Stenographisches Protokoll
5. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich
XXII. Gesetzgebungsperiode
Mittwoch, 26. Feber 2003
Gedruckt auf 70g chlorfrei gebleichtem Papier
5. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich
XXII. Gesetzgebungsperiode Mittwoch, 26. Feber 2003
Dauer der Sitzung
Mittwoch, 26. Feber 2003: 9.00 – 20.09 Uhr
*****
Tagesordnung
1. Punkt: Bericht über den Antrag 34/A der Abgeordneten Dkfm. Dr. Günter Stummvoll, Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Umsatzsteuergesetz 1994 und das Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955 geändert werden
2. Punkt: Bericht über den Antrag 35/A der Abgeordneten Dr. Helene Partik-Pablé, Fritz Neugebauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Pensionsgesetz 1965 geändert wird
3. Punkt: Bericht über den Antrag 39/A der Abgeordneten Barbara Rosenkranz, Dr. Erwin Rasinger, Manfred Lackner, Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arzneimittelgesetz geändert wird
4. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Allgemeines Behinderten-Gleichstellungsgesetz (Beh-GStG) erlassen wird (14/A)
5. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dr. Evelin Lichtenberger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO) geändert wird (19/A)
6. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Fremdengesetz 1997 geändert wird (20/A)
7. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Gisela Wurm, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird, und ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975) geändert wird (30/A)
8. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975) geändert wird (31/A)
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 2 |
9. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975) geändert wird (32/A)
10. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen
und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994
geändert wird (38/A)
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Inhalt
Personalien
Verhinderungen ............................................................................................... 17
Geschäftsbehandlung
Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung 10/AB gemäß § 92 Abs. 1 der Geschäftsordnung ...................................................................................... 34
Durchführung einer kurzen Debatte gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung 143
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 3 |
Redner:
Mag. Ulrike Lunacek ............................................................................... 143
Bundesminister Dr. Martin Bartenstein .................................................... 145
Dr. Reinhold Mitterlehner ........................................................................ 147
Mag. Hans Moser .................................................................................... 149
Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann ................................................................ 150
Michaela Sburny ..................................................................................... 150
Antrag der Abgeordneten Michaela Sburny auf Nichtkenntnisnahme der Anfragebeantwortung 10/AB – Ablehnung ............................................................................................ 152, 152
Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung ........................................................................................... 34
Wortmeldung des Abgeordneten Mag. Werner Kogler in Bezug auf die Ausführungen des Abgeordneten Mag. Eduard Mainoni in der Debatte über Tagesordnungspunkt 5 ........................ 99
Unterbrechung der Sitzung ........................................................................... 122
Mitteilung des Präsidenten Dr. Andreas Khol betreffend Offenheit und Transparenz des Hauses auf der einen, Sicherheit auf der anderen Seite ............................................................ 123
Wortmeldung des Abgeordneten Dr. Josef Cap auf Grund einer von Abgeordnetem Mag. Karl Schweitzer geäußerten Vermutung .................................................................................. 123
Antrag der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur Untersuchung der Beschaffung von Kampfflugzeugen gemäß § 33 Abs. 1 der Geschäftsordnung ......................................................................................... 173
Bekanntgabe ................................................................................................. 139
Verlangen gemäß § 33 Abs. 2 der Geschäftsordnung auf Durchführung einer kurzen Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG ......................................................................................... 139
Redner:
Mag. Kurt Gaßner ................................................................................... 176
Werner Amon, MBA ............................................................................... 177
Mag. Andrea
Kuntzl ................................................................................ 178
Dr. Reinhard
Eugen Bösch .................................................................. ... 179
Mag. Werner
Kogler ................................................................................ 179
Ablehnung des Antrages ................................................................................ 180
Aktuelle Stunde (1.)
Thema: „Österreich und die Europäische Union – Herausforderungen durch die Irak-Krise“
Redner:
Dr. Michael
Spindelegger ......................................................................... 17
Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel ..................................................... 19
Walter Murauer ......................................................................................... 21
Dr. Alfred Gusenbauer .............................................................................. 22
Herbert Scheibner ..................................................................................... 24
Mag. Ulrike Lunacek ................................................................................ 25
Bundesministerin Dr. Benita
Ferrero-Waldner ........................................... 26
Karl
Donabauer ......................................................................................... 27
Dr. Caspar
Einem ...................................................................................... 29
Dr. Reinhard Eugen Bösch ........................................................................ 30
Dr. Peter Pilz ............................................................................................. 31
Ausschüsse
Zuweisungen ................................................. 33, 87, 100, 159, 164, 167, 169, 173
Unvereinbarkeitsangelegenheiten
Erster Bericht des Unvereinbarkeitsausschusses ............................................... 34
Dringliche Anfrage
der Abgeordneten Dr. Josef
Cap, Kolleginnen
und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend unnötige Belastung der ÖsterreicherInnen
durch teure Kampfflugzeuge (122/J) ................. 100
Begründung: Dr. Josef Cap ............................................................................ 104
Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel ........................................................ 109
Debatte:
Dr. Alfred Gusenbauer ............................................................................ 116
Dkfm. Dr. Günter Stummvoll .......................................................... 118, 142
Mag. Karl Schweitzer .............................................................................. 120
Dr. Peter Pilz ........................................................................................... 123
Bundesminister Herbert Scheibner .......................................................... 126
Mag. Barbara
Prammer ........................................................................... 128
Maria Rauch-Kallat .................................................................................. 130
Dr. Reinhard Eugen Bösch ...................................................................... 131
Mag. Werner Kogler ................................................................................ 133
Doris Bures ............................................................................................. 135
Walter Murauer ....................................................................................... 137
Dipl.-Ing. Uwe Scheuch ........................................................................... 138
Rudolf Nürnberger .................................................................................. 140
Dr. Michael Spindelegger ....................................................................... 141
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Verhandlungen
1. Punkt: Bericht des Budgetausschusses über den Antrag 34/A der Abgeordneten Dkfm. Dr. Günter Stummvoll, Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Umsatzsteuergesetz 1994 und das Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955 geändert werden (16 d. B.) ................................. 34
Redner:
Dr. Christoph
Matznetter ........................................................................... 35
Dkfm. Dr. Günter
Stummvoll .................................................................... 36
Mag. Werner
Kogler ................................................................................. 38
Klaus
Wittauer .......................................................................................... 41
Mag. Melitta
Trunk ................................................................................... 42
Edeltraud
Lentsch ..................................................................................... 43
Karl
Öllinger ............................................................................................. 44
Dr. Ferdinand
Maier .................................................................................. 46
Staatssekretär
Dr. Alfred Finz ................................................................... 47
Mag. Hans
Moser ...................................................................................... 48
Matthias
Ellmauer ..................................................................................... 50
Michaela
Sburny ...................................................................................... 51
Annahme ........................................................................................................ 52
2. Punkt: Bericht des Budgetausschusses über den Antrag 35/A der Abgeordneten Dr. Helene Partik-Pablé, Fritz Neugebauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Pensionsgesetz 1965 geändert wird (17 d. B.) .................................................................................... 52
Redner:
Fritz
Neugebauer ...................................................................................... 52
Marianne
Hagenhofer ............................................................................... 53
Dr. Helene
Partik-Pablé ............................................................................. 54
MMag. Dr. Madeleine
Petrovic .................................................................. 55
Kai Jan
Krainer ......................................................................................... 57
Maximilian
Walch ..................................................................................... 58
Rainer
Wimmer ........................................................................................ 60
Annahme ........................................................................................................ 61
3. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 39/A der Abgeordneten Barbara Rosenkranz, Dr. Erwin Rasinger, Manfred Lackner, Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arzneimittelgesetz geändert wird (15 d. B.) ......... 61
Redner:
Dr. Erwin
Rasinger .................................................................................... 61
Manfred
Lackner ...................................................................................... 62
Barbara
Rosenkranz ................................................................................. 63
Dr. Kurt
Grünewald ............................................................................ 65, 79
Ridi
Steibl ................................................................................................ 68
Erika
Scharer ........................................................................................... 69
Dipl.-Ing. Uwe
Scheuch ............................................................................. 69
Günter
Kößl .............................................................................................. 71
Erwin
Spindelberger ................................................................................. 72
Anna
Höllerer ........................................................................................... 73
Bettina
Stadlbauer .................................................................................... 74
Staatssekretär
Dr. Reinhart Waneck .......................................................... 76
Heidrun
Silhavy ........................................................................................ 77
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 5 |
Annahme ........................................................................................................ 80
4. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Allgemeines Behinderten-Gleichstellungsgesetz (Beh-GStG) erlassen wird (14/A) ............................................................................................................. 80
Redner:
Theresia
Haidlmayr ................................................................................... 80
Maria Rauch-Kallat ................................................................................... 81
Mag. Christine Lapp ................................................................................. 82
Dr. Helene
Partik-Pablé ............................................................................. 84
Staatssekretär
Dr. Reinhart Waneck .......................................................... 85
Dr. Franz-Joseph
Huainigg ....................................................................... 85
Dieter
Brosz .............................................................................................. 86
Zuweisung des Antrages 14/A an den Verfassungsausschuss ............................. 87
5. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dr. Evelin Lichtenberger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO) geändert wird (19/A) ............................................................................................................. 87
Redner:
Dr. Evelin
Lichtenberger ........................................................................... 88
Mag. Helmut
Kukacka .............................................................................. 89
Dr. Evelin
Lichtenberger (tatsächliche
Berichtigung) ................................... 91
Kurt
Eder .................................................................................................. 91
Klaus
Wittauer .......................................................................................... 93
Mag. Karin
Hakl ........................................................................................ 94
Gerhard
Reheis ......................................................................................... 95
Mag. Eduard
Mainoni ............................................................................... 97
Hermann
Gahr .......................................................................................... 98
Ing. Erwin
Kaipel ...................................................................................... 99
Zuweisung des Antrages 19/A an den Verkehrsausschuss ................................ 100
6. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Fremdengesetz 1997 geändert wird (20/A) ........ 152
Redner:
Mag. Terezija
Stoisits .............................................................................. 152
Werner
Miedl .......................................................................................... 153
Rudolf
Parnigoni ..................................................................................... 154
Maximilian
Walch ................................................................................... 156
Ing. Hermann
Schultes ............................................................................ 156
Kai Jan
Krainer ....................................................................................... 157
Mag. Eduard
Mainoni ............................................................................. 158
Zuweisung des Antrages 20/A an den Ausschuss für innere Angelegenheiten ..... 159
7. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Gisela Wurm, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird, und ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975) geändert wird (30/A) ...................................................... 159
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 6 |
Redner:
Mag. Gisela
Wurm .................................................................................. 159
Mag. Helmut
Kukacka ............................................................................. 161
Dr. Peter
Wittmann .................................................................................. 162
Herbert
Scheibner ................................................................................... 163
Dieter
Brosz ............................................................................................ 163
Zuweisung des Antrages 30/A an den Geschäftsordnungsausschuss ................. 164
8. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975) geändert wird (31/A) ...................................... 164
Redner:
Dr. Josef
Cap .......................................................................................... 164
Mag. Heribert
Donnerbauer ..................................................................... 165
Mag. Gisela
Wurm .................................................................................. 166
Dr. Eva
Glawischnig ................................................................................ 167
Zuweisung des Antrages 31/A an den Geschäftsordnungsausschuss ................. 167
9. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975) geändert wird (32/A) ...................................... 167
Redner:
Otto
Pendl ............................................................................................... 168
Dieter
Brosz ............................................................................................ 169
Zuweisung des Antrages 32/A an den Geschäftsordnungsausschuss ................. 169
10. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994 geändert wird (38/A) ....... 169
Redner:
Mag. Johann
Maier ................................................................................. 170
Dr. Reinhold
Mitterlehner ........................................................................ 171
Josef
Bucher ........................................................................................... 171
Dr. Gabriela
Moser .................................................................................. 172
Zuweisung des Antrages 38/A an den Wirtschaftsausschuss ............................ 173
Eingebracht wurden
Petition ......................................................................................................... 33
Petition betreffend
„Verbesserung der rechtlichen Rahmenbedingungen für MotorradfahrerInnen“
(Ordnungsnummer 1) (überreicht von den Abgeordneten Dr. Johannes Jarolim
und Kurt
Eder)
Bürgerinitiative ............................................................................................. 33
Bürgerinitiative
betreffend „Privatschulen verlangen ein gerechtes Schulsystem“
(Ordnungsnummer 1)
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 7 |
Regierungsvorlagen ..................................................................................... 32
5: Bundesverfassungsgesetz über den Verlauf der Staatsgrenze zwischen der
Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland im Grenzabschnitt
„Salzach“, in den Sektionen I und II des Grenzabschnitts „Scheibelberg-Bodensee“
sowie in Teilen des Grenzabschnitts „Innwinkel“
6:
Bundesverfassungsgesetz über Änderungen des Verlaufes der Staatsgrenze
zwischen der Republik Österreich und der Tschechischen Republik
7:
Bundesverfassungsgesetz über Änderungen des Verlaufes der Staatsgrenze
zwischen der Republik Österreich und der Republik Ungarn in den Unterabschnitten
C II und C IV (regulierte Pinka und regulierte Strem)
8:
Bundesgesetz über äußere Rechtsverhältnisse der orientalisch-orthodoxen
Kirchen in Österreich (Orientalisch-Orthodoxes Kirchengesetz; OrientKG)
9: Abkommen
zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über die
gegenseitige Anerkennung von Dokumenten für die Mitnahme von Schusswaffen und
Munition durch Angehörige traditioneller Schützenvereinigungen und
Sportschützen
10:
Gesetzliches Budgetprovisorium 2003
*****
Auf Grund eines Schreibens des
Bundeskanzleramtes-Verfassungsdienst gegenstandslos:
2:
Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2003 – SVÄG 2003
Berichte ........................................................................................................ 32
Vorlage 5 BA: Bericht über die Genehmigung von Vorbelastungen für das 4. Quartal 2002; BM f. Finanzen
Vorlage 6 BA: Bericht betreffend Verfügungen über unbewegliches Bundesvermögen im Jahr 2002; BM f. Finanzen
Vorlage 7 BA: Bericht gemäß § 65 Absatz 5 des Bundeshaushaltsgesetzes über das Eingehen, die Prolongierung und die Konvertierung von Finanzschulden und Währungstauschverträgen im Finanzjahr 2002; BM f. Finanzen
Vorlage 8 BA: Bericht über die Übernahme von Bundeshaftungen im Jahre 2002; BM f. Finanzen
Vorlage 9 BA: Bericht über die Genehmigung von überplanmäßigen Ausgaben im 4. Quartal 2002; BM f. Finanzen
III-10: Bericht über die Tätigkeit der Arbeitsinspektion auf dem Gebiet des Bundesbedienstetenschutzes im Jahr 2000; BM f. Wirtschaft und Arbeit
III-11: Bericht über die soziale
Lage 2001-2002; BM f. soziale Sicherheit und Generationen
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 8 |
III-12:
Bericht über den
Gewässerschutzbericht 2002; BM f. Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und
Wasserwirtschaft
*****
Auf Grund eines Schreibens des
Bundeskanzleramtes-Verfassungsdienst gegenstandslos:
III-7: Bericht über die Lage der behinderten Menschen in Österreich; Bundesregierung
Anträge der Abgeordneten
Mag. Ulrike Sima, Kolleginnen und Kollegen betreffend Nichtzustimmung Österreichs zur Aufstockung des EURATOM-Kreditrahmens (43/A) (E)
Kurt Eder, Kolleginnen und
Kollegen betreffend notwendige Anpassungen des Telekommunikationsrechts (44/A) (E)
Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer, Dr. Peter Wittmann, Mag. Karl Schweitzer, Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Versöhnungsfonds-Gesetz geändert wird (45/A)
Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer, Dr. Peter Wittmann, Mag. Karl Schweitzer, Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus geändert wird (46/A)
Dr. Günther Kräuter,
Kolleginnen und Kollegen betreffend Vorlage eines Bundesrahmengesetzes für die
Fischerei durch den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und
Wasserwirtschaft
(47/A) (E)
Mag. Herbert Haupt, Dr. Franz-Joseph Huainigg,
Theresia Haidlmayr, Mag. Christine Lapp,
Kolleginnen und Kollegen betreffend Einsetzung einer Arbeitsgruppe beim Verfassungsdienst
des Bundeskanzleramtes zur Erarbeitung eines
Behinderten-Gleichstellungsgesetzes unter Einbindung von selbst betroffenen
Experten
(48/A) (E)
Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz betreffend die Telekommunikation (Telekommunikationsgesetz – TKG), BGBl. I Nr. 100/1997, zuletzt geändert durch Bundesgesetz BGBl. I Nr. 134/2002, geändert wird (49/A)
MMag. Dr. Madeleine Petrovic, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen für den Schutz von Tieren beim Transport (50/A) (E)
Heidemarie Rest-Hinterseer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Gleichstellung von Frauen und Männern im ländlichen Raum (51/A) (E)
Michaela Sburny, Kolleginnen und Kollegen betreffend österreichische Position zum GATS (52/A) (E)
Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend Magnetfeldtherapiegeräte – Vertriebsverordnung nach dem Medizinproduktegesetz (MPG) (53/A) (E)
Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Flankierende Maßnahmen zur Liberalisierung der Gewerbeordnung – Einsetzen einer Monitoringkommission“ (54/A) (E)
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 9 |
Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Recht auf ein Girokonto“ (55/A) (E)
Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Vereinheitlichung der Rücktrittsfristen für KonsumentInnen bei Konsumentengeschäften“ (56/A) (E)
Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Nahrungsergänzungsmittel, die als Arzneimittel zu qualifizieren sind“ (57/A) (E)
Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbesserung der Stellung der Privatbeteiligten in der StPO (58/A) (E)
Mag. Christine Muttonen, Kolleginnen und Kollegen betreffend Auswirkungen des Künstler-Sozialversicherungsfondsgesetzes auf die soziale Lage der Künstlerinnen und Künstler in Österreich (59/A) (E)
Mag. Christine Muttonen, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Maßnahmenpaket für den österreichischen Film (60/A) (E)
Anfragen der Abgeordneten
Mag. Helmut Kukacka, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Installierung so genannter Geisterfahrerkrallen auf Österreichs Autobahnabfahrten (55/J)
Mag. Johann
Maier,
Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend
Abfrageberechtigte nach dem Meldegesetz (56/J)
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 10 |
Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend behinderungsbedingten Leistungsanspruch für Hilfe, Pflege, Betreuung und persönliche Assistenz – vor Einführung des erhöhten Pflegegeldes (57/J)
Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend erhebliche Lücken in der Fleischkontrolle (58/J)
Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend erhebliche Lücken in der Fleischkontrolle (59/J)
Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betreffend Begnadigung von Opfern des § 209 StGB (60/J)
Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Frauenförderung in Wissenschaft und Forschung (61/J)
Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Finanzierung des erhöhten Pflegegeldes Zeitraum: 1.7. bis 31.12.1993 (62/J)
Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Finanzierung des erhöhten Pflegegeldes Zeitraum 1.1. bis 31.12.1994 (63/J)
Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Finanzierung des erhöhten Pflegegeldes Zeitraum 1.1. bis 31.12.1995 (64/J)
Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Finanzierung des erhöhten Pflegegeldes Zeitraum 1.1. bis 31.12.1996 (65/J)
Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Finanzierung des erhöhten Pflegegeldes Zeitraum 1.1. bis 31.12.1997 (66/J)
Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Finanzierung des erhöhten Pflegegeldes Zeitraum 1.1. bis 31.12.1998 (67/J)
Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Finanzierung des erhöhten Pflegegeldes Zeitraum 1.1. bis 31.12.1999 (68/J)
Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Finanzierung des erhöhten Pflegegeldes Zeitraum 1.1. bis 31.12.2000 (69/J)
Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Finanzierung des erhöhten Pflegegeldes Zeitraum 1.1. bis 31.12.2001 (70/J)
Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Finanzierung des erhöhten Pflegegeldes Zeitraum 1.1. bis 31.12.2002 (71/J)
Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Erfüllung der Behinderteneinstellungspflicht (72/J)
Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Erfüllung der Behinderteneinstellungspflicht (73/J)
Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Erfüllung der Behinderteneinstellungspflicht (74/J)
Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Erfüllung der Behinderteneinstellungspflicht (75/J)
Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Erfüllung der Behinderteneinstellungspflicht (76/J)
Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Erfüllung der Behinderteneinstellungspflicht (77/J)
Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen an den Präsidenten des Rechnungshofes betreffend Erfüllung der Behinderteneinstellungspflicht (78/J)
Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Erfüllung der Behinderteneinstellungspflicht (79/J)
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 11 |
Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend Erfüllung der Behinderteneinstellungspflicht (80/J)
Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Erfüllung der Behinderteneinstellungspflicht (81/J)
Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Erfüllung der Behinderteneinstellungspflicht (82/J)
Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betreffend Erfüllung der Behinderteneinstellungspflicht (83/J)
Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Erfüllung der Behinderteneinstellungspflicht (84/J)
Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Erfüllung der Behinderteneinstellungspflicht (85/J)
Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für öffentliche Leistung und Sport betreffend Erfüllung der Behinderteneinstellungspflicht (86/J)
Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Erfüllung der Behinderteneinstellungspflicht (87/J)
Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Erfüllung der Behinderteneinstellungspflicht (88/J)
Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Erfüllung der Behinderteneinstellungspflicht (89/J)
Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Erfüllung der Behinderteneinstellungspflicht (90/J)
Dr. Caspar Einem, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betreffend strafrechtliche Verfolgung homo- und bisexueller Männer (§ 209 StGB) (91/J)
Dr. Caspar Einem, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Vorbereitung auf die
Vorlage erster Angebote im Bereich der Dienstleistungsliberalisierung im
Rahmen der GATS-Verhandlungen längstens zum 31. März 2003 (92/J)
Ulrike
Königsberger-Ludwig, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit
und Generationen betreffend Finanzierung von Beschäftigungsprojekten für
Behinderte (93/J)
Mag. Melitta
Trunk,
Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Unvereinbarkeit des „Gesetzlichen
Budgetprovisoriums 2003“ mit einem Kärntner Landtagsbeschluss (94/J)
Mag. Melitta
Trunk,
Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und
Kultur betreffend Unvereinbarkeit des „Gesetzlichen Budgetprovisoriums 2003“
mit einem Kärntner Landtagsbeschluss (95/J)
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 12 |
Mag. Melitta
Trunk,
Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend
Unvereinbarkeit des „Gesetzlichen Budgetprovisoriums 2003“ mit einem
Kärntner Landtagsbeschluss (96/J)
Mag. Melitta
Trunk,
Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend
Unvereinbarkeit des „Gesetzlichen Budgetprovisoriums 2003“ mit einem
Kärntner Landtagsbeschluss (97/J)
Mag. Melitta
Trunk,
Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft,
Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Unvereinbarkeit des „Gesetzlichen
Budgetprovisoriums 2003“ mit einem Kärntner Landtagsbeschluss (98/J)
Mag. Melitta
Trunk,
Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für öffentliche Leistung und
Sport betreffend Unvereinbarkeit des „Gesetzlichen Budgetprovisoriums 2003“
mit einem Kärntner Landtagsbeschluss (99/J)
Mag. Melitta
Trunk,
Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und
Generationen betreffend Unvereinbarkeit des „Gesetzlichen Budgetprovisoriums 2003“
mit einem Kärntner Landtagsbeschluss (100/J)
Mag. Melitta
Trunk,
Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und
Technologie betreffend Unvereinbarkeit des „Gesetzlichen Budgetprovisoriums 2003“
mit einem Kärntner Landtagsbeschluss (101/J)
Mag. Melitta Trunk, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Unvereinbarkeit des „Gesetzlichen Budgetprovisoriums 2003“ mit einem Kärntner Landtagsbeschluss (102/J)
Stefan Prähauser, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundeskanzler betreffend drohenden Irak-Krieg (103/J)
Stefan Prähauser, Kolleginnen und Kollegen an die
Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend drohenden
Irak-Krieg (104/J)
Stefan Prähauser, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Abänderung
des Generalverkehrsplans auf Grund der Olympiabewerbung Salzburgs für die
Spiele 2010 (105/J)
Stefan Prähauser, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundesminister für Landesverteidigung betreffend österreichische Beteiligung
beim Einsatz der EU-Truppe in Mazedonien (106/J)
Stefan Prähauser, Kolleginnen und Kollegen an die
Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend österreichische
Beteiligung beim Einsatz der EU-Truppe in Mazedonien (107/J)
Stefan Prähauser, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundeskanzler betreffend österreichische Beteiligung beim Einsatz der
EU-Truppe in Mazedonien (108/J)
Bettina Stadlbauer, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundesminister für Landesverteidigung betreffend „Angelobungsfeier am
7. Februar 2003 in Linz“ (109/J)
Bettina Stadlbauer, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundeskanzler betreffend „Angelobungsfeier am 7.2.2003 in Linz“ (110/J)
Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundesminister für Justiz betreffend Verschiebung der Veröffentlichung eines
Urteils gegen den niederösterreichischen FPÖ-Spitzenkandidaten Franz Marchat
(111/J)
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 13 |
Dr. Günther
Kräuter,
Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und
Generationen betreffend bezahlte Zuhörer für Haupt-Vortrag (112/J)
Mag. Johann
Maier,
Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend
„Snowboard- und Skidiebstähle in Österreich“ (113/J)
Mag. Johann
Maier,
Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betreffend
„Snowboard- und Skidiebstähle in Österreich“ (114/J)
Mag. Johann
Maier,
Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend
„Kontrolle der Ein- und Ausfuhr von Pyrotechnikmaterialien (Feuerwerkskörper)“
(115/J)
Mag. Johann
Maier,
Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft,
Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend „Herstellung von Feuerwerkskörpern –
Chemikalien“ (116/J)
Mag. Johann
Maier,
Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und
Generationen betreffend EU-Richtlinie Nahrungsergänzungsmittel –
Gesundheitsbezogene Angaben/EuGH-Entscheidung – zukünftige
LMG Novelle (117/J)
Mag. Johann
Maier,
Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betreffend „Bericht
des Europäischen Amtes für Betrugsbekämpfung (OLAF und Österreich)“ (118/J)
Mag. Johann
Maier,
Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend „Bericht
des Europäischen Amtes für Betrugsbekämpfung (OLAF und Österreich)“ (119/J)
Mag. Johann
Maier,
Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und
Technologie betreffend „Transport und Kontrolle von Pyrotechnikmaterialien (z. B.
Feuerwerkskörper)“ (120/J)
Mag. Johann
Maier,
Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und
Technologie betreffend „Nachfrage nach der Beurteilung von Gutachten und
Studien“ (121/J)
Dr. Josef Cap,
Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend unnötige Belastung
der ÖsterreicherInnen durch teure Kampfflugzeuge (122/J)
DDr. Erwin Niederwieser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung,
Wissenschaft und Kultur betreffend Verpolitisierung der Universitäten durch die
Bestellung der Mitglieder der Universitätsräte durch die schwarzblaue
Übergangsregierung
(123/J)
DDr. Erwin Niederwieser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit
und Generationen betreffend „Finanzielle Absicherung für Familienhospizkarenz“ (124/J)
Mag. Christine Muttonen, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend
Mehrjährigkeit von Förderverträgen (125/J)
Dr. Robert Rada,
Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft,
Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend unterschiedliche Kanalgebühren in den
Bundesländern (126/J)
Georg Oberhaidinger,
Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit
betreffend Versorgungssicherheit mit Strom trotz Liberalisierung (127/J)
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 14 |
Mag. Christine Muttonen, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Fortbestand
von Radio Agora und Radio dva (128/J)
Anita Fleckl, Kolleginnen
und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie
betreffend Straßenausbau im Ennstal (129/J)
Anita Fleckl, Kolleginnen
und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie
betreffend zweigleisigen Schienenausbau im Ennstal (130/J)
Anita Fleckl, Kolleginnen
und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und
Wasserwirtschaft betreffend die Sanierung der Klärschlamm- und Hausmülldeponie
in der Ursteiner Au
(131/J)
Dr. Kurt Grünewald,
Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und
Kultur betreffend Bestellung der Universitätsräte (132/J)
MMag. Dr. Madeleine Petrovic, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation
und Technologie betreffend EU-Kritik an der mangelnden Umsetzung von
Tiertransportbestimmungen in Österreich (133/J)
MMag. Dr. Madeleine Petrovic, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit
und Generationen betreffend EU-Kritik an der mangelnden Umsetzung von
EU-Richtlinien zum Schutz der Tiere zum Zeitpunkt der Schlachtung sowie beim
Transport (134/J)
Dr. Gabriela Moser,
Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend
Veräußerung von Bundesimmobilien (135/J)
Dr. Gabriela Moser,
Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit
betreffend Veräußerung von Bundesimmobilien (136/J)
Theresia Haidlmayr,
Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend
Zivildienerzuweisung Oktober 2002 (137/J)
Theresia Haidlmayr,
Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend
Zivildienerzuweisung Februar 2003 (138/J)
Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit
und Generationen betreffend Gesundheitsgefährdung durch die Zulassung des Pflanzenschutzmittels
Plantomycin (139/J)
Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und
Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Bekämpfung des
Feuerbrandes mit hochwirksamen Antibiotika (140/J)
Bettina Stadlbauer,
Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und
Kultur betreffend „Vorgänge bei der Bestellung eines Universitätsrates der
Kunstuniversität Linz“
(141/J)
Mag. Ulrike Sima,
Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und
Generationen betreffend Rückstandsbelastung durch Pestizide und die Gefahr für
Kinder durch Konsum von pestizidbelastetem Gemüse und Obst (142/J)
Mag. Ulrike Sima,
Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und
Generationen betreffend Pestizidbelastung von Obst und Gemüse und die Rolle der
Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (143/J)
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 15 |
Gabriele Binder, Kolleginnen
und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend
Maßnahmen gegen die steigende Arbeitslosigkeit (144/J)
Mag. Ulrike Sima,
Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und
Generationen betreffend die erheblichen Lücken in der heimischen
Fleischkontrolle
(145/J)
Mag. Christine Muttonen, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Aussperrung
von KünstlerInnen bei der „langen Nacht des Hörspiels“ am 18.2.2003 (146/J)
Gabriele Heinisch-Hosek,
Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend
„Bestellung eines neuen Bezirksgendarmeriekommandanten des BGK Mödling“ (147/J)
Marianne Hagenhofer,
Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend
zertifizierte Sprachkurse
(148/J)
*****
Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen an den Präsidenten des Nationalrates betreffend Erfüllung der Behinderteneinstellungspflicht (1/JPR)
Anfragebeantwortungen
des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (1/AB zu 6/J)
des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (2/AB zu 3/J)
des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (3/AB zu 10/J)
des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (4/AB zu 4/J)
des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (5/AB zu 8/J)
des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (6/AB zu 1/J)
des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (7/AB zu 9/J)
des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (8/AB zu 11/J)
des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (9/AB zu 7/J)
des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (10/AB zu 13/J)
des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (11/AB zu 5/J)
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 16 |
des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (12/AB zu 2/J)
des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (13/AB zu 15/J)
des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (14/AB zu 14/J)
des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (15/AB zu 12/J)
*****
des Präsidenten des Nationalrates auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen (1/ABPR zu 1/JPR)
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 17 |
Beginn der Sitzung: 9 Uhr
Vorsitzende: Präsident Dr. Andreas Khol, Zweiter
Präsident Dr. Heinz Fischer, Dritter
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn.
*****
Präsident
Dr. Andreas Khol: Ich eröffne die 5. Sitzung des Nationalrates und begrüße Sie
alle nach längerer Pause sehr herzlich an diesem Sitzungstag.
Die Amtlichen
Protokolle der 3. und 4. Sitzung vom 23. Jänner 2003 sind in der
Parlamentsdirektion aufgelegen und unbeanstandet geblieben.
Als verhindert gemeldet sind die
Abgeordneten Heinzl und Bayr.
Aktuelle Stunde
Präsident
Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nunmehr zur Aktuellen
Stunde mit dem Thema:
„Österreich und die Europäische Union – Herausforderungen durch die Irak-Krise“
Als Erster zu Wort
gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Spindelegger. Ich mache darauf aufmerksam,
dass die Redezeit nach den Bestimmungen der Geschäftsordnung 10 Minuten beträgt. –
Bitte, Herr Abgeordneter.
9.01
Abgeordneter
Dr. Michael Spindelegger (ÖVP): Herr Präsident! Herr
Bundeskanzler! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Wir als ÖVP haben dieses
Thema für die Aktuelle Stunde gewählt, weil es im Augenblick nicht nur auf der
Weltbühne das entscheidende Thema ist, sondern auch in breiten Kreisen der
Bevölkerung in Österreich große Aufmerksamkeit genießt.
Viele Bürger in
unserem Land befürchten, dass Folgen eines Irak-Krieges auch in Österreich zu
spüren sein werden. Es ist eine dumpfe Vorahnung, was alles durch einen Krieg
ausgelöst werden kann, die sicher viele Bürger in Österreich zu Recht
beunruhigt.
Ich darf daher aus
der Sicht der Volkspartei unsere Grundsätze in dieser schwierigen Phase
festhalten:
Der erste
Grundsatz ist, dass wir als ÖVP auch in diesem Land wollen, dass es eine
friedliche Lösung gibt, dass es im Irak keinen Krieg gibt. Wir müssen alles
dafür unternehmen – wie das in der Sicherheitsratsresolution 1441
auch als Weg aufgezeigt wird –, dass eine politische Lösung ohne
militärische Gewalt zustande kommt.
Krieg im Irak
würde nicht nur für viele Bürger, für viele Menschen Tod und Vernichtung
bringen, sondern würde außerdem bedeuten, dass es in einer sehr sensiblen
Region zu einem Krieg mit unabsehbaren Folgen kommen könnte. Viele von uns
wissen, was es in dieser Region mit den anderen arabischen Staaten, mit dem
Konflikt zwischen Israel und Palästina bereits alles auf sich hat. Niemand von
uns kann daher wollen, dass in dieser Situation mit einem Krieg unabsehbare
Folgen heraufbeschworen werden.
Ich darf unseren zweiten Grundsatz festhalten, der ebenso wichtig ist: Die Gefahr, die von Bagdad ausgeht, ist nicht zu unterschätzen. Meine Damen und Herren! Erinnern wir uns daran, was in den letzten zehn, zwölf Jahren passiert ist: Waffen, die Massenvernichtungswaffen sind, biologische und chemische Waffen, Raketen mit einer Reichweite von mehreren Hundert Kilometern in der Hand eines Diktators sind eine permanente Gefahr. Erinnern wir uns daran, was
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 18 |
im Irak selbst
passiert ist, nämlich daran, dass der Diktator Saddam Hussein mit einem Giftgaseinsatz
große Teile der kurdischen Bevölkerung ausgerottet hat.
Meine Damen und
Herren! Es ist solch eine Gefahr auch für die Weltgemeinschaft nicht zu unterschätzen,
daher müssen wir in unserer Politik diese Gefahr richtig einschätzen. Es ist
daher erforderlich – und das ist unsere Forderung in diesem
Zusammenhang –, dass es zu einer Abrüstung im Irak kommt, dass diese
Waffen nicht nur gefunden, sondern auch unter Aufsicht vernichtet werden.
Ich darf unseren
dritten Grundsatz in diesem Zusammenhang nennen: Die Vereinten Nationen sind
die Drehscheibe für eine friedliche Lösung – sie müssen es auch bleiben.
Die Vereinten Nationen mit dem Sicherheitsrat als jenem Instrument, das da
tätig wird, haben in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen. Seit es die
Ost-West-Konfrontation mit dem automatischen Veto der jeweils anderen Seite
nicht mehr gibt, hat der Sicherheitsrat neue Bedeutung erlangt. Ich meine, wir
alle tun gut daran, diese Bemühungen, die es im Sicherheitsrat gibt,
vollinhaltlich zu unterstützen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)
Es muss dabei
bleiben, meine Damen und Herren, dass die Vereinten Nationen die Drehscheibe
für die Lösung eines solchen Konfliktes sind. In diesem Zusammenhang verhehle
ich auch nicht, dass viele, und zwar zu Recht, Kritik daran üben, dass einzelne
Staaten meinen, sie hätten die Macht und könnten damit auch das Recht für sich
beanspruchen. Das gilt für alle in diesem Zusammenhang, auch für die
Vereinigten Staaten von Amerika, die sich ebenso an diese Grundsätze der
Vereinten Nationen zu halten haben.
Ich möchte in
diesem Zusammenhang aber auch darauf hinweisen, dass wir als Volkspartei einen
billigen Antiamerikanismus, wie er da und dort auch in Österreich zum Vorschein
kommt, ablehnen. Meine Damen und Herren! Darauf zu warten, dass auch
Regierungsvertreter auf die Vereinigten Staaten von Amerika einhacken, ist
nicht im Interesse Österreichs. Ganz im Gegenteil! Das kann nicht unsere
Außenpolitik sein! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der
Freiheitlichen.)
Welche auch immer
die dunklen Motive für einen solchen Antiamerikanismus sein mögen, wir haben
uns nach den Prinzipien der Vereinten Nationen zu richten. Dass das natürlich
für alle gelten muss, ist ein Grundsatz. Wir müssen aber auch bedenken, dass
es jemanden geben muss, der in der Lage ist, Beschlüsse umzusetzen. Wenn wir
die letzten Jahre betrachten, sehen wir, dass es keine andere Macht auf dieser
Welt gibt, die in der Lage ist, dann, wenn die Vereinten Nationen Beschlüsse
gefasst haben, diese in die Tat umzusetzen.
Ich verstehe daher
auch nicht, dass es Kritik etwa von Seiten Dr. Einems an der Außenministerin,
die gerade dieses Prinzip, dass die UNO die Bühne bleiben muss und der
Sicherheitsrat das Instrument dafür ist, befolgt, gibt in die Richtung,
Österreich würde da zu USA-freundlich agieren.
Meine Damen und
Herren! Es kann nicht das Interesse Österreichs sein, sich da auf eine Extremposition
einzulassen; es gibt ja mehrere in diesem Zusammenhang. Ich glaube, wir müssen
strikt bei dem Grundsatz bleiben, die Vereinten Nationen und den Sicherheitsrat
ins Zentrum zu rücken und da nicht neuerlich Öl ins Feuer zu gießen. (Beifall
bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)
Ich komme damit
zum vierten Grundsatz, der für uns wichtig ist: Die Europäische Union hat gerade
in der Frage Irak in den letzten Wochen eine Diskussion vorgeführt, die wir
nicht zur Politik der Europäischen Union erheben wollen. Wir wissen, dass die
Europäische Union daran arbeitet – wir unterstützen das –, eine
gemeinsame Außenpolitik zu installieren; sie ist notwendiger denn je. Das
Vorgehen, dass zwei Staaten meinen, sie hätten einen speziellen Vorschlag, andere
Europäer – ob jetzt Mitglieder der Union oder Länder, die kurz davor
stehen, aufgenommen zu werden – in öffentlicher Art und Weise aber
dagegen auftreten, kann nicht die Zukunft Europas sein! Es darf nicht sein,
dass die Europäische Union mit verschiedenen Meinungen auf der Weltbühne
auftritt, statt sich auf eine Richtung festzulegen.
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 19 |
Wir als ÖVP
wollen, dass die Europäische Union in Zukunft zu einer Außenpolitik findet und diese Außenpolitik Europas auf
der Weltbühne entsprechendes Gewicht hat. (Beifall bei der ÖVP und bei
Abgeordneten der Freiheitlichen.)
In diesem
Zusammenhang darf ich festhalten, dass es uns nicht darum geht, Europa in
Zukunft zu einer Weltmacht, zu einem europäischen Chauvinismus zu bringen. Uns
geht es darum, dass die Europäische Union ihre Interessen auf der Weltbühne zu
vertreten weiß – auf Grund ihrer Größe, auf Grund der vielen Menschen, die
auf dem europäischen Kontinent wohnen, und auf Grund der wirtschaftlichen
Interessen. Das ist die entscheidende Aufgabe! Wir können nicht zusehen, wie
andere auf dieser Weltbühne agieren, wenn wir wissen, dass wir Europäer da eine
Rolle haben, die uns zusteht, die wir aber derzeit nicht ausüben. Daran müssen
wir alle arbeiten, damit Europa die Interessen seiner Bevölkerung als
„Welt-Player“ wirksam auf der Weltbühne vertritt.
Diese Hoffnung
gibt es. Nach dem letzten Gipfeltreffen der Europäischen Union am
17. Februar gab es durch die gemeinsame Linie auch ein klares Bekenntnis.
Und siehe da: Die Vereinigten Staaten beginnen, sich wieder auf Europa
einzulassen, mit uns in detaillierten Verhandlungen zu sprechen. Das sehe ich
als ein positives Zeichen an.
Ich komme damit zu
unserem fünften Grundsatz, zur Rolle Österreichs. In Österreich, meine Damen
und Herren, will niemand den Krieg. Es wird sich auch kein österreichischer
Soldat an einem Krieg beteiligen. Wir sind auch kein Aufmarschgebiet und kein
Land, über das unkontrollierte Überflüge durchgeführt werden können.
Wir verhalten uns
nach den Grundsätzen der Vereinten Nationen und wollen, dass die Grundlagen,
die in der Sicherheitsratsresolution 1441 festgehalten sind, auch in die
Tat umgesetzt werden. Dazu ist es erforderlich, dass der Irak abrüstet, dass
nachvollziehbar ist, dass die Massenvernichtungswaffen tatsächlich vernichtet
werden. Dazu müssen wir auf
europäischer Ebene auch einen Beitrag leisten, sodass in Hinkunft eine
gemeinsame europäische Außenpolitik eine neue Dimension erhält. Das ist unser
österreichischer Weg, den wir als Österreichische Volkspartei vollinhaltlich
unterstützen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)
9.11
Präsident
Dr. Andreas Khol: Zu einer einleitenden Stellungnahme
zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundeskanzler Dr. Schüssel. Seine Redezeit
soll 10 Minuten nicht übersteigen. – Bitte, Herr Bundeskanzler.
9.11
Bundeskanzler
Dr. Wolfgang Schüssel: Herr Präsident! Meine Damen und
Herren! Hohes Haus! Ich danke den Antragstellern dafür, dieses Thema, das
tatsächlich als das große Thema die Weltpolitik dieser Tage und Wochen
beherrscht, für die Aktuelle Stunde gewählt zu haben und damit eine sinnvolle
Debatte darüber im Hohen Haus zu führen.
Die Position
Österreichs ist von Michael Spindelegger sehr klar beschrieben worden. Wir
sehen in einer militärischen Auseinandersetzung in der Golfregion rund um den
Irak eine möglicherweise dramatische Gefährdung der internationalen
wirtschaftlichen Situation, zugleich auch ein enormes politisches
Risikopotential für den gesamten Nahostbereich. Österreich setzt sich daher auf
allen Ebenen, in den Vereinten Nationen, in der Europäischen Union und
bilateral, nachdrücklich für den Frieden ein. Diesbezüglich gibt es, glaube
ich, keinen Unterschied – darf es keinen Unterschied zwischen den
Fraktionen dieses Hohen Hauses geben. Das ist unser Prinzip in der
österreichischen Außenpolitik. (Beifall bei der ÖVP.)
Meine Damen und
Herren! Krieg kann und darf immer nur das allerletzte Mittel in einer Kette von
politischen, diplomatischen, wirtschaftlichen, bilateralen oder multilateralen
Bemühungen sein. Wir haben uns von Anfang an diesem Prinzip verpflichtet
gefühlt.
Ziemlich genau vor einem Jahr fand auf Einladung der Außenministerin ein Treffen in Wien am Ballhausplatz statt. Gemeinsam mit dem Generalsekretär der Vereinten Nationen Kofi Annan war der Generalsekretär der Arabischen Liga Amre Moussa bei uns zu Gast – ich war bei die-
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 20 |
sem
Mittagessen mit dabei. Damals ist die Idee der Wiederzulassung der Waffeninspektoren,
die im Jahre 1998 von Saddam Hussein aus dem Land hinausgeworfen wurden,
geboren worden, und das ist dann von Kofi Annan und vom Generalsekretär der
Arabischen Liga auf allen Ebenen massiv betrieben worden. Ein halbes Jahr
später ist es dann auch tatsächlich zur Wiederzulassung der
UNO-Waffeninspektoren gekommen.
Ich glaube, dass
diese Inspektoren bisher sehr gute Arbeit geleistet haben. Sie werden geführt
von zwei sehr erfahrenen Diplomaten: von El Baradei, dem Chef der IAEO,
der in Wien beheimateten Atomenergieorganisation, und vom früheren
Außenminister Blix, einem Schweden, übrigens Vorgänger als Chef der IAEO,
einem höchstrangigen Diplomaten, der die Härte und auch das Wissen hat, den
Dingen wirklich gründlich nachzuspüren.
Ich glaube, dass
die beiden Berichte von Blix und El Baradei, die bisher dem UNO-Weltsicherheitsrat
gegeben wurden, eine klare Sprache sprechen: Es sind Fortschritte erzielt
worden, zugleich aber lässt das irakische Regime bis heute eine umfassende,
sofortige und transparente Kooperation vermissen.
In diesem
Zusammenhang ist das Interview sehr interessant, das Blix dieser Tage dem amerikanischen
Wochenmagazin „Time“ gegeben hat. Er sagte darin: Es ist wirklich seltsam,
dann, wenn wir Unterlagen anfordern, die uns das irakische Regime geben will,
ist es überhaupt kein Problem, diese Unterlagen zu bekommen; bei anderen
Fragen, die für sie heikel sind, sagen sie, dass die Unterlagen zerstört sind,
was für ein Regime – wörtlich –, das „zu den bestorganisierten
Regimes in der arabischen Welt gehört“, geradezu einen preußischen Charakter
hat, unglaubwürdig ist. Er sagt, in Wirklichkeit gehe es um viele Dinge, die
vielleicht weniger bedeutsam sind, aber jene Dinge, die wirklich bedeutsam
sind, könnte man sehr klar und sehr schnell auf den Punkt bringen: „... if you
take anthrax, VX, the missiles and a few others, sarin“, dieses schwere
Gift, „– there are a number of them.“ – Das ist es!
Ich glaube, dass
es sehr wichtig ist, dass man zuhört, was diese Waffeninspektoren und ihre Vorsitzenden
Blix und El Baradei sagen, nämlich dass hier unmittelbar und vollständig
von Saddam Hussein Kooperation und die Zerstörung dieser Waffen, die zur
Massenvernichtung geeignet sind, erforderlich sind.
Seit zwölf Jahren
sind UNO-Sicherheitsratsbeschlüsse, die gefasst wurden, nicht umgesetzt. Das
ist nach meiner Auffassung nicht tolerabel.
Ich denke daher,
dass es ganz wesentlich ist, dass wir dem Frieden, den Inspektoren in diplomatischen,
politischen Bemühungen eine Chance geben und dass wir von österreichischer und
europäischer Seite her alles tun, um diesen Weg zu gehen.
Es wurde am
29. Jänner im Nationalen Sicherheitsrat mit überwältigender Mehrheit die
Linie der Bundesregierung gutgeheißen und unterstützt. Ich halte mich auch
sehr präzise daran.
Erstens: Wir
sollen uns für alle Maßnahmen einsetzen, die geeignet sind, den Frieden in der
Region zu wahren und zu stärken.
Zweitens: Der Rat
empfiehlt der Bundesregierung, in diesem Zusammenhang die Positionen der
Europäischen Union, insbesondere die Resolution 1441 umzusetzen und die
vollständige Abrüstung der Massenvernichtungswaffen des Irak nachdrücklich zu
vertreten.
Er empfiehlt der
Bundesregierung, klarzustellen, dass Österreich eine ausdrückliche Ermächtigung
durch den Weltsicherheitsrat als Voraussetzung für eine eventuelle militärische
Aktion betrachtet.
Er empfiehlt der
Bundesregierung, die österreichischen Staatsbürger zu schützen.
Er empfiehlt, an
der Position festzuhalten, dass sich keine österreichischen Kräfte an eventuellen
Kampfhandlungen gegen den Irak beteiligen werden. – Kein Soldat
Österreichs darf und wird an Kampfhandlungen gegen den Irak teilnehmen.
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 21 |
Er empfiehlt der
Bundesregierung, zur Wahrung der österreichischen Souveränität auch verstärkte
Anstrengungen zur Überwachung und zum Schutz des österreichischen Luftraumes zu
unternehmen.
Zu diesem
Beschluss wurde die Vertraulichkeit letztlich aufgehoben.
Das ist unsere
Richtschnur, das ist ein breiter, parteiübergreifender Konsens. Ich bin ganz sicher,
dass wir damit auch im Mainstream mit der überwältigenden Mehrheit der
Europäischen Union, vor allem aber der Bevölkerungen in der Europäischen Union
handeln.
Die
Demonstrationen für den Frieden, die vor einigen Tagen stattgefunden haben und
die spektakulär, eindrucksvoll gewesen sind, die friedlich verlaufen sind und
keinerlei Antiamerikanismus als Hauptthema gehabt haben, sondern eine
Positivbotschaft für den Frieden und für die politischen Bemühungen, sind aus
meiner Sicht auch ein Weg und eine Hilfe dazu gewesen, dass sich die
Europäische Union bei ihrer Sitzung vor einer Woche, am Montag, dem
17. Februar, endlich wieder auf eine gemeinsame Linie verständigt hat, die
eindeutig heißt: Gebt dem Frieden eine Chance! Seien wir aber zugleich wachsam,
denn die Latte, die man Saddam Hussein legt, wird in Zukunft sicherlich auch
gegenüber anderen Diktatoren angelegt werden müssen.
Ich halte das auch
für richtig, und wir sollten daher vorsichtig sein bei allen Theorien, die
quasi die Idee eines politischen Präventivschlages zu einer Doktrin erheben,
weil das gerade die Autorität der UNO, der Vereinten Nationen, des
Weltsicherheitsrates untergraben könnte, und das darf nicht unser Prinzip und
nicht unser Bestreben sein.
Mich hat es sehr beeindruckt, als vergangenen Montag Kofi Annan vor den
europäischen Staats- und Regierungschefs, die danach eine gemeinsame Erklärung
abgeschlossen haben, seinen geradezu flehentlichen, eindringlichen Appell
formuliert hat: Steht zusammen, Staatengemeinschaft, gebt dem Frieden eine
Chance, gebt den Waffeninspektoren die von ihnen benötigte
Zeit – und wie viel Zeit, das entscheidet der UNO-Sicherheitsrat –,
hört auf, quasi, mit den verschiedenen internen Kommentaren, vereinigt euch hinter der Autorität der Vereinten Nationen, dann hat der Frieden eine
Chance, gebt aber zugleich Saddam Hussein nicht die Chance, aus
dem Streit der Europäer untereinander oder der Europäer mit den Amerikanern
womöglich einen Nutzen zu ziehen!
Ich glaube, dass wir diese Botschaft beherzigen sollten, sie wird auch
die Leitlinie der österreichischen Außenpolitik der nächsten Tage und Wochen
sein. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)
9.19
Präsident Dr. Andreas Khol:
Vielen Dank, Herr
Bundeskanzler.
Ich mache darauf
aufmerksam, dass die Redezeit aller weiteren Redner in der Aktuellen Stunde
nach den Bestimmungen der Geschäftsordnung 5 Minuten nicht überschreiten
darf.
Wir beginnen jetzt mit dem Aufruf der Wortmeldungen.
Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Murauer. – Bitte.
9.20
Abgeordneter
Walter Murauer (ÖVP): Herr Präsident! Herr
Bundeskanzler! Frau Außenministerin! Noch einmal sei wiederholt, was der
Herr Bundeskanzler ganz deutlich in den Mittelpunkt seiner Rede gestellt hat:
Österreich ist für den
Frieden! Wir unternehmen alles, um einen Krieg zu verhindern! Und: Kein
einziger österreichischer Soldat soll in etwaige Kriegshandlungen verwickelt
oder zu einem Kriegsschauplatz entsendet werden.
Die Handlungskompetenz muss beim UN-Sicherheitsrat bleiben, und zwar
gilt dieser Grundsatz für alle:
für Österreich, für alle EU-Staaten, aber auch für Saddam Hussein und den Irak.
Folgendes, geschätzte Damen und Herren, muss uns allen klar sein: Jede Instabilität, jede Unsicherheit, jede Katastrophe, jeder Konflikt oder Krieg hätte für Österreich – so wie für alle anderen Staaten – negative Konsequenzen, da es eben zu enormen Flüchtlingsströmen kommen
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 22 |
würde. Man
spricht in diesem Zusammenhang von 2 Millionen zu erwartenden
Flüchtlingen. Weitere zu erwartende negative Konsequenzen: Hungersnot,
illegale Transporte, Proliferation, Terrorismus gegen bestimmte Staaten, auch
gegen europäische, negative Auswirkungen an den Börsen, auf dem
Energiesektor – bis hin zur Gefährdung von Arbeitsplätzen bei uns.
Noch einmal: Alle,
auch wir hier in Österreich, wären von einem Krieg betroffen – das muss
allen, auch hier in diesem Hohen Hause, klar sein!
Die Politik des Kabinetts Schüssel I sowie Schüssel II war
beziehungsweise ist daher bestrebt, an Friedensmaßnahmen Österreichs sowie der
Europäischen Union mitzuwirken. (Abg. Dr. Niederwieser:
Schüssel II gibt es noch nicht!) Stets ist unser Bemühen gegeben,
danach zu trachten, dass Gespräche zur Vermeidung eines Krieges nicht aufhören,
dass neu verhandelt und Zeit gewonnen wird, sodass eben alles noch einmal genau
überlegt und besprochen werden kann, bevor es zu einer militärischen
Auseinandersetzung kommt.
Meine Damen und Herren! In diesem Zusammenhang darf ich auch daran
erinnern, dass Frau Bundesminister Ferrero-Waldner im Auftrag der EU, im
Auftrag der griechischen Präsidentschaft, mit Vertretern der Maghreb-Staaten
konferiert hat, um dort Verständnis dafür zu gewinnen, dass eben auch diese
Staaten intervenieren beziehungsweise einen Beitrag dazu leisten, dass Saddam
Hussein vielleicht doch noch zur Räson gebracht werden kann.
Österreich hat ja immer einen Beitrag zur Friedenserhaltung geleistet,
und Österreich ist bereits zum Zeitpunkt der Neutralitätserklärung, im
Jahre 1955 eben, der UNO beigetreten. Weiters darf ich in diesem Zusammenhang
verweisen auf den EU-Beitritt Österreichs im Jahre 1995 sowie auf unser
Bekenntnis zu einer Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik, zu einer gemeinsamen
europäischen Vorgangsweise, eben auch zur Sicherheit unseres Landes.
Jedes Land ist jedoch primär selbst für seine eigene Sicherheit
verantwortlich. Bei allen Gemeinsamkeiten, bei allen gemeinsamen Wegen und
Zielen wird es daher notwendig sein, dass eben Österreich selbst für seine
eigene Sicherheit sorgt und diese garantiert – wir sind dafür
verantwortlich –, und zwar Sicherheit zu Land und in der Luft. Das sei hier klar festgehalten.
Nur begrenztes Verständnis habe ich dafür, nein, ich bin verwundert
darüber, dass es hier im Hohen Hause Politiker gibt, die einerseits der
Bundesregierung den Vorwurf machen, dass Österreich nicht in der Lage sei, zu
kontrollieren, was in unserem Luftraum passiert, welche und wie viele Flugzeuge
aus welchem Land mit welchem Ziel in den österreichischen Luftraum eindringen,
dass es aber dann genau dieselben Politiker sind, die es ablehnen, dass Taten
gesetzt werden, sodass eben der österreichische Luftraum mit tauglichem
Fluggerät, mit tauglichen Flugzeugtypen, mit tauglichen Abfangjägern
kontrolliert und gesichert wird. Nur dann sind wir nicht nur in der Lage, zu
zählen, wie viele Militärflugzeuge unseren Luftraum verletzen, sondern wissen
wir auch, wer das tatsächlich womit gemacht hat!
Deshalb ersuche ich all diese Politiker, von ihrem Standpunkt eines
strikten Njet, eines absoluten Nein in Bezug auf Abfangjäger und
Luftraumüberwachung abzurücken – auch wenn möglicherweise der eine oder
andere von der Oppositionsbank aus zu dieser Angelegenheit nur schmunzelt. (Beifall
bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)
Meine Damen und Herren! Für uns in Österreich, für unsere
Bundesregierung gibt es in der Angelegenheit Sicherheit nach wie vor zwei
Schwerpunkte: erstens: alles zu tun, damit die Sicherheit Österreichs auch
weiterhin gewährleistet ist, und zweitens: sowohl im europäischen Verbund als
auch im Rahmen von UNO und OSZE eine gemeinsame Sicherheitspolitik mit zu beeinflussen
und mitzusteuern. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)
9.25
Präsident
Dr. Andreas Khol: Zu Wort gelangt nunmehr Herr
Abgeordneter Dr. Gusenbauer. – Bitte.
9.26
Abgeordneter Dr. Alfred Gusenbauer (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Europa wäre von einem Krieg im Irak wahrscheinlich am allerstärksten betroffen,
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 23 |
und zwar nicht nur wegen der rund 2 Millionen
Flüchtlinge, mit denen man rechnen müsste, sondern man muss in diesem
Zusammenhang natürlich auch die wirtschaftlichen Auswirkungen und die
Abhängigkeit Europas vom Öl aus dem Nahen Osten berücksichtigen; zu bedenken
sind auch die politischen Auswirkungen einer Destabilisierung des Nahen Ostens
mit allen möglichen Konsequenzen. Daher ist es nur verständlich und richtig,
dass die Völker Europas sagen: Wir wollen keinen Krieg! Diese Position sollten
wir hier im österreichischen Parlament, und zwar ohne Wenn und Aber,
unterstützen, und wir sollten keinerlei Zweifel daran aufkommen lassen.
Dabei geht es auch
klar darum, wen Österreich in seiner Außenpolitik unterstützt. Wir alle wollen
doch eine einheitliche europäische Position haben. Ja, die gibt es auf einem
Sondergipfel – aber immer vor und nach einem solchen gibt es diese
einheitliche europäische Position eben nicht.
Seit mehreren Tagen unterstützt ja beispielsweise Großbritannien einen
Vorschlag der USA im Weltsicherheitsrat, gleichzeitig aber unterbreiten
Deutschland und Frankreich, mit der Unterstützung Russlands und Chinas, einen
anderen Vorschlag. Da muss einem natürlich völlig klar sein, dass diese beiden
Vorschläge in unterschiedliche
Richtungen gehen: Der amerikanische Vorschlag geht in die Richtung, im
Weltsicherheitsrat eine Grundlage dafür zu schaffen, dass es zu einem
bewaffneten Einsatz im Irak kommen kann. Der deutsch-französische Vorschlag
hingegen geht in die Richtung, alles zu tun, um einen solchen kriegerischen
Einsatz zu verhindern. Da
geht es eben nicht um Nuancen, sondern da geht es darum, ob Krieg verhindert
wird.
Ich erwarte mir
von einer österreichischen Außenministerin und von einer österreichischen Außenpolitik,
dass man in dieser Frage klar Position bezieht und sagt: Jawohl, wir stehen auf
der Seite derjenigen, die den Krieg mit allen Mitteln verhindern wollen, und
stehen in Europa daher auf der Seite Frankreichs und Deutschlands. (Beifall
bei der SPÖ sowie der Abg. Mag. Lunacek.)
Meine sehr
verehrten Damen und Herren! Es stellt sich auch die Frage der Zukunft der Weltpolitik.
Gesagt wurde ja – da teile ich die Auffassung des Herrn
Bundeskanzlers –, dass man nicht den Fall einer politischen
Vorab-Intervention im Irak schaffen dürfe, da ja bekannterweise die USA nicht
nur die Abrüstung des Irak wollen – die wir im Übrigen alle
unterstützen –, sondern dort auch einen Regimewechsel anstreben. Wenn man
das nämlich durchgehen lässt, dann stellt sich schon die Frage: Wo wird das
nächste Mal auf der Welt mit Waffengewalt ein Regimewechsel herbeizuführen
versucht, und wer entscheidet darüber, in welchen Staaten zu welchem Zeitpunkt
mit welchem militärischen Aufwand ein Regimewechsel erreicht wird?
Da Sie, Frau
Außenministerin, in einem „profil“-Interview gesagt haben, es würde das Chaos
ausbrechen, wenn sich auch Nicht-Mitglieder des Sicherheitsrates in der
internationalen Öffentlichkeit positionieren, erwidere ich Ihnen ganz offen:
Ich glaube, Chaos in der Weltpolitik würde dann ausbrechen, wenn in Zukunft auf
Basis nicht nachvollziehbarer Fakten einzelne
Staaten darüber entscheiden könnten, in welchen anderen Staaten mit
Waffengewalt ein Regimewechsel herbeigeführt wird. Da würde tatsächlich Chaos
in der Weltpolitik drohen! (Beifall bei der SPÖ.)
Es stellt sich
auch die Frage der Vergleichbarkeit. Wenn man die letzten Tage beurteilt und
sagt, es gebe einen Streit darüber, ob die irakischen Raketen 150 oder
180 Kilometer weit fliegen, dann ist das insofern wichtig, als damit
Erfordernisse des Weltsicherheitsrates nicht erfüllt wurden. Aber eine Frage
stelle ich Ihnen: Beim Irak – ohne dass irgendjemand in diesem Haus irgendeine
Sympathie für den Irak hätte – geht es meistens um Verdächtigungen, die
die Inspektoren nun untersuchen. Es gibt andere Länder der Erde, in denen es
Diktaturen gibt und wo es hundertprozentige Gewissheit gibt, dass in diesen
viel massivere Massenvernichtungswaffen vorhanden sind, als man dem Irak
überhaupt unterstellt. Es stellt sich für mich schon die Frage der
Vergleichbarkeit: Wieso geht man gegen den Irak mit jener Vehemenz vor, die wir
derzeit sehen, vor allem von Seiten der USA, und wieso geht man zum Beispiel
mit Nordkorea in einer sehr viel anderen Art und Weise um?
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 24 |
Ich bin der
Meinung, man muss in der Weltpolitik gleiche Maßstäbe anlegen, wenn die Weltpolitik
glaubwürdig sein soll, und Österreich kann in der Tat dazu auch als kleines
Land einen Beitrag leisten. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der
Grünen.)
9.31
Präsident
Dr. Andreas Khol: Zu Wort gelangt nunmehr Herr
Abgeordneter Bundesminister Scheibner. Redezeit: 5 Minuten, wie alle.
9.32
Abgeordneter
Herbert Scheibner
(Freiheitliche): Herr
Präsident! Herr Bundeskanzler! Meine Damen und Herren! Der Abgeordnete
Gusenbauer hat gesagt: Wir wollen keinen Krieg! – Selbstverständlich, ich
glaube, darin sind wir uns einig! Wir müssen alle, es muss die gesamte demokratische
Staatengemeinschaft das ihr Mögliche tun, um Kriege zu verhindern, wo immer sie
auszubrechen drohen – auch im Irak. Wir müssen aber mit derselben
Vehemenz – diese Gewichtung geht mir manchmal in der Debatte
ab –, wie wir sagen, dass wir keinen Krieg wollen, auch klar sagen, dass
wir keine Regime wollen, die Menschenrechte verletzen (Beifall bei den Freiheitlichen), dass wir keine Regime wollen, die
Massenvernichtungswaffen illegal produzieren und möglicherweise anwenden,
auch gegen die eigene Bevölkerung, und dass wir auch keine Regime wollen, die
den internationalen Terrorismus unterstützen.
Wir müssen alles
dafür tun, dass derartige Regime in die Schranken gewiesen werden. Da kann man
militärische Mittel nicht von vornherein ausschließen, aber sie dürfen nur das
letzte Mittel gegen derartige Unrechtsregime sein, wenn alle anderen
politischen, diplomatischen und wirtschaftlichen Möglichkeiten ausgeschöpft
sind.
Es ist auch klar,
dass nicht ein Staat oder zwei Staaten alleine darüber entscheiden können, ob,
wann, wo und wie militärische Maßnahmen zur Durchsetzung dieser positiven Ziele
angewendet werden können, sondern dass es da eine Legitimierung der
Vertretung der Staatengemeinschaft, vor allem der Vereinten Nationen, geben
muss.
Es ist auch klar,
dass man eindeutige Beweise haben muss für die Vorwürfe, die man gegenüber
einem Regime, gegenüber einem Land, jetzt konkret gegenüber dem Irak,
vorbringt. Die alleinige Behauptung, dass es eine Bedrohung gibt, dass es
Massenvernichtungswaffen gibt, reicht nicht aus! Aber auf der anderen Seite
reicht auch die alleinige Behauptung des Regimes, dass es keine
Massenvernichtungswaffen hat, ebenso nicht aus, um da Maßnahmen zu verhindern.
Eines muss uns klar sein: Es wäre wohl verfehlt und gefährlich, auch für den
Weltfrieden und auch für unsere Sicherheit, wenn den einzigen Beweis, der für
die Legitimierung von Maßnahmen gegen ein derartiges Regime zulässig ist, der
Bestätigung eines Verdachts, der Vollzug eines Terroraktes, der konkrete
Vollzug einer Bedrohung, etwa durch Massenvernichtungswaffen, darstellen
würden.
Ich frage
immer – und das sollte ein bisschen zum Nachdenken anregen, wenn man jetzt
kategorisch meint, man wisse, was richtig ist und was notwendig ist –:
Wie wäre die Diskussion in der Öffentlichkeit, in der Weltöffentlichkeit
gewesen, wenn die Staatengemeinschaft im Jahre 2001 nicht erst im Oktober
eine militärische Maßnahme gegen das Regime der Taliban in Afghanistan
gestartet hätte, sondern schon im April oder Mai, weil man gesagt hat, man habe
Beweise, man habe Hinweise, dass ein Terrorakt geplant ist?
Ich glaube, dass
man da nicht mit absoluter Gewissheit die reine Lehre vertreten kann, aber es
muss da einen Gleichklang der Staatengemeinschaft geben. Man muss auch –
da gebe ich Ihnen schon Recht – gleiche Maßstäbe anlegen, wenn es darum
geht, UNO-Beschlüsse und Grundsätze der demokratischen Staatengemeinschaft
auch durchzusetzen. Es gibt ein schlechtes Bild, und es ist auch eine Frage
der Glaubwürdigkeit, wenn man im Falle Irak Soldaten schickt und im Falle
Nordkorea Lebensmittel und Infrastrukturgüter, um das Regime zum Einlenken zu
bewegen, wenn man auf der einen Seite auf die Einhaltung von UNO-Resolutionen
drängt, in der anderen Richtung aber, etwa auch bei anderen Staaten im Nahen
Osten, geflissentlich darauf vergisst, mit Nachdruck auf deren Einhaltung zu
bestehen.
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 25 |
Es wäre auch gut
und wichtig, wenn die Europäische Union deutlicher als bisher diese Einigkeit
im politischen Bereich, und zwar nicht nur bei ihren Aussagen, sondern auch bei
ihren Handlungen, zeigen würde. Die gemeinsame Sicherheits- und
Verteidigungspolitik darf es nicht nur auf dem Papier geben. Es ist notwendig,
dass wir ein positives Krisenmanagement nicht nur in kleineren Einheiten, wie
etwa in Mazedonien, zeigen, sondern dass auch bei den großen Krisen, die den
Weltfrieden gefährden, Europa mit einer Stimme spricht, Europa mit einer
Vertretung der europäischen Staaten, auch gegenüber den Vereinigten Staaten von
Amerika, auch gegenüber der Weltöffentlichkeit, agiert.
Ich glaube, dass
Österreich da eine klare Positionierung hat, auch eine klare Positionierung,
was den Schutz und die Sicherung unserer Souveränität zu Lande und in der Luft
anlangt, und ich hoffe, dass politische und diplomatische Mittel ausreichen
werden, einen Krieg zu verhindern, aber auch eine Gefährdung mit
Massenvernichtungswaffen durch den Irak hintanhalten zu können. (Beifall bei
den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
9.37
Präsident
Dr. Andreas Khol: Nunmehr gelangt Frau Abgeordnete
Lunacek zu Wort. – Bitte.
9.38
Abgeordnete
Mag. Ulrike Lunacek (Grüne): Herr Präsident! Sehr
geehrter Herr Bundeskanzler! Frau Außenministerin! Herr Minister! Meine Damen
und Herren! Vor rund zehn Tagen haben weltweit Millionen Menschen demonstriert,
sind auf die Straße gegangen, um „Nein“ zu sagen zu diesem drohenden Krieg, der
Leid und Not über viele Menschen bringen würde, „Nein“ zu einer Politik der
Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika, die versucht, die UNO dazu zu
bewegen, ihre Politik durchzuführen und nicht zuerst alle diplomatischen und
friedlichen Mittel auszuschöpfen.
Ich bin froh
darüber, Herr Bundeskanzler, dass Sie heute Morgen auch betont haben, dass diese
Demonstrationen von Millionen Menschen in Europa, in den Vereinigten Staaten
von Amerika und in vielen anderen Teilen der Welt dazu beigetragen haben, in
der EU eine gemeinsame Position zu schaffen (Beifall bei den Grünen), in jener Europäischen Union, die leider
nicht wirklich eine einheitliche Außenpolitik macht, die es leider noch nicht
geschafft hat, immer geschlossen aufzutreten.
Natürlich ist es
auch für uns Grüne keine Frage, dass das verbrecherische Regime des Saddam
Hussein die UNO-Resolution 1441 umsetzen muss; keine Frage, das muss
geschehen. Die Frage ist nur: Ist die Zeit schon abgelaufen?, und da sagen wir
eindeutig: Nein, die ist noch nicht abgelaufen, meine Damen und Herren! Da
stehen wir zu dem, was UNO-Generalsekretär Kofi Annan und viele andere gesagt
haben, auch die EU in ihrer gemeinsamen Erklärung vor wenigen Tagen: Die
Inspektoren sollen weiter tätig sein können, und es braucht einfach noch Zeit,
damit auch innerhalb der Vereinten Nationen gemeinsame Maßnahmen gesetzt werden
können.
Aber was ich
gerade in den letzten Tagen vermisst habe, meine Damen und Herren der Bundesregierung,
ist, dass Sie sich eindeutig auf die Seite jener in der Europäischen Union
stellen, die genau diese Position vertreten, nämlich auf die Seite Deutschlands
und Frankreichs. Sie haben jetzt Ihre Position beschrieben, aber auf diese
Seite haben Sie sich nicht gestellt. Sie haben nicht gesagt, dass Sie eindeutig
jene Bemühungen von Deutschland und Frankreich unterstützen, die in die
Richtung gehen, weitere Zeit für die UNO-Inspektoren vorzusehen.
Ich habe heute auch noch kein Wort der Kritik gehört daran, dass zwei EU-Staaten, nämlich Großbritannien – von den Briten wissen wir es schon –, aber auch Spanien, den Entwurf für die neue Sicherheitsratsresolution gemeinsam mit den Vereinigten Staaten von Amerika eingebracht haben. Obwohl sich in Spanien, meine Damen und Herren und auch Frau Außenministerin – ich hoffe, dass Sie sich, da Sie ja nach mir reden werden, dazu äußern werden –, 90 Prozent der Bevölkerung gegen diesen Krieg aussprechen, sagt die spanische Regierung: Wir machen mit den Vereinigten Staaten von Amerika gemeinsame Sache! In diesem Entwurf steht: Die Zeit ist abgelaufen, jetzt freie Hand, um zuzuschlagen! – Nein, Frau Ministerin, nein, Herr Bundeskanzler, nein, meine Damen und Herren, dieser Krieg ist vermeidbar, dieser Krieg
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 26 |
ist noch zu verhindern! Wir brauchen auch
von der österreichischen Bundesregierung hier eine eindeutige Positionierung in
diese Richtung. (Beifall bei den Grünen
und bei Abgeordneten der SPÖ.)
Ich war froh, Herr
Bundeskanzler, dass Sie erwähnt haben, dass ein Präventivschlag nicht die
richtige Vorgehensweise ist. Dieser muss verhindert werden!
Kollege
Spindelegger hat gemeint, hier gebe es manchmal einen billigen Antiamerikanismus.
(Abg. Dr. Spindelegger: Ganz richtig!) Um eines klarzustellen: Kritik an
der Regierung Bush, die hier nicht einen gemeinsamen Weg mit der
internationalen Staatengemeinschaft gehen will, die droht – heute in der
„Presse“ nachzulesen –: Es ist schon alles beschlossen, entweder der Sicherheitsrat
und die UNO gehen mit, oder wir machen es alleine!, Kritik an der Politik
dieser Regierung Bush, das, meine Damen und Herren, ist in demokratischen
Systemen, in einer demokratisch gesinnten Weltgemeinschaft doch notwendig!
Das ist richtig und legitim, und darum geht es und nicht um irgendeinen
billigen Antiamerikanismus!
Dieser Krieg,
meine Damen und Herren, ist vermeidbar, auch jetzt noch, und alle Anstrengungen
müssen in diese Richtung gehen. Ich fordere Sie, Frau Bundesministerin, Herr
Bundeskanzler, und auch alle anderen Minister und Ministerinnen dieser
österreichischen Regierung auf: Stellen Sie das klar, sprechen Sie sich
eindeutig für die Linie in der Europäischen Union aus, die Deutschland und Frankreich
vertreten! Stellen Sie sich auf die Seite der Millionen Menschen in der EU und
auf dieser Welt, die „Nein“ zu diesem Krieg sagen! Erteilen Sie diesem Krieg
eine Absage, sagen Sie „Nein“ dazu, und prägen Sie mit diesem Nein zu diesem
Krieg die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik Europas! – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten
der SPÖ.)
9.43
Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gelangt nunmehr Frau
Bundesministerin Dr. Ferrero-Waldner. – Bitte.
9.43
Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita
Ferrero-Waldner: Herr Präsident! Herr Bundeskanzler!
Hohes Haus! In der Irak-Frage war ich von Anfang an an meine Zielsetzung
gebunden, und diese ist, absolut nichts unversucht zu lassen, um hier eine
friedliche Lösung zu ermöglichen, und zwar eine friedliche Lösung auf Basis
der UN-Sicherheitsratsresolution 1441, die uns zwar nur einen schmalen Grat,
aber durchaus eine Möglichkeit bietet.
Meine sehr
geehrten Damen und Herren! Ich glaube, Österreich hat hier eine durchaus eigenständige
Position auf der Basis dieser Sicherheitsratsresolution eingenommen, denn
bedenken Sie eines: Frankreich und Großbritannien sind ja die einzigen
permanenten Sicherheitsratsmitglieder, und diese beiden Staaten haben sich in
der GASP, der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik, sogar eine
Ausnahme ausbedungen, und da heißt es, dass sie ihre nationalen Positionen
beibehalten können. Aus diesem Grund ist es auch schwierig, zu verhindern, dass
der Konsens innerhalb der Europäischen Union, den wir beim Europäischen Rat
errungen hatten, durch gewisse Änderungen und Interpretationen immer wieder
aufgelöst wird.
Aber es stellt
sich die Frage: Was ist für uns wichtig? – Für uns ist wichtig, dass der
Sicherheitsrat hier im Mittelpunkt steht – das haben viele schon
gesagt –, und ich unterstütze da voll Kofi Annan, der gesagt hat, es sei
ganz wichtig, dass der Sicherheitsrat da auch in Zukunft sozusagen der Meister
ist, denn sonst – und das habe ich in meinem Interview im „profil“ gemeint –
würde Chaos in der internationalen Staatengemeinschaft ausbrechen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten
der Freiheitlichen.)
Zur zweiten Resolution, die ich als wünschenswert bezeichnet habe, habe ich Folgendes gesagt: Am Ende eines Prozesses – denn selbstverständlich sind wir jetzt in einen Verhandlungsprozess eingetreten, in den sehr wohl die Franzosen, aber auch die Deutschen, die ja nicht ein permanentes Mitglied sind, ihre Position einbringen werden, genauso wie eben die USA, Großbritannien und Spanien – wird es, so hoffe ich und gehe davon aus, eine Sicherheitsratsresolution geben, die dem entspricht, was auch die Waffeninspektoren wollen, und die wollen eben
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 27 |
eine bestimmte Zeit haben. Aber ich glaube, dass es noch zu früh
ist, sich hier zu äußern, wenn man nicht selbst derzeit im Sicherheitsrat ist.
Das habe ich gemeint!
Aber was haben
wir, meine sehr geehrten Damen und Herren, und was habe ich selbst gemacht? –
Von Anfang an habe ich die griechische Präsidentschaft darin unterstützt, eben
diese minimale Chance einer friedlichen Lösung auszuloten. Deshalb habe ich
meine Maghreb-Reise nach Marokko, Tunesien und Algerien unternommen, nämlich in
Länder, in die der griechische Vorsitzende selbst nicht hinfahren konnte.
Was war das
Wesentliche dieser Mission? – Das Wesentliche war, zu versuchen, sowohl
die Araber als auch die Europäer zu einer gemeinsamen Position zu bringen, denn
es hat schon anderes Gewicht, wenn man Saddam Hussein von arabischer Seite
sagt: Du hast jetzt alle diese Dinge zu erfüllen, die in den
Sicherheitsratsresolutionen vorgegeben sind! Du, Saddam, hast es in der Hand,
dein Volk vor einem Krieg zu bewahren!
Das ist, meine
sehr geehrten Damen und Herren, der Hintergrund dieser – ich gebe
zu – minimalen Chance, aber ich glaube, dass man diese Chance bis zur
letzten Minute ausnützen muss. Deshalb ist auch dann der griechische
Vorsitzende Papandreou zur Sitzung der Außenminister der Arabischen Liga
gefahren, deshalb war Amre Moussa dann in unserer letzten Sitzung anwesend, und
deshalb wird es einen arabischen Gipfel geben, wo durchaus die Möglichkeit
besteht – und das ist angedacht –, dass eine arabische Delegation,
und zwar auch noch in der letzten Phase, während über die
Sicherheitsratsresolution verhandelt wird, nach Bagdad fährt und Saddam noch
einmal nachdrücklich auf seine eigene Verantwortung für sein Volk, aber auch
für die arabischen Länder hinweist.
Ich glaube, Herr
Abgeordneter Gusenbauer, Europa wird zwar betroffen sein, da gebe ich Ihnen
Recht, aber noch viel mehr wird natürlich die gesamte Nahost-Region betroffen
sein. Das wissen natürlich alle Araber, und deshalb versuchen sie, da
gemeinsam mit uns zu einer Lösung zu kommen.
Ich sage auch, es
ist richtig – und auch das wurde natürlich besprochen –, wenn gesagt
wird, dass wir den Nahen Osten, vor allem im Hinblick auf den Konflikt
Palästina – Israel, aber auch die Nordkorea-Krise nicht anders behandeln
sollten. Deshalb war es zum Beispiel auch wichtig, dass wir gemeinsam in unsere
EU-Erklärung diesen Passus aufgenommen haben, deshalb war es wichtig, dass von
allen Seiten mit Bush geredet wurde. Er muss im Nahen Osten vorangehen, und es
muss endlich zur Umsetzung der Road-Map, der Wegskizze, kommen – zuerst
muss sie freilich einmal veröffentlicht werden –, die wir gemeinsam im
Quartett angedacht haben.
Das, meine sehr
geehrten Damen und Herren, heißt auch, eine gemeinsame Linie zu verfolgen, eine
Linie, die bis zum Schluss den Frieden immer noch bringen kann. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)
9.49
Präsident Dr. Andreas Khol:
Vielen Dank, Frau
Bundesminister.
Zu Wort gelangt
nunmehr Herr Abgeordneter Donabauer. – Bitte.
9.49
Abgeordneter Karl Donabauer (ÖVP): Herr Präsident! Herr
Bundeskanzler! Frau Bundesminister! Hohes Haus! In einer weltpolitisch
äußerst schwierigen Situation findet heute und hier in unserem Parlament eine
Grundsatzdiskussion zum Irak-Konflikt statt. Die Menschen sind auf der einen
Seite tief besorgt, Politiker auf der anderen Seite ehrlich um Lösungen bemüht.
Keiner weiß die wahren Auswirkungen eines möglichen Irak-Krieges
einzuschätzen, sie wären jedenfalls dramatisch. Was aber jeder weiß, das ist
die Tatsache, dass Krieg keine Probleme und keine Konflikte lösen kann, sondern
durch ihn werden sie eher vermehrt, und daher sind natürlich alle Mittel
aufzubieten, um diese Gefahr abzuwenden.
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 28 |
Weil heute
mehrmals unsere Bundesregierung angesprochen wurde, darf ich sagen: Ich glaube,
dass man sehr deutlich dokumentieren kann, dass diese unsere Regierung
zeitgerecht gehandelt, Beratungen geführt und Entscheidungen getroffen hat,
sich um eine friedliche Lösung dieses Konfliktes, der eine große Bedrohung in
sich birgt, bemüht hat, nicht zuletzt durch die Einberufung des Nationalen
Sicherheitsrates am 29. Jänner, wo letzten Endes auch ein Beschluss
gefasst wurde.
Die Ursache dieses
Konfliktes besteht im Wesentlichen darin, dass ein Diktator rücksichtslos seine
Interessen verfolgt, dass er über Massenvernichtungswaffen und Raketen verfügt
und – darauf kommt es an – dass er seiner Abrüstungsverpflichtung,
die er nun bereits seit zwölf Jahren hat, bis heute nicht nachgekommen ist.
Wenn heute namhafte österreichische Parlamentarier sagen, dass seitens der
Regierung zu wenig unternommen worden sei, um eine friedliche Lösung dieses
Konflikts zu erreichen, dann muss das entschieden zurückgewiesen werden.
Sowohl der Herr Bundeskanzler als auch die Frau Außenminister verfolgen diesen
Konflikt nicht nur mit tiefer Sorge, sondern sind aktiv bemüht, im
europäischen Gleichklang dahin gehend zu wirken, dass man diese Bedrohung
abwendet. Dieser Gleichklang ist natürlich sehr schwer zu erreichen, wenn man
zur Kenntnis nehmen muss, dass namhafte Regierungen – und mich bedrückt
das sehr –, wie zum Beispiel jene des englischen Premierministers Tony
Blair, bei diesem Konflikt einen ganz anderen Weg gehen, sich eindeutig auf
die Seite Amerikas stellen. (Abg.
Mag. Lunacek: Aznar auch! Aznar
auch!) Ich denke, dass es auch Aufgabe der Sozialistischen Internationale
wird sein müssen, sich da entsprechend einzubringen. Es ist zu wenig, wenn wir
hier rhetorisch Kritik üben – wir müssen mit Wort und Tat eingreifen.
Es geht darum,
Friedenssicherung zu betreiben und sich auch selbst zu schützen. Aus dieser
Sicht ist natürlich auch die Entscheidung der Bundesregierung,
Truppentransporte über Österreich und natürlich auch durch Österreich zu
untersagen, zu werten. Das zeigt nämlich sehr deutlich, dass wir nicht nur den
heutigen Neutralitätsstatus beansprucht haben, sondern auch die völkerrechtliche
Souveränität wahrnehmen, aus der heraus jedes Land über die Nutzung seines
Territoriums selber und frei entscheiden kann, nein, viel mehr noch, frei
entscheiden muss.
Ich war persönlich
sehr beunruhigt, als der amerikanische Außenminister Rumsfeld die Haltung Österreichs
unverständlicherweise kritisiert hat und uns eine Blockade vorgeworfen hat.
Diese Aussage eines Außenministers einer angeblichen Friedensschutzmacht
halte ich persönlich für äußerst unpassend. Vielmehr möchte ich das Engagement
unserer Frau Außenministerin würdigen, die sich bereits vor einem Jahr darum
bemüht hat, dass die Waffeninspektoren tatsächlich eingesetzt werden und ihre
Arbeit aufnehmen können, die sich in weiterer Folge vor kurzem erfolgreich
darum bemüht hat, auch die arabischen Staaten in diesen Beratungs- und Friedenssicherungsprozess
einzubinden. Ich halte das nicht nur politisch, sondern auch emotional für sehr
wichtig, weil ich glaube, dass man, wenn man diese Staaten in diesen Prozess
mit einbezieht, in dieser ganzen Entwicklung viel mehr bewegen kann.
Die Entscheidung
war, glaube ich, richtig, und es ist heute auch sehr deutlich aus beiden Wortmeldungen
herauszuhören gewesen, sowohl aus jener des Herrn Bundeskanzlers als auch aus
jener der Frau Außenministerin, dass die Diskussion nun im Sicherheitsrat
erfolgen muss. Dort muss entschieden werden! Jedenfalls ist alles zu
unternehmen, damit wir da letzten Endes einen hoffentlich friedlichen und
glücklichen Ausgang finden.
Diese krisenhafte
Situation, die wir haben, ist aber für mich auch eine klare Botschaft an
Europa, weil sie erkennen lässt, dass die Gemeinsame Außen- und
Sicherheitspolitik endlich wahrgenommen und umgesetzt werden muss, dass
Europa seine Stärke nicht nur zeigen, sondern auch dokumentieren muss, seine
Wirtschaftskraft unter Beweis zu stellen hat und in wirklicher
Geschlossenheit an der Weltpolitik aktiv mitzuwirken hat, auch bei der
Friedenssicherung – und das nicht zuletzt im Interesse der Menschen auf
der ganzen Welt. (Beifall bei der ÖVP und
bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)
9.54
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 29 |
Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gemeldet ist als Nächster
Herr Abgeordneter Dr. Einem. – Bitte.
9.55
Abgeordneter Dr. Caspar Einem
(SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Frau Bundesministerin! Meine sehr
geehrten Damen und Herren! Erlauben Sie mir zunächst, Kollegem Donabauer zu
sagen: Herr Rumsfeld ist nicht der amerikanische Außenminister, sondern der
amerikanische Verteidigungsminister, der hat das Problem
gehabt – macht aber nichts. – Lassen Sie mich im Wesentlichen auf
die europäische Dimension der Frage, über die wir heute diskutieren, zu
sprechen kommen.
Meine sehr
geehrten Damen und Herren! Ich habe volles Verständnis für die besondere Situation
der USA, die erstmals im September 2001 nach ihrer Wahrnehmung von außen
angegriffen worden sind. Das ist dieser Nation, noch dazu der mächtigsten
dieser Welt, noch nie passiert. Daher reagiert diese Nation auch anders
darauf. Das ist insoweit verständlich, aber das ist noch kein Grund, dass wir
Europäer, die wir andere Erfahrungen gemacht haben, uns unbedingt gleich auf
ihre Seite stellen.
Ich habe daher
kein Verständnis für die umstandslose Unterstützung der USA in der Kriegsorientierung
der gegenwärtigen US-Administration. Wir sind Österreicher, wir sind Europäer,
und wir müssen daher eine österreichische und eine europäische Politik
betreiben. Das ist aber eine andere, zumindest eine in bestimmten Aspekten
andere Politik als die der USA.
Was wir daher
kritisieren, um es deutlich zu sagen, das ist der Umstand, dass Österreich,
dass die Frau Außenministerin im Besonderen eben keine Position in dieser Frage
hat und zuletzt versucht hat, soweit öffentliche Aussagen dazu für sich
sprechen, sich rasch noch auf die Seite der USA zu stellen. Das
kritisieren wir!
Frau
Bundesministerin! Was wir brauchen, das ist eine engagierte europäische
Politik, und da sind wir der Auffassung, dass in diesem Zusammenhang vor allem
die kleinen und mittleren Staaten eine ganz besondere Rolle haben können. Es ist
für die kleinen und mittleren Staaten wesentlich einfacher, auf den Anspruch
zu verzichten, als Einzelstaat Weltpolitik zu machen. Es ist für Länder wie das
Vereinigte Königreich, Frankreich oder auch Deutschland wesentlich schwieriger,
auf solch eine Position der Vergemeinschaftung europäischer Außen- und Sicherheitspolitik
einzusteigen und sich individueller nationalstaatlicher Politik zu enthalten.
Was es braucht, das ist das Engagement der kleinen und mittleren Staaten in
Europa, die dazu beitragen können, dass es eine europäische Position gibt, die
dem Zweck dient, eine gemeinsame europäische und nicht primär transatlantische
Außen- und Sicherheitspolitik zu betreiben.
Hohes Haus! Wir
stimmen durchaus mit dem Abgeordneten Spindelegger darin überein, dass wir
aktiv für eine gemeinsame, ja mehr noch, für eine vergemeinschaftete Außen- und
Sicherheitspolitik, letztendlich bis hin zu einer gemeinsamen europäischen
Verteidigung, eintreten sollen, und auch dafür braucht es das Engagement der
kleinen und mittleren Staaten in Europa, weil es für die großen schwer ist,
diesen Weg zu gehen. Dort braucht es unser Engagement. Das ist gut, das ist
wichtig, das ist aber nicht genug.
Wir
anerkennen – das sage ich auch – durchaus nicht nur die Bemühungen
der griechischen Präsidentschaft der EU, zu einer gemeinsamen europäischen
Position zu gelangen, sondern auch die Bemühungen der griechischen
Präsidentschaft, alles irgend Mögliche zu tun, um zu erreichen, dass eine
militärische Auseinandersetzung im Nahen Osten vermieden wird. Wir anerkennen
in diesem Zusammenhang auch, Frau Bundesministerin – auch das ist anzuerkennen –,
dass Sie sich zur Verfügung gestellt haben, in dieser Frage die griechische
Präsidentschaft zu unterstützen und die entsprechenden Gespräche mit den
Maghreb-Staaten zu führen.
Aber wobei wir bleiben, das ist, dass wir einen klaren europäischen Standpunkt vermissen, und zwar auch bei Ihnen, einen Standpunkt, der derzeit primär von Deutschland und Frankreich vertreten wird – so Leid es uns tut oder Ihnen vielleicht, weil das große Staaten sind, aber das sind diejenigen, die versuchen, einen europäischen Kern zu bilden. Ich appelliere insofern an
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 30 |
Sie, als Sie es sind, Herr
Bundeskanzler, Frau Bundesministerin, die dafür eingetreten sind, dass wir im europäischen
Kern unsere europäische Politik gemeinsam entwickeln und dort dabei sind. Dann
müssen wir aber auch in dieser Frage eine klare Position haben.
Frau
Bundesministerin! Herr Bundeskanzler! Was wir wollen, das ist eine Politik, die
dem Friedenswunsch der Menschen in Österreich, die dem Friedenswunsch der
Menschen in Europa und auf der Welt entspricht, und wir wollen eine europäische
Friedenspolitik, die der geschichtlichen Entwicklung der Europäischen Union
entspricht. Dafür wollen wir von Ihnen eine klare Orientierung und eine klare
Position im Namen Österreichs. (Beifall
bei der SPÖ und den Grünen.)
10.00
Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gelangt nunmehr Herr
Abgeordneter Dr. Bösch. – Bitte.
10.00
Abgeordneter
Dr. Reinhard Eugen Bösch (Freiheitliche): Herr Präsident!
Meine Damen und Herren! Der Kampf gegen den Terror und gegen den Terrorismus
ist, so glaube ich, eine Selbstverständlichkeit und unumstritten. Wir haben
daher im Hohen Haus nach dem 11. September die dementsprechenden
Beschlüsse dazu gefasst.
Aber der Kampf
gegen den Terror kann nicht gleich Krieg bedeuten; und vor allem kann das nicht
einen Luftkrieg gegen zivile Ziele und gegen Wohngebiete in einem anderen Land
bedeuten. Deshalb, meine Damen und Herren von der Opposition, sind Ihre
Vorwürfe gegen diese Bundesregierung auch nicht haltbar.
Zum einen werfen
Sie der Bundesregierung vor, sie würde sich auf die Seite der USA stellen. Das
Gegenteil ist der Fall: Österreich hat gerade in diesem Konfliktfall eine eigenständige
Position bezogen und dies auch laut und deutlich gesagt. Zum anderen
kritisieren Sie aber auch, dass sich Österreich nicht an die Seite von
Frankreich und Deutschland gestellt habe. Auch da, glaube ich, hat diese
Regierung den richtigen Schritt getan, denn die Europäische Union ist gerade
in diesem Konfliktfall, den wir jetzt erleben – so ist es in der „Presse“
gestanden –, ein Konkursfall gewesen. Ich unterstütze diese Beurteilung.
Die Europäische Union war nicht in der Lage, diesbezüglich eine gemeinsame
Linie zu finden.
Was ist
geschehen? – Zwei größere Länder haben sich zusammengetan und haben eine
eigenständige Position erarbeitet, ohne die Geduld zu haben und abzuwarten,
dass sich alle anderen Mitgliedsländer der Union auch dazu positionieren können. – Herr Kollege Einem!
Sie haben das auch im Konvent erlebt mit dem Vorschlag von Frankreich und
Deutschland in Bezug auf die Doppelpräsidentschaft. Wenn sich zwei in einer
Union zusammentun, dann schürt das das Misstrauen der anderen. Und das ist der
Vorwurf an Frankreich und an Deutschland, dass sie ihre Interessen vertreten haben und nicht die Interessen der Europäischen Union.
Deshalb, meine
Damen und Herren, muss es wichtig sein, dass die Europäische Union gerade
jetzt, im Rahmen ihrer Erneuerung der Verfassung, Mechanismen einführt, die sie
in die Lage versetzen, gegen solche Situationen auch Maßnahmen setzen zu
können. Es kann nicht so sein, dass sich nur zwei Länder oder mehrere Länder zu
Allianzen zusammentun und Positionen beziehen. Das wäre ein Rückfall in die
europäische Allianzpolitik des 19. und 20. Jahrhunderts, und das kann
wohl nicht die Entwicklung der Europäischen Union sein.
Diese neuen
Mechanismen einzuführen wird die Aufgabe des Konvents sein, und ich hoffe, dass
wir dort Mechanismen beschließen werden, die dann von den Regierungschefs
akzeptiert werden. Bis dahin, meine Damen und Herren, ist es wichtig, dass
sich vor allem ein mittelgroßes Land wie Österreich bemüht, seine
eigenständige Außenpolitik und seine eigenständige militärische
Landesverteidigung aufrechtzuerhalten. Es muss das Ziel sein, nicht nur im Rahmen
einer neuen Verfassung die Union in die Lage zu versetzen, außenpolitische
Maßnahmen zu setzen, sondern parallel dazu auch souverän die Außenpolitik und
die Landesverteidigung zu gestalten. Und dafür, meine Damen und Herren, ist
diese Bundesregierung Garant. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei
Abgeordneten der ÖVP.)
10.03
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 31 |
Präsident
Dr. Andreas Khol: Als letzter Redner dazu zu Wort
gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Pilz. Ich erteile es ihm.
10.03
Abgeordneter
Dr. Peter Pilz (Grüne): Meine sehr verehrten Damen
und Herren! Der Aufmarsch ist abgeschlossen; die Truppen sind rund um die
irakischen Zielgebiete stationiert. Eine einzige Frage ist seltsamerweise bis
heute unbeantwortet geblieben: Warum wollen die USA um jeden politischen und
militärischen Preis der Welt einen Krieg gegen den Irak und das Regime von
Saddam Hussein führen? – Darauf wird gesagt: Es ist dies wegen der
Massenvernichtungswaffen.
Meine Damen und
Herren! Wer sich damit beschäftigt, weiß, dass das im Großen und Ganzen ein
Schwindel ist. Es waren die USA, die die Chemiewaffenkonferenz gezwungen haben,
die Untersuchungen im Irak abzubrechen. Es waren die USA, die die
Biowaffenkonferenz boykottiert und arbeitsunfähig gemacht haben. Und wenn es
darum geht, mittels internationaler Vereinbarungen etwas gegen
Massenvernichtungswaffen zu tun, haben Sie immer die gleiche Liste von Staaten,
die sich weigern, zu kooperieren: Libyen, Irak, Iran und die USA.
Das zweite
Argument lautet: Wir müssen das Regime von Saddam Hussein stürzen. – Jetzt
gehe ich gar nicht auf die Frage ein, was das für die Welt bedeutet, wenn jede
Großmacht, die militärisch dazu in der Lage ist, sagen kann, wir nehmen uns
heute und morgen vor, dieses oder jenes Regime aus folgenden Gründen zu
stürzen, sondern weise nur auf eines hin: Mit dem Internationalen
Strafgerichtshof, der eine massive Unterstützung der Europäischen Union hinter
sich hat, gibt es endlich ein Instrument, um mit Potentaten und Diktatoren wie
Saddam Hussein rechtsstaatlich umzugehen und, wenn es notwendig ist, dann,
wenn der Gerichtshof verurteilt, diese Urteile über den Weltsicherheitsrat
auch mit militärischen Mitteln durchzusetzen.
Die USA sagen:
Nein, das ist nicht unser Weg; wir erkennen den Strafgerichtshof nicht an; wir
sind das Weltgericht, und wir sind die Weltpolizei. Niemand kann
uns dreinreden! Wir bestimmen, wo Krieg geführt wird, und wir
bestimmen, mit wem und mit welchen Zielen.
Es gibt also nur
einen Punkt und nur eine Antwort: Die USA wollen Krieg führen im Irak mit den
gleichen Vorstellungen und mit den gleichen Motiven, mit denen sie Kriege
gegen den Iran, gegen den Sudan und möglicherweise gegen andere Staaten vorbereiten.
Dabei geht es um Öl, dabei geht es um Wirtschaftsinteressen, dabei geht es um
Interessen der globalen Vorherrschaft, und dabei geht es um die Interessen
einer Supermacht, die sagt, nichts bindet uns, nichts steht über uns, alle
haben sich an uns zu orientieren.
Präsident Bush hat
selbst gesagt: Wer nicht für uns ist, ist gegen uns! – Und das
widerspricht nicht nur der europäischen Rechtskultur, nicht nur dem Geist der
Vereinten Nationen, sondern allem, was sich zu Recht heute Weltgemeinschaft zu
nennen beginnt. (Beifall bei den Grünen.)
Wie soll es jetzt
weitergehen? – Krieg im Irak, vielleicht mit Großbritannien und den
Letzten, die noch mittun? Was ist mit dem Iran, wo der Aufmarsch und die
Vorbereitungen bereits in Planung sind? Was ist mit dem Sudan, wo die
Truppenstationierungen in Dschibuti und in Kenya laufen und die
Kriegsvorbereitungen bereits offiziell sind? Soll das so weitergehen? Oder gibt
es jemanden mit politischem Gewicht, der sich den USA in den Weg stellt?
Genau darin liegt die Rolle Europas. Da geht es jetzt darum, dass sich die Europäische Union eint und sagt: Ja, wir wollen einen anderen Weg; ja, in dieser Frage sind die USA nicht unsere Partner, sondern weltpolitisch schlicht und einfach unsere politischen Gegner. Da geht es darum, eine Sicherheitsgemeinschaft zu bilden, die sich den USA auch politisch in den Weg stellen kann. Da geht es darum, zu mobilisieren, damit eine Politik, die von Rechtsstaatlichkeit global nichts hält, isoliert und geschwächt wird. Da geht es darum, zu sagen, Europa hat eine andere sicherheitspolitische Zukunft. Die sicherheitspolitische Zukunft Europas liegt nicht in einem militärischen Block, der von den USA angeführt wird, sondern die sicherheitspolitische Zukunft Europas liegt in einer Sicherheitsgemeinschaft – Sicherheitsgemeinschaft statt NATO. Wir
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 32 |
brauchen ein Europa ohne amerikanische Truppen und ein
Europa, das zeigt, dass es einen globalen Weg zu Rechtsstaatlichkeit und
Demokratie gibt.
Ich mache mir
nicht die geringsten Sorgen darüber, dass ein Europa, das diese Positionen auch
in den Vereinten Nationen durchsetzen kann, einen viel größeren Beitrag zur
Stabilität im Nahen Osten und auch zum Sturz von Regimes wie jenem von Saddam
Hussein leisten kann, als es die USA durch eine Reihe von Weltkriegen tun.
Deshalb mein
Appell auch an den Herrn Bundeskanzler und an die Frau Außenministerin: Beteiligen
Sie sich nicht irgendwo, seien Sie nicht halbamerikanisch und halbeuropäisch,
sondern setzen Sie sich mit an die Spitze einer europäischen Entwicklung, die
nicht nur Europa, sondern die ganze Welt dringend braucht. – Danke schön. (Beifall
bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)
10.09
Präsident
Dr. Andreas Khol: Zum Wort ist dazu niemand mehr
gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.
Einlauf und Zuweisungen
Präsident
Dr. Andreas Khol: Hinsichtlich der eingelangten
Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23
Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.
Die schriftliche Mitteilung
hat folgenden Wortlaut:
A) Eingelangte
Verhandlungsgegenstände:
1. Schriftliche
Anfragen: 55/J bis 121/J.
Schriftliche Anfrage
an den Präsidenten des Nationalrates: 1/JPR.
2.
Anfragebeantwortungen: 1/AB bis 15/AB.
Anfragebeantwortung
(Präsident des Nationalrates): 1/ABPR.
3. Regierungsvorlagen:
Bundesverfassungsgesetz
über den Verlauf der Staatsgrenze zwischen der Republik Österreich und der
Bundesrepublik Deutschland im Grenzabschnitt „Salzach“, in den Sektionen I
und II des Grenzabschnitts „Scheibelberg-Bodensee“ sowie in Teilen des
Grenzabschnitts „Innwinkel“ (5 der Beilagen),
Bundesverfassungsgesetz
über Änderungen des Verlaufes der Staatsgrenze zwischen der Republik
Österreich und der Tschechischen Republik (6 der Beilagen),
Bundesverfassungsgesetz
über Änderungen des Verlaufes der Staatsgrenze zwischen der Republik
Österreich und der Republik Ungarn in den Unterabschnitten C II und
C IV (regulierte Pinka und regulierte Strem) (7 der Beilagen),
Bundesgesetz über äußere
Rechtsverhältnisse der orientalisch-orthodoxen Kirchen in Österreich
(Orientalisch-Orthodoxes Kirchengesetz; OrientKG) (8 der Beilagen),
Gesetzliches
Budgetprovisorium 2003 (10 der Beilagen).
4. Auf Grund eines
Schreibens des Bundeskanzleramtes-Verfassungsdienst vom 29. Jänner 2003
gegenstandslos:
Sozialversicherungs-Änderungsgesetz
2003 – SVÄG 2003 (2 der Beilagen),
Bericht der
Bundesregierung über die Lage der behinderten Menschen in Österreich
(III-7 der Beilagen).
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 33 |
B) Zuweisungen:
1. Zuweisungen seit
der letzten Sitzung gemäß §§ 32a Abs. 4, 80 Abs. 1, 100
Abs. 4, 100b Abs. 1 und 100c Abs. 1:
Budgetausschuss:
Bericht des
Bundesministers für Finanzen über die Genehmigung von Vorbelastungen für das
4. Quartal 2002 (Vorlage 5 BA),
Bericht des
Bundesministers für Finanzen betreffend Verfügungen über unbewegliches Bundesvermögen
im Jahr 2002 (Vorlage 6 BA),
Bericht des
Bundesministers für Finanzen gemäß § 65 Absatz 5 des
Bundeshaushaltsgesetzes über das Eingehen, die Prolongierung und die
Konvertierung von Finanzschulden und Währungstauschverträgen im
Finanzjahr 2002 (Vorlage 7 BA),
Bericht des
Bundesministers für Finanzen über die Übernahme von Bundeshaftungen im Jahre 2002
(Vorlage 8 BA),
Bericht des
Bundesministers für Finanzen über die Genehmigung von überplanmäßigen Ausgaben
im 4. Quartal 2002 (Vorlage 9 BA);
Ausschuss
für Petitionen und Bürgerinitiativen:
Petition Nr. 1
betreffend „Verbesserung der rechtlichen Rahmenbedingungen für MotorradfahrerInnen“,
überreicht von den Abgeordneten Dr. Johannes Jarolim und Kurt Eder,
Bürgerinitiative
Nr. 1 betreffend „Privatschulen verlangen ein gerechtes Schulsystem“.
2. Zuweisungen in
dieser Sitzung:
a) zur Vorberatung:
Ausschuss
für innere Angelegenheiten:
Abkommen zwischen der
Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über die gegenseitige
Anerkennung von Dokumenten für die Mitnahme von Schusswaffen und Munition durch
Angehörige traditioneller Schützenvereinigungen und Sportschützen (9 der
Beilagen);
Ausschuss
für Land- und Forstwirtschaft:
Antrag 42/A (E) der Abgeordneten
Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend
Schaffung eines Entwicklungs- und Sicherheitsraumes für eine gentechnikfreie,
nachhaltige Landwirtschaft;
b) zur Enderledigung
im Sinne des § 28b GOG (vorbehaltlich der endgültigen Entscheidung des
Ausschusses):
Ausschuss
für Arbeit und Soziales:
Bericht des
Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit über die Tätigkeit der
Arbeitsinspektion auf dem Gebiet des Bundesbedienstetenschutzes im
Jahr 2000 (III-10 der Beilagen),
Bericht des
Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen über die soziale Lage 2001-2002
(III-11 der Beilagen);
Ausschuss für Land-
und Forstwirtschaft:
Bericht des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft über den Gewässerschutzbericht 2002 (III-12 der Beilagen).
*****
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 34 |
Präsident Dr. Andreas Khol:
Ich teile mit, dass der Erste Bericht des Unvereinbarkeitsausschusses
vervielfältigt und an alle Abgeordneten verteilt wurde.
Ankündigung einer Dringlichen Anfrage
Präsident Dr. Andreas Khol: Die Abgeordneten Dr. Cap, Kolleginnen und
Kollegen haben das Verlangen gestellt, die vor Eingang in die Tagesordnung
eingebrachte schriftliche Anfrage der Abgeordneten Dr. Cap, Kolleginnen
und Kollegen an den Herrn Bundeskanzler betreffend unnötige Belastung der
Österreicher und Österreicherinnen durch teure Kampfflugzeuge dringlich zu
behandeln.
Gemäß der Geschäftsordnung wird die Dringliche Anfrage um 15 Uhr
behandelt werden.
Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die
Anfragebeantwortung 10/AB
Präsident Dr. Andreas Khol: Weiters teile ich mit, dass das gemäß
§ 92 der Geschäftsordnung gestellte Verlangen vorliegt, eine kurze Debatte über die Anfragebeantwortung
10/AB der Anfrage 13/J der Abgeordneten Öllinger, Kolleginnen und Kollegen
betreffend GATS-Verhandlungen – öffentliche Information – Inhalt der
Forderungslisten durch den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit abzuhalten.
Da für die heutige Sitzung die dringliche Behandlung einer schriftlichen
Anfrage verlangt wurde, wird die kurze Debatte
im Anschluss an diese stattfinden.
Wir gehen nunmehr in die Tagesordnung ein,
meine Damen und Herren.
Redezeitbeschränkung
Präsident Dr. Andreas Khol: In der Präsidialkonferenz wurde Konsens über
Gestaltung und Dauer der Debatten
erzielt. Es wurde eine Tagesblockzeit von 7 „Wiener Stunden“ vereinbart,
aus der sich folgende Redezeiten ergeben: ÖVP 133, SPÖ 119, Freiheitliche und
Grüne je 84 Minuten. Darüber entscheidet das Hohe Haus.
Wir kommen sogleich zur Abstimmung.
Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Vorschlag zustimmen, um ein
Zeichen. – Das ist einstimmig
angenommen.
1. Punkt
Bericht des Budgetausschusses über den Antrag 34/A
der Abgeordneten Dkfm. Dr. Günter Stummvoll, Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn,
Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das
Einkommensteuergesetz 1988, das Umsatzsteuergesetz 1994 und das Erbschafts- und
Schenkungssteuergesetz 1955 geändert werden (16 der Beilagen)
Präsident
Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nun zum 1. Punkt der Tagesordnung.
Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.
Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Dr. Matznetter. Er wünscht,
8 Minuten zu sprechen. Ich erteile ihm das Wort.
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 35 |
10.13
Abgeordneter
Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Sehr geehrter Herr
Präsident! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Jungfernreden haben den Vorteil,
dass sie – abgesehen von einer gewissen Zurückhaltung bei den
Zwischenrufen – den jungen Abgeordneten auch die Chance geben, ein
bisschen etwas zum Grundsätzlichen zu sagen. Ich möchte die Gelegenheit nützen
und darauf hinweisen, dass die heute zu behandelnde Materie, 16 der Beilagen,
die Änderung eines Gesetzes ist, das dieses Haus in den letzten Stunden der
letzten GP in einem Husch-Pfusch-Verfahren beschlossen hat.
Wir haben uns im
Budgetausschuss bezüglich der Frage der Sicherung der Pensionen sehr grundsätzlich
darüber unterhalten, ob die öffentliche Diskussion über die erste Säule der Versorgung
der Pensionen in unserem Land eine Diskussion ist, bei der wir darüber
sprechen, ob jeder Einzelne auf seine Leistungen, auf die er in der
Vergangenheit vertrauen konnte, in Zukunft noch Anspruch hat.
Wir haben bei
dieser grundsätzlichen Diskussion die Frage behandelt, ob das der richtige Zeitpunkt
ist, für Förderungen der dritten Säule öffentliche Mittel in größerem Umfang
flüssig zu machen. Ich habe bei dieser Gelegenheit darauf verwiesen, dass
Österreich ein Land ist – ich beziehe mich da auf den Einkommensbericht
des Rechnungshofes –, wo das durchschnittliche Nettoeinkommen eines
unselbständigen Erwerbstätigen 2001 bei 15 420 € lag. Ich habe mir
erlaubt, diesem Nettoeinkommen eine entsprechende Berechnung zu Grunde zu
legen.
Meine Damen und
Herren! Wir ziehen heute jemandem, der 1 510,43 € brutto monatlich
verdient, nicht weniger als 425 € pro Monat ab. Gleichzeitig wird aber
ein System geschaffen, bei dem ein Besserverdiener für das Aktiensparen eine
steuerliche Prämie erhält, für deren vollständige Nutzung sein Sparvolumen im
Jahr 1 800 € betragen muss.
Kollege
Dr. Stummvoll hat mich gefragt, ob die SPÖ angesichts ihrer
Nichtzustimmung zu diesem Punkt von dem Bekenntnis, dass der Lebensstandard am
Lebensabend erhalten werden müsse, abrückt. Ich habe die Frage schon im
Budgetausschuss klar verneint. Das ist nicht der Punkt. Die Frage ist: Können
wir es uns leisten? Haben wir eine budgetäre Situation, bei der wir bis zu
200 Millionen € an Prämie in dieses System einzahlen können, während
wir gleichzeitig für das Einsparen von 640 Millionen € in der ersten
Säule bis 2006 – beginnend mit 1. 1. 2004 – von der neuen
Regierung eine Abschaffung der Frühpensionen in Schritten bis 2009 zu erwarten
haben?
Ein Drittel jenes
Volumens, das der heute amtierende Finanzminister im Jahr 2006 einsparen will,
wird gleichzeitig als Förderung für ein Produkt verwendet, von dessen
Sinnhaftigkeit wir selbst insofern nicht überzeugt sind, als wir bereits heute eine Berichtigung des
damaligen Prozentsatzes von einem Mindestaktienanteil von 60 Prozent auf
40 Prozent vornehmen müssen.
Meine Fraktion hat
daher eine gesonderte Abstimmung
des Antrages beantragt. Genauso, wie wir damals am 20. September nicht
zugestimmt haben, wird meine Fraktion diesem Antrag zum Artikel I nicht
zustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)
Ich komme zu den
anderen Punkten des Antrages. Wir stimmen Artikel II des Antrages zu. Wir
begrüßen alle Schritte, die hinsichtlich des Umsatzsteuergesetzes zu einem
Bürokratieabbau führen. Wir unterstützen die Möglichkeiten in den Grenzen der
sechsten Richtlinie, das Steueraufkommen für den Abgabengläubiger Republik
Österreich möglichst zu bewahren. Wir unterstützen das Bemühen des
Finanzministeriums, zu verhindern, dass es zu Steuerabflüssen auf Grund von
Konstruktionen über Auslandsleasing kommt.
Ich komme daher
zum dritten Punkt des Antrages. Auch dieser Bereich gibt mir Gelegenheit,
einige grundsätzliche Worte über die Budget- und Fiskalpolitik zu verlieren.
Wir haben bei Artikel III eine Änderung, deren Grundlage die zweite
Verschiebung des Einsetzens der Steuerpflicht für Schenkungen von Sparbüchern
ist.
Meine Damen und Herren! Ich möchte daran erinnern, dass die Steuerfreiheit der Schenkung von Sparbüchern eine Maßnahme zur Erleichterung des Überganges vom anonymen Überbrin-
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 36 |
gersparbuch zum legitimierten Sparbuch war. Uns allen war bewusst,
dass wir in Österreich teilweise unklare Besitzverhältnisse bei den
Sparbüchern aus dem Umstand der Anonymität haben. Längst von der Großmutter
für das Enkerl gewidmete Sparbücher sind unter Umständen bei ihr verblieben,
und man wollte in dieser Phase – das wurde auch von den Sozialdemokraten unterstützt –
den Übergang erleichtern, damit die Bevölkerung in der Lage ist, die
Legitimierung der Sparbücher ohne Schenkungssteuerbelastung vorzunehmen. Die
ursprüngliche Frist endete am 30. Juni des Jahres 2002. Sie wurde
einmal bis Ende des Jahres verlängert, und nun stehen wir vor einer
nochmaligen Verlängerung.
Eines muss klar
sein: Wir durchbrechen in diesem Bereich das System. Es macht einen Unterschied
in der Besteuerung, ob die Oma ins Geldbörsel greift und dem Enkerl das Bargeld
gibt, oder ob sie so klug ist, am Morgen auf die Bank zu laufen, ein Sparbuch
zu eröffnen und dieses Sparbuch weiterzugeben. Das ist keine sachlich
gerechtfertigte Unterscheidung, und sie kann nicht dauerndes Recht werden.
Der Herr
Staatssekretär hat im Budgetausschuss ausgeführt, dass die Erbschafts- und
Schenkungssteuer eine Bagatellsteuer sei. – Meine Damen und Herren! Wir
befinden uns in Zeiten schwierigster Konsolidierungsbedürfnisse – auf
Grund der Untätigkeit der letzten Regierung in vielen Bereichen, auf Grund der
nur auf Oberflächlichkeit ausgerichteten Finanzpolitik.
Es besteht
insgesamt ein Konsolidierungsbedarf von rund 16 Milliarden € in der
Gesetzgebungsperiode. Unter Einschluss der Steuerreform im Jahr 2005
werden allein für das Jahr 2006 8 Milliarden € zur
Konsolidierung benötigt.
Wir haben
Abgabenarten, meine Damen und Herren, bei denen es nicht Notleidende trifft, bei denen die Besteuerung nicht
etwas trifft, was aus eigenem Erwerbsleben stammt, aber derzeit haben wir fast
kein Aufkommen in diesem Bereich. Daher müssen wir uns in diesem Bereich, was
die Steuerreform betrifft, neue Grundsätze überlegen. (Beifall bei der SPÖ
und den Grünen.)
Wir werden in
diesem Bereich nach dem Benchmark vorzugehen haben: Wie schaut die Normalität
in Europa, in der OECD aus? – Wir werden trachten müssen, dass wir in
diesem Bereich mehr Geld hereinbekommen, um für jene Menschen, die mit
400 € monatlich belastet werden, eine Reduktion erreichen zu können, denn
diese Menschen schaffen Nachfrage! Das sind die Menschen, für die jeder Euro
wichtig ist, um ihr tägliches Dasein fristen zu können. (Beifall bei der
SPÖ.)
Es geht nicht um
jene, die beim Steuerberater sitzen und ein optimales Modell suchen, wie sie im
Falle der Erbschaft einen Vermögensübergang erreichen, damit möglichst keine
Steuer anfällt. Das kann nicht unsere vordringliche Schutzklientel sein! (Beifall
bei der SPÖ und den Grünen.)
Ich möchte noch
eine abschließende Bemerkung machen, die mich auch zu den Beratungen im Budgetausschuss
zurückführt. Herr Staatssekretär Finz hat ausgeführt, dass die Schwierigkeit
auch darin liegt, dass im Falle der Besteuerung der Aufwand der Verfolgung
möglicher Steuerhinterzieher und der Einbringlichmachung der Abgaben selbst in
Relation zum möglichen Erfolg oft zu hoch ist. – Aber ein Bekenntnis muss
auch klar sein in diesem Haus: Nur deswegen, weil ich den Täter nicht verfolgen
kann oder weil es teuer ist, ihn zu verfolgen, kann ich nicht
Abgabenhinterziehung oder -verkürzung zum Kavaliersdelikt machen, insbesondere
dann nicht, wenn die Geldmittel ohnehin knapp sind. – Danke. (Beifall
bei der SPÖ und den Grünen.)
10.22
Präsident
Dr. Andreas Khol: Zu Wort gelangt nunmehr Herr
Abgeordneter Dkfm. Dr. Stummvoll. Auch er spricht wunschgemäß
8 Minuten lang. – Bitte.
10.22
Abgeordneter
Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Herr Präsident! Herr
Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn wir heute dieses
kleine Steuerpaket beschließen, so ist dies zwar ein kleines Paket, es enthält
aber doch drei sehr wichtige Schwerpunkte.
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 37 |
Mein Vorredner ist
bereits auf den ersten Schwerpunkt eingegangen. Der erste Schwerpunkt besteht
darin, dass wir im Rahmen des Einkommensteuergesetzes im Hinblick auf die
ersten Praxiserfahrungen wesentliche Verbesserungen bei der Pensionsvorsorge,
bei der Zukunftsvorsorge beschließen wollen. Das sind lauter Anregungen, die
aus der Praxis an den Gesetzgeber herangetragen wurden, nämlich: erstens die
Reduzierung des Aktienanteils von 60 auf 40 Prozent, zweitens eine
Präzisierung des Produktkatalogs, drittens die ebenfalls aus der Praxis
angeregte Änderung bei der Nachversteuerungspflicht – nicht 6 Prozent
des Kapitals, sondern 25 Prozent der Erträge –, und letztlich heben
wir auch die zeitliche Befristung mit Ende 2004 für die Prämienzahlungen
bei Pensionskassen auf, um eine Unbefristetheit zu haben.
Wir haben zweitens
wichtige Maßnahmen im Bereich des Umsatzsteuerrechts gesetzt. Es hätte durch
das europäische Recht, was das PKW-Leasing betrifft, eine Benachteiligung des
Wirtschaftsstandortes Österreich gedroht. Wir stellen sicher, dass bis
Ende 2005 eine steuerliche Gleichbehandlung besteht, egal, ob dieses
PKW-Leasing im Ausland oder im Inland vorgenommen wird.
Wir werden weiters
einen Schritt zur weiteren Modernisierung des Finanzsystems insofern treffen,
als es möglich sein wird, in Zukunft auf elektronischem Weg
Umsatzsteuer-Voranmeldungen abzugeben. Und letztlich geht es um die Frage der
Erbschafts- beziehungsweise Schenkungssteuerpflicht bei Sparbüchern.
Kollege Matznetter
hat das Beispiel gebracht – ich sage immer, jeder hat natürlich seine
Beispiele, die in die Argumentationslinie passen –, welchen Unterschied
es macht, ob man ein Sparbuch oder Bargeld schenkt. – Ich kann genauso
gut die Frage stellen: Muss ich zuerst sterben, damit ich ein Sparbuch
steuerfrei übertragen kann, oder kann ich das als Lebender auch machen? –
Jeder hat also seine Beispiele, meine Damen und Herren.
Ich möchte ganz
kurz, da auch Kollege Matznetter sowohl im Ausschuss als auch hier ein bisschen
grundsätzlich und ordnungspolitisch auf das Thema Pensionsvorsorge,
Zukunftsvorsorge, Pensionssicherung eingegangen ist – worüber ich froh
bin –, auch ein paar Worte dazu sagen. Es ist gar keine Frage, Herr
Kollege Matznetter, dass sich unsere Positionen in diesem Bereich unterscheiden.
Sie unterscheiden sich dadurch, dass Sie offensichtlich immer noch in hohem
Maße Anhänger jener Philosophie sind, die ich aus den siebziger Jahren kenne,
als etwa der damalige Sozialminister Weißenberg wörtlich erklärt hat: Die
staatliche Vorsorge muss so ausreichend sein, dass der Einzelne keinerlei
Rücklagen zur Risikosicherung zu bilden braucht.
Das ist die These
von der Null-Eigenvorsorge. Er war damals – damals schon! – im Widerspruch
zum damaligen Vizekanzler Androsch, der seine „drei E“ gepredigt hat:
Eigeninitiative, Eigenverantwortung, Eigenvorsorge. – Ich gebe zu, die
diesbezügliche Position der SPÖ ist nicht einheitlich, aber es scheint zu
überwiegen, dass man sagt: Wir wollen eigentlich, dass der Staat alles
absichert, du brauchst dich um nichts zu kümmern, wir brauchen keine zweite und
dritte Säule, oder wir haben kein Geld dafür oder wollen kein Geld dafür haben,
Herr Kollege Matznetter.
Lassen Sie mich
dazu etwas sagen: Wir vertreten eine andere Position. Wir sagen: Wir müssen
Eigenverantwortung, Eigeninitiative, Eigenvorsorge fordern, wir wollen den
eigenverantwortlichen Menschen – egal, ob es die Altersvorsorge oder die
Gesundheit betrifft. Wir haben uns verabschiedet von der Philosophie: Der
Staat kümmert sich um alles. – Ich glaube, der Staat ist nicht mehr in der
Lage, dieses Versprechen zu erfüllen, das stelle ich fest, wenn ich mir etwa
auch die Perspektiven für die nächsten Jahre im Staatshaushalt anschaue.
Herr Kollege
Matznetter, wir haben schon im Ausschuss darüber diskutiert: Ist es wirklich
nur Aufgabe des Gesetzgebers, des Steuergesetzgebers, darauf zu schauen –
die Wichtigkeit ist unbestritten! –, dass die Bezieher der kleinsten
Einkommen eine entsprechende Altersvorsorge haben? – Gar keine Frage, das
ist eine wichtige Aufgabe! Wir sagen aber, es ist genauso Aufgabe des
Gesetzgebers und des Staates, in der Steuerpolitik darauf zu schauen, dass auch
der Mittelstand und die Leistungsträger in einer
Gesellschaft – ich betone: auch die Leistungsträger in einer
Gesellschaft! – Anreize erhalten, in Richtung dritter Säule etwas zu tun.
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 38 |
Lassen Sie mich
eines auch einmal sehr deutlich sagen, meine Damen und Herren: Ich höre immer:
Die Reichen müssen selbst schauen, dass sie zu etwas kommen. – Es gibt
Bevölkerungsgruppen – meine Damen und Herren, das sollten wir nicht
vergessen! –, bei denen der Pensionsversicherungsbeitrag fast ein
Viertel des Bruttoeinkommens ausmacht, und vom Rest zahlen sie noch einmal
50 Prozent Steuern. Wenn man da sagt: Das sind Menschen, die zwar zur
Solidarität unglaublich viel beitragen im Vergleich zu jenen 1,5 Millionen
Steuerpflichtigen, die gar keine Steuern zahlen, aber das ist nicht unser
Thema, wir kümmern uns nur um die Bezieher von ganz kleinen Einkommen!, dann
muss ich sagen: Hier unterscheiden sich unsere Positionen, Herr Kollege
Matznetter!
Wir sind dafür,
auch den Leistungsträgern in unserer Gesellschaft (Beifall bei der ÖVP),
also jenen, die mehr tun, als sie tun müssten, und von denen letztlich
unsere Gesellschaft, unsere Wirtschaft lebt, sehr wohl Anreize zu bieten,
zusätzlich zur staatlichen Pension etwas für ihre Eigenvorsorge zu tun. –
Hier haben wir unterschiedliche Positionen, das ist gar keine Frage. Ich bin
froh, dass Sie, Herr Kollege Matznetter, uns die Möglichkeit geben, diese
unterschiedlichen gesellschaftspolitischen und ordnungspolitischen Positionen
entsprechend zu deponieren.
Ich habe ein
bisschen den Eindruck – und das soll jetzt keine Polemik sein –, dass
Ihre Philosophie nach dem Motto erfolgt: Vorwärts, Genossen, zurück in die
Vergangenheit! – Es ist die Philosophie, der Staat sorgt für alles vor,
der Einzelne braucht sich um nichts zu kümmern, beziehungsweise wir haben
nicht den Mut, zu sagen: Jawohl, auch für jene, die das Fundament und die
Leistungsträger unserer Bürgergesellschaft sind, sollen entsprechende Anreize
geboten werden.
Ich frage immer:
Was heißt Bürgergesellschaft? – Das ist ein spröder Ausdruck. Es ist aber
ganz einfach. Bürgergesellschaft heißt, es gibt Menschen in diesem Land, die
mehr tun, als sie tun müssten, und von denen lebt unsere Gesellschaft, von
denen lebt unsere Wirtschaft, Herr Kollege Matznetter. Diese Menschen zu
bestrafen oder auszunehmen halte ich für nicht gerecht. Da haben wir beide ein
anderes Gerechtigkeitsempfinden. (Beifall bei der ÖVP.)
Meine Damen und
Herren! Ich habe schon im Ausschuss gesagt: Kollege Matznetter ist neu im Budgetausschuss,
er wird neu im Finanzausschuss sein, aber ich kann heute schon sagen, er ist
eine Bereicherung für diese Ausschüsse. Es werden zwar in Zukunft die Sitzungen
viel länger dauern, weil er sich mit Abstand am häufigsten zu Wort meldet,
aber dafür ist es immer sehr lustig. In diesem Sinne: auf eine gute
Zusammenarbeit, Herr Kollege! (Beifall bei der ÖVP.)
10.29
Präsident
Dr. Andreas Khol: Zu Wort gelangt nunmehr Herr
Abgeordneter Mag. Kogler. Auch er möchte 8 Minuten lang
sprechen. – Bitte.
10.29
Abgeordneter
Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Herr
Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte auf zwei
Aspekte eingehen: Der erste Aspekt ist die Frage der Steuerstruktur in
Österreich. Nicht nur im Ausschuss, sondern auch in der Öffentlichkeit wurde
von einzelnen ÖVP-Vertretern ventiliert, es handle sich bei der Erbschafts- und
Schenkungssteuer um eine Bagatellsteuer. Das Zweite ist die Frage der
künftigen Gestaltung unserer Pensionssysteme.
Zum Ersten: Es mag vielleicht hinsichtlich der Einnahmen eine Bagatelle sein, ob diese Frist, die wir jetzt noch ein Jahr verlängern – oder nicht –, zum Tragen kommt. Darüber diskutieren wir jetzt meiner Ansicht nach nicht mehr, darüber gibt es eine größere Übereinstimmung.
Man sollte sich
eher darüber Gedanken machen, wieso – Kollege Matznetter hat es angesprochen –
in Zeiten der Budgetkonsolidierung, in Zeiten einer heftigen Debatte über die
Steuerstruktur an sich, in Zeiten, in denen es immer um internationale
Benchmarkings geht, in Österreich die Erbschafts- und Schenkungssteuer
überhaupt eine Bagatellsteuer sein muss, denn auf dieser Basis kann man bald
einmal sagen: Geben wir sie weg, weil sie ohnehin nichts mehr bringt. Das
ist die Frage!
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 39 |
Schauen wir uns
kurz einmal die OECD-Steuerstatistik an! Siehe da – ich habe die Zahlen
bis 2000; das ist keine parteipolitische Auseinandersetzung, denn wie die alten
Regierungen zusammengesetzt waren, darf als bekannt vorausgesetzt
werden –, der Anteil am Gesamtsteueraufkommen aus dem Titel Erbschafts-
und Schenkungssteuer liegt in Österreich bei 0,14 Prozent, in Deutschland
bei 0,41 Prozent – drei Mal so hoch –, in Frankreich bei
1,20 Prozent – noch viel höher – und in der Schweiz ebenfalls
viel höher, nämlich bei 1,13 Prozent. Von den USA will ich nicht sprechen,
dort liegt dieser Wert noch höher, aber da muss man im Vergleich anerkennen,
dass es dort insgesamt eine andere Steuersystematik gibt.
Aber es gibt
vergleichbare Länder, und dort ist das Aufkommen um ein Vielfaches höher, sodass
die Frage umzudrehen ist, Herr Staatssekretär – von Ihnen stammt unter
anderem auch dieses Zitat –: Warum ist die Erbschafts- und
Schenkungssteuer in Österreich tatsächlich eine Bagatelle?
Wollen wir jetzt
konsolidieren und uns überlegen, wie wir die Steuerstruktur umgestalten, damit
man tatsächlich von einer Steuerreform – und nicht von einer Senkung über
alle Tarife und Bemessungsgrundlagen, die nun einmal da sind – sprechen
kann, dann wird man sich diese Frage stellen müssen. So einfach ist es.
Ich meine, es muss
nicht bei 0,14 Prozent bleiben. Es besteht aber auch kein Anlass, die
Sache über Nacht völlig zu verändern. Nur eines muss klar sein: Wenn wir bei
allen möglichen anderen Steuern über OECD-Vergleiche sprechen, dann muss es
auch hier möglich sein. Ich hielte das für sinnvoll! (Beifall bei den Grünen
und bei Abgeordneten der SPÖ.)
Die
Steuerstruktur, die wir im österreichischen Steueraufkommen haben, wird neben
dieser Frage – die sicher nicht die gravierendste ist; das sieht man
alleine schon, wenn man die jetzigen Quantitäten betrachtet, was die
Vermögenssteuer betrifft, das ist ganz klar – an anderer Stelle noch
einmal unter die Lupe genommen werden müssen.
Wir haben im
OECD-Vergleich viel zu hohe Belastungen – nämlich auch steuerliche und
abgabenmäßige – der so genannten Arbeitskosten. Die ökologische Dimension
ist relativ gering ausgeprägt. Was daraus folgt, ist als bekannt
vorauszusetzen, deshalb gibt es die Vorschläge der Grünen in diesem Bereich.
Wenn wir eine
Steuersenkung vornehmen würden, immer unter dem Diktat – das sage ich ganz
bewusst – eines relativ konsolidierten Budgetpfades, dann müsste auch
eine solidarische Komponente stark ausgeprägt sein, das heißt meinem
Verständnis nach die Senkung der Steuerbelastungen auf die mittleren und
unteren Einkommen überproportional ausfallen.
Wir brauchen eine
F & E-fördernde, also eine forschungs- und entwicklungsfördernde
Steueranreizsystematik. Das ist nicht so leicht zu finden, ich gebe es zu,
aber da wird Konsens herzustellen sein.
Wir brauchen
letztlich auch, was den Standort betrifft, investitionsanreizende Elemente.
Auch da kann, so glaube ich, Konsens erzielt werden. Ich möchte bei diesem
Punkt an den Beitrag des Kollegen Stummvoll anknüpfen, der angedeutet hat, dass
sich auf Grund der diversen Verhandlungs- und Sondierungsvorgänge der letzten
Wochen in gewisser Weise zumindest mehr gegenseitiges Verständnis etabliert
hat, und ich darf das an dieser Stelle zum Ausdruck bringen. (Demonstrativer
Beifall des Abg. Dr. Stummvoll.)
Ich sehe also
etliche gemeinsame Zielsetzungen, was eine tatsächliche Steuerreform betrifft.
Ich sehe aber noch keine gemeinsame Maßnahmenbündelung dazu. Die Debatte der
nächsten Wochen wird hoffentlich an das öffentliche Licht bringen, welche
Fraktion welche Vorstellungen einzubringen hat.
Viel spannender
ist, so glaube ich, die Annäherung beziehungsweise die nicht geglückte Annäherung
zwischen den verschiedenen Fraktionen im Haus, was die zukünftige Systematik
der Pensionen betrifft.
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 40 |
Stellen wir uns
einmal gemeinsam die Frage, warum alles, was die Absicherung der Pensionen
betrifft, in Zukunft so „apokalyptisch“ sein soll. Diese Frage wird ja
politisch und rhetorisch massiv in den Raum gestellt.
Wenn wir in den
nächsten Jahren oder möglicherweise sogar in den nächsten Jahrzehnten ein Realwachstum
von jährlich mindestens 1 Prozent, eher an die 2 Prozent, haben
werden und gleichzeitig die Bevölkerung relativ konstant bleibt, dann sehe ich
für apokalyptische Visionen wenig Anlass. Die Frage, die tatsächlich daraus
resultiert, ist doch in Wahrheit eine Umverteilungsfrage, und zwar zunächst
eine zwischen den Generationen, aber wie immer auch – das sage ich
vereinfacht – zwischen Arm und Reich.
Das sind die relevanten Fragen, die
gestellt werden müssen, wenn man Antworten darauf geben will, welche
Systemkomponenten die zukünftigen Pensionssysteme haben sollen. (Beifall bei
den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)
Daraus abgeleitet
stellen sich weitere Fragen: Was soll der Staat tun? Soll er sich völlig zurückziehen?
Soll er ein bestimmtes Element besonders fördern, oder soll er
ein anderes fördern oder stützen?
Dass der Staat
derzeit bestimmte Systeme unterstützt und Zuschüsse aus der Steuerleistung in
die erste Säule gewährt, ist bekannt. Ich darf an dieser Stelle festhalten,
dass es für die Grünen jedenfalls nicht so ist, dass das ohne Plafond so
weitergehen kann. Ganz im Gegenteil: Es ist uns bewusst, dass der
Budgetzuschuss zur Pensionsabsicherung seine Grenze finden muss – unserer
Meinung nach hat er diese Grenze schon erreicht. Deshalb haben wir uns in
mehreren Gesprächen darauf verständigt, dass auch bei den kurzfristigen
Maßnahmen die Ausgabensteigerung eingebremst werden muss.
Das resultiert aus
dieser Erkenntnis. Die tatsächliche Frage ist aber, wie die Pensionssysteme in
30 Jahren ausschauen sollen, und die Entscheidungen dazu fallen heute.
Noch einmal: Die Frage ist: Was soll der Staat begünstigen, und was soll er
nicht begünstigen?
In der hier
vorgesehenen Novelle wird in einem kleinen Teil eine Korrektur angebracht, im
Übrigen eine Maßnahme, die dazu führt, dass dieses System überhaupt einmal
funktionieren kann, denn die erste diesbezügliche Vorlage war dermaßen
verpfuscht, dass das gar nicht greifen konnte. Das ist zwar eine kleine
Korrektur, aber die Grundintention dieser Gesetzesmaterie geht doch in die
Richtung, dass die so genannte private Säule begünstigt werden soll.
Darüber kann man
verschiedener Auffassung sein, Herr Kollege Stummvoll. Ich kenne Ihr Argument,
und ich kann es mittlerweile nachvollziehen. Es geht Ihnen darum, dass im Alter
niemand unter jenen Lebensstandard fällt, den er sich vorher erworben hat. Das
kann ich nachvollziehen, das hat etwas für sich, weil möglicherweise der
gesellschaftliche Zusammenhalt gefährdet ist, wenn größere Teile der
Bevölkerung, vornehmlich jene der mittleren Einkommensstufen, im Alter ihren
erworbenen Lebensstandard durch die erste Säule nicht mehr in der Form
gesichert sehen.
Aber ich frage
Sie: Ist es wirklich die Aufgabe des Staates, private Säulen zu stützen? Oder
ist es die Aufgabe des Staates, zunächst dafür zu sorgen, dass es zunächst
einmal eine Mindestsicherung für alle gibt, eine Grundsockelung, von der auch
jene profitieren (Beifall bei den Grünen), die sich in den mittleren
Einkommensschichten befinden? (Abg. Dr. Stummvoll: Das ist keine Frage „entweder-oder“, sondern „sowohl als
auch“! Sowohl als auch!)
Im Ergebnis ist
der einzige Unterschied der – das muss man einfach auf den Tisch
legen –, dass es über die Umverteilungskomponenten zu anderen Ergebnissen
führt. Ich will das gar nicht verschweigen, das folgt aus der plumpen
Arithmetik. Das ist der Unterschied der Zugänge, und ich habe gesagt, wofür die
Grünen eintreten. Sie haben etwas anderes vor Augen. Aber dann müssen Sie und
wir das so auf den Tisch legen und schauen, ob es irgendwo einen Kompromiss
geben kann.
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 41 |
Ich glaube, ein
Kompromiss wird sehr schwer zu finden sein. In den kurzfristigen Maßnahmen ist
er noch eher möglich, aber die langfristige Systematik muss unserer Meinung
nach darauf abzielen, dass das Umlageverfahren erhalten bleibt, so dass alle
davon leben können und nicht schon a priori in die private Säule abgedrängt
oder darauf verwiesen werden, weil die erste Säule demoliert werden soll. Das
ist der fundamentale Unterschied! Damit sollten wir uns noch länger auseinander
setzen. – Die Zeit reicht jetzt nicht, ich habe schon überzogen.
Ich möchte
abschließend noch die Meinung zum Ausdruck bringen, dass angesichts der Vorstellung,
dass die Frauenpensionen in 20, 30 Jahren nach Ihren Modellen um bis zu
20, 30 Prozent gekürzt werden sollen, außer einem wahrscheinlich niemand
mehr nachvollziehen kann, warum zur gleichen Zeit die allerteuersten
Abfangjäger, die überhaupt gekauft werden können, finanziert werden
sollen. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen.)
10.40
Präsident Dr. Andreas Khol:
Zu Wort gelangt
nunmehr Herr Abgeordneter Wittauer. Wunschgemäß stelle ich die Uhr auf
5 Minuten ein. – Bitte.
10.40
Abgeordneter
Klaus Wittauer (Freiheitliche): Herr Präsident!
Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Die Aufgabe der Anonymität, die über eine
europäische Regelung eingeführt worden ist, trifft die Sparbuchbesitzer hart.
Wir haben lange dagegen gekämpft. Natürlich ist es so, dass die Übergangsregelungen,
die geschaffen wurden, Sinn machen.
Wenn ich von Herrn
Abgeordneten Matznetter höre, dass das reiche und vermögende Leute wären, dann
muss ich sagen, dass die Leute, die 20, 30 oder 40 Jahre lang gespart
haben, kleine Sparer sind. Die meisten Sparer – wir haben eine hohe
Sparkultur bei uns im Lande – werden sich bei Ihnen „bedanken“, wenn Sie
das so salopp sagen.
Ich bin für die
Sparer, und ich glaube, dass man sie unterstützen sollte. Mit gewissen Regelungen,
die in diesem Gesetz enthalten sind, ist, so glaube ich, dafür gesorgt, dass es
diejenigen, die vermögend sind, nicht trifft.
Meine Damen und
Herren! Diese Entscheidung für die Sparer ist keine einfache. Ist es für sich
selbst, für die anderen, ist es für die nächste Generation, ist es für den
Ehepartner? – Dafür braucht es Übergangsregelungen, damit jeder Zeit hat,
sich darüber Gedanken zu machen. Wir sind in einem Umbruch – auch bei den
Pensionen. Ich glaube, es ist wichtig, dass diese Zeit gegeben wird.
Die Übergangsregelungen,
die es davor gegeben hat, waren zeitlich zu kurz. Mit der Deckelung von
100 000 € bei der Steuerklasse V wird sichergestellt, dass Personen,
die in diese Steuerklasse fallen, nicht betroffen sind. Es wäre unfair,
Menschen, die sich vieles vom Mund absparen, zu bestrafen und ihnen nicht die
Möglichkeit zu geben, eine Schenkung vorzubereiten oder in eine Vorsorge zu
investieren.
Meine Damen und
Herren! Deshalb ist dieser Antrag sehr begrüßenswert. Ein Jahr Verlängerung
bedeutet 1,3 Promille Anteil am Gesamtaufkommen. Auf diese Bagatellsteuer
kann man leicht verzichten. Der kürzlich von Ihnen angesprochene Steuerausfall,
Herr Kollege Kogler, ist wirklich zu relativieren. (Beifall bei Abgeordneten
der Freiheitlichen.)
Ich kann mir nicht
vorstellen, dass die Grünen gewillt sind, den kleinen Sparer oder gerade die
älteren Leute zu strafen, bei denen das Sparbuch eine Bedeutung hat und nicht
nur eine Altersvorsorge ist, sondern auch im Laufe ihres Lebens für Stabilität
und Sicherheit gesorgt hat. Meine Damen und Herren! Österreich ist ein Land,
in dem das Sparbuch einen außerordentlich hohen Stellenwert besitzt. Durch die
Anpassung an europäisches Recht wurde, wie Sie wissen, den Menschen die
Möglichkeit zur Anonymität genommen. Lassen wir nicht zu, dass derjenige, der
spart, auch noch dafür bezahlen muss!
Diese Menschen werden es nicht verstehen, wenn die Grünen und die Sozialdemokraten dieser Gesetzesvorlage nicht zustimmen. Ich als Abgeordneter der Freiheitlichen und alle meine Kolle-
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 42 |
gen werden mit Freude dieser Vorlage zustimmen. Ich fordere
Sie auf, das Gleiche zu tun! (Beifall bei den Freiheitlichen.)
10.44
Präsident
Dr. Andreas Khol: Zu Wort gelangt nunmehr Frau
Abgeordnete Mag. Trunk. Wunschgemäß 6 Minuten. – Bitte.
10.44
Abgeordnete
Mag. Melitta Trunk (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte
Kolleginnen und Kollegen! Besonders begrüßen möchte ich den spärlich
vorhandenen Anteil der derzeitigen Bundesregierung und den wie sehr oft
abwesenden oder schweigenden Bundeskanzler. (Widerspruch bei der ÖVP.)
Geschätzte
Kolleginnen und Kollegen! Begrüßen möchte ich eine Bundesregierung, die bekanntlich
am 8. September des Vorjahres nach den Turbulenzen innerhalb der FPÖ
zurückgetreten ist, und zwar lautstark. Begrüßen möchte ich Teile einer
Bundesregierung mit einem Bundeskanzler Wolfgang Schüssel, der in der Folge
Neuwahlen mit einem immensen Aufwand an Steuermitteln zu verantworten hat und
auch zu verantworten haben wird. (Beifall bei der SPÖ.)
Begrüßen möchte
ich eine Bundesregierung, die sich – dafür muss man keine Auguren befragen –
wahrscheinlich nächste Woche vollzählig in gleicher personeller Zusammensetzung
angeloben lassen wird. (Abg. Amon: Das glaube ich nicht! Ich
glaube nicht, dass nach der Wahl die Zusammensetzung die gleiche sein wird!) –
Ihr Glaube bleibt und steht Ihnen frei. Wenn Sie uns mit einer anderen
Bundesregierung überraschen wollen, die sozialdemokratisch und international
ist, dann soll sie uns herzlich willkommen sein. (Beifall bei der
SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)
Geschätzte
Kollegen und Kolleginnen! Diese persönliche politische Begrüßung dieser alten
derzeitigen und kommenden Bundesregierung hat zutiefst mit der jetzt
vorliegenden Gesetzesmaterie zu tun. Es geht um die Pensionsvorsorge. Dieser
Bundesregierung ist es gelungen, in den letzten knapp sechs Monaten tatsächlich
etwas zu leisten, für sich zu leisten: erstens Anwartschaften zu sichern, für
sich, Monatsbezüge zu verlängern, für sich, und Machtpolitik zu betreiben,
anstatt Gelegenheiten, wie auch bei diesem Gesetz, zum Anlass zu nehmen, um
echte und wichtige Reformen in Angriff zu nehmen und Reformen in
Gesetzesmaterie zu gießen. (Beifall bei der SPÖ.)
Auf den ersten
Blick klingt es ganz sympathisch, wenn Sie vorlegen, dass es im Bereich der privaten
Pensionsvorsorge zu einer Gleichstellung von eheähnlichen Lebensgemeinschaften
mit Ehepartnern kommt. Auf den ersten Blick klingt das gut. Beim ersten
Hinhören klingt es auch ganz gut, wenn es um die Senkung der Aktienquote von 60
auf 40 Prozent geht. Tatsächlich aber – das wissen Sie – geht es
um reine Makulatur. Jeder österreichische Schüler lernt heute im
praxisorientierten Unterricht, dass im Jahr 2002 der amerikanische
Pensionsfonds um 30 Prozent weniger ausgezahlt hat. Das weiß jeder
Schüler der Republik Österreich. Die Mitglieder dieser Bundesregierung wissen
es offensichtlich nicht. (Beifall bei der SPÖ.)
Herr Kollege
Stummvoll hat heute, indem er Kollegen Dr. Matznetter lobte, eine Harmoniebedürftigkeit
dokumentiert, die ich nicht teilen kann. In der Presseaussendung nach dem
Budgetausschuss der letzten Woche hat er von einem attraktiven Modell der
Zukunftsvorsorge gesprochen. – Davon hat Kollege Stummvoll bei dieser
Makulatur gesprochen! Da betreibt er wissentlich oder unwissentlich Realitätsverweigerung,
denn gerade Kollege Stummvoll als niederösterreichischer Abgeordneter muss
wissen, dass im letzten Jahr das Land Niederösterreich
210 Millionen € auf dem Aktienmarkt verloren, um nicht zu sagen,
verspekuliert hat.
Ich habe zuviel
Respekt vor Herrn Kollegen Stummvoll, um ihm einfach zu unterstellen, dass ihn
die Materie nicht interessiert, weil er ad personam ohnehin einen Anspruch von
zwei oder drei öffentlichen Pensionen hat: als Staatssekretär, Abgeordneter und
Generalsekretär der Bundeswirtschaftskammer. (Abg. Dr. Trinkl:
Das ist unterstes Niveau!)
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 43 |
Das unterstelle
ich ihm nicht, aber ich verlange auch von der ÖVP, dass sie zur Kenntnis nimmt,
dass heute schon 500 Beschäftigte des ORF sowie Beschäftigte des
Sparkassensektors ihre ehemaligen Arbeitgeber klagen, weil sie heute schon
eine Kürzung ihrer Pension um 20 Prozent in Kauf nehmen müssen. Das ist
auch in den Klagschriften nachzulesen. Geschätzte Kolleginnen und Kollegen,
besonders von der ÖVP! Der Ihnen nicht unbekannte Horst Friedrich Mayer ist ein
veritabler Kron- und Zeitzeuge, der Sie über diese Sache informieren wird.
Es geht heute
darum, dass sich bereits 350 000 Menschen in Österreich auf diese
Vorsorge eingelassen haben und heute mit Pensionskürzungen konfrontiert
werden. Daher frage ich Sie, ob es nicht gescheit und intelligent wäre, wie es
Kollege Matznetter und auch Kollege Kogler vorhin ausgeführt haben, darüber
nachzudenken, die staatlichen Pensionen tatsächlich für die Zukunft zu
sichern. Die SPÖ hat nicht nur bei den Sondierungsgesprächen ein Reformkonzept
zur Verfügung gestellt, sondern es steht Ihnen – auch wenn wir
Oppositionspartei sind – auch weiterhin zur Verfügung.
Die ÖVP ignoriert
es nicht einmal, ebenso wie der Herr Bundeskanzler. Dafür will er die Frühpensionen
ersatzlos streichen. Ich finde das ziemlich phantasielos.
Man sollte
annehmen können, dass wir aus der Erfahrung gelernt haben, dass es nicht sozial
und gerecht ist, dass wir mit Steuermitteln zusätzlich
Risikospiel-Pensionsvorsorgen unterstützen, sondern dass wir besser die
staatliche Pensionsvorsorge auch für die Jugend sichern sollten. Das ist aber
ganz offensichtlich nach den Ausführungen des Kollegen Stummvoll jedenfalls in
der ÖVP nicht der Fall.
Wir
Sozialdemokraten und Sozialdemokratinnen haben aus diesen Erfahrungen gelernt.
Wir stehen nicht ein für
Konzepte, die die Ungerechtigkeit vermehren, weil im Gegensatz zu manchen in
der ÖVP – nicht zu allen, ausgenommen sind etwa der Katholische
Familienverband, die Caritas und dergleichen – bei uns jeder Mensch zählt und nicht nur
der, der es sich leisten kann, auf dem Kapitalmarkt spekulieren zu
lassen. – Danke für die geteilte Aufmerksamkeit. (Beifall bei der
SPÖ.)
10.51
Präsident Dr. Andreas Khol:
Zu Wort gemeldet
ist nunmehr Frau Abgeordnete Lentsch. Wunschgemäß stelle ich ihr die Uhr auf
5 Minuten ein. – Bitte.
10.51
Abgeordnete
Edeltraud Lentsch (ÖVP): Sehr geehrter Herr
Präsident! Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren! Liebe Kollegin
Strunk! Sie haben sich mordsmäßig aufgeregt, weil unser Bundeskanzler nicht auf
der ... (Rufe bei der SPÖ: Trunk! Trunk!) – Gut, Strunk! (Rufe
bei der SPÖ: Trunk!)
Sie ist neu, daher
kennt sie auch die Gegebenheiten nicht, und wir noch nicht ihren Namen. (Abg.
Binder: Aber lesen werden Sie ja können, oder? Aber lesen werden Sie ja
können, oder?)
Sie hat sich
mordsmäßig aufgeregt, weil unser Bundeskanzler nicht auf der Regierungsbank
sitzt. Das Thema gehört zum Ressort des Finanzministeriums, daher sitzt der
Staatssekretär auf der Regierungsbank. (Abg. Jakob Auer: Das weiß sie
noch nicht!) – Das weiß sie noch nicht, und in der Zwischenzeit ist
auch unser Bundeskanzler eingelangt. Ich frage mich nur, wo Gusenbauer ist. Die
SPÖ ist wieder einmal führungslos, und er hätte bei ihrer Rede anwesend sein
müssen. (Beifall bei der ÖVP.)
Geschätzte Damen
und Herren! Die Österreichische Volkspartei und die Freiheitliche Partei
Österreichs haben gemeinsam einen Antrag zur Änderung gewisser Steuergesetze
eingebracht und damit zweierlei bewiesen: zum einen, dass man mit der
Freiheitlichen Partei nach wie vor gut zusammenarbeiten kann, und zum anderen,
dass wir noch sehr viel tun müssen, um unser Steuersystem zu modernisieren. (Abg.
Gradwohl: Frau Kollegin! Und warum haben wir dann gewählt?)
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 44 |
Mit dem vorliegenden
Antrag bauen wir jedenfalls ... (Abg. Gradwohl: Warum war dann die
Wahl notwendig?) – Jetzt spreche ich, ich bin am Wort, und Sie können
sich dann melden. (Abg. Gradwohl: Wozu haben wir gewählt? Beantworten
Sie mir doch diese Frage!) – Schauen Sie in den Saal, dann wissen Sie,
warum wir gewählt haben. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Gradwohl:
Warum habt ihr nicht weiter gearbeitet?)
Im vorliegenden
Antrag bauen wir jedenfalls die private Pensionsvorsorge als dritte Stufe
weiter aus, denn einerseits werden die Vorsorgeprodukte durch die Senkung der
Aktienquote von 60 auf 40 Prozent noch attraktiver gemacht, und zum
anderen sollen künftig nicht nur Ehepartner und Kinder von der privaten
Pensionsvorsorge profitieren. Es werden vielmehr auch alle, die ohne Trauschein
zusammenleben oder zusammengelebt haben, dieselben Ansprüche haben wie
Verheiratete.
Diese Maßnahmen
sind sehr gerecht und auch sehr sinnvoll, wie ich meine, und bieten sicher
einen noch größeren Anreiz für alle unsere Bürgerinnen und Bürger. Jedoch
sollte auch die zweite Säule, also die betriebliche Vorsorge, nicht
vernachlässigt werden beziehungsweise unbedingt erhalten bleiben. Ich bin
allerdings sicher, dass die Oppositionsparteien – sowohl die Grünen als
auch die SPÖ – diese Gleichstellung von Ehe und Lebensgemeinschaften
wieder nicht honorieren werden. Man wird uns weiterhin vorwerfen, dass wir die
Nichtverheirateten diskriminieren wollen. Die Realität ist eine andere, wie man
hier und heute unschwer erkennen kann.
Geschätzte Damen
und Herren! Wir werden in dieser Frage noch an einzelnen Schrauben und
Einstellungen drehen müssen, aber ich bin sicher, wir werden auch die private
Vorsorge Schritt für Schritt perfekter machen, denn eines ist klar, ohne
private Säule wird es schon sehr bald für viele Pensionistinnen und
Pensionisten schwieriger werden, ihren gewohnten Lebensstandard zu halten. Dass
es uns die schwankenden Aktienkurse momentan nicht besonders leicht machen,
darf uns auch nicht irritieren, denn der Weg ist klar, nämlich privat für die
Pension vorzusorgen, und auch das Ziel ist klar, nämlich im Alter weniger
von der Politik beziehungsweise vom Staat abhängig zu sein. Das wird allen
Bürgerinnen und Bürgern deutlich mehr Sicherheit geben.
Geschätzte Damen
und Herren! Abschließend noch ein Wort zur Änderung der Schenkungssteuer. Ich
freue mich natürlich für alle Sparbuchbesitzer, dass sie ihre Sparbücher
nunmehr bis Ende 2003 steuerfrei weiterschenken können. Viele Kinder
beziehungsweise viele Enkelkinder werden sich darüber freuen. Ich würde mir
aber auch in diesem Bereich längerfristige Sicherheiten wünschen, denn oft
geht es wirklich um die Ersparnisse eines ganzen Menschenlebens. Geschätzte
Damen und Herren! Da sollten die Menschen nicht von Jahr zu Jahr Änderungen
befürchten müssen. Längerfristige Regelungen wären hier durchaus angebracht und
sinnvoll. (Beifall bei der ÖVP.)
10.56
Präsident
Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Abgeordneter
Öllinger. Ich stelle ihm die Uhr wunschgemäß auf 8 Minuten ein. –
Bitte.
10.56
Abgeordneter
Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Guten Tag,
Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir diskutieren
heute über die Reparatur eines Gesetzes, das sich damals sehr euphemistisch
„Zukunftsvorsorge“ genannt hat, in der letzten Sitzung des alten Nationalrates
eingebracht wurde und bei dem wir damals schon gesagt haben: Sie werden noch
Ihre Schwierigkeiten mit den Vorgaben haben, die Sie im Rahmen dieser Zukunftsvorsorge
als Gesetzgeber getätigt haben.
Aber es geht nicht um die Herabsetzung der Mindestdeckung von 60 auf 40 Prozent durch Aktien. Das ist der eine Punkt, und wir haben damals schon Kritik daran geäußert. Der andere und wesentliche Punkt ist, wohin Sie unsere Altersvorsorge führen wollen, meine sehr geehrten Damen und Herren, vor allem von der Österreichischen Volkspartei. Wohin soll die Reise gehen? – Ich nehme nur zum Beispiel das „profil“ vom Dezember 2002 her, in dem eine Schlagzeile laute-
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 45 |
te:
„Pension mit Risiko – Zukunftsvorsorge, Kursstürze, leere Kassen und eine
andauernde Börsenbaisse – Vorsorgemodelle mit Aktienanteilen sind
riskanter denn je.“
Ich kann Ihnen
auch Zitate quer durch die Welt bringen. In der „Neuen Zürcher Zeitung“
beispielsweise vom 16. Jänner 2003 hieß es: „Bei US-Pensionskassen tickt
eine Zeitbombe. Unrealistische Bewertung des Deckungsgrades.“ – Welche
Auswirkungen das für die Firmen derzeit hat, können Sie in einem entsprechenden
Artikel lesen.
Die „Presse“ vom
16. November 2002 schreibt über die Niederlande, die ihre Altersvorsorge weitgehend
auf das Kapitaldeckungsverfahren umgestellt haben: „Arbeitgeber und Arbeitnehmer
müssen bluten. Eine drastische Erhöhung ihrer Pensionszahlungen droht den
Niederländern.“
Die „Neue Zürcher
Zeitung“ vom 28. 1. 2003 schreibt über Großbritannien: „Krise der
Betriebsrenten in Großbritannien, Defizite durch Börsenbaisse.“
In der „Presse“
vom 10. Feber 2003 hieß es: „Altersvorsorge frisst immer stärker die
Gewinne globaler Spitzenwerte. Die Defizite in den Rentenfonds europäischer
Unternehmen haben sich innerhalb eines Jahres verdreifacht.“
Weiters steht in
der „Presse“ vom 20. 2. dieses Jahres: „Pensionskassen“ – und jetzt
sind die österreichischen gemeint – „spätestens 2004 in der Bredouille“.
Meine Damen und
Herren! Was heißt das? Und Sie preisen uns diese so genannte Zukunftsvorsorge
als die Zukunft der Altersversorgung an?! (Beifall bei den Grünen und der
SPÖ.)
Was heißt das,
meine sehr geehrten Damen und Herren? Ist es wirklich sinnvoll, wenn wir das,
was wir als das private Risiko jedes Einzelnen betrachten und auch durchaus für
sinnvoll halten, über eine Existenzsicherung hinaus, wenn wir das, was der
private Wunsch möglicherweise eines jeden sein kann, der das Geld dafür hat,
aus staatlichen Mitteln fördern? Oder sollten wir nicht lieber unsere
staatliche Altersversorgung überprüfen und danach ausrichten, dass sie
tatsächlich eine Existenzsicherung gewährleistet? (Abg. Dr. Spindelegger:
Sowohl als auch!) – Nicht sowohl als auch, Herr Kollege Spindelegger!
Sie wissen genau so gut wie ich, dass die staatliche Altersversorgung für
viele Menschen in diesem Land eine nicht ausreichende Existenzsicherung
bedeutet.
Meine sehr
geehrten Damen und Herren! Mir hilft es nicht, wenn Kollege Stummvoll das
Prinzip der Sicherung des Lebensstandards am Beispiel seiner eigenen Person
einfordert. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)
Wenn es um die
Gehälter und die Einkommen von Politikern geht – das haben wir in den Verhandlungen
mit der ÖVP auch erlebt –, dann wird die ÖVP sehr empfindlich, dann wird
es schwierig, mit Ihnen darüber zu reden, dass nicht mehr all das, was in der
Vergangenheit üblich war (Abg. Dr. Spindelegger: Haben Sie eine alte
Pension oder sind Sie ins neue System gegangen?), für die Zukunft
fortgeschrieben werden soll. (Präsident
Dr. Fischer übernimmt den
Vorsitz.)
Meine sehr
geehrten Damen und Herren! Wenn ich eine Alterspension in der Höhe von
200 000 S oder 250 000 S hätte, würde ich mit dem Begriff
„Leistungsträger“ sehr vorsichtig umgehen. Ich denke nicht, dass es Aufgabe
eines öffentlichen Pensionssystems ist, derartige Pensionen abzusichern. Einen
derart hohen Lebensstandard müssen öffentliche Pensionssysteme nicht
absichern, aber existenzsichernd müssen sie sein. – Eben in diese Richtung
muss die Debatte gehen: Wir können nicht den Lebensstandard von Politikern oder
Bankdirektoren – um ein anderes Beispiel herzunehmen, das auch geläufig
ist – für die Zukunft absichern wollen. Das wird nicht möglich sein, vor
allem nicht aus öffentlichen oder halböffentlichen Mitteln. Aber wenn Sie mit
uns darin übereinstimmen, dass es um die Existenzsicherung geht, dann müssen
Sie alles dazu tun, dass diese Möglichkeit tatsächlich hergestellt wird.
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 46 |
70 Prozent
der in einem sozialen Pensionssystem Versicherten haben eine Alterspension von
weniger als 1 000 €. – Ist das viel? 1 000 € für die
Alterssicherung? Dennoch, meine Damen und Herren, haben Sie uns Vorschläge
unterbreitet, bis zum Jahr 2020 noch um 20 bis 30 Prozent
herunterzufahren! Pech für die Menschen, vor allem für die Frauen, wenn sie
dann unter den Ausgleichszulagenrichtsatz fallen, schließlich bekommen sie dann
ja ohnedies die Ausgleichszulage. – Diesen Zynismus muss man auf der
Zunge zergehen lassen! Das ist nicht unsere Antwort und kann nicht
unsere Antwort auf die Probleme der Alterssicherung sein. (Beifall bei den
Grünen und der SPÖ.)
Meine Damen und
Herren von der ÖVP! Wir geben Ihnen schon Recht, wir haben für die Zukunft ein
Problem. Es werden mehr Pensionisten werden. Ganz egal, wann sie in Pension gehen,
ob mit 60 oder 65 oder 67 Jahren: Es werden mehr werden. – Gott sei
Dank ist es so, dass die Menschen älter werden. Aber es kann nicht so sein,
dass die private Zusatzvorsorge auf der Risikobasis durch den Staat
gefördert wird und das öffentliche Altersversorgungssystem heruntergefahren
wird. Das ist die falsche Antwort! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)
11.03
Präsident
Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr
Abgeordneter Dr. Maier. Freiwillige Redezeitbeschränkung:
5 Minuten. – Bitte.
11.04
Abgeordneter
Dr. Ferdinand Maier (ÖVP): Herr Präsident! Herr
Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Da das jetzt meine erste
Rede hier im Nationalrat ist, möchte ich mich kurz vorstellen:
Ferry Maier, ich
komme aus dem Wahlkreis Wien-Nord, einem Wahlkreis mit 280 000 Einwohnern,
zwei Bezirken – Floridsdorf und Donaustadt – und Stadtteilen wie
Kaisermühlen und die Großfeldsiedlung; manche kennen diese wahrscheinlich
durch Fernsehberichte, aber darauf möchte ich nicht eingehen. Er ist einer der
größten Wahlkreise Österreichs und, wie ich meine, sicherlich der modernste
Wahlkreis. Er ist vertreten durch sieben Abgeordnete, nämlich durch sechs
Kollegen von den Sozialdemokraten und durch mich.
Ich möchte sagen,
insbesondere auf Grund des Verhaltens des Herrn Bürgermeisters, der gelegentlich
auch über Gepäckstücke, die man zum Reisen braucht, spricht, ist die Gefahr,
dass sich Wien in die Isolation begibt, insbesondere in Anliegen meines
Wahlkreises, sehr groß. Ich verstehe mich daher als Mittelsmann zwischen dem
Wahlkreis Wien-Nord und der Bundesregierung. Ich habe auch schon mit den
beiden Bezirksvorstehern über all jene Anliegen, die in Richtung
Bundesregierung gehen, gesprochen.
Kollege Matznetter
hat mit Recht gesagt, man kann, wenn man die erste Rede hält, ein wenig grundsätzlich
werden, und das will ich auch tun. Mir gefällt die Debatte vor allem im Zusammenhang
mit dieser Zukunftsvorsorge deshalb so gut, weil sie so klassisch die
unterschiedliche ideologische Positionierung darstellt: auf der einen Seite,
Herr Kollege Verzetnitsch, diese Zwangsbeglückung, das Glück vom Staat einfach
verordnet (Abg. Verzetnitsch: Wer
ist denn der Staat?), und auf der anderen Seite die Frage der Förderung der
Eigeninitiative. Da scheiden sich unsere Geister. Mir ist schon klar, weshalb
man in den diversen Verhandlungen der letzten Zeit keinen gemeinsamen Nenner
finden konnte.
Unabhängig von
diesen ideologischen Diskrepanzen sollte man aber doch auch den einen oder
anderen Bericht heranziehen; so etwa den letzten, vor wenigen Wochen
publizierten OECD-Bericht, der darauf hinweist, dass es in Europa, was die
Frage der Altersversorgung anlangt, eine fehlende Symmetrie gibt – nicht
nur in Österreich, sondern in anderen Ländern auch –, und darlegt, welch
explosionsartige Kosten drohen. Ich meine, das sollte man sich ein wenig zu
Herzen nehmen.
Man hat sehr lange versucht, versicherungsmathematische Ansätze wegzuschieben, als ob es sie nicht gäbe. Das holt einen irgendwann einmal ein. Die Versicherungsmathematik kann man nicht beiseite lassen, das sollten wir uns vor Augen führen. Schweden zum Beispiel – Schweden war ja sozialdemokratisch geprägt – hat davon gelernt und ist auch rechtzeitig auf eine an-
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 47 |
dere Art der Altersversorgung
umgestiegen. Schweden hat mit 2003, wenn Sie so wollen, eine neue Art der
Rentenvorsorge gewählt, die durchaus vergleichbar ist mit jenem Säulensystem,
das wir heute diskutieren.
Das ist ja
international gesehen auch nichts Neues mehr, daher verstehe ich die Sorgen der
Kollegen von der grünen Fraktion nicht. In welchen Ländern Europas gibt es
denn schon ein Drei-Säulen-System? – In der Schweiz, den Niederlanden, in
Schweden, Dänemark, Finnland (Abg. Öllinger:
Die haben alle Probleme!), in Schweden in abgewandelter Form.
Dankenswerterweise
gibt es auch einen Hans Sallmutter – wenn es ihn nicht gäbe, man müsste
ihn erfinden –, der gestern eine Erklärung abgegeben und gemeint hat, die
Regierung betreibe damit die schleichende Privatisierung der öffentlichen
Pensionsvorsorge. Ich zitiere dazu aus einem Grünbuch der EU aus dem
Jahre 1997 – über die Mehrheitsverhältnisse in Europa in dieser Zeit
möchte ich gar nicht reden –, in dem darauf hingewiesen wird, dass man
einen noch viel stärkeren Einsatz der kapitalgedeckten Verfahren mit dem Ziel,
die explodierenden Staatszuschüsse einzudämmen, inflationären Tendenzen
entgegenzuwirken, die Stabilität des Euros zu sichern und den europäischen
Kapitalmarkt zu beleben, forcieren muss. (Abg.
Jakob Auer: Wer hat das geschrieben?) Das alles steht im Grünbuch
der EU aus dem Jahre 1997; über die damaligen Mehrheitsverhältnisse in
Europa möchte ich, wie gesagt, gar nicht reden.
An dieser Stelle
sollte man auch ganz kurz die Analysten zu Wort kommen lassen. Wenn man sich
die Weltmärkte, die Aktienmärkte, die Entwicklung des ATX aus den
Jahren 2001, 2002 und die Prognosen anschaut, dann wird man sehen, dass
wir verglichen mit den anderen Märkten eine durchaus positive Entwicklung
durchgemacht haben. Die Analysten – und ich weise darauf hin, dass es
mehrere hier in diesem Land gibt, die das meinen – sagen, dass
erstens – das ist auch witzig, das muss man einmal betonen – die
soliden Bilanzierungspraktiken in Österreich ein Grund dafür sind. Es ist
traurig, dass man das sagen muss – ich blicke da in andere Länder.
Weiters geben eine attraktive Marktbewertung und die günstige Bewertung der Zukunftsvorsorge
Anlass zu Optimismus für diese Entwicklung.
Das ist der
ideologische Unterschied zwischen Ihrem Ansatz und jenem Ansatz, der dieser Zukunftsvorsorge
zugrunde liegt. Eigentlich stand dies ja am 24. November 2002 auch auf dem
Prüfstand – die Antwort hat ohnehin der Wähler gegeben. (Beifall bei
der ÖVP und den Freiheitlichen.)
11.09
Präsident
Dr. Heinz Fischer: Ich darf Herrn Staatssekretär
Dr. Finz das Wort erteilen. – Bitte, Herr Staatssekretär.
11.09
Staatssekretär
im Bundesministerium für Finanzen Dr. Alfred Finz: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Wir verbessern heute das
System der Zukunftsvorsorge, das von der Bevölkerung bereits angenommen wird.
In der kurzen Zeit, seit es diese Zukunftsvorsorge gibt, gibt es bereits rund
15 000 Verträge. Im Endausbau rechnen wir mit zirka
500 000 Verträgen.
Wenn man jetzt den
Wert dieser Ergänzung zum bestehenden Pensionssystem misst, das heißt: Was
kostet diese Zusatzpension für jene Leute, die durch private Vorsorgemaßnahmen
ihren Lebensstandard auch in der Pension halten wollen, was kostet das im
Vergleich zur ersten Säule?, dann spricht der Vergleich für sich. Diese Prämien
kosten den Staat im Endausbau mit 500 000 Verträgen rund
100 Millionen € im Jahr; dazu kommt ein KESt-Ausfall in der Höhe
von ungefähr 110 Millionen €. Das heißt, das kostet den Staat
210 Millionen €.
Der Bundeszuschuss
zur ASVG-Pension beträgt pro Jahr – derzeit mit stark steigender Tendenz,
deshalb brauchen wir Maßnahmen – 5,8 Milliarden €. Rechnet man
die Beamten dazu, bedeutet das nochmals einen jährlichen Zuschuss von
5,8 Milliarden €.
Allein anhand dieser Zahlen sehen wir, dass die erste Säule natürlich weiterhin eine tragende Funktion hat, dass es aber auf Grund der Kostenentwicklung bei der ersten Säule dringendst notwendig ist – dass es schon längst notwendig war! –, die zweite und dritte Säule auszubauen.
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 48 |
Mein Vorredner hat soeben darauf hingewiesen,
dass das eine ständige EU-Empfehlung ist und dass wir im Vergleich zum EU-Raum
diesbezüglich Nachholbedarf haben.
Verwiesen wurde
jetzt auf die fallenden Aktienkurse und darauf, dass die kapitalgedeckten Pensionsverfahren
einen wesentlichen Nachteil hätten, weil das Kapital quasi in den Händen zerrinne.
Nicht erwähnt wurde, dass wir bei diesem Produkt Vorsorge getroffen haben. Es
wurde leider vergessen, zu erwähnen, dass es bei diesem System eine
Kapitalgarantie, und zwar auch einschließlich der Prämien, gibt, was eine
wesentliche Besserung gegenüber allen anderen Systemen darstellt.
Diese
Zukunftsvorsorge ist gerade für den „kleinen Mann“ gedacht. Sie ist dem System
der Bausparkasse nachgebildet; die Bausparkasse war als Sparsystem gedacht
und wurde vom „kleinen Mann“ auch angenommen. Man kann in diesem System die
Beträge individuell bestimmen, und es ist nach oben gedeckelt. Es ist somit
keine Sparform für die Reichen, sondern mit dem Betrag von 1 851 €
pro Jahr nach oben gedeckelt.
Zum Zweiten komme
ich auf die Schenkungssteuer zu sprechen. Als Begleitverfahren für die Abschaffung
des anonymen Sparbuches wurde sinnvollerweise die Befreiung von der Schenkungssteuer
eingeführt, wodurch sichergestellt wurde, dass das anonyme Sparbuch in ein bekanntes
Sparbuch übergeführt werden kann und es zu keinen wesentlichen Kapitalabflüssen
kommt. Diese Befreiung noch um ein weiteres Jahr zu verlängern war Wunsch vor
allem der Pensionistenverbände.
Es hat jetzt zwei
Jahre lang eine völlige Befreiung gegeben. Wir haben ein jährliches Gesamtsteueraufkommen –
Werte aus dem Jahr 2002 – von 54,9 Milliarden €. Die
Erbschafts- und Schenkungssteuer hat im Jahr 2002
150 Millionen € ausgemacht. Nimmt man davon die Hälfte für die
Schenkungssteuer, ergibt das einen Ertrag von 1,3 Promille an
Schenkungssteuer im Verhältnis zum Gesamtsteueraufkommen. Jetzt soll es
allerdings ab der Steuerklasse V bei einer Schenkung von über
100 000 € die steuerliche Verpflichtung geben. – Man spricht
immer von Deregulierung, aber damit erlegt man der Finanzverwaltung eine
Verpflichtung auf, wofür der Aufwand wesentlich höher ist als der mögliche
Ertrag.
Dass man über die
Erbschafts- und Schenkungssteuer im Rahmen einer Steuerreform reden kann und
reden soll, steht auf einem anderen Blatt. Aber jetzt für ein paar Monate, bis
zum Jahresende, für die Beamten der Finanzverwaltung eine derartige
Verpflichtung einzuführen, liegt nicht im Sinne einer Verwaltungsreform. Mir
persönlich beziehungsweise der Finanzverwaltung wäre es lieber gewesen, wenn
diese Regelung, so wie bisher im Rechtsbestand, um ein Jahr, nämlich bis zum
Ende des heurigen Jahres verlängert worden wäre. – Danke. (Beifall bei
der ÖVP und den Freiheitlichen.)
11.15
Präsident
Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr
Abgeordneter Mag. Moser. Freiwillige Redezeitbeschränkung:
6 Minuten. – Bitte.
11.16
Abgeordneter
Mag. Hans Moser (SPÖ): Sehr geehrter Herr
Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Als Newcomer in diesem
Haus habe ich mit großer Verwunderung vernommen, wie hier von unterschiedlichen
Positionen über diese Thematik gesprochen wurde.
Wenn Herr
Stummvoll als Vorsitzender des Budgetausschusses hier ausführt, dass es eine
Symmetrie in der Altersvorsorge geben soll, dann vermisse ich aber die
Diskussion über die finanziellen Einkommen im Alter. Eine Untersuchung des
Wirtschaftsforschungsinstitutes zeigt nämlich, dass die Lohnquote dramatisch
gesunken ist und dass die größte Zunahme bei den Einkommen aus Zinsen,
Immobilien und Vermietung resultiert.
Das heißt, jene Gruppierungen, die einkommensmäßig höher gestellt sind, beziehen neben den Rentenerträgen oder der Pension, die sie entweder aus der Pensionskasse oder aus dem Umlageverfahren erhalten, ohnehin Vermögens- und Besitzeinkommen. Daher würde ich diese drit-
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 49 |
te
Säule, auf die ich mich vor allem konzentrieren möchte, staatlich nicht
besonders fördern wollen.
Mein erster Punkt:
Ich musste mich wundern, dass in diesem Fall schon nach so kurzer Zeit eine
Gesetzesanpassung notwendig war. Warum ist das so? Es wurde hier von meinen Vorrednern
schon mehrfach angesprochen: Es gab keine Vorbereitung beziehungsweise eine
schlechte Vorbereitung! Mir wurde berichtet, dass einmal ein Gesprächstermin
für die Sozialpartner mit dem Finanzminister festgelegt war, der Finanzminister
aber ein so wichtiges Gespräch empfangen hatte, dass er sie wieder
unverrichteter Dinge nach Hause geschickt hat. – Das war die Einbindung
der Sozialpartner in die Vorbereitung.
Das erklärt auch, dass jetzt nach so kurzer Zeit schon dieser
Anpassungs-, dieser Korrekturbedarf besteht. Das bringt letztlich auch das
Ausmaß an Kompetenz der Regierung zum Ausdruck, wenn nach so kurzer Zeit schon
ein Anpassungsbedarf besteht.
Aber – und das wurde schon gesagt – auch die jetzige Anpassung
führt zu suboptimalen Verhältnissen; zum einen deshalb, weil als
Anlagemöglichkeit nur mehr die Wiener Börse zur Verfügung steht, und zum
anderen deshalb, weil es innerhalb der Veranlagungsformen durch die Förderung
dieser speziellen Form zu einer Wettbewerbsverzerrung kommt.
Kommen wir auf den österreichischen Kapitalmarkt zu sprechen – auch
ein wesentliches Ziel; einer meiner Vorredner, Herr Abgeordneter Maier, hat ein
paar Zahlen genannt –: Ich bin auch dafür, dass wir in Österreich einen
funktionierenden Kapitalmarkt haben, weil dieser sowohl bei der Finanzierung
der wachsenden Unternehmen als auch bei der Standortsicherung eine wesentliche
Rolle spielt. Aber die Realität zeigt etwas anderes.
Ich habe mir die Zahlen sehr genau angeschaut: Die Wiener Börse hat mit
14 Prozent die geringste Börsenkapitalisierung innerhalb der EU-Staaten.
Ich habe mir auch die Unternehmen angeschaut, die neu gelistet und delistet
wurden: Vom Jahr 2000 bis heute wurden 35 Unternehmen von der Börse
genommen, sei es auf Grund von Privatisierungen, sei es auf Grund von
Konkursen, sei es aber auch deshalb, weil viele Leute eine Chance darin sehen,
bei dem niedrigen Kursniveau ihre Aktienanteile sehr billig zurückzukaufen.
Diesen 35 delisteten Unternehmen stehen nur 17 neue gegenüber. Das heißt, wir
haben einen Negativsaldo von 18 Unternehmen.
Da der österreichische ATX hier so gelobt wurde, muss ich sagen, das
stimmt zwar im internationalen Vergleich, aber real gemessen hat er vom
Jahr 2000 bis heute auch 10 Prozentpunkte eingebüßt.
In dieser unsicheren Situation wird beschlossen, wird den Leuten eingeredet, man möge diese dritte Säule der Altersvorsorge benutzen.
Wieder eine Zahl: Wenn diese Zukunftsvorsorge bis jetzt
15 000 Menschen in Anspruch genommen haben und sie schlussendlich
500 000 in Anspruch nehmen sollen, dann sind das 12 Prozent aller
Österreicher. Die Zahl der Bausparverträge dazu im Vergleich – dieser wurde
hier auch angestellt –: 5,2 Millionen Österreicher nehmen diese Möglichkeit
in Anspruch.
Aber worin liegt jetzt eigentlich die wirtschaftspolitische
Sinnhaftigkeit? Wohin soll die Altersvorsorge gehen? – Wir stehen
dafür, dass wir kein Verzetteln unserer staatlich geförderten Pensionssysteme
in Kauf nehmen, sondern uns auf das bewährte Umlageverfahren auf der einen
Seite, aber auch auf die zweite Säule, auf die Mitarbeitervorsorge und die
Pensionskassen, konzentrieren sollten. Auch in diesen Bereichen gibt es
genügend Leute. (Beifall bei der SPÖ.)
Wir sind für sichere und gerechte Pensionen. Das ist unser Ziel, damit
alle Menschen dieses Landes mit großer Stabilität einen gesicherten
Lebensabend erwarten können. Unser Ziel ist nicht der von der ÖVP und den
Freiheitlichen eingeleitete Kurs, wonach hölzerne Säulen, Aktiensäulen
steuerlich unterstützt werden sollen und somit jene Menschen, die dieses System
in Anspruch nehmen, auf eine sehr riskante Hochschaubahn geführt werden. –
Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)
11.21
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 50 |
Präsident
Dr. Heinz Fischer: Als nächster Redner zu Wort
gemeldet ist Herr Abgeordneter Ellmauer. Die Uhr ist auf 5 Minuten
gestellt. – Bitte.
11.22
Abgeordneter
Matthias Ellmauer (ÖVP): Sehr geehrter Herr
Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In Bezug
auf meinen Vorredner möchte ich sagen, ich hatte den Eindruck: Vorwärts,
Genossen, wir müssen zurück! – zurück in die staatliche Vorsorge, der Staat
ist allein selig machend, und der Bürger hat nichts zu tun! – Die
Realität, meine sehr geehrten Damen und Herren, sieht anders aus!
Durch das neue
staatliche Vorsorgemodell, das schon in den ersten Tagen seines Bestehens mit
mehr als 15 000 Abschlüssen sehr erfolgreich ist, wurde ein wichtiger
Beitrag dazu geleistet, den Lebensstandard für künftig in Pension gehende
Mitbürger zu sichern. Durch die im Antrag enthaltene Absenkung der gesetzlich
vorgesehenen Aktienquote von 60 auf 40 Prozent wird die Attraktivität
weiter gesteigert und der Kapitalmarkt stimuliert. In diesem Zusammenhang
möchte ich vor allem auf das finnische Beispiel verweisen. Durch die Einführung
eines ähnlichen Modells konnte sich der finnische Kapitalmarkt wesentlich
verbessern. Uns allen ist klar, dass die Wiener Börse eine Stimulanz sehr gut
gebrauchen kann, und ich hoffe, dass durch dieses Modell der heimische Kapitalmarkt
die nötigen Impulse bekommt.
Neben der
staatlichen Pensionsvorsorge ist auch die zweite Säule, die betriebliche Mitarbeitervorsorge
sehr wichtig. Da gebe ich Ihnen Recht, Herr Kollege Moser! Deshalb haben wir
durch die Wiedereröffnung der Prämienbegünstigung für maximal 1 000 €
pro Jahr für Einzahlungen in Pensionskassen versucht, die Attraktivität zu
erhalten beziehungsweise den Erfolg zu sichern.
Die
Drei-Säulen-Architektur der Pensionsvorsorge ist für Österreich besonders
wichtig. In die dritte Säule solle zirka ein Drittel des Kapitals fließen, so
der Pensionsexperte Rürup im Jahr 1997, und Herr Rürup ist sicherlich
nicht unserer Gesinnungsgemeinschaft zuzuordnen. Wir wissen aber aus Umfragen,
dass die Österreicher mehrheitlich nur mehr an das staatliche Pensionssystem
als Grundversorgung glauben. Die Bevölkerung verlangt aber Sicherheit und
konkrete Aktionen. Deshalb hat die Bundesregierung unter Bundeskanzler
Dr. Schüssel mit dem Modell der Zukunftsvorsorge bewiesen, dass sie fähig
und willens ist, dieses große zukünftige soziale Problem anzugehen.
Die nachhaltige
Sicherung des Lebensstandards ist eines der Hauptziele der Volkspartei. Vor
allem die junge Generation soll dazu angehalten werden, schon früh an die
eigene Altersvorsorge zu denken. Aus diesem Grund wurden die Prämien zum
Einstieg in die Zukunftsvorsorge besonders niedrig gehalten. Ab 20 € pro
Monat ist ein Einstieg möglich. Vor allem aber müssen sich die Institute dazu
verpflichten, die Risikofreiheit des eingesetzten Kapitals und der Prämien zu
garantieren. – Herr Kollege Moser, weil Sie das Risiko auf dem
Kapitalmarkt angesprochen haben: Kapital und Prämie sind eindeutig garantiert!
Wie erfolgreich
das neue Produkt der Zukunftsvorsorge ist, beweist die Tatsache, dass –
wie uns die sechs anbietenden Institute melden – mehr als
15 000 Mitbürger bereits jetzt einen Vorsorgevertrag abgeschlossen
haben. Einer der Gründe für die Attraktivität dieser staatlich geförderten
Zukunftsvorsorge ist natürlich die 9,5-prozentige Prämie.
Meine sehr
verehrten Damen und Herren! Auch die Möglichkeit, in Zukunft seine Steuererklärung
über das Internet abgeben zu können, bedeutet eine wichtige
Verwaltungsvereinfachung für Behörden und Bürger. Besonders in der öffentlichen
Verwaltung soll die Kundennähe immer mehr in den Vordergrund gerückt
werden. – Eine wesentliche, positive Entwicklung, dich ich ausdrücklich
begrüße.
Ein weiterer
wichtiger Punkt dieser Novelle ist die Verlängerung der Steuerfreistellung bei
Sparbuchschenkungen. Dies wird im gesamten Jahr 2003 möglich sein,
ausgenommen die Steuerklasse V, wo es einen Freibetrag von
100 000 € gibt.
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 51 |
Zuletzt möchte ich
auf den Tatbestand des Eigenverbrauchs im Rahmen des Kfz-Leasings hinweisen.
Dieser wurde mit einer Befristung bis zum Jahr 2005 vorgesehen, dann soll
nach einer EU-Richtlinie eine endgültige Lösung getroffen werden. Ohne eine
Verlängerung würden eine massive Verlagerung des Inlandleasings und des
Inlandkaufs in das Ausland stattfinden und somit Einnahmenausfälle für den Bund
entstehen.
Vor allem im
Hinblick auf die zukunftsträchtige Entscheidung im Bereich der Pensionsvorsorge
geben ich und meine Fraktion diesem Gesetzesantrag gerne die Zustimmung. (Beifall
bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)
11.27
Präsident
Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Sburny. – Bitte.
11.27
Abgeordnete
Michaela Sburny (Grüne): Sehr geehrter Herr
Präsident! Hohes Haus! Wir diskutieren jetzt die Reparatur eines Gesetzes,
das die letzte Regierung, die noch immer im Amt befindlich ist, beschlossen
hat – mit dem Ziel eines völligen Umbaus der Pensionen.
Im Zusammenhang
mit einer solch großen Änderung stellt sich immer die Frage nach dem Warum.
Wer profitiert davon, wer verliert, wohin soll es gehen? Ich rede hier nicht
von den 210 Millionen, die der Herr Staatssekretär vorhin für das
Jahr 2003 an Prämienzahlungen und Steuernachlässen genannt hat, sondern
ich rede von einem langfristigen Umbau des Pensionssystems, der die staatliche
Pension zurückdrängen und die private Vorsorge stützen soll.
Wer profitiert
also davon? Was verändert sich? Das alte System, das Umlagesystem, hat im Wesentlichen
einen großen Vorteil, nämlich die solidarischen Aspekte, die darin enthalten
sind. Das heißt, es gibt im Wesentlichen eine Umverteilung zwischen Armen und
Reichen und auch zwischen Männern und Frauen, was meistens auf Grund der
Arbeitsmarktsituation eng miteinander verbunden ist. Das Umlagesystem hat also
auch von Männern zu Frauen umverteilt.
Dieses System soll
nun gekürzt, gekappt werden, und die staatliche Eigenvorsorge soll gestärkt
werden. Wem nützt diese im Vergleich zum alten System? Sie nützt – kurz
gesagt – jenen, die es sich leisten können, den so genannten
Leistungsträgern, wie sie Herr Dr. Stummvoll zu nennen beliebt, nämlich
jenen, die genug verdienen und sich pro Jahr 1 851 € für diese
private Pensionsvorsorge leisten können. Alle anderen, die so wenig verdienen,
dass sie sich das nicht leisten können, fallen offensichtlich nicht unter die
Leistungsträger, vor allem nicht unter die Leistungsträgerinnen. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)
Ich möchte Sie
auffordern, sich das durchschnittliche Einkommen von Frauen und Männern einmal
näher anzusehen. Das durchschnittliche Einkommen der Frauen betrug 2001 nicht
ganz 15 000 € pro Jahr – und da hätte ich schon gerne gehört,
wie Sie diesen Frauen erklären wollen, dass sie nicht zu den Leistungsträgern
gehören, weil sie sich keine 1 851 € im Jahr leisten können. (Beifall
bei den Grünen.)
Das heißt, wenn
man diese Pensionsreform, diesen gesamten Pensionsumbau betrachtet, dann sieht
man, es geht dabei nicht um eine kurzfristige Investition.
Die Regierung hat
für diese Pensionsreform im Wesentlichen zwei Ziele formuliert. Das eine ist
die Belebung des Kapitalmarktes, auch im Hinblick auf „Basel II“, was ihr
möglicherweise gelingen wird, vielleicht auch nicht, wenn die Wiener Börse
dazu zu klein ist. Und sie hat als zweites Ziel die Stärkung der privaten
Vorsorge formuliert, und zwar als Ergänzung, wie sie behauptet. Tatsächlich ist
dies keine Ergänzung, weil nämlich die staatliche Pension auf mittlere Sicht
nicht mehr ausreichen wird und nach dem Willen der Regierung auch gar nicht
ausreichen muss, weil sie der Meinung ist, dass jeder und jede sich selbst
darum kümmern kann, dass die Pension für den Lebensstandard – wie auch
immer dieser dann aussehen wird – reicht.
Das heißt, wenn Sie das an einem Beispiel noch illustriert haben möchten, um nicht die sprichwörtliche ... (Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Ja, ich weiß, dass Sie das ungern hören, denn bei Ihrem Einkommen spielt das alles keine Rolle. Aber bei Einkommen zwischen 900 und 1 200 €
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 52 |
im Monat spielt es eben schon eine
Rolle, ob man monatlich noch 150 € für die Eigenvorsorge zahlen muss. (Beifall
bei den Grünen.)
Dass Sie von der
ÖVP meine Beispiele nicht hören wollen, kann ich verstehen, aber Sie werden
sich trotzdem daran gewöhnen müssen. (Neuerlicher Beifall bei den Grünen.)
11.32
Präsident Dr. Heinz Fischer: Zum Wort ist dazu niemand mehr
gemeldet. Damit schließe ich die Debatte.
Ein Schlusswort
seitens des Berichterstatters wird nicht gewünscht.
Ich bitte, die
Plätze einzunehmen, denn wir kommen zu den Abstimmungen, und zwar
stimmen wir ab über den Gesetzentwurf in 16 der Beilagen.
Herr Abgeordneter
Dr. Matznetter hat das Verlangen gestellt, betreffend Artikel I
getrennt abzustimmen. Diesem Verlangen ist stattzugeben.
Ich werde daher
zunächst über den von diesem Verlangen betroffenen Teil und dann über die restlichen,
noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.
Wir gelangen also
in getrennter Abstimmung zu Artikel I des Gesetzentwurfes in der Fassung
des Ausschussberichtes.
Ich bitte jene
Damen und Herren, die diesem Artikel I ihre Zustimmung erteilen, um ein
Zeichen. – Das ist mit Stimmenmehrheit angenommen.
Als Nächstes
stimmen wir ab über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes
samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes.
Ich bitte jene
Kolleginnen und Kollegen, die den restlichen Teilen der Vorlage zustimmen, um
ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist in zweiter Lesung einstimmig
angenommen. Die zweite Lesung ist damit beendet.
Wir kommen
sogleich zur dritten Lesung.
Ich bitte jene
Damen und Herren, die in dritter Lesung dem vorliegenden Gesetzentwurf ihre
Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Der Gesetzentwurf
ist in dritter Lesung mit Stimmenmehrheit angenommen.
Damit ist dieser
Tagesordnungspunkt erledigt.
2. Punkt
Bericht des
Budgetausschusses über den Antrag 35/A der Abgeordneten Dr. Helene
Partik-Pablé, Fritz Neugebauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein
Bundesgesetz, mit dem das Pensionsgesetz 1965 geändert wird (17 der
Beilagen)
Präsident Dr. Heinz Fischer:
Wir kommen zum
2. Punkt der Tagesordnung.
Kollege Ellmauer
verzichtet auf die einleitende Berichterstattung. Wir gehen daher in die Rednerliste
ein.
Erster Redner ist
Herr Abgeordneter Neugebauer. Die Uhr ist wunschgemäß auf 6 Minuten eingestellt. –
Bitte.
11.34
Abgeordneter Fritz Neugebauer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine geschätzten Damen und Herren! Die wirtschaftliche Entwicklung, der österreichische Wohlfahrtsstaat und die politischen Regelungsmechanismen haben neben anderen Parametern dazu beige-
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 53 |
tragen, dass die
gesellschaftlichen und finanziellen Teilhabemöglichkeiten für einen Großteil
der Bevölkerung wesentlich verbessert werden konnten. Armut ist heute kein
Massenphänomen. Dennoch – trotz der generellen Wohlstandssteigerung in den
letzten Jahren und der deutlichen Verbesserung der Lebenssituation – muss
der Armutsbekämpfung weiterhin eine zentrale Rolle in unserer Politik zukommen.
Liebe Kolleginnen
und Kollegen! Im Rahmen des Nationalen Aktionsplanes zur Bekämpfung von Armut
und sozialer Ausgrenzung, ausgehend vom Rat von Nizza des Jahres 2000,
werden für alle EU-Staaten so genannte Raten der Armutsgefährdung errechnet.
Ich wiederhole
nicht den Inhalt der Debatte, die wir zum selben Thema in der Jänner-Sitzung geführt
haben, als es darum ging, die entsprechenden Richtsätze für Ehepaare anzuheben.
Das, was heute vorliegt, ist der Nachvollzug der Anpassung im
Sozialversicherungsrecht für die Kolleginnen und Kollegen
RuhestandsbeamtInnen, also für jene Kollegen, die ein Dienstverhältnis mit
dem Bund hatten.
Es ist ohne
Zweifel ein anderes System, und die Ergänzungszulagen nach der Systematik des
Pensionsrechtes für die öffentlich Bediensteten haben dieselbe Funktion wie
die Ausgleichszulagen in der Sozialversicherung, nämlich die Sicherung des
notwendigen Lebensunterhaltes.
Mit dem Hinweis,
dass wir im Jänner für den Sozialversicherungsbereich diese Anhebung einstimmig
beschlossen haben und dass im Budgetausschuss der vorliegende Gesetzentwurf
ebenfalls einstimmig beschlossen worden ist, lade ich Sie ein, dem vorliegenden
Gesetzentwurf ebenso einstimmig beizutreten. – Herzlichen Dank. (Beifall
bei der ÖVP.)
11.36
Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau
Abgeordnete Hagenhofer. – Bitte.
11.37
Abgeordnete
Marianne Hagenhofer (SPÖ): Herr Präsident! Herr
Minister! Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Bevor ich
auf den eigentlichen Tagesordnungspunkt, die Reparatur des Pensionsgesetzes,
eingehe, möchte ich gerne über etwas berichten, was mir anlässlich
verschiedener Ehrungen von deutschen Touristen mitgegeben wurde. Erstens möchte
ich ihre Bitte erfüllen, und zweitens denke ich, dass Sie alle auch wissen
sollten, was deutsche Touristen über unseren Wahlkampf sagen und wie betroffen
sie reagiert haben. (Ironische Heiterkeit und Zwischenrufe des Abg.
Mag. Mainoni.)
Es gab etwa die
Aussage – die ich so wiedergebe, wie sie gekommen ist –, dass sie von
Österreich sehr betroffen und negativ beeindruckt sind, weil sie wichtige
Themen im Wahlkampf vermisst haben, sehr wohl aber zur Kenntnis nehmen
mussten, dass das einzige Thema, das im Wahlkampf hochgespielt wurde, darin
bestand, die Angst vor Rot und Grün zu schüren. (Abg. Mag. Mainoni: Wegen der deutschen
Regierung!)
Ich denke, das
sollten Sie wissen. Wir wollen den Tourismus als wichtigsten Wirtschaftszweig
in Österreich auch weiter ausbauen und erhalten. Aber wir sollten uns in
Zukunft auch darüber Gedanken machen, wie Wahlkämpfe zu führen sind. (Neuerliche
Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)
Es ist mir auch
mitgegeben worden, Ihnen zu sagen, dass Sie nicht vergleichen können, welche
Probleme Deutschland mit den neuen Bundesländern hat und welche Probleme wir
in Österreich haben. Es sollte uns schon zu denken geben, wenn dort quasi die
Hälfte eines Landes neu aufgebaut werden muss, was enorm hohe Kosten
verschlingt. Egal, welche Regierung es gibt, ob Schwarz-Blau oder welche Farbe
auch immer, man hätte dieselben Probleme gehabt. Die Deutschen sehen nicht ein,
dass ihr Land von uns quasi immer wieder gedemütigt wird, im Sinne dessen, was
Sie sonst mangels Themen verfehlt haben. (Beifall bei der SPÖ.)
Ich weiß nicht, wie es Ihnen dabei geht, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, wenn Sie an jeder Bahnhofsecke, an jeder Straßenecke in Wien – aber nicht nur in Wien, sondern in ganz Österreich – Zeitschriften, Illustrierte aufliegen sehen, in denen es heißt: „Chaos in Schwarz-
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 54 |
Blau“. (Die Rednerin hält eine Ausgabe
der Zeitschrift „profil“ mit dem Aufmacher „Chaos in Schwarz-Blau,
2. Teil“ in die Höhe.)
Es wird auch
gefragt: Warum wurde gewählt? – Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, das
frage ich mich auch, und die Menschen draußen fragen sich auch, warum gewählt
wurde und ob man das nicht billiger hätte haben können. (Zwischenrufe bei
der ÖVP.)
Ja, wir wissen
schon, dass Sie keine Wahlen mehr wollen. Aber Sie müssen auch wissen, dass die
Menschen sehr klar sehen können, was da vollzogen wird. Vor rund acht Monaten
hat sich die Regierung sozusagen selbst aufgelöst, aber es sind noch immer
dieselben Personen in der Regierung – und nebenbei werden, so titelt
zumindest der „Kurier“, die Reichen immer reicher.
Es gibt Vergleiche
der EU, wonach Österreich bei der Reallohnentwicklung mit 0,2 Prozent an letzter Stelle von
15 EU-Ländern liegt (Abg. Mag. Schweitzer: Wo liegen wir?), während zugleich – auch das
ist im „Kurier“ nachzulesen – die Insolvenzstatistik auf
50 Prozent der Privatinsolvenzen ...
Präsident
Dr. Heinz Fischer: Kollegin Hagenhofer, ich hoffe, das
waren deutsche Pensionisten,
damit wir jetzt wieder die Kurve zum Pensionsgesetz nehmen. (Allgemeine
Heiterkeit. – Demonstrativer Beifall bei der ÖVP.)
Abgeordnete
Marianne Hagenhofer (fortsetzend): Herr
Präsident, ich komme schon auf das Pensionsgesetz zu sprechen. Und
selbstverständlich steht das, was der „Kurier“ da geschrieben hat, in einem
Zusammenhang mit dem Pensionsgesetz: Es geht nämlich heute hier um eine
Reparatur des Pensionsgesetzes, und auch dahin gehend wird natürlich Druck
gemacht, dass es endlich eine Regierung gibt. Wenn nämlich ordentlich
gearbeitet werden kann und entsprechende Vorsorge getroffen wird, dann
passieren solche Dinge nicht, dass beim Anheben des
Ausgleichszulagenrichtsatzes auf 100 000 Menschen – darum geht
es bei diesem Gesetz nämlich – schlicht und einfach vergessen wird.
Das Gehaltspaket
für BeamtInnen und Pensionisten haben wir im Jänner beschlossen, es wurde im
Dezember eingebracht, und jetzt im Februar müssen wir die verheirateten
Pensionisten nachziehen. – Meine Damen und Herren! Wenn das nicht nach
Wirbel und Chaos riecht, dann weiß ich nicht. Ich kann nur wieder das „profil“
zitieren und frage Sie, was das Ganze soll. (Abg. Mag. Schweitzer: Sie sollten sich mit der
Tagesordnung beschäftigen, dann hätten Sie das Problem nicht!)
Ich würde darum
bitten, dass in Österreich so bald wie möglich wieder ordentlich gearbeitet
werden kann, ohne dass wir immer einen Monat im Nachhinein eine Reparatur eines
Gesetzes beschließen müssen. – Danke schön. (Beifall bei der
SPÖ. – Abg. Mag. Schweitzer:
Das war nicht so gut!)
11.42
Präsident
Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau
Abgeordnete Dr. Partik-Pablé. Die Uhr ist auf 10 Minuten
eingestellt. – Bitte.
11.42
Abgeordnete
Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Herr Präsident!
Sehr geehrte Damen und Herren, vor allem sehr geehrte Frau Hagenhofer! Ihr
privates G’schichterl von den deutschen Touristen war nicht nur eine
Themenverfehlung – der Herr Präsident hätte Sie eigentlich schon viel
früher zum Thema rufen sollen –, sondern es war ganz einfach lächerlich.
Es war vor allem auch deshalb lächerlich, weil Sie uns die Meinung deutscher
Touristen über unsere Innenpolitik in Österreich vorhalten, wo die Deutschen
doch selbst bis zum Hals im Wasser stehen und nicht wissen, wie sie ihre
politischen Verhältnisse gestalten sollen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)
Im Übrigen: Ich
glaube, mindestens 30 oder 40 Prozent der Rot-Grün-Wähler haben es schon
bitterst bereut, diesen beiden Parteien die Stimme gegeben zu haben.
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 55 |
Frau Hagenhofer,
wenn Sie samt Ihren privaten Freunden aus der Bundesrepublik Deutschland schon
am Wahlkampf etwas auszusetzen haben, dann richten Sie doch den Appell an Ihre
eigene Partei! Herr Abgeordneter Cap hat sich in diesem Wahlkampf Untergriffe
geleistet, die die Deutschen, Ihre Freunde, eigentlich auch beeindrucken
sollten. Er hat zum Beispiel erklärt, Schüssel sei der „Hietzinger
Napoleon“. – Und daran haben sich Ihre deutschen Freunde nicht gestoßen?
Und Herr Häupl hat
gesagt, die Bildung einer blau-schwarzen Koalition sei „primitiv.“ – Bitte
halten Sie einmal das Ihren deutschen Freunden vor – und
gleichzeitig auch Ihren sozialdemokratischen Parteifreunden. Ihre moralische
Messlatte sollten Sie an Ihre eigene Partei anlegen, sehr geehrte Frau
Hagenhofer. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Widerspruch bei der SPÖ.)
Aber ich wende
mich schon unserem heutigen Thema zu. (Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Kummerer.) –
Sie können mir das dann später sagen, Herr Kollege, ich verstehe nämlich
kein Wort von Ihrem Schreien.
Meine sehr
geehrten Damen und Herren! In den letzten Jahren, nämlich zwischen 1994 und
2000, hat es keine Erhöhung des Ausgleichszulagenrichtsatzes gegeben. Es zeigt
das hohe soziale Verantwortungsbewusstsein dieser blau-schwarzen
Bundesregierung, dass trotz des enormen Sparbedürfnisses die Ausgleichszulagenrichtsätze
jetzt erhöht wurden beziehungsweise dass heute da nachgezogen wird. Damit
wird ein wesentlicher Schritt zur Armutsbekämpfung unternommen. (Abg. Hagenhofer:
Warum nicht schon im Jänner?)
Rechnen Sie doch
jetzt nicht mit den paar Tagen herum! Sie von der SPÖ
haben zehn Jahre lang Zeit gehabt, die Ausgleichszulagenrichtsätze zu erhöhen,
aber Sie haben es nicht getan. Und jetzt halten Sie uns vor, dass
wir das für die Beamten zwanzig Tage später tun als für die Angestellten?
In der letzten
Sitzung, in der dieses Thema auch behandelt worden ist, hat die sozialdemokratische
Abgeordnete, Frau Mag. Christine Lapp – Sozialsprecherin ist sie
sogar, glaube ich –, zugeben müssen, dass Österreich bei der
Armutsbekämpfung gut liegt. Bei uns sind es nämlich „nur“ – unter
Anführungszeichen – 13 Prozent der Bevölkerung, die armutsgefährdet
sind, während in den EU-Staaten die Armutsgrenze bei weitem höher liegt,
beispielsweise in Portugal: Dort sind 23 Prozent der Bevölkerung von Armut
bedroht. Daran sieht man, dass diesbezüglich in Österreich sehr viel getan
worden ist, insbesondere unter dieser Regierungskoalition von ÖVP und FPÖ. (Beifall
bei den Freiheitlichen.) Und heute wird ein weiterer Schritt getan, um zu
verhindern, dass Menschen in die Armutsnähe kommen.
In der
Öffentlichkeit wird immer wieder der Eindruck erweckt, dass es den Beamten
ungeheuer gut geht – egal, ob sie in Pension sind oder im Erwerbsleben
stehen. Der Durchschnitt der Beamtenpensionen zeigt auch, dass diese Pensionen
ziemlich hoch sind. Aber es wird immer wieder darauf vergessen, dass es eine
hohe Zahl von Beamten gibt, die schon während ihres Arbeitslebens wenig
verdienen und dann selbstverständlich auch eine sehr geringe Pension haben.
Daher ist es notwendig, dass wir diese Ausgleichszulagenbereinigung vornehmen,
damit jene Beamten, die eine sehr geringe Pension haben, nicht unter die Räder
kommen.
Ich bin sehr froh,
dass uns das noch gelungen ist. Ich finde, wir sollten jetzt nicht daran herumnörgeln,
den Zeitpunkt in Frage stellen und alles schlecht finden, sondern ich schlage
Ihnen vor: Stimmen Sie gemeinsam mit uns der Vorlage zu und seien Sie froh,
dass wir damit einen weiteren Schritt setzen, um Menschen, die ein ganzes Leben
lang brav gearbeitet haben, den Ruhestand zu erleichtern. (Beifall bei den
Freiheitlichen.)
11.47
Präsident
Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete
Dr. Petrovic. – Bitte.
11.48
Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Eine kurze Vorbemerkung: Es ist schon erhellend, wenn es zwar angeblich noch keine Koalitionsvereinbarung gibt und auch ganz wichtige Punkte wie etwa die Frage der
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 56 |
Beiträge der Versicherten für den Besuch
von Ärztinnen und Ärzten – da sind ja horrende Summen in
Diskussion – angeblich noch offen sind, aber hier ganz offensichtlich
schon die Harmonie und der blau-schwarze Gleichklang praktiziert werden.
Offensichtlich ist
Ihnen also die Frage 5 € oder 10 € pro Arztbesuch ... (Abg.
Dr. Partik-Pablé: Wer sagt das?) – Das nehmen Sie halt in
Kauf, das stört ja nicht den gemeinsamen Antrag. – Wir nehmen das zur
Kenntnis. Es ist ja erhellend. (Beifall bei den Grünen. – Abg.
Dr. Partik-Pablé: Ihre Vorwürfe sind erhellend, wie immer!)
Meine Damen und
Herren! Aus dem Antrag geht auch hervor, wie wenig all das, was ja immer wieder
von der Regierungsseite kam – nicht von der Opposition –, nämlich das
Schlechtmachen des öffentlichen Dienstes, der Vorwurf bezüglich der Leute mit
den Supergagen und den Privilegien, tatsächlich zutrifft, denn die
Ausgleichszulage bekommen ja nicht jene mit den Supergagen.
In diesem
Zusammenhang ist es mir auch wichtig, hervorzuheben, dass natürlich mit jeder
dieser kleinen und in diesem Fall sicher notwendigen Anpassungen und
Veränderungen eine Chance vertan wird, das System grundsätzlich
zu ändern.
Zu der
Ausgleichszulage für Ehepaare: Abgesehen von der Schwerfälligkeit dieses
Begriffes birgt die Einrichtung auch ihre Tücken in sich. Es ist keine echte
Mindestpension. Die Ausgleichszulage wird sofort wieder kassiert, wenn
irgendwo vielleicht kleine Einkünfte erzielt werden. Das bedeutet viel
Bürokratie, und das bedeutet natürlich auch Grausamkeiten für Menschen, die
ohnehin nicht auf die Butterseite gefallen sind. (Beifall bei den Grünen.)
Zweiter Punkt:
„für Ehepaare“. – Es ist nach wie vor so, dass weite Teile des
Pensionssystems darauf basieren, dass die Sicherheit – insbesondere für
Frauen – nur über die Institution der Ehe erzielbar ist. Es gibt nach wie
vor Hunderttausende Frauen, die überhaupt keine eigene Pension haben.
Die
Ausgleichszulage für Ehepaare ist deutlich niedriger als für zwei einzelne
Personen. Und beide Pfeiler unseres Pensionssystems, nämlich die
durchgehende – ich füge hier an: männliche – Erwerbstätigkeit und die
Ehe, sind als generelles Prinzip einer modernen sozialen Pensionsabsicherung
von morgen untauglich geworden. (Beifall bei den Grünen.)
Was wir brauchen,
ist eine eigenständige Absicherung für alle älteren Menschen, für
Frauen und Männer, und zwar unabhängig von den Zufälligkeiten,
von den Schicksalen, die es während des Erwerbslebens oder während des
Familienlebens gab. Und diese eigenständige Alterssicherung für Frauen und
Männer wird natürlich mit jeder dieser kleinen und kleinsten Reparaturen des alten
Systems auf die lange Bank geschoben.
Die Grünen
urgieren seit langem eine Grundsicherung im Alter. Das wäre ein gerechtes
System, es wäre auch ein stabiles und finanzierbares System, aber es setzt
natürlich die Bereitschaft zu einer grundlegenden Änderung voraus. Diese wäre
insbesondere für die Situation der Frauen in Österreich dringend und
überdringend notwendig. (Beifall bei den Grünen.)
Ich befürchte, es
wird schon bald mehr Ausgleichszulagenbezieherinnen und -bezieher geben, denn
das, was von Ihnen durch die Pensionsreformkommission vorgelegt wurde und offensichtlich
derzeit in Regierungsverhandlungen steht, verheißt nichts Gutes – etwa für
die Frauen über den Daumen gepeilt im Durchschnitt minus 20 oder minus
30 Prozent bei den Pensionen. Das muss man sich einmal vor Augen führen! (Widerspruch
bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) – Das steht in den Papieren
drinnen, das schreibt die Kommission selbst! Sie müssen die Papiere eben lesen,
das ist schon eine Voraussetzung.
In dem Kapitel
„Eigenständige Alterssicherung der Frau“ – das ganze Papier ist natürlich
nicht gegendert, entgegen den Verpflichtungen der Regierung – wird als
Anhang auf sieben Seiten in einem dicken Wälzer die eigenständige
Altersabsicherung von Frauen abgehandelt, und zwar lediglich unter dem Aspekt
der verstärkten Kinderanrechnung, nicht unter dem Aspekt, dass es
in der Regel auch sonst jede Menge Diskriminierungen für Frauen gibt. (Beifall
bei den Grünen.)
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 57 |
Ich habe jede
Bereitschaft vermisst, hier wirklich einmal etwas zu bewegen. Das wird schwer
werden, und ich gebe schon zu, dass das kein kleiner Wurf ist, aber wenn man nie
damit anfängt, dann wird man auch nie zur dringend notwendigen Grundsicherung
im Alter kommen.
Ein Allerletztes,
ein Wort zum Neo-Kollegen Neugebauer. – Herr Neugebauer! Wenige Tage vor
der Wahl hat der öffentliche Dienst, haben die Bediensteten im Staatsdienst
einen Brief von Ihnen bekommen, erstaunlicherweise auf dem Papier der gesamten
Gewerkschaft öffentlicher Dienst, an die „liebe Kollegin“ und den „lieben
Kollegen“ gerichtet, von Fritz Neugebauer unterschrieben. Und Fritz Neugebauer
hat in diesem Brief auf GÖD-Papier geschrieben – ich zitiere –:
„Die ÖVP legt als
einzige Partei in ihrem Programm ein nachhaltiges Bekenntnis zum Öffentlichen
Dienst ab. Im Gegensatz dazu stehen unausgereifte rot-grüne Vorstellungen, wie
z.B. die Absenkung der Bürokratiekosten um 25 %, wovon jeder
4. öffentlich Bedienstete betroffen wäre!! Ich sage aus Überzeugung, dass
jede Stimme für die ÖVP im Sinne moderner öffentlicher Dienste und
zukunftssicherer Arbeitsplätze ist.“ – Zitatende.
Herr Kollege
Neugebauer! Sagen Sie das vielleicht den 35 000 Kolleginnen und
Kollegen, die jetzt abgebaut werden sollen! (Beifall bei den Grünen.)
11.54
Präsident
Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Krainer. Redezeit:
5 Minuten. – Bitte.
11.55
Abgeordneter
Kai Jan Krainer (SPÖ): Herr Präsident! Herr
Staatssekretär! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Da wir
vorhin über Deutschland diskutiert haben, muss man der Ehrlichkeit halber
hinzufügen: Wenn Deutschland ebenso ungeniert, wie das die derzeitige
österreichische Bundesregierung tut, in die Geldbörsen seiner Staatsbürger
greifen würde, dann gäbe es in Deutschland kein Defizit, nicht einmal ein
einprozentiges, sondern ein großes Plus. Dort gibt es nämlich eine Steuerquote
von weit unter 40 Prozent, im Gegensatz zu dem, was wir hier in Österreich
haben, nämlich über 44 Prozent. (Beifall bei der SPÖ.)
Vor etwa vier
Wochen haben wir hier die Ausgleichszulagenrichtsätze für verheiratete Bezieher
auf das Eineinhalbfache von unverheirateten Beziehern angehoben. Damals hat man
offensichtlich auf die Beamten vergessen. Das reparieren wir heute, und es
ist gut so, dass wir das reparieren. Und es ist auch gut, wenn die
unterschiedlichen Pensionssysteme harmonisiert werden. Doch das Problem ist,
dass die Unterschiede zwischen diesen Pensionssystemen weiterhin gravierend
groß sind. Gerade bei jungen Menschen ist das Vertrauen in das Pensionssystem
erschüttert – nicht zuletzt dank der Politik, die die Bundesregierung in
den letzten drei Jahren gemacht hat.
Aktuellen Umfragen
zufolge glaubt nur noch zirka jeder fünfte junge Mensch in diesem Land, dass er
selbst einmal eine Pension bekommen wird. Mich wundert das nicht rasend, denn vor einer Nationalratswahl ist das
Pensionssystem kaum ein Thema – es ist alles gesichert, es muss nicht viel
verändert werden.
Unmittelbar nach einer Wahl stellt sich dann
allerdings für die ÖVP und die FPÖ die Unfinanzierbarkeit des Systems heraus.
Es werden Kommissionen einberufen, Arbeitsgruppen tagen, Papiere werden
geschrieben, und dann treten der Finanzminister und der Bundeskanzler vor den
Vorhang und verkünden eine Jahrhundertreform und beruhigen wieder alle. Alle
Pensionisten, alle alten Menschen können wieder ruhig schlafen, aber nicht nur
sie, sondern auch die jungen Menschen können wieder gut und ruhig schlafen,
denn es ist ja eine Jahrhundertreform beschlossen worden, und die Pensionen
sind auf die nächsten Jahrzehnte hinaus gesichert.
Und nach der
nächsten Wahl beginnt das Ganze wieder von vorne. Es sind wieder die Pensionen
nicht gesichert, und es werden wiederum einschneidende Maßnahmen verlangt.
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 58 |
Ich bin der
Meinung, dass mit diesem Spiel, das da getrieben wird, endlich Schluss gemacht
werden muss. Wenn wir die Pensionen langfristig sichern wollen, dann müssen
wir auch eine langfristige Politik machen, und dazu gehört, dass die vielen
Ungerechtigkeiten, die momentan zwischen den Pensionssystemen und teilweise
auch innerhalb von Pensionssystemen bestehen, beseitigt werden.
Ein paar Beispiele
dazu. Es kann zum Beispiel eine Arbeiterin für jeden Euro, den sie in das
System einbezahlt, unter Umständen nur 90 Cent herausbekommen, während
andererseits zum Beispiel ein Beamter für jeden Euro, den er einzahlt, bis zu
2 € herausbekommt.
Eine weitere
Ungerechtigkeit ist, dass die derzeitige Bundesregierung – und wenn man
den Auguren von Andreas Khol glauben darf, auch die zukünftige
Bundesregierung – die Arbeiter 45, 46, 47 oder gar 50 Jahre lang
arbeiten lassen will, aber gleichzeitig Beamte nach 30 oder 40 Jahren in
den Ruhestand schickt.
Es ist auch eine
Ungerechtigkeit, wenn immer wieder nur über den ASVG-Bereich und von den
Pensionen der Arbeiter und Angestellten gesprochen wird, wo der Bundeszuschuss
zu diesem Bereich ja nicht einmal 20 Prozent beträgt, wohingegen über die
Pensionen der Bauern, der Gewerbetreibenden und der Beamten kaum gesprochen
wird, wo der Bundeszuschuss 50, 60 oder fast 70 Prozent beträgt. (Beifall bei der SPÖ.)
Die SPÖ hat in
diese Diskussion einen neuen Vorschlag eingebracht, einen Reformvorschlag, der
auch wirklich den Namen „Reform“ verdient, nämlich ein einheitliches System für
alle, die unter 35 Jahre alt sind. Allerdings will das die Bundesregierung
nicht, denn das wäre eine echte
Reform.
Diese
Bundesregierung macht nur eine Politik des schnellen Geldes, der
Belastungspolitik und des Abwälzens von Budgetproblemen auf wenige Jahrgänge.
Genau jenen, denen man vor wenigen Jahren noch gesagt hat, ihr könnt erst
eineinhalb Jahre später in Pension gehen, denen man noch vor wenigen Monaten im
Wahlkampf gesagt hat, es sei überhaupt nicht daran gedacht, das
Pensionsantrittsalter zu erhöhen, genau diesen Menschen sagt man jetzt: Ihr
habt leider Pech gehabt, ihr müsst doch drei, vier oder fünf Jahre länger
arbeiten.
Das muten Sie den
Menschen zu, während Sie es nicht zumutbar finden, dass jene, die eine hohe
Pension genießen, einen kleinen Solidarbeitrag leisten und damit die Pensionen
finanzieren helfen.
Eines müssen Sie
mir erst erklären – aber nicht nur mir, sondern vor allem den Menschen
draußen oder auch hier im Saal –, nämlich wieso der Bezieher einer kleinen Pension von morgen sehr
wohl einen Beitrag zur Sicherung des Pensionssystems leisten kann, während
andererseits der Bezieher einer großen
Pension von heute keinen
Beitrag leisten kann. Das ist mir ein Rätsel. (Beifall bei der SPÖ.)
Auch kleine
Schritte der Harmonisierung sind wichtige Schritte, aber ich finde es schade,
dass wir uns immer nur mit kleinen Schritten begnügen und nicht darangehen,
große und echte Reformen zu setzen und gerade im Pensionsbereich wirklich
einmal eine große Reform durchzuführen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Dr. Petrovic. – Abg. Donabauer: Da müssen Sie mitgehen!)
12.00
Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr
Abgeordneter Walch. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. –
Bitte.
12.00
Abgeordneter Maximilian Walch (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Damen und Herren! Ich möchte zu Herrn Kollegen Krainer von der SPÖ – er ist, so wie ich, neu hier im Haus – Folgendes sagen: Frage einmal deine Kollegen, was sie in den letzten 30 Jahren gemacht haben! Da hätte die SPÖ Zeit genug gehabt, genau jene Reparaturen vorzunehmen, die
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 59 |
wir
jetzt durchführen müssen! (Abg. Eder: Den Schmäh kannst du dir in die
Haare schmieren! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)
Es verwundert mich
schon ein bisschen, dass sich Kollegin Hagenhofer hier herausstellt und die beleidigte
Leberwurst spielt ... (He-Rufe bei
der SPÖ. – Präsident Dr. Fischer
gibt das Glockenzeichen.) – Ihr kommt ja dann ohnedies zu Wort! Seid
doch Demokraten! Ihr nennt euch zwar immer so, aber anscheinend seid ihr keine.
(Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek.)
Kollegin
Hagenhofer stellt sich also hier heraus und zieht einen Vergleich zwischen
Deutschland und Österreich. – Ich glaube, die Österreicherinnen und
Österreicher wollen sicher keine deutsche Regierung und schon gar kein solches
System wie in Deutschland, denn wenn ich mir ansehe, wie es dort ausschaut,
kann ich wirklich nur sagen: Gute Nacht, Österreich! (Zwischenruf der Abg. Hagenhofer.)
Wenn ich mir die
jetzige Regierung anschaue und hören muss, wie Kollegin Petrovic sagt, die ÖVP
gehe schon wieder sozusagen wie ein Bruder mit der FPÖ – beziehungsweise
die FPÖ mit der ÖVP –, dann darf ich Sie schon darauf hinweisen: Frau
Kollegin Petrovic, wir sind eben noch eine Koalition! (Abg. Eder: Eine unfähige!) Ich weiß
nicht, ob Sie das vergessen haben, aber die FPÖ und die ÖVP befinden sich nach
wie vor in einer Koalition. (Ruf bei der
SPÖ: Wieso haben wir dann eigentlich gewählt?)
Wenn ich dann von
Selbstbehalten und vielen anderen Dingen höre, von denen in den Medien
geschrieben wird, dann muss ich sagen – ich bin Arbeitnehmervertreter und
seit über 30 Jahren in der Privatwirtschaft beschäftigt und dort als
Betriebsrat tätig –: Wenn man, anstatt zeitgerecht und ständig zu schauen,
wo man entsprechende Reformen durchführen kann, 30 Jahre lang nichts tut,
dann müssen diese Reformen eben nachher in Angriff genommen und natürlich einschneidende
Maßnahmen gesetzt werden! Aber ich kann euch sagen: Überlegt genau und schaut,
was in den Medien geschrieben wird und was dann im Nachhinein herauskommt! (Abg.
Mag. Prammer: Da können Sie
Gift drauf nehmen!)
Liebe Kolleginnen
und Kollegen! Mit diesem Gesetz, das heute zur Beschlussfassung vorliegt, sind
wir auf dem richtigen Weg. Diese Regierung traut sich wenigstens, etwas in
Angriff zu nehmen, und sie setzt selbst in Zeiten wie diesen, in denen
Schulden in Milliardenhöhe vorhanden sind, so positive Maßnahmen wie diese!
Besonders stolz
bin ich als Freiheitlicher darauf (Abg. Gaál:
... schrecklich!), dass wir einen freiheitlichen Sozialminister
haben, der in den vergangenen Jahren wirklich gezeigt hat, was „Soziales“
bedeutet. (Beifall bei den
Freiheitlichen.)
Wo habt denn ihr
von der SPÖ in den letzten 30 Jahren eine Angleichung von Arbeitern und Angestellten
durchgeführt? – Geredet wurde viel davon, aber gemacht wurde gar nichts!
Ihr habt immer angekündigt, bei der Abfertigung etwas zu machen. Geredet wurde
viel, aber gemacht wurde nichts! Wo habt ihr eine entsprechende
Familienpolitik gemacht? – Im Gegenteil: Ihr habt das Kindergeld von zwei
auf eineinhalb Jahre reduziert. – Unter unserem Sozialminister wurde es
verdoppelt! Es gibt jetzt das Kinderbetreuungsgeld, es gibt Zeiten, die für die
Pension angerechnet werden, es gibt Zuverdienstmöglichkeiten! – Ihr
habt die Frauen an den Herd zurückgeschickt (lebhafte ironische Heiterkeit bei der SPÖ), und wir haben
ihnen wieder die Möglichkeit gegeben, wieder in den Beruf einzusteigen und
etwas dazuzuverdienen. (Beifall bei den
Freiheitlichen.)
Ich muss euch ja
einmal die Wahrheit sagen, denn sonst vergesst ihr ja immer, was ihr in den
letzten 30 Jahren beschlossen habt. (Zwischenrufe
der Abgeordneten Bures und Gaál.)
Durch unseren
Minister wurden also all diese positiven Maßnahmen gesetzt. Eigentlich müsstet
ja ihr, wenn es wieder zu einer Koalition zwischen ÖVP und FPÖ kommt, hier
einen Antrag stellen, in dem es heißt: Haupt muss wieder Minister werden, denn
er hat für die arbeitenden Menschen wirklich etwas getan. (Neuerlicher Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Schweitzer: Bravo!)
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 60 |
Daher muss ich sagen:
Ich bin froh darüber, dass heute dieses Gesetz verabschiedet wird, denn es
dient der Armutsbekämpfung. Das heißt Sozialpolitik in Österreich! –
Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen
und bei Abgeordneten der ÖVP.)
12.05
Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter
Wimmer. – Bitte.
12.05
Abgeordneter Rainer Wimmer (SPÖ): Herr Präsident! Herr
Staatssekretär! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Meine lieben
Kolleginnen und Kollegen! Lieber Max Walch, als Arbeitnehmervertreter der
Freiheitlichen werden in diesem Haus natürlich harte Zeiten auf dich zukommen,
aber ich bin überzeugt davon, dass du auch das irgendwie über die Runden bringen
wirst – du hast es ja bereits in Oberösterreich auf schreckliche Art
bewiesen.
Meine sehr
geschätzten Damen und Herren! Natürlich werden wir dieser Vorlage zustimmen.
Wir Sozialdemokraten standen und stehen immer an der Seite der Schwächeren, und
daher ist es ganz klar, dass wir dieser Vorlage zustimmen werden. Es ist aber
schon ein bisschen eigenartig, dass diese Vorlage nicht schon beim letzten Mal
bei der Gehaltsnovelle verabschiedet wurde – dort wäre das Thema noch
besser untergebracht gewesen als heute –; offensichtlich wurde aber auf
eine kleine Gruppe von ehemaligen Beamtinnen und Beamten vergessen. Das ist
nichts Neues: Es war in den letzten zweieinhalb Jahren ja sehr oft so, dass die
ÖVP und die FPÖ auf die Menschen vergessen haben, meine sehr geschätzten Damen
und Herren.
Ich meine daher,
heute gibt es Anlass zur Freude, wir sollten uns diesen Tag merken, denn heute
gibt es einen Antrag von ÖVP und FPÖ, mit dem für die Menschen, für die
Beamtinnen und Beamten im Ruhestand – auch wenn es nur eine kleine Gruppe
ist – eingetreten wird. Wir sind von Ihnen ja anderes gewöhnt – ich
nenne nur zwei Beispiele: erstens die unsoziale, unmenschliche
Unfallrentenbesteuerung und zweitens die wahnwitzige Ambulanzgebühr, die wir in
den letzten zweieinhalb Jahren hinnehmen mussten.
Meine sehr
geschätzten Damen und Herren! Kollege Murauer hat heute hier die Diktion „Schüssel I“
und „Schüssel II“ eingebracht. Ich kann mich noch sehr gut an
„Schüssel I“ erinnern. Er sagte damals, wir haben ausgabenseitige
Einsparungen zu tätigen, das Budget werde vorwiegend ausgabenseitig geregelt
und saniert. – Wir wissen heute, dass das ausschließlich über
Belastungen und über Einnahmen erfolgte. Die Liste wäre zu lang, wenn ich
all die Maßnahmen, die damals gesetzt wurden, aufzählen würde.
Ich höre auch seit
einigen Tagen „Schüssel II“, der sagt, wir müssen die Ausgaben
dämpfen. – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es steht noch nicht einmal
eine neue Regierung, aber die Belastungswelle rollt bereits – zumindest
die Ideen dafür stehen. Wenn ich höre und lese und mir vor Augen halte, dass
die Mineralölsteuer erhöht werden soll, dann muss ich die Frage stellen: Nun,
wen wird diese Maßnahme treffen? – Natürlich in erster Linie jene
Kolleginnen und Kollegen, die auf das Auto nicht verzichten können.
Es werden auch die
allgemeinen Selbstbehalte, an die gedacht wird, die kleinsten Einkommen am
stärksten belasten. Das, meine Damen und Herren, wird die zukünftige klassische
Krankensteuer werden: 5 € für einen Besuch beim praktischen Arzt,
10 € für einen Besuch beim Facharzt und – man geht noch einen
Schritt weiter – eine Erhöhung der Krankenkassenbeiträge der Pensionisten
um 1 Prozent. Auch hier wird es so sein, wie wir es bereits in den letzten
zweieinhalb Jahren gewohnt waren: Es wird ausschließlich die Bezieher der
kleinsten Einkommen betreffen.
Meine geschätzten
Damen und Herren! Angesichts so vieler Grauslichkeiten, die uns bevorstehen
und die zu erwarten sind, tut es gut, diesen heute vorliegenden Antrag als
sozialdemokratische Fraktion mittragen zu können. – Danke. (Beifall
bei der SPÖ.)
12.09
Präsident
Dr. Heinz Fischer: Zum Wort ist dazu niemand mehr
gemeldet. Daher schließe ich die Debatte.
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 61 |
Wir gelangen zur Abstimmung
über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 17 der Beilagen.
Ich bitte jene
Damen und Herren, die diesem Gesetzentwurf in zweiter Lesung zustimmen, um ein
Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.
Wir kommen
sogleich zur dritten Lesung.
Ich bitte jene
Damen und Herren, die der Vorlage auch in dritter Lesung zustimmen, um ein
Zeichen. – Ich stelle fest: Der Gesetzentwurf ist auch in dritter Lesung einstimmig
angenommen.
Damit ist der
2. Punkt der Tagesordnung erledigt.
3. Punkt
Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag
39/A der Abgeordneten Barbara Rosenkranz, Dr. Erwin Rasinger, Manfred
Lackner, Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein
Bundesgesetz, mit dem das Arzneimittelgesetz geändert wird (15 der
Beilagen)
Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir kommen nun zum 3. Punkt der Tagesordnung.
Ein Wunsch nach mündlicher Berichterstattung liegt nicht vor.
Wir gehen daher in die Debatte ein.
Erster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Rasinger. Die Uhr ist auf 8 Minuten gestellt. – Bitte.
12.10
Abgeordneter
Dr. Erwin Rasinger (ÖVP): Sehr geehrter Herr
Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Wir reden bei diesem
Tagesordnungspunkt über das Arzneimittelgesetz. Dieses Gesetz hat sehr viel
mit Risikovorsorge und mit dem drohenden Konflikt im Irak zu tun.
Worum geht es
dabei? – Es geht um die mögliche Verseuchung mit Pockenviren, und diese
Pockenviren sind natürlich sehr, sehr gefährlich. Amerika hat
200 Millionen Impfdosen gekauft – übrigens bei einer
österreichischen Firma –, Deutschland kauft 100 Millionen Impfdosen.
Damit Österreich mithalten kann, musste ein neuer Impfstoff gekauft werden.
Warum ein neuer Impfstoff? – Der alte Impfstoff hatte Nebenwirkungen.
Laut WHO gibt es
die Pocken seit 1977 offiziell nicht mehr. Die Pockenimpfungen, die vor 1977
durchgeführt wurden, hatten auf eine Million geimpfte Dosen eine
Nebenwirkungsrate von zirka fünf Todesfällen – es war also, muss man
sagen, eine enorm gefährliche Impfung – und 50 Fällen von
Hirnhautentzündung. Es handelte sich dabei eigentlich um eine Impfung, bei der
man das in Nebenwirkungen bestehende Risiko schon sehr wohl abwägen musste.
Gott sei Dank ist
die Welt heute pockenfrei, aber es gibt an noch existierenden Virenstämmen
einen in Amerika und einen in Russland. Das heißt: Sollte es dem Irak gelungen
sein – dafür spricht wenig, aber es wäre theoretisch doch möglich –,
an Viren zu gelangen, dann würde das natürlich eine eminente Gefahr
darstellen, denn die Bevölkerung ist überhaupt nicht durchgeimpft.
Das Risiko ist sehr schwer einzuschätzen, aber es ist natürlich nicht gleich null. Wer wäre hauptsächlich betroffen? – Das wären wahrscheinlich Menschen im Nahbereich von Flughäfen oder öffentlichen Einrichtungen wie Bahnhöfen. Und da muss man natürlich sehr wohl einschreiten. Nach sieben bis zehn Tagen, die eher wie bei einem grippeähnlichen Syndrom – mit Gliederschmerzen, Fieber und so weiter – ablaufen, würde es die berühmten Pockenpusteln
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 62 |
geben. Die
Mortalität dieser Viruserkrankung wäre sehr, sehr hoch: 20 bis 50 Prozent
der Menschen würden daran sterben.
Um dieses
Restrisiko, das durch eine Art von Biowaffenattentat in Österreich oder in
irgendeinem Teil der Welt entstehen würde, auszuschalten, muss eine
verantwortungsbewusste Gesundheitspolitik entsprechend reagieren. Ich hoffe,
der Fall wird nicht eintreten, aber man muss die Menschen sehr wohl darauf
aufmerksam machen.
Man muss erstens
Panik vermeiden – das ist ganz wichtig. Man muss den Menschen sagen, dass
das Risiko sehr, sehr gering ist. Es hat überhaupt keinen Sinn, wenn man sich
in einem Bergbauerndorf prophylaktisch impfen lässt.
Zweitens: Man soll
nicht voreilig impfen. Das macht überhaupt keinen Sinn, denn man weiß auch beim
neuen Impfstoff, der wesentlich nebenwirkungsärmer ist, nicht ganz genau, ob er
völlig risikofrei ist.
Drittens –
und das ist ganz wesentlich –: Eine gute Gesundheitsverwaltung muss
vorbereitet sein. Deshalb hat die österreichische Regierung, vor allem das
Gesundheitsministerium, schon im Dezember gekauft, und zwar nicht den alten
Impfstoff, sondern eben einen neuen, noch nicht zugelassenen Impfstoff. Und
deshalb müssen wir heute das Gesetz beschließen, sodass man im Katastrophenfall
rasch und adäquat und mit dem geringsten Übel, also dem Mittel mit den
geringsten Nebenwirkungen, einschreiten kann. (Beifall bei Abgeordneten der
ÖVP.)
Ich glaube, die
österreichische Gesundheitspolitik, vor allem das Ministerium, hat hier sehr
gut reagiert: Die Ärzte sind geschult, es wurde Panik vermieden, es ist
ausreichend Impfstoff vorhanden. Meiner Meinung nach ist das ein klassischer
Fall, an dem sich zeigt, wie man mit einem Problemfall – der hoffentlich
nicht eintritt! – vernünftig und adäquat umgeht. Ich hoffe, dass dieses
Gesetz beispielgebend für alle anderen Aktionen ist, die das Gesundheitsministerium
in Zukunft setzen wird.
Dieses Gesetz wird
auch einstimmig beschlossen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)
12.14
Präsident
Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr
Abgeordneter Lackner. – Bitte.
12.14
Abgeordneter
Manfred Lackner (SPÖ): Sehr geehrter Herr
Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Wenn wir heute mit diesem
Vier-Parteien-Initiativantrag zur Novelle des Arzneimittelgesetzes auf die
Bedrohungs- und Gefährdungsszenarien nach dem 11. September Bedacht
nehmen, wird dieser Antrag natürlich auch von meiner Fraktion unterstützt.
Auch die darin
vorgesehene Verwendung noch nicht zugelassener Arzneimittelspezialitäten, wenn
zugelassene nicht in ausreichender Art und Weise zur Verfügung stehen, wird
unsere Zustimmung finden.
Es sei jedoch
ausdrücklich festgehalten, dass hier § 3 Arzneimittelgesetz schlagend
wird, wonach es verboten ist, Arzneimittel in Verkehr zu bringen, bei denen es
nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse und nach den
praktischen Erfahrungen nicht als gesichert erscheint, dass sie bei
bestimmungsgemäßem Gebrauch keine schädliche Wirkung haben.
Geschätzte Damen
und Herren! Bei aller Problematik, bei allen möglichen Bedrohungsszenarien
sollten wir – und das möchte ich hier feststellen – uns nicht von
jener Hysterie leiten lassen, die jetzt in so manchen Ländern Platz greift,
denn gerade die Pocken, die Anlass zu dieser Gesetzesänderung waren, haben
zumindest den Vorteil, dass es eben Impfungen dagegen gibt.
Geschätzte Damen und Herren! Da jene Partner, welche sich im September letzten Jahres wegen unüberbrückbarer Differenzen zur Trennung entschlossen haben und damit Anlass zu Neuwahlen gaben, nach kurzem, aber heftigem Liebeswerben offensichtlich wieder zueinander fin-
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 63 |
den, zeichnen sich bereits die ersten Konturen
neuerlicher Belastungen in so ziemlich allen Bereichen der Politik ab.
Auch der Bereich
der Gesundheitspolitik bleibt naturgemäß davon nicht ausgenommen. Sie bleiben
auch hier, so die heutigen Schlagzeilen in den Medien stimmen sollten –
und ich zweifle keine Sekunde daran –, ihren schlechten Vorsätzen treu.
Kranke Menschen sollen zahlen! – So lautet offensichtlich die Devise der
möglichen neuen Bundesregierung. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg.
Dr. Grünewald.)
Weg von der
Solidarität, hin zur Almosen- und Belastungspolitik konservativer Prägung!
Was, meine Damen
und Herren, kommt auf uns zu? Was ist bisher zu erkennen? – 5 € für
den Arztbesuch im niedergelassenen Bereich und 10 € für den Besuch eines
Facharztes, und zum Drüberstreuen sollen auch für die Pensionisten die
Beiträge erhöht werden. – So die Schlagzeilen in den heutigen Medien.
Das ist
interessant, meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen: Sie haben vor
zwei Jahren in der abgelaufenen Gesetzgebungsperiode die chaotische
Ambulanzgebühr mit der Begründung eingeführt, dass Sie die Patientenströme in
den niedergelassenen Bereich lenken wollen, weil das eben kostengünstiger sei.
Nachdem Sie damit – und das ist ganz klar – jämmerlich gescheitert
sind, sollen nun Selbstbehalte beim Arztbesuch eingeführt werden.
Es stellt sich
jetzt für mich natürlich die Frage: Wohin wollen Sie diesmal lenken? Oder
sollen kranke Menschen vom Arztbesuch abgehalten werden?
Wenn ich mir die
Berichterstattung in den heutigen Medien anschaue und auch eine Pressemitteilung
der Ärztekammer Wien, in der es heißt: „VP-FP-Neuauflage wird zum Totengräber
der österreichischen Gesundheitspolitik“, dann kann ich mich dem nur
vollinhaltlich anschließen (Beifall bei der SPÖ), denn genau diese
Arztgebühr beziehungsweise dieser Selbstbehalt wird natürlich – und so
wird es auch befürchtet – viele Menschen vom Arztbesuch abhalten. Was dann
passieren wird, ist klar: Die Reparaturmedizin, die dann anschließend folgen
muss, wird wesentlich teurer sein! (Beifall bei der SPÖ.)
Ich glaube –
und das ist für mich schon sicher –, dass es sich hier wiederum nur um ein
billiges, wenig intelligentes Abkassieren bei den Kranken und den Schwächsten
unserer Gesellschaft handelt. Das zeigt einmal mehr auf, meine Damen und
Herren, wie Ihre inhaltlichen und innovativen Defizite gerade in der
Gesundheitspolitik offenbar werden.
Zum Schluss soll
noch einmal daran erinnert werden, dass sich Kollege Rasinger in einer Meldung
aus dem Januar dieses Jahres zuerst so vehement für die Einführung von
Selbstbehalten ausgesprochen und wenige Tage später diese vehement in Abrede
gestellt hat. Ich könnte jetzt sagen, Kollege Rasinger ist ein „doppelter
Rasinger“, er hat eine so genannte Win-win-Situation geschaffen, in der
er – so hat er jedenfalls geglaubt – in jedem Fall nur gewinnen kann.
Ich hoffe jedoch,
dass sich Kollege Rasinger – er ist jetzt im Saal – dann doch auf
seine letzte Meldung besinnen wird. Ich hoffe, Kollege Rasinger, dass wir in
dir einen kräftigen Mitstreiter haben werden, wenn es darum geht, Selbstbehalte
beim Arztbesuch zu verhindern. Oder doch nicht, Kollege Rasinger?
Ich danke für Ihre
Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Grünewald.)
12.20
Präsident
Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Rosenkranz. Die Uhr ist auf
10 Minuten gestellt. – Bitte.
12.20
Abgeordnete Barbara Rosenkranz (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Mein Vorredner hat es schon angeschnitten: Es ist die weltpolitische Lage, die ja auch ein Thema der heutigen Aktuellen Stunde war, die uns zwingt, hier Vorkehrungen und Sicher-
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heitsmaßnahmen für
die österreichische Bevölkerung und auch für jene österreichischen Soldaten,
die sich im Auslandseinsatz befinden, zu treffen. Es ist die mögliche Bedrohung
durch bioterroristische Angriffe, die uns dazu veranlasst, gesetzliche
Maßnahmen zu treffen, damit jene Vorkehrungen, die dankenswerterweise der Herr
Gesundheitsminister und der Herr Staatssekretär bereits in die Wege geleitet
haben, auch ihre gesetzliche Deckung finden. Es ist dies ein vorbildliches
Vorgehen, das Hysterie ausschließt, weil eben rechtzeitig gehandelt wird und
das Problem in Ruhe und mit Sachlichkeit angegangen worden ist.
Der konkrete
Anlass – auch das ist schon erwähnt worden – ist das Problem eines
Angriffes mit Pockenviren. Wir wissen, dass es zurzeit keinen zugelassenen
Impfstoff gibt, der verfügbar wäre und der nach dem Stand der Wissenschaft den
Erfolg erzielt, den ein Impfstoff erzielen kann, der die Zulassungsbestimmungen
noch nicht vollkommen verifiziert hat.
Diese
Gesetzesänderung ermöglicht nun, dass in einer Gefahrensituation, die durch
Katastrophen, durch bioterroristische Angriffe oder auch durch kriegerische
Auseinandersetzung entstehen kann, auch ein Arzneimittel zur Anwendung kommt,
das die Zulassungsbestimmungen noch nicht erfüllt hat, wenn kein anderes
zugelassenes Arzneimittel verfügbar ist, das dem Stand der Wissenschaft
entsprechend diesen Erfolg sicherstellt. Bei dem Antrag handelt es sich um
einen Vier-Parteien-Antrag, und damit ist ja auch klargestellt, dass es keinen
Zweifel darüber geben kann, dass diese Gesetzesänderung notwendig ist.
Hohes Haus! Ich
habe das erste Mal die Ehre, hier vor Ihnen zu sprechen, und ich darf, zumal es
auch meine Zeit erlaubt, noch einige grundsätzliche Anmerkungen zur
Gesundheitspolitik machen. Es wird Sie vielleicht auch ein bisschen
interessieren, da ich – und dafür bedanke ich mich ausdrücklich – zur
Obfrau des Gesundheitsausschusses gewählt wurde.
Das
Gesundheitswesen in Österreich ist ein hoch entwickeltes, es ist leistungsfähig
und es ist weitgehend auch sehr gut organisiert. Dennoch weist es einen
ständig steigenden Finanzbedarf auf. Das ist eigentlich nicht wirklich ein
Widerspruch, sondern man kann bei näherer Betrachtung feststellen, dass es
auch gut ist, dass das System einen steigenden Finanzbedarf hat, denn –
überspitzt formuliert – je besser ein Gesundheitssystem funktioniert, je
höher der Stand der Wissenschaft und Technik ist, je diffiziler die
Behandlungsmethoden sind – wir haben Behandlungsmethoden, von
denen frühere Generationen nicht einmal träumen hätten können –, desto
teurer wird das System und desto höher ist auch die Lebenserwartung der Menschen –
erfreulicherweise –, was wiederum das System verteuert. Der ständig
steigende Finanzbedarf ist also eine Tatsache, der wir entsprechen müssen,
die aber per se nichts Schlechtes ist.
Wie haben wir nun
den Finanzbedarf zu organisieren? – Das eine ist: Die vorhandenen Mittel
müssen vollkommen diszipliniert und sachpolitisch bezogen eingesetzt werden.
Gerade als jemand, der aus Niederösterreich kommt und dort ein sehr stark
verankertes Proporzsystem bemerken kann, kann ich feststellen, dass
parteipolitisch motivierte Interessenkonflikte zwischen den einzelnen
Finanziers und Verantwortungsträgern immer etwas sind, was auf dem Rücken der
Patienten ausgetragen wird und was auf jeden Fall in Hinkunft zu unterlassen
ist. Jede Strukturreform muss auch darauf Bedacht nehmen, dass der Anreiz, sich
zu solchen Interessenkonflikten hinreißen zu lassen, sinkt.
Das Zweite –
auch das werden Sie alle kennen –: Es gibt immer wieder einen Interessenkonflikt
zwischen Kommunalpolitik und Gesundheitspolitik. Auch da muss man unterstützende
Maßnahmen treffen, damit vor allem Kommunalpolitiker, die sehr oft als Träger
von Krankenanstalten unter Sachzwängen stehen, davon entlastet werden, etwas
zu tun, was sie eigentlich gesundheitspolitisch so gar nicht wünschen könnten.
Das sind Dinge,
die durch Strukturreformen sicher zu verbessern und zu vermeiden sind.
Es geht weiters darum, Kosten zu vermeiden. Da wird es notwendig sein – der Herr Staatssekretär hat es auch bereits angekündigt –, die Präventivmedizin, die Vorsorgemedizin vom Rand des Geschehens, an dem sie bisher ein wenig gestanden ist, ins Zentrum zu rücken. Jeder Euro, den wir in Vorsorgemedizin investieren, wird uns viele Euros in der kurativen Medizin
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ersparen. Wir haben in Österreich
bereits ein sehr erfolgreiches Projekt verwirklicht, den Mutter-Kind-Pass, und
dieses ist auch evaluiert worden. Man weiß, wie viel erspart worden ist, indem
man die relativ geringe Investition des Mutter-Kind-Passes riskiert hat.
Das Dritte ist,
dass Reformen – auch eines guten Systems – immer gemacht werden
müssen. Ich würde meinen Vorredner, Abgeordneten Lackner, doch bitten, nicht so
sehr den Zeitungsschlagzeilen zu vertrauen. Ich wundere mich schon etwas,
wenn jemand sagt: Dieses oder jenes steht in der Zeitung, und ich habe
überhaupt keine Zweifel daran, dass das stimmt. – Ich bitte vielmehr, die
Verhandlungen abzuwarten und das Vorgelegte dann zu diskutieren. (Beifall
bei den Freiheitlichen. – Ruf bei der SPÖ: Es steht in der Zeitung!)
Ja, es steht in
der Zeitung – da wissen Sie mehr als ich! Es hat in vielen Punkten noch
keinen Abschluss gegeben. (Abg. Gradwohl:
Die Journalisten erfinden das einfach, oder wie?)
Diese Reformen
müssen sich an einigen Grundsätzen orientieren. Das eine ist sicher: Die Eigenverantwortung
des potentiellen Patienten für seinen Gesundheitszustand muss immer wieder
angemahnt und gestärkt werden. Zu guter Letzt ist es denn doch so, dass man für
seinen eigenen Gesundheitszustand sehr große Verantwortung trägt und dass man
ihn sehr stark beeinflussen kann. Es ist durchaus so, wie es auch einmal gesagt
wurde: Es ist der Kopf, der sich den Körper baut. Man kann also durch eine gute
Einstellung, durch eine vernünftige Lebensführung sicherlich von vornherein
vieles ausschließen.
Natürlich aber
nicht alles – und da kommt doch das Prinzip der Solidarität ganz stark zum
Tragen: das Prinzip der Solidarität zwischen denen, die das Gesundheitswesen
brauchen, und denen, die es nicht brauchen. Oder ich könnte auch sagen: denen,
die es aktuell brauchen, und denen, die es aktuell nicht brauchen, denn wir
wissen, dass vor allem am Anfang des Lebens, in den Kinderjahren, und dann
natürlich am Ende des Lebens, in den Jahren des Alters, des hohen Alters, das
Gesundheitswesen beansprucht wird. – No na! Das ist banal. –
Solidarität ist sozusagen auch ein vernünftiges Prinzip, denn es wird ja
hoffentlich jeder einmal alt werden oder sehr alt sein und dann wird er diese
Solidarität, die er vorher – und das ist gerecht – üben soll, auch
brauchen.
Das Nächste ist
das Prinzip der Gerechtigkeit. – Der hohe Standard unseres Gesundheitswesens
ist ein Ergebnis unserer guten Ausbildung, unserer guten Universitäten, unserer
guten Schulen. Dies ist ein Ergebnis, das alle österreichischen Steuerzahler
mitverantworten. Der hohe Standard unseres Gesundheitswesens ist eine
gesamtgesellschaftliche Leistung. Deswegen darf es nie und nimmer – und
dafür verbürge ich mich auch im Namen meiner Partei – zu Rationierungen
kommen, wenn es darum geht, die von allen erbrachte Leistung dann auch abzurufen.
(Beifall bei den Freiheitlichen.)
Es muss so sein,
dass jeder, ohne dass seine finanzielle Potenz ausschlaggebend ist, das, was
alle zusammen garantieren, auch zu seinem Vorteil nutzen kann. (Beifall bei
den Freiheitlichen.)
12.28
Präsident
Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Grünewald. –
Bitte.
12.28
Abgeordneter
Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Sehr geehrter Herr
Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Anscheinend sind die Mehrheiten
der Regierungsparteien momentan auf Gesundheitsuntersuchung. (Heiterkeit bei Abgeordneten der SPÖ. –
Abg. Mag. Mainoni: Das wird alles stenographisch festgehalten!) Trotzdem
möchte ich zum Thema noch einige Worte sagen.
Dieses Gesetz, das
per Antrag von vier Parteien beschlossen werden soll, sollten wir einmal in
Relation zu den wirklichen Bedrohungspotentialen setzen. Meines Wissens –
und so ist es – ist Gott sei Dank noch niemand Opfer eines Pocken- oder
Bioterroranschlags auf Österreich geworden. Das heißt, das Risikopotential ist
Gott sei Dank relativ gering.
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Viel größer ist
das Risiko in jenem Bereich, in dem sich nun die Debatten über gesundheitspolitische
Koalitionen zwischen den beiden Parteien FPÖ und ÖVP bewegen. Da tragen immerhin
8 Millionen ÖsterreicherInnen ein Risiko – nicht jenes, an Pocken zu
erkranken, sondern jenes, eventuell schlechter, ungerechter, unfairer versorgt
zu sein. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)
Aber bleiben wir
bei den Pocken. Ich glaube, es kann sich keine Partei guten Gewissens der Aufgabe
entziehen, auch für gewisse Eventualitäten Vorsorge zu tragen. Das haben wir
getan. Es bestehen nun manche Ängste dahin gehend, dass durch dieses Gesetz, in
dem es heißt, in Krisen, Katastrophen und kriegerischen Fällen der
Auseinandersetzung kann man auch zu Medikamenten greifen, die noch nicht
zugelassen sind, ein Tor aufgestoßen würde, dass es dadurch überhaupt einmal
gang und gäbe werden könnte, Medikamente einzusetzen, die nicht erprobt sind.
Dazu muss ich
etwas sagen. Im Entwurf dieses Gesetzes ist klar festgehalten, dass das eben
nur bei terroristischen und kriegerischen Auseinandersetzungen möglich ist und
nur dann, wenn keine Medikamente mit wissenschaftlich erwiesener Wirksamkeit am
Markt erhältlich sind. Das heißt, man muss das Nutzen-Risiko-Potential abwägen:
Schadet man mit diesen Medikamenten mehr oder hilft man mehr?
Eine kurze
Bemerkung dazu: Bei Pockenbefall muss man mit 30 Prozent an Todesfällen
der infizierten Personen rechnen. Beim bisherigen Impfstoff, der mehr oder
weniger von Großbritannien und den USA aufgekauft wurde, hat man errechnet,
das zwei bis drei Todesfälle pro eine Million Impfungen – unabhängig von
anderen Nebenwirkungen, die sich im 10-Prozentbereich bewegen können –
vorkommen.
Das klingt jetzt
natürlich sehr viel, aber ich sage Ihnen – und das ist kein
Sarkasmus –, dass auch bei Zahnextraktionen unter Lokalanästhesie mehr als
drei Todesfälle jährlich in Österreich auftreten – und das ist die
Wahrheit und ausschließlich die Wahrheit.
Ich habe von
Staatssekretär Waneck keine Antwort auf meine Frage bekommen, ob Bushs Impfung
Anlassfall war, das hier zu aktualisieren, und auch keine Antwort darauf
bekommen, ob bei Bush Nebenwirkungen dieser Impfung festgestellt wurden. Ich
wurde gerügt, man könnte da in diplomatische Verwicklungen kommen; daher stelle
ich richtig: Ich habe gefragt,
ob bei ihm Nebenwirkungen aufgetreten sind, ich habe es nicht behauptet. Das
wäre erst noch zu klären.
Ich komme
betreffend dieses Gesetz schon noch zu einer Frage an Herrn Staatssekretär Waneck:
Wie verhält es sich mit anderen Bedrohungspotentialen wie Anthrax, Botulismus,
Cholera, Pest oder Gelbfieber? Hat man da ähnliche Vorsorge getroffen, oder
schweigen wir darüber?
Nun zum Kollegen
Rasinger, der auch schon bei der Gesundheitsuntersuchung ist. (Abg. Steibl: Nein! Er ist da!) –
Ist er noch da? Ah, da ist er. Er ist gesund, Gott sei Dank! Ich wünsche es
ihm auch. Er hat sich wohlweislich nur auf das Gesetz beschränkt und hat nicht über seinen Eiertanz – wenn Sie mir diesen Ausdruck
erlauben – bei den Selbstbehalten gesprochen.
Von der
Bundesregierung – oder von der ÖVP, wenn Sie so wollen – wird ein
Einsparungspotential von 1 Milliarde € im Gesundheitssystem verlangt. Da
bewegt sich die Debatte zwischen dem apokalyptischen Szenario von Kassendefiziten
und Privatoffenbarungen des Christdemokraten Schüssel, aber ich glaube,
Privatoffenbarungen müssen schon auch in einem Parlament wissenschaftlich oder
ethisch hinterfragt werden können.
Die Bundesregierung hat eine Studie über die Wirkung von Selbstbehalten in Auftrag gegeben, in der acht Nationen der EU untersucht wurden, unter anderem auch Österreich. Diese wurde vom Industriewissenschaftlichen Institut, das sicher kein Instrument der Grünen und auch keines der Sozialdemokraten ist, und vom ÖBIG durchgeführt. Diese sagen, der Effekt sei null bis marginal. Da sind mir Studien wichtiger als Privatoffenbarungen von Schüssel, vor allem dann,
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wenn er
an ihnen wie an einem Dogma festhält und diese in die Regierungsverhandlungen
einbringt.
1 Milliarde durch vier zu dividieren und zu sagen, ein Viertel
Strukturmaßnahmen, ein Viertel Medikamentenkosten, ein Viertel Selbstbehalte
und ein Viertel Beitragserhöhungen, das ist zwar eine simple
Volksschulrechnung – dividiert durch vier bei einer runden Zahl von
1 Milliarde ist nicht ungeheuer schwierig –, aber trotzdem wird das
Ganze nicht klüger, weil die ÖVP und ihre Landeshauptleute in ihrem Sektor
bezüglich Strukturmaßnahmen, die in den Ländern stattfinden müssen – bei
zehn unterschiedlichen Gesetzen in Österreich ist das ein Auswuchs an
Föderalismus, muss ich ernsthaft und mit Nachdruck sagen –, dafür Sorge
tragen werden, dass sich dieser Einsparungseffekt nicht in
dieser Legislaturperiode zu Buche schlagen wird. Dafür sprechen die
Finanzausgleichsverhandlungen und die Staatvertragsbestimmungen mit den
Artikel-15a-Vereinbarungen. Da hat sich die ÖVP zurückgelehnt und gesagt: Die
Grünen müssen das tragen, die Sozialdemokraten müssen das tragen, wir würden
zwar gerne et cetera. – Und so war es bei vielen Punkten.
Schüssel hat auch übersehen, dass wir an dritter Stelle in der Welt
liegen, was die private Finanzierung des Gesundheitssystems betrifft. Nach
den USA mit über 55 Prozent und den Niederlanden mit 32 Prozent
liegt Österreich bereits bei über 30 Prozent an dritter Stelle in der
Welt. Und dass dann eine Wirtschaftspartei, die Rosstäuscherei betreibt, ohne
zu erröten – diese Farbe würden Sie gar nicht im Gesicht zu tragen
wagen – von Steuerentlastungen spricht, aber von den Leuten Geld anderswo
abkassiert und sagt, ich, Staat, bin dazu nicht fähig, mich geht das nichts an,
wer krank ist, ist selbst schuld, ist kühn.
Zu meiner Vorrednerin. Die Eigenverantwortung soll nicht so weit gehen,
dass Leute, die ohne ihre Schuld krank werden, zum Beispiel bei Pockenbefall,
zur Kasse gebeten werden. Krankheit tritt oft schicksalhaft auf. Ich bin dafür,
ein möglichst dichtes Recht für Gesundheit und Schutz vor Krankheit zu
verankern, aber die Pflicht zur Gesundheit wäre meiner Meinung nach etwas zu
exerzierplatzmäßig. Das wünsche ich mir nicht, da fehlt mir allerhand an
Solidarität.
Ganz zum Schluss, weil es Kollege Stummvoll „sehr gerne“ hört – das
war jetzt zynisch – oder eben nicht so gerne hört: Das Kassendefizit ist
aus folgenden Gründen entstanden: Das Bruttoinlandsprodukt ist stärker
gewachsen als Löhne und Gehälter. Aus Löhnen und Gehältern resultieren
natürlich die Einnahmen der Kassen. Die Ausgaben der Kassen haben sich in etwa
wie das Bruttoinlandsprodukt nach oben bewegt, also wie die Gewinne aus
Wirtschaft, Kapital, Grund, Boden, Besitz, Sparbüchern und was Sie sonst noch
anführen wollen.
Und wer ist für das Lohnniveau verantwortlich? Sind es wirklich die
Kranken, die darüber befinden können ... (Abg. Dr. Stummvoll: Nicht die Regierung!) –
Nicht die Regierung, aber die Wirtschaft vielleicht ein bisschen, oder? (Abg.
Dr. Stummvoll: Einen Vertrag
machen immer zwei! Gewerkschaften und Arbeitgeber!) – Und die
Gewerkschaften wollen weniger, und Sie bieten mehr. Also das ist eine neue
Verhandlungstaktik von Ihnen, aber bitte, wenn Sie das glauben!
Dann sind den Krankenkassen 2,5 Milliarden Schilling zusätzlich von
der Regierung aufgebürdet worden. Das wissen Sie. Arbeitgebern werden die
Zahlungen gestundet, sie müssen später zahlen, Arbeitgeberbeiträge werden
gesenkt, Krankenkassen müssen auch private Krankenanstalten finanzieren,
übernehmen die Bundeszuschüsse im stationären Bereich, übernehmen die
Bundeszuschüsse bei der Bauernkrankenkasse. Stimmt das nicht? Das stimmt schon!
(Abg. Dr. Stummvoll: Das
ist ein Teil der Wahrheit!)
Ein Teil der Wahrheit, aber ich glaube, dieser Teil der Wahrheit genügt,
damit Sie Ihre Verantwortung mit übernehmen müssen. Ich hoffe wirklich,
Kollege Rasinger, dass es diesmal keine Kehrtwendung gibt. Ich würde sogar
Schüssel darum ersuchen, dich einmal in das Verhandlungsteam aufzunehmen,
sodass auch ein Gesundheitssprecher für die ÖVP verhandelt. Das wäre vielleicht
kein übles Zeichen. (Abg. Dr. Rasinger:
Wir wollten lauter Tiroler verhandeln lassen!)
Vielen Dank für das Kompliment an Tirol. – Damit ende ich. (Beifall
bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)
12.38
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 68 |
Präsident Dr. Heinz Fischer:
Zu Wort gemeldet
ist Frau Abgeordnete Steibl. – Bitte.
12.38
Abgeordnete Ridi Steibl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident!
Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich darf kurz auf die
Ausführungen meines Vorredners eingehen und zu dem Tagesordnungspunkt, bei dem
es um eine Änderung des Arzneimittelgesetzes geht, zurückkommen. Ich möchte
sagen, dass wir uns dessen bewusst sein müssen und auch bewusst sein können,
dass Österreich ein seit langem leistungsfähiges Gesundheitssystem hat, welches
einen internationalen Vergleich nicht zu scheuen braucht. (Rufe bei der SPÖ:
Noch!) Das sollte man hier auch einmal laut sagen und nicht nur immer
Ängste schüren.
Es gilt, dieses
Gesundheitssystem auch in schweren Zeiten zu erhalten. So zeigt eine Umfrage
von Eurostat – ich muss anscheinend den Nagel auf den Kopf getroffen
haben, sonst würden Sie nicht widersprechen (Abg. Gradwohl: Sie
arbeiten heftig daran, dass sich das ändert!) –, dass nahezu
72 Prozent der österreichischen Bevölkerung mit der Gesundheitsversorgung
sehr zufrieden beziehungsweise zufrieden sind. (Abg. Silhavy: Noch!)
Ich glaube, dass man Umfragen, die die SPÖ auch manchmal zitiert, schon ernst
nehmen soll. Damit liegt Österreich in der EU auf einer Zufriedenheitsskala
nach Finnland an der zweiten Stelle. (Abg. Gradwohl: Noch, Frau
Kollegin!) – Warten Sie ab! Sie von der SPÖ sind ja nicht eingestiegen.
Sie haben nicht mitgetan, wir werden
das Beste daraus machen.
Meine Damen und
Herren! In diesem Sinne müssen wir mit allen Mitteln versuchen, diesen Wert
auch in einem Katastrophenfall, von dem wir hoffen, dass er nicht eintritt, zu
halten. Wir haben die moralische Verpflichtung, die Sicherheit der
Österreicherinnen und Österreicher auch in den angesprochenen Situationen zu
gewährleisten, denn die Bevölkerung schenkte zumindest uns von der ÖVP großes
Vertrauen. (Beifall bei der ÖVP.)
Mein Kollege Rasinger
hat schon angeschnitten, dass realistischer Weise der Ernstfall nie eintreten
wird, dass wir aber im Hinterkopf haben müssen, dass es offiziell noch zwei
Laboratorien gibt, eines in Atlanta und eines in Russland, in denen es die
erwähnten Viren gibt. Wir brauchen uns wahrscheinlich vor den Amerikanern und
vor den Russen nicht zu fürchten. Die Amerikaner werden ihre Pockenvirenbestände
nicht vor den Russen vernichten und umgekehrt. Wir müssen aber bedenken, dass
es Probleme vielmehr bezüglich kleiner Staaten und terroristischer
Organisationen gibt, die eventuell über Ressourcen dieses Virus verfügen.
Jedenfalls sagen das die Geheimdienste, wenn man nachliest.
Die Hemmschwelle,
ein biologisches Kampfmittel in Umlauf zu bringen, ist bei diesen Organisationen
deutlich niedriger als bei den USA oder Russland. Dass der alte Impfstoff zu
viele und zu schwere Nebenwirkungen hatte, haben wir auch schon gehört. Dieser
Impfstoff wurde auch schon für die Ausrottung der Krankheit verwendet und ist
dementsprechend älterer Herkunft. Das heißt, dass man seit dem
11. September 2001 erst jetzt wieder an Prophylaxen arbeitet. Auch
wir müssen daran denken, dass wir diesbezüglich einiges umsetzen müssen.
Meine Damen und
Herren! Es darf jedoch keine Hysterie unter der Bevölkerung verbreitet werden.
Jeder soll wissen, dass Österreich ausgezeichnet auf den Ernstfall vorbereitet
ist. Ich möchte noch einmal erwähnen: In ein bis zwei Wochen werden mobile
Ärzte- und Sanitätsteams in allen Bundesländern zur Verfügung stehen, die im
Bereich Verdachtsdiagnostik geschult werden.
Abschließend
möchte ich noch sagen, dass wir nun einen Impfstoff zur Verfügung haben, der
qualitativ viel fortschrittlicher ist als der frühere. Die heutige
Beschlussfassung kann als kleiner, aber wichtiger Schritt im Kampf gegen den
internationalen Terrorismus, als eine respektive Vorsorge gesehen werden. Dass
diesmal alle vier Parteien zustimmen, ist, so denke ich, ein positives Signal
und ich hoffe, dass das in Zukunft mit einer neuen Regierung auch öfter
passieren wird. (Beifall bei der ÖVP.)
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 69 |
12.43
Präsident
Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau
Abgeordnete Scharer. – Bitte.
12.43
Abgeordnete
Erika Scharer (SPÖ): Sehr geehrter Herr
Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Der vorliegende
Vier-Parteien-Antrag, mit dem das Arzneimittelgesetz vor dem Hintergrund der
derzeitigen weltpolitischen Lage abgeändert werden soll, macht bewusst, wie
wichtig die Absicherung der Gesundheitsvorsorge und Krankenversorgung, und zwar
unabhängig vom Einkommen, der Österreicherinnen und Österreicher ist. (Beifall
bei der SPÖ.)
Für uns
Sozialdemokraten hat sowohl die finanzielle und politische Absicherung als auch
die Weiterentwicklung des – Frau Abgeordnete Ridi Steibl! – noch
hoch entwickelten österreichischen Gesundheitssystems oberste Priorität.
Strukturreformen sind eindeutig notwendig. Es muss zu einer besseren Vernetzung
der Leistungsangebote kommen, um vor allem Kosten senkende Synergieeffekte
erzielen zu können.
Meine Damen und
Herren! Hohes Einsparungspotential sehen wir natürlich auch zum Beispiel bei
den Medikamentenkosten, aber vor allem durch gezielte Präventivmaßnahmen in der
Gesundheitspolitik. Welche Einflüsse gefährden die Gesundheit? Sehr geehrte
Abgeordnete der ÖVP! Ich weiß, dass ich Sie jetzt möglicherweise mit dem Thema
Arbeitslosigkeit langweilen könnte, das Sie als „Mickeymouse-Thema“ bezeichnet
haben, aber ich möchte Sie darauf aufmerksam machen, welche Folgen daraus
entstehen. Derzeit sind 304 000 Österreicherinnen und Österreicher
arbeitslos, davon 47 100 Jugendliche und 90 000 Ältere, das
heißt, Leute über 45 Jahre.
Meine Damen und
Herren! Die derzeitige Situation auf dem Arbeitsmarkt macht Menschen, die
arbeitslos sind oder von Arbeitslosigkeit bedroht sind, Angst. (Ruf bei der
ÖVP: Angst macht die SPÖ!) Wenn wir der Jugend keine Perspektiven auf
Bildungs-, Ausbildungs- und Beschäftigungsmöglichkeiten geben, endet dies in
Orientierungslosigkeit und viel zu oft in Suchtabhängigkeiten.
Armut schafft mögliche
Barrieren im Gesundheitssystem. Frau Abgeordnete Partik-Pablé! Auf „nur“
13 Prozent von Armut Betroffene können wir keinesfalls stolz sein.
Vergessen Sie nicht die Dunkelziffer! (Beifall bei der SPÖ.)
Immer mehr
Beschäftigte werden gemobbt, immer mehr nehmen aus Angst vor Verlust ihres
Arbeitsplatzes den Krankenstand nicht mehr in Anspruch. Der Anteil jener
Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, die krankheitsbedingt in Pension geschickt
werden, steigt permanent. Deshalb ist es unumgänglich, dass die Bedingungen an
den gesundheitsunfreundlichen Arbeitsplätzen verbessert werden. Dies kann
besonders auch durch eine bessere betriebsinterne medizinische Vorsorge
erzielt werden. Allein die Ausgaben für Pensionen aus dem Versicherungsfall
der geminderten Arbeitsfähigkeit kosten ein Vermögen.
Meine sehr
geehrten Damen und Herren! Angst, Orientierungslosigkeit, Mobbing und Armut
sowie gesundheitsgefährdende Arbeitsbedingungen machen krank und verursachen
hohe Kosten. Arbeitsplatzsicherung, Jugendbeschäftigungsmaßnahmen,
Armutsbekämpfung und gesunde Arbeitsbedingungen tragen dazu bei,
Versorgungskosten erst gar nicht entstehen zu lassen. Bei einer Reform ist es
unter anderem daher sehr wichtig, besonderes Augenmerk auf eine qualitativ
hochwertige Gesundheitsvorsorge zu legen. Der Weg, den die ÖVP heute in den
„Salzburger Nachrichten“ beschreibt und vorschlägt, ist alles andere als
sozial. (Anhaltender Beifall bei der SPÖ.)
12.48
Präsident
Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr
Abgeordneter Dipl.-Ing. Scheuch. Freiwillige Redezeitbeschränkung:
5 Minuten. – Bitte.
12.48
Abgeordneter Dipl.-Ing. Uwe Scheuch (Freiheitliche): Werter Herr Präsident! Geschätzter Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn die Kollegen der SPÖ etwas weniger Zeitung lesen und sich mehr mit den Problemen des Staates auseinander setzen würden, dann könnten wir uns hier viele dieser Diskussionen ersparen. (Beifall bei den Freiheitlichen. –
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 70 |
Abg. Reheis: Schauen Sie in Ihre eigenen Reihen!) – Schreien
ist eine Stärke, das stimmt, Furcht eine Schwäche.
Geschätzte
Kolleginnen und Kollegen! Wir haben im letzten Gesundheitsausschuss mittels
Vier-Parteien-Antrag darüber abgestimmt, auch die Freigabe von nicht
zugelassenen Arzneimitteln im Extremfall durchzusetzen. Ich möchte hier
erwähnen, dass bereits im Arzneimittelgesetz der letzten Legislaturperiode
festgestellt wurde, dass diese Freigabe im Einsatzfall für Soldaten gestartet
wird, und ich bin davon überzeugt, dass es deshalb jetzt zu einer Verbesserung
kommen wird, weil es auch die österreichische Bevölkerung verdient geschützt zu
werden, sobald irgendeine Gefahr oder eine Bedrohung besteht. (Beifall bei
den Freiheitlichen.)
Ich möchte noch
einmal erwähnen, dass es hier nicht nur um ein Mittel gegen Pocken geht. Nein!
Es geht hier sehr wohl auch um Mittel gegen jegliche Bedrohungen. Es geht hier
sehr wohl auch um die Freigabe von Arzneimitteln in den verschiedensten
Bereichen.
Ich muss aber auch
sagen, dass ich sehr positiv – ich betone das: sehr positiv! – überrascht
bin, wie konstruktiv die SPÖ und die Grünen bei diesen Anträgen mitgewirkt
haben. Es sind dies diese politischen Sternstunden, in denen alle hier im
Nationalrat vertretenen Parteien bereit sind, für die Sache und für die
Menschen zu arbeiten. (Zwischenruf der Abg. Silhavy.)
Liebe Kollegin!
Wenn Sie reden wollen, dann kommen Sie bitte heraus, dann spreche ich gerne mit
Ihnen darüber. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Silhavy.)
Es ist nur so,
liebe Kollegin: Diese Sternstunden sind leider meistens nur Sternschnuppen,
denn leider – das hat sich in der vergangenen Legislaturperiode sehr oft
gezeigt –, wann immer es um sachpolitische Themen geht, ist die
SPÖ ... (Zwischenruf der Abg. Mag. Trunk.)
Frau Kollegin
Trunk ist auch wieder hier. (Abg. Mag. Trunk: Immer!) Das
freut mich! Das freut mich besonders! Ich sehe sie sehr oft hier. (Abg.
Mag. Schweitzer: ... auf der Intensivstation! – Gegenrufe
bei der SPÖ.) – Vielleicht darf ich fortfahren, ihr könnt euch alle
später noch zu Wort melden.
Das ist dann
sicherlich, wie Herr Kollege Lackner bewiesen hat, eben nur eine Sternschnuppe,
weil sofort wieder zu dieser Parteipolemik übergegangen wird. Anstatt über
Gesundheit zu sprechen, wird über Arbeitsplätze gesprochen. Mich wundert es
wirklich, dass nicht bereits wieder über Abfangjäger und
Regierungsbeteiligungen gesprochen wurde. Aber das werden wir ja am Nachmittag
erleben.
Ich möchte an
dieser Stelle an alle appellieren, dass die Gesundheitsthematik Vorbildwirkung
haben soll. Die Gesundheitsthematik soll und muss Vorbildwirkung
für alle hier im Nationalrat vertretenen Parteien haben. Wenn wir bei
wichtigen Themen nicht das Wohl des Volkes vor unsere Privatinteressen und vor
unsere Parteiinteressen stellen, dann wird die Bevölkerung nicht nur über die eine
oder andere Partei lachen, dann wird sie über alle Parteien
lachen. Das möchte ich Ihnen ins Stammbuch schreiben, weil ich davon überzeugt
bin, dass wir es in der jetzigen Zeit brauchen könnten, Einigkeit in wichtigen
Fragen zu zeigen.
Da bin ich schon
ein wenig verwundert, denn im Jänner bin ich hier gesessen und alle haben
gemunkelt: Schwarz und Grün werden in eine Regierung gehen. Es hat sich eine
breite Front dagegen aufgetan. Jetzt wird gemunkelt: Schwarz und Blau werden in
eine Regierung gehen.
Meine lieben
Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie doch einmal die Verhandlungen zu Ende
gehen! Kaffeesud lesen und Knochen werfen sind hier nicht gefragt! (Beifall
bei den Freiheitlichen.) Nur mit konstruktiven Verhandlungen wird es ein
Ergebnis geben.
Ich als kleiner
Vertreter meiner Fraktion wage noch nicht zu behaupten, wie es ausgehen wird.
Sie scheinen es ja zu wissen. Entweder haben Sie gute Informanten oder Sie sind
nur traurig darüber, dass Sie aus dem Rennen sind.
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 71 |
Abschließend,
werte Kolleginnen und Kollegen, möchte ich die Zeit auch nutzen, um noch einmal
zum Thema Gesundheit zurückzukommen. Das ist nämlich das Thema der momentanen
Diskussion. (Abg. Heinisch-Hosek: Ja! Genau! Sie haben es erkannt!
Super!)
Ich glaube, es ist
an der Zeit, dass auch einmal jemand hier das Wort für unseren Minister ergreift,
denn Gesundheitsminister Herbert Haupt war es, der in den letzten Jahren, egal,
wie kompliziert die Sache war, egal, wie dringend und vordringlich die
Probleme in der Republik waren, immer einen kühlen Kopf bewiesen hat. Minister
Haupt war es, der immer zur Stelle war, wenn es Probleme gegeben hat – sei
es die BSE-Problematik oder seien es anderen Dinge. (Beifall bei den
Freiheitlichen.)
Liebe Kolleginnen
und Kollegen! Ich deponiere abschließend einen Wunsch: Egal, wie die Regierungsbildung
ausgehen wird, und egal, wer in Zukunft die Geschicke dieses Landes leiten
wird, ich hoffe, dass Herr Minister Haupt dort eine tragende Rolle spielen und
weiterhin dafür sorgen wird, dass unser Gesundheitssystem auch in Zukunft
machbar, leistbar und finanzierbar bleibt. – Danke schön. (Beifall bei
den Freiheitlichen sowie des Abg. Dr. Khol.)
12.54
Präsident
Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr
Abgeordneter Kößl. – Bitte.
12.54
Abgeordneter
Günter Kößl (ÖVP): Herr Präsident! Herr
Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren des Hohen Hauses! Vorweg möchte ich
ein paar Worte zu den Ausführungen der Vorredner anbringen. Ich glaube, wir
haben in Österreich eine Gesundheitsversorgung auf höchstem Niveau. Unser
gemeinsames Ziel muss es sein, dass wir auch weiterhin dieses hohe Niveau in
der Gesundheitsversorgung halten können, aber das muss auch finanzierbar sein.
Es hat keinen
Sinn, dass man von dieser Stelle aus Zeitungsberichte dementiert, bringt und
wieder dementiert, sondern ich glaube, dass es vorwiegend an uns liegt, dass
wir im Gesundheitsausschuss konstruktiv zusammenarbeiten, damit wir dieses
hohe Gesundheitsniveau in Österreich auch künftig halten können.
Sehr geschätzte
Damen und Herren! Die heute zur Beschlussfassung vorliegende Gesetzesänderung
ist auf Grund der derzeitigen angespannten weltpolitischen Situation, aber auch
auf Grund der zunehmenden terroristischen Bedrohungsszenarien auf verschiedene
Art und Weise von großer Wichtigkeit.
Dass dieser
Gesetzesantrag von allen vier Parteien unterstützt und getragen wird, zeigt,
dass in diesem Hohen Haus mit großer politischer Verantwortung zum Schutz der
Bevölkerung gearbeitet und agiert wird. Man kann zwar sagen, dass die
tatsächliche Bedrohung – kriegerische und terroristische Bedrohung –
für unser Land als gering einzuschätzen ist, aber sie ist nicht ausgeschlossen
und kann nicht ausgeschlossen werden. Es muss uns aber auch bewusst sein, dass
bakteriologische und chemische Waffen keine Landesgrenzen kennen. Im Zuge des
hohen Reiseaufkommens, das es weltweit gibt, ist es nicht ausgeschlossen,
dass, auch wenn diese Waffen woanders eingesetzt werden, diese auch
Auswirkungen auf unser Land haben.
Der jetzige
Anlassfall, nämlich die Möglichkeit einer breiten Pockeninfektion, war
ausschlaggebend für diese Gesetzesänderung. Das zuständige Ministerium und die
Bundesregierung haben diesem Risiko sofort Rechnung getragen und durch die
Anschaffung von Impfstoffen Vorsorge getroffen. Seit über 20 Jahren gibt
es in Österreich keine Pockenimpfungen mehr, und daher war es auch notwendig,
Impfstoffe in dieser Menge einzulagern. Tatsächlich wären die Impfstoffe,
auch wenn sie gelagert gewesen wären, schon lange veraltet und eine optimale
medizinische Versorgung wäre sicherlich nicht gewährleistet.
Was beinhaltet
diese Gesetzesänderung? – Erstens: dass in Notsituationen und in Katastrophenfällen
Arzneimittel und Impfstoffe angewandt werden können, die in Österreich nicht
oder noch nicht zugelassen sind, in anderen Ländern aber erprobt sind und deren
Anwendung als unbedenklich einzustufen ist. Voraussetzung ist aber, dass in
Österreich zugelassene Medikamente oder Impfstoffe nicht oder in nicht
ausreichender Menge zur Verfügung stehen.
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Zweitens: Die
Ausweitung des Direktbezuges von Arzneimitteln durch Gebietskörperschaften vom
Hersteller oder Großhändler auch bei Katastrophen, Krisen und Kriegssituationen
und die Entgegennahme von Schenkungen bei derartigen Notsituationen sind eine
vernünftige und unbürokratische Vorgangsweise.
Es geht bei dieser
Gesetzesnovelle um einen zentralen Bestandteil politischer Verantwortung, nämlich
um die zivile Landesverteidigung und den Zivilschutz. Der Zivilschutz greift
aber nur dann, wenn in der Bevölkerung das Bewusstsein dafür vorhanden ist und
schon vor einem möglichen Ereignis die entsprechenden Maßnahmen
geplant und geübt werden. Der politischen Verantwortung wurde hier Rechnung
getragen, und die Sicherheit der Menschen in diesem Lande muss auch jederzeit in
unserem Gesamtinteresse stehen. (Beifall bei der ÖVP.)
12.59
Präsident
Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr
Abgeordneter Spindelberger. – Bitte.
12.59
Abgeordneter
Erwin Spindelberger (SPÖ): Herr Präsident! Herr
Staatssekretär! Hohes Haus! Ich möchte eingangs gleich auf die Ausführungen des
Herrn Abgeordneten Scheuch eingehen, weil ich glaube, dass nicht immer nur die
lauteren Argumente die besseren sind, sondern wir sollten uns schon an Taten
messen. (Abg. Mag. Mainoni: Manche können lauter reden!)
Ich freue mich,
dass gerade bei meiner ersten Rede im Plenum ein wichtiger Schritt passiert,
nämlich eine Vier-Parteien-Einigung, bei der es darum geht, die Versorgung mit
Pockenimpfstoff zu gewährleisten. Das ist für die österreichische Bevölkerung
wichtig.
Aber wenn ich
jetzt auf das Gesundheitsthema eingehe, dann erlauben Sie mir ein Zitat, das
lautet: Gleichgültigkeit jeder Art ist verwerflich, sogar die Gleichgültigkeit
gegen uns selbst. – Es stammt von niemand Geringerem als von Marie von Ebner-Eschenbach.
(Abg. Mag. Schweitzer: Das heißt: von keinem Geringeren!)
Genauso habe ich
die Politik, die Gesundheitspolitik der letzten drei Jahre erlebt. Das muss ich
sagen, wenn es darum geht, Ihre Leistungen jetzt wirklich einmal zu messen.
Und wenn es heißt
„Furcht ist Schwäche“, dann, muss ich sagen, bin ich schwach, denn ich fürchte
mich, wenn dieser Kurs der letzten drei Jahre, dieser Stil der sozialen Kälte
in der Form fortgesetzt wird, dass man ausschließlich darangeht, die
Krankenkassen auszuhungern und den Versicherten mit so genannten neuen Reformen
immer mehr in die Tasche zu greifen. (Beifall bei der SPÖ.)
Kein Deut war in
der abgelaufenen Legislaturperiode bemerkbar, dass man wirklich die Absicht
hat, mit Kompetenz daranzugehen, das bestehende Pflichtversicherungssystem zu
stärken und auf gesunde finanzielle Beine zu stellen. Hätten Sie sich wirklich
intensiv mit der Materie der Sozialversicherung, ja mit dem gesamten
Gesundheitswesen auseinander gesetzt, dann würden wir nicht heute tagtäglich
in den Medien lesen, wie ruinös die Krankenkassen zum Beispiel sind. (Beifall
bei der SPÖ. – Abg. Wittauer: Ihr Verschulden, nicht unseres!)
Anstatt stolz zu sein, dass Österreich eines der besten, effizientesten und
billigsten Gesundheitssysteme hat – aus einer Studie der WHO, in deren
Rahmen 1 991 Staaten überprüft wurden, geht hervor, dass Österreich
an hervorragender neunter Stelle liegt –, machen Sie immer wieder mit
einseitiger Polemik eine Politik, in der Sie gegen die Pflichtversicherung
auftreten, und führen tagtäglich unnötige Diskussionen über Selbstbehalte. Wenn
es auch heißt, man darf nicht alles glauben, was in den Zeitungen steht (Abg.
Steibl: Was ist Ihnen in der steirischen Gebietskrankenkasse passiert?),
es stimmt nicht alles, was in den Zeitungen steht, dann meine ich aber doch,
dass sie gut informiert sind, wenn sie darüber berichten, dass die Versicherten
in Zukunft für den Besuch beim Praktiker 5 € und beim Facharzt 10 €
bezahlen sollen, unter dem Motto „Darf es für die Kranken ein bisserl mehr
sein?“. (Beifall bei der SPÖ. – Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn
übernimmt den Vorsitz.)
Was heute gefragt wäre, wäre meiner Ansicht nach nicht täglich ein Spiel mit den Ängsten der Kranken, sondern etwas anderes: Wir brauchen einen sozialen Frieden und einen möglichst
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fairen und chancengleichen Zugang zu unserem Gesundheitswesen. Denn immerhin
reden wir über das wichtigste Gut des Menschen, und das ist nun einmal die
Gesundheit. Die Politik der letzten drei Jahre war für mich katastrophal, was
das anlangt. (Zwischenruf der Abg. Steibl.) Allein durch
Maßnahmen der Bundesregierung – es wäre gut gewesen, hätten Sie auch dem
Abgeordneten Grünewald zugehört – ist den Kassen ein Abgang von
185 Millionen € entstanden, und zusätzlich, weil das noch zu wenig
ist, wurden Belastungen für die Versicherten im Ausmaß von
120 Millionen € beschlossen. Das ist eine Politik, die Sie nicht
wahrhaben wollen, und, um auf Marie von Ebner-Eschenbach zurückzukommen, eine
Politik der Gleichgültigkeit, wenn es um das Gesundheitswesen und die kranken
Menschen geht. (Beifall bei der SPÖ. – Neuerlicher Zwischenruf der
Abg. Steibl.)
Gehen Sie endlich
einmal daran, das bestehende gute System nicht finanziell krank zu reden,
sondern finanziell zu konsolidieren und den Anforderungen der Gegenwart und der
Zukunft anzupassen! Wir haben genug Vorschläge, die nicht einseitige
Klientelpolitik, die nicht einseitige Parteipolitik sind, auf den Tisch gelegt.
Zeigen Sie, dass Sie Reformwillen haben! Senken Sie den Preis von Arzneimitteln
zum Beispiel auf EU-Niveau! Verstärken Sie durch Maßnahmen das Projekt
„Arzneidialog“, begrenzen Sie aber auch die Ausgaben im Bereich der Ärzte! Da
gibt es viele Punkte, zum Beispiel Preiskontrollen bei Medikamenten auf
EU-Ebene.
Bekennen Sie sich
auch zur Bekämpfung der Schwarzarbeit in Österreich, denn allein dadurch
könnten schon Milliarden eingenommen werden! Allein durch diese Maßnahme wären
540 Millionen € zu lukrieren. Wir bräuchten nicht jeden Tag den
Leuten ins Taschel zu greifen, so wie Sie es derzeit tun.
Spielen Sie nicht
Problemverursacher, sondern packen Sie endlich die Probleme an!
Damit ich keinen
Ordnungsruf bekomme, Herr Präsident, zitiere ich jetzt eine APA-Aussendung des
Wiener Ärztekammerpräsidenten von heute, die mir gerade zugekommen ist. „Der
Wiener Ärztekammerchef fordert die zukünftige Regierung auf, eine konstruktive
Gesundheitspolitik“ im Sinne des Solidargedankens anstatt ideenlose
Geldeintreibungsaktionen auf Kosten kranker Menschen „zu machen“.
Dorner weiter: „Wenn
das alles ist, was der neuen Regierung in Sachen Gesundheitspolitik einfällt,
und möglicherweise noch Ähnliches dazukommt, dann erkläre ich sie jetzt schon
für krank.“ (Beifall bei der SPÖ.)
13.05
Präsident
Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn:
Als nächste Rednerin
zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Höllerer. – Bitte.
13.06
Abgeordnete
Anna Höllerer (ÖVP): Sehr geehrter Herr
Präsident! Werter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Gestatten Sie mir, dass ich
auch gleich am Anfang auf die Diskussion des österreichischen
Gesundheitssystems eingehe.
Österreich hat ein
sehr leistungsfähiges Gesundheitssystem – das wurde auch von all meinen
Vorrednern entsprechend betont –, das auch im internationalen Vergleich
sehr gut abschneidet. Selbstverständlich ist die Finanzierbarkeit in
Diskussion, und die ÖVP scheut sich nicht, dieses heiße Eisen anzugreifen. Wir
wissen, dass Reformen notwendig sind, um die Absicherung des so gut
funktionierenden Gesundheitssystems auch für künftige Generationen
gewährleisten zu können. Es sind Reformen notwendig, da darf es keine
Tabuthemen geben. Man muss überall nachfragen und nachforschen, wo man mit
Reformen ansetzen kann.
Sehr geehrte Damen
und Herren der anderen Fraktionen! Sie werden in diesem Haus noch Zeit genug
haben, dieses Thema eingehend zu diskutieren.
Zum heutigen Thema, zum Bundesgesetz, mit dem das Arzneimittelgesetz geändert wird. Heimtückische Terrorangriffe mit Pockenviren – das ist ein Horrorszenario, vor dem derzeit weltweit viele Menschen Angst haben. Wir wissen, dass wir dieses Risikopotenzial nicht als ge-
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ring einschätzen dürfen, dass aber Panikstimmung
selbstverständlich nicht angesagt ist. Es ist der Konflikt zwischen den USA und
dem Irak, der sich zuspitzt und der natürlich eine umfassende Anpassung des
Arzneimittelgesetzes auch in Österreich angesichts der derzeitigen weltpolitischen
Situation als dringend notwendig erscheinen lässt.
Viele europäische
Länder haben bereits für diesen Ernstfall, der eventuell passieren könnte, Vorsorge
getroffen. Bioterror – das ist das Schlagwort, das eine Zeit lang unsere
Zeitungstitel beherrscht hat. Wir reden hier bei dieser Gesetzesänderung von
Pockenimpfstoff, der von der Bundesregierung unter Bundeskanzler Schüssel in
der ersten Tranche bereits im Dezember 2002 angeschafft wurde. Es werden noch
weitere Tranchen folgen. Es ist ein Pockenimpfstoff der modernen, der neuen
Generation, der wesentlich weniger Nebenwirkungen aufweist als der altbekannte
Pockenimpfstoff, der zurzeit auch gar nicht erhältlich wäre, da er als
ausverkauft gilt.
Auch wenn hier
angeschnitten wurde, dass Pocken lediglich eine Variante von Biowaffen sind,
die eventuell zum Einsatz kommen könnten, so muss ich doch darauf hinweisen,
dass die Pockenerkrankung eine Erkrankung ist, die in sehr kurzer Zeit einen
sehr großen Personenkreis erwischen könnte, da Pocken sehr stark ansteckend
sind. Es ist daher notwendig, dass Österreich in einem Ernstfall sehr rasch
und flexibel reagieren kann.
Zu den
Nebenwirkungen und zu der Tatsache, dass der Impfstoff, der jetzt angekauft
wird, noch nicht zugelassen und endgültig erprobt ist, möchte ich nur sagen,
dass die Nebenwirkungen bei dem altbekannten Impfstoff sehr gewaltig waren.
Vielleicht darf ich auf Grund eigener Betroffenheit hier reden. Mein Sohn,
der 1974 geboren wurde, wurde im Alter von zwei Jahren gegen Pocken
pflichtgeimpft. Es kam zu einer sehr sensiblen Überreaktion. Nach Fieberschüben
bildeten sich Blasen auf der Zunge und in der Mundhöhle und in weiterer Folge
auch auf anderen Körperteilen. Er musste eineinhalb Wochen im Krankenhaus
St. Pölten stationär aufgenommen werden und war dort in einem sehr
abgeschirmten Raum weitab von anderen Stationen in einem Gitterbett mit
Lederriemchen, so wie sie auch zur Sicherung der Kinder in Kinderwagen gebraucht
werden, festgemacht. Seine Hände waren mit engmaschigen Netzen umwickelt, damit
er sich nicht selbst kratzen und sich am Körper verletzen konnte.
Die
Kleidungsstücke mussten verbrannt werden, Spielzeug musste entsorgt werden, die
Familie musste gegen Pocken neuerlich geimpft werden. Für mich als junge Mutter
war das eine sehr schwierige Situation, da auch Folgeschäden zu dieser Zeit
noch nicht ausgeschlossen waren. Mein Sohn hat diese Erkrankung ohne weitere
Folgen bestens überstanden. Er war damals eine von 1 000 geimpften
Personen, die so empfindlich auf diesen Impfstoff reagiert haben.
Seit 1977 gibt es
keine Pocken-Impfpflicht in Österreich. Pockenviren gelten weltweit als ausgerottet.
Umso bedenklicher ist es natürlich jetzt, dass wir auf Grund der Terror- und
Kriegsbedrohungen in Europa wieder dafür gerüstet sein müssen, dass eventuell
Pockenviren wieder in unser Land und nach Europa gebracht werden könnten.
Ich persönlich
begrüße den Ankauf dieses modernen Medikamentes, das wesentlich weniger
Nebenwirkungen aufweist als der herkömmliche Impfstoff. Ich hoffe natürlich,
dass es eine Vorsorgemaßnahme bleiben kann, dass dieser Impfstoff nie zum
Einsatz kommen möge und dass es nicht notwendig wird, auf einen eventuellen
Terroranschlag zu reagieren.
Dieser
Vierparteienantrag wird hier im Parlament sicherlich beschlossen werden. Von
ÖVP-Seite her ist selbstverständlich die Zustimmung gewährleistet. (Beifall
bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)
13.11
Präsident
Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort
gemeldet ist Frau Abgeordnete Stadlbauer. – Bitte.
13.12
Abgeordnete Bettina Stadlbauer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Mit diesem Gesetz treffen wir Vorkehrungen, die Bevölkerung unter anderem im Falle von terroristi-
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schen Anschlägen
beziehungsweise kriegerischen Auseinandersetzungen zu schützen. Das ist
durchaus löblich. Und es ist natürlich unsere Pflicht, die österreichische
Bevölkerung im Krisenfall zu schützen. Das ist auch der Grund, warum die SPÖ
gemeinsam mit den anderen drei Parlamentsparteien diesen Antrag beschließen
wird.
Aber – und
das ist ein ganz großes Aber – ist es nicht noch viel wichtiger, dass sich
die österreichische Bundesregierung, falls es jetzt bald endlich wieder einmal
eine neue gibt, denn – zur Erinnerung – wir haben vor ungefähr
hundert Tagen gewählt und es ist noch immer die alte im Amt (Beifall bei der
SPÖ), dafür einsetzt, dass es zu keinen kriegerischen Auseinandersetzungen
kommt? Gerade jetzt wäre die Nagelprobe, und ich freue mich wirklich sehr, Frau
Außenministerin, dass Sie wieder hier sind, weil ich doch einige Fragen an Sie
habe und ich schon befürchten musste, dass Sie möglicherweise nicht die
Gelegenheit haben, diese auch zu beantworten.
Jetzt, während der
Irak-Krise, wäre die Nagelprobe gegeben. Mir kommt es zurzeit eher so vor, als
ob die maßgeblichen Personen wie die Kaninchen vor der Schlange säßen und sich
nicht positionierten. Das haben wir auch heute wieder in der Aktuellen Stunde
gesehen und gehört. In aller Eile, fünf Minuten vor zwölf, quasi fünf Minuten
vor einem möglichen Kriegsbeginn, wird noch schnell eine Aktuelle Stunde
abgehalten. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Präsident Bush wird auf Österreichs
Ratschläge warten! Ich bin ganz überzeugt davon!) Ich denke, dass das nur
deshalb war, damit das Gewissen der Regierung beruhigt wird. (Beifall bei
der SPÖ.)
Aber die
österreichische Tradition einer Außenpolitik, die aktive Friedenspolitik
einbringt, dieser Weg ist verlassen worden. Diesen Weg kann ich leider nicht
mehr sehen. (Abg. Dr. Ferrero-Waldner: Sie haben nicht
zugehört!)
Meine Damen und
Herren! Wenn dieser Krieg stattfindet, werden wie bei allen Kriegen Menschen
sterben, Menschen verletzt werden, Menschen ihre Angehörigen verlieren und für
ihr weiteres Leben traumatisiert sein. Kurz: Menschen werden unendliches Leid
erleben. In erster Linie werden es Frauen und Kinder sein, aber auch die
Männer, egal, ob als Angehörige der Militärs oder als Zivilpersonen. Krieg ist
kein taugliches Instrument, Konflikte zu lösen. – Das ist es, was die
Bevölkerung, auch die österreichische Bevölkerung von uns und von der Bundesregierung
hören will. Aber da bleibt die Regierung stumm. (Bundeskanzler Dr. Schüssel:
Was?) Die Botschaft der heutigen Aktuellen Stunde war: Ja, Krieg ist
etwas Schreckliches, aber das können wir nicht verhindern, und dieses Aber war
leider auch sehr groß geschrieben. (Beifall bei der SPÖ.)
Ich erinnere nur
an die Aussage des Herrn Verteidigungsministers. Er hat gesagt, militärische
Einsätze können nicht verhindert werden. Und ich erinnere daran, dass die Frau
Außenministerin sich wieder einmal nicht positioniert hat und wieder einmal
abwartet, was die anderen machen. Sie ziehen sich aus der Verantwortung, und
Sie beantworten nicht unsere Fragen: Wo sind Ihre Aktivitäten, um diesen Krieg
zu stoppen? Wo sind Ihre Initiativen? Was haben Sie im Rahmen der EU gemacht,
und vor allem was sind die Ergebnisse Ihrer Reisen, außer den Spesen?
Liebe Kolleginnen
und Kollegen! Mit diesem Antrag geben wir der Bevölkerung wieder ein Signal,
das sagt, wir sorgen vor, dass wir im Krisenfall gerüstet sind. Wenn etwas
passiert, dann haben wir vorgesorgt. Das finde ich auch wichtig, das trägt
sicherlich auch zur Beruhigung der Bevölkerung bei, und das sind wir den
Menschen auch schuldig. Aber wo bleibt Ihr Signal, wo bleibt das Signal, wir
unternehmen alles, um kriegerische Auseinandersetzungen zu verhindern? In
demselben Tempo, mit dem dieser Antrag eingebracht und beschlossen wurde,
sollten alle Anstrengungen unternommen werden, diesen Krieg zu verhindern, weil
es an der Zeit ist. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)
Sehr geehrte Damen und Herren! Ich stelle nochmals ausdrücklich fest, dass es sich bei diesem Antrag um einen Vierparteienantrag handelt. Das bedeutet, wir sind uns in diesem Fall einig. Für mich ist dieser Antrag ein Symbol, und zwar dafür, dass wir als SPÖ wieder einmal beweisen, dass wir nicht, so wie es ÖVP und FPÖ so gerne darstellen, stur auf Oppositionskurs sind
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und grundsätzlich alles
ablehnen. Nein, mit diesem Antrag beweisen wir wieder, dass wir auch in der
Opposition verantwortungsbewusst mitgestalten wollen und mitgestalten werden.
Wir übernehmen Verantwortung für dieses Land und vor allem für die Menschen,
die hier leben. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)
13.17
Präsident
Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet hat sich Herr
Staatssekretär Dr. Waneck. – Bitte, Herr Staatssekretär.
13.17
Staatssekretär
im Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen Dr. Reinhart
Waneck: Hohes Haus! Sehr geehrter Herr
Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Ich halte es nicht für
sehr zweckmäßig, zu einem Tagesordnungspunkt, wo sich alle vier
Parlamentsparteien ihrer demokratischen Verantwortung für die österreichische
Bevölkerung bewusst wurden, also zu einem gemeinsamen Antrag, eine
Gesundheitsdebatte abzuführen. Ich kann aber nicht umhin, einige Zahlen, die
offensichtlich hier im Raum beliebig oder nach Beliebigkeit verwendet werden,
ein wenig zu korrigieren beziehungsweise einige Argumente, die, wie ich
meine, aus früheren Legislaturperioden stammen, doch etwas richtig zu stellen.
Es wurde von
Selbstbehalten im Ausmaß von 30 Prozent im österreichischen Gesundheitswesen
gesprochen. Das ist natürlich ein Unsinn. Der Anteil an persönlichen Zahlungen
für Gesundheitsleistungen oder -einrichtungen beträgt 30 Prozent. Jener
im Bereich der Krankenkassen beträgt 11 Prozent und wird zum Teil von den
so genannten kleinen Krankenkassen mit bis zu zwischen 14 und 20 Prozent
getragen, und dies seit 25 Jahren! Alles andere ist in diesem
Zusammenhang unrichtig.
Es ist auch
unrichtig, dass die Krankenkassen ausgezehrt sind oder unter konkretem Finanzmangel
leiden. Das ist auch aus der vergangenen Zeit! Und wie wurde dem in den
vergangenen 30 Jahren unter sozialdemokratischer Verantwortung
begegnet? – Durch Einführung von 16 Selbstbehalten! Ich sage noch
einmal: Mit 16 Selbstbehalten wurde versucht, das Gesundheitssystem zu
sanieren, und trotzdem ist es am Ende des Jahres 1999 vor einem Scherbenhaufen
gestanden.
Was aber hat diese
Regierung zuwege gebracht? Es ist heute auch schon die ständig aufgehende
Schere zwischen Bruttoinlandsprodukt und den Einnahmen für die Krankenkassen
angeklungen. Genau diese Entwicklung haben wir gedreht. Im Jahre 2001
betrugen die Einnahmen der Krankenkassen 4,7 Prozent, aber die
Ausgabensteigerung nur 3,6 Prozent. Das nenne ich eine
Effizienzsteigerung. Außerdem haben die Krankenkassen – Sie können es
drehen und interpretieren, wie Sie wollen – ausgeglichen bilanziert.
Ich erinnere: Noch
im vergangenen Jahr wurde durch einen Ihrer Altpräsidenten ein Abgang von über
650 Millionen € prognostiziert. Tatsächlich waren es
38 Millionen.
Und ich stehe auch
dazu, dass diese Regierung soziale Kälte bewiesen hat, und zwar im Zurückdrängen
von ausschließlich politisch motivierten Funktionären in den Gesundheitseinrichtungen
dieses Landes. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ. – Beifall bei den
Freiheitlichen. – Rufe bei der SPÖ: Gaugg! Gaugg!)
Auch besteht
offensichtlich ein großer Irrtum, was den Bereich der Medikamente betrifft.
Alles, was hier gefordert wurde, ist, bitte, umgesetzt! Wir haben im
Jahre 2000 eine Steigerung bei den Medikamenten von 4,7 Prozent
gehabt, im Jahre 2001 von 5,6 Prozent und im vergangenen Jahr von
7,2 Prozent. Wenn alle Krankenkassen Österreichs sich an dem Modell, das
wir erarbeitet haben, beteiligt hätten, wären es auch da nur 5,6 Prozent
gewesen. Im Vergleich zu Europa liegt der Schnitt deutlich jenseits der
10 Prozent. Also zu glauben, dass da große Effekte zu erzielen sind,
gehört auch in den Bereich der Märchen.
Nun zum in Diskussion stehenden Gesetz. Ich wurde gefragt, was noch zusätzlich geschehen ist. Ich kann hiezu feststellen, dass sich die österreichische Bundesregierung und mein Ressort
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nach dem 11. September vom ersten Tag an der großen
potenziellen Gefahr und Verantwortung bewusst waren und von Anfang an
federführend in allen Bereichen – vor allem auch innerhalb der EU –
mitgewirkt haben.
Aus diesem Grunde
ist es auch gelungen, in sämtlichen mehr als 600 Verdachtsfällen von
Anthrax entsprechend vorzugehen. Und Sie alle wissen, dass die überwiegende
Zahl dieser Fälle außerhalb des öffentlichen Interesses wie vorgesehen mit
Einsätzen entsprechend gemanagt wurde.
Es ist auch in den
anderen Bereichen Vorsorge getroffen: Gegen Cholera/Typhus ist ausreichend
Impfstoff in Österreich vorhanden, sollte es zu einer Epidemie kommen.
Es ist ja auch
dieses Gesetz nicht ausschließlich ausgerichtet auf die Pocken, es ist
lediglich der Anlassfall hiefür, sondern es ist dazu gedacht, dass eben bei
künftiger Bedrohung welcher Art auch immer – und das muss nicht der
Bioterrorismus sein, es ist zu hoffen, dass es nicht der Bioterrorismus
ist – Vorsorge getroffen ist, dass entsprechend reagiert werden kann. Es
ist ja nichts Neues. Auch bisher konnte ein einzelner Arzt jedes in Österreich
nicht zugelassene Medikament über eine so genannte Klinikanforderung, wenn er
es als notwendig erachtet hat, zur Behandlung seiner Patienten auch aus dem
Ausland anfordern. Das ist jetzt im Katastrophenfall beziehungsweise bei
entsprechender Bedrohung auch den Körperschaften möglich. Da war eine Lücke zu
schließen.
Ich darf
vielleicht in diesem Zusammenhang noch feststellen, dass es in den vergangenen
drei Jahren gelungen ist, das österreichische Gesundheitssystem auf einem sehr
niedrigen finanziellen Niveau bestens zu erhalten, Fehler zu beseitigen,
Dinge zu verbessern – ich denke nur an jene Diskussion, die wir hier dazu
geführt haben –, etwa was die fehlenden Strahlentherapieplätze, die
Dialyse, die Cochla-Implantationen, Thyrogen und feuchte Maculadegenerationen
betrifft. Das waren krasse Fehlentwicklungen innerhalb des Systems; wir
konnten sie alle beseitigen.
Wenn Sie jetzt zum
Schluss noch vom Impfen reden, dann muss ich darauf verweisen, auch da ist es
uns gelungen – im Jahre 2001 erfolgte der Beschluss, und er ist auch
im Hauptverband entsprechend budgetiert –, dass sämtliche Säuglinge
beziehungsweise Kleinkinder bis zum zweiten Lebensjahr eine kostenlose Impfung
erhalten.
Ich glaube, das
sind alles Maßnahmen, die gezeigt haben, dass wir besonnen und richtig reagieren
und richtig vorbereiten.
Ein letztes Wort
zum Pockenimpfstoff. Auch hier ist wie bei jeder Versicherung immer das Risiko
abzuschätzen beziehungsweise auch verantwortungsvoll zu handeln. In Österreich
haben wir ein Gremium, das von Experten besetzt ist, nämlich den Obersten
Sanitätsrat mit seinem Impfausschuss, der entsprechende Richtlinien erstellt.
Auf genauen Grundlagen basierend ist eine stufenweise Anschaffung dieses
Impfstoffes vorgesehen, der zur Vollsicherung führt beziehungsweise im
Katastrophenfall diesen auch in einem Ballungsraum sofort beherrschbar macht.
Das führt dazu, dass wir eine abgestufte, gesicherte Versorgung haben, die auch
über einen längeren Zeitraum als fünf Jahre hinausgeht, und zwar anders als in
manchen Ländern, wo einfach meiner Ansicht nach gedankenlos in einer gewissen
Panikreaktion drauflos bestellt wurde. – Ich danke für Ihre
Aufmerksamkeit. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
13.24
Präsident
Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn:
Als nächste
Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Silhavy. – Bitte.
13.24
Abgeordnete Heidrun Silhavy (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Kollege Rasinger hat im Zusammenhang mit der Änderung des Arzneimittelgesetzes von Risikovorsorge gesprochen. Für diese Vier-Parteien-Initiative, Herr Kollege Rasinger, stimmt das, für das österreichische Gesundheitssystem allerdings nicht. Wir wollen mit diesem Vier-Parteien-Antrag
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die österreichische Bevölkerung schützen. Und es ist auch
unser Ziel, die österreichische Bevölkerung vor der Politik zu
schützen, die Sie in der vergangenen Legislaturperiode betrieben haben und die
Sie offensichtlich in unserem Gesundheitssystem weiter betreiben
wollen. (Beifall bei der SPÖ.)
Sie, meine Damen
und Herren, scheuen Reformen! Sie wollen dieses System gar nicht erneuern! Ein
Schuldenkarussell, Herr Staatssekretär, das haben Sie in Gang gesetzt; von
Sanierung überhaupt keine Rede! Weshalb mussten denn Rücklagen aufgelöst
werden? Warum drohen Ihnen nun die betroffenen Versicherungsanstalten mit der
Beschreitung des Rechtsweges? Können Sie uns das hier erklären, wenn Sie hier
so großartig Töne schwingen von Reformen, die angeblich gemacht worden sind? (Beifall
bei der SPÖ.)
Ihre Antworten auf
die Probleme des österreichischen Gesundheitssystems, meine Damen und Herren,
sind, neue Zugangsbarrieren zu schaffen: 5 € für den niedergelassenen
Arzt, 10 € für den Facharzt. Was sagt die Ärztekammer dazu? –
Katastrophal, Signal in die falsche Richtung, Strafgebühr und so weiter, lauten
die Kommentare.
Frau Abgeordnete
Rosenkranz, ich habe Ihnen zugehört, Sie haben von Solidarität gesprochen. Wie
steht es denn mit der Absicht, den Krankenversicherungsbeitrag für Pensionisten
auf 5 Prozent anzuheben? Haben Sie da Anleihe genommen bei Herrn Frad, der
gesagt hat: Die Medikamentenkosten steigen auch deshalb, weil ältere Menschen
in den letzten Jahren besonders viel brauchen? Vom Ökonomischen her wäre es
gescheiter, die Maschine abzudrehen. Die Gesellschaft muss sich klar werden,
was sie will.
Und wissen Sie,
was jemand aus dem Publikum gesagt hat? – In Österreich darf man nicht
sterben! So weit sind wir schon, so weit gehen die Befürchtungen der Menschen
bei der Art, wie Sie in diesem Gesundheitssystem Politik machen! (Beifall
bei der SPÖ.)
Besonders
interessant finde ich auch die geplante Zerschlagung der Allgemeinen
Unfallversicherungsanstalt, wenn wir vom Gesundheitssystem reden. Sie planen
die Zerschlagung, um im Gegenzug von allen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern
einen so genannten Freizeitunfallversicherungsbeitrag einzuheben. Sie
wollen die AUVA zerschlagen, obwohl Sie auf der anderen Seite sagen, die
Menschen müssen in Zukunft länger arbeiten. Neben vorhandenen Arbeitsplätzen
wird es dazu wohl auch notwendig sein, dass die Menschen gesund arbeiten
können. Und eine Einrichtung, die dafür Sorge trägt, ist die AUVA mit ihren
Diensten, die sie in der Prävention hat. Diese wollen Sie nun zerschlagen, um
weiterhin Ihren Weg zu gehen.
Sie steuern in der
Gesundheitspolitik denselben Weg wie im Pensionssystem: Leistungskürzungen
statt Modernisierung, Eigenrisiko durch Privatvorsorge. Die 30 Prozent
Eigenkosten, die wir heute schon zahlen, Herr Staatssekretär, sind ja genau ein
Beweis dafür, welchen Weg Sie steuern. Und Sie wollen sich immer weiter vom
solidarischen Umlageprinzip entfernen. Sie, meine Damen und Herren, marschieren
schon schnurstracks auf den vom Kollegen Grünewald zitierten Exerzierplatz zu. (Beifall
bei der SPÖ.)
Frau
Dr. Partik-Pablé hat heute im Zusammenhang mit der Behandlung des
vorangegangenen Tagesordnungspunktes, nämlich der Gesetzesreparatur bei der
Ausgleichszulage für Ehepaare, von Armutsbekämpfung gesprochen. Sie wollen aber
nun eine Milliarde € in der Gesundheitspolitik nicht einsparen,
sondern einkassieren, meine Damen und Herren! Und das ist schon
interessant, da geht es um Einkassieren von den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern,
da geht es um Einkassieren bei der österreichischen Bevölkerung. Vom Sparen
dort, wo Sie selbst gefragt und gefordert sind, nämlich in der Regierung
selbst, davon hört man nichts.
Kollege Scheuch,
ich spreche gerne auch die Bundesminister an. In dieser Bundesregierung gibt es
eine Vizekanzlerin und zwei Minister, die im September des vergangenen Jahres
zurückgetreten sind. Sie amtieren heute noch, und es kostet uns alle miteinander
233 000 €. Ich denke mir, dort hätten Sie beweisen können, dass Sie
tatsächlich Sparwillen haben! (Beifall bei der SPÖ.)
13.29
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 79 |
Präsident
Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn:
Als nächster Redner
zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Grünewald. – Bitte.
13.29
Abgeordneter
Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Herr Präsident! Herr
Staatssekretär! Hohes Haus! Staatssekretär Waneck hat sich zu Wort gemeldet und
gemeint, es sei hier mit falschen Zahlen operiert worden, die er berichtigen
wolle. Ich stelle einmal fest: Niemand hat gesagt, dass Selbstbehalte die
Größenordnung von 30 Prozent erreicht haben. Gesagt wurde vielmehr, dass
Österreich an dritter Stelle der Welt liegt, was private
Zuzahlungen oder überhaupt Zahlungen in das Gesundheitssystem betrifft. Der
öffentliche Anteil an den Gesundheitskosten ist damit von ursprünglich
80 Prozent auf 70 Prozent zurückgegangen. Das zur Wahrheit.
Interessant ist auch, dass Staatssekretär Waneck gemeint hat, bei den Medikamentenkosten seien die Einsparungspotenziale eher schon ausgelotet und ausgereizt, alles andere wären Märchen.
Ich hatte nicht
den Eindruck, dass in den Gesprächen mit der ÖVP Märchen erzählt wurden. Aber
ich habe auch keine Angst vor Märchen, die teilweise auch etwas Grausames in
sich haben, aber sie lassen einen doch noch ruhig schlafen. Angst habe ich
vielmehr gehabt – und das wiederhole ich nochmals – vor
Privatoffenbarungen einzelner maßgeblicher Personen innerhalb der ÖVP, die
gemeint hätten, Selbstbehalte in der Größenordnung von 250 Millionen €
wären ein taugliches Mittel für eine Sanierung des Gesundheitssystems. (Abg. Silhavy: Wie viel?)
250 Millionen €! (Abg. Silhavy:
Das ist ein Skandal!)
Die Forderung
lautete, 1 Milliarde sei einzusparen – das stand in der Zeitung, ich
verrate keine Geheimnisse aus den Koalitionsgesprächen –, und man müsste
diese apokalyptische Summe ganz einfach nur durch vier dividieren, und dann
käme heraus, was in den unterschiedlichen vier Bereichen einzusparen wäre.
Ich habe gemeint,
dass es nicht besonders intelligent sei, wenn man predigt, das österreichische
Volk sollte von Steuern entlastet werden, und sich dann zurücklehnt und sagt:
Liebe Freunde, ich habe euch Steuern nachgelassen, aber dafür zahlt ihr das
selber und jenes selber, und da kommt noch etwas dazu! Ich sage: Dem
Steuerzahler und der Steuerzahlerin ist es ziemlich „Powidl“, wohin 100 €
fließen, ob sie zum Staat als Steuern gehen und man das dann zurückbekommt
oder ob man das selber an den Arzt bezahlt, etwa an die Physiotherapeuten, an
die Logopädin, oder an die Universität in Form von Studiengebühren, was auch
immer. Das hat schon ein bisschen etwas – ich spreche für den ländlichen
Raum – mit Rosstäuscherei zu tun.
Die Hälfte dieses
Einsparungspotentials wäre einnahmenseitig. Es war für Sie immer wieder tabu,
einnahmenseitige Maßnahmen zu beschließen. Da möchte ich gern den Widerspruch
hören, den Sie ausloten. Steuern sind immer noch gerechter, weil sie
einkommensabhängig alle betreffen. Selbstbehalte treffen diejenigen, die
ohnehin schon durch Krankheit geschädigt sind. Das ist ein Riesenunterschied!
Ich habe Ihnen schon mehrfach erklären müssen, dass ärmere und bildungsfernere
Bevölkerungsschichten häufiger krank sind und früher sterben. Es trifft daher
eben jene, die durch das Leben „lackiert“ und geschlagen sind, und daher finde
ich das nicht sehr gerecht.
In Ihrem Bereich,
zu dem Sie gemeint haben, man könnte bei den Ländern durch überregionale Planung –
Leistungsangebotsplanung, Vereinheitlichung von Systemen –
Strukturmaßnahmen setzen, haben Sie sich zurückgelehnt und gesagt: Das wird vor
2005 und 2006 nicht gehen, denn da
gibt es den Finanzausgleich, den Föderalismus, die schwarzen Landeshäuptlinge
und -innen. Das war eine ziemlich einseitige Debatte, muss ich sagen.
Nun zum Schluss:
Was nie debattiert wurde, ist der Umstand, dass auch im Gesundheitssystem Anschubfinanzierungen
eine Rendite bringen können. 20 Prozent der Invaliditätspensionen gibt es
auf Grund psychiatrischer Diagnosen. Aber bei Psychotherapie auf Krankenschein
heißt es: Na gut, Konsens, aber zahlen, das geht jetzt nicht!
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 80 |
Über
50 Prozent der Krankenstände – das wird die Wirtschaft
interessieren – sind auf Erkrankungen des Bewegungs- und Stützapparates
zurückzuführen. Anstatt da Maßnahmen zu setzen, zu investieren und die Rendite
dann für Arbeitnehmer und Arbeitgeber und den Staat zu sehen, heißt es:
Konsens, ja, aber zahlen, das wissen wir nicht, ob das geht! Ich finde das ein
bisschen dürr. Damit komme ich zum Ende meiner Ausführungen und gebe der
Hoffnung Ausdruck, dass diese Dürrezeit einmal ein Ende hat. (Beifall bei
den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)
13.34
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.
Wünscht der Herr
Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.
Wir gelangen zur Abstimmung über den
Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 15 der Beilagen.
Ich ersuche jene
Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der
Zustimmung. – Der Gesetzentwurf ist einstimmig angenommen.
Wir kommen
sogleich zur dritten Lesung.
Ich bitte jene
Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung
ihre Zustimmung erteilen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist
ebenfalls Einstimmigkeit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung einstimmig
angenommen.
4. Punkt
Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Theresia
Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein
Allgemeines Behinderten-Gleichstellungsgesetz (Beh-GStG) erlassen wird (14/A)
Präsident
Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen nun zum 4. Punkt
der Tagesordnung.
Wir gehen in die Debatte ein.
Das Wort erhält zunächst die Antragstellerin, Frau Abgeordnete
Haidlmayr. Ihre Redezeit ist wunschgemäß auf 7 Minuten
eingestellt. – Bitte, Frau Abgeordnete.
(Alle
Debattenbeiträge zu diesem Tagesordnungspunkt werden von einander abwechselnden
Dolmetschern, die neben dem Rednerpult Aufstellung nehmen, in die
Gebärdensprache übersetzt.)
13.36
Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Herr Präsident! Herr
Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! 1995, 1999 und wieder am
20. Dezember 2002 haben die Grünen einen Initiativantrag zur Schaffung
eines Behinderten-Gleichstellungsgesetzes eingebracht. Bis jetzt standen wir
allein da mit der Forderung, dass Menschen mit Behinderung nicht behinderten
Menschen in allen Bereichen des täglichen Lebens gleichgestellt werden
müssen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)
Aber ich habe es
geschafft – und darauf bin ich wirklich stolz –, dass heute ein
Vier-Parteien-Antrag, nämlich der Antrag der Abgeordneten Haidlmayr, Huainigg,
Haupt und Lapp, eingebracht wird, in dem wir gemeinsam das Ziel anstreben, ein
Behinderten-Gleichstellungsgesetz in Österreich zu schaffen. Aber wir wollen es
nicht irgendwann, sondern es steht ganz konkret in diesem Antrag, dass es bis
Jahresende dem Parlament als Regierungsvorlage vorgelegt werden soll. Ich
glaube, dass das das wichtigste Zeichen ist, das wir hier in diesem Hohen Haus
im „Europäischen Jahr der Behinderten“ setzen können. (Beifall bei den
Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 81 |
Ich bin wirklich
unheimlich stolz darauf, denn das war mein vordringlichstes Ziel, seitdem ich
im Parlament bin, und dieses Ziel dürfte, wenn nicht noch vorher jemand
aussteigt, mit Jahresende erreicht sein. Damit wird die Gleichstellung von
Menschen mit Behinderung ein Stück mehr Realität werden, und die
Diskriminierungen werden dann hoffentlich aufhören. (Beifall bei den Grünen
und bei Abgeordneten der SPÖ.)
Das
Behinderten-Gleichstellungsgesetz ist deshalb so wichtig, weil darin auch
steht, dass Diskriminierung unter Strafe gestellt wird, denn das gibt
Menschen mit Behinderung endlich das Recht zu klagen, wenn sie diskriminiert
werden. Menschen, die Rechte haben, sind Menschen, die bessere Chancen im Leben
haben und die nicht mehr vom gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen sind.
Ich wünsche mir,
dass wir dann nicht mehr diskutieren müssen, ob Kinder mit Behinderung in die
Regelschule gehen dürfen. Ich wünsche mir, dass wir dann nicht mehr darüber zu
diskutieren brauchen, dass gehörlose Menschen ein Recht darauf haben sollen,
dass die Gebärdensprache als Sprache anerkannt wird. (Beifall bei den
Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)
Wir behinderte
Menschen wollen dann nicht mehr dankbar sein müssen, dass wir in einem öffentlichen
Verkehrsmittel mitfahren können, sondern da geht es um ein ganz klares Recht:
Auch wir sind TeilnehmerInnen dieser Gesellschaft, und diese Teilnahme werden
wir leben. Für diese Teilnahme haben wir Jahrzehnte gekämpft, und unsere
Rechte werden wir einfordern. Wir werden eine neue Lebensqualität erhalten,
nämlich die Qualität, dass wir nicht mehr von Haus aus Menschen zweiter Klasse
sind, sondern Menschen, die sich in der Gesellschaft ihren Platz suchen und ihn
auch finden. Die Nichtbehinderten müssen einfach anerkennen, dass es uns gibt
und dass wir ein Teil der Gesellschaft sind. (Beifall bei den Grünen und bei
Abgeordneten der ÖVP und der SPÖ.)
Für mich ist das
wirklich etwas ganz Besonderes, und ich habe eine Gänsehaut bis zu den Ohren,
denn wenn man für so etwas so lange kämpft und nie zu kämpfen
aufgehört hat, weil es um Rechte geht, um unsere Rechte, um die Rechte
behinderter Menschen, dann freue ich mich, wenn ich spüre, dass da Bewegung
ist, und wenn ich sehe, dass ich Überzeugungsarbeit geleistet habe, dass es in
vielen Bereichen Konsens gibt. Das ist keine Selbstverständlichkeit, sondern
das beweist, dass ich die Kraft habe, Dinge, die mir wichtig sind,
durchzusetzen.
Ich möchte mich
auch bei Frau Rauch-Kallat bedanken und erwähnen, dass wir in den Verhandlungen
wirklich Produktives geleistet haben. Ich bin mir sicher, dass die
Behindertenpolitik in diesem Hohen Haus in Zukunft auf jeden Fall eine grüne
Handschrift tragen wird. Ich glaube, dass ich das durchgesetzt habe, und
darauf bin ich sehr, sehr stolz. Ich weiß: Wir werden im Behindertenbereich
gemeinsam etwas weiterbringen.
Diesen Schub, den
wir heute machen, dürfen wir nicht mehr rückgängig machen, sondern diesen
Schub müssen wir im Interesse der behinderten Menschen beibehalten, weil
Gleichstellung ganz einfach ein Menschenrecht ist, und Menschenrechte gelten
selbstverständlich auch für Menschen mit Behinderung. – Danke schön. (Allgemeiner
Beifall.)
13.41
Präsident
Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort
gemeldet ist Frau Abgeordnete Rauch-Kallat. – Bitte.
13.42
Abgeordnete
Maria Rauch-Kallat (ÖVP): Herr Präsident! Herr
Staatssekretär! Hohes Haus! Sehr geehrte Frau Kollegin Haidlmayr, herzlichen
Dank für Ihren Dank, den ich retournieren möchte für die gute Zusammenarbeit,
die nicht nur wir in den letzten Wochen über Parteigrenzen hinweg für
Behinderte erreichen konnten, sondern die Gott sei Dank in diesem Hohen Haus
und in dieser Republik seit vielen Jahren in Behindertenfragen Usus ist.
Ich muss sagen – und ich bin jetzt schon seit 20 Jahren in der Politik –, es ist uns gelungen – eigentlich schon in den achtziger Jahren und vor allem mit der „Aktion Mensch“ in den späten
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 82 |
achtziger Jahren, die nicht bei allen
unumstritten war –, über Parteigrenzen hinweg Einigkeit zu finden, wenn es
darum ging, die Situation behinderter Menschen in Österreich zu verbessern.
Es gibt
Diskriminierung, das ist einfach unbestreitbar, und es hat vieler harter Arbeit
vieler engagierter, selbst betroffener Menschen und ihrer Eltern bedurft, um
Diskriminierungen abzubauen, aber es ist uns bisher noch nicht gelungen, sie alle
zu eliminieren.
Man kann vom
Gesetz her vieles tun, aber das Gesetz kann nicht alles tun. Es muss uns über
die gesetzlichen Regelungen hinaus gelingen, die Barrieren in den Köpfen und
vor allem in den Herzen der Menschen abzubauen – oft sind es ja nur
Bretter vor dem Kopf, und sehr oft ist es auch Unwissen.
Ich bin sehr froh,
dass es uns in Österreich gelungen ist, mit einer umfassenden Integrationsbewegung
die Integration behinderter Kinder vom Kindergartenalter an über die Schule bis
hin zum Beruf – da gibt es noch eine Menge zu tun – mehr oder weniger
möglich zu machen. Es gibt auch da immer wieder noch Barrieren, aber wir sind
dabei – und alle damit Befassten sind guten Willens –, da eine
optimale Situation für jedes Kind zu finden. Ich weiß, wovon ich rede, weil ich
eine jener war, die sehr intensiv um diese Integration des eigenen Kindes
kämpfen mussten.
Vieles hat sich
seither verändert, aber vieles ist noch immer zu tun. Daher bin ich sehr froh,
dass wir mit diesem Beschluss zu einem Behinderten-Gleichstellungsgesetz in
diesem Jahr 2003, dem „Europäischen Jahr der Behinderten“, einen ganz
wichtigen Schritt setzen werden, den sich die Behindertenorganisationen seit
vielen Jahren gewünscht haben.
Es ist richtig,
Theresia Haidlmayr ist die Vorkämpferin hier im Parlament, aber ich erinnere
mich, dass Franz-Joseph Huainigg, der nach mir als Abgeordneter der
Österreichischen Volkspartei hier noch sprechen wird, mich schon im
Jahre 1993/94 – ich war damals als Jugend- und Familienministerin
dafür zuständig – im wahrsten Sinne des Wortes gequält hat, um durchzusetzen,
dass in das Regierungsprogramm 1994 eine ähnliche Passage hineinkommt, was dann
auch geschah.
Ich meine, dass
dieser Schritt, den wir jetzt setzen, ein ganz wichtiger ist. Wir haben einen
ersten Schritt 1997 mit der Verankerung eines Antidiskriminierungsparagraphen
im Artikel 7 der Verfassung gesetzt. Es hat sich in weiterer Folge dann
eine Arbeitsgruppe betroffener Menschen im Bundeskanzleramt gemeinsam mit
Verfassungsexperten der mühevollen Arbeit unterzogen, alle österreichischen
Gesetzesmaterien zu durchforsten. Wir haben in einem ersten Schritt mit einem
Bündelgesetz gravierende Diskriminierungen schon beseitigen können, und wir
wollen jetzt den zweiten und wichtigen Schritt setzen. Und in diesem Sinne bin
ich sehr froh darüber, dass es auch heute wieder gelungen ist – trotz der
Aufregungen der letzten Tage –, zu einem gemeinsamen Vier-Parteien-Antrag
zu kommen, den Franz-Joseph Huainigg dann einbringen wird. – Danke sehr. (Allgemeiner
Beifall.)
13.47
Präsident
Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort
gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Lapp. Ihre Uhr ist wunschgemäß auf
7 Minuten eingestellt. – Bitte.
13.47
Abgeordnete
Mag. Christine Lapp (SPÖ): Herr Präsident! Herr
Staatssekretär! Hohes Haus! Das Jahr 2003 ist das „Europäische Jahr der
Behinderten“, und wir müssen auch in Österreich im Bereich der Behinderten
Chancen ergreifen. Wir dürfen nicht nur darin verharren, in die Köpfe der
Menschen mehr Bewusstsein und in ihre Herzen mehr Sensibilität in Bezug auf den
Umgang mit behinderten Menschen zu bringen, sondern wir müssen auch danach
trachten, dass ein Behinderten-Gleichstellungsgesetz in Österreich Wirklichkeit
wird. Deshalb halte ich es für wesentlich und wichtig, dass wir uns auf einen
Entschließungsantrag einigen konnten, der vorsieht, dass eine Arbeitsgruppe im
Bundeskanzleramt gemeinsam mit Expertinnen und Experten aus der
Behindertenbewegung ein Gleichstellungsgesetz erarbeiten soll, das wir dann im
Nationalrat zu beschließen haben werden.
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 83 |
Es sind
800 000 Menschen in Österreich, die vom Rand der Gesellschaft in die
Mitte der Gesellschaft kommen müssen, die vom Rand der Gesellschaft in unsere
Alltagswelt kommen müssen, und diese heutige Diskussion ist dazu ein wichtiger
Beitrag.
Wir haben uns im
heurigen Jahr in diesem Bereich viel vorgenommen. Es liegt bereits ein Bericht
über die Lage der behinderten Menschen in Österreich vor – ich weiß nicht,
ob er dem Hohen Haus wieder zugegangen ist, er wurde nämlich
zurückgezogen –, dennoch ist es wesentlich und wichtig, sich anzuschauen,
wie behinderte Menschen in unserer Gesellschaft leben.
Das Motto des
„Europäischen Jahres der Behinderten“ lautet „Get on board!“ – Steigen Sie
ein! –, und ich möchte Sie bitten, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
Hohes Haus, dass Sie auch auf dieses Thema einsteigen. Ich möchte Ihnen
Beispiele aus dem Leben von behinderten Menschen, von Menschen, die in ihrem
Familienumfeld behinderte Menschen als Angehörige haben, erzählen, und dann
werden Sie verstehen, warum es so wesentlich und wichtig ist, dass es ein
Behinderten-Gleichstellungsgesetz gibt, um diesen Menschen
Sanktionsmöglichkeiten in die Hand zu geben, damit sie in unserer Gesellschaft
mit uns leben können.
Es gab in einem
Bundesland den Fall, dass ein Kind eine Aufnahmeprüfung für den Kindergarten
machen musste – der Bub hatte Down-Syndrom. Doch das war nicht vor
20 Jahren oder vor 30 Jahren, sondern das war vor zwei Jahren!
Manchen Kindern
ergeht es so, dass ihren Eltern geraten wird, sie nicht in die Schule zu geben –
also der Schulbesuch ist unpassend –, sondern ihnen das Wissen durch einen
Privatlehrer oder durch einen Hauslehrer zu vermitteln. Auch das ist nicht
vor 20 oder 30 Jahren gewesen, sondern in der jüngsten Vergangenheit.
Im Zuge meiner
Recherchen bin ich draufgekommen, dass das Schulgesetz, das die Integration
ermöglichen sollte, nicht einheitlich in ganz Österreich vollzogen wird. So
wurde zum Beispiel einer Mutter eines entwicklungsverzögerten Kindes geraten,
weil die sonderpädagogische Betreuung in der Schule darin bestand, dass dem
Kind für zwei Stunden eine Lehrerin zur Seite gestellt wurde und diese Lehrerin
dann mit dem Kind gespielt hat und mit ihm spazieren gegangen ist und nicht
darauf geachtet hat, dass das Kind unterstützt und gefördert wird, das Kind in
ein Internat in einem anderen Bundesland zu geben.
Ich denke, all das
sind Dinge, die wir im Auge behalten müssen. Es darf nicht so sein, dass wir
diese Kinder, diese Jugendlichen an den Rand der Gesellschaft drängen. Auch da
wird ein Behinderten-Gleichstellungsgesetz eine wichtige Handhabe bieten.
Im Zuge meiner
Recherchen bin ich auf sehr viele Angehörige und vor allem sehr viele Mütter
gestoßen, die sich als die wahren Power-Frauen in unserer Gesellschaft darstellen. Auch da
ist meiner Meinung nach eine Unterstützung der Angehörigen dringend notwendig.
Die Angehörigen müssen auch Urlaub von der Pflege nehmen können, sie brauchen
Informationen und Tipps und auch die Möglichkeit, dass sie sich mit
Gleichgesinnten treffen, und sie brauchen auch Unterstützung. Ihre Probleme
sollen nicht ein Randthema sein, sondern sollen ins Zentrum unseres
Bewusstseins rücken. Daher ist es auch sehr wesentlich und wichtig, dass das
Pflegegeld valorisiert wird.
Wenn man die
Hürden des Schulsystems überwunden hat, kommen die Hürden der Berufsausbildung,
und da ist – meine Vorrednerin, Frau Rauch-Kallat, hat das schon
angesprochen – noch sehr viel zu tun. Es müssen Ausbildungsplätze
geschaffen werden, und es muss berufliche Möglichkeiten geben, dass diese
jungen Menschen in den Arbeitsprozess eintreten und sich da beweisen können.
An dieser Stelle muss ich eine Kritik anbringen: Im Rahmen der Beschäftigungsoffensive hat sich die vergangene Bundesregierung mit der Behinderten-Milliarde, die eigentlich eine halbe war, ein sehr großes Ziel gesetzt, doch dieses Ziel hat sie leider nicht erreicht, denn wir haben derzeit in Österreich 34 000 arbeitslose behinderte Menschen. Es reichen die Beschäftigungs-
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 84 |
maßnahmen, die für diese
Menschen gesetzt wurden, nicht aus, und auch da ist eine Evaluierung
durchzuführen, damit das Geld effizienter eingesetzt werden kann.
Wenn man dann im
Beruf ist und es geschafft hat, dann kann es so sein, wie es einer blinden
Juristin in der Steiermark oder in Kärnten ergangen ist: Sie wurde nicht zur
Richteramtsanwärterprüfung zugelassen, weil sie blind ist. Sie wissen, die
Göttin Justitia hat verbundene Augen, um gerecht zu urteilen. Es ist wesentlich
und notwendig, dass wir ein Behinderten-Gleichstellungsgesetz beschließen,
damit sich solche Diskriminierungen aufhören. In Deutschland gibt es blinde
Juristen und Juristinnen auf allen Ebenen. Dort wurde bereits im vergangenen
Jahr ein Gleichstellungsgesetz beschlossen. Das soll auch für uns Ansporn und
Anspruch gleichermaßen sein.
Sehr geehrtes
Hohes Haus! Lippenbekenntnisse sind zu wenig. Bewegung ist angesagt – Bewegung
für Gleichstellung. „Get on board!“ – 2003 ist der richtige Zeitpunkt
dafür, steigen Sie ein! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der
Grünen.)
13.53
Präsident
Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort
gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé. – Bitte.
13.54
Abgeordnete
Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Sehr geehrte Damen
und Herren! Zuerst einmal muss ich Sie, Frau Kollegin Haidlmayr, schon
korrigieren. Sie haben Folgendes gesagt: Bis jetzt waren wir die
Einzigen – damit haben Sie die Grünen gemeint –, die die
Gleichstellung angestrebt haben. Das kann ich wirklich nicht gelten lassen,
denn alle
Parteien, die hier im Nationalrat sitzen, haben die Gleichstellung und die
Antidiskriminierung ganz groß auf ihre Fahnen geschrieben und immer dafür
gekämpft.
Alle Personen, die
hier mit Behindertenfragen zu tun haben, sind sich dessen bewusst, dass es
Diskriminierungen gibt und dass wir diese dringendst beseitigen müssen. Ich
selbst habe in der Vergangenheit immer wieder im Parlament mit sehr
signifikanten Beispielen darauf hingewiesen, wie Behinderte noch immer
diskriminiert werden. Ein weiterer Beweis, dass das ein Anliegen aller ist,
ist auch der Umstand, dass es seit 1998 eine im Bundeskanzleramt angesiedelte
Arbeitsgruppe gibt, die die verschiedenen Gesetzesmaterien nach gesetzlichen
Bestimmungen, die Behinderte diskriminieren, durchleuchtet.
Natürlich ist es
als großer Erfolg zu werten, dass wir heute einen gemeinsamen Antrag einbringen
können, der eine eingehende Diskussion und dann auch die Schaffung eines Antidiskriminierungsgesetzes
zum Inhalt hat. Ich freue mich auch, dass das gerade im „Europäischen Jahr der
Behinderten“ geschehen soll. Wie notwendig es ist, hier eine Rechtsvorschrift
zur Antidiskriminierung zu schaffen, das weiß jeder, der mit Behinderten zu
tun hat.
Frau Kollegin Lapp
hat schon einige Beispiele angeführt. Ich selbst bin Mutter einer behinderten
Tochter, die im Rollstuhl sitzt, und glauben Sie mir, jeder Ausgang, jedes
Freizeitvergnügen oder was auch immer wird zu einem Spießrutenlauf, weil man
nicht weiß, ob man mit jemandem, der in einem Rollstuhl sitzt, hineinkommen
oder nicht hineinkommen kann, ob man in einem Kino willkommen ist oder nicht
willkommen ist.
Ich erzähle Ihnen
auch ein Beispiel: Als ich mit meinem Kind in einem Wiener Kino war – wir
konnten ebenerdig in den Kinosaal hineingehen –, ist der Billeteur
gekommen und hat gesagt: Sie haben Glück, dass Sie heute kommen, denn morgen
ist ein anderer Kollege hier und der lässt einen Rollstuhlfahrer überhaupt
nicht in das Kino hinein!
Mit diesen und
ähnlichen Problemen ist jemand, der behindert ist, auch heute noch
konfrontiert. Es sind gerade die Länder diejenigen, die im
Veranstaltungsbereich viel dazu beitragen könnten, um diese Diskriminierungen
zu beseitigen. Aber die baulichen Barrieren, die es gibt, setzen sich fort bei
einem ganz normalen Spaziergang, setzen sich fort im Flugzeug, im Theater und
so weiter. Auf Schritt und Tritt – das muss man wirklich sagen – ist
ein behinderter Mensch durch bauliche Barrieren behindert.
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 85 |
Auf die
Behinderungen, die im Berufsleben und im Bildungsleben existieren, möchte ich
jetzt gar nicht eingehen, denn das hat Frau Kollegin Lapp schon angeschnitten.
Aber ich glaube, dass es wirklich dringend notwendig ist, dass wir uns
ernsthaft mit dieser Materie befassen, um zu einem guten Abschluss zu kommen.
Neben den
gesetzlichen Aktivitäten, die wir hier setzen, ist es natürlich auch notwendig,
dass die Bevölkerung sensibilisiert wird. Gesetze sind das eine – ich
glaube, Frau Rauch-Kallat hat es gesagt –, aber das Bewusstsein der
Bevölkerung, dass behinderte Menschen in verschiedenen Bereichen besonderer
Hilfe bedürfen, das ist genauso wichtig.
Es soll auch das
„Europäische Jahr der Behinderten“ dazu beitragen, diese Sensibilisierung zu
heben, und ich freue mich auch, dass es eine ganze Reihe von Aktivitäten gibt,
die den nicht behinderten Menschen vor Augen führen, inwieweit sie den behinderten
Menschen helfen können, ihr Leben leichter zu bewältigen. (Beifall bei den
Freiheitlichen und der ÖVP.)
13.58
Präsident
Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn:
Zu Wort gemeldet
ist als Nächster Herr Staatssekretär Dr. Waneck. – Bitte.
13.58
Staatssekretär
im Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen Dr. Reinhart
Waneck: Hohes Haus! Sehr geehrter Herr
Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Es ist dem Gesagten nicht
viel hinzuzufügen: Man soll Feste feiern, wie sie fallen, und heute ist, glaube
ich, solch ein Tag, hier ein Fest zu feiern, auch wenn, wie richtig erwähnt
wurde, schon lange darüber diskutiert wird und auch Initiativen dahin gehend
gesetzt wurden, und zwar von allen Parteien, die hier im Parlament vertreten
sind.
Der ursprüngliche
Entwurf stammt ja nahezu aus dem vorigen Jahrtausend, er wäre zu wenig umfangreich
für die heutigen Bedürfnisse, und daher gibt es auch bereits entsprechende
Arbeiten, und zwar auch im BMSG. Es gibt die österreichische Arbeitsgruppe für
Rehabilitation, die unter Einbindung der behinderten Menschen selbst und deren
Vertretungsorganisationen an einem Gesetzentwurf arbeitet.
Ich halte es für
einen sehr glücklichen Entschluss, auf Grund der Querschnittsmaterie den Antrag
zu stellen, die Arbeitsgruppe beim Verfassungsdienst des Bundeskanzleramtes
einzurichten.
Lassen Sie mich
zum Schluss als Arzt allen, die Sie hier sitzen und nicht behindert sind oder
sich als normal fühlen, Folgendes sagen: Den normalen Menschen gibt es nicht,
den gibt es nur im Lehrbuch! Selbst wenn Sie eine Blutprobe machen und Sie Ihre
Normalwerte zusammenzählen, kommen Sie höchstens auf 80 oder 120 Prozent,
aber nie auf 100 Prozent. Jeder Mensch hat irgendwo eine kleine
Behinderung, die meisten merken sie selbst nicht, oft die anderen nicht, bei
einem ist sie weniger, beim anderen mehr. Aus meiner beruflichen und aus meiner
privaten Erfahrung weiß ich, dass man nicht nur angeborene Behinderungen hat,
sondern in kürzester Zeit ein selbst Betroffener sein kann, und das sollte Sie
auch in all Ihren Handlungen leiten. Ich beglückwünsche Sie zu diesem
Entschluss! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)
14.00
Präsident
Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn:
Als Nächster zu
Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Huainigg. – Bitte.
14.00
Abgeordneter Dr. Franz-Joseph Huainigg (ÖVP): Ich hoffe, dass ich laut genug sprechen kann, denn ich habe auf
Grund meines Gesundheitszustandes eine etwas leise Stimme, die ja Gott sei Dank
durch einen Gebärdendolmetscher verstärkt wird.
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 86 |
Freunde von mir
sagen, dass ich das „Europäische Jahr behinderter Menschen“ etwas zu ernst nehme
und an meiner Behinderung „bastle“, damit sie noch mehr werde – was gar
nicht notwendig sei.
Es ist das meine
Jungfernrede. Ich freue mich, dass ich hier sein kann, dass ich von der ÖVP,
von Wolfgang Schüssel und Maria Rauch-Kallat eingeladen worden bin, als
Abgeordneter für die ÖVP tätig zu sein. Ich freue mich auf diese neue Aufgabe
und fühle auch die Verantwortung, die man übertragen bekommt, wenn man als
selbst betroffener Mensch eingeladen wird, an der Gesetzwerdung und an der
Gestaltung der Rahmenbedingungen mitzuwirken. Ich freue mich auf diese Aufgabe.
(Allgemeiner Beifall.)
Es geht bei diesem
Tagesordnungspunkt um das neue Behinderten-Gleichstellungsgesetz. Dieser
Antrag von Theresia Haidlmayr ist schon etwas veraltet, und deswegen ist es
sehr gut, dass eine Arbeitsgruppe im Bundeskanzleramt unter Einbeziehung von
selbst betroffenen ExpertInnen eingesetzt wird, in der ein Gesetzentwurf
ausgearbeitet werden soll. Es ist ein wichtiger Schritt, dass alle vier
Parteien dafür sind und das mittragen.
Ich möchte Resi (in
Richtung der Abg. Haidlmayr) auch dafür danken, dass sie als Mitstreiterin
in all den Jahren landauf, landab gerollt ist und bei jeder passenden und
unpassenden Gelegenheit ein Behinderten-Gleichstellungsgesetz gefordert hat. (Allgemeiner
Beifall.)
Jetzt im
„Europäischen Jahr behinderter Menschen“ wird dieses Gesetz kommen, und es
sollte „barrierefreies Bauen“ beinhalten, wobei man sagen muss, dass
barrierefreies Bauen auch menschengerechtes Bauen heißt, also sowohl gerecht
für Eltern behinderter Kinder als auch für Eltern von Kindern im Allgemeinen,
gerecht auch für ältere Menschen. Es geht auch darum, die Mobilität in Sachen
Verkehrsmittel neu zu regeln, berufliche Zugänge zu schaffen, damit es nicht
mehr passiert, dass zum Beispiel diese blinde Juristin aus Kärnten nicht
Richterin werden darf.
Für blinde
Menschen ist sehr viel zu tun. Sie dürfen zum Beispiel nach der derzeitigen
Rechtslage keine Verträge unterschreiben, Blindenhunde sind teilweise in
Museen und anderen öffentlichen Gebäuden nicht erlaubt – im Parlament
inzwischen sehr wohl. Auch der Internet-Zugang, accessibility im Internet ist
sehr wichtig.
Was mir ebenso
sehr wichtig ist, ist die Anerkennung der Gebärdensprache. Die Gebärdensprache
ist wirklich eine tolle Sprache, eine dreidimensionale Sprache. Man kann alles
ausdrücken, angefangen von einfachen Worten wie „ich liebe dich“ bis zu
komplizierteren Worten wie „Sondierungsgespräche“. (Allgemeine Heiterkeit
und Beifall.) Und es gibt auch einen gewissen Wortwitz, wenn man zum
Beispiel Namen hernimmt wie etwa „Nationalratspräsident Khol“ (der Gebärdendolmetscher
macht entsprechende Handbewegungen – allgemeine Heiterkeit) oder „Nationalratspräsident
Fischer“ (der Gebärdendolmetscher macht die Bewegung eines Fischs – allgemeine
Heiterkeit) oder Pilz (der Gebärdendolmetscher deutet einen Pilz an –
allgemeine Heiterkeit). – Da weiß man nicht genau, ist es ein
Eierschwammerl oder ein Fliegenpilz. (Neuerliche allgemeine Heiterkeit und
allgemeiner Beifall.)
Mein Name ist
Franz-Joseph – und es hat mich sehr gefreut! (Allgemeiner Beifall und
allgemeine Heiterkeit.)
14.06
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter
Brosz. – Bitte.
14.06
Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne): Herr Präsident! Herr
Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist nicht leicht, am Ende
dieser ersten Lesung noch etwas zu sagen, da mich aber Theresia Haidlmayr
ersucht hat, auch noch zur Behinderten-Integration an den Schulen speziell
etwas zu sagen, tue ich es dennoch.
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 87 |
Ich glaube, dass
wir diesbezüglich in Österreich eine gesetzliche Lage haben, insbesondere bis
zur achten Schulstufe, die durchaus befriedigend ist, wobei man aber in der
Praxis immer wieder darauf schauen muss, ob das, was an Anspruch vorgegeben
wird, in der Realität auch eingehalten werden kann. Wir wissen aber auch, dass
wir bei der Weiterführung der Integration, insbesondere in der neunten
Schulstufe, wo diese bislang eben nur im Polytechnikum möglich ist, und darüber
hinaus, einen Bedarf haben, Änderungen vorzunehmen. Auch in den Gesprächen mit
Ministerin Gehrer ist mir vorgekommen, dass wir uns schon angenähert haben im
Verständnis dessen, was möglich gemacht werden sollte. In der Praxis bestehen
nach wie vor Probleme.
Beispielsweise ist
es natürlich für Politiker interessant, woher die Finanzierung für Modelle
kommt, die hier weiterführende Maßnahmen möglich machen; für die betroffenen
Personen ist das nicht wirklich relevant, diese wollen, dass es diese Angebote
gibt. Wenn dann beispielsweise Projekte wie in der landwirtschaftlichen
Fachschule in Weyregg so nicht mehr möglich sind, weil die Finanzierungsquellen
nicht vorhanden sind, dann ist das nach wie vor als ein massives Problem
anzusehen.
Es geht bei der
Weiterführung von Behinderten-Integration absolut nicht darum, wie oft behauptet
wird, dass jeder und jede alle Abschlüsse bis zur Matura, bis zu Studiengängen
machen können soll, aber es geht darum, dass jeder und jede die bestmögliche
persönlich individuelle Chance bekommt. Daran gilt es zu arbeiten. Hier ist es
uns auch in unseren Gesprächen nicht ganz gelungen, das einzulösen, was wir
wollten, aber es gibt, so glaube ich, auch da Fortschritte.
Wir alle wissen,
dass es auch für die Körper- und Sinnesbehinderten in der Praxis nach wie vor
räumliche Barrieren gibt, dass Schulen nach wie vor nicht so ausgestattet sind,
dass für alle dieser Zugang gewährleistet werden kann. Weil wir hier gerade die
Gebärdensprache sehen: Ich weiß aus vielen Gesprächen mit Betroffenen, wie
schwierig es ist, den Anspruch auf schulischen Unterricht in der
Gebärdensprache durchzusetzen. Auch darüber haben wir gesprochen. Da gibt es
unterschiedliche Auffassungen, insbesondere auf Seiten derer, die hörend sind
und Gehörlose unterrichten und das für nicht so notwendig erachten. Dabei
wissen wir aber von den Betroffenen ganz genau, wie notwendig das ist und
welche Diskriminierung es darstellt, wenn man diesen Anspruch auf Unterricht in
der Gebärdensprache nicht durchsetzen kann. (Beifall bei den Grünen.)
Ich möchte mich
zum Abschluss auch dafür bedanken, dass es möglich war, die gesamte Debatte
mit einem Dolmetsch auch in der Gebärdensprache zu führen. – Herr Norbert
Pauser, danke für Ihre Arbeit! (Allgemeiner Beifall.)
Da wir heute so
schnell waren und es ziemlich schwierig war, dass sich das zeitlich noch ausgeht,
hat Kurt Grünewald dazu beigetragen, die fünf Minuten zu überbrücken, bis der
Gebärdendolmetsch eingetroffen ist, indem er schnell noch einmal zum Thema
Gesundheit gesprochen hat. Da das von Ihnen niemand gemerkt hat, war offenbar
die Rede des Kollegen Grünewald nicht so schlecht. (Heiterkeit und Beifall
bei den Grünen.)
14.10
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.
Ich weise
den Antrag 14/A dem Verfassungsausschuss zu.
5. Punkt
Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dr. Evelin
Lichtenberger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem
die Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO) geändert wird (19/A)
Präsident
Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir kommen nun zum 5. Punkt der
Tagesordnung.
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 88 |
Wir gehen in die
Debatte ein.
Das Wort erhält
zunächst die Antragstellerin, Frau Abgeordnete Dr. Lichtenberger. Die
Redezeit ist wunschgemäß auf 6 Minuten eingestellt. – Bitte.
14.10
Abgeordnete Dr. Evelin Lichtenberger (Grüne): Herzlichen Dank, Herr Präsident. – Es ist heute nicht das
erste Mal, dass ich über ein LKW-Nachtfahrverbot ohne Ausnahmen für lärmarme
LKW spreche. Es ist nicht das erste Mal, so befürchte ich, dass ich bei ÖVP und
vor allem Freiheitlichen mit dieser Forderung auf Ablehnung stoße, aber ich
kann Ihnen nur Folgendes sagen: Wenn Sie die Entwicklung der
wissenschaftlichen Daten zu diesem Thema beachten, müssen Sie leider
feststellen, dass die Situation heute dramatischer ist, als sie es vor fünf Jahren
war, als sie es vor zehn Jahren war, als sie es vor 15 Jahren war, als diese Forderung
von den Tiroler Verkehrsinitiativen das erste Mal erhoben wurde.
Meine Damen und
Herren! Die Schadstoffsituation vor allem in den alpinen Tälern – und das
ist kein rein österreichisches Problem, sondern das betrifft den gesamten
Alpenbogen –, aber auch in den städtischen Großräumen droht zu entgleisen
und ist zum Teil schon entgleist. Nach unseren Messungen über das
Messstellennetz, das das Land Tirol und der Bund einrichten, ist festzustellen,
dass in den alpinen Tälern Schadstoffüberschreitungen stattfinden, die uns an
die verrufensten europäischen Städte – verrufen im Hinblick auf die
Schadstoffsituation – annähern. Und das in einem Gebiet, das nicht
städtische Qualität hat, das letzten Endes ländlicher Raum ist und das zu einem
nicht unwesentlichen Teil vom Tourismus lebt und wo, so wie es jetzt im Inntal
schon geschieht, bei Firmenerweiterungen oder -neuansiedelungen die Diskussion
im Verfahren schon entbrennt, ob ihre Emissionen in diesem Tal noch tragbar
sein werden.
Das heißt, hier geht
es nicht gegen die Wirtschaft, hier steht ein extrem anwachsender
und aus meiner Sicht sehr unproduktiv anwachsender Wirtschaftszweig gegen alle
anderen. Und die Argumente, dass man die Wirtschaft nicht beschränken möge,
kann man in diesem Fall in Bezug auf das Nachtfahrverbot schon längst nicht
mehr gelten lassen.
Warum ich nun ein
Nachtfahrverbot für LKW fordere, wird auch durch die Messreihen der letzten
Jahre noch einmal deutlich belegt. Die neuesten Ergebnisse zeigen, dass die
Schadstoffbelastung durch die spezifische Meteorologie, aber auch durch die
gesamte Dynamik, die sich da entwickelt, in der Nacht achtmal höher ist und
sich achtmal stärker zu Buche schlägt, als das untertags der Fall ist.
Das Problem Lärm
muss immer wieder angesprochen werden. Wir haben „verlärmte“ Täler, wir hören
auf 1 500 Metern Höhe noch die Autobahn – und das in einem
Tourismusgebiet! Meine Damen und Herren, das müssen Sie beachten, wenn Sie
wieder gegen meinen Antrag argumentieren wollen!
Dazu kommt –
und das ist eine weitere Verschärfung der Situation, und sie ist sehr
aktuell –, dass die existierenden Beschränkungen für den Schwerverkehr
schwächer werden und geschwächt werden. Der so genannte Kompromiss von
Kopenhagen in Bezug auf die Transitregelung wird uns ein starkes Anwachsen
des Schwerverkehrs bringen. Es wird eine sehr massive Verlagerung des Verkehrs
aus der Schweiz wieder nach Österreich geben.
Die Brenner-Maut
ist bedroht. Es gibt immer wieder, sogar aus unserer eigenen österreichischen
Wirtschaft, Kläger und Klagende, die diese Beschränkung aufheben wollen und
alles dafür tun, mit Unterstützung von teuer bezahlten Anwälten.
Die neue
Wegekostenrichtlinie, die derzeit auf europäischer Ebene in Beratung ist, wird
uns nicht vor einem massiven Anwachsen des Verkehrs retten. Die Kostenschere
geht weiter auf! Noch heute tragen die LKW nur 17 Prozent der Kosten, die
sie verursachen.
Und wenn man schon über die Preisfrage spricht, muss man auch über die nächsten Perspektiven reden: Eine Erhöhung der Dieselpreise ist natürlich auch für den Schwerverkehr relevant. Wenn man jetzt schon wieder Töne dahin gehend hört, dass den Frächtern diese
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 89 |
Mehrkosten durch zusätzliche Steuergeschenke abgegolten werden
sollen, dann lässt das jedem, der im Inntal wohnt, die Haare zu Berge stehen.
Meine Damen und
Herren! Anstatt die Kostenschere zu schließen und hier wirklich deutlich einzugreifen,
ist der neue Plan jetzt offensichtlich wieder der, nur stärker auf die PKW zuzugreifen
und für die LKW einen schönen und eleganten Ausweg zu finden. Meine Damen und
Herren, ich warne Sie: Wenn Sie das tun, verursachen Sie ein weiteres
Anwachsen des Schwerverkehrs! (Beifall bei den Grünen.)
Das
Nachtfahrverbot ohne Ausnahme für lärmarme LKW bringt große Erleichterung. Das
Beispiel der Schweiz belegt, dass es dabei zu keinen
wirtschaftlichen Katastrophen kommt. Die Schweizer haben das bereits seit
70 Jahren und leben mit effizienterer Logistik im Schwerverkehr
eigentlich trotzdem recht gut.
Wenn Sie nun
einwenden wollen, wir realisieren die Fahrverbote für LKW erst über das Immissionsschutzgesetz-Luft,
also dann, wenn die Schadstoffgrenzen überschritten werden, dann muss ich Ihnen
schon sagen: Erstens hat das ganze Gesetz zwei Jahre Vorlaufzeit. Also zuerst
einmal müssen die Schadstoffgrenzen überschritten werden, dann dauert es zwei
Jahre, bis Maßnahmen gesetzt werden. Das ist viel zu lang. Und
zweitens fühle ich mich als Politikerin dem Vorsorgeprinzip
verpflichtet: Nicht warten, bis etwas passiert, sondern zuerst handeln!
Alle Programme
aller hier im Parlament vertretenen Parteien beinhalten – ich könnte sie
Ihnen jetzt noch eine halbe Stunde lang vorlesen – Passagen zur
Reduzierung des Schwerverkehrs. Meine Damen und Herren! Diese innerstaatlichen
Maßnahmen sind dringend geboten, da wir auf europäischer Ebene so unter Druck
geraten sind und weil wir unsere Glaubwürdigkeit wiederherstellen müssen.
Meine Damen und
Herren! Zum Abschluss lese ich Ihnen die Passage aus dem Gesetz vor, die uns
ermächtigt, solch ein Nachtfahrverbot zu erlassen. Es handelt sich um den
§ 43 Abs. 2 des Gesetzes – ich glaube, für die weitere Debatte
sollte diese Passage entscheidend sein –:
„Zur Fernhaltung
von Gefahren oder Belästigungen, insbesondere durch Lärm, Geruch oder Schadstoffe,
hat die Behörde, wenn und insoweit es zum Schutz der Bevölkerung oder der
Umwelt oder aus anderen wichtigen Gründen erforderlich ist, durch Verordnung
a) für bestimmte
Gebiete, Straßen oder Straßenstrecken für alle oder bestimmte Fahrzeugarten
oder für Fahrzeuge mit bestimmten Ladungen“ – siehe sektorales
Fahrverbot! – „dauernde oder zeitweise Verkehrsbeschränkungen oder
Verkehrsverbote zu erlassen, ...“
Ich weise noch
einmal darauf hin, dass das Gesetz hier von „hat zu erlassen“
spricht – und nicht davon, dass wir dann, wenn vielleicht alle unsere
Frächter damit einverstanden sind, die eine oder andere Kleinmaßnahme setzen
sollen, die uns nicht retten wird.
Meine Damen und
Herren! Ich appelliere hier noch einmal an Sie: Unterstützen Sie diese Forderung!
Wir brauchen ein Maßnahmenpaket gegen den Transit, und das Nachtfahrverbot ist
ein zentraler und wichtiger Punkt dafür. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)
14.19
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter
Mag. Kukacka. – Bitte.
14.19
Abgeordneter Mag. Helmut Kukacka (ÖVP): Herr Präsident! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Lichtenberger, es ist richtig, es ist nicht das erste Mal, dass Sie diesen Antrag einbringen, sondern er ist zumindest schon vier- oder fünfmal eingebracht worden: von Ihnen, von Frau Kollegin Moser, von Frau Kollegin Petrovic, nur: Die Argumente sind nicht besser geworden. Vor allem muss man dazu sagen: Sie tragen nicht wirklich etwas dazu bei, das Problem zu lösen. Das ist ja das Problem, dass Sie glauben, mit einer solchen punktuellen
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 90 |
Maßnahme irgendwelche Probleme des Transitverkehrs
lösen zu können. Sie lösen sie leider nicht in diesem
Zusammenhang.
Halten wir fest,
dass zwar die Belastung durch den Verkehr nach wie vor hoch ist, aber halten
wir auch fest, dass in der Europäischen Union ständig verschärfende Maßnahmen
getroffen werden, um LKW entsprechend lärm- und schadstoffärmer zu machen.
Aber erst im Jänner 2005 wird mit dem Euro-5-LKW eine neue Generation lärm- und
schadstoffärmerer LKW kommen.
Was würde denn,
meine Damen und Herren, ein generelles Nachtfahrverbot bedeuten? – Eine
völlige Verkehrsüberlastung morgens und abends, und zwar dann, wenn der Berufs-
und Pendlerverkehr ohnehin am größten ist! Und es hätte das auch eine noch
stärkere Belastung während des gesamten Tages zur Folge – und dadurch
käme es auch nicht zu weniger Schadstoffen aus dem Verkehr
insgesamt.
Vertreter der
Tiroler Wirtschaft haben daher erst vor kurzem gesagt, dass sich das jetzt in
den Wintermonaten verhängte LKW-Nachtfahrverbot auf einigen Teilen der
Autobahn, bei Wörgl etwa, als totaler Flop erwiesen hat (Zwischenrufe der
Abg. Mag. Wurm), dass die Zahl der durch Tirol transitierenden
LKW nicht verringert werden konnte, ebenso wenig die Schadstoffbelastung.
Meine Damen und Herren, das müssen wir auch zur Kenntnis nehmen.
Gezeigt hat sich
weiters, dass das Argument „Lärmminderung durch Nachtfahrverbot“ nicht stichhaltig
ist, denn wissenschaftliche Untersuchungen haben gezeigt, dass ein mit 110 km/h
fahrender PKW dieselbe Lärmentwicklung wie ein mit 60 km/h fahrender LKW
hat; ein Tempolimit also, wie es derzeit auf der Inntal Autobahn
vorgeschrieben ist. (Abg. Dr. Lichtenberger: Das stimmt so
nicht!)
Und das, meine
Damen und Herren, hat ja auch der Verfassungsgerichtshof klargelegt und so
beispielsweise bei der Aufhebung des Nachtfahrverbotes an der Loferer
Bundesstraße genau damit argumentiert, dass das verfassungswidrig ist, weil
eben ein PKW bei 100 oder 110 km/h genau denselben Lärm entwickelt wie ein LKW
bei 60 km/h. (Abg. Mag. Wurm: Das Problem ist die
Schadstoffbelastung ...!)
An diesen Fakten
kommen wir nun einmal nicht vorbei, meine Damen und Herren! Diese gelten. –
Alles andere wäre, würden wir Ihrem Vorschlag folgen, sowohl verfassungswidrig
als auch ein entsprechender verkehrspolitischer Pfusch und eine völlig
unrealistische Verkehrspolitik. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten
der Freiheitlichen.)
Meine Damen und
Herren! Das, was wir brauchen, ist eine gemeinsame Lösung. Das, was wir brauchen,
ist auch ein nationaler Schulterschluss in der Transitfrage. Eine gegenseitige
Schuldzuweisung bringt doch überhaupt nichts! Ich würde von Ihnen von der SPÖ
und den Grünen sowie auch von Ihren Parteiführern erwarten: Pilgern Sie nach
Berlin, gehen Sie zum deutschen Umweltminister Trittin, zu Außenminister
Fischer, auch zu Bundeskanzler Schröder und sagen Sie diesem, dass er endlich,
und zwar sowohl auf europäischer als auch auf internationaler Ebene, die
Position Österreichs unterstützen soll! (Beifall bei der ÖVP und bei
Abgeordneten der Freiheitlichen.)
Trittin, Fischer
und auch Schröder sollen endlich Verständnis zeigen für unser Anliegen und
alles dazu tun, damit es tatsächlich zu einer guten und richtigen
Transitregelung, um die sich Österreich seit Jahren bemüht, kommt! (Zwischenrufe
bei der SPÖ und den Grünen.)
Diese Parteien und
diese rot-grüne Regierung waren doch jene, die sich in dieser Frage immer gegen
Österreich gestellt haben! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. –
Neuerliche Zwischenrufe bei der SPÖ und den Grünen.)
Deshalb, meine
Damen und Herren, schlage ich vor, dass wir uns hier wirklich zu einem nationalen
Konsens bekennen, dass wir gemeinsam vorgehen und im Europäischen Parlament gemeinsam
die entsprechenden Schritte setzen: so, wie das dort die Kollegen Rack und
Swoboda sehr verdienstvoll gemacht haben, ebenso die Grünen.
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 91 |
Lassen wir doch
das kleinliche Hickhack in dieser Frage hinter uns! (Abg. Dr. Lichtenberger:
Ja, dann fangen Sie aber gleich an damit!) Es geht hier um ein
nationales Anliegen – und nicht um kleinkarierte politische Haxlbeißerei! (Beifall
bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)
14.25
Präsident
Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer tatsächlichen
Berichtigung hat sich Frau Abgeordnete Dr. Lichtenberger zu Wort
gemeldet. – Bitte.
14.25
Abgeordnete
Dr. Evelin Lichtenberger (Grüne): Meine tatsächliche
Berichtigung: Herr Kollege Kukacka hat behauptet, dass es vor allem der
deutsche Minister Joschka Fischer gewesen sei, der sich gegen die
österreichischen Transitregelung ausgesprochen habe.
Ich berichtige
tatsächlich: In der Schlussphase der Verhandlungen war es in erster Linie der
italienische Verkehrsminister Lunardi, der Lösungen blockiert hat – und
dies nach wie vor tut!
Herr Kollege
Kukacka, wenn Sie davon reden, keine kleinlichen Streitereien vom Zaun zu brechen,
kann ich Ihnen nur antworten: Fangen Sie doch bitte endlich einmal bei sich
selbst an! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)
14.26
Präsident
Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist
Herr Abgeordneter Eder. – Bitte.
14.26
Abgeordneter Kurt Eder
(SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Da beim Kollegen Kukacka
vorhin das Wort „Pfusch“ gefallen ist, erlaube ich mir, festzustellen, dass die
gesamte Transitpolitik dieser Regierung ein Pfusch war. (Beifall bei der
SPÖ.)
Derzeit erleben
wir doch einen Super-GAU für Österreich in der Transitpolitik, Herr Kollege Kukacka!
(Abg. Mag. Mainoni: Wer hat denn den Transitvertrag 1990
ausverhandelt?) Und jetzt, nachdem der Beschluss des Europäischen
Parlaments gefasst wurde, droht Österreich eine Verkehrslawine von über
80 Prozent an Durchfahrten! (Abg. Donabauer: Wer hat denn das
ausverhandelt? Jetzt putzen Sie sich ab!) Laut diesem Beschluss gibt es
keinerlei Einschränkungen mehr. (Rufe bei der ÖVP und den
Freiheitlichen: Da haben Sie von der SPÖ einiges verabsäumt! – Gegenrufe
bei der SPÖ.) Die Frau Außenministerin werde ich noch später zitieren, die
sich da auch eingemischt und letztendlich Terrain für Österreich aufgegeben
hat! (Abg. Dr. Ferrero-Waldner: Das stimmt doch überhaupt
nicht! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)
Meine Damen und
Herren! Dieses Desaster um die Verlängerung des Transitvertrags ist das
Ergebnis jahrelanger Unfähigkeit dieser ÖVP/FPÖ-Bundesregierung! (Beifall
bei der SPÖ. – Ruf bei der ÖVP: Wissen Sie, was Sie
daherreden ...? – Ruf bei den Freiheitlichen: Gedächtnisschwund ...!)
Meine Damen und
Herren! Immerhin ist seit Jahren bekannt, dass der Transitvertrag mit
1. Jänner 2004 abläuft und daher dringendst Verhandlungen
über diesen Vertrag zu führen gewesen wären. Aber was hat diese Bundesregierung
getan? – Sie hat es verabsäumt – in diesem Zusammenhang nenne ich
Bundesminister Schmid, Bundesministerin Forstinger, ja diese ganze
Regierung –, rechtzeitig Verhandlungen zu diesem Thema aufzunehmen. Und
dann haben Sie begonnen, ausschließlich mit der EU-Kommission zu verhandeln.
Mit den einzelnen Länder-Vertretern ist überhaupt nicht gesprochen worden.
Anstatt bei allen anderen Mitgliedstaaten Lobbying zu betreiben, sind Frau
Außenministerin Ferrero-Waldner, Frau Vizekanzlerin Riess-Passer und Frau
Verkehrsministerin Forstinger bei der EU-Kommission bereits vor eineinhalb Jahren
vorstellig geworden. Und was geschah dort? – Es wurde auf jegliche
Obergrenze im Transitvertrag völlig verzichtet! Diese drei
Regierungsmitglieder haben einfach verzichtet und offensichtlich geglaubt,
dadurch für Österreich eine bessere Position ausverhandeln zu können. – Das
war also der erste grobe Fehler.
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 92 |
Sie von der
Koalitionsregierung haben aber auch völlig falsche Signale, und zwar laufend,
an Brüssel, an die Mitgliedstaaten und an das EU-Parlament gesandt, als
Österreich bei Überschreitung der Höchstgrenze für Transitfahrten zwar den
Europäischen Gerichtshof angerufen, aber keine aufschiebende
Wirkung gegen die weitere Ausgabe von Transitfahrten und Ökopunkten beantragt
hat. – Das war Augenauswischerei – und Täuschung der österreichischen
Bevölkerung, meine Damen und Herren!
Völlig glücklos
war auch Bundesminister Reichhold, wenngleich er sich wenigstens bemüht
hat, den Schaden irgendwie einzudämmen, aber im Sommer letzten Jahres ließ er
plötzlich und ohne jeglichen Grund die Brenner-Maut senken, wobei er trotz seines
scheinbaren Einlenkens auch keinerlei Zugeständnisse für die Verlängerung des
Transitvertrages herausholen konnte.
Meine Damen und
Herren! Diese sich noch im Amt befindliche Bundesregierung, die laut Schüssel
ja angeblich arbeitsfähig ist, war aber auch unfähig, als sie vor mehr als
einem Jahr von EU-Kommissarin de Palacio und dann vom EU-Ministerrat
aufgefordert wurde, ein österreichisches Modell für den Transitvertrag in
nicht diskriminierender Weise vorzulegen. Der „Höhepunkt“ war dann: Diese Bundesregierung
musste gegenüber der EU-Kommission und den Mitgliedstaaten eingestehen,
unzureichende Statistiken zur Berechnung der Transitfahrten verwendet zu
haben. – Also, auf gut Wienerisch: eine Blamage für die österreichische
Politik!
Als unmöglich muss
Ihr Verhalten auch in der Schlussphase der Verhandlungen bezeichnet werden:
Zuerst forderte der EU-Verkehrsministerrat Österreich auf, gemeinsam mit
Italien und Deutschland nach einer Lösung zu suchen. Dann verhandelte
Bundesminister Reichhold im Zuge eines Besuchs des österreichischen
Bundespräsidenten in Italien plötzlich allein mit seinem italienischen
Amtskollegen Lunardi; das ist ja heute schon erwähnt worden. Von einem „Durchbruch“
war danach die Rede, wobei nie ein schriftliches Protokoll erstellt wurde.
Deutschland wurde völlig vor den Kopf gestoßen. Es gab keinerlei Gespräche auf
Ministerebene!
Kollege Kukacka,
die Abgeordneten nach Deutschland zu schicken, um zu intervenieren, ist auch
nicht das Wahre! Das ist schon Regierungsaufgabe! Es stellt schon ein
Armutszeugnis für die Regierung dar, zu sagen: Wärt ihr doch hingerannt und
hättet mitgeholfen!
Wir alle versuchen,
eine gute Lösung für Österreich zu erreichen. (Beifall bei der SPÖ. –
Rufe bei der ÖVP: Das war einmal!) Zu diesem Zeitpunkt, meine Damen und
Herren, als Bundesminister Reichhold gemeint hat, er habe einen „Durchbruch“
geschafft, ist diese österreichische Bundesregierung bereits in Richtung
Wahlkampf marschiert und faktisch handlungsunfähig gewesen – und das bis
heute geblieben! Auch in dieser Frage wird diese Bundesregierung in der EU also
kaum ernst genommen.
Aus heutiger Sicht
stellt der dänische Kompromiss, der das Fallen der 108-Prozent-Obergrenze
vorsieht, aber eine Verlängerung des Ökopunktesystems bis maximal 2006 beinhaltet,
einen durchaus positiven Ansatz dar. Dass besonders schadstoffarme LKW,
Euro-4-Klasse zum Beispiel, oder auch die von Ihnen, Herr Kollege Kukacka,
zitierte Euro-5-Klasse ab 2005 von der Ökopunktepflicht befreit werden, darüber
kann man reden, nur: Das ist alles viel zu spät gekommen.
Es droht aber
auch, dass dieser Transitvertrag nicht für ganz Österreich gilt. Die SPÖ drängt
seit Jahren darauf, dass entsprechend dem EU-Weißbuch endlich auch sensible
Zonen für ganz Österreich ausverhandelt werden – und dass nicht nur die
Alpenregion, sondern auch die Ostregion, die durch die EU-Erweiterung sehr
betroffen sein wird und verkehrsmäßig an den Osten absolut nicht
angebunden ist, mit in diese Überlegungen hineingehören.
Die Nordost-Umfahrung Wiens muss dringend gebaut werden, ebenso dringend die Nord-Autobahn. Dringend müssen vor allem aber auch Bahnstrecken ausgebaut werden. Um das finanzieren zu können, ist es dringendst notwendig, dass entsprechend sensible Zonen definiert werden, für die man eine höhere Maut einheben kann; dringend müsste es eine Quersubventionierung in Richtung Bahn geben. Die Bewältigung des Güterverkehrszuwachses von 80 Prozent in den nächsten Jahren – das ist ja zu erwarten – ist sicherlich nicht über den LKW-
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 93 |
Verkehr auf der Straße zu schaffen, sondern über die Bahn.
Ansonsten würde es ja zu einem totalen Verkehrs-Crash im Osten Österreichs
kommen.
Ich darf darum
ersuchen – wer immer in Zukunft in der Regierung sitzen wird –, in
Zusammenarbeit mit allen hier im Parlament befindlichen Parteien möglichst
eine für Österreich gute Lösung in all diesen Fragen zu erarbeiten. –
Danke. (Beifall bei der SPÖ.)
14.32
Präsident
Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gelangt
Herr Abgeordneter Wittauer. – Bitte.
14.32
Abgeordneter
Klaus Wittauer (Freiheitliche): Herr Präsident!
Meine Damen und Herren! Herr Kollege Eder, es ist schon eigenartig, wofür Sie
diese Bundesregierung verantwortlich machen (Zwischenruf des Abg. Eder)
und sich schlussendlich aus der Verantwortung, die Sie von der SPÖ damals
hatten, herauszuwursteln versuchen. (Rufe bei der SPÖ: „Verschüsselt“ ist
das worden!)
Das, was Sie hier
versucht haben, ist wirklich nicht hilfreich. Wir Freiheitliche wollen Maßnahmen,
die in diesen Bereichen tatsächlich greifen.
Herr Kollege
Kukacka, zum Nachtfahrverbot, das bei uns in Tirol durchgeführt wurde und das
nur 2 Prozent an Verringerung bringt, weil es so viele
Ausnahmegenehmigungen gibt, muss ich Ihnen sagen: Darüber sollten Sie doch
einiges nachlesen, denn dazu gab es bei uns in Tirol einen
Vier-Parteien-Antrag. – Dieser wurde jedoch von Herrn Landeshauptmann van
Staa nicht umgesetzt.
Ich als Tiroler
Abgeordneter begrüße die Initiative der Grünen und bin auch für ein generelles
Nachtfahrverbot. Ich glaube, es ist unbestritten, dass wir mit Frau
Abgeordneter Lichtenberger in dieser Frage konform gehen. (Abg. Mag. Kogler: Bravo!)
Meine Damen und
Herren! Alle Maßnahmen, die zur Verbesserung oder zum Schutz der Gesundheit
unserer leidtragenden Bevölkerung dienen, sind ernst zu nehmen. Meine
persönliche Einstellung zu einem generellen Nachtfahrverbot ist zwar positiv,
doch ist mir der gegenständliche Antrag doch ein bisschen zu einseitig.
Wir Freiheitlichen
wünschen uns Maßnahmen, die dann
wirksam werden, wenn sie notwendig
sind. Lärmschutzmaßnahmen sind eine Sache, die auch geregelt gehört, wichtiger
ist meiner Überzeugung nach jedoch die Reduktion der Schadstoffbelastung, der
die Bevölkerung tagtäglich ausgesetzt ist.
Die Belastung
durch Luftschadstoffe wird in Tirol ständig gemessen. Wegen der regelmäßigen
Überschreitung der Grenzwerte für Stickstoffdioxid sind Maßnahmen dringend erforderlich.
Jüngste Untersuchungen haben gezeigt, dass vor allem Kinder und Jugendliche
gesundheitliche Schäden davontragen und dass es auch in gewissen
Bereichen ein erhöhtes Krebsrisiko gibt.
Das
Immissionsschutzgesetz-Luft, kurz IG-L genannt, sieht unter anderem vor, dass
bestimmte Luftschadstoffe ständig gemessen werden. Im Falle der Überschreitung
eines dort festgelegten Grenzwertes haben die Ursachen für die Überschreitung
festgestellt zu werden. Weiters sind Maßnahmen zu setzen, die die
Schadstoffkonzentration in der Luft verringern helfen. Im IG-L ist auch die
rechtliche Grundlage des Nachtfahrverbotes als immissionsmindernde Maßnahme enthalten.
Meine Damen und Herren! Ziel muss es sein, all das flächendeckend und in ganz Österreich in sensiblen Zonen umzusetzen. Gleichzeitig bedarf es einer Gesetzesnovellierung, die dazu führt, dass es nicht nur zu einer Effizienzsteigerung, sondern auch zu einer Verfahrensbeschleunigung kommt. Es braucht eine gesetzliche Regelung, wenn die Bevölkerung Österreichs gefähr-
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 94 |
det ist. Das bedeutet, dass, wenn der
festgelegte Grenzwert überschritten wird, Sofortmaßnahmen zu ergreifen sind.
Ein generelles
beziehungsweise sektorales Nachtfahrverbot wäre in diesem Zusammenhang nur ein
kurzfristig wirkendes Instrument. Langfristig gesehen müssen wir es schaffen,
die Verkehrsbelastung durch zusätzliche Maßnahmen zu senken.
Unser Minister
Reichhold ist dafür genau der richtige Mann. Auch in der Vergangenheit hat er
immer wieder gezeigt, dass er auch in dieser Frage stets auf der Seite der
leidtragenden Bevölkerung steht. Und weiters: Es gibt eine Vielzahl von
Entschließungsanträgen im Tiroler Landtag, die das gleiche Ziel verfolgen.
Auch wir
Freiheitlichen haben, und zwar durch unseren Abgeordneten Wilfried Tilg, im
Landtag eine Ausdehnung des Nachtfahrverbotes im Oktober 2002 beziehungsweise
auch eine Verminderung der Ausnahmegenehmigungen gefordert.
Da das
Nachtfahrverbot in Tirol nicht effizient genug ist und zu viele
Ausnahmegenehmigungen erteilt werden, muss es zu einer anderen Regelung kommen.
Die Landesregierung in Tirol ist nicht
in der Lage, den Schutz unserer Bevölkerung zu gewährleisten. Deshalb ist es
notwendig, auf Bundesebene Initiativen zu starten und Sofortmaßnahmen zu
setzen.
Meine Damen und
Herren! Es ist richtig, dass die diesbezügliche Erfahrung in der Schweiz positiv
ist. In der Schweiz besteht das Nachtfahrverbot seit 60 Jahren; die Wirtschaft
hat sich diesen Anforderungen angepasst. – Es kann doch nicht so sein,
dass freier Warenverkehr auf dem Rücken der Tiroler Bevölkerung ausgetragen
wird.
Niemand von uns
wünscht sich die Vernichtung von Arbeitsplätzen – oder dass der Wirtschaftsstandort
Tirol oder in anderen sensiblen Zonen gefährdet wäre. Das Thema Transit und die
daraus resultierende Belastung stellt jedoch das Thema in der Tiroler Bevölkerung dar. Umfragen
in Tirol haben gezeigt, dass über 70 Prozent der Tiroler Bevölkerung das
als besonders wichtiges Thema erachten.
Deshalb, meine
Damen und Herren, trete ich für eine effiziente Lösung ein, für eine Lösung,
die jedenfalls sehr schnell umsetzbar ist. (Beifall bei den Freiheitlichen
und bei Abgeordneten der ÖVP.)
14.37
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete
Mag. Hakl. – Bitte.
14.37
Abgeordnete Mag. Karin Hakl (ÖVP): Sehr geehrter Herr
Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir
haben all diese Fragen schon sehr oft hier diskutiert, und ich gebe zu, dass
auch ich sehr betrübt darüber bin, dass wir in dieser Sache noch nicht wirklich
sehr viel weitergekommen sind.
Einige Dinge darf ich aber korrigieren. Zum einen, Frau Kollegin
Lichtenberger, Herr Kollege Eder, möchte ich daran erinnern, dass es nicht die
ÖVP/FPÖ-Regierung war, die diesen Transitvertrag abgeschlossen hat, einen
Transitvertrag mit, wie die Geschichte bereits gezeigt hat, völlig falschen
Zahlen. (Abg. Mag. Wurm: Und
jetzt tun wir daher nichts, außer ...!) Diesem Transitvertrag ist es
auch zu verdanken, dass das wirklich lange nicht
gegriffen hat. Und als das endlich zu greifen begann, wurde dieser Vertrag von
unseren Partnern in der Europäischen Union gebrochen. Das mussten wir mit
großem Bedauern und großem Befremden zur Kenntnis nehmen. (Neuerlicher
Zwischenruf der Abg. Mag. Wurm.)
Seit diesem Zeitpunkt sind die Bemühungen, diesen Vertrag entsprechend
der Präambel dieses Vertrages zu verlängern, auf allen Ebenen innerhalb
Österreichs in Gang. Dass das alles aber nicht einfach ist, erkennen wir schon
aus dem Umstand heraus, dass der Vertrag zuerst gebrochen werden musste, damit
es überhaupt zu solchen Verhandlungen kommen konnte.
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 95 |
Ich glaube, dass wir auf einem recht guten Weg sind, und ich gehe davon aus, dass eine bessere Lösung, als sie im Europäischen Parlament abgestimmt wurde, in der Frage der Ökopunkte für unsere Verhandler erreichbar ist, und ich bin überzeugt davon, dass sich alle mit aller Kraft um eine solche Lösung bemühen, wobei ich mich in diesem Zusammenhang für die Bemühungen der Frau Außenministerin im Besonderen, ebenso für die des Herrn Bundeskanzlers ganz herzlich bedanken möchte. (Beifall bei der ÖVP.)
Wir müssen uns aber auch dessen bewusst sein, dass die
Ökopunkte-Regelung, dass auch deren Verlängerung maximal bis zum Jahre 2006
dauern wird und dass wir eben eine wirklich dauerhafte
Lösung finden müssen.
Jetzt liegt der Antrag vor, ein generelles Nachtfahrverbot zu verhängen,
wobei ich dazu sagen möchte: Nachtfahrverbote sind durchaus zu überlegen, und
zwar aus mehreren Gründen. Zum einen deshalb, da Emissionen, die während der
Nacht bei Inversionswetterlage entstehen – eine Wetterlage, die ja in
fast allen Nächten in Tirol vorherrscht –, die drei- bis zehnfache
Immissionswirkung wie die gleichen Emissionen am Tage erzeugen.
Das bedeutet, dass, auch wenn am Tag alle LKW, die in der Nacht nicht
gefahren sind, fahren würden, die Immission, also das, was unsere Kinder, was
alle Menschen bei uns in Tirol einatmen, trotzdem geringer werden würde.
Aus diesem Grund wurden auch auf der einen Seite bereits sektorale
Nachtfahrverbote erlassen, Frau Kollegin, denen aber auf der anderen Seite
wieder Ausnahmen gegenüberstehen – Ausnahmen in jenen Bereichen, in denen
es darum geht, die Güter des täglichen Bedarfes, die jeder Einzelne von uns
konsumiert, in den Geschäften zum Verkauf zur Verfügung zu stellen, aber auch
Güter, die in unseren Nachbarländern gebraucht werden. Die Ausnahmen betreffen
auch Unternehmen, die es in unserer entlegenen Region zum Teil sehr schwer
haben zu überleben; ihnen wird damit das Überleben gesichert.
Ich gehe davon aus, dass wir zunächst – das ist auch unsere
Verpflichtung gegenüber unseren europäischen Nachbarn – die gelinderen
Mittel wählen müssen, wenn sie auch zum Erfolg führen. Und ich bin dafür, dass
die sektoralen Nachtfahrverbote, die bereits erlassen sind, noch einmal
überprüft und unter Umständen auch ausgeweitet werden. Ich bin allerdings
dagegen, ein generelles Nachtfahrverbot für LKW über 7,5 Tonnen zu
erlassen, weil ich glaube, dass das nicht alle Erfordernisse im ausreichenden
Ausmaß berücksichtigt.
Viel wichtiger erscheint mir aber, dass wir – und ich würde mir
wünschen, dass wir das gemeinsam tun – an einer Nachfolgeregelung für den
Transitvertrag arbeiten müssen. Herr Kollege Eder, der Transitvertrag gilt
jetzt in ganz Österreich. Tirol hat die Hausaufgaben gemacht, um zu
argumentieren, warum Tirol ein sensibler Korridor ist. Es liegt auf der Hand.
Ich glaube, es wäre auch wichtig, dass die anderen Regionen in Österreich
sachlich nachvollziehbare Argumente liefern, mit denen wir in der EU sachlich
gerechtfertigt Ausnahmen vom EU-Normalrecht fordern können. Ich rufe
daher – ich weiß, dass es mehrere solche Gebiete gibt – die
Kolleginnen und Kollegen in den anderen Bundesländern dazu auf, so schnell wie
möglich sachlich rechtfertigbare Argumente zu liefern. Dies ist bis jetzt eben
nur im Alpenbogen der Fall.
Des Weiteren hoffe ich, dass mit der neuen Wegekostenrichtlinie und
insbesondere mit dem Ausbau der Bahn im Unterinntal und dem unverzüglichen Bau
des Brenner-Basistunnels das gelingen kann, was es der Schweiz ermöglicht,
generelle Fahrverbote in der Nacht zu verhängen, nämlich einen wesentlich
größeren Anteil des Schwerverkehrs endlich auf die Schiene zu bekommen! Wenn
wir dann begleitende Maßnahmen zur Verkehrsverlagerung brauchen, sobald wir
endlich die entsprechenden Schienenkapazitäten haben, dann werden wir diese
sicher auch gemeinsam setzen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP
und den Freiheitlichen.)
14.43
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu
Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Reheis. – Bitte.
14.43
Abgeordneter Gerhard Reheis (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Abgeordnete! Wenn wir heute hier stehen und hören, was die ÖVP zum Transit zu sagen hat, dann muss man
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 96 |
dem nur eines dagegenhalten: Wir stehen
heute – das muss man leider sagen – vor einem verkehrspolitischen
Scherbenhaufen, den Blau-Schwarz verursacht hat. Bundeskanzler Schüssel an der
Spitze, Außenministerin Ferrero-Waldner und Verkehrsminister Reichhold haben
dies zu verantworten! (Zwischenruf des Abg. Mag. Kukacka.) Es
ist nämlich weit und breit, Herr Kollege Kukacka, keine Nachfolgeregelung zum
Transitvertrag in Sicht.
Die LKW-Lobby hat
freie Fahrt durch unser Land, belastet immer stärker die Bevölkerung, unsere
Umwelt und ganz besonders die sensible Alpenregion. Man kann durchaus von einem
Desaster rund um die Transitvertragsverlängerung sprechen. Das ist ein
Ergebnis Ihrer jahrelangen Unfähigkeit, das muss man sagen. Sie
waren jetzt verantwortlich für diese Politik, und wir stehen hier heute vor dem
Scheitern dieser Politik, und der Verkehr rollt weiter! (Beifall bei der
SPÖ.)
Meine Damen und
Herren! 15 europäische Staaten haben sich mit uns im Protokoll Nummer 9 aus dem
EU-Beitrittsvertrag dazu verpflichtet, sich für eine dauerhafte und nachhaltige
Reduktion der NO-Emissionen um 60 Prozent aus dem LKW-Transit durch das
Staatsgebiet der Republik Österreich bis zum Jahr 2003 einzusetzen. Wir
haben jetzt 2003, und die NO-Emissionen sind seit 1999 um 18 Prozent
gestiegen. Die Stickstoffdioxidwerte, Smog- und Ozonwerte erreichen
Rekordhöhe. Erst in den vergangenen Tagen haben jüngste Messungen an der
Messstelle Vomp an der A 12 mehrmalig eine Überschreitung des Grenzwertes
an NO2-Emissionen ergeben. Das ist der Beweis dafür, dass diese
Übereinkommen und dieses Versprechen nicht gegriffen haben und vernachlässigt
wurden.
Diese Rekordwerte
bei den so genannten Stickoxiden geben wirklich zu größter Sorge Anlass. Seit
Jahren, meine Damen und Herren, sind keine so hohen Werte gemessen worden, und
die Experten sehen eindeutig den LKW-Verkehr als einen der Hauptverursacher dafür.
Der LKW-Verkehr ist dort als Stickstoffoxidemittent verantwortlich.
Zu den bestehenden
Lenkungsinstrumenten sind weitere dazugekommen, etwa sektorale Fahrverbote,
und als wichtigste Forderung ist die Verlagerung des LKW-Verkehrs auf die
Schiene zu nennen. Aber um dies umsetzen zu können, meine Damen und Herren,
brauchen wir entschlossene Verkehrspolitiker und engagierte Manager, aber
engagierte Manager sind dieser Bundesregierung ebenfalls ein Dorn im Auge.
Ich denke da an
Hans Lindenberger – der Manager schlechthin –, der zum Beispiel die Unterinntaltrasse
gegen härteste politische Widerstände, insbesondere von blauen Verkehrsministern,
durchgesetzt hat, der Bürgerinitiativen ernst genommen hat und dieses
Paradeprojekt der Unterinntaltrasse als Herzstück der Bahn zwischen München
und Verona durchgesetzt und zur Baureife gebracht hat. Er wurde aus dem Amt
gemobbt, meine Damen und Herren! Acht Jahre lang leitete Lindenberger die BEG
allein, und nun wurde ihm vom blauen Verkehrsminister ein der FPÖ nahe
stehender Co-Geschäftsführer in der Person von Alexander Luschin
Was hat dieser von
Bundesminister Reichhold eingesetzte Luschin zu bieten? – FP-Nähe und
zahlreiche Nebenjobs. Alexander Luschin ist in mehreren Aufsichtsräten, an der
Wirtschaftsuni Wien, im Eisenbahncluster der ÖBB, in einem Softwareunternehmen
und im Investmentbanking tätig. Seine Anwesenheit, meine Damen und Herren, so
berichtete die „Tiroler Tageszeitung“ in der Ausgabe vom 20. Februar, sei
lückenhaft gewesen. – Kein Wunder bei so vielen Nebenjobs! Aber auf jeden Fall
wird der Abgang von Hans Lindenberger, der eine exzellente Arbeit für den
Bahnausbau in Tirol geleistet hat, eine große und von Ihnen zu verantwortende
Lücke hinterlassen.
Es ist zu befürchten, dass sich das Projekt, LKW von der Straße auf die Schiene zu bringen, in Tirol um Jahre verzögern wird. Meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen! Das ist
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 97 |
Ihre schwarz-blaue Verkehrs- und Personalpolitik.
Es ist zum Schämen! Deswegen können Sie sich wahrscheinlich nicht mehr in den
Spiegel schauen. (Beifall bei der SPÖ.)
14.48
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag.
Mainoni. – Bitte.
14.49
Abgeordneter Mag. Eduard Mainoni (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr
Präsident! Hohes Haus! Ich bemühe mich natürlich, diesen Antrag ernst zu
nehmen, weil das Thema Transit für uns Österreicherinnen und Österreicher ein
sehr wichtiges Thema ist. Gerade als Salzburger weiß ich wie Sie als Tirolerin
und Sie als Tiroler sehr wohl, was es für die ansässige Bevölkerung bedeutet,
diese Transitwelle zu haben.
Aber dieser Antrag
geht meines Erachtens erstens, was das Transitproblem betrifft, ins Leere, und
zum Zweiten ist das ein Antrag, der für ganz Österreich gilt. Meine Damen und
Herren! Ich mache schon darauf aufmerksam, dass eine Änderung der
Straßenverkehrsordnung noch einiges mehr bedeutet. Eine Änderung der
Straßenverkehrsordnung hinsichtlich eines Fahrverbots für LKW über
7,5 Tonnen bedeutet zum Beispiel, dass ganze Logistikketten zerschlagen
werden und dass es auf den Märkten keine Frischware mehr gibt. Das bedeutet das
LKW-Fahrverbot in der Nacht! Darauf muss man auch aufmerksam machen. (Abg. Dr. Lichtenberger: Waren Sie schon einmal in der Schweiz?)
Man muss auch
darauf aufmerksam machen, dass der morgendliche Pendlerverkehr und der
zusätzliche LKW-Verkehr, der in der Früh beginnen würde, zu einem totalen Chaos
führen würden. Frau Kollegin! Dieser Antrag ist von Ihnen vielleicht gut
gemeint, er geht aber völlig ins Leere. (Abg. Dr. Lichtenberger: Waren Sie schon einmal in der Schweiz?) Wissen Sie, was
passiert, wenn in der Früh zu dem Pendlerverkehr, zu dem Berufsverkehr noch der
LKW-Verkehr kommen würde? – Das wäre eine Katastrophe! Wissen Sie auch,
dass der ökologische Ansatz dabei völlig falsch ist? – Er ist völlig
falsch.
Beim morgendlichen
Stau entsteht eine wesentlich höhere
Abgaskonzentration und Umweltbelastung. Sie denken immer nur an das
Transitthema. Das ist mir völlig klar, und die ganze Diskussion ist bis jetzt
in diese Richtung gegangen. Ich möchte es aber doch versachlichen, weil die
Straßenverkehrsordnung bekanntlich für ganz Österreich gilt und nicht nur für
die Transitrouten.
Wenn Sie in Ihre
Begründung auch noch schreiben: „flächendeckende Sicherung der Nachtruhe der
Bevölkerung“, dann muss ich Ihnen sagen, diese wünsche ich mir auch, aber dann
müssten wir auch über die Eisenbahn sprechen, sehr geehrte Frau Lichtenberger,
weil der Eisenbahnverkehr insbesondere in den Alpentälern zu einer immensen
Belastung führt. Kein Mensch diskutiert in diesem Zusammenhang über ein
Fahrverbot für Züge in der Nacht – natürlich nicht. Verkehr ist eben
Realität. Die flächendeckende Sicherung der Nachtruhe können wir nicht mehr
gewährleisten, wir haben das zur Kenntnis zu nehmen.
Wenn ich jetzt
ganz zynisch wäre, dann würde ich sagen, eigentlich müsste man auch über die
Schanigarten-Regelung reden. Wenn es nur um die Nachtruhe der Bevölkerung
ginge, dann gäbe es viele Dinge, über die wir diskutieren könnten. –
Damit will ich Ihnen nichts anderes sagen, als dass Ihr Antrag zwar sehr lieb
und sehr nett gemeint ist, aber einfach an der Realität völlig vorbeigeht.
Meine Damen und
Herren! Oder das Thema Lärmerregung durch Abroll- und Luftwiderstandsgeräusche:
Gerade die Eisenbahn erzeugt nur solche Geräusche. Diese Argumentation würde
ich also an Ihrer Stelle nicht dazu nehmen, ein LKW-Nachtfahrverbot zu fordern.
Dieser Antrag ist
meines Erachtens aus den von mir erwähnten Gründen einseitig. Er betrifft nur
Bereiche, die wir leider Gottes mit dieser Maßnahme nicht regeln werden können,
Stichwort Transit. Er ist kurzsichtig, und er ist letztendlich auch im Sinne
der Wirtschaft undurchführbar.
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 98 |
Aber, Frau
Lichtenberger, ich empfehle den Grünen, insbesondere Ihren Kollegen Öllinger
und Pilz, sich vielleicht mit einigen Dingen zu beschäftigen, von denen sie
mehr verstehen. Dazu haben Sie morgen eine ganz gute Möglichkeit: Morgen findet
der Opernball mitsamt der inzwischen zur Institution gewordenen Demonstration
statt. Ich empfehle den Grünen – da haben Sie ja eine hohe
Kompetenz –, morgen Ihre Möglichkeit der Kompetenz auszuspielen: mit Ihren
Freunden, die inzwischen Aufmarschpläne zeichnen, die Pflastersteine suchen.
Die kennen sich da aus. Und Herr Öllinger wird auch wieder mit dabei sein,
ebenso Herr Pilz.
Ich bin neugierig
darauf, wo diese Herrschaften morgen mitmarschieren werden, denn es gibt die
Friedensmarschierer, es gibt die Randalierer gegen Schwarz-Blau – und da
habe ich den schweren Verdacht, dass Sie dort mitlaufen werden –, und es
gibt auch die Opernball-Demonstrierer.
Ich empfehle
Ihnen, dort tätig zu werden, wovon Sie etwas verstehen, und das ist zum
Beispiel bei diesen Demonstrationen – aber bitte nicht in wichtigen
Bereichen, die die gesamte Wirtschaft betreffen! (Beifall bei den
Freiheitlichen. – Abg. Mag. Kogler: Das war ein unglaublicher Blödsinn!)
14.53
Präsident
Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort
gemeldet ist Herr Abgeordneter Gahr. Die Uhr ist wunschgemäß auf
5 Minuten eingestellt. – Bitte.
14.53
Abgeordneter
Hermann Gahr (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident!
Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Es ist unsere Pflicht, im Dienste der
Bürger Schutz und Vorsorge vor Umwelteinflüssen zu treffen, welche durch Lärm
und Abgase entstehen. Es ist heute im Vorfeld schon viel gesagt worden, aber es
ist natürlich so, dass es bezüglich dieses Themas mangelnde Solidarität in
Europa gibt, vor allem wenn man den Transitvertrag vom Jahre 1994 bis
heute betrachtet. Ich wünsche mir, dass da mehr Verlässlichkeit mittels
internationaler Vorgaben möglich wäre.
Wie man sehen
kann, ist das fast ein Tiroler Thema, angefangen bei der Antragstellerin bis
hin zur Rednerliste, auf der fast nur Tiroler stehen. Daher dürfen wir Tiroler
auch auf ein wenig Erfahrung hinweisen. Tirol hatte den Mut, ein sektorales
Nachtfahrverbot über die Wintermonate einzuführen, und dessen Auswirkungen habe
ich bei Betriebsbesuchen erlebt. Ich darf hier nur einen kleinen Auszug daraus
bringen.
Die Reduzierung
der Schadstoffe ist nicht in dem Maße gelungen, wie wir uns das gewünscht
hätten. Es gibt natürlich im Frühverkehr auf dem Weg zu den Arbeitsstätten
Staus, und auch der Fließverkehr gerade auf der rechten Spur ist davon
betroffen. Viele Firmen haben gejammert, vor allem bezüglich der Logistik. Man
kann sehr wohl etwas einführen, aber natürlich ist das mit Kosten verbunden.
Nimmt man einen Drei-Schicht-Betrieb her, dann hat dieser natürlich wieder
Nachteile, so ist das eben; es gibt da und dort Nachteile, was zusätzliche
Aufwendungen durch das sektorale Nachtfahrverbot bedeuten.
Eine Lösung für
diese Problematik müssen wir gemeinsam finden. Wir können auch keine gegenseitigen
Schuldzuweisungen machen, weil diese dieses Problem nicht lösen werden, und ein
Blick in die Vergangenheit ist nur dann dienlich, wenn er der Zukunft hilft.
Österreich als
Land im Zentrum Europas ist ein Wirtschaftsraum, der wettbewerbsfähig ist, der
so bleiben muss. Die heimische Wirtschaft ist der Garant dafür, dass wir
Arbeitsplätze haben; der Vergleich in der Arbeitsplatzstatistik europaweit
macht uns dabei sicher. Wir müssen also eine Strategie entwickeln und nicht ein
Nachtfahrverbot für das ganze Land erlassen, denn das löst das Problem nicht.
Wir sind ein Land, in dem Wirtschaft, Tourismus und die Bürger eine Einheit bilden. Wir dürfen das Land nicht schlechter machen, so wie es manche machen. Ein Nachtfahrverbot im Winter ist in Tirol eine Erfahrung. Man wird aber auch in die Zukunft blicken und wird daraus Erkenntnisse gewinnen. Der Vergleich mit der Schweiz ist vielleicht ein bisschen weit hergeholt.
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 99 |
Die Schweiz hat in den letzten zehn,
fünfzehn Jahren sehr viel Geld in den Schieneninfrastrukturausbau investiert
und ist heute in der Lage, 80 Prozent der Güter auf der Schiene und
20 Prozent auf der Straße zu transportieren, und in Österreich ist es
umgekehrt.
Wir brauchen also
ein Bündel an Maßnahmen: Wir müssen den Schwerverkehr auf die Schiene bringen,
wir brauchen in Tirol den raschen Bau und das Vorantreiben des Baus der
Unterinntaltrasse und den Beschluss und die Realisierung des
Brenner-Basistunnels. Wir brauchen aber auch eine Bahn, welche bereit ist,
moderne Logistik umzusetzen. Wir brauchen einen verpflichtenden Einbau von
Dieselfiltern sowohl für LKW als auch für PKW. Und wir brauchen insgesamt eine
Reduzierung der Schadstoffe, angefangen beim Hausbrand bis hin zu allen anderen
Bereichen. Sektorale Fahrverbote für sensible Zonen sind ein Teil, werden da
und dort eine Möglichkeit sein, aber sind insgesamt nicht die komplette
Problemlösung.
Wir brauchen also
keine Panikmache, sondern wir brauchen wahren Lobbyismus von der Basis, von den
Gemeinden, vom Land, vom Bund und von der EU. (Zwischenruf des Abg. Wittauer.) Wir allein können das
nicht lösen, Herr Kollege Wittauer! Wir Tiroler werden hier Vorbild und
Vorreiter in Europa sein und damit einen Teil zur Problemlösung
beitragen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)
14.57
Präsident
Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zur Geschäftsordnung hat sich Herr
Abgeordneter Mag. Kogler zu Wort gemeldet. – Bitte.
14.57
Abgeordneter
Mag. Werner Kogler (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung):
Herr Präsident! Ich möchte anregen, dass Sie sich das Stenographische Protokoll
über die Ausführungen des Kollegen Mainoni kommen lassen. Er hat meiner Meinung
nach, indem er den RednerInnen der Grünen die Kompetenz abgesprochen hat, zum
Verkehrsbereich zu sprechen, unter dem Hinweis, dass wir uns in der Nähe von
gewaltbereiten Pflastersteinwerfern kompetenzmäßig besser aufgehoben fühlen
sollten, einen eindeutig verbalen Übergriff begangen. Ich bitte, das auf
Ordnungsrufwürdigkeit zu prüfen.
14.58
Präsident
Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Das werde ich gerne tun.
Zu Wort gemeldet
ist nunmehr Herr Abgeordneter Ing. Kaipel. – Bitte.
14.58
Abgeordneter
Ing. Erwin Kaipel (SPÖ): Herr Präsident! Herr
Bundeskanzler! Meine Damen und Herren! Der vorliegende Antrag ist insoferne zu
unterstützen, als gesundheitliche Auswirkungen bei Lärmbelastung
beziehungsweise bei Belastung durch den Transitverkehr insgesamt belegt sind.
Daher sind wir gefordert, rasch wirksame Maßnahmen gegen die Transitbelastung
zu setzen. Allerdings gibt es zwei Probleme dabei: zum einen eine
handlungsunfähige Bundesregierung und zum anderen einen Bundeskanzler, der
ausschließlich mit egoistischen Machtfragen beschäftigt ist. Das ist auch der
Grund dafür, dass nunmehr seit sechs Monaten in Österreich Stillstand
herrscht. Und das ist auch der Grund dafür, dass der österreichische Einfluss
in Europa zunehmend schwindet. Als aktueller Beweis dazu dient die Niederlage
in der Frage Transitvertrag und Ökopunkte. (Präsident Dr. Khol übernimmt wieder den Vorsitz.)
Meine Damen und
Herren! Wir unterstützen natürlich alle Bemühungen zur Verbesserung des
Nord-Süd-Transits. Sie gestatten aber den Hinweis, dass die europäische
Erweiterung in der Ost-Region stattfindet, also in einer Region, die in den
letzten zehn Jahren eine mehr als Verfünffachung des LKW-Verkehrs hinnehmen
musste und die bis 2010 mit einem weiter verstärkten Verkehrsaufkommen rechnen
wird müssen. Eine Prognose für die Ost-Autobahn spricht von einer
Verdreifachung.
In Anbetracht dieser Entwicklung und Prognosen fürchte ich, dass die Bundesregierung diesen Tatsachen nicht ausreichend Rechnung trägt, und das ist der betroffenen Bevölkerung nicht zumutbar. Im Vergleich dazu hat das Burgenland seine verkehrspolitischen Hausaufgaben erle-
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 100 |
digt. Der Straßenausbau, der
Schienenausbau wurde unter Landeshauptmann Niessl forciert wie nie zuvor.
Allein in den beiden letzten Jahren wurden die Mittel für den öffentlichen Verkehr
verdoppelt.
Zum
Generalverkehrsplan darf ich festhalten, dass wichtige burgenländische
Forderungen erfüllt sind. Bei zentralen Schienenprojekten sind allerdings
Notwendigkeit und Finanzierung in keiner Weise abgestimmt.
Die Lösung des
Verkehrsproblems wird zweifellos nur dann gelingen ...
Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Abgeordneter! Es ist
15 Uhr. Entweder Schlusssatz, oder ich unterbreche Sie, und Sie können
nach der Debatte über die Dringliche Anfrage und der Anfragebesprechung
weitersprechen. Das liegt bei Ihnen.
Abgeordneter Ing. Erwin Kaipel (fortsetzend):
Ich komme zum Schluss: Die Lösung gelingt nur dann, wenn wir die Güter auf die
Schiene bringen und auch die Finanzierung dafür sicherstellen. Dafür werden
zweifellos auch Mauteinnahmen notwendig sein.
Die Zusammenarbeit
von Niederösterreich, Burgenland und Wien verhindert, dass eine Transitverlagerung
passiert und ein Auseinanderdividieren der Regionen passiert. (Beifall bei der SPÖ.)
15.01
Präsident
Dr. Andreas Khol: Herr Kollege, Sie haben uns einen
Schlusssatz versprochen!
Zu Wort ist
niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.
Ich weise
den Antrag 19/A dem Verkehrsausschuss zu.
Dringliche Anfrage
der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Kolleginnen
und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend unnötige Belastung der
ÖsterreicherInnen durch teure Kampfflugzeuge (122/J)
Präsident
Dr. Andreas Khol: Meine Damen und Herren! Wir
gelangen zur dringlichen Behandlung der schriftlichen Anfrage 122/J.
Da diese
inzwischen allen Abgeordneten zugegangen ist, erübrigt sich deren Verlesung
durch den Schriftführer.
Die Dringliche
Anfrage hat folgenden Wortlaut:
Seit mehr als
drei Monaten ist der von Bundespräsident Klestil mit der Bildung einer neuen
Regierung beauftragte Bundeskanzler Schüssel nicht in der Lage, diesen Auftrag
zu erfüllen. Begründet wird diese lange Dauer der Regierungsbildung durch den
Bundeskanzler damit, dass es so schwierig ist, einen (Regierungs)Partner zu
finden, der bereit sei, gemeinsam mit der ÖVP jenen ungeheuren Reformstau, vor
dem Österreich stehe, aufzulösen. Ein Reformstau, der, glaubt man den Worten
des Bundeskanzlers, praktisch jeden wichtigen Politikbereich betrifft. Es
bedürfe, so Schüssel, schmerzhafter Sanierungsmaßnahmen, um die angeschlagenen
Staatsfinanzen zu retten, tiefgreifender Einschnitte ins Pensionssystem, um dessen
Finanzierung zu gewährleisten, einer grundlegenden Reform des
Gesundheitssystems, um dessen Funktionieren aufrecht zu erhalten, wesentlicher
Änderungen im Bildungssystem, um konkurrenzfähig zu bleiben, einer an die
Grundfesten gehenden Reform der staatlichen Verwaltung, um diese effizienter
und billiger zu machen, und selbst die katastrophale Lage am Arbeitsmarkt wird
nicht mehr negiert, sondern als Reformauftrag angegeben.
Nun ist dies aber nicht die erste Regierung, die Schüssel bildet. Im Februar 2000 trat „Schwarz/Blau I“ an und verhieß eine Wende zum Besseren. „Der Staat muss schlanker, die Verwaltung effizienter werden“; „die Maßnahmen (zur Budgetkonsolidierung, Anm.) werden
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 101 |
größtenteils durch Einsparungen erfolgen,
und wir fangen bei uns selbst an“; „das Budget wird nachhaltig entlastet. Jeder
15. Posten im Bundesdienst wird eingespart“; „die neue Bundesregierung wird
die Arbeitslosigkeit konsequent bekämpfen“ – um nur einige der
Ankündigungen aus der damaligen Regierungserklärung Schüssels zu zitieren.
Mehr als
3 Jahre nach dieser „Wende“ steht Österreich nicht besser, sondern
schlechter als damals da. Die wichtigsten Indikatoren der Wirtschaftspolitik
zeigen zweifelsfrei, dass diese Wende eindeutig eine zum Schlechteren gewesen
ist.
Mit 7 % hat
Österreich heuer eine extrem hohe Arbeitslosenrate.
Das Wirtschaftswachstum Österreichs, das in
den neunziger Jahren stets über dem europäischen Durchschnitt lag, ist in den
letzten Jahren hinter diesem zurück geblieben.
Die Einkommen der Arbeitnehmer (der
durchschnittliche Nettoreallohn pro Beschäftigten) lag im Jahr 2002 unter
dem Wert des Jahres 2000.
Die unteren Einkommensschichten wurden durch
eine Welle von Steuer- und Gebührenerhöhungen überdurchschnittlich stark
belastet.
Auch bei den Investitionen, beim Wachstum und damit bei der Wohlstandssteigerung hat Österreich die Überholspur verlassen.
Beim Wachstum lag Österreich im EU-Vergleich im
Jahr 2001 knapp vor Deutschland auf dem vorletzten Platz.
Trotz der höchsten Steuer- und Abgabenquote in
der Geschichte Österreichs wurde keine nachhaltige Budgetsanierung erreicht.
Die Gesamteinnahmen des Staates erreichten in Österreich 2001 mit 52,0 % des
BIP einen Höchststand. Zum Vergleich betrugen sie in Deutschland 45,5 % und im
EU Durchschnitt 46,3 % des BIP.
Die dämpfenden Effekte dieser restriktiven
Politik führen zu weniger Wachstum, weniger Investitionen, weniger Einkommen,
mehr Arbeitslosen, weniger Steuereinnahmen und zusätzlichen Ausgaben für
Arbeitslosigkeit und Pensionen.
Nach den Angaben von Finanzminister Grasser
besteht ein budgetärer Konsolidierungsbedarf von rund 8 Mrd Euro über die
Legislaturperiode, das ist deutlich mehr als im Jahr 2000. Nimmt man die
Regierung beim Wort und unterstellt, dass sowohl Steuersenkungen als auch das
„Nulldefizit“ bis 2006 erreicht werden sollen, beträgt der
Konsolidierungsbedarf mehr als 13 Mrd Euro in den Jahren 2003 bis 2006.
Das heißt, dass es in keinem der Bereiche, in
denen Bundeskanzler Schüssel heute einen „Reformstau“ konstatiert, der
schwarz-blauen Regierung gelungen ist, ihre Versprechen einzulösen. Im
Gegenteil, so richtig „gestaut“, um in der Terminologie des Bundeskanzlers zu
bleiben, hat es sich – wie alle Daten zeigen – erst in den letzten
drei Jahren.
Verschärft wurde diese Entwicklung noch durch
den de facto-Stillstand jeglicher Regierungsaktivität ab jenem Zeitpunk vor
einem halben Jahr, als Bundeskanzler Schüssel vorgeblich wegen der
Instabilität der FPÖ Neuwahlen vom Zaun brach. In diesen Zeitraum fällt unter
anderem das völlige Scheitern der Regierung in der für Österreich so wichtigen
Transitfrage, teils wahlkampfbedingt, teils durch Inkompetenz, teils als Folge
eines generellen Versagens der EU-Politik dieser Regierung.
Schwarz-blau ist also inhaltlich
gescheitert – wie Schüssel mit seiner Reformstau-Aussage indirekt
bestätigt. Schwarz-blau ist auch an der Instabilität der FPÖ gescheitert –
wie von Schüssel direkt bestätigt, als er diese Instabilität im September 2002
als Ursache für Neuwahlen nannte. Trotzdem ist es nur mehr eine Frage von
wenigen Tagen, bis Schüssel wiederum eine Regierung mit genau jener FPÖ bilden
wird, der er vor einem knappen halben Jahr noch die Regierungsfähigkeit
absprach. Einer FPÖ, die heute um nichts stabiler ist als damals, die im
Gegenteil – soweit möglich – noch unberechenbarer und instabiler
geworden ist.
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 102 |
Dafür gibt es zwei Erklärungen. Die eine ist
die, dass es Schüssel darum geht, eine Regierung zu bilden, die der ÖVP
möglichst billig kommt, in der die ÖVP die wenigsten Zugeständnisse
inhaltlicher und personeller Natur machen muss. Die zweite ist, dass es um
jeden Preis zum Ankauf der Eurofighter für das Bundesheer kommen muss. In
Wahrheit werden beide Erklärungen zutreffen.
Alleine der
Zustand des Budgets macht es absolut unverständlich, dass Bundeskanzler
Schüssel offensichtlich um jeden Preis am Ankauf von Kampfflugzeugen
festzuhalten gedenkt. Und zwar an der absolut teuersten Variante, dem
Eurofighter des EADS-Konsortiums. Die ÖVP war in den Sondierungsgesprächen mit
der SPÖ in Sachen Kampfflugzeuge/Eurofighter nicht bereit, sich auch nur einen
Millimeter zu bewegen. Ein „unbedingtes Ja“ zu dieser Anschaffung war für die
ÖVP offensichtlich die wichtigste Bedingung bei ihrer Entscheidung für einen
Koalitionspartner.
Die
Unbeweglichkeit der ÖVP in diesem Punkt wirft die Frage auf, warum für sie die
Anschaffung der Eurofighter eine unverzichtbare Bedingung für eine künftige
Regierung darstellt. Die militärische Notwendigkeit von Kampfflugzeugen ist
umstritten, die Entscheidung für die teuerste Variante, die nur als Prototyp
existiert, zusätzlich fragwürdig, die budgetäre Situation erlaubt derartige
Ausgaben (noch dazu in Verbindung mit den dann zu erwartenden Folgekosten)
nicht und die österreichische Bevölkerung ist mit großer Mehrheit gegen den Ankauf
von Kampfflugzeugen. Daran ändern die in Aussicht gestellten zweifelhaften
Gegengeschäfte ebenso wenig wie der Versuch, über die Installierung einer
„Wirtschaftsplattform“ vorzugaukeln, Österreich bekomme diese Kampfflugzeuge
eigentlich ohnehin von freundlichen Unternehmern geschenkt.
In letzter Zeit tauchten daher Vermutungen auf, dass es der Republik
aufgrund der von der Bundesregierung getroffenen Vereinbarungen mit EADS gar
nicht mehr möglich ist, aus dem Eurofighter-Deal ohne großen finanziellen Schaden
auszusteigen. Dass also sowohl der von der SPÖ verlangte völlige Verzicht auf
Kampfflugzeuge, als auch der von anderer Seite verlangte Umstieg auf
kostengünstigere Varianten nicht machbar ist, weil damit große Entschädigungszahlungen
an EADS verbunden wären.
Die ÖVP spricht von der „Reformunwilligkeit“ der
SPÖ als Grund für die Nichtaufnahme von Koalitionsverhandlungen. Es stellt
sich die Frage, inwieweit damit nicht eine „Eurofighterunwilligkeit“ gemeint
war und ist. Und es stellt sich ebenso die Frage, wenn es bereits eine
vertragliche Bindung Österreichs geben sollte, wieso Bundeskanzler Schüssel
angekündigt hat, die Frage Kampfflugzeuge aus dem Wahlkampf herauszuhalten,
indem er die Entscheidung auf nach den Wahltag verschob, und wieso er überhaupt
Neuwahlen vom Zaun gebrochen hat, wenn klar war, dass es danach nur einen
Koalitionspartner geben kann, nämlich jene Partei, die die Eurofighter
mitbeschlossen hat.
Daher stellen die unterfertigten Abgeordneten an
den Herrn Bundeskanzler folgende
Anfrage:
1. Welche Eckdaten bzw. Annahmen über die Konjunkturentwicklung, die Defizitentwicklung und die Entwicklung der wichtigsten Ausgabenblöcke bis 2006 liegen Ihnen als Bundeskanzler vor?
2. Welcher Konsolidierungsbedarf ergibt sich
daraus in den Jahren 2003, 2004, 2005 und 2006?
3. Mit welchen konkreten Maßnahmen will die
Bundesregierung Ihre Konsolidierungsziele erreichen?
4. Wann hat die Bundesregierung die endgültige
Kaufentscheidung für Kampfflugzeuge getroffen, bzw. wann wird sie dies tun?
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 103 |
5. Wie viele Kampfflugzeuge wird die
Bundesregierung kaufen?
6. Welcher Anschaffungspreis (ohne
Finanzierungsvarianten) wurde der Bundesregierung für „Eurofighter Typhoon“
Flugzeuge pro Stück / und in Summe im Vergabeverfahren angeboten?
7. Welcher Anschaffungspreis (ohne
Finanzierungsvarianten) wurde der Bundesregierung für „F-16 Fighting Falcon“
Flugzeuge pro Stück / und in Summe im Vergabeverfahren angeboten?
8. Welcher Anschaffungspreis (ohne
Finanzierungsvarianten) wurde der Bundesregierung für „JAS 39 Gripen“
Flugzeuge pro Stück / und in Summe im Vergabeverfahren angeboten?
9. Wie hoch werden seitens der Bundesregierung die
Betriebskosten (inklusive Wartungskosten) für den „Eurofighter Typhoon“ pro
Stück / und in Summe pro Budgetjahr geschätzt?
10. Wie hoch werden seitens der Bundesregierung
die Betriebskosten (inklusive Wartungskosten) für die „F-16 Fighting Falcon“
pro Stück / und in Summe pro Budgetjahr geschätzt?
11. Wie hoch werden seitens der Bundesregierung
die Betriebskosten (inklusive Wartungskosten) für die „JAS 39 Gripen“ pro
Stück / und in Summe pro Budgetjahr geschätzt?
12. Wie hoch sind gegenwärtig die Betriebskosten
(inklusive Wartungskosten) für die „Draken“ pro Stück / und in Summe pro
Budgetjahr?
13. Aus welchem Budgetansatz wird die Beschaffung
von 24 bzw. 18 Kampfflugzeugen in welchen Budgetjahren bedeckt werden?
14. Ist Ihnen bekannt, warum das BMLV bei diesem
Beschaffungsvorgang gegen die ressortinternen „Richtlinien für zentrale
Beschaffung“ des BMLV, die unter anderem das Erfordernis einer finanziellen
Bedeckung vorsehen, verstoßen hat, und wie beurteilen Sie als Bundeskanzler
dieser Regierung diesen Sachverhalt?
15. Welche Zwischenlösung – für den Zeitraum
nach Einstellung des Draken-Regelbetriebes bis zum Abschluss der Implementierung
von 24 (bzw. 18) Kampfflugzeugen des Typs „Eurofighter Typhoon“ – wurde
der Bundesregierung / dem BMLV durch das EADS – Konsortium im Zuge des
Ausschreibungsverfahrens angeboten?
16. Ist Ihnen als Bundeskanzler bekannt, dass die
Entscheidung von Verteidigungsminister Scheibner und Finanzminister Grasser
entgegen einer Einsichtsbemerkung des Leiters der Gruppe
Feldzeug-/Luftzeugwesen im BMLV vom 25. Juni 2002 erfolgte, die das
Produkt Gripen von SAAB/Bae, insbesondere „wegen der festgestellten annähernden
Gleichwertigkeit der Angebote und der gegebenen Erfüllung der Anforderungen für
die Luftraumüberwachung in Österreich“ und wegen dessen „geringeren
Anschaffungs- und Betriebskosten“ im Vergleich mit den anderen Anbietern, den
Vorzug gab, und wie beurteilen Sie als Bundeskanzler diesen Sachverhalt?
17. Hat sich die Republik Österreich, vertreten
durch die betroffenen Ressortminister, bereits gegenüber dem EADS –
Konsortium zum Ankauf von Kampfflugzeugen verpflichtet bzw. in welchem
Rechtsstadium befindet sich das Ausschreibungsverfahren nach Ansicht der Bundesregierung
derzeit?
18. Sollte durch die Republik Österreich bereits
ein Vorvertrag mit dem EADS – Konsortium abgeschlossen bzw. entstanden
sein, ist nach Rechtsansicht der Bundesregierung ein schadenersatzfreier
Ausstieg aus dem gegenständlichen Beschaffungsvorgang überhaupt möglich?
Wenn nein, welche Schadenersatzpflichten entstehen
der Republik Österreich bei Ausstieg aus den bestehenden Vertragsverhältnissen
mit den Anbietern im Rahmen der Beschaffung von Kampfflugzeugen, insbesondere
im Hinblick auf Investitionen, die von den Anbietern bereits in diesem
Zusammenhang getätigt wurden (z.B. Umstellung des Produktionsablaufes bei einem
Anbieter [Vorreihung] abgestimmt auf österreichische Bedürfnisse)?
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 104 |
19. Ist die von Ihnen als Bundeskanzler initiierte
Form der Finanzierung sowie die angedachte Lösung des Ankaufes über eine
Wirtschaftsplattform in die Ausschreibung dieses Beschaffungsvorganges
eingeflossen?
Wenn nein, was werden Sie als Bundeskanzler unternehmen,
um die von Ihnen in den Wahlkampf eingebrachte Idee zur Finanzierung des
Ankaufes von Kampfflugzeugen rechtskonform umzusetzen und welche
Rechtswirkungen entfaltet Ihr Finanzierungsmodell auf die laufende
Ausschreibung?
20. Von welchen österreichischen Unternehmen hat
die Bundesregierung rechtsgültige Zusagen für die Beteiligung an der
Finanzierung des Ankaufes von Kampfflugzeugen über die Wirtschaftsplattform?
21. Beabsichtigen Sie, dem Nationalrat eine
Regierungsvorlage zuzuleiten, die ermöglicht, dass Kriegsgerät – wie 24
bzw. 18 Kampfflugzeuge – im Eigentum eines privaten Konsortiums steht und
von diesem an die Republik Österreich verleast werden kann?
Wenn nein, wie soll nach Ansicht der
Bundesregierung die Finanzierung über eine Wirtschaftsplattform realisiert
werden?
In formeller Hinsicht wird verlangt, diese Anfrage
im Sinne des § 93 Abs. 1 GOG dringlich zu behandeln.
*****
Präsident
Dr. Andreas Khol: Ich erteile dem Anfragesteller,
Herrn Abgeordnetem Dr. Cap, zur Begründung der Dringlichen Anfrage das
Wort – gemäß § 93 nicht länger als 20 Minuten. – Bitte,
Herr Abgeordneter.
15.02
Abgeordneter
Dr. Josef Cap (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! (Abg.
Lentsch: Herr Bundeskanzler!) –
Ja, Herr Bundeskanzler! Das ist nämlich die Hauptperson. Diese und
seine Handlungsweise gilt es auch zu diskutieren, seit er an die Öffentlichkeit
getreten ist und mitgeteilt hat, dass die schwarz-blaue Regierung auseinander
geht und dass es Neuwahlen durchzuführen gilt.
Es gilt, ein wenig
zu hinterfragen, was da die Hintergründe sind, und es gilt, ein wenig den
Stillstand in der Republik seit dem 24. November zu hinterfragen –
eigentlich seit September, muss man sagen, und das sind jetzt gut sechs Monate.
Daher will ich begründen, warum es so dringlich ist – uns ist es nämlich
dringlich, denn uns geht es um die Republik, uns geht es um Österreich, uns
geht es um die Bevölkerung, und wir haben nicht so viel Zeit wie der Herr
Bundeskanzler, der eine Ehrenrunde nach der anderen drehen kann, bevor er vielleicht
geneigt ist, eine Regierung einmal mittels einer Erklärung dem Hohen Haus
vorzustellen. Wir haben da ein anderes Verständnis. (Beifall bei der SPÖ und
den Grünen.)
Wissen Sie, es
gibt eine Frage, die sich in letzter Zeit immer öfter stellt – Frau Thurnher
hat sie in der „ZiB 2“ auch Bundeskanzler Dr. Schüssel
gestellt –, nämlich die Frage: Warum haben wir eigentlich gewählt? In
einer dieser seltenen offenen Momente, die auch dem Herrn Bundeskanzler eigen
sind, hat er gesagt: Na ja, wenn Sie den neuen Nationalrat ansehen, dann sehen
Sie schon den Unterschied zur vorigen Legislaturperiode!
Das ist eigentlich
eine dürftige Antwort. Dass Herr Fasslabend vom ÖAAB das versteht, dass man die
Österreich-Interessen hintanstellt und dort, wo es eine Machtverschiebung für
die ÖVP gibt, auch einmal in Kauf nimmt, dass man sechs Monate lang keine
Regierung hat, das verstehe ich schon, Herr Abgeordneter Fasslabend! Das ist
mir schon klar! Das ist die Denkweise, mit der Sie an die Sache herangehen. Das
verstehe ich, klar! (Beifall bei der SPÖ.)
Aber ein ganz kurzer Blick zurück lohnt sich doch. Ich erinnere an die Auseinandersetzung in der schwarz-blauen Regierung I zum Beispiel um die Frage einer Steuersenkung oder einer
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 105 |
Steuerreform. Als sich das immer mehr zwischen der
FPÖ und der ÖVP zugespitzt hat, kam es zu „Knittelfeld“. Ich behaupte heute im
Rückblick: Eigentlich waren die Ereignisse von Knittelfeld vom Herrn
Bundeskanzler herbeiprovoziert. Eigentlich waren sie herbeiprovoziert. (Beifall
bei der SPÖ. – Ironische Heiterkeit bei der ÖVP.)
Findige Berater in
seiner Umgebung werden damals zu dem Schluss gekommen sein: Na ja, wenn es
jetzt eine Auseinandersetzung gibt und wenn wir dann Neuwahlen durchführen,
dann kann das durchaus dazu führen, weniger Blau und mehr Schwarz! – Das
ist ihm im Ohr hängen geblieben. Für mehr Schwarz hat er natürlich eine
Schwäche, das werden vor allem die Hinterbänkler begrüßen, denn sie sitzen
deswegen in diesem Moment gerade hier herinnen, aber sie sollten besonders
sensibel sein, denn wenn seine Taktiererei einmal danebengeht, dann werden die
Hinterbänkler kein Bankerl mehr haben, um da hinten sitzen zu können. Sie
sollten sich ein bisserl in den Diskussionsprozess einbringen, wenn es um die
weitere Politik in der ÖVP geht. (Beifall bei der SPÖ. – Abg.
Mag. Schweitzer setzt zu einem
Zwischenruf an.)
Herr Klubobmann
Schweitzer, teilen Sie sich die wenigen Zwischenrufe noch ein, denn wenn die
Entwicklung so weitergeht, ist es gar nicht mehr sicher, ob Sie über
4,5 Prozent sein werden bei einer allfälligen Neuwahl, die – wie
immer – nicht ausgeschlossen wird bei dem, was sich hier im Moment
abspielt! (Abg. Mag. Schweitzer:
Ich frage mich, wo nimmst du um diese Zeit den Sonnenstich her?)
Also das wurde
herbeiprovoziert, damit diese Regierung ihr Arbeiten bisweilen einstellen kann.
Es scheint so zu sein. Es drängt sich dieser Gedanke auf.
Daher drängt sich
auch der Gedanke auf, was denn jetzt letztendlich im Mittelpunkt des Wollens
steht, wenn man wirklich vorgibt, für Österreich arbeiten zu wollen. Da muss
ich dann daran denken, dass es nach dem Wahltag Sondierungsgespräche, auch
Verhandlungsrunden gegeben hat, dass man aber eigentlich nicht erkennen
konnte, dass wirklich der Wille vorhanden war, möglichst rasch eine
funktionsfähige Regierung für Österreich zu finden.
Ja, ich gehe sogar
noch weiter: Es war eigentlich gar nicht das Bestreben da, eine stabile
Regierung, eine handlungsfähige Regierung, eine reformfähige
Regierung und, Frau Außenministerin, vor allem eine Regierung mit
Gewicht in der Europäischen Union herbeizuführen. Ihnen macht das
nichts. Sie sagen, es ändere sich ohnehin nichts, wenn Sie dort sind. Ich sage
Ihnen: Es ist nicht gleichgültig! Es ist wichtig, ob es eine Regierung mit
Gewicht in der Europäischen Union gibt, die dort tatsächlich auftreten kann. (Abg.
Steibl: Na, das ist ein Niveau!)
Wenn ich mir diese
Gespräche ansehe, die hier geführt wurden, dann muss ich sagen: Sie wurden
nicht mit Ernst geführt. Dazu muss ich sagen: Verhandlungen hat es überhaupt
nur mit den Grünen und mit den Blauen gegeben! Mit der SPÖ hat es keine
Verhandlungen gegeben, das waren Sondierungsgespräche. Als wir dann beschlossen
haben, dass wir jetzt nach den Sondierungen bereit wären, auch Verhandlungen
durchzuführen, kam dann plötzlich die Notbremse des Bundeskanzlers, der dann in
einer Pressekonferenz nach dem letzten Sondierungsgespräch gesagt hat –
wie hat es Andreas Koller von den „Salzburger Nachrichten“ vom 23. Jänner
2003 damals bezeichnet? Er bezeichnete diesen Satz als „bonapartistischen
Satz“. –: Uns stellt man keine Bedingungen! – Nachdem er vorher schon
zehn Punkte als Bedingungen präsentiert hatte und eigentlich die sechs Fragen
auch sechs Bedingungen waren.
Es hieß also: Uns
stellt man keine Bedingungen! – Wer so vorgeht, der will nicht ernsthaft
sprechen und will keine Regierung – in diesem Fall mit den Sozialdemokraten.
Das sei hier einmal in aller Deutlichkeit festgestellt.
Dann kamen die
Gespräche von Schwarz-Grün. Ich sehe heute noch ermüdete Gesichter bei den
Grünen. (Allgemeine Heiterkeit.) Aber es sind nicht unzufriedene
Gesichter, ich weiß nicht, warum, aber das werden Sie selbst begründen können.
Dann war
eigentlich der Lack ab. Jetzt sollten Sie von der ÖVP sich das Lachen ein
bisserl einteilen, denn dann war der Lack ab, denn dann kam plötzlich in den
Medien eine Kommentierung der Situation, die das plötzlich anders gezeigt hat.
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 106 |
Gerfried Sperl
schreibt im „Standard“ am 22. Februar: „Wolfgang Schüssel scheint immer
noch benommen vom Weihrauch, der rund um ihn aufgestiegen ist.“
Frau Abgeordnete
Rauch-Kallat! Weihrauch ist Ihr Fachgebiet, da werden Sie sich besser
auskennen. (Beifall bei der SPÖ.) Aber wissen Sie, wenn der Weihrauch
aufsteigt, Herr Bundeskanzler, dann bekommt man nicht nur Atembeschwerden,
sondern dann sieht man auch nicht mehr so genau, weil diese Weihrauchschwaden
auch so Manches verdecken, der Bezug zur Wirklichkeit wird dann ein zunehmend
schwieriger. Aber das ist Ihr Problem, wenn der Weihrauch
aufsteigt. Wenn es zu wenig wird, Frau Abgeordnete Rauch-Kallat, dann müssen
Sie halt ein bisserl nachgeben, damit wieder mehr Weihrauch da ist, es ist ja
Ihre Aufgabe als Generalsekretärin, dafür zu sorgen.
Weitere
Kommentare – Sie lesen sicherlich gerne die Tageszeitungen –
lauteten: Rabl, „Kurier“ vom 26. Jänner: „Kann es nicht sein, dass
Schüssel in dieser Lage eher das Problem als die Lösung ist?“ (Heiterkeit bei der SPÖ.) – Das ist
übrigens eine sehr interessante Frage, die man einmal eingehend diskutieren
sollte. Das sollten Sie auch einmal für sich diskutieren, ob Sie, Herr
Bundeskanzler, nicht auch für sich selbst ein Problem sind.
Dann schreibt Herr
Rabl auch noch folgenden Satz – ich kann das alles gar nicht zitieren, mir
fehlt die Zeit –: „Diese Koalition“ – er meint
„Schwarz-Blau I“ – „war Haiders Schöpfung, nicht Schüssels
Strategie.“ – Ein großer Satz, gelassen „ausgeschrieben“. Ich wiederhole:
„Haiders Schöpfung“!
Daher, sehr
verehrte Abgeordnete von der FPÖ, gibt es immer wieder Grüße aus Klagenfurt, um
auch ihn der politischen Endlichkeit zu erinnern. Jetzt wieder, sehr produktiv
eingebracht in den jetzigen Gesprächen, wahrscheinlich dienlich, besser vorher
als nachher, oder noch besser vorher und nachher, würde ich sagen. Ja, das
bringt erst so richtig Dynamik hinein. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ.)
Dann schreibt Rabl
weiter – ich muss aus dem Kommentar mehr Text als bloß einen Satz
vorlesen –: „Der Kanzler und Wahlsieger wurde vom Bundespräsidenten mit
der Regierungsbildung beauftragt.“ – Das sollte man hin und wieder
wiederholen, damit es nicht in Vergessenheit gerät, denn es sind jetzt schon
über drei Monate her, das muss man sagen, das ist schon eine lange Zeit. Das
ist aber auch ein klarer Arbeitsauftrag. Bis jetzt hat Wolfgang Schüssel diese
Anforderung nicht annähernd erfüllt. Schwerpunkt annähernd, nicht annähernd, so
Rabl vom „Kurier“. Nicht ich, weil Sie mich so böse anschauen: Rabl vom
„Kurier“.
Norbert Stanzel,
er ist ein bisschen fixiert auf die FPÖ, schreibt dann am 19. Februar, und
zwar wieder im „Kurier“ – man kann sich gar nicht satt lesen am
„Kurier“ –: „Jetzt droht das blaue Grauen zurückzukehren.“
Ich wiederhole:
„Jetzt droht das blaue Grauen zurückzukehren.“ – Ich zitiere weiter:
„Das heißt:
Unberechenbarkeit, speziell bei der Europa-Politik. Große Ankündigungen, denen
keine Taten folgen. Eine zerstrittene Funktionärsschicht, der die besten
politischen Talente ... abhanden gekommen sind. Vorhersehbare Niederlagen
bei den nächsten Landtagswahlen, die der Führungs- und Richtungsdebatte neue
Nahrung geben werden.“
So geht das weiter
und weiter, wie ein Bericht aus der Geisterbahn. Es gruselt einem, wenn man das
liest, aber das ist die Meinung gewesen. Es ist die Meinung gewesen, die hier
geäußert wurde. (Abg. Mag. Schweitzer:
Hast du selbst auch etwas zu sagen? Zeitung lesen tun wir eh selbst! Josef!
Zeitung lesen tun wir eh selbst!)
Herr Klubobmann
Schweitzer, ich habe hier extra für Sie eine Karikatur, es ist natürlich
schwer, Karikaturen in Wort wiederzugeben; es ist übrigens wieder der „Kurier“.
Es ist ein Wahnsinn! Herr Pammesberger schildert da ein Gespräch in vier
Karikaturbildern zwischen Bundeskanzler Schüssel und Herbert Haupt. Schüssel
sitzt imperial, kaiserähnlich oder papstähnlich ist – ich weiß nicht, Frau
Abgeordnete Rauch-Kallat, was Ihnen lieber ist.
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 107 |
Aber jedenfalls
erste Frage, bei der Haupt kniet – das scheint die Gesprächsebene zu sein;
ich schildere nur, was da steht –: „Steuerreform? Temelin? Beneš?“ Antwort von Herbert Haupt: „Nie
gehört!“
Zweite
Frage – das sind die Prüfungsfragen, bevor es Verhandlungen gibt –:
„Haider, die Knittelfelder?“ Antwort von Herbert Haupt: „Kenn ich
nicht.“ – Das ist auch gut.
Dritte
Frage – nicht uneitel, Schüssel stellt die Frage –: „Der weltbeste
Kanzler, Kicker, Cello-Spieler?“ Antwort von Herbert Haupt: „Wolfgang
Schüssel!“ – Bei dieser Antwort trägt Haupt eine Tafel auf der Brust mit
der Aufschrift „Schüssel Superstar“. Bei der ersten Antwort steht auf der Tafel
„Nimm uns!“, und bei der zweiten Antwort steht auf der Tafel „Super
ÖVP“. – Ich muss sagen: Ein guter Koalitionspartner, gut abgerichtet!
Letzte Frage: „Der
beste Finanzminister?“ – Haupt: „Karl-Heinz Grasser.“ Das sagt Haupt aus
tiefster Überzeugung.
Das ist die
Beschreibung eines Karikaturisten. Seien Sie mir nicht böse, das muss man einbringen,
das ist eine der größten Tageszeitungen, die das im Wesentlichen hier auch beschreibt.
(Rufe bei der ÖVP: Peinlich! Peinlich!)
Wissen Sie, was
peinlich ist? – Das kann ich Ihnen jetzt sagen: dass wir jetzt nach diesem
Stillstand eine Arbeitslosenrate in der Höhe von 7 Prozent haben, dass wir
in Österreich ein Wirtschaftswachstum haben, das so schlecht wie schon lange
nicht mehr ist. Peinlich ist, dass die Einkommen der Arbeitnehmer im
Jahre 2002 unter dem Wert des Jahres 2000 liegen. Peinlich ist, dass
die unteren Einkommensschichten durch eine Welle von Steuer- und Gebührenerhöhungen
überdurchschnittlich stark belastet wurden. Peinlich ist, dass bei den
Investitionen, beim Wachstum und damit bei der Wohlstandssteigerung Österreich
die Überholspur verlassen hat. – Das kann ich Ihnen aufzählen!
Peinlich ist auch,
dass wir momentan nach wie vor die höchste Steuer- und Abgabenquote in der
Geschichte Österreichs haben und trotzdem keine nachhaltige Budgetsanierung
erreicht wurde. Peinlich ist ... (Abg. Prinz:
Billig ist ... !) – Nicht billig, teuer ist das in Wahrheit, was
sich da abspielt – teuer für die Österreicherinnen und Österreicher! (Beifall
bei der SPÖ.)
Dass diese
dämpfenden Effekte dieser restriktiven Politik zu weniger Wachstum, weniger Investitionen,
weniger Einkommen, mehr Arbeitslosen, weniger Steuereinnahmen und zusätzlichen
Ausgaben für Arbeitslosigkeit und Pensionen führen, das ist die Wahrheit, für
die Sie jetzt zu stehen haben.
Ich frage mich: Wo
ist da Ihr Verantwortungsgefühl, einer Partei, die übrigens seit dem
Jahr 1945 eine Gründerpartei ist und dieses Land mit geprägt hat, wenn wir
sechs Monate Stillstand haben, drei Monate mit Gesprächen und mit Kosmetik
verbracht wird, und am Schluss kommt ohnehin „Schwarz-Blau II“ heraus? Wie
ernst haben Sie dann eigentlich die Gespräche mit den Grünen und mit den
Sozialdemokraten geführt?
Dann wollen Sie
auch noch den Österreicherinnen und Österreichern erklären, wir
wollten nicht, sie wollten nicht. Wer trägt die schuld
daran? – Nur mehr die Frau Generalsekretärin glaubt, dass Schüssel nicht
schuld daran ist, dass es keine Regierung gibt und dass nicht längst schon
Blau-Schwarz geplant war.
Das ist doch die
Frage! Das muss doch in Wahrheit der Plan gewesen sein – weil das
anscheinend der billigere Partner ist, weil man das, was die 100-prozentige
ÖVP-Politik ist, die Sie umsetzen wollen, anscheinend so zum Nulltarif
fortsetzen kann!
In aller Selbstbescheidenheit, die Sie prägt: Stellen Sie sich in der Öffentlichkeit hin und sagen Sie: Reformwilligkeit, na klar! Reformwille ist, zu 100 Prozent die ÖVP-Vorstellungen umzusetzen! 95 Prozent, das ist schon gedämpfte Reformwilligkeit, unter 90 Prozent, oje, das ist reformunwillig, total reformunwillig. Wahr ist das, was das Generalsekretariat der ÖVP sagt, alles andere ist nicht wahr. Das gilt nicht! Nein! Wir haben die Wahrheit und Weisheit zu
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 108 |
100 Prozent gepachtet. Nur wir wissen,
wie der einzig selig machende Weg für die österreichische Bevölkerung
aussieht. Wer sich dem nicht beugt, der ist für uns kein Koalitions- und Regierungspartner.
Da ist das Wort „Partnerschaft“ bei dieser Geisteshaltung in Wahrheit fehl am
Platz. – Das müssen Sie sich jetzt endlich einmal sagen lassen! (Beifall
bei der SPÖ.)
Jetzt geht es
weiter. Jetzt empfehle ich einmal zur Abwechslung die „Kronen Zeitung“ vom
26.2.2003. Ich zitiere: „Post, Bahn, Benzin – alles teurer!“ Darüber steht
noch – das ist wichtig! –: „Kaum sind die Wahlen vorbei“. Und dann
steht, wie gesagt: „Post, Bahn, Benzin – alles teurer!“
Also munter weiter
in die Taschen der Österreicherinnen und Österreicher hineingreifen – das
ist Ihre Politik!
Was ich aus den
Verhandlungsgesprächen gehört habe, huschen aber im Landwirtschaftsbereich,
wo eure eigene Klientel ist, schnell die Milliarden irgendwo über die Seiten.
Wo ist denn da eigentlich Ihre Reformbereitschaft? Wo ist denn zum Beispiel
auch im Agrarbereich Ihre Reformbereitschaft oder im Bereich der Staats- und
Verwaltungsreform? (Zwischenrufe bei der ÖVP.)
Das Interessante
ist: Sie reden von einem Reformstau, haben jetzt seit drei Jahren die
Verantwortung, sechs Monate herrschte jetzt absoluter Stillstand, und dann
kommen Sie immer noch mit dem Schmäh – das war so herrlich, als wir in der
Fernseh-Diskussion gesessen sind – mit Bruno Kreisky, und der Moderator
hat darauf gesagt: Entschuldigung, das ist schon 35 Jahre her! Da kann ich
nur sagen: Kommen Sie überhaupt gleich mit Marc Aurel, das ist noch einfacher,
das war vor 2000 Jahren! (Beifall bei der SPÖ.)
Präsident Dr. Andreas Khol:
Herr Abgeordneter
Dr. Cap, Sie haben jetzt 17 Minuten Ihrer Redezeit gesprochen und
noch kein einziges Wort zum Thema Ihrer Dringlichen Anfrage betreffend
„unnötige Belastung der Österreicher und Österreicherinnen durch teure
Kampfflugzeuge“ gesagt.
Ich erteile Ihnen
nicht den Ruf zur Sache, lade Sie aber ein, der Geschäftsordnung nachzukommen
und Ihre Dringliche Anfrage zu begründen. – Sie sind am Wort. (Beifall
bei der ÖVP. – Heftige Zwischenrufe bei der SPÖ.)
Abgeordneter
Dr. Josef Cap (fortsetzend): Das mache ich mit großer Freude, denn nach
Finanzminister Grasser besteht jetzt ein Konsolidierungsbedarf in der Höhe von
8 Milliarden €. Man stelle sich vor: Sie wollen das Nulldefizit anpeilen,
trotzdem irgendwann eine kleine Steuersenkung unterbringen – sollte das wirklich
zustande kommen, sind es 13 Milliarden € –, und dennoch, vor diesem
Hintergrund, wollen Sie noch immer die Eurofighter kaufen, und zwar auf jeden
Fall die Eurofighter, nur das teuerste Kampfflugzeug. Das kostet natürlich
2 Milliarden €. Das wird natürlich die Belastungen für die
Österreicherinnen und Österreicher verschärfen.
Daher stellen wir uns die Frage: Weshalb lassen Sie in Wahrheit genau
an dieser Thematik betreffend Anschaffung der Eurofighter die Gespräche mit den
Sozialdemokraten und die Gespräche mit den Grünen scheitern? Was ist da der
Hintergrund?
Nächster Punkt: Weshalb wehren Sie sich dagegen, wenn wir sagen, dass
wir hier im Parlament ein Minderheitsrecht auf Einsetzung von
Untersuchungsausschüssen wollen? – Damit kann man unter anderem den
Ankauf der Eurofighter untersuchen.
Weshalb wollen Sie das eigentlich nicht? Was ist da los? Wieso sind Sie
da so hartnäckig? – Das kann nicht eine bloße Fixierung sein, da muss es
ein bisschen mehr sein.
In dieser unserer Dringlichen Anfrage stellen wir daher diese Fragen, die uns so bewegen, nämlich sowohl die Frage nach dem Konsolidierungsbedarf als auch die Frage nach den Hintergründen, warum Sie so hartnäckig diesen Ankauf der Eurofighter betreiben und wollen. Gibt es schon Vorverträge? Gibt es diese schon? Gibt es dann, wenn man davon abrücken
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 109 |
sollte, eventuell
Schadenersatzansprüche? Was ist da los? Wieso wehren Sie sich so dagegen, dass
da Licht ins Dunkel kommt?
Wissen Sie, was
uns besonders interessieren würde? – Diese berühmte Wirtschaftsplattform,
diese netten, freundlichen Unternehmer, die so wahnsinnig gern privat
Kampfflugzeuge kaufen, um sie dann an die Bundesregierung zu vermieten oder zu
leasen. Ich möchte sie gerne kennen lernen. Wo sind diese altruistischen
Unternehmer, die das gerne machen?
Ich will aber auch
gleich wissen – und deshalb haben wir diese Fragen gestellt –,
welcher Rechtsnatur das dann ist, wie das funktionieren soll. Ich erwarte mir
dazu wirklich eine ergiebige Antwort, denn ich glaube, Sie haben versucht, die
Wählerinnen und Wähler ein bisschen an der Nase herumzuführen, als Sie gesagt
haben: Diese Eurofighter werden gar nichts kosten!
Woher kommen die
2 Milliarden? Kommen sie herbeigeflogen, werden sie vom Christkind
gebracht? Woher kommen sie? Natürlich wird das etwas kosten. Es wird der Erhalt
etwas kosten, die Infrastruktur, die Flugplätze, die Ausbildung der
Piloten – all das wird etwas kosten. Aber Sie versuchen, den Menschen
einzureden, das Ganze gehe zum Nulltarif. – Natürlich nicht zum Nulltarif, und
da muss etwas sein, das wir wissen wollen!
Ich sage Ihnen:
Wenn Ihre Antworten nicht wirklich ergiebig und überzeugend sind, werden wir
wieder einen Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses stellen. Wir
wollen, dass das endlich untersucht wird! Es kann nicht so weitergehen, dass
Regierungsbildungen davon abhängig gemacht werden, dass man ja sagt zu einem
2-Milliarden-Verschwendungsprojekt, zum Ankauf von Eurofightern, die
Kampfflugzeuge sind, die Kriegsflugzeuge sind.
Gerade angesichts
der momentanen außenpolitischen Situation müssen wir dagegen vehement Position
beziehen! Daher können Sie davon ausgehen, dass wir, wenn wir heute diese
Anfrage stellen, im höchsten Maße daran interessiert sind, dass Sie darauf auch
eine ausreichende Antwort geben. Dazu sind Sie verpflichtet als
Bundeskanzler – sei es auch dieser „Schrumpfregierung“, die seit Monaten
im Stillstand verharrt! (Lang anhaltender Beifall bei der SPÖ.)
15.22
Präsident
Dr. Andreas Khol: Zur Beantwortung der Dringlichen
Anfrage hat sich Herr Bundeskanzler Dr. Schüssel zu Wort gemeldet. Die
Redezeit soll 20 Minuten nicht überschreiten. – Bitte, Herr
Bundeskanzler.
15.23
Bundeskanzler
Dr. Wolfgang Schüssel: Herr Präsident! Hohes Haus! Ich bin
sehr froh, Herr Abgeordneter und Klubobmann Josef Cap, dass Sie mir die
Gelegenheit geben, öffentlich zu Ihren Vorwürfen Stellung zu nehmen. Ich hoffe,
dass jetzt sehr viele Menschen zuschauen und sich somit selbst, aus erster
Hand – Sie verlangen ja auch die Öffentlichkeit der Ausschüsse –, ein
Bild davon machen können, wie es eigentlich um das Klima zwischen den
Fraktionen steht.
Hat tatsächlich
irgendjemand das Gefühl gehabt, dass hier der Klubobmann einer staatstragenden
Partei spricht (Rufe bei der ÖVP: Nein,
niemand!), die wirklich eine Partnerschaft mit uns eingehen wollte? – Ich glaube nicht. (Beifall
bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Mag. Posch.)
Offen gestanden,
Herr Kollege, Ihre Rede war entlarvend! Für diejenigen, die sich fragen, wie
solche Koalitionsgespräche ablaufen, sei hinzugefügt: Josef Cap hat in den
Verhandlungen immer so – genau so! – geredet wie hier, und das ist
eigentlich in dieser Situation ein bisschen bedrückend.
Ich muss ganz
offen sagen: Ich habe in den letzten Monaten und Wochen sehr gute und sachliche
Gespräche mit den Vertretern aller Parteien geführt. Das war auch der
Wählerauftrag nach dem 24. November: drei mögliche
Kooperationsmöglichkeiten auszuloten, mit jedem politisch möglichen Partner
intensive und ernste Gespräche zu führen, um zu sehen: Wie weit kommen wir?
Gibt es so viel Gemeinsamkeit, dass sich eine stabile, ernsthafte, lösungsorientierte
Regierung darauf aufbauen lässt?
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 110 |
Ich habe das
Gefühl gehabt – und es herrschte wirklich ein anderer Ton –, in den
Verhandlungen mit den Vorsitzenden Professor Van der Bellen, Dr. Alfred
Gusenbauer oder Herbert Haupt war ein anderer, lösungsorientierter Ansatz. Ich
muss ganz offen sagen: Diese Polemik verdient eigentlich nicht den Raum des
Hohen Hauses, denn wir sollten uns doch gemeinsam darum bemühen, ernsthaft um
die bestmöglichen Lösungen zu ringen! (Beifall bei der ÖVP und den
Freiheitlichen. – Abg. Dr. Jarolim:
Geben Sie uns bitte Noten!)
Nun sehr offen zu
Ihren Aussagen einige Wahrheiten aus meiner Sicht, subjektive Wahrheiten. –
Sie fragen mich, warum es so lange gedauert hat!? Haben Sie wirklich vergessen,
dass die Sozialdemokraten zwei Monate gebraucht haben, um sich
durchzuringen, überhaupt in Verhandlungen einzutreten? Die Grünen haben bis zum
7. Februar gebraucht. Ich habe das respektiert. Ich glaube nicht, dass es
darauf ankommt, Tempo, Tempo zu machen, die Geschwindigkeit über alles zu
stellen. Nein! Wer mit anderen in einen ernsten Dialog treten will, der muss
sich Zeit nehmen. Genau das habe ich gemacht. Man muss Geduld haben, aufeinander
zugehen.
Ich persönlich
glaube – das war ja auch das Interessante dabei –, dass die Zeit
nicht verloren war, denn wir haben für 80 oder vielleicht sogar mehr Prozent in
der Analyse heute einen weitaus parteiübergreifenden Konsens, ob das jetzt die
Frage der Europa-, der Außenpolitik oder die Frage stabiler Staatsfinanzen
betrifft. Letzteres ist übrigens kein Thema, das man verblödeln kann, es ist
wichtig für die nächsten Generationen. Man kann auf Dauer weder in einer
Familie noch in einem Staat mehr ausgeben, als man einnimmt. Dieses
Grundprinzip ist und bleibt wichtig, meine Damen und Herren! (Beifall bei
der ÖVP und den Freiheitlichen.)
Es kann in einer
schwierigen Situation, konjunkturbedingt schwierigen Situation natürlich
zeitweise außer Kraft gesetzt werden. Das ist ganz klar, das haben wir auch
getan, aber als Prinzip bleibt es wichtig und richtig.
Auch die Frage der
Notwendigkeit einer Pensionssicherungsreform scheint mir in der Analyse
unbestritten, in der Frage nach dem Weg dorthin waren wir in vielen Bereichen
unterschiedlicher Meinung. Aber das kann man ehrlich und auch ohne Polemik
austragen.
Ich denke, es
gehört zum politisch-kulturellen Stil, dass man diese Auseinandersetzung etwas
anders austrägt und auf den sachlichen Punkt zuspitzt. Ich habe nichts gegen
Sie, und Sie brauchen jetzt auch nicht mich zum Feindbild hochzustilisieren,
dazu bin ich nicht groß genug und nicht wichtig genug. Ich bin ein ganz
normaler demokratischer Politiker, genauso wie jeder andere hier. Wir sollten
uns angewöhnen, ein bisschen weniger in Feindbildern zu denken und zu reden,
als Sie das jetzt hier gemacht haben. (Beifall bei der ÖVP und den
Freiheitlichen.)
Wir haben in der
Analyse darin übereingestimmt, dass das Gesundheitssystem Österreichs –
eines der besten der Welt – nachhaltig saniert werden muss, und zwar vor
allem deshalb, weil wir auf Grund der längeren Lebenserwartung und auch der
Notwendigkeit, die ich bejahe, dass jeder einzelne – auch der ältere
Mensch, der ärmere Mensch – Zugang zu den Spitzenleistungen der Medizin
haben soll, einfach Sparpotentiale brauchen: in Medikamentenpreisen, in
Strukturreformen, die längst überfällig sind, und natürlich in einer Mischung
von Beitrags- oder Selbstbehaltselementen.
Diesbezüglich
waren wir in den Gesprächen schon einiger – wenngleich wir noch keinen
Konsens erreichen konnten –, als das heute in der Parlamentssitzung
wiederum mit dem Dreschflegel oder mit dem Holzhammer zum Ausdruck gekommen
ist. Bleiben wir bei dem sachlichen Stil, der die Verhandlungen meiner Meinung
nach durchaus ausgezeichnet hat! Das würde ich mir jedenfalls wünschen.
Ähnliches gilt auch für die österreichische Sicherheitspolitik, meine Damen und Herren! Sie, die Opposition, haben den Nationalen Sicherheitsrat eingeladen, haben beantragt, ihn einzuladen. Ich habe es gemacht, und Sie haben Recht damit gehabt: Die Irak-Krise ist eine der schwersten außenpolitischen Krisen, die es derzeit global zu behandeln gilt, die Europa und damit auch Österreich betrifft. Aber wie Ernst ist Ihnen das Anliegen, dass Sie mich oder den Vertei-
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 111 |
digungsminister
oder die Außenministerin befragen, was wir denn alles tun, was wir getan haben,
um etwa Truppentransporte auf dem Landweg durch Österreich zu behindern, oder
wie weit wir in der Lage sind, die Kontrolle über den österreichischen Luftraum
wahrzunehmen, wenn Sie dann nicht gleichzeitig auch B sagen und bereit sind,
den österreichischen Luftraum zu schützen? – Das ist eine ernste Frage,
die nichts mit Populismus oder mit Wahlkampf zu tun hat, da geht es um
Staatspolitik, Herr Dr. Cap! (Beifall bei der ÖVP und den
Freiheitlichen.)
Mir ist Folgendes
aufgefallen: Immer dann, wenn es zwischen SPÖ und ÖVP hätte interessant werden
können, ist geradezu wie auf Knopfdruck ein griechisch-antiker Chor von warnenden
Stimmen eingeschaltet worden. Besonders krass war ja, dass der
oberösterreichische SPÖ-Vorsitzende Erich Haider zuerst massiv die eigene
Partei und Alfred Gusenbauer kritisiert hat, dass er überhaupt mit uns
verhandelt, um dann blitzartig den Schalter umzulegen und genauso massiv
„Skandal!“ zu rufen, dass die ÖVP etwa mit den Freiheitlichen
verhandelt. – Was, bitte, ist jetzt die logische Position? Was soll denn
überhaupt möglich sein?
Ich sage es ganz
offen: Meiner Meinung nach sollte jemand, der A sagt, auch B sagen. Ich habe
das Gefühl, Alfred Gusenbauer wollte ebenso verhandeln wie Professor Van der
Bellen beziehungsweise die anderen Teammitglieder, die ihn begleitet haben,
oder die Freiheitlichen, die mit uns ja noch verhandeln, aber die zweite und
dritte Reihe oder mächtige Landesgruppen oder Landesorganisationen haben vieles
dazu beigetragen, dass es ja nicht zu solch einer Zusammenarbeit kommt.
Ich muss
sagen – und auch das gehört hier, wenn man schon eine ehrliche Bilanz
zieht, offen ausgesprochen –: In Wahrheit verhandeln wir – und das
ist eine Antwort auf Ihre Frage – noch nicht sehr lange. Wir verhandeln
seit einem Monat, und in diesem einen Monat haben wir gründlich ausgelotet, wie
weit wir mit den Grünen, wie weit wir mit den Sozialdemokraten oder wie weit
wir mit den Freiheitlichen kommen können. Es ist ganz klar, dass es bei den
Erstgenannten einige massive Dissenspunkte gegeben hat, und die respektiere ich
auch. Ich sage das ganz offen. Da gehören keine bad feelings dazu, das soll man
offen aussprechen.
Wir haben uns eben
in manchen Punkten nicht einigen können, etwa über den Termin, wann wir mit der
Abschaffung oder der Anhebung des Frühpensionsalters beginnen. Wir haben uns
nicht auf den SPÖ-Vorschlag einigen können, der heute auch in den „Salzburger
Nachrichten“ nachzulesen ist; ich hätte ihn sonst nicht öffentlich gemacht. Sie
haben vorgeschlagen, in bestehende Pensionen massiv, und zwar bis zu
10 Prozent, einzugreifen. (Abg.
Mag. Wurm: Ab welcher Höhe?)
Darüber kann man diskutieren, ich denke nur, dass dies verfassungsrechtlich
mit dem Vertrauensschutz einfach nicht vereinbar ist. Zu diesem Thema gab es
einen klaren Dissens, und dieser gehört ausgesprochen, meine Damen und Herren! (Beifall
bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)
Zum Bereich
öffentlicher Dienst – Sie nennen das Klientelpolitik, Josef Cap; das
stimmt nicht – möchte ich sagen: Ich habe großen Respekt vor den
Leistungen der österreichischen Beamten, und ich möchte behutsam in diesem
Bereich vorgehen. Ja, ich bekenne mich zu den Einsparzielen, ich denke aber,
dass die 25 Prozent, die der SPÖ-Vorsitzende einst erwähnt hat, bei weitem
zu hoch gegriffen sind. Das ist ohne Qualitätsverlust für die österreichischen
Bürgerinnen und Bürger unrealistisch und nicht erfüllbar. Aber ich glaube, dass
wir hier gemeinsam durch Strukturreformen sehr viel erreichen können. Der
Österreich-Konvent, der die Aufgaben, die neue Verfassung überprüfen soll,
könnte hier einen ganz wichtigen Beitrag leisten, der nach meiner Überzeugung
einen ganz großen Wurf – hoffentlich parteiübergreifend – bedeuten
könnte.
Dritter Punkt: Sie
behaupten in der Dringlichen Anfrage – das hier auszusprechen haben Sie
nicht gewagt –, Österreich stehe heute schlechter da als vor drei Jahren.
Dazu, Josef Cap als Anfragebegründer – aber dazu sind Sie
ja nicht mehr gekommen –, möchte ich Ihnen ganz schlicht einige Fakten
vorhalten, und dann können wir über die Fakten diskutieren, darüber, ob
Österreich heute, nach drei Jahren einer von mir, einer von uns geführten Regierung,
besser oder schlechter dasteht.
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 112 |
Hier die Fakten:
Das
Bruttoinlandsprodukt im Jahre 1999 betrug 197 Milliarden €,
heute sind es 216 Milliarden €; das ist ein Plus von fast
10 Prozent. Besser oder schlechter? – Besser, meine Damen und Herren!
(Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)
Arbeitsplätze: Wir
haben im Jahr 1999 3,1 Millionen Arbeitsplätze gehabt, heute
50 000 mehr. Besser oder schlechter? – Besser natürlich, meine
Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)
Sie haben die
Einkommensentwicklung angeführt. Ich zeige den Vergleich mit Rot-Grün in
Deutschland auf. Die deutsche Bruttolohnentwicklung von 1999 bis 2002 weist ein
Plus von 0,3 Prozent aus, jene in Österreich ein Plus von
1,3 Prozent. Der Vergleich lässt sich sehen, meine Damen und Herren! (Beifall
bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)
Beispiel
Armutsbekämpfung. Die Mindestpension für Ehepaare betrug im
Jahre 1999 841 €, heute 966 €; das ist ein Plus von
15 Prozent. Besser oder schlechter? – Die Antwort darauf kennen Sie,
meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)
Nächstes Beispiel:
Abgabenquote, die Sie immer wieder im Mund führen. Ja, es ist wahr, im
Jahr 2001 war sie hoch. Im vorigen Jahr war sie bereits fast auf dem
Niveau des Wertes unter der Ministerschaft des letzten SPÖ-Finanzministers. Heuer
liegt sie bereits zwei Zehntel darunter. Wir liegen daher auch da besser als im
Jahr 1999, und es ist auch wichtig, dies festzuhalten. (Beifall bei der
ÖVP und den Freiheitlichen.)
Zum ersten Mal
seit 1945 gab es im vorigen Jahr einen Handelsbilanzüberschuss. Ist das besser
oder schlechter, Josef Cap? – Ich meine, das ist ein großer Erfolg für die
heimischen Exporteure! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)
Zur
Börseentwicklung – denken Sie an all die Börsencrashs
international! –: Die kleine österreichische Börse hat sich unter den
besten der Welt exzellent behauptet. Besser oder schlechter? – Wir liegen
gut im internationalen Vergleich! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)
Oder: das Ranking,
das beliebte Ranking – man kann darüber schmunzeln, aber es ist natürlich
irgendwo auch eine internationale Standortbestimmung –: Österreich hat
sich in den letzten drei Jahren um 11 Plätze verbessert und hat
Deutschland überholt – laut World Economic Report, den Sie hoffentlich
kennen; Sie haben schon einige Male daraus zitiert. Ich nenne die Globalzahl,
und die ist absolut beruhigend für uns. Sie ist besser, nicht schlechter, liebe
Freunde! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)
In der
Produktivitätsentwicklung der letzten zehn Jahre ist Österreich mit
62 Prozent Plus das beste Land überhaupt, weit vor Japan mit
17 Prozent, den USA mit 43 Prozent, Deutschland mit 51 Prozent.
Überlebensquote
von Jungunternehmern: Da ist der Kammer, dem Wirtschaftsministerium und allen
Beteiligten wirklich etwas gelungen: Die Überlebensquote von Jungunternehmern
nach fünf Jahren liegt bei 72 Prozent. Österreich liegt damit weltweit an
der Spitze, weit vor Deutschland mit 63 Prozent, Schweden mit
59 Prozent, den USA mit 50 Prozent. Wir liegen da nicht nur besser,
wir liegen am besten, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und
den Freiheitlichen.)
Ich zitiere
weiter. Investitionen in die Bildung: Im OECD-Ranking erreichte Österreich mit
einem Durchschnittswert von 6,4 Platz 1, Frankreich Platz 2, dann
kommen die USA und so weiter.
Also wenn Sie hier
wirklich das Märchen erzählen wollen, Österreich stehe heute schlechter da als
vor drei Jahren, dann überprüfen Sie das, bitte, anhand der Fakten!
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 113 |
Wir sind in vielen
Bereichen nicht perfekt, daher wollen wir ja bewusst gegensteuern: noch mehr in
Forschung und Entwicklung, mehr in die Infrastruktur, noch mehr in die Bildung
hinein, aber jedenfalls mit gewogener Berechtigung und mit einer
ausbalancierten Meinung. Wir wissen ganz genau, dass wir im Staatsbereich, in
der Verwaltung schlanker, stärker, bürgerorientierter werden müssen. Aber ich
ganz persönlich meine, dass wir insgesamt, alles in allem eine exzellente
Performance haben, und zwar nicht erst in den letzten drei Jahren, sondern Gott
sei Dank in den letzten Jahrzehnten seit 1945. Das hat Österreich stark
gemacht, und wir haben das in den letzten drei Jahren sogar noch etwas
verbessern können.
Sie behaupten,
dass es einen Stillstand in den letzten sechs Monaten gab. – Josef Cap,
die Wahrheit ist, dass wir in dieser Zeit die schweren Folgen der größten
Hochwasserkatastrophe seit Menschengedenken haben bewältigen müssen. Wir haben
darüber hinaus – übrigens mit der Hilfe der Sozialpartner, denen ich in
diesem Zusammenhang ausdrücklich dafür danken möchte – ein Konjunkturpaket
mit dem Volumen von 1,1 Milliarden € geschnürt, womit wir den Jungen,
den Auszubildenden, aber natürlich auch den Hochwasseropfern geholfen haben.
Wir haben in diesem Zusammenhang auf EU-Ebene – wo wir doch ach so isoliert
sind, Josef Cap – immerhin zum ersten Mal in der Geschichte der EU
überhaupt 134 Millionen € für die Hochwasseropfer in Österreich
lockermachen können, durchsetzen können.
Diese Regierung
hat nicht gezögert, sie hat nicht Urlaub gemacht – sie hat gehandelt, sie
hat regiert und hat für Österreich dabei sehr viel Positives weitergebracht! (Beifall
bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)
Wir haben die
Uni-Reform umgesetzt. Gerade in diesen Tagen werden die Uni-Räte in ganz
Österreich konstituiert.
Wir haben im
Transit-Kapitel – auch das sei hier erwähnt – im Europäischen Rat in
Kopenhagen eine einstimmige Entschließung für eine Verlängerung des
Ökopunkteregimes erreichen können. Wir haben es zustande gebracht – und
dazu möchte ich Mathias Reichhold gratulieren –, dass sich der
Verkehrsministerrat am Silvestertag damit auseinander gesetzt und immerhin die
Hoffnung auf einen Verkehrsministerrats-Kompromiss bereits sichtbar gemacht
hat. Es wird noch ein hartes Stück Arbeit sein, das weiß ich, aber wir werden
kämpfen – die Übergangs- und die neue Regierung wird dies tun.
Genauso war es bei
der Erweiterung. In die Zeit der provisorischen Regierung fiel der Europäische
Rat von Kopenhagen. Dort haben wir die EU-Erweiterung fixiert, gemeinsam alles
außer Streit gestellt, und wir haben darüber hinaus noch den Finanzrahmen für
die gesamte Periode fixiert und die Zukunft des ländlichen Raumes und der
Bauern bis zum Jahr 2013 gesichert.
Wenn Ihnen das
alles gleichgültig ist, Josef Cap, wie ich Ihrem Minenspiel entnehme, dann ist
das Ihre Sache – uns ist es nicht gleichgültig, das sage ich
Ihnen sehr deutlich! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)
Nun erlauben Sie,
dass ich zu den einzelnen Fragen, die Sie an mich gerichtet haben, Stellung
beziehe.
Die erste
Frage bezieht sich auf die Zahlen, die Ihnen der Finanzminister bereits
im Dezember 2002 vorgelegt hat, und zwar im Rahmen eines umfangreichen
Berichtes über die Entwicklung der Bundesfinanzen in den Jahren 2003 bis
2006.
In diesem Bericht,
der allen Parteien – insbesondere dem Antragsteller dieser
Dringlichen Anfrage – zugekommen ist, werden die Ausgangssituationen, die
Annahmen für die Prognose dargelegt, und es wird darin die Entwicklung der
quantitativ wichtigsten Ausgabenblöcke umfassend dargestellt.
Dort finden Sie eine ausführliche Darstellung der Aktivitätsausgaben, inklusive jener für den Bereich Landeslehrer, und der Pensionen für die Jahre 2003 und 2006 unter der Annahme,
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 114 |
dass die gegenwärtige Rechtslage unverändert bleibt und keine
Reformmaßnahmen gesetzt werden.
Familienlastenausgleich,
Finanzausgleich, Finanzschuld, die budgetären Probleme der Arbeitslosenversicherung
werden dort aufgezeigt und die budgetrelevanten Budgetsalden ausgewiesen. Auch
die Probleme in den Bereichen ÖBB und betreffend SchiG finden Sie dort, sowie
den Liquiditätsbedarf des Siedlungswasserwirtschaftsfonds in den Jahren bis
2008.
Im Einzelnen geht
die Budgetrechnung von ganz konkreten Eckdaten aus: Wachstum und, und, und. Ich
glaube, ich brauche das jetzt nicht zu wiederholen, denn Sie haben diesen
Bericht schriftlich vorliegen. Es würde auch viel zu lange dauern, und ich kann
es in der mir gegebenen Zeit nicht unterbringen.
Gemäß diesem
Bericht würde das gesamtstaatliche Maastricht-Defizit 2003 auf rund
1,6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts steigen. Wenn also keine
substantiellen Reformmaßnahmen beschlossen würden, würde das
Maastricht-Defizit in den Folgejahren noch weiter steigen.
Der
Konsolidierungsbedarf – das ist die Antwort auf die Fragen 2 und 3 –
ergibt sich natürlich aus dem Defizitziel der einzelnen Jahre und aus dem
Arbeitsprogramm der neuen Bundesregierung. Darüber laufen ja bekanntlich
gerade Koalitionsverhandlungen. Ich bin sicher, dass wir Ihnen in wenigen Tagen
hier auch unsere Vereinbarungen vorstellen können.
Nun zu der Frage
der Abfangjäger. Wann hat die Bundesregierung die endgültige Kaufentscheidung
getroffen? – Die Bundesregierung – ich komme damit zu den Fragen
4 und 5 – hat den Bundesminister für Landesverteidigung am
2. Juli 2002 ermächtigt, im Rahmen des laufenden Vergabeverfahrens
die weiteren Schritte zur Auftragserteilung einzuleiten und über die konkreten
Modalitäten, die Optionen, die Stückzahl, die Finanzierungsvarianten und die
Lieferbedingungen in Vertragsverhandlungen einzutreten.
Seitens des Landesverteidigungsministeriums
sind alle Vorbereitungen für den Abschluss eines Kaufvertrages getroffen. Wir
haben aber bewusst diese Entscheidung hinausgezögert, damit die neue
Bundesregierung beziehungsweise das neue Parlament hier die Entscheidungshoheit
selbstverständlich behält.
Was die Stückzahl
betrifft, so haben wir im Lichte der Hochwasserkatastrophe die Zahl der Flieger
reduziert. Wir sind auf 18 – mit einer Option auf weitere sechs
Flieger – zurückgegangen.
Zu den Fragen 6 bis 11:
Da gibt es ganz
konkrete Zahlen, die im Hinblick auf das noch offene Beschaffungsverfahren und
im Interesse der Bieter nicht bekannt gegeben werden. Das wissen auch Sie, das
ist im Landesverteidigungsrat ja intensiv diskutiert worden. Die Betriebskosten
sind auch nicht in die Kosten-Nutzen-Analyse eingeflossen, weil es sich
lediglich um Angaben der Anbieter handelt, die erst während des Betriebs der
Flugzeuge nachvollziehbar sind. Außerdem ist das keine Frage an mich. Die
Vollzugskompetenz liegt diesbezüglich mit Sicherheit beim Verteidigungsminister.
Zur Frage
12: Wie hoch sind die Betriebskosten für die Draken?
Das kann ich Ihnen
gerne, obwohl nicht zuständig, beantworten: Für 1 400 Flugstunden pro Jahr
ergab sich zuletzt ein durchschnittlicher Aufwand von 12 Millionen €
inklusive Mehrwertsteuer.
Zur Frage 13:
Haushaltsrechtlich
ist das ein mehrere Finanzjahre belastendes Vorhaben. Dafür braucht es eine
eigene bundesgesetzliche Ermächtigung.
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 115 |
Zur Frage 14:
Im
Regierungsprogramm vom Februar 2000 – das ist ein ganz interessanter
Vergleich – ist zwischen SPÖ und ÖVP folgendes festgehalten – ich
lese Ihnen aus dem damals ausverhandelten Koalitionsabkommen gerne vor –:
„Die
Nachbeschaffung der Luftraumüberwachungsflugzeuge wird möglichst kostengünstig
durchgeführt. Die Bundesminister für Landesverteidigung und Finanzen werden
gemeinsam die Voraussetzungen entwickeln, dass der Ankauf rechtzeitig in dieser
Legislaturperiode“ – also in der jetzt abgelaufenen – „erfolgen kann,
im Rahmen der Möglichkeiten des Gesamtbudgets, aber ohne zusätzliche Belastung
für das Bundesministerium für Landesverteidigung.“
Das ist deswegen
ganz interessant, weil damit ja in Wahrheit auch Ihre Argumentation entlarvt
wird. Sie waren immer für die Abfangjäger, solange Sie in der
Regierung gewesen sind. Kaum sind Sie in der Opposition, haben Sie Ihre
Position um 180 Grad gedreht. – So viel zu dieser Frage.
Erlauben Sie, dass
ich nun zur Frage 15 Stellung nehme:
Nach meinen
Informationen ist dem Landesverteidigungsminister keine
Zwischenlösung angeboten worden. Andere Informationen liegen mir jedenfalls
nicht vor.
Zur Frage 16
ist Folgendes zu sagen:
Es gibt und gab
eine Bewertungskommission im Verteidigungsministerium, die alle zuständigen
Fachabteilungen einbindet. Diese Bewertungskommission hat sich mit
überwältigender Mehrheit für den Eurofighter ausgesprochen.
Richtig ist, dass
der Gruppenleiter außerhalb des Beschaffungsvorgangs eine persönliche
Meinung abgegeben hat. Weil die Gripen etwas billiger in der Anschaffung sind,
hat er gesagt, im Hinblick auf die geringen Budgetmittel des Verteidigungsministeriums
wäre dies zu präferieren, ohne dabei die Offset-Geschäfte und die Gesamtbetrachtung
zu sehen. – Aber die Bewertungskommission, die fachlich zuständig ist, hat
ganz eindeutig dem Eurofighter immer den Vorrang gegeben.
Zur Frage 17:
Die Republik
Österreich hat derzeit keinen Kaufvertrag mit der EADS zum Ankauf
abgeschlossen. Es gab Vertragsverhandlungen, aber keinen Abschluss.
Zur Frage 18:
Bei einem Ausstieg
aus dem Beschaffungsvorhaben ohne zwingenden Grund besteht für
alle am Verfahren beteiligten Bieter grundsätzlich die Möglichkeit,
Schadenersatzforderungen nach den Regeln der culpa in contrahendo geltend zu
machen. Danach ist grundsätzlich das negative Vertragsinteresse, also der
gesamte Aufwand der Bieter im Zusammenhang mit der Angebotslegung zu ersetzen.
Zu den Fragen
19 bis 21 ist Folgendes zu sagen:
Die Möglichkeit
verschiedener Finanzierungsvarianten wird natürlich erstens im Zuge des
Beschaffungsvorgangs geprüft und zweitens dann, wenn die neue Regierung steht,
denn dann sind klarerweise die Ressortkompetenzen, die Personen zugeordnet, und
dann kann die Arbeit angegangen werden.
Erlauben Sie, dass
ich zum Schluss aber doch noch einige wenige Bemerkungen mache, die meine
Vorgänger betreffen.
Bruno Kreisky hat
am 7. September 1981 wörtlich erklärt – zitiert aus den
„Salzburger Nachrichten“ –: „Abfangjäger sind eine echte
Neutralitätsschutzmaßnahme.“
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 116 |
Oder:
Vranitzky – das ist immerhin Ihr ehemaliger Parteivorsitzender – hat
im „Abendjournal“ am 7. Juni 1988 Folgendes erklärt:
„Ich bin wirklich
nicht dafür bekannt, ein glühender Militarist oder ein eisenfressender Kommisskopf
zu sein, aber wir können nicht in einer Umgebung, in der alle Länder die
Landesverteidigung ernst nehmen, diese auf das Niveau eines
regionalpolitischen Geplänkels herunterdrängen, weil die einzige wirkliche
Folge dessen wäre, dass wir dann als Staat mit unserer Landesverteidigung in
ganz Europa nicht ernst genommen würden, und dafür stehe ich nicht zur
Verfügung.“ – Zitat Franz Vranitzky. – Dem ist wenig hinzuzufügen.
Wissen Sie, was
mich beeindruckt hat? – Dass im Jahre 1984 der damalige
SPÖ-Vorsitzende und Bundeskanzler Alfred Sinowatz die Abfangjäger in einer
Koalition mit der FPÖ beschlossen hat. Wenige Monate später kam es zu einer
großen Koalition zwischen SPÖ und ÖVP. Sie müssen wissen, dass damals die ÖVP gegen
den Draken war, weil wir ein moderneres und besser ausgerüstetes Flugzeug für
unsere Sicherheit haben wollten. Trotzdem stand es völlig außer Streit, dass
Alois Mock als Vizekanzler und Verteidigungsminister Robert Lichal selbstverständlich
die Vorgaben und die völkerrechtlichen und staatsrechtlichen Verpflichtungen
früherer Regierungen mit umgesetzt haben.
Ein bisschen etwas
von diesem staatspolitischen Geist jenseits des parteipolitischen
Geplänkels wünsche ich mir in ernsten Fragen – gerade jetzt, wo wir am
Vorabend einer möglicherweise kriegerischen Auseinandersetzung um den Irak
stehen. Die Sicherheit des Landes und unserer Bürger ist zu ernst, um daraus
ein Kabarett zu machen. (Anhaltender Beifall bei der ÖVP und den
Freiheitlichen.)
15.49
Präsident
Dr. Andreas Khol: Vielen Dank, Herr Bundeskanzler.
Wir gehen nunmehr
in die Debatte ein.
Ich mache darauf
aufmerksam, dass gemäß der Geschäftsordnung kein Redner länger als
10 Minuten sprechen darf, wobei jedem Klub eine Gesamtredezeit von
25 Minuten zukommt.
Als Erster zu Wort
gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Gusenbauer. – Bitte, Herr
Abgeordneter.
15.49
Abgeordneter Dr. Alfred Gusenbauer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Meine sehr verehrten Damen
und Herren! Wenn man sich nun in aller Ruhe diese Anfragebeantwortung des Herrn
Bundeskanzlers angehört hat, dann musste man feststellen, dass es zu den konkreten
Fragen wenig Antworten gegeben hat. (Beifall bei der SPÖ.)
Das entspricht
nicht dem Stil, wie man im Hohen Haus mit Anfragen von Abgeordneten umgeht. Ich
sage das vor allem deswegen, Herr Bundeskanzler, weil Sie damit begonnen haben,
zu fragen: Was verdient denn dieses Hohe Haus? – Ich kann Ihnen sagen, was
dieses Haus auf jeden Fall verdient (Abg. Mag. Kukacka: Eine
bessere Opposition!), nämlich eine Bundesregierung, die zumindest imstande
ist, Fragen von Abgeordneten korrekt und präzise zu beantworten, und die hier
keine Maßregelungen vornimmt. (Beifall bei der SPÖ.)
Zum Zweiten: Wenn
man sich Ihre so genannte Erfolgsbilanz der letzten Jahre angehört hat, Herr
Bundeskanzler – Sie haben aufgezählt, was alles besser geworden
ist –, dann stellt man sich die Frage: Weshalb werden die gesamten
Regierungsgespräche oder -verhandlungen eigentlich derzeit von einem Kernsatz
begleitet, und der lautet überall: Es sind große Reformen erforderlich, es ist
notwendig, dass man Österreich reformiert!?
Ich stelle die Frage: Wieso ergibt sich diese Reformnotwendigkeit, wenn alles so wunderbar gewesen ist, wie Sie es darstellen? Wieso brauchen wir heute eine Gesundheitsreform zur Sicherstellung der Finanzierung? (Lebhafte Zwischenrufe bei der ÖVP. – Abg. Dr. Fasslabend: 30 Jahre Sozialismus! – Abg. Rauch-Kallat: 30 Jahre Sozialismus! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) – Ich kann es Ihnen sagen, Herr Abgeordneter Fasslabend.
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 117 |
Hier im Hohen Haus haben Sie
gesagt, das Personal des Hauptverbandes gehöre ausgetauscht, denn das seien
lauter Reformbremser, und da müsse es neue Leute geben, die Gesundheitsreformen
machen. Diese Gesundheitsreformen haben die Österreicherinnen und Österreicher
gesehen. Das Einzige, was Sie zusammengebracht haben, ist eine Ambulanzgebühr,
die als Gesundheitsreform gescheitert ist, und genau aus diesen Gründen
stehen wir vor der Notwendigkeit großer Reformen, weil eben nicht
alles so wunderbar gewesen ist. (Beifall bei der SPÖ.)
Wenn Sie über die
Situation auf dem Bildungssektor reden und sich mit Recht Sorgen darüber
machen, wie wir einzelne Dinge finanzieren können – und ich halte das für
eine berechtigte Sorge –, dann muss ich Ihnen sagen: Es ist doch
bedenklich, dass wir zwar zu jenen Ländern gehören, die, wie es auch die OECD
bestätigt, die höchsten Ausgaben im Bildungsbereich haben, dass wir aber nach
der einzigen internationalen Vergleichbarkeitsstudie, nämlich der PISA-Studie,
zur Überraschung aller nicht auf Platz eins liegen, sondern auf
Platz zehn. Das heißt, es gibt eine enorme Reformnotwendigkeit im
Bildungsbereich und keinen Grund für Selbstzufriedenheit am Beginn dieser
neuen Legislaturperiode. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)
Wir sprechen
darüber, wo überall Reformen notwendig sind. Ein Punkt, wieso im Pensionsbereich
Reformen notwendig sind, liegt auch im folgenden Umstand: In der letzten Legislaturperiode
haben Sie immer eine Milliarde € von der Arbeitslosenversicherung an die Pensionsversicherung
überwiesen. Da die Kassen der Arbeitslosenversicherung ausgeräumt sind, ergibt
sich noch ein zusätzlicher Konsolidierungsbedarf bei den Pensionen. Der ist
aber nicht erst heute entstanden, sondern das ist die Folge der Untätigkeit der
letzten drei Jahre.
Deswegen ist die
Situation so dramatisch, und daher besteht ein innerer Widerspruch zwischen
Ihren Darstellungen, dass alles so wunderbar gewesen ist, und der
Notwendigkeit, dass wir heute in Österreich dringend Reformen brauchen. Diese
Wahrheit ist allemal zumutbar, Herr Bundeskanzler! (Beifall bei der SPÖ.)
Sie haben
gesagt – und ich habe genau zugehört –: Vergleichen wir die
Bruttolohnentwicklung zwischen Deutschland und Österreich! – Sie haben
dabei die Wahrheit gesagt: Die Bruttolöhne sind in Österreich tatsächlich
stärker gewachsen, und zwar auch auf Grund der guten Verhandlungen, die die
Arbeitnehmervertreter mit den Unternehmern geführt haben, und das war natürlich
auch das Ergebnis der großen Produktivitätssteigerung, auf die Sie verwiesen
haben.
Aber das, was für
die Österreicherinnen und Österreicher zählt, nämlich das, was netto
im Geldbörsel bleibt, ist leider nicht gestiegen, weil durch Ihre
Belastungspolitik, die Sie jetzt weiter ungehindert fortsetzen wollen, von all
dem, was brutto erwirtschaftet wurde, den österreichischen Arbeitnehmern netto
nichts übrig geblieben ist. (Beifall bei der SPÖ.)
Sie können die
320 000 Menschen in Österreich fragen, die heute arbeitslos sind, ob
es ihnen besser geht. Aber fragen Sie nicht nur die 320 000 Arbeitslosen,
sondern fragen Sie auch diejenigen, die in Arbeit stehen, ob es ihnen heute
besser geht. – Die große Mehrheit wird Ihnen sagen: Es stimmt, dass wir
heute mehr arbeiten müssen, es stimmt, dass wir bedeutend produktiver geworden
sind, aber leider bleibt uns dafür nicht unser gerechter Anteil, weil die Belastungspolitik
der Bundesregierung uns das wegnimmt.
Daher sage ich
Ihnen: Wir alle wollen, dass es den Österreicherinnen und Österreichern besser
geht, aber das muss anders funktionieren als in den letzten drei Jahren, denn
Ihre Politik hat dazu nicht beigetragen. (Beifall bei der SPÖ.)
Sie haben Recht,
dass wir in der Analyse der Probleme vielfältige Übereinstimmung erzielt haben.
Das ist für mich unbestreitbar. Es gibt allerdings, wenn man ein Problem
analysiert, unterschiedliche Antworten, und diese Antworten geben dann Auskunft
darüber, wer einen größeren oder einen kleineren Beitrag zu leisten hat.
Wenn wir uns dazu entschließen, in Österreich eine Pensionsreform durchzuführen, die nicht nur so wie die letzte Reform drei Jahre halten soll, sondern die auch für die heute unter
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 118 |
Dreißigjährigen garantiert, dass sie in Zukunft faire Pensionen bekommen,
dann bin ich der Meinung, dass es absolut nicht unfair ist, zu sagen, dass all
jene, die heute besonders hohe Pensionen erhalten – nämlich mehr als 33 000 S
im Monat oder rund 2 600 € –, einen Solidaritätsbeitrag leisten
sollen.
Wenn heute jemand
pensionierter Minister oder Bundeskanzler ist, dann wird ihm doch kein Stein
aus der Krone fallen, wenn er einen maximal zehnprozentigen Solidaritätsbeitrag
für die Zukunftssicherung der Pensionen in unserem Land zu leisten hat, meine
Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Öllinger
und Brosz.)
Ich bin in diesem
Zusammenhang für Fairness. Erinnern wir uns daran: Bei der Unfallrentenbesteuerung
wurde Menschen, die zwischen 1 000 und 1 300 € im Monat erhalten
haben, bis zu 25 Prozent ihres Einkommens weggenommen. Ich betone:
25 Prozent! Darüber sind keine Tränen vergossen worden, aber wenn
diejenigen, die heute Höchstpensionen beziehen, einen zehnprozentigen Beitrag
leisten sollen, damit in Zukunft die Pensionen gesichert sind, dann kommt man
auf einmal mit dem Verfassungsgesetz?!
Meine sehr
verehrten Damen und Herren! Die Antworten auf die Herausforderungen entscheiden
darüber, ob man den Maßstab der Gerechtigkeit anlegt oder ob es nur um den
Schutz einzelner Interessengruppen geht. – Wir von der SPÖ stehen für
Gerechtigkeit in diesem Hohen Haus, meine Damen und Herren! (Beifall bei der
SPÖ.)
Zur Argumentation
betreffend Abfangjäger: Es tut mir Leid, es hat mich gestern nicht überzeugt,
als Frau Minister Gehrer gesagt hat, dass dann, wenn jetzt der Irak-Krieg
kommt, die Österreicher schon sehen werden, wie wichtig es ist, dass wir die
Eurofighter kaufen. Ich weiß nicht, Frau Minister Gehrer, ob im Falle von nicht
genehmigten Überflügen das alleinige Herzeigen des Kaufvertrages besonders
beeindruckend sein würde und ob das bei den Österreicherinnen und
Österreichern ein anderes Sicherheitsgefühl erzeugen würde.
Aber ich kann
Ihnen sagen, was mich beeindrucken würde: Wenn nämlich Österreich als ein Land
im Zentrum Europas sich dazu entschließen könnte, an einer gemeinsamen
europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik mitzuwirken, und wenn die
Verteidigungsaufwendungen in Europa so verteilt würden, dass sie der
Zweckmäßigkeit entsprechen und dass nicht jedes einzelne Land, egal, wie klein
oder groß es ist, eine kleine Kopie eines großen Heeres darstellen muss.
Wir sollten in
Europa und auch in Österreich davon ausgehen, dass die Mittel, die die Menschen
bereit sind, der Politik zur Gestaltung des Gemeinwesens zur Verfügung zu
stellen, begrenzt sind und dass wir mit diesen Mitteln nach der Kategorie der
maximalen Effizienz umgehen müssen. Das gilt nicht nur für den Bildungsbereich
und nicht nur für den Gesundheits- und den Bürokratiebereich, sondern das gilt
auch für den Bereich der Sicherheit. Eine gemeinsame europäische Sicherheit,
auch mit einer Aufteilung von Ausrüstungsaufgaben, ist allemal günstiger als
die Kopien von Heeren im nationalen Maßstab. (Anhaltender Beifall bei der
SPÖ.)
16.00
Präsident
Dr. Andreas Khol: Zu Wort gelangt nunmehr Herr
Abgeordneter Dkfm. Dr. Stummvoll. Die Uhr ist auf 6 Minuten
eingestellt. – Bitte.
16.01
Abgeordneter
Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Herr Präsident! Herr
Bundeskanzler! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie
mich zu Beginn meiner kurzen Rede zunächst auf eine Frage des Kollegen
Gusenbauer eingehen. Kollege Gusenbauer hat hier die sehr plausible Frage
gestellt: Wozu redet ihr dauernd von Reformnotwendigkeiten, wenn in den letzten
drei Jahren ohnehin alles so gut gelaufen ist?
Diese
Fragestellung scheint zunächst sehr plausibel. Herr Parteiobmann Gusenbauer! Es
gibt darauf eine dreifache Antwort:
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 119 |
Erstens: Der
Bundeskanzler hat – menschlich sehr sympathisch – zugegeben: Auch wir
sind nicht perfekt. (Abg. Gaál: Echt sympathisch! – Abg.
Dr. Jarolim: ... eine sehr unehrliche Rede! Eine
außerordentlich unehrliche Rede!)
Zweitens:
Jedermann sieht ein, dass strukturelle Schwächen, die über drei Jahrzehnte
eintreten, nicht in drei Jahren beseitigt werden können.
Und
drittens – das sage ich jetzt, bitte, weil Sie diese Frage gestellt haben
und weil auch die neuen Abgeordneten wissen sollen, wie sich manche Vorgänge
früher vollzogen haben –: Ich beantworte Ihre Frage am Beispiel der so
heiklen Pensionsreform. Wir würden keine Pensionsreform brauchen, wenn die
Reform 1997 nicht jenes Schlussszenario gehabt hätte, das ich im Folgenden
hier schildern darf:
Meine Damen und
Herren! Die Pensionsreform 1997 war in der Schlussphase hier im Parlament, und
es tagten gleichzeitig der Finanzausschuss und der Sozialausschuss. Während der
laufenden Ausschusssitzung kommt der damalige Klubobmann Peter Kostelka und
sagt: Liebe Freunde! Egal, was vereinbart ist: Der SPÖ-Klub kann nur zustimmen,
wenn auch der ÖGB zustimmt. – Wir mussten daraufhin für drei Stunden beide
Ausschüsse unterbrechen. Es tagte der ÖGB-Bundesvorstand drei Stunden lang.
Dann kam der Fraktionsführer der SPÖ-Gewerkschaft und sagte: Okay, der ÖGB
stimmt zu, wenn ihr auf die Punkte eins, zwei, drei und vier verzichtet!
Das ist die
Wahrheit! Sie wissen es genau, Herr Kollege Verzetnitsch (Abg. Verzetnitsch: Was waren das für Punkte? Sagen Sie die
Punkte!), und ich sage Ihnen ganz
offen – ich bekenne das –: Ab diesem Zeitpunkt, wo die
Parlamentsmehrheit in Geiselhaft der sozialdemokratischen Gewerkschafter war,
war ich kein Anhänger der großen Koalition mehr, Herr Präsident Verzetnitsch!
Das werden Sie zur Kenntnis nehmen müssen. (Abg. Verzetnitsch: Fragen
Sie einmal den Kollegen Neugebauer!) Es tut mir Leid, aber ich möchte das
als Parlamentarier nie mehr erleben, dass sich eine Parlamentsmehrheit in
Geiselhaft sozialdemokratischer Gewerkschafter befindet, meine Damen und
Herren! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Gaál: ... Geiselhaft
der Wirtschaftskammer! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)
Aber nun zu Ihrem
zentralen Vorwurf in der Dringlichen Anfrage. Im Titel stehen zwar die
Abfangjäger, aber der zentrale Vorwurf lautet: Schwarz-Blau ist an den Inhalten
gescheitert, und jetzt wird Schwarz-Blau gemacht, weil die FPÖ der billigste
Partner ist. (Abg. Gaál: Das ist
wirtschaftskapitalistisches Denken!)
Dazu kam noch die
Frage des Kollegen Cap – ich würde, Herr Präsident, jetzt an sich einen
bestimmten Ausdruck verwenden, verwende ihn aber bewusst nicht, weil ich sonst
einen Ordnungsruf bekäme; ich verwende also nicht die
Formulierung „Es wurde die dumme Frage gestellt“, sondern ich sage: Es wurde
die absurde Frage gestellt –: Wozu haben wir dann gewählt?
Bitte, in der
jüngsten Geschichte unseres Landes, seit 1990, ist es bereits dreimal passiert!
1990: Vorher Rot-Schwarz – nachher Rot-Schwarz! 1994: Vor der Wahl
Rot-Schwarz – nach der Wahl Rot-Schwarz! 1995: Vor der Wahl
Rot-Schwarz – nach der Wahl Rot-Schwarz! (Abg. Gaál:
... Schüssel! ... Schüssel! – Abg. Eder: Die Blauen gibt
es ja nicht mehr! Die sind ja zerbröselt!)
Meine Damen und
Herren! Wieso stellen Sie diese absurden Fragen heute? Damals haben Sie diese
Fragen nicht gestellt, Herr Kollege Eder! (Beifall bei der ÖVP.)
Ich darf Ihnen
auch Folgendes sagen: Die Regierung Schwarz-Blau ist nicht an den Inhalten
gescheitert, sondern sie ist daran gescheitert, dass ein Regierungspartner
plötzlich innerparteiliche Turbulenzen hatte. (Abg. Dr. Wittmann: Sie haben neu gewählt!)
Meine Damen und Herren! Das Wahlergebnis hat eine klare Aussage enthalten. (Abg. Gaál: Sie haben neu gewählt!) Die ÖVP hätte nie so klar gewinnen können, wenn der Kurs nicht richtig gewesen wäre. Aber der Kurs war richtig (die Abgeordneten Dr. Wittmann und Dipl.-
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 120 |
Ing. Kummerer:
Sie wollten mit der FPÖ nicht mehr!): der Kurs für Stabilität im Staatshaushalt, der Kurs für Wachstum
und Wirtschaftsstandort und der Kurs für Sicherheit – innere, äußere und
soziale Sicherheit! Der Kurs war richtig, meine Damen und Herren, und der
Wähler hat das auch honoriert.
Und jetzt geht es
wieder darum: Mit welcher Partei können wir die für das Land notwendigen
Reformen durchführen? (Abg. Gaál:
Sie wollten mit der FPÖ! Das ist nicht der Wählerwille!) Herr Kollege
Wittmann, ich gebe zu: Bei Ihnen stand die Frage im Vordergrund: Was tut der Partei
gut? – Ich konnte ständig lesen: Die SPÖ überlegt, ist es für die SPÖ
taktisch besser, in Opposition zu bleiben oder in die Regierung zu gehen. (Abg. Gaál: Das ist ihre Sache!) –
Für uns war das nie eine Frage. Für uns war immer klar: Wir sind bereit,
Regierungsverantwortung zu übernehmen und auch unpopuläre Probleme zu lösen. (Abg. Dr. Wittmann: Zuerst
wollten Sie mit der FPÖ nicht mehr; jetzt wollen Sie wieder!)
Sie von der SPÖ
haben sich gesagt: Lieber in Opposition bleiben – Opposition heißt
Zwischenrufe machen, Opposition heißt gescheit reden, Opposition heißt
kritisieren, Opposition heißt protestieren. – Und die Rede Caps hat
gezeigt: Opposition heißt offensichtlich auch Kabarett und Karikatur. –
Das ist das Gegenteil vom Tragen von Regierungsverantwortung!
Wir sind bereit,
Verantwortung zu übernehmen, und ein Kabinett „Schüssel II“ wird diesen
Kurs weitergehen, den Kurs von Stabilität im Staatshaushalt (Ruf bei der SPÖ: Sie wollten mit der
FPÖ ...!), den Kurs der Sicherung von Wachstum und Wirtschaftsstandort
und den Kurs von innerer, äußerer und sozialer Sicherheit! (Beifall bei der
ÖVP sowie des Abg. Mag. Mainoni.)
16.06
Präsident
Dr. Andreas Khol: Zu Wort gelangt nunmehr Herr Abgeordneter
Mag. Schweitzer. Er möchte 10 Minuten sprechen. – Bitte, Herr
Abgeordneter. (Abg. Parnigoni –
in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg.
Mag. Schweitzer –: Na, Karli, welche Flieger kaufst du jetzt? Bei
welchen kriegst du eine Provision?)
Herr Abgeordneter
Parnigoni, ich habe sehr genau gehört, was Sie hier gesagt haben. Ich würde
vorschlagen, Sie entschuldigen sich dafür. (Abg.
Parnigoni: Ich habe nur eine Frage gestellt!) – Sie wissen
genau, was ich meine. (Abg. Parnigoni:
Ich habe eine Frage gestellt, und der Redner kann sie beantworten!)
Am Wort ist der
Redner!
16.07
Abgeordneter
Mag. Karl Schweitzer (Freiheitliche): Herr Präsident!
Herr Bundeskanzler! Herr Verteidigungsminister! Meine sehr geehrten Damen und
Herren! Im Stenographischen Protokoll wird am Ende der Rede von Josef Cap
womöglich vermerkt sein: Lang anhaltender Applaus bei der SPÖ und bei den
Grünen.
Meine sehr
geehrten Damen und Herren! Vor allem werte neue Kollegen bei der SPÖ! Warum und
wofür hat Josef Cap diesen womöglich im Protokoll vermerkten lang anhaltenden
Applaus bekommen? – Er hat aus alten Zeitungen vorgelesen. Er hat
Karikaturen, die wir auch gesehen haben, mehr schlecht als recht beschrieben,
und vor allem hat er sowohl in seiner schriftlichen Begründung der Anfrage als
auch in seinen mündlichen Ausführungen mit Halbwahrheiten und Unwahrheiten
agiert. (Abg. Dr. Wittmann:
... der Westenthaler! – Abg. Eder: Der Westenthaler war
besser!)
Ich glaube, dass
es nicht gut ist, Herr Kollege Cap, wenn du als Klubobmann mit schlechtem
Beispiel vorangehst, wenn es hier so viele neue Abgeordnete gibt, und mit
Halbwahrheiten und Unwahrheiten agierst. Deshalb ist es mir wichtig, das zu
sagen, was Faktum ist, was Wahrheit ist. Kollege Cap! Ich glaube, dass es deine
Aufmerksamkeit schon verdient, wenn deine Unwahrheiten widerlegt werden.
Zum Teil ist dies durch den Bundeskanzler bereits erfolgt, aber ich glaube, eine Wiederholung der Wahrheit zu hören ist besser, als die Schauermärchen des Josef Cap als Wahrheit mit nach
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 121 |
Hause zu nehmen. Deshalb ersuche ich insbesondere die neuen
Abgeordneten, sich mit den Fakten auseinander zu setzen.
Josef Cap
behauptet in seiner Begründung der Anfrage, dass die Einkommen der Arbeitnehmer
im Jahre 2002 unter dem Wert des Jahres 2000 liegen. – Kollege
Cap! Die Realeinkommen von 1999 bis 2002 sind um 14,1 Prozent angestiegen,
und damit liegt Österreich im EU-Vergleich hervorragend – obwohl, was die
Spitze der Einkommen betrifft, Österreich im EU-Vergleich ganz besonders gut
liegt.
Österreich hat in
den letzten 20 Jahren einmal
eine negative Einkommensentwicklung zu verzeichnen gehabt, Herr Kollege Eder,
und zwar im Jahr 1996 – und wenn ich mich zurückerinnere, muss ich
feststellen, dass es damals eine sozialdemokratisch geführte Regierung gab. Damals
gab es eine negative Einkommensentwicklung von 0,9 Prozent.
Zum Zweiten hat
Kollege Cap behauptet, dass Österreich mit 7 Prozent eine extrem hohe
Arbeitslosigkeit zu verzeichnen habe. – Tatsache ist, dass die
Arbeitslosigkeit im Jahr 2000 im Schnitt unter 7 Prozent gelegen ist
und dass gleichzeitig im Juli 2002 mit 3 248 055 Beschäftigten
der höchste Beschäftigungsstand der Zweiten Republik erreicht wurde. Im Gegensatz
dazu ist die durchschnittliche Arbeitslosigkeit im Zeitraum 1995 bis
1998 – in Zeiten einer Hochkonjunktursituation, Kollege Cap – um
22 000 gestiegen. Bei einem Bruttoinlandsprodukt-Zuwachs von
8,8 Prozent hat es damals eine von der SPÖ dominierte Regierung geschafft,
die Arbeitslosigkeit zu steigern!
Ich glaube, das
zeigt, dass Sie in jener Zeit, als Sie Regierungsverantwortung getragen haben,
vom Wirtschaften in Wahrheit überhaupt keine Ahnung gehabt haben. Die Zahlen
sind einfach der Beweis dafür, dass Sie keine Berechtigung haben, hier im Land
den Anspruch auf Wirtschaftskompetenz und Führungskompetenz zu erheben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)
Meine sehr
geehrten Damen und Herren! Selbst die Zahlen in den letzten Jahren, in denen
Sie noch Regierungsverantwortung getragen haben – zum Beispiel 1998 bei
einem Bruttoinlandsprodukt von 3,5 Prozent –, liegen höher als die
Zahlen im Jahr 2002.
Seit den Wahlen
gibt es bei der SPÖ die großen Wirtschaftsexperten Kubitschek und Marterbauer.
Sie haben in ihrer Veröffentlichung „Netzwerk Innovation“ im Juni 2002
Folgendes geschrieben – ich hoffe, Herr Marterbauer und Frau Kubitschek
sind auch im Saal anwesend –:
„Als Daumenregel
kann gelten, dass das Wirtschaftswachstum mehr als 1,8 % pro Jahr betragen
muss, um die Beschäftigung zu erhöhen und mehr als 2,3 %, um die
Arbeitslosigkeit zu reduzieren.“ – Zitatende.
Dieser
Bundesregierung ist es bei weitaus schlechteren Wirtschaftsdaten gelungen, die
Zahl der Beschäftigten zu erhöhen. Gott sei Dank gibt es eine
FPÖ/ÖVP-Regierung, denn diese kann mit schlechteren Daten etwas zustande
bringen, was Ihre Experten, wie sie in ihren Büchern selbst schreiben, niemals
zustande bringen, meine sehr geehrten Damen und Herren von der SPÖ! (Beifall bei den Freiheitlichen.)
Das einzige
Problem, das wir im Zusammenhang mit den Daten des Arbeitsmarktes haben, heißt
Wien, Herr Kollege Parnigoni! Während österreichweit die Gesamtbeschäftigung im
Jahresschnitt auch 2002 gegenüber 2001 zunahm, war Wien als einziges Bundesland
in der Statistik wieder mit einer negativen Entwicklung zu finden. Das sollten
wir uns auch einmal anhand von Zahlen, Daten und Fakten ansehen (Abg. Gaál: Das sind die Einsparungen
der Bundesregierung!) – aber nicht anhand von Zahlen, die aus dem
SPÖ-Klub kommen! (Abg. Gaál: Das
waren Bundesdienststellen! Einsparungen bei den Ministerien!)
Ich habe die
Zahlen von ÖSTAT und von EUROSTAT, und da sehe ich durchaus sehr stolze
Zunahmen der Beschäftigung in allen Bundesländern. Und dann schaue ich mir Wien
an – und da sehe ich eine extrem ansteigende Arbeitslosigkeit und auch
einen Rückgang der Beschäftigtenzahlen.
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 122 |
Ich denke mir
einmal: Dort, wo die SPÖ mit absoluter Mehrheit regiert, da schaut es eben
anders aus, weil Sie auch hier, wo Sie noch Regierungsverantwortung haben, Ihre
Unfähigkeit einmal mehr unter Beweis gestellt haben. (Abg. Gaál: Einsparungen in den Bundesdienststellen!
... im Innenministerium!)
Meine sehr
geehrten Damen und Herren von der SPÖ! Wir haben auch den Bundesländervergleich –
den Bundesländervergleich insgesamt und den Bundesländervergleich bei Männern
und bei Frauen: Wien schneidet überall schlecht ab! Dieser Kollege Häupl, der
Gott sei Dank auf Bundesebene weiterhin nichts mitzureden hat, hätte in Wien
genug zu tun. Ich glaube, es ist Zeit, dass auch hier die Herrschaft der SPÖ
etwas zurückgedrängt wird. Dann wird es den Wienern besser gehen, meine lieben
Freunde von der SPÖ! (Beifall bei den
Freiheitlichen. – Abg. Gaál: Bundesdienststellen! – Ein Mann
nähert sich vom hinteren Saaleingang zwischen den Bankreihen der Saalmitte und
ruft: Diese Regierung hat kein Recht, mit Rechtsextremen eine neue Regierung zu
bilden! ...! Sie brauchen sich nur die Menschenrechte anzuschauen!) – Wer
ist denn der Gestörte?
Herr Präsident!
Wer ist denn der? (Der unbekannte Mann
setzt, zwischen den vorderen Bankreihen stehend, fort: Das bringt in Israel
auch keinen Frieden ...!)
Präsident
Dr. Andreas Khol: Ich unterbreche die Sitzung. – Wer ist das? Wo sind unsere
Ordnungskräfte?
Die Sitzung ist unterbrochen,
bis dieser Ruhestörer entfernt ist.
(Die Sitzung wird für kurze Zeit unterbrochen. –
Der Ruhestörer setzt, sich dem Rednerpult nähernd, seine Rufe fort: Das ist
nicht europareif! ...! – Abg. Mag. Schweitzer: Wer sind
Sie denn? – Der Ruhestörer: Verschwinden Sie endlich! Das geht so nicht
weiter! Sie können das so nicht machen! – Rufe bei der ÖVP: Schafft den
endlich hinaus! – Der Ruhestörer: Sie sind hier am Ende! Sie können so
über das Volk nicht regieren! Das ist keines Rechtsstaates würdig! ...! –
Abg. Nürnberger: Gibt es da keinen Präsidenten? Wer ist denn das
überhaupt? – Der Ruhestörer geht auf den beim Rednerpult stehenden Abg.
Mag. Schweitzer zu und wird schließlich von mehreren
Parlamentsbediensteten überwältigt aus dem Sitzungssaal geführt. – Abg. Nürnberger:
Das ist ein Skandal, Herr Präsident! Wer ist denn das? – Abg. Mag. Schweitzer:
Na, einer von euch wird es sein! – Abg. Reheis: Das ist ein
Skandal! Das ist ein Skandal, was Herr Schweitzer sagt! Das ist
ungeheuerlich! – Rufe bei der SPÖ: Das ist ungeheuerlich! – Weitere
Rufe der Empörung bei der SPÖ.)
Präsident
Dr. Andreas Khol: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf. – Es
scheint dies ein Hausfremder zu sein. Da wir ein offenes Haus sind, ist also
einmal mehr deutlich geworden, wie wichtig es ist, dass wir unsere
Sicherheitsvorkehrungen überprüfen. Der Mann ist nicht aus unserem Haus. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Cap:
Zur Geschäftsordnung!)
Ich habe Ihre
Wortmeldung gesehen, aber am Wort ist der Redner. Danach können Sie zur Geschäftsordnung
sprechen.
Abgeordneter
Mag. Karl Schweitzer (fortsetzend): Meine sehr
geehrten Damen und Herren! Dass dieser Mann offensichtlich nicht irgendetwas
mit FPÖ oder ÖVP zu tun haben kann, hat er durch seine Wortmeldung zum Ausdruck
gebracht. Es kann also durchaus sein, dass es einer aus den Reihen der SPÖ oder
der Grünen ist (lebhafter Widerspruch und
Rufe der Empörung bei der SPÖ und den Grünen), denn mit denen hat er
offensichtlich sympathisiert. Diese Vermutung wird man wohl äußern dürfen. (Weitere anhaltende Rufe der Empörung bei
der SPÖ und den Grünen.)
Präsident
Dr. Andreas Khol: Herr Abgeordneter
Mag. Schweitzer, ich würde Sie bitten, diese Verdächtigungen
zurückzunehmen!
Abgeordneter
Mag. Karl Schweitzer (fortsetzend): Es war eine
Vermutung, meine sehr geehrten Damen und Herren, und ich gehe ... (Abg. Reheis: Eine Unterstellung ist
das, keine Vermutung! – Weitere lebhafte Zwischenrufe bei der SPÖ.)
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 123 |
Herr Präsident!
Ich habe kein Problem damit, meine Vermutung als gegenstandslos zu betrachten (Abg. Reheis: Ihre Unterstellungen!),
und ersuche auch die sich so emotional aufführenden Kollegen von der SPÖ
höflich darum, meine Vermutung als gegenstandslos zu betrachten. Aber die
Toleranz der Toleranten ist eine, vor der man sich hüten sollte, meine sehr
geehrten Damen und Herren! Diese Erfahrung habe ich schon öfter gemacht.
Ich erlaube mir,
im Folgenden ganz kurz noch einige geschichtliche Ausführungen in meiner Rede
anzubringen – auch für die neuen Kollegen in der SPÖ –: Herr
Präsident Fischer, Herr Kollege Schieder, Sie haben in diesem Haus schon
Abfangjägerdebatten geführt, als ich noch nicht da war. Meine sehr verehrten
jungen Kollegen von der SPÖ! Diese hier noch immer federführenden
Sozialdemokraten haben sich in unzähligen Wortmeldungen für die
Anschaffung der Luftraumüberwachungsgeräte ausgesprochen. Und auch Kollege
Van der Bellen hat einmal gemeint: Wenn die Verfassungsrechtler der Meinung
sind, dass wir das brauchen, dann werden wir wohl in den sauren Apfel beißen
müssen.
Es gibt, Herr
Kollege Van der Bellen – das wissen Sie, das weiß ich, die jungen Kollegen
vielleicht noch nicht –, eine beeindruckende Liste von Persönlichkeiten,
die sich inzwischen in Form von Gutachten zu dieser Frage geäußert haben, von
Professor Ermacora über Herrn Öhlinger bis hin zu Ihrem Freund Heinz Mayer. Sie
alle haben gesagt, die verfassungsmäßige Lage erfordert eine
Luftraumüberwachung mit Luftraumüberwachungsflugzeugen.
Dies nur als
kleine Anmerkung am Ende meiner Ausführungen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)
16.19
Präsident
Dr. Andreas Khol: Meine Damen und Herren! Der Störer
ist entfernt. Dieser Vorfall zeigt einmal mehr, dass wir sehr sorgfältig sein
müssen. Es kennt noch nicht jeder jeden – wir haben ein neu gewähltes
Haus. Ich werde das Sicherheitskomitee, das wir gerade gestern konstituiert
haben, mit dieser Frage befassen. Wir sind hier immer wieder im Konflikt
zwischen maximaler Offenheit und Transparenz auf der einen Seite, aber auch
Sicherheit für die Abgeordneten und die Mitarbeiter des Hauses auf der
anderen.
Herr Abgeordneter
Cap! Sie haben sich zur Geschäftsbehandlung gemeldet. – Bitte.
16.20
Abgeordneter
Dr. Josef Cap (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung):
Herr Präsident! In einem Punkt stimme ich Ihnen selbstverständlich zu, nämlich
dass es notwendig ist, dass wir hier eine Klärung finden, was die Sicherheitsfrage
betrifft.
Das Zweite ist
aber, dass der Hinweis von Klubobmann Schweitzer, dass seine Vermutung gegenstandslos
sei, zu wenig ist. Ich bin der Auffassung, er muss sich dafür entschuldigen,
denn es kann nicht sein, dass, wenn hier jemand einfach in den Sitzungssaal
kommt, dieser einer Fraktion zugeordnet wird. Das ist eine Beleidigung dieser
Fraktion. (Ruf bei den Freiheitlichen: ... hat unflätige Ausdrücke
verwendet!)
Im Übrigen fordere
ich eine Stehpräsidiale. Ich glaube, es wäre notwendig, dass wir darüber im
Rahmen dieser Stehpräsidiale noch sprechen. (Beifall bei der SPÖ.)
16.21
Präsident
Dr. Andreas Khol: Wünscht sonst noch jemand das Wort
dazu?
Herr Abgeordneter
Schweitzer hat seine Vermutung zurückgenommen. Wir werden in der nächsten Präsidiale
darüber reden. (Abg. Bures: Sie sind nicht mehr ÖVP-Klubobmann,
sondern Präsident!)
Zu Wort gelangt
nunmehr Herr Abgeordneter Dr. Pilz. – Bitte.
16.21
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte mir jeden Gegenvorwurf ersparen, Herr Abgeordneter Schweitzer, ich möchte nur auf Folgendes hinweisen: Zwischenfälle wie diese betreffen nicht eine Fraktion, nicht zwei Fraktionen,
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 124 |
nicht eine Regierung,
nicht eine Opposition, sondern dieses Haus als Gesamtes, und
manchmal sollten wir dazu in der Lage sein, uns als der österreichische
Nationalrat zu verhalten. (Beifall bei den Grünen und der
SPÖ. – Abg. Mag. Schweitzer: Ist das Zufall?)
Meine Damen und
Herren! Ich bin ursprünglich davon ausgegangen, dass wir heute über Abfangjäger
diskutieren. Es ist auch am Rande über Abfangjäger diskutiert worden; ich werde
selbstverständlich auf das Thema zurückkommen, weil das nicht nur die
Geschäftsordnung, sondern auch die Erwartung vieler Zuhörerinnen und Zuhörer
gebietet, aber ich möchte trotzdem auf einige Punkte der Generaldebatte
eingehen.
Wenn ich die
Abgeordneten der Regierungsparteien richtig verstanden habe, dann haben sie
hier und heute angekündigt, den Weg von Knittelfeld fortzuführen. Die Frage
ist: Wohin soll dieser Weg führen? Wohin soll dieser Weg mit einer
Freiheitlichen Partei führen, die offensichtlich in Knittelfeld an ihrem
politischen Ziel angelangt ist? Warum mussten wir wählen und drei Monate lang
verhandeln, wenn wir am Schluss draufkommen, dass möglicherweise das Ziel der
vergangenen Koalitionsverhandlungen die letzte Wiederbelebung dieser Koalition
war?
Wir Grüne haben
von vornherein gesagt: Wenn wir Regierungsverhandlungen führen, dann führen wir
diese Regierungsverhandlungen ernsthaft. Dann führen wir sie ernsthaft mit
einem einzigen Ziel, nämlich möglichst gemeinsam eine Regierung zu bilden.
Vieles in den
Verhandlungen mit der ÖVP hat für uns darauf hingedeutet, dass es in großen
Teilen der ÖVP eine Bereitschaft dazu gibt, ein neues politisches Projekt zu
überlegen, vorzubereiten und – wenn es genug an Gemeinsamkeiten
gibt – auch umzusetzen, weil wir eben nicht wieder eine
Freiheitliche Partei in der Regierung wollten, weil wir nicht
dieses Maß an Instabilität, an Unberechenbarkeit, aber auch an Inhalten, die
uns an den rechten Rand Europas drängen, noch eine weitere Legislaturperiode
haben wollten.
Deswegen haben wir
gesagt – und das war eines unserer Hauptmotive –: Okay, setzen wir
uns zusammen und verhandeln wir. Verhandeln wir ein erstes Mal jenseits
traditioneller politischer Lager und nehmen wir zur Kenntnis, dass es neben der
SPÖ für die Grünen noch eine zweite Partei gibt, mit der es sich zumindest zu
verhandeln lohnt! Und es hat sich eine Woche lang gelohnt.
Ich halte auch
hier im Nationalrat fest, beim Integrations- und Asylpaket, das wir gemeinsam
hätten beschließen können, wäre mehr drinnen gewesen, als es bis heute je mit
den Sozialdemokraten möglich war. Es wäre auch in der Ökologie einiges möglich
gewesen, es wäre auch in der Europapolitik und auch – zur Überraschung
mancher von uns – in der Sicherheitspolitik einiges drinnen gewesen.
Dann ist die
letzte lange Nacht gekommen, über die so viel öffentlich berichtet worden ist.
Es gibt politische Inhalte, die nicht nur für einzelne Parteien, sondern für
die gesamte Bevölkerung – zu Recht oder zu Unrecht – Symbole sind.
Eines dieser Symbole ist: abschieben, wenn man nicht ordentlich Deutsch lernt,
Zwangsabschiebungen für Menschen, die ihre Deutschkurse nicht absolvieren.
Nicht nur ich war
überrascht, dass der Bundeskanzler uns Grünen in dieser langen Nacht zugemutet
hat, permanente Menschenrechtsverletzungen der schlimmsten Art zu
unterschreiben und dann in einer Regierung umzusetzen. Niemand in der ÖVP
konnte ernsthaft annehmen, dass wir Grüne das unterschreiben können,
Abschiebungen dulden, wenn die freiheitliche Aufforderung „Lernt ordentlich
Deutsch!“ in Einzelfällen nicht befolgt wird. Wenn die Leute nicht gleich in
einen Deutschkurs laufen und es freiheitliche Drohungen mit Strafe gibt, dann
sollen wir Grüne sagen, okay, abschieben? (Abg. Dr. Strasser:
Das ist keine Abschiebung! Abschiebung gibt es in diesem Fall nicht!)
Das geht nicht,
Herr Dr. Schüssel! Das wissen Sie, und Sie wussten ganz genau, dass es
vollkommen unmöglich ist, dass es dafür eine Zustimmung von den Grünen gibt.
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 125 |
Dann kam die große
Frage Eurofighter. Wir haben Sie nicht erst in dieser langen Nacht ernsthaft
gefragt: Wie soll das gehen? Wie soll das in einer Zeit gehen, in der es immer
heißt Studiengebühren, Selbstbehalte, Pensionskürzungen, in einer Zeit, in der
Frauen an die Armutsgrenze kommen? Da kam einige Male die Antwort: Das geht
dann schon irgendwie mit der Ausgleichszulage.
Ausgleichszulagen als immer breitere Basis eines so
genannten neuen Pensionsmodells – und gleichzeitig sagen Sie, die Grünen sollen
unterschreiben, dass 2 Milliarden € für Eurofighter verschwendet
werden? – Ich habe im Laufe dieser Verhandlungen immer mehr das Gefühl
bekommen, da geht es nicht nur um die Abfangjäger, sondern da geht es um das
konkrete Projekt Eurofighter. Da steckt mehr dahinter. Da steckt die Geschichte
des – ich formuliere es jetzt ganz vorsichtig – schwer wiegenden
Verdachts einer Schiebung bei der Typenentscheidung mit allen Konsequenzen
dahinter. (Abg. Murauer: Gibt es einen Fall, wo der Pilz keinen
Verdacht hat?)
Herr
Bundeskanzler! Sie haben berichtet, ein Abteilungsleiter hätte seine
Privatmeinung geäußert und erklärt, er sei für den Gripen, alle anderen seien
für den Eurofighter gewesen.
Herr
Bundeskanzler! Das, was ich hier in Händen halte, ist keine Privatmeinung. Das
ist der offizielle Akt des Bundesministeriums für Landesverteidigung. (Bundeskanzler
Dr. Schüssel: Ich habe den nicht!) Die „Privatmeinung“, von der
Sie reden, ist die offizielle Stellungnahme des zuständigen Abteilungsleiters,
des Divisionärs Spinka. Darüber steht ein zweiter Name, die Meinung des
zuständigen Sektionschefs, des Generals Corrieri: gegen
Eurofighter, für Gripen. Und darüber steht die nächste
Unterschrift, wieder keine Privatmeinung, sondern die Meinung des zuständigen
Generaltruppeninspektors Horst Pleiner. – Herr Bundeskanzler! Das sind
alles Privatmeinungen? Die höchsten Beamten des Landesverteidigungsministeriums
schieben Sie quasi aus dem Akt und sagen, bloße Privatmeinungen, hat uns nicht
zu interessieren?
Wenn jemand
beginnt, als Regierungschef derart mit Akten umzugehen (Bundeskanzler
Dr. Schüssel: Ich habe ihn nicht!), dann darf man sich nicht
wundern, wenn am Ende Eurofighter und der Verdacht auf bewusste Schiebung des
Ausschreibungsverfahrens herauskommen. (Abg. Dr. Strasser: Das
ist eine ganz böse Unterstellung, die Sie im Schutze Ihrer Immunität machen!)
An diesem Punkt sind wir jetzt. Deswegen brauchen wir keine Unterschrift unter
einen Kaufvertrag, sondern einen Untersuchungsausschuss! (Beifall bei den
Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)
Wir brauchen einen
Untersuchungsausschuss, in dem wir Punkt für Punkt klären, was beim ersten
Versuch – beim gescheiterten Versuch – des Verteidigungsministers,
das im Ministerrat vorzutragen, was beim zweiten Versuch und was dann bei der
Eurofighter-Überraschung passiert ist. Wir vom Grünen Klub werden in den
nächsten Tagen einiges dokumentieren, weil wir uns seit Sonntag fragen, was da
passiert ist.
Meine Damen und
Herren! Ich erspare mir die ganze Finanzierungsplattform. Ich erspare mir die
ganzen Rechenkunststücke, wie man gönnerhafte Unternehmen dazu verführt,
40 Milliarden an Umsätzen zu machen, nur um dem österreichischen
Bundesheer Kampfflugzeuge schenken zu können. Ich erspare mir den Versuch des
Finanzministers, der erklärt hat, wir finanzieren das nicht aus dem Budget,
sondern wir schenken den Anbietern und den Kompensierern schlicht und einfach
so lange die Steuern, bis es sich ausgeht. Und ich erspare Ihnen die Debatte
darüber, wie die österreichische Bevölkerung es aufnimmt, wenn Sie sagen: Nein,
wir finanzieren das nicht aus dem Budget, sondern wir finanzieren das dadurch,
dass wir auf Staatseinnahmen verzichten. – Für die Steuerzahlerinnen und
Steuerzahler ist das völlig egal. (Beifall bei den Grünen.)
Weil ich es nicht
glauben kann und weil ich es mir nicht vorstellen kann, dass eine Bundesregierung
an so etwas scheitert, äußere ich hier, so glaube ich, eine – im Gegensatz
zur Vermutung des Abgeordneten Schweitzer – gut fundierte Vermutung.
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 126 |
Herr
Bundeskanzler! Ich habe immer mehr den Eindruck, dass Sie Verhandlungen mit der
SPÖ und den Grünen persönlich gebraucht haben, um öffentlich erklären zu
können, Sie mussten zum Schluss wieder zu den Freiheitlichen zurück, denn sonst
hätten Sie uns am Schluss der Koalitionsverhandlungen nicht mit unerfüllbaren
Forderungen konfrontiert. (Abg. Dr. Strasser: Das ist eine böse
Unterstellung!) Wenn es stimmt, dass für Sie – nicht für viele
Verhandlerinnen und Verhandler der ÖVP, die ich in diesen Wochen schätzen
gelernt habe – vieles davon ein politisches Spiel war (Präsident
Dr. Khol gibt das Glockenzeichen) und Sie die großen Themen der
Republik wie Jetons behandeln, dann ersuche ich Sie, Herr
Bundeskanzler, möglichst bald die Ebene des Spiels zu verlassen. Die Regierung,
die Sie jetzt bilden wollen ...
Präsident Dr. Andreas Khol:
Bitte kommen Sie
zum Schlusssatz, Herr Abgeordneter!
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (fortsetzend): Ich komme zum
Schlusssatz. Diese Regierung, die Sie jetzt mit den Freiheitlichen bilden
wollen, die alles andere als regierungsfähig sind, von denen Sie wissen, dass
sie mit einer Instabilität beginnen, die ungefähr jener von Knittelfeld
gleicht, Herr Bundeskanzler, hat keine Zukunft. Und Sie werden ...
16.32
Präsident Dr. Andreas Khol:
Ihre Redezeit ist
zu Ende, Herr Abgeordneter Pilz. Der Schlusssatz war sehr lange.
(Beifall bei
den Grünen für den das Rednerpult verlassenden Abg. Dr. Pilz.)
Als Nächster zu
Wort gemeldet ist Herr Bundesminister Scheibner. Er hat ebenfalls eine Redezeit
von 10 Minuten. – Bitte.
16.32
Bundesminister für Landesverteidigung Herbert Scheibner: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich
habe hier in den letzten drei Jahren schon eine ganze Reihe – man könnte
fast sagen, eine Menge – von Abfangjägerdiskussionen miterlebt, auch eine
ganze Reihe von Dringlichen Anfragen und Dringlichen Anträgen zu diesem Thema,
aber noch nie eine Dringliche Anfrage zur Abfangjägerbeschaffung, in der so
wenig über die Abfangjäger diskutiert und gesprochen worden ist.
Diese Debatte und
dieses sicherlich wichtige Projekt wurden heute als Aufhänger für eine ganz
andere Debatte genommen. Das ist, so glaube ich, ein wenig symptomatisch dafür,
wie hier in Österreich auf der politischen Ebene über ein so wichtiges Projekt
diskutiert wird, wie damit umgegangen wird, nämlich wenn es darum geht, ob
Österreich auch in Zukunft in der Lage sein wird, dem verfassungsrechtlichen
Auftrag nachzukommen, die Souveränität des Landes nicht nur zu Lande, sondern
auch in der Luft zu schützen.
Da Herr Klubobmann
Gusenbauer gefragt hat, was das Hohe Haus verdient, und da er die Regierung
kritisiert hat, frage ich mich schon: Was verdient, ja, was braucht
Österreich? – Ich glaube, wir sollten uns einig darüber sein, dass
Österreich Politiker braucht, die sich vorbehaltlos zur Sicherheit dieses Landes
und seiner Bevölkerung bekennen, und zwar mit allen Facetten, auch dann, wenn
es vielleicht vordergründig unpopulär ist. Wir sollten uns davor hüten, und
zwar Politiker aller Fraktionen, dass wir auf dem Rücken der
Sicherheit dieses Landes Parteipolitik machen.
Meine Damen und
Herren von der SPÖ! Das aber haben Sie in den letzten drei Jahren mit der
Thematik Abfangjäger gemacht. Ich bedauere das, weil Sie damit diesen
nationalen Konsens in der Sicherheitspolitik auch in dieser Frage nicht
zugelassen haben. Ich weiß, dass es in allen Fraktionen – auch bei Ihnen,
bei den Sozialdemokraten – eine ganze Reihe von Politikern, vor allem
Wehrpolitiker gibt, die das auch so sehen wie ich, die diesen nationalen
Konsens gerne hätten, weil sie wissen, wie die Realität ist. Diese müssen sich
aber leider diesem parteipolitischen Diktat auch in ihren eigenen Fraktionen
beugen. Schade, meine Damen und Herren, wirklich schade! Sie erweisen unserem
Land, der Sicherheit unseres Landes wirklich einen schlechten Dienst.
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 127 |
Meine Damen und
Herren! Es ist notwendig, diese Nachbeschaffung zu tätigen. Ich habe Ihnen
immer zugestanden, dass man verschiedener Meinung darüber sein kann, ob jetzt
die eine oder die andere Type die bessere oder die schlechtere ist oder in
welches System man geht, aber den Grundsatz sollte man außer Streit stellen,
dass es auch in Zukunft notwendig sein wird, den Luftraum mit Abfangjägern zu
überwachen und auch zu sichern. Das sollte außer Streit gestellt sein. Ich
verstehe nicht, warum das mit der jetzigen Opposition nicht möglich ist. (Beifall
bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Sie, Herr
Klubobmann Gusenbauer, haben eine Alternative dargestellt: Sie haben gesagt,
man sollte auf diese Abfangjäger verzichten und doch in ein europäisches
Sicherheitssystem hineingehen und sich dort aufgabenteilig um diese Dinge
kümmern. – Herr Klubobmann Gusenbauer, wo ist dieses System? Wo ist dieses
gemeinsame Verteidigungssystem der Europäischen Union, wo das möglich ist? Wo
sind diese Stufen? (Abg. Dr. Gusenbauer: Aufbauen! – Abg.
Mag. Wurm: Sie sind in der Regierung!)
Gerade Sie haben
doch auch zu Recht kritisiert, dass es nach wie vor angesichts der Irak-Krise
nicht möglich ist, einen gemeinsamen politischen Willen zu zeigen. Wo ist denn
die Bereitschaft, auf die nationale Souveränität in der Verteidigungspolitik zu
verzichten, eine, wie Sie wollen, gemeinsame Europa-Armee zu bilden, in der
diese Aufgaben der Verteidigung gemeinsam durchgeführt werden? Das ist doch auf
die nächsten 20, 30 Jahre nicht erkennbar.
Ich sage Ihnen
Folgendes, Herr Abgeordneter Gusenbauer: Ich möchte dieses System auch nicht.
Und ich wundere mich, dass Sie das wollen – Sie, der Sie immer so für die
Neutralität eintreten, Sie, der Sie so gegen den NATO-Beitritt sind. Die Verpflichtungen
Österreichs in solch einem gemeinsamen, vergemeinschafteten Sicherheits- und
Verteidigungssystem würden bei weitem über das hinausgehen, was NATO-Mitglieder
jetzt in diesem Verteidigungsbündnis leisten und durchführen müssen. Das
verstehe ich nicht. Das ist ein Widerspruch, ein weiterer Widerspruch in Ihrer
Sicherheits- und Verteidigungspolitik.
Ich möchte
nicht – ich unterstütze kein derartiges Konzept –, dass es eine von
Brüssel gesteuerte Europa-Armee gibt, wobei Brüssel darüber entscheidet, wohin
österreichische Soldaten entsendet werden, und dass wir in Brüssel anfragen
müssen, wenn es darum geht, etwa in einer Hochwasserkatastrophe für unsere
eigene Sicherheit die notwendigen Kapazitäten zu besorgen. Das muss
Kompetenz Österreichs bleiben! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten
der ÖVP.)
Deshalb wird es
auch auf absehbare Zeit notwendig sein, diese Souveränität, diesen Souveränitätsschutz
in der Luft aus eigenen Stücken und aus eigenen Kräften zu bewerkstelligen. Sie
verlangen das ja auch. Sie verlangen das auch von mir als
Verteidigungsminister, gerade jetzt!
Herr Klubobmann
Cap! Ich habe daher auch Ihren Vergleich nicht verstanden, als Sie gesagt
haben, gerade jetzt seien Sie gegen diesen Ankauf. – Gerade jetzt
zeigt sich doch, dass es notwendig ist, Abfangjäger zu haben! Natürlich hilft
uns jetzt der Kaufvertrag noch nichts, aber wir haben Gott sei Dank noch die
Draken, die bei all den Grenzen, die gegeben sind, die Aufgabe der
Luftraumüberwachung erfüllen.
Sie verlangen von
mir, dass ich überprüfe, ob die genehmigten Überflüge auch wirklich dem entsprechen,
was angefragt worden ist, und ob es da nicht völkerrechtswidrige – oder
wie Sie sagen: neutralitätswidrige – Überflüge zur Vorbereitung des
Irak-Krieges gibt.
Wie soll man das
denn überprüfen, wenn man nicht die Möglichkeit hat, sich vor Ort diese
Flugzeuge anzusehen? – Ich habe vorhin einen Zwischenruf gehört: Das Radar
funktioniert ja noch. – Wissen Sie, dass auf einem Radarschirm nur ein
Punkt erkennbar ist? Es ist nicht erkennbar, wie viele Flugzeuge wirklich über
Österreich fliegen und welche Flugzeuge das sind! – Auch das ist eine
Widersprüchlichkeit, meine Damen und Herren.
Die österreichische Bundesregierung und auch die Freiheitliche Partei haben nie, auch nicht, als wir in Opposition gewesen sind, dieses Spiel auf dem Rücken der Sicherheit Österreichs gespielt. (Abg. Mag. Kogler: Nur plakatiert!) Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Kogler
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und vor allem
Herr Abgeordneter Pilz! (Abg. Mag. Kogler: Herr Kollege Haider
hat plakatiert: Eurofighter gestoppt!)
Herr Abgeordneter
Pilz! Sie haben gesagt, es gebe einen schwer wiegenden Verdacht der Schiebung.
Ich sage Ihnen als verantwortlicher Ressortminister: Diesen Vorwurf weise ich
mit aller Deutlichkeit zurück, mit aller Deutlichkeit! (Beifall
bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Die
Staatsanwaltschaft hat anonyme Anzeigen überprüft und keine Verdachtsmomente
ge-funden. Der Rechnungshof hat den ersten Teil überprüft und das
Beschaffungsverfahren gelobt. Der zweite Teil wird auf meine Initiative hin
geprüft. Sehen Sie sich diese Rechnungshofprüfung an!
Sie haben –
und Sie sind ja sehr gut informiert – hier das Verfahren angesprochen. Es
ist klar: Die Bewertungskommission in meinem Ressort hat eine eindeutige
Entscheidung getroffen, und es wurden die technischen Kriterien des
Eurofighters überprüft. Die verantwortlichen Beamten der Gruppe und der Sektion
haben aber auch die budgetären Rahmenbedingungen des Ressorts zu überprüfen
und haben deshalb diese Empfehlung, die Sie angesprochen haben, vorgebracht.
Die
Bundesregierung hat das Gesamtpaket zu beurteilen, auch die wirtschaftlichen
und technologischen Bereiche, und hat auch Vorsorge zu betreiben, wenn es um
die budgetäre Absicherung geht.
In der
Ministerratsvorlage – das wissen Sie – ist eindeutig festgehalten,
dass alle zusätzlichen Aufwendungen, die durch diese Beschaffung und auch durch
die Typenentscheidung beim Bundesheer anfallen, zusätzlich dem
Verteidigungsbudget zugemittelt werden müssen. – Also eine
nachvollziehbare Argumentationskette, ein nachvollziehbares Verfahren. (Abg.
Mag. Kogler: Sagen Sie etwas zu den Betriebskosten!)
Ich sage hier noch
einmal deutlich: Als Neuwahlen fixiert waren, als klar war, dass ich dieses
Verfahren nicht mehr abschließen kann, dass ich den Vertrag nicht
unterschreiben kann, habe ich die Vertragsverhandlungen gestoppt. Sie sind das
bis zum heutigen Tage.
Die künftige
Bundesregierung wird das Beschaffungsverfahren nach der dann vorliegenden
Gestion fortzuführen haben. Und ich sage Ihnen, es ist notwendig, dieses
Verfahren fortzuführen, weil wir ansonsten in wenigen Jahren das nicht mehr
können, was auch Sie von uns und von mir als Verteidigungsminister verlangt
haben: den Luftraum gegen illegale Überflüge schützen und damit einen wichtigen
Beitrag zur Sicherheit unseres Landes leisten. Dem fühlen wir uns verpflichtet,
und das wird auch in Zukunft so sein.
Ich hoffe, dass
Sie in dieser wichtigen Frage der Sicherheits- und Verteidigungspolitik irgendwann
doch auf den nationalen Konsens zurückkommen können. Es ist schade, dass es mir
nicht gelungen ist, obwohl ich in den letzten drei Jahren oft versucht habe,
Sie auf diesen richtigen Pfad in der Sicherheitspolitik zu bringen. (Beifall
bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)
16.42
Präsident
Dr. Andreas Khol: Bevor ich das Wort an Frau
Abgeordnete Mag. Prammer erteile, möchte ich die Mitglieder des
Sicherheitskomitees einladen, zu einer Sitzung ins Lokal III zu gehen, und
zwar nach Punkt 6, also nach der Durchführung der Dringlichen, der Anfragebesprechung
und der Ersten Lesung des Fremdengesetzes.
Zu Wort gelangt
nunmehr Frau Abgeordnete Mag. Prammer. 5 Minuten Redezeit. –
Bitte.
16.43
Abgeordnete Mag. Barbara Prammer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Bundesminister! Herr Bundesminister, ich habe vernommen, Sie haben den Vertrag nicht unterschrieben. Umso besser, kann ich da nur sagen, denn dann haben Sie jetzt noch jede Möglichkeit der Welt, vor Ihre Wählerinnen und Wähler hinzutreten, um sich dafür zu rechtfertigen, dass
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Sie gerade dabei sind,
ein Wahlversprechen zu brechen. (Bundesminister Scheibner: Was habe
ich versprochen?)
Sie haben in der
Wahlauseinandersetzung plakatiert, Ihr Landeshauptmann in Kärnten hat plakatiert,
dass Haider die Abfangjäger stoppen wird, dass Haider den Ankauf von Abfangjägern
stoppen wird. Sie werden sich irgendwann einmal entscheiden müssen: Gehört nun
der Landeshauptmann von Kärnten Ihrer Partei an oder nicht? Ich glaube, auch
dafür werden die Wählerinnen und Wähler Ihrer Partei ein gewisses Interesse
haben. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Mainoni: Gehört
der Häupl Ihrer Partei an oder nicht?)
Meine Damen und
Herren! Herr Bundeskanzler! Es hat sich in den letzten drei Jahren in diesem
Haus tatsächlich sehr vieles verändert. Ich kann mich noch an eine Zeit
erinnern, in der es ein ungeschriebenes Gesetz dieses Hauses war, dass es keine
Polemik von der Regierungsbank gibt. Sie stellen sich aber hier her und
zensurieren, bewerten, benoten Ausführungen von Abgeordneten. Herr
Bundeskanzler, das steht Ihnen ganz einfach nicht zu! (Beifall bei der SPÖ.)
Der Souverän
dieses Hauses ist der Nationalrat. Sie haben uns natürlich Ihre Meinung hier
mitzuteilen, aber nehmen Sie auch zur Kenntnis, dass wir unsere Meinungen
haben und diese auch in Zukunft unzensuriert hier artikulieren werden. (Beifall
bei der SPÖ.)
Es ist nicht ganz
so, wie Sie das gerne darstellen möchten, es sei überhaupt nicht umsonst
gewesen, am 24. November gewählt zu haben. Herr Bundeskanzler! Die
Wählerinnen und Wähler werden ungeduldig. Sie kennen wahrscheinlich die
Umfragewerte genau so gut, wie wir sie kennen, und mittlerweile haben Sie mehr
als die absolute Mehrheit unter den Wählerinnen und Wählern, nämlich in der
Frage: Wer ist schuld daran, dass es noch keine neue Regierung gibt? Die Schuld
daran wird eindeutig Ihnen zugeschrieben, sie heißt Wolfgang Schüssel.
Während Sie noch
eine große Sympathie auch in der Konstellation nach dem 24. November
hatten, hat sich diese Sympathie doch stark von Ihnen abgewandt, Herr
Bundeskanzler. Umso wichtiger wäre es, dass Sie nicht vom hohen Ross auf die
Abgeordneten herunter argumentieren, sondern doch eher auch in den Dialog
eintreten. Das würde ich mir von Ihnen ganz einfach erwarten. (Beifall bei
der SPÖ.)
Aber es ist ja
sehr eindeutig gewesen, was Sie vorhaben – das ist auch schon mehrfach
gesagt worden –: Schwarz-Blau soll fortgesetzt werden. Ich verstehe
allerdings die Freiheitliche Partei nicht mehr, die Freiheitliche Partei, die
offensichtlich die Spiegel im freiheitlichen Klub schon längst abmontiert
haben muss, denn hineinschauen können Sie von den Freiheitlichen sicher nicht
mehr.
Ich frage mich,
wie Sie das Ihren Wählerinnen und Wählern erklären wollen, wenn Sie da
plötzlich die Zustimmung geben, auch durchaus, was diesen Abfangjägerankauf
betrifft, denn auch da – ich habe es ja schon gesagt – gab es andere
Ansagen vor der Wahl. Aber vor allen Dingen auch, was die Gesundheitspolitik
betrifft, frage ich Sie: Wie erklären Sie die Selbstbehalte bei den Kranken?
Wie erklären Sie plötzlich, dass es in Österreich eine eindeutige Beitragserhöhung
zur Krankenversicherung geben soll, aber eine sehr einseitige
Beitragserhöhung, denn die Beiträge sollen in Zukunft nicht mehr die
Solidargemeinschaft, sondern die Kranken in diesem Land zahlen? Dagegen werden
wir uns jetzt und auch in Zukunft wehren. Die Rechnung, meine Damen und Herren
gerade von den Freiheitlichen, wird Ihnen ganz sicher noch einmal präsentiert
werden.
Auch was die
Pensionen betrifft: Herr Abgeordneter Walch ist nicht im Haus oder nicht im
Saal, aber ich werde ihm sehr neugierig zuhören, wie er denn argumentieren
wird, wenn er vor seine Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer hintritt und
erklärt, dass es plötzlich keine Frühpensionen mehr gibt.
Das sind die wahren Herausforderungen, die wir in der nächsten Zeit zu bewältigen haben. Wir wissen, dass wir ein faires, ein neues Pensionsrecht brauchen. Aber das, was Sie hier vorschlagen, ist auf der einen Seite zutiefst unsozial, auch unkreativ, und es bringt vor allen
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 130 |
Dingen die Beträge ja gar nicht herein, die
Sie hier immer angekündigt haben. Das heißt, da haben Sie offensichtlich vor,
Klientelpolitik zu betreiben. Dagegen hat sich die Sozialdemokratie zu Recht
gewehrt, und sie wird sich auch in Zukunft dagegen zur Wehr setzen. (Abg.
Dr. Spindelegger: Ihr Vorschlag, in bestehende Pensionen
einzugreifen, ist sozial, oder?)
Von der
Frauenpolitik mag ich gar nicht mehr reden, die findet ja bei Ihnen ohnehin
nicht statt. Wir haben ja nur ein „großes Glück“, dass nächste Woche der
Frauentag stattfindet. Einmal im Jahr dürfen die Frauen in Österreich jubeln,
da finden sie auch Zustimmung und Interesse bei den Regierungsparteien. Also
können wir uns schon heute auch darauf vorbereiten und einstellen. – Tatsache
ist, dass Sie gerade in der Frauenpolitik mehr als versagt haben. Die Situation
der Frauen ist eine sehr schlechte geworden. Sie sind dabei, aus dem Erwerbsprozess
hinausgedrängt zu werden. Das Ganze ist eine Negativliste, die wir Ihnen ganz
einfach vorrechnen müssen.
Das alles wird
Ihnen offensichtlich in Zukunft zum Nulltarif von Seiten der Freiheitlichen zur
Verfügung gestellt. Ich warte darauf, wie lange es hält. Vier Jahre werden es
nicht sein, meine Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ.)
16.49
Präsident
Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau
Abgeordnete Rauch-Kallat. Sie hat sich 6 Minuten Redezeit erbeten. –
Bitte.
16.49
Abgeordnete
Maria Rauch-Kallat (ÖVP): Herr Präsident! Herr
Bundeskanzler! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich bin jetzt seit ungefähr
20 Jahren in den verschiedensten Funktionen hier im Hohen Haus, und ich
habe bis heute geglaubt, dass eine Partei, die mit mehr als 36 Prozent der
Stimmen der Wählerinnen und Wähler zu Recht den Anspruch auf staatstragend
stellen kann, Dringliche Anfragen auch ernst nimmt.
Ich bin immer
davon ausgegangen, dass eine Dringliche Anfrage die Behandlung einer dringlichen
Angelegenheit ist. Heute wurde ich eines Besseren belehrt, denn wenn eine
staatstragende Partei nicht nur die Präsentation einer Dringlichen Anfrage im
kabarettistischen Stil zulässt, sondern auch mit schallendem Gelächter und
Beifall quittiert, dann frage ich: Mit welchem Recht stellen Sie weiter den
Anspruch auf staatstragend, und wie erklären Sie das Ihren Wählern? (Beifall
bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)
Meine Damen und
Herren! Wie erklären Sie das Ihren Wählern? Sie behaupten in Ihrer Anfrage,
dass in Österreich alles schlechter geworden ist; Frau Abgeordnete Prammer hat
soeben erklärt, auch im sozialen Bereich.
Sie haben heute
schon zur Kenntnis nehmen müssen, dass dieser Vorwurf den wirtschaftlichen
Bereich betreffend nicht stimmt. Ich werde Ihnen noch einige Daten nennen, die
beweisen, dass Ihre Behauptung, auch im sozialen Bereich sei alles schlechter geworden,
nicht stimmt. (Abg. Gradwohl: Wir hören!)
Diese Regierung
hat Schluss gemacht mit dem Schuldenmachen und erstmals sichergestellt, dass
weniger Zinsen jährlich in die Schuldenpolitik, die die SPÖ 30 Jahre zu
verantworten hatte, fließen. Damit haben wir die Voraussetzungen geschaffen,
dass wir auch mit einem ersten Schritt der Pensionsreform von vor drei Jahren,
der notwendig und richtig war, sichergestellt haben, dass die Pensionen auch
für die Jüngeren noch sicher bleiben. Und wir werden mit einer weiteren
Pensionsreform folgen müssen, denn wie erklären Sie, Frau Prammer, Ihren
Wählerinnen und Wählern, und zwar Ihren jungen Wählerinnen und
Wählern, dass sie vielleicht in 30 Jahren keine Pensionen mehr bekommen,
weil Sie mit einer Reform nicht dafür gesorgt haben, dass das System sicher
ist?
Dieses Regierung
hat darüber hinaus zum Beispiel mit der Angleichung von Arbeitern und Angestellten
für mehr soziale Gerechtigkeit gesorgt, als das die sozialistische Partei in
30 Jahren unter sozialistischen Bundeskanzlern getan hat. (Zwischenruf
der Abg. Mag. Prammer.) Das ist nicht unsere typische Klientel
gewesen, sondern das ist Ihre typische Klientel.
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 131 |
Wir haben mit der
Abfertigung-Neu einen sozialpolitischen Meilenstein gesetzt, Frau Abgeordnete
Prammer, der sicherstellt, dass mit dem Ausbau der zweiten und einer
Attraktivierung der dritten Säule die Pensionen in Zukunft dem Erwerbseinkommen
eher entsprechen.
Wir haben mit dem
Kinderbetreuungsgeld für alle einen sozialpolitischen Meilenstein gesetzt, der
eines der größten Armutsbekämpfungsprogramme der Republik ist, insbesondere,
was die Frauen anbelangt, Frau Prammer, und insbesondere, was allein erziehende
Frauen anbelangt. (Abg. Gradwohl: Wo leben Sie, Frau Rauch-Kallat?) Gott
sei Dank in Österreich, und ich bin auch sehr zufrieden damit.
Wir haben zum
Beispiel mit Themen wie der Familienhospizkarenz ganz wichtige sozialpolitische
Fragen gelöst. Die OECD bestätigt uns, dass wir Gott sei Dank in der Sicherheit
das Land Nummer eins sind. Es ist gelungen, dass nicht nur der Kampf gegen
Drogen und gegen Kindesmissbrauch, sondern auch gegen illegale Einwanderung und
gegen organisierte Kriminalität besser funktioniert.
Insbesondere Herrn
Abgeordnetem Pilz – er ist doch noch im Saal – möchte ich sagen: Sie
haben vieles gesagt, was wahr ist. Aber, Herr Abgeordneter Pilz, bleiben Sie
bei der ganzen Wahrheit. Es ging nie um Abschieben, sondern es
ging um die Nichtverlängerung der Aufenthaltsbewilligung, und das ist ein
wesentlicher Unterschied.
Meine Damen und
Herren! Wir werden sicher nicht zulassen, dass man die soziale Sicherheit gegen
die allgemeine Sicherheit ausspielt. Ich denke, dass es in einem Land wie
Österreich zwar wichtig ist, dass die soziale Sicherheit stimmt, aber es muss
auch die Sicherheit für die Österreicherinnen und Österreicher bestmöglich
gewährleistet sein. Und wenn wir es uns leisten, meine Damen und Herren,
jährlich 4 Milliarden Schilling Zuschuss an die Bundesbahnen zu zahlen,
dann muss es uns die Sicherheit unseres Landes auch wert sein, unserem
Bundesheer einmalig einen Betrag von 2 Milliarden Schilling zur Verfügung
zu stellen, um die notwendigen Geräte für die Luftraumüberwachung zu haben. (Beifall
bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)
Meine Damen und
Herren! Wir lassen nicht das eine gegen das andere ausspielen, denn in
Anlehnung an einen Spruch von der Gesundheit möchte ich sagen: Sicherheit ist
nicht alles, aber ohne Sicherheit ist alles nichts. (Beifall bei der ÖVP und
bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)
16.55
Präsident
Dr. Andreas Khol: Zu Wort gemeldet ist nunmehr Herr Abgeordneter Dr. Bösch. Er hat ein
Limit von 10 Minuten. – Bitte.
16.55
Abgeordneter Dr. Reinhard Eugen Bösch (Freiheitliche): Herr Bundeskanzler! Herr Minister! Herr Präsident!
Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Prammer, um die Glaubwürdigkeit der FPÖ
sollten Sie sich keine Sorgen machen, denn diese Bundesregierung wird, wenn die
FPÖ in sie eintreten wird, jene Reformpolitik weiterführen, die erst durch
unseren Eintritt in die Bundesregierung im Jahre 2000 möglich war und
damals begonnen hat.
Aber zurück zum Thema, zu dieser Dringlichen Anfrage von Seiten der SPÖ.
Herr Kollege Cap! Im Gegensatz zu einigen Vorrednern habe ich Ihren Vortrag
hier durchaus nicht als peinlich erachtet, zumindest nicht solange Sie
kabarettistisch waren, denn darin haben Sie ein gewisses Talent. Peinlich, Herr
Kollege Cap, ist der Auftritt erst geworden, als Sie versucht haben, sachlich
zu werden, und zu diesem Thema, über das wir hier heute ernsthaft reden
sollten, eigentlich keine neuen Argumente auf den Tisch gelegt haben.
Meine Damen und Herren von der SPÖ! Es ist wirklich unglaublich, jetzt
sind Sie schon in der zweiten Legislaturperiode in Opposition, aber Ihre
Dringlichen Anfragen werden noch immer nicht besser. Ich glaube, wir sollten
Ihnen da oder dort einmal einen kleinen Tipp geben. (Beifall bei den
Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 132 |
Entweder haben Sie hier am Rednerpult das Thema verfehlt – oder
jene, die Ihnen diese Dringliche Anfrage geschrieben haben, denn ganz war das,
was hier geschrieben steht und was Sie hier zum Besten gegeben haben, meine
Damen und Herren, nicht kompatibel.
Wir können es aber relativ kurz machen, weil wir dieses Thema schon in
verschiedenen Debatten hier behandelt haben. Sie haben Ihre Redezeit im
Wesentlichen dafür verwendet, Krokodilstränen in Bezug auf die
Regierungsverhandlungen zu vergießen. Ich war bass erstaunt, dass das nicht
nur Kollege Cap und Kollege Gusenbauer getan haben, sondern auch Peter Pilz
eigentlich nahtlos weiter geheult hat. Das war für mich eher überraschend.
Meine Damen und Herren! Der Beschaffungsvorgang – Bundesminister
Herbert Scheibner ist darauf eingegangen – in Bezug auf die Abfangjäger
fand in bestmöglicher Transparenz statt. Der Beschaffungsvorgang war klar und
deutlich in allen Gremien des Parlaments nachvollziehbar. Wir haben darüber
debattiert. Die Bundesregierung hat geprüft. Verteidigungsminister,
Finanzminister, Wirtschaftsminister, die Bundesregierung haben Beschlüsse
gefasst, und die Entscheidungen sind gefällt worden.
Auch die politische Entscheidung rundherum war eine klare und deutliche
auf Grund der Diskussionen, die damals republikweit stattgefunden haben. Ich
erinnere Sie nur an ein Volksbegehren, das sich mit diesem Thema befasst hat.
Diese Bundesregierung hat im Wesentlichen die öffentliche Debatte transparent
und nach meinem Dafürhalten auch klar geführt.
Als es dann zu Unstimmigkeiten und zu den bekannten Ereignissen im
Wahlkampf gekommen ist, wurde der Beschaffungsvorgang gestoppt. Die neue
Bundesregierung wird all diese Vorgänge neu prüfen und wird überlegen, wie die
Vorgangsweise in den nächsten Monaten in Bezug auf diese Frage sein wird.
Bundesminister Scheibner ist darauf eingegangen.
Der Forderung des Herrn Kollegen Pilz nach einem Untersuchungsausschuss
kann auch heute wieder mit dem klaren Argument begegnet werden, dass ja der
Vergabevorgang von Seiten des Rechnungshofes bereits geprüft worden ist. Diese
Prüfung liegt der Öffentlichkeit vor. Wir haben eine zweite Prüfung des Rechnungshofes
in Bezug auf den Beschaffungsvorgang und die Entscheidungen, die dort gefällt
worden sind, in Bearbeitung. Diesen Bericht werden wir in Bälde vorliegen
haben, und wir werden dann darüber diskutieren. Herr Kollege Kogler! Sie werden
das – darüber mache ich mir keine Sorgen – federführend tun.
Meine Damen und Herren! Sie haben heute wieder Ihre üblichen
unglaubwürdigen Argumente gegen die Anschaffung von Abfangjägern vorgetragen.
Sie haben nach wie vor der Öffentlichkeit nicht erklären können, warum Sie auf
der einen Seite die Beibehaltung der Neutralität wollen und auf der anderen
Seite diesen wichtigen Bereich der Souveränität, nämlich die
Luftraumüberwachung, eigentlich preisgeben wollen.
Die Vorstellung des Herrn Kollegen Gusenbauer in Richtung einer
europäischen Sicherheits- und Verteidigungsstruktur kann man im Lichte der
gegenwärtigen Lage und auch im Lichte der jüngsten Ereignisse nur als naiv
bezeichnen. Wir haben gerade von Seiten der Europäischen Union ein
Musterbeispiel vorgeführt bekommen, wie eine Union in außen- und sicherheitspolitischen
Fragen hinkünftig nicht funktionieren kann. Das ist aber –
und darüber müssen wir uns im Klaren sein – der Status, mit dem wir uns
politisch in der Realität, in der Gegenwart europaweit auseinander zu setzen
haben.
Meine Damen und Herren! Es ist deshalb klar, dass auch die Sicherstellung
der Luftraumüberwachung eine klare Priorität dieser Bundesregierung ist. Auch
im Lichte der Lage, in der sich die Europäische Union und in der Union auch die
Republik Österreich befindet, ist es gut, dass wir eine Bundesregierung haben,
die auf eine eigenständige Landesverteidigung Wert legt. (Beifall bei den
Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
17.00
Präsident
Dr. Andreas Khol: Als Nächster zu Wort gemeldet ist
Herr Abgeordneter Mag. Kogler. Seine Redezeit ist auf 10 Minuten
eingestellt. – Bitte.
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 133 |
17.01
Abgeordneter
Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Herr
Bundeskanzler! Herr Bundesminister! Geschätzte KollegInnen! Die Dringliche
Anfrage der SPÖ ist in der Tat in zwei Teile gegliedert: Die Begründung zielt
eher auf die Makro-Daten der Entwicklung in Österreich ab, und die
Fragestellung bezieht sich dann im Detail auf den Beschaffungsvorgang, speziell
auf das Produkt „Eurofighter“. Ich werde in meinem Redebeitrag kurz zu beiden
Teilen Stellung nehmen.
Zu den
gesamtwirtschaftlichen Entwicklungen haben Sie, Herr Bundeskanzler, ausgeführt,
dass im Vergleich zu 1999 das BIP an sich gewachsen wäre. – Na ja, es wäre
wirklich eine Kunst, würde man es schaffen, dass eine Bundesregierung –
noch dazu in einer kleinen offenen Volkswirtschaft – so weit kommen
könnte, durch eigenes Handeln das BIP-Wachstum ins Negative zu treiben. Das
kann es wohl nicht sein! Vielleicht haben Sie das auch nicht gemeint, vielleicht
haben Sie gemeint, dass das Realwachstum verglichen werden müsste. Dann tun wir
das doch! Es stellt sich aber heraus, dass wir in der Veränderung des
Realwachstums relativ weit nach hinten gerutscht sind. – Das sollte man
der Ordnung halber festhalten. Das ist so!
Sie haben weiters
die Beschäftigtenzahl erwähnt. – Die hat zugenommen, das ist richtig, aber
interessanter ist natürlich die Frage, wie sich die Arbeitslosenquote
entwickelt hat. Die ist immer noch sehr gut in Österreich – zugegeben, das
ist so, das ist das Verdienst einer bestimmten Politik über viele Jahre –,
aber ob es ausreichen kann, den Erfolg der letzten drei Jahre daran zu messen,
ob die Arbeitslosenquote am selben Niveau verblieben ist oder doch vielleicht
eine Erhöhung erfahren hat, ist eine andere Frage. Auch da würde ich
empfehlen, die Veränderung der Arbeitslosenquote zu betrachten, und da stellt
sich heraus, dass wir im Schlechterwerden, also beim Ansteigen der
Arbeitslosenquote, leider im Spitzenfeld Europas liegen. (Präsident Dr. Fischer übernimmt den Vorsitz.)
Auch bei den
Innovationsindikatoren verhält es sich nicht anders – das sind ja die
wirklich zukunftsträchtigen Dinge, die in solch einem Ranking verglichen werden
sollten –, da sind wir im letzten Drittel angesiedelt. – Sei’s drum.
Nun zur
Feststellung der Kollegin Rauch-Kallat, dass ohne Sicherheit alles nichts
sei. – Stellen wir die gemeinsame Herangehensweise auf diese Basis und
fragen wir uns auch, ob die Verfassung bestimmte Typen von Flugzeugen zur
Erlangung dieser Sicherheit vorschreibt. So wie argumentiert wurde – auch
von Bundesminister Scheibner –, klingt es fast schon so, als ob in der
Verfassung normiert werden würde, dass 2 Milliarden € an eine
bestimmte Firma mit Sitz in Baden-Württemberg überwiesen werden müssten. Das
kann nicht sein, Herr Bundesminister! (Zwischenbemerkung
von Bundesminister Scheibner.)
Herr
Bundesminister, Sie haben sich ausdrücklich auf die Verfassung berufen, und Sie
haben wieder auf Kollegen Van der Bellen verwiesen. (Neuerliche Zwischenbemerkung von Bundesminister Scheibner.)
Ich sage Ihnen: Die Bundesverfassung sagt nichts über die
Typenwahl aus.
Jetzt möchte ich
auf die Typenentscheidung eingehen, denn die wurde im Speziellen abgefragt.
Ich frage Sie,
Herr Bundesminister: Wieso ist es möglich, dass das in allen Abfinanzierungsvarianten –
ich betone: in allen Abfinanzierungsvarianten! – teuerste Produkt zum Zug
kommt? – Das kann doch nur damit begründet sein, dass eine
militärisch-technische Bewertung einen besonderen – ich unterstreiche:
einen besonderen! – Vorsprung für dieses Produkt ausweist, das Sie
offensichtlich zu bevorzugen gedenken.
Nach all dem, was
wir wissen, ist es aber überhaupt nicht so! Die militärischen Bewertungskommissionen
haben – und das ist auch in der Öffentlichkeit schon bekannt
geworden – eine relative Gleichwertigkeit der beiden Angebote
festgestellt.
Jetzt ergeht die
Frage an Sie, wieso Sie eine Preisdifferenz von immerhin
200 Milliarden € im Falle Bezahlung ab Lieferung in Kauf
nehmen? – Der Herr Bundeskanzler hat gesagt, die Zahlen ... (Abg. Dr. Spindelegger:
200 Milliarden €?!) 200 Millionen €! Danke für die
Korrektur!
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 134 |
Der Herr
Bundeskanzler hat gesagt, er kenne die Zahlen nicht, aber vielleicht will er
sie hier nicht sagen. – Ich könnte sie ihm nachliefern, aber ich tue es
hier nicht, ich sage Ihnen nur so viel: Wir kennen die Zahlen, und ich kann
Ihnen die Differenz genau vorrechnen. In dem einen Fall wäre es immerhin die
erkleckliche Summe von 200 Millionen €. Es ist für mich nicht nachvollziehbar,
warum ausgerechnet das teuerste Produkt gekauft werden muss. Die Antwort auf
diese Frage sind Sie schuldig geblieben. – Jetzt ist der Herr
Bundeskanzler leider nicht im Saal, aber er wurde genau das und nichts anderes
gefragt, und ich finde es eigenartig, dass man sich da derart über den Dingen
schwebend fühlen muss und über den Gehalt dieser Dringlichen Anfrage so
drübergeht – auch wenn sie zweigeteilt war. Das muss nicht sein.
Die Frage der
vergaberechtlichen Zuwiderhandlungen bei diesem Beschaffungsvorgang ist eine
eigene. Dazu sagt der Rechnungshof, Herr Kollege Scheibner und Herr Kollege
Bösch, überhaupt noch nichts, denn der Rechnungshof hat bis jetzt lediglich
geprüft, ob die Ausschreibung überhaupt korrekt zustande gekommen ist, und
sonst gar nichts. Den nächsten Bericht werden wir nicht übermorgen vorliegen haben,
wie Parteiobmann Haupt suggerierte, sondern erst in ein paar Monaten und nicht
vorher. Da werden Sie Ihre Koalitionsverhandlungen noch ein bisschen in die
Länge ziehen müssen, wenn das ein Kriterium sein soll.
Warum aber –
zurückkommend – vergaberechtliche Zuwiderhandlungen? – Wenn ein
Anbieter die Möglichkeit bekommt, sein Angebot von 24 auf 18 Stück zu
reduzieren, dann muss diese Möglichkeit auch dem potentiellen Mitbieter
eröffnet werden, auch wenn vorher schon eine Typenentscheidung gefallen ist. Das
ist doch ganz klar! Da verstehe ich nicht, warum Sie sich dieser Logik so
widersetzen. In Wahrheit müsste ein Vergleichsangebot von „Gripen“ eingeholt
werden – wie ich weiß, hat „Gripen“ eines vorgelegt –, und das müsste
neu bewertet werden. Doch Sie weigern sich, das zu tun, wir wissen das.
Erklären Sie das einmal! Das werden Sie in der Öffentlichkeit noch erklären
müssen! Sie haben da mehrere vergaberechtliche Fehler begangen, die in
Wirklichkeit auf einen vergaberechtlichen Mega-GAU hinweisen.
Das ist jetzt der
Punkt: Ich diskutiere an dieser Stelle nicht die Frage: Abfangjäger: ja oder
nein?, sondern die Frage: Warum „Eurofighter“? – Genau so lautete die
Anfrage, und die haben Sie nicht beantwortet.
Wenn Sie hier die
Gegengeschäfte als nächstes Argument ins Treffen führen wollen, dann wird zu
fragen sein, ob die so toll sind oder nicht. – Bis jetzt ist überhaupt
nichts an sinnvollen Gegengeschäfts-Vereinbarungen bekannt. Im Gegenteil, es
wird versucht, Geschäfte, die ohne „Eurofighter“-Kauf zustande gekommen sind,
hier hineinzureklamieren. Das gute alte Spiel! Eine ganze Latte von Fehlern,
die da passieren, sind 1 : 1 aus der Chronologie der
Thomson-Beschaffung übernommen. Dass es damals nicht ganz korrekt zugegangen
ist, das wissen wir auch alle. Es wird die gleiche Regie geführt: Am Schluss
müssen die Gegengeschäfte herhalten, um andere Kriterien noch einmal in Frage
zu stellen.
Wir werden in
Zukunft den Beweis antreten – es ist heute noch nicht die Zeit dazu, es
ist noch zu früh –, und es ist mir jetzt wichtig, Ihnen zu sagen: Sie
haben diese entscheidenden Fragen nicht beantwortet! – Würden Sie das
bitte, Herr Bundesminister, stellvertretend für den Herrn Bundeskanzler
entgegennehmen wollen.
Selbiger
Bundeskanzler hat uns beim Wahlkampfauftakt seiner Partei erklärt: Das Ganze
wird jetzt aus dem Wahlkampf herausgehalten, der Beschaffungsakt ist auf Eis
gelegt. Es werde an einer Wirtschaftsplattform gebastelt, wo das Ganze
besonders günstig abfinanziert wird! – Der Koordinator dieser Wirtschaftsplattform
ist ein gewisser Kollege Farnleitner, und zwar Kollege aus der Sicht des Herrn
Bundeskanzlers.
Wenn man Herrn
„Kollegen“ Farnleitner dazu befragt, dann sagt er, er sei kein Koordinator für
irgendetwas in dieser Sache, er habe nur einmal den Tipp abgegeben, dass man
vielleicht ein Lease-and-lease-back-Verfahren andenken könnte. – So schaut
das aus!
Das erinnert ja 1 : 1 an die Vorgangsweise bei der unseligen „Euroteam“-Affäre: Da sind auch immer irgendwelche Koordinatoren für irgendwelche Vorgänge und Plattformen genannt wor-
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 135 |
den, die von ihrem „Glück“ nicht einmal etwas gewusst haben. –
Also, reden wir einmal mit Herrn Farnleitner, ob er sich als Koordinator für
eine solche Wirtschaftsplattform versteht.
Herr Farnleitner
tut gut daran, sich nicht als solcher zu verstehen, denn da gibt es nichts zu
gewinnen, da gibt es auf Grund dieser eigenartigen Herangehensweise, die Sie da
pflegen, nur etwas zu verlieren. Alle Unternehmen, von denen bis jetzt gesagt
wurde, dass sie in diese Wirtschaftsplattform eintreten würden, weil sie
angeblich Gegengeschäftsnutznießer wären, haben das nämlich brüsk
zurückgewiesen – und auch die tun gut daran, das zu tun, denn es gibt
keine Gegengeschäfte in der behaupteten Form, und sollte es sie jemals geben,
werden sie keinen Euro dazu beitragen, dass die Abfinanzierung des
„Eurofighter“ billiger wird.
Es bleibt am
Schluss die so genannte Finanzierungsplattform, ein Konstrukt, das helfen soll,
dass man diese Kosten aus den Budgetzahlen der Jahre 2003 bis 2006
herausbekommt. Da sage ich:
Toi, toi, toi! Billiger
wird dadurch aber gar nichts! Wer glaubt denn tatsächlich, dass die
Kampfflugzeuge dann, wenn die Finanzierung immer mehr in die Zukunft verschoben
wird, billiger werden? Es steigen selbstverständlich die Kreditkosten. Glauben
Sie, dass irgendeine Leasing-Plattform das Geld gratis bereitstellt? Das alles
ist doch widersinnig! Es geht da lediglich um den Versuch, die enormen
Budgetbelastungen für diesen Ankauf in die nächsten Legislaturperioden zu
verschieben.
Sie belasten mit diesem
überteuerten Ankauf die nächsten Generationen (Zwischenruf des Abg. Großruck), und das passt, Herr
Kollege, mit der von Ihnen ausgegebenen Parole: Keine neuen Schulden!,
überhaupt nicht zusammen. (Präsident
Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)
Ich komme zum
Schluss, Herr Präsident: Ich war heute wirklich gutwillig und habe versucht, zu
hinterfragen, ob die Antworten wirklich nicht gegeben werden konnten. Sie
machen es einem wirklich schwer. (Präsident
Dr. Fischer gibt neuerlich das Glockenzeichen.) Ich fürchte,
ein Untersuchungsausschuss bleibt unumgänglich. (Beifall bei den Grünen
sowie der Abgeordneten Dr. Cap und Dr. Einem.)
17.11
Präsident
Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau
Abgeordnete Bures. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. –
Bitte.
17.11
Abgeordnete
Doris Bures (SPÖ): Sehr geehrter Herr
Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich
denke, dass die Debatte in den letzten zwei Stunden gezeigt hat, dass es sehr
wichtig ist, dass wir uns damit auseinander setzen, was eigentlich die
Beweggründe dafür sind, dass diese Bundesregierung – allen voran
Wolfgang Schüssel – in Wirklichkeit nicht in der Lage ist, von dem
unnötigen Ankauf von Abfangjägern abzugehen.
Das, was sich vor
allem in seiner persönlichen Beantwortung gezeigt hat, ist die Tatsache, dass
er Meister in drei Dingen ist: Wolfgang Schüssel ist Meister im Abschieben von
Verantwortung, Wolfgang Schüssel ist Meister im Schönreden und Wegschauen, und
Wolfgang Schüssel ist Meister in politischer Unglaubwürdigkeit. Ich möchte
diese drei Punkte auch mit Beispielen belegen. (Abg. Großruck: Meister im Gewinnen von Wahlen!)
Meine sehr
geehrten Damen und Herren! Heute haben die Österreicherinnen und Österreicher
in eigentlich jeder Tageszeitung lesen können, dass eine Belastungswelle über
sie hinwegrollen wird. Man konnte erfahren, dass eine vermutlich neue
schwarz-blaue Bundesregierung der Bevölkerung wieder massive Belastungen
zumutet – ob es Belastungen für kranke Menschen sind, Belastungen für Pendler,
Belastungen für Autofahrer oder massive zusätzliche Belastungen für junge
Menschen, nämlich Studierende.
Genau in solch
einer Situation findet diese Bundesregierung, findet Wolfgang Schüssel
überhaupt nichts dabei, milliardenteure Abfangjäger anzukaufen –
milliardenteure Abfangjäger, die Österreich nicht braucht und die in Österreich
auch kein Mensch haben möchte. (Abg. Murauer:
Nicht einmal Applaus kommt von Ihrer Partei!)
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 136 |
Das ist
Unglaubwürdigkeit, wenn man auf der einen Seite Belastungen einführt und auf
der anderen Seite massive Ausgaben tätigt.
Wissen Sie, was
noch Unglaubwürdigkeit in der Politik ist? – Wolfgang Schüssel hat im
September gesagt: Nehmen wir das Thema Abfangjäger aus dem Wahlkampf!, und er
hat damit den Menschen vorgegaukelt, dass er bereit ist, über den Ankauf der
Abfangjäger zu diskutieren.
Es hat nicht lange
gedauert, gleich nach der Wahl hat er festgelegt: Ohne Wenn und Aber, koste es,
was es wolle, diese Abfangjäger sollen angekauft werden! – Das ist
politische Unglaubwürdigkeit, meine Damen und Herren! (Beifall bei der
SPÖ.)
Sie haben die Aufgabe, Menschen, die es
finanziell nicht so leicht haben, die es finanziell schwer haben, zu erklären,
dass Sie, die ÖVP, zwar 2 Milliarden € für Kampfflugzeuge ausgeben
wollen, gleichzeitig aber Selbstbehalte für den Arztbesuch einführen möchten.
Sie müssen den jungen Menschen
erklären, dass Sie bereit sind, 2 Milliarden € für Abfangjäger
auszugeben, und gleichzeitig die Festsetzung der Höhe der Studiengebühren, wie
ich gelesen habe, freizugeben.
Meine sehr
geehrten Damen und Herren! Eigentlich ist dem Kommentar von Dr. Wailand,
den dieser in der „Kronen Zeitung“ schreibt, nichts hinzuzufügen. Die
Politik, die Sie machen, heißt, wie es auch Herr Wailand schreibt: „Statt
reformiert wird abkassiert“. – Das ist eine Politik, die Österreich nicht
verdient hat und die nicht dem Wohle Österreichs dient! (Beifall
bei der SPÖ.)
Die
Generalsekretärin der ÖVP hat sich, was politische Unglaubwürdigkeit betrifft,
gleich nahtlos dem Bundeskanzler angeschlossen. Sie hat sich hier hergestellt
und hat gesagt: Wir haben Schluss gemacht mit dem Schuldenmachen!
Wissen Sie, wie es
mit dem Schuldenmachen aussieht? – Nach Angaben des Finanzministers, weil
die Sozialdemokratische Partei zu Recht einen Kassasturz eingefordert hat, wird
das Budgetdefizit 1,3 Prozent betragen. Das bedeutet für das
Jahr 2002 Staatsschulden im Ausmaß von 2,8 Milliarden €.
Das bedeutet 7,3 Millionen € Neuverschuldung. Das ist
die Wahrheit! Streuen Sie der Bevölkerung nicht Sand in die Augen, meine sehr
geehrten Damen und Herren von der ÖVP! (Beifall bei der SPÖ.)
Mein Appell an Sie
lautet: mehr Ehrlichkeit in der Politik! Daran mangelt es vor allem in der ÖVP.
Was Schönreden und
Wegschauen betrifft: Wir haben die höchste Arbeitslosigkeit in der Zweiten
Republik. In ganz Europa nimmt die Arbeitslosigkeit ab, in Österreich steigt
sie. (Abg. Großruck: Was ist bei
Ihrem Genossen Schröder?) Herr Bundeskanzler! Ist das besser oder
schlechter? – Ich sage Ihnen: Das ist für jene Menschen, die keine Arbeit
haben, verdammt schlecht, meine sehr geehrten Damen und Herren von der ÖVP! (Beifall
bei der SPÖ.)
Wir hatten in
Österreich in der Vergangenheit eine Reallohnentwicklung, die immer weit über
dem EU-Durchschnitt lag. Wie sieht sie jetzt aus? Wir sind damit in Europa
Schlusslicht. Und das bedeutet leider für viele Österreicher eine
Verschlechterung, Herr Bundeskanzler!
Eine Bemerkung
noch, was die Frage des Abschiebens der Verantwortung betrifft: Der Herr
Bundeskanzler ist Meister im Abschieben von Verantwortung, und daher möchte ich
ihm Folgendes ins Stammbuch schreiben: Herr Bundeskanzler! Sie tragen die
Verantwortung für eine unsoziale Politik, Sie tragen die Verantwortung dafür,
dass es keine Reformen, sondern nur Abkassieren gibt, und Sie werden
voraussichtlich in Zukunft die Verantwortung für eine sehr instabile
schwarz-blaue Regierung zu tragen haben! Diese Verantwortung wird Ihnen niemand
abnehmen! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Neugebauer: Wahlkampf ist
vorbei!)
17.17
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 137 |
Präsident
Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr
Abgeordneter Murauer. – Bitte. (Abg.
Großruck – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg.
Murauer –: Herr Kollege, bitte bringen Sie wieder mehr Seriosität ein!)
17.17
Abgeordneter
Walter Murauer (ÖVP): Herr Präsident! Herr
Bundesminister! Wieder etwas mehr Seriosität – das ist sicher passend nach
der Rede von Frau Bures!
Meine Damen und
Herren! Kollege Cap hat gemeint, es sei ihm einiges peinlich. Dazu darf ich
bemerken: Herr Dr. Cap! Es ist peinlich, dass Sie seit dem
4. Februar 2000 aus parteipolitischen Gründen, aus populistischen
Überlegungen einfach sagen: Diese schlimmen Flugzeuge, diese Abfangjäger,
dieses Kriegsmaterial brauchen wir nicht!
Frau Bures hat uns
soeben erklärt, was alles sie um das Geld, das für die „schlimmen“ Abfangjäger
ausgegeben werden soll, kaufen würde, und sprach von Kindergärten, von den Studiengebühren
und von der Ausgleichszulage im Vergleich mit der Sicherheitspolitik. (Zwischenruf der Abg. Mag. Prammer.)
Frau Prammer!
Haben Sie vergessen, was wir den Österreichischen Bundesbahnen zuschießen?
Dazu haben Sie nichts gesagt. Um den Betrag des Defizits der Österreichischen
Bundesbahnen könnten wir jährlich zweimal die Flieger kaufen. (Zwischenruf des Abg. Parnigoni.) –
Zu dir komme ich noch, Parnigoni.
Warum brauchen wir
Abfangjäger? Warum brauchen wir die Luftraumkontrolle, meine Damen und Herren? (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Mag. Prammer.) –
Frau Kollegin Prammer! Es wäre gut, wenn Sie aufpassen würden, denn dann
könnten auch Sie zu der Überlegung kommen, dass Sie vor dem 4. Februar
Recht gehabt haben und jetzt Unrecht haben. Sie missbrauchen die
Sicherheitspolitik für Ihre parteipolitischen Interessen. Ich hätte Sie
eigentlich für seriöser gehalten.
Nun noch einmal
zur Frage: Wozu Abfangjäger? – Ich möchte Sie, meine Damen und Herren von
der Opposition, daran erinnern, dass es nur in Österreich die Diskussion über
die Frage gibt, wozu wir den Luftraum sichern sollen. Parnigoni, frag deinen
Kollegen Gaál, warum! Er weiß es, er hat sich damit auseinander gesetzt, nur:
Er darf das, was er weiß, im Moment nicht sagen. Früher hat er es schon sagen
dürfen.
Parnigoni, dein
Vorschlag, dass wir ohnedies die Radaranlagen, die „Goldhaube“, haben –
aber keine Flugzeuge – und dass das genügt, das kommt mir so vor, wie wenn
man eine Brandmeldeanlage, aber keine Feuerwehr hat. So geht das sicher nicht!
Diese Vorschläge sollten wir, glaube ich, nicht umsetzen. (Beifall bei der
ÖVP.)
Es kommen von
Ihnen Vorschläge dahin gehend, dass, obwohl wir noch das Neutralitätsgesetz
haben, ein anderes Land und andere Militärs in unserem Luftraum unsere
Sicherheit garantieren sollten. Natürlich können die das, natürlich haben alle
anderen Länder Überwachungsflugzeuge, Abfangjäger für ihre Sicherheit. Nur
wir in Österreich diskutieren darüber, ob wir diese überhaupt brauchen!
Heute ist in der
„Neuen Zürcher Zeitung“ zu lesen, dass die neutrale Schweiz auf Grund ihrer
schwierigen finanziellen Situation Einsparungen bei ihrem Heer vornimmt, aber
in der Luftraumüberwachung einen Schwerpunkt sieht und diesen auch durchsetzt,
weil sie sagt, dass die zukünftigen Gefahren, die zukünftigen Probleme im
Luftraum liegen. Die Schweiz setzt daher da einen Schwerpunkt. – Bei uns,
meine Damen und Herren, wird diskutiert, ob wir diese brauchen!
Die
österreichische Bundesregierung steht – wie die Österreichische
Volkspartei – zur Sicherheitspolitik in diesem Lande und will auch
entsprechende Luftraumüberwachungsflugzeuge beschaffen! (Beifall bei der ÖVP
und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 138 |
Meine Damen und
Herren! Zur Wiederholung aus der Diskussion von heute Vormittag: Sollen wir
unsere Sicherheit nicht mehr zu unserer eigenen, nationalen Angelegenheit
machen? Der Vorwurf der „Sicherheitsexperten“ Pilz und Cap lautet, dass wir
unseren Luftraum nicht mehr kontrollieren können, die Zahl derjenigen nicht
kennen, die unseren Luftraum frequentieren, und auch nicht wissen, wer das ist.
Aber dann zu der Antwort darauf, dass wir dazu entsprechende Geräte brauchen,
nein zu sagen, meine Damen und Herren, das grenzt meines Erachtens an
Bewusstseinsspaltung!
Wenn wir
tatsächlich keine Flieger brauchten, dann könnten wir auch die „Draken“ sofort
zurückgeben und den Betrieb einstellen.
Wir wollen das auf
keinen Fall! Wir wollen den Luftraum unseres Landes gerade in einer Zeit, die instabiler
wird, in einer Zeit, in der mehr Risken zu erkennen sind, mit entsprechenden
Flugzeugen absichern.
Letzter Satz:
Meine Damen und Herren von den Oppositionsparteien, von der Sozialdemokratie
und den Grünen! Es wäre angebracht, dass Sie in Sachen Sicherheitspolitik ab
nun Ihre parteipolitischen Interessen zurückstellen und die Sicherheit unseres
Landes in den Vordergrund rücken. Das wäre dringend notwendig! (Beifall bei
der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)
17.23
Präsident Dr. Heinz Fischer:
Nächster Redner ist
Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Scheuch. – Bitte.
17.23
Abgeordneter Dipl.-Ing. Uwe Scheuch (Freiheitliche): Meine geschätzten Damen und Herren! Herr Präsident!
Herr Minister! Herr Bundeskanzler! Die Thematik Abfangjäger ist sicher eine
sehr interessante und eine vor allem in den letzten Monaten sehr intensiv
geführte. Erlauben Sie mir aber zu Beginn, auf eine Frage der SPÖ
zurückzukommen, die heute schon öfters gestellt worden ist: Warum wurde
gewählt? Darauf möchte ich als jemand, der neu hier steht, folgende Antwort
geben: Warum haben Sie zugestimmt? – Sie selbst haben doch diese Neuwahlen
beschlossen und ihnen zugestimmt! Folglich sollten Sie diese Frage in Ihren
eigenen Gremien stellen, und anschließend werden auch wir uns damit
beschäftigen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)
Es ist immer
wieder schade für mich: Ich bereite mich vor und denke daran, was ich alles von
mir geben möchte, aber meine Vorredner liefern eine derartige Fülle an
Thematik, dass ich selten dazu komme, das zu sagen, was ich sagen wollte.
Wenn Frau Kollegin
Prammer ein Plakat mitbringt, auf dem Jörg Haider abgebildet ist, dann freut es
mich zwar, dass die SPÖ immer noch Plakate von Jörg Haider sammelt, aber ich
möchte doch, meine lieben Freunde, Folgendes zu bedenken geben: Wenn wir alle
SPÖ-Wahlplakate aufhängen würden, auf denen von Wahlversprechen die Rede ist,
welche nicht gehalten wurden, dann müssten wir wahrscheinlich den Plenarsaal in
die Messehalle übersiedeln, damit Platz dafür wäre. (Beifall bei den
Freiheitlichen.)
Aber nun zum Thema
Verteidigungspolitik – ich sehe diese Anfrage über die Beschaffung von
Abfangjägern als eine Frage der Verteidigungspolitik. Ich selbst werde heute
Abend im Verteidigungsausschuss angelobt werden und diesem Ausschuss
angehören, daher kann ich heute hier stehen und sagen: Ich werde sicherlich
angelobt werden, um dafür zu sorgen, dass eine umfassende Landesverteidigung in
Österreich gewährleistet ist. Und die Landesverteidigung hat nach den
momentanen Voraussetzungen zu Lande und in der Luft zu erfolgen. Das ist
wichtig, und ich bin davon überzeugt, dass das Verständnis der Menschen dafür
vorhanden ist, sofern die Voraussetzungen dafür gegeben sind.
Ich muss sagen: Ich zweifle in keiner Weise und nicht im Geringsten an der Rechtmäßigkeit der entsprechenden Beschaffungsprozesse; sie werden von so vielen Gremien geprüft, dass es fast schon kindisch ist, hier auch noch die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zu fordern.
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 139 |
Wofür haben wir denn Gremien wie den
Rechnungshof, Gremien, wie wir sie hier in diesem Haus vorfinden? – Was
diesen Untersuchungsausschuss betrifft: Wenn der Rechnungshof das für richtig
hält, wird es sicherlich dazu kommen. In der Zwischenzeit zweifle ich nicht an
der Entscheidung, die von unseren Herren hier getroffen wird. (Abg.
Mag. Wurm: Herr Haider hat schon gesagt ...!) – Wenn
Sie einen solch guten Kontakt zum Landeshauptmann haben, dann werde ich Sie
noch fragen, was er zur Regierungsbildung gesagt hat.
Meine lieben
Kolleginnen und Kollegen von der Opposition! In Wirklichkeit müssten Sie Herrn
Minister Scheibner dankbar dafür sein, dass er Ihnen so viel Stoff für
derartige Anfragen, Untersuchungsausschüsse und immer wieder gestellte Fragen
gibt, denn sonst hätten Sie wahrscheinlich wenig einzubringen. Ich bin relativ
neu in diesem Haus und vermisse die Konstruktivität der Gespräche. Ich vermisse
es, dass man über Dinge spricht, die noch nicht „gegessen“ sind.
Wenn die
Abfangjägerbeschaffung in der letzten Legislaturperiode beschlossen
wurde – rechtmäßig beschlossen wurde, davon gehe ich aus –, dann
brauche ich darüber nicht mehr zu sprechen. Unterhalten wir uns doch über
Problematiken, die für die Zukunft wirklich wichtig sind, Problematiken, die
heute zwar das eine oder andere Mal angeklungen sind, die aber noch einer
Lösung zuzuführen sein werden. (Abg. Mag. Wurm: Die Wahrheit ist
eine Tochter der Zeit!) Ja, oder ein Sohn, das kann man nicht so
festlegen – oder darf ich das nicht sagen? (Heiterkeit bei den
Freiheitlichen und der ÖVP.) – Hier heraußen ist es viel lustiger als
drinnen, das muss ich ehrlich sagen.
Abschließend
möchte ich kurz einen Gedanken dazu vorbringen, wie sich auch die Damen und
Herren von der SPÖ und den Grünen aktiv in diese Diskussion einbringen können.
Vielleicht sollten Sie Ihre äußerst guten Kanäle zu dieser tollen, hoch
gelobten deutschen Regierung nutzen. Ich glaube, dort haben sie Hunderte
Abfangjäger – von Roten und von Grünen gekauft. Vielleicht sollte man
diese Kanäle nutzen, um von dort aus die Landesverteidigung sicherzustellen. (Abg.
Mag. Wurm: ... von Kohl!)
In der
Zwischenzeit – das kann ich Ihnen garantieren – und solange wir
Verantwortung haben, werden wir diese Verantwortung auch ausüben. Und solange
der Wähler uns das Mandat dazu gibt, so lange werden wir es machen. –
Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Eder: Euch
hat er es nicht gegeben! 16 Prozent weniger!)
17.28
Ankündigung eines Antrages auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses
Präsident Dr. Heinz Fischer:
Bevor ich dem
nächsten Redner, Herrn Abgeordnetem Nürnberger, das Wort erteile, darf ich
bekannt geben, dass die Abgeordneten Dr. Cap und Fraktion nach § 33
Abs. 1 der Geschäftsordnung beantragt haben, einen
Untersuchungsausschuss zur Untersuchung der Beschaffung von Kampfflugzeugen
einzusetzen.
Außerdem liegt das
von fünf Abgeordneten nach § 33 Abs. 2 der Geschäftsordnung gestellte
Verlangen
vor, eine Debatte über die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses durchzuführen.
Da in der heutigen
Sitzung eine Dringliche Anfrage verhandelt worden ist, finden die Debatte und
die Abstimmung darüber nach Erledigung der Tagesordnung statt.
Ich bitte um
Kenntnisnahme.
Der schriftliche
Antrag wird an alle Mitglieder des Hauses verteilt werden.
*****
Zum Wort gelangt
Herr Abgeordneter Nürnberger. Die Uhr ist auf „zirka“ 5 Minuten
gestellt. – Bitte.
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 140 |
17.29
Abgeordneter Rudolf Nürnberger (SPÖ): Herr Präsident! Herr
Bundeskanzler! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Herr
Bundeskanzler hat von der Regierungsbank herunter mit uns ein
Frage-Antwort-Spiel gemacht: „Besser oder schlechter?“ – Herr Bundeskanzler,
dieses Spielchen können wir fortsetzen: Arbeitslose am
1. Jänner 2000: 278 657; Jänner 2003: 303 676. Herr
Bundeskanzler, besser oder schlechter? – Schlechter! (Beifall bei der
SPÖ.)
Arbeitslosenrate 2000:
5,8; 2001: 6,1; 2002: 6,9. Herr Bundeskanzler, besser oder schlechter? –
Schlechter, Herr Bundeskanzler! (Beifall bei der SPÖ.)
Jene Fragen, die
die Menschen betreffen, haben Sie wohlweislich ausgeklammert.
Frau Abgeordnete
Rauch-Kallat hat ein ähnliches Beispiel gebracht: Sie hat zum Abgeordneten Pilz
gesagt, er möge doch bei der Wahrheit bleiben. Ich darf das retour geben: Frau
Abgeordnete Maria Rauch-Kallat, bleiben Sie bitte bei der Wahrheit! Sie haben
sich wieder gerühmt mit der berühmten Angleichung von Arbeitern und
Angestellten. Jetzt stelle ich mir dazu eine Frage: Es gibt eine
Jubel-Broschüre der Bundeswirtschaftskammer – Reingewinn der Arbeitgeber:
rund 3 Milliarden österreichische Schilling. Frage: Ist es für die
Arbeitnehmer in diesem Lande besser oder schlechter, wenn die Arbeitgeber
3 Milliarden an Reingewinn haben? – Schlechter, meine sehr geehrten
Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Kukacka:
... habt ihr zugestimmt! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)
Nun zu Herrn
Abgeordnetem Stummvoll: Herr Abgeordneter! Ich darf Ihrem Langzeitgedächtnis –
ich habe immer geglaubt, Sie verfügen über ein gutes Gedächtnis – ein
bisschen nachhelfen. Die Erklärung, die Sie hier gegeben haben: Sie wollen nie
wieder in diesem Hause in der Geiselhaft der sozialdemokratischen
Gewerkschafter sein, wie das 1997 der Fall war ... (Abg. Dr. Stummvoll:
Ja!) Dann zur Wahrheit! (Abg. Dr. Stummvoll: Das ist die
Wahrheit!) Nein, das ist nicht die Wahrheit! Ich werde Ihnen als einer der
Betroffenen die Wahrheit sagen. (Abg. Dr. Stummvoll: Sie
wissen ...!)
Es gab Probleme im
Zusammenhang mit der Pensionsreform. Es stimmt, dass hier gesprochen werden
musste, bis es eine Einigung gab, eine Einigung zwischen dem damaligen
Vizekanzler Schüssel und Klubobmann Khol – im Büro des damaligen
Klubobmannes Khol –, dem Klubobmann Kostelka und mir. Wissen Sie, worum
es gegangen ist? Es ist im Zuge der großen Pensionsreform um die Verlängerung
der Bemessungsgrundlage für alle gegangen.
Aber die
Beamtengewerkschaft ... – Da ist mein lieber, geschätzter Kollege
Neugebauer, wenn er genügend Zivilcourage hat, und die unterstelle ich ihm,
wird er zugeben, dass er in der Hohenstaufengasse gesessen ist und wir leider
aus Solidarität – das war vielleicht ein Fehler von mir – auch die
„Kastanien“ des ÖAAB und der Christgewerkschafter verhandelt haben. Damals ging
es – und das war letzten Endes der Kompromiss – um eine Deckelung bei
der Bemessungsgrundlage für die Beamten, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Zwischenrufe
bei der ÖVP.) Es haben also die sozialdemokratischen Gewerkschafter, Herr
Abgeordneter Stummvoll, die Regierung vor der Geiselhaft des ÖAAB und der
Christgewerkschafter bewahrt! Das ist die Wahrheit, meine sehr
geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei der ÖVP:
Wieso?) Weil Sie sich bei Ihrem Beamtengewerkschafter, bei Ihrem ÖAABler
nicht durchsetzen konnten!
Jetzt ein paar
Bemerkungen grundsätzlich zur Pension. Es hat ja zwei Voraussetzungen dafür
gegeben, dass man mit uns überhaupt in Koalitionsverhandlungen eintritt: den
Abfangjägern von Haus aus zuzustimmen und auch zur Kenntnis zu nehmen, dass die
Frühpensionsregelung abgeschafft wird.
Weil immer wieder das Märchen aufgetischt wird, gegen jede Pensionsreform wehren sich in erster Linie die Gewerkschafter, sie mauern ab und sind nicht verhandlungsbereit, sage ich Ihnen – das kann ich nachweisen, weil es die entsprechenden Beschlüsse gibt –: Seit eineinhalb Jahrzehnten verlangen wir eine umfassende Pensionsreform! Aber dazu haben Sie sich nie durchringen können. Und zu den Vorschlägen, die unser Parteivorsitzender zur Pensions-
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 141 |
reform gemacht hat, haben Sie sich auch
nicht durchringen können, weil Sie wieder Angst gehabt haben, dass Sie mit
Ihrer Klientel nicht zu Rande kommen.
Für eine reine
Geldbeschaffungsaktion, wie Sie sie vorhaben, indem Sie immer nur an zwei
Schrauben drehen, wenn es um eine Pensionsreform geht – nämlich länger zu
arbeiten und das Pensionsantrittsalter hinaufzusetzen sowie weniger Pension zu
bekommen –, für solch eine Pensionsreform stehen wir Ihnen auch als
Gewerkschafter nicht zur Verfügung, sehr geehrte Damen und Herren von der
Regierung! (Beifall bei der SPÖ.)
Wir stehen Ihnen
zur Verfügung – und dieses Angebot gilt, auch in Opposition stehen wir
Ihnen als Gewerkschafter zur Verfügung –, wenn Sie eine umfassende Reform
machen, eine umfassende Reform, die zu mehr Gerechtigkeit in unserem
Pensionssystem führt. Das beginnt bei den Beiträgen: Es soll jeder den gleichen
Beitrag bezahlen, und dann soll jeder das Gleiche herausbekommen. Aber wieder
nur an der Schraube des ASVG zu drehen, wobei die ASVG-Versicherten den
geringsten Bundeszuschuss brauchen, nämlich nur 14 Prozent, weil sie
86 Prozent selbst bezahlen, ist nicht richtig. Dann müssen wir
gerechterweise auch über die Selbständigen reden, die nur 46 Prozent
beitragen, und die Bauern, bei denen es nur 28 Prozent sind. Es geht auch
darum, dass wir zu einer gleichen Bemessungsgrundlage kommen und nicht bei dem
einen den Durchrechnungszeitraum über das ganze Leben haben, hingegen der
andere womöglich mit 80 Prozent des letzten Bezugs in Pension geht. Für
eine umfassende Reform werden wir Ihnen zur Verfügung stehen.
Das Ergebnis Ihrer
letzten Reform hat es ja gezeigt: Wir hatten ein rasches Ansteigen, nachdem man
das Frühpensionsalter um nur eineinhalb Jahre hinaufgesetzt hatte. Die Zahl der
arbeitslosen Frauen über 55 Jahre ist explosionsartig, um 80 Prozent,
angestiegen, und bei den Männern waren es 117 Prozent. Vielleicht haben
Sie es nicht registriert, aber die Hälfte jener Menschen, die heute in Pension
gehen, gehen nicht aus dem aktiven Berufsleben heraus in Pension, sondern sie
gehen aus der Notstandshilfe oder aus der Arbeitslosigkeit heraus in Pension.
Meine sehr
geehrten Damen und Herren, für eine derartige Politik stehen wir nicht zur Verfügung!
Wenn Sie mit uns über vernünftige Reformen reden wollen, dann sind wir gesprächsbereit.
(Beifall bei der SPÖ.)
17.35
Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter
Dr. Spindelegger. – Bitte.
17.36
Abgeordneter Dr. Michael Spindelegger (ÖVP): Sehr geschätzter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr
Bundeskanzler! Meine Herren Bundesminister! Meine Damen und Herren! Der Succus
dieser Dringlichen Anfrage ist ein interessanter: Heute hat die SPÖ beklagt und
bejammert, dass sie in dieser Regierungskonstellation der Zukunft nicht
vertreten sein wird. Das war der Succus. Aber, meine Damen und Herren von der
SPÖ, es ist in dieser Debatte auch zutage getreten, wo Ihre Defizite liegen.
Auf diese möchte ich ein wenig eingehen.
Das erste große
Defizit bei Ihnen, meine Damen und Herren von der SPÖ, ist die Frage der
Führung. Während Ihr Vorsitzender, Herr Dr. Gusenbauer, noch im Wahlkampf
erklärt hat: Beim zweiten Platz die Opposition, das ist so!, hat sich nach der
Wahl alles geändert. (Abg. Verzetnitsch: Wie war das bei
Ihnen? – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Warten Sie, Kollegen von
den Sozialdemokraten! Das möchte ich ihm zugute halten, dass er nach der Wahl
ein Einsehen gehabt hat, dass man verhandeln muss. Aber während er verhandelt
hat, hat die zweite Reihe schon den Oppositionsmarsch geblasen, meine Damen und
Herren. Das war das Interessante, das offenbar auf die Führungsstruktur Ihrer
Partei große Schlüsse zulässt. (Abg. Mag. Mainoni: Chaotisch!)
Wenn ich heute in der APA schon lese, was Frau Burgstaller morgen in „NEWS“ sagen wird, nämlich dass sie sich schon wieder neue Gesichter in der SPÖ-Parteizentrale wünscht, dann kann ich nur sagen: Meine Damen und Herren, das ist der Zustand der SPÖ! Ganz offenbar gibt
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 142 |
es hier ein Führungsproblem. – Das ist Ihr erstes
großes Defizit. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)
Das zweite große
Defizit – das haben Sie heute auch offen an den Tag gelegt, meine Damen
und Herren – ist Ihre Lösungskompetenz. (Zwischenruf der Abg. Binder.)
Sie haben uns, wie jetzt Kollege Nürnberger, erfreulicherweise angeboten, dass
man über vernünftige Reformen mit Ihnen reden kann. Aber das, was Sie bisher an
den Tag gelegt haben, gerade bei der Sicherung der ersten Säule der Pension, um
die wir uns bemühen, ist reichlich wenig.
Ich darf es noch
einmal in Erinnerung rufen: Im Wahlkampf hat SPÖ-Vorsitzender Gusenbauer in
einer Fernsehdiskussion erklärt, dass die ÖVP in bestehende Pensionen
eingreifen möchte. Jedem Pensionisten hat er diesbezüglich einen Brief
geschrieben – um nach der Wahl als Erstes vorzuschlagen, dass man
eigentlich in bestehende Pensionen eingreifen muss!
Meine Damen und
Herren! Ich darf noch dazu in Erinnerung rufen, dass ein Eingriff in bestehende
Rechte der Bruch eines Grundsatzes in unserer Republik wäre und dass das, was
Sie an Maßnahmen vorgeschlagen haben, ein „Peanut“ wäre und nicht die erste
Säule sichern kann. – Meine geschätzten Damen und Herren von der SPÖ,
Lösungskompetenz müssen Sie erst beweisen. Das ist ein großes Defizit bei
Ihnen. (Beifall bei der ÖVP.)
Ich darf ein
drittes großes Defizit erwähnen, das heute auch wieder zutage getreten ist Sie
wollen gerne mitregieren, aber Ihnen fehlt es an staatspolitischer Verantwortung.
Sie selbst haben die Fragen der Abfangjäger-Nachbeschaffung mitbeschlossen:
1999 im Landesverteidigungsrat, 2000 in einem dann nicht zustande gekommenen
Regierungsübereinkommen mit uns, worin diese Frage außer Streit gestellt war.
Aber ab dem 4. Februar 2000 waren Sie plötzlich dagegen, und zwar vehement
dagegen, bis zum heutigen Tag. Und ich prophezeie: Wären Sie in die Regierung
eingetreten, dann wäre es wieder kein Problem gewesen!
Meine Damen und
Herren! Staatstragende Elemente, die eine Partei von der Größe der SPÖ haben muss,
darf man eben in keiner Weise in Frage stellen, egal, ob man Applaus dafür
bekommt oder ob einem der Wind ins Gesicht bläst. Da haben Sie ein großes
Defizit, geschätzte Damen und Herren von der sozialdemokratischen Fraktion, und
das disqualifiziert Sie auch für Regierungsverhandlungen! (Beifall bei der
ÖVP.)
Ich möchte daher
mein Resümee aus der heutigen Debatte der Dringlichen Anfrage ziehen: Sie haben
beklagt – zumindest habe ich das aus den Worten Ihres Vorsitzenden Alfred
Gusenbauer herausgehört –, dass Sie nicht mit der ÖVP an einem
Regierungstisch sitzen werden. Andere in Ihrer Partei mögen das anders sehen.
Aber, meine Damen und Herren von der SPÖ, bevor Sie nicht die Führungsfrage
eindeutig geklärt haben, bevor Sie nicht Lösungskompetenz beweisen und bevor
Sie nicht zu staatstragenden Elementen zurückfinden, werden Sie sich für eine
Regierungszusammenarbeit auf Dauer disqualifizieren. (Zwischenrufe bei der
SPÖ.) Es tut mir Leid, das heute feststellen zu müssen. (Beifall bei der
ÖVP.)
17.40
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 143 |
Präsident Dr. Heinz Fischer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Stummvoll. Es ist dies seine zweite Wortmeldung. Die Gesamtredezeit darf 10 Minuten nicht überschreiten. – Bitte.
17.40
Abgeordneter
Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Herr Präsident! Herr
Bundeskanzler! Meine Herren auf der Regierungsbank! Ich möchte zur Rede des
Kollegen Nürnberger und auch zu dem, was Herr Kollege Verzetnitsch gesagt hat,
Stellung nehmen: Es hat sich herausgestellt, dass meine Wortwahl, bei der
Schlussphase der Pensionsreform 1997 habe sich die Parlamentsmehrheit in
Geiselhaft der sozialdemokratischen Gewerkschaft befunden, insofern nicht
korrekt war, als wir uns in Geiselhaft des ÖGB befunden
haben. – Aber auch das möchte ich in Zukunft nicht haben, meine Damen und
Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Kogler:
Das ist ja Ihr Problem als freier Abgeordneter!)
17.41
Präsident
Dr. Heinz Fischer: Zu Wort ist dazu niemand mehr
gemeldet. Ich schließe daher die Debatte.
Anträge wurden
keine gestellt, daher können wir gleich zum nächsten Verhandlungsgegenstand
übergehen.
Kurze Debatte über die Anfragebeantwortung 10/AB
Präsident Dr. Heinz Fischer:
Der nächste
Verhandlungsgegenstand ist eine Kurzdebatte über die Anfragebeantwortung des
Herrn Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit mit der
Ordnungszahl 10/AB.
Die erwähnte
Anfragebeantwortung ist im Sitzungssaal verteilt worden, daher erübrigt sich
eine Verlesung durch einen Schriftführer.
Wir gehen in die
Debatte ein.
Sie alle kennen
die Geschäftsordnung: Kein Redner länger als 5 Minuten, der Erstredner
10 Minuten, eine allfällige Stellungnahme eines Regierungsmitglieds soll
ebenfalls nicht länger als 10 Minuten dauern.
Als Erstrednerin erhält Frau Abgeordnete Mag. Lunacek für maximal 10 Minuten das Wort. – Bitte.
17.42
Abgeordnete
Mag. Ulrike Lunacek (Grüne): Herr Präsident! Herr
Bundeskanzler! Meine Herren Minister! Meine Damen und Herren! Wir ließen heute
eine Besprechung der Anfrage an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit
betreffend die GATS-Verhandlungen, die diesbezügliche Information der
Öffentlichkeit und den Inhalt der Forderungslisten sozusagen auf die
Tagesordnung stellen, um gerade auf die aktuellen GATS-Verhandlungen näher einzugehen.
Meines Wissens ist
es das erste Mal, dass wir dieses Thema hier im Parlamentsplenum besprechen. Es
gab einmal eine Diskussion im Unterausschuss des EU-Hauptausschusses, die auch
von uns verlangt worden war, aber sonst fände dieses wichtige internationale
Abkommen, das derzeit verhandelt wird, in diesem Parlament nicht wirklich einen
Widerhall, wenn wir nicht ständig darauf drängten.
Lassen Sie mich
zuerst kurz darauf eingehen, was dieses GATS überhaupt ist und was hinter
dieser Abkürzung steht. Für die, die sich noch nicht so genau damit
befasst haben, ist es vielleicht schwierig zu verstehen, worum es hier
eigentlich geht: Es geht um das allgemeine Abkommen über den Handel mit
Dienstleistungen, das im Rahmen der WTO-Gründung 1995 als Rahmenabkommen
mitbegründet wurde, und nicht von ungefähr, denn mittlerweile machen
Dienstleistungen an die 60 Prozent des globalen Bruttosozialproduktes aus,
wobei ein beträchtlicher Unterschied zwischen Dienstleistungen und deren
Anteil am BSP in den OECD-Ländern – ungefähr 65 Prozent – und in Ländern
mit niedrigen Einkommen – nur etwa 38 Prozent – besteht.
Dienstleistungen beeinflussen das Bruttosozialprodukt also unterschiedlich
stark.
Insgesamt machen
Dienstleistungen aber erst etwa 20 bis 25 Prozent des gesamten Welthandels
aus. Mit GATS wurde also sozusagen eine Liberalisierungsoffensive gestartet, um
das schlummernde Potential dieses Sektors freizusetzen. Sie können den Daten,
die ich zuerst genannt habe, dass nämlich in der OECD schon zu
65 Prozent mit Dienstleistungen gehandelt wird, entnehmen, dass vor allem
die Industrieländer großen Nutzen daraus ziehen sollen und werden, da, wie
bekannt ist, dort die meisten Konzerne verankert sind und diese weitere Märkte
suchen.
Einige werden
fragen, was denn das Problem dabei sei. – Es gibt mehrere Gründe, und
einige davon möchte ich Ihnen hier nennen.
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 144 |
Erstens erfüllen
einige Dienstleistungen vor allem eine volkswirtschaftliche
Querschnittsfunktion und stellen die Basis für mehrere Branchen dar, zum
Beispiel Telekommunikation, Internet, elektronischer Handel et cetera.
Sie haben aber
auch eine ganz wichtige gesellschaftspolitische Bedeutung im Sinne der
Sicherstellung der Daseinsvorsorge, also eine gesellschaftspolitische
Bedeutung, die über die ökonomische Funktion hinausgeht, zum Beispiel im
Bildungsbereich und im Gesundheitsbereich, aber auch in den Bereichen der
Wasserver- und -entsorgung, Müllentsorgung et cetera.
Ein dritter Punkt,
der den Handel mit Dienstleistungen so besonders relevant für die Gesellschaft
macht, ist, dass hier eine besondere Personennähe gegeben ist. Das ist ganz
anders als bei Gütern, mit denen gehandelt wird. Bei den Dienstleistungen sind
die Menschen, die daran beteiligt sind, so notwendig, und es geht auch um die
Menschen, die es dann betrifft, ob sie den Zugang zum Spital, zum Arzt/zur
Ärztin, zum Bildungssystem haben, ob die Wasserversorgung funktioniert oder
nicht, wenn sie weit entfernt leben und vielleicht nicht so viel Geld haben, es
sich leisten zu können.
Dies sind einige
Gründe dafür, dass der Handel mit den Dienstleistungen in vielen Ländern, vor
allem in Europa, aber auch in einigen Entwicklungsländern, stärker
innerstaatlich reguliert ist als der Handel mit Gütern. Und das ist zu
Recht so, denn damit wird sozusagen festgehalten, dass der Staat
mitbestimmt, dass diese Daseinsvorsorge für alle Menschen in diesem Staat
gewährleistet werden kann, dass nicht nur die Interessen einzelner Konzerne,
die vor allem gewinnorientiert und nicht vorsorgungsorientiert
arbeiten, beachtet werden. (Beifall bei den Grünen.)
Das Problem beim
GATS ist auch, dass die Liberalisierungen, die einmal in Kraft getreten sind,
nicht mehr – oder fast nicht mehr – rückgängig gemacht werden können.
Wenn ein Land draufkommt, dass zu viel liberalisiert wurde, ist eine Umkehr nur
mehr möglich, wenn hohe Kompensationszahlungen geleistet werden und
gleichzeitig ein anderer Bereich angeboten wird. – Das
ist also in der
Realität äußerst schwer möglich.
Warum haben wir
jetzt die Besprechung dieser Anfragebeantwortung verlangt? – In der
Anfragebeantwortung ging es vor allem um die öffentliche Information, um die
Information des Parlaments. Es stimmt, was in der Anfragebeantwortung erwähnt
wurde, dass mittlerweile einiges an Informationen auch in den Klubs eingelangt
ist, aber erst, so behaupte ich, nachdem wir und auch zahlreiche
Nicht-Regierungsorganisationen großen Druck gemacht haben, damit eine etwas
offenere und öffentlichere Debatte darüber stattfindet, was Österreich und die
Europäische Union zur Liberalisierung anbieten werden und in welchen Bereichen
andere Staaten von uns – von Österreich und von der EU –
sozusagen die Öffnung
des Dienstleistungssektors wollen.
Herr Minister
Bartenstein! In der Sitzung des EU-Unterausschusses am 27. Jänner haben
Sie – ich zitiere aus Ihrer eigenen Aussendung von damals – gesagt,
für betroffene Ressorts und Sozialpartner fänden regelmäßig
Koordinierungssitzungen im Wirtschaftsministerium statt, ebenso regelmäßig
würden Informationsveranstaltungen sowohl für die Parlamentsklubs als auch für
NGOs veranstaltet. (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn übernimmt
wieder den Vorsitz.)
Herr Minister!
Genau da sehen wir schon das große Problem: Für die Ressorts und sogar für die
Sozialpartner gibt es Koordinierungssitzungen, mit dem Parlament gibt es
Informationsveranstaltungen – Sektionschef Mayer ist sehr bemüht,
auch die Abgeordneten zu informieren –, aber im Parlament die Inhalte zu
debattieren und im demokratisch gewählten Nationalrat darüber zu entscheiden,
was Österreich anbieten soll und was die österreichische Bundesregierung in
der Europäischen Kommission vertreten soll, was die EU anbieten oder eben nicht
anbieten soll, das ist bisher nicht geschehen. Herr Minister! Wir fordern diese
Debatte ein. (Beifall bei den Grünen.)
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 145 |
Sie schreiben in
Ihrer Anfragebeantwortung auch, dass die Forderungslisten von der Europäischen
Kommission auf Basis ihrer Kontakte zur Öffentlichkeit, zur
europäischen Dienstleistungsindustrie und so weiter, konzipiert wurden. Wissen
Sie, wie diese „Kontakte zur Öffentlichkeit“ ausgesehen haben? –
Kommissar Lamy hat im November oder Dezember dazu aufgerufen, dass Anregungen
per Mail oder per Post an die Kommission geschickt werden sollen, und danach
hat die Kommission entschieden, was in die Forderungslisten aufgenommen wird
und was nicht.
Die Einbindung der
Öffentlichkeit stelle ich mir aber etwas anders vor, als dass einfach Mails
geschickt werden und dann entschieden wird, was hineinkommt und was nicht. Das
ist nicht die Art und Weise, wie öffentlich informiert werden soll, Herr
Minister!
Sie geben in Ihrer
Anfragebeantwortung auch bekannt, Sie hätten durchgesetzt, dass die EU den
Zugang zu der Ressource Wasser, die Privatisierung der Wasserversorgung, den
grenzüberschreitenden Transport von Wasser, explizit ausnehmen soll, dass das
auch tatsächlich so sein wird. Das mag stimmen, aber wissen Sie, was
andererseits mittlerweile passiert ist? – Die EU hat zwar gesagt, für den
eigenen Bereich werde sie das nicht anbieten, sie möchte aber ihrerseits diese
Liberalisierung von den Entwicklungsländern, die sollen liberalisieren.
Im britischen
„Guardian“ stand erst vor wenigen Tagen, die EU verlange zum Beispiel, dass
Bolivien ausländische Wasserfirmen und -konzerne ins Land lassen soll –
ein Land, in dessen größter Stadt es erst vor kurzem einen öffentlichen Aufruhr
und Widerstand gegeben hat, da dort die Wasserpreise um 200 Prozent
gestiegen sind, weil dort schon eine ausländische Firma war; eines der ärmsten
Länder der Welt, Herr Minister!
Das verlangt die EU jetzt von
zahlreichen Ländern! Und da sagen Sie uns, Sie wollen das nicht im Parlament
diskutieren und Sie schließen sich allem an, was die Europäische Kommission
vorhat?
Herr Minister! Sie
bekommen diesbezüglich nicht nur von Seiten der Grünen Kritik. Sie erhalten sie
auch in Ihren eigenen Reihen. Erst letzte Woche stand in der Wiener
Stadtzeitung „Falter“ ein langer Artikel über Engerwitzdorf in Oberösterreich,
wo der ÖVP-Bürgermeister dieses Ortes den Aufruf der „Stoppt GATS“-Kampagne mit
unterzeichnet und an Sie geschickt hat. Er sagt nämlich: Wir Gemeindepolitiker
haben eben das Ohr dort, wo man hört, was die Bürger denken.
Herr Minister! Sie
und andere sagen immer: Keine Panikmache, es ist alles in Ordnung, wir tun eh
nichts, was die Daseinsvorsorge irgendwie in Gefahr bringen könnte! – Herr
Minister! Wenn es tatsächlich so ist, dann machen Sie es öffentlich!
Diskutieren Sie öffentlich hier im Parlament darüber! Dann sollen die
Entscheidungen hier getroffen werden und nicht einfach von der Europäischen
Kommission ohne Einbindung der Parlamente. Diese Entscheidungen haben hier stattzufinden, denn sie
betreffen die Menschen in diesem Land, in der EU und auch in anderen Ländern
der Welt. Diese Einbindung fordern wir! (Beifall
bei den Grünen.)
17.52
Präsident
Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt nunmehr Herr
Bundesminister Dr. Bartenstein. – Bitte, Herr Bundesminister.
17.53
Bundesminister
für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrte
Frau Abgeordnete Lunacek, Ihre einleitenden Sätze waren aus meiner Sicht in
vielem eine klare Befürwortung von GATS und dem Interesse Österreichs, aber
auch dem Interesse der Entwicklungsländer, Dienstleistungen weiter zu
liberalisieren. (Abg. Mag. Lunacek:
Das interpretieren aber Sie!)
Sie haben gesagt, dass in den OECD-Ländern – und Österreich liegt diesbezüglich ziemlich genau im Schnitt – 65 Prozent des Bruttoinlandsproduktes mit Dienstleistungen erwirtschaftet werden, in den Entwicklungsländern aber erst 38 Prozent. Es ist natürlich die Liberalisierung von Dienstleistungen im Sinne von GATS auch ein Weg, den Dienstleistungsanteil und damit die Wertschöpfung in Entwicklungsländern zu erhöhen. Genau das ist ja ein Grund dafür, dass
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 146 |
durch
GATS weiter liberalisiert werden soll, dass es eine zweite Stufe geben soll und
dass das im Rahmen der Entwicklungsrunde von Doha, der Doha Development Round,
im Rahmen der zweiten WTO-Runde geschehen soll.
Sie sagen selbst,
es gibt ein schlummerndes Potential. Wir wollen das heben, im Interesse der
Österreicher, aber auch im Interesse der Entwicklungsländer, meine sehr
verehrten Damen und Herren! (Abg. Mag. Lunacek: Doch nicht in der öffentlichen Daseinsvorsorge!)
Lassen Sie mich
zuerst zum Interesse Österreichs etwas sagen: 65 Prozent Dienstleistungsanteil
am Bruttoinlandsprodukt. Wir sind einer der weltweit führenden
Dienstleistungsexporteure, haben einen Weltmarktanteil von 2,1 Prozent
und liegen an 13. Stelle. Obwohl wir ein sehr erfolgreiches
Exportland sind, haben wir im Warengüterexport lediglich 1 Prozent Marktanteil
und sind hier an 24. Stelle. Im Dienstleistungsbereich wird bereits
ein Volumen von 37 Milliarden € abgewickelt, und das ist stark im
Steigen begriffen, wie Sie, Frau Abgeordnete Lunacek, auch indirekt konzediert
haben.
Ich sage es ganz
deutlich: Es ist in unserem eigenen
Interesse, GATS zu betreiben, nein zu „Stopp GATS“ zu sagen und diese
Liberalisierung voranzubringen, so, wie es auch im Interesse der
Entwicklungsländer ist. (Abg. Mag. Lunacek:
Das ist vielleicht in Ihrem Interesse, aber nicht im Interesse ...!)
Die
Kompetenzverteilung innerhalb der Europäischen Union zu hinterfragen, ist legitim,
aber nicht sehr dienlich, weil die Kommission in Außenhandelsfragen und damit
auch in GATS-Fragen kompetent und damit federführend ist. Österreich ist, so
wie alle anderen Mitgliedstaaten, im Wege des Artikel-133-Ausschusses voll
eingebunden.
Meine sehr
verehrten Damen und Herren! Natürlich nehmen wir unsere Interessen wahr. Wir
legen Wert darauf, dass es keine Angebote seitens Österreichs oder seitens der
Europäischen Union im Bereich Bildung, Gesundheit, Audio oder Video gibt. Auch
was die Wasserversorgung anlangt, gibt es kein GATS-Angebot im Rahmen der
zuletzt gemachten Angebote der Europäischen Union, offiziell per Ende März in
Genf auf den Tisch gelegt, inoffiziell über NGOs schon längst im Licht der
Internet-Öffentlichkeit.
Sehr geehrte Frau
Abgeordnete Lunacek! Dass Sie die Wasserversorgung in einem Atemzug mit der
Abwasserentsorgung nennen und sagen, auch bei der Abwasserentsorgung und bei
der Müllentsorgung dürfe es nichts geben, verstehe ich nicht. Ich denke, das
ist ein Bereich, in dem in Österreich vieles auch auf Grund von
Deregulierungsmaßnahmen relativ günstig ist und gut funktioniert. Im Regelfall
sind es in Österreich inländische und keine ausländischen Unternehmen, die
hier zum Einsatz kommen, aber das wäre wohl auch nicht das Problem. (Zwischenruf
des Abg. Dipl.-Ing. Pirklhuber.)
GATS ist kein
Abkommen, das ausdrücklich auf Reziprozität abstellt. GATS ist kein Abkommen,
das Deregulierung oder gar Privatisierung fordert, sondern lediglich
Inländer-Gleichbehandlung und den Marktzugang und dessen Öffnung. Transparenz
und Nicht-Diskriminierung sind die Prinzipien von GATS.
Sehr geehrte Frau
Abgeordnete Lunacek! Es waren wohl auch deswegen vier Parteien, die vor knapp
einem Jahrzehnt GATS hier im Hohen Hause die Zustimmung gegeben haben. (Abg.
Mag. Lunacek: Welche? Nicht die
Grünen!)
Zur Transparenz
meines Hauses kann ich Ihnen versichern, dass wir das EU-Mitgliedsland sind, das die gegebenen Möglichkeiten
im Sinne der Informationsweitergabe an das Parlament, an NGOs weitestgehend
ausnützt. Dass es hier eine Abstufung zwischen einer interministeriellen
Koordination und der Information der Bürgergesellschaft gibt, ist
selbstverständlich und nicht nur auf GATS beschränkt.
Sehr geehrte Frau Abgeordnete! Es hat nicht erst, seitdem irgendjemand Druck ausgeübt hat, Informationsveranstaltungen des von Ihnen ja auch geschätzten Sektionschefs Mayer gegeben, sondern seit Oktober 2001 gab es insgesamt sechs informative Veranstaltungen, zu denen
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 147 |
Abgeordnete oder Parlamentsklubs
eingeladen wurden. (Abg. Mag. Lunacek:
Es geht um die Mitentscheidung des Parlaments!) Ich darf der grünen
Fraktion konzedieren, dass sie diejenige war, die diese Einladungen am öftesten
wahrgenommen hat.
Ich darf weiters
anführen, dass das Parlament in hohem Ausmaß informiert wurde, im wahrsten
Sinne des Wortes, weil die Stapel der übermittelten Papiere erhebliche Höhen
erreicht haben. (Abg. Öllinger: Entscheiden können wir nicht!) Ich
weiß das, aber so ist das mit viel Papier.
Es sind die
Forderungslisten der Europäischen Union an nicht weniger als
109 WTO-Mitgliedstaaten am 20. Juni 2002 dem Parlament
übermittelt worden, die endgültigen Forderungslisten dann am 20. Juli des
Jahres 2002. (Abg. Mag. Lunacek:
Herr Minister! Es geht um die Mitentscheidung!)
Sehr geehrte Frau
Abgeordnete! Es wurden die Forderungslisten der WTO-Mitgliedstaaten an die
Europäische Union dem Parlament in fünf Sendungen übermittelt. Bislang liegen
Forderungen von 26 WTO-Mitgliedsländern vor.
Was den Entwurf
des Angebotes der Europäischen Union anlangt – das war die Diskussion der
letzten Wochen –, wurde uns diese Entwurfsliste von der Europäischen
Kommission am 6. Februar dieses Jahres übermittelt. Wir haben sie bereits
am 7. Februar weitergeleitet. – Schneller geht es fürwahr nicht!
Meine sehr verehrten
Damen und Herren! Aus meiner Sicht erfolgte also die maximal mögliche
Einbindung des Parlaments und der NGOs in diesem Lande, die Ausnutzung aller
Möglichkeiten, die die Vertraulichkeitsgebote zulassen –
Vertraulichkeitsgebote, die letztlich auch dazu dienen, dass die Europäische
Union auf der Ebene der WTO geschlossen auftreten kann. Da braucht es zuerst
eine interne Koordination (Abg. Öllinger: Nicht die Vertraulichkeit!),
bevor die Europäische Union in Genf oder in Doha oder dann in Cancún nach außen
mit einer Stimme auftreten kann und damit das Maximum für sich und ihre
Mitgliedstaaten, ihre Bürger herausholen kann.
Meine sehr
geehrten Damen und Herren! Ich schließe mit der Feststellung: GATS –
nämlich GATS richtig
gemacht – ist im Interesse dieses Landes, GATS ist im Interesse seiner Bürger,
seiner Wirtschaft, seiner Arbeitsplätze. Das heißt, wir wollen jene Bereiche,
in denen es nicht notwendig ist, in denen es das nicht braucht, nicht öffnen.
Ich warne aber davor, GATS zu einem Fetisch hochzustilisieren. Ich warne davor,
dass all diejenigen, die in Wirklichkeit kontra Privatisierung, kontra Globalisierung
sind, jetzt GATS dafür heranziehen.
Meine sehr
verehrten Damen und Herren – und da blicke ich vor allem nach links! Tun
wir nicht so, als ob Bildung, als ob Gesundheit in diesem Land ausschließlich
öffentlich bereitgestellt würden. Nein! Gott sei Dank gibt es private
Bildungsinstitutionen, Gott sei Dank gibt es private Gesundheitsinstitutionen,
und das Nebeneinander von privat und öffentlich funktioniert in diesem Bereich
sehr gut, und so soll es bleiben. – Danke, Herr Präsident.
18.01
Präsident
Dr. Heinz Fischer (wieder den Vorsitz
übernehmend): Bitte, Herr Minister! – Und danke.
Nächster Redner
ist Herr Abgeordneter Dr. Mitterlehner. Redezeit: 5 Minuten. –
Bitte.
18.01
Abgeordneter
Dr. Reinhold Mitterlehner (ÖVP): Herr Präsident! Herr
Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es gibt auch in diesem Jahr ein
neues Wort, das dazu herhalten muss, um Diskussionen bis in die Klassen an den
Schulen zu tragen, und dieses Wort heißt GATS. Im Vorjahr haben wir
Basel II mit wesentlich mehr Inhalt und mit wesentlich mehr Berechtigung
diskutiert. Jetzt wird dieses Wort „GATS“ dazu verwendet, eine
Fetischdiskussion herbeizuführen, die meines Erachtens nicht berechtigt ist,
wenn man den Prozess anschaut, der eingeleitet wurde. (Abg. Dr. Lichtenberger:
Für Sie ist das ein Fetisch!)
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 148 |
Frau Lunacek! Wenn
Sie sagen, das Ganze sei hauptsächlich im Interesse der großen Konzerne, die
Gewinne maximieren wollten, dann vergessen Sie, dass das bei der
4. WTO-Konferenz – Sie haben die Ministerkonferenz in Doha ja
erwähnt – von 145 Staaten beschlossen worden ist und dass zwei
Drittel der Teilnehmer aus Entwicklungsländern kamen. Es ist selbstverständlich,
dass die Möglichkeit, zu liberalisieren, den Entwicklungsländern eigentlich
Nutzen bringen sollte, wie das auch eine Studie der Weltbank darstellt. (Abg.
Öllinger: Sollte!) Denn wenn nichts getan wird, wenn es dort keine
Chancengleichheit gibt, dann werden diese Länder niemals in Richtung jenes
Standards im Dienstleistungsbereich aufholen, den andere Länder bereits
erreicht haben. Daher war es durchaus im Interesse der Entwicklungsstaaten,
dass diese Verhandlungen aufgenommen wurden.
An sich ist das
Thema sicherlich ein sensibles Thema, und demgemäß sollte eigentlich auch vorgegangen
werden. Stattdessen können wir im Internet und sogar in diversen Schulklassen
beobachten, dass behauptet wird, dies sei der falsche Ansatz, es handle sich
dabei um eine Gefährdung der Demokratie, und die gesamte Daseinsvorsorge wäre
in Gefahr, weil Gesundheit, Pensionen, Bildung, Wasserversorgung, Post und
Strom liberalisiert oder, wie auch noch gesagt wird, privatisiert würden.
In den
GATS-Verhandlungen kommt Privatisierung jedoch gar nicht vor. Es gibt nämlich
die Möglichkeit, das eigene Angebot so zu erstellen, dass all diese sensiblen
Bereiche ausgenommen werden, und genau das ist auch geschehen. Es besteht
zudem auch überhaupt keine Verpflichtung zur Privatisierung in diesen
Bereichen. Und weil es eben nicht reziprok konzipiert ist, hat man im
nationalen Bereich alle Möglichkeiten zu Auflagen auf dem Gebiet der Tarife,
der Preise und der Versorgungsqualität einzufordern, und das ist dann auch so
abzuwickeln. Das heißt: Sie haben hier im innerstaatlichen Bereich all diese
Möglichkeiten, niemand kann Ihnen etwas dringend empfehlen oder gar
oktroyieren.
Es hätte also sehr
wohl Möglichkeiten der Einflussnahme gegeben. Daher verstehe ich auch nicht,
dass diesbezüglich sehr überzogen vorgegangen wird und dass der Eindruck
erweckt wird – Herr Präsident Verzetnitsch, auch Sie spreche ich
an! –, dass man GATS jetzt noch stoppen könnte. Die Gewerkschaft beteiligt
sich so wie viele andere an der Kampagne „Stopp GATS!“. Man sollte sich wirklich
fragen, was denn dahinter steht, wenn man das fordert.
Ein laufender
Prozess, von dem 145 Länder der Meinung waren, dass im Großen und Ganzen
etwas Positives dabei herauskommen würde, sollte doch eigentlich nicht gestört
und nicht unterbrochen werden. Außerdem würden wir uns innerhalb der EU
unsolidarisch verhalten, würden wir uns als einzelnes Land ausklinken, und das
noch dazu, ohne dass überhaupt schon Ergebnisse vorliegen. Man muss nämlich
auch sehen, dass das, was bisher war, eigentlich nur Vorverhandlungen waren.
Bis zum 31. März wird die endgültige Angebotsliste erstellt werden. Es
besteht also auch noch die Möglichkeit, dass sich das österreichische Parlament
einschaltet.
In der
Anfragebeantwortung seitens des Ministeriums ist dokumentiert, wie das gelaufen
ist, dass es verschiedenste Möglichkeiten gegeben hätte – und sie sind
teilweise auch wahrgenommen worden –, sich einzubringen. Im Endeffekt
haben die Sozialpartner wie bei anderen Artikel-133-Verfahren diese Möglichkeit
auch genutzt und entsprechende Stellungnahmen abgegeben. Es ist das etwas ganz
Normales und nichts Ungewöhnliches. Daher verstehe ich auch überhaupt nicht,
warum man jetzt, bevor der Abschluss der ganzen Angelegenheit erreicht ist, auf
einmal „Stopp GATS!“ als Parole ausgibt.
Im Übrigen ist die
Transparenz eines Prozesses nicht mit der öffentlichen Resonanz gleichzusetzen.
Meine Position ist: Dieser Prozess ist hervorragend dokumentiert, wie das auch
jetzt gerade in der Anfragebeantwortung vorgetragen wurde, und transparent und
offen abgelaufen. Er hat nicht die Öffentlichkeit gehabt, die Sie sich
gewünscht haben.
Meine Damen und Herren! Ich meine, man kann das auch jetzt noch in der Öffentlichkeit durchaus seriös diskutieren. Ich halte aber absolut nichts davon, wenn man Gespenster, Angstparolen oder Sonstiges an die Wand malt. Das haben Schulklassen, das hat die Katholische Jung-
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 149 |
schar und wer auch immer nicht verdient. (Beifall bei
der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Kogler: Sollen
jetzt alle aus der ÖVP austreten, die in der Katholischen Jungschar sind?)
18.06
Präsident
Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr
Abgeordneter Mag. Moser. – Bitte.
18.06
Abgeordneter
Mag. Hans Moser (SPÖ): Herr Präsident! Herr
Minister! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte ganz kurz auf
die Ausführungen meines Vorredners eingehen. Es war kein Zufall, dass in den
letzten beiden Jahren zwei Themen die Diskussion bestimmt haben: Basel II
und GATS. Es gibt hiebei nämlich auch ein fundamentales Demokratieproblem: Auf
der einen Seite gibt es Weltregeln, an deren Zustandekommen sich viele Länder
beteiligen, und auf der anderen Seite gibt es die ganz konkrete regionale und
nationale Betroffenheit. Das umschreibt ein Spannungsfeld, dass zu
Unsicherheiten führt.
Nun aber generell
zum GATS: Warum ist GATS für uns so wichtig? Die Zahlen wurden bereits genannt:
Gerade in Österreich ist der Anteil des Dienstleistungsbereichs am BIP sehr
hoch, wozu der Fremdenverkehr wesentlich beiträgt. Zudem wächst dieser Bereich
und ist damit auch für die Zukunft des Landes ein Faktor von zunehmender
Bedeutung.
Die Zeitachse
wurde zuvor bereits angesprochen: Die EU muss die Angebotsliste bis
31. März dieses Jahres fertig stellen. Es gibt jetzt also noch die Chance,
Punkte hineinzubringen, und diese sollten wir auch nützen. Dies ist besonders
wichtig, weil es äußerst schwierig sein wird, die Liberalisierung einmal
liberalisierter Bereiche wieder zurückzunehmen. Gerade weil dieser Prozess so
komplex ist, weil eine so große Betroffenheit vieler Sektoren gegeben ist, weil
die Ergebnisse der Verhandlungen ungewiss sind und weil die Auswirkungen der
Verhandlungsergebnisse auf unser Land nicht bekannt sind, kann die
Transparenz nicht groß genug sein. Transparenz kann auch Ängste nehmen, denn
wenn die Leute gut informiert werden, wenn sie bereits im Vorfeld gut
eingebunden werden, dann können viele Ängste ausgeräumt werden, und dadurch
kann man den Prozess auch besser durchbringen. Diese Transparenz war zumindest
nicht überall so gegeben, wie es hier geschildert wurde. Es gibt in dieser
Hinsicht Nachholbedarf, und dies obwohl – das muss ich zugeben – die
ministeriellen Auskünfte sehr gut sind: Man ist sehr kulant und man bekommt
sehr gute Informationen zugeschickt.
Es ist aber auch
deshalb so wichtig, im Parlament, in diesem Haus diese Frage intensiv zu diskutieren,
weil dann der Verhandlungsführende der österreichischen Bundesregierung
gestärkt in die Verhandlung gehen kann, da er den Großteil der Leute hinter
sich weiß. Aus der jetzt vorliegenden Liste ist zu entnehmen, dass die
Bereiche Gesundheit, Soziales, Wasserversorgung, Bildungsdienstleistung,
audiovisuelle Dienstleistung und der „mode 4“-Bereich zum Teil herausgenommen
worden sind. Wir wissen aber auch, dass es viele EU-Länder wie zum Beispiel
Frankreich gibt, das massiv darauf drängt, dass die Wasserversorgung wieder in
die Liste kommt. Ähnliches gilt für den Bereich Bildung, den England und
Holland wieder in die Liste hineinzureklamieren versuchen.
Daher ist es sehr
wichtig, unseren Verhandlungsführenden aufzufordern, genau in diesen Punkten
sehr hart zu bleiben. Das Gleiche gilt für den Bereich Daseinsvorsorge. Auch
hier, wo wir einen horizontalen Vorbehalt an public utilities formuliert haben,
gilt es, dafür zu sorgen, dass dieser Vorbehalt aufrecht bleibt, denn nur so
wird dieser große Bereich, der viele Tausende Beschäftigte umfasst,
entsprechend berücksichtigt. Es stellt sich hier gar nicht die Frage, ob das
privat oder nicht privat sein soll.
Ganz wichtig ist
auch noch der „mode 4“-Bereich: Man muss sehr aufpassen beim grenzüberschreitenden
Personenverkehr. (Bundesminister Dr. Bartenstein: Aufpassen auf
die Interessen der Entwicklungsländer! Das wollen sie nämlich!) Hier
droht die Gefahr, dass durch Gründung von Scheinfirmen sozialrechtliche,
arbeitsrechtliche und andere Verpflichtungen, die in Österreich gelten,
unterlaufen werden.
Von unserer Regierung und insbesondere vom Herrn Minister möchte ich in diesem Zusammenhang wissenschaftliche Grundlagen einfordern. Ich kenne keine Studien über Auswirkun-
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 150 |
gen
der bisherigen Liberalisierungsschritte. Ich meine, dass das für die
Wissensvermittlung, aber auch für die Aufklärung wesentlich wäre, sodass wir
weniger Angst haben müssen. Wenn wir auch Studien über Zukunftsszenarien vergeben
würden, dann könnten wir wesentlich aggressiver und offensiver an die
Problemlösung herangehen. Ich fordere Sie daher auf, solche Studien zu
initiieren und dann auch für Transparenz zu sorgen, damit Angst erst gar nicht
entsteht und nicht so viel Nacharbeit zur Klärung von Fragen notwendig
wird. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)
18.12
Präsident Dr. Heinz Fischer:
Als Nächster
gelangt Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Hofmann zu Wort. Redezeit:
5 Minuten. – Bitte.
18.12
Abgeordneter Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen
und Herren des Hohen Hauses! Ich stelle fest, dass diese Anfragebesprechung
nicht wirklich die mittlerweile ja beantworteten Fragen betroffen hat. Es ist
also nicht so, dass die Fragen, die an den Herrn Bundesminister gerichtet
worden waren, unzureichend beantwortet worden wären, zumindest schließe ich
das aus den Ausführungen der Kollegin Lunacek so, die halt ihre Bedenken
angemeldet und ihre Sichtweise dargelegt hat. Ich stelle weiters fest, dass die
Informationen, die es zu GATS gab, meiner Meinung nach im Rahmen der
Möglichkeiten Transparenz durchaus hergestellt haben. Ich stelle auch fest,
dass es Informationen seitens des Ministeriums an die Parlamentsklubs gegeben
hat und dass das Ministerium auch auf kritische Fragen, die gestellt wurden,
keine Antwort schuldig geblieben ist. Zugegebenermaßen gibt es aber Ängste in
den verschiedensten Bereichen.
Festzuhalten
bleibt, dass es seitens der Republik Österreich im Rahmen des Informationsverfahrens
der Europäischen Union keine Forderungen gegeben hat. Ich bin sehr froh
darüber, dass es gerade in sensiblen Bereichen wie der Wasserversorgung im
Hinblick auf den Zugang zu den Ressourcen, die Frage der Privatisierung der Wasserversorgung
und auch, was den grenzüberschreitenden Transport von Wasser anbelangt, die
ganz klare Ansage gibt, dass das explizit ausgenommen bleibt. Zwar lässt sich
der Vergleich mit der Liberalisierung im Bereich Strom beziehungsweise
Elektrizitätswirtschaft durchaus anstellen, aber die Dienstleistung als solche
ist eben nicht vergleichbar, weil es bei elektrischen Leitungen keine
Kontaminationen oder Ausbreitung von Verunreinigungen geben kann und
Unzulänglichkeiten in der Versorgung technisch beherrschbar sind. Das ist bei
der Wasserversorgung sicherlich anders.
Wesentlich
erscheint mir die Angebotsliste. Und hier gibt es von Seiten Österreichs –
so mein Informationsstand – keine Angebote, wohl aber eine
Liste von Angeboten, die uns mittlerweile übermittelt wurde. Es stellt sich die
Frage, ob hievon sensible Bereiche wie Wasser, Gesundheit, Bildung oder
öffentlicher Nahverkehr betroffen sind. Meines Wissens ist das nicht der Fall.
In diesem Zusammenhang erlaube ich mir, die Frage an den Herrn Bundesminister
zu stellen, ob bis zu den Verhandlungen oder im Zuge des weiteren Verfahrens
diese Angebotsliste noch eine Erweiterung erfahren kann, ob das praktisch oder
zumindest theoretisch möglich wäre.
Ich darf mich an
dieser Stelle ausdrücklich für die – ich bezeichne es einmal so –
freiwilligen Informationen, die seitens des Wirtschaftsministeriums durch Herrn
Sektionschef Mayer gegeben wurden, bedanken. Als Teilnehmer derartiger
Informationsveranstaltungen weiß ich, dass sich Sektionschef Mayer nicht davor
gedrückt hat, Informationen weiterzugeben, und ich kann mich auch nicht daran
erinnern, dass er in irgendeiner Form Informationen an die Parlamentsklubs
schuldig geblieben wäre. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)
18.16
Präsident Dr. Heinz Fischer:
Als nächste und
letzte Rednerin dazu gelangt Frau Abgeordnete Sburny zu Wort. – Bitte.
18.16
Abgeordnete Michaela Sburny (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Die Antwort von Herrn Minister Bartenstein auf die Anfrage der Grünen betreffend die
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 151 |
öffentliche Information
zu den GATS-Verhandlungen ist aus meiner Sicht symptomatisch für den Umgang mit
Informationen zu diesem Thema insgesamt.
Herr
Bundesminister! Sie haben uns mitgeteilt, wann Sie welche Informationen an das
Parlament weitergeleitet haben und wo wir uns im Internet informieren können.
Wir haben das gefunden, wir haben das auch getan. Faktum ist aber, dass es
sich bei all diesen Informationen selbstverständlich nur um diejenigen
handelt, die uns von der EU-Kommission sozusagen zugestanden werden. Das
heißt, es handelt sich nur um einen Teil der Informationen.
Ich möchte an drei
Beispielen aufzeigen, was an dieser Geheimhaltungspolitik problematisch ist: So
sind uns zwar die Forderungen der WTO-Mitgliedstaaten an die EU mittlerweile
bekannt, allerdings mit zwei bedeutsamen Ausnahmen, nämlich USA und Australien.
Die Forderungen dieser beiden Staaten sind so geheim, dass sie nicht einmal die
ParlamentarierInnen sehen dürfen. Das heißt, niemand von uns weiß, welche
Forderungen diese zwei Länder an die EU gestellt haben.
Zweitens: Die
Informationen, die wir erhalten, so auch die letzte vom 7. Februar, also
die vorläufige Angebotsliste, sind streng geheim, sind vertraulich. Das
bedeutet aber auch, dass wir sie eigentlich nicht weitergeben dürfen. Wie soll
dann aber die Öffentlichkeit über diese Vorgänge informiert werden, wenn wir im
Parlament nur vertrauliche Unterlagen bekommen?
Drittens: So
richtig vertrauensbildend ist auch diese Angelegenheit rund um die
EU-Kommission und den Wasserliberalisierungsforderungen an die
Entwicklungsländer nicht. Es war nämlich so, dass die EU-Kommission noch im
Herbst behauptet hat, dass sie keine Liberalisierungsforderungen
an Entwicklungsländer stellen wird. Mittlerweile ist durch eine Indiskretion
bekannt geworden, dass es doch Liberalisierungsforderungen gibt. Das heißt, die
Frage nach den Gründen für diese Geheimhaltungspolitik ist berechtigt. Was
soll damit verhindert werden? Welche Diskussion soll damit verhindert werden?
Unserer Meinung nach hat die Bevölkerung ein Recht, darüber informiert zu
werden und auch darüber zu diskutieren, welche Liberalisierungsschritte von
Österreich und der EU getan werden sollen.
Warum sich das
Ministerium für Wirtschaft und Arbeit in Österreich nicht besonders dafür
einsetzt, dass auch innerhalb der EU diese Geheimhaltung aufgehoben wird, haben
wir heute vom Herrn Bundesminister teilweise schon gehört. Er ist nämlich der
Meinung, dass diese GATS-Liberalisierungsschritte für Österreich absolut
positiv wären. Er hat in einer Anfragebeantwortung bereits einmal
festgestellt, dass es sich beim GATS prinzipiell um ein „ausgewogenes
Abkommen“ handelt, „das den unterschiedlichen sozialen, rechtlichen und
wirtschaftlichen Gegebenheiten in den einzelnen Staaten Rechnung trägt“.
Ebenso hat der Herr Bundesminister in dieser Anfragebeantwortung festgestellt,
dass ja niemand die Mitgliedstaaten zur Liberalisierung zwingen
könne. Das ist ein rein formeller beziehungsweise formalrechtlicher Standpunkt,
der sozusagen die momentanen rechtlichen Gegebenheiten widerspiegelt. Faktum
ist aber auch, dass dieser Standpunkt jegliche Interessenungleichheit, jegliche
Dynamik in den Verhandlungen völlig ignoriert.
Wir wissen nach
wie vor nicht, was in Cancún im Herbst verhandelt werden wird. Wir haben jetzt
zumindest einen Teil der Angebote. Wir wissen aber zum Beispiel noch überhaupt
nicht, wie das in anderen Ländern ausschaut, was dort gewünscht wird oder
nicht.
Wenn das
österreichische Parlament gewisse Bereiche selbst ratifizieren muss, was zum
Teil notwendig sein wird, etwa im Bereich der Gesundheit und der Bildung, dann
sollte die öffentliche Diskussion darüber meiner Meinung nach vorher
stattfinden. (Beifall bei den Grünen.)
Das heißt, bei einer
derartigen Anfragebeantwortung sind nicht Teilantworten und Hinweise darauf, wo
man sich allenfalls auch noch informieren könnte, von Interesse, sondern vollständige
Informationen, welche in der Öffentlichkeit auch diskutiert werden können, um
zu einer demokratischen Entscheidung zu kommen. Das beinhaltet unter Umständen
auch, dass man sich auf EU-Ebene dafür einsetzt, dass diese
Geheimhaltungspolitik endlich beendet wird.
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 152 |
In diesem Sinn
sind die Antworten des Herrn Bundesministers aus unserer Sicht unzureichend,
und ich beantrage die Nichtzurkenntnisnahme der
Anfragebeantwortung. (Beifall bei den Grünen.)
18.22
Präsident
Dr. Heinz Fischer: Zu Wort ist dazu niemand mehr
gemeldet.
Es wurde der
Antrag gestellt, die Anfragebeantwortung nicht zur Kenntnis zu nehmen.
Ich bitte jene
Damen und Herren, die diesem Antrag zustimmen, um ein Zeichen. – Das ist
die Minderheit.
Der Antrag ist abgelehnt.
6. Punkt
Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Fremdengesetz 1997 geändert wird (20/A)
Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir setzen nun in der Tagesordnung fort und
gelangen zum 6. Punkt.
Wir gehen in die
Debatte ein.
Das Wort erhält
zunächst die Antragstellerin, Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. Ich erteile
ihr das Wort. – Bitte.
18.23
Abgeordnete
Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Herr Präsident! – Es
ist kein Minister zu begrüßen. – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich
habe namens der grünen Fraktion in der ersten Sitzung des Nationalrates im
Dezember einen Initiativantrag eingebracht, der, in einem Satz zusammengefasst,
zum Inhalt hat, dass die so genannte Integrationsvereinbarung, welche die
blau-schwarze Bundesregierung letztes Jahr beschlossen hat und die mit 1. Jänner
dieses Jahres in Kraft getreten ist, hinsichtlich ihrer besonders negativen
Auswirkungen wieder zurückgenommen wird.
Diese so genannte
Integrationsvereinbarung weist mehrere Merkmale eines unsinnigen, weil zutiefst
falschen Weges integrationspolitischer Maßnahmen in Österreich auf. Ein
Beispiel dafür ist die Frage der Zwangsverpflichtung zum Erlernen der deutschen
Sprache und von Staatsbürgerkunde. Daran knüpfen Sanktionen an, die in ihrer
Drastik nicht mehr zu überbieten sind, wie etwa die Ausweisung von
ImmigrantInnen aus dem Land. – Diese drastischsten Teile der Änderung des
Fremdengesetzes des letzten Jahres wollen wir korrigiert wissen.
Meine Damen und
Herren! In dem Antrag ist nicht nur die Streichung von bestimmten Paragraphen
vorgesehen, sondern er beinhaltet in erster Linie eine echte Richtungsänderung
im Zusammenhang mit Integrationspolitik in Österreich. Wir halten in diesem
Antrag dezidiert fest:
„Ausländische
Staatsangehörige, die sich auf Dauer in Österreich niederlassen, werden von
Bund und Ländern durch das Angebot von freiwilligen Deutschsprachkursen bei
ihrer sprachlichen und gesellschaftlichen Integration unterstützt.“
Unser
Grundverständnis von integrationspolitischen Maßnahmen ist, dass Bund und
Länder Angebote in ausreichendem Maß und zu Konditionen zur Verfügung stellen,
die es Zuwanderinnen und Zuwanderern ermöglichen, sie auch wirklich in
Anspruch zu nehmen – also kostengünstige Angebote.
Deshalb beinhaltet
dieser Antrag Maßnahmen in die
Richtung – ich fasse das kurz zusammen –, dass es Anreiz statt
Sanktion geben soll, wenn es um Angebote zur Integration geht.
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 153 |
Bei dem so
genannten Integrationsvertrag beziehungsweise der Integrationsvereinbarung,
welche jetzt schon seit fast zwei Monaten gilt, handelt es sich um ein Diktat
zur vermeintlichen gesellschaftlichen Integration, dem Neuzuwanderer ausgesetzt
sind. Für uns geht jedoch gesellschaftliche Integration weit über Spracherwerb
hinaus. Wenn eine Zuwanderergesellschaft – und wir sind eine solche –
tatsächlich Interesse daran hat, dass sich die Zuwanderinnen und Zuwanderer in
unserem Land integrieren, dann bedeutet Integration eine Integration in den
Arbeitsmarkt, rechtliche und soziale Gleichstellung von Zuwanderinnen und
Zuwanderern sowie gesellschaftliche Partizipation und vor allem politische
Mitbestimmungsrechte. All das muss natürlich gesetzliche Grundlagen haben,
damit es dann auch in die Realität umgesetzt werden kann.
Bedauerlicherweise
und völlig kontraproduktiv für das Ansinnen der Integration von Zuwanderinnen
und Zuwanderern wurde in Österreich der Weg des Zwangs, des Diktats, der Desintegration
gewählt. Ich hoffe, dass es im Innenausschuss des Nationalrates schon sehr bald
Gelegenheit geben wird, über diesen Initiativantrag zu diskutieren, vor allem
auch über die ersten Erfahrungen, die es mit den vorgesehenen Maßnahmen schon
gibt. Unser Antrag baut auf die Freiwilligkeit bei der sprachlichen und
gesellschaftlichen Integration bei ausreichenden und günstigen Angeboten für
Deutschkurse auf. Es ist uns dabei wichtig, festzustellen, dass es uns darum
geht, dass diese Sanktionen gegen künftige Zuwanderinnen und Zuwanderer, vor
allem aber gegen jene, die schon hier sind – denn diese Sanktionen und
Drohungen wenden sich in erster Linie gegen Zuwanderinnen und Zuwanderer, die
bereits im Land sind und ihren Lebensmittelpunkt bereits nach Österreich
verlegt haben, weshalb die drohenden Auswirkungen dieses Gesetzes auch so
sehr und so drastisch in das Leben jedes Einzelnen, in das Familienleben und
das gesellschaftliche Leben eingreifen –, schlicht und einfach aus dem
österreichischen Fremdengesetz eliminiert werden müssen!
Mit der
Einbringung dieses Initiativantrages haben die Grünen bereits in der ersten
Sitzung des Nationalrates einen ersten Schritt in diese Richtung gesetzt, und
ich hoffe, dass dieser Antrag nach der Diskussion im Innenausschuss auch Ihre
Zustimmung finden wird! Ich hoffe das nicht nur, sondern ich bin überzeugt
davon, denn das ist eine Frage von Vernunft, von logischem Denken und von gutem
Willen im Sinne einer gesellschaftlichen Situation in Österreich, in welcher
integrierend mit Zuwanderern umgegangen wird und diese nicht ausgegrenzt
werden, so wie das die Politik der schwarz-blauen Regierung in der
Vergangenheit war und – und da droht ja Böses! – auch zu werden
scheint. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der
SPÖ.)
18.29
Präsident
Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr
Abgeordneter Miedl. Die Uhr ist auf 6 Minuten gestellt. – Bitte.
18.29
Abgeordneter
Werner Miedl (ÖVP): Herr Präsident! Meine sehr
geehrten Damen und Herren des Hohen Hauses! Liebe Kollegin Stoisits, ich freue
mich auf die Diskussion mit Ihnen im Innenausschuss, weil ich in Wirklichkeit
Ihre Argumentation und vor allem die Argumentation der Grünen nicht verstehe.
Frau Kollegin
Stoisits, seit mindestens 20 Jahren reden und diskutieren wir über die
Integration von niederlassungswilligen Fremden in Österreich. Bisher wurde
allerdings nur diskutiert, es wurde aber nichts unternommen.
Die Regierung
„Schüssel I“ war die erste, die gesagt hat: Wir wollen die Integration
nicht nur theoretisch diskutieren, sondern wir wollen in der Praxis ansetzen,
wir wollen etwas tun! Und ich glaube, wir sind uns einig darüber, dass die
Sprache eine der wichtigsten Voraussetzungen für die spätere Integration
ist! – Frau Kollegin Stoisits hört mir heute nicht zu. Es gelingt mir
nicht, sie dazu herauszufordern, mir zuzuhören. – Frau Kollegin Stoisits!
Warum leihen Sie mir nicht Ihr Ohr?
Ohne die Sprache wird Integration nicht funktionieren. Wir haben nun per Gesetz beschlossen, dass der Bund ein Angebot an ausländische Bürger, die sich in Österreich niederlassen wollen,
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 154 |
richtet, was bedeutet, dass eine entsprechende
Infrastruktur zur Verfügung gestellt und ein gut Teil dieses Sprachkurses
bezahlt wird. Ich denke, dass wir uns da mit den Grünen und der SPÖ durchaus
treffen können. Es wird niemanden hier im Hause geben, der da wirklich dagegen
sein kann!
Die Republik
Österreich zahlt 50 Prozent der Kurse und richtet eine Infrastruktur ein,
und wir können uns als Gegenleistung von den Bürgern, für die das eingerichtet
wird, wohl erwarten, dass sie diese Einrichtung und dieses Angebot auch
annehmen. Dann ist es wohl auch nicht zu viel verlangt, wenn man sagt, dass
jemand, der sich nicht daran hält, die vereinbarten Spielregeln verletzt, was
in einer bestimmten Form Konsequenzen nach sich zieht.
Frau Kollegin
Stoisits, ich kann Ihnen nicht helfen: Das, was Sie vorhin diskutiert haben,
mag vielleicht einen Teil des grünen Klubs interessieren, es interessiert aber
schon längst keinen niederlassungswilligen Ausländer mehr, der bei uns lebt.
Letztere sagen vielmehr: Gott sei Dank gibt es ein Angebot! Gott sei Dank
können wir einen Deutschkurs absolvieren! (Zwischenruf der Abg. Mag. Stoisits.)
Frau Kollegin
Stoisits! Ich nenne Ihnen das Beispiel einer 40-jährigen türkischen Ehefrau,
die seit mehr als vier Jahren in Graz lebt und bisher kaum die Wohnung
verlassen konnte beziehungsweise durfte. – Wir wissen, wie sich das mit
dieser Kultur und dem Umgang der türkischen Männer mit Frauen verhält! –
Die besagte Frau lebt seit vier Jahren in Österreich und spricht bisher keine
einzige Silbe Deutsch. Diese Frau muss möglicherweise zum Arzt, vielleicht
sogar zum Frauenarzt gehen und muss sich dann von ihrem achtjährigen Sohn
übersetzen lassen, was ihr der Arzt mitteilt! Sie können sich vermutlich
vorstellen, was das für diese Frau bedeutet! (Zwischenruf des Abg. Reheis.)
Setzen wir nun den Fall, dass diese 40-jährige türkische Frau morgen von
ihrem Mann verlassen wird. Was wird diese Frau Ihrer Meinung nach
erleben? – Sie kennt sich weder aus, noch ist sie der deutschen Sprache
mächtig. (Zwischenruf der Abg. Silhavy.) – Frau Kollegin! Ich würde mit Ihnen darüber gerne
intensiver diskutieren, denn das lässt sich nicht mit oberflächlichen
Wortmeldungen und Zwischenrufen behandeln! (Abg. Silhavy: Eben!) Frau Kollegin! Ich möchte,
dass Integration gelebt und nicht nur gefordert wird! Und die ÖVP mit der Regierung
„Schüssel I“ war die Erste, die wirklich zur Tat geschritten ist! (Beifall
bei der ÖVP. – Zwischenruf bei den Grünen.)
Währenddessen haben die SPÖ und ihre Innenminister nur von Integration geredet,
aber nichts dafür getan! Kollegin Stoisits! Wir reden von dieser 40-jährigen
türkischen Frau. (Zwischenruf des Abg. Brosz.) Ich rede auch gerne davon! Ich möchte diese 40-jährige Frau
gerne fragen, ob sie das Angebot annimmt oder nicht. (Abg. Mag. Kogler:
Das Angebot ist eh super!)
Was wird sie mir Ihrer Meinung nach antworten?
Welche theoretische Diskussion führt das Parlament hier im Hause ab, und
wen vertreten in diesem Zusammenhang die Grünen? – Ich glaube, dass die
Partei der Grünen durchaus ihre Verdienste im Ringen um Integration hat! Ich
glaube, dass euch da viel gelungen ist, und ich glaube, dass in diesem
Zusammenhang auch fordernde Anträge immer wieder ihren Sinn haben. Ich meine
aber, dass es nicht gut und gescheit ist, dass man Dinge, die längst akzeptiert
sind, immer wieder hinterfragt, weil man damit in Wirklichkeit nicht nur nichts
erreicht, sondern gute Dinge schlecht macht.
Davor warne ich, und es tut mir wirklich Leid, dass die grüne Fraktion
den wirklich positiven Ansatz der Integration von ausländischen Mitbürgerinnen
und Mitbürgern dermaßen missinterpretiert und schlecht macht. Ich bin stolz
und froh, dass uns in diesem Bereich so viel gelungen ist! (Beifall bei der
ÖVP.)
18.34
Präsident Dr. Heinz Fischer:
Nächster Redner ist
Herr Abgeordneter Parnigoni. – Bitte.
18.34
Abgeordneter Rudolf Parnigoni (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir diskutieren einen Antrag der Grünen, der auf eine Änderung des Fremdengesetzes abzielt, wo-
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 155 |
bei es darum geht, dass man die Zwangsbestimmung
betreffend die Einführung von Deutschkursen in die Richtung abändert, dass
diese Kurse auf freiwilliger Basis angeboten werden.
Das gibt mir Gelegenheit, grundsätzlich einige Sätze dazu zu sagen.
Meine Damen und Herren! Wir bekennen uns zur Integrationspolitik, diese ist
notwendig, und wir brauchen sie. Und es ist auch richtig, dass Menschen, die in
unser Land kommen, die Möglichkeit haben müssen, unsere Sprache zu erlernen.
Wir meinen aber, dass dies in Form einer Zwangsmaßnahme eher kontraproduktiv
ist.
Es wäre wesentlich gescheiter – und wir werden im Innenausschuss
sicherlich die Möglichkeit haben, über diese Frage zu diskutieren –,
diesbezüglich Anreize zu schaffen und diese Integrationsvereinbarung zu einer
echten Vereinbarung zu machen. Derzeit ist sie nämlich ein Diktat: Es wird vom
Ausländer verlangt, dass er Deutsch zu lernen hat, und angedroht, dass er, wenn
er es nicht tut, bestraft oder abgeschoben wird. Andererseits hat er in
Wirklichkeit keine Rechte, Herr Abgeordneter beziehungsweise Herr
Bundesminister Strasser! (Abg. Dr. Strasser: Das
ist die Unwahrheit!)
Ich meine, dass man in Wirklichkeit zweifellos bei vielen Menschen, die
in unser Land kommen, mit Motivation sehr viel erreichen könnte, denn viele
wollen die Sprache erlernen. Motivierend könnte zum Beispiel eine Belohnung
dafür, dass jemand rasch einen solchen Deutschkurs absolviert, in der Form
sein, dass derjenige dann eben früher als innerhalb von fünf Jahren seine
Niederlassungsbewilligung bekommt. Statt Zwang sollte es einen entsprechenden
Anreiz geben!
Kollege Miedl! Als Zweites wollte ich sagen, dass das Angebot in weiten Bereichen
fehlt. Eine besondere Ausnahme ist die Stadt Wien, wo der Integrationsfonds
schon im Jahr 2001, also vor dieser gesetzlichen Maßnahme,
sehr gute Arbeit geleistet und mehr als 2 500 Menschen in über
170 Kursen eine entsprechende Möglichkeit geboten hat.
Herr Bundesminister! Wir müssen auch darangehen, das Problem zu lösen,
dass es derzeit eine Reihe von Anbietern gibt, die nicht die notwendige
Qualität bieten, nämlich das verlangte A-Niveau. Die Folge davon ist, dass es
Ausländer gibt, die einen Deutschkurs absolvieren, der nicht anerkannt wird.
(Abg. Dr. Strasser: Es gibt 500 Anbieter!) Das ist noch nicht deutlich
genug geworden, wir werden jedoch im Ausschuss noch Gelegenheit haben, darüber
zu reden.
Kollege Miedl! Ein Problem sollten wir auch sehen, nämlich die Frage:
Was werden wir mit jenen Frauen tun, die als Analphabetinnen nach Österreich
kommen, ihre eigene Muttersprache de facto zwar sprechen, aber nicht schreiben
können und nicht in der Lage sind ... (Abg. Dr. Strasser: Sie
sind von den Bestimmungen ausgenommen!)
– Es wird aber immer
eine Frage bleiben, wie man das nachweist!
Herr Bundesminister! Ich meine, das sollte man sich sehr genau
anschauen! (Abg. Dr. Strasser: Als Redner sollte man auch ein
bisserl etwas wissen!) – Eine sehr lustige Bemerkung, Herr
Bundesminister! Wir werden im Ausschuss ja sehen, was Sie dazu zu sagen haben
und in welcher Art und Weise Sie bereit sind, auf diese Probleme einzugehen.
Wir bekennen uns zur
Integrationspolitik. Uns geht es auch um die Menschen, die in unser Land
kommen. Ich habe nur die Sorge, dass die Politik, die Sie bis jetzt betrieben
haben, nämlich dass man versucht, die Menschen in ein Korsett zu zwingen, und
zwar nach der berühmten Methode von Schwarz-Blau in das Korsett von Law and
Order, ganz einfach nicht die Möglichkeiten bietet, welche die Menschen
brauchen, um sich in unserem Land wohl zu fühlen und Bürger dieses Landes zu
werden. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 156 |
18.39
Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr
Abgeordneter Walch. Die Uhr ist auf 5 Minuten gestellt. – Bitte.
18.39
Abgeordneter Maximilian Walch (Freiheitliche): Werter Herr
Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Kollegin Stoisits,
hinsichtlich der Änderung des Fremdengesetzes wundere ich mich schon ein
bisschen! Ich bin Betriebsrat in einer Baufirma, bei der zirka
50 Gastarbeiter beschäftigt sind, und ich kann Ihnen sagen: Ich habe von
keinem Einzigen Kritik gehört! Es ist sogar das Gegenteil der Fall! Ich möchte
nur wissen, wo beziehungsweise von wem auf eurer Seite Kritik geübt wird! Bei
uns sagt nämlich jeder, dass er froh darüber ist, entsprechende Möglichkeiten
geboten zu bekommen und dafür auch finanzielle Unterstützung zu erhalten und
dass in Zukunft jene, die in Österreich eine Beschäftigung haben wollen, auch
die Chance haben, eine solche zu bekommen.
Kein einziger Gastarbeiter, der nach Österreich kommt und der deutschen Sprache nicht mächtig ist, wird eine Beschäftigung bekommen. Wenn ein Arbeitgeber ihn doch aufnimmt, dann wird er eine mindere Beschäftigung bekommen, weil er sich nicht ausdrücken kann. Das Angebot von Sprachkursen ist sowohl für den Gastarbeiter als auch für den Betriebsinhaber eine gute Sache. Der Gastarbeiter befindet sich dann in einer positiven Situation.
Ich glaube, dass
die derzeitige Situation ein bisschen von Polemik geprägt ist, und ich freue
mich auch schon auf die Diskussion im Ausschuss, denn ich kann nur sagen: Wenn
Gastarbeiter nach Österreich kommen, kommen sie nicht für drei Wochen auf
Urlaub nach Österreich – da brauchen sie dieser Sprache nicht mächtig zu
sein –; wenn sie aber in Österreich arbeiten wollen, dann müssen sie auch
unsere Sprache verstehen – zum Vorteil von beiden Seiten. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)
18.41
Präsident
Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter
Ing. Schultes. – Bitte.
18.41
Abgeordneter
Ing. Hermann Schultes (ÖVP): Sehr geehrter Herr
Präsident! Hohes Haus! Die geltende Rechtslage in Österreich ist: Wer eine
Niederlassungsbewilligung bekommt, verpflichtet sich in einer
Integrationsvereinbarung, Deutsch zu lernen. – Wir erwarten das auch von
Menschen, die in den letzten fünf Jahren zugewandert sind. So ist es.
Wir zahlen zu den
Kurskosten dazu. Wer einen Kurs braucht, bekommt einen Zuschuss von 182 €.
Das ist so viel, dass das Rote Kreuz, dem dafür sehr gedankt werden muss, sogar
bereit ist, für Kursteilnehmer, die den Rest der Kurskosten nicht aufbringen
können, mit diesen 182 € das Auslangen zu finden.
Wer keinen Kurs
braucht und nur eine Prüfung, um feststellen zu lassen, dass er die
A1-Qualifikation erfüllt, bekommt einen Zuschuss von 22 €. Das ist also
eine gute Sache.
Es ist ganz
einfach: Wer nach Österreich kommt und hier bleiben will, der braucht die
Sprache; wer nicht bleiben will, der braucht vielleicht nicht die Sprache, der
braucht vielleicht keine Kenntnisse, aber er braucht ganz sicher auch keine
Niederlassungsbewilligung. Wozu dann das Theater? – Das ist so logisch,
das ist so richtig und so einfach! Jeder versteht es, und ich verstehe nicht,
warum gerade hier ein großes Problem auftauchen soll.
Heute ist der
Zuzug aus Drittländern streng begrenzt. Wer hier lebt, soll auch arbeiten
können. Die erste Qualifikationshürde ist – der Vorredner hat es
gesagt – die Sprache. Es ist überhaupt keine Frage: Man muss sich
ausdrücken können, um eine Arbeit ordentlich ausführen zu können.
Bisher zeigte sich, dass viele Probleme entstanden sind, weil die Kenntnis der Sprache fehlt. In der Nähe meines Wohnortes gibt es in einem Ort einen Kindergarten mit vier Kindergartengruppen auf drei Betriebsstätten. In einem Teil gibt es einen hohen Anteil türkischstämmiger Kinder, es gibt auch einige Bosnier und Slowaken. Leider sind viele der Mütter nicht sprachkundig – bei uns in Niederösterreich ist der Kindergarten ja kostenfrei, daher sind auch viele türkische Kinder im Kindergarten, weil sich das auch Leute leisten können, die eben ein schmales Einkommen haben –, und wenn man mit der Kindergartentante spricht, dann erfährt
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 157 |
man, dass sich für sie oft die Frage stellt:
Was mache ich, wenn das Kind krank ist, wenn das Kind erbricht, wenn das Kind
Symptome zeigt, angesichts derer dringend die Eltern gefragt werden müssen, was
da los ist? – Sie ruft zu Hause an und kann sich nicht verständigen. Was
macht die Mutter, wenn sie dem Kind Mitteilungen mitzugeben hat oder wenn dem
Kind schriftliche Mitteilungen an die Eltern mitgegeben werden müssen? –
Es geht nicht.
Das Problem fängt
schon bei der Anmeldung zum Kindergartenbesuch an. Bei uns hat man jetzt schon
vorgefertigte Formulare in türkischer Sprache, damit man überhaupt in Kommunikation
treten kann. Um das Problem zu lösen, hat man eine Türkisch sprechende
Hilfskraft eingestellt, mit dem Ergebnis, dass die Kinder jetzt nicht mehr
Deutsch lernen und das Problem im Kindergarten nur noch größer wird. Viele
Eltern sagen: Wenn ich es mir aussuchen kann, schicke ich meine Kinder in einen
Kindergarten, wo auch der Förderunterricht in deutscher Sprache möglich ist.
Wenn wir in der
Integration die Zeit versäumen und das dringend Notwendige – wenn es sein
muss, auch mit etwas Nachdruck – nicht erreichen, dann gibt es Probleme,
die sich zu großen Problemen auswachsen.
Wir wissen, dass
viele Frauen aus Anatolien nicht Deutsch lernen dürfen. Wir sehen
das, weil auch nach langem Aufenthalt so manche Frau nur sehr, sehr wenig
Deutsch spricht. Wenn man nachfragt, dann weiß man sehr rasch, dass die Männer
es einfach nicht wollen, dass ihre Frauen Deutsch lernen, dass sie eine gewisse
Selbständigkeit entwickeln, vielleicht sogar noch selbst einkaufen können,
vielleicht sogar in einen normalen Supermarkt gehen oder Angebote sehen, die
sie nicht sehen sollen.
Es ist höchste
Zeit, dem gegenzusteuern, und es ist absolut richtig, den Frauen die Chance zu
geben – die Chance zu geben! –, einen Kurs zu besuchen, den
sie – unter Anführungszeichen – „besuchen müssen“, weil sonst
allfällige Konsequenzen drohen.
Nicht reden zu
können, das ist eine soziale Schwäche, die behoben werden kann. Die
Verpflichtung zum Sprachkurs öffnet vielen Menschen, die schon hier sind, unser
Land. Der Sprachkurs gibt die Möglichkeit, wirklich teilzunehmen an dem, was
bei uns geschieht. Die Verpflichtung hilft über die erste Hürde hinweg. Schon
Seneca hat gesagt: Wer will, der kann, wer nicht will, muss. – Das Zusammenleben
wird positiv gefördert, die Integration wird erleichtert. Und das ist gut so.
Dieses Gesetz wird
im Ausschuss diskutiert werden, und sicherlich wird auch die Frage gestellt
werden müssen, warum nur die Zuwanderer der letzten fünf Jahre die Chance auf einen
geförderten Deutschkurs haben sollen. Der Zeitraum sollte verlängert werden.
Die Diskussion darüber wird sicher interessant. (Beifall bei der ÖVP.)
18.46
Präsident
Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr
Abgeordneter Krainer. – Bitte.
18.46
Abgeordneter
Kai Jan Krainer (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus!
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im vorliegenden Antrag wird
vorgeschlagen, Teile des Fremdenrechtes zu ändern, und zwar vor allem jene
Teile, die in den letzten Monaten oder Jahren erst geändert wurden.
Ich möchte Ihnen
an einem Fall zeigen, zu welchen Konsequenzen die Novellierung des
Fremdenrechtes 2002 geführt hat.
Ein Mann lernt
eine Frau kennen. Er ist Wiener, sie kommt aus der Ukraine. Sie verlieben sich
ineinander, aus der anfänglichen Fernbeziehung wird mehr. Sie heiraten, sie
zieht mit ihrem mittlerweile neunjährigen Sohn nach Wien.
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 158 |
Sie lernt Deutsch
und kann es mittlerweile perfekt, ihr Sohn auch – ganz ohne Zwang, ganz
ohne Strafandrohung. Er besucht die Volksschule, ist Klassenbester, sie ist
eine Verkäuferin im Kaufhaus Steffl.
Nach vier Jahren
Ehe meint der Mann, sie sollte sich doch um die Staatsbürgerschaft bewerben.
Das tut sie. Alle Voraussetzungen sind erfüllt, sie bekommt den Zusicherungsbescheid.
Nachdem sie den Zusicherungsbescheid bekommen hat, geht sie auf die ukrainische
Botschaft, weil sie ja ihre alte Staatsbürgerschaft zurücklegen muss und auch
die Staatsbürgerschaft ihres Sohnes. So etwas dauert Monate oder Jahre. So
auch in diesem Fall.
Wenige Tage, bevor
sie die Bestätigung von der ukrainischen Botschaft bekommt, dass sie aus der
ukrainischen Staatsbürgerschaft entlassen ist, wird ihr Mann krank. Am
Donnerstag geht er zum Arzt, am Freitag kommt er ins Spital und am Samstag
stirbt er; mit 59 Jahren. – So weit, so schlimm. Aber es kommt noch
schlimmer.
Mit der
Bestätigung geht sie jetzt ins Rathaus und will sich die neue
Staatsbürgerschaft abholen. Doch die bekommt sie nicht, weil die
Voraussetzungen für die Verleihung der Staatsbürgerschaft nicht mehr vorliegen,
weil sie ja nicht mehr mit einem Österreicher verheiratet ist. Jetzt ist sie
staatenlos und kann die österreichische Staatsbürgerschaft frühestens in zwei
Jahren bekommen, die ukrainische frühestens erst wieder in drei Jahren. –
So weit, so schlimm. Aber es kommt noch schlimmer.
Sie will nämlich
einerseits ihre kranke Mutter, die mittlerweile 72 Jahre alt ist, besuchen
und andererseits, wie sie das jedes Jahr macht, am Todestag ihres Vaters dessen
Grab, wo sich die ganze Familie trifft. Sie würde auch einen Pass bekommen, ein
Reisedokument für Staatenlose, das für alle Länder dieser Erde gilt, nur für
die Ukraine nicht, weil nämlich vor einem halben Jahr in diesem Haus das
Fremdenrecht novelliert wurde und der § 80 Abs. 2 dahin gehend adaptiert
wurde, dass sie in alle Länder dieser Erde reisen kann, nur nicht in dieses.
Ich lade Sie alle
ein, bei der Novellierung des Fremdenrechtes nicht nur für diesen Fall, für
diese Frau, eine Lösung zu finden, sondern auch für die vielen anderen Fälle,
die es gibt. Ich lade insbesondere Minister Strasser – der jetzt leider
nicht im Saal ist – dazu ein, das zu tun, sich solche Fälle anzuschauen
und das Gesetz auch dahin gehend zu entschärfen. – Herzlichen Dank. (Beifall
bei der SPÖ.)
18.49
Präsident
Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr
Abgeordneter Mag. Mainoni. – Bitte.
18.50
Abgeordneter
Mag. Eduard Mainoni (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr
Präsident! Frau Stoisits unternimmt wieder einmal einen Anlauf in Angelegenheit
ihres Lieblingsthemas: Ausländer. – Frau Stoisits, ich würde mir wünschen,
dass Sie auch nur einmal, ein einziges Mal hier herauskommen und sich nur halb
so engagiert für die Anliegen der Österreicherinnen und Österreicher stark
machen. (Abg. Mag. Kogler: Das ist unerhört!) Nein! Es
sind immer die Ausländer, es ist permanent das Ausländerthema. (Abg. Öllinger:
Kommen Sie mit einer neuen Regierung heraus!)
Sie sprechen in
Ihrer Begründung von einem Diktat für Neuzuwanderer, doch die Sache ist ganz
einfach. Punkt eins: Das Scheunentor ist einfach nicht mehr sperrangelweit
offen. Dementsprechend folgt Punkt zwei: Unser Ziel ist in erster Linie
Integration vor Neuzuwanderung. Und die Integration hat bis jetzt nur
mangelhaft funktioniert. Das wird in den Ausführungen von Frau
Mag. Stoisits ja ohnehin auch dargelegt.
Jetzt haben wir eine Neuregelung getroffen, weil wir gesehen haben, dass diese Integration bis jetzt eben nicht zielführend, sondern nur mangelhaft war. Ja, wir wollen nämlich innerhalb von drei Jahren wissen, ob jemand willens und bereit ist, sich zu integrieren oder nicht. (Abg. Mag. Kogler: Das wollen Sie wissen?) Das wollen wir wissen. Integration kann, bitte, nur über eine Sprache erfolgen. Das wissen Sie genauso gut wie wir alle hier. Und die Integration war
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 159 |
eben bis jetzt nur mangelhaft. Wir dürfen vor diesen Dingen
einfach die Augen nicht verschließen.
Was ist denn hier
eigentlich ein Diktat? Wer sich nicht integrieren will, dem darf man nach drei
Jahren wohl die Frage stellen, warum er denn überhaupt im Lande ist, wenn er sich
nicht integrieren will. Im Gesetzestext heißt es ausdrücklich: Wer nicht bereit
ist, „die Befähigung zur Teilnahme am gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und
kulturellen Leben in Österreich zu erwerben“, der bekommt eben seinen Bescheid.
Da steht es klar und deutlich drinnen.
Es geht sogar so
weit, meine Damen und Herren, dass der Leiter des Wiener Integrationsfonds
zugegeben hat, dass viele türkische Frauen keinen Deutschkurs besuchen dürfen,
weil ihre Männer es ihnen verbieten, das Haus zu verlassen. Mit diesem Gesetz
haben wir also immerhin schon etwas sehr Positives geschaffen: dass nämlich die
türkischen Frauen nunmehr sehr wohl Deutschkurse, die auch sie für die
Integration brauchen, besuchen dürfen.
Es ist doch
wichtig, dass wir bei der Integration genau in diesem Bereich der Einführung in
die Sprachkenntnisse ansetzen. Dass es nicht funktioniert, das auf freiwilliger
Ebene zu tun, hat sich ja erwiesen. Der Anreiz allein genügt sicher nicht.
Und eines ist auch
Faktum, und das wissen alle, die sich mit der Materie beschäftigen: Der
Großteil der arbeitslosen Ausländer ist deshalb nicht vermittelbar, weil sie
die deutsche Sprache nicht sprechen. Max Walch hat das sehr praxisnahe und sehr
brillant geschildert, wie es sich in der Realität abspielt. Deshalb ist dieser
Antrag praxisfremd, nicht zielführend, und er hilft vor allem dem Gastarbeiter
nicht. (Beifall bei den Freiheitlichen.)
18.52
Präsident
Dr. Heinz Fischer: Weitere Wortmeldungen dazu liegen
nicht vor. Daher schließe ich die Debatte.
Ich weise den Antrag, über den wir jetzt
die erste Lesung durchgeführt haben, dem Ausschuss für innere Angelegenheiten zu.
Damit haben wir
auch den 6. Punkt der Tagesordnung erledigt.
7. Punkt
Erste Lesung: Antrag der
Abgeordneten Mag. Gisela Wurm, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein
Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird,
und ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des
Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975) geändert wird (30/A)
Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir kommen zum 7. Punkt der Tagesordnung.
Wir gehen in die Debatte ein.
Die Antragstellerin, Frau
Abgeordnete Mag. Wurm, erhält das Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung:
zirka 5 Minuten. – Bitte.
18.54
Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren!
Wenn wir heute wieder in erster Lesung über diesen Antrag diskutieren, so ist
die Verzögerung nicht meine Schuld, sondern der Parlamentsalltag hat nicht so
funktioniert, wie es sich viele Bürger und Bürgerinnen wünschten.
Dieser Antrag wurde schon im
Dezember 2001 eingebracht, eine erste Lesung erfolgte im ersten Halbjahr
letzten Jahres, und jetzt ist immerhin schon über ein Jahr ins Land gegangen,
und wir haben hier wieder eine erste Lesung.
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 160 |
In diesem Fall, sehr geehrte
Damen und Herren – und das ist bedauerlich, denn hier geht es unter
anderem um die Ausweitung der Bürgerinnen- und Bürgerrechte –, ist die
Losung des damaligen Klubobmannes der ÖVP „speed kills“ nicht aufgegangen. Bei
der Ausweitung der Rechte der Bürger und Bürgerinnen hat man es offensichtlich
nicht so eilig gehabt.
Doch nun zum Antrag im
Speziellen. Was beinhaltet dieser Antrag? – Bei diesem Antrag geht es unter
anderem darum, dass Bürgerinitiativen hier in dieses Parlament auch von jungen
Menschen eingebracht werden können sollen, also nicht erst wenn sie
19 Jahre alt sind, sondern schon ab 16 Jahren.
Ich glaube, es wäre
notwendig, dass man dieses Gesetz schafft. In einigen Ländern kann man zum
Beispiel bei den Kommunalwahlen schon mit 16 wählen, die Strafrechtsfähigkeit,
die Deliktfähigkeit ist schon ab 14 gegeben, viele Rechtsgeschäfte können auch
mit 16 Jahren abgeschlossen werden. Warum also soll es nicht die
Möglichkeit geben, dass junge Menschen ab dem 16. Lebensjahr ihre Anliegen
auch in Form einer Bürgerinitiative zu uns ins Parlament bringen können? Ich
glaube, das ist eine Änderung, die längst fällig wäre, und hoffe in diesem Fall
auf Ihre Zustimmung.
Ein weiterer Punkt, den
dieser Antrag enthält, ist die Regelung, dass die so genannten §-27-Anträge
auch von unserem Ausschuss, also vom Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen,
gestellt werden können. Die Diskriminierung, die hier existiert, gehört
abgestellt. Es ist notwendig, dass auch unser Ausschuss, der ja die Anliegen
der Bürger und Bürgerinnen vertritt, die Möglichkeit hat, Selbständige Anträge
zu stellen.
Der dritte große Punkt, den
ich erwähnen möchte, sieht vor, dass die Berichte der Volksanwaltschaft –
und auch diese Anregung erfolgt in
Absprache mit der Volksanwaltschaft, und so ist diese Verfassungsänderung in
diesem Fall auch zu verstehen – dem Ausschuss für Petitionen und
Bürgerinitiativen zugewiesen werden. Das ist der Ausschuss, der sich im
Parlament in direktem Kontakt mit den Bürgern und Bürgerinnen befindet. Dass
man den Anliegen der Bürger und Bürgerinnen sozusagen zum Recht verhilft, ist
auch das Anliegen der Volksanwaltschaft. Daher glaube ich, dass unser
Ausschuss, der Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen, die richtige
Anlaufstelle für die Berichte der Volksanwaltschaft wäre.
Nun möchte ich für all jene
Kollegen und Kolleginnen, die in der vergangenen Legislaturperiode noch nicht
hier im Hause waren, ganz kurz erläutern, warum der nächste Punkt, der in
diesem Antrag nachzulesen ist, auch einer Gesetzesänderung bedarf.
Es war bisher so, dass die
Volksanwaltschaft jährlich nur einen Bericht an das Parlament
abliefern konnte. Nun haben die drei Volksanwälte – bei Amtsantritt voller
Schwung und sehr engagiert – in einem bestimmten Einzelbereich besonders viele
Beschwerden der Bevölkerung entgegengenommen. Auf Grund dieser Tatsache und
auf Grund der Mängel, die bei der Gesetzwerdung damals entstanden sind und die
die Bürger daher zu den Volksanwälten gebracht haben, hat man einen
Sonderbericht zu einer bestimmten Maßnahme erstellt. Da hat es dann hier im
Parlament große Debatten gegeben, ob dieser Sonderbericht überhaupt zugewiesen
werden kann und wie er behandelt werden soll.
Daher ist es, so glaube ich,
notwendig, wichtig und richtig, dass die Volksanwaltschaft die Möglichkeit
erhält, nicht nur einmal jährlich einen Bericht zu verfassen, sondern bei
Bedarf, wenn es besondere Vorkommnisse gibt, auch einen weiteren Bericht, einen
Sonderbericht zu gestalten.
Lassen Sie mich einen Brief
verlesen, den ich von den Volksanwälten erhalten habe! Das ist, glaube ich,
etwas sehr Wichtiges, denn in die Verlegenheit, Sonderberichte verfassen zu können,
werden die Volksanwälte in Zukunft nicht mehr kommen, weil sie nämlich an Arbeitsüberlastung
leiden.
Ich möchte Ihnen die
wesentlichen Punkte aus diesem Brief vorlesen. Er lautet wie folgt:
„Aus Anlass der Beratung und Beschlussfassung eines Gesetzlichen Budgetprovisoriums 2003 treten die Volksanwälte an Sie, sehr geehrte Frau Abgeordnete“ – ich mache es Ihnen jetzt
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 161 |
bekannt – „und Ihre Nationalratsfraktion heran, die
Volksanwaltschaft bei der Wahrnehmung ihres verfassungsgesetzlichen
Auftrages“ – bitte, es ist ein Auftrag – „zu unterstützen. In der
derzeitigen durch das Budgetprovisorium hervorgerufenen Situation verweist die
Volksanwaltschaft darauf, dass ein regulärer Dienstbetrieb für absehbare Zeit
in Folge der äußerst angespannten budgetären Mittel nicht mehr gewährleistet
werden kann.
Sollte eine Bedeckung für die
Mehraufwendungen weder im provisorischen Bundesfinanzgesetz noch im endgültigen
Bundesfinanzgesetz 2003 möglich sein, sieht sich die Volksanwaltschaft
außer Stande, ihrer verfassungsrechtlichen Verpflichtung“ – also wir sind
der Bundesgesetzgeber, wir haben das sozusagen beauftragt – „gegenüber
den Bürgern und dem Parlament in akzeptabler Weise nachzukommen.
Der
Volksanwaltschaft ist es im Gegensatz zum Verfassungs- und
Verwaltungsgerichtshof nicht möglich, die Behandlung bestimmter Beschwerden
abzulehnen. Gemäß Artikel 148a B-VG besteht vielmehr die
verfassungsrechtliche Verpflichtung, jedes Beschwerdevorbringen zu prüfen und
den Beschwerdeführern das Ergebnis derselben mitzuteilen, was naturgemäß
direkten Kontakt mit den Rechtsuchenden und den Behörden notwendig macht. Da
eine dem Rechnungshof vergleichbare Möglichkeit zur Erstellung eines
Prüfungsplanes, bei dem vorweg auf die zur Verfügung stehenden Ressourcen
Bedacht genommen werden könnte, diesem uneingeschränkten Kontrollauftrag
entgegensteht, ist die Inanspruchnahme der Volksanwaltschaft weder steuer- noch
einschränkbar.
Der Anteil der
verpflichtend einzuleitenden Prüfverfahren ist von 4 977 im
Jahre 2001 auf 7 798 im Jahre 2002 angestiegen, was einer
Mehrbelastung von 57 Prozent entspricht und die Bearbeitung von rund
22 000 Eingängen (Bürger und Behörden)“ – diese müssen ja dann
immer wieder befragt werden – „nach sich zog. Von Anbeginn der laufenden
Amtsperiode im Juli 2001 steigerte sich das Aktenaufkommen sogar um
84 Prozent ... Die daraus resultierenden Belastungen für den
Amtsbetrieb erfordern jetzt für 2003 entsprechende Budgetvorkehrungen.“
Ich habe das
vorgelesen, weil die Volksanwaltschaft wirklich sehr viel mehr Anträge
behandelt, sehr viel mehr Beschwerden zu behandeln hat und so mit den Personalressourcen
schlicht und einfach nicht mehr auskommt. Hier muss also Abhilfe geschaffen
werden. Wir können nicht als Bundesgesetzgeber Aufträge erteilen, deren
Erledigung mit den vorhandenen Ressourcen nicht geleistet werden kann.
In diesem Sinne
hoffe ich, dass dieser Brief Beachtung findet. Ich habe ihn jetzt mit Rücksicht
auf die Zeit nicht ganz vorgelesen (Abg. Öllinger: Schade!), aber
vielleicht gibt es dazu noch einmal die Gelegenheit. Unterschrieben wurde
dieser Brief von der Volksanwältin Bauer, vom Volksanwalt Mag. Stadler und
auch vom Volksanwalt Dr. Kostelka. Es ist offensichtlich, dass dieses
Problem in der Volksanwaltschaft einheitlich so gesehen wird. Daher gehe ich
davon aus, dass die Parteien bei den Budgetverhandlungen darauf Rücksicht nehmen,
dass eine entsprechende Dotierung erfolgt. – Danke. (Beifall bei der
SPÖ.)
19.03
Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter
Mag. Kukacka. Er hat das Wort.
19.03
Abgeordneter Mag. Helmut Kukacka (ÖVP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Wurm, ich
glaube, dass die Klagen wegen der Zeitverzögerung nicht unbedingt notwendig und
angebracht sind. Wir haben schon morgen den Geschäftsordnungsausschuss und
werden uns morgen als einer der ersten Ausschüsse, der überhaupt tätig wird,
auch mit diesen Anträgen beschäftigen. Es geht daher alles seinen
ordnungsgemäßen Gang. (Abg. Gradwohl: ... da hat der Budgetausschuss
schon schwer gearbeitet!) Herr Kollege, es geht hier alles seinen
ordnungsgemäßen Gang.
Wir pflichten grundsätzlich der Begründung Ihres Antrages bei, dass die verfassungsrechtliche Situation der Volksanwaltschaft überprüft und einer entsprechenden Diskussion unterzogen werden muss. Die Volksanwaltschaft ist für uns eine wichtige Institution, auch als Hilfsorgan des
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 162 |
Nationalrates, dem wir natürlich entsprechende
Aufmerksamkeit und Bedeutung zumessen. In diesem Sinne werden wir uns ganz
selbstverständlich auch mit dem Brief und mit dem Anliegen, das die
Volksanwaltschaft hier geäußert hat, beschäftigen.
Wir sind aber der
Meinung, dass insbesondere die bisherigen Schritte der Verwaltungsreform und
die weiteren Reformen, die diese Regierung hinsichtlich der Verwaltungsreform
vorhat, zu einer Adaption der Verwaltungskontrolle und deshalb auch zu einer
Verbesserung der Möglichkeiten der Volksanwaltschaft führen müssen. Deshalb
glauben wir auch, Frau Kollegin, dass Ihr Antrag ein bisschen zu kurz greift.
Eine wirkliche Basis für eine parlamentarische Diskussion ist er noch nicht,
denn die Volksanwaltschaft selbst hat in der Vergangenheit bereits viel
umfangreichere Wünsche an das Hohe Haus geäußert.
Ich erinnere
daran, dass die Volksanwaltschaft gefordert hat, sie möge eine Kompetenz für
die Prüfung ausgegliederter Rechtsträger bekommen. Es heißt hier in ihrem Bericht:
„Das derzeitige
Kollegium hält fest, dass es aus heutiger Sicht mehr denn je geboten ist, eine
Gleichstellung der Prüfzuständigkeit der Volksanwaltschaft mit der des
Rechnungshofes herbeizuführen“ – im Hinblick auf die großen
Ausgliederungen, die hier stattgefunden haben. Die Volksanwaltschaft spricht
sich dafür aus, dass ihr die Möglichkeit einer Amtsbeschwerde bei den
Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts eingeräumt wird. Die Volksanwaltschaft
möchte, dass ihr die Ermächtigung eingeräumt wird, sowohl Bundes- als auch
Landesgesetze hinsichtlich ihrer Verfassungswidrigkeit anzufechten. Und die
Volksanwaltschaft möchte auch bei Verfahren, in denen Beschwerdeführer
Rechtsansprüche geltend machen können, eine Hemmung von Verjährungsfristen
normieren können.
Das sind nicht
alle Vorschläge und Forderungen, die gekommen sind, es liegt hier ein ganzer
Katalog vor. Wir werden uns selbstverständlich damit beschäftigen. Über diese
Fragen müssen wir gemeinsam beraten, und wir wollen einen entsprechenden
politischen Konsens erzielen.
Es muss aber
natürlich auch die Sinnhaftigkeit geklärt werden, ob Berichte der Volksanwaltschaft
tatsächlich im Petitionsausschuss und nicht, wie bisher, im
Verfassungsausschuss behandelt werden sollen. Letzteres war bisher der Fall und
hat sich auch bewährt. Diesbezüglich haben wir daher eine gewisse Skepsis, was
Ihren Vorschlag betrifft. Denn gegen diese beantragte Ausschussübertragung
spricht auch die Tatsache, dass es sich bei den Berichten der Volksanwaltschaft
um die Prüfung möglicher Missstände in der Vollziehung des Bundes handelt.
Diese gehören unserer Meinung nach in den Verfassungsausschuss. Bei Petitionen
und Bürgerinitiativen handelt es sich um ganz unterschiedliche, um ganz
verschiedene Anliegen und Initiativen von Bürgern (Abg. Mag. Wurm:
Angelegenheiten des Bundes!), die unserer Meinung nach einen anderen
Stellenwert haben und durchaus dort bleiben sollen, wo sie jetzt behandelt
werden.
Sie sehen also
eine ganze Latte von offenen Problemen, von Anregungen und Wünschen, die wir
haben. Wir werden morgen im Geschäftsordnungsausschuss damit beginnen, uns mit
dieser Materie zu befassen. Wir sind hier auch offen für alle Anregungen. Wir
wollen gerade in diesen Fragen Konsens im ganzen Haus erzielen. – Danke. (Beifall
bei der ÖVP.)
19.08
Präsident Dr. Heinz Fischer:
Nächster Redner ist
Herr Abgeordneter Dr. Wittmann. – Bitte.
19.08
Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Mir ist es deshalb ein Anliegen, hier zu sprechen, weil es eine widersinnige Bestimmung im Bereich der Volksanwaltschaft gibt, nämlich eine verfassungsrechtliche Beschränkung der Rechte der Volksanwaltschaft, wonach sie nur einmal im Jahr berichten darf und keine Einzelberichte in besonders wichtigen Materien abgeben darf. Ich glaube, dass es eine sehr brauchbare Anregung der Volksanwaltschaft ist, hievon abzugehen und auch Einzelberichte zuzulassen. Wenn sich die Volksanwaltschaft schon die Mühe macht, einzelne Themen für wichtig zu erklären, und gegenüber dem Hohen Haus sozusagen Vorleistungen erbringt, indem sie diese Themen erhebt und dann in das Hohe Haus einbringt, dann sollten wir auch in der Lage sein,
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 163 |
diese Themen zeitgemäß und aktuell zu behandeln, und sollten nicht der
Volksanwaltschaft eine verfassungsrechtliche Schranke auferlegen, dass
derartige Berichte nicht gegeben werden können.
Wir alle wissen,
dass die Volksanwaltschaft hervorragende Arbeit leistet. Daher sollte man ihr
diese Möglichkeit, die ja eine Dienstleistung oder eine Vorleistung für das Parlament
wäre, auch einräumen. Ich glaube, es ist nicht mehr zeitgemäß, diese
verfassungsrechtliche Schranke aufrechtzuerhalten. (Beifall bei der SPÖ.)
19.09
Präsident Dr. Heinz Fischer:
Nächster Redner ist
Herr Abgeordneter Scheibner. – Bitte.
19.09
Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Herr Präsident!
Meine Damen und Herren! In aller Kürze: Ich glaube, es ist gut und sinnvoll,
dass gerade wir als Parlamentarier hier über die Rechte, aber auch über die Art
und Weise der Handlungen und Möglichkeiten der Volksanwaltschaft diskutieren,
sie immer wieder überprüfen und, ich würde sagen, auch gemeinsam mit der
Volksanwaltschaft die Probleme aufarbeiten. Es wäre sicherlich interessant,
diese Dinge in dem einen oder anderen Ausschuss auch einmal gemeinsam mit den
Volksanwälten zu besprechen und weiterzuentwickeln. Denn wir wollen ja hier
nicht Reformen zum Selbstzweck machen, sondern diese sollen wirklich die
Handlungsweise der betroffenen Institution verbessern. Das ist sicherlich in
regelmäßigen Abständen zu tun.
Auch ich habe
natürlich den Brief der Volksanwälte bekommen, in dem sie sich über die
kritischen Arbeitsbedingungen beklagt haben, und das sollte auch besprochen
werden. Denn es soll kein Argument sein, dass Bürgeranliegen bei der Beschwerde
nur deshalb nicht optimal oder raschest behandeln werden können, weil die
materiellen Mittel gefehlt haben.
Ich meine aber
trotzdem, dass die Berichte der Volksanwaltschaft im Verfassungsausschuss
behandelt werden sollten, auch als Signal dafür, dass eine verfassungsrechtlich
eingerichtete Institution dem Gesetzgeber, für den sie ja arbeitet, diese
Berichte erstattet. Ich glaube, dass das wirklich ein wichtiges Signal ist. Man
kann natürlich über alles diskutieren, aber es ist doch auch der rechtspolitische
Zweck der Volksanwaltschaft ein anderer – und deshalb ist dies auch im
Verfassungsausschuss angesiedelt – als jener der Instrumente der direkten
Demokratie wie der Petitionen und der Bürgerinitiativen. (Abg. Mag. Wurm:
Die Volksanwaltschaft hat das selbst so vorgeschlagen!) – Ja, es ist auch
gut so, dass hier Parlamentarier sozusagen die Vorschläge der Volksanwaltschaft
als ihre eigenen einbringen, damit wir darüber diskutieren können.
Es sollte
umfassend darüber diskutiert werden (Abg. Mag. Wurm: ... ein
Dialog!), in einem offenen Dialog. Aber ich denke, dass die
Volksanwaltschaft ja nur einen Bereich von wichtigen verfassungsrechtlichen
Materien darstellt, über die wir möglicherweise auch in dem in der
Öffentlichkeit diskutierten Verfassungskonvent intensiv verhandeln sollten. Da
wird es wichtig sein, dass Parlamentarier mit eingebunden sind, sodass wir auch
alle anderen Kontrollmechanismen, etwa die Frage des Rechnungshofes, mit
umfassen und das Gefüge dieser Kontrolleinrichtungen innerhalb der
Bundesverfassung mit ihren Mechanismen diskutieren und möglicherweise
verbessern können. Wenn wir uns alle zu diesem Mechanismus finden, dann könnte
sogar etwas dabei herauskommen. (Beifall des Abg. Dr. Böhmdorfer.)
19.12
Präsident
Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr
Abgeordneter Brosz. Er hat das Wort.
19.13
Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Grünen unterstützen in der Intention grundsätzlich diesen Antrag. Ich glaube, dass die Redebeiträge jetzt etwas durcheinander gekommen sind, weil sie das Problem nicht wirklich treffen. Wir erinnern uns an den Bericht der Volksanwaltschaft bezüglich der Heizkostenzuschüsse und an die Problematik, die wir diesbezüglich im Hohen Haus hatten: dass wir ihn nämlich gar nicht
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 164 |
haben behandeln können, weil dieser Bericht keinen
rechtlichen Status hatte und damit das Hohe Haus ihn als Grundlage auch nicht
aufgreifen konnte.
Ich möchte hier
feststellen, dass dieses Argument mit dem Verfassungsausschuss für mich nur
bedingt gilt. Wenn ich mir anschaue, wie Berichte des Rechnungshofes behandelt
werden, dann gibt es da den qualitativen Unterschied, dass man über die
Teilbereiche, über die Bericht erstattet wird, im Rechnungshofausschuss mit den
jeweils zuständigen Fachministern diskutieren und auf dieser Ebene versuchen
kann, das, was dort aufgegriffen und zur Verbesserung vorgeschlagen wird, in
irgendeiner Form zu behandeln. Bei den Berichten der Volksanwaltschaft gibt es
das Problem, dass diese Möglichkeit eben nicht besteht, hier auch die zuständigen
Minister beizuziehen. Da gab es bisher den Jahresbericht im Verfassungsausschuss,
aber all die Teilbereiche, die enthalten waren, würden wohl sinnvoll auch mit
den Fachministern zu besprechen sein und dort letztlich auch den
Handlungsauftrag wiedergeben. Das geschieht teilweise im Verordnungsweg. Ich
kann das aus meinem Bereich, dem Bildungswesen, beurteilen, da habe ich das
Gefühl, es übt die Volksanwaltschaft berechtigte Kritik, und irgendwie
versandet diese Kritik dann, weil sie nirgends wirklich ankommt. Ich glaube,
man kann sich dann im Ausschuss noch sehr genau anschauen, welche sinnvollen
Instrumentarien in diesem Bereich eingesetzt werden können.
Dass der
Verfassungsausschuss – weil er ein Organ der Verfassung ist –
besonders befugt ist, über die Dinge, die die Volksanwaltschaft kritisiert, zu
befinden, würde ich nicht unbedingt so sehen. Aber da Kollege Kukacka hier
Offenheit signalisiert hat, erwarte ich, dass im Geschäftsordnungsausschuss
eine fruchtbare und offene Diskussion stattfinden wird. (Beifall bei den
Grünen.)
19.15
Präsident
Dr. Heinz Fischer: Weitere Wortmeldungen dazu liegen
nicht vor. Damit schließe ich diese Debatte.
Ich weise
den Antrag, der soeben in erster Lesung behandelt worden ist, dem Geschäftsordnungsausschuss
zu. Eine Sitzung des Geschäftsordnungsausschusses wird morgen
stattfinden.
Damit haben wir
den 7. Tagesordnungspunkt erledigt.
8. Punkt
Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dr. Josef
Cap, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das
Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates
(Geschäftsordnungsgesetz 1975) geändert wird (31/A)
Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir kommen zum 8. Punkt der
Tagesordnung. Bei diesem Punkt geht es ebenfalls um eine erste Lesung, und zwar
betreffend Antrag 31/A.
Der Antrag ist von
Abgeordnetem Dr. Cap als Erstunterzeichner unterschrieben. Er gelangt nun
zu Wort. – Bitte, Herr Abgeordneter.
19.15
Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Dieser Antrag ist ein Teil eines ganzen Paketes, das sich mit Änderungen der Geschäftsordnung auseinander setzt, wobei wir glauben, dass wir hier Vorschläge einbringen, die das Parlament bürgernäher machen und die vor allem die Diskussionsprozesse, also an dem Beispiel in den Ausschussverhandlungen, für Bürger, für Betroffene aus den Institutionen, die hier Gegenstand von Behandlung sind, oder eben für die Medien transparenter machen, dass auch Bürger, sofern es Platz gibt und die örtliche Gegebenheit es zulässt, die Möglichkeit haben, an diesen Ausschussverhandlungen als Zuhörer teilzunehmen. Ich denke, dass das ein sehr positiver Prozess wäre, der hier eingeleitet wird, um die Aura des oft Geheimnisvollen wegzunehmen, dass nicht gefilterte Information, interpretierte Information
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 165 |
allein nach außen geht, sondern dass man sich, wenn das Bedürfnis
besteht, authentisch informieren kann.
Genauso wäre es in
dem Zusammenhang natürlich notwendig, dass auch die Plenarsitzungen
grundsätzlich dauernd öffentlich sind, um den Medienvertretern die Teilnahme zu
ermöglichen. Es würde ebenfalls mithelfen, dass die Distanz, die es da und
dort gibt zwischen den Wählerinnen und Wählern sowie denjenigen, die, von
ihnen gewählt, als Abgeordnete hier im Haus tätig sind, überwunden wird.
Für diejenigen, die
Bedenken haben, möchte ich sagen, es besteht ja die Möglichkeit – um jetzt
wieder auf die Ausschussverhandlungen zurückzukommen –, dass es dort, wo
es argumentierbar und wo es notwendig ist, durchaus ein gewisses Maß an
Vertraulichkeit gibt, dass diese dann auf Antrag beschlossen werden kann und
dass man im Einzelfall für Sitzungen oder für Teile von Sitzungen die
Öffentlichkeit ohnehin ausschließen kann, wenn man glaubt, dass das für den
Verhandlungsprozess notwendig ist, bevor man später an die Öffentlichkeit
tritt.
Aber es gehört
dies umgekehrt: Das Prinzip wäre die grundsätzliche Öffentlichkeit, und um das
im Zuge einer allgemeinen Reform zur Gestaltung des Parlamentes, zur Aufwertung
des Parlamentes zu behandeln, aber auch um das Parlament bürgernäher zu
machen, gibt es diesen Antrag. Ich hoffe, dass er in diesem Haus positiv
behandelt wird und dass die Möglichkeit besteht, dass man dem hier mehrheitlich
beitritt, damit dann die Qualität der Ausschussverhandlungen und vielleicht
auch die Präsenz bei den Ausschussverhandlungen eine ist, die ein optimales Ergebnis
ermöglicht.
Kleiner Zusatz
noch: Nach wie vor bin ich der Meinung, dass es auch für die Minderheit die Möglichkeit
geben soll, Untersuchungsausschüsse einzuberufen. Im Übrigen sind wir auch
dafür, dass gerade dann, wenn Experten auftreten, diese Öffentlichkeit gegeben
ist. Auch in diesem Fall sollte man für Öffentlichkeit sorgen. (Beifall bei
der SPÖ sowie der Abg. Dr. Gabriela Moser.)
19.19
Präsident
Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter
Mag. Donnerbauer. – Bitte.
19.19
Abgeordneter
Mag. Heribert Donnerbauer (ÖVP): Sehr geehrter Herr
Präsident! Hohes Haus! Es geht, wie Herr Kollege Cap schon ausgeführt hat, bei
diesem Antrag darum, die Öffentlichkeit auch für die Ausschussverhandlungen
generell einzuführen.
Nun ist
Transparenz sicherlich etwas, das für uns alle ein Punkt ist, der mit unserer
täglichen Arbeit zu tun hat und mit dem wir täglich umgehen. Politik hat mit
der Arbeit mit der Öffentlichkeit und in der Öffentlichkeit zu tun. Dennoch
würde ich aber zur Vorsicht raten, was Änderungen in der Geschäftsordnung
betrifft, weil die Geschäftsordnung doch ein System aufweist, das sich über
lange Jahre entwickelt hat. Wer das System im Rahmen der bestehenden Geschäftsordnung
kennt, weiß, es ist so, dass für alle Themen, die in diesem Haus behandelt
werden, die Öffentlichkeit gewährleistet ist, weil die Öffentlichkeit hier im
Plenum, wo diese Themen nach den Ausschussberatungen behandelt werden,
gewährleistet ist und weil genau bei den Themen, deren Enderledigung im
Ausschuss stattfindet, die Öffentlichkeit im Ausschuss auch jetzt schon gegeben
ist.
Darüber hinaus
gibt es einige Bereiche, in denen auch jetzt schon in Ausschussberatungen die
Öffentlichkeit vorgesehen ist. Wir wissen aus den Erfahrungen der letzten
Jahre, dass in diesen Bereichen die Möglichkeit für die Öffentlichkeit,
entsprechend teilzunehmen, eigentlich kaum oder nicht genützt worden ist. Es
besteht dieses Interesse also offensichtlich nicht wirklich.
Weiters möchte ich
auch noch eine gewisse persönliche Skepsis anbringen, denn die Botschaft der
Transparenz, die höre ich wohl, allein mir fehlt der Glaube, Herr Kollege Cap!
Wenn gerade Sie es sind, der diesen Antrag stellt, so stellt sich
schon die Frage, ob nicht der Wunsch dahinter mehr jener nach der
Fernsehkamera, nach dem Mikrophon ist.
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 166 |
Wenn wir gerade
Sie hier oder auch bei anderer Gelegenheit vor dem Fernsehbildschirm verfolgen
können, so ist das, meine ich, einer sachlichen Behandlung und dem Vorantreiben
sachlicher Arbeit und positiver Verhandlungen nicht gerade zuträglich. (Abg.
Mag. Kogler: He! Das ist eine Unterstellung!) Ob dieser Wunsch,
der da möglicherweise im Vordergrund steht, auch in den Ausschussberatungen die
Fernsehkamera und das Mikrophon dabeizuhaben, wirklich einer sachlichen
Arbeit, einer seriösen und ernsthaften Auseinandersetzung mit den Themen
dienlich ist, davon bin ich persönlich nicht ganz überzeugt. (Abg.
Mag. Kogler: Dem Rechnungshofausschuss täte das gut! Das täte Ihren
Ministern im Rechnungshofausschuss gut!)
Nichtsdestotrotz
werden wir natürlich diesen Antrag im Geschäftsordnungsausschuss intensiv
beraten, entsprechend seriös prüfen und dann (Abg. Mag. Kogler:
Und dann nachher ablehnen!) auch darüber entscheiden, denn ich glaube,
dass es gerade – wie ich schon ausgeführt habe – im Bereich der
Geschäftsordnung, die die wesentlichen Spielregeln unserer Arbeit hier, einer
erfolgreichen Arbeit für Österreich festlegen soll, wichtig ist, sich wirklich
intensiv damit auseinander zu setzen und dann eine seriöse Entscheidung zu
treffen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)
19.22
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 167 |
Präsident
Dr. Heinz Fischer: Als Nächste erhält Frau Abgeordnete
Mag. Wurm das Wort. – Bitte.
19.22
Abgeordnete
Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Sehr geehrter Herr
Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! „Regieren neu“, „Reformen in allen
Bereichen des Staates“, „Erneuerung“ und noch viele Begriffe dieser Art sind in
den letzten Monaten von den Regierungsparteien immer wieder in den Mund
genommen worden, und in letzter Zeit auch von allen anderen Parteien, die hier
vertreten sind.
Sehr geehrte Damen
und Herren! Nun können Sie alle, die Sie hier ins Hohe Haus eingezogen sind,
zeigen, ob das nur fromme Sonntagsreden waren oder ob es Ihnen wirklich ernst
ist damit, die parlamentarische Arbeit transparenter zu gestalten.
Ich meine, dass
wir uns nicht so vor der Öffentlichkeit zu fürchten brauchen, sondern dass das
Gegenteil der Fall ist: Ich denke, es ist sehr wichtig und notwendig für die
Politik und auch für ein modernes Parlament, dass die Bevölkerung und die
Medien mehr Ein- und Durchblicksmöglichkeiten haben. Ich bin daher durchaus
davon überzeugt, dass diesem Antrag auf eine Änderung der Geschäftsordnung
nahezu alle Abgeordneten hier in diesem Haus zustimmen müssten.
Es kann doch nicht
sein – Josef Cap hat es schon angeführt –, dass hier das umgekehrte Prinzip
herrscht, dass die Öffentlichkeit erst hereingelassen werden und darüber abgestimmt
werden muss, dass die Öffentlichkeit zugelassen wird. Dieses Prinzip ist
wirklich uralt, das hat mit modernem Demokratieverständnis relativ wenig zu
tun. So stellen wir uns modernen Parlamentarismus nicht vor.
Es ist meiner
Meinung nach sehr wichtig für Bürger und Bürgerinnen, dass sie in den Bereichen,
in denen sie oft selbst betroffen sind, die Möglichkeit haben,
nachzuvollziehen, wie die Diskussion im Ausschuss verläuft, wenn sie daran
Interesse haben. – Ich hoffe, dass es nicht so wenige sind, wie mein
Vorredner gesagt hat. Sie sollen die Chance haben, die Diskussionsprozesse
mitzuverfolgen, und nicht auf Ausschussberichte, die oft sehr dürftig sind,
angewiesen sein müssen.
Sehr geehrte Damen
und Herren! In diesem Sinne hoffe ich, dass dieser Antrag im Geschäftsordnungsausschuss
Zustimmung findet und dass wir uns von „Geheimverhandlungen“, wie es oft in der
Bevölkerung gesehen wird, verabschieden. „Im Dunkeln ist gut munkeln“, mag für
andere Dinge gelten. – Hier ist es wohl nicht angebracht. (Beifall bei
der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)
19.25
Präsident
Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau
Abgeordnete Dr. Glawischnig. – Bitte.
19.25
Abgeordnete
Dr. Eva Glawischnig (Grüne): Herr Präsident! Meine
Damen und Herren Abgeordneten! Die Öffentlichkeit von Ausschüssen war für die
Grünen immer schon ein sehr zentrales Anliegen. Seit 1986, seit dem Einzug der
Grünen in dieses Haus, war das immer auf unseren Punktationen für
Geschäftsordnungsreformen.
Natürlich kann man
auf die Gegenargumente sehr nüchtern eingehen und fragen: Stellt es tatsächlich
ein Problem für die Ausschüsse dar, wenn diese öffentlich sind, wenn
tatsächlich in diesen Ausschüssen so etwas wie „verhandelt“ wird? – In der
Realität ist es ja anders; wir kennen das alle: In den Ausschüssen wird im
Moment nicht wirklich verhandelt. Die Opposition bekommt die Abänderungsanträge
oft erst sehr knapp vor den Sitzungen, und die Verhandlungen finden anderswo
statt. Ich bin gerne bereit, über dieses Argument nachzudenken, wenn sich die
Auffassung von Parlamentarismus und die Arbeit in den Ausschüssen in diese
Richtung ändern. Aber das kann man dann immer noch machen. Man sollte nur das
Prinzip umkehren und sagen, der Zugang der Öffentlichkeit ist der Grundsatz,
und es ist immer möglich, mit Mehrheit zu beschließen, dass zu bestimmten
Zeiten vertraulich verhandelt wird.
Es besteht also
kein Grund zur Sorge darüber, dass die Qualität der Arbeit oder irgendetwas im
Zusammenhang mit den Verhandlungen negativ beeinflusst werden könnte.
Ich denke, der
Grundsatz Transparenz, maximaler Zugang für die interessierte Öffentlichkeit,
maximaler Zugang für Medienöffentlichkeit sollte zunächst vorherrschend sein.
In heiklen Fällen, in wichtigen Situationen kann man dieses Prinzip immer noch
kurzfristig außer Kraft setzen, und zwar immer mit der Mehrheit im Parlament.
Man braucht sich also nicht zu fürchten, dass hier etwas schief gehen könnte.
Zuletzt möchte ich
noch anmerken, dass derzeit schon vorhandene Möglichkeiten kaum genutzt werden.
Aber das ist auch kein Wunder, weil die Information darüber, dass ein Bericht
öffentlich im Ausschuss diskutiert wird, nicht in einer Form erfolgt, dass es
große, qualifizierte Teile der Öffentlichkeit auch wahrnehmen könnten. Ich
denke, gerade bei den Berichten sollten wir uns die Praxis anschauen und uns
überlegen, ob die derzeitige Form, sie im Ausschuss endzuerledigen und nicht
ins Plenum zu bringen, für viele wichtige Bereiche tatsächlich angemessen ist,
ob das der Kunst- und Kulturbericht ist, der Sportbericht oder viele Prüfberichte.
Also: Transparenz,
Öffentlichkeit, weitere Beteiligungsmöglichkeiten sollten allen von uns ein Anliegen
für die Zukunft sein. Parlamentarismus muss sich ständig weiterentwickeln, und
ich wünsche mir, dass auch diese Idee, die die Grünen schon lange vertreten,
in einer sehr seriösen und ordentlichen Diskussion im
Geschäftsordnungsausschuss behandelt und letztendlich vielleicht einmal auch
mit Ja beantwortet wird. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten
der SPÖ.)
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 168 |
19.28
Präsident
Dr. Heinz Fischer: Weitere Wortmeldungen in dieser
ersten Lesung liegen nicht vor. Die Debatte ist geschlossen.
Ich weise
den Antrag 31/A dem Geschäftsordnungsausschuss zu.
9. Punkt
Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975) geändert wird (32/A)
Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir kommen zum 9. Punkt der Tagesordnung.
Als erster Redner
zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Pendl. – Bitte.
19.28
Abgeordneter
Otto Pendl (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr
geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Der nunmehr in erste Lesung genommene
Antrag beinhaltet eine Attraktivierung der Abläufe in der Fragestunde und somit
auch der Fragestunde selbst.
Hohes Haus! Die
Fragestunde ist eine jener Einrichtungen des Nationalrates, die immer im österreichischen
Fernsehen übertragen werden, und daher auch eine Visitenkarte des österreichischen
Nationalrates, auch nach außen. Es ist eine der wenigen Möglichkeiten für die
Wählerinnen und Wähler im jeweiligen Wahlkreis, ihre Abgeordneten im
Plenarsaal zu sehen, was bei Direktübertragungen meist nur bei den
Erstrednerinnen und Erstrednern der Fall ist.
Wir sollten uns
daher in unserem eigenen Interesse die Frage stellen, ob die Fragestunde in der
bestehenden Form noch zeitgemäß ist oder ob sie nicht durchaus verbessert
werden könnte. Die sozialdemokratische Parlamentsfraktion hat dazu einen
Vorschlag unterbreitet, der folgende Grundsätze beinhaltet:
Verzicht auf
schriftliche Einbringung von Hauptfragen.
48 Stunden
vor Beginn der Fragestunde schriftliche Bekanntgabe seitens des Präsidenten an
die Abgeordneten, welche Mitglieder der Bundesregierung – also auch
mehrere – in der Fragestunde anwesend sein werden.
Jeder Abgeordnete,
der eine Hauptfrage stellen will, hat dies vor Eingang in die Fragestunde dem
Präsidenten bekannt zu geben. Der Präsident ruft dann die Abgeordneten auf,
wobei er auf die Größe des Klubs und die Abwechslung der Fraktionen Bedacht
nimmt.
Der Abgeordnete
hat die Hauptfrage zu stellen, wobei er diese kurz begründen darf. – Dies
war bisher nicht möglich und führte manchmal zu unwürdigen Zwischenrufen,
obwohl es doch für ein selbstbewusstes Parlament klar sein muss, dass
Abgeordnete auch ein Recht haben sollten, ihre Fragen zu begründen, meine sehr
geehrten Damen und Herren.
In Folge hätte der
Minister wie bisher die Beantwortung vorzunehmen.
Auch die
Zusatzfragen sollten nach dem bisherigen System funktionieren.
Ich möchte an
einigen Beispielen die Vorteile dieses Vorschlages präzisieren:
Der Präsident kann
in der Präsidialkonferenz bei der Festlegung, welches Mitglied oder welche
Mitglieder der Bundesregierung bei der Fragestunde anwesend sein sollten, auf
gegenwärtige oder absehbare aktuelle politische Ereignisse Rücksicht nehmen.
Bisher folgte die Fragestunde der Aufzählung der Mitglieder der Bundesregierung
im Bundesministeriengesetz, was zu völliger Unflexibilität führte. – Sie
wissen es alle, meine sehr geehrten Damen und Herren! Jeder Abgeordnete hat
eine höhere Flexibilität, auf ganz aktuelle politische Sachverhalte einzugehen.
Alle Abgeordneten,
die Zusatzfragen stellen wollen, müssen die Fragestunde wirklich aufmerksam
mitverfolgen. – Wir wissen ja, wie sie zumeist abläuft.
Der Präsident hat
weitgehender das Recht, spontan in den Ablauf passende Haupt- und Zusatzfragen
der Abgeordneten zu gestatten.
Für die
Fernsehübertragung und damit für die Zuschauerinnen und Zuschauer ist dieser
Ablauf sicherlich weit interessanter als der bisherige.
Meine sehr
geehrten Damen und Herren! Eine solche Neuordnung würde für uns alle dazu von
Vorteil sein. – Ich denke, dass wir uns hier am Beispiel eines
Parlaments mit großer Tradition, nämlich dem britischen Unterhaus, orientieren
sollten. Ich meine, dass es für uns alle um unsere Rechte, die Rechte der
Abgeordneten und, wenn Sie so wollen, auch des Nationalrates geht.
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 169 |
Meine Damen und
Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich darf Sie alle dazu einladen, mit
uns gemeinsam im Interesse der Abgeordneten, im Interesse das Nationalrates in
diesen Diskussionsprozess einzutreten. (Beifall
bei der SPÖ.)
19.32
Präsident Dr. Heinz Fischer:
Das Wort erhält
Herr Abgeordneter Brosz. – Bitte.
19.33
Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne): Herr Präsident! Sehr
geehrte Damen und Herren! Dass die Fragestunde einer Reform bedarf, darüber
sind sich wahrscheinlich die meisten hier im Hause einig. Ich bin mir nicht
sicher, ob der Antrag, so wie ihn die SPÖ hier vorgelegt hat, ausreichend ist.
Es gibt Argumente für und wider.
Insbesondere die
Frage der Qualität einer Anfragebeantwortung hängt natürlich davon ab, ob sich
ein Minister in irgendeiner Form darauf vorbereiten kann oder nicht. Wenn das
wirklich nur am Beginn der Fragestunde möglich ist, eröffnet das auch gewisse
Probleme.
Was auf der
anderen Seite notwendig wäre und wahrscheinlich viel stärker zur Sprache kommen
sollte, ist die Möglichkeit der Fraktionen, selbst zu entscheiden, wo sie
momentan eine Dringlichkeit sehen und an wen die Fragen gerichtet werden. Die
Starrheit des Prozesses, wie sie gegenwärtig existiert, dass die Minister der
Reihe nach hier erscheinen und wir ihnen dann aktuelle Fragen stellen müssen,
egal ob das Thema passend ist oder nicht, sollte nach Möglichkeit aufgelöst
werden.
Man sollte
zumindest in Erwägung ziehen, mehrere Minister befragen zu können, was ja auch
im Antrag enthalten ist.
Da keine Redner
der Regierungsfraktionen zu Wort gemeldet sind, bin ich ein bisschen verunsichert,
ob es überhaupt Bereitschaft gibt, darüber zu reden. Eines muss man wohl klar
festtellen: dass die Fragestunde, wie sie jetzt gehandhabt wird, ein
Instrument der Regierung
ist. Es kann ja wohl nicht der Sinn einer Fragestunde sein, dass die Redezeiten
sehr ungleich verteilt sind, dass die Möglichkeiten des
Argumentationsaustausches sehr ungleich verteilt sind und dass sie, wenn man
die Praxis anschaut, eines der wenigen Instrumente ist, das regelmäßig einer
breiteren Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird, da die Fragestunde genau so
wie die Aktuelle Stunde eben regelmäßig übertragen wird. – Sie wäre es
daher wert, mit mehr Fleibilität und mehr Modernität gehandhabt zu werden.
Es gibt
wahrscheinlich auch noch andere Beispiele, die man heranziehen könnte. Wie
gesagt: Ich bin noch etwas nachdenklich, da es dazu keinerlei Redebeiträge der
Regierungsfraktionen gibt, die ja mit diesem Instrument offenbar ganz gut leben
können. Wir Grüne glauben auch, dass es hier einer relativ weitgehenden Reform
bedarf. (Beifall bei den Grünen und bei
Abgeordneten der SPÖ.)
19.35
Präsident Dr. Heinz Fischer:
Weitere
Wortmeldungen dazu liegen nicht vor. Ich schließe die Debatte zu diesem
Tagesordnungspunkt.
Den Antrag 32/A weise
ich ebenfalls dem Geschäftsordnungsausschuss zu.
10. Punkt
Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994 geändert wird (38/A)
Präsident
Dr. Heinz Fischer: Wir kommen zum 10. Punkt der
Tagesordnung.
Wir gehen in die
Debatte ein.
Herr Abgeordneter
Mag. Maier erhält das Wort. – Bitte.
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 170 |
19.36
Abgeordneter Mag. Johann Maier
(SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der
vorliegende Antrag betrifft ein Konsumentenproblem der besonderen Art, mit dem
Konsumentenschützer seit der Liberalisierung des Telekombereiches und des
Energiebereiches befasst sind. Es geht um Haustürgeschäfte. Firmen –
meistens Tochterfirmen, aber auch ausländische Firmen – versuchen
zunehmend, neue Stromkunden für neue Stromlieferanten zu gewinnen. Die
Methoden dabei sind teilweise abscheulich. Uns wurden Fälle bekannt, wo
insbesondere älteren Menschen angedroht wurde, wenn sie nicht unterschreiben,
würde man ihnen den Strom abdrehen. Ähnliche Problembereiche gibt es beim Verkauf
von Magnetfeldtherapiegeräten in Hinterhöfen und dergleichen, aber auch im Telekombereich.
Nun gibt es die
Möglichkeit, über die Gewerbeordnung ein Verbot der so genannten Haustürgeschäfte
vorzusehen. Dieser Antrag, der jetzt vorliegt, sieht ein Verbot des
Haustürgeschäftes für Stromlieferverträge einerseits, aber auch für den Verkauf
von Magnetfeldtherapiegeräten sowie auch für Telekomdienstleistungen oder
Telekomdienste insgesamt vor.
Damit Sie sich
etwas darunter vorstellen können: Wir hatten allein in Salzburg in der Konsumentenberatung
im letzten Jahr in diesem Bereich zirka 2 000 Beschwerden.
Österreichweit müssen die Beschwerden auf etwa 25 000 oder mehr geschätzt
werden. Ich glaube daher, dass hier wirklich Handlungsbedarf des Gesetzgebers
besteht.
Damit Sie nicht
glauben, die SPÖ-Fraktion hätte dieses Thema erfunden, darf ich Ihnen nur die
wichtigsten Artikel aus den österreichischen Printmedien kurz zitieren:
„Salzburger
Nachrichten“: „Keilertricks immer dreister“. „Die Presse“: „Betrüger auf Spuren
von Strom-Keilern?“. „Salzburger Nachrichten“: „Stromkeiler werden immer
aggressiver. Haustürgeschäfte für Telefon und Strom nehmen zu. Bei einigen
Verkäufen musste sogar die Polizei einschreiten.“ „Der Standard“: „Wie
seltsame Stromkeiler versuchen, Stromkunden zu verunsichern“.
„WirtschaftsBlatt“: „Ranger im Angriff. Mit 180 Mann geht die Ranger Marketing
GesmbH für Strom- und Telekomfirmen auf Kundenfang. Für Auftraggeber ist es
‚die Zukunft des Vertriebs’.“ – Ich persönlich bezweifle das.
„Kurier“:
„Klagewelle gegen die Strom-Keiler. Nach Wienstrom und Steweag zieht Kelag vor
Gericht/Strengere Regelungen gefordert“. „Salzburger Nachrichten“: „Lästiges
Haustür-Geschäft“. „Zeitung der Vorarlberger Arbeiterkammer“: „Schnell reich
mit Innoflex: Die Pyramide lässt grüßen“ ... Innoflex ist ein Ableger einer
Berliner Firma, die in Österreich tätig ist und mit Keilermethoden für einen
Strompool wirbt. „Salzburger Nachrichten“: „Vorsicht Falle: Stromkeiler
unterwegs“. „Salzburger Fenster“: „Stromverkauf als Haustürgeschäft“. „Kurier“:
„Stromverkauf im Ranger-Stil. Wienstrom klagt Ranger Marketing/VKI warnt vor
Haustür-Geschäften“.
„Der Standard“:
„Direktvertrieb auf Kundenfang. Telefonanbieter liefern einander Schlagabtausch
wegen ‚Haustürgeschäften’“. „Profil“: „Unsaubere Geschäfte. Telekom. Aggressive
Haustürkeiler verkaufen mit fragwürdigen Methoden Telefonanschlüsse. Immer
mehr Konsumenten fühlen sich geneppt.“
Ein eigenes
Flugblatt von Telekom Austria: „Achtung! Unseriöse Telefonvertreter unterwegs!“
Oder: „Sunrise-Agenten mit Wildwest-Methoden“ unterwegs.
Meine sehr
verehrten Damen und Herren! Ich habe jetzt nur einen kleinen Auszug aus der
Berichterstattung der letzten Monate gebracht. Wir Sozialdemokraten sehen hier
Handlungsbedarf. Ich möchte mich bei den ehemaligen Salzburger Stadtwerken,
nun Salzburg AG, recht herzlich bedanken, insbesondere beim ehemaligen
ÖVP-Landeshauptmann-Stellvertreter Dr. Gasteiger. Die Salzburg AG
ist das erste Unternehmen, das freiwillig auf Haustürkeiler verzichtet hat.
Ich hoffe, dass andere Unternehmen diesem Beispiel folgen, glaube jedoch, dass
eine gesetzliche Regelung absolut notwendig ist. (Beifall bei der SPÖ und
bei Abgeordneten der Grünen.)
19.41
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 171 |
Präsident
Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter
Dr. Mitterlehner. – Bitte.
19.41
Abgeordneter
Dr. Reinhold Mitterlehner (ÖVP): Herr Präsident! Meine Damen
und Herren! Was hier geschildert worden ist und was in den Medien durchaus
nachvollziehbar dargestellt wird, lässt im ersten Moment wirklich den Eindruck
entstehen, dass hier dringend eine gesetzliche Regelung erforderlich wäre. Ich
möchte mich einer solchen Regelung nicht grundsätzlich verschließen, aber
dennoch die Frage stellen, ob es die richtige Vorgangsweise ist, das im Bereich
der Gewerbeordnung zu regeln, im § 57, oder ob dieses Problem – nach
meinem Informationsstand spricht auch der Herr Minister noch zu diesem
Thema – nicht vielmehr im Bereich des Konsumentenschutzgesetzes behandelt
werden sollte, weil es dort von der Systematik her auch hingehört.
Die Gewerbeordnung
hat nämlich die Aufgabe, den Wettbewerb, den Zugang zum Gewerbe zu regeln und
dabei selbstverständlich auch auf Qualitätsmerkmale Wert zu legen. Würde man
das im § 57 umsetzen, lieber Mag. Maier, hätte der Konsument selber
direkt nichts davon, denn es würde de facto eigentlich nur möglichen
Konkurrenten eine Klagsmöglichkeit im Sinne des UWG eröffnen. Daher muss man
sich die Frage stellen, wo das Problem systematisch am besten abgehandelt
werden sollte.
Selbstverständlich
gibt es schon auch seriöse Anbieter, und die seriösen Anbieter sind gerade im
Bereich Telekom, Telekomdienstleistung die überwiegende Mehrzahl. Das bringt
für den Betroffenen keine Nachteile, sondern Vorteile, weil er dann eben
günstigere Tarife bekommt. Selbstverständlich muss man auch darauf hinweisen,
dass es gemäß Konsumentenschutzgesetz die Möglichkeit gibt, innerhalb eines
Zeitraums von bis zu zwei Wochen vom Geschäft zurückzutreten. (Abg.
Mag. Maier: Leider nicht! Es ist nur eine Woche! Zwei Wochen
fordern wir!) – Na ja, auf jeden Fall gibt es die Möglichkeit
zurückzutreten. Daher wäre es sicherlich auch im Sinne der Berater gerade im
Bereich der Arbeiterkammer, die Information des Konsumenten hierüber zu
verstärken. Auch ich habe mir einige Berichte durchgelesen und muss sagen,
konsequenteres Verhalten in dieser Hinsicht hätte einige der Diskrepanzen gar
nicht erst entstehen lassen.
Fasst man das
zusammen, würde ich sagen – es ist ja erst die erste Lesung, der Antrag
wird wahrscheinlich dem Wirtschaftsausschuss zugewiesen –, dass es also
noch genug Gelegenheit dazu geben wird, die ganze Thematik ausführlich zu
erörtern, zu beraten und eine konsumentengerechte Lösung zu finden. (Beifall
bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)
19.43
Präsident
Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr
Abgeordneter Bucher. – Bitte.
19.44
Abgeordneter
Josef Bucher (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr
Präsident! Hohes Haus! Herr Kollege Maier, ich stimme Ihnen zu: Es stimmt, dass
es in sehr vielen Fällen im Strombereich und in der Telekommunikationsbewerbung
zu Missbräuchen kommt, und selbstverständlich besteht hier akuter
Handlungsbedarf. Wir Freiheitlichen teilen auch die Auffassung meines Vorredners,
dass es nicht der richtige Weg wäre, dieses Problem über die Gewerbeordnung zu
lösen, da die Gewerbeordnung schon in den letzten Jahren und Jahrzehnten weit
überstrapaziert wurde und in ihr schon so viel an Reglementierungen
vorzufinden ist, dass es dem Unternehmertum immer schwerer fällt, zu
Geschäften zu kommen.
Statt der
Gewerbeordnung noch etwas hinzuzufügen, wäre es sinnvoll, auch einmal etwas
herauszustreichen, um so eine echte, moderne Marktwirtschaft in Österreich in
Schwung zu setzen und sie zu pushen.
Eine Änderung der
Gewerbeordnung würde selbstverständlich auch die Liberalisierung des Strommarkts
und des Telekommunikationsmarkts enorm beeinflussen. Generell darf Liberalisierung
aber nicht bedeuten, dass Missbräuche ermöglicht werden. Wir sind gegen
Missbrauch, und wir sind auch dafür, Methoden anzuwenden, die diesen Missbrauch
eindämmen.
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 172 |
Gerade die
Mobiltelefon- und Telekommunikationsbranche hat in den letzten Jahren nur eine
sehr geringe Änderungsbereitschaft gezeigt, was die Haustürgeschäfte betrifft.
Die Telekom Austria hat für ihre Agenten einen Verhaltenskodex eingeführt und
in Österreich auch einen eigenen Vertriebspartner aufgebaut, der die
Hausbesuche durchführt.
Ich würde auch
vorschlagen, die 0900er-Nummern zu hinterfragen und den Missbrauch, den es in
diesem Zusammenhang gibt. Das ist extrem aufklärungsbedürftig, denn hier
besteht kein Schutz für die Konsumenten. Dieser Frage sollten wir uns in
nächster Zukunft annehmen.
Im Bereich der
Energieliberalisierung wissen wir, dass es in den letzten eineinhalb Jahren große
Einsparungseffekte gegeben hat, die bis zu 50 Prozent ausgemacht haben.
Diese Liberalisierung hat also meiner Meinung nach insgesamt sehr positive
Effekte. (Beifall bei den Freiheitlichen.)
Unser Vorschlag
ist derselbe, den auch mein Vorredner bereits gemacht hat, nämlich das Problem
über das Konsumentenschutzgesetz zu regeln. Dies vor allem auch deshalb, weil
es da auch um ausländische Firmen geht, wie Sie, Herr Kollege Maier, schon
angeführt haben, und diese ausländischen Firmen können wir nur zu einer vernünftigen
und seriösen Geschäftspraxis erziehen, wenn wir den Konsumentenschutz in
Österreich ausbauen. Auch in Anbetracht der EU-Osterweiterung wäre es daher
sinnvoll, den Konsumentenschutz als Plattform dafür zu nutzen. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei
Abgeordneten der ÖVP.)
19.47
Präsident
Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau
Abgeordnete Dr. Moser. – Bitte.
19.47
Abgeordnete
Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr
Präsident! Meine Damen und Herren! 25 000 Beschwerdefälle in ganz
Österreich zum Thema Haustürgeschäfte im liberalisierten Telekom-
beziehungsweise Strombereich sprechen eine deutliche Sprache. Dass da etwas
geschehen muss, ist wohl unbestritten. Das zeigen sowohl die Berichte des VKI,
das zeigen auch die Arbeiterkammerrecherchen, und das merken wir täglich, wenn
wir Beschwerden von Betroffenen zur Kenntnis nehmen müssen.
Darum sehe ich es
sehr wohl als gerechtfertigt an, Herr Kollege Mitterlehner und Herr Kollege von
der FPÖ, dass wir das in der Gewerbeordnung regeln, denn von der
Rechtssystematik her ist nur dort ein Verbot der Gewerbeausübung möglich.
Schauen Sie sich doch den bestehenden § 57 an! Bereits jetzt wird darin
das Aufsuchen von Privatpersonen zum Zwecke des Sammelns von Bestellungen von
Waren oder Dienstleistungen bei Giften, Arzneimitteln, Verzehrprodukten,
Heilbehelfen, Uhren, Gold, Silber, Platinwaren, Juwelen, Edelsteinen, Waffen,
Munition et cetera verboten. Da gibt es also bereits einen legistischen
Ansatzpunkt, und den müssten wir nur erweitern.
Würden wir dagegen
Ihren Weg beschreiten, das Ganze ins Konsumentenschutzgesetz zu nehmen, dann
würden wir eigentlich nur mehr eine defensive Position einnehmen. Wir dagegen
wollen offensiv vorgehen, und das heißt dieses Gewerbe schlichtweg verbieten.
Das halten wir für effizienter, und dafür sprechen nicht nur die zahlreichen
Vorfälle, sondern dafür spricht auch die Rechtssystematik. Dass wir das nicht
länger hinauszögern dürfen, lässt sich auch anhand dieser aktuellen
Zeitungsberichte nachweisen, die hier bereits präsentiert worden sind. Die
Zeitungsberichte weisen auch noch auf andere Bereiche hin, die wir
konsumentenschutzmäßig dringend in den Griff bekommen müssen.
Ich verweise in
diesem Zusammenhang nur auf die Frage der Werbefahrten. Auch die Werbefahrten
sind ein leidiges Problem. Insbesondere ältere Personen werden immer wieder zur
Kasse gebeten und zu Käufen verlockt, die sie von sich aus nie angestrebt
hätten. Ich verweise auch auf die Frage der Gewinnspiele. Auch das ist dringend
zu regeln. Hier müssen strengere Kriterien angewandt werden, damit die Leute
nicht so zum Narren gehalten werden.
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 173 |
Vor diesem
Hintergrund gesehen sollte diese erste Lesung zu einer schnellen Behandlung in
einem der Ausschüsse führen, von mir aus im Wirtschaftsausschuss, aber genauso
gut auch im Justizausschuss. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)
19.50
Präsident
Dr. Heinz Fischer: Weitere Wortmeldungen dazu liegen
nicht vor. Damit schließe ich die Debatte.
Den Antrag 38/A,
den wir gerade in erster Lesung behandelt haben, weise ich dem
Wirtschaftsausschuss zu.
Die Tagesordnung
der heutigen Sitzung ist damit erschöpft.
Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses
Präsident Dr. Heinz Fischer:
Wir gelangen
nunmehr zur Verhandlung über den Antrag der Abgeordneten Dr. Cap,
Mag. Kuntzl, Mag. Gaßner, Kolleginnen und Kollegen auf Einsetzung
eines Untersuchungsausschusses betreffend die Beschaffung von Kampfflugzeugen.
Der Antrag ist
allen Abgeordneten schriftlich zugemittelt worden, er bedarf daher keiner Verlesung.
Der Antrag hat
folgenden Wortlaut:
Antrag
der
Abgeordneten Dr. Cap, Mag. Andrea Kuntzl, Mag. Gaßner,
Kolleginnen und Kollegen gemäss § 33 GOG betreffend die Einsetzung eines
Untersuchungsausschusses
Die unterzeichneten
Abgeordneten stellen den Antrag, einen Untersuchungsausschuss im Verhältnis V:
5, S: 4, F: 1 und G: 1 einzusetzen.
Gegenstand der
Untersuchung:
Aufklärung der
Vorwürfe möglicher Geldflüsse, „nützlicher Aufwendungen“ und Manipulationen des
Vergabeverfahrens im Zuge der Beschaffung von Kampfflugzeugen für das
österreichische Bundesheer seit April 2001;
Aufklärung von
Einflussnahmen auf Entscheidungsträger und Spitzenrepräsentanten der Regierungsparteien
in der 21. Gesetzgebungsperiode sowie auf jene Mitglieder der Bundesregierung,
die mit der Fortführung der Regierungsgeschäfte betraut sind, im
gegenständlichen Vergabeverfahren;
Aufklärung des Vorwurfs der Verfolgung von „wirtschaftlichen
(Eigen-)interessen“ von politischen Parteien und persönlichen Interessen von
Regierungsmitgliedern im Zuge der gegenständlichen Vergabe;
Aufklärung darüber, ob es im Zusammenhang mit diesem Sachverhalt –
bedingt durch die Verfolgung „wirtschaftlicher (Eigen-)interessen“ oder
Manipulationen durch Entscheidungsträger im Vergabeverfahren – zu
Nachteilen für die österreichischen SteuerzahlerInnen gekommen ist;
Aufklärung über die tatsächlich durch die betroffenen Minister
abgeschlossenen Verträge bzw. Vorverträge sowie Rücktrittsmöglichkeiten und
Schadenersatzfolgen aus diesen Vereinbarungen;
Untersuchung der rechtlichen und politischen Verantwortlichkeit im
Zusammenhang mit den genannten Sachverhalten.
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 174 |
Untersuchungsauftrag:
Der
Untersuchungsausschuss soll durch Erhebung von mündlichen und schriftlichen Auskünften
zum Untersuchungsgegenstand und durch Einsicht in die Akten des Bundeskanzleramtes,
des Bundesministeriums für Finanzen, des Bundesministeriums für
Landesverteidigung, des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit und
anderer Bundeseinrichtungen im Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand
alle Sachverhalte auf rechtliche und politische Verantwortlichkeiten
überprüfen.
Begründung:
Seit einem
offenen Korruptionsvorwurf von Landeshauptmann Dr. Haider gegen FP-Regierungsmitglieder,
durch den Ankauf von Abfangjägern bzw. einer bestimmten Type von Abfangjägern
„wirtschaftliche Interessen“ zu verfolgen und damit die „FPÖ in ihrer
politischen Handlungsfähigkeit offenkundig zu lähmen“, steht der größte
staatliche Beschaffungsvorgang der 2. Republik im Kreuzfeuer der Kritik
in- und ausländischer Medien.
Haider
begründete seinen Rückzug von einer neuerlichen Kandidatur für den FPÖ-Vorsitz
mit der Drohung eines unbekannten Mannes, der ihn vor einem Klagenfurter Lokal
mit den Worten angesprochen habe: „Herr Dr. Haider, behindern Sie den Kauf
der Abfangjäger nicht und passen Sie auf Ihre Familie auf“ und behauptete, dass
Bundesminister Herbert Haupt, nachdem dieser in einem Interview die Meinung
vertreten habe, dass der Abfangjägerkauf nicht durchgeführt werden solle, von
einem hochrangigen Beamten angerufen wurde und dieser mitteilte, dass wenn „das
nicht korrigiert wird, würde der Minister eine Paraphierung des Vertrages in
den nächsten Tagen vornehmen um deutlich zu machen, dass das Geschäft zustande
kommt.“
Neben diesen
massiven Vorwürfen durch Dr. Haider untermauern zahlreiche Fakten den Verdacht
von Unregelmäßigkeiten und Manipulationen im Rahmen der größten staatlichen Investition
der 2. Republik:
Der
Rechnungshof kritisierte die äußerst hohe Vorbelastung im
Landesverteidigungsbudget. Die Vorgangsweise der Bundesregierung, die eine
Beschaffung mit extremen Kosten vornimmt, ohne einen plausiblen
Finanzierungsplan zu erarbeiten, ist verantwortungslos. Es gibt diesbezüglich
keine Beschlüsse des Nationalrates, die eine solche budgetäre Belastung genehmigen.
Allein der Ankauf des Kriegsgerätes wird 2 Milliarden Euro an Kosten
verursachen, weiters ist völlig unklar, mit welchen Folgekosten für Wartung,
Instandhaltung und Betrieb zu rechnen ist.
Mit
27. Juni 2002 wurde durch die SPÖ-Fraktion ein Verlangen eingebracht, den
Ständigen Unterausschuss des Rechnungshofausschusses mit der Prüfung der
Gebarung des Bundeskanzleramtes, des Bundesministeriums für Finanzen, des
Bundesministeriums für Landesverteidigung sowie des Bundesministeriums für
Wirtschaft und Arbeit hinsichtlich des Vorganges: Beschaffung von Abfangjägern
(Vergabeentscheidung, Finanzierung, Vertragsgestaltung und Bewertung der
Kompensationsgeschäfte) zu befassen. Bedingt durch die Untätigkeit der Regierungsparteien
und letztlich dem Scheitern der schwarz-blauen Regierung wurden durch diesen
Ausschuss keine inhaltlichen Problemstellungen kontrolliert. Ein Antrag der
SPÖ-Fraktion auf Permanenterklärung dieses Ausschusses wurde am
20. September 2002 von den Regierungsparteien abgelehnt.
Noch am
24. April 2002 stellte der Beschaffungsexperte im
Verteidigungsministerium, Herbert Wagner, fest, dass „das europäische
Eurofighter-Konsortium mangels einer Zwischenlösung im ersten Angebot
eigentlich aus dem Wettbewerb ausgeschieden werden müsste“.
Eine Einsichtsbemerkung des Leiters der Gruppe Feldzeug-/Luftzeugwesen im BMLV vom 25. Juni 2002 lautete wie folgt: „Zufolge der festgestellten annähernden Gleichwertigkeit der Angebote und der gegebenen Erfüllung der Anforderungen für die Luftraumüberwachung in Österreich wird vorgeschlagen, dem Produkt mit den geringeren Anschaffungs- und Betriebskosten, also dem GRIPEN von SAAB/Bae, den Vorzug zu geben“. Dieser Einsichtsbemerkung
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 175 |
schlossen sich der Leiter der Beschaffungsabteilung
und der Generaltruppeninspektor in vollem Umfange an.
Finanzminister
Karl-Heinz Grasser lehnte noch am 25.6.2002 den Ankauf von (wörtlich)
Kriegsgerät ab, beugte sich aber den Spitzen der Regierung und der
Parlamentsklubs mit den Worten „ich versuche daher, die beste einer nicht so
guten Lösung mit auszuarbeiten“. Die „beste einer nicht so guten Lösung“
bestand in der Entscheidung für den Abfangjäger Eurofighter, das teuerste und
bisher nur als Prototyp in Verwendung stehende Kriegsgerät.
Der PR-Auftrag
in Höhe von kolportierten 850.000 Euro des EADS-Konsortiums wurde
großteils vom Werbeunternehmen des Ex-FPÖ-Geschäftsführer Gernot Rumpold und
dessen Frau durchgeführt. Dieser stellte gegenüber der Öffentlichkeit klar,
dass „wenn man in Österreich nicht mit einem Geldkoffer auftauche, gar nichts
klappe“, und verglich die österreichischen Strukturen mit jenen von Uganda.
Begründet wurde
die Entscheidung für den Eurofighter Typhoon mit dem vom EADS-Konsortium
angebotenen Gegengeschäften, wobei diesbezüglich festgehalten werden muss, dass
ein mit 20. Jänner 2003 datierter Zwischenbericht des
Wirtschaftsministeriums dokumentiert, dass bisher kein einziges Gegengeschäft
konkret vereinbart wurde. Um überhaupt nennenswerte Aufträge vorweisen zu
können, versucht das EADS-Konsortium, Vertragsabschlüsse ab 31. Oktober
2001 als Gegengeschäfte zu deklarieren, sodass die Fertigung des
Jeep-Grand-Cherokee-Nachfolgers zu den Kompensationen zählen soll.
Das durch
möglicherweise entstehende Gegengeschäfte meistbegünstigte Unternehmen, der
MAGNA-Konzern, war der frühere Arbeitgeber von Finanzminister Karl-Heinz
Grasser, diesem ist auch ein Rückkehrrecht zu seinem früheren Arbeitgeber
eingeräumt. Auch wurde bekannt, dass der Ehegatte von Vizekanzlerin Riess-Passer,
Michael Passer, einen Konsulentenvertrag mit dem MAGNA-Konzern abgeschlossen
hat.
Am 12.7.2002
erstattete ein unbekannter Anzeiger eine Sachverhaltsdarstellung betreffend
Beschaffungsvorgang „Abfangjäger“ an die Staatsanwaltschaft Wien. Der Anzeiger
äußert den dringenden Verdacht der organisierten Wirtschaftskriminalität und
verweist „auf im Ministerium vorliegende Dokumente“.
Auffällig an
dem Beschaffungsvorgang ist auch, dass die Typenentscheidung immer wieder aus
nicht transparenten Gründen verschoben wurde. Bekannt wurde jedoch, dass es wie
bei der Beschaffung von Radargeräten der Firma Thomson zur Intervention
gekommen ist. Bisher blieb die Tatsache unbestritten, dass sich der
CSU-Kanzlerkandidat Stoiber an Bundeskanzler Schüssel gewandt hat, um für das
Produkt Eurofighter zu intervenieren. Die Achse bayrische CSU und ÖVP war auch
Gegenstand einiger Untersuchungsausschussanträge betreffend eventueller
Zahlungen von „nützlichen Aufwendungen“ im Zusammenhang mit der Beschaffung von
militärischem Gerät, die jedoch bisher von der FPÖ/ÖVP-Mehrheit abgelehnt
wurden.
Mit 17.2.2003
verlangt plötzlich der 3. Nationalratspräsident Thomas Prinzhorn eine Neuausschreibung
zur Beschaffung von Abfangjägern, da nach seinen Aussagen ein neues Anbot des
Bieters SAAB vorliege, wonach eine Ersparnis von 700 Millionen Euro
gegenüber dem EADS-Gerät erzielt werden könne. Prinzhorn dazu wörtlich: „Wenn
es trotz des neuen Angebots von SAAB beim Eurofighter bleibt, dann muss es
Neuwahlen geben“.
Vollkommen
unklar ist bis heute die Rechtsfrage, inwieweit sich die Republik Österreich,
vertreten durch die betroffenen Ressortminister, bereits gegenüber dem
EADS-Konsortium zum Kauf von Abfangjägern verpflichtet hat. Ebenso blieben
Fragen hinsichtlich bestehender Rücktrittsmöglichkeiten bzw.
Schadenersatzfolgen eines Rücktrittes vom abgeschlossen (Vor)vertrag vollkommen
unbeantwortet.
Die von Bundeskanzler Schüssel vorgeschlagene Wirtschaftsplattform, die eine Finanzierung durch ein privates Konsortium vorbereiten soll, hat unter der Leitung von Ex-Wirtschaftsminister Dr. Farnleitner bisher keine konkreten Konzepte vorbereitet bzw. gegenüber der Öffentlichkeit kommuniziert. Diesbezüglich ist festzuhalten, dass im Zuge der Ausschreibung nicht von einer
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 176 |
entsprechenden Finanzierungsvariante ausgegangen wurde und daher eine
entsprechend finanzierte Vergabe ausschreibungswidrig durchgeführt würde.
Selbst der Chef
der Sparte Militärflugzeuge des Eurofighter-Produzenten EADS, Aloysius Rauen,
geht öffentlich davon aus, dass „nirgendwo mehr gelogen wird, als bei Gegengeschäften
und bei Beerdigungsreden“ (Salzburger Nachrichten vom 22.7.2002).
Vor dem
Hintergrund der massiven Vorwürfe gegen Bundeskanzler Schüssel im Zuge der
„Schreiber-Thomson-Affaire“, sowie der der StA Wien vorliegenden Sachverhaltsdarstellung,
den Aussagen von LH Haider, EADS-Werber Rumpold und EADS-Manager Rauen und den
weiteren obig angeführten Sachverhalten, ist die Prüfung des Vergabeverfahrens
und der Vergabeentscheidung hinsichtlich des Ankaufes von Abfangjägern sowie
die entsprechenden Vertragsabschlüsse durch die betroffenen Ressortminister
durch einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss unumgänglich.
Durch den
Rechnungshof wurde bisher ausschließlich die Ausschreibung des Abfangjägerankaufes
geprüft, mögliche Parteienfinanzierungen bzw. Geldflüsse („wirtschaftliche
Interessen“) außerhalb des Ausschreibungsprozesses konnten seitens des
Rechnungshofes keiner Kontrolle unterzogen werden.
Aus all den genannten Fakten und Darstellungen ist die sofortige Einsetzung
eines Untersuchungsausschusses und ein sofortiger Stopp der laufenden
Abfangjägerbeschaffung geboten.
Unter einem verlangen die unterzeichneten Abgeordneten gemäss § 33
Abs. 2 GOG die Abhaltung einer kurzen Debatte über diesen Antrag.
*****
Präsident Dr. Heinz Fischer:
Zur Begründung des
Antrags gelangt Herr Abgeordneter Mag. Gaßner zu Wort. Redezeit maximal
10 Minuten. – Bitte. (Abg. Ellmauer – in Richtung des sich zum Rednerpult
begebenden Abg. Mag. Gaßner –: Hochwasserstiefel anziehen!)
19.51
Abgeordneter Mag. Kurt Gaßner
(SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eine sehr spaßige
Bemerkung: „Hochwasserstiefel anziehen!“ – Jawohl, ich ziehe sie an, und
komme auf die Debatte des heutigen Nachmittags zurück, in der Herr Bundesminister
Scheibner gemeint hat – es ging um die europäische
Verteidigungspolitik –, dass er sich nicht vorstellen könne, dass in
Brüssel angefragt werden müsse, wenn Soldaten in den Hochwassereinsatz gingen.
Ich halte das für eine ganz billige Polemik, die sich weder die Hochwasseropfer
verdient haben noch die sehr engagierten Soldaten in diesem Einsatz. (Beifall
bei der SPÖ.)
Eine zweite
Bemerkung: Der Herr Bundeskanzler hat uns zu erklären versucht, dass sechs
Eurofighter weniger gekauft werden und mit dieser Einsparung Hochwasserschäden
bezahlt werden. Ich halte das für eine Verhöhnung derer, die heute noch
darunter leiden und noch lange darunter leiden werden. Erklären Sie bitte
diesen Menschen, wenn im Jahre 2005 Flieger, Kampfjets angeschafft und irgendwann
finanziert werden, wie dann die Hochwasseropfer heute etwas davon haben können!
Erklären Sie das den Leuten, bitte sehr! (Beifall bei der SPÖ.)
Sehr viel
interessanter für die Menschen, die unter den Hochwasserschäden leiden, ist die
Frage: Wie wird denn eigentlich diese enorme Verschwendung finanziert? Wie
werden denn diese 2 Milliarden überhaupt finanziert? (Abg. Murauer:
Was hat denn das mit den Hochwasseropfern zu tun?) Uns interessiert in
einem Untersuchungsausschuss die Frage, wann Sie endlich einen
Finanzierungsplan vorlegen werden, der gerade bei solchen Beträgen dem Nationalrat
vorgelegt werden muss. – Erste Frage.
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 177 |
Ich will auf die
Äußerungen des Kärntner Landeshauptmanns gar nicht mehr eingehen, um die
Regierungsstabilität der FPÖ nicht zu gefährden. In einem
Untersuchungsausschuss interessiert uns aber schon, wie Sie damit umgehen,
dass man über Folgekosten wie Betrieb, wie Wartung gar nichts redet, dass man
überhaupt nicht weiß, wie diese Kampfjets bewaffnet sind. Ist in dem Preis
überhaupt eine Bewaffnung inkludiert? Das interessiert uns in einem Untersuchungsausschuss!
Meine sehr
geehrten Damen und Herren! Uns interessiert auch die Aussage des Beschaffungsexperten
des Verteidigungsministeriums, der da meint, das EADS-Angebot gehöre ausgeschieden,
weil darin nichts für den Zeitraum vorgesehen sei, wenn die Draken ausgeschieden
sein würden und die neuen Jets noch nicht da seien.
Uns interessiert,
wieso Herr Finanzminister Grasser zunächst einmal gesagt hat, dass die Anschaffung
dieses Kriegsgeräts – so hat er das genannt – überhaupt abzulehnen
sei, und wieso er dann plötzlich dafür ist, und gleich für die teuerste Lösung.
Ich frage mich: Hat da vielleicht Onkel Frank grüßen lassen? Wurde vielleicht
irgendwo ein bisschen Druck ausgeübt auf diesen Herrn Finanzminister, oder hat
er sich damit die Möglichkeit erkauft, Finanzminister zu bleiben? Das mag auch
eine Möglichkeit sein.
Meine Damen und
Herren! Uns interessiert auch, wieso Herr Rumpold – Exgeschäftsführer der
FPÖ, soweit ich mich erinnern kann –, der einen riesigen PR-Auftrag
bekommen hat, in diesem Zusammenhang meinte, dass, wenn man in Österreich nicht
mit einem Geldkoffer auftauche, gar nichts klappe. Diese Aussagen interessieren
uns in einem Untersuchungsausschuss.
Wieso muss CSU-Kanzlerkandidat
Stoiber bei unserem Bundeskanzler intervenieren? Da war doch schon einmal etwas
bei der Anschaffung von Radargeräten der Firma Thomson. Auch damals gab es
diese Intervention, auch damals wurde das teuerste Gerät gekauft, und auch
jetzt war das offensichtlich wieder notwendig. Diese Fragen interessieren uns,
meine sehr geehrten Damen und Herren!
Als sehr
wesentlich erscheinen uns in einem Untersuchungsausschuss auch die Aussagen des
Dritten Präsidenten des Nationalrats, der da gemeint hat, dass ein Angebot von
SAAB vorliege, das um 700 Millionen € günstiger sei, und wenn das
nicht berücksichtigt werde und trotzdem Eurofighter gekauft würden, dann sei er
für Neuwahlen. Diese Aussagen interessieren uns, meine sehr geehrten Damen und
Herren.
Und eine letzte
Frage ist auch noch sehr interessant in dem Zusammenhang. Sie nimmt Bezug auf
eine Äußerung des Chefs der Sparte Militärflugzeuge bei EADS. Der hat
öffentlich gesagt, dass nirgendwo mehr gelogen werde als bei Gegengeschäften
und bei Beerdigungsreden.
Meine Damen und
Herren! Das sind Fragen, die nach einem Untersuchungsausschuss förmlich
schreien. Und ich frage mich, warum Sie so vehement dagegen sind, warum Sie
nicht die Gelegenheit eines Untersuchungsausschusses nützen, um zu zeigen, wie
weiß Ihre Weste ist und wie sehr das alles nicht stimmt. (Ruf bei der ÖVP:
Weil Sie keine guten Argumente haben!) Wenn Sie das wollen, dann stimmen
Sie unserem Antrag zu! (Beifall bei der SPÖ.)
19.56
Präsident Dr. Heinz Fischer:
Nächster Redner ist
Herr Abgeordneter Amon. Redezeit ab jetzt jeweils maximal
5 Minuten. – Bitte.
19.56
Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich kann es etwas kürzer machen als Kollege Gaßner. Wir haben ja heute im Grunde genommen schon eine umfassende Debatte zu diesem Thema abgehalten. Der Bundeskanzler hat in beeindruckender Weise nachgewiesen (ironische Heiterkeit bei der SPÖ), dass die SPÖ, solange sie in Regierungsverantwortung war, immer für eine Luftraumüberwachung eingetreten ist, immer für Abfangjäger war und dass sie, seit sie sich in Opposition befindet, ganz einfach keine staatspolitische Verantwortung mehr wahrnehmen will
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und sich gegen die Luftraumüberwachung wehrt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Gradwohl: Es geht um einen Untersuchungsausschuss!)
Die SPÖ ist sogar
so weit gegangen, dass sie versucht hat, die Nationalratswahl zu einer Volksabstimmung
über die Anschaffung von Luftraumüberwachungsflugzeugen umzufunktionieren. Auch
dieser Versuch ist relativ kläglich gescheitert.
Was Sie hier
versuchen, ist, über den Weg eines Untersuchungsausschusses eine Kriminalisierung
vorzunehmen. Dafür stehen wir sicherlich nicht zur Verfügung, insbesondere auch
deshalb nicht, weil der gesamte Beschaffungsvorgang vom Rechnungshof begleitet
wird. Die ÖVP wird daher diesem Antrag sicherlich nicht zustimmen. (Beifall
bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)
19.58
Präsident Dr. Heinz Fischer:
Zu Wort gelangt
Frau Abgeordnete Mag. Kuntzl. Gleiche Redezeit. – Bitte.
19.58
Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl
(SPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Wir alle wissen, dass in der
Öffentlichkeit eine sehr breite Ablehnung hinsichtlich der Anschaffung von
Abfangjägern besteht. (Abg. Großruck: Und dafür brauchen wir einen
Untersuchungsausschuss?) Aber das ist jetzt gar nicht Thema dieser Debatte.
Wir diskutieren an dieser Stelle nicht die politische Sinnhaftigkeit der
Anschaffung von Abfangjägern, sondern wir diskutieren an dieser Stelle die
Frage, warum genau diese Entscheidung in dieser Form gefasst wurde, warum Sie
sich entschieden haben, die teuersten Kampfflugzeuge anzuschaffen, und warum es
Kampfflieger sein müssen. Diese Entscheidung wurde auch gegen die militärische
Bewertung, gegen die Empfehlungen hochrangiger militärischer Experten
getroffen.
Sehr geehrte Damen
und Herren! Seit der Regierungsbildung sind die Fragezeichen, die hinsichtlich
dieser Anschaffung im öffentlichen Raum gestanden sind, nicht gerade kleiner
geworden. Ganz im Gegenteil! Sowohl in den Verhandlungen mit den Grünen als
auch in den Vorgesprächen zu Verhandlungen mit der Sozialdemokratischen Partei
war die Frage der Anschaffung der Kampfflugzeuge die Frage
schlechthin seitens der ÖVP. In dieser Frage haben Sie keine Bereitschaft
gezeigt, sich auch nur einen Zehntelmillimeter zu bewegen. Angesichts dessen
stellt sich die Öffentlichkeit schon die berechtigte Frage, warum das so ist
und welche Interessen dahinter stehen. Und das gilt es aufzuklären, sehr
geehrte Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)
Nach wie vor steht
der kryptische Vorwurf des Kärntner Landeshauptmanns im Raum, dass hinter
dieser Entscheidung wirtschaftliche Interessen stünden. Das hat ja auch in der
Freiheitlichen Partei große Wellen geschlagen, und nach wie vor steht dieser
Vorwurf unbeantwortet und unaufgeklärt im Raum.
Wir haben heute
mit unserer Dringlichen Anfrage den redlichen Versuch unternommen, mit einem
ganz normalen parlamentarischen Instrument wieder ein bisschen mehr Licht in
diese Geschichte zu bringen. Es ist nicht gelungen, denn in ganz
besonders nicht eindrucksvoller Art und Weise hat der Herr Bundeskanzler die Fragen nicht
beantwortet und zur Beseitigung dieser Fragezeichen wirklich keinen Beitrag
geleistet.
Wir haben schon
vor Monaten den Antrag gestellt, einen Untersuchungsausschuss einzusetzen. Sie
haben diesen Antrag vor Monaten abgelehnt. Wir stellen diesen Antrag heute noch
einmal. Wenn tatsächlich alles so sauber und korrekt ist, wie Sie es
darstellen, dann setzen Sie doch den Schritt zur Einsetzung des
Untersuchungsausschusses, um auch die Öffentlichkeit davon zu überzeugen! Sehr
geehrte Damen und Herren! Wenn Sie wirklich nichts zu verbergen haben, dann
gibt es keinen Grund, heute der Einsetzung des Untersuchungsausschusses nicht
zuzustimmen! (Beifall bei der SPÖ.)
Lassen Sie mich vor dem Hintergrund dieser aktuellen Frage der Einsetzung eines Untersuchungsausschusses auch noch darauf hinweisen, dass es aus unserer Sicht ganz besonders
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wichtig
wäre – und wir hätten uns das für den Fall einer Regierungsbeteiligung als
wichtigen Punkt vorgenommen –, dass die Einsetzung von
Untersuchungsausschüssen ein Minderheitsrecht im Nationalrat wird. Ich möchte
Ihnen jetzt die Anregung für die laufenden Koalitionsverhandlungen mitgeben,
diesen Punkt sehr, sehr ernst zu nehmen und umzusetzen. (Beifall bei der
SPÖ.)
20.02
Präsident Dr. Heinz Fischer:
Nächster Redner ist
Herr Abgeordneter Dr. Bösch. – Bitte. (Abg. Schieder: Er hat doch
heute schon geredet!)
20.02
Abgeordneter Dr. Reinhard Eugen Bösch (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dieser Antrag
der SPÖ ist ein wiederholter billiger Versuch von Oppositionsseite, ein
staatspolitisch wichtiges Thema zu kriminalisieren. (Zwischenruf des Abg. Dr. Cap.)
Wir konnten sachpolitisch darüber heute schon im Rahmen Ihrer verunglückten
Dringlichen Anfrage diskutieren. Ich habe dort schon erwähnen dürfen, dass die
Ausschreibungsmodalitäten vom Rechnungshof geprüft worden sind. Diese Prüfung
liegt vor. Wir werden in Bälde auch einen Prüfungsbericht in Bezug auf den
gesamten Beschaffungsvorgang vorliegen haben. Das heißt für mich: Wir brauchen
keinen Untersuchungsausschuss! (Beifall bei den Freiheitlichen.)
20.03
Präsident Dr. Heinz Fischer:
Nächster Redner ist
Herr Abgeordneter Mag. Kogler. Die Redezeit beträgt
5 Minuten. – Bitte.
20.03
Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Ob die Art und Weise, wie der Herr Bundeskanzler heute geantwortet hat,
eindrucksvoll war, darf dahingestellt bleiben. (Zwischenruf des Abg. Amon.)
Wir haben die Debatte an dem Punkt beendet, dass wir möglicherweise gar
nichts anderes tun können, als weiterhin einen Untersuchungsausschuss in dieser
Angelegenheit zu verlangen, wenn das die Antwortqualität bleibt.
Ich darf zurückkommen auf ein paar Fragen, welche die SPÖ-Fraktion heute
gestellt hat. Es wurde beispielsweise gefragt, wie hoch etwa die
Finanzierungskosten für den Typus Eurofighter und für den Typus Gripen
waren. – Der Herr Bundeskanzler
hat gesagt, dass er es nicht recht weiß und dass er es, auch wenn er es wüsste,
nicht sagen dürfte. – Beides ist falsch! Er weiß es, und er sagt es aus
einem bestimmten Grund nicht. Er sagt es deshalb nicht, weil bei allen
Zahlungszielen und Konditionen Saab Gripen dem Eurofighter eindeutig überlegen
ist. Sehen Sie, das diskutieren wir jetzt, Herr Kollege, und nicht:
Abfangjäger – ja oder nein!
Der Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zielt eindeutig
darauf ab, zu untersuchen, wie in dem Beschaffungsvorgang vorgegangen wurde.
Und ich sage Ihnen noch einmal: Was der Herr Bundeskanzler verschweigt, ist sehr wohl interessant für das
Parlament. Wenn eine Anfrage an ihn gerichtet wird und er nicht antwortet, dann
ist ein Untersuchungsausschuss das richtige Instrument, und deshalb drängt ja
alles darauf hin.
Wie gesagt: In jeder dieser Finanzierungsvarianten ist der
alternative – wenn Sie es so nennen wollen – Saab Gripen deutlich
billiger. Wie das noch zu rechtfertigen sein wird, darauf sind wir sehr
gespannt! Jedenfalls ist dieser Aspekt schwer aufklärungsbedürftig.
Der nächste Aspekt ist auch nicht unbedingt neu, wird aber juristisch
immer relevanter: Wenn während des Vergabevorgangs von 24 auf
18 Abfangjäger zurückgestuft wird, dann sollten – wir behaupten: dann
müssten – dem zweiten Anbieter die gleichen Konditionen vorgelegt werden.
Das war aber nicht der Fall! Er kommt beim Verteidigungsministerium nicht
einmal mehr bei der Tür hinein. Die Türen wurden ihm zugeschlagen, obwohl das
nächste Angebot auf 18 Abfangjäger wesentlich billiger wäre! – Da
frage ich mich: Warum muss das so sein? Warum muss das so sein, Herr Bundeskanzler? Das ist schwer
aufklärungsbedürftig! (Beifall bei den Grünen.) Daher sollten Sie nicht
so beleidigt sein, wenn ein Untersuchungsausschuss verlangt wird, wenn eben
gerade zuvor die Anfrage mangelhaft oder gar nicht beantwortet wurde.
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In meinem letzten Punkt in diesem Zusammenhang komme ich noch einmal zu
den Gegengeschäften. Wirtschaftsminister Bartenstein ist ja auch hier. Da
passt nämlich hinten und vorne nichts zusammen! Ich erwähne das an dieser
Stelle deshalb, weil wir es alle erleben werden, dass am Schluss dieser ganzen
leidigen Angelegenheit die Argumentation wird herhalten müssen: Die Opposition
hat Recht gehabt, der Gripen war viel billiger und militärtechnisch auch nicht
schlechter, aber die Sorge um das Staatsganze und die wirtschaftspolitischen
Notwendigkeiten haben uns den Eurofighter beschert.
Herr Bundeskanzler! Kommt
Ihnen das nicht auch bekannt vor? Hatten wir das nicht schon bei Thomson?
Dieses Drehbuch für die Eurofighter-Beschaffung entspricht eins zu eins der Beschaffung
der Radargeräte von Thomson. Auch damals wurde interveniert, dass sich die
Balken gebogen haben – Sie wissen das ganz genau –, und zwar leider
in manchen Punkten auch erfolgreich, und das zum Schaden der Republik. Und es
hilft Ihnen jetzt gar nichts, wenn Sie mit dem geschätzten Herrn
Nationalratspräsidenten weiter Konversation treiben. Sie werden irgendwann und
irgendwo und hoffentlich in diesem Untersuchungsausschuss Rede und Antwort stehen
müssen, wenn Sie die Antworten sonst nirgends geben wollen!
Ich komme zurück zur Abfolge: Es werden am Ende des Tages die
Gegengeschäfte sein, die Sie als Grund dafür strapazieren werden, warum man
nicht anders entscheiden konnte. Bis dato liegen allerdings keine
Gegengeschäfte vor. Wir haben uns Unterlagen, soweit es uns möglich war,
besorgt. Wir haben Unterlagen aus dem Wirtschaftsministerium, aus welchen sogar
erkennbar ist, dass massiv Druck hinsichtlich der Entscheidungskriterien
ausgeübt wird. So sollten etwa Geschäfte, die nachweislich ohne die
Eurofighter-Beschaffung zustande gekommen sind, in Höhe von Hunderten
Millionen Euro als Gegengeschäft verbucht und angerechnet werden. Das ist doch
alles nicht mehr nachvollziehbar! Entweder es ist ein Gegengeschäft, dann
steht es in ursächlichem Zusammenhang mit der Eurofighter-Beschaffung, oder es
ist eben keines, dann darf das aber nicht hineinreklamiert werden. Mit diesen
alten Einserschmähs wird jetzt wieder hausieren gegangen, und ich meine, dass man
es sich als Abgeordneter tatsächlich nicht bieten lassen kann, wenn in diesen
Punkten dann die Antworten ausbleiben. (Beifall bei den Grünen und bei
Abgeordneten der SPÖ.)
Das waren die wichtigsten Argumente. Ich sehe, meine Redezeit ist zu
Ende. Ich sollte an alle Abgeordneten appellieren, auch an jene der ÖVP,
endlich einmal nachzufragen, warum es ausgerechnet das teuerste Gerät sein
muss. (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)
Vielleicht ist gerade für Sie der Untersuchungsausschuss das Wichtigste, nicht
nur für die Opposition! (Beifall bei den
Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)
20.08
Präsident Dr. Heinz Fischer:
Zu Wort ist niemand
mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.
Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des
Abgeordneten Dr. Cap auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur
Überprüfung des Ankaufs dieser Kampfflugzeuge.
Ich bitte jene Damen und Herren, die dem Antrag auf Einsetzung eines
Untersuchungsausschusses zustimmen, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit.
Der Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses ist daher abgelehnt.
Einlauf
Präsident
Dr. Heinz Fischer: Ich gebe noch bekannt, dass in der
heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 43/A bis 60/A eingebracht wurden.
Ferner sind die Anfragen 122/J bis 148/J eingelangt.
*****
Nationalrat, XXII.GP | 5. Sitzung / Seite 181 |
Die nächste
Sitzung des Nationalrates, die geschäftsordnungsmäßige Mitteilungen und Zuweisungen
betreffen wird, berufe ich für 20 Uhr 9 Minuten, das heißt im
unmittelbaren Anschluss an diese Sitzung, ein.
Diese Sitzung ist geschlossen.
Schluss der Sitzung: 20.09 Uhr
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