartner war; und immerhin führen wir jetzt schon seit einigen Jahren diese Regierung an. (Ruf bei der SPÖ: Seit wann? – Abg. Edlinger: Wirklich? ...!)

Dieser Überschuss aus der Arbeitslosenversicherung wird auch im Jahre 2002 zu Gunsten des Budgets verwendet werden. Das, meine Damen und Herren, ist durchaus ein solidarischer Beitrag der Wirtschaft (Zwischenruf des Abg. Verzetnitsch ) zur Budgetsanierung, weil die Wirtschaft, die diese Arbeitslosenversicherung aus Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeiträgen dotiert (Abg. Verzetnitsch: Eben! Beide sind es!), absolut mit den Budgeteinsparungsplänen und Budgetsanierungsplänen dieser Regierung einverstanden ist.


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Man könnte die Arbeitslosenversicherung de facto um ein Drittel reduzieren und damit die Lohnnebenkosten senken – nicht damit es den Unternehmen besser geht, sondern damit sie sich im europäischen Vergleich wettbewerbssicher und wettbewerbsreif machen können sowie ihre Produkte besser an den Mann bringen können. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Verzetnitsch: Was ist mit den Lohnnebenkosten in Österreich?)  – Wir haben die höchsten Lohnnebenkosten im ... (Abg. Verzetnitsch: Im internationalen Vergleich? Dann gehen Sie jetzt einmal mit zum Internationalen Währungsfonds!) Im europäischen Vergleich! Sie wissen genau, dass unsere wichtigsten Exportländer Deutschland und Italien sind. (Abg. Verzetnitsch: Lohnstückkosten!)

Ein Wort noch zur "Aufleb"-Stiftung: Die Verlängerung der "Aufleb"-Stiftung ist eine wichtige Maßnahme, um jenen Dienstnehmern, die einen Schaden durch die Fleischkrise erlitten haben, wie bedauerlicherweise die 300 Mitarbeiter der Firma Weiser, die in Konkurs gegangen ist, zu helfen. Diese Firma war ein sehr dienstnehmerorientiertes Unternehmen, ein gut geführter Familienbetrieb, der ein Opfer dieser Fleischkrise geworden ist.

Ein letztes Wort noch zur Agentur für Ernährungssicherheit. Dazu ist sicher ein großer Wurf notwendig, das ist ein großes Vorhaben. Wir sind froh, dass das jetzt ausführlich in die Begutachtung geht. Ich würde Sie wirklich bitten – auch alle Abgeordneten der Opposition –, sich hier positiv einzubringen und Ihre Verbesserungsvorschläge vorzubringen.

Unser Wunsch ist es, dass die Untersuchungsanstalten durch bessere Zusammenarbeit, durch bessere Schwerpunktsetzung Doppelgleisigkeiten vermeiden und dass dadurch Kosten gespart werden – aber nicht nur dass Kosten gespart werden, sondern dass auch die Qualität der Untersuchungsanstalten verbessert wird, weil ja wirklich nicht einzusehen ist, warum sämtliche Untersuchungsanstalten sämtliche Untersuchungen in gleicher Weise mit dem gleichen technischen Equipment machen, das immer aufwendiger wird.

Abschließend noch eine Bemerkung zu den Privataufträgen. Die Industrie vergab immer schon Privataufträge an die Untersuchungsanstalten; die Untersuchungsanstalten sind trotzdem, auch bis heute, unabhängig in ihrer Beurteilung von Untersuchungen geblieben. Ich sehe überhaupt keinen Grund, warum sich daran etwas ändern sollte, weil immer schon Privataufträge, teilweise in Milliardenhöhe, an die Untersuchungsanstalten vergeben wurden.

Ich hoffe, dass mit dieser Ernährungsagentur ein großer Wurf gelingen wird, damit wirklich ein Schritt zu sichereren Lebensmitteln in Österreich gesetzt wird. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

14.06

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dietachmayr. Die Uhr ist wunschgemäß auf 5 Minuten eingestellt. – Bitte.

14.06

Abgeordneter Helmut Dietachmayr (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Ich gratuliere meiner Vorrednerin, Frau Mag. Pecher, denn sie ist die erste ÖVP-Abgeordnete, die sich hier vom Rednerpult aus noch erinnert, dass die ÖVP auch an einer früheren Regierung beteiligt war. Bisher wurde das immer so dargestellt, als ob die SPÖ eine Alleinregierung gehabt hätte. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Puttinger: Stimmt ja nicht!)

Ein Satz noch zum Abgeordneten Feurstein, der gemeint hat, im Budgetausschuss hätte die SPÖ-Fraktion gegen die Dynamisierung der Notstandshilfe gestimmt. – Herr Abgeordneter! Es war leider nicht möglich, im Budgetausschuss eine getrennte Abstimmung über den Artikel XI vorzunehmen, sonst hätten wir natürlich zugestimmt! Daher werden wir auch jetzt im Plenum bei einer getrennten Abstimmung diesem Artikel zustimmen. Es war ja eine langjährige Forderung von uns, die Notstandshilfe zu dynamisieren.

Aber nun zu einem anderen Themenbereich, der mir besonders am Herzen liegt, und zwar die Arbeitsmarktpolitik. (Abg. Dr. Puttinger: Die ist Spitze!)  – Meine Damen und Herren, die Mittel der Arbeitsmarktpolitik sind besonderes Ziel der Begehrlichkeit dieser Regierung. Sie haben den


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bisherigen Bundeszuschuss, der in der Vergangenheit bezahlt wurde, gestrichen und holen sich nun weitere Milliarden Schilling aus diesem Topf. Damit wird bewusst ein Defizit herbeigeführt!

Im Gegenzug haben Sie die Leistungen für die Arbeitslosen gekürzt und die notwendigen Mittel für die Qualifizierungsoffensive – gerade bei einem Facharbeitermangel ein sehr schwer wiegender Mangel! – nicht bereit gestellt. Die Arbeitslosen werden also doppelt bestraft – einerseits durch die drastisch gesenkten Versicherungsleistungen und andererseits durch mangelnde Berufschancen infolge fehlender Qualifizierungsangebote.

Das AMS integriert alle arbeitsmarktpolitischen Ressourcen, sowohl zur Existenzsicherung als auch zur Arbeitsmarktförderung, und diese konnten in den letzten Jahren auf eine möglichst rasche Vermittlung ausgerichtet werden. Die Folge ist eine im EU-Vergleich äußerst geringe Langzeitarbeitslosigkeit in Österreich. Das AMS hat hervorragende Arbeit geleistet. Und obwohl die anderen EU-Staaten auch von der guten Weltkonjunktur profitiert haben, haben diese Länder bekanntermaßen eine wesentlich höhere Arbeitslosenrate als wir in Österreich. (Zwischenruf des Abg. Dr. Puttinger. ) Dies ist daher meiner Ansicht nach auch ein Verdienst des Arbeitsmarktservice, das in den vergangenen Jahren eine gute Arbeit geleistet hat! (Beifall bei der SPÖ.)

Aber was machen Sie jetzt? – Der Arbeitslosenversicherung werden viele Milliarden Schilling abgezogen. Das AMS soll, wie man hört, ab 2002 ausgegliedert werden. Diese Vorgangsweise ist meiner Meinung nach höchst unseriös. Zuerst schöpfen Sie das Geld ab, und dann wird das AMS ausgegliedert und seinem Schicksal überlassen, noch dazu in einer Zeit, in der die Weltkonjunktur droht, schwächer zu werden! Daher wird die Bedeutung des Arbeitsmarktservice in der nächsten Zeit noch größer werden.

Es geht dieser Bundesregierung aber meiner Meinung nach auch um die Macht, denn die Ausgliederung, wie sie diese Regierung vorsieht – 100 Prozent Bundeseigentum, aber keine Bundeshaftung! – bedeutet nicht mehr, sondern weniger Selbstständigkeit im Vergleich zu jetzt. In einer Ges.m.b.H hat bekanntlich der Minister das 100-prozentige Durchgriffsrecht. Die Sozialpartner werden damit zurückgedrängt und mehr oder minder zum Feigenblatt degradiert. Eine Missachtung der Sozialpartner passt auch in die derzeitige Strategie dieser Regierung. (Beifall bei der SPÖ.)

Es wird also geplant, das Arbeitsmarktservice finanziell auszuhungern und zum Spielball der Regierung zu machen. Die Überschüsse werden ausgeräumt, die Bundeshaftung fällt weg, die Arbeitgeberbeiträge werden gesenkt. Wenn das AMS ins Defizit rutscht (Abg. Dr. Puttinger: Wie schaut denn die neue Struktur aus? Erklären Sie das!), wird die Bundesregierung wieder auf Kosten der Arbeitslosen bei Umschulungsmöglichkeiten einsparen. (Abg. Böhacker: Puttinger, sag es ihm! – Abg. Grabner: Der hat doch keine Ahnung!)

Meine Damen und Herren! Es würde sich noch eine ganze Reihe von weiteren Fragen stellen (Abg. Dr. Puttinger: Sie erzählen ja Märchen! Das ist ein Wahnsinn!), etwa: Warum wurden Leistungskürzungen für Arbeitslose überhaupt beschlossen und werden immer noch beibehalten, obwohl die Arbeitslosenversicherung Überschüsse erzielt? Sie bestrafen damit die Arbeitslosen für ihre Arbeitslosigkeit, obwohl das Arbeitslosengeld kein Geschenk des Bundes oder des Finanzministers ist, sondern eine Versicherungsleistung! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Wir werden noch Gelegenheit haben, in diesem Haus über diesen Punkt zu sprechen. Die Qualifikation von Arbeitsuchenden wurde in der Vergangenheit in den Vordergrund gerückt. Wir sind jedenfalls der Meinung, dass auch diese Bundesregierung die Aufgabe hätte, eine Politik des lebensbegleitenden Lernens zu verfolgen und in Zahlen zu gießen. Das haben Sie jedoch auf alle Fälle bei diesem kommenden Budget und bei diesem Budgetbegleitgesetz vergessen. (Beifall bei der SPÖ.)


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14.12

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Mikl-Leitner. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte.

14.12

Abgeordnete Mag. Johanna Mikl-Leitner (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Die Emotionen sind heute bei dem Thema Landeslehrer-Dienstrecht relativ hoch gegangen. Ich bin froh darüber, dass ich heute die letzte Rednerin der ÖVP bin, um das hier kurz zusammenzufassen. Ich möchte dies aber, so wie die Frau Minister das angeregt hat, sehr fachlich und auch sehr sachlich tun, weil mir dieses Thema viel zu wichtig ist, um daraus politisches Kleingeld zu schlagen. Ich will das Thema von der sachlichen Perspektive her betrachten.

Faktum ist, dass die Aufgaben und auch die Erwartungen an die Lehrer beziehungsweise an die Schulen immer umfangreicher werden und dass dies bisher keinen Niederschlag in der Arbeitszeitbemessung gefunden hat. Deswegen finde ich es wichtig und richtig, dass mit dem neuen Modell, das gemeinsam mit Minister Gehrer und der Gewerkschaft entwickelt worden ist, ein zukunftsorientiertes Arbeitszeitmodell vorliegt, das für alle Beteiligten nur Vorteile bringt. (Abg. Schwemlein: Aber weniger Geld!) Man ist mit äußerster Professionalität an dieses Modell herangegangen, und es hat den Vorteil, dass viele Nachteile des bisherigen Systems ausgeräumt werden konnten.

Besonders bei der Arbeitszeit der Lehrerinnen und Lehrer wurde in der Vergangenheit immer wieder hinterfragt, ob das Lehrersein nur ein Halbtagsjob sei. Gerade diese Meinung hat in der Öffentlichkeit immer wieder dazu beigetragen, dass es zu einer Demotivation unserer Lehrer gekommen ist. Das ist auch verständlich, wenn man sich in die Lage der Lehrer versetzt.

Deswegen bin ich froh, dass gerade die Arbeitszeitstudie, die von Frau Minister Gehrer gemeinsam mit der Gewerkschaft und dem ehemaligen Staatssekretär Ruttenstorfer in Auftrag gegeben wurde, diese Ansicht widerlegt. Diese Ergebnisse bestätigen nämlich sehr wohl, dass der zeitliche Aufwand für Tätigkeiten außerhalb des eigentlichen Unterrichts wesentlich höher ist als angenommen. – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das heißt für mich, dass das derzeitige Pflichtstundenmodell sehr wohl historisch überholt ist und dies auch zu akzeptieren und ernst zu nehmen ist und dass dieses Modell gerade den heutigen Aufgaben der Lehrer und Lehrerinnen anzupassen ist.

Deswegen erscheint es mir auch sinnvoll, dass die Arbeit in die folgenden drei Tätigkeitsbereiche unterteilt beziehungsweise unterschieden werden kann:

Punkt 1: tatsächliche Unterrichtszeit, sprich: direkter Kontakt mit den Schülerinnen und Schülern,

Punkt 2: Vor- und Nachbereitungszeit beziehungsweise Korrekturtätigkeit,

Punkt 3: Organisation, Innovation und Koordination, ein Punkt, den ich für ganz zentral halte.

Gerade die Unterteilung in diese drei Tätigkeitsbereiche macht vor allem transparent beziehungsweise sehr deutlich, dass Schule heute mehr ist als nur unterrichten.

Der ganz große Vorteil dieses neuen Modells liegt meines Erachtens in der großen Flexibilität. Gerade die drei Tätigkeitsbereiche können durch das fixe Jahresstundenmodell für Lehrer genau so gestaltet werden, wie es für die Schule passt und dass es auch den individuellen Ansprüchen der Lehrer gerecht wird. Dieses Modell heißt für mich ganz einfach eine Abkehr vom Zentralismus hin zu mehr Eigenverantwortung, hin zu mehr Gestaltungsmöglichkeiten, hin zu einem größeren Freiraum. Gerade Subsidiarität wird bei diesem neuen Dienstrecht sehr groß geschrieben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bemerkenswert ist, dass gerade der Bildungssprecher der SPÖ, Kollege Antoni, damals, als der Begutachtungsentwurf vorlag, in einer APA-Aussendung betonte, dass dieses Modell bereits mehr als überfällig sei. Deswegen verstehe ich auch einige Gruppierungen, einige Kreise innerhalb der SPÖ nicht, die heftige Kritik daran üben, wo doch dieses Modell sozialpartnerschaftlich ausverhandelt und auch gemeinsam erarbeitet worden ist.


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Ganz kurz noch zur Wiederholung, vor allem für jene Herrschaften von Seiten der Opposition, die immer wieder behaupten, die Lehrer hätten durch dieses neue Modell Gehaltseinbußen beziehungsweise Zulagenkürzungen (Abg. Schwemlein: Na sicher!)  – beides ist falsch (Abg. Schwemlein: Das stimmt ja gar nicht!)  –: Schlichtweg richtig ist, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass wir jenen Budgetposten streichen mussten, der früher für Belohnungen vorgesehen war. Dieser wurde im Zuge der Budgetkonsolidierung gestrichen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dieses neue Dienstrecht ist meines Erachtens im wahrsten Sinne des Wortes ein Quantensprung.

Deswegen auch mein Appell an Sie: Unterstützen Sie dieses Modell, denn es trägt zu einer höheren Flexibilität, zu mehr Motivation bei den Lehrern und zu einer höheren Qualität der Ausbildung bei – und das ganz ohne Mehrbelastung des Budgets! – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

14.18

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Prammer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

14.18

Abgeordnete Mag. Barbara Prammer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Es ist noch gar nicht lange her, da hat der Großteil der Bundesregierung vollmundig angekündigt: Jetzt setzen wir das Gender-Mainstreaming um. Minister Haupt hat sich, nachdem er Arbeitsgruppen dazu eingesetzt hat, sogar dazu verstiegen zu sagen, jetzt sei das Gender-Mainstreaming umgesetzt. Wenn ich mir diese Aussagen anhöre, dann kommen mir nur zwei Gedanken: Entweder hat er überhaupt nicht verstanden, was Gender-Mainstreaming heißt (Abg. Böhacker: Sie werden es ja gleich erklären!), oder es wird eine Umsetzung von Gender-Mainstreaming gar nicht gewollt, meine Damen und Herren! Andere Interpretationsmöglichkeiten lassen diese Aussagen nicht zu. (Beifall bei der SPÖ.)

Würde das Thema Gender-Mainstreaming ernst genommen, dann müsste vor allen Dingen spätestens das Budget 2002 und das dazugehörige Budgetbegleitgesetz voll von Gender-Mainstreaming sein. Sie können das Budgetbegleitgesetz aber mit der Lupe studieren, Sie können das Budget 2002 mit der Lupe studieren, Sie werden darin überhaupt keinen Ansatz in Sachen Gender-Mainstreaming finden, meine Damen und Herren. Und das fällt natürlich auf!

Das fällt auf, wenn Sie immer wieder – es ist schon darauf hingewiesen worden – Frauenpolitik nicht mehr stattfinden lassen und maximal schlechte Familienpolitik dort einsetzen, wo früher Frauenpolitik stattgefunden hat, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Eines muss ich Ihnen auch zum Vorwurf machen: Sie haben jetzt ein Jahr Zeit gehabt – jetzt gehe ich inhaltlich überhaupt nicht auf dieses Thema ein –, ein angekündigtes Projekt auch in ein Budgetbegleitgesetz aufzunehmen. Meine Damen und Herren! Die Babys sind schon auf der Welt, deren Eltern nicht wissen, was nach dem 31. Dezember dieses Jahres sein wird. Sie haben es im Rahmen des Budgets 2002 und im Rahmen des Budgetbegleitgesetzes nicht zustande gebracht, den Eltern jene Klarheiten zu bringen, die sie dringend brauchen. Da rede ich noch nicht über die Qualität dessen, die Sie hätten erbringen sollen, meine Damen und Herren!

Das zweite, für mich so wesentliche Augenmerk sehe ich natürlich auch im Zusammenhang mit der Arbeitsmarktpolitik. Das lässt sich auch nicht von dem Thema Kindergeld trennen. Sie kürzen und schöpfen die Mittel der Arbeitsmarktpolitik ab. Sie wissen selbst ganz genau, wie notwendig es ist, wenn Frauen lange in Karenz geschickt werden, dass offensive Maßnahmen gesetzt werden müssen, um sie wieder berufsfähig zu machen. Es werden zwar im Zusammenhang mit dem Frauentag noch schnell einmal Weiterbildungsoffensiven angekündigt. – Von Weiterbildungsoffensiven ist natürlich nichts zu sehen.

Sie haben es in Ihrem Ministerratsbeschluss zum Kindergeld nicht einmal zustande gebracht, den Frauen irgendwelche Perspektiven über Urlaubsvertretungen und Teilzeitjobs während der Karenz hinaus zu geben, meine Damen und Herren! Aber zum Kürzen und Abschöpfen bei der


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Arbeitsmarktpolitik und bei der Arbeitsmarktförderung sind Sie offensichtlich in der Lage, meine Damen und Herren!

Lassen Sie mich abschließend noch eines zu diesem Thema Kinderbetreuung und Kindergeld und vieles andere mehr sagen: Ich bin auch sehr froh darüber, dass die Wiener Wahlen nicht nur ein gutes Ergebnis für Rot und Grün erbracht haben, sondern dass vor allen Dingen der Großteil der Frauen Ihnen und Ihrer Politik eine klare Absage erteilt hat. (Beifall bei der SPÖ.)

14.23

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Niederwieser. Ihre Redezeit ist auf 5 Minuten eingestellt. – Bitte. (Abg. Mag. Kukacka: Wo ist denn das Wiener "Wappele"?)

14.23

Abgeordneter DDr. Erwin Niederwieser (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Lassen Sie mich bei Kollegin Mikl-Leitner beginnen. Sie hat gemeint, es ist gut, das zusammenzufassen, was mit den Lehrerinnen und Lehrern und in den Schulen passiert. Tatsache ist, dass das, was Sie als Qualitätsverbesserung verkaufen, 1,2 Milliarden Schilling Einsparungen sind, die im Bildungsbereich getätigt werden – 1,2 Milliarden Schilling, die Sie weniger für die Bildung ausgeben. Das wollen Sie als Fortschritt verkaufen! – Das nehmen wir Ihnen bestimmt nicht ab.

Tatsache ist auch, dass das, was Sie den Lehrerinnen und Lehrern vorgelegt haben, nämlich über zwei verschiedene Modelle abzustimmen, auch eine Vorgeschichte hat. Die Vorgeschichte war, dass dieses Parlament mit der Mehrheit von FPÖ und ÖVP drastische Verschlechterungen für die Lehrer beschlossen hat. Dann sind Verhandlungen aufgenommen worden, um zu retten, was zu retten ist, und um ein allenfalls etwas besseres Modell zu entwickeln. Dann durften die Lehrer entscheiden, Kollegin Mikl-Leitner: Nehmen sie das ganz Schlechte, oder nehmen sie das etwas Bessere, nehmen sie 3 000 Dienstposten weniger, oder nehmen sie 2 000 Dienstposten weniger.

Bei dieser Alternative haben sich die Lehrer mehrheitlich für die 2 000 und das weniger Schlimme entschieden, aber das ist eine schlechte Alternative, die Sie ihnen vorgelegt haben. Daher können wir dieses Ergebnis in dieser Form auch nicht zur Kenntnis nehmen. (Abg. Amon: Ihre Gewerkschaft schon!)

Wenn Sie von Verbesserungen sprechen – Kollege Amon, Sie haben das auch getan –, dann darf ich Ihnen ein ganz neues Schreiben der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst, Sektion Berufsschullehrer Tirol, auszugsweise zur Kenntnis bringen. Nach der geplanten neuen Regelung soll eine Supplierstunde künftig mit netto 75 S abgerechnet werden. Die Lehrerinnen und Lehrer sagen: Um netto 75 S mache ich keinen Fachunterricht mehr, auf den ich mich vorbereiten muss.

Ich verstehe sie, denn, Kollege Amon, wollen Sie tatsächlich sagen, dass 75 S den Wert dessen darstellt, was ein Lehrer in einer Stunde in der Schule zu leisten hat? – Das ist Faktum. (Abg. Böhacker: Ein Tankwart soll arbeiten können bei Sturm und Wind!) Das ist Faktum, und das sind die gravierenden Verschlechterungen, von denen wir reden, und das ist auch nicht der große Wurf, den Sie uns immer einreden wollen. (Abg. Schwarzenberger: Ein Bauer bekommt nur 30 S!)

Es ist kein großer Wurf; er konnte das nicht sein, denn als Ausgangspunkt für diese Reform standen die Einsparungszwänge, die bereits im Koalitionspapier vereinbart waren. Die Frau Ministerin hat gemeint, die Direktoren haben eine große Aufgabe, sie sind die Manager der Schule, sie haben zu entscheiden, sie haben Schwerpunkte zu bilden, sie haben dieses neue Modell umzusetzen. – Aber da müssten Sie auch die Bedingungen rundherum zu ändern beginnen. Das beginnt mit dieser so genannten Regionalisierung im Bildungsbereich.

Wir haben das Modell vorgeschlagen, in Bildungsregionen und nicht nur jede Schule für sich zu denken. Was passiert denn in der Praxis? – In der Praxis passiert etwa, dass eine Hauptschule


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einen sprachlichen Schwerpunkt setzt, die dadurch ein Anziehungspunkt für die Umgebung wird. Das Ergebnis ist, dass die Kinder aus den Nachbargemeinden in diese Schwerpunkt-Hauptschule gehen wollen, weil diese dort als Europahauptschule mit sprachlichem Schwerpunkt, so wie das zuletzt in Hall in Tirol passiert ist, auch durchaus reüssiert, aber das nicht dürfen. Sie dürfen nicht in diese Schule gehen. Sie müssen in ihre von ihnen als schlechter empfundene Schule gehen.

Da sind Lösungen anzubieten, Kolleginnen und Kollegen! Da muss ein neues Modell dieser Aufteilung erfolgen. Diesbezüglich sind Sie eingeladen, auch Ihre Geschwindigkeit zu zeigen – nicht nur was das Einsparen anlangt. (Beifall bei der SPÖ.)

Ein zweiter Punkt betrifft die Arbeitslosenversicherung. Kollegin Pecher hat das so dargestellt, als ob das der Beitrag der Wirtschaft ist, der zu leisten ist. Kollegin Pecher! Es ist nicht zu akzeptieren, wie Sie das argumentieren! 250 Millionen Schilling werden von der Arbeitslosenversicherung zur Studienförderung umgeschichtet. Das heißt, das, was Sie im nächsten Jahr mehr an Studienförderung ausgeben wollen, nehmen Sie der Arbeitslosenversicherung weg. Das eine sind Leistungen, die der Studienförderung dienen, und das andere sind Leistungen, die jedenfalls zur Hälfte die Arbeitnehmer erbringen und die nahezu zur Gänze die Arbeitnehmer, die arbeitslos werden, in Anspruch nehmen können sollen und nicht jene Studierenden, die diese Studienförderungen in Anspruch nehmen.

Diese Maßnahme, die Studienförderung aus der Arbeitslosenversicherung zu finanzieren, ist ungerecht, ist unsozial und auch verfassungswidrig. Kollege Feurstein! Sie wissen, dass das verfassungswidrig ist. Das wird das Nächste sein, mit dem Sie vor dem Verfassungsgericht Schiffbruch erleiden werden. Das sagen wir Ihnen jetzt schon voraus. – Aus all diesen Gründen können wir diesen Gesetzen nicht unsere Zustimmung geben. (Beifall bei der SPÖ.)

14.29

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Hagenhofer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

14.29

Abgeordnete Marianne Hagenhofer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren! Während der Ausschussdebatten zu den Budgetbegleitgesetzen wurde von den Regierungsparteien ein §-27-Antrag zur Geschäftsordnung im Zusammenhang mit der Änderung des Versöhnungsfonds-Gesetzes eingebracht. Diese Änderung beinhaltet die explizite Haftungsfreistellung der Organe.

Auf unsere Anregung hin, auch beim Entschädigungsfondsgesetz und beim Nationalfonds für Opfer des Nationalsozialismus bei Einzelfallprüfung und Rechtsmittelverfahren die Organe haftungsfrei zu stellen, wurde seitens des Staatssekretärs im Ausschuss eine Prüfung zugesagt. In der zweiten Ausschusssitzung wurde noch einmal von unserer Seite nachgefragt, warum denn das jetzt, so wie es die Regierungsparteien versprochen hätten, nämlich darüber nachzudenken und auch für diese zwei Gesetze die explizite Haftungsfreistellung der Organe vorzusehen, nicht gemacht wurde.

Ich frage Sie, geschätzte Damen und Herren von den Regierungsparteien: Wenn im Ausschuss gesagt wird, es wurde schlichtweg übersehen, und wenn auch die Finanzprokuratur dies so bestätigt, dass es rechtens wäre, warum machen Sie dann diese Änderung nicht, und warum haben Sie diese Änderung bis heute nicht eingebracht? – Es ist nicht zu verstehen, warum spezielle Personen explizit haftungsfrei gestellt werden und andere Personen, die nichts anderes machen, die auch Organarbeit verrichten, nicht.

Offensichtlich – das ist, so glaube ich, in diesem Zusammenhang der FPÖ nicht zu ersparen – war Ihre Zustimmung zum Entschädigungsfondsgesetz und zum Nationalfonds für Opfer des Nationalsozialismus nur ein Lippenbekenntnis, denn sonst könnte man einer Haftungsfreistellung, so wie wir sie in unserem


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Abänderungsantrag verlangen, doch zustimmen.

Ich bringe daher folgenden Antrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka, Marianne Hagenhofer, Genossinnen und Genossen betreffend das Bundesgesetz, mit dem das Entschädigungsfondsgesetz (BGBl. I Nr. 12/2001), das Bundesfinanzgesetz 2001 (BGBl. I Nr. 1/2001) und das Versöhnungsfonds-Gesetz (BGBl. I Nr. 74/2000) geändert werden (541 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

Am Ende des Art. 1 wird Folgendes eingefügt:

"Nach § 3 wird folgender § 3a eingefügt:

,§ 3a. Der Fonds und der Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus sowie deren Organe haften nicht für Ersatzansprüche, die auf die Wahrnehmung der Aufgaben nach den Bundesgesetzen, die diese Fonds einrichten, gegründet werden.‘"

*****

Geschätzte Damen und Herren von den Regierungsparteien! Im Besonderen spreche ich Sie von der FPÖ an. Machen Sie aus Ihren Lippenbekenntnissen auch Taten, und stimmen Sie diesem unserem Antrag zu! Ich verstehe nicht, dass es die ÖVP nicht geschafft hat, ihren Regierungspartner dahin gehend zu überzeugen. (Beifall bei der SPÖ.)

14.32

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der soeben von der Abgeordneten Hagenhofer eingebrachte Abänderungsantrag der Abgeordneten Dr. Kostelka, Genossinnen und Genossen ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte.

14.33

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vor nicht allzu langer Zeit ist das Versöhnungsfonds-Gesetz im Plenum des Nationalrates mit den Stimmen aller Fraktionen beschlossen worden. (Präsident Dr. Fasslabend übernimmt den Vorsitz.)

Die Grünen, aber auch alle anderen Fraktionen haben damals erläutert, wie diese gemeinsame Vorgangsweise, die vor allem auf der wirklich beachtenswerten und dankenswerten Leistung der ehemaligen Präsidentin der Oesterreichischen Nationalbank Dr. Schaumayer fußt, zustande gekommen ist, und begründet, warum diese Regelung unsere Zustimmung gefunden hat.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Aber selbst damals war die von der Regierung vorgegebene Richtung "speed kills" bei Gesetzen unübersehbar. Ein paar Monate später stellte sich heraus, auch das, dem alle mit Freude zugestimmt haben, ist fehlerträchtig oder ist nicht perfekt und nicht komplett.

In dem Zusammenhang haben die Koalitionsparteien im Finanzausschuss letzte Woche einen geschäftsordnungsmäßig zulässigen Antrag eingebracht. Die grüne Fraktion ist dem Ansinnen von Botschafter Steiner und Botschafter Votava nahe getreten. Nachdem uns vor allem Herr Botschafter Steiner erläutert hat, warum diese Änderung des Versöhnungsfonds-Gesetzes aus seiner Sicht wichtig ist, hat das auch bei uns Zustimmung gefunden. Um nicht zu gefährden, dass Auszahlungen an ehemalige Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter nach dem Versöhnungsfonds-Gesetz jetzt dadurch mutwillig verzögert werden, haben Professor Van der Bellen und Kollege Kogler im Ausschuss dieser Änderung des Versöhnungsfonds-Gesetzes zugestimmt, meine Damen und Herren!


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Wir bleiben auch bei der Haltung – mag diese Maßnahme juristisch noch so umstritten sein, ob sie überhaupt notwendig ist. Wir bleiben dabei – nach dem Motto, es ist besser, es können Auszahlungen passieren, als sie werden möglicherweise durch diesen Punkt verzögert. Wir bleiben bei unserer Haltung.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir unterstützen aber auch das Anliegen, das die sozialdemokratische Fraktion jetzt in Form eines Abänderungsantrages eingebracht hat, von dem wir erst heute gehört haben und den wir erst jetzt diskutieren können, weil es uns auch sinnvoll erscheint – vor allem im Hinblick auf die Aufgaben, die der Entschädigungsfonds haben wird und die mindestens so komplex sind wie die Aufgaben des Versöhnungsfonds und der Organe, die dort tätig sind. Ich meine aber auch, dass es sozusagen noch diskussionswürdig ist, ob es tatsächlich notwendig ist. Nichtsdestotrotz unterstützen wir im Sinne der Gleichbehandlung beider Fonds Ihren Antrag, geschätzte Kolleginnen und Kollegen der Sozialdemokratie.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Aber diese Bundesregierung kann es einfach nicht lassen. Bei allem Trachten nach schnellen Auszahlungen an ehemalige Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter ist es der Bundesregierung und den Regierungsfraktionen doch nicht zu blöd, heute hier in zweiter Lesung einen Abänderungsantrag zum Bundesfinanzgesetz zu stellen, der die Forderung beinhaltet: 100 Millionen Schilling für Nachtsichttechnik zur Überwachung der EU-Außengrenze, sprich Schengen-Grenze.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Alleine der gedankliche Konnex – ZwangsarbeiterInnen aus dem Osten und Nachtsichtgeräte und ähnliche Kampfwerkzeuge an den Grenzen zum Schutz der Schengen-Grenze – ist es, der mich empört – erst recht angesichts dessen, dass man im Ausschuss mittels Abänderungsantrag das Versöhnungsfonds-Gesetz ändert und jetzt die Chuzpe hat, zu sagen, jetzt müssen noch 100 Millionen Schilling her, damit vielleicht jemand, der aus Rumänien – zugegeben – nicht rechtskonform, nämlich illegal, über die Grenze will, mit militärischer Ausrüstung abgefangen wird.

Das lehnen wir entschieden ab! Das soll Ihnen zeigen, dass diese Bundesregierung vor nichts zurückschreckt – auch nicht davor zu schweigen, vor allem der Herr Bundeskanzler. Auch davor schreckt er nicht zurück, denn bis heute hat er sich ausgeschwiegen zum Thema Jörg Haider, Antisemitismus und zu seinen laufenden antisemitischen Äußerungen, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die ganze Diskussion bekommt einen ungeschmackigen Touch, meine sehr geehrten Damen und Herren, der wirklich dem Fass den Boden des Unerhörten, das jemals hier passiert ist, ausschlägt. – Deshalb, meine sehr geehrten Damen und Herren, natürlich ein Nein zu diesem Vorgehen der Bundesregierung. (Unruhe im Saal.)

Sie sehen, wie groß die Hektik ist, meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie sehen, wie heftig die Worte hin und her fliegen, weil das einfach Pfusch ist, was hier gemacht wird, wenn in letzter Sekunde Budgetansätze verändert werden und das Bundesfinanzgesetz 2001 abgeändert wird. Keiner weiß etwas, der Herr Finanzstaatssekretär schweigt sich in dieser Sache jetzt auch aus, denn sonst müsste er uns hier zumindest – ich bin die allerletzte Rednerin, die gemeldet ist – Erläuterungen zu dieser Vorgangsweise gegeben haben, warum diese gewählt wurde. – Nein, so nicht! (Beifall bei den Grünen.)

14.39

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Khol. – Bitte.

14.39

Abgeordneter Dr. Andreas Khol (ÖVP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Freiheitlichen und die ÖVP werden dem Antrag von Dr. Kostelka und Marianne Hagenhofer zustimmen. Er beinhaltet, dass auch die Organe des Nationalfonds der Republik Österreich und der Fonds nicht für Ersatzansprüche haften, die auf die Wahrnehmung der Aufgaben gegründet werden.

Ich möchte nur Folgendes erklären: Wir, die Regierungsfraktionen, haben an sich einen ähnlichen Antrag für die Zwangsarbeiterentschädigung eingebracht, weil es dort tatsächliche Pro


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bleme gibt. Diesen haben alle mitgetragen, und ich halte das für einen übergreifenden Konsens, der notwendig ist.

Wir sind der Meinung, dass auch in anderen Fonds entsprechende Haftungsausschlüsse gemacht werden müssten, beispielsweise auch bei der Kulturgüterrestitution. Wir wollten all das im Rahmen eines Initiativantrags mit allen besprechen. Da aber jetzt ein Stück herausgenommen wird, stimmen wir diesem Stück zu und hoffen, dass dann, wenn wir bei den anderen Fonds ähnliche Haftungsausschlüsse machen, auch die Antragsteller dieses Antrages zustimmen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

14.40

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Kostelka. – Bitte.

14.40

Abgeordneter Dr. Peter Kostelka (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben dem von Herrn Kollegen Khol angesprochenen Gesetz im Ausschuss nicht zugestimmt, weil im Ausschuss unser Antrag betreffend Haftungsbestimmungen, den wir hier noch einmal eingebracht haben, von Ihnen abgelehnt wurde.

Ich begrüße Ihre Lernfähigkeit. Der Sonntag dürfte in diesem Zusammenhang das Seine dazu beigetragen haben. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Wir werden daher als Fraktion dem gesamten Gesetz unsere Zustimmung geben. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Fekter: Das ist unappetitlich!)

14.41

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Krüger. – Bitte.

14.41

Abgeordneter Dr. Michael Krüger (Freiheitliche): Meine sehr geehrten Damen und Herren, insbesondere der Sozialdemokratie! Dass Sie heute mit Überheblichkeit und Hochmut auftreten, überrascht uns nicht. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Genießen Sie diese Stimmung! Sie wird nicht sehr lange andauern. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Der Antrag, der eingebracht wurde, ist sachlich richtig, weil tatsächlich nicht einzusehen ist, wieso es eine Haftungsfreistellung für die Organe des Versöhnungsfonds geben soll, nicht aber für jene des Entschädigungsfonds und des Nationalfonds für Opfer des Nationalsozialismus.

Die Damen und Herren, die in diesen Komitees arbeiten, leisten überwiegend aus ideellen Gründen unentgeltlich ihre Pflicht. Es ist nicht einzusehen, wieso sie sich in der Zukunft einem erhöhten Risiko durch Sammelklagen aussetzen sollen. Ich glaube daher, dass es zweckmäßig ist, mit einer Haftungsfreistellung vorzugehen.

Ich muss allerdings eines sagen: Ich finde es bedauerlich, dass ausgerechnet die Grünen immer wieder jegliche Thematik, die die Gesetzgebung bezüglich Entschädigung betrifft, zum Anlass ungeheuerlicher Polemik gegenüber der Freiheitlichen Partei verwenden. Ich darf darauf hinweisen und insbesondere an die Adresse der SPÖ richten, dass es nicht die SPÖ war, die eine umfassende und letztlich, so glaube ich, sehr wohl durchdachte und fundierte Entschädigungsgesetzgebung betreffend Lücken, die es tatsächlich in der Entschädigungsgesetzgebung gegeben hat, in den vergangenen Legislaturperioden mitgetragen hat – letztlich hat man nur begonnen mit einzelnen Stückwerken wie etwa dem Kunstrückgabegesetz –, sondern dass es der blau-schwarzen Koalition vorbehalten war, in einer wirklich rekordverdächtigen Zeit von lediglich elf bis zwölf Monaten diesen ungeheuer schwierigen Komplex aufzuarbeiten, die bilateralen und multilateralen Verhandlungen mit den Partnerorganisationen, mit anderen Staaten, insbesondere den Vereinigten Staaten von Amerika, zu pflegen, zu einem Abschluss zu kommen und auch das Gesetz im Nationalrat durchzubringen – immerhin mit den Stimmen aller.


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Meine Damen und Herren! Wir alle sind Abgeordnete dieses Hohen Hauses, nicht nur die Vertreter der Regierungsparteien. Sie brauchen sich nicht mit Überheblichkeit herzustellen und uns vorzuwerfen, dass wir etwas übersehen hätten. Ihnen ist es ja auch nicht aufgefallen! Also bitte stellen Sie sich nicht anders dar, als Sie es tatsächlich verdienen!

Meine Damen und Herren! Es gibt hier Konsens. Wir werden Ihrem vernünftigen Vorschlag zustimmen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

14.44

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen nun zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Zuerst gelangen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf betreffend Budgetbegleitgesetz 2002 in 539 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Dr. Feurstein, Mag. Trattner, Wimmer und Genossen einen Abänderungsantrag eingebracht.

Weiters liegt ein Verlangen der Abgeordneten Silhavy und Genossen auf getrennte Abstimmung vor.

Ich werde zunächst über die vom erwähnten Abänderungsantrag sowie vom Verlangen auf getrennte Abstimmung betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Dr. Feurstein, Mag. Trattner, Wimmer und Genossen haben einen Abänderungsantrag zu Artikel 11 Ziffer 1 eingebracht, und ich ersuche jene Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein diesbezügliches Zeichen. – Ich stelle die Einstimmigkeit fest. Damit ist der Abänderungsantrag einstimmig angenommen.

Wir kommen nun zur getrennten Abstimmung betreffend Artikel 11 Ziffer 6 in der Fassung des Ausschussberichtes.

Wer dafür ist, den ersuche ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Ich stelle fest, das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes, und ich bitte jene Damen und Herren, die dem ihre Zustimmung erteilen, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist ebenfalls die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 539 der Beilagen beigedruckte Entschließung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Ich stelle fest, das ist die Mehrheit und damit angenommen. (E 72.)

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Entschädigungsfondsgesetz, das Bundesfinanzgesetz 2001 und das Versöhnungsfonds-Gesetz geändert werden, in 541 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Dr. Feurstein, Böhacker und Genossen einen Abänderungsantrag eingebracht.


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Weiters haben die Abgeordneten Dr. Kostelka und Genossen einen Zusatzantrag eingebracht.

Ich werde zunächst über die vom erwähnten Abänderungsantrag beziehungsweise Zusatzantrag betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Dr. Kostelka und Genossen haben einen Zusatzantrag eingebracht, der die Einfügung eines § 3a in Artikel 1 vorsieht.

Wer dafür ist, den ersuche ich um ein Zeichen. – Ich stelle die Einstimmigkeit fest. Damit ist der Zusatzantrag angenommen.

Die Abgeordneten Dr. Feurstein, Böhacker und Genossen haben einen Abänderungsantrag betreffend Artikel 2 eingebracht.

Ich ersuche jene Damen und Herren des Hohen Hauses, die sich dafür aussprechen, um ein bejahendes Zeichen. – Ich stelle fest, das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen damit sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

4. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (486 der Beilagen): Bundesgesetz über die Errichtung einer Bundesbeschaffung Gesellschaft mit beschränkter Haftung (BB-GmbH-Gesetz) (546 der Beilagen)

5. Punkt

Bericht und Antrag des Finanzausschusses betreffend den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Bundesfinanzgesetz 2001, BGBl. I Nr. 1/2001, geändert wird (547 der Beilagen)

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Wir gelangen nun zu den Punkten 4 und 5 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Als Erster zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Günter Kiermaier. Ich erteile es ihm hiemit.

14.49

Abgeordneter Günter Kiermaier (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Um es gleich vorweg zu sagen: Es gibt eine Reihe von Gründen, warum wir dieser Regierungsvorlage nicht zustimmen können. Der Hauptzweck dieses Gesetzes ist die Zusammenlegung von Beschaffungen möglichst vieler Bundes-, Landes- und sonstiger öffentlicher Dienststellen, große und größte Einkaufsmengen zu schaffen und dadurch günstigere Preise zu erzielen.

Auch wir wissen sehr wohl, welche Funktion Mengen- und Staffelrabatte haben und dass durch große Einkaufsmengen ein günstigeres Preisniveau zu erzielen ist. Nur kann man sich die Situation nicht so einfach machen. Es gibt nämlich Nebenwirkungen, meine sehr geehrten Damen und Herren, die diese Gedanken der Mengenphilosophie in Frage stellen beziehungsweise konterkarieren.


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Ein wesentliches Problem ergibt sich daraus, dass die Konzeption keinerlei Rücksicht auf die Klein- und Mittelbetriebe unseres Landes nimmt (Abg. Böhacker: Kollege Kiermaier! Falsche Rede!), dass sich auf Grund der großen Ankaufssummen in den meisten Bereichen die Verpflichtung ergibt, EU-weit auszuschreiben. (Abg. Haigermoser: Falsche Rede, Kiermaier!) Dass das eine enorme Verschlechterung unserer Chancen bedeutet, ist wohl jedem klar.

Ich möchte dies nur anhand eines Beispiels, und zwar aus dem Buch- und Papierhandel, aufzeigen. Wenn zum Beispiel die Schulbücher und der gesamte Schulbedarf zentral beschafft werden, so sind das enorme Mengen. Geht man nach der vorhin erwähnten Philosophie vor, ergeben sich für das Schulbuch tatsächlich entsprechende Verbilligungen. Nur: Der Papierhandel auf dem freien Land gehört nicht gerade zu den florierenden Branchen, und nicht zuletzt durch die allseits bekannten Ketten – Namen darf man hier ja keine nennen – hat es der Papierhandel nicht gerade sehr leicht. So manche Buchhandlung hat deshalb schon für immer ihre Pforten geschlossen.

Die Schulbuch-Aktion hat bewirkt, dass ein dadurch in den Sommer- und Herbstmonaten erzieltes Umsatzplus bei den meisten jenen Polster geschaffen hat, den sie benötigen, um die 13. und 14. Gehälter in ihren Betrieben auszahlen zu können. Was passiert, wenn in einem kleinen Ort das Papiergeschäft beziehungsweise die Buchhandlung schließt? Wo kaufen die Schulkinder oder die Eltern all die Kleinigkeiten ein, die sie das ganze Jahr über brauchen, die keine großen Umsatzsummen bringen, aber notwendig sind?

Dass sich diese Beispiele nicht nur auf den Buch- und Papierhandel beziehen, ist klar. Und was die Verteilung der in Zukunft zentral eingekauften Waren betrifft: Diese ist ja auch nicht gerade gratis und nicht unproblematisch. In manchen Bereichen des öffentlichen Dienstes ist man genau aus diesen Gründen wieder davon abgekommen, so zum Beispiel bei der Bundesbahn, wo es eine Zeit gab, in der die Beleuchtungskörper zentral eingekauft wurden und ein Bediensteter von Waidhofen an der Ybbs nach Amstetten fuhr, um eine Leuchtstoffröhre abzuholen, oder die Gendarmerie die Kugelschreiber und Taschenlampenbatterien beim BGK abholen musste. Als man dann die Materialien brauchte, waren die Kugelschreiber eingetrocknet und die Taschenlampenbatterien kaputt. – Das ist also nicht unbedingt der Weisheit letzter Schluss.

Diese kuriosen Geschichten könnte man fortsetzen. (Abg. Böhacker: Die sind wirklich kurios!) Inzwischen hat man im öffentlichen Dienst bereits darauf zurückgegriffen, das Pouvoir der örtlich Verantwortlichen entsprechend zu erhöhen, sodass diese Problematik nicht mehr gegeben ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Was meine Freunde und mich weiters sehr stört, ist die Konstellation dieser dem Finanzminister weisungsgebundenen Gesellschaft. Vier Mitglieder hat dieser Aufsichtsrat, die wiederum von Minister Grasser bestimmt werden – natürlich völlig unparteiisch, wie wir es von dieser Regierung ja gewöhnt sind. Diese vier Mitglieder bilden mit dem Vertreter des Ministeriums die so genannte Generalversammlung. Spitze ist das! Vier und der vom Minister "Verordnete" bilden die Generalversammlung!

Allerdings gibt es auch einen Beirat, der jedoch nur empfehlenden Charakter hat und ein eher stumpfes Instrumentarium darstellt.

Ein weiteres Problem sind die Verzeichnisse der Lieferantenadressen, die erstellt werden. Damit wird eine Bevorzugung geschaffen, die unserer Meinung nach nicht statthaft ist. Es wird interessant sein zu beobachten, meine sehr geehrten Damen und Herren, wieweit diese Vorgangsweise mit dem EU-Recht konform gehen wird.

Meine Redezeit ist leider aus, aber die Probleme, die Sie mit diesem Gesetz schaffen, werden sicherlich nicht aus sein, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Abg. Böhacker: Ihre Redezeit ist nicht aus! Ihre Rede ist aus!) Sie geben vor, die Vertreter der klein- und mittelständischen Unternehmen zu sein. Wenn Sie dieses Gesetz beschließen, bestätigen Sie jedoch einmal mehr, dass Sie das spätestens seit dem Amtsantritt der jetzigen Regierung nicht mehr sind. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

14.54


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Präsident Dr. Werner Fasslabend:
Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Stummvoll. – Bitte.

14.54

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn wir heute dieses Bundesgesetz über die Errichtung einer Bundesbeschaffung Gesellschaft mit beschränkter Haftung debattieren und dann mehrheitlich beschließen, tragen wir letztlich jahrelangen Anregungen des Rechnungshofes Rechnung. Dieser hat nämlich wiederholt darauf hingewiesen, dass es an sich sinnvoll wäre, die Nachfragemacht des Bundes, von Bundesdienststellen, zu bündeln und einheitlich und zentral einzukaufen.

Das ist der tiefere Sinn dieses Gesetzentwurfes: dass man im Rahmen der Budgetkonsolidierung auch jene Sparpotenziale ausschöpft, die sich dadurch ergeben können, wenn man Nachfragepotenzial bündelt. Das ist der eigentliche Kern dieses Gesetzes.

Natürlich wissen wir auch – und wir waren von Haus aus bestrebt, das auch zu sagen –: Es gibt eine Reihe von Produkten – Strom, Gas, Wärme, Telekom, Postdienste –, wo das sehr sinnvoll und gescheit ist. Es gibt aber auch andere Waren, bei denen man sehr Acht geben muss, ob eine zentrale Beschaffung, ein zentraler Einkauf tatsächlich sinnvoll ist im Hinblick auf die regionalen Versorgungsstrukturen durch Klein- und Mittelbetriebe, im Hinblick auf die inländische Wertschöpfung, im Hinblick auf inländische Arbeitskräfte. Daher haben wir nach einer langen Diskussion im Finanzausschuss der Opposition, auf Grund ihrer Kritik, die auch viele Abgeordnete der Regierungsparteien geteilt haben, angeboten, dass wir bereit sind – sollte das, was in den Erläuternden Bemerkungen der Regierungsvorlage steht, nämlich die Rücksichtnahme auf die regionalen Versorgungsstrukturen, die Rücksichtnahme auf Klein- und Mittelbetriebe, die Rücksichtnahme auf inländische Wertschöpfung und Arbeitsplätze, für die Opposition der Hinderungsgrund sein, dem nicht zuzustimmen –, diese Erläuternden Bemerkungen in Gesetzesform zu gießen.

Es wird mein Kollege Böhacker dann einen entsprechenden Abänderungsantrag zur Regierungsvorlage einbringen, und damit, Kollege Kiermaier, wäre eigentlich für die Opposition der Weg frei, hier zuzustimmen. Wir fordern in diesem Abänderungsantrag nämlich Folgendes: dass der Finanzminister mit Verordnung klarstellen muss, für welche Warengruppen und Dienstleistungen dieser zentrale Einkauf gelten soll und für welche nicht, und dass er hiebei Bedacht zu nehmen hat  – also Muss-Form! – auf regionale Versorgungsstrukturen durch Klein- und Mittelbetriebe, Arbeitsplätze und Wertschöpfung.

Das heißt, wir haben damit eigentlich voll der Argumentation der Opposition Rechnung getragen. Es kann keine Rede davon sein, dass die Regierungsparteien überall drüberfahren. Es waren vernünftige Argumente, die viele von uns auch geteilt haben. (Zwischenruf des Abg. Edlinger. ) Daher wird Kollege Böhacker diesen Abänderungsantrag nachher einbringen, und wir erwarten damit die Zustimmung der Oppositionsparteien zu einem Gesetz, das wichtig ist und das Sparpotenziale ausschöpft, Herr Kollege Edlinger. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

14.57

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Kogler. 

Herr Abgeordneter! Ich möchte darauf aufmerksam machen, dass ich um 15 Uhr unterbrechen werde. Das heißt also, dass die Redezeit vor 15 Uhr nur noch etwas mehr als 3 Minuten beträgt. – Bitte.

14.57

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Kollege Stummvoll hat ein Entgegenkommen der Regierungsfraktionen angedeutet. Es ist dies insbesondere ein Entgegenkommen auf die Argumente der SPÖ eingehend, das ist sicher richtig. Es gibt aber viel zentralere Einwände gegen die vorliegenden Ideen und Änderungen im Beschaffungsbereich, wenngleich nicht alle Einwände wiederum nur dieses


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Gesetz betreffen. Ich schicke das schon voraus, um mich gegen mögliche Gegenargumente zu wappnen.

Was ist jetzt wirklich korrigiert worden? – Korrigiert wurde, dass die Klein- und Mittelbetriebe bei der regionalen Beschaffung berücksichtigt werden sollen. Ich bin ja auch im Zweifel darüber, ob das überhaupt so ohneweiters kompatibel ist, wenn man noch einmal auf die Arbeitsplatzsituation der Region hinweist. Das ist jedenfalls ein gegenläufiges Ziel dazu, dass man möglichst billig beschaffen will. Möglicherweise hat nämlich ein regionaler Anbieter, der natürlich auch Jobs gewährleistet, besonders schlechte Konditionen und ist teurer.

Es ist auch in anderem Zusammenhang erkennbar, dass da sehr viele konfligierende Ziele unter einen Hut gebracht werden sollen. Mir leuchtet allerdings nicht ganz ein, dass das so ohneweiters gelingen kann.

Die Idee der zentralen Beschaffung ist doch nun einmal, dass durch Großeinkäufe quasi – wir haben es ja im Ausschuss auch so salopp genannt – ein Mengenrabatt "rausspringt". Das ist ja nicht verkehrt! Die Frage ist nur: Welche Produktgruppen sind das, die es betrifft? – Was unsere Einwände anlangt, wird Kollegin Glawischnig noch etwas dazu sagen.

Wenn das aber die Grundidee ist, nämlich sozusagen mit der großen Zahl der Beschaffungen etwas zu sparen – wozu ich mich im Übrigen grundsätzlich bekenne; man muss nur die Produkte genau deklarieren –, dann ist es in diesem Sinn gegenläufig. Und wenn es ohnehin ökonomisch sinnvoller gewesen wäre, regional auszuschreiben, weil man, wie Kollege Stummvoll im Ausschuss richtig gesagt hat, nicht jede "Semmel-Bewirtschaftung" österreichweit aufzieht, dann hätte ja auch bisher schon – wenigstens nach dieser Regierungsvorlage – die Beschaffungsagentur – hätte sie sich überhaupt damit beschäftigt; das ist ja wieder eine andere Frage – nicht zentral ausgeschrieben. Es wäre ja möglicherweise teurer gewesen, wenn der Anker die Brösel bis Vorarlberg führt, als wenn man da regional Rücksicht nimmt. (Abg. Auer: Außerdem würden die Semmeln nicht so gut schmecken!) Das ist eine Geschmacksfrage. Ich würde im Zweifelsfall auch davon ausgehen, dass diese massenproduzierten Semmeln nicht so gut sind. Aber der Präsident wird mich gleich "ermahnen", weil ja um 15 Uhr unterbrochen wird.

Ich meine – um dieses Argument abzuschließen –, dass mit diesem Abänderungsantrag in Wirklichkeit nicht sehr viel gewonnen ist. Es sollte einfach die SPÖ beruhigt werden. Die eigentliche Frage, die ansteht, ist: Bei welchen Produktgruppen soll das als Erstes greifen? – Ich weise mit dem Stichwort "zentraler Energieeinkauf" auf die Problematik hin, gebe aber zu, dass das möglicherweise nicht nur ein Problem dieses Gesetzes ist und nicht nur diesem Gesetz angehängt werden darf. Verstehen Sie daher unsere Ablehnung nicht so, als ob wir grundsätzlich etwas gegen die Idee hätten, nur: Dieses zentrale Anliegen ist nicht abgesichert.

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Herr Abgeordneter! Es ist jetzt 15 Uhr. Ich bitte entweder um den Schlusssatz – oder Sie setzen Ihre Rede nachher fort.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (fortsetzend): Ich sage ja, dass das mein letztes Argument ist, und damit ist auch meine Rede beendet. Ich wollte sagen: Dieses Gesetz löst in bestimmten zentralen Bereichen durchaus weiter Probleme aus und kann nicht alle lösen. Deshalb unsere Skepsis und Ablehnung. (Beifall bei den Grünen.)

15.01

Kurze Debatte über einen Fristsetzungsantrag

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Ich unterbreche nunmehr die Verhandlung über die Tagesordnungspunkte 4 und 5 zur Durchführung einer kurzen Debatte.

Die kurze Debatte betrifft den Antrag der Abgeordneten Kiss und Jung, dem Ausschuss für innere Angelegenheiten zur Berichterstattung über die Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Ein-, Aus- und Durchfuhr von Kriegsmaterial


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und das Waffengesetz 1996 geändert werden sowie ein Truppenaufenthaltsgesetz erlassen wird (428 der Beilagen), eine Frist bis 9. Mai 2001 zu setzen.

Nach Schluss dieser Debatte wird die Abstimmung über den gegenständlichen Fristsetzungsantrag stattfinden.

Wir gehen in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung kein Redner länger als 5 Minuten sprechen darf, wobei dem Erstredner 10 Minuten zur Verfügung stehen. Für die Stellungnahmen von Regierungsmitgliedern gelten 10 Minuten als Soll-Bestimmung.

Das Wort erhält als Erster der Antragsteller, Herr Abgeordneter Kiss. – Bitte.

15.02

Abgeordneter Paul Kiss (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich stelle gleich eingangs fest, dass die Bundesregierung an einem Konsens in dieser Materie, die wir als sensibel und wichtig erachten, interessiert ist. Diesen Konsens wollen wir unter anderem auch im Innenausschuss suchen, weil wir mit der Macht der Argumente überzeugen wollen und nicht mit allfälligen Totschlagargumenten jedem, der anderer Meinung ist als wir, gleichsam den Dissens androhen.

Ich möchte mich dabei besonders auf den geschäftsführenden Klubobmann der SPÖ, Kollegen Kostelka, beziehen und ihn gleichsam in die Vergangenheit zurückführen. In einer politischen Bewertung gehört es sich ganz einfach, dass man redlich ist, und ich erinnere Kollegen Kostelka an das Jahr 1998. Damals war die SPÖ mit der ÖVP in der Bundesregierung, stellte den Bundeskanzler, stellte den Innenminister, stellte zwar nicht den Verteidigungsminister, aber Klubobmann Kostelka und Klubobmann Khol brachten damals einen Initiativantrag ein. Dieser Initiativantrag hatte nichts anderes zum Inhalt als die Ratifizierung des Amsterdamer Vertrages und daraus resultierend natürlich Änderungen auch im Verfassungsrecht. – All dies wurde mit Zweidrittelmehrheit beschlossen. Dies nur zur Erinnerung, damit wir wissen, auf welcher Basis wir zu diesem Thema eine politische Bewertung durchführen.

Wie gesagt, die Bundesregierung, ÖVP und FPÖ, ist in hohem Maße daran interessiert, dass dieses Thema konsensual argumentiert und im Innenausschuss auch entsprechend behandelt wird. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.) Es ist letztlich ein klassisches europäisches Thema, das wir heute im Zusammenhang mit diesem Fristsetzungsantrag behandeln, ein klassisches europäisches Thema, das die gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik Europas berührt.

Kollege Kostelka! Wenn die Europäische Union eine Union der Werte, der Gemeinschaft ist, dann muss ich sagen: Für mich heißt Gemeinschaft auch immer wieder Solidarität, bedeutet Gemeinschaft einen Verhaltenskodex, der von allen zu leben ist, der natürlich Freiräume lässt, der aber auf Verträge und die Einhaltung von Verträgen pocht.

In diesem Zusammenhang erinnere ich daran, dass beispielsweise dieser EU-Verhaltenskodex humanitäre Aufgaben vorsieht, Rettungseinsätze, friedenserhaltende und friedensschaffende Maßnahmen. Und in diesem Zusammenhang, Kollege Kostelka, verstehe ich Ihr bisheriges Verhalten in dieser Causa wahrlich nicht.

Ich möchte es auch argumentieren, weil ich glaube, dass gerade die SPÖ, die sich in einem ihrer ideologischen Pfeiler auf die Solidarität beruft, gut beraten ist, das europäische solidarische Klima zu leben. Sie tun es nicht, Kollege Kostelka. Sie sind unsolidarisch, Sie – das ist mein Gefühl – wassern förmlich in dieser Angelegenheit, möchten es weit, weit hinausdrängen ins nächste und übernächste Jahr, und Sie verquicken diese Materie noch dazu mit der Sicherheitsdoktrin.

Ich glaube, dass dies unredlich ist. Ich glaube, dass dieses Verhalten Ihrerseits auch unverständlich ist, und ich bin auch der Meinung, dass die beiden Materien, sowohl die Sicher


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heitsdoktrin als auch all das, was wir in puncto Kriegsmaterialgesetz und Truppenaufenthaltsgesetz beschließen wollen, sehr verschieden sind.

Jetzt gilt es, dieses Kriegsmaterialiengesetz gemeinsam mit dem Truppenaufenthaltsgesetz einfachgesetzlich zu regeln. Wir sind in Verzug. Wir haben 1998 die entsprechenden verfassungsrechtlichen Bestimmungen gemeinsam gefasst, Kollege Kostelka, und ich erinnere Sie an Ihre Verantwortung für diese Beschlüsse und die Umsetzung, die wir jetzt vorzunehmen haben. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Damit das Ganze nicht zu technisch wird, zitiere ich nur zur Erinnerung für jene, die zuhören – in der Materie sind die meisten ohnehin bewandert, aber wovon reden wir denn wirklich, wenn es darum geht, das Kriegsmaterialiengesetz im Detail zu ändern, und auf welcher Basis soll es geändert werden? –, beispielsweise aus der mir vorliegenden Regierungsvorlage: Einer Bewilligung zur "Ein-, Aus- oder Durchfuhr von Kriegsmaterial" steht dann nichts entgegen, wenn es sich um "1. einen Beschluss des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen oder 2. einen Beschluss auf Grund des Titels V des Vertrages über die Europäische Union" – also Amsterdamer Vertrag – "oder 3. einen Beschluss im Rahmen der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) oder 4. sonstige Friedensoperationen entsprechend den Grundsätzen der Satzung der Vereinten Nationen" handelt.

Kollege Kostelka! Was steht dem entgegen, auf der Basis solcher Maßnahmen, solcher Beschlüsse, solcher Vorhaben auch in Österreich das Kriegsmaterialiengesetz zu adaptieren, auch in Österreich sowohl die Ein- als auch die Aus- und Durchfuhr von Kriegsmaterialien zu genehmigen?

Ich weiß, dass Sie monieren, betreffend das Truppenaufenthaltsgesetz sei ursprünglich überhaupt nicht die Rede gewesen von dem, was jetzt in der Regierungsvorlage steht. Aber auch in diesem Zusammenhang zitiere ich nur zur Erinnerung und gleichsam zur Gedächtnisauffrischung für alle jene, die vielleicht ganz genau wissen wollten, worum es bei diesem Truppenaufenthaltsgesetz geht, wieder aus der Regierungsvorlage: "... ist der Bundesminister für Landesverteidigung im Einvernehmen mit dem Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten ermächtigt, den Aufenthalt von Truppen zu gestatten, insbesondere" – das ist besonders wichtig! – "1. zur Durchführung eines Beschlusses des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen, 2. zur Durchführung eines Beschlusses auf Grund des Titels V des Vertrages über die Europäische Union" – also Amsterdamer Vertrag, Wertegemeinschaft, Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik –, "3. zur Durchführung eines Beschlusses im Rahmen der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), 4. zur Teilnahme an sonstigen Friedensoperationen im Rahmen einer internationalen Organisation entsprechend den Grundsätzen der Satzung der Vereinten Nationen, wie etwa an Maßnahmen zur Abwendung einer humanitären Katastrophe oder zur Unterbindung schwerer und systematischer Menschenrechtsverletzungen, 5. zur Teilnahme an Übungen und Ausbildungsmaßnahmen ..." – Ich erspare Ihnen die lange Liste, die hier taxativ aufgezählt ist.

Und wieder die Frage an Sie, Kollege Kostelka: Was steht dem entgegen? Wenn – und ich argumentiere ganz einfach immer mit den gemeinsamen Beschlüssen aus dem Jahre 1998 und unseren verfassungsrechtlichen Verpflichtungen, die daraus resultieren – Europa eine Wertegemeinschaft ist, wenn Europa eine gemeinsame Außen- und Sicherheitsarchitektur baut, dann dürfen wir nicht unsolidarisch sein! Und ich bin sehr neugierig, wie Sie argumentieren werden, Kollege Kostelka, wie die Redner der SPÖ insgesamt argumentieren werden, denn ich finde – und das ist mein Empfinden auch von der Rechtsstruktur dessen, was wir beschlossen haben –, Sie gehen in hohem Maße unsolidarisch vor, unsolidarisch im eigenen Land, aber vor allem auch unsolidarisch gegenüber den Partnern in Europa, in der Europäischen Union. Und das verstehe ich nicht! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Die technische Vorgangsweise haben wir in einer sehr klugen Art und Weise vorgegeben: Der Innenausschuss möge sehr rasch das Kriegsmaterialiengesetz und das Truppenaufenthaltsgesetz behandeln. Das ist Teil der Aufgabe, die wir dann letztlich dem Bundesminister für Inneres übermitteln. Und es soll in einem zweiten Schritt – Kollege Murauer wird es als unser


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Wehrsprecher für die ÖVP argumentieren – zur Behandlung der Sicherheitsdoktrin der Landesverteidigungsausschuss und im Rahmen des Landesverteidigungsausschusses ein Unterausschuss eingesetzt werden, der sich mit diesem brisanten Thema beschäftigt.

Nur: So, wie Sie glauben, dass Sie das eine mit dem anderen verquicken können, gleichsam auf ein "Packel" hauen, um nur ja die Bundesregierung nicht entsprechende Beschlüsse fassen zu lassen, ist es für mich nicht nachvollziehbar. Da schlagen Sie für mich auch eine technische, juristische Volte, und das ist etwas, was ich für mich und für die ÖVP entschieden ablehne. Wir wollen den geraden, nachvollziehbaren, richtigen Weg gehen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Zusammenfassend: Die Bundesregierung, die Mitglieder der ÖVP und FPÖ wollen, dass der Innenausschuss aktiv wird. Die Frist, Herr Vorsitzender, bis 9. Mai ist, wie wir glauben, eine faire Frist. Ich kann jetzt versichern, dass wir um den Konsens bemüht sind und dies nicht im Dissens abhandeln wollen. Und ich glaube, dass auch der Ton meiner Rede, Herr Klubobmann Kostelka, dass das, was ich argumentiert habe, nicht von Schärfe getragen war, sondern davon, dass wir uns unserer Verantwortung bewusst sind. Seien Sie sich Ihrer Verantwortung für die Beschlüsse aus 1998 ebenfalls sehr bewusst! Tragen Sie mit uns gemeinsam diese Verantwortung! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

15.12

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Kostelka. – Bitte. (Abg. Dr. Khol  – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Dr. Kostelka –: Wieso habt ihr denn in Neubau, in deinem Bezirk, den Vorsteher verloren?)

15.12

Abgeordneter Dr. Peter Kostelka (SPÖ): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Sie haben Recht, Herr Kollege Kiss: Der Ton Ihrer Rede war nicht von Schärfe getragen. Aber das, was Sie in der Hand gehalten haben, war das schärfste parlamentarische Instrument, das Sie zur Verfügung haben, nämlich die Abkürzung, ja die Verunmöglichung von Diskussion. Sie verlassen mit dem Beschluss, den Sie jetzt fassen wollen, die Gemeinsamkeit in der Sicherheits- und Außenpolitik. (Beifall bei der SPÖ.) Die Fristsetzung ist es, die Totschlagargumentqualität hat, von der Sie gesprochen haben.

Ich bekenne mich zu allen Beschlüssen, die wir gemeinsam gefasst haben, auch zu dem Beschluss im Zusammenhang mit der Ratifizierung des Amsterdamer Vertrages und dem Ausschussbericht, der meine Unterschrift trägt, Herr Kollege Kiss. Aber lesen Sie, was dort genau steht! Wir haben im Zusammenhang mit dem Amsterdamer Vertrag ausdrücklich den Artikel 51 der UN-Charta angesprochen, und dieser Artikel 51 der UN-Charta enthält lediglich das selbstverständliche Recht jeder Nation, sich selbst zu verteidigen.

Wir glauben aber darüber hinaus, dass für friedensschaffende Maßnahmen, und das zeigen ja der Jugoslawien-Krieg und der Kosovo, eine Einbindung der OSZE, eine Einbindung der UNO unabdingbar ist.

Meine Damen und Herren! Wofür wir plädieren, ist Solidarität, ist aber in gleicher Weise, wie das die Schweden und die Finnen und die Iren in Anspruch nehmen, auch das Recht auf nationale Selbstbestimmung in diesem Zusammenhang.

Wir wollen in diesem Zusammenhang die Sicherheitspolitik Europas in einem großen und in einem Zusammenhang, der alle 15 Mitglieder umfasst, diskutieren. Und wir wollen das hier im österreichischen Nationalrat tun, im Rahmen der Sicherheitsdoktrin.

Herr Kollege Kiss! Es ist doch klar, dass man zuerst das Fundament eines Hauses baut und dann erst das Dach. Was Sie tun wollen, ist genau das Umgekehrte: Sie wollen zuerst das Dach und dann das Fundament. Die Sicherheitsdoktrin enthält die allgemeinen Regeln für die Sicherheitspolitik in Österreich, auch im Rahmen unserer Mitgliedschaft in der Europäischen Union. Diese Diskussion wollen Sie nicht abwarten, sondern das, was Sie tun wollen, ist, ein Kriegsmaterialgesetz zu novellieren und ein völlig neues Truppenaufenthaltsgesetz zu be


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schließen. Das, meine Damen und Herren, ist einmal mehr das Nicht-erwarten-Können und Husch-Pfusch.

Wir haben mit Ihnen grundsätzlich eine Novellierung dieses Kriegsmaterialgesetzes vereinbart. Aber was wir nicht vereinbart haben, ist, dass Sie im kalten Wege das Neutralitätsgesetz und die Bezüge auf das Neutralitätsgesetz aus jeder einzelnen Bestimmung herausstreichen.

Meine Damen und Herren! Sie verlassen die Gemeinsamkeit in diesem Zusammenhang deswegen, weil Sie offensichtlich die drei Elemente der Neutralität, des Neutralitätsgesetzes in Frage stellen wollen. Diese drei Elemente sind: keine Kriege führen, keine Truppen auf österreichischem Territorium und keine Bündnisse. Am dritten Element, an "keine Bündnisse", kommen Sie nicht vorbei. Aber Sie wollen offensichtlich, dass sich Österreich trotz seines neutralen Status an Kriegen beteiligt. Ich kann Ihnen das sogar nachweisen: Es war ausgerechnet die österreichische Außenministerin, die im Zusammenhang mit Mazedonien den Einsatz von Truppen ohne ein solches Mandat vorgeschlagen hat und damit sogar in der eigenen Bundesregierung helles Entsetzen ausgelöst hat. Das Truppenaufenthaltsgesetz soll ein Untergraben dieses zweiten Elements des Neutralitätsgesetzes sein.

Meine Damen und Herren! Für uns, für mich ist das Neutralitätsgesetz das Bekenntnis Österreichs nach dem Zweiten Weltkrieg, dass wir uns an keinem Krieg mehr beteiligen und dass wir auch fremde Truppen auf eigenem Territorium nicht haben wollen. Das heißt nicht, ...

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Ihre Redezeit ist zu Ende, Herr Abgeordneter!

Abgeordneter Dr. Peter Kostelka (fortsetzend): Das heißt nicht – und damit bin ich beim Schlusssatz –, dass wir nicht Solidarität üben. Ganz im Gegenteil: Österreich kann seit Beginn der sechziger Jahre eine Verletzung der Neutralität, eine Verletzung dieser Solidarität nicht vorgeworfen werden. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

15.18

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Murauer. – Bitte.

15.18

Abgeordneter Walter Murauer (ÖVP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Herr Klubobmann Kostelka, ich habe Ihnen jetzt natürlich aufmerksam zugehört, was Sie bei mir nicht tun, und ich habe daraus geschlossen, dass Sie meinen, nur die SPÖ wäre hier explizit gegen einen Krieg. Herr Kollege Kostelka, um das geht es nicht! Ich hoffe, Sie haben das nicht so gemeint. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir haben Ihnen auch angeboten, dass wir im Innenausschuss eine entsprechende Diskussion führen, dass wir uns auch mit dem Kriegsmaterialiengesetz auseinander setzen können. Sie meinten, Sie könnten das auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschieben. Wir müssen auch ... (Abg. Dr. Kostelka: Die Sicherheitsdoktrin ist "Sankt-Nimmerleins-Tag"?) – Nein! Ich rede von der jetzigen Fristsetzung. Sie haben mir nicht zugehört. Ich habe eingangs schon erwähnt, dass Sie mir leider nicht zuhören.

Ich darf Ihnen auch sagen, dass die Gemeinsamkeit in der Sicherheitspolitik unseres Landes und somit auch in der Verteidigungspolitik sicher gegeben ist, weil wir uns auch gemeinsam zu einem Unterausschuss des Landesverteidigungsausschusses bekannt haben.

Meine Damen und Herren, zum jetzigen Fristsetzungsantrag. Wir wollen – das Ziel ist klar – mit dieser Fristsetzung, mit diesem Abänderungsantrag eine Konsequenz aus dem Amsterdamer Vertrag erzielen. Es geht darum, dass weniger Bürokratie und Verwaltungsaufwand erforderlich ist und dass klare gesetzliche Regelungen und Rechtssicherheit in dieser Angelegenheit gegeben sind. Dass wir selbstverständlich auch EU- und völkerrechtlich konform gehen und dass selbstverständlich die Neutralität darüber steht und von dieser einfachgesetzlichen Regelung nicht betroffen ist, möchte ich nur der Sicherheit halber erwähnen.


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Wenn Sie wissen, dass bei einfachsten Dingen, die in diesem Gesetz behandelt werden, der Landesverteidigungsminister, das Innenministerium, das Außenministerium und das Bundeskanzleramt zu befassen sind, dann können Sie sich vorstellen, wie kompliziert, wie umfassend hier vorgegangen werden muss. Selbst bei einer Reparatur irgendwelcher Materialen, bei Modifikationen, Wartungen et cetera müssen alle Ministerien befasst werden. Und wenn es dabei zu einer nochmaligen Handlung kommen sollte, dann geht das Ganze zurück, sind wieder ein Antrag und wieder eine Bewilligung aller vier Ministerien notwendig und so weiter – und das nicht nur für militärische Geräte, sondern auch für Zoll, für Exekutive und Ähnliches mehr.

Neu ist in diesem Gesetz – und das hilft uns in der Abwicklung natürlich sehr –, dass wir bei einer Reparatur im Zusammenhang mit schon einmal bewilligten Angelegenheiten der Beschaffung nur mehr ein Anmeldeverfahren brauchen.

Durch dieses neue Gesetz, durch diese Novelle wird auch eine entsprechende Regelung dafür geschaffen, dass nicht mehr verwendete militärische Geräte vernichtet werden können.

Meine Damen und Herren! Wie sieht die Praxis aus? In aller Kürze: Wir haben doch in der Vergangenheit Überflugsgenehmigungen erteilt. (Abg. Dr. Lichtenberger: Sie!) Wir haben Bewilligungen für die Durchfuhr von Truppen für Einsätze gewährt. (Abg. Öllinger: Sie! Wir nicht!) Dabei war es immer wieder notwendig, alle damit Befassten zusammenzuholen, um auch nur Kleinigkeiten bewilligen zu können. (Abg. Öllinger: Wir nicht!) – Sie nicht, selbstverständlich! Sie sind überhaupt gegen alles und deswegen auch hier dagegen.

Meine Damen und Herren! Wir haben auch in Österreich gemeinsame Truppenübungen mit Truppen anderer Länder. Diese sind notwendig und werden in Zukunft noch notwendiger sein. Wir werden die Ressourcen der einzelnen Länder und Militärs nützen müssen, gerade auch deshalb, weil wir uns hier zur Teilnahme an der gemeinsamen EU-Eingreiftruppe entschieden haben und Österreich sich an den Einsatzkräften im Rahmen von internationalen Operationen beteiligt, Frau Kollegin, wie Sie hoffentlich im Laufe der Zeit mitbekommen haben. Deswegen wird es in zunehmendem Ausmaß notwendig sein, dass wir mehr kooperieren, dass wir mehr Gemeinsamkeiten finden und dass wir uns – Kollege Kiss hat es bereits erwähnt – der Solidarität, der wir uns verpflichtet haben, entsprechend besinnen und auch die entsprechenden Konsequenzen daraus ziehen.

Nur der Ordnung halber darf ich auch an unseren Beschluss der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik, der Petersberger Aufgaben, der Partnerschaft für den Frieden erinnern, zu der wir uns verpflichtet haben. Diese Gesetzesvorlage trägt dem Rechnung!

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Bitte um den Schlusssatz!

Abgeordneter Walter Murauer (fortsetzend): Jawohl, Herr Präsident! – Es geht um das Funktionieren dieser europäischen Solidarität, der Sicherheit und um eine entsprechende rechtliche Grundlage. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

15.24

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Jung. – Bitte.

15.24

Abgeordneter Wolfgang Jung (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine Damen und Herren, besonders von der SPÖ – an Sie wende ich mich hier –: Es geht im Gegensatz zu Ihren Befürchtungen eher, wie wir ja bereits gehört haben, um eine Beschleunigung von Abläufen der Verwaltung und um die Einhaltung – und das ist sehr wichtig – von Verpflichtungen gegenüber Partnern in der EU, die unter einem sozialdemokratischen Bundeskanzler eingegangen wurden.

Nicht geht es dabei hingegen – das halte ich hier ausdrücklich fest, Herr Kollege Kostelka – um eine weitere Aushöhlung der österreichischen Neutralität. Auch ein innerer Zusammenhang, wie Sie ihn sehen möchten, mit der Sicherheitsdoktrin hinsichtlich einer vorzeitigen Bündnisfestlegung ist sicher nicht gegeben.


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Was ist jetzt der Zweck dieser Novellierung? Wenn Sie hineinschauen, werden Sie sehr viele fachliche Punkte finden, unter anderem: klarere Definitionen; die rechtlich eindeutige Umsetzung der Beschlüsse der EU beziehungsweise der OSZE muss ermöglicht werden; ferner soll unter anderem dem Bundesministerium für Inneres die Handhabe gegeben werden, unter gewissen Voraussetzungen gewisse notwendige Sicherheitsmaßnahmen zu treffen; und schließlich erfolgt – was vor allem für das Verteidigungsministerium wichtig ist – eine eindeutige Regelung betreffend die Ein-, Aus- und Durchfuhr von Kriegsmaterial. Wenn ich Ihnen das anhand eines einzigen Beispiels erläutere, dann sehen Sie, dass das eine zweckmäßige Novelle ist, für deren Umsetzung es höchste Zeit ist: Wenn heute das Verteidigungsministerium ein Nachtglas zur Erprobung hat und es nach der Erprobung wieder zurück an die Firma schicken will, dann muss die Bundesregierung damit befasst werden. Das ist eine absurde Situation, die bereinigt gehört.

Es wurde schon mehrfach der Artikel 23f angesprochen, der ja auch auf Ihre Initiative hier eingebracht und von Ihnen mit beschlossen wurde. Sie wussten damals genau, dass die Gesetzeslage einer Novellierung bedarf. Ihre Hauptbefürchtung liegt, wenn ich Sie richtig verstehe, bei der Frage der Stationierung, Ein-, Aus- und Durchfuhr fremder Truppen. Ich erinnere mich noch sehr gut an die auch etwa um diese Zeit geführte Debatte um das SOFA-Abkommen, das gar nicht den Weg in dieses Haus gefunden hat und das Sie damals wohlweislich im Hauptausschuss behandelt haben. Dieses SOFA-Abkommen hat sehr weitreichende Bereiche umfasst. Sie erinnern sich: Wir haben dort NATO-Verbänden Zugeständnisse gemacht, die weit in die österreichische Rechtslage eingreifen – viel weiter als dieses Gesetz hier –, und die SPÖ hat damals geschwiegen. Kollege Schieder war, glaube ich, damals Ihr Wortführer im Ausschuss. Die SPÖ hat wohlweislich geschwiegen. Es gab damals das Unternehmen Alba, die Mission Alba unter NATO-Führung, nicht unter Führung der Vereinten Nationen – weil Sie, Herr Kollege, gesagt haben, es hat keine österreichische Neutralitätsverletzung gegeben. – Sie lächeln jetzt etwas verkniffen, Herr Kollege Kostelka. Sie wissen genau, dass diese Mission kaum eine Deckung in der österreichischen rechtlichen Situation finden konnte. Es wurde vom Tisch gewischt.

Ich habe damals im Zusammenhang mit diesem Seilbahnunglück von Cavalese darauf hingewiesen, dass wir auf Grund dieses Abkommens in eine ähnliche Situation kommen könnten wie Italien. Meine Bedenken wurden vom Tisch gewischt. Sie haben eine Situation geschaffen, zu der wir uns heute nach dem Grundsatz "pacta sunt servanda" bekennen. Aber die Abkommen wurden von Ihnen unter einem sozialdemokratischen Kanzler geschlossen.

Ich sehe aber deswegen nicht ein – und es ist auch der Öffentlichkeit und vor allem unseren europäischen Verbündeten und den übrigen EU-Staaten schwer zu vermitteln –, warum Beschlüsse, die unter einem sozialdemokratischen Kanzler gefasst werden, rechtens sind und diese dann, wenn sie unter einer anderen Regierung in die Praxis umgesetzt werden, quasi zur Neutralitätsgefährdung hochstilisiert werden. Das ist eine Sache, die für mich nicht verständlich ist, Herr Kollege!

Ein letzter Satz noch: Artikel 2 genehmigt den, ich betone, vorübergehenden Aufenthalt fremder Truppen unter der Auflage "soweit nicht völkerrechtliche Verpflichtungen oder überwiegend außenpolitische Interessen der Republik Österreich entgegenstehen". – Herr Kollege Kostelka! Wir sind uns doch einig, dass Österreich noch neutral ist. Die Neutralität ist eine völkerrechtliche Verpflichtung. Warum daher Ihre Befürchtungen? (Zwischenruf des Abg. Dr. Kostelka. ) Hier wird nichts aufgehoben, was in den Gesetzen Österreichs fixiert ist. Wir bekennen uns logischerweise alle – auch der Koalitionspartner bekennt sich dazu – zur Einhaltung der österreichischen rechtlichen Bestimmungen. Österreich ist neutral. Hier kann gegen diesen Bereich nicht verstoßen werden. (Abg. Schieder: Er sagt nur: Es ist keine völkerrechtliche Verpflichtung! Er sagt, sie ist zwar rechtlich, aber nicht völkerrechtlich!)

Herr Kollege Schieder! Die Neutralität ist eine rechtliche und eine völkerrechtliche Verpflichtung, davon bin ich fest überzeugt. Aber was ich nicht verstehe, ist die Herstellung eines Junktims zwischen diesem Gesetz, das die Praxis regelt, und der Frage der Diskussion um die österreichische Doktrin. Würden Sie das wirklich machen, würden Sie sich die Möglichkeit nehmen, zumindest in den nächsten drei bis vier Jahren, vielleicht aber auf viel längere Zeit, an der


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österreichischen Sicherheitspolitik mitzuwirken. Sie sind eine wesentliche Partei in dieser Republik, und es wäre, glaube ich, ein Fehler, und es wäre auch schade, wenn Sie sich aus dieser gemeinsamen Arbeit zurückziehen würden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

15.29

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Pilz. – Bitte.

15.30

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Meine sehr verehrten Damen und Herren! Immer wenn die Regierungsabgeordneten beginnen, kompliziert zu reden, haben sie etwas Einfaches vor. So auch in diesem Fall. Es geht nicht um irgendwelche Teile der Bundesverfassung, um irgendwelche komplizierten legistischen Probleme, es geht darum: ÖVP und Freiheitliche Partei wollen, dass Österreich der NATO beitritt – Punkt. Und sonst nichts. Sie wollen, dass die Sicherheitspolitik der Republik Österreich dem amerikanischen Oberkommando unterstellt wird. Sie wollen, dass der entscheidende Sicherheitspolitiker für Österreich ein wenig talentierter und eher zu internationaler Gewalt neigender Präsident namens Bush ist.

Das ist Ihr Vorhaben. Das ist Ihr politisches Vorhaben, und weil Sie nicht bereit sind, speziell nach diesem Wahlsonntag, das offen auf den Tisch zu legen, versuchen Sie hinterrücks, gesetzlich so lange zu "amputieren", bis es die Neutralität Ihrer Meinung nach nicht mehr gibt. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenruf des Abg. Mag. Kukacka.  – Abg. Dr. Leiner: Moskau! Moskau!)

Sie haben neulich eine Dringliche Anfrage eingebracht über gewaltbereite und gesetzesbrechende Mitglieder der linken Szene und, und, und. – Was halten Sie von einer Außenministerin, die erklärt, dass wesentliche Gesetze und Verfassungsbestimmungen dieser Republik (Abg. Dr. Fekter: Viel! Die beste Außenministerin!) nur noch auf dem Papier existieren? – Das war ihre wörtliche Formulierung! (Abg. Dr. Ofner: Eine ehrliche ...!)

Ein Teil der österreichischen Bundesverfassung existiert für die Frau Außenministerin nur noch auf dem Papier! – Was heißt das für den Vollzug eines Gesetzes, wenn ein Regierungsmitglied erklärt, die Neutralität existiert als Gesetz nur noch auf dem Papier? Ist dann dieses Gesetz nicht mehr zu befolgen? Und was heißt das für andere Gesetze? Kann jetzt über ein Sozialversicherungsgesetz, ein Schulgesetz oder sonst irgendetwas die Bundesregierung oder ein Regierungsmitglied erklären, diese Bestimmung existiert nur noch auf dem Papier, und deshalb ist sie nicht mehr einzuhalten? – Das ist die Art und Weise, wie diese Bundesregierung mit Gesetzen umgeht, und deswegen ist es wichtig, dass der Nationalrat und eine qualifizierte Minderheit in diesem Nationalrat eine Schranke einziehen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.) Diese Schranke heißt Zweidrittelmehrheit, und die werden Sie auch nicht durchbrechen.

Jetzt werden wir natürlich eine Sicherheitsdoktrin diskutieren, und wir werden auch versuchen, Ihnen klarzumachen, dass Sie Begriffe, Neutralitätsbezüge – was immer Sie wollen – aus einfachen Gesetzen herausstreichen können: Es bleibt trotzdem der Sperrriegel im Verfassungsrang, und daran werden Sie sich die Zähne ausbeißen! Daran wird sich nichts ändern.

Ich habe aber noch eine kleine Frage, und vielleicht ist irgendwer speziell aus dem Bereich des Heeres-Nachrichtenamtes bereit, diese kleine Frage zu beantworten: Was haben Sie vor im Bereich Kriegsmaterial-Exporte, dass dieses Gesetz novelliert werden muss? Was haben Sie vor etwa im Bereich Kriegsmaterial- und Dual-use- und Chemieexporte in den Irak? Warum gibt es wieder neue Handelsdelegationen im Irak? Warum gibt es starke freiheitliche Kontakte Richtung Irak? Warum gibt es ständig Geschäftsleute mit politischen Hintergründen, die im Irak auftauchen und Geschäfte anbahnen wollen? Warum ist es geplant, trotz Embargo eine neue Außenhandelsdelegation mit quasi diplomatischem Status im Irak einzurichten? (Abg. Mag. Schweitzer: Es gibt auch sozialdemokratische Kontakte in den Irak! Das ist ja unglaublich! Ein absoluter Sündenbock!)

Ich sage es Ihnen ganz offen: Weil Sie und Ihre finanziellen Hintermänner, Herr Abgeordneter Schweitzer, möglichst bald wieder mit Regimes wie dem Saddam Husseins im Irak Ihre Ge


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schäfte machen wollen (Beifall bei den Grünen – Abg. Mag. Schweitzer: Du hast schon wieder einen Irrtum beieinander!), und da ist Ihnen das Kriegsmaterialgesetz im Weg, und da ist Ihnen die Neutralität im Weg!

Wenn es auch dazu dient, Geschäfte mit Saddam Hussein zu verhindern – auch wenn Freiheitliche noch so viel Interesse daran haben –, dann wird es uns ein großes Anliegen sein, diese Bestimmungen im österreichischen Nationalrat vor Ihnen zu schützen! – Danke. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Mag. Schweitzer: Weißt du eh, wer hinunter fährt? Edlingers Bruder fährt oft in den Irak!)

15.34

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Die Rednerliste ist hiermit erschöpft. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über den Antrag, dem Ausschuss für innere Angelegenheiten zur Berichterstattung über die Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Ein-, Aus- und Durchfuhr von Kriegsmaterial und das Waffengesetz 1996 geändert werden sowie ein Truppenaufenthaltsgesetz erlassen wird, 428 der Beilagen, eine Frist bis 9. Mai 2001 zu setzen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Fristsetzungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Ich stelle fest, das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Fortsetzung der Tagesordnung

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Ich nehme jetzt die Verhandlungen über die Punkte 4 und 5 der Tagesordnung wieder auf.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Böhacker. – Bitte.

15.35

Abgeordneter Hermann Böhacker (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Bevor ich auf das Thema Bundesbeschaffung GmbH eingehe, möchte ich ganz kurz auf das Abstimmungsverhalten der Grünen im Zusammenhang mit dem Abänderungsantrag Dr. Feurstein, Böhacker zurückblenden beziehungsweise darauf replizieren.

Sie haben dagegen gestimmt, dass die finanziellen Ressourcen für die Umsetzung der Vereinbarungen von Melk im Zusammenhang mit dem Kernkraftwerk Temelin geschaffen werden. Sie haben aber auch dagegen gestimmt, dass seismische Untersuchungen im Zusammenhang mit dem Kernkraftwerk Krško weiter betrieben werden können. – So schaut Ihre Antiatompolitik, meine Damen und Herren von den Grünen, aus: Beschämend! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Haigermoser: ... den Herrn Trittin!)

Meine Damen und Herren! Die Bündelung der Beschaffung von Waren und Dienstleistungen ist in der Privatwirtschaft zur Nutzung von Synergien längst, wie man so schön sagt, Stand der Technik. Es war daher nur eine Frage der Zeit, bis auch die öffentliche Hand diesbezüglich entsprechende Maßnahmen setzt und es zu einer einheitlichen Beschaffung, einer Bündelung der Beschaffungsvorhaben kommen wird. Ich war daher eigentlich sehr optimistisch, als im Finanzausschuss alle Fraktionen grundsätzlich dafür eingetreten sind und gesagt haben, die Bündelung, die Nutzung von Synergieeffekten im Beschaffungswesen sei durchaus grundsätzlich positiv zu sehen.

Natürlich – und ich möchte das gar nicht verhehlen – ist diese Beschaffungsart durchaus sensibel zu sehen und ein Akt, der sehr genau geprüft werden muss. Trotzdem müssten wir alle einer Meinung sein, dass wir den langjährigen Forderungen des Rechnungshofes, diese Synergien zu nutzen, nicht widersprechen, sondern, ganz im Gegenteil, entsprechend Rechnung tragen sollten.


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Wenn wir wirklich seriös über diese Bundesbeschaffung GmbH diskutieren wollen, dann müssen wir uns klar werden, welche Ziele wir damit verfolgen wollen, und da gibt es selbstverständlich verschiedene Zugänge: Da gibt es einerseits die Nutzung der Synergieeffekte in der Preisgestaltung, und andererseits gibt es auch, wie es die Grünen meinen, die Möglichkeit, durch die Anschaffung von großen Einheiten durch den Bund eine gewisse Lenkungsmaßnahme zu setzen.

Ich beziehungsweise die freiheitliche Fraktion, wir sehen das so, dass es hier nicht ein Entweder-oder gibt, sondern – ganz im Gegenteil! – ein Sowohl-als-auch. Wir sollen einerseits die finanziellen Ressourcen, die finanziellen Synergien nutzen, und andererseits auch dort, wo es möglich ist, gewisse Lenkungsmaßnahmen ergreifen. Das Bundesvergabegesetz schafft ja dafür die rechtlichen Grundlagen.

Daher noch einmal: Wir sollen nicht im Sinne eines Entweder-oder, sondern im Sinne von Sowohl-als-auch die Vorteile einer derartigen Bundesbeschaffung GmbH nutzen. Und da, meine Damen und Herren, liegt der Unterschied zwischen der zentralen Beschaffung im privaten Bereich, bei privaten Firmen, die in der Regel nur den finanziellen Vorteil sehen, und dem organisierten Beschaffungswesen im Bereich des Bundes.

Ich sage aber auch ganz deutlich: Wir müssen sehr, sehr aufpassen, damit es einerseits durch diese Bündelung nicht zu einem so genannten Nachfragemonopol und andererseits durch die Größe der Aufträge nicht zu einem Bietermonopol kommt.

Ich darf daher in diesem Zusammenhang im Sinne der österreichischen klein- und mittelständischen Wirtschaft, im Sinne der österreichischen Arbeitsplätze, aber auch im Sinne der inländischen Wertschöpfung folgenden Antrag einbringen:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Böhacker, Dr. Stummvoll und Kollegen zur Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz über die Errichtung einer Bundesbeschaffung Gesellschaft mit beschränkter Haftung (BB-GmbH-Gesetz) (486 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Die im Titel bezeichnete Regierungsvorlage wird wie folgt geändert:

a) In § 3 wird folgender Abs. 2 neu eingefügt:

"(2) Der Bundesminister für Finanzen hat durch Verordnung jene Güter und Dienstleistungen zu bestimmen, die nach diesem Bundesgesetz zu beschaffen sind. Dabei hat er auf die regionale Versorgungsstruktur durch Klein- und Mittelbetriebe, Arbeitsplätze und Wertschöpfung Bedacht zu nehmen."

b) Der bestehende Abs. 2 erhält die Bezeichnung "Abs. 3".

*****

Kollege Kiermaier ist nicht im Saale. (Abg. Kiermaier: Freilich!)  – Ja, Herr Kollege, bitte um Entschuldigung! Herr Kollege Kiermaier, wenn Sie diesem Antrag nicht zustimmen, dann stellen Sie sich gegen die klein- und mittelständische Wirtschaft. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Haigermoser: Selbstverständlich! – Abg. Dr. Khol: Das tut er nicht!) – Das tut er, wenn er nicht zustimmt. (Abg. Dr. Khol: Das tut er nicht! Er stimmt zu!)

Ich verweise in diesem Zusammenhang auf die Ausführungen der sozialdemokratischen Abgeordneten im Finanzausschuss, die grundsätzlich ja gesagt haben dazu, unter der Voraussetzung, Frau Kollegin Hagenhofer, dass es zu keiner Benachteiligung der klein- und mittelständischen Wirtschaft kommt. Das haben Sie gesagt!


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Mit diesem Abänderungsantrag sind wir Ihnen nicht einen Schritt, sondern viele Schritte entgegengekommen, und daher ist es für mich absolut unverständlich, dass Sie von der SPÖ die klein- und mittelständische Wirtschaft, die Arbeitnehmer in diesen Betrieben einfach im Regen stehen lassen – vor allem Kollege Kiermaier, der wohl einer der wenigen, wenn nicht überhaupt der Einzige ist, der sich auch in der Vergangenheit für die mittelständische Wirtschaft eingesetzt hat (Abg. Haigermoser: Nur verbal!), denn sonst gibt es das bei der SPÖ ja nur in sehr, sehr bescheidenem Ausmaß (Abg. Haigermoser: Nur verbal!); aber auch Kollege Kiermaier hat das, wie Kollege Haigermoser offensichtlich richtig sagt, nur verbal getan.

Meine Damen und Herren! Allein durch die Tatsache, dass der Finanzminister durch Verordnung die Güter und Dienstleistungen, die nach diesem Bundesgesetz zu beschaffen sind, unter Berücksichtigung der klein- und mittelständischen Betriebe, der Arbeitsplätze und der Wertschöpfung festzusetzen hat – das ist keine Kann-Bestimmung, sondern er muss sie festsetzen! –, ist garantiert, dass es zu den Ausuferungen, wie Sie sie dargestellt haben, nicht kommen wird.

Meine Damen und Herren! Es ist ja Unsinn, wenn seitens der Sozialdemokraten hier erklärt wird, dass jeder Bleistiftspitzer, jeder Radiergummi, jede Frühstückssemmel zentral über eine Bundesbeschaffung GmbH ausgeschrieben werden soll. Kollege Kiermaier hat vom Buchhandel und von Büroartikeln gesprochen: Das ist doch blanker Unsinn! Schauen Sie sich im Gesetz die entsprechenden Produktgruppen, die hier in Frage kommen, an, und erklären Sie mir hier – kommen Sie heraus! –, welcher mittelständische Betrieb Strom, Erdgas, Wärme, Telekom-Leistungen, Post- und Datenleitungen oder Treibstoffe anbietet! Welcher klein- und mittelständische Betrieb bietet das an? – Das bieten heute Mineralölgesellschaften an und nicht die Tankstellen! Das liegt doch klar auf der Hand.

Daher, meine Damen und Herren, sollten wir wirklich im Sinne auch der österreichischen Wirtschaft, im Sinne eines gewissen Lenkungseffektes, im Sinne eines sparsamen Umganges mit den österreichischen Steuermitteln dieser Bundesbeschaffung GmbH die Zustimmung erteilen, wiewohl ich sage, es ist kein Grund für ein Ohne-wenn-und-aber, es ist kein Grund für eine Euphorie, aber ... (Abg. Kiermaier begibt sich zum Rednerpult und hält dem Redner den Text der Regierungsvorlage vor.)  – Herr Kollege Kiermaier, was soll das bedeuten? (Abg. Kiermaier: Da steht es! "Büromöbel"!) Wo steht "Büromöbel"? (Abg. Kiermaier: Da! – Heiterkeit bei Abgeordneten der SPÖ.) Steht überhaupt nicht ... (Abg. Kiermaier: "Büromöbel und Büromaterial" – bitte sehr! – Beifall und Bravo-Ruf bei der SPÖ.) Wo? – Ist nicht vorgesehen, steht drinnen!

Kollege Kiermaier, bitte genau lesen und nicht herauskommen und irgendetwas sagen, was gar nicht der Wahrheit entspricht! Herr Kollege Kiermaier, Sie sind hier einfach am falschen Dampfer und leben in der Steinzeit! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

15.44

Präsident Dr. Werner Fasslabend: "Doppelconferencen" sind laut Geschäftsordnung an sich nicht vorgesehen (Abg. Haigermoser: Kiermaier! Nicht genügend!), aber der Versuch, eine Berichtigung durchzuführen, ist ausnahmsweise statthaft. (Abg. Edlinger: Es steht nirgends, dass es nicht sein darf!)

Der eingebrachte Abänderungsantrag der Abgeordneten Böhacker, Dr. Stummvoll und Kollegen ist ausreichend unterstützt, steht auch in einem ausreichenden sachlichen Zusammenhang mit der Verhandlungsmaterie und steht damit mit zur Verhandlung beziehungsweise dann zur Abstimmung.

Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Huber. – Bitte.

15.45

Abgeordnete Anna Huber (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Das war jetzt eine sehr schöne Demonstration der Dialogbereitschaft der Koalitionsregierungsparteien. (Abg. Böhacker: Soll ich auch mit Ihnen plaudern so wie der Kollege Kiermaier mit mir?) Nachdem in der Begutachtung der Rechnungshof, die Wirtschaftskammer, die Gewerkschaft Öffentlicher Dienst, das Amt der Niederösterreichischen Landesregierung, das


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Bundesministerium für öffentliche Leistung und Sport (Abg. Böhacker: Das ist alles berücksichtigt worden!) massive Bedenken eingebracht haben (Abg. Böhacker: Die haben alle zugestimmt!) – nun, die haben offensichtlich dann das Gesetz auch nicht ordentlich gelesen und leben auch noch in der Steinzeit; ich halte das fest – und im Budgetausschuss all diese Bedenken von uns wiederholt und durch Beispiele erhärtet worden sind, waren Sie absolut nicht bereit, auch nur darüber nachzudenken, diese Gesetzesvorlage in dem einen oder anderen Punkt auch nur um einen Millimeter zu verändern.

Wenn es Ihnen tatsächlich ernst wäre und um die Mitwirkung der Opposition ginge, dann hätten Sie uns doch, um Gottes willen, so wie im parlamentarischen Umgang üblich, diesen Abänderungsantrag wenigstens vor ein paar Stunden übergeben! Damit hätten wir die Chance gehabt, die vorgeschlagenen Änderungen dahin gehend zu prüfen, ob dadurch tatsächlich wenigstens die ärgsten unserer Bedenken beseitigt würden.

Das größte Problem für uns ist und bleibt, dass bei EU-Ausschreibungen im Dienstleistungsbereich ein Schwellenwert von 1,2 Millionen Schilling – 1,2 Millionen Schilling, bitte! – besteht, und das wissen Sie auch. Wenn man da EU-weit oder gemeinsam ausschreibt, dann wird dieser erschreckend niedrige Schwellenwert sehr leicht und sofort erreicht und überschritten, und das heißt: massiver Kaufkraftabfluss nach Europa, negative Auswirkungen auf die Klein- und Mittelunternehmen. Das, was Sie hier anbieten, dass jetzt alles im Verordnungswege geregelt wird, das, muss ich sagen, ist uns zu wenig!

Kollege Böhacker hat in seiner Rede die Frage angesprochen, welche Ziele man bei solchen Einsparungen verfolgt. Er hat gemeint, es gehe einerseits um die Synergienutzung in Bezug auf den Preis, und andererseits gehe es auch um einen möglichen Lenkungseffekt, und er hat gemeint, man muss ein Sowohl-als-auch anstreben.

Wenn ich mir aber jetzt diesen Abänderungsantrag in der kurzen Zeit angeschaut habe, dann muss ich feststellen, dass die Synergienutzung in Bezug auf den Preis im Gesetz festgehalten ist, dass aber die möglichen Lenkungsmaßnahmen, bei denen es vielleicht um umweltrelevante Überlegungen bei der Beschaffung geht, dann irgendwo in einer Verordnung enthalten sind, an der wir keine Möglichkeit haben, mitzuwirken oder sie zu beeinflussen.

Wenn daher die Intention dieses Bundesbeschaffung-GmbH-Gesetzes nur die Einsparung ist und sonst nichts, dann werden die Klein- und Mittelbetriebe und die Regionen die Zeche zahlen müssen. Umweltrelevante Überlegungen, die regionale Beschäftigungssituation, das Wirtschaftswachstum in den Regionen bleiben auf der Strecke. Deshalb wird meine Fraktion im Interesse der Klein- und Mittelbetriebe, im Interesse der Beschäftigten in diesem Bereich und im Sinne der Regionen dieser Gesetzesvorlage nicht zustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

15.49

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Böhacker zu Wort gemeldet. – Bitte.

15.49

Abgeordneter Hermann Böhacker (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Die Frau Vorrednerin hat erklärt, die Abgeordneten der Regierungsparteien hätten im Finanzausschuss – es war nicht der Budgetausschuss, sondern es war der Finanzausschuss – keine Bereitschaft gezeigt, auch nur einen Millimeter, auch nur einen Beistrich an der Vorlage zu ändern. – Das ist unrichtig.

Wahr ist vielmehr Folgendes – und ich berichtige hiermit diese Aussage und nehme Bezug auf die "Parlamentskorrespondenz" –:

"Um die Zustimmung der Oppositionsparteien zu erhalten, hielt es Stummvoll für möglich, sich bis zur Zweiten Lesung darum zu bemühen, Teile der Erläuterungen betreffend die Erhaltung regionaler Versorgungsstrukturen und die Sicherung der Chancen von kleinen und mittleren Betrieben in den Gesetzestext zu übernehmen."


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Das haben wir angekündigt, und das haben wir getan. Daher ist Ihre Aussage unrichtig! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

15.50

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Staatssekretär Dr. Finz. – Bitte.

15.50

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Alfred Finz: Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr verehrte Abgeordnete! Durch das Bundesbeschaffungsgesetz wird ein wesentlicher Nachteil der bisherigen Verwaltungsorganisation des Bundes beseitigt. Das Ressortprinzip führt dazu, dass, obwohl wir nur eine Gebietskörperschaft haben, dieselben Dinge von verschiedenen Einkäufern eingekauft werden, die alle voneinander keine Ahnung haben. Ich habe mich immer darüber gewundert, warum wir zum Beispiel von einem Hersteller Großrechenanlagen desselben Typs, mit derselben EDV-Ausstattung, mit denselben Programmen zu verschiedensten Preisen einkaufen. Das kann doch nicht gut sein.

Ich möchte gleich, Herr Abgeordneter Kiermaier, einen Irrtum bereinigen. Es wird jetzt kein zentraler Einkauf eingerichtet, so wie es ihn bei der Post oder bei der Eisenbahn gegeben hat, wo es ein Zentral-, ein Regionallager gegeben hat, wo man auf eine bestimmte Ware wochenlang warten musste. Diese Gesellschaft wird nur Rahmenverträge abschließen, und der dezentrale Einkäufer schließt sich diesem Rahmenvertrag durch einen konkreten Einzelvertrag an, mit dem er dann eine bestimmte Menge abruft. Das ist der große Unterschied. Es werden keine Waren hin und her bewegt, und das ist sehr gut so.

Davon gibt es noch Ausnahmen. Schauen Sie sich den § 4 Abs. 2 Z 2 an! Darin ist vorgesehen, dass man, wenn etwas besonders dringlich ist, ausweichen kann. Das gilt aber auch für den Fall, dass man etwas noch günstiger bekommen könnte. Nicht einmal dann wird man, weil man einmal ja gesagt hat, gezwungen, das auch dort einzukaufen. Wenn man in der Zwischenzeit etwas günstiger bekommt, kann man das günstigere Gut kaufen. So eine feine Konstellation möchte ich als Einkäufer einmal haben. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Huber: Das ist ohnehin in Ordnung!) Bitte? (Abg. Huber: Das ist auch nicht kritisiert worden! Das ist ohnehin in Ordnung!) Ja, ich weiß nicht, was dann noch zu kritisieren ist.

Ich empfehle Ihnen, sich die Erläuterungen zu § 2 anzusehen. Darin ist die Vorgangsweise dieser Gesellschaft ganz genau angeführt. Die Gesellschaft kauft zunächst Dinge ein, die kein Klein- und Mittelunternehmen bisher angeboten hat, wie etwa Energie, Kraftfahrzeuge und dergleichen mehr; nur diese Dinge. Dann ist eine Evaluierung vorgesehen, und erst im zweiten Durchgang – Erläuterungen, "Besonderer Teil", zu § 2 – sind allenfalls Büromittel- oder Büroanschaffungen vorgesehen, wobei selbst in den Erläuterungen festgehalten ist, dass diese Gesellschaft regionale Beschaffungen – also nicht Beschaffungen in ganz Österreich – durchführen muss. Eine Bevorzugung der heimischen Industrie kann man nicht ausdrücklich hineinschreiben, weil das den EU-Vergabenormen widersprechen würde. Wir müssen uns weiterhin an die materiell-rechtlichen Vergabevorschriften der EU halten. Außerdem ist das ein reines Organisationsgesetz, durch welches die materiell-rechtlichen Vergabevorschriften nicht geändert werden.

Was bringt uns jetzt diese Schaffung einer Bundesbeschaffung GmbH? Wir gehen – das ist ebenfalls in den Erläuterungen angeführt – von einem Beschaffungsvolumen von 5,7 Milliarden Schilling pro Jahr aus. Wenn wir sehr vorsichtig schätzen – man schätzt höhere Prozentsätze, aber wir haben absichtlich einen niedrigen Satz mit 10 Prozent angenommen –, so bedeutet das allein beim Einkauf eine Ersparnis von 570 Millionen Schilling. Dieses Geld können wir in anderen Bereichen gut verwenden.

Wir haben folgende Regelung mit den Ressorts getroffen, damit wir einen Anreiz geben, sich dieser zentralen Beschaffungsagentur zu bedienen: Für das Jahr 2001 ist sowieso alles gelaufen, da bleiben die Ersparnisse zur Gänze den Ressorts. Für das Jahr 2002 beschließen wir dieser Tage das Budget, da bleiben die Einsparungen ebenfalls zur Gänze den Ressorts. Ab dem Jahr 2003 bieten wir den Ressorts eine 50 : 50-Regelung an: 50 Prozent der Ersparnisse


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verbleiben in den Ressortkrediten und können anders verwendet werden, 50 Prozent fließen in das allgemeine Budget.

Aber nicht nur diese Rabattlösung erspart den Ressorts Einkaufskosten, es kommt ja noch dazu, dass jetzt von der Bundesbeschaffung GmbH Ausschreibungen gemacht werden, Rahmenverträge abgeschlossen werden. Dahinter steckt sehr viel operative Tätigkeit. Diese Tätigkeit erspart man sich dann in den einzelnen Beschaffungsstellen. Dadurch reduziert sich auch der Planstellenaufwand, und wir gehen von einem weiteren Einsparungspotential von schätzungsweise 100 Millionen aus.

Diesen Einsparungskosten steht nun ein Mehraufwand dieser Gesellschaft gegenüber, den wir aber sehr klein halten werden. Wir gehen davon aus, dass diese Gesellschaft in etwa 30 Millionen Schilling kosten wird. Alles in allem gesehen also eine Ersparnis von mindestens einer halben Milliarde.

Sie fordern Strukturreformen ein und haben dies auch heute wieder getan. Wenn Sie das ernst meinen, dann müssten Sie eigentlich zustimmen. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

15.56

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Hofmann. – Bitte.

15.56

Abgeordneter Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich glaube, der Herr Staatssekretär hat jetzt sehr ausführlich und klar dargestellt, was mit diesem Bundesgesetz zur Schaffung der Bundesbeschaffung GmbH passieren soll, was diese Gesellschaft bewegen soll. Es wird mit Sicherheit so sein, dass das auch eine kleine Maßnahme zur Budgetkonsolidierung ist und dass die zu schaffenden Rahmenverträge sicherlich auch einen kleinen Teil einer Verwaltungsreform im Bereich des Beschaffungswesens darstellen.

Die Ist-Situation wurde dargestellt. Das heißt, bislang gilt das Ressortprinzip, und es findet eben keine Koordinierung statt. Durch die Volumensbündelung und durch die Bedarfsbündelung soll es nun natürlich zu Einsparungen kommen. Berechtigterweise muss man sich fragen: Wer hat diese Einsparungen zu tragen? Ich weise darauf hin, dass selbstverständlich bei einem Auftrag für eine größere Stückzahl beispielsweise die Produktionskosten geringer werden. Das Gesetz regelt auch, was nicht in den eigenen Geltungsbereich zu fallen hat.

Und dann kommt Kollege Kiermaier und rettet die kleinen und mittleren Unternehmen Österreichs (Abg. Böhacker: Ha! Ha!), indem er auf die Schulbuchaktion hinweist – ich glaube, das war damals eine Erfindung unter Kreisky (Abg. Huber: Eine sehr gute Erfindung! – Abg. Reheis: Eine gute Erfindung!)  – und dazu vorbringt, wie sehr doch Papier- und Buchhändler unter dieser zentralen Beschaffung leiden würden. Weiters führt er – ebenso aus dem sozialistischen Bereich – die Bundesbahnen mit den ausgetrockneten Kugelschreibern und mit den leeren Taschenlampenbatterien an.

Der Antrag von Böhacker und Stummvoll trägt dem Rechnung, dass genau das nicht passiert. In diesem Antrag geht es um den Schutz der kleinen und mittleren Unternehmungen, um den Schutz von Arbeitsplätzen, um die Rücksichtnahme auf die regionalen Erfordernisse und Bedürfnisse. Eine Festlegung von Waren und Dienstleistungen durch Verordnung durch einen Minister ist möglich.

Ich habe keine Bedenken, dass es mit diesem Gesetz zu einer so genannten Semmelbewirtschaftung kommen wird, obschon ich die Bedenken verstehe. Wenn ich mich daran erinnere – so lange ist es noch nicht her –, dass die damalige Ministerin Hostasch mit der damaligen Stadträtin Ederer gemeinsam eine 90-Millionen-Schilling-Förderung beschließen wollte, deren Nutznießer der Industriebäcker Ankerbrot, zur angeblichen Sicherung von Arbeitsplätzen, sein sollte, dann wäre es bei so einem Gesetz schon nahe liegend zu regeln, dass auch


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die Semmeln dann über ganz Österreich verteilt werden würden. Ein sozialistischer Finanzminister würde das sicherlich auch in Kauf nehmen – trotz aller logistischen Problematik.

Also es ist sicher so, dass durch dieses Gesetz weder trockene Kugelschreiber noch trockene Brötchen und Semmeln in Österreich verteilt werden. Garant dafür ist eine blau-schwarze Regierung, die eine andere Vorgangsweise wählt, als es die Sozialisten früher gemacht haben. Garant dafür ist auch ein Finanzminister Karl-Heinz Grasser, der sehr wohl weiß, wo die Bedürfnisse der kleinen und mittleren Unternehmen liegen, der sehr wohl weiß, wie wichtig es ist, Arbeitsplätze auch in den Regionen zu erhalten. Das ist ein Gesetz zur Verschlankung des Staates, zur Kostenreduktion, zur Entlastung des Steuerzahlers. Und ich denke, das tut uns allen gut. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

16.00

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Glawischnig. – Bitte. (Abg. Haigermoser: Da wollte der Kiermaier 90 Millionen für Ankerbrot! Das haben wir verhindert!)

16.01

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Hofmann, das war jetzt eine echte Provokation für mich als Nachrednerin, als Umweltsprecherin: Das tut uns allen gut. – Ich kann es gar nicht glauben.

Ich möchte noch einmal auf den Punkt zurückkommen, den ich Ihnen schon im Ausschuss einmal klarzumachen versucht habe und der wirklich eine wichtige Sache ist. Wenn man bei einer zentralen Beschaffung ausschließlich Sparziele im Vordergrund hat und keine inhaltlichen Ziele – also etwa umweltgerechte Beschaffung, Energieeinsparung et cetera – verfolgt, wenn man in keiner Weise fähig ist, das miteinander zu verbinden, dann ist das ein Armutszeugnis. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Böhacker: Sowohl als auch!) Gerade Sie sagen das, die Sie sich immer wieder an die Grenze zur Tschechischen Republik hinstellen und sagen: Kein Atomstromimport! Kein Temelin-Strom nach Österreich! (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Ich verlange jetzt und hier an dieser Stelle eine Garantieerklärung, dass durch diese Ausschreibung dieser 1 Milliarde Schilling kein Atomstrom zusätzlich nach Österreich importiert wird. Solange das nicht der Fall ist, kann ich diese Agentur in keiner Weise als irgendeinen Forschritt betrachten, und mich ärgert es, dass Sie in keiner Weise auf diesen unseren zentralen Vorwurf eingegangen sind. (Abg. Böhacker: Sie haben eine eindimensionale Sichtweise!)

Ich möchte es Ihnen noch einmal belegen, denn ich habe die Ausschreibungsunterlagen da. Da sind unter "Vorgangsweise als Teil der konzentrierten Beschaffung von Energie" die Eckpunkte dieser Ausschreibung ausgeführt. Ich werde Ihnen vorlesen, was die Eckpunkte dieser Ausschreibung sind, denn das mit diesen Fortschritten war jetzt wirklich eine Provokation. (Abg. Haigermoser: Ihr Parteigenosse ist für Atomstrom!) Als Eckpunkte sind angeführt: Versorgungssicherheit, kurze Interventionszeit, Energiebuchhaltung, Spitzenlastmanagement, Netzzugangsverträge.

Es ist in keiner Weise ausgeführt oder in irgendeiner Weise garantiert, dass mit dieser Ausschreibung diese eine Milliarde Schilling, um die es geht – und das ist relativ viel Geld –, ein österreichischer Stromkonzern bekommt, sondern diesen Zuschlag bekommt irgendjemand, der sich vom europäischen Markt her – ob das jetzt die EdF oder die E.ON ist – zum Billigstbieterprinzip bewirbt. (Abg. Haigermoser: Wer hat denn das bisher ausgeschrieben?)

Mir ist es nicht Wurscht, ob eine Milliarde Schilling an Stromkosten der Republik Österreich ein ausländischer Atomriese bekommt oder Wienstrom, sage ich jetzt einmal ganz leger. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Haigermoser: Sie haben ja jahrelang gegen den Ausbau der Wasserkraft gekämpft! Wer war denn gegen die Wasserkraft?) Und ich glaube, dass auch Ihnen das nicht Wurscht sein kann. Da geht es um die Bundesgebäude, da geht es um die Universitäten, da geht es um die Schulen. Ich glaube, die österreichischen Schulkinder werden sich dafür bedanken, wenn sie in Zukunft vielleicht Temelin-Strom beziehen müssen, nur weil Sie unfähig sind, in solche Agenturbeschreibungen das große Ziel einer ökologischen, umweltgerechten Be


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schaffung in irgendeiner Form mit hineinzunehmen. Ich finde das wirklich enttäuschend. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Böhacker: Haben Sie eine Detailausschreibung? Sie haben Eckpunkte, aber keine Detailausschreibung!)

Jetzt sage ich Ihnen noch einmal – das sind die Unterlagen; Sie können sich diese gerne nachher anschauen –, was die Eckpunkte sind: Es wird nach dem Billigstbieterprinzip ausgeschrieben, es wird nach diesen Vorlagen keine umweltgerechte Beschaffung im Strombereich geben. (Neuerliche Zwischenrufe bei den Freiheitlichen. – Präsident Dr. Fasslabend gibt das Glockenzeichen.) Sie können das gerne vertreten. Sie können gerne den Schulkindern erklären, warum sie, die in ihren Schulen Sonnenkraftwerke wollen, die Solarzellen bauen wollen, Temelin-Strom beziehen müssen. (Abg. Böhacker: Warum haben Sie die finanziellen Mittel für die Umweltverträglichkeitsprüfung für Temelin abgelehnt? Das müssen Sie uns einmal erklären!)

Ich komme jetzt noch zu ein paar anderen Kritikpunkten. Es geht um 6 Milliarden Schilling Beschaffungsvolumen. Das ist eine ziemlich starke zentrale Beschaffungsmacht. Es hat von unserer Seite auch noch einen anderen massiven Kritikpunkt gegeben, nämlich: Alle Macht dem Finanzminister! Was ich überhaupt nicht einsehe und was mir niemand erklären kann, ist, warum die beiden Geschäftsführer und vier Mitglieder des fünfköpfigen Aufsichtsrates vom Finanzminister bestellt werden, warum der Finanzminister allgemeine Weisungen und auch Weisungen im Einzelfall erteilen kann. Ist das jetzt Ihre Art von Entpolitisierung, im Einzelfall bei Beschaffungsaufträgen Weisungen zu erteilen? Mir ist das nicht klar, und ich finde, das kann man auch nicht argumentieren. Das kann nur so ausschauen, dass es dann im Einzelfall bestimmte Bevorzugungen gibt. Oder was soll "Weisungen im Einzelfall" sonst heißen? (Zwischenbemerkung von Staatssekretär Dr. Finz. ) Man kann das doch ändern, das ist ja überhaupt kein Problem. Warum Weisungen im Einzelfall? (Staatssekretär Dr. Finz: Der Minister hat die Ministerverantwortlichkeit!) – Ja gut, Ministerverantwortlichkeit. Aber das ist eine etwas sehr einseitige Ministerverantwortlichkeit.

Unser dritter Kritikpunkt: 6 Milliarden Schilling Beschaffungsvolumen. Es hat sehr, sehr viele kritische Stellungnahmen gegeben. Die Frage der Klein- und Mittelbetriebe ist schon angesprochen worden. Und jetzt kommt auf einmal ein Abänderungsantrag! Man muss sich entscheiden. Wenn man sagt: Wir wollen Großaufträge vergeben, wir wollen zentralisieren, wir wollen dadurch eine Budgetkonsolidierung machen!, dann kann man aber nicht gleichzeitig sagen: Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass! Das ist eine völlig skurrile Situation: Einerseits soll man EU-weit ausschreiben, aber andererseits die regionale Versorgung sicherstellen. Irgendwie müssen Sie sich entscheiden – das ist jetzt vor allem an die Herren der ÖVP gerichtet –: Wie ist das wirklich gemeint?

Weitere Kritikpunkte: Das wird unflexibel sein, den aktuellen Bedürfnissen nicht entsprechen, es wird lange dauern, es wird zentralistisch, unflexibel, planwirtschaftlich sein.

Was wir uns wünschen, ist Folgendes: Wir wollen eine Beschaffung, die eine bestimmte Vorbildwirkung hat. Wir wollen, dass bei der Beschaffung auf bestimmte Kriterien, auch inhaltlicher Art, Rücksicht genommen wird. Das sind ökologische Kriterien – Stichwort: Energiesparlampen in Wien. Das ist ein simples, aber trotzdem gutes Beispiel, denn die Anschaffung von Energiesparlampen im gesamten Rathaus hat sich innerhalb von zwei Monaten amortisiert. Solche Überlegungen sind anzustellen, es ist eine Vorbildwirkung anzustreben. Wir appellieren an die halbe Republik, dass sie Bioprodukte beschafft, aber die Republik Österreich ist nicht fähig, solche grundsätzlichen Ziele in ihrem Beschaffungswesen zu verfolgen. Das ist wirklich schade.

Abschließend noch ein Punkt. Wenn man sich das Ziel setzt, Kosten zu optimieren, dann muss es, denke ich – es ist auch von der Quadratur des Kreises gesprochen worden; das ist eine Linie –, möglich sein, damit andere inhaltliche Kriterien mit zu verfolgen, ob das jetzt die umweltgerechte Beschaffung ist, ob das jetzt eine bestimmte Bevorzugung von zum Beispiel frauenfreundlichen Unternehmen – es hat auch kritische Stellungnahmen des so genannten Frauenministeriums gegeben – ist, et cetera. Also es muss möglich sein, auch inhaltliche Zielsetzungen damit zu verbinden. Alles andere ist ein Armutszeugnis und passt nur in diese Philosophie hinein: Sparen auf Teufel komm raus, ohne in irgendeiner Form an zukünftige Dinge zu denken.


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Das ist, denke ich, keine Politik, die für die nächsten zehn Jahre tragfähig ist. (Beifall bei den Grünen.)

16.07

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Hofmann zu Wort gemeldet. – Bitte.

16.07

Abgeordneter Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Kollegin Glawischnig hat gerade gesagt, es werden sich die Schulklassen bedanken, wenn sie, letztlich auf Grund dieses Gesetzes, Strom aus Temelin erhalten.

Ich behaupte, dass diese Aussage unrichtig ist, denn das ElWOG regelt den Bezug von Strom aus Drittstaaten aus Atomkraftwerken, die nicht den westlichen Sicherheitsstandards entsprechen, sodass es unmöglich ist, dass derartiger Strom in österreichische Netze gelangt und demnach für Schulklassen zur Verfügung gestellt wird. Das bitte ich zur Kenntnis zu nehmen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Lebhafte Zwischenrufe bei den Grünen und der SPÖ.)

16.08

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Zuerst gelangen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz über die Errichtung einer Bundesbeschaffung Gesellschaft mit beschränkter Haftung in 486 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Böhacker, Dr. Stummvoll und Genossen einen Zusatzantrag eingebracht.

Ich werde zunächst über diesen Zusatzantrag und danach über den Gesetzentwurf abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Böhacker, Dr. Stummvoll und Genossen haben einen Zusatzantrag eingebracht, der sich auf die Einfügung eines neuen Abs. 2 in § 3 und die dadurch bedingten Änderungen der Absatzbezeichnung bezieht.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die sich für diesen Zusatzantrag der Abgeordneten Böhacker, Dr. Stummvoll und Genossen aussprechen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Ich stelle fest: Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in der Fassung der Regierungsvorlage.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.


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Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist ebenfalls die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzgesetz 2001 geändert wird, samt Titel und Eingang in 547 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um eine Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist ebenfalls die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

6. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (419 der Beilagen): Bundesgesetz über die Leistung eines zusätzlichen Beitrages zum Internationalen Fonds für landwirtschaftliche Entwicklung (IFAD) (542 der Beilagen)

7. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (425 der Beilagen): Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und dem Kabinett der Minister der Ukraine über Amtshilfe und gegenseitige Zusammenarbeit in Zollsachen (543 der Beilagen)

8. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (383 der Beilagen): Abkommen zwischen der Republik Österreich und Bosnien und Herzegowina zur Förderung und zum Schutz von Investitionen (544 der Beilagen)

9. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (420 der Beilagen): Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Simbabwe über die Förderung und den Schutz von Investitionen samt Protokoll (545 der Beilagen)

10. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (443 der Beilagen): Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Königreich Nepal zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen samt Protokoll (548 der Beilagen)

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Wir gelangen nun zu den Punkten 6 bis 10 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Müller. Ich erteile ihm dieses.

16.11

Abgeordneter Hans Müller (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Der IFAD ist eine Sonderorganisation der Vereinten Nationen mit dem Charakter einer internationalen Finanzinstitution. Aufgabe des IFAD ist die Förderung der Landwirtschaft in den Mitgliedstaaten durch die Gewährung von Darlehen zu günstigen Bedingungen und nicht rückzahlbaren Zuschüssen. Mindestens 67 Prozent seiner Mittel soll der Fonds den ärmsten Entwicklungsländern zinsenfrei zur Verfügung stellen. Bei der Vergabe der knappen Mittel sollen gute Projektddurchführungs-Kapazitäten der Empfängerländer berücksichtigt werden.

Österreich ist dem Übereinkommen zur Errichtung des IFAD mit Wirkung vom 12. Dezember 1977 beigetreten und ist somit Gründungsmitglied. Zum 31. Juli 2000 hatte der Fonds 161 Mitglieder, welche in drei bezüglich der Stimmrechte gleichberechtigte Länderlisten geglie


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dert sind. Die erste Liste umfasst 22 Industrieländer, die zweite Liste zwölf Mitgliedstaaten der Organisation Erdöl exportierender Länder und die dritte Liste 127 andere Entwicklungsländer.

Im Sommer 2000 wurde die Resolution über die fünfte Wiederauffüllung des Internationalen Fonds für landwirtschaftliche Entwicklung mit einem Gesamtvolumen von 460 Millionen Dollar beschlossen. Diese Wiederauffüllung steht unter dem Motto: Partnerschaft zur Ausrottung der ländlichen Armut. Die Aufteilung erfolgt so, dass die Industrieländer hievon 360 Millionen Dollar, die OPEC-Staaten nur 40 Millionen Dollar und die Entwicklungsstaaten selbst 60 Millionen Dollar aufbringen werden.

Vorbehaltlich der parlamentarischen Genehmigung wird sich Österreich bei dieser fünften Auffüllung mit einem Betrag von rund 5,9 Millionen US-Dollar beteiligen. Die Höhe des österreichischen Beitrags wurde in Verhandlungen festgesetzt und entspricht ungefähr der Wirtschafts- und Finanzkraft Österreichs im Verhältnis zu anderen Industrieländern.

Der Beitrag wird in Schatzscheinen aufgelegt, und unter Berücksichtigung des bisherigen Einlösungsprofils ist mit der Einlösung dieser Bundesschatzscheine etwa im Zeitraum 2004 bis 2008 zu rechnen. Mit dieser finanziellen Unterstützung an die ärmsten Entwicklungsländer soll nicht nur deren landwirtschaftliche Struktur verbessert, sondern auch der Weg zur Selbsthilfe beschritten werden. Allein im Jahr 2001 sollen über 30 Projekte gefördert werden.

Eine alte Volksweisheit stellt zum Thema "Selbsthilfe" fest: Schenkst du einem Hungernden einen Fisch, so wird er dir danken, den Fisch verzehren und auf den nächsten warten. Schenkst du ihm nichts mehr, so wird er böse auf dich sein. Deshalb der Rat: Zeige dem Hungernden den Fischteich, leihe ihm Angel und Netz, und lehre ihn, selbst Fische zu fangen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Was die Höhe dieser staatlichen Leistung betrifft, so kann man geteilter Meinung sein. Mit diesen rund 90 Millionen Schilling befinden wir uns im letzten Drittel jener Industrieländer, die sich sehr gerne als reich bezeichnen. Wenn man nun diesen Betrag auf fünf Jahre aufteilt – das entspricht dem Zuteilungsmodus –, leistet Österreich dem IFAD einen jährlichen Beitrag von sage und schreibe 18 Millionen Schilling. Wenn ich dem Förderbericht 1999 entnehme, was alles in Österreich in Millionenhöhe gefördert wird, stimmt mich der IFAD-Beitrag sehr nachdenklich.

Ich sehe die kontrollierte Unterstützung der Entwicklungsländer nicht nur als Muss für ein Mitgliedsland der IFAD an, sondern betrachte eine solche Zuwendung auch als eine christliche Verpflichtung, die Ärmsten der Armen mit finanziellen Mitteln sinnvoll zu unterstützen. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

16.16

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Pirklhuber. – Bitte.

16.16

Abgeordneter Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auf die Regierungsvorlage zum Internationalen Fonds für landwirtschaftliche Entwicklung werde ich noch genauer eingehen. Vorab noch eine Anmerkung zu den bilateralen Abkommen mit der Ukraine, Bosnien-Herzegowina, Simbabwe und Nepal.

Wir begrüßen diese Abkommen, würden uns aber wünschen, dass nicht nur auf ökonomischem Gebiet, zu Zoll- und Steuerfragen bilaterale Abkommen geschlossen werden, sondern auch auf kulturellem Gebiet, damit es zu einer Völkerverständigung, einer Vertiefung des Kontakts vor allem mit unseren osteuropäischen Nachbarstaaten kommt.

Nun zur Regierungsvorlage betreffend den Internationalen Fonds für landwirtschaftliche Entwicklung: Kollege Müller hat sehr schöne Worte gefunden, um diese internationale Hilfestellung darzustellen. Ich denke aber, man müsste sich doch auch Gedanken über die Ausrichtung dieses Fonds machen.


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Wir werden diesem Gesetz zwar zustimmen, halten es aber für notwendig, uns Gedanken zu machen, ob die Ziele, die hier angestrebt werden, auch wirklich mit diesen Mitteln erreicht werden können. Das ehrgeizige Ziel, die Zahl der Armen bis 2015 zu halbieren, ist unserer Auffassung nach mit diesem Fonds nicht zu erreichen.

Auch 460 Millionen US-Dollar, ein sicher nicht geringer Betrag, werden nicht ausreichen, die strukturellen Probleme des internationalen Agrarhandels zu mildern. Das, meine Damen und Herren, ist nämlich der Kern der Fragestellung: die Welthandelsbeziehungen im Agrarbereich, die Frage der WTO-Regelung. Das ist die Kernfrage einer offensiven Entwicklungspolitik, einer offensiven Politik für den ländlichen Raum in Ländern, die im Augenblick alles andere als begünstigt sind.

Auch wenn 67 Prozent der Mittel des Fonds für die ärmsten Entwicklungsländer vor allem in Afrika vorgesehen sind, muss man doch sagen, dass derzeit im Rahmen der Tätigkeit des Fonds die Ökologisierung keinen Schwerpunkt darstellt. Ich denke, das wäre aus österreichischer Sicht einzufordern, dass gerade auch in Ländern der Dritten Welt nicht mit agrarindustriellen Mitteln Nahrungsmittel erzeugt werden. Gerade diese devisenarmen Länder sollten mit ökologischen, mit biologischen Optimierungsverfahren ihre landwirtschaftliche Erzeugung verbessern, optimieren und für die Selbstversorgung entwickeln. Hier hätte Österreich einen gewissen Impuls zu geben, einen Impuls in Richtung biologische Landwirtschaft auch in der Dritten Welt. Gerade unter tropischen und subtropischen Bedingungen ist eine ökologische Entwicklung die einzig nachhaltige und einzig mögliche, um die Landwirtschaft in diesen Regionen sinnvoll zu entwickeln.

Ein anderer Aspekt, der nicht unbedeutend ist, ist die Frage, an welche Länder und unter welchen Bedingungen Geld verteilt wird. Es ist die Frage der Menschenrechte zu stellen, die Frage der ILO-Konvention hat hier Bedeutung, und beides ist in den Vergaberichtlinien derzeit noch nicht enthalten. Auch da sollten wir von Österreich aus Impulse setzen.

Vor allem müssen jedoch klare Umweltvorgaben für solche internationalen Fonds entwickelt werden. Davor kann man nicht die Augen verschließen und sich damit beruhigen, dass man 18 Millionen Schilling jährlich für Entwicklungshilfe für die Ärmsten der Welt hergegeben hat, denn gleichzeitig betreiben wir auf europäischer Ebene eine Agrarpolitik, die massiv zur Zerstörung dieser Regionen beiträgt. (Beifall bei den Grünen.)

Das müssen wir schon einmal auf den Tisch legen. Wo wird denn die Kleidung erzeugt, die wir tragen? – Die wird in den Baumwollanbaugebieten Afrikas erzeugt. Wo kommen denn die Futtermittel her, die zum Teil in unseren bäuerlichen Betrieben verfüttert werden? – Die kommen aus den Armenregionen Brasiliens und auch der asiatischen Länder. Das ist eigentlich der Knackpunkt. Wenn wir nicht nur Lippenbekenntnisse ablegen wollen, sondern eine offene, klare und zielgenaue Entwicklungspolitik anpeilen, dann müssen wir auch Weichenstellungen in Richtung Ökologisierung und in Richtung sozialer Standards bei diesen Projekten vorantreiben. Das geht uns ab. Trotzdem werden wir diesem Antrag zustimmen.

Ohne einen radikalen Kurswechsel in der europäischen Agrarpolitik werden diese Maßnahmen jedoch nur ein Tropfen auf dem heißen Stein bleiben. – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Schwemlein. )

16.21

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Zuerst gelangen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 419 der Beilagen.


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Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig und damit angenommen. – Ich korrigiere: Das ist nicht einstimmig, sondern mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist jetzt – ich bin vorsichtig – tatsächlich einstimmig. Somit ist der Gesetzentwurf auch in dritter Lesung angenommen.

Weiters kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Finanzausschusses, dem Abschluss des Staatsvertrages: Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und dem Kabinett der Minister der Ukraine über Amtshilfe und gegenseitige Zusammenarbeit in Zollsachen in 425 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein bejahendes Zeichen. – Ich stelle Einstimmigkeit fest. Damit ist der Antrag angenommen.

Ferner gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Finanzausschusses, dem Abschluss des Staatsvertrages: Abkommen mit Bosnien und Herzegowina zur Förderung und zum Schutz von Investitionen in 383 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Ich stelle neuerlich Einstimmigkeit fest. Damit ist der Antrag angenommen.

Nun kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Finanzausschusses, dem Abschluss des Staatsvertrages: Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Simbabwe über die Förderung und den Schutz von Investitionen samt Protokoll in 420 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung erteilen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist neuerlich einstimmig angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Finanzausschusses, dem Abschluss des Staatsvertrages: Abkommen mit dem Königreich Nepal zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen samt Protokoll in 443 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

11. Punkt

Bericht des Wirtschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (284 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Zählung von Arbeitsstätten (Arbeitsstättenzählungsgesetz) geändert wird (528 der Beilagen)

12. Punkt

Bericht des Wirtschaftsausschusses über den Entschließungsantrag 332/A (E) der Abgeordneten Emmerich Schwemlein und Genossen betreffend Modellregionen im Tourismus (529 der Beilagen)

13. Punkt

Bericht des Wirtschaftsausschusses über den Entschließungsantrag 251/A (E) der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen betreffend Anhebung der Ausgleichstaxe nach dem Behinderteneinstellungsgesetz (530 der Beilagen)


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14. Punkt

Bericht des Wirtschaftsausschusses über die Petition (7/PET) zur Rettung des Schönbrunner Bades, überreicht vom Abgeordneten Dr. Erwin Rasinger (531 der Beilagen)

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Wir gelangen nun zu den Punkten 11 bis 14 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich als Erster Herr Abgeordneter Kiermaier. Ich erteile ihm dieses.

16.25

Abgeordneter Günter Kiermaier (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich würde gerne den Herrn Minister begrüßen, aber er ist leider nicht hier. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Wir reden über die Regierungsvorlage 284 der Beilagen, das Arbeitsstättenzählungsgesetz. Es ist jedem Selbständigen klar, dass es sowohl für die nationale als auch für die europäische Beobachtung – oh, ich begrüße die Frau Staatssekretärin! – der wirtschaftlichen Entwicklung notwendig ist, Statistiken im Bereich der Wirtschaft zu erstellen, und dazu gehört natürlich auch die Zählung der Betriebsstätten.

Es ist allerdings darauf zu achten, dass die Tätigkeit, die die Unternehmen bei derartigen Recherchen zu leisten haben, in einem vernünftigen Rahmen bleibt und nicht ein Erhebungsbogen nach dem anderen kommt und damit die laufende Arbeit in den Betrieben behindert wird. Es war daher schon in den zurückliegenden Jahren – und darauf lege ich Wert, meine sehr geehrten Damen und Herren – ein Anliegen der Regierungen, dass hier Regelungen getroffen werden, die sowohl den Anforderungen aussagekräftiger Statistiken als auch den Bedürfnissen der Betriebe Rechnung tragen. Schließlich soll es nicht darauf hinauslaufen, dass man, um einen Fragebogen gewissenhaft auszufüllen, einen Wirtschaftstreuhänder benötigt. Was das kostet, weiß jeder, der die so genannten Honorarrichtlinien kennt, die mit einer Rechnung absolut nichts zu tun haben.

Diese Novelle zum Arbeitsstättenzählungsgesetz folgt den bisherigen Bemühungen und geht in die richtige Richtung, weil die Arbeitsstättenzählung 2001 die letzte ihrer Art ist. Ich trauere ihr nicht nach. Sie wird in Zukunft durch die so genannte Registerzählung ersetzt. Eine Auswertung der Daten, die im Unternehmens- und im Betriebsregister bei der Bundesanstalt Statistik Österreich – so heißt jetzt das ehemalige Statistische Zentralamt – aufliegen, ist die Basis für die künftigen Zählungen. Diese Registerzählung ist nicht nur eine Entlastung für die Betriebsinhaber, sie wird auch der Republik Zeit und Geld ersparen.

So entfällt auch, wie in Z 2 § 3 angeführt, die Frage nach der gesetzlichen Interessenvertretung, weil sich diese auf Grund anderer Erhebungen von selbst ergibt.

Ganz wichtig ist auch die Feststellung, dass, wenn ein Betrieb mehrere Arbeitsstätten hat, die Fragen nach Namen oder Bezeichnung all dieser zu den Unternehmen gehörenden weiteren Arbeitsstätten, die Anzahl der dort beschäftigten Personen und die Art der dort überwiegend ausgeführten Tätigkeiten des Unternehmens unter Angabe des Schwerpunktes entfallen.

Die textliche Wiedergabe dieser Passage ist schon schwierig, geschweige denn erst das Ausfüllen dieser Formulare und Fragebögen. So möchte ich zum Schluss noch einmal jene Forderung wiederholen, die ich in diesem Hause schon einige Male aufgestellt habe, nämlich die, dass der Wirt in die Gaststube, der Kaufmann ins Geschäft und der Handwerker in die Werkstätte gehört – und nicht alle zusammen pausenlos ins Büro.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)


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16.29

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Puttinger. – Bitte.

16.29

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Puttinger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Die jetzige Wirtschaftsdebatte behandelt vier Vorlagen. Als Tourismussprecher darf ich mich in meinem Debattenbeitrag natürlich mit dem Antrag des Kollegen Schwemlein betreffend der Modellregionen auseinander setzen. Die anderen Vorlagen werden die Kollegen Trinkl, Mitterlehner und Pecher behandeln.

Sehr geehrter Herr Abgeordneter Schwemlein! Sie und Ihre Kollegen von der SPÖ fordern in diesem Antrag, dass ein Konzept von Modellregionen erstellt und verwirklicht werden soll, um damit wichtige Impulse für die Tourismuswirtschaft zu setzen. Ich möchte dazu grundsätzlich feststellen, dass die Zielsetzung Ihres Antrages auf jeden Fall positiv, richtig und begrüßenswert ist. (Demonstrativer Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

Dennoch, Herr Kollege Schwemlein, haben wir von ÖVP und FPÖ diesen Antrag im Ausschuss abgelehnt, und zwar aus folgendem Grund. (Abg. Dr. Lichtenberger: Dann hat den Antrag der Falsche gestellt!) Ich möchte das begründen, damit auch Herr Kollege Schwemlein weiß, warum es so gewesen ist. (Abg. Dr. Lichtenberger: Weil ihn der Falsche gestellt hat! – Zwischenrufe des Abg. Schwemlein. ) Die Bundesregierung hat nämlich in den letzten beiden Jahren wichtige Initiativen für die österreichische Tourismuswirtschaft gesetzt, die genau in diese Richtung gegangen sind, Herr Kollege Schwemlein! Sie sind so umfassend gewesen, dass ich glaube, dass Ihr Antrag betreffend Modellregionen längst obsolet geworden ist.

Herr Kollege! Anscheinend haben Sie nie etwas von der Neuregelung der Top-Tourismusförderung gehört. Ich weiß nicht, wo Sie gewesen sind, als die Neustrukturierung der Österreich-Werbung stattgefunden hat. Ich weiß nicht, ob Sie sich erkundigt haben nach oder beschäftigt haben mit der Arbeit des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit bezüglich des Destinationsmanagements. All das sind Dinge, die sich mit dem beschäftigen, was Sie in Ihrem Antrag vorgebracht haben. (Abg. Dr. Lichtenberger: Es ist ja ein bisschen mehr da!) Ja, es gibt noch viele Möglichkeiten. (Abg. Dr. Lichtenberger: Falsch ist die Richtung!) Aber es ist so viel geschehen, Frau Kollegin, dass Sie es auch wissen müssten! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Lichtenberger: Ja, ich weiß es!)

Ich möchte kurz auf einige dieser Positionen eingehen. Mit der Top-Tourismusförderung – dem stimmen sicherlich auch alle von der Opposition zu – soll eine Erhöhung der Professionalität und eine Verbesserung der Effizienz des Marktauftrittes erreicht werden. Das erzielt man eben einerseits durch die Förderung der Kooperationen auf betrieblicher Ebene und andererseits selbstverständlich durch Kooperationen auf organisatorischer Ebene, sei es in der Tourismusorganisation oder sei es durch Kooperationen in den Regionen. Gefördert wird das mit 25 Prozent, und für alle Kooperationen in den Regionen sind es sogar 30 Prozent.

Ein paar Worte zur Österreich-Werbung: Sie wissen genau, dass auf Grund der Neuorganisation gerade die Regionen und die verschiedenen Destinationen ihre Leistungen direkt anbieten können. Sie können auch die Grundlagen für ihre Leistungen direkt zukaufen, sodass es maßgeschneiderte Leistungen für die einzelnen Regionen gibt. Es gibt eine Marketing-Kooperation, wobei alle Marketing-Aktivitäten vorgestellt werden und sich die Regionen direkt beteiligen können.

Meine sehr verehrten Damen und Herren von der Opposition! Wenn das alles an Ihnen vorbeigeht, dann weiß ich nicht, wo Sie in den letzten eineinhalb Jahren gewesen sind.

Etwas näher möchte ich mich mit dem Destinationsmanagement auseinander setzen. Unter dem Begriff Destinationsmanagement verfolgen wir eine neue Wettbewerbs- und Entwicklungsstrategie für die Regionen, die eine internationale Positionierung anstreben. Sie wissen genau, dass dieses Projekt im September des letzten Jahres gestartet worden ist. Dazu haben sich 14 Urlaubsregionen zusammengeschlossen; ich glaube, inzwischen sind es schon 17 geworden.

Durch dieses Destinationsmanagement kommt es zu einer steuerbaren und strategisch gemanagten Entwicklungseinheit, die dem Gast viel mehr anbieten kann. Sie kann auf die Bedürfnisse des Gastes eingehen und sich auch wesentlich leichter auf dem Tourismusmarkt verkaufen. Dieses Tourismusmanagement bedeutet, dass sich zukunftsorientierte Anbieter einer Touris


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musregion zu einem verpflichtenden regionalen Qualitäts- und Vermarktungsverbund zusammenschließen. Da kommt es zu riesigen Einsparungspotenzialen.

Ich glaube, das sind wesentliche Dinge, die im Ministerium im Verbund mit Managern aufgearbeitet worden sind. Diese Akteure des Destinationsmanagements haben die Gesamtverantwortung zu übernehmen. Sie haben die Netzwerke zu pflegen. Sie haben unternehmerisches Handeln nicht nur einzufordern, sondern selbst vorzuleben, weil sie ja vor Ort sind. Sie haben den Entwicklungsdiskurs zu planen und nicht einfach alles geschehen zu lassen. Sie haben das Lobbying zu organisieren. Ich glaube, sie haben da auch ein gemeinsames Denken selbst zu leben. Was glauben Sie, was es Besseres geben könnte als das, was im Ministerium mit diesen Menschen in den Regionen vor Ort bis jetzt schon gemacht worden ist?

Weiters werden Experten, Wissenschaftler, Spezialisten zugezogen, um letzten Endes auch Kontrolle und Benchmarking durchzuführen. All die Daten und Kennzahlen, die damit erarbeitet werden, werden im Destinationsmanagement-Cockpit zusammengefasst und dokumentiert. Mittels Benchmarking wird recherchiert, wie andere Branchen vergleichbare Probleme gelöst haben, um mit Hilfestellung aus diesem Bereich im Tourismus arbeiten zu können. Ich denke, das sind Entwicklungen, die wir bis heute noch nicht gehabt haben. Das geht letzten Endes auch genau in die Richtung, die Sie vorgeschlagen haben.

Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Ich hoffe, ich konnte Sie in diesen wenigen Minuten überzeugen, dass Maßnahmen getroffen worden sind, die optimale Voraussetzungen für eine moderne Neupositionierung des österreichischen Tourismus möglich machen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Diese Initiativen werden die Wettbewerbsstärke des Tourismus wesentlich erhöhen. Die Schaffung von Modellregionen, wie Sie, Herr Kollege Schwemlein, sie gefordert haben, ist schon lange geschehen, das ist nicht mehr notwendig. Der Vorschlag sieht ein bisschen alt aus, wie eben manches aus Ihren Reihen. (Abg. Schwemlein: Wer von uns beiden alt aussieht ...!) Meiner Ansicht nach beweist es sich von selbst, dass es nicht mehr notwendig ist, solche alten Vorschläge umzusetzen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

16.37

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Gaßner. – Bitte.

16.37

Abgeordneter Mag. Kurt Gaßner (SPÖ): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! In die Debatte, wer da älter ausschaut, möchte ich mich jetzt nicht einmischen. Aber ich glaube, du gewinnst, lieber Emmerich! (Beifall des Abg. Gaál.  – Abg. Schwemlein: Danke!)

Ich möchte mich noch einmal kurz mit dem Arbeitsstättenzählungsgesetz beschäftigen. Hand aufs Herz: Wer hat vor Erscheinen dieser Tagesordnung gewusst, dass es so etwas gibt? – Alle, die sich mit Gemeinden beschäftigen, haben es gewusst, weil diese Arbeitsstätten alle zehn Jahre gezählt werden, das letzte Mal 1991 und jetzt wieder 2001. Es ist gut so, das ist eine wichtige Grundlage für statistische Daten; all das wurde schon gesagt. Zwei Dinge möchte ich hier aber trotzdem diskutiert wissen.

Ich habe mir – weil ja diese Volkszählungsunterlagen in den Gemeinden bereits aufliegen – einmal angesehen, wie diese Arbeitsstätten gezählt werden und was da alles gezählt wird. Unter anderem werden da auch die Beschäftigten in den jeweiligen Arbeitsstätten gezählt. In den Erläuterungen dazu bin ich darauf gestoßen, dass alle Beschäftigten bis hin zu den Saisonarbeitern und den geringfügig Beschäftigten gezählt werden, auch wenn sie nur eine Wochenstunde lang arbeiten.

Wenn ich mir vorstelle, dass diese Zählung als Grundlage für die Beschäftigtenstatistik dient – heute ist ja schon die Rede davon gewesen –, dann weiß ich auch, dass, allgemein gesehen, Vollbeschäftigung, von der immer so viel die Rede ist, bei weitem nicht Vollbeschäftigung je Arbeitnehmer heißt. Da wäre es sehr interessant, auch zu zählen, wie viele Arbeitnehmer es gibt,


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die über mehrere Teilzeitbeschäftigungen oder über diese Minderbeschäftigungen überhaupt erst zu ihrem Unterhalt kommen. Ich denke, dass die Daten, die hier erhoben werden, etwas ungenau sind für die Statistiken, mit denen dann alle herumwandeln und sich rühmen, dass wir Vollbeschäftigung hätten.

Auch ein Zweites ist mir schon im ersten Paragraphen aufgefallen. Es heißt in diesem § 1:

 

"Diese Zählung ist gemeinsam mit der ordentlichen Volkszählung 2001 durchzuführen, um dadurch eine Verminderung des Verwaltungsaufwandes zu bewirken." Dem Vorblatt entnehme ich dann, dass es sich hierbei um Kosten von ungefähr 10 Millionen Schilling handelt, dass die Gesamtkosten aber quasi in der Volkszählung 2001 bedeckt werden.

Das hat mir gezeigt, wie Verwaltungsreform eigentlich gedacht ist: Da rühmt man sich schon im § 1, dass man so Verwaltung und Kosten sparend arbeitet, aber mit keiner Silbe wird erwähnt, dass diese 10 Millionen Schilling überwiegend von den österreichischen Gemeinden zu tragen sein werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die österreichischen Gemeinden bekommen als Ersatz für die Durchführung der Volkszählung – und da steckt das auch drin – genau 14 S pro Kopf und Nase. Wenn man sich ausrechnet, wie viel diese Volkszählung tatsächlich kostet, dann kommt man auf 100 bis 150 S je Kopf und Nase. Auf Kosten der Gemeinden ist es natürlich leicht, Verwaltungskosten einzusparen und sich dann damit hinzustellen und zu sagen, wie "gut" man doch in dieser Verwaltungsreform sei.

Die Antwort des Ministers im Ausschuss war eher unbefriedigend bis überhaupt keine Antwort: Er hat nur mit den Achseln gezuckt. Ein Fachbeamter hat mir dann gesagt: Was wollen Sie denn, die Gemeinden dürfen ohnehin über diese Daten verfügen, die Gemeinden haben dann diese Daten zur Verfügung. – Wunderbar: Wenn wir die Daten selbst erheben, dann können wir über diese Daten verfügen! (Abg. Dr. Trinkl: Das stimmt ja!)

Eine weitere Sache in diesem Zusammenhang ist Folgende: Es wird registriert ... (Abg. Dr. Trinkl: Das dürfen sie!) Ja, das stimmt: Über die Daten, die wir selbst erheben, zu verfügen – das ist natürlich ein Riesen-"Geschenk" an die Gemeinden!

Eine weitere Sache: Das wird in Zukunft nicht mehr notwendig sein, weil es eine Registerzählung geben wird. Aber wer erfasst denn die Daten für die EDV? – Die Gemeinden, die Beamten in den Gemeinden! Das wird hier überhaupt nicht erwähnt, das gilt als selbstverständlich.

Wo ist eigentlich die Registerzählung des Volkes? Wann setzt man endlich dazu an, die Volkszählung permanent zu machen, um dann auch die Gelder jährlich pro Kopf und nach der Bevölkerungszahl auszahlen zu können? – Da wird es schon sehr viel leiser. Was die Arbeitsstätten betrifft, wird man in Zukunft jedes Jahr zählen. Aber wer wird es dann machen? – Wahrscheinlich auch wieder die Gemeinden.

Ich finde, dieses kleine Beispiel zu dem an sich guten Gesetz zeigt, was den Regierungsparteien und was der Regierung die Gemeinden wert sind. In Sonntagsreden sind die Gemeinden das Wichtigste und die Keimzelle der Demokratie. Aber wenn es darum geht, wer die Kosten zu tragen hat, dann weiß man auch: Die Gemeinden werden das schon tun.

Ich halte das für eine Verhöhnung der österreichischen Gemeinden, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

16.43

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Hofmann. – Bitte.

16.43

Abgeordneter Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Hohes Haus! Wenn man als Bürgermeister – ich bin keiner, aber mein Vorredner ist


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einer – ans Rednerpult tritt, dann ist es meiner Meinung nach nicht ganz zulässig, sich partiell etwas herauszupicken und zu sagen: Der Bund überträgt und verursacht Kosten für die Gemeinden, ohne sie zurückzuerstatten. – Wie mir bekannt ist, geht es sehr wohl in beide Richtungen. Aber als Bürgermeister ist es wahrscheinlich zulässig, dass man hier einen Anspruch anmeldet. (Abg. Schwemlein: Was nicht ganz zulässig ist ...!)

Sehr geehrte Damen und Herren! Das Arbeitsstättenzählungsgesetz ist eine wichtige und notwendige Grundlage für eine Wirtschaftsstatistik. Es ist eine Notwendigkeit, um in der Wirtschaft Entwicklungen abschätzen und reagieren zu können. Daher ist es nicht nur eine europarechtliche Notwendigkeit, dies alle zehn Jahre durchzuführen, so wie es im bisherigen Arbeitsstättenzählungsgesetz verankert ist.

Künftig wird es eine Registerzählung geben. Das heißt, überflüssige Erhebungen und Statistiken – ein bürokratischer Aufwand für Betriebe – werden in entsprechendem Maße reduziert. Es werden überflüssige Erhebungen entfallen. Es wird der Aufwand reduziert werden, und es wird damit letztlich eine Kostenersparnis eintreten. Insofern begrüßen wir dieses Gesetz als ein weiteres Gesetz, das zu einer Verschlankung und einer Bürokratiereform – wenn auch in bescheidenem Maße, aber immerhin – beiträgt. Das entspricht der Linie dieser Bundesregierung. (Beifall bei den Freiheitlichen sowie des Abg. Dr. Puttinger. )

Sehr geehrte Damen und Herren! Das Konzept für Modellregionen des Kollegen Schwemlein ist – wie Kollege Puttinger schon angeführt hat – ein alter Antrag, der sicherlich einmal seine Berechtigung hatte. Aber alten und überholten Anträgen die Zustimmung zu geben, sollte man von diesem Hause, zumindest von meiner Fraktion, nicht erwarten.

Bei aller Wichtigkeit des Tourismus, der Tourismus- und Freizeitwirtschaft, bei aller Wertschätzung der Akteure, bei aller Wichtigkeit auch der Arbeitsplatzsituation in diesem sehr wichtigen Wirtschaftszweig – es sind seitens der Bundesregierung bereits wesentliche Initiativen gesetzt worden. Es ist bereits die Umsetzungsphase eingetreten, es ist sozusagen vieles im positiven Sinne erledigt. Das Destinationsmanagement reicht meiner Ansicht nach über den Antrag Schwemlein hinaus. (Abg. Schwemlein: Da haben Sie ihn aber nicht gelesen!)

Sehr geehrte Damen und Herren! Die Daten, die wir aus dem Tourismusbereich kennen – die Nächtigungs-, aber auch die Umsatzzahlen –, sind gut. Es sind – auch wenn sie eine eindeutig positive Tendenz aufzeigen – sicherlich keine Daten, die dazu geeignet sind, um sich zurückzulehnen, sondern vielmehr ein Ansporn, den nunmehr beschrittenen Weg weiterzugehen. Eine Garantin dafür ist sicherlich Frau Staatssekretärin Rossmann. Ich bin glücklich darüber, dass man in dieser Regierung die Wichtigkeit des Tourismus erkannt und ein eigenes Staatssekretariat dafür geschaffen hat. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

16.47

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Schwemlein. – Bitte.

16.47

Abgeordneter Emmerich Schwemlein (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Meine Damen und Herren! Es ist klarerweise auch eine Frage der Kultur, der Diskussionskultur, wie man sich mit Anträgen auseinander setzt. Es gibt dazu zwei Möglichkeiten. Die eine ist, sich ernsthaft mit dem Inhalt eines Antrages auseinander zu setzen, und die zweite ist die, den Antrag einfach kategorisch abzulehnen und zu versuchen, ihn so darzustellen, als sei das ein alter Hut. – Dem ist bei weitem nicht so!

Lieber Kollege Puttinger! Ich danke für den ersten Teil deiner Rede, in dem du richtig erkannt hast, dass dieser Antrag wichtige, richtige und meiner sowie deiner Meinung nach zukunftsweisende Schritte enthält. Der zweite Teil deiner Rede – Kollege Hofmann hat es ähnlich vorgebracht – zeigt mir, dass ihr euch nicht ernsthaft genug mit der Situation der Freizeit- und Tourismuswirtschaft auseinander setzt. Ich sage das deshalb, weil jeder hier herinnen erkennen muss, dass Freizeit- und Tourismuswirtschaft nicht trennbar sind, sondern als eine Einheit zu


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sehen sind, und dass Tourismus insgesamt nicht auf ökonomische Zusammenhänge reduziert werden darf.

Ich habe schon wieder ein solches Beispiel vom Kollegen Hofmann geboten bekommen. Er sagt: Wir haben doch Nächtigungszahlen, die in Ordnung sind; die Umsatzzahlen sind in Ordnung. (Abg. Dr. Pumberger: Auch! Das wollen Sie nicht hören!)

Lieber Kollege Hofmann! Ich darf Ihnen folgendes Beispiel bringen: Wir haben in Österreich – ich bringe es einmal so vor – 30 000 Kilometer an Skipisten und 3 000 Liftgesellschaften. Wenn nun 100 Liftgesellschaften zusperren: Haben wir dann umso mehr an Skipisten? – Aber wirklich nicht!

Was heißt daher der Vergleich von Umsatzzahlen und Nächtigungszahlen? – Alle diese Reduktionen auf Statistiken stellen ein Zerrbild dar.

Ich sage Ihnen, warum dem so ist. Gehen wir einmal davon aus, dass sich viele Debatten hier im Haus – ich will jetzt bewusst nicht verschiedene Wirtschaftsbereiche gegeneinander ausspielen – in erster Linie um den Themenbereich Landwirtschaft drehen. Die Landwirtschaft leistet einen Beitrag zum BIP, der zwischen 1,6 Prozent und 2,4 Prozent liegt. Die Freizeit- und Tourismuswirtschaft leistet einen Beitrag zum BIP, der 15 Prozent beträgt. Wir beschäftigen 500 000 ArbeitnehmerInnen in diesem Bereich. Was mir da fehlt, ist das Lobbying, wie es in der Landwirtschaftspolitik berechtigterweise – ich begrüße das – vorhanden ist; in der Freizeit- und Tourismuswirtschaft fehlt mir das jedoch. Deshalb der Versuch, mit diesem Antrag auch Ihre Zustimmung zu bekommen, um weiter zu greifen und weiter zu denken. Den Grund dafür möchte ich Ihnen nun nennen.

Herr Kollege Puttinger! Ich verstehe sehr wohl das Bedürfnis, sich von diesem Rednerpult aus entsprechend darzustellen. Fragen wie: Wo waren Sie?, Haben Sie nicht ...? und so weiter sind nicht neu. Ich vermute, Sie haben von einer Kurzfassung des Destinationsmanagement-Monitorings gesprochen. Ich habe das sehr genau gelesen, Herr Kollege Puttinger. (Der Redner hält ein Schriftstück in die Höhe.) Ich habe das deshalb sehr genau gelesen, weil mich die Entwicklung dessen interessiert, welche Beiträge wir als Hilfestellung für die österreichische Freizeit- und Tourismuswirtschaft leisten.

Ich sage es von dieser Stelle aus ganz offen – ich habe es auch bereits der Frau Staatssekretärin gesagt –: Ich bin froh über den Schritt in diese Richtung. Aber dieser Schritt ist mir ein viel zu eng gefasster, ein zu kurzer Schritt. Ich mache das an einem konkreten Beispiel fest, denn ich verfolge das Ganze.

Eine der Regionen, die sich an diesem Destinationsmanagement-Monitoring beteiligen, ist die Europasportregion, bestehend aus den beiden Gemeinden Zell am See und Kaprun. Wissen Sie, was die erste Gesprächsrunde ergeben hat und was die nächsten Runden auch auf Grund des vorgegebenen Weges ergeben werden? – Dass die beiden Gemeinden erkennen werden müssen, dass sie nicht in der Lage sind, am Markt zu bestehen, ohne weitere Kooperationen vorzunehmen, dass sie nicht in der Lage sind, ein entsprechendes marktfähiges Angebot zu Wege zu bringen, ohne weiter gefasste Kooperationen einzugehen. (Abg. Dr. Puttinger: Bis zum Jahr 2000 hat man das nicht erkannt! Das ist doch jetzt positiv!)

Daher sieht mein Entschließungsantrag, den ich mit meinen Freundinnen und Freunden eingebracht habe, vor, dass wir eine Modellregion bilden, die weitaus größer gefasst ist. Aus dieser Modellregion – ich biete das noch einmal von dieser Stelle aus an – bilden wir zwei Modellregionen, um auch unterschiedliche Entwicklungen erfassen und daraus Rückschlüsse ziehen zu können. Bilden wir diese Modellregionen, um zu sehen, wie man mit der entsprechenden Moderation die vorhandenen Parameter der Freizeit- und Tourismuswirtschaft zusammenführen kann, wie man sie auf die Erfolgsschiene bringen kann!

Tatsache ist, meine Damen und Herren: Wenn wir nicht dazu bereit sind, zu erkennen, dass jeder Schritt, der gesetzt wird, ob das das Zusammenführen von Förderungen ist – vollkommen in Ordnung, tadellos – oder etwas anderes, dass all unser Aufwand notwendig ist, um in einem der


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wichtigsten Wirtschaftsbereiche Impulsgeber zu werden, wenn wir nicht bereit dazu sind, zu erkennen, dass wir die im Bereich der Freizeit- und Tourismuswirtschaft vorhandene Infrastruktur der Kommunen mit dem touristischen Angebot zusammenführen müssen, weil wir ansonsten keine Vielfalt und Ganzheit zu Wege bringen, wenn wir das nicht tun, dann nützt uns auf Dauer gesehen das Schönreden von Statistiken gar nichts, sondern es wird der Bereich der Freizeit- und Tourismuswirtschaft leider einen Einbruch erleiden, den niemand in diesem Haus hier will. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Dr. Lichtenberger. )

16.54

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Lichtenberger. – Bitte.

16.55

Abgeordnete Dr. Evelin Lichtenberger (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Diese Debatte über Möglichkeiten, im Tourismus etwas positiv zu bewegen, und die Haltung des Herrn Puttinger dazu erstaunen mich doch etwas. Ich möchte ausführen, warum dem so ist (Abg. Haigermoser: Der Puttinger versteht mehr von dem Geschäft! Waren Sie schon einmal in seinem Gasthaus?), und zwar aus folgendem Grund:

Wir kennen die Situation im Tourismus. Wenn wir sie uns ein bisschen genauer anschauen, ist sie in erster Linie durch eine Neidgesellschaft gekennzeichnet, die – hinreichend kurzsichtig – nicht einmal fähig ist, über die nächste Saison hinauszudenken, und das leider noch in viel zu vielen Bereichen. Es gibt auch andere Beispiele. Die Kirchturmpolitik zwischen Gemeinden und Tourismusverbänden ist ein Graus für die künftige touristische Entwicklung. Ich glaube, in dieser Diagnose muss man sich leider in Österreich derzeit über alle Parteigrenzen hinweg einig darüber sein, dass das eines der größten Probleme für die Zukunft der touristischen Entwicklung ist, auch wenn es darum geht, dass nun die Pioniergeneration der touristischen Entwicklung in Pension geht und keine Nachfolger mehr findet, die bereit dazu sind, die nötige Selbstausbeutung für dieses kurzsichtige Kirchturmdenken quasi auf die Piste zu bringen.

In diesem Bereich müssen wir doch alle Möglichkeiten nutzen, dem gegenzusteuern. Sie sagen, das Destinationsmanagement-Monitoring ist der zentrale und wichtige Weg dazu. (Abg. Dr. Puttinger: Einer!)  – Ein Weg dazu, dem stimme ich völlig zu. Aber warum soll es in so einer kritischen Situation – und die Probleme kommen erst jetzt auf uns zu – nicht mehrere Versuche geben, diese Probleme zu bewältigen, vor allem dann, wenn der Modellregionenansatz über das reine Destinationsmanagement und den Bereich der Werbung sehr weit hinausgeht, was ich als einzig mögliches Zukunftskonzept sehen würde? (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Herr Puttinger! Ihre Haltung in diesem Bereich ist kleingeistig, äußerst kleingeistig, und vom gleichen Kirchturmdenken beseelt, das Sie genau wie ich bei vielen Touristikern zu Recht kritisieren. (Abg. Dr. Puttinger: Meine Betriebe sind alle in Ordnung! Sie sollten selbst einmal Betriebe führen! Auf das warte ich!) Wenn Sie nun ansprechen, dass die Bundesregierung schon solch enorme Leistungen im Destinationsmanagement und für die Zusammenarbeit der Regionen in diesem Bereich erbracht hätte, dann frage ich Sie, warum das Land Tirol schon vor etlichen Jahren den Weg gehen musste, Sonderförderungen für Tourismusverbände auszuschütten, damit diese sich überhaupt zusammenschließen.

Das ist ein Ansatz, der mir etwas unverständlich ist, denn wenn man wirtschaftliche Vernunft zuerst einmal bezahlen muss, damit sie überhaupt eintritt, damit man überhaupt gemeinsam vermarktet, dann kann es nicht weit her sein mit dieser ganzen Geschichte. (Abg. Dr. Puttinger:  ...! Das kennen Sie nicht!)

Das Kapital, das bei Tourismusvereinen geparkt ist, ist ja nicht von schlechten Eltern und fehlt oft dort, wo es um wichtige Investitionen für die Region gehen würde. (Abg. Haigermoser: Sie haben eine Ahnung!)

Herr Kollege Puttinger! Wenn Sie auch über die großen Leistungen der Österreich-Werbung und deren Restrukturierung sprechen (Abg. Dr. Puttinger: Das habe ich nicht gesagt!): Wahrlich, ein


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Ruhmesblatt war dieser Skandal um die Österreich-Werbung bei Gott nicht! Das, was hier passiert ist, was Gehaltszahlungen, Vorstandswechsel und, und, und betrifft, ist ja wohl hinreichend bekannt und auch zu Recht durch alle Medien gegangen. (Abg. Dr. Puttinger: Ich habe von der ...!)

Wenn ich mir auf der anderen Seite die Leistungsbilanz dieser Österreich-Werbung anschaue, dann möchte ich Ihnen nur das mit auf den Weg geben, was ich erst vor kurzem in einem Gespräch mit deutschen Touristikern gehört habe, die diese Werbekampagne der Österreich-Werbung mit einem deutschen Ausdruck als "verschnarcht" bezeichnet haben. Vielleicht wird es da wirklich notwendig sein, etwas neuere Wege zu beschreiten (Abg. Haigermoser: Vielleicht der Herr Trittin! Oder Joschka Fischer wahrscheinlich!) und ein wenig weiter zu denken, als nur in den alten Gleisen zu fahren – sozusagen mit ein paar von Matthias Horks Zukunftsgarnierungen darauf.

Ich kann Ihnen nur eines sagen: Mein Verständnis haben Sie nicht, wenn Sie diesen Antrag ablehnen. Warum werfen Sie auf der einen Seite der Opposition ständig vor, keine Vorschläge zu bringen, wenn Sie auf der anderen Seite jeden Vorschlag, der von der Opposition kommt, als ohnehin schon erfüllt – auch wenn er es gar nicht ist! – bezeichnen? (Abg. Dr. Puttinger: Eine ganze Liste liegt vor!) Mit solchen Attacken auf jeden, der sozusagen in der Diagnose mit Ihnen übereinstimmt, aber eine andere Therapie vorschlägt, werden Sie unglaubwürdig.

Wir könnten, glaube ich, für eine gescheite touristische Entwicklung gemeinsam sehr viel bewegen, wenn auf Ihrer Seite endlich einmal etwas Offenheit zu bemerken wäre. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

17.01

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Bauer. – Bitte. (Abg. Haigermoser: Was ist jetzt mit dem Schlögl?)

17.01

Abgeordneter Dkfm. Dr. Hannes Bauer (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Zuerst einmal möchte ich die Ausführungen meiner Vorrednerin Lichtenberger sehr unterstützen, weil ich wirklich glaube, dass es wichtig ist, solche Vorstellungen zu entwickeln. Es ist wichtig, den Tourismus, der ja einer unserer bedeutenden wirtschaftlichen Säulen ist, weiterzuentwickeln, und dazu braucht man eben entsprechend innovative Wege. Und ein innovativer Weg ist sicher die Entwicklung von Tourismusregionen, das ist völlig unbestritten. Da kann man nicht sagen, dass das Konzept "Tourismusregion" überholt ist, nur weil man ein Destinationsmanagement dafür schafft. (Zwischenruf des Abg. Dr. Trinkl. ) Das ist nämlich nicht das Gleiche, weil hier eine ganz andere regionale Zusammenfassung gegeben ist. (Abg. Haigermoser: Es passiert ja schon alles!)

Nein! Es passiert eben nicht, denn sonst hätten Sie ja den Entschließungsantrag sofort angenommen, weil wir in der Zielsetzung nicht so weit auseinander liegen. Ganz im Gegenteil: Ich glaube, dass uns die Zielsetzung klar ist, dass wir diese Vorteile der Zusammenarbeit nützen sollen, dass das touristische Angebot zusammengefasst gehört. Der Tourismus kann letztlich am besten dadurch forciert werden, dass sich Orte einer größeren Region gemeinsam präsentieren, zeigen, dass sie attraktiv sind, und damit von der Angebotseite her interessant erscheinen, damit die Menschen dort hinfahren. Das ist das Entscheidende! Da liegen wir gar nicht weit auseinander.

Angesichts dessen, dass das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit in einer Studie vom Dezember 1999 festgestellt hat, dass es durchaus Sinn ergibt, solche Tourismusregionen zu schaffen, ist es mir umso unverständlicher, dass man im Ausschuss oder hier noch immer darüber diskutiert, ob man sie braucht. Genau diese Notwendigkeit hat diese Studie sehr eindeutig ergeben!

Ich glaube auch, dass wir alles tun müssen, um eine Vernetzung der Freizeitinfrastruktur zu schaffen, was wiederum bedeutet, dass wir eine hohe Kooperationsbereitschaft in der Region brauchen. Das ist das Entscheidende! Diese Kooperationsbereitschaft, behaupte ich, ist in den


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Regionen noch nicht so gut entwickelt. Darum geht es uns, und da liegt vielleicht der gedankliche Unterschied.

Wir stehen auf dem Standpunkt, dass diese Kooperationsbereitschaft unterstützt und gefördert werden soll, und sehen durchaus auch die Schwierigkeiten, eine solche Kooperation innerhalb einer größeren Region zustande zu bringen. Das bedeutet, meine sehr geschätzten Damen und Herren, dass das in einer Modellregion erprobt werden sollte, und zwar in dem Sinne, dass man sich die positiven wie negativen Ergebnisse anschaut und fragt, warum etwas besser oder schlechter oder auch gar nicht funktioniert hat, um darauf aufbauend Verbesserungen zu erreichen.

Ich habe wirklich mit Bedauern festgestellt, dass dies in der Meinung: Wir haben das ohnehin schon alles getan! abgelehnt wurde. Ich behaupte, es wurde viel getan, aber man kann noch viel mehr tun – und darum geht es ja eigentlich! (Beifall bei der SPÖ.)

Die Frage der Tourismusregion ist meiner Ansicht nach – und ich zitiere aus der erwähnten Studie – "ein wichtiger Schlüssel zum Erfolg". Das ist nämlich auch aus dieser Studie hervorgegangen. Gerade für Klein- und Mittelbetriebe, die mit der Internationalisierung Schwierigkeiten haben und sich nicht so recht präsentieren können, wäre es ungemein wichtig, diese Unterstützung zu haben, sodass sie einfach ihr Angebot in einen Gesamtrahmen einbringen können.

Auch aus Sicht der Gemeinden: In den Gemeinden passiert zwar im Moment sehr viel, es wird viel in den Freizeit-, in den Tourismusbereich investiert, aber nicht jede Gemeinde stellt sich so dar, dass ihr Angebot ausreichend erkennbar und angenommen wird. Und keine Gemeinde in den ländlichen Regionen ist in der Lage, ein umfassendes Angebot allein anzubieten. Darum geht es: Es muss Spezialisierungen geben.

Ich weiß, wie schwierig es oft ist, Gemeinden zu einer Kooperation zu bringen, dass eine Gemeinde eine Freizeiteinrichtung auch für die andere schafft, denn meistens wurde die gleiche Freizeiteinrichtung in mehreren Gemeinden errichtet – oder sie fehlt überhaupt in der gesamten Region.

Es wäre zum Beispiel ein Planungsansatz für die Gemeinden, zu sagen: Ihr habt das Bad, wir haben die Tennisplätze und so weiter! – wobei alle Gemeinden bestimmte Einrichtungen haben sollten, bei den Bädern aber ist das nicht mehr so selbstverständlich –, denn davon profitiert die Gesamtregion. Das ist das Entscheidende. Man soll nicht immer nur fragen: Können wir uns das leisten? – Alleine nicht, dann machen wir es nicht. In der Region selbst muss der Planungsansatz erfolgen, zu sagen: Wir erstellen ein gemeinsames touristisches Angebot, das für alle attraktiv ist.

Wenn ich mir zum Beispiel in Niederösterreich die Chance bezüglich der Therme Laa an der Thaya ansehe, bei der im Mai der Spatenstich erfolgen wird: Das ist eine Tourismusregion, die im Norden den Nationalpark Thayatal hat, dann Retz, das Retzer Land, das Pulkautal und eben die Therme Laa. Das bedeutet, dass wir auf 30 Kilometer ein wunderbares Tourismusgebiet haben, von dem jede einzelne Gemeinde mitprofitieren kann. Darum geht es, meine sehr geschätzten Damen und Herren! Deshalb braucht man solche Modellregionen, um das einmal durchzuspielen.

Ich weiß schon, dass es vielleicht schwierig ist, zuzugeben, dass gute Vorschläge eingebracht werden und daher die Zustimmung nicht so erfolgen kann, wie wir es eigentlich erwartet hätten. Eines muss ich aber schon sagen: Dieser Vorschlag nach Modellregionen ist ein wirklich unpolitischer, aber sehr ökonomischer Vorschlag. Ich verstehe nicht, warum – aus welchen Gründen immer – mit dem Hinweis, wir machen das sowieso schon ein bisschen, keine Zustimmung erfolgt.

Ich glaube, wir sollten uns zu dieser gemeinsamen Vorgangsweise bekennen, weil das für die Gesamtregion, aber letztlich für jede einzelne Gemeinde und die Tourismusbetriebe ungemeine Vorteile bringt. Ich meine, dass es bedauerlich ist, dass wir hier heute keinen Konsens finden,


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aber vielleicht kommen wir beim nächsten Mal zusammen. Inhaltlich sind wir ja nicht so weit getrennt.

Noch etwas: Dass man sich betreffend Schönbrunner Bad nicht einigt, kann ich nicht verstehen, denn in Wirklichkeit ist das auch eine notwendige infrastrukturelle Einrichtung für Wien. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Dr. Lichtenberger. )

17.08

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Trinkl. – Bitte.

17.08

Abgeordneter Mag. Dr. Josef Trinkl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich wollte an sich zum Arbeitsstättenzählungsgesetz etwas sagen, aber ich möchte doch auf zwei meiner Vorredner eingehen.

Frau Dr. Lichtenberger! Sie sprechen von Neidgesellschaft.  – Ich glaube, dass gerade in der Tourismuswirtschaft heute der Begriff "Neidgesellschaft" einfach nicht mehr zulässig ist. Es gibt so viele Initiativen, die sich gemeinsam entwickeln. (Abg. Dr. Lichtenberger: Schön wär’s! Lech und St. Anton!) Es gibt so viele junge Menschen, die all das, wovon Sie heute hier nur träumen, schon lange tun. Es gibt so viele selbständige Initiativen, die zusammenarbeiten. (Abg. Dr.  Lichtenberger: Lech und St. Anton haben sich nicht geeinigt!)

Ich weiß nicht, wo Sie Tourismus erleben. Tirol war irgendwann einmal ein fortschrittliches Tourismusland. (Abg. Schwemlein: Sie haben leider nicht Recht!) Ich hoffe, dass es das immer noch ist. Vielleicht kommen Sie aus einer Gegend, in der das nicht mehr so ist. Aber ich hoffe, dass ich mich da täusche.

Herr Kollege Vorredner! Was wir wollen, sind lebende Regionen. Wir wollen Regionen haben, in denen tatsächlich etwas passiert. Herr Kollege Bauer! Wir wollen nicht Modellregionen haben, wo gespielt wird. Sie können nicht künstlich irgendwo Tourismus erzeugen. Wir haben das probiert. Das ist in manchen Gegenden auch geschehen, zum Beispiel in der Obersteiermark, aber leider Gottes hat das so nicht funktioniert. Was Sie tun können, ist, Initiativen, die in einer Region vorhanden sind, zu verstärken. Da können Sie mithelfen. Damit diese zusammenarbeiten können, damit sie sich nach außen präsentieren können, gibt es Förderungen, Frau Kollegin Lichtenberger. So einfach ist das eigentlich auch in der Tourismuswirtschaft. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Worin unterscheiden wir uns, Herr Kollege Schwemlein? – Sie gehen immer noch von einem planwirtschaftlichen Ansatz aus, wir wollen Initiativen in den Regionen. Die Regionen müssen sich von selber finden, und das geschieht. Denken Sie nur an die Südsteiermark, denken Sie an die Wachau, denken Sie an die Thermenregion! Ich könnte die Aufzählung fortsetzen, quer über die Landkarte Österreichs, und Sie würden mir Recht geben müssen: Es bleiben sehr, sehr wenige weiße Flecken übrig, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Ich möchte noch einige Worte zum Arbeitsstättenzählungsgesetz sagen. Alle mögen Statistiken, am liebsten Politiker, damit sie bei Festreden und auch hier im Parlament daraus zitieren können. Wer die Statistiken aber absolut nicht mag, das sind die Unternehmer; das ist hier einige Male auch schon lobenswerterweise zum Ausdruck gebracht worden. Herr Kollege Gaßner! Man kann überall ein Haar in der Suppe finden, ein graues, vielleicht auch ein rotes, wenn Sie in den nächsten Tagen vielleicht mit Herrn Kollegen Edlinger zusammenkommen, aber Tatsache ist, dass dieses Arbeitsstättenzählungsgesetz ein positiver Ansatz ist. Wenn Sie das hier gesagt hätten, Herr Kollege Gaßner, dann hätten Sie sich gleich schwer oder gleich leicht getan wie damit, das ins Gegenteil zu verkehren. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Es ist schon gesagt worden, dass dieses Arbeitsstättenzählungsgesetz wesentliche Vereinfachungen bringt. Ich darf daher den Unternehmen Österreichs zwei gute Nachrichten übermitteln: Erstens ist es richtig, dass es einfacher wird, und zweitens – und das ist noch wesentlicher – wird die Zählung 2001 die letzte in dieser Form sein. Und das ist erfreulich! Das möchte


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ich hier sehr, sehr deutlich zum Ausdruck bringen und als Beweis dafür hinstellen, dass diese Bundesregierung nicht nur von Verwaltungsvereinfachung spricht, sondern, wenn auch in kleinen Bereichen, auch Schritt für Schritt an diese Verwaltungsvereinfachung herangeht. (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn übernimmt den Vorsitz.)

Verwaltungsvereinfachung und Entbürokratisierung sind für uns keine Schlagworte, sondern wir versuchen, auch in diesem Bereich konkrete Schritte zu setzen. Nehmen Sie dieses Arbeitsstättenzählungsgesetz als Beweis dafür, dass diese Bundesregierung reformwillig ist! Wir machen ernst mit der Verwaltungsvereinfachung, und das auch für Betriebe, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich möchte nun noch folgenden Antrag einbringen:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Trinkl, Dipl.-Ing. Hofmann und Kollegen zum Bericht des Wirtschaftsausschusses über die Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Zählung von Arbeitsstätten geändert wird

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Bericht des Wirtschaftsausschusses über die Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Zählung von Arbeitsstätten (Arbeitsstättenzählungsgesetz) geändert wird (528 d. B.), wird wie folgt geändert:

"Die Ziffer 3 entfällt."

*****

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Arbeitsstättenzählungsgesetz ist vielleicht kein spektakuläres Gesetz, es ist aber ein Gesetz, das unter Beweis stellt, dass diese Bundesregierung bereit ist, Vereinfachungen auch für Betriebe zuzulassen. – Ich danke, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

17.14

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der soeben eingebrachte Abänderungsantrag der Abgeordneten Dr. Trinkl, Dipl.-Ing. Hofmann und Kollegen ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist nunmehr Frau Staatssekretärin Rossmann. – Bitte.

17.14

Staatssekretärin im Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit Mares Rossmann: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich freue mich einmal prinzipiell darüber, dass hier erstmals – glaube ich – ausführlich über Grundsätze der Tourismuspolitik und Tourismusentwicklung in Österreich diskutiert wird. So gesehen ist dieser Antrag aus meiner Sicht begrüßenswert.

Nun zum Antrag und auch generell ein paar Anmerkungen. Ich glaube, es liegt hier ein großes Missverständnis vor. Es gibt Auffassungsunterschiede, die, wie ich glaube, nicht so weit voneinander entfernt sind, weshalb ich versuchen möchte, sie auf den Punkt zu bringen.

Wir haben mit diesem erstmaligen professionellen Destinationsmanagement von Seiten des Wirtschaftsministeriums/Sektion Tourismus insgesamt 3,5 Millionen Schilling über drei Jahre im Einsatz. Es ist erstmalig in Österreich, dass man von Bundesseite her initiativ wird, sozusagen die Initialzündung gibt, um die Destinationen, die Regionen – das eine schließt das andere nicht aus, das kann identisch sein, kann auch viel, viel weiter sein –, einmal dazu zu bewegen, sich


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professionell mit dem Angebot – da bin ich ganz bei Ihnen, Kollege Schwemlein – auseinander zu setzen.

Es gibt bisher, und das bestätigt auch das, was Sie gesagt haben, unterschiedliche Ergebnisse. Es gibt Destinationen, Regionen, die absolut professionell unterwegs sind, wo die Angebote durchaus marktkonform sind, und es gibt Destinationen, die Aufholbedarf haben, wo ich selbst noch nicht weiß, wie es dort weitergehen soll. Aber dieses Destinationsmanagement ist der erste Schritt hin zu einer Modellregion; ich bin da ganz bei Ihnen.

Wir legen einmal den Grundstein, um daraus dann Modellregionen zu entwickeln. Wir sind bereits ganz knapp daran, eine Modellregion zu starten, und zwar die Modellregion Oberkärnten, 365 Tage Familienurlaub Oberkärnten, und das funktioniert folgendermaßen:

Destination Oberkärnten: Der erste Teil umfasst den Millstätter See, zusätzlich noch eine Hotelkooperation mit elf Hotels, die sich in einer Holding zusammengeschlossen haben – wir haben den Vertrag mit dem Kärntner Wirtschaftsförderungsfonds und der ÖHT vorige Woche unterschrieben –; elf Hotels mit 1 200 Betten, eine gemeinsame Rezeption das ganze Jahr über, eine gemeinsame Küche, eine gemeinsame Buchhaltung, einen gemeinsamen Lehrlingspool, einen gemeinsamen Personalpool, eine gemeinsame Wäscherei und, und, und. Diese Kooperation ist mustergültig für ganz Österreich. Der zweite Teil umfasst die Hotelkooperation in einer Modelldestination, -region nach eigenen Vorstellungen, eben 365 Tage Familienurlaub Oberkärnten.

Es wird spannend werden, es wird sehr, sehr aufwendig sein, und es erfordert alle Kräfte, das heißt alle Kommunen, das Land Kärnten, aber selbstverständlich auch den Bund.

Es gibt also – wenn man so will – einfach nur Auffassungsunterschiede. Wir bewegen uns auf einem gemeinsamen Nenner, und so gesehen kann ich verstehen, dass man meint, diesen Antrag nicht mehr weiter verfolgen zu müssen, weil das Modell schon geschaffen wird. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Einen Satz noch – und das darf ich ruhig auch mit etwas Stolz sagen; Touristiker haben es mir bestätigt mit der Aussage: "Also, dass ich das auf meine Tage noch erlebe!" – unter Anführungszeichen –: Wir haben es geschafft, erstmals sämtliche Tourismusförderungen an einer Stelle zu bündeln. Es gibt keinen Canossagang von Pontius zu Pilatus von Förderwerbern, von Steuerzahlern, die einfach investieren wollen, sondern bei der ÖHT sind alle Top-Tourismusförderungen an einer Stelle angesiedelt. Wir wickeln sogar die Kooperation der Landesförderung gemeinsam mit ab.

Ich kann Ihnen beipflichten – ich habe dieselben Überlegungen angestellt –: Tourismus- und Freizeitwirtschaft sind nicht zu trennen! Deshalb haben wir die Tourismusförderungen erstmals auf die gesamte Freizeitwirtschaft ausgeweitet. Das ist ja bitte ein Quantensprung! Wir haben die Förderungen auf die Freizeitwirtschaft ausgeweitet, um endlich jene Infrastruktur zu schaffen, die die Regionen brauchen. Man kann nicht immer nur Hotelinvestitionen, in welcher Form auch immer, fördern, Marketingkooperationen fördern, sondern wir brauchen das ganze Umfeld der Freizeitindustrie, um eben endlich Saisonverlängerungen zu erreichen, um wetterunabhängige Angebote zu schnüren. Das ist die Intention.

Wie gesagt, es herrscht hier, glaube ich, nur ein Auffassungsunterschied, aber ich bin trotzdem sehr, sehr froh, dass einmal grundsätzlich in diesem Hohen Haus über Tourismuspolitik debattiert wird. – Danke sehr. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

17.19

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Es liegt eine weitere Wortmeldung des Herrn Abgeordneten Schwemlein vor. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte.

17.19

Abgeordneter Emmerich Schwemlein (SPÖ): Hohes Haus! Die Ausführungen der Frau Staatssekretärin haben sehr deutlich bestätigt, dass unser Antrag bei Gott nicht so ist, wie ihn Kollege Trinkl dargestellt hat, nämlich irgendein planwirtschaftliches Konzept – wie Sie das


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formuliert haben, Herr Kollege –, sondern, ganz im Gegenteil, es handelt sich um ein durchaus innovatives Projekt.

In Zusammenfassung der Ausführungen der Frau Staatssekretärin möchte ich sagen, ihre Worte sind ein Beweis dafür, dass nicht nachvollziehbar ist, warum Sie, meine Damen und Herren, inhaltlich zustimmen, den Antrag aber ablehnen. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Dr. Lichtenberger. )

17.20

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Ortlieb. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte.

17.20

Abgeordneter Patrick Ortlieb (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Meine Damen und Herren! Wir haben jetzt sehr viel über diesen Entschließungsantrag des Abgeordneten Schwemlein geredet und sind eigentlich – wenn auch nicht alle – der gleichen Meinung. Es ist etwas Wahres drin, aber er hinkt – sagen wir es einmal so – halt etwas hinter dem her, was die Bundesregierung bis jetzt schon gemacht hat. Aber das Schöne ist, dass auch Frau Lichtenegger und auch Herr Schwemlein (Abg. Dr. Lichtenberger: ... berger! Lichtenberger! Jetzt können Sie es sich endlich merken!)  – Lichtenberger, Entschuldigung – meinen, dass der Tourismus mehr Lobby in Österreich braucht, dass man zusammenarbeiten muss. Das ist, glaube ich, das Hauptziel. (Neuerliche Zwischenrufe der Abg. Dr. Lichtenberger. )  – Danke, dass Sie sich immer während meiner Rede einmischen! Danke!

Das Lobby-Problem ist altbekannt. Es tun sich immer wieder Leute hervor, die meinen, sie seien besser als andere. Es wird so viel Parteipolitik in der ganzen Branche gemacht, und da bin ich einfach der Meinung, dass es mit einer Zusammenarbeit sehr viel besser gehen würde.

Die Wichtigkeit des Tourismus haben wir oft genug betont. Entlegene Tiroler Täler beispielsweise wären dem Aussterben sehr nahe gewesen, hätte es keinen Tourismus gegeben, Regionen, die abseits von Transitrouten liegen, hätten keine Daseinsberechtigung mehr, Abwanderungen wären die Folge gewesen. Die Freiheitlichen und auch der Regierungspartner, die ÖVP, bekennen sich ganz und gar zum Destinationsmanagement. Es ist ein Schritt in die Zukunft, es ist ein Anfang. Man wird sehr viel daraus lernen, und ich glaube, für ganz Österreich, für den Tourismus, dafür, was der Tourismus für Österreich macht, ist es sehr wichtig, dass weitergearbeitet wird, dass auch in diese Richtung weitergearbeitet wird. Die Frau Staatssekretärin hat es sich zum großen Ziel gesetzt, dieses Programm durchzuziehen, und ich wünsche ihr sehr, sehr viel Glück dabei.

Allzu viel will ich dazu nicht mehr sagen, ich würde, glaube ich, nur wiederholen, was schon oft gesagt wurde. Ich hoffe, es gibt weitere gemeinsame Ansätze. Wir werden sicher daran mitarbeiten, dass es im Sinne des österreichischen Tourismus weitergeht. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

17.23

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet ist nunmehr Frau Abgeordnete Haidlmayr. – Bitte.

17.24

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Sehr geehrte Damen und Herren! Zuerst ein paar Worte zum Tourismus. Frau Staatssekretärin, ich habe Ihnen schon öfters hier von diesem Podium aus gesagt, dass im Rahmen Ihres Tourismuskonzeptes in keiner Weise Rücksicht genommen wird auf mobilitätsbehinderte Menschen oder auf Menschen, die zum Beispiel auf Grund einer Erkrankung regelmäßig Dialyse brauchen. Für diese Gruppen von Menschen gibt es, wenn sie Urlaub machen wollen, nur eine Möglichkeit, nämlich Urlaub im Ausland zu machen, weil in Österreich das Angebot gleich null ist. Null! Null schon allein im Hinblick auf Übernachtungsmöglichkeiten. Es gibt kaum Hotels oder überhaupt keine Hotels, wo man unter Umständen auch als Mobilitätsbehinderter barrierefreien Zutritt hat. Es


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gibt in ganz Österreich für Dialysepatienten kaum Möglichkeiten, Urlaub zu machen, weil weder in einem Hotel noch in unmittelbarer Nähe die Möglichkeit zur Dialyse besteht, et cetera.

Wir – mit "wir" meine ich die behinderten Menschen und die chronisch Kranken – können nur im Ausland Urlaub machen, in Österreich ist uns der Urlaub verwehrt, weil eben die Voraussetzungen dafür nicht gegeben sind. Und das halte ich wirklich für fatal, Frau Staatssekretärin! Auf der einen Seite wird immer wieder gejammert, dass zu viele Menschen ihren Urlaub nicht in Österreich verbringen, dass sie in ferne Länder reisen, auf der anderen Seite zwingen Sie eben diese Menschen auf Grund der fehlenden Vorraussetzungen dazu, im Ausland Urlaub zu machen. Wir Behinderte haben keine Chance, unseren Urlaub unter Umständen auch einmal in Österreich zu verbringen. Das möchte ich Ihnen sagen!

Sie werden vielleicht wieder sagen, Sie werden etwas tun, Sie werden sich dieser Sache annehmen. Diese Redewendung kenne ich schon, ich höre das, wenn Sie es heute wieder sagen, schon zum dritten Mal. Sagen Sie es bitte nicht, es glaubt Ihnen ohnehin kein Mensch mehr! Sie haben letztes Mal versprochen, sich dafür einzusetzen, aber Sie haben in diesem Bereich nichts getan. Nichts getan! Ich frage mich, warum Sie eine so große Gruppe von Menschen, nämlich chronisch Kranke und Behinderte, immer wieder davon ausschließen, in Österreich Urlaub machen zu können! (Beifall bei den Grünen.)

Aber es ist vielleicht bezeichnend für diese Bundesregierung, dass sie speziell für behinderte Menschen, für kranke Menschen absolut nichts übrig hat. Und nicht nur das: Es wird überall und immer wieder versucht, für diese Menschen die Lebenssituation in diesem Land sogar noch zu verschlechtern. Mit Ihrer Tourismuswirtschaft, Frau Staatssekretärin, haben Sie das optimal für sich und anscheinend im Interesse Ihrer Regierungsfraktion geregelt.

Aber nun zu meinem Antrag: Behinderteneinstellung. Sehr geehrte Damen und Herren! Ich bin schon bekannt dafür in diesem Haus, dass ich jedes Jahr meine Anfragen bezüglich der Behinderteneinstellung bei Bund, Ländern und Gemeinden und so genannten staatsnahen Betrieben und Unternehmungen stelle. Heuer – sehr, sehr auffällig! – ist die Zahl bezüglich der Behinderteneinstellung im öffentlichen Bereich erstmals rückläufig, und zwar um bis zu 30 Prozent. Was heißt das konkret? – Der öffentliche Dienst, die einzelnen Ministerien sind nicht mehr bereit, behinderte Menschen einzustellen, obwohl sie dazu gesetzlich verpflichtet wären! Aber – und auch dafür haben Sie die Vorraussetzungen geschaffen – die Freikaufsmöglichkeit um nicht einmal 2 000 S im Monat ist natürlich ein Angebot, das jeder nutzt. Mit diesen Dumpingpreisen werden Sie keine neuen Arbeitsplätze schaffen, sondern Sie werden diese paar, die es noch gibt, im selben Ausmaß, wie das schon im letzten Jahr geschehen ist, weiter reduzieren.

Ich habe hier schon oft meinen Antrag eingebracht, dass die Ausgleichstaxe nicht nur um 10, 20 oder 30 S pro Jahr erhöht werden muss – das ist nur die Inflationsanpassung –, sondern dass es zu einer höheren Ausgleichstaxe kommen muss für jene, die nicht einstellen, die tatsächlich trifft. Um jene, die sich weigern, behinderte Menschen einzustellen, zu treffen, muss eine Ausgleichstaxe von mindestens 20 000, 30 000 S pro nichtbesetzten Behindertenarbeitsplatz eingehoben werden. Dann besteht eine reelle Chance, dass behinderte Menschen eingestellt werden. Jene, die sich dann noch immer weigern, behinderte Menschen einzustellen, würden zumindest so viel Geld in den Ausgleichstaxfonds einzahlen, dass damit neue, innovative Arbeitsplätze geschaffen werden könnten. Aber diese alte Forderung der Grünen lehnen Sie seit Jahren ab, weil Sie ganz einfach nicht wollen, dass in Unternehmungen, in Betrieben, in den Ministerien et cetera behinderte Menschen eingestellt werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die "Behinderten-Milliarde", die Sie der einen Gruppe von behinderten Menschen weggenommen haben, um sie der anderen Gruppe zu geben, wird Ihnen gar nichts bringen. Sie werden damit keine Arbeitsplätze schaffen, weil sich ganz einfach die Unternehmen und die Ministerien weigern, hoch qualifizierte Personen mit Behinderung einzustellen. Das heißt, Sie werden die Behinderten mit dieser "Behinderten-Milliarde" wieder in den so genannten Drehtüreffekt bringen: Sie gehen oder rollen als arbeitslose Behinderte in irgendwelche dubiose Ausbildungsmöglichkeiten hinein und kommen als Arbeitslose wieder


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heraus. Das ist Ihre Arbeitsmarktpolitik für behinderte Menschen, und diese Arbeitsmarktpolitik kann man nur eines: ablehnen, ablehnen und noch einmal ablehnen!

Wenn Sie nicht bereit sind, meine sehr geehrten Damen und Herren, die Ausgleichstaxe endlich auf mindestens 30 000 S zu erhöhen, dann werden wir in Österreich keine Arbeitsplätze für behinderte Menschen bekommen, dann wird die Arbeitslosenrate bei behinderten Menschen nach wie vor über 40 Prozent liegen, und das ist wahrlich ein schlechtes Zeichen für Österreich! Es liegt an Ihnen, ob Sie bereit sind, die Ausgleichstaxe entsprechend zu erhöhen, oder ob Sie es nach wie vor gutheißen, dass behinderte Menschen keine Chance auf dem österreichischen Arbeitsmarkt haben. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenruf des Abg. Dolinschek. )

17.31

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Mitterlehner. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte.

17.32

Abgeordneter Dr. Reinhold Mitterlehner (ÖVP): Herr Präsident! Frau Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte an die Ausführungen von Frau Abgeordneter Haidlmayr anknüpfen und vorweg Folgendes feststellen: Das Thema ist, glaube ich, so wichtig, dass man rund um die Behinderten-Problematik nie und nimmer mit Unterstellungen agieren sollte. Wenn hier unterstellt wird, dass dieser oder jener im öffentlichen Bereich keine Behinderten wolle, dann tut man damit, meine ich, der Sache nichts Gutes. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Es ist auch nicht so, dass die Koalitionsparteien da etwas zurückgewiesen oder abgelehnt hätten, sondern der Entschließungsantrag ist jetzt dem Sozialausschuss, der dafür zuständig ist – es war ein Abgeordneter der Grünen, der das richtigerweise beantragt hat –, zugewiesen und wird dort auch entsprechend behandelt werden.

In der Sache selbst muss ich Ihnen sagen, dass auch aus der Sicht der Wirtschaft nicht nur aus ethischen und sozialpolitischen Gründen die Behinderteneinstellung ein wichtiges Thema ist, sondern auch im eigenen Interesse auf Grund der Tendenzen, die sich auf dem Arbeitsmarkt ergeben. Auf dem Arbeitsmarkt werden wir nämlich demnächst Probleme haben, den Arbeitskräftebedarf abzudecken, und zwar bedingt durch die wirtschaftliche Entwicklung, aber auch durch die Entwicklung der Geburtenrate. Die Wirtschaft ist daher auf Grund des Wandels auf dem Arbeitsmarkt von sich aus daran interessiert, möglichst viele Personen in die Erwerbsarbeit einzubeziehen. Ich sage Ihnen: nicht in den zweiten Arbeitsmarkt, sondern in den ersten Arbeitsmarkt, wo auch Sozialversicherungsbeiträge bezahlt werden.

Auf Grund der Zahlen können wir auch sagen, meine Damen und Herren, dass in diesem Bereich eine positive Entwicklung feststellbar war. Der Antrag ist so, wie er im Vorjahr gelautet hat, von den Zahlen her eigentlich schon überholt, denn wir haben jetzt auf Grund der Wirtschaftsentwicklung 80 000 Pflichtstellen in Österreich, und von diesen sind 53 000 besetzt.

Im Bereich der Arbeitsmarktverwaltung hatten wir im Februar 2000 – das sind die aktuellsten vorliegenden Zahlen – Vormerkungen von nicht ganz 33 000 Stellensuchenden. Im Jahre 1997 waren es 37 000, im Jahre 1998 40 000, selbst im Jahre 1999 waren es mit 39 000 Vorgemerkten in diesem Bereich noch wesentlich mehr Arbeitssuchende. Das heißt, hier hat die Wirtschaftsentwicklung einen durchaus positiven Verlauf genommen, was auch diese Zahlen belegen.

Nun zu dem Vorschlag, der hier eingebracht wurde, man solle die Ausgleichstaxe erhöhen. Für jene, die sich weniger damit beschäftigen: Betriebe, die ihre Verpflichtung, pro 25 Arbeitnehmer auch einen Behinderten einzustellen, nicht erfüllen, zahlen eine Ausgleichstaxe (Abg. Haidlmayr: 2 000 S!) von derzeit 2 060 S. Und es ist nun die Frage zu stellen, Frau Haidlmayr, meine Damen und Herren: Macht es Sinn, wenn ich jetzt, wie es im Antrag steht, auf die Höhe eines durchschnittlichen Gehaltes gehe?


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Ich glaube, das wird nicht eins zu eins umzusetzen sein. Ich kann nicht sagen, in der Nähe des Arbeitsplatzes im Waldviertel, im Mühlviertel lebt dann auch wirklich ein Behinderter, der dann auch wirklich dort hinkommen und dort arbeiten kann. Das heißt, oft gibt es zwar einstellungswillige Betriebe, aber es kann von der Arbeitsmarktvermittlung kein Behinderter vermittelt werden. (Abg. Haidlmayr: Stimmt nicht!)

Meine Damen und Herren! Wenn Sie 30 000 S fordern, so ist das für einige Betriebe, die durchaus wollen, aber keine behinderten Arbeitnehmer bekommen, direkt eine Strafsteuer, auf der anderen Seite ist das eben kein Ausgleich oder keine Ausgleichstaxe mehr. (Zwischenruf der Abg. Silhavy. ) – Frau Silhavy, was Sie damit auch nicht fördern, ist die Integration. Sie fördern möglicherweise genau jene Vorurteile, die es vorher und in anderen Diskussionen schon gegeben hat.

Meine Damen und Herren! Der richtige Weg in diesem Bereich ist daher ein ganz anderer. Das größte Problem, auch aus der Sicht der Behinderten, ist nicht die Taxe, denn im Fonds ist eigentlich genügend Geld – auch durch die Behinderten-Milliarde sind Anreize da –, sondern der Kündigungsschutz. Einige Behinderte wollen diesen gar nicht in dem Ausmaß, nämlich dass, wenn es um Veränderungen geht, vor dem Ausspruch der Kündigung eine Einigung beim Behindertenausschuss, beim Bundessozialamt erreicht werden muss, dass es eine Melde- oder Ankündigungsfrist von vier Wochen gibt, denn in der Regel dauern dann derartige Verfahren mindestens sechs Monate, wenn nicht länger. (Abg. Haidlmayr: Woher haben Sie die falschen Daten?)

Im Interesse einiger Behinderter haben Behindertenverbände – Frau Abgeordnete, Sie kennen offenbar Ihre eigenen Anliegen nicht immer ganz genau; ich kann das entsprechend dokumentieren (Abg. Haidlmayr: Fragen Sie beim Bundessozialamt ...!)  – den Versuch gemacht, eine Deregulierung zu erreichen, weil Behinderte nicht als Behinderte behandelt werden wollen, sondern wie jeder normale Arbeitnehmer. (Präsident Dr. Fischer übernimmt wieder den Vorsitz.)

Meine Damen und Herren! Es ist daher nicht die richtige Vorgangsweise, eine Strafsteuer einzuheben, hier unqualifiziert die Ausgleichstaxe um ein Mehrfaches anzuheben, sondern man muss im Qualifizierungs-, im Beschäftigungs- und im Unterstützungsbereich etwas tun. Hier ist die Arbeitsassistenz, beispielsweise die Einführung eines Mediationsverfahrens statt Kündigung, die für beide Teile effizientere und bessere Maßnahme. (Zwischenruf der Abg. Haidlmayr. )

Meine Damen und Herren! Anreize statt Strafsteuern – das sind die richtigen Möglichkeiten und die Methoden, die auch international angewendet werden (Abg. Haidlmayr: Das stimmt nicht!), um die Behinderten wirklich in den Arbeitsmarkt zu integrieren – und das wollen auch Sie. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

17.37

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dolinschek. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte.

17.38

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Hohes Haus! Auch ich werde mich in meinem Debattenbeitrag dem Antrag 251/A (E) der Abgeordneten Haidlmayr und Genossen betreffend Anhebung der Ausgleichstaxe nach dem Behinderteneinstellungsgesetz widmen.

Frau Kollegin Haidlmayr, wir wissen, dass jeder Dienstgeber verpflichtet ist, je 25 Dienstnehmer einen begünstigten Behinderten zu beschäftigen. Wird dieser Einstellungspflicht nicht entsprochen, so ist eine Ausgleichstaxe von 2 060 S pro Monat und nicht besetzter Stelle zu entrichten – nicht "knapp 2 000 S", sondern über 2 000 S.

Frau Kollegin Haidlmayr! Die Summe, die Sie angesprochen haben, ist, glaube ich, einfach nicht realistisch.


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Die Ausgleichstaxe wird jährlich entsprechend dem Anpassungsfaktor des ASVG valorisiert. Die letzte außertourliche Anhebung war im Jahr 1986, und zwar von 760 S auf 1 500 S. Die jährlichen Gesamteinnahmen belaufen sich auf rund 700 Millionen Schilling und werden für eine berufliche Eingliederung von Menschen mit Behinderungen aufgewendet.

Diese Bundesregierung hat sich jetzt entschlossen, eine Behinderten-Milliarde einzuführen. Gerade mit dieser Behinderten-Milliarde – Frau Kollegin Haidlmayr (Abg. Haidlmayr spricht mit Abg. Dr. Mitterlehner), wenn Sie mir bitte zuhören würden – wird ein Meilenstein für die Behinderten Österreichs gesetzt. Jugendliche und ältere Menschen mit begünstigter Behinderung werden bevorzugt, im Arbeitsprozess befindliche Behinderte betreut, und am Übergang von der Schule ins Berufsleben steht die Möglichkeit einer Berufsbegleitung, einer Arbeitsassistenz. Das bringt die Behinderten-Milliarde, die hier richtig eingesetzt ist: eine wesentliche Verbesserung für die Behinderten!

Ich möchte Ihnen noch sagen: Im Herbst des vergangenen Jahres wurde ein Arbeitskreis eingerichtet, dem unter anderen Vertreter von Behindertenorganisationen und der Sozialpartner angehören, und die Aufgabe dieses Arbeitskreises ist es, angesichts der sich kontinuierlich ändernden Rahmenbedingungen die Weiterentwicklung in Bezug auf das Behinderteneinstellungsgesetz eingehend zu diskutieren und im Zuge dieses Prozesses auch eine Staffelung bei der Ausgleichstaxe nach der Größe eines Unternehmens und nach der jeweiligen Erfüllung der Beschäftigungspflicht zu erörtern.

In diesem Zusammenhang sei Ihnen noch gesagt: Ihr Antrag ist zum einen nicht nur dem falschen Ausschuss, nämlich dem Wirtschaftsausschuss, zugewiesen worden, denn für das Behinderteneinstellungsgesetz ist das Sozialministerium zuständig und nicht das Wirtschaftsministerium, und zum anderen nimmt Ihr Entschließungsantrag Bezug auf den § 9 des Behinderteneinstellungsgesetzes, der mit der Begründung der Forderung nach Änderung des Behinderteneinstellungsgesetzes nichts zu tun hat. Daher ist er auch am 13. Oktober des Vorjahres vertagt worden. Am 15. März dieses Jahres ist er wieder in Verhandlung genommen worden.

Dazu darf ich nur so viel bemerken: Wenn ein von uns als Oppositionspartei eingebrachter Antrag vertagt worden war, so kam er nie mehr auf die Tagesordnung. Wir jedoch haben einen anderen Stil (Abg. Dr. Mertel: Das stimmt!): Wir genehmigen natürlich, dass dieser Antrag dem Sozialausschuss zugewiesen wird, und wir werden auch zustimmen, dass er dort behandelt werden soll, obwohl er eigentlich überholt ist. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

17.42

Präsident Dr. Heinz Fischer: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Pecher. – Bitte.

17.42

Abgeordnete Mag. Martina Pecher (ÖVP): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ein kurzer Themenwechsel, obwohl das jetzt zur Diskussion stehende Thema sehr wichtig und interessant ist, keine Frage, aber ich möchte doch ein paar Worte zum Schönbrunner Bad sagen.

Das Schlimmste für einen Unternehmer, für einen Betreiber, für einen Wirtschaftstreibenden oder für einen Jungunternehmer ist es, wenn er im Kompetenzdschungel zwischen Land und Bund oder zwischen den Ministerien herumirrt. Man wird wie ein Pingpongball hin- und hergeschickt. Dabei geht viel persönlicher Einsatz, aber in vielen Fällen vor allem auch viel Wertschöpfung verloren.

Ich könnte zahlreiche Beispiele aus dem eigenen Unternehmen, aber auch aus befreundeten Unternehmen und von bekannten Wirtschaftstreibenden bringen, wo solche Dinge passiert sind und wo tatsächlich auf Grund der Unklarheit der Kompetenz auf allen Seiten viel Geld – auch Steuergeld – verloren ging.


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Im Fall des Schönbrunner Bades geht es nicht nur um Wertschöpfung, sondern natürlich auch um das Wohl der Bürgerinnen und Bürger in der Umgebung der davon betroffenen Bezirke.

Kurz zur Vorgangsweise: Das Bad gehört der Schlossbetreibergesellschaft. Es gab einen Pächter, der aber verstorben ist. 1999 ist das Bad geschlossen worden. Der Investitionsbedarf, um das Bad wieder hygienisch auf Vordermann zu bringen, damit es wieder geöffnet werden darf, beträgt rund 25 Millionen Schilling. Ein weiteres Problem sind sehr hohe Abwasser- und Wassergebühren. Andere Wiener Bäder haben ganz andere Tarife. Mit den Tarifen, mit den Normaltarifen sozusagen, mit denen der alte Pächter arbeiten musste, kann man das Bad praktisch überhaupt nicht kostendeckend führen beziehungsweise findet sich vor allem kein neuer Pächter.

Das Problem ist: Nach der Petition des Abgeordneten Erwin Rasinger zur Rettung des Schönbrunner Bades, für die 1 000 Unterschriften aus umliegenden Bezirken gesammelt worden sind, hat dann der Kompetenzlauf begonnen. Der Bund ist nicht zuständig, aber das Land, also die Stadt Wien, die eigentlich der Nutznießer wäre, weil es dem Wohl der Wiener Bürger zugute kommt, sagt: Wir haben kein Geld, wir sind nicht zuständig, das ist eigentlich Bundessache!

So geht das nun schon seit einigen Monaten hin und her. Die Petition wurde im Mai 2000 eingebracht, und bis heute gibt es dazu keine klare Stellungnahme. Deswegen wurde im Ausschuss ein Entschließungsantrag eingebracht, damit wenigstens ein weiteres kleines Zeichen gesetzt wird. Damit wird der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit ersucht, darauf hinzuwirken, dass die Stadt Wien die Abwasser- und Wassergebühren entsprechend senkt, wie das bei anderen Bädern in Wien der Fall ist.

Dieser Entschließungsantrag liegt uns jetzt vor. Es wäre theoretisch auch der Finanzminister bereit, Investitionen zur Hälfte zu übernehmen, wenn die andere Hälfte anders aufgebracht wird, sei es durch die Betreibergesellschaft oder anders.

Ich möchte abschließend nur Folgendes sagen: Es wird sich zeigen – es wurde jetzt sehr viel über die Sensibilität des Herrn Bürgermeisters Häupl gesprochen, über die Sensibilität im Umgang mit den anderen Parteien –, wie die Handhabung dieses Ersuchens in der Praxis ausschaut, wenn es um einen Bezirk geht, der eben nicht gerade zum Kerngebiet der Sozialisten zählt, ob da trotzdem zum Wohle der Bürger und Bürgerinnen in den davon betroffenen Bezirken eine Kleinigkeit – sozusagen entsprechend dem Ausmaß, das bei den anderen Wiener Bädern üblich ist – getan wird. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

17.46

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Frau Staatssekretärin Rossmann. – Bitte.

17.46

Staatssekretärin im Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit Mares Rossmann: Herr Präsident! Hohes Haus! Ich habe mich noch einmal zu Wort gemeldet, um auf die Abgeordnete Haidlmayr zu replizieren. Es tut mir Leid – aber vielleicht ist es auch eine Bringschuld meinerseits –, Ihnen, Frau Abgeordnete Haidlmayr, sagen zu müssen, dass Sie nicht auf dem neuesten Informationsstand sind.

Ich gebe Ihnen schon Recht: Österreich hat insgesamt einen sehr, sehr großen Nachholbedarf – das beginnt im öffentlichen Bereich und geht bis hin zu den Tourismusbetrieben, zum Bereich Hotellerie und Gastronomie –, was den Ausbau von rollstuhlgerechten Zugängen zu Gastlokalen, zu Hotelzimmern und so weiter betrifft.

Wir haben aus diesem Anlass zusammen mit dem Sozialministerium schon vor über einem halben Jahr eine Arbeitsgruppe eingesetzt, um in Zusammenarbeit mit Behindertenorganisationen einen Katalog zu erarbeiten, der den Titel "Behindertengerechtes Bauen und Ausstattung von Tourismusbetrieben – Hotel und Gastronomie" hat.

Ich war vor kurzem bei einer Hoteleröffnung und war erschüttert darüber, wie wenig Information eigentlich vorhanden ist. Man hat mir ein angeblich behindertengerechtes Zimmer gezeigt, und


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dort war der Lichtschalter ungefähr in 1,7 oder 1,8 Meter Höhe angebracht, also noch höher, als das bei normalen Lichtschaltern der Fall ist. Das Bett war viel zu nieder. Infolgedessen habe ich gefragt: Was ist hier eigentlich behindertengerecht? – Darauf gab man mir die Antwort: Das ist ebenerdig!

Ich kann nachfühlen, wie es einem gehandikapten Menschen geht, der in einem Hotel absteigt oder der viel unterwegs ist oder der selbstverständlich auch Urlaub machen will, etwa vielleicht als Dialysepatient.

Um diesen Prozess in Gang zu setzen, bezüglich dessen es in Österreich auch noch einen entsprechenden Bewusstseinsprozess geben muss, haben wir den heurigen Preis auf der "Gast 2001" bei der Innovationsbörse an ein Unternehmen vergeben, das internationale, aber auch österreichische Betriebe ins Internet gebracht hat. Man findet unter "Tourismus im Internet" genaue Informationen über die Zugänglichkeit öffentlicher und touristischer Einrichtungen für ältere und behinderte Menschen. Dieses Unternehmen hat den ersten Preis bekommen, eben als Signal dafür, dass in diesem Bereich noch viel zu tun ist und noch viel getan werden soll.

Als Zweites möchte ich Ihnen sagen, dass wir bei der Österreich-Werbung bei der Internetportalerstellung auch gerade diesem Bereich eine Plattform widmen werden, um die touristischen Einrichtungen hier zu präsentieren.

Abschließend kann ich Ihnen noch sagen, dass wir den heurigen Tourismuspreis – jedes Jahr wird vom Wirtschaftsministerium ein Tourismuspreis vergeben – an den besten Betrieb mit behindertengerechter Einrichtung und Erreichbarkeit und mit Dialysestation vergeben werden. Das wäre das Allerschönste. Vielleicht gelingt uns das. Vielleicht ist das auch ein Anreiz für die Tourismusbetriebe. Ich lade Sie recht herzlich dazu ein, bei dieser Preisverleihung anwesend zu sein. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

17.49

Präsident Dr. Heinz Fischer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Neudeck. – Bitte.

17.49

Abgeordneter Detlev Neudeck (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kollegin Pecher hat bereits zum Thema "Schönbrunner Bad" Stellung genommen, und es geht dabei nicht nur um den Badebetrieb, sondern auch darum, wie im Kompetenzwirrwarr zwischen Stadt Wien und dem Bund Betreiber beziehungsweise Pächter hin- und hergeschickt werden.

Bei dieser Petition zur Rettung des Schönbrunner Bades, das im Jahre 1999 – nach 146 Jahren! – seinen Betrieb einstellen musste, weil der bisherige Pächter starb, geht es darum, dem Badeschluss, der nach dem Willen der SSKB, der Schloss Schönbrunn-Kultur- und Betriebs-GmbH, und der Gemeinde Wien ein dauernder sein sollte, weil keiner die Kosten für die Sanierung übernehmen will, ein Ende zu setzen.

Erst eine Bürgerinitiative musste darauf hinweisen, dass die Schönbrunn-Kultur- und Betriebs-GmbH per Bundesgesetz zur Erhaltung dieser beliebten Schwimm- und Freizeitanlage verpflichtet ist und sich daher nicht aus der Verantwortung stehlen kann.

4 000 Unterschriften wurden gesammelt und vom Bürgersprecher Günther Kasal Frau Staatssekretärin Mares Rossmann übergeben, die für die Anliegen dieser Bürgerinitiative ein offenes Ohr hat und gemeint hat, dass die Schönbrunn-Gesellschaft bekanntlich über ein großes Investitionsvolumen verfügt und es sich daher auch ausgehen sollte, dass für dieses historisch gewachsene Bad, das ein Bestandteil des Gesamtkomplexes Schönbrunn ist, etwas abfallen sollte.

Mehr als 50 000 Badegäste wären bei Schließung dieses Bades gezwungen gewesen, in andere, oft überfüllte Bäder auszuweichen. Die im Jahre 1992 ausgegliederte Schloss Schönbrunn-


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Kultur- und Betriebs-GmbH war nicht bereit, die Kosten von fast 27 Millionen Schilling zu übernehmen. Es konnten daher keine neuen Pächter gefunden werden.

Auch die Gemeinde Wien war nicht bereit, wie wir schon gehört haben, die gleichen Bedingungen wie für die städtischen Bäder hinsichtlich der Wasser- und Abwasserkosten zu gewähren.

Die Gespräche zwischen der SSKB und der Gemeinde Wien zogen sich hin. Stadtrat Svihalek gab dann gegen einen Schilling eine Verpflichtungserklärung ab, dieses Bad zu übernehmen. Nachdem die Stadt Wien jedoch nach mehreren Monaten keine tauglichen Vorschläge zur Übernahme dieses Bades unterbreitet hat, begann vor zirka einem Jahr die Suche nach Pächtern. Auf Grund der Verzögerungstaktik der Stadt Wien ist damit leider eine zweite Badesaison, die nicht konsumiert werden kann, "gesichert".

Derzeit laufen die Gespräche mit privaten Pächtern. Zur Unterstützung dieser Suche wurde der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit ersucht, im Interesse der Wiener Bevölkerung die bisher verweigerten Rahmenbedingungen hinsichtlich Wasser- und Abwasserkosten wie für städtische Bäder zu gewähren.

Zwei Jahre Badeschluss hat die Gemeinde Wien bereits verursacht. Ich hoffe, dass auch der Kollege Bauer aus Niederösterreich vom Weiterbetrieb des Schönbrunner Bades überzeugt ist und erkannt hat, dass dies für die Wiener Bevölkerung notwendig ist. Ich ersuche ihn, dass er bei Bürgermeister Häupl oder beim zuständigen Bäder-Stadtrat ein gutes Wort einlegt, dass die Stadt Wien die Badesaison 2002 nicht verhindert, sondern auf Grund der Interventionen des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit diese Badesaison ermöglicht. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

17.54

Präsident Dr. Heinz Fischer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Kogler. – Bitte.

17.54

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich beschäftige mich auch ganz kurz mit dem Thema "Schönbrunner Bad". Bekanntlich war das Ganze auf Grund der Konstruktion für die Verwaltung der Anlagen in und rund um Schönbrunn Bundesangelegenheit, und da gibt es die eine oder andere Ausgliederungstätigkeit. Nunmehr sind für das Schönbrunner Bad entsprechende Maßnahmen vorzusehen.

Ich schicke voraus: Es ist natürlich keine Kernkompetenz des Bundes, Bäder zu betreiben, das ist ganz sicher richtig, aber einfach darauf hinzuweisen, es soll jetzt der Bürgermeister Häupl verhandeln und ein paar Gebühren nachlassen, das kann es auch nicht sein. Selbst im Ausschuss haben die Vertreterinnen und Vertreter der Regierungsfraktionen der Vorgangsweise zugestimmt, dass man sagt, es müsste doch möglich sein, dass der Bund so lange in der Pflicht bleibt, bis eine vernünftige Lösung gefunden worden ist.

Wenn man jetzt in der diesbezüglichen Entschließung nur darauf verweist, dass die Kanal- und Wassergebühren nachgelassen werden sollen, dann muss ich sagen: Das scheint mir ein bisschen wenig zu sein. Deshalb meine ich, dass man, wenn es wirklich um die Rettung des Schönbrunner Bades geht – das werden ja sehr viele Leute wollen –, dieser Entschließung sehr reserviert gegenüberstehen muss. Das werden wir auch mit unserem Abstimmungsverhalten zum Ausdruck bringen. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Schwemlein. )

17.55

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Daher ist diese Debatte geschlossen.

Ein Wunsch des Berichterstatters nach einem Schlusswort liegt nicht vor.

Wir kommen daher sogleich zur Abstimmung. Ich lasse über die einzelnen Anträge, die gestellt wurden, getrennt abstimmen.


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Zunächst gelangen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 528 der Beilagen.

Dazu haben die Abgeordneten Dr. Trinkl, Dipl.-Ing. Hofmann und Genossen einen Abänderungsantrag eingebracht.

Es wird zunächst über den vom Abänderungsantrag betroffenen Teil des Gesetzes, dann über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abgestimmt.

Ich wiederhole, dass die Abgeordneten Dr. Trinkl, Dipl.-Ing. Hofmann und Genossen einen Abänderungsantrag eingebracht haben, der die Streichung der Ziffer 3 des Gesetzentwurfes zum Inhalt hat, und ich ersuche jene Damen und Herren, die diesem Abänderungsantrag zustimmen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist einstimmig so beschlossen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung erteilen, um ein bejahendes Zeichen. – Auch diese Teile des Gesetzentwurfes sind in zweiter Lesung einstimmig beschlossen.

Damit ist die zweite Lesung beendet.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die der Vorlage in dritter Lesung zustimmen, um ein bejahendes Zeichen. – Der Gesetzentwurf ist auch in dritter Lesung einstimmig angenommen.

Als Nächstes stimmen wir ab über den Antrag des Wirtschaftsausschusses, seinen Bericht 529 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung erteilen, um ein entsprechendes Zeichen. – Die Kenntnisnahme des Berichtes 529 der Beilagen erfolgt mit Mehrheit.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Wirtschaftsausschusses, seinen Bericht 530 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die damit einverstanden sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Ich stelle fest: Die Kenntnisnahme des Berichtes 530 der Beilagen erfolgt einstimmig.

Ich weise den Entschließungsantrag 251/A (E) dem Ausschuss für Arbeit und Soziales zu.

Ferner kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Wirtschaftsausschusses, seinen Bericht 531 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Im Falle der Zustimmung erbitte ich ein entsprechendes Zeichen. – Der Nationalrat beschließt ... (Die Abgeordneten der SPÖ sind im Begriffe, sich zu setzen.)

Meine Damen und Herren! Ich wiederhole noch einmal: Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Wirtschaftsausschusses, seinen Bericht 531 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung erteilen, um ein entsprechendes Zeichen. (Abg. Haigermoser  – in Richtung SPÖ –: Na was ist jetzt? – Die Abgeordneten der SPÖ bleiben stehen.)  – Ich stelle fest: Die Kenntnisnahme erfolgt mit Mehrheit.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 531 der Beilagen beigedruckte Entschließung. (Unruhe im Saal. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

Ich bitte jene Damen und Herren, die dieser Entschließung ihre Zustimmung erteilen wollen, um ein entsprechendes Zeichen. – Ich stelle fest: Die dem Ausschussbericht 531 der Beilagen beigedruckte Entschließung wird mehrheitlich angenommen. (E 73.)


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Damit haben wir diese Punkte der Tagesordnung erledigt.

15. Punkt

Sammelbericht des Ausschusses für Petitionen und Bürgerinitiativen über die Petitionen Nr. 6, 7 und 9 sowie über die Bürgerinitiativen Nr. 3 und 5 bis 9 (444 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir kommen zum 15. Punkt der Tagesordnung.

Ein Wunsch nach mündlicher Berichterstattung liegt nicht vor.

Die erste Prorednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Wurm. Die Uhr ist wunschgemäß auf 7 Minuten gestellt. – Bitte.

17.59

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Zu den Stellungnahmen und Diskussionsbeiträgen, die im Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen abgegeben wurden, möchte ich vorweg bemerken: So unterschiedlich die Menschen, so unterschiedlich auch die Themen, die sie beschäftigen.

Dieser nun schon zweite Sammelbericht in diesem Jahr ist wieder ein buntes Gemisch von Anliegen der Bürgerinnen und Bürger, wobei ein Faktor ganz klar zu erkennen ist: dass die Sparwut der Bundesregierung einen großen Einfluss auf die Anliegen der Bevölkerung hat.

Ich möchte hier nur einige Beispiele herausgreifen, zum Beispiel die Bürgerinitiative Nr. 5, bei der es um die Zivildienstgesetz-Novelle 2000 geht.

Sehr geehrte Damen und Herren! Dass die Zivildiener wegen dieser Sparpolitik nun fast am Hungertuch nagen, dass sie oft auf ersparte Rücklagen zurückgreifen müssen, dass sie die Hilfe ihrer Eltern in Anspruch nehmen müssen, ist meiner Meinung nach – besonders angesichts der Leistungen, die die Zivildiener für die Gesellschaft und auch für die Entlastung des Staates erbringen – eines Staates unwürdig. Wir Sozialdemokraten haben angesichts der Novellierung des Zivildienstgesetzes bereits vor den Auswirkungen gewarnt, die die Zivildiener erleiden werden. Leider haben die Regierungsparteien diesem Problem kein Gehör geschenkt.

Auch für den Bereich der Bürgerinitiative Nr. 6 – es handelt sich dabei um die Sicherstellung und gesetzliche Verankerung der Tätigkeit der Schülerberater und Schülerberaterinnen an Berufsschulen – sind leider Sparmaßnahmen angekündigt. Dieser wichtigen Einrichtung für BerufsschülerInnen – ich betone, diese haben nicht so viele Möglichkeiten wie andere Schüler und Schülerinnen – droht das Aus. Frau Kollegin Muttonen wird noch näher darauf eingehen und auf die Notwendigkeit einer gegensteuernden Maßnahme hinweisen.

Um das Finanzielle geht es auch – wir haben heute schon davon gehört, und in der letzten Debatte ist darüber diskutiert worden – bei der Rettung des Schönbrunner Bades. Wir haben gehört, dass die Bürger und Bürgerinnen dabei etwas erleben, was sie in diesem Staat leider oft erleben müssen: Sie sind einem Wirrwarr von Kompetenzen ausgeliefert. Ich habe mir die Stellungnahmen genau angesehen. Das Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen sagt zum Beispiel, dass dieses Bad nicht in seinen Zuständigkeitsbereich fällt, und das Bundesministerium für Finanzen erklärt, dass die primäre Zuständigkeit in dieser Angelegenheit beim Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit liegt, und so geht es weiter.

Sehr geehrte Damen und Herren! Wir alle wissen, dass Schwimmen etwas Wichtiges ist, etwas Gesundes ist, dass man in jeder Altersklasse schwimmen kann. Ich muss Ihnen sagen, ich war auch einmal bei Bürgerinitiativen dabei, und da ist es nicht um ein so schönes Kleinod wie das Schönbrunner Bad gegangen. Bei uns ist es damals um zwei Hallenbäder in Innsbruck gegangen. Auch wir haben damals Unterschriften gesammelt – insgesamt 20 000 –, und Gott sei Dank sind diese Bäder nicht geschlossen worden.


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Ich wünsche den Initiatoren für die Rettung des Schönbrunner Bades, die nun auch schon 5 000 Unterschriften gesammelt haben, viel Erfolg für ihre Bürgerinitiative, weil ich glaube, dass es erstens für die Menschen wichtig wäre, dass sie dort schwimmen können – es waren ja 50 000 Personen, die dieses Bad frequentiert haben –, und weil einfach der Erhalt auch in Bezug auf denkmalschützerische Aspekte wichtig wäre. (Beifall bei der SPÖ.)

Bei der Petition Nr. 9 geht es um die Lärmplage der Anrainer der Inntal-Autobahn im Erler Gemeindegebiet. Das ist mir auch ein persönliches Anliegen. Ein besonderes Anliegen sind mir prinzipiell alle Maßnahmen, die die verkehrs- und transitgeplagte Bevölkerung betreffen. Ich kann sagen, ich bin wirklich lange Aktivistin gewesen und habe auch einiges unternommen, um Verkehrslärm hintanzuhalten. Dass es uns in Innsbruck gelungen ist, wirklich Lärmschutzmauern zu errichten, aufzustocken, Viaduktbögen entlang der Bahn zu errichten, das verdanken wir – und ich sehe ihn hier gerade – dem damals zuständigen, ehemaligen Minister Einem. Er hat uns dabei sehr geholfen, und er hat damit der Innsbrucker Bevölkerung in dieser Hinsicht sehr geholfen. Das war wirklich bürgernahe Politik, und dafür möchte ich ihm auch noch einmal danken! (Beifall bei der SPÖ.)

In diesem Zusammenhang ist aber auch anderen zu danken, und zwar findet man dafür auch ein offenes Ohr bei den zuständigen Herren der ASFINAG, auch beim Amt der Tiroler Landesregierung und bei den zuständigen Beamten in den Ministerien. Sie werden dazu wahrscheinlich noch etwas sagen, Frau Abgeordnete Haller. Ich wünsche dieser Initiative in Erl wirklich viel Erfolg und wünsche mir, dass die Menschen dort trotz allem – das sage ich, weil diese Initiative ja bereits über die Grenze hinausgeht – zu einer Lärmschutzmauer und damit zu einem ruhigeren Schlaf kommen, denn das ist wichtig für die Tiroler Bevölkerung. (Beifall bei der SPÖ.)

Lassen Sie mich zum Schluss noch ein paar Worte über die verschiedenen Bürgerinitiativen, die im Ausschuss vorliegen, sagen. Eine haben wir schon behandelt, das war die Bürgerinitiative Nr. 7 von Maximilian Jäger betreffend Erhalt und Ausbau des hohen Qualitätsstandards der Schulen, Abwehr parteipolitisch motivierter Änderungen der Schulgesetze und des Dienstrechts.

Es tut mir Leid, dass wir im Ausschuss keine Mehrheit erzielen konnten. Damit hätte auch diese Bürgerinitiative einem Ausschuss zugewiesen werden können. Ich glaube, dass sie es schon wert gewesen wäre, sie einem Ausschuss zuzuweisen.

Was mir auffällt, ist, dass in der letzten Ausschusssitzung sehr viele Bürgerinitiativen und Petitionen zum Thema Bildung, zum Thema Bildungsabbau, zum Thema Senkung der Klassenschülerhöchstzahlen bei uns eingelangt sind.

Ich hoffe, dass es zu dieser Enquete kommt – sie ist ja schon angekündigt worden –, und ich bitte die Regierungsparteien, dass man mit allen Fragen in Bezug auf die Bildung sehr achtsam umgeht. Es darf keine Kehrtwende in diesem Bereich geben, sondern den Eltern, den Schülern und Schülerinnen muss geholfen werden, sie sollten nicht mit Studiengebühren, mit erhöhten Klassenschülerzahlen und so weiter konfrontiert werden. Es kann doch nicht so sein – ich denke jetzt an die Studiengebühren –, dass es eine Frage des Geldes ist, ob ich einen Studienplatz erreiche, und nicht eine Frage der Intelligenz. Das möchte ich noch einmal in aller Deutlichkeit sagen. (Beifall bei der SPÖ.)

Wer heute am Bildungssystem spart, hat für morgen dem Wirtschaftsstandort geschadet und hat unserer Jugend, unserer Zukunft, einfach die Zukunftschancen genommen. Das würde ich schade finden! Daher noch einmal ein Appell an Sie und an Ihre Einsicht. Sie werden sehen, die Wähler und Wählerinnen danken es einem nicht, wenn gegen sie regiert wird. Nehmen Sie die Sorgen der BürgerInnen ernst! Sparen Sie nicht an der Bildung! Sparen Sie nicht an den jungen Menschen in unserem Land! (Beifall bei der SPÖ.)


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61. Sitzung / Seite 128

18.07

Präsident Dr. Werner Fasslabend (den Vorsitz übernehmend): Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Gatterer. – Bitte.

18.07

Abgeordnete Edeltraud Gatterer (ÖVP): Sehr geehrte Herren Präsidenten! Hohes Haus! Ich finde, zuerst muss man sagen, dass es eine sehr gute Zusammenarbeit im Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen gibt. Ich denke, das muss man auch einmal herausstreichen, denn das Klima in diesem Haus ist an und für sich sehr rau, aber wir haben uns immer bemüht – mein Dank geht auch an Sie, Frau Vorsitzende –, doch über die Parteigrenzen hinweg zu versuchen, den Anliegen der Bürger, die sie in Form von Petitionen und Bürgerinitiativen einbringen, auch Rechnung zu tragen. (Demonstrativer Beifall des Abg. Schwemlein.  – Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Wir haben heuer bereits zweimal über diesen Ausschuss gesprochen. Wir haben gesagt, dass er ein wichtiges Instrument für die Bürger ist, mit dem sie sich hier in diesem Haus Gehör verschaffen, dass sie Initiativen einbringen und dass sie auf Mängel aufmerksam machen. Aber ich möchte in diesem Zusammenhang auch betonen, dass der Ausschuss das Tempo, die Schlagkraft wesentlich erhöht hat. Wir haben in der letzten Gesetzgebungsperiode nur zweimal einen Sammelbericht erhalten, hingegen liegt uns in dieser Gesetzgebungsperiode jetzt bereits der zweite Sammelbericht vor.

Wir hatten in der letzten Gesetzgebungsperiode drei Hearings und eine Bürgerinitiative und Begehung zur Anerkennung von Blindenhunden. In dieser Gesetzgebungsperiode wurde bereits eine ganz wichtige Enquete zum Thema Mobilfunk in Österreich abgehalten – ein Thema, das sehr viele berührt. Wir sind in Vorbereitung einer Veranstaltung, bei der sich Diabetiker hier im Haus vorstellen können. Und wir planen eine Vor-Ort-Besichtigung des Schülermodells in Mittersill: dort ist ein Verkehrsmodell geplant.

Ich finde, im Petitionsausschuss wird wertvolle Arbeit geleistet und werden die Anliegen der Bürger ernst genommen. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Mag. Wurm. ) Ich glaube, das muss man herausstreichen, ohne hier auf alle Bürgerinitiativen einzugehen. Meine Vorrednerin hat schon gesagt, es gibt eine Vielzahl davon. Sie umfassen Verkehrsanliegen, Umweltanliegen, Anliegen der Bildung sowie Fragen der Zivildienstnovelle, auf die mein Kollege Kurzbauer noch eingehen wird. Es ist sehr vielfältig, was da an die Abgeordneten herangetragen wird. Ich möchte nur noch auf zwei Punkte eingehen. Der erste Punkt ist die Petition Nr. 7 zur Rettung des Schönbrunner Bades. Dazu möchte ich sagen, dass die Anliegen der Bürger zwar ernst genommen werden, dass man aber schon auch einen Partner dafür braucht. Meine Damen und Herren von der SPÖ! Nach der Wahl in Wien, die Sie am Sonntag wirklich großartig gewonnen haben, muss man schon sagen, die Pflichten gehen jetzt auch an Sie weiter. Es ist in Österreich nämlich sonst nicht üblich – das wäre tatsächlich einmalig –, dass es an den Bund delegiert wird, für die Kosten eines Bades für Gemeindebürger zu sorgen.

Wenn Sie die Petition ansehen, dann werden Sie feststellen, der Ball, diesbezüglich initiativ zu werden, geht eindeutig an die Wiener Stadtregierung. Zuerst hat es über ein Jahr lang einen Schriftverkehr gegeben, dessen Ergebnis die Zustimmung der Gemeinde war, nach dem Tod des Pächters etwas zu tun. Damals hat es geheißen, wir werden die Investitionen, die dort notwendig sind, mit unterstützen. Natürlich kommt dieses Bad nur den Wienern zugute und ist wichtig für die Wiener! Aber dann hat man auf einmal nichts mehr gehört.

Ich finde, die heutige Entschließung ist wichtig. Sie zeigt, dass wir die Anliegen der Bürger ernst nehmen. Aber ich glaube, Sie von der SPÖ sind jetzt auch verpflichtet, der Wiener Stadtregierung zu sagen, dass sie schon für die eigene Infrastruktur und für die Bäder der Wiener verantwortlich ist. (Abg. Steibl: Genauso ist es! – Abg. Schwemlein: Wie heißt es immer: "Mehr privat, weniger Staat!")

Der zweite Punkt betrifft die Bürgerinitiative: Sicherstellung und gesetzliche Verankerung der Tätigkeit der Schülerberater und Schülerberaterinnen an Berufsschulen. – Dazu möchte ich sagen, dass ich von dieser Initiative einige Male kontaktiert und darauf darauf aufmerksam gemacht worden bin, welch wertvolle Arbeit damit gerade im Berufsschulbereich geleistet wird. Es gibt dort viele Schüler, die private Probleme haben, die unter Umständen Suchtprobleme haben, die Probleme mit der Wohnung, mit Integration und so weiter haben.


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61. Sitzung / Seite 129

Ich habe diese Arbeit wirklich sehr gut gefunden, und ich finde es auch sehr gut, dass die zuständigen Lehrkräfte initiativ geworden sind und mit den Mitgliedern unseres Ausschusses gesprochen haben. (Abg. Schwemlein: Ohne Bezahlung!) Ich finde das alles wirklich sehr gut und unterstütze es. Ich habe dann auch gelesen, das gibt es bereits seit mehr als 50 Jahren, und diese Beratung hat sich in Wien in den Berufsschulen sehr gut bewährt. Das ist wirklich zu unterstreichen, zu unterstützen und zu begrüßen!

Aber weil meine Kollegin, Frau Mag. Wurm, gemeint hat, dass wir diesbezüglich nichts täten, muss ich schon darauf hinweisen, dass wir uns zunächst entschlossen haben, die Stellungnahme der anderen Bundesländer dazu einzuholen, und wir haben folgende Stellungnahmen dazu erhalten:

Die Kärntner Landesregierung teilt zum Beispiel mit: Eine gesetzliche Verankerung der Tätigkeit der SchülerberaterInnen an Berufsschulen wird aus zweierlei Gründen für entbehrlich gehalten; und es heißt sinngemäß weiter, dass die Probleme, die es in den Wiener Berufsschulen gibt, nicht mit denen in Kärnten vergleichbar sind, unter anderem deswegen, weil die Berufsschule im Bundesland Kärnten keine Vollzeitschule ist.

Aus Oberösterreich ist folgende Stellungnahme gekommen: Es besteht kein Bedarf an der Einrichtung der Schülerberater in Berufsschulen.

Aus Tirol hört man Ähnliches: Es gibt keinen Handlungsbedarf und keinen unmittelbaren Bedarf an legistischen Maßnahmen.

Genauso ist es in Vorarlberg: Eine gesetzliche Institutionalisierung von Beratungslehrern an Berufsschulen erscheint nicht erforderlich.

Nur Wien braucht diese Beratungstätigkeit, und ich bin davon überzeugt, dass sie notwendig ist, und das ist auch morgen im Unterrichtskapitel als Vorlage enthalten. Wir unterstützen das, und auch Frau Ministerin Gehrer hat zugesagt, dass sie diese Einrichtung weiter unterstützen wird. Wir sind aber doch der Auffassung, dass es – wie die Länder das auch gesagt haben – nicht notwendig und auch nicht zielführend ist, hier wieder eine gesetzliche Einrichtung zu schaffen, die im Grunde nur die Bundeshauptstadt Wien betrifft.

Ich finde, es ist wichtig, dass wir in diesem Bereich gut zusammenarbeiten, aber ich denke, es ist genauso wichtig, dass die Stadt Wien sich – nun mehr denn je! – zu ihren eigenen und höchstpersönlichen Verpflichtungen bekennt und diese auch finanziert. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

18.14

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Haller. – Bitte.

18.14

Abgeordnete Edith Haller (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte im Rahmen dieser Diskussion nur zu einem Punkt Stellung nehmen, und zwar zur Petition Nr. 9, die von mir im Namen der Erler Bevölkerung eingebracht wurde und bei der ich eigentlich voller Hoffnung bin, dass dieses Einbringen der Petition doch zu einem gütlichen Ende führen wird.

Ich möchte mich bei Frau Kollegin Wurm sehr herzlich dafür bedanken, dass sie sich nun als Vertreterin der zweiten Tiroler Regierungspartei, der SPÖ, nach der ÖVP auch öffentlich und von diesem Pult aus dazu bekannt hat, dass diese Lärmschutzwand gebaut werden soll und dass dies wirklich ein gemeinsames Anliegen ist. Daher glaube ich auch, dass dieses Problem nach langen, langen Jahren endlich einer Erledigung zugeführt werden kann. (Beifall des Abg. Schweisgut. )

Das Problem dieser Lärmschutzwand oder dieses Anliegens der Erler Bevölkerung ist nämlich Folgendes: Der Lärm wird durch eine bayrische Autobahn erzeugt, und damit die Lärmschutzmaßnahmen Wirkung zeigen, ist es notwendig, dass die Lärmschutzwand auf bayrischem


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Staatsgebiet errichtet wird. Die rechtliche Prüfung dieser Frage hat ergeben – und deshalb sind auch alle Intentionen bisher immer ins Leere gelaufen –, dass Baumaßnahmen oder der Bau einer Lärmschutzwand auf deutschem Staatsgebiet nicht von der ASFINAG in Österreich finanziert werden können.

Dieses Ansinnen zieht sich schon über zwölf, dreizehn Jahre hin. Man hat inzwischen versucht, auf landespolitischer Ebene etwas zu tun. Ich selbst bin seit fast vier Jahren hier im Parlament damit beschäftigt und bin mit insgesamt vier Anfragen an Herrn Ex-Bundesminister Farnleitner, damals zuständig, und an Herrn Ex-Bundesminister Edlinger, damals zuständig, herangetreten. Ich habe auch Kontakt mit deutschen Stellen, mit deutschen Abgeordneten aufgenommen. All das hat letztlich immer wieder zum gleichen Ergebnis geführt: Ja, die Lärmschutzwand wäre notwendig, aber die Finanzierung kann unter diesen rechtlichen Voraussetzungen nicht stattfinden.

Ich habe mir Folgendes gesagt: Im Sinne eines grenzüberschreitenden, geeinten und gemeinsamen Europas kann es doch bitte nicht so sein, dass in solchen kleinen Teilbereichen der Europa-Gedanke nicht Fuß fassen kann! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Ich habe deshalb diese Petition sehr gerne unterstützt und eingebracht.

Im Oktober wurde diese Petition im Ausschuss behandelt, und man hat dankenswerterweise Stellungnahmen von insgesamt drei Ministerien einholen lassen: vom Verkehrsministerium, vom Finanzministerium und vom Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten. Und nach einer ersten Stellungnahme des Verkehrsministeriums, die nicht sehr positiv ausgefallen ist und eigentlich zu einer großen Verunsicherung der Erler Bevölkerung geführt hat – Bundesminister Schmid hatte nämlich den Erlern bereits den Bau dieser Lärmschutzwand versprochen! –, hat es Gott sei Dank einen Nachtrag von Seiten des Verkehrsministeriums gegeben, in dem es heißt, dass das Bundesministerium in Ergänzung zur ersten Stellungnahme – die eben wieder nur die rechtliche Position erläutert hat – mitteilt, dass es zwar derzeit keine rechtliche Möglichkeit gibt, aber dass man die ASFINAG beauftragt, gemeinsam mit der obersten Baubehörde in Bayern im Verhandlungswege eine Kulanzlösung zu finden. – Das ist einmal der erste Erfolg.

Der zweite Erfolg, den ich auch nicht verschweigen möchte, ist Folgender: Das Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten hat angeregt, dieses Thema auf regionaler Ebene bei der nächsten bilateralen Arbeitsgruppe Bayern – Tirol anzusprechen und eine Finanzierung im Rahmen von INTERREG III zu initiieren. Ich habe vor wenigen Tagen vom Vorsitzenden dieser Gesprächsrunde, der bayrisch-tirolerischen Arbeitsgruppe, nämlich von Herrn Dr. Fritz Staudigl die Nachricht bekommen, dass diese Sitzung, die 40. Sitzung dieser Gesprächsrunde, am 5. Juli 2001 stattfinden und sich mit dieser Thematik befassen wird.

Da sich alle drei – unter Anführungszeigen – "großen Parteien" dazu bekennen, bin ich also sehr guter Dinge. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass die Tiroler Grünen gegen den Bau einer Lärmschutzwand Einwände hätten. Ich bin wirklich zuversichtlich, dass die Petition hier im Nationalrat letztlich zu einem positiven Ergebnis führen wird. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

18.20

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Haidlmayr. – Bitte.

 

18.20

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Petitionsausschuss – das ist von mir schon mehrmals erwähnt worden und muss immer wieder gesagt werden – ist im vergangenen Jahr wichtiger denn je geworden, denn durch die brutale Sparpolitik dieser Bundesregierung sind die Probleme der Menschen in den Regionen noch viel mehr verschärft worden, als man jemals hätte annehmen können.

Das zeigt sich auch ganz deutlich in den Bürgerinitiativen und Petitionen, die bei uns einlangen. Unmengen von Bürgerinitiativen und Petitionen gibt es etwa zur brutalsten Einsparung, dem Bildungsbereich, seit Jahrzehnten, und Unmengen von Petitionen gibt es auch zum Zivildienst. (Abg. Dr. Pumberger: Das steht nicht auf der Tagesordnung!)  – Lesen Sie den Bericht, dann werden Sie sehen, dass die Bürgerinitiative Nr. 5 sehr wohl den Zivildienst betrifft! Erkundigen


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Sie sich zuerst, dann können Sie mir ohne weiteres dreinreden! Zuerst informieren und dann reden, das ist ganz wichtig. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Steibl: Was ist das für eine Sprache?)

Der Zivildienst – das zeigt sich seit dem letzten Jahr – hat so brutale Kürzungen hinnehmen müssen, dass es den jungen Männern in der Regel nicht möglich ist, überhaupt Zivildienst zu leisten. Und von der Gewissensfreiheit und der Alternative des Zivildienstes ist schon lange keine Rede mehr, sondern Zivildienst kann nur mehr jemand machen, der eine Familie hat, die es sich leisten kann, den Zivildiener zu finanzieren. (Abg. Großruck: Das ist doch bei Bundesheersoldaten genauso!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie werden mir niemals den Beweis dafür erbringen können, dass jemand einen Monat lang von 2 406 S leben kann! Sie, meine Damen und Herren von der Bundesregierung, schon gar nicht!

Aber das ist nicht Ihr Problem. Ihr Problem ist, dass Sie immer schon gegen den Zivildienst waren und weiterhin gegen den Zivildienst sind. Sie haben alles versucht, um den Zivildienst zu ruinieren, um einerseits mehr Männer für das Heer zu bekommen und um andererseits auch ungeliebte Vereine, Initiativgruppen, die sich mit Flüchtlingen, mit Behinderten, mit alten Menschen beschäftigen – das sind nämlich in der Regel sehr kritische Vereine –, zurückzudrängen, indem man ihnen die Zivildiener verteuert. Die automatische Konsequenz daraus ist oft das Aus für viele dieser kleinen Vereine. Das war Ihr Ziel, und dieses Ziel haben Sie erreicht! (Abg. Großruck: Jeder kriegt so viele Zivildiener, wie er haben will!)

Viele Vereinigungen können ohne Zivildienst und ohne Zivildiener nicht arbeiten, also müssen sie ihre Arbeit für den Dienst an Menschen in Österreich einfach aufgeben. (Abg. Großruck: Wer sagt denn das?!) Das haben Sie erreicht. Ich "gratuliere" Ihnen dazu, dass Sie es geschafft haben, auch den Zivildienst zu ruinieren! (Beifall bei den Grünen. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Herr Minister Strasser hat im Sommer – nach seiner ersten gescheiterten Novelle zum Zivildienstgesetz – gesagt, er werde den Zivildienst an Kopf und Gliedern reformieren. Die Zivildiener und vor allem der Einbringer dieser Bürgerinitiative Nr. 5 haben daher doch noch ein Stück Hoffnung darauf gesetzt, dass es im Zivildienst eine Regelung geben könnte, die wirklich vertretbar ist für die Menschen, für die jungen Männer, die Zivildienst machen.

Aber das Gegenteil ist passiert, meine sehr geehrten Damen und Herren. Zivildiener müssen in der Regel mit 2 400 S im Monat leben. Sie haben nicht das Recht, am Tag zumindest ein- oder zweimal ordentlich zu essen. Zivildienst kann nur mehr einer machen, der sich verschulden will oder für den die Familie das Leben bezahlen kann. (Abg. Großruck: Wer sagt denn das?! Bitte informieren! Zwei warme Essen pro Tag!)

Sehr geehrte Damen und Herren! Das allein ist für mich ein Beweis dafür, dass Sie es geschafft haben, den Petitionsausschuss wichtiger denn je zu machen, denn die Ängste der Bevölkerung und die Nöte der Menschen, die ihre Petitionen einbringen und ihre Bürgerinitiativen starten, sind enorm. (Abg. Murauer: Informieren Sie sich einmal! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Frau Kollegin Gatterer hat gemeint, die Schülerberatung in den Berufsschulen der Bundesländer sei nicht notwendig, die Länder wollten das nicht. (Abg. Gatterer: Das war die Stellungnahme der Bundesländer!) Sie haben auch zitiert, welche Länder das nicht wollen. – Selbstverständlich wollen diese Länder das nicht haben! Dort gibt es einen blauen Landeshauptmann und schwarze Landeshauptleute, und dass die das nicht wollen, das hätten wir nicht abzufragen brauchen, das haben wir gewusst. (Abg. Edlinger: Sehr richtig!)

Sehr geehrte Frau Gatterer! Die Information, die Sie dem Hohen Haus geliefert haben, war einseitig, war Regierungsinformation und ist absolut nicht im Interesse der Bildung, im Interesse der Schüler, im Interesse der Jugendlichen, die manchmal keine andere Chance haben, als ihre Ansprechpartner unter den Lehrern, bei den Sozialarbeitern et cetera zu finden. Das haben Sie, sehr geehrte Damen und Herren von den Regierungsparteien, zunichte gemacht. Auch im Bildungsbereich, in der Bildungspolitik haben Sie die Möglichkeit einer qualitativen Anhebung kaputt gemacht. Wie gesagt, Frau Gatterer: Dass Ihr Landeshauptmann Haider das nicht will – wer


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hätte etwas anderes vermutet? – Niemand! Und wer hätte etwas anderes vermutet, als dass Ihr Landeshauptmann in Tirol das nicht will? – Auch niemand in diesem Haus. Und deshalb ist Ihre Aussage in diesem Bereich absolut nicht repräsentativ. (Ironische Heiterkeit des Abg. Großruck. )

Ich wünsche mir vom Petitionsausschuss, dass er verstärkt seine Möglichkeiten in Anspruch nimmt, dass er auch an die einzelnen Ausschüsse Bericht erstattet und Empfehlungen weitergibt – all das, was weit darüber hinaus geht, die Petition nur weiterzureichen.

Der Petitionsausschuss hätte die Möglichkeit, Empfehlungen an die einzelnen Ausschüsse zu richten. Diese Empfehlungen sind in der Regel nicht möglich, da sich die Regierungsparteien selbstverständlich weigern, den einzelnen Ausschüssen entsprechende Informationen, entsprechende Feststellungen des Petitionsausschusses zu geben.

Etwas war mir auch neu. Frau Gatterer, ich habe nicht gewusst, dass sich die Zusammenarbeit verbessert hat. Ich habe den Eindruck – und ich bin seit 1994 im Petitionsausschuss –, dass sich die Zusammenarbeit nicht verbessert, sondern wesentlich verschlechtert hat. All jene Bürgerinitiativen und Petitionen, die Ihnen nicht recht sind, weil sie sich gegen diese Bundesregierung stellen, versuchen Sie ganz einfach wegzuwischen und nicht zu behandeln. (Widerspruch des Abg. Kiss.  – Abg. Steibl: Vielleicht ist auch die Opposition dafür verantwortlich! Wirklich wahr! Immer alles auf die anderen abschieben!) Das ist die "neue Qualität" in diesem Petitionsausschuss, und das ist wahrlich keine Verbesserung, sondern eine Verschlechterung! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Kiss: Sie faseln irgendetwas daher! Sie wissen gar nicht, was Sie reden!)

Ein Wort noch zu Ihnen, Herr Kiss! Sie sind nicht in den Vorbesprechungen zu den Petitionsausschüssen mit dabei, weil Sie nicht Fraktionsvorsitzender sind. Deshalb können Sie auch nicht behaupten, dass ich da etwas "daherfasele". Sie können nicht von etwas reden, bei dem Sie nicht dabei sind. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Kiss: Das ist eine Präpotenz! Beckmesserisch! Da muss ich mich direkt alterieren! – Abg. Steibl: Wir sind denkende Abgeordnete! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

18.29

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Wimmer. – Bitte.

18.29

Abgeordneter Rainer Wimmer (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte auf einen Punkt zurückkommen, den meine Vorrednerin Haidlmayr angeführt hat, nämlich auf die Bürgerinitiative Nr. 5, bei der es um eine Änderung des derzeit geltenden Zivildienstgesetzes geht.

Ich bin froh, dass gerade dieser Sammelbericht vorliegt, sodass man die wirklich verheerende Situation des derzeitigen Zivildienstes noch einmal relevieren kann. Leider muss ich feststellen, dass ich traurig darüber bin, dass diese Bürgerinitiative nicht dem Innenausschuss zugewiesen wurde. Man hat das verhindert, und das ist schade.

Meine Damen und Herren! Ein Jahr ist seit der Beschlussfassung vergangen, und es ist genau das eingetreten, was wir damals bei der Diskussion schon befürchtet hatten. Die Zivildienstnovelle 2000 war ein Rückschritt und ist ein Schlag ins Gesicht der engagierten jungen Menschen! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Sie dürfen sich nicht wundern, meine sehr geschätzten Damen und Herren der Regierungsfraktionen, dass Ihnen diese Menschen böse sind und dass sie maßlos enttäuscht sind.

Ich kann die Proponenten dieser Bürgerinitiative nur unterstützen. Sie haben eine Headline für ihre Bürgerinitiative gefunden: Statt mitzuhelfen, soziale Fälle zu lösen, werden Zivildiener zu Sozialfällen gemacht! – Diese Aussage trifft den Nagel auf den Kopf, meine sehr geehrten Damen und Herren, genau so ist es!


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Mit dem Beschluss, der im April des Vorjahres gefasst und heute schon angesprochen wurde, sind die Zivildiener tatsächlich zu Almosenempfängern geworden. Was sonst sind sie, wenn 50 Prozent der Aufwandsentschädigung über Nacht gestrichen werden und noch ganze 3 648 S zur Verfügung stehen, um die Aufwendungen der Zivildiener zu decken? Wie sollen sie damit über die Runden kommen? Damit können sie gerade überleben.

Ich sage Ihnen, meine sehr geschätzten Damen und Herren der Regierungsfraktionen: So behandelt man nicht Menschen, die für die Gesellschaft ganz wertvolle Arbeit leisten, Menschen, die in Altenheimen, in Spitälern, beim Rettungswesen, in Beratungsstellen tätig sind und die vor allen Dingen für unsere älteren Menschen in den Pflegeheimen da sind! So behandelt man Menschen nicht, meine Damen und Herren, und wir von der sozialdemokratischen Fraktion werden, wann immer sich die Gelegenheit bietet, so wie heute immer wieder darauf hinweisen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

18.31

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kurzbauer. – Bitte.

18.32

Abgeordneter Johann Kurzbauer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es geht um den Sammelbericht, und in diesem Bericht werden drei Petitionen und sechs Bürgerinitiativen behandelt. Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Frau Kollegin Haidlmayr, aber auch lieber Herr Kollege Wimmer! Ich denke, Sie haben jetzt nur eine Seite der Medaille gezeigt, Sie haben über die Zivildienstgesetz-Novelle 2000 gesprochen. Sie wissen aber sehr wohl, dass mittlerweile eine weitere Zivildienstgesetz-Novelle 2001 beschlossen wurde. (Abg. Haidlmayr: Noch viel schlechter geworden! – Abg. Schwemlein: Noch schlechter!) Damit schaut die Situation jetzt ganz anders aus; ich werde dann noch einmal darauf zurückkommen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte mich jetzt auch mit dieser Bürgerinitiative Nr. 5 beschäftigen. Es geht den Unterfertigten im Wesentlichen um drei Punkte. Erstens wird seitens der Bürgerinitiative auf die geringe monatliche Aufwandsentschädigung hingewiesen. Sie führen die Reduzierung der Aufwandsentschädigung mit einer Summe von minus 48 Prozent an, also auf einen Betrag von 3 648 S. (Zwischenruf der Abg. Haidlmayr. )

Zum Zweiten wird auf die mögliche lange Wartezeit bis über vier Jahre verwiesen, bis es zum tatsächlichen Einsatz der Zivildiener kommt, und damit auch auf die negativen Folgen in Bezug auf ihre Lebensplanung.

Zum Dritten wird darauf verwiesen, dass für bestimmte soziale Einrichtungen, wie wir es bereits vom Vorredner gehört haben, sei es in der Altenbetreuung oder in den Spitälern, eventuell ab Juni kaum Zivildiener zur Verfügung stehen werden, beziehungsweise dass sie ihren Dienst nicht mehr oder nicht im vollen Umfang aufrechterhalten werden können. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Haidlmayr. )

Bitte, Frau Kollegin Haidlmayr, hören Sie mir jetzt zu! Seit 1. Jänner dieses Jahres ist die neue Zivildienstgesetz-Novelle in Kraft. (Abg. Haidlmayr: Die ist noch viel schlechter!) Der Vorwurf – lassen Sie mir bitte ein bisschen Zeit, hören Sie mir zu! – der Reduzierung der monatlichen Aufwandsentschädigung für alle Zivildiener um 48 Prozent ist nicht nachvollziehbar, denn eine fixe Aufwandsentschädigung aller Zivildiener hat es bis dato nicht gegeben. Vielmehr, liebe Frau Kollegin, wurde die monatliche Pauschalvergütung mit 1. Juni 2000 von 2 358 S auf 3 648 S erhöht. (Abg. Haidlmayr: Und wie ist sie jetzt? 2 406 S im Jahr 2001!)

Des Weiteren weise ich darauf hin, dass nunmehr der Anspruch von Zivildienern auf eine angemessene Verpflegung wieder Eingang in die Rechtsordnung gefunden hat. Als Ausgleich dazu wurde die prozentuelle Bestimmung der Pauschalvergütung von derzeit 2 406 S mit jener von 2001 auf die Ausgangslage – und das ist jetzt ganz wichtig – vor dem In-Kraft-Treten der Zivildienstgesetz-Novelle 2000 zurückgeführt. (Abg. Haidlmayr: Das stimmt ja nicht!)


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Die weitere Befürchtung der Unterzeichner der Bürgerinitiative im Zusammenhang mit den langen Wartezeiten bis zum Einsatz der Zivildiener wurde durch diese Novelle ausgeräumt. Weiters wurde mit dieser Novelle auch die Befürchtung beseitigt, dass die Betreuung bei verschiedenen sozialen Einrichtungen durch Zivildiener nicht mehr oder nicht im vollen Umfang aufrechterhalten werden kann.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Abschließend und ganz wichtig: Der gesamte Bedarf an Zivildienern, die von den Rechtsträgern angefordert werden, wird derzeit im vollen Ausmaß abgedeckt. Allein im Monat Februar, Frau Kollegin Haidlmayr, wurden 2 908 Zivildiener zugewiesen.

Zusammenfassend: Mit dieser Zivildienstgesetz-Novelle 2001 wurde eine umfassende und faire Reform des Zivildienstes vorgenommen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwischenruf der Abg. Haidlmayr.  – Abg. Kiss  – in Richtung der Abg. Haidlmayr –: Weil nicht sein kann, was nicht sein darf!)

18.36

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Kurzmann. – Bitte.

18.37

Abgeordneter Dr. Gerhard Kurzmann (Freiheitliche): Herr Präsident! Hohes Haus! Ein solcher Sammelbericht gibt uns die Möglichkeit, auf einige Bürgerinitiativen und Petitionen zurückzublicken, die wir im Ausschuss im vergangenen Oktober, aber auch im Jänner dieses Jahres behandelt oder auch zugewiesen haben.

Es ist für gewählte Volksvertreter immer eine besondere Aufgabe, sich mit den Anliegen von Bevölkerungsgruppen auseinander zu setzen, die im Wege der direkten Demokratie an das Parlament herangetragen werden. Man sieht, wenn man diesen Sammelbericht genauer betrachtet, wie unterschiedlich die Materien sind, die im letzten Halbjahr beraten worden sind. Das reicht, um nur einige Beispiele zu nennen, von der gewünschten Verlängerung der Geltungsdauer von Kurzparkzonen in Wien – darüber wird Kollegin Burket noch reden – über die notwendige Errichtung von Lärmschutzwänden an der Inntalautobahn in zwei Erler Ortsteilen – darüber hat bereits Kollegin Haller gesprochen – bis hin zur Bürgerinitiative für den Erhalt und den Ausbau der hohen Qualitätsstandards der österreichischen Schulen.

Ich möchte zu zwei Bürgerinitiativen Stellung nehmen, die vom Ausschuss zur Kenntnis genommen worden sind. Das ist einmal die erwähnte Bürgerinitiative betreffend "Erhalt und Ausbau des hohen Qualitätsstandards der Schulen – Abwehr parteipolitisch motivierter Änderungen der Schulgesetze und des Dienstrechtes". Gerade als Vertreter einer Partei, die jahrzehntelang den Proporz in den Schulen nicht nur angeprangert, sondern die Parteibuchwirtschaft auch energisch bekämpft hat (Abg. Dr. Mertel: Und was machen Sie jetzt? Blauer Filz!), möchte ich sagen, dass wir Freiheitlichen größtes Interesse an einer wirklichen Objektivierung und an einer Verringerung des parteipolitischen Einflusses haben. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Mertel: Blauer Filz!)

Frau Kollegin, ich verstehe schon, dass Sie mit diesen Objektivierungsbemühungen nicht konform gehen und damit nicht einverstanden sind.

Parteipolitik und parteipolitische Polemik, meine Damen und Herren, haben unserer Meinung nach im Unterricht überhaupt nichts verloren. Die Wissensvermittlung hat noch immer im Vordergrund zu stehen, damit unsere Jugend im internationalen Wettbewerb auch bestehen kann. Das geht auch aus einer Stellungnahme des Bundesministeriums für öffentliche Leistung und Sport hervor, in der aber auch auf eine notwendige Systemumstellung bei den Lehrern hingewiesen wird.

Die zweite Bürgerinitiative, auf die ich kurz eingehen möchte, ist eine liberale Initiative, die den Titel trägt: "Nein zum Grund- und Menschenrechtsabbau". Diese Bürgerinitiative der Jungen


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Liberalen unterstellt, dass durch den Lauschangriff und durch die Rasterfahndung elementare Menschenrechte in Österreich verletzt würden.

Meine Damen und Herren! In diesem Zusammenhang muss wohl darauf hingewiesen werden, dass die gesetzlichen Grundlagen für diese notwendigen Maßnahmen zur Kriminalitätsbekämpfung unter Federführung eines sozialistischen Innenministers und auch eines sozialdemoratischen Bundeskanzlers beschlossen wurden.

An der Notwendigkeit der effizienten Bekämpfung einer zunehmenden organisierten Kriminalität kann, glaube ich, heute kein vernünftiger Mensch zweifeln.

Gewundert hat uns allerdings das Verhalten der Sozialdemokraten im Ausschuss. Die SPÖ hat sich von einem Gesetz distanziert, das von Schlögl und Klima unterschrieben worden ist. Das allein zeigt uns aber, wie weit die Sozialdemokratie in das links-linke Spektrum abgerutscht ist. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Die Regierungsparteien werden aber – und daran ist nicht zu zweifeln – wirksame Gesetze weder verschlechtern noch außer Kraft setzen. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Dr. Lichtenberger: Das hat ihm wer anderer geschrieben! Das ist der Punkt!)

18.41

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Rada. – Bitte.

18.41

Abgeordneter Dr. Robert Rada (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Es ist – und wir haben ja heute schon über den Bildungsbereich debattiert – schon bezeichnend, dass sich Bürgerinitiativen mit Bildungsfragen auseinander setzen müssen, wo doch diese neue Bundesregierung angeblich alles für die Bildung macht.

Ich möchte aber vorweg der Abgeordneten Gatterer Recht geben, wenn sie sagt, dass der Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen ein sehr wichtiger Ausschuss wurde, und ich möchte sie auch daran erinnern, dass wir auf Grund der Bürgerinitiative Nr. 6 im Unterrichtsausschuss doch einen Vierparteienantrag beschließen konnten, der die Einrichtung von Schülerberatern auch an Berufsschulen zum Inhalt hat. Wir werden uns morgen hier im Plenum mit dieser Frage auseinander setzen. Ich möchte aber schon festhalten, dass bereits seit vielen Jahren diese Schülerberatungstätigkeit an Berufsschulen, sagen wir es einmal sehr salopp, aus der Notwendigkeit heraus freiwillig und gratis von den Berufsschullehrerinnen und -lehrern durchgeführt worden ist, und dafür ist ihnen auch herzlich zu danken. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich möchte mich aber heute mit der Bürgerinitiative Nr. 7 befassen, die sich für den Erhalt und Ausbau des hohen Qualitätsstandards der Schulen ausspricht. Wenn wir dieses Problem von meinem Vorredner als mehr oder weniger nicht existent geschildert bekommen haben, so möchte ich doch einige Dinge ins rechte Lot rücken.

Wir haben von dieser Bundesregierung über die Länder einen Finanzausgleich verordnet bekommen, der sehr wohl in die Schulen und in die Bildung eingreifen wird. Wir haben heute schon gehört, dass Hunderte, ja Tausende Dienstposten im Bereich der allgemein bildenden Pflichtschulen bis zum Jahre 2004 nicht mehr vorhanden sein werden. Und das ist ein Bildungsabbau, das ist ein Qualitätsverlust!

Ich darf nur in Erinnerung rufen: Wir werden Probleme haben im Bereich der Integration. Wir haben bereits die Probleme im Bereich der Fremdspracheninitiative. Native speakers wird es immer weniger geben, zum Teil werden diese bereits jetzt von den Elternvereinen bezahlt. Man muss sich einmal vorstellen, was das für eine öffentliche Schule bedeutet, wenn bereits Privatinitiativen das bezahlen müssen, was eigentlich das Normalste und Logischste der Welt ist, nämlich die beste Ausbildung für unsere Kinder!


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Wir haben Probleme im Bereich der Sprachförderung. Wir haben Probleme im Bereich der Legastheniker, und wir haben das größte Problem im Bereich des Förderunterrichtes mit dem hochgelobten Frühwarnsystem.

Wenn all das zusammen keinen Bildungsabbau darstellt, wenn all das zusammen keinen Qualitätsverlust bedeutet, weiß ich nicht, wie man das sonst nennen soll. Umso mehr verwundert es mich, dass erstmals in der Geschichte des Ausschusses für Petitionen und Bürgerinitiativen dieser Antrag nicht dem Unterrichtsausschuss zugeleitet, sondern einfach mit Stimmenmehrheit enderledigt wurde. (Beifall bei der SPÖ.)

18.45

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Pumberger. – Bitte.

18.45

Abgeordneter Dr. Alois Pumberger (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Kollegin Wurm ist schon auf die Bürgerinitiative Nr. 7 eingegangen, in der Herr Maximilian Jäger den Erhalt und den Ausbau des hohen Qualitätsstandards der Schulen einfordert, vor allem die Abwehr parteipolitisch motivierter Änderungen der Schulgesetze und des Dienstrechtes. Er weist ganz besonders darauf hin, dass die parteipolitische Instrumentalisierung der Schulen zutiefst abzulehnen ist. Das Hohe Haus soll sich dafür einsetzen, dass es nicht zu dieser kommt.

Ich gehe davon aus, da das eine Bürgerinitiative ist, die schon während des Sommers eingebracht wurde, dass sie sich auf eine Zeit der SPÖ-Regierung beruft (Abg. Dr. Niederwieser: Irrtum! Irrtum!), eine Zeit, in der die parteipolitische Beeinflussung in den Schulen gang und gäbe war. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Schwemlein: Eine Frechheit!)

Wir sind durch die Schulreform, durch die Maßnahmen dieser Bundesregierung auf dem besten Weg, diesen parteipolitischen Einfluss aus den Schulen herauszudrängen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte aber noch auf zwei Bürgerinitiativen eingehen, die heute noch nicht erwähnt worden sind, und zwar zum einen auf die Bürgerinitiative Nr. 3, die sich auf den Schwangerschaftsabbruch bezieht. Da hat ein Pfarrer in Ruhe, Herr Johann Grüner, Bedenken hinsichtlich der derzeitigen Situation des Schwangerschaftsabbruchs. Er schreibt, die Bürger bekamen durch die bisherige Gesetzgebung den Eindruck, das straffreie Ermorden der Kinder im Mutterschoß sei kein Verbrechen, kein Mord, nichts Arges – Derartiges unterstellt er. Und es freut mich ganz besonders, dass alle Parteien im Petitionsausschuss der Meinung waren, dass man von einer weiteren Verhandlung Abstand nehmen sollte.

Ich bin sehr froh, denn ich glaube, die bestehende Fristenlösung sollte nicht umgeworfen werden. Sie ist meines Erachtens auch nicht reformbedürftig. (Demonstrativer Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Mag.  Kogler. )

Aber man hat ja die Reaktionen gesehen, als Herr Bundesminister Haupt die eugenische Indikation angesprochen hat, wenn man das nur einmal zu hinterfragen wagt, ob nicht behindertes Leben auch schützenswert ist, denn eine Abtreibung behinderten Lebens ist bis zum Zeitpunkt der Geburt gesetzlich erlaubt. (Abg. Heinisch-Hosek: Wird ja nie praktiziert! Das wissen Sie besser als wir!) Wenn sämtliche Behindertenorganisationen dem Herrn Bundesminister Haupt ein Lob dafür ausgesprochen haben, dass er diese Frage thematisiert hat, dann, glaube ich, war das eine wichtige Initiative, und es sollte auch weiter darüber gesprochen werden. (Beifall der Abg. Burket. )

Die zweite Bürgerinitiative, die ich ansprechen will, führt ein bisschen ins Absurde, nämlich die Bürgerinitiative Nr. 9, eingebracht von Maria Luise Prean, betreffend Missionswerk "Leben in Jesus Christus". Diese Bürgerinitiative fordert Geld zurück, gesetzgeberische Maßnahmen, um eine steuerrechtliche Gemeinnützigkeit zu erreichen; die Schenkungssteuer soll gestrichen werden, was diesen Verein betrifft. Dieser Verein, der sich Missionswerk nennt, hat zum Ziel, dass


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glaubenslos gewordene Menschen zurückgeführt werden sollen, und daher sollen steuerliche, finanztechnische Erleichterungen für diesen Verein geschaffen werden.

Auch in diesem Fall hat der Petitionsausschuss eine Abstandnahme von der weiteren Verhandlung empfohlen. Ich glaube, das ist eine ganz vernünftige Form des Umgangs mit solchen Themen, gehe aber davon aus, dass wir uns auch in Zukunft ganz fest und intensiv mit den Anliegen der Bürger auseinander setzen, denn es ist hoch zu schätzen, wenn jemand Unterschriften sammelt, Initiativen startet, Anliegen an das Hohe Haus heranträgt, mit denen wir uns dann beschäftigen müssen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

18.49

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Muttonen. – Bitte.

18.50

Abgeordnete Mag. Christine Muttonen (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Ich möchte gerne zu einigen Bürgerinitiativen des heutigen Sammelberichtes Stellung nehmen, die sich mit den Themen Jugend und Bildung auseinander setzen. Es ist doch erstaunlich, dass es gleich mehrere gibt, die dieses Thema ansprechen.

Es geht um die Qualität der Bildung, aber auch um das Schulklima, und damit wieder um die Qualität des Lernens. Wie Sie sicher alle wissen, kann richtiges und gutes Lernen ja nur in einer entspannten und angstfreien Atmosphäre und Gruppe stattfinden.

Eine Gruppe muss natürlich von der Anzahl her überschaubar und managebar sein. Bei Überschreitungen von Klassenschülerhöchstzahlen, also bei zu großen Gruppen, ist das nicht mehr möglich. Gruppendynamische Prozesse können nicht mehr gesteuert werden, und professionelle, persönliche Betreuung ist dann ein Ding der Unmöglichkeit. (Abg. Böhacker: Das glaub’ ich gar nicht!) Das glauben Sie nicht? Gut, dann gehen Sie einmal in eine Schule! (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Böhacker. )

In diesem Sinne ist auch die Bürgerinitiative Nr. 7 zu verstehen, die von mehr als 600 Bürgern und Bürgerinnen unterzeichnet wurde.

Es ist die Sorge um unser Bildungswesen, das in eine verkehrte Richtung gedrängt wird. Noch haben wir ja ein gut funktionierendes Schulwesen, aber es kracht ganz schön im Gebälk, seit es dieses "Neu regieren" gibt.

Die Menschen sind verunsichert, erkennen aber langsam, dass sich hinter diesen glatten Werbesprüchen und hinter Schlagwörtern wie "Nulldefizit" oder "Abfederung" oder "Strukturanpassung" – auch "Neu regieren" ist so ein moderner Werbespruch – fatale Weichenstellungen für unser Land verbergen.

Leider wurde diese Bürgerinitiative Nr. 7 nicht an den Unterrichtsausschuss weitergeleitet.

Auch in der Bürgerinitiative Nr. 6 geht es um die Jugend. Die Tätigkeit der Schülerberater und -beraterinnen im Bereich der Berufsschule soll gesetzlich verankert werden. Ich denke, die SchülerberaterInnen zählen zu denjenigen vor Ort, die als Erste mit den Problemen von Jugendlichen konfrontiert werden, und – Frau Kollegin Gatterer, da bin ich nicht Ihrer Meinung – auch die Jugendlichen in den Bundesländern haben immer wieder große Probleme und brauchen diese Betreuung. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich glaube, dass eine gesetzliche Absicherung, wie sie von dieser Bürgerinitiative gefordert wird, höchstens eine Basis für generell mehr Anerkennung und für eine größere Wertigkeit in diesem Bereich sein kann. Aber wir werden morgen noch ausführlich darüber debattieren.

Auch die Bürgerinitiative Nr. 5 betrifft die Jugend. Es ist schon eigenartig, dass die derzeitige Regierung zwar für Kleinstkinder sehr viel Geld zur Verfügung hat, für Jugendliche aber kaum etwas übrig hat.


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Jugendliche – das ist klar – sind kritisch und hinterfragen. Das wäre ja auch das Ziel jeder Erziehung. Aber das scheint nicht das zu sein, was die derzeitige Regierung sich wünscht. Daher werden junge Erwachsene lieber vernachlässigt, lieber bestraft – es wurden ja solche Erziehungsräte eingeführt – statt unterstützt, oder auch unter Druck gesetzt, unter anderem durch finanzielle Belastungen. Denken Sie an die Studenten und Studentinnen oder eben auch an die Zivildiener! Viele von ihnen werden durch die neuen Maßnahmen der Regierung an den Rand ihrer Existenz getrieben. Sie erinnern sich: 47 S pro Tag zum Leben ist wahrlich kein Fest.

Statt mitzuhelfen, soziale Fälle zu lösen, werden Zivildiener zu Sozialfällen gemacht. – So lautet das Schreiben der Bürgerinitiative. Offensichtlich passen sie nicht in das Gesellschaftsbild der neuen Regierung. Die Sozialisation der jungen Männer hat anscheinend in einer anderen Umgebung stattzufinden als im Bereich des Pflegens und Betreuens. Dieser Platz ist von den "Neu-Regierern" ja schon den Frauen zugewiesen worden, und zwar exklusiv und ihnen allein. Männer haben sich offensichtlich mit etwas anderem zu beschäftigen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Dass sich dadurch aber auch gesellschaftspolitisch etwas verändern könnte, dass die jungen Männer bei der Arbeit im sozialen Bereich eine interessante Erfahrung machen könnten und dass dadurch vielleicht ein neues Verständnis für verschiedenste Gruppen entstehen könnte, das könnte eine positive Folge sein. Aber das ist nicht Ihr Ziel, meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen – leider, muss ich sagen. Ich kann diese Initiativen nur unterstützen und würde Sie ersuchen, das auch zu tun. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

18.55

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Burket. – Bitte.

18.55

Abgeordnete Ilse Burket (Freiheitliche): Herr Präsident! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Ich stehe hier und vertrete die Interessen einer gar nicht so kleinen Gruppe von Menschen, die ihre Hoffnung in diese Petition Nr. 6 gesetzt haben und die bei uns im 8. Bezirk die größten Probleme mit dem Parkpickerl haben.

Zugesperrte Geschäfte, der Zulauf zu den Großmärkten am Stadtrand, Berufstätige, die abends von der Arbeit kommen und verzweifelt ihre Runden drehen und keinen Parkplatz finden – die tägliche Situation in der Josefstadt, aber sicher symptomatisch auch für die anderen Innenbezirke.

Was in der Josefstadt noch erschwerend dazukommt, ist die Tatsache, dass die Josefstadt zu einem nicht geringen Teil ihre Beliebtheit auch daraus bezieht, dass es hier eine Lokalszene gibt, die Tag für Tag eine große Anzahl von Besuchern anzieht. Diese Besucher pendeln schon frühzeitig ein und legen Kurzparkscheine hinter die Windschutzscheibe. Die Kurzparkzonenzeit läuft um 19 Uhr aus, und wenn die Besucher um 22 oder 24 Uhr nach Hause fahren, gibt es dann die Parkplätze, die die Leute schon zwischen 17 und 18 Uhr verzweifelt suchen.

Die Situation ist unerträglich und eigentlich auch unzumutbar. Die Bezirksbewohner zahlen für ein Parkpickerl und bekommen keine konkrete Gegenleistung dafür. Der berechtigte Wunsch der Bezirksbewohner auf Ausweitung der Kurzparkzeiten ist schon lange eine freiheitliche Forderung und nunmehr auch eine mit 500 Unterschriften untermauerte Forderung einer Bürgerinitiative im 8. Bezirk, für die ich diese Petition überreichen durfte.

Seit über acht Jahren gibt es schon eine Kommission, die sich "Parkraumbewirtschaftungskommission" nennt und die bisher nichts zuwege gebracht hat. Natürlich ist die Parkraumbewirtschaftung ein Wien-Thema, und natürlich ist es schwierig, eine Verordnung zu ändern. Aber nichts tun ist auch ein bisschen zu wenig.

Die Parkplatzsituation im Bezirk ist katastrophal. Die Stadt tut nichts, und es ist daher ein begreiflicher Schritt, dass sich die Menschen in ihrer Verzweiflung an das Parlament wenden. Man erhofft sich hier eine Gesetzesänderung, die Schaffung der Möglichkeit, den Begriff der Ausnahmeregelung nach § 45 Abs. 4 so abzuändern, dass hier, ohne den Gleichheitsgrundsatz zu


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verletzen, doch auf die tatsächliche Verkehrssituation und den Parkplatzbedarf der Bewohner Bedacht genommen werden kann. Bei den Wirtschaftstreibenden ist es in einigen Fällen gelungen, Ausnahmeregelungen respektive ein Parkpickerl zu erhalten. Viele kämpfen allerdings immer noch darum. Diese existenzbedrohende Situation muss angesichts der zugesperrten Geschäfte wirklich zu denken geben. Es kann doch nicht so schwer sein, jeden Firmensitz in einem Bezirk wie einen Hauptwohnsitz zu behandeln und jedenfalls bei Ansuchen ein Parkpickerl auszustellen.

Die Schwierigkeiten, die den Gewerbetreibenden hier gemacht werden, und die Erlebnisse, die die Gewerbetreibenden am Magistrat schon hatten, wenn sie als devote Bittsteller versuchten, für ihre Firmen-PKW das geschäftsnotwendige Pickerl zu erhalten, würden, wenn es nicht so traurig wäre, eine Faschingszeitung füllen.

Ich glaube, wenn der Bürger so sehr im Mittelpunkt unser aller Interesse steht und wenn Sie, meine Damen und Herren von den Sozialdemokraten, sich heute, egal woher Sie kommen, als Wiener deklariert haben, dann sollte es auch möglich sein, in dieser Angelegenheit Problemlösungen zu finden. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

18.59

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Niederwieser. – Bitte.

18.59

Abgeordneter DDr. Erwin Niederwieser (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Es wurde von mehreren Rednern schon erwähnt, dass das Klima im Petitionsausschuss sehr konstruktiv ist, dass der Petitionsausschuss von Kollegin Maga. Wurm umsichtig geführt wird. Auch von Kollegin Haidlmayr weiß ich, dass sie dieser Meinung ist.

Trotzdem, liebe Kolleginnen und Kollegen: Positiv wird diese Arbeit erst dann, wenn die Anliegen auch ausreichend ernst genommen werden. Das bedeutet aber auch, dass die Regierungsparteien hier doch eine erhöhte Verantwortung tragen – glauben Sie mir, ich weiß das auch aus früheren Jahren, als wir in der Regierung waren –, denn wenn nur das getan wird, was die Regierung hier genehmigt oder was wir laut einem Schreiben der Regierung oder der Ministerien so und so machen könnten, dann hätte sich der Bürger oder die Bürgerin nicht an das Parlament wenden müssen, dann hätten sie gleich nur der Regierung schreiben können und hätten das auch erfahren.

Das heißt, die Bürger setzen in das Parlament ein höheres Maß an Erwartung, was die Nähe zu ihren Anliegen betrifft. Dieses erfüllen die Parlamente üblicherweise auch, und ich darf in diesem Zusammenhang wirklich an alle Kolleginnen und Kollegen appellieren, auch wenn die Antwort der Regierung nicht zufrieden stellend ist, trotzdem hart und dran zu bleiben, um diesen Kurs auch weiter zu verfolgen.

Kollege Kurzmann hat sich mit der Bürgerinitiative Nr. 8 beschäftigt, mit den Jungen Liberalen. Das Thema ist es wert, dass wir ein bisschen genauer hinschauen, Kollege Kurzmann, denn da machen Sie es sich einfach zu leicht, wenn Sie sagen, die Jungen Liberalen und die Linkslinken in der SPÖ, bei den Sozialdemokraten haben hier dieselbe Meinung.

Erstens wundert es mich, was Ihr Bild des politischen Spektrums anlangt, dass für Sie Linkslinke und Liberale irgendwie im selben Eck stehen. Das ist rein politologisch zumindest nicht nachvollziehbar. Aber worum geht es denn eigentlich? Was wollten die? – Ich möchte Ihnen die Punkte noch einmal vorlesen, liebe Kolleginnen und Kollegen. Die wollten zum Beispiel: nein zur routinemäßigen Stapo-Überwachung, nein zu rassistischen Methoden der Altersfeststellung, nein zur Schubhaft von Kindern und Jugendlichen, nein zu Schnellabschiebemethoden von AsylantInnen. – Da kann man doch nicht einfach hergehen, Kollege Kurzmann, und sagen, das sind alles linkslinke Forderungen. Das müssen doch Forderungen sein, die das gesamte Parlament vertreten kann! (Zwischenruf des Abg. Kiss. ) – Da hast du schon Recht, Kollege Kiss. Dann sind noch drei Punkte, die das Nein zu Lauschangriff und Rasterfahndung, zur flächendeckenden Telefonüberwachung und zur erweiterten Gefahrenforschung betreffen.


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Zwei dieser Punkte – da hat Kollege Kurzmann Recht – sind unter sozialdemokratischer Regierung eingeführt worden, und zwar mit sehr strengen rechtsstaatlichen Bedingungen. Aber Sie können doch nicht einfach alle anderen Punkte in einen Topf werfen und sagen, das interessiert uns nicht mehr! – Das war unsere Kritik im Ausschuss, dass wir uns das genau ansehen sollten, worum es hier geht. (Beifall bei der SPÖ.)

Betreffend den Schwerpunkt Bildung ist schon vieles gesagt worden. Ich darf nur Kollegen Pumberger in einem korrigieren: Sie haben gemeint, Maximilian Jäger hat das vor längerer Zeit schon eingebracht, und darum wird es sich wohl um eine Forderung an die frühere sozialdemokratische Regierung gehandelt haben.

Ich kenne Herrn Maximilian Jäger sehr gut, er ist ein sehr engagierter Elternvertreter, und er hat – da hätten Sie die Unterlage eben genau lesen müssen – in seinem Brief ausgeführt, was ihn und die Unterzeichner stört: Da waren die Aussagen von Ihrem Alt-Parteiobmann mit den "parasitären Elementen" im Schuldienst, und da war eine Aussage Ihres derzeitigen Klubobmannes Westenthaler. – Diese Dinge haben ihn gestört, und das hat er als parteipolitischen Versuch einer Einflussnahme bezeichnet. Daher hat er in seinem Schreiben auch verlangt beziehungsweise angeregt, dass diese beiden beim Petitionsausschuss dabei sein sollten. Verdrehen Sie also hier nicht die Tatsachen einfach so, wie es Ihnen passt, sondern nehmen Sie zur Kenntnis: Diese Petition wendet sich gegen parteipolitische Einflussnahme dieser Bundesregierung aus FPÖ und ÖVP.

Lassen Sie mich abschließend noch einen Vorschlag, eine Überlegung einbringen. Das Parlament, die Parlamentsdirektion hat einiges getan, um den Bürgerinitiativen entgegenzukommen. Es ist auf der Homepage jetzt ein eigenes Link gesetzt worden, man findet leichter hin, man findet die Information darüber, was zu tun ist. Es gibt Parlamente – eines konnte ich mit den Kollegen Amon und Schender besuchen –, die auch eigene Büros für Bürgerinitiativen eingerichtet haben, wo die Menschen mit ihren Anliegen auch tatsächlich hinkommen können und wo auch beim Parlament ein Apparat zur Verfügung steht, der sich dieser Anliegen annimmt und der in diesem Bereich bessere Kontakte zwischen der Parlamentsverwaltung, den Abgeordneten und den Bürgern herstellt. Ein solches Bürgerbüro wäre sicher auch eine Idee für unser Parlament, für unser Hohes Haus. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir werden – und das ist abzusehen – in nächster Zeit mit mehr solchen Petitionen und Bürgerinitiativen zu rechnen haben. Ich habe hier von der Tiroler Arbeiterkammer eine Liste beispielsweise jener Züge, die im nächsten Fahrplan nicht mehr enthalten sein werden – vier Seiten nur für das Bundesland Tirol! Es gibt massive Beschwerden über die Postzustellung, über den Abbau dieser Leistungen des Staates. Es gibt massive Beschwerden, was die Buslinien anlangt, es gibt die Pläne der Regierung, Finanzämter zuzusperren, es gibt die Pläne der Regierung, Bezirksgerichte zuzusperren. Das ist ein flächendeckender Abbau, eine flächendeckende Rücknahme von Bürgerleistungen, von Leistungen einer bürgernahen Verwaltung. Es ist daher zu erwarten, wenn Sie in diesem Stil fortsetzen, dass wir noch eine Menge mit Bürgerinitiativen zu tun haben werden, die sich zu Recht gegen das zur Wehr setzen, was diese Regierung aus FPÖ und ÖVP den Bürgern zumutet.

Zu diesem Thema gibt es ein Zitat aus der "Tiroler Tageszeitung" vom 16. März. Im Wirtschaftsteil schreibt Frank Staud:

"Seit Schwarz-Blau am Ruder ist, wird zentralisiert, was das Zeug hält." Und: "... von der Föderalismuspartei ÖVP hätte man sich erwartet, dass sie auf dezentrale Strukturen setzt ... Jetzt passiert das Gegenteil."

Sie bauen Bürgerleistungen ab, und der Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen wird viel zu tun haben. Ich hoffe, dass die Zusammenarbeit auch dann noch so gut klappt, wenn es sich darum handelt, auch einmal mit einem klaren Wort gegen diese Abbaumaßnahmen, gegen diese Verschlechterung der Leistungen für die Bürger aufzutreten. (Beifall bei der SPÖ.)


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19.07

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Heinzl. – Bitte.

19.07

Abgeordneter Anton Heinzl (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Petitionen sind ein wichtiges und wirksames Mittel der direkten Demokratie für die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes. Mit diesem Instrument ist gewährleistet, dass auch Probleme mit punktuellen, regionalen Auswirkungen, die aber überregionale Bedeutung haben, ungefiltert in diesem Haus debattiert werden können.

Im letzten Petitionsausschuss ist unter anderem von Frau Abgeordneter Haller eine Petition zur Bekämpfung des von der Inntal Autobahn verursachten Verkehrslärms eingebracht worden. Wir stimmen Ihnen zu, Frau Abgeordnete Haller: Lärm ist ein Umweltthema, aber nicht nur in Tirol, sondern in ganz Österreich. Ich empfehle Ihnen, Frau Haller, als Erstes Ihre Parteifreundin, Frau Verkehrsminister Forstinger an der Nase zu nehmen. (Abg. Achatz: "An der Nase"?) Der Grund, warum ich Ihnen das wärmstens ans Herz legen kann, ist, dass wir in Niederösterreich, und hier speziell in St. Pölten erkannt haben (Zwischenruf des Abg. Wattaul ), dass die Frau Minister in Sachen Lärmschutz zu vollmundigen Versprechungen neigt, aber diese nicht einzuhalten pflegt. (Beifall bei der SPÖ.)

Zu den sicher am stärksten vom Verkehrslärm betroffenen Menschen im Land Niederösterreich – Herr Abgeordneter Wattaul, wenn du als Niederösterreicher das nicht erkennst, dann tut es mir Leid – zählen nämlich auch die Anrainer der West Autobahn, denn die West Autobahn hat unbestritten eine sehr hohe Verkehrsfrequenz. Speziell die Bewohner der Siedlungen im Süden von St. Pölten stöhnen wirklich seit langem unter diesen Lärmbelästigungen. Deshalb haben wir auch eine Petition zum Thema Lärmschutz an der A 1 im Stadtgebiet von St. Pölten eingebracht.

Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Bei den zähen Verhandlungen um einen entsprechenden Lärmschutz bei der Güterzugumfahrung durch den Süden von St. Pölten ist es gelungen, eine gemeinsame Planung für den Eisenbahnlärm und den Autobahnlärm der A 1 herbeizuführen, um die Bewohner der südlichen Stadtteile von St. Pölten – namentlich nenne ich hier Harland, Spratzern und Stattersdorf – vor den wirklich unzumutbaren Lärmbelästigungen zu schützen.

Weil aber der Bau und die Fertigstellung der Güterzugumfahrung St. Pöltens und der Ausbau der West Autobahn nicht zuletzt wegen des Verhaltens von Ex-Minister Schmid und seiner Nachfolgerin Forstinger – in der Frage der Güterzugumfahrung im Speziellen – vermutlich noch lange Jahre dauern wird, fordere ich gemeinsam mit den Vertretern der Landeshauptstadt St. Pölten – und hiezu gibt es eine einstimmig gefasste Resolution des Gemeinderates der Landeshauptstadt St. Pölten – eine Einführung des Tempolimits von 100 Kilometern pro Stunde für PKW und von 70 Kilometern pro Stunde für LKW im betreffenden Streckenabschnitt. Anrainer haben nämlich festgestellt, dass im Falle von Staus oder verringerter Fahrtgeschwindigkeit durch Baustellen im betroffenen Streckenabschnitt die Lärmbelästigung auf ein einigermaßen erträgliches Ausmaß zurückgeht. Dies wäre, sehr geehrte Damen und Herren, eine billige, aber sofort wirksame Maßnahme, bis dauerhafte Lärmschutzmaßnahmen umgesetzt werden.

In der Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage, die ich ebenfalls in dieser Sache an die Frau Minister gerichtet habe, lehnt sie selbst diese kosteneffiziente Maßnahme ab. Die dauerhaften Lärmschutzmaßnahmen macht Frau Minister Forstinger davon abhängig, ob und wann die Güterzugumfahrung St. Pöltens fertig gebaut wird, deren Bau sie selbst gestoppt hat.

Ebenso hängt die Umsetzung der dringend notwendigen Lärmschutzmaßnahmen für den St. Pöltner Hauptbahnhof derzeit in der Luft, weil die Frau Minister auch hier die bestehende Finanzierung bereits wieder gestrichen hat.

Die Anrainer nordwestlich des Hauptbahnhofes St. Pölten sind durch den Bahnbetrieb der ÖBB auf der Westbahnstrecke, der ebenfalls am stärkten belasteten Bahnstrecke Österreichs, Tag und Nacht durch starke Lärmbelästigung beeinträchtigt. Insbesondere in den Nachtstunden, sehr geehrte Damen und Herren, überschreiten die Lärmemissionen das zulässige Ausmaß bei weitem, wie durch Messungen belegt wurde.


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Neben diesem Umstand, dass die Bevölkerung weiterhin einer unzumutbaren Lärmbelästigung ausgesetzt ist, bestürzt die Tatsache, Herr Abgeordneter Wattaul, dass das Geld, das bereits für sinnvolle Maßnahmen, was den Bereich St. Pölten betrifft, vorhanden war (Abg. Wattaul: Wenn Sie keinen Plan haben!), nun aber dazu verwendet wird, das 3,5-Milliarden-Schilling-Loch in die Kärntner Berge zu bauen (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ – Abg. Wattaul: Das ist ein Blödsinn!)  – und dies, obwohl die ÖBB selbst schon gesagt haben, dass es sich hier um einen volkswirtschaftlichen Humbug handelt. (Abg. Wattaul: Das ist ein Blödsinn!) Das scheint nur das "einfache Parteimitglied" in Kärnten nicht zu kümmern und schon gar nicht zu stören.

Dass dafür Bewohner aller anderen Bundesländer leiden müssen, scheint das "einfache Parteimitglied" noch wesentlich weniger zu stören. (Ruf bei der SPÖ: Leider!) Wahrscheinlich hat er sich gedacht: Wenn mir die Leute das bisschen Tunnelbauen in Kärnten übel nehmen, dann will ich Partik-Pablé heißen! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ing. Scheuch: Fragen Sie den Herrn Leikam!)

19.13

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Petitionen und Bürgerinitiativen, seinen Bericht 444 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Die Tagesordnung ist erschöpft.

Einlauf

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Ich gebe noch bekannt, dass in der heutigen Sitzung der Selbständige Antrag 412/A eingebracht wurde.

Ferner sind die Anfragen 2194/J bis 2221/J eingelangt.

*****

Die nächste Sitzung des Nationalrates berufe ich für Mittwoch, den 28. März 2001, um 9 Uhr ein.

Die Tagesordnung ist der im Saal verteilten schriftlichen Mitteilung zu entnehmen. Die Sitzung wird mit einer Fragestunde eingeleitet werden.

Diese Sitzung ist geschlossen.

Schluss der Sitzung: 19.14 Uhr