Stenographisches Protokoll

79. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

 

XXII. Gesetzgebungsperiode

 

Donnerstag, 14. Oktober 2004

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


 


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79. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXII. Gesetzgebungsperiode       Donnerstag, 14. Oktober 2004

Dauer der Sitzung

Donnerstag, 14. Oktober 2004: 9.04 – 20.09 Uhr

*****

Tagesordnung

Erste Lesung der Regierungsvorlage betreffend das Bundesfinanzgesetz 2005 samt Anlagen

*****

Inhalt

Personalien

Verhinderungen ................................................................................................................ 6

Geschäftsbehandlung

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwor­tung 1954/AB gemäß § 92 Abs. 1 der Geschäftsordnung ........................................................................................ 25

Durchführung einer kurzen Debatte gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung         104

Redner:

Mag. Werner Kogler ................................................................................................... 104

Bundesminister Dr. Martin Bartenstein .........................................................  107, 114

Dr. Werner Fasslabend .............................................................................................. 110

Dr. Günther Kräuter ................................................................................................... 111

Markus Fauland .......................................................................................................... 113

Dr. Peter Pilz ............................................................................................................... 115

Antrag der Abgeordneten Mag. Christine Muttonen, Kolleginnen und Kollegen, dem Kulturausschuss zur Berichterstattung über den Selbständigen Entschlie­ßungsantrag 456/A (E) betreffend vorzeitige Abberufung des Geschäftsführers des Kunsthistorischen Museums gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung eine Frist bis 8. November 2004 zu setzen ................................................................................... 26

Verlangen gemäß § 43 Abs. 3 der Geschäftsordnung auf Durchführung einer kur­zen Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG .......................................................................................................... 26


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79. Sitzung / Seite 2

Redner:

Mag. Christine Muttonen ........................................................................................... 116

Dr. Andrea Wolfmayr ................................................................................................. 118

Gerhard Reheis .......................................................................................................... 120

Detlev Neudeck ........................................................................................................... 121

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl ......................................................................................... 123

Ablehnung des Fristsetzungsantrages ........................................................................ 124

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung .......................................................................................................... 26

Antrag der Abgeordneten Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur Untersuchung der Verant­wortung von Bundesministerin Gehrer für fehlende Konsequenzen aus den offen­kundigen Missständen im Kunsthistorischen Museum gemäß § 33 Abs. 1 der Ge­schäftsordnung ........................................................................................................ 181

Bekanntgabe ................................................................................................................... 39

Verlangen gemäß § 33 Abs. 2 der Geschäftsordnung auf Durchführung einer kur­zen Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG .......................................................................................................... 39

Redner:

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl ......................................................................................... 183

Dr. Peter Sonnberger ................................................................................................. 186

Mag. Christine Muttonen ........................................................................................... 187

Dr. Helene Partik-Pablé ............................................................................................. 188

Mag. Werner Kogler ................................................................................................... 189

Ablehnung des Antrages .............................................................................................. 190

Aktuelle Stunde (19.)

Thema: „Aufschwung schafft Arbeit“ .......................................................................... 6

Redner:

Karlheinz Kopf ................................................................................................................ 6

Bundesminister Dr. Martin Bartenstein ...................................................................... 9

Jakob Auer .................................................................................................................... 12

Dr. Josef Cap ................................................................................................................ 14

Dipl.-Ing. Uwe Scheuch ............................................................................................... 15

Dr. Eva Glawischnig .................................................................................................... 17

Christine Marek ............................................................................................................ 19

Doris Bures ................................................................................................................... 20

Sigisbert Dolinschek .................................................................................................... 22

Karl Öllinger .................................................................................................................. 23

Ausschüsse

Zuweisungen .........................................................................................................  24, 181

Verhandlungen

Erste Lesung der Regierungsvorlage betreffend das Bundesfinanzgesetz 2005 samt Anlagen (650 d.B.)          ............................................................................................................................... 26

Redner:

Mag. Wilhelm Molterer ................................................................................................ 27

Dr. Alfred Gusenbauer ................................................................................................ 30


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79. Sitzung / Seite 3

Herbert Scheibner ........................................................................................................ 34

Dr. Alexander Van der Bellen ..................................................................................... 39

Vizekanzler Hubert Gorbach ....................................................................................... 43

Dr. Reinhold Mitterlehner ............................................................................................ 45

Dr. Christoph Matznetter ............................................................................................. 47

Josef Bucher ................................................................................................................. 50

Dr. Peter Pilz ................................................................................................................. 53

Bundesminister Mag. Karl-Heinz Grasser .................................................  55, 86, 141

Dr. Michael Spindelegger ............................................................................................ 57

Gabriele Heinisch-Hosek ............................................................................................. 59

Maximilian Walch ......................................................................................................... 60

Mag. Werner Kogler ..................................................................................................... 62

Staatssekretär Dr. Alfred Finz ...........................................................  63, 155, 160, 172

Fritz Grillitsch ............................................................................................................... 65

Josef Broukal ................................................................................................................ 66

Dr. Helene Partik-Pablé ............................................................................................... 68

Michaela Sburny ........................................................................................................... 69

Dr. Reinhold Lopatka ................................................................................................... 71

Kurt Eder ....................................................................................................................... 72

Dr. Reinhard Eugen Bösch ......................................................................................... 74

Theresia Haidlmayr ...................................................................................................... 75

Dr. Gertrude Brinek ..................................................................................................... 76

Dieter Brosz (tatsächliche Berichtigung) ...................................................................... 77

Renate Csörgits ............................................................................................................ 78

Klaus Wittauer .............................................................................................................. 79

Karl Öllinger .................................................................................................................. 81

Jakob Auer .................................................................................................................... 82

Mag. Johann Moser ..................................................................................................... 84

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann ................................................................................... 87

Dr. Kurt Grünewald ...................................................................................................... 88

Ridi Steibl ...................................................................................................................... 90

Heidrun Silhavy ............................................................................................................ 91

Mares Rossmann ......................................................................................................... 93

Mag. Brigid Weinzinger ............................................................................................... 94

Karl Donabauer ............................................................................................................ 95

Mag. Christine Muttonen ............................................................................................. 97

Elmar Lichtenegger ..................................................................................................... 98

Mag. Ulrike Lunacek .................................................................................................... 99

Mag. Karin Hakl .......................................................................................................... 101

Michaela Sburny (tatsächliche Berichtigung) ............................................................ 102

Karl Öllinger (tatsächliche Berichtigungen) ......................................................  102, 152

Mag. Gisela Wurm ...................................................................................................... 102

Dipl.-Ing. Uwe Scheuch ............................................................................................. 125

Mag. Karin Hakl (tatsächliche Berichtigung) .............................................................. 126

Dr. Gabriela Moser ..................................................................................................... 126

Mag. Walter Tancsits ................................................................................................. 128

Mag. Dietmar Hoscher ............................................................................................... 128

Dipl.-Ing. Elke Achleitner ........................................................................................... 129

Sabine Mandak ........................................................................................................... 131

Bettina Stadlbauer (tatsächliche Berichtigung) ......................................................... 132

Karl Freund ................................................................................................................. 132

Mag. Andrea Kuntzl ................................................................................................... 134

Markus Fauland .......................................................................................................... 135

Dieter Brosz ................................................................................................................ 136

Wolfgang Großruck ................................................................................................... 138

Dr. Caspar Einem (tatsächliche Berichtigung) ........................................................... 140


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DDr. Erwin Niederwieser ........................................................................................... 140

Sigisbert Dolinschek .................................................................................................. 142

Heidemarie Rest-Hinterseer ..................................................................................... 143

Dr. Ferdinand Maier ................................................................................................... 145

Gerhard Reheis .......................................................................................................... 146

Detlev Neudeck ........................................................................................................... 147

Mag. Terezija Stoisits ................................................................................................. 149

Kai Jan Krainer (tatsächliche Berichtigung) ............................................................... 150

Georg Keuschnigg ..................................................................................................... 151

Bettina Stadlbauer ..................................................................................................... 152

Dr. Dieter Böhmdorfer ............................................................................................... 154

Dr. Ferdinand Maier (tatsächliche Berichtigung) ....................................................... 155

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl ......................................................................................... 156

Otto Pendl (tatsächliche Berichtigung) ....................................................................... 157

Ing. Norbert Kapeller .................................................................................................. 157

Anton Gaál .................................................................................................................. 158

Herbert Scheibner (tatsächliche Berichtigung) .......................................................... 159

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber ........................................................................... 160

Matthias Ellmauer ...................................................................................................... 161

Mag. Melitta Trunk ..................................................................................................... 163

Walter Murauer ........................................................................................................... 164

Stefan Prähauser ........................................................................................................ 165

Werner Amon, MBA ................................................................................................... 166

Rudolf Parnigoni ........................................................................................................ 167

Dr. Peter Wittmann .................................................................................................... 169

Beate Schasching ...................................................................................................... 170

Anita Fleckl ................................................................................................................. 171

Marianne Hagenhofer ................................................................................................ 172

Dipl.-Ing. Werner Kummerer ..................................................................................... 173

Dr. Robert Rada .................................................................................................  174, 181

Ing. Kurt Gartlehner ................................................................................................... 175

Dr. Elisabeth Hlavac ................................................................................................... 176

Ulrike Königsberger-Ludwig .................................................................................... 177

Alfred Schöls (tatsächliche Berichtigung) .................................................................. 178

Karl Dobnigg ............................................................................................................... 179

Anton Heinzl ............................................................................................................... 179

Heidrun Walther ......................................................................................................... 180

Zuweisung der Regierungsvorlage 650 d.B. an den Budgetausschuss ...................... 181

Eingebracht wurden

Anträge der Abgeordneten

Kurt Eder, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Reduktion der Belastungen für Autofahrer und PendlerInnen (459/A) (E)

Dr. Alfred Gusenbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Gewährung eines bun­deseinheitlichen Heizkostenzuschusses (460/A) (E)

Anfragen der Abgeordneten

Kurt Eder, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend unnötige Staus durch technisch nicht ausgereifte Boden­markierungen (2204/J)


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Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend „Ermordung von über 4 000 italienischen Soldaten auf Kefalonia durch die deutsche Wehrmacht (Edelweis-Division)“ (2205/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend „Kontrolle der Ein- und Ausfuhr von Feuerwerkskörper (Pyrotechnikmateria­lien)“ (2206/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend „Kontrolle nach dem Pyrotechnikgesetz – Änderung Pyrotechnikgesetz“ (2207/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend „Herstellung, Lagerung und Handel mit pyrotechnischen Artikeln“ (2208/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend „Hausunterricht – Abmeldung von öffentlichen Schulen – Zahlen – Aufsicht & Kontrolle“ (2209/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres be­treffend „Ski- und Snowboarddiebstähle in Österreich – Daten Wintersaison 2002/2033 und 2003/2004“ (2210/J)

Mag. Gisela Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Veräußerung der Innsbrucker Objekte aus dem Bundesvermögen (2211/J)

DDr. Erwin Niederwieser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finan­zen betreffend Forschungsimpulse durch Absetzbarkeit von Spenden an begünstigte Empfänger (2212/J)

Dr. Christian Puswald, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend den Besuch von Staatssekretär Schweitzer in Athen (2213/J)

Mag. Christine Muttonen, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Ankauf einer Sphinx-Skulptur sowie sechs Uschebtis (ägyptische Grabbeigaben) durch das KHM (2214/J)

Gerhard Steier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forst­wirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Recycling von PKW-Katalysatoren (2215/J)



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Beginn der Sitzung: 9.04 Uhr

Vorsitzende: Präsident Dr. Andreas Khol, Zweite Präsidentin Mag. Barbara Prammer, Dritter Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn.

*****

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Meine Damen und Herren! Die Sitzung ist eröffnet.

Ich darf Sie bitten, die Sitzplätze einzunehmen – wir sind gleich live im Fernsehen, und ich bekomme dann wieder Briefe, in denen es heißt, dass sich die Abgeordneten im Plenum nicht auf die entsprechenden Dinge konzentrieren.

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Dr. Stummvoll, Lackner, Verzetnitsch und Dr. Bleckmann.

Aktuelle Stunde

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nunmehr zur Aktuellen Stunde mit dem Thema:

„Aufschwung schafft Arbeit“

Als Erster zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Kopf. Seine Redezeit beträgt 10 Minuten. – Bitte.

(Abg. Kopf begibt sich zum Rednerpult und platziert dort, unter dem Beifall von ÖVP-Abgeordneten und Abgeordneten der Freiheitlichen, eine rot-weiß-rote Tafel mit der Aufschrift „Aufschwung schafft Arbeit“.)

 


9.05

Abgeordneter Karlheinz Kopf (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich freue mich, dass Sie auf diese Tafel – und vor allem, nehme ich an, auf die darauf stehende Aussage – an diesem Morgen so erfreut reagieren. (Abg. Dr. Einem: Das Rot ist das Schönste!) Ich glaube in der Tat, dass der gestrige 13. Oktober und natürlich auch der heutige 14. Oktober be­sondere Tage sind – man sollte sie fast zu Feiertagen erheben (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen – Rufe bei der SPÖ und den Grünen: „Mehr Feiertage!“ – „Weniger Arbeit!“ – weitere Zwischenrufe bei der SPÖ und den Grünen – Abg. Riepl: Die Feiertage, die Sie einführen, ...!) –, denn der Herr Finanzminister hat uns gestern ein Budget vorgelegt, dessen Kern die wohl größte Steuerentlastung der Zweiten Republik bildet. (Abg. Parnigoni: Für die Reichen!) Und Entlastung, meine Damen und Herren, schafft Aufschwung, und Aufschwung schafft Arbeit! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich weiß schon, meine Damen und Herren von der Opposition, es gibt in Ihren Reihen Menschen, die haben kürzlich ... (Abg. Scheibner – in Richtung SPÖ gewandt –: Du bist noch nicht munter heute! – Gegenrufe bei der SPÖ.) – Es sind alle schon recht munter heute!

Meine Damen und Herren! Es gibt in Ihren Reihen Menschen, die tatsächlich eine hohe Abgabenquote für einen Indikator für den Entwicklungsstand oder den Entwicklungs­grad einer Gesellschaft halten, wie kürzlich Herr Matznetter gesagt hat. (Abg. Dr. Pirkl­huber: Aber der Umkehrschluss ist auch völlig falsch!) Ich bin eher der Meinung (Abg. Dr. Pirklhuber: Der Umkehrschluss ist detto falsch!), dass das ein Gradmesser für das


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Maß an Entmündigung durch den Staat ist. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ich gehe sogar noch einen Schritt weiter und sage: Eine hohe Abgabenquote ist mo­derne Sklaverei. (Rufe bei der SPÖ: Was?) – Ihre Philosophie scheint nämlich fol­gende zu sein: Arbeite lange für den Staat und gib ihm dein Einkommen in Form einer hohen Steuer- und Abgabenquote – und er gibt dir dann wieder das, was du seiner Ansicht nach zum Leben brauchst. (Abg. Dr. Pirklhuber – auf den Redner weisend –: Er hat keinen Kaffee getrunken in der Früh!) – Wir sind eher der Meinung, dass die Abgabenquote niedrig sein sollte, weil dies Leistung stimuliert, weil den Menschen da­durch ihre Leistung, die sie erbringen, auch honoriert wird.

Aber, meine Damen und Herren, eine hohe Abgabenquote ist immer auch ein Stück weit Ausdruck der Budgetpolitik der Vergangenheit. Sie, meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie, haben in der Vergangenheit ein hohes Defizit immer damit argu­mentiert, dass das Beschäftigung schaffe. (Abg. Dr. Pirklhuber: Kollege Kopf, rechnen Sie uns einmal vor, wie lange ...!) Ich kann Ihnen leicht den Gegenbeweis erbringen: Deutschland: 3,6 Prozent Defizit, aber Rekordarbeitslosigkeit (Abg. Heinzl: Und wir nicht?) mit 9,8 Prozent; Frankreich: 3,7 Prozent Defizit, aber trotzdem 9,6 Prozent Arbeitslosigkeit; Italien: 3,2 Prozent Defizit und 8,5 Prozent Arbeitslosigkeit. Österreich hingegen: gerade einmal 1,3 Prozent Defizit heuer, aber die geringste Arbeitslosig­keit aller EU-Staaten mit 4,5 Prozent! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen und Bravoruf bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Damit ist der Beweis erbracht, dass ein hohes Defizit mit Si­cherheit nicht zu einer hohen Beschäftigung beiträgt. Wir haben in Österreich Rekord­beschäftigung mit 3 244 000 Beschäftigten – das sind und 100 000 mehr als 1999, das sind um 28 000 mehr als vor einem Jahr. Das Bruttoinlandsprodukt in Österreich pro Kopf, also die Wertschöpfung in diesem Land, liegt um 21 Prozent über dem Durch­schnitt aller europäischen Staaten. Die Inflation der letzten Jahre liegt mit 1,8 Prozent unter dem europäischen Schnitt. Die Realeinkommen steigen um etwa 2 Prozent, die Exporte sind heuer im ersten Halbjahr um 11 Prozent gestiegen. (Abg. Brosz: Ist das die Rede von Grasser gestern?) Sie sind in den letzten vier Jahren um 31 Prozent gestiegen, und wir haben 50 000 neue Unternehmen in Österreich. (Abg. Riepl: Und 50 000 Arbeitslose ...!)

Meine Damen und Herren! Die Konjunktur der letzten Jahre war mit Sicherheit nicht besonders berauschend – weltweit –, aber wir in Österreich haben diese schwierigen Jahre viel besser überstanden als alle anderen. Ich kann Ihnen auch sagen, warum: Wir haben in den letzten Jahren in der Politik gehandelt: Wir haben zwei Konjunktur­belebungspakete gemacht, wir haben ein Wachstums- und Stabilitäts- und Standort­paket gemacht (Abg. Heinzl: 50 000 Arbeitslose, du weißt es!) – und konnten trotzdem das Defizit auf dem niedrigsten Wert von gerade einmal 1,3 Prozent halten! Ohne diese zusätzlichen Maßnahmen wäre das Defizit sogar weiterhin bei null geblieben.

Das heißt, es gilt tatsächlich der Spruch: Spare in der Zeit, dann hast du – nicht „in der Not“, aber: wenn du es brauchst! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Frei­heitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Deutschland, Frankreich, Italien, meine Damen und Herren, hätten gerne diesen bud­getären Spielraum, nur: Sie haben Defizite von weit über 3 Prozent, und ihnen fehlt der Handlungsspielraum, um solche Konjunkturpakete machen und damit im eigenen Land etwas für die Beschäftigung tun zu können.

Wir haben uns den Spielraum in der Anfangszeit der schwarz-blauen Koalition ge­schaffen, und wir nutzen ihn jetzt für mehr Beschäftigung in diesem Land! (Beifall bei


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der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Dr. Wittmann: 50 000 Ar­beitslose! 50 000 Arbeitslose!)

Meine Damen und Herren! Die Konjunktur beginnt sich weltweit zu erholen. Und wir nutzen diesen beginnenden Aufschwung und machen die größte Steuerreform der Zweiten Republik. Der Zeitpunkt dafür könnte nicht besser sein! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Parnigoni: ... Schmäh führen!)

Das Wifo prognostiziert uns beispielsweise, dass durch diese steuerlichen Maßnahmen ein zusätzliches Wirtschaftswachstum von etwa je einem halben Prozent nächstes Jahr und dann noch einmal im Jahr 2006 kommen wird. Und dieses gesamte Paket gene­riert Investitionen, es stärkt die Eigenkapitalbasis der Betriebe, und es stärkt die Kauf­kraft der Bevölkerung!

Meine Damen und Herren! Die österreichische Wirtschaft steht in einem internationalen Wettbewerb, der Standort Österreich steht mitten in einem internationalen Wettbewerb. Unsere Arbeitsplätze sind auf dem Markt einer globalisierten Welt. Wir haben zehn neue EU-Staaten um uns herum, in denen die Steuersituation folgende ist: Diese Staa­ten besteuern die Unternehmenserträge, in der Slowakei mit 19 Prozent, in Ungarn nur mit 16 Prozent, in Polen mit 19 Prozent. – Und wir setzen die richtige Maßnahme! Alle Experten sagen uns, die Senkung der Körperschaftsteuer von 34 auf 25 Prozent (Abg. Dr. Pirklhuber: Das ist keine gute Maßnahme!), die Halbierung der Besteuerung der nicht entnommenen Gewinne in den Personengesellschaften und auch diese neue Gruppenbesteuerung (Ruf bei den Grünen: Die besonders! – Abg. Öllinger: Die be­sonders!) bringen Arbeitsplätze nach Österreich und sichern die bestehenden Arbeits­plätze in Österreich. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Dr. Pirklhuber: Bei den Gemeinden, da geht uns das Geld ab!)

Wenn Sie es mir nicht glauben wollen, meine Damen und Herren: Die Austrian Busi­ness Agency verzeichnet eine Steigerung von 17 Prozent der Erstkontakte von aus­ländischen Firmen, die sich in Österreich ansiedeln wollen. Sie haben 25 Prozent mehr konkrete Projekte schon in Verhandlung! BMW investiert 500 zusätzliche Millionen €, Magna 250 Millionen €, Opel 380 Millionen € – und schafft damit 800 zusätzliche Arbeitsplätze. Und Sie wissen: Viele Klein- und Mittelbetriebe hängen auch mit ihrer Beschäftigung an der Beschäftigung und an der Konjunktur dieser großen Konjunktur machenden Betriebe.

Die Stimmung draußen in den Betrieben ist gut, meine Damen und Herren – Sie wer­den sie nicht vermiesen können –, und wir setzen die richtigen Prioritäten: Wir investie­ren in Forschung und Entwicklung. In den Jahren 2000 bis 2004 haben wir die Aus­gaben für Forschung und Entwicklung um 47 Prozent gesteigert. Wir sind mit unserer Quote von 2,3 Prozent in Forschung und Entwicklung bereits auf Platz fünf der EU! Wir investieren 900 Milliarden € jährlich in Bildung – das sind 14 Prozent des gesamten Budgets. (Abg. Riepl: „900 Milliarden“? – Weitere Rufe bei der SPÖ: „900 Milliarden“?)

Wir investieren in die Infrastruktur, meine Damen und Herren (Abg. Schieder: „900 Mil­liarden“?): In den vergangenen Jahren waren es um 32 Prozent mehr als zu Ihrer Re­gierungszeit. (Abg. Marizzi: ... 900 Milliarden €?)

Betreffend Arbeitsmarktpolitik: Für die aktive und aktivierende Arbeitsmarktpolitik ste­hen uns 1,5 Milliarden € zur Verfügung. Das sind um 100 Prozent mehr als noch im Jahre 1999! (Abg. Dr. Gabriela Moser: ... die 900 Milliarden €?)

Meine Damen und Herren! Wir schaffen Entlastung, und wir schaffen mit dieser Entlas­tung Spielraum für die Wirtschaft, wir stärken die Eigenkapitalbasis der Betriebe, wir stärken die Investitionen.


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Ich fasse zusammen, Herr Präsident: Wir haben schwierige Zeiten besser überstanden als andere. Der Aufschwung ist spürbar. Wir unterstützen durch die Entlastung – und Entlastung schafft Aufschwung, Aufschwung schafft Arbeit, und Arbeit sichert den Wohlstand in diesem Land! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Dr. Pirklhuber.)

9.15

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu einer einleitenden Stellungnahme hat sich Herr Bun­desminister Dr. Bartenstein zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm. Auch seine Redezeit soll 10 Minuten nicht überschreiten. (Abg. Mandak – auf die auf dem Rednerpult plat­zierte Tafel weisend –: Kann man das Taferl bitte wegnehmen? – Abg. Kopf entfernt die Tafel vom Rednerpult.)

 


9.15

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren des Hohen Hauses! Ein gesetzlicher Feiertag wird es wohl nicht werden, aber ein politischer ist es allemal. Frau Abgeordnete Silhavy! Wenn fünf Jahre nach dem Ende sozialdemokratischer Kanzlerschaft und fünf Jahre nach dem Ende der Verantwortung sozialdemokratischer Finanzminister (Abg. Heinzl: 50 000 Arbeitslose mehr! 50 000!) die Abgabenquote in diesem Land von 45 Prozent um etwa 5 Prozent auf 40 Prozent und noch etwas sinkt, dann ist das ein großartiger Erfolg, den gestern Karl-Heinz Grasser hier bekannt geben konnte, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP und den Frei­heitlichen.)

Natürlich stimmt es: Aufschwung schafft Arbeit! Aber Karlheinz Kopf hat schon gesagt, berauschend war der Aufschwung in den letzten Jahren nicht. (Abg. Heinzl: 50 000 Ar­beitslose mehr!) 2001 bis 2003 ... (Abg. Schieder: „900 Milliarden“!) – Was regt Sie so auf, Herr Abgeordneter? (Abg. Heinzl: 50 000 Arbeitslose mehr!)

Berauschend war es nicht, in den letzten drei Jahren jeweils ein Prozent Wachstum zu haben. Es war immer noch deutlich mehr als im rot-grün regierten Deutschland – wir wissen das –, aber es war bescheiden. Und dass das letztlich auch für das Budget, für die netto verfügbaren Einkommen, für die sozialen Sicherungssysteme, aber auch für den Arbeitsmarkt sehr rasch Folgen hat, das haben wir alle gespürt. Wir hätten uns mehr Wachstum gewünscht.

Aber Wachstum kann man nicht erzwingen, Wachstum kann Österreich nicht selbst aus sich heraus generieren, jedenfalls nicht wirklich in ausreichendem Ausmaß. Was Österreich als kleiner Mitgliedstaat der Europäischen Union aber tun kann, ist, sich so aufzustellen, strukturell so Reformen zu betreiben, dass wir dann, wenn das Wachstum international kommt, bestens vorbereitet sind und das Beste daraus machen können.

Jetzt ist es so weit: Der Aufschwung ist da! (Rufe bei der SPÖ: Wo? Wo?) Karl-Heinz Grasser konnte gestern berichten, dass die Weltwirtschaft stärker denn je in den letzten 30 Jahren anzieht, und zwar mit einem Wachstum von rund 5 Prozent. (Weitere Rufe bei der SPÖ: Wo ist der Aufschwung? – Abg. Murauer: In Österreich! – Zwi­schenruf des Abg. Mag. Johann Moser.)

„Felgaufschwung“ ist ein bisschen etwas anderes, Herr Abgeordneter Moser. Aber auch Sie werden noch vom Aufschwung etwas merken, wenn Sie es jetzt noch nicht spüren.

2 Prozent, sagen die Wirtschaftsforscher, sollten es heuer werden, 2,5 Prozent im nächsten Jahr – das ist schon etwas. Das, was wir an Strukturreformen gewisserma­ßen als Saat ausgesät haben, kommt jetzt als Ernte für die Österreicher, für die Bürger, in Form von Aufschwung zurück. (Zwischenruf des Abg. Parnigoni.) Das ist gut, denn


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es geht nicht um die Ernte für uns, es geht darum, dass die Menschen, die Bürger etwas davon haben. Und das ist in diesen Monaten der Fall. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Die Rekordbeschäftigung – fast 100 000, nämlich mehr als 90 000 Beschäftigte mehr als zur Zeit sozialdemokratischer Arbeits- und Sozialminister – ist etwas, was letztlich zeigt (Abg. Öllinger: Das stimmt doch nicht!), dass man auch in Zeiten schlechten und schwachen Aufschwungs Arbeitsplätze schaffen kann. Aber jetzt geht es natürlich leichter.

Den 3,24 Millionen unselbständig Erwerbstätigen (Abg. Öllinger: Das stimmt doch nicht!), die Karl-Heinz Kopf erwähnt hat, möchte ich noch die selbständig Beschäftigten hinzufügen. – Eurostat-Daten, meine sehr verehrten Damen und Herren! – 3,8 Mil­lionen Menschen finden in diesem Land Arbeit, fast die Hälfte der gesamten Bevölke­rung – und das ist ein großer Erfolg für die Regierung Schüssel I und II. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Der Arbeitsmarkt zieht an, wenngleich der Schlüsselparameter, nämlich im Jahres­abstand sinkende Arbeitslosenzahlen noch nicht erreicht sind – sie steigen nicht mehr, aber sie sinken auch noch nicht. Aber immerhin ist erfreulich, dass die Arbeitslosigkeit der Inländer um ein Prozent sinkt, und zwar schon seit einigen Monaten. Es ist erfreu­lich, dass die gesetzten Maßnahmen zur stärkeren Beschäftigung älterer Arbeitnehmer ziehen: sinkende Arbeitslosenraten bei den über 50-Jährigen.

Besonders wichtig ist es mir und uns, dass die Arbeitslosenraten der Jugendlichen in diesem Land – von 15 bis 24 – sinken, und zwar deutlich sinken, nämlich um minus 4 Prozent.

Da möchte ich, meine sehr verehrten Damen und Herren, heute den Unternehmern, den Lehrherren in diesem Land sehr, sehr herzlich danken, denn jüngste Daten zeigen per Ende September ... (Abg. Riepl: Lehrberechtigten!) – Den Lehrherren! Ich habe jetzt nicht gesagt: der Gewerkschaft, Herr Kollege, sondern den Lehrherren danke ich jetzt einmal. – Regen Sie sich nicht so auf! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheit­lichen. – Abg. Parnigoni: Die Wirtschaft besteht für Sie nur aus „Herren“! Neuge­bauer ...! Wo ist denn der ÖAAB?)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Jahresabstand ist die Zahl der abge­schlossenen Lehrverträge um nicht weniger als 5,2 Prozent gestiegen. (Abg. Parnigo­ni: Wirtschaft besteht für Sie nur aus „Herren“!) – Hören Sie nochmals zu: plus 5,2 Pro­zent bei den abgeschlossenen Lehrverträgen! (Abg. Parnigoni: Neugebauer, was sagen Sie dazu? Wie ist das beim ÖAAB?) Bund, Länder und Gemeinden setzen noch etwas drauf: Durch eine Initiative unseres Bundeskanzlers, aber auch des Staatssek­retärs Finz ist es uns gelungen, insgesamt 1 800 zusätzliche Lehrstellen im öffentlichen Bereich anzubieten, das kommt da noch dazu! (Zwischenruf bei der SPÖ.) Ein großer Erfolg im Sinne der Beschäftigung junger Menschen – und ich bin sicher, sehr geehrte Frau Abgeordnete Silhavy, dass auch Sie das bei allem Oppositionsdenken mittragen werden. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Silhavy: Sie haben das vorher herunter...!)

Auch wenn es Herrn Abgeordnetem Moser noch nicht aufgefallen ist, wir haben seit dem zweiten Quartal dieses Jahres einen ausgesprochenen Exportboom: Plus 11 Pro­zent! – Jetzt werden Sie fragen: Welche direkten Auswirkungen hat das denn auf die Österreicher? – Die Wirtschaftsforscher rechnen das mit plus 70 000 Arbeitsplätzen! (Abg. Öllinger: Die Binnenkonjunktur geht runter!) Diese 11 Prozent innerhalb der ersten sieben Monate machen nicht weniger als 50 Milliarden € Exportvolumen aus, sagen uns die Wirtschaftsforscher, und plus 70 000 Arbeitsplätze. Das ist doch etwas! Ein weiterer großer Erfolg!


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Ein nicht ganz so großer Erfolg – weil es sich nicht um Zigtausend Arbeitsplätze han­delt, aber immerhin um gut 1 000 abgesicherte und neue – ist: Wie gestern viele in den Medien lesen konnten – und wir über Monate politisch begleiten durften –, gibt es einen sehr großen und wichtigen Militärauftrag aus dem Vereinigten Königreich, näm­lich einige Tausend Militär-LKWs für MAN. Dies bedeutet 1,7 Milliarden € Beschaf­fungsvolumen, davon 700 Millionen € österreichische Wertschöpfung, es werden 800 Jobs vor allem in Wien gesichert, 300 Jobs gibt es zusätzlich. (Abg. Parnigoni: ... Kompensationsgeschäfte?) Von 2007 bis 2012-14 werden diese LKWs geliefert. Und, Herr Abgeordneter Kräuter, ob es Ihnen passt oder nicht, es sind das Gegen­geschäfte im Zuge der Eurofighter-Beschaffung. Auch das sei gesagt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.)

Österreich ist ein attraktiver Standort. Finanzminister Grasser konnte gestern jüngste Statistiken präsentieren. Wir sind ein starker Investor im Ausland geworden. Wir sind aber auch ein attraktiver Standort für Investments von außen. Nicht weniger als rund 50 Milliarden € werden es per Ende 2004 sein, die ausländische Unternehmen in Österreich investiert haben. Gleichzeitig haben auch österreichische Unternehmungen im Ausland 50 Milliarden € investiert.

Besonders erfreulich ist, dass die OMV bei der Übernahme von Petrom mit 1,5 Milliar­den € die größte Auslandsinvestition aller Zeiten getätigt hat – nicht zufällig in Rumä­nien! Die Aktivitäten in Mittel- und Osteuropa liegen im Mainstream österreichischer unternehmerischer Tätigkeit. Alleine in Slowenien, in Kroatien, in Bosnien-Herzegowina und in Rumänien sind wir der Investor Nummer 1, in andere Ländern der Investor Nummer 3, wie etwa bei unseren direkten Nachbarn. Und auch dazu sagt das Wifo, dass dadurch nicht nur Hunderttausende Jobs von Österreichern in diesen Ländern gesichert, sondern durch die Osterweiterung der Europäischen Union, durch die zehn neuen Mitgliedstaaten, durch die Aktivitäten seit 1989 indirekt auch 60 000 Jobs in Österreich neu geschaffen wurden. (Ruf bei der SPÖ: Märchenstunde!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Was tut die Regierung, um über Steuersen­kungen, um über Abgabenquotensenkungen hinaus den Arbeitsmarkt zu beleben und gleichzeitig Sinnvolles zu tun? – Wir tätigen Rekordinvestitionen in Sachen Infrastruk­tur! Daraus – das wird meine Kollegen aus Oberösterreich und der Steiermark beson­ders interessieren, weil dort heuer im Verhältnis zu den anderen Bundesländern das meiste passiert – entstehen im Jahr 2004 nicht weniger als 55 km neue Autobahnen. 55 km neue Autobahnen! Der Bundeskanzler, der Vizekanzler, die Landeshauptleute Pröll und Klasnic konnten die Semmering-Querung eröffnen. Die Fertigstellung der Pyhrn Autobahn ist für Dezember dieses Jahres geplant. Und Ende dieses Jahres, Anfang nächsten Jahres sollte der Spartenstich für die A 6, die Spange Kittsee in Rich­tung Bratislava, erfolgen.

Auch in Forschung und Entwicklung investieren wir mehr denn je! Karlheinz Kopf hat das Notwendige gesagt.

Damit komme ich zu etwas, was ähnlich wie die Sicherheit der Arbeitsplätze, ähnlich wie neu geschaffene Arbeitsplätze für die Bürger dieses Landes von Bedeutung ist, nämlich: Weniger Steuern, mehr Geld zum Leben! Das sagt unser Finanzminister – und ich sage es auch. Was bleibt also in den Brieftaschen und auf den Gehaltskonten übrig? (Abg. Reheis: Weniger!) – Nein, auch da haben Sie wieder einmal Unrecht, aber das ist ja bei Ihnen Mainstream, Sie haben meistens Unrecht. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Mag. Wurm: Hochmut kommt vor dem Fall!)

Von Ihren schwarz-blauen oder blau-schwarzen Taferln gestern hat ja kein Einziges gestimmt! Wenn wenigstens eines oder zwei von diesen sechs gestimmt hätte! Aber es


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hat kein Einziges gestimmt. (Abg. Dr. Einem: Dafür haben Sie mehr in der Tasche!) Sie waren überall in der Sache daneben. (Abg. Silhavy: Sie haben eine sehr selektive Wahrnehmung!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich mit den folgenden ermuti­genden Zahlen schließen: Was sagen denn die Wirtschaftsforscher? (Abg. Parnigoni: ... präpotent!) Wie wird es denn mit dem Privatkonsum ausschauen? Wie wird es denn mit den netto verfügbaren Einkommen im nächsten Jahr ausschauen? Auch diesbe­züglich waren wir nämlich in den letzten drei Jahren nicht zufrieden. – Und da sagen uns die Wirtschaftsforscher, dass der Konsum jetzt beginnt anzuziehen! Nicht nur die Exporte, die ja bereits angezogen haben, sondern auch der private Konsum wird im Jahr 2005 um nicht weniger als 2,5 Prozent steigen. (Abg. Marizzi: Präpotent!)

Und wie wirkt sich das auf die netto verfügbaren Einkommen aus? – Mit plus 2,9 Pro­zent! Also fast 3 Prozent mehr werden den Österreichern im nächsten Jahr an netto verfügbarem Einkommen bleiben.

Auch das ist eine erfolgreiche Nebenwirkung, eine erwünschte Nebenwirkung von „Auf­schwung schafft Arbeit“! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

9.26

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gehen nun in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass die Redezeit aller weiteren Teilnehmer an der Aktuellen Stunde 5 Minuten nicht übersteigen darf.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Auer. – Bitte. (Abg. Silhavy – in Rich­tung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Jakob Auer –: Na, Herr Bürgermeis­ter, wie schaut es denn aus mit dem Budget der Gemeinden? – Abg. Jakob Auer stellt eine Tafel auf das Rednerpult mit der rot-weiß-rot unterlegten Aufschrift: „Aufschwung schafft Arbeit“. – Abg. Öllinger: Na bitte, nicht schon wieder!)

 


9.26

Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Präsident! Herr Bundesminister! Diese Aktuelle Stunde mit dem Thema „Aufschwung schafft Arbeit“ wäre doch eine Chance, sich seriös damit auseinander zu setzen. (Zwischenrufe bei der SPÖ. – Ruf: Was sagt der Bürgermeister? – Abg. Dr. Wittmann: ... zum Weinen ...!) – Durchaus kritisch, meine Damen und Herren, selbstverständlich, warum denn nicht?

Hier die Maßnahmen der Regierung mit einer erfolgreichen Wirtschaftspolitik, einer Budgetpolitik, die in die Zukunft gerichtet ist, einer Arbeitsmarktpolitik – und auch wenn Sie sich noch so kritisch damit beschäftigen, sie kann jedem internationalen Vergleich standhalten! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Auf der anderen Seite die Konzepte der Opposition. (Abg. Dr. Wittmann: Die Gemeinden werden zur Kasse gebeten!) In dieser Mitte, im Bereich der Grünen, warte ich immer noch auf ein Konzept. Auf der SPÖ-Seite soll es eines geben. Matznetter hat sich damit beschäftigt, er durfte nicht ganz und doch ein wenig, musste es verändern. Auch wenn Sie mir noch so aufs Hirn deuten, Herr Kollege Matz­netter (Abg. Dr. Matznetter: Das stimmt einfach nicht! – Abg. Neugebauer – in Rich­tung des Abg. Dr. Matznetter –: Schlechter Stil ist das!), erstens ist es unangebracht, zweitens haben Sie ja selber in Ihrer Presskonferenz zugeben müssen: Sie sind noch vorhanden, von Ihrem Konzept aber ist nicht mehr viel da. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Ruf bei der SPÖ: Lesen Sie es einmal!)

Die klare Maßnahme der Regierung lautet: Steuerreform für Arbeitnehmer, vor allem für diejenigen mit mittleren und niedrigeren Einkommen! Steuerreform für die Wirt-


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schaft zur Stärkung der Eigenkapitalbasis, gleichzeitig auch zur Stärkung der Investiti­onsbereitschaft!

Darf ich die Voest-Privatisierung des letzten Jahres ins Gedächtnis rufen: Meine Damen und Herren, was gab es darüber hier für Aufregung, hier und auch in Ober­österreich! „Die Russen kommen!“ hat es geheißen, „Sie übernehmen diesen Betrieb!“ (Abg. Murauer: Wer hat das gesagt?)

Meine Damen und Herren! Die Russen kommen! Ja, sie kommen, und zwar auf Be­such, um zu sehen, wie erfolgreich der Betrieb heute dasteht, beste Zahlen liefern kann. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Silhavy: Jetzt wird er wenigs­tens kabarettistisch!)

Und wissen Sie, was in dieser Voest noch kommt? – Investitionen kommen, meine Damen und Herren! Fragen Sie Ihren Generaldirektor Eder! Investitionen kommen, und zwar in einer gigantischen Höhe zur Sicherung der Beschäftigung dieses Vorzeigebe­triebes.

Meine Damen und Herren! Ich darf Sie gleichzeitig daran erinnern – und Sie sollten sich freuen –, dass über 10 Prozent an diesem Betrieb in die Mitarbeiterbeteiligung ge­gangen sind. Freuen Sie sich darüber (Zwischenrufe bei der SPÖ – Abg. Silhavy: Das ist aber nicht Ihr Verdienst!), dass diese guten Arbeitskräfte auch von den besseren Ergebnissen dieses Betriebes profitieren können! (Beifall bei der ÖVP und bei Abge­ordneten der Freiheitlichen.)

Was war denn zu diesem Konzept aus den Reihen der SPÖ zu hören? Wie sagte Androsch zum Matznetter-Konzept? – Das ist eine politische Bombe! (Abg. Murauer: Rohrkrepierer!) Nun, Gusenbauer musste diese politische Bombe entschärfen, er war der erste politische Feuerwehrmann in der SPÖ, um diesen offensichtlichen Flächen­brand zu löschen.

Meine Damen und Herren, Aufschwung schafft Arbeit! Ein wenig bin ich schon stolz darauf, dass, wenn man sich die Liste der in puncto Beschäftigung, in puncto niedrigste Arbeitslosenzahlen besten Bezirke Österreichs ansieht: Unter den besten zehn Bezir­ken sind sieben aus Oberösterreich! Sieben aus Oberösterreich, meine Damen und Herren! (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP sowie Beifall des Abg. Walch.)

Absoluter Spitzenreiter mit einer Arbeitslosigkeit von nur 2,7 Prozent: der Bezirk Efer­ding! Immerhin gibt es aber auch in der Stadt Linz, das sei klar gesagt, tolle Beschäfti­gungszahlen. (Abg. Mag. Prammer: Da hat aber die Landesregierung nichts dazu getan!) Wenn ein großes Bundesland – oder sollten wir sagen, eine Gemeinde oder Stadt – im Osten auch nur ähnliche Zahlen aufweisen könnte, wir würden hervorragend dastehen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ. – Rufe bei der SPÖ: ... Niederösterreich?!)

Ein zweiter Punkt: Es sollte auch einmal erwähnt werden, dass im Agrar- und Ernäh­rungsbereich immerhin rund 462 500 Beschäftigte ihr Einkommen sichern können. Es ist dies also ein wichtiger Bereich, der durch das Agrarpaket, das gestern von Herrn Bundesminister Grasser, nach besten Verhandlungen mit unserem Herrn Bundes­minister Pröll, fixiert und bestätigt worden ist, ebenfalls zur Sicherstellung von Arbeits­plätzen beiträgt. (Zwischenruf des Abg. Faul.)

Meine Damen und Herren! Sie haben bis heute – und das war auch gestern spürbar – nichts Besonderes vorgetragen, außer: Alles ist nichts! Dem setzen wir das Konzept der Entlastung, der Sicherung von Arbeitsplätzen entgegen: Aufschwung schafft Arbeit! (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

 


9.32


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Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Cap. 5 Minu­ten Redezeit. – Sie sind am Wort, Herr Klubobmann.

 


9.32

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Daher SPÖ! Das ist meine Antwort auf Ihren Slo­gan. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ. – Abg. Grillitsch: Das war der beste Witz!)

Und im Übrigen, Herr Kollege Kopf: Wenn schon Feiertag, dann am schwarz-blauen Abwahltag. Es ist gerechtfertigt, dass wir dann die Zahl der Feiertage etwas erweitern. (Neuerlicher Beifall bei der SPÖ.)

Das ist sicher auch im Interesse der Wirtschaft, denn von diesem Feiertag kann auch die Wirtschaft – die Arbeitgeber und die Arbeitnehmer – nur profitieren.

Aber wenn ich mir die Zahlenjongleure hier anhöre – gestern sagt Karl-Heinz Grasser, oberster Zahlenjongleur der Republik: Durch den Export entstehen 50 000 Arbeits­plätze! Heute sagt Bartenstein 70 000! – Gott sei Dank haben wir morgen keine Plenar­sitzung, da wären es dann wohl 90 000! (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ.)

Wenn ich mir Ihre Zahlen über den Beschäftigtenstand so anschaue – der in Wirklich­keit stagniert und bei dem nur Teilzeitbeschäftigte dazukommen –, dann meine ich, es wird wohl der Tag nicht mehr fern sein, an dem Sie in Ihren Statistiken mehr Be­schäftigte aufzählen, als Menschen in Österreich leben. (Abg. Scheibner: Das haben wir ja schon alles einmal gehört!) Das ist Ihre Art, wie Sie mit Statistiken umgehen! (Beifall bei der SPÖ.)

Und Sie wissen ganz genau, bei Ihrem „Abgabenquote wird geringer“ (Zwischenrufe bei der ÖVP) – übrigens, zu Prognosen: es kommen ja lauter Seher heraus, lauter Pro­pheten mit Orakel-Sprüchen, die sich hier niederlassen –, wird sich etwas tun. Sie wis­sen, dass die EU-Statistiker die Berechnungsgrundlage für das BIP geändert haben. Das allein bewirkt, dass das eine andere Abgabenquotenberechnung wird.

Also kommen Sie nicht mit diesen Schmähs hier heraus. Da sitzen zu viele Experten, die das nicht durchschauen. Jawohl. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. – Ironische Heiterkeit bei der ÖVP. – Abg. Scheibner: Wo? Wo? Bei der SPÖ?)

Ich verstehe ja, dass Sie sich gegenseitig loben. Es lobt Sie ja sonst niemand. Und ge­nau das ist Ihr Problem! Wenn ich mir die heutigen Kommentare in den Zeitungen anschaue, so meine ich, das ist eine einzige Kritikorgie an dem, was gestern der Finanzminister hier geliefert hat. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Die Überschrift „Lustlos“ war da noch das Harmloseste. „Rekorddefizit statt Nulldefizit“, das ist „super“, klar!

Dann, wenn es notwendig ist, dass man auch nachfrageorientiert etwas macht, da ha­ben Sie nichts gemacht. Es hat keine Entlastung für die Bezieher kleiner und mittlerer Einkommen, keine Förderung für die kleinen und mittleren Unternehmer gegeben. Das war für Sie kein Thema. „Prozyklisch“ nennt man das, in der Konjunktur mitschwim­men, Gegenstand der Konjunktur sein, nicht versuchen, sie wirtschaftspolitisch zu beeinflussen! (Zwischenruf bei der ÖVP.)

Ein politischer Abdankprozess war das, den Sie letztendlich hier zu verantworten ha­ben. Ergebnis: Pensionskürzungen und die Österreicherinnen und Österreicher haben nichts im Geldbörsel gehabt. Das war das Ergebnis Ihrer Politik! (Beifall bei der SPÖ.)

Und da können Sie noch so sehr versuchen, auf der Angebotsseite Erleichterungen zu schaffen, da kann der Unternehmer die besten und erlauchtesten Waren in sein Schaufenster stellen: Wenn Herr Österreicher oder Frau Österreicherin daran vorbei­spaziert, schaut er oder sie rein ins Schaufenster, denkt kurz an Bartenstein oder Gras­ser, geht weiter und kauft nicht! Das ist das Problem! (Zwischenrufe bei der ÖVP.)


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Deswegen hat es keine Wachstumsstimulanz gegeben, deswegen keine Beschäfti­gungsstimulanz, und deswegen ist Ihre Wirtschaftspolitik im Ergebnis so erbärmlich, wie sie ist und wie sie auch die Experten in den Zeitungen zu Recht beschrieben haben. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Rädler: Wo ist der Experte?)

Etwas können Sie nicht machen: Sie können sich nicht hier herstellen und vom Null­defizit reden – fast in einem religiösen Unterton, die Orgel spielt im Hintergrund; alle sagen: Wui, Nulldefizit gilt für die nächsten 20 Jahre, das ist das Dogma –, aber dann flutsch, dann kommt der Sommer, flutsch, dann kommt das neue Budget, flutsch, dann kommt ein Budget, gegen das Rudi Edlinger, unser Rudi Edlinger, ein Sparefroh ist, ja, dann kommt Ihr Budgetdefizit! „Rekorddefizit“ schreiben alle Zeitungen, und der gleiche Finanzminister sagt: Super! Jetzt müssen wir ein Rekorddefizit machen, denn jetzt ist das der Inbegriff meiner Dogmen! – Und wieder spielt hinten die Orgel, der Kanzler nickt, freundliches Nicken der anderen Regierungsmitglieder – eine einge­spielte Schauspielertruppe!

Das ist keine seriöse Wirtschaftspolitik! (Abg. Scheibner: ... keine seriöse Rede!) So geht man nicht mit der Wirtschaft um! So geht man nicht mit den Arbeitnehmern um, wie Sie das hier letztendlich machen! (Beifall bei der SPÖ.)

Und wissen Sie, die Belastungspakete haben das abgewürgt, stagnierende Realein­kommen, nichts im Geldbörsel, Rekordarbeitslosigkeit und ein stagnierender Beschäf­tigtenstand. Das ist das, wofür Sie die Verantwortung zu übernehmen haben. (Abg. Kopf: Von welchem Land sprechen Sie?)

Dann kommt in der Grasser-Rede im Zusammenhang mit einer Steuerreform, die faktisch nur ein Plus von 0,3 Prozent für das Wachstum ausmacht, noch der berühmte Satz: Wir schenken den Menschen mehr Freiheit! – Danke, Majestät! Danke, dass Sie so nett sind und mehr Freiheit schenken, nämlich die Freiheit, Steuer zu zahlen, mehr Steuer zu zahlen. (Widerspruch bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Wenn Sie sich das nämlich anschauen, so sehen Sie: plus 18 Prozent bei der Lohnsteuer, nur plus 5 Prozent bei den Kapitalerträgen und minus 5 Prozent bei den Unternehmen! So schaut Ihre Politik aus!

Und gesellschaftspolitisch wird Ihr ÖVP-Familienmodell gefördert. Das ist die Wahrheit! (Abg. Steibl: Das ist auch gut so!) Die Frau zu Hause, den Mann bei Laune halten, kurz ein Liedchen singen und dann, laut Elisabeth Gehrer, ab ins Schlafzimmer! Das ist Ihr ÖVP-Familienmodell, das Sie uns hier anbieten. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Steibl: Was soll denn das?)

Schlusssatz: Nicht einmal in der Physik gibt es einen Quantensprung. Experimente haben nämlich ergeben, es gibt überhaupt keinen Quantensprung. Und in Ihrer Politik schon gar nicht! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

9.37

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Abgeordneter Dipl.-Ing. Scheuch. Auch seine Redezeit beträgt 5 Minuten. – Herr Kollege, Sie sind am Wort.

 


9.38

Abgeordneter Dipl.-Ing. Uwe Scheuch (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Minister! Meine geschätzten Damen und Herren! Davon, wer hier Theater spielt und wer hier eine Show abliefert, konnten sich, glaube ich, Hunderttausende Österreicherinnen und Österreicher gerade live im Fernsehen überzeugen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Aber gut, wir sollten wieder zur Tagesordnung übergehen. Kollege Cap hat von Exper­ten in den roten Reihen gesprochen. Da gibt es wahrscheinlich den Steuererhöhungs­experten Matznetter. Da gibt es den Weinexperten Gusenbauer, der offensichtlich ver-


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hindert ist, ihn scheinen der Aufschwung und der Wirtschaftsstandort Österreich nicht zu interessieren, und dann gibt es eben den Raunzerexperten, Herrn Klubobmann Cap. Diese haben nichts Besseres zu tun als hier heraußen zu stehen, zu jammern, zu raunzen und das Land schlecht zu machen.

Meine geschätzten Damen und Herren! Das ist der falsche Weg, denn so schlecht, wie Sie es darstellen, ist Österreich nicht. Das kann ich Ihnen garantieren! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Aber, meine geschätzten Damen und Herren, es scheint mir bei so einer Gelegenheit auch einmal wichtig zu sein, zu sagen: Es gibt so viele Lobesworte von Seiten der Re­gierung und natürlich die Kritik der Opposition an der Wirtschaftspolitik, am Wirtschafts­standort und den Rahmenbedingungen, das ist klar. Ich glaube, man sollte hier von dieser Stelle aus auch einmal jenen Leuten danken, die es sich verdient haben, näm­lich den über 3,8 Millionen Beschäftigten, den mehreren hunderttausend Betrieben, die für dieses Land arbeiten und die eben diesen Wirtschaftsstandort und diese Qualität in diesem Land aufrechterhalten. Von uns Freiheitlichen einmal einen herzlichen Dank an all jene Menschen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Trunk: Danke ist zu wenig! Gerechte Einkommen wären gefragt!)

Frau Kollegin Trunk! Wer schreit, hat nicht Recht. Dieser Spruch gilt auch heute wie­der. (Zwischenruf der Abg. Mag. Trunk.) Das nützt leider nichts. Wir haben Recht, und die Experten geben uns Recht, denn Österreich (Zwischenruf des Abg. Broukal – Abg. Silhavy: Wie ist das mit gerechten Einkommen?) – und das sagen alle Experten – liegt im Spitzenfeld. (Abg. Mag. Trunk: Danke, Jörg! Danke, Uwe!) Ich möchte jetzt hier in den nächsten Minuten nicht viele Zahlen auftischen, sondern generell versuchen, die­sen Standort darzustellen.

Die Gründe dafür, warum Österreich ein guter Wirtschaftsstandort ist, liegen auf der Hand. Da gibt es einmal die vielen wirtschaftlichen Gründe: die Steuerreform, die Ab­senkung der KöSt, Rahmenbedingungen von Seiten der Politik. Dann gibt es vor allen Dingen auch die Humanressourcen, die hohe Qualität der Facharbeiter, die hohe Qualität der Ausbildung, den Fleiß all der Menschen, die hier in Österreich arbeiten und leben, und die Bereitschaft zur Leistung. (Abg. Reheis: Viel Fleiß, wenig Geld!)

Außerdem hat Österreich – und das halte ich auch für besonders wichtig – eine sehr interessante Lage. Geographisch gesehen in einem erweiterten Europa im Mittelpunkt zu stehen, ist sicherlich wirtschaftlich interessant, zusätzlich die Chance, durch die Erweiterung als Drehscheibe für künftige Märkte aufzutreten, die sehr gut ausgebaute Infrastruktur im Bereich der Schiene, der Straße, internationale Anbindung an Flug­häfen, und – ich glaube, das ist in Zeiten wie diesen besonders wichtig – es gibt auch Sicherheit in Österreich, etwas, was für viele internationale Konzerne immer bedeuten­der wird, Sicherheit vor Kriminalität, Sicherheit vor internationalem Terror und vor allen Dingen auch eine hohe Sicherheit bei der Lebensqualität.

Wenn man sich umschaut, dann sieht man, Österreich ist auch ein guter Standort, weil es den Menschen gut geht, weil die Natur wunderschön und intakt ist, weil das Freizeit­angebot sehr groß ist und die Trinkwasserqualität des Badesees bis hin zum Schifah­ren auf dem Berg bedeutend ist. (Abg. Öllinger: Unsere Seen sind schön – das wissen wir!)

Herr Kollege Öllinger, das wird Sie nicht interessieren, das glaube ich Ihnen, denn Sie stehen nicht in der Wirtschaft, Sie können das nicht beurteilen. Aber Topmanagern und hoch qualifizierten Arbeitskräften, die zehn, zwölf, 16 Stunden am Tag ihre Arbeit machen, gefällt es auch, wenn sie bei der Haustür hinausgehen und sehen, dass das Rundherum in Ordnung ist. (Abg. Parnigoni: Also Sie machen Politik nur für die Mana­ger!) Denen ist auch wichtig, dass es ein gutes Schul- und Bildungssystem gibt, wo sie


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ihre Kinder hinschicken können. Denen ist auch wichtig, dass die Rahmenbedingungen nicht nur politisch, sondern auch von Seiten des Landes generell in Ordnung sind.

Man braucht sich nur die Rankings, das Pro-Kopf-Einkommen und die Standortreihun­gen anzuschauen. Internationalen Studien, die europaweit über 1 200 Standorte ver­gleichen, zufolge belegt Österreich im Hinblick auf die Standorte die Plätze 11 bis 13 und 18 und 19. Es ist schon auch interessant, zu sehen, dass der Topwirtschaftsstand­ort Deutschland beim Vergleich der 1 200 Standorte nur Platz 443 einnimmt. Ich glaube, das zeigt, dass die Qualität der Politik von Blau und Schwarz Gutes tut. (Abg. Hagenhofer: So eine billige Argumentation!)

Abschließend möchte ich noch sagen: Diese Vergleiche machen sicher. Sie werden auch die Menschen draußen sicher machen. Im Endeffekt möchte ich damit schließen, womit ich begonnen habe: Jammern und raunzen ist zu wenig, das steht fest. Und ich stehe auch nicht hier, um zu sagen, dass alles, was so gut ist, von Schwarz-Blau kommt. Dazu haben auch SPÖ-Politiker beigetragen, vor allem SPÖ-Politiker, die Ver­treter einer anderen Qualität von Politik sind, Politiker mit Handschlagqualität, vielleicht wie ein Hannes Androsch, der mittlerweile die SPÖ kritisiert, oder ein Bruno Kreisky. Die heutigen Politiker von Rot und Grün kommen über das Raunzen und über das Jammern nicht hinweg. Wir machen die Arbeit, Sie raunzen weiter. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

9.43

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Glawisch­nig. Ihre Redezeit ist 5 Minuten. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


9.43

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich weiß nicht, was soll denn das heißen, das mit diesem Raunzen? Man könnte es auch umdrehen. Ich finde, das Thema ist zu ernst. Ich meine, es gibt schon Probleme, über die man auch objektiv und analytisch diskutieren kann. Was Sie machen, ist, sich einfach hinzustellen und egal, zu welchem Thema, irgendwie Werbe­sprüche herunterzuklopfen und nur mehr noch in Werbeslogans zu reden. Dafür sind die Probleme und die Sachfragen, die zu lösen sind, einfach zu ernst, um das hier so abzuhandeln. (Beifall bei den Grünen.)

Es ist enttäuschend. Zur Frage Beschäftigung und aktive Arbeitsmarktpolitik hat jetzt überhaupt noch niemand etwas gesagt. Und ich bin auch enttäuscht vom Eingangsred­ner, der ein Loblied auf die Steuerreform gesungen hat, aber die aktuellen Probleme eigentlich nicht berührt hat, er ist überhaupt nicht darauf eingegangen.

Zwei Sätze möchte ich dazu schon noch sagen. Wenn man diese Steuerreform tat­sächlich aus dem Beweggrund heraus gemacht hätte, Beschäftigung zu schaffen, tat­sächlich nachhaltig die Beschäftigtenzahlen ansteigen zu lassen, zu schauen, wie man das am besten machen kann, dann, so meine ich, hätte man sie wirklich anders machen sollen. Die Steuerreform hat aus Ihrer Sicht einen einzigen Grund, nämlich eine Signalwirkung an internationale Unternehmen auf Grund der Senkung der Körper­schaftsteuer. Das war Ihre Vision. Ob das funktioniert, ist eine andere Frage. Aber Sie haben definitiv nicht das Ziel im Auge gehabt, Beschäftigung zu schaffen.

Gerade Sie als Wirtschaftsexperte hätten die alte Forderung einmal aufgreifen können, im Bereich Arbeitskostensenkung die Lohnsummensteuer, also die Kostenbelastung für den Faktor Arbeit, zu senken. Das hätte nicht nur jenen Unternehmen, die die Ge­winnsteuern senken wollen, etwas gebracht, sondern das hätte auch den kleinen, den mittleren und den ganz kleinen Unternehmen in Österreich massive Entlastungen ge-


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bracht und Beschäftigung geschaffen, und zwar sehr viel mehr Beschäftigung als jetzt. (Beifall bei den Grünen.)

Wenn man sich die Steuerausfälle anschaut, die durch Ihre Steuerreform entstanden sind, dann sieht man, es kommt noch eine ganze Reihe von Problemen hinten nach. Die Gemeinden werden ab nächstem Jahr gewaltige Finanzierungsprobleme haben. Es werden sehr viele Investitionen nicht mehr möglich sein, auch das ist für die Be­schäftigung ein massives Problem.

Wir haben immer noch 244 000 Arbeitslose, wir haben fast 40 000 arbeitslose Jugend­liche. Im jetzigen Budget finde ich aber leider keine Aufstockung des Budgets für die aktive Arbeitsmarktpolitik. Es ist also nicht nur so, dass die Maßnahmen für die Ver­gangenheit eigentlich an dem Problem vorbeigegangen sind, auch die jetzt vorgelegten Maßnahmen für die Zukunft werden in diesem Bereich keine aktive Entlastung bringen. Das, was passiert, ist vielleicht zufällig, aber nicht von Ihnen geplant und gewollt. (Bei­fall bei den Grünen.)

Wir bräuchten ein Wachstum von über 2 Prozent, um tatsächlich im Beschäftigtenbe­reich etwas zu spüren. (Abg. Mag. Molterer: Genau, nächstes Jahr 2,5!) – Ja, das ist wieder diese typische Schönfärberei, wo man sich hinstellt und ... (Abg. Mag. Molterer: Wirtschaftsforscher sagen das!) Wirtschaftsforscher sagen das nicht, im Gegenteil.

Die statistischen Tricks, die Sie angewendet haben, um die Beschäftigtenzah­len 2002/2003 schönzureden, sind meiner Meinung nach unseriös. Man sollte, wenn man so ein Problem wirklich angeht, ernsthaft darüber diskutieren und nicht diese ewige PR-Sprache Schönfärberei verwenden.

Wir haben ein Problem, was die Binnennachfrage betrifft. Da sind wir auch bei einem akuten Problem der schwarz-blauen Bundesregierung. Die Exporte funktionieren tat­sächlich ordentlich, aber in der Binnennachfrage hat vor allem die Diskussion rund um die Pensionsreform nichts gebracht, es fehlt auch die Entlastung von BezieherInnen von kleinsten Einkommen im Rahmen der Steuerreform. Im Gegenteil, die Verunsiche­rung ist massiv gestiegen. Das sagen alle Wirtschaftsforscher. Die Menschen haben das aus den Einkommen gewonnene Geld auf die Sparbücher gelegt, und die Binnen­nachfrage ist dadurch massiv gedämpft worden. Das ist auch ein Problem, wenn man verunsichert, wenn man den Menschen für die Zukunft keine Sicherheit gibt und vor allem den BezieherInnen von kleinsten Einkommen keine Sicherheit gibt. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Sie verunsichern doch!)

Ich möchte noch auf einen Bereich zu sprechen kommen, der für innovative Wirt­schaftspolitik und innovative Beschäftigungspolitik sehr, sehr wesentlich wäre. Gerade weil Sie hier heute sitzen, Herr Wirtschaftsminister Bartenstein, möchte ich Ihnen doch sagen, Ihre Wirtschaftspolitik kommt mir immer irrsinnig innovationsfeindlich vor, irr­sinnig konservativ. Und gerade die neuen Zukunftsmärkte, wo Österreich so gute Chancen hätte, wo wir Wachstumsraten jenseits der 10 Prozent haben, werden von Ihnen nicht nur ignoriert, sondern auch behindert. Das ist genau der Bereich, wo sich Ökologie und Ökonomie, Umwelt und Wirtschaft verbinden.

Für mich sehr erschreckend ist, dass Sie den gesamten Beschäftigungsbereich, die Zukunftsarbeitsplätze, die im Bereich erneuerbarer Energien möglich wären – laut Wifo hätten wir ein Potential von über 26 000 Arbeitsplätzen im Bereich Klimaschutz, erneu­erbare Energien, zukunftssichere Arbeitsplätze –, einfach in die Donau hinunterleeren, dass Sie das ganze Potential einfach ignorieren und ihm sogar jetzt noch den Todes­stoß versetzen. (Abg. Großruck: Das passiert ja!) Das ist keine zukunftsorientierte Wirtschaftspolitik, und mit verantwortungsvoller Beschäftigungspolitik hat das gar nichts zu tun. (Beifall bei den Grünen.)

 


9.48


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
79. Sitzung / Seite 19

Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Marek. 5 Minu­ten Redezeit. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


9.49

Abgeordnete Christine Marek (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Auch wenn Sie von der SPÖ und den Grünen es nicht hören wollen, muss ich Ihnen doch sagen: Wir setzen mit dem vorliegenden Budget und der Steuerreform die notwendigen Maßnahmen punktgenau dann, wenn es notwendig ist, und dort, wo es notwendig ist. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Und das sind keine Werbeslogans, liebe Eva.

Wir haben Österreich nämlich zu einem wirklich attraktiven Standort für die Unterneh­men gemacht. Er hält somit internationalen Vergleichen mehr als stand. Denn es ist, glaube ich, wohl unbestritten, dass die Körperschaftsteuer ein ganz wichtiger Faktor für ein Unternehmen bei der Standortwahl ist. Das beweisen etwa die zahlreichen Anfra­gen von Unternehmen aus dem süddeutschen Raum, die jetzt Interesse haben, sich in den Grenzgebieten zu Deutschland anzusiedeln.

Aber, meine Damen und Herren, ich glaube, die Kombination macht es einfach, was Österreich auch beweist. Denn zusammen mit den genannten Maßnahmen und den großartigen Leistungen sowie dem ausgezeichneten Bildungsniveau der österreichi­schen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ist Österreich einfach der perfekte Wirt­schaftsstandort. Hier ein Dankeschön an die österreichischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ein weiterer Punkt, den ich in Bezug auf die Unternehmensbesteuerung erwähnen möchte, ist die künftig begünstigte Besteuerung der nicht entnommenen Gewinne. Das, liebe Eva Glawischnig, ist auch wieder etwas, was gerade die kleinen und mittle­ren Unternehmen in diesem Land deutlich begünstigt und stärkt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Leider ist die Eigenkapitalausstattung einer durchaus großen Zahl von österreichischen Unternehmen alles andere als rosig, und damit trifft auch diese Maßnahme wieder ein­mal haargenau dort, wo man es braucht, nämlich bei der Stärkung der Unternehmen und der Stärkung im internationalen und nationalen Wettbewerb.

Diese positiven und notwendigen Maßnahmen betone ich gerade in meiner Funktion als aktive Betriebsrätin in der Wiener Privatwirtschaft, ist es doch eine der vorrangigs­ten Interessen einer zukunftsorientierten und verantwortungsbewussten Arbeitnehmer­vertretung, dass Arbeitsplätze geschaffen, gehalten und gesichert werden. Und das, meine Damen und Herren von der SPÖ, kann man nicht mit einem Gießkannen­schwenk tun, so wie Sie es machen, sondern indem man eben punktgenaue und bedarfsorientierte Konzepte umsetzt. Das haben wir in den letzten Jahren eben auch mit den beiden Konjunkturpaketen sehr eindrucksvoll erlebt. Während die Weltwirt­schaft deutlich schwächelte, haben wir damit die österreichischen Unternehmen im internationalen Wettbewerb gestärkt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ein besonderes Anliegen, meine Damen und Herren, sind uns, so auch mir, gerade die jungen Menschen, die sich um Lehrstellen bemühen. Leider zeigen sich immer weniger Unternehmen oder nach wie vor viel zu wenig dazu bereit, Lehrlinge auszubilden und damit auch ihren Beitrag zum sehr erfolgreichen dualen österreichischen Ausbildungs­system zu leisten. Und auch da hat der Bundeskanzler erst vor wenigen Tagen ein wirklich tolles, eindrucksvolles Paket präsentiert, indem er angekündigt hat, dass der Bund 800 Lehrlinge zusätzlich ausbilden wird. Die Gemeinden und Länder haben sich dann mit 1 000 weiteren Lehrstellen angeschlossen. Hier ein Dankeschön an die Lehr­herren. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)


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79. Sitzung / Seite 20

Dafür sind wir eben auch bereit, für einen gewissen Zeitraum vom Prinzip des Nulldefi­zits abzugehen, um mit der entstehenden Entlastung sowohl der Unternehmen als auch der Menschen in diesem Land eine Belebung für die Wirtschaft und den Arbeits­markt zu erreichen. Übrigens ist das ja eigentlich genau das, werte Kolleginnen und Kollegen von der SPÖ, was Sie im letzten Jahr schon fast gebetsmühlenartig immer wieder gefordert haben. Und das finde ich jetzt wirklich interessant. Denn jetzt machen wir es und es passt auch wieder nicht. Aber vielleicht wissen Sie nicht, was Sie wollen. (Abg. Steibl: Das ist es!) Oder doch? Oder nicht? – Ich weiß es nicht.

Neben der Stärkung der Unternehmen sorgen wir dafür, dass den Menschen von ihrem Arbeitseinkommen – und das ist uns sehr wichtig – netto mehr übrig bleibt, und zwar deutlich spürbar mehr. Und auch das schafft im Endeffekt Arbeit, weil wir damit die Kaufkraft stärken und den Konsum ankurbeln – übrigens auch eine Forderung der SPÖ. Vielleicht wissen Sie es nicht mehr. Und damit unterscheidet sich unsere Politik, die der schwarz-blauen Bundesregierung nämlich, im positivsten Sinn deutlich von jener, die in roten Bundesländern gemacht wird.

Wir senken die Abgabenquote, wir steigern die Effizienz der öffentlichen Verwaltung und wir setzen notwendige Reformen um, um eben die Solidarsysteme auch für die Zukunft entsprechend zu erhalten. Und das gibt in Österreich immer mehr Arbeit. Im roten Wien etwa folgt eine Gebührenlawine der nächsten, die Verwaltung braucht mehr Personal als die Europäische Union, und Reformen werden verschleppt bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag. Das kostet die Wienerinnen und Wiener jedes Jahr ein Vermögen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Und das außerdem, meine Damen und Herren, bei einem Beschäftigtenstand, der sich auf dem Niveau der sechziger Jahre befindet.

Aber, meine Damen und Herren, der Vergleich macht uns einfach sicher. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

9.54

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Bures. Rede­zeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


9.54

Abgeordnete Doris Bures (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn man den Rednern der Regierungspartei so zuhört, dann müssten die Menschen vor den Fernsehschirmen eigentlich den Eindruck haben, da fließen Milch und Honig. (Ruf bei der ÖVP: Ja, so ist es!) Ich kann Ihnen sagen, die Lebensrealität vieler älterer Menschen, junger Menschen, junger Familien stellt sich eben leider ganz anders dar. Aber das ist genau das, wo Sie Kaiser sind. Sie sind Kaiser im Schönreden, Sie sind Kaiser in das eine sagen und das andere tun.

Abgeordneter Kopf hat gemeint, den gestrigen Tag könnten wir doch zu einem Feiertag erklären. Das sagt er angesichts eines ganz schlechten Budgets, das überall massiv kritisiert wird. Auf der anderen Seite wissen alle, dass Sie eigentlich nur daran arbeiten, Feiertage abzuschaffen und Sonntagsarbeit einzuführen. Das ist Ihr Ziel. (Abg. Ell­mauer: Ein völliger Unsinn! Bleiben Sie doch bei den Tatsachen!) Sie sagen das eine, Sie tun das andere, Sie reden von Aufschwung und Arbeit, aber keines von diesen beiden Dingen tun Sie. (Beifall bei der SPÖ.)

Das Traurige ist, von Ihren Sprechblasen und Worthülsen, die Sie hier produzieren, haben die Menschen zu Hause nichts. (Abg. Grillitsch: Arbeit haben sie!) Bekanntlich gibt es auch das Sprichwort: „Eigenlob stinkt.“ – Auch in dieser Disziplin sind Sie offen­sichtlich Kaiser.

Ich möchte vielleicht einen Journalisten, den Chefredakteur des „Kurier“, der ja der Regierung grundsätzlich nicht sehr kritisch oder negativ gegenübersteht, zitieren. Herr


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79. Sitzung / Seite 21

Kotanko betitelt einen Artikel im „Kurier“ über die Regierung mit „Schönredner und Schönrechner“. – Ich denke mir, dem ist nicht viel hinzuzufügen, denn dies ist in der Tat die Disziplin, in der Sie am besten sind. Ich möchte Ihnen das an einigen Beispie­len auch klar machen.

Erstes Beispiel: Schönreden. Herr Minister Bartenstein hat sich heute hier hergestellt und gesagt, diese Regierung stellt 1,5 Milliarden für den Arbeitsmarkt zur Verfügung. Was ist die Wahrheit? – Die Wahrheit ist, es sind 600 Millionen €, also nicht einmal die Hälfte, für aktive Arbeitsmarktpolitik vorgesehen. Und für dieses Jahr, obwohl wir die höchste Arbeitslosigkeit der Zweiten Republik haben, geben Sie keinen einzigen Cent dazu. Im Budget sind es weiterhin 600 Millionen, ein Betrag, der also weit entfernt von Ihren 1,5 Milliarden ist. Das ist die Wahrheit, Herr Bundesminister! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Herr Bundesminister, Sie reden auch immer davon, Arbeitslosigkeit stelle kein Problem für den Bundeskanzler dar. Jugendarbeitslosigkeit war ja auch nur ein kleiner Schön­heitsfehler. Wir kennen das. In Österreich gibt es 253 747 Menschen, die keine Be­schäftigung haben. Und die haben unter anderem deshalb keine Arbeit, weil Sie die falsche Politik machen. Sie haben deshalb keine Arbeit, weil Sie eben tatsächlich zu wenig in die aktive Arbeitsmarktpolitik investieren. (Abg. Kopf: Die niedrigste Arbeits­losigkeit aller europäischen Länder!) Diese Leute haben nichts davon, wenn Sie immer mit Zahlen herumjonglieren und Österreich im internationalen Vergleich sehen. Es wissen doch alle, dass die Arbeitslosigkeit in den letzten vier Jahren Ihrer Regierungs­verantwortung massiv angestiegen ist und wir es mit einer Arbeitslosigkeit zu tun haben, wie sie Österreich in der Vergangenheit noch nie gekannt hat.

Ein zweites Beispiel, was das Schönrechnen betrifft. Also ich war schon einigermaßen erstaunt darüber, wie die Regierungsmitglieder Gehrer, Rauch-Kallat und Haubner plötzlich 90 000 fehlende Kinderbetreuungsplätze verschwinden lassen konnten. Ich rufe in Erinnerung: Laut Mikrozensus fehlen in Österreich 90 000 Kinderbetreuungs­einrichtungen. Die drei Damen auf der Regierungsbank machen eine Pressekonferenz und verlautbaren dann, es fehlen nur mehr 8 000. Es ist überhaupt kein Problem, die Familien, die Frauen brauchen gar keine Kinderbetreuungsplätze mehr, dieses Problem stellt sich gar nicht.

Das Problem ist, dass diese Regierung in die Lebensrealität und in die Wirklichkeit nicht mehr zurückfindet. Sie verlieren sich in Superlativen. Es wird immer von Quanten­sprung, von Meilensteinen und Jahrhundertwerken gesprochen, und Sie lösen sogar die Quadratur des Kreises. Sie verlieren den Bezug zur Realität. Der Herr Bundes­kanzler spricht davon, der Aufschwung ist da, alle spüren ihn. Die meisten Menschen spüren aber die Arbeitslosigkeit, die Teuerungsrate, den geringeren privaten Konsum. Das spüren die Menschen, und das ist die falsche Politik. Aber Sie verlieren sich in Ihrer Propaganda und in Ihren Propagandaschildern, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ.)

Das politische Problem ist, dass Sie bei der Selbstberuhigung und Selbstbeschwörung, die Sie betreiben, in Wirklichkeit untätig sind, dass Sie daher die wirkliche Lebens­realität vieler Menschen gar nicht wahrhaben wollen, dass Sie versuchen Probleme wegzureden, wegzuzaubern, schönzureden. Aber ich kann Ihnen sagen, das Problem ist, dass eben die Bevölkerung bei Ihrer Politik keine Lösung der Probleme zu erwarten hat. (Abg. Kopf: Alle irren sich: Das Wifo irrt sich, alle!)

Ich komme zum Schluss: Es gibt Hoffnung, es gibt wieder einen Wahltag, und dann ist es Zeit für eine Regierung, die sich der Probleme der Menschen wieder annimmt. Die SPÖ ist startklar. (Beifall bei der SPÖ.)

 


10.00


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79. Sitzung / Seite 22

Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dolinschek. Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


10.00

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (Freiheitliche): Geschätzter Herr Präsident! Ge­schätzter Herr Bundesminister! Schönreden oder schlechtreden, ich glaube, die Fak­ten, die auf dem Tisch liegen, sagen alles. Bei diesen sollten wir bleiben, also weder schönreden noch schlechtreden.

Wenn nun die Oppositionsseite sagt, dass die Steuerpolitik mit einer Beschäftigungs­politik, mit einer Wirtschaftspolitik oder mit der Standortfrage Österreichs nichts zu tun hat, so sage ich: Das steht in engem Zusammenhang! Die Standortqualität Österreichs ist in den letzten Jahren deutlich gestiegen. In den letzten Jahren hat diese Bundesre­gierung, diese Koalition eine aktive Wirtschaftspolitik gemacht, die einfach allen durch mutige strukturpolitische Reformen, die hier umgesetzt wurden, zugute gekommen ist – der Gesamtbevölkerung in Österreich, egal, ob Arbeitnehmern, Selbständigen, Bauern oder Freiberuflern, allen ist sie zugute gekommen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Die Steuerreform 2005 – ein Teil ist ja auf 2004 vorgezogen worden – war ebenfalls eine wichtige Maßnahme. Dadurch sind die Leute früher zu einem Steuersenkungspro­gramm gekommen. Von dieser Steuerreform profitiert ebenfalls die gesamte Bevölke­rung. (Abg. Öllinger: Das stimmt ja nicht!)

Jetzt wird immer wieder davon gesprochen: Ihr senkt die Körperschaftsteuer von 34 auf 25 Prozent. Sehr geehrte Damen und Herren! 1,4 Millionen Arbeitnehmer sind in Österreich in Kapitalgesellschaften beschäftigt; das kommt allen zugute. Das müssen Sie sich eben auch merken. Von den 5,9 Millionen Steuerzahlern werden jetzt 2,55 Mil­lionen steuerfrei sein. Das passiert durch das Steuersenkungsprogramm dieser Bun­desregierung, womit ein Bezieher eines Jahresbruttoeinkommens von 15 770 € im Jahr steuerfrei gestellt wird. (Beifall bei den Freiheitlichen sowie des Abg. Mag. Molterer.)

Nicht zu vergessen sind natürlich auch die familienpolitischen Maßnahmen in diesem Zusammenhang, geschätzte Damen und Herren! Schwerpunkt dieser Steuerreform ist eine Einkommensstärkung der österreichischen Familien, der Alleinverdiener- und Alleinerzieherhaushalte. Diesen Leuten ist geholfen worden. Der Alleinverdienerab­setzbetrag ist von 364 € für jedes Kind zusätzlich um 130 € erhöht worden, für jedes weitere Kind um 175 € und dann für jedes weitere noch einmal um 220 €. Das verges­sen Sie aber.

Eine Alleinerzieherin mit zwei Kindern hat ein monatliches Bruttoeinkommen von – sagen wir – 1 300 €. Die bisherige Steuerleistung war 862 €. Jetzt zahlt diese Frau keine Steuern mehr, sie hat sogar eine Negativsteuer von 14 € zu verbuchen. Das ist eine Entlastung von 876 €.

Und das geht so weiter. Ein Arbeiterehepaar ohne Kind hat ein monatliches Bruttoein­kommen: der Mann 2 300 €, die Frau 1 200 €. Die bisherige Steuer pro Jahr war 5 481 €. Ab 2005 beträgt sie 4 474 €. Das ist eine Ersparnis von 807 €.

Und da sagen Sie, das ist gar nichts? Geschätzte Damen und Herren, so kann es wohl nicht sein! Wer redet jetzt schlecht? – Sie reden schlecht! Lassen wir die Fakten spre­chen! Ziel ist es, Vollbeschäftigung in Österreich zu halten. Arbeit und Einkommen sind die wirksamsten Mittel gegen Armut und soziale Ausgrenzung (Zwischenruf des Abg. Parnigoni), Herr Kollege.

Herr Kollege Parnigoni! Oder bist du nicht für Vollbeschäftigung? Was ist? (Abg. Parni­goni: Wo ist die?) Wir haben heute den höchsten Beschäftigtenstand in Österreich überhaupt erreicht. Mit 3 244 380 Beschäftigten haben wir einen neuen Rekord. (Beifall


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79. Sitzung / Seite 23

bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.) Das sind um 27 900 Menschen mehr als im September des Vorjahres. Es sind um 100 000 mehr als im Jahr 1999.

Das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf, gemessen an den Kaufkraftstandards, liegt um 21 Prozent über dem europäischen Durchschnitt. Nur Luxemburg, Irland und Däne­mark sind vor uns. Die Inflationsrate ist ebenfalls auf einem Niedrigstand von 1,8 Pro­zent. In der Eurozone ist sie immerhin 2,3 Prozent. Die österreichischen Unternehmen haben ihre Exporte im ersten Halbjahr um 11 Prozent steigern können, im Vergleich zum Zeitraum 1999 bis 2003 sogar um 31 Prozent. Wir haben dabei den Exportwelt­meister aus der Vergangenheit, die Bundesrepublik Deutschland, überholt. Durch diese 85 Milliarden, die erreicht worden sind, können zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen werden. Bis zu 50 000 zusätzliche Arbeitsplätze können in Zukunft geschaffen werden.

Sehr geehrte Damen und Herren! Noch nie zuvor hat eine Bundesregierung mehr in die Zukunft unseres Landes investiert als die jetzige. Das sollten Sie sich merken! (Bei­fall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

10.05

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Als letzter Redner hiezu ist Herr Abgeordneter Öllinger gemeldet. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


10.05

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Winter kommt nach dem Sommer. Der Abend kommt nach dem Mor­gen. (Demonstrativer Beifall bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Neudeck: Der Herbst ist dazwischen!)

Diese beiden Sätze stimmen genauso, als wenn ich sagen würde: Der Sommer kommt nach dem Winter. Der Morgen kommt nach dem Abend. „Aufschwung schafft Arbeit“ ist genauso richtig oder falsch wie Arbeit schafft Aufschwung.

Was ist all diesen Sätzen gemeinsam, Herr Kollege Kopf? Was ist all diesen Sätzen gemeinsam? (Abg. Kopf hält eine rot-weiß-rote Tafel mit der Aufschrift „Aufschwung schafft Arbeit“ in die Höhe.) Sie sind genauso richtig wie falsch, sie sind von uns eigentlich nicht beeinflussbar – jedenfalls was den Morgen, den Abend, den Winter, den Frühling und auch alle sonstigen Jahreszeiten betrifft. Das ist doch eine Banalität, die Sie hier verbreiten, ein Beschwörungsmantra! Damit können Sie sich vielleicht selbst beruhigen, aber ganz sicher nicht die Menschen in diesem Land. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Wir sollten uns wirklich nicht mit Lächerlichkeiten aufhalten. Und es ist eine Lächerlich­keit, so etwas auf einem Taferl darzustellen, Herr Kollege Kopf. Reden wir über die Realitäten! Schauen Sie, so wie ich das gemacht habe, auf die Website der Statistik Austria. Dort stehen die neuen Beschäftigtenzahlen. Können Sie rechnen? – Sie müs­sen das rechnen, denn zunächst kommt genau die Zahl heraus, die Sie immer wieder nennen: 3,244 Millionen Beschäftigte.

Aber Sie müssen auch die Fußnoten lesen! Das muss man tun, wenn man seriös ist. Dort steht zu lesen, dass die Kindergeldbezieherinnen, die Präsenzdiener und die Zivil­diener mit hineingerechnet sind. (Abg. Kopf: Aber immer schon!) Die sind nicht unselb­ständig oder selbständig beschäftigt, die leisten einerseits einen Pflichtdienst oder sie beziehen andererseits Kindergeld, weil sie zu Hause sind. (Abg. Kopf: Die waren immer schon drinnen!) Wie kommen Sie auf die Idee, dass diese Leute eine Beschäfti­gung haben? – Das ist doch wieder ein Beschwörungsmantra, das Sie hier abziehen. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)


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79. Sitzung / Seite 24

Wenn Sie realistisch und genau rechnen, dann stellt sich etwas anderes heraus: Kein Aufschwung bei den Beschäftigten, sondern im Jahr 2003 3,070 300 Beschäftigte. Im Jahr 2001 hatten wir aber 3,078 und so weiter Millionen Beschäftigte. Was heißt das? – Im Jahr 2001 waren mehr Leute beschäftigt als im Jahr 2003. Und da kommen Sie daher und erzählen uns wieder irgendetwas mit Ihren Mantrasätzen von wegen Aufschwung, alles nehme zu, alles werde besser, alles werde stärker, alles werde dynamischer?! Das haben wir gestern schon gehört. Entschuldigen Sie, aber Herr Grasser sollte wirklich nicht mehr länger Ihr Maßstab für Propagandasätze sein! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es schaut wirklich nicht so gut aus. Ich habe Ihnen schon die tatsächliche Zahl der Beschäftigten, die rückläufig ist, genannt. Jetzt nenne ich Ihnen noch andere Zahlen. Die Arbeitslosigkeit geht nicht zurück, sie ist gestiegen. 240 000, 244 000 Arbeitslose, aber es kommen noch 45 000 dazu, die in Kursen sind. (Abg. Kopf: Sie ist mit 4,5 Prozent am niedrigsten in der ganzen EU!)

Gut, dass es Kurse gibt. Allerdings, meine Damen und Herren, ich entnehme den „NÖN“: „Frustrierte Jugendliche. ,Sinnlose AMS-Kurse‘“. – Das ist dann nicht mehr gut, wenn Jugendliche in Schnellsiederkursen verheizt werden. Es ist leider Realität: Diese 45 000 finden sich in keiner Statistik als Arbeitslose, obwohl sie tatsächlich arbeitslos sind.

30 000 werden, obwohl arbeitslos, als Pensionsvorschussbezieher geführt. Tausende Beamte haben Sie in den letzten Jahren in Frühpension geschickt, teilweise mit 50 Jahren. Teilweise wollten die das gar nicht, teilweise wollten sie es natürlich schon. Und Tausende Personen verstecken Sie in der Position Übergangsgeld. Die sind alt, arbeitslos, aber sie werden weder als Arbeitslose noch als ältere Arbeitslose registriert.

Mit statistischen Tricks kämpfen Sie die Arbeitslosigkeit nieder. Das hilft aber den Men­schen, vor allem den jungen Menschen nicht. Das Problem, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist, dass Sie die Jugendlichen im Stich lassen: aktuell an den Uni­versitäten, bei der Ausbildung. Sie lassen die Jugendlichen, die jüngeren Menschen im Stich, wenn es darum geht, nicht nur an einem AMS-Kurs teilzunehmen, sondern tat­sächlich Beschäftigung zu finden.

Das ist eine Realität, über die Sie reden hätten sollen – und nicht Ihre sinnlose Taferl- und Mantrapolitik. „Ohm“ können Sie machen. Das ist Beschwörungspolitik! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

10.11

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Einlauf und Zuweisungen

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

Zuweisungen in dieser Sitzung:

zur Vorberatung:

Ausschuss für Arbeit und Soziales:

Pensionsharmonisierungsgesetz (653 d.B.);


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79. Sitzung / Seite 25

Budgetausschuss:

Budgetüberschreitungsgesetz 2004 – BÜG 2004 (644 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzgesetz 2004 geändert wird (645 d.B.),

Budgetbegleitgesetz 2005 (649 d.B.);

Finanzausschuss:

Bundesgesetz über die Veräußerung von unbeweglichem Bundesvermögen (642 d.B.);

Ausschuss für innere Angelegenheiten:

Bundesgesetz, mit dem das Sicherheitspolizeigesetz, das Grenzkontrollgesetz, das Bundesgesetz über die Führung der Bundesgendarmerie im Bereich der Länder und die Verfügung über die Wachkörper der Bundespolizei und der Bundesgendarmerie und das Beamten-Dienstrechtsgesetz geändert werden (SPG-Novelle 2005) (643 d.B.);

Kulturausschuss:

Antrag 456/A (E) der Abgeordneten Mag. Christine Muttonen, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend vorzeitige Abberufung des Geschäftsführers des Kunsthistorischen Mu­seums;

Landesverteidigungsausschuss:

Bundesgesetz, mit dem das Militärbefugnisgesetz geändert wird (652 d.B.);

Ausschuss für Sportangelegenheiten:

Antrag 458/A (E) der Abgeordneten Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Prämien für MedaillengewinnerInnen der paralympischen Spiele in Athen;

Umweltausschuss:

Bundesgesetz, mit dem das Emissionszertifikategesetz, BGBl. I Nr. 46/2004, geändert wird (624 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Umweltinformationsgesetz geändert wird (UIG-Novel­le 2004) (641 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz und das Umweltverträglich­keitsprüfungsgesetz 2000 geändert werden (UVP-G-Novelle 2004) (648 d.B.);

Verkehrsausschuss:

Antrag 457/A (E) der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen be­treffend ein Maßnahmenpaket für mehr Verkehrssicherheit;

Wirtschaftsausschuss:

Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die integrierte Vermeidung und Ver­minderung von Emissionen aus Dampfkesselanlagen (Emissionsschutzgesetz für Kes­selanlagen – EG K) erlassen wird (626 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die statistische Erhebung des Waren­verkehrs (Handelsstatistisches Gesetz 1995 – HStG 1995) geändert wird (651 d.B.).

*****

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung 1954/AB

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Vor Eingang in die Tagesordnung teile ich mit, dass das gemäß § 92 der Geschäftsordnung gestellte Verlangen vorliegt, eine kurze Debatte


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79. Sitzung / Seite 26

über die Beantwortung 1954/AB der Anfrage 2064/J der Abgeordneten Mag. Kogler, Kolleginnen und Kollegen betreffend Eurofighter-Gegengeschäfte durch den Herrn Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit abzuhalten.

Diese kurze Debatte findet gemäß § 57a Abs. 4 der Geschäftsordnung nach Erledi­gung der Tagesordnung, jedoch spätestens um 15 Uhr statt.

Fristsetzungsantrag

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Weiters teile ich vor Eingang in die Tagesordnung mit, dass Frau Abgeordnete Mag. Muttonen beantragt hat, dem Kulturausschuss zur Be­richterstattung über den Antrag 456/A (E) der Abgeordneten Mag. Muttonen, Kollegin­nen und Kollegen betreffend vorzeitige Abberufung des Geschäftsführers des Kunst­historischen Museums eine Frist bis 8. November 2004 zu setzen.

Ferner liegt das von fünf Abgeordneten gemäß § 43 Abs. 3 der Geschäftsordnung gestellte Verlangen vor, eine kurze Debatte über diesen Fristsetzungsantrag durchzu­führen.

Diese kurze Debatte wird im Anschluss an die Kurzdebatte über die Anfragebeantwor­tung stattfinden.

Wir gehen nunmehr in die Tagesordnung ein.

Redezeitbeschränkung

 


Präsident Dr. Andreas Khol: In der Präsidialkonferenz wurde Konsens über Gestal­tung und Dauer der Debatte erzielt: Demgemäß wurde eine Tagesblockzeit von 8 „Wie­ner Stunden“ vereinbart, sodass sich folgende Redezeiten ergeben: ÖVP und SPÖ je 140 Minuten, Freiheitliche 96 sowie Grüne 104 Minuten.

Weiters wurde folgende Redezeitvereinbarung für die Debatte in der Zeit von 10.10 Uhr bis 13 Uhr, die vom ORF übertragen wird, getroffen: Zunächst je eine Wort­meldung pro Fraktion mit je 15 Minuten, anschließend ein Regierungsmitglied mit 7 Mi­nuten, sodann je eine Wortmeldung pro Fraktion mit je 10 Minuten, in weiterer Folge ein Regierungsmitglied mit 7 Minuten, danach je eine Wortmeldung pro Fraktion mit je 5 Minuten, ferner ein Regierungsmitglied mit 7 Minuten, schließlich je eine Wortmel­dung pro Fraktion mit je 5 Minuten.

Vor Beginn der letzten Runde wird die allenfalls verbleibende Redezeit von der vorsitz­führenden Präsidentin gleichmäßig auf die Fraktionen in der Weise verteilt, dass noch alle Fraktionen zu Wort kommen.

Weiters besteht Einvernehmen darüber, dass tatsächliche Berichtigungen nach 13 Uhr aufgerufen werden.

Darüber entscheidet das Hohe Haus. Wir kommen sogleich zur Abstimmung.

Wer mit dieser Redezeitgestaltung einverstanden ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Der Vorschlag der Präsidialkonferenz wird einstimmig angenommen. Wir werden daher so vorgehen.

Erste Lesung der Regierungsvorlage betreffend das Bundesfinanzgesetz 2005 samt Anlagen (650 d.B.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nunmehr zum einzigen Punkt der Tages­ordnung.


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79. Sitzung / Seite 27

Zu Wort gemeldet hat sich als Erster Herr Abgeordneter Mag. Molterer. Redezeit: 15 Minuten. – Bitte, Herr Klubobmann.

 


10.14

Abgeordneter Mag. Wilhelm Molterer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! (Der Redner stellt eine rot-weiß-rote Tafel mit der Aufschrift „Aufschwung durch Entlas­tung“ vor sich auf das Rednerpult. – Abg. Öllinger: Nicht schon wieder! Drehen Sie es um!) Aufschwung durch Entlastung. – Aufschwung brauchen wir, meine Damen und Herren, weil Aufschwung Arbeit schafft und Arbeit etwas ist, was das Wichtigste an politischer Zielsetzung ist, die eine Regierung, die Politik haben kann. Arbeit, meine Damen und Herren, ist nicht nur Lebensgrundlage, sondern Arbeit für die Menschen ist Zukunft, ist soziale Sicherheit. Sozial ist daher, was Arbeit schafft. Das ist unsere Ziel­setzung. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir haben mit diesem Budget einen weiteren ganz entscheidenden Schritt auf unserem klaren politischen, wirtschaftspolitischen Kurs für Österreich gesetzt. Meine Damen und Herren, wir suchen keinen Kurs, wir haben ihn! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheit­lichen.)

Wir diskutieren kein Konzept, wir haben ein Konzept, meine Damen und Herren – und das nicht erst mit der Vorlage dieses Budgets für das Jahr 2005. Nein, wir sind am 4. Februar des Jahres 2000 mit diesem klaren wirtschaftspolitischen Kurs für Öster­reich angetreten. Und – das wird Sie nicht überraschen – es ist ein anderer Kurs als jener, den die SPÖ will. Es ist ein neuer Kurs, es ist ein Zukunftskurs für dieses Land Österreich, ein Kurs, der dem Land und den Menschen in Österreich positive Perspek­tiven gibt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Das ist auch wichtig für die politische Diskussion und für die politische Auseinanderset­zung, die klar ist, die beim Budget zu führen ist. Was sind denn die Eckpunkte dieses politischen Kurses, dieses klaren wirtschaftspolitischen Konzeptes?

Erstens: Wir haben uns von Anfang an vorgenommen, das Budget zu sanieren. Es war leider notwendig, meine Damen und Herren, und die Budgetsanierung ist nicht Selbst­zweck, sondern ein saniertes Budget, ein Budget, das in Ordnung ist, schafft Spielraum für den Staat, schafft Spielraum für die Zukunft. Ein Budget, meine Damen und Herren, das nicht in Ordnung ist, bedeutet doch eigentlich, dass wir die Lasten auf die jungen Menschen verlagern. Damit muss Schluss sein! Fairness und Nachhaltigkeit in der Budgetpolitik sind unsere Zielsetzung. (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP und den Frei­heitlichen.)

Wir haben ein zweites klares Ziel formuliert: Wir wollen die Abgabenquote senken. (Abg. Sburny: Koste es, was es wolle!) Das spricht sich technisch so leicht aus, aber es ist in Wirklichkeit das, was wir beim Budget wollen, nämlich Spielraum für den Staat. Abgabensenkung heißt Spielraum für den Bürger, meine Damen und Herren, Spiel­raum für die Österreicherin, für den Österreicher. Mehr Geld in der eigenen Tasche – das heißt Senkung der Abgabenquote!

Dieses Ziel ist politisch wichtig, weil wir im Gegensatz zu manchen in der Politik eben meinen, eine hohe Abgabenquote ist keine zivilisatorische Leistung. Das Gegenteil ist der Fall! (Abg. Silhavy: Das ist eine späte Selbsterkenntnis!) Eine hohe Abgabenquote bedeutet, der Staat hat ständig die Finger in den Taschen der Bürger. Damit muss Schluss sein, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Die dritte große Zielsetzung unserer Politik heißt strukturelle Reformen in allen Berei­chen des Staates. Warum? – Weil auch ein Staat – und damit selbstverständlich die Republik Österreich, unsere Heimat – im Wettbewerb, im internationalen Wettbewerb


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steht. So wie ein Unternehmen im Wettbewerb Bestand haben muss, gilt das auch für den Staat. Wenn wir Strukturreformen nicht setzen, meine Damen und Herren, dann gehen wir zurück, dann machen wir einen Schritt nach rückwärts. Nein, das wollen wir nicht! Wir wollen nach vorwärts, und nur durch Strukturreformen wird Österreich in der Lage sein, den harten Wettbewerb zu bestehen und vorwärts zu gehen. Das ist unsere Zielsetzung! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir haben ein viertes, strategisch wichtiges Ziel, nämlich in die richtigen Zukunftsbe­reiche zu investieren. Auch darüber kann man diskutieren. Ja, das ist okay und legitim. Selbstverständlich bekennen wir uns zu einer Familienpolitik, wir scheuen auch die Diskussion und den Vergleich nicht. (Beifall bei der ÖVP.) Wir sind eine christdemokra­tische Partei, meine Damen und Herren. Wir wollen keine Familienpolitik der Beliebig­keit, sondern wir wollen eine Familienpolitik, die unseren gesellschaftspolitischen Wert­vorstellungen entspricht. (Abg. Murauer: Bravo!) Dazu bekennen wir uns, und diese Diskussion führen wir gerne mit Ihnen von der linken Reichshälfte. (Abg. Sburny: ... ist keine Familie für Sie! Nur heterosexuelle verheiratete Paare!) Gesellschaftspolitik ist keine Schande, Wertorientierung ist etwas Gutes.

Fest in den Werten, modern in den Wegen! – Das ist unser Motto, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Diese klare politische Zielsetzung mit diesem modernen und zukunftsorientierten Kurs für Österreich, meine Damen und Herren, ist ganz klar von einem Motiv bestimmt: Wir wollen nicht, dass Österreich als Wirtschafts- und Arbeitsstandort im Wettbewerb auf der Stelle tritt, nein, wir wollen Österreich nach vorne bringen, vorwärts bringen. Wir wollen, dass Österreich besser dasteht. – Und unsere Politik, auch im Budget festge­schrieben, führt dazu, meine Damen und Herren!

Wenn wir heute, vier Jahre nach diesem 4. Februar 2000, oder auch etwas mehr, innehalten, können wir sagen: Dieser Weg hat sich gelohnt. (Abg. Dr. Einem: Für Sie schon!) Die Entscheidung für diesen Zukunftsweg war richtig. Wir sind auf gutem Zukunftskurs, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich kann Ihnen das auch mit Fakten belegen. Österreich ist in diesen letzten Jahren im internationalen Vergleich – und ich habe gesagt, ein Staat steht genauso im Wettbe­werb wie ein Unternehmen – nach vorne gekommen. Wir sind heute die Nummer 3 in der Europäischen Union in Bezug auf Wohlstandsindikatoren, auf Wachstumsindikato­ren und auf Wirtschaftsindikatoren, meine Damen und Herren!

Österreich ist unter den Top 3, aber damit dürfen wir uns nicht zufrieden geben, denn – wie gesagt – den Wettbewerb gibt es. Daher muss unsere dauerhafte Anstrengung darauf gerichtet sein, diesen Kurs fortzusetzen, damit wir an der Spitze bleiben.

Aber, meine Damen und Herren, das hat sich nicht nur im internationalen Ranking gelohnt, sondern auch sehr konkret. Wir haben die beste Wirtschaftsentwicklung seit vielen Jahren zu erwarten. Frau Kollegin Glawischnig ist jetzt nicht im Saal, aber sie hat sich in ihren vorherigen Ausführungen dazu verstiegen, zu meinen, dass wir in irgendeiner Form – wir, nämlich die Regierung – die Wachstumsprognosen beeinflus­sen würden. – Ja, das tun wir schon, nämlich durch unsere gute Politik!

Aber die Wachstumsprognosen, meine Damen und Herren, sind nicht von uns vorge­legt, sondern sie sind vorgelegt beispielsweise vom Institut für Höhere Studien. Das IHS sagt ganz deutlich: Wir erwarten für heuer eine nach oben revidierte Wachstums­rate von 2,1 Prozent und für nächstes Jahr eine Rate von 2,5 Prozent. – Meine Damen und Herren! Das ist die höchste Wachstumsrate seit vielen Jahren in unserem Land. Und das ist gut so. Wir brauchen das, weil der Aufschwung Arbeit schafft. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)


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Aber nicht nur das IHS, sondern auch das Wirtschaftsforschungsinstitut kommt in der Prognose zu genau dem selben Ergebnis: eine Wachstumsrate von 2,5 Prozent für das kommende Jahr. – Der Aufschwung ist da, meine Damen und Herren! Wir spüren das in den Exportzahlen. Wir spüren das an Indikatoren, die sehr, sehr wichtige, sensible Indikatoren sind. Lesen Sie beispielsweise die Prognosen der Werbebranche! Die Werbebranche ist der erste Indikator, wenn der Aufschwung kommt. Warum? Weil in Werbung investiert wird. Werbung ist damit auch ein Optimismussymbol; plus 2,4 Pro­zent in den Prognosen der Werbebranche. Wir spüren es bei den Investitionen. Wir spüren es bei den Betrieben, die nach Österreich kommen, weil wir politisch die rich­tige Entscheidung getroffen haben.

Meine Damen und Herren! Auch mit dem Budgetentwurf für das Jahr 2005 setzen wir diesen Weg, diesen Zukunftsweg für Österreich fort. Ich danke für diesen Entwurf, für dessen Erarbeitung unserem Finanzminister und seinem Staatssekretär, vor allem auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Finanzministerium, sehr, sehr herzlich. Exzellente Arbeit wurde hier geleistet! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Die Schwerpunkte der Budgetpolitik sind sehr klar.

Erstens: „Aufschwung durch Entlastung“. Jawohl, Teil dieser Budgetstrategie ist unsere erfolgreiche Steuerreform, die wir in diesem Haus schon beschlossen haben. Von Ihnen leider abgelehnt, wir haben sie umgesetzt! Sie führt genau zum richtigen Zeit­punkt zur notwendigen Entlastung für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, für die Unternehmen, damit wir die anziehende Konjunktur durch unsere politischen Entschei­dungen entsprechend unterstützen. Sie ist fair, weil sie ausgewogen ist zwischen den Arbeitnehmern und der Wirtschaft. Sie ist, und das ist politisch entscheidend, ohne Gegenfinanzierung gemacht. Wir erhöhen die Steuern nicht, meine Damen und Herren, das zu diskutieren bleibt Ihnen überlassen. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Erb­schaftssteuer, Grundsteuer, Schenkungssteuer, Mieterträge, diese Liste könnte ich noch fortsetzen, Sparbuchsteuer und so weiter. Das ist Ihre Politik, unsere nicht! Ohne Gegenfinanzierung, ohne Steuererhöhung machen wir unsere Steuerentlastung, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir machen die Steuerentlastung auch zum richtigen Zeitpunkt; zum richtigen Zeit­punkt auch deshalb, weil gerade jetzt mit der EU-Erweiterung der Wettbewerb um den Standort schärfer wird. Wir spüren das. Aber weil wir gehandelt haben, wandern die Betriebe nicht ab, sondern sie wandern zu. Und wenn Betriebe zuwandern, wandern auch Arbeitsplätze zu, meine Damen und Herren! Das ist unser politisches Konzept. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Die Abgabenquote wird sinken. Sie haben kritisiert – und ich sage Ihnen, das durchaus zu Recht, das war ein Kritikpunkt –, dass wir zu Beginn unserer Regierungstätigkeit im Jahr 2000/2001 eine sehr hohe Steuer- und Abgabenquote gehabt haben. – Wir haben gehandelt! Wir senken sie, und das bedeutet mehr Kaufkraft für die Menschen, das brauchen wir auch für die Binnenkonjunktur, das stärkt den Standort und gibt die richtigen Wachstumsimpulse.

Natürlich ist das auch mit einem etwas höheren Defizit verbunden, das stimmt. Aber, Herr Kollege Gusenbauer, in der Defizitfrage sind Sie mit Sicherheit der schlechteste Ratgeber, denn Zickzack ist beim Defizit genauso Ihre Linie wie bei allen anderen politischen Konzepten. Sie haben zum Beispiel die Frage des Nulldefizits verteufelt. Professor Frisch sagt, das war richtig, weil wir uns den Spielraum erarbeitet haben. Sie sind sogar so weit gegangen – das muss auch die Öffentlichkeit wissen – und haben gesagt, das Nulldefizit der Regierung sei geistesschwach. Zuletzt habe der rumänische Diktator Ceaucescu dieses Ziel vor Augen gehabt.


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Das ist nicht meine politische Sprache, meine Damen und Herren, das müssen Sie verantworten. Diesen Stil will ich nicht in diesem Land, meine Damen und Herren! (Bei­fall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir haben ein zweites großes Ziel: Innovation. Dieses Budget, dieser Budgetentwurf für das Jahr 2005 gibt die richtigen Signale für Forschung und Entwicklung. Gemein­sam mit den Strukturentscheidungen – Hubert Gorbach, Liesl Gehrer – und den budge­tären Voraussetzungen wird es einen notwendigen und richtigen Impuls in der For­schung geben. Dazu braucht es aber auch eine Anstrengung in der Wirtschaft, weil wir nur gemeinsam die angestrebte Forschungsquote erreichen können.

Wir haben drittens einen große Schwerpunkt im Bereich der sozialen Gerechtigkeit. Das ist uns ein Anliegen: eine faire und gerechte Altersvorsorge, auch durch Harmoni­sierung der Pensionen, eine Aufstockung des Pflegegeldes und eine entsprechende Dotierung der Familienleistung, meine Damen und Herren! – Das ist praktische Sozial­politik, wie wir sie verstehen und leben. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir haben einen vierten großen Schwerpunkt: die Frage der Sicherheit. Wer viel mit Menschen diskutiert – und ich nehme an, das tun wir alle –, spürt, dass es in der Sicherheitsfrage ein großes Bedürfnis ist, noch mehr zu tun. – Und wir tun noch mehr! Wir reformieren die Polizei und die Gendarmerie, und wir investieren. Dieses Budget gibt Impulse in der materiellen Ausstattung unserer Sicherheitseinrichtungen und auch in der personellen Ausstattung. Mehr Exekutivwachebeamte werden für Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger sorgen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Selbstverständlich gilt unser Impuls mit diesem Budget auch dem Arbeitsmarkt, und zwar nicht nur durch die Arbeitsmarktmaßnahmen. Es sind erste Anzeichen da, dass sich am Arbeitsmarkt auch eine Trendwende ergibt, nämlich ein Abschwung der Ar­beitslosenrate. Und das wollen wir fortsetzen. Die Arbeitslosigkeit muss sinken, weil Vollbeschäftigung unser Ziel ist, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Mit diesem Budget für das Jahr 2005 setzen wir den erfolgreichen Weg fort. – Mehr soziale Gerechtigkeit, mehr Sicherheit und mehr Vollbeschäftigung, weil Aufschwung Arbeit schafft, meine Damen und Herren! (Lang anhaltender Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

10.30

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Gusen­bauer. Redezeit: 15 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


10.30

Abgeordneter Dr. Alfred Gusenbauer (SPÖ): Herr Präsident! Mitglieder der Bundes­regierung! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die gestrige Budgetrede des Herrn Finanzministers (Abg. Ellmauer: War exzellent!) ist wie seine Gesamtbilanz in einem Satz zusammenzufassen (Abg. Dr. Fekter: Hervorragend!): Er hat viel verspro­chen und nichts gehalten! Genau das zeichnet seine Politik aus! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie haben heute früh gesagt: Lassen wir die Fakten sprechen! Nun, sie sollen es tun. Sie haben die Vollbeschäftigung verspro­chen – Realität ist, dass heute 50 000 Menschen mehr in Österreich arbeitslos sind. Zu behaupten, das wäre Vollbeschäftigung, ist ein absoluter Zynismus gegenüber jedem einzelnen Arbeitslosen in unserem Land. (Abg. Mag. Molterer: Das Ziel ist Vollbe­schäftigung!) Merken Sie sich das, Herr Finanzminister! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)


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Zweitens: Sie haben das Nulldefizit versprochen. (Abg. Scheibner: Das habt ihr kriti­siert!) – Was Sie vorlegen, das ist ein Budget mit einem neuen Rekorddefizit von über 5 Milliarden € für das nächste Jahr. Jahrelang haben Sie jeden Tag gesagt, das Allerwichtigste sei ein Nulldefizit. (Zwischenruf des Abg. Kopf.) Zu jedem einzelnen Vorschlag, der gemacht wurde, haben Sie immer nur gesagt: Das können wir uns alles nicht leisten. – Nulldefizit! Nulldefizit! Nulldefizit! Jetzt gibt es 5 Milliarden € neues Bud­getdefizit. Das ist weit entfernt von dem von Ihnen immer wieder angesagten Nulldefi­zit, Herr Finanzminister! (Beifall bei der SPÖ.)

Dritter Punkt: Die ÖVP und ihr Finanzminister haben gesagt: Zukunft ohne Schulden, denn die Schulden müssen alle einmal von der Jugend dieses Landes bezahlt werden! Jeder kann sich an den Sermon erinnern, der hier jeden Tag vorgetragen wurde. – Was ist die Bilanz? – Zwischen dem Jahr 2000 und dem Jahr 2005 hat sich in Öster­reich der Schuldenstand des Bundes um 23 Milliarden € erhöht. Das heißt, jeder ein­zelne Österreicher, vom Kleinkind bis zum Greis, ist heute nicht mit 15 000 €, sondern mit fast 19 000 € verschuldet.

Meine Damen und Herren! Versprochen wurde: Zukunft ohne Schulden! – Nichts gehalten! Rekordverschuldung ist die Bilanz Ihrer Politik. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Sie haben versprochen: Vorrang für die Bildung und die Wissenschaft. Erst gestern hat das auch noch der Finanzminister erneut gesagt. Nun, man blickt ins Budget und findet nichts von diesem Vorrang für Bildung und Forschung. Ganz im Gegenteil! Nicht ein­mal die 100 Millionen € Notprogramm für die österreichischen Universitäten stellen Sie bereit. Sie setzen die Kürzungspolitik in der Bildung weiterhin fort. Vorrang heißt für Sie nicht zusätzliche Mittel, nicht zusätzliche Ausgaben, sondern Vorrang heißt für Sie Vor­rang im Kürzen und im Schmälern der Chancen.

Wieder: Viel versprochen, nichts gehalten! Das kennzeichnet Ihre Politik, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Sie sprechen von der „Zeit der Ernte“. Wunderbar! Das nach Jahren der Entbehrungen, der Belastungen, hat Herr Klubobmann Molterer gesagt. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Diese Lamentiererei kann man schon nicht mehr aushalten!) Er hat sich im Übrigen ganz anders angehört als gestern der Finanzminister, bei dem man den Eindruck gehabt hat, dass bis zum Jahr 2000 die Österreicherinnen und Österreicher in Armut und Ver­zweiflung gelebt haben (Abg. Rädler: So war es!) und dass man erst jetzt, seit es Finanzminister Karl-Heinz Grasser gibt, in einem Land lebt, wo nur Milch und Honig fließen. (Abg. Rädler: So ist es!) – Herr Finanzminister! Ihre Sicht der Realität hat mit den Lebensverhältnissen der österreichischen Bevölkerung überhaupt nichts zu tun! Merken Sie sich das! (Beifall bei der SPÖ.)

Es heißt: Jetzt kommt die Zeit der Ernte. Die Zeit der Ernte ist angebrochen. – Soll ich Ihnen etwas sagen? Die Minimini-Steuerentlastung, die Sie für die Arbeitnehmer in Ös­terreich durchführen, bedeutet nicht einmal eine Abgeltung der Belastungen der letzten Jahre. Es ist knapp mehr als das, was Sie allein im heurigen Jahr zusätzlich durch die erhöhten Ölpreise einnehmen. Hier ist er gestanden, Rechnungshofpräsident Fiedler, und hat dem Parlament gesagt: Diese Steuerreform gleicht nicht einmal die kalte Progression von einem Jahr aus! (Abg. Kopf: Selbst Fiedler hat nicht immer Recht!) Das, was Sie als Zeit der Ernte betrachten, ist nichts anderes als der Versuch, einige Beruhigungspillen zu verteilen. Aber den Aufschwung für die arbeitenden Menschen in unserem Land bringt diese Mini-Steuerentlastung bei weitem nicht, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Es zeichnet sich aus. Schauen Sie sich an, wie viel im nächsten Jahr die Arbeitnehmer bekommen! Was sind die Steuergeschenke an die internationalen Konzerne und Groß-


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unternehmen? Für die ist das wunderbar, keine Frage, die werden sich darüber freuen, dass sie 1 Milliarde € weniger an Steuern zahlen müssen. (Abg. Dr. Fekter: Sie wollen sie lieber abwandern lassen! Sie sind für die Abwanderung der Großkonzerne!)

Schauen Sie sich an, was Sie hier an Bilanzzahlen für das Budget vorgelegt haben! – Steuern in Österreich zahlen fast nur mehr jene Menschen, die arbeiten gehen, näm­lich über Lohn- und Einkommensteuern und durch Mehrwertsteuern, aber alle anderen Steuern werden vom Ertrag immer geringer. Denjenigen, die jeden Tag am meisten zahlen, nämlich den Lohnempfängern, wird ein ganz, ganz kleiner Teil von dem zu­rückgegeben, was es an Belastungen gegeben hat.

Meine Damen und Herren! Das ist nicht die Zeit der Ernte, das ist der Versuch, einiges an Beruhigungspillen zu verteilen, aber die Wirkung wird nicht eintreten.

Finanzminister Grasser hat gestern gesagt, in schwierigen Zeiten müsse man mit der Budgetpolitik gegensteuern. – Dazu, Herr Finanzminister, darf ich Ihnen Folgendes sagen: Im Jahr 2001, im schwierigsten Wirtschaftsjahr, in einer Zeit der Rezession, haben Ihnen alle Experten und auch wir hier im Parlament gesagt, dass man etwas tun muss, um die Konjunktur anzukurbeln, aber Sie haben gesagt, nein, das nütze alles nichts, eine Steuerentlastung nütze nichts, Investitionsanreize nützen nichts, das ver­puffe alles, das Wichtigste sei das Nulldefizit. Gestern sagten Sie, das nächste Jahr werde das großartigste Wirtschaftsjahr überhaupt in der gesamten Geschichte, mit gigantischem weltwirtschaftlichem Wachstum. Doch plötzlich sagen Sie: Nein, vorbei mit dem Nulldefizit! Jetzt werden Steuern für die Unternehmen in großem Ausmaß, für die Arbeitnehmer in kleinem Ausmaß gesenkt. – Ich frage Sie: Jetzt, in Zeiten des größten Wirtschaftsjahres der Geschichte, ist es auf einmal berechtigt, neue Defizite zu machen?

Herr Finanzminister! Herr Klubobmann Molterer! Das hat nichts mit einem geraden Kurs zu tun, das hat auch nichts mit einem vernünftigen Kurs zu tun, sondern das, was Sie hier machen, ist eine Politik auf Kosten der Zukunft unseres Landes (ironische Heiterkeit bei der ÖVP), die letztendlich nach dem Jahr 2006 zu bezahlen sein werden.

Soll ich Ihnen etwas sagen? Ihr arrogantes Lachen hilft Ihnen nichts (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen), denn jeder Wirtschaftsforscher sagt Ihnen: Vorne steht „Budget 2005“ drauf, und auf die Rückseite müsste geschrieben werden: „Sparpaket“. Die Konsequenz dieses Budgets ist das wahrscheinlich dramatischste Sparpaket, das Sie der österreichischen Bevölkerung als Konsequenz dieser Politik aufdividieren wollen. (Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Das ist nicht gerade Politik, Herr Molterer, das ist nichts anderes als Sand in die Augen streuen, Geschäfte mit ungedeckten Schecks machen. Das lehnen wir Sozialdemokraten ab! Es ist unehrlich und unvernünftig! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Zwischen­rufe bei der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gestern hat Finanzminister Grasser gemeint, alle spüren es, die Realeinkommen steigen. – Meine sehr geehrten Damen und Herren zu Hause vor den Fernsehschirmen! Wer von Ihnen kann sich heute mehr leisten als vor fünf Jahren? Wer kann sich mehr leisten? Die Wahrheit ist doch, dass der Arbeits­druck immer größer wird, dass die Menschen immer härter und immer mehr arbeiten müssen, dass aber am Ende des Tages nicht wirklich mehr im Geldbörsel ist.

Das ist die Konsequenz Ihrer Politik, und das spüren die Menschen jeden Tag. Darauf haben Sie gestern in Ihrer Budgetrede keine einzige Antwort gegeben, Herr Finanz­minister! Niemand hat gehört, was für den Einzelnen besser werden sollte. Sie haben sich nur in großartigen Sprüchen ergangen, wie glorreich vor allem Sie und Ihre eigene Politik sind, aber für die Bevölkerung schaut bei Ihrer Politik relativ wenig heraus.


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Herr Finanzminister! Es gibt natürlich Alternativen zu Ihrem Kurs. (Zwischenruf des Abg. Rädler.) Wenn schon die Energiepreise so hoch sind – passen Sie einmal auf, Herr Abgeordneter, denn dann können Sie darüber diskutieren –, dann könnten Sie ja die Chance ergreifen, zu sagen: Jetzt, da die Energiepreise hoch sind, nehmen wir die Chance wahr, den Faktor Arbeit zu entlasten! – Jahrelang haben Sie die Grünen verbal geprügelt, wenn sie gefordert haben: Höhere Besteuerung der Energie, dafür Entlas­tung des Faktors Arbeit! Jetzt, da die Energiepreise hoch sind und die Ölspekulanten, die internationalen Erdölfirmen und Sie als Finanzminister dadurch verdienen, gibt es kein Problem mit den hohen Energiepreisen. Es hätte aus Ihrer Sicht Probleme gege­ben, wenn man das Geld dazu verwendet hätte, den Faktor Arbeit zu entlasten und damit wirklich den Arbeitnehmern und den kleinen und mittleren Unternehmen in unse­rem Land zu helfen. Sie setzen keine einzige Initiative, das in die Tat umzusetzen.

Sie setzen auch keine Initiativen in Richtung Verbesserung der öffentlichen Investitio­nen. Ganz im Gegenteil! Die Gemeinden, die die Hauptträger der öffentlichen Investi­tionen sind, werden von Ihnen weiterhin ausgehungert. Sie machen keine zusätzlichen Investitionen in den Bereichen Bildung, Arbeitsmarkt und Wissenschaft und Forschung.

Herr Finanzminister, Sie haben gesagt, es gebe keine linke und keine rechte Wirt­schaftspolitik, sondern nur eine richtige Wirtschaftspolitik. Aber das stimmt nicht, denn Sie erbringen tagtäglich den Beweis dafür, dass es noch eine vierte Wirtschaftspolitik gibt (Abg. Scheibner: Eure!), nämlich eine falsche Wirtschaftspolitik – und die wird von Ihnen jeden Tag gemacht, Herr Finanzminister! (Beifall bei der SPÖ und den Grü­nen. – Abg. Mag. Molterer: Die der SPÖ! – Anhaltende Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Man muss sich ja auch die Frage stellen, ob dieses Budgetdefizit überhaupt halten wird. (Abg. Großruck: Dieselbe Rede wie im Vorjahr!) Wir haben hier einen Finanzminister, der für das Jahr 2004 ein Budget vor­gelegt hat und der sich dann nonchalant hierher stellt und sagt: Leider habe ich mich geirrt, das Budgetdefizit im Jahr 2004 ist doppelt so hoch als vorher angenommen! – Doppelt so hoch! Als Erklärung, die der Finanzminister dafür bietet, sagt er: Na ja, das sind gewisse Vorwirkungen der Steuerreform! – Herr Finanzminister! Ich erinnere mich nicht daran, dass Sie die Umsatz- oder die Mehrwertsteuer in Österreich gesenkt hätten, aber dort gehen Ihnen 700 Millionen € ab! (Beifall des Abg. Broukal.)

Ich kann Ihnen sagen, wieso Ihnen 700 Millionen € abgehen. Wenn Sie in Österreich unterwegs wären und mit den Menschen sprechen würden, egal ob es Arbeitnehmer sind, ob es sich um Taxifahrer handelt, um Geschäftsleute oder Gastronomen ... (Zwi­schenrufe bei der ÖVP.) – Passen Sie auf, denn Sie reden ja mit den Leuten nicht, und daher wissen Sie auch nicht, was sie sagen.

Die Menschen würden Ihnen immer wieder sagen, was das Hauptproblem ist. Das Hauptproblem ist: Die Menschen haben zu wenig Geld und geben daher zu wenig Geld aus! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Daher brauchen Sie sich nicht zu wundern, Herr Finanzminister, wenn dann unter dem Titel „Mehrwertsteuer“ bei Ihnen im Finanzministerium eine riesige Lücke klafft. Wenn die Menschen kein Geld haben, können sie auch keines ausgeben, und dann gibt es weniger Umsatz und daher auch weniger Steuereinnahmen. (Abg. Dr. Cap: So ist es!)

Ich frage mich: Wie viele dieser ungeklärten Fragen sind im vorliegenden Budget ent­halten? – Ich möchte nur ein Beispiel bringen – lesen Sie dieses Budget genau! –: Der Finanzminister sieht als Defizit für das Gesundheitssystem im nächsten Jahr 0,1 Pro­zent des BIP vor, das heißt 240 Millionen €. Nach Auskunft des Hauptverbandes liegt der Abgang im Gesundheitssystem im nächsten Jahr zwischen 480 Millionen und 500 Millionen €. Was bedeutet das, Herr Finanzminister? (Zwischenruf des Abg. Dr. Mitterlehner.) Wenn nur die Hälfte durch das Budget gedeckt ist, heißt das dann,


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dass Sie neue Selbstbehalte im Gesundheitssystem einführen werden (Abg. Dr. Mit­terlehner: Angstmache!) und damit erneut die österreichische Bevölkerung belasten werden, nur damit das Budget, das Sie hier vorgelegt haben, hält? (Abg. Dr. Mitterleh­ner: Ist das Budget der Wiener Gebietskrankenkasse Bundesbudget, oder was?)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! In diesem Budget ist nicht Vorsorge dafür getroffen, dass die wesentlichsten Funktionen in unserem Staat auch tatsächlich für die Menschen erfüllt werden können – in der Gesundheitspolitik, in der Bildungspolitik, in der Sozial- und in der Pensionspolitik (Abg. Dr. Fekter: Da soll Wien einmal die Haus­aufgaben machen!) –, sondern dieses Budget lässt viele Fragen offen. (Abg. Kopf: Aber nur für Sie!) So wie in der Vergangenheit haben Sie viel versprochen, aber auch in diesem Budget nichts gehalten!

Gestern haben Sie sich hierher gestellt und gesagt, die Regierung habe das Unmög­liche möglich gemacht. Sie selbst hätten nach Ihren Aussagen die Quadratur des Krei­ses geschafft. Sie sagten, ein Meilenstein nach dem anderen sei durch Ihre Politik ge­setzt worden. – Dazu sage ich Ihnen ganz offen, Herr Finanzminister (Zwischenrufe bei der ÖVP): Der Weihrauch, den Sie jeden Tag zur Selbstbeweihräucherung verwenden, hat offensichtlich Ihre Sinne bereits so verwirrt, dass Sie keinen klaren Blick mehr haben für die Zustände in Österreich (Abg. Mag. Molterer: Geh, geh, geh!) und für die Auswirkungen Ihrer Wirtschafts- und Finanzpolitik! (Beifall bei der SPÖ und den Grü­nen. – Abg. Dr. Fekter: Das ist sehr tief! – Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzei­chen.)

Ich komme zum Schluss meiner Ausführungen, Herr Präsident. (Abg. Großruck: Spre­chen Sie bitte weiter! Sprechen Sie bitte so lang, wie das Fernsehen beigeschaltet ist!) Der Herr Finanzminister hat gesagt, er wolle den Österreicherinnen und Österreichern mehr Freiheit geben. (Abg. Kopf: Wer ist da arrogant, Herr Kollege?) Ich sage Ihnen: Österreich war, ist und bleibt ein freies Land – vor und nach Finanzminister Grasser! (Anhaltender Beifall bei der SPÖ sowie Beifall bei den Grünen.)

10.46

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Scheibner. Redezeit: 15 Minuten. – Bitte, Herr Klubobmann.

 


10.46

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Herr Präsident! Werte Mitglieder der Bundesregierung! Meine Damen und Herren! Abgeordneter Gusenbauer hat einen Teil seines Redekonzepts hier vergessen (der Redner zeigt ein kleines Stück Papier – Hei­terkeit) – das ist auch symptomatisch für seine Ausführungen. (Beifall bei den Freiheit­lichen und der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Dr. Jarolim.)

Herr Abgeordneter Gusenbauer! Ich gebe ja allen Recht, die sagen, man dürfe in der Politik nicht immer alles nur positiv sehen, man solle sich selbst nicht immer nur loben, sondern man solle dort, wo Fehler passieren, das zugeben. Ich meine, das ist richtig und wichtig.

Selbstverständlich hat auch diese Bundesregierung seit dem Jahr 2000 Fehler ge­macht, keine Frage, aber man muss sich immer die Bilanz ansehen, und wenn wir uns die Bilanz dieser österreichischen Bundesregierung ansehen, dann können wir feststel­len: Wir können und Österreich kann sehr, sehr stolz sein auf das, was diese Bundes­regierung seit dem Jahr 2000 geleistet hat! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Herr Kollege Gusenbauer, selbstverständlich ist es so: Wo gearbeitet wird, dort werden auch Fehler gemacht, keine Frage! Sie zeigen mit Ihrer Politik jedoch auch, dass der Umkehrschluss, nämlich dass dort, wo nicht gearbeitet wird, keine Fehler passieren,


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nicht richtig ist, meine Damen und Herren von der Sozialdemokratischen Partei! Sie haben hier heraußen gesagt, es gebe eine gute und es gebe eine schlechte Wirt­schaftspolitik, zeigen aber, dass es auch noch eine dritte Möglichkeit gibt, nämlich keine Wirtschaftspolitik zu haben. Das haben Sie von der Sozialdemokratie ja gerade in den letzten Wochen und Monaten eindrucksvoll unter Beweis gestellt, denn was ist eigentlich die Wirtschaftspolitik der österreichischen Sozialdemokratie: Ist es der Erst­entwurf mit den Überschriften, die Sie, Kollege Gusenbauer, oder Herr Kollege Matz­netter präsentiert haben, oder ist es die dann abgeschwächte Form? Wo sind denn die Arbeitskreise, die Sie angekündigt haben? Wo ist übrigens Ihr Schattenkabinett?

Seit Jahren kündigen Sie eine echte Alternative zu dieser Bundesregierung an, und zwar inhaltlich und personell. (Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP.) Aha, die sitzen alle hier. Man bewahre uns vor einer solch großen Bundesregierung! Ich weiß ja gar nicht, wie viele Mandate Sie hier noch haben, meine Damen und Herren von der SPÖ. (Abg. Dr. Wittmann: Das Kabinett der Finsternis sitzt hinter Ihnen!)

Ihre Konzepte – und Sie haben ja vehement Ihrem eigenen Budgetsprecher, der Steu­ererhöhungen verlangt hat, widersprochen – kennen wir ja, Herr Kollege Gusenbauer. Sie haben gesagt, das Konzept, das da ausgearbeitet worden ist, nämlich Vorschläge für ein SPÖ-Regierungsprogramm, sei so toll, Sie würden sich schon auf die Kon­kretisierung und politische Umsetzung freuen. Was aber steht in diesem politischen Konzept? – Sie schauen so finster, Herr Abgeordneter Gusenbauer. (Zwischenruf des Abg. Dr. Gusenbauer.)

Das war das „Netzwerk Innovation“, „Vorschläge für ein SPÖ-Regierungsprogramm“. – Jetzt nicken Sie, also das ist schon richtig, was hier gebracht wird. Da braucht man nur ein paar Beispiele zu zitieren, etwa: Steuererhöhungen (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Un­vorstellbar ist das!), Entfall der Steuerbegünstigung für Sonderzahlungen, also volle Besteuerung des Urlaubs- und Weihnachtsgeldes sowie der Abfertigung (Zwischenrufe bei der ÖVP) – Vorschlag für ein SPÖ-Regierungsprogramm! –, Entfall der Steuerbe­günstigung für die ersten fünf Überstunden, Erhöhung der Grundsteuer, der Erb­schaftssteuer und Beitragserhöhungen zur Finanzierung des Gesundheitssystems. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Was ist das? – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Eine Steuererhö­hungspartei!)

Herr Kollege Gusenbauer, das sind die Vorschläge Ihrer Denkfabriken für Regierungs­programme. Gott sei Dank, meine Damen und Herren, wird dieses Programm der SPÖ nie Realität werden – dafür werden wir sorgen! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich sage Ihnen auch noch Folgendes: Nur gesundbeten, das ist ganz schlecht, alles loben, das ist auch schlecht, nicht seriös (Abg. Dr. Gusenbauer: Das war der Finanz­minister!), aber die Politik, Herr Kollege Gusenbauer, die Sie machen, nämlich nicht nur krankzujammern (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Rote Raunzer!), sondern hier sogar, wie Sie das gestern auch beim Thema „Heizkostenzuschuss“ gemacht haben, Bilder zu entwickeln, als herrsche in Österreich Armut (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: „Leute erfrie­ren“!), als müssten Senioren und Pensionisten in ungeheizten Wohnungen frieren, ist verantwortungslos! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ und den Grünen.)

Das zeichnet auch Ihre Politik aus: Ängste schüren, hier schwarze Bilder malen, aber keine Alternativen haben!

Sie selbst – kommen wir zur gestrigen Diskussion zurück – haben kein Wort dazu ge­funden, dass es nur drei Bundesländer in Österreich gibt, die keinen einzigen Euro zu­sätzlich für wirklich Bedürftige für Heizkosten geben (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Wer die wohl sind?), nämlich das rote Wien, das rote Salzburg und das rote Burgenland, meine


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Damen und Herren! (Abg. Dr. Gusenbauer: Falsch!) – Das ist das Problem, das wir mit Ihrer Politik haben! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Wir wollen uns ja gerne mit Ihrer Politik auseinander setzen, aber Sie müssten sich halt einmal bei Ihrer Kritik auf eine Linie einigen, etwa beim Nulldefizit.

Sie haben einmal vom „Fetisch Nulldefizit“ gesprochen und gesagt, das dürfe kein Dogma sein. Da habe ich Ihnen Recht gegeben. Auch ich habe das immer kritisiert, und ich bin nach wie vor der Meinung: Einsparungen dürfen nicht Selbstzweck sein, keine Frage! (Zwischenruf des Abg. Dr. Gusenbauer.) Jetzt kritisieren Sie aber, dass der Kurs Nulldefizit verlassen wird und dass mehr Defizit gemacht wird, um die Steuer- und Abgabenquote zu senken, was Sie damals noch als das wichtigste Ziel Ihrer Wirtschaftspolitik erachtet haben. Also was passt jetzt: Sollen wir ein Nulldefizit haben, wie Sie es einmal verlangt haben, als Sie gefordert haben, den ausgeglichenen Haus­halt in der Verfassung zu verankern, oder nicht? – Sehr „gescheit“! (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Das ist der Zickzackkurs, den kennen wir ja! Nicht nachvollziehbar!)

In der letzten Sitzung des Verfassungskonvents hat eine Vertreterin der Sozialdemo­kratie das als „Unsinn“ bezeichnet. – Das ist die Problematik, meine Damen und Herren: Bei fünf Wortmeldungen von Ihnen haben wir mindestens acht oder neun ver­schiedene Meinungen! (Abg. Schieder – in Richtung des Abg. Dipl.-Ing. Scheuch, der einen Sitzplatz in der ersten Bankreihe eingenommen hat –: Keine Zwischenrufe von einem fremden Platz! – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch, replizierend: Das werden Sie nicht sagen, wo ich sitze! Das entscheiden andere!) Das ist keine seriöse Politik für Öster­reich, was hier von der Sozialdemokratie präsentiert wird! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Wir bekennen uns dazu, meine Damen und Herren, wir bekennen uns zu dem Kurs, den diese Bundesregierung seit dem Jahr 2000 begangen hat. (Abg. Dr. Matznetter: „Begangen hat“!) Ja, wir mussten einen sehr schweren Weg gehen, Herr Kollege Matznetter. (Abg. Dr. Matznetter: „Begangen“ ist der Ausdruck des Scheibners! – Abg. Großruck: Der Matznetter sitzt sonst auch nicht dort!)

Ich sage Ihnen: Als wir Freiheitliche das erste Mal mit den Tatsachen konfrontiert wor­den sind, die Sie damals anscheinend nicht einmal dem Koalitionspartner gesagt haben, nämlich die Wahrheit über das Budget, das Sie verbrochen haben, haben wir gewusst, dass es ein schwerer Weg wird, aber aus Verantwortungsbewusstsein für unser Land und für die Zukunft Österreichs sind wir diesen Weg gegangen, und es ist ein erfolgreicher Weg für Österreich, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Frei­heitlichen und der ÖVP.)

Es ist gelungen, die Rekorddefizite zu stoppen und einen positiven Kurs einzuschla­gen. Stellen wir einmal einen Vergleich an, meine Damen und Herren, weil Sie immer davon sprechen, bei Wirtschaftswachstum, Arbeitslosigkeit und Defizit!

Meine Damen und Herren! 1998, am Höhepunkt der Konjunktur: Wirtschaftswachstum: 3,9 Prozent – wir alle würden uns wünschen, sehr rasch wieder zu solch einem Wirt­schaftswachstum zu kommen –, öffentliches Defizit: 2,4 Prozent. Also in einer Zeit der Höchstkonjunktur hatten Sie auch höchste Defizite zu verantworten. Aber auch höchste Arbeitslosenraten gab es damals, und zwar mit 4,2 Prozent eine höhere als im Jahr 2003. Außerdem gab es eine extrem hohe Steuer- und Abgabenquote, nämlich eine solche von 44,4 Prozent. (Abg. Gradwohl: Herbert, wie schaut das in konkreten Zahlen aus?) Das heißt: höchste Abgabenquote, höchste Arbeitslosigkeit, höchstes Defizit beim größten Wirtschaftswachstum. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Und keine Reform!) Das haben nur Sie, meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie, mit Ihrer Finanz- und Wirtschaftspolitik zusammengebracht.


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Im Vergleich dazu das Jahr 2003: bei einem Miniwirtschaftswachstum von 0,7 Prozent ein öffentliches Defizit von 1,1 Prozent, eine Arbeitslosigkeit von 4,1 Prozent – also niedriger als 1998 – und eine Steuer- und Abgabenquote von 43 Prozent. – Das ist der Unterschied zwischen der Sozialdemokratie und dieser Bundesregierung aus Freiheit­lichen und Österreichischer Volkspartei! Mehr braucht man dazu nicht zu sagen. (Bei­fall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Wir haben auch immer gesagt, dass es wichtig ist, mit diesem Sanierungskurs – und es war schwer, und da haben selbstverständlich die Menschen sehr, sehr mitgearbei­tet, wofür wir sehr, sehr dankbar sind, denn nur gemeinsam mit der Bevölkerung ist das gelungen – Freiräume zu schaffen. Wir haben Freiräume geschaffen und konnten durch Konjunkturpakete, die Sie alle abgelehnt haben, Österreich vor einer Rezession bewahren – im Gegensatz zu Deutschland. Wir konnten dadurch nach der Hochwas­serkatastrophe eine Rekordunterstützung geben (Abg. Gradwohl: Die bis heute noch nicht ausbezahlt ist!), und wir können jetzt, am Beginn des Konjunkturaufschwungs, auch Maßnahmen setzen, um die Steuer- und Abgabenquote, Herr Kollege (Abg. Gradwohl: Sie reden von Märchen!), auf ein Rekordmindestmaß von 40 Prozent bis zum Jahr 2006 zu senken. Das ist sinnvolle Steuer-, Finanz- und Budgetpolitik, meine Damen und Herren! Das sollten Sie wenigstens ein bisschen loben, anstatt alles immer nur zu kritisieren! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Dass Sie bei Ihrer Kritik von einer Steuersenkung sprechen, zeugt schon ein bisschen, Herr Kollege Gusenbauer, von Einsehen, denn bei der letzten Budgetdebatte haben Sie noch warnend davon gesprochen, dass 2004 und 2005 Steuererhöhungen auf die Österreicher zukommen werden. (Abg. Dr. Gusenbauer: Kommen eh!) Es ist eine massive Steuerentlastung für die Erwerbstätigen (Abg. Dr. Gusenbauer: Minimini!) Wenn für Sie „minimini“ ist, dass in Zukunft diejenigen, die im Jahr 15 700 € verdienen, keine Steuern mehr werden zahlen müssen und dass 2,5 Millionen Österreicher – die Hälfte der Erwerbstätigen – überhaupt keine Lohn- oder Einkommensteuer mehr wer­den zahlen müssen, also wenn das für Sie „minimini“ ist, dann ist das Ihre Sache, okay. (Abg. Dr. Fekter: Er ist so abgehoben, dass er keine Ahnung hat! Er ist so weit weg von der ...!) Ich aber bin sehr stolz auf diese von Ihnen „Minimini“-Reform ge­nannte Steuerreform, die sehr viele Österreicher wirklich massiv und spürbar entlasten wird. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich bin auch sehr stolz darauf, dass wir sehr starke familienpolitische Akzente in dieser Zeit gesetzt haben, etwa mit dem Kinderbetreuungsgeld – aber das haben Sie auch abgelehnt. Da wurden bereits etwa 5 Milliarden € ausbezahlt, meine Damen und Herren. Diese Maßnahme sollten sie doch begrüßen, weil sie zu einer Verbesserung der sozialen Stellung der Familien führt.

Meine Damen und Herren! Wir haben außerdem die Pendlerpauschale angehoben. Darüber hinaus haben wir etwa über die Absetzbeträge auch noch weitere eindeutige familienpolitische Maßnahmen gesetzt.

Meine Damen und Herren! Dazu kommt noch – auch zuerst von der SPÖ gefordert, dann kritisiert – die Senkung der Körperschaftsteuer – eine wichtige Maßnahme, ge­rade vor In-Kraft-Treten der EU-Erweiterung, die wesentlich dazu beiträgt, dass der Wirtschaftsstandort Österreich gesichert wird.

Es sollte auch Ihnen klar sein, dass nicht der Staat in Form von öffentlichen Maßnah­men und Investitionen der beste Arbeitgeber ist, sondern dass das die Betriebe sind. Wir müssen die Standorte, die Rahmenbedingungen für unsere Wirtschaft, für die Be­triebe sichern. Das ist unser Ziel, und das haben wir durch dieses Wirtschaftspaket auch erreicht! – Sie waren leider, wie immer, dagegen, wenn es darum ging, positive Maßnahmen zu setzen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)


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Wir haben selbstverständlich auch – und das haben Sie auch wieder negiert – in die Zukunft investiert. Es hat noch nie in Österreich so hohe Aufwendungen für Forschung und Entwicklung, für Wissenschaft und Bildung gegeben wie unter dieser österreichi­schen Bundesregierung, auch noch nie so hohe Aufwendungen wie in den Bud­gets 2005 und 2006. (Abg. Dr. Kräuter: Haben Sie heute schon den „Standard“ gele­sen, Herr Scheibner?)

Sie beziehen Ihre Informationen aus dem „Standard“, das ist Ihr Problem, deshalb wer­den hier ständig nur Zeitungslesungen vorgeführt. Ich weiß, meine Damen und Herren, was Regierungspolitik ist. Und wir stehen dazu. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Der Kräuter ist anscheinend Pressesprecher geworden!) Wir brauchen keine Zeitungskommentare, um zu wissen, was wir zu tun haben. Die Realität ist der bessere Ratgeber. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Herr Kollege Kräuter! Trotz all dieser Maßnahmen – größte steuerliche Entlastung in der Geschichte der Zweiten Republik, Rekordaufwendungen und -investitionen in die Infrastruktur, in Forschung und Entwicklung, Rekordinvestitionen in die Familien – ist das Budgetdefizit geringer als zu Ihrer besten Zeit, meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie! Sie haben ja 1997 noch zwei Belastungspakete gebraucht, um ein Defizit zusammenzubringen (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: „Schulden-Rudi“!), das höher ist als unser jetziges bei dieser Entlastungsinitiative der österreichischen Bundesregie­rung.

Es wird nicht dabei bleiben, meine Damen und Herren. Wir werden jetzt – das werden wir hier im Parlament noch sehr intensiv zu diskutieren haben – eine Pensionsharmoni­sierung umsetzen, die in die Zukunft gerichtet ist, die fair und gerecht ist und dafür sor­gen wird, dass auch künftige Generationen noch eine ordentliche Pension bekommen.

Wir werden über eine Gesundheitsreform diskutieren und sie auch umsetzen müssen, und zwar nicht über Beitragserhöhungen, Herr Kollege Gusenbauer, wie Sie das viel­leicht wollen, sondern über andere Wege in der Gesundheitspolitik, über Investition in die Prävention, dass die Leute gesund bleiben und wir nicht die Krankheit finanzieren müssen – eine Gesundheitsreform also, die dazu führt, dass der hohe Qualitätsstan­dard auch im Gesundheitssystem erhalten bleibt. (Präsidentin Mag. Prammer über­nimmt den Vorsitz.)

Letztlich, meine Damen und Herren, und hier schon ein bisschen Kritik an den Schwer­punkten im Budget: die Frage der Sicherheit. Ich glaube, dass, solange alles sicher und ruhig ist, niemand das Bewusstsein hat, dass man mehr in den Erhalt dieser Sicherheit investieren muss. Es gibt nominell hier einige Verbesserungen und Erhö­hungen, real, gemessen am Bruttoinlandsprodukt, werden aber diese Aufwendungen eher sinken.

Meine Damen und Herren! Ich glaube, hier haben wir noch Handlungsbedarf. Wir sind nicht mehr die Insel der Seligen, wie wir es vielleicht früher einmal geglaubt haben. Sowohl die innere Sicherheit als auch die äußere Sicherheit müssen eine absolute Priorität dieser Bundesregierung sein. Hier muss man einmal davon abgehen, rasen­mäherartig Personal- und Budgeteinsparungen vorzunehmen, hier müssen noch mehr als bisher klare Schwerpunkte gesetzt werden. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.) Aber auch hier wird das Parlament gefordert sein und einen guten Ratgeber für die österreichische Bundesregierung und den Finanzminister dar­stellen.

Meine Damen und Herren! Herr Finanzminister! Meine Damen und Herren von der Bundesregierung! Ich glaube allen Unkenrufen zum Trotz, die Bilanz dieser Bundes­regierung seit dem Jahr 2000 kann sich nicht nur sehen lassen, sondern sie ist vorbild­haft, so wie das auch der Internationale Währungsfonds gesagt hat: vorbildhaft für Ge-


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samteuropa. Österreich ist vom Nachzügler zum Vorzugsschüler geworden, und daran soll sich auch in Zukunft nichts ändern. Dieses Budget 2005 wird den erfolgreichen Kurs der Bundesregierung fortsetzen: Budgetdisziplin, aber klare Schwerpunktsetzung für die Zukunft der Menschen in Österreich. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

11.02

Ankündigung eines Antrages auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Meine Damen und Herren! Ich gebe bekannt, der Abgeordnete Dr. Zinggl hat gemäß § 33 Abs. 1 der Geschäftsordnung beantragt, einen Untersuchungsausschuss zur Untersuchung der Verantwortung von Bundes­ministerin Gehrer für fehlende Konsequenzen aus den offenkundigen Missständen im Kunsthistorischen Museum einzusetzen.

Ferner liegt das von fünf Abgeordneten gemäß § 33 Abs. 2 der Geschäftsordnung gestellte Verlangen vor, eine Debatte über diesen Antrag durchzuführen. Gemäß § 33 Abs. 2 der Geschäftsordnung finden die Debatte und die Abstimmung nach Erledi­gung der Tagesordnung statt.

*****

Als Nächster zu Wort gelangt Herr Klubobmann Dr. Van der Bellen. Seine Redezeit: ebenfalls 15 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


11.03

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Budgetreden und ihre Analyse haben regelmäßig auch etwas mit Meteorologie zu tun. Regierungsparteien beziehungsweise der Finanzminister macht Nebelfelder auf, und die Opposition versucht unter viel Kopfweh im Laufe eines halben Tages, der de facto zur Verfügung steht, in zwölf Stunden bis heute Früh, diese Nebel­felder zu lichten, und einige davon möchte ich aufgreifen.

Zum Beispiel: Das Defizit im Bundeshaushalt beträgt nicht etwas über 4 Milliarden €, wie ich in einer Zeitung gelesen habe, und auch nicht rund 5 Milliarden € – eine Zahl, auf die man kommen könnte, wenn man dem Finanzminister gestern sehr genau zuge­hört hat, denn er hat diese Zahl gar nicht direkt genannt –, sondern dieses Defizit im Bundeshaushalt liegt knapp unter 6 Milliarden €, wenn es wahr ist, wenn diese Zahlen halten.

Das ist das erste Nebelfeld: Sie suggerieren ein weit geringeres Defizit in Prozenten des Bruttoinlandsprodukts beziehungsweise in Milliarden Euro, als das tatsächlich der Fall sein wird.

Zweites Nebelfeld: Sie suggerieren, dass das Defizit 2005 durch die Steuersenkung beziehungsweise durch die Steuerreform hervorgerufen wird. Das ist unwahr! Nur ein ganz kleiner Teil des kommenden Defizits ist auf die Steuerreform 2005 zurückzu­führen.

Drittes Nebelfeld, und das finde ich fast am ärgsten: Sie suggerieren allein durch den Titel Ihrer Budgetrede und durch die schönen Schilder der Taferlklassler von der ÖVP heute: „Aufschwung durch Entlastung“, dass die kommende Konjunkturerholung auf der Steuerreform beziehungsweise der Steuersenkung gründet. Auch diese Sugges­tion ist unwahr, und Sie wissen das ganz genau. (Beifall bei den Grünen und bei Abge­ordneten der SPÖ.)


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Zum ersten Nebel: Die Höhe des Budgetdefizits beträgt nicht 4 und nicht 5, sondern knapp unter 6 Milliarden €. Das ist ein Betrag – ich lade die Kollegen von der SPÖ ein, das nachzuprüfen –, den Kollege Edlinger, glaube ich, nicht erreicht hat in seinen an­geblichen Bemühungen. (Abg. Gaál: Nicht einmal annähernd! – Abg. Mag. Molterer: Prozente!)

Schauen wir uns diese Neuverschuldung ein bisschen genauer an! Finanzminister Grasser macht hier einen ganz simplen Trick, und ich muss gestehen, ich habe etliche Zeit gebraucht, um draufzukommen, wieso alle diese Zahlen nicht übereinstimmen, in der Budgetrede, im Anhang zur Budgetrede und vor allem im Budgetbericht, der recht gut ist und den ich zur Lektüre nur empfehlen kann.

Finanzminister Grasser nennt in einem Satz das so genannte administrative Defizit, so wie wir es früher immer ausgewiesen haben, vor dem Maastricht-Vertrag, vor 1995, und im nächsten Satz nennt er die 1,9 Prozent des BIP Maastricht-Defizit/Gesamtstaat. Diese zwei Dinge sind miteinander nicht unmittelbar verknüpfbar. Worüber wir heute und in den kommenden Wochen reden, sind nicht die 1,9 Prozent Maastricht-Defi­zit/Gesamtstaat, die eine reine Hoffnungszahl sind, sondern über den Bundeshaus­halt reden wir hier und über sonst gar nichts! Und das Defizit im Bundeshaushalt – studieren Sie den Budgetbericht! – beträgt nicht 1,9 Prozent, sondern 2,4 Prozent des BIP. Damit man sich das vorstellen kann, was das heißt: Das sind 5,8 Milliarden €, fast 6 Milliarden € 2005. Das ist meines Erachtens das Minimum, nebenbei gesagt.

Wie genau die Steuerschätzungen sind, können wir heute noch gar nicht beurteilen. Wir kennen die Situation 2004, wo ungefähr 1,5 Milliarden Minderaufkommen an Um­satzsteuer, Einkommensteuer und Körperschaftsteuer zu verbuchen waren. Ob sich das 2005 wiederholt, wissen wir noch nicht. Wir wissen nicht, wie sich der kommende Finanzausgleich auf den Bund auswirkt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Länder und insbesondere die Gemeinden akzeptieren werden, Anteile an den Bund abzugeben. Das Gegenteil wird vermutlich der Fall sein.

Ich hoffe andererseits – in diesem Fall hoffe ich es geradezu –, dass das eine oder an­dere Budgetüberschreitungsgesetz 2005 die Misere zum Beispiel an den Universitäten beseitigen wird, denn es gibt berechtigte Zusatzwünsche in diesem Bereich. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Finanzminister Grasser hat gestern an ein oder zwei Stellen Fairness eingefordert. Ich mache das gern, Herr Finanzminister, und wenn mir die Zeit bleibt, kann ich noch einige Beispiele bringen. Aber bleiben wir bei der Höhe des Defizits: Haben nicht ÖVP und FPÖ den letzten SPÖ-Finanzminister gerne als „Schulden-Rudi“ bezeichnet? Aber dann seien Sie fair – gleiches Recht für alle! Wenn die Defizite von Edlinger den Spitz­namen „Schulden-Rudi“ rechtfertigen, dann haben wir hier einen Kandidaten für den „Schulden-Karli“ aber locker! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Scheibner: Nehmen Sie einmal den Schnitt!)

Wenn wir auf das administrative Defizit – ich halte Sie mit den Zahlen nicht auf, aber ich stütze mich auf den Tabellenband zur Budgetrede – des Bundes abstellen, so wa­ren die Defizite 1998/1999 – und das waren die Jahre von „Schulden-Rudi“ – absolut sicherlich niedriger als die über 5 Milliarden €, die hier falsch ausgewiesen werden, korrekt für das administrative Defizit, aber falsch für das Maastricht-Defizit des Bundes. Also: „Schulden-Karli“! (Beifall bei den Grünen. – Bundesminister Mag. Grasser: Sa­gen Sie uns die Zahlen, Herr Professor!)

Ja, gerne, Herr Finanzminister: 5,1 Milliarden € administratives Defizit – ich nehme an, das stimmt, das ist ja sicher von Ihren sehr fachkundigen Beamten berechnet worden –und 5,6 Milliarden gerundet Maastricht-Defizit für den Bund allein, und dazu kommt noch die Sozialversicherung. Ich bin gerne bereit, das mit Ihnen durchzugehen. (Bun-


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desminister Mag. Grasser: Und wie hoch war es 1998?) Ich sage nur: Wenn „Schul­den-Rudi“ als Spitzname berechtigt war, dann ist es angesichts des Defizits 2005 aber „Schulden-Karli“ locker, locker, locker! Wir reden hier vom Bundeshaushalt! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Abg. Scheibner: Das müssen Sie jetzt schon sagen, wie es 1998 war!)

Ich bin schon gespannt auf die Budgetrede des nächsten Finanzministers nach Gras­ser – der wird wahrscheinlich, befürchte ich, den einen oder anderen Textbaustein aus der gestrigen Rede herausnehmen. (Abg. Scheibner: Sie hätten die 98er-Zahlen dazu nennen müssen!) Das war echt witzig, ich habe mich da amüsiert! Ich habe mich gar nicht geärgert, ich habe mich amüsiert, Herr Kollege Scheibner, wenn Grasser davon spricht, was er nicht alles von Rudolf Edlinger übernommen hat, nämlich das Defizit – und dazu eine nicht finanzierte Steuerreform! Er meint eine Steuersenkung auf Pump. – Exakt das ist die Situation, die der nächste Finanzminister von Karl-Heinz Grasser zu übernehmen haben wird. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Zweites Nebelfeld, meine Damen und Herren: Das Defizit entsteht angeblich wegen der Steuersenkung, der Steuerreform 2005. Unsinn! Von diesem fast 6-Milliarden-€-Budgetloch nächstes Jahr sind allenfalls – ich bin eh großzügig – 1,3, 1,4 Milliarden auf die Steuerreform zurückzuführen. Der Rest – ich weiß nicht, wieso dieser totale Ab­gang von der Budgetdisziplin passiert – hat mit der Steuerreform 2005 nichts zu tun. Mit anderen Worten: Ein Viertel, ein gutes Fünftel des Budgetlochs 2005 ist zurückzu­führen auf die Steuerreform, der Rest ist irgendwie Grasser-hausgemacht.

Ich habe nicht die Zeit gehabt, mich damit im Detail zu beschäftigen, ich kann nur sagen, nicht: Guten Tag, saniertes Budget!, sondern: Tschüss, adieu, ciao, saniertes Budget! (Heiterkeit bei den Grünen und der SPÖ.) – Die Budgetdisziplin geht den Bach hinunter. (Abg. Öllinger: Den Gorbach hinunter!)

Drittes Nebelfeld: Die Konjunkturerholung ist offenbar eine Folge der Steuersenkung. (Abg. Mag. Molterer: Auch!) – Sie sagen, auch, Herr Kollege Molterer – das wäre kor­rekt gewesen. Der Finanzminister hat aber diese Leidenschaft – ich verstehe das ja auch nicht ganz –, etwas an und für sich Korrektes so aufzublasen, so aufzubauschen, dass es dann wieder unrichtig wird. Wenn der Titel lautet: „Aufschwung durch Entlas­tung“, dann wird jeder Mensch denken: Aha, der Aufschwung entsteht durch die Ent­lastung – und suggeriert wird: durch die Steuerentlastung.

Ich bin überzeugt davon, dass Minister Grasser die Wifo-Untersuchungen zu diesem Punkt kennt. Das Wifo kommt zu dem Schluss: 2,5 Prozent Wirtschaftswachstum nächstes Jahr. Und wie viel davon auf Grund der Steuersenkung, Herr Kollege Molte­rer? – 0,2 bis 0,3 Prozentpunkte. Ohne Steuersenkung wäre das Wirtschaftswachstum 2,2, 2,3 Prozent des BIP. (Abg. Mag. Molterer: Dann wären Sie glücklich, oder was?) Dann wäre ich nicht glücklicher, ich fordere nur Wahrheit ein, ich fordere nur Seriosität in der Argumentation ein, das ist alles! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Finanzminister Grasser behauptet nebenbei, dass die Steuersenkung 0,5 Prozent des BIP an Wachstum verursacht. Der betreffende Beamte, der die Rede geschrieben hat, hat die entsprechende Wifo-Tabelle falsch gelesen. Ich bin gerne bereit, das dann im vertrauten Kreise sozusagen zu begründen. (Abg. Scheibner: Haben Sie einen ver­trauten Kreis mit dem Finanzminister?) Na ja, lassen wir das!

Diese Suggestion, dass die Konjunkturerholung, die nächstes Jahr auf Grund der welt­wirtschaftlichen Konjunkturerholung eintritt – Gott sei Dank! –, diese Suggestion, dass die eintritt auf Grund der Steuersenkung, der Steuerreform der Bundesregierung, wird uns zweifellos bis zu den Wahlen begleiten. Das steht mir jetzt schon bis dahin (der Redner macht eine entsprechende Handbewegung – Abg. Scheibner: Das heißt, das


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Wasser steht Ihnen bis zum Hals!), aber ich stelle mich darauf ein, dass wir das Tag für Tag behandeln werden und diese Geschichtsklitterei werden zurechtrücken müssen.

Wissen Sie, wenn man die Budgetdisziplin schon aufgibt, dann stellt sich die Frage: Machen die jetzt etwas für die Zukunft oder nicht? (Abg. Mag. Molterer: Sehr viel!) – Ja, sehr viel, eben, mehr als Worthülsen gibt es nämlich nicht.

Ich habe mich wirklich bemüht, bei den Universitäten herauszufinden, was da eigent­lich passiert. Die Daten in der Budgetrede kollidieren mit dem Budgetbericht, kollidieren mit dem so genannten Teilheft. Aus dem Bundesvoranschlag, aus dem, wo die Daten stehen, geht hervor, dass die Zuweisungen an die Universitäten, sich zusammenset­zend aus Globalbudget und Aufwendungen, 2005 um 8 Millionen € niedriger sind als 2004. Wo ist hier der Schub für die Universitäten? – Die liegen konstant bei 1,9 Milliar­den €!

Vielleicht sind diese Daten nicht vollständig, ich weiß es nicht; die Studienbeiträge sind ja im Budget nicht mehr enthalten, aber der Zuwachs an Studienbeiträgen kann ja nur klein sein, der kann ja nichts ändern an der verheerenden Situation 2004 und 2005.

Forschungsbereich. Herr Kollege Scheibner, auch Sie haben vorhin behauptet, noch nie sei so viel für die Forschung getan worden wie jetzt. (Vizekanzler Gorbach: Rich­tig!) – Na ja, schon! Schauen Sie sich die Übersicht 23 zur Budgetrede an: Die Zahl steigt von 2004 auf 2005 von 1,56 Milliarden € auf 1,58 Milliarden €, wenn es wahr ist. Dieser Zuwachs liegt unter der Inflationsrate, Herr Kollege Scheibner! Ich hoffe, dass diese Übersicht so wie sehr viele Übersichten in der Budgetrede unvollständig ist. Wir wissen natürlich, dass einiges ausgegliedert worden ist und eben nicht mehr darin ent­halten ist, aber wie sollen wir als Parlamentarier, wenn diese Übersichten nicht verbes­sert werden, dann noch unterscheiden können, was Wahrheit, was Unwahrheit, was Halbwahrheit und was einfach frei erfunden ist? (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Wenn Sie sich nur an die Budgetunterlagen halten, dann verzweifeln Sie! Ich hoffe, dass die falsch sind, ich hoffe, dass das irreführend ist, und ich hoffe, dass außerbud­getär hier einiges passiert!

Was die aktive Arbeitsmarktpolitik betrifft, weiß ich nicht, wo da außerbudgetär irgend­etwas herkommen soll. Die Budgetdaten sagen, die Mittel für die aktive Arbeitsmarkt­politik sind konstant, da passiert nichts Zusätzliches – 2004 nicht, 2005 nicht –, trotz der verheerenden Arbeitsmarktlage!

In bestimmten anderen Bereichen allerdings explodieren die Ausgaben, aber nicht in den investiven, und das, meine ich, ist ein Kernproblem dieses Budgets. Beispielswei­se Familienlastenausgleichsfonds, der in den Jahren 2003 bis 2005 schon rund 1 Mil­liarde € an Defiziten akkumuliert hat. Dort explodieren ... (Abg. Steibl: Sind Sie gegen das Kinderbetreuungsgeld? Sind Sie gegen die Schülerfreifahrt?) Frau Kollegin! Ich sa­ge nur, dort explodieren die Ausgaben! Der FLAF, der Familienlastenausgleichsfonds, ist längst ausgeräumt!

Ich finde, wir stecken zu viel Geld in den Konsum – und das ist es letztlich in diesem Bereich –, und wir investieren zu wenig in die Zukunft. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.) Wir investieren zu wenig in die Schulen, wir investieren zu wenig in die Universitäten, wir investieren zu wenig in Forschung und Entwicklung. Das sind die harten Daten, die aus diesem Budget hervorgehen, und das können Sie durch noch so viele Taferln, auch wenn Sie sie kiloweise und quadratmeterweise hier zum Rednerpult herausschleppen, nicht wettmachen: dieses Defizit an Zukunftsorientie­rung. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Abg. Mag. Molterer: Wo wollen Sie kürzen? Welche Familienleistung wollen Sie streichen?)

 


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Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Vize­kanzler Gorbach. Herr Vizekanzler, Sie haben eine Redezeit von 7 Minuten. – Bitte.

 


11.18

Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie Vizekanzler Hubert Gorbach: Geschätzte Frau Präsidentin! Meine Herren Regierungskollegen! Meine Da­men und Herren Abgeordneten! Es war der österreichische Dichter Franz Grillparzer, der einmal gemeint hat: „Österreich ist eine kleine Welt, in der die große ihre Probe hält.“ Und offensichtlich wird diese Probe nicht nur als solche, sondern auch als Vorbild gesehen, denn ich darf Ihnen zitieren aus dem Bericht der Weltbank, in dem steht: „Austria is the showcase of reform in Europe.“ – Österreich ist das Aushängeschild der Reformen in Europa.

Warum schreibt man das dort? – Österreich wächst auffallend stärker als die meisten Länder der Europäischen Union, und zwar deshalb, weil diese Bundesregierung Maß­nahmen gesetzt hat, nämlich eine aktive Wachstums- und Beschäftigungspolitik, mo­derne Steuersätze, die Senkung der Steuer- und Abgabenquote auf 40,6 Prozent, einen ausgeglichenen Haushalt über den Konjunkturzyklus und Ähnliches mehr.

Wir haben also den Staat moderner gemacht. Österreich ist inzwischen ein Standort, um den uns viele andere Länder beneiden. Etwa in den neunziger Jahren – meine Damen und Herren, ich darf es in Erinnerung bringen – wurde Österreich von inter­nationalen Organisationen wie zum Beispiel der OECD kritisiert, eben wegen zu hoher Steuerquote, wegen fehlender Beschäftigungspolitik, wegen schwachen Wirtschafts­wachstums. Und 2004, man höre und staune, werden wir von denselben Organisatio­nen gelobt. Das ist doch erfreulich und eine sehr positive Entwicklung! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Es ist deshalb auch kein Wunder, dass sich Österreich besser entwickelt in vielen Indi­katoren als etwa unsere Nachbarländer, die auch einmal Vorbild waren, wie die Schweiz, wie Italien und insbesondere wie Deutschland. Dazu einige Beispiele: Wir haben 27 000 Beschäftigte mehr als im Jahr 2003, wir haben aber gar 100 000 Be­schäftigte mehr als im Jahr 1999!

Die Exporte sind in Österreich im ersten Halbjahr 2004 um ganze 11 Prozent gestie­gen – das ist ein Rekordwert! Das bedeutet auch 50 000 Arbeitsplätze zusätzlich, das bedeutet, dass wir den Export-Weltmeister von früher – Deutschland – deutlich über­troffen haben.

Wir haben über 1 000 Headquarters mit zentral- und osteuropäischer Auswirkung. Wir haben 50 000 Unternehmen mehr als im Jahr 1999. Aber diese Regierung, meine Damen und Herren, hat auch für den Mittelstand, für die mittelständische Wirtschaft etwas getan: Sie hat sie gestärkt. Lag 1999 die Eigenkapitalquote der österreichischen Wirtschaft bei 21,4 Prozent, so lag sie im Jahr 2003 bereits bei 27 Prozent.

Meine Damen und Herren! Wir haben aber auch eine verhältnismäßig gute Arbeitslo­senquote – darüber wurde heute schon diskutiert –: 4,5 Prozent in Österreich, 8,5 Pro­zent in Italien, 9,8 Prozent in Deutschland. Zusammenfassend möchte ich sagen: Ver­gleichen wir, denn der Vergleich macht uns sicher! Wir sind die Besseren! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Ich nehme das auch zum Anlass, einmal ein herzliches Danke zu sagen – ein Danke an die österreichische Bevölkerung, vor allem aber auch ein Danke an die österreichische Unternehmerschaft, die nämlich seit dem Febru­ar 2000 diesen Reformkurs mitgeht und mitträgt, obwohl das nicht immer leicht ist. Aber ich denke, wir können sagen, wir sind jetzt über dem Berg.


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Wir haben gute internationale Wirtschaftszahlen, und wir machen jetzt die größte Steu­erentlastung, die es jemals in der Zweiten Republik gegeben hat, nämlich 3 Milliar­den € Entlastung. Wir haben jetzt die Pensionen sichergestellt. Wir investieren jetzt, Herr Kollege Van der Bellen, in die Ausbildung, in die Universitäten so viel wie nie zu­vor in diesem Lande. Wir investieren jetzt für Forschung und Entwicklung so viel wie nie zuvor in diesem Lande. Wir investieren jetzt in den Ausbau der Infrastruktur so viel wie nie zuvor in diesem Lande. – Das ist die Zeit der Ernte. Wir geben, wenn Sie so wollen, der Bevölkerung die Erfolgsdividende dieser Regierung zurück. Und das sind die Auszahlungen, die wir jetzt und in den nächsten Jahren vornehmen können. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine Damen und Herren von der Opposition! Sie haben die präsentierte und in den Unterlagen deutlich lesbare steigende Quote des Defizits kritisiert. – Ja, zu diesem Defizit stehen wir auch! Es liegt immer noch unter dem Schnitt der Jahre, in denen Sie Verantwortung getragen haben, ein Teil der Opposition zumindest. Und wir stehen da­zu, weil wir eine Steuerreform, wie schon oft zitiert, auch mitverantworten und wollen, und zwar nicht, wie in früheren Jahren, mit Gegenfinanzierung, sondern in Form einer echten Entlastung insbesondere der kleinen und mittleren Einkommen, aber auch einer echten Entlastung der Unternehmerschaft. Das heißt in Summe gesehen Kaufkraft, das heißt in Summe gesehen Arbeitsplätze.

Ich attestiere dem Herrn Kollegen Gusenbauer ein gutes Langzeitgedächtnis, wenn er gemeint hat, Sparpaket sollte man dazu sagen. Ja, früher, unter Ihrer Verantwortung hat so etwas Sparpakete geheißen. Es wurde nämlich die Bevölkerung animiert zu sparen, der Staat aber hat es nicht getan. Wir machen das anders.

Meine Damen und Herren! Auch noch ein Wort zu dem, was Herr Kollege Van der Bel­len gesagt hat. Natürlich macht nicht allein die Steuerreform das Defizit aus, sondern auch das Konjunkturpaket I, das Konjunkturpaket II, das Wirtschaftswachstumspaket und die Steuerreform. Diese Pakete waren aber gut für das Wirtschaftswachstum, das wissen Sie. Hätten wir diese Pakete nicht geschnürt, hätten wir 2005 ein ausgegliche­nes Budget und 2006 bereits einen Überschuss. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Zum Schluss, meine Damen und Herren, zwei Zahlen. Ich habe hier Tafeln vorbereitet, weil Sie offensichtlich schematische Darstellungen lieber haben als Zahlen. Das (der Redner hält eine Tafel mit einer entsprechenden Graphik in die Höhe) ist die Entwick­lung, Herr Kollege Van der Bellen, im Bereich Forschung und Entwicklung im Budget. Die Offensive kennen Sie selber. Eine Entwicklung also, die zeigt: plus 47 Prozent zwi­schen 2000 und 2004 gegenüber dem Vergleichszeitraum 1995 bis 1999. Sie sehen hier die Entwicklung der letzten zehn Jahre. Man hat so viel getan und gibt so viel aus wie nie zuvor.

Vielleicht noch eine Steigerung, Herr Kollege Broukal, was die Infrastruktur betrifft, inklusive ÖBB und Schienenausbau (ein zweites Schaubild mit einer entsprechenden Graphik vorweisend – Abg. Broukal: Aber in den letzten Jahren Stillstand, keine Stei­gerung!): plus 32 Prozent zwischen 2000 und 2004! – Ich stelle Ihnen diese Tafeln gerne zum Nachrechnen zur Verfügung. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Broukal: Viel zu klein! Ich kann es nicht lesen!)

Man kann dieses gute Budget in sieben Minuten nicht erläutern; ich muss meine Ausführungen schon schließen. Ich kann Ihnen aber sagen, dass in den letzten sieben Jahren die Quote von Forschung und Entwicklung zum BIP doppelt so schnell gestie­gen ist wie das BIP selbst.

Abschließend möchte ich eine Antwort von Bill Gates zitieren, als er einmal nach sei­nem Erfolgsrezept gefragt wurde. Bill Gates sagte: Zwei Dinge gehören dazu: einmal


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klare Ziele und zum Zweiten der brennende Wunsch, diese zu erreichen. – Ich kann im Namen der gesamten Bundesregierung sagen: Wir haben klare Ziele, wir haben den brennenden Wunsch, diese zu erreichen – und wir haben auch das Budget dazu. Wir sind auf dem Erfolgsweg! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

11.25

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Dr. Mitterlehner zu Wort. Redezeit: 10 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Zwischen­rufe des Abg. Dr. Jarolim. – Abg. Dr. Mitterlehner begibt sich zum Rednerpult und stellt dort eine rot-weiß-rote Tafel mit der Aufschrift „Aufschwung durch Entlastung“ auf.)

 


11.26

Abgeordneter Dr. Reinhold Mitterlehner (ÖVP): Frau Präsidentin! Meine sehr geehr­ten Herren auf der Regierungsbank! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Professor Van der Bellen, jetzt kenne ich mich eigentlich nicht mehr so recht aus. Herr Dr. Gu­senbauer hat uns vorhin gerade erklärt, wir investieren viel zu wenig in den Konsum, wir haben viel zu wenig bereitgestellt für die Kaufkraft. Sie beklagen genau das Gegen­teil: Sie sagen, wir machen viel zu viel für den Konsum und zu wenig für den Bildungs­bereich.

Ich sage Ihnen, wir machen genau das Richtige für die Familienpolitik, denn sonst haben die ganzen Universitäten keinen Sinn. Und die weitere Frage ist, Herr Professor: Wo wollen denn Sie die Familienförderung kürzen?

Das Zweite – der Herr Gusenbauer ist leider, wie schon so oft, bei der Debatte nicht mehr anwesend –: Ich glaube schon, dass man den Zeitbegriff ein wenig erweitern sollte, dass man da ein wenig relativer vorgehen sollte. Sie reden dauernd von „Re­korddefiziten“, und gerade ist der Ausdruck „Schulden-Rudi“ strapaziert worden und so weiter. Schauen Sie einmal die Defizite der Vergangenheit an: 1993: 4,2 Prozent, 1994: 5 Prozent, 1995: 5,2 Prozent. (Abg. Broukal: Schulden-Karli“! – Abg. Grad­wohl: Nennen Sie doch bitte die absoluten Zahlen auch dazu!)

Da 1999 angesprochen wurde, das Jahr, in dem Rudi Edlinger das letzte Budget ver­antworten musste: Da hatten wir auch eine Verschuldungsquote von 67,5 Prozent. Daran leiden wir heute noch, denn – und das ist das Problem – wir müssen die Schulden der Vergangenheit aufarbeiten, während andere Länder längst in die Zukunft investieren konnten. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Broukal: Was ist mit den Schulden, die Sie gemacht haben?)

Meine Damen und Herren! Sie haben keine Freude damit, dass der Aufschwung da ist und dass wir nicht, so wie Sie, zur falschen Zeit am falschen Ort weinen, sondern zur richtigen Zeit die richtigen Maßnahmen setzen. Wenn Sie sich das genau anschauen, werden Sie sehen: Das bestätigt uns auch die EU-Kommission. Lesen Sie die entspre­chenden Berichte! Da heißt es: Man hat kein Problem mit der österreichischen Budget­politik, denn man sieht Österreich als Land mit leicht antizyklischer Budgetpolitik. Das ist sinnvoll bei angespannter beziehungsweise in Erholung befindlicher Konjunktur­situation.

Jetzt schauen Sie sich die Konjunktursituation an: Wir sind nahe an 2 Prozent, nächs­tes Jahr 2,5 Prozent, und der Aufschwung ist da. – Herr Professor, ich wundere mich, dass Sie den Aufschwung nicht sehen wollen, dass Sie ihn negieren. Der Aufschwung ist ja nicht nur das, was im Budget steht. Der Aufschwung nimmt das vorweg, was an Erwartungshaltung, was an Psychologie da ist. Und wenn Tausende Firmen, insbeson­dere aus dem deutschen Raum, jetzt zu uns kommen und sich hier ansiedeln wollen, dann ist das die richtige Einschätzung der richtigen Politik.


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Sie werden die entsprechenden Zahlen erst in der Zukunft haben, nicht jetzt, aber es wird Investitionen geben, es wird Arbeitsplätze geben. Das sollten Sie eigentlich sehen, und das sollten Sie akzeptieren. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Wenn Sie die Konjunktur anschauen, die wir derzeit haben – und wir kommen nahe an 2 Prozent –: Das Problem ist, dass diese Konjunktur hauptsächlich durch den Export gestützt wird. Daher ist es sehr richtig, dass diese Regierung zwei Maßnahmen setzt: Das ist einerseits eine Kaufkraftstärkung, was den Inlandskonsum anbelangt. Sie können doch nicht negieren, dass in Zukunft von ins­gesamt 5,9 Millionen Lohnsteuerpflichtigen 2,55 Millionen keine Steuern mehr zahlen. Diese Menschen haben einfach mehr Geld in der Tasche, und das können Sie nicht einfach ignorieren.

Beispielsweise stehen im Familienbereich 230 Millionen mehr zur Verfügung – und die­ses Geld wird auch ausgegeben –, weil der Alleinverdienerabsetzbetrag rückwirkend erhöht wird. Das sind Maßnahmen, die greifen.

Und auch – und das ist der zweite Teil – die Konjunkturmaßnahmen greifen. Schauen Sie sich an, was hier in Österreich investiert wird, was im Bereich der entsprechenden Investitionen im Baubereich, aber auch bei den Ausrüstungsinvestitionen passiert! Das ist vorbildlich!

Ich verstehe nicht, Herr Dr. Matznetter, dass Sie in diesem Zusammenhang immer die KöSt-Senkung kritisieren. Schauen Sie sich das an: 70 Prozent der 62 000 GesmbHs haben weniger als zehn Beschäftigte. 1 600 Aktiengesellschaften haben wir. Die Hälfte hat weniger als zehn Beschäftigte. Und natürlich haben wir dort 70 Prozent der Wert­schöpfung. Dort haben wir 70 Prozent der Investitionen. Wenn Sie dorthin investieren, investieren Sie in Arbeitsplätze.

Frau Glawischnig – sie ist jetzt leider nicht da –, Sie haben Unrecht, wenn Sie meinen, die Steuerreform soll vorrangig das Ziel haben, Arbeitsplätze zu schaffen. Das werden Sie nicht erreichen! Sie müssen in Richtung Wachstum agieren und in Richtung Wett­bewerbsfähigkeit. Und natürlich ist es auch ein Vorteil, wenn insgesamt die Steuer­quote absinkt. Sie haben da zwar in der SPÖ sehr unterschiedliche Meinungen. Herr Matznetter sagt im August, das ist eigentlich falsch, wir brauchen eine, die nach oben geht, der Herr Gusenbauer sagt das Gegenteil, und der Dr. Androsch sagt, wir brauchen Spielraum nach unten.

Ich möchte Ihnen jetzt einen Witz mitgeben, den letzten SPÖ-Witz: Wir haben eine ein­heitliche Parteilinie. – Das ist ein Sickerwitz, da werden Sie länger brauchen. (Heiter­keit und Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Sie von der SPÖ widersprechen sich alle Augenblicke selber und wissen eigentlich nicht, welche Linie Sie in der Politik fahren wollen.

Damit komme ich zum dritten Teil, und der dritte Teil schaut folgendermaßen aus: Bestimmte Leute, auch Medienkommentatoren (Zwischenrufe des Abg. Dr. Jarolim) – wer schreit, hat Frust, haben wir heute schon gehört –, bestimmte Kommentatoren sa­gen, wir sollten uns nicht am Schnitt der Länder ein Beispiel nehmen, sondern wir soll­ten uns ein Beispiel an Finnland, an Spanien nehmen, an Ländern, die Überschüsse haben. Das klingt eigentlich sehr positiv. Die Realität ist: Wir sind eben mit 35 Prozent unserer Wirtschaftskraft mit Deutschland verflochten und daher von dort auch ein bisschen abhängig.

Das Zweite: Wir haben etwas später mit der Budgetsanierung anfangen können als die anderen Länder, weil wir zu lange auf Schuldenpolitik gesetzt haben. Jetzt investieren wir aber nicht in Schuldenrückzahlung, sondern in Infrastruktur und vor allem in For­schung und Entwicklung. Und ob jetzt die Zahlen im Budget vollständig sind oder nicht:


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2,27 Prozent ist die Forschungs- und Entwicklungsquote, vor rund vier Jahren war sie nicht einmal 2 Prozent.

Besonders interessant ist – und das möchte ich betonen –, dass wir, was die For­schungsfinanzierung anbelangt, einen Anteil von 21 Prozent aus dem Ausland haben, das heißt: internationale Konzerne. Sie kritisieren diese Konzerne und sagen, die werden jetzt mit der Gruppenbesteuerung bevorzugt. Ganz im Gegenteil! Die sind hier operativ tätig, die investieren. Und schauen Sie sich an, welche Firmen das sind: Infineon in Villach, Baxter AG in Krems, Boehringer Ingelheim, MAN-Steyr, Sandoz Kundl, Philips Wien – überall hier werden Kompetenz-Center geschaffen, wird im For­schungs- und Entwicklungsbereich entsprechend investiert. (Abg. Broukal: Philips baut ab in Wien! Wissen Sie das nicht?)

Aber schauen Sie sich das bitte an: Sie machen ein Konzernzentrum für Speaker Sys­tems und so weiter! Das heißt, Medizintechnik wird entsprechend intensiviert. Natürlich gibt es auch entsprechende Umstrukturierungen in dem einen oder anderen Bereich, wenn Sie aber gesamt sehen, was die Auslandsfinanzierungen anbelangt, werden Sie feststellen, dass die Entwicklung in Österreich mehr als positiv ist. Diese Entwicklung wird in keinem anderen Land der Europäischen Union, was das Vertrauen der aus­ländischen Konzerne anbelangt, erreicht. Daher war diese Politik sicher richtig. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Silhavy: Wie viele Arbeitsplätze werden geschaffen in Österreich? – Abg. Steibl: Aber geh!)

Sie wollen das nicht wahrhaben, aber wir haben die beste Beschäftigungssituation. Und wenn Sie dauernd so tun, als wären die geringfügig Beschäftigten dabei: Die sind da nicht mitgerechnet. Wir haben da eine sehr gute Situation. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Zusammenfassend, meine Damen und Herren, darf ich Ihnen sagen, was auch im EU-Bereich akzeptiert ist und was Linie ist: Mit diesem Budget – ob da jetzt diese 0,5 Pro­zent der Länder mitgerechnet sind oder nicht – verlassen wir den Pfad stabilitätsorien­tierter Wirtschaftspolitik nicht. Mit diesem Budget nutzen wir den Spielraum, den wir uns durch die Konsolidierungsmaßnahmen der Vergangenheit geschaffen haben. Mit diesem Budget halten wir die Neuverschuldung in Grenzen. Und vielleicht das Aller­wichtigste, meine Damen und Herren: Wir bauen auf eine gute Konjunktur auf. Aber selbst wenn diese Konjunktur nicht eintreffen sollte, wenn sie wider Erwarten nicht kommt, dann treffen wir die richtigen Maßnahmen zur Stabilitätsunterstützung, zur Konjunkturforcierung im eigenen Bereich, so, wie wir es eigentlich schon während der letzten vier Jahr getan haben.

Zusammenfassend: Wir haben ein gutes Budget, das den Aufschwung sichert – alles andere ist reine Oppositionsrhetorik. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

11.35

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Dr. Matznetter. Seine Redezeit beträgt ebenfalls 10 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


11.36

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Frau Präsidentin! Das Taferl ist weg: Aufschwung durch Entlassung, wie es eigentlich der Vorstellungswelt der ÖVP ent­spricht. Schade! Aber reden wir gleich über die Arbeitslosen, weil der Kollege Scheib­ner die österreichische Rechnung von Arbeitslosenquoten mit jener nach EU-Richt­linien verwechselt. (Abg. Scheibner: Ist ja nicht wahr!) Kein Problem. Absolute Arbeits­losigkeit im Jahr 1998: 237 794 Menschen, 2003: 240 079, also um 3 000 Menschen mehr arbeitslos. – Für Herrn Scheibner anscheinend eine gute Entwicklung. (Abg.


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Kopf: Das ist unseriös!) Unseriös, die Anzahl der Arbeitslosen?! Hinter jedem Arbeits­losen steht ein Schicksal, nicht Prozente! Das, was Sie machen, ist unseriös! (Beifall bei der SPÖ.)

Bleiben wir gleich bei der Unseriosität des Kollegen Scheibner. – Abgesehen von ir­gendwelchen weißen Papieren, die in der FPÖ mit ihren Ideen, die sie vielleicht selber hat, beschriftet werden, ein paar Details zum Beispiel zum Heizkostenzuschuss. Herr Exminister, Herr Eurofighter-Exminister, der zwei Milliarden für diese Fliegerbestellung ausgegeben hat (Abg. Scheibner: Wenn Sie mir zugehört haben: Ich habe gesagt, zusätzlich wird es die geben!): Der Heizkostenzuschuss in Österreich schaut so aus: Burgenland: 40 € einmalig, Kärnten: 60 bis 100 € einmalig, Niederösterreich: 50 € einmalig, Oberösterreich: nichts, Salzburg: auf Beschluss der ÖVP-Regierung keinen seit 2000, Antrag der SPÖ gibt es, Steiermark: 50 bis 100 € einmalig, Tirol: 75 € oder Briketts einmalig, Vorarlberg: 150 € einmalig, und Wien: 67,24 € monatlich Heizbeihilfe von Oktober bis April. – Er kann nicht mal sieben multiplizieren. Die höchste Beihilfe gibt es in Wien! – So viel zur Ernsthaftigkeit des Herrn Scheibner. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Scheibner: Das ist falsch!)

Dr. Gusenbauer hat schon darauf hingewiesen, das Motto dieser Regierung ist: viel versprochen, nichts gehalten! Und wenn Kollege Mitterlehner jetzt von Witzen redet, dann sollte er ein bisschen die Zitate vorlesen.

Zum Beispiel: Bundeskanzler Schüssel in der Regierungserklärung 2000: „Österreich braucht ein stabiles Budget. ... – Weil die Schulden von heute die Steuern von morgen sind ...“ (Ruf bei der ÖVP: Richtig!)

Grasser in seiner Budgetrede 2001: „Keine neuen Schulden mehr, so nehmen wir unsere Verantwortung für unser Land und unsere Bevölkerung wahr.“

Und was ist die Realität? Schauen Sie in Ihre eigenen Budgetunterlagen: Der Schul­denstand ist gestiegen, von ursprünglich 133 Milliarden € auf heuer, 2004, 149,9 Mil­liarden, nächstes Jahr 154,86 Milliarden €. Das sind 21,86 Milliarden €! (Abg. Kopf: Kollege, was ist Ihr Vorschlag?)

Für die Damen und Herren an den Fernsehapparaten: eine unvorstellbare Summe, diesmal für die Pendler ausgerechnet (Abg. Scheibner: Sind Sie Fernsehsprecher oder Redner im Parlament?): Man könnte, wenn ein Golf 16 940 € kostet, 1 290 000 VW-Golfs kaufen, allein mit dem Betrag, um den sich die Schulden erhöht haben, die unter diesem smarten Herrn – wie haben Sie gesagt, Herr Kollege?, „Schul­den-Karli“; das gefällt mir sehr gut –, unter dem „Schulden-Karli“ angehäuft wurden. Die würden Stoßstange an Stoßstange 5 400 Kilometer nagelneue VW-Golfs hinterein­ander bedeuten. Und diese Regierung hat sich erdreistet, auf Kosten der Steuerzahler und Steuerzahlerinnen Plakate und Inserate zu machen: Keine neuen Schulden – wir haben Zukunft. – So viel zum Thema „viel versprochen, nichts gehalten“. Die Nichthal­ter sitzen hinter mir. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich bin Professor Van der Bellen dankbar, dass er auf das Problem hingewiesen hat, dass dieses Budget viele Zahlen aufweist, aber die wirklich interessanten Zahlen, näm­lich wie hoch das Defizit nach Maastricht-Kriterien für den Bundessektor ist, schamhaft verschweigt.

2,3 Prozent von 242 Milliarden € an geschätztem BIP im nächsten Jahr sind wirklich ein Betrag nahe 6 Milliarden €. Bleiben wir bei den 5,135 Milliarden, die jetzt drin­stehen. Übrigens zur Übersicht 8 Ihrer Rede: Da hat der Herr Finanzminister, um sich gegen das Wort vom „Schulden-Karli“ zu wehren, gesagt: Nein, zeigen Sie mir, wo das 1998 niedriger war! – Schauen Sie in Ihre eigenen Unterlagen: administratives Defi-


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zit 1998: 4,798 Milliarden. (Bundesminister Mag. Grasser: Und sagen Sie uns die Maastricht-Zahl dazu? Wie ist die Maastricht-Zahl?)

Noch einmal: Schulden und Defizite. (Bundesminister Mag. Grasser: Die Maastricht-Zahl?) Herr Minister, Schulden und Defizite: Sie haben gestern von 133 Milliarden € an übernommenen Schulden gesprochen. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Denken Sie an Ihr Wirt­schaftsprogramm mit der Steuererhöhung!) Ich lese Ihnen Ihre Zahlen vor – sie liegen deutlich darüber. So ein Budget mit einem Defizit von über 5 Milliarden hat Minister Edlinger niemals gehabt! (Beifall bei der SPÖ. – Staatssekretär Dr. Finz: Stimmt nicht! – Bundesminister Mag. Grasser: Lesen Sie mir vor ...!)

Lesen Sie Ihre eigenen Unterlagen! Nicht in Prozenten, Herr Staatssekretär (Bundes­minister Mag. Grasser: Lesen Sie mir vor ...!), in den Zahlen der Bilanz, unter dem Strich der Bilanz. (Bundesminister Mag. Grasser: ’98 Maastricht! Sagen Sie uns ’98 Maastricht!) Sie haben Maastricht nicht einmal für Ihr aktuelles Budget 2005 genannt, wie Professor Van der Bellen Sie vorhin belehrt hat. Bleiben wir beim administrativen Defizit, das haben Sie genannt. (Abg. Scheibner: Ohne Van der Bellen sind Sie richtig hilflos! – Bundesminister Mag. Grasser: 1,9 ist gleich Maastricht! – Abg. Dr. Partik-Pablé: Ein oppositioneller Plauderer sind Sie!)

Kommen wir zu den anderen Dingen, und zwar zu der Fragestellung: Wie kann es sein, dass ein Minister, der mit Sparen angetreten ist, das höchste Defizit seit dem Jahr 1996 zusammenbringt? (Abg. Dr. Partik-Pablé: Da war ja Cap noch besser, obwohl der zum Plaudern ...!) Sie traten an, um zu sparen. Wo spart eigentlich diese Regierung? – Schaut man sich die Entwicklung der Ausgaben in jedem der administra­tiven Haushalte an, dann waren unter Finanzminister Edlinger die Ausgaben noch 57,25 Milliarden €; Sie liegen bei 64 Milliarden €, Herr Mag. Grasser!

Jetzt nehmen wir nicht an, dass alles in den Geburtstagspartys des Staatssekretärs Morak oder in den neuen Dienstkarossen wie dem Audi A8 im Wert von einer halben Million Schilling des Herrn Finanzministers aufgegangen ist. Aber die Bereitschaft dieser Regierung, zu sparen, ist nirgends zu sehen! Allein für Beratung und Werbung haben nur die Ressorts von Grasser und Schüssel 22 und 16 Millionen € ausgegeben, die Regierung seit dem Jahr 2000 insgesamt 72 Millionen €. (Abg. Hornek: 40 Millio­nen € ...!) Eine Milliarde Schilling für Beratung und Werbung: Herr Grasser, Sie sind nicht nur ein „Schulden-Karli“, Sie sind auch ein „Mister Verschwendung“! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Widmen wir uns aber nun der Frage, ob wir auf der Überholspur oder auf der Kriech­spur sind. (Ruf bei der SPÖ: ... Pannenstreifen!) Im Durchschnitt ist Österreich in den Jahren 1991 bis 1995 mit 2 Prozent deutlich über dem EU-Schnitt von 1,5 Prozent gewachsen. Noch von 1996 bis 1999 waren wir mit 2,8 Prozent deutlich über dem EU-Schnitt von 2,6 Prozent. In den abgelaufenen Jahren lagen wir mit 0,9 Prozent deutlich unter 1,3 Prozent. Das ist der Misserfolg Ihrer Politik, Herr Bundesminister! Da ist kein Aufschwung durch Entlastung, da ist weniger Wachstum wegen Ihrer Politik! (Beifall bei der SPÖ.)

Wir sprechen gerne über die Frage, ob Ihre Steuerreform den Menschen etwas bringt. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Ist diese Rede von Gusenbauer angeschaut worden? – Abg. Dr. Partik-Pablé: Damit nicht wieder ...!) Schauen Sie sich einmal im Budget das Kapi­tel 52 an: Von 17,3 auf genau 17 Milliarden € fällt die Lohnsteuerleistung (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Hat der Herr Klubobmann ...?), das ist ein Skontoabzug von 1,7 Pro­zent, im Durchschnitt gerade 5 € im Monat weniger für jeden Lohnsteuerzahler. Das ist die Wahrheit über die Entlastung: keine Entlastung für die lohnsteuerpflichtigen Arbeit­nehmerinnen und Arbeitnehmer, Pensionistinnen und Pensionisten! In Summe sind es


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in dem Land gerade 300 Millionen. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Und was sagen Sie zu Ihrem Steuererhöhungsprogramm?)

Aber im Bereich der Körperschaftsteuer wird die Mindestkörperschaftsteuer für die vielen KMUs nicht gesenkt, die dürfen weiter zahlen. Und die großen Konzerne (Abg. Dr. Partik-Pablé: Sind Sie im Schattenkabinett?), vor allem die, die in der Gruppen­besteuerung mit österreichischen Steuergeldern ausländische Verlustbetriebe subven­tioniert bekommen, werden mit Hunderten Millionen – allein in diesem Budget 700 Mil­lionen – gefördert.

Aber die Bevölkerung hat schon zahlen müssen unter dieser Regierung Schwarz-Blau, wir hatten insgesamt 40 Belastungen! (Abg. Dr. Partik-Pablé: Unter Ihrer noch mehr!) Es hat bei der Energieabgabe begonnen, bei der Verdoppelung der Vignettengebühr, es hat von der ORF-Gebühr bis zur motorbezogenen Versicherungssteuer und der Tabaksteuer eine Summe von Erhöhungen gegeben (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Haben Sie sich Ihr Programm angeschaut?), die durch diese Steuerreform niemals ausge­glichen werden. Der Mittelstand, die Menschen, die arbeiten, sind die Melkkuh der Nation. Diese Regierung entlastet sie nicht, sie macht ein neues Defizit von Rekord­ausmaßen (Abg. Dr. Partik-Pablé: Sie wollen sie melken!), um einen Sachzwang zu erzeugen, um ein neues Sparpaket nach den Wahlen zu schnüren.

Was heißt das: ein Sparpaket? – Dasselbe wie die von Ihnen beschlossene Pensions­reform: die Kürzung bei den Leistungen für die Menschen! Ich sage Ihnen eines – und das sei Ihnen ins Stammbuch geschrieben –: Für eine Seniorin, für einen Senior, der Jahrzehnte gearbeitet hat, ist die Kürzung einer Pension, die Sie gemacht haben, das­selbe wie eine Steuererhöhung. Das lehnen wir ab, meine Damen und Herren! – Danke. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

11.46

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächstem erteile ich Herrn Abgeordnetem Bucher das Wort. Auch bei Ihnen: 10 Minuten Redezeit. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


11.46

Abgeordneter Josef Bucher (Freiheitliche): Sehr geehrte Frau Präsident! Verehrte Regierungsmitglieder! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich begrüße auch Herrn Kollegen Gusenbauer, da er zu unserer Budgetdebatte wieder dazugestoßen ist, um mitzuerleben, was Herr Matznetter alles von sich gibt, um aufzupassen, dass er nicht wieder aus der politischen Gehschule hinausfällt, wie es in den letzten Wochen schon mehrmals der Fall gewesen ist. (Heiterkeit und Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich glaube, man sieht es ja sehr klar an der jetzigen Debatte, wie sehr sich die Stand­punkte zwischen den Regierungsparteien – der Regierung – und der Opposition struk­turell unterscheiden. Die Regierung legt ein zukunftsorientiertes Haushaltsprogramm vor, die Opposition taumelt gewissermaßen in einer Orientierungslosigkeit. Die Regie­rung senkt die Steuern, die Opposition philosophiert darüber: Steuern müssen erhöht werden, Abgaben müssen erhöht werden. Meine sehr geehrten Damen und Herren, das lässt ein wenig den Schluss zu – konzentriert in einem Satz –: Die Regierung han­delt, die Opposition grantelt! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Das Tempo von Wettbewerb und Wandel wird sich auch in nächster Zukunft weiter erhöhen. Wir müssen jetzt die Weichen richtig stellen, damit Österreich diesen Aufschwung nützt, dass die Wirtschaft an Fahrt gewinnt. Wir haben ja eine sehr günstige, nicht nur geographische Lage und sind aus den Randregionen Europas in das Herz Europas gerückt. Das hat uns nicht nur geographische Vorteile,


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sondern auch wirtschaftliche Vorteile gebracht. Ich bin überzeugt davon, dass wir mit diesem Haushaltsplan den wirtschaftlichen Vorteil auch voll nützen können werden.

Meine Damen und Herren! Wir müssen uns auch die Situation des Jahres 2000 immer wieder vor Augen führen, unter welch schwierigen Bedingungen diese Bundesregie­rung angetreten ist: mit 130 Milliarden € an Schulden, mit 7 Milliarden € an jährlichen Verpflichtungen allein für die Zinsen, mit desolaten Universitäten, mit einer maroden ÖBB, mit einem Abgang bei der ASFINAG, mit Schulden über Schulden bei der ÖIAG, mit unsanierten Haushalten, wo man auch hingeschaut hat. (Zwischenruf des Abg. Dr. Niederwieser.) Das waren die Voraussetzungen, unter denen diese Bundesregie­rung angetreten ist. Heute ist sie auf der Überholspur, meine Damen und Herren!

Alle Wirtschaftsindikatoren, die herangezogen werden können (Abg. Eder: Bei den Schulden sind wir auf der Überholspur!), all die ökonomischen Eckdaten stellen unter Beweis, dass Österreich heute unter den drei besten Wirtschafts- und Arbeitsstand­orten in der Europäischen Union liegt. Noch nie waren so viele Menschen aktiv in Be­schäftigung. Wir haben mit Zypern die niedrigste Arbeitslosenrate in der Europäischen Union, auch international gesehen liegen wir äußerst günstig. Mit einer Inflationsrate von 1,9 Prozent liegen wir deutlich über der Eurozone, und wir haben ein Wachstum von 1,7 Prozent. Wir haben eine wirklich tolle Exportentwicklung mit einem Plus von 11 Prozent (Abg. Eder: Warum verliert die FPÖ die Wahlen?), und in den Unterneh­mensgründungen ist ein wahrer Boom zu verzeichnen mit über 30 000 neuen, jungen Unternehmen, die die Wirtschaft beflügeln. Das sind Rekorddaten, die die Beschäfti­gung sichern und die internationale Wettbewerbsfähigkeit unseres Landes glanzvoll darstellen, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Vor diesem Hintergrund müssen wir auch der Bevölkerung für diese hervorragende Leistungsbilanz danken, dafür, dass sie bereit war, diese manchmal auch unange­nehmen Reformen mitzutragen, diesen Kurswechsel für ein neueres und besseres Österreich mitzumachen.

Meine Damen und Herren! Wir haben heute erlebt, wie Herr Kollege Gusenbauer ver­sucht hat, uns klarzumachen, dass beispielsweise die soziale Gesellschaft, die Famili­enförderung, die Gesundheitsversorgung, alles das sich ein wenig in marodem Zu­stand befindet, auch die Bildungsförderung et cetera. Herr Kollege Gusenbauer, dann müssen Sie uns auch einmal sagen, welches Konzept Sie anwenden wollen, um all diese Schwachstellen zu beheben. (Abg. Eder: Das brauchen Sie nur zu lesen, das Konzept! Das gibt es alles! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Wir vermissen das Konzept. Wir haben kein Konzept gesehen, weil Sie auch kein Konzept haben, meine Damen und Herren! (Abg. Bures: O ja!) Sie sagen uns nicht, wie Sie all diese Leistun­gen, die Sie versprechen, auch finanzieren wollen, außer über Steuererhöhungen und Beitragserhöhungen, und das werden wir niemals mittragen können! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Wir haben ja aus dem Wirtschaftsprogramm des Herrn Matznetter einiges erfahren dürfen: die Anhebung der Grundsteuer, der Erbschaftssteuer, eine Wiedereinführung der Gewerbesteuer, die die Wirtschaft mit etwa einer Milliarde belasten könnte. Das sind doch völlig unvernünftige, auch zum falschen Zeitpunkt an die Bevölkerung heran­getragene Botschaften! Das schreckt Investoren ab, das würgt die Wirtschaft ab, das würgt den Aufschwung ab, zum falschen Zeitpunkt. Ich glaube, Sie sind sich der Verantwortung nicht bewusst, die Sie da innehaben; deren sind Sie sich nicht bewusst. Denn ausländische Investoren, die in Österreich ihr Geld anlegen, können nicht immer unterscheiden zwischen Oppositionspolitikern und Regierungspolitikern. Sie haben eine Verantwortung auch gegenüber diesen Investoren, die in Österreich ihr Geld an­legen. Ich glaube, da müssten Sie sich auch einmal bei der Nase nehmen und schauen (Abg. Dipl.-Ing. Kummerer: Sie haben die Wirtschaft abgewürgt! Nachweislich!), ob


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Sie mit diesem Zickzackkurs weiterkommen, den Sie hier fahren, mit diesen beweg­lichen Zielen, die im Übrigen so beweglich sind, dass sie niemals getroffen werden können. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Das Drängen der Freiheitlichen, was die erste und zweite Etappe der Steuerreform betrifft, hat sich bezahlt gemacht. Das sehen wir jetzt schon an den sehr motivierenden Kennzahlen, an dieser Aufschwungsdynamik, die da drin­steckt. (Abg. Eder: Bezahlt hat das Volk! Das Volk hat bezahlt!) Wir haben uns in die­sem Haushalt auch das Ziel gesetzt, die Österreicherinnen und Österreicher mit insge­samt 4 Milliarden € zu entlasten: die Arbeitnehmer und Pensionisten mit 1,5 Milliarden, die Unternehmen mit 1,5 Milliarden. Das sorgt für Wachstum und Beschäftigung in unserem Land.

Halten wir uns vor Augen, wie viel oder, besser gesagt, wie wenig die rot-grüne Regie­rung in Deutschland geschafft hat, einer Volkswirtschaft, die zehnmal größer als jene in Österreich ist. Dort spricht man von einer großen Steuerreform, die gerade einmal 8 Milliarden € an Entlastung mit sich gebracht hat; wir in Österreich haben 4 Milliar­den € Entlastung zustande gebracht. (Abg. Mag. Kogler: Eine Steuer- und Abgaben­quote, die um 5 Prozent niedriger ist! – Abg. Mag. Wurm: Für wen?) Das ist ein groß­artiger Erfolg zum richtigen Zeitpunkt für mehr Wachstum und Beschäftigung in Öster­reich! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Das gilt, auch wenn damit eine kurzfristige Defizitduldung verbunden ist, durchaus berechenbar, einkalkulierbar, durchaus richtig und wichtig, in einer sehr wichtigen wirt­schaftlichen Situation, in einer wichtigen konjunkturellen Phase. Manchmal muss man eben vom Weg abkommen, um nicht auf der Strecke zu bleiben, meine sehr geehrten Damen und Herren von der Opposition! (Abg. Öllinger: Ein gefährlicher Schleuder­kurs!)

Das ist kein gefährlicher Schleuderkurs (Abg. Eder: Für die FPÖ schon!), sondern das ist eine zum richtigen Zeitpunkt getroffene Entscheidung, damit die österreichische Wirtschaft Fuß fassen kann, damit die österreichische Wirtschaft eine Entwicklung neh­men kann, die mehr Vertrauen schafft, die Arbeitsplätze sichert und die vor allem auch die Massenkaufkraft stärkt. Eine Steuerreform mit einer Entlastung im Ausmaß von 4 Milliarden € wird dazu beitragen, dass wir über den Konsum zu mehr Wirtschaftsauf­schwung in unserem Land kommen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Weil Herr Kollege Gusenbauer davon gesprochen hat, dass der Faktor Arbeit viel zu stark belastet ist: Das ist ja im Grunde genommen nichts Neues, das wissen wir schon seit vielen Jahrzehnten. Nur müssen Sie sich auch einmal die Frage stellen, wer dieses System in Österreich eingeführt hat vor vielen, vielen Jahren, mit dem wir heute zu kämpfen haben. (Abg. Dolinschek: Wer denn?) Wenn Sie sich auf dem Lohnzettel die belastenden Lohnnebenkosten anschauen, dann werden Sie draufkommen, das sind die Sozialversicherungsbeiträge, das sind die Pensionsbeiträge. Aber Sie sind nicht bereit, zu irgendeiner Reform in der Pensionsversicherung oder in der Gesundheitsver­sicherung auch nur irgendeinen Beitrag zu leisten, damit wir dort von den Beiträgen, von den belastenden Lohnkostenbeiträgen etwas herunterkommen. Da sind Sie nie bereit gewesen, mit uns in einen konstruktiven Dialog zu treten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dieses Haushaltsbudget 2005/2006 ist sozu­sagen die Stunde der Fleißigen und Tüchtigen. Es ist ein Haushaltsbudget für die Familienerhalter, für die kleine und mittlere Wirtschaft, für die Kleinverdiener, ein Haus­haltsplan, der die Wirtschaft, die Menschen in unserem Land beflügeln wird. Herr Finanzminister, aus dieser Sicht haben Sie die volle Unterstützung der Freiheitlichen Partei in diesem Haus. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

 


11.55


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Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Dr. Pilz zu Wort. Seine Redezeit beträgt ebenfalls 10 Minuten. – Bitte, Herr Abgeord­neter.

 


11.56

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe noch einen Satz meines Vorredners im Ohr und versuche, ihn möglichst korrekt zu zitieren: Manchmal muss man vom Weg abgehen, um nicht auf der Strecke zu blei­ben! – Das ist ein wichtiges Eingeständnis, das uns eint: Die Regierung ist vom Weg abgegangen! Ob sie dadurch nicht auf der Strecke bleibt, wird erst bei den nächsten Nationalratswahlen beantwortet werden. Es spricht vieles dafür, dass das Ergebnis, nämlich auf der Strecke zu bleiben, auf dem Weg zu bleiben oder vom Weg abzu­gehen, dasselbe sein wird. Aber das ist nicht Gegenstand der Budgetdebatte, sondern interessanter ist: Warum sind Sie vom Weg abgegangen? Und zahlt es sich überhaupt aus?

Ihr Argument, das Sie hier mit Taferln verstärken wollten, war doch: Das ist der Königs­weg, um die Konjunktur in Österreich wieder in Schwung zu bringen und damit Be­schäftigung zu schaffen. (Abg. Mag. Molterer: Genau!) Aber jetzt hat Ihnen Alexander Van der Bellen vorgerechnet – niemand von Ihnen konnte dem widersprechen, und der Finanzminister und sein Staatssekretär sind ja seit diesem Debattenbeitrag schon heftig am Nachschauen und Nachrechnen –, dass im besten Fall laut Wifo-Prognose ein Zehntel des zu erhoffenden Konjunkturaufschwungs Steuersenkungen zu verdan­ken sein wird. (Abg. Dr. Mitterlehner: Er hat gesagt: 20 ...!)

Für dieses Zehntel, für diese 0,2 Prozent, gehen Sie vom geraden Weg ab? Und eines der wichtigsten Versprechen Ihrer Bundesregierung: eiserne Budgetdisziplin, Nulldefi­zit, nie wieder verschulden, die Kinder und die Enkelkinder vor der Schuldenmacherei schützen – das alles wird aufgegeben? (Abg. Mag. Molterer: Wenn Peter Pilz in der Ökonomie ist, wird es gefährlich!) Für 0,2 Prozent des BIP, und nicht einmal die sind sicher? (Beifall bei den Grünen. – Abg. Mag. Molterer: Schuster, bleib bei deinen Leisten!)

Jetzt sitzt hinter mir – laut Selbstdarstellung – ein erfolgreicher, ehrlicher und beschei­dener Finanzminister (Heiterkeit bei Abgeordneten der Grünen und der SPÖ), der sein erfolgreiches, bescheidenes und ehrliches Zahlenwerk präsentiert. Ich könnte Ihnen jetzt vorlesen – aber das erspare ich uns und Ihnen –, was unter dem Namen „Karl-Heinz Grasser“ über das Nulldefizit im Jahre 2001 verkündet wurde. Man wird vielleicht später einmal sagen, das war nicht Karl-Heinz Grasser, sondern hinter seinem Rücken ist ein Verein zur Förderung der Null-Economy gegründet worden, die haben sein Foto und so weiter – aber lassen wir das. Das Entscheidende ist: Jahr für Jahr – und das ist der große Gegensatz zu Rudolf Edlinger, dessen Budgetpolitik wir in der Vergangen­heit in vielen Punkten kritisiert haben – wird die Meinung, die Haltung, die grundsätz­liche Position geändert, als gäbe es kein Gedächtnis, als gäbe es keine Grundsätze, als gäbe es keine politische Haltung. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Das muss doch einen Grund haben, wenn man in der Lage ist, fast wöchentlich Mei­nung, Haltung und, in etwas größeren Abständen, Parteien wie Hemden zu wechseln! Meine Befürchtung ist, dass es sich hier um einen sehr, sehr großen Hemdenvorrat handelt. Ich glaube trotzdem, dass der Schein trügt und dass der Finanzminister keinen Standpunkt hat, weil man nur Gruppe für Gruppe der Betroffenen durchgehen muss, um sehen zu können, für wen er letzten Endes nie da ist und für wen er letzten Endes sehr verlässlich da ist.


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Ich beginne einmal bei den Gruppen, für die der Finanzminister trotz aller Kapriolen, trotz aller Standpunktänderungen immer und verlässlich da war, nämlich diejenigen, die über große Vermögen verfügen. Diese wissen längst, und zwar nicht nur in Öster­reich, dass die Republik Österreich geographisch zwar ein Binnenland, aber steuer­politisch längst zu einer Oase geworden ist.

Das, was wir heute im Rahmen der Europäischen Union zu Recht an der slowakischen Politik kritisieren, nämlich ein Steuerdumping im Bereich der Unternehmens- und ins­besondere der Gewinnbesteuerung, das macht die Republik Österreich unter Karl-Heinz Grasser im Bereich der Vermögen. Und das ist noch problematischer, weil damit ein klares wirtschaftspolitisches Signal ausgesendet wird, nämlich: Uns ist das Unpro­duktive wichtiger als das Produktive! Wir sind für die da, die von den Zinsen ihres Ver­mögens leben, und nicht für die, die investieren oder wenig Vermögen haben und arbeiten.

Der Großteil der direkten Steuerlast trifft nach wie vor die Lohnsumme. Erklären Sie einmal, Herr Finanzminister, warum man nicht endlich die Besteuerungsgrundlage um das Vermögen erweitert! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ist es ein Naturgesetz der Ökonomie, dass Vermögen steuerfrei sein soll? Ist es ein Naturgesetz der Ökonomie, dass nur in Österreich Vermögen steuerfrei sein soll, oder stecken dahinter Politik und Interessen?

Auf der anderen Seite gibt es Gruppen, die haben auch eindeutige Signale empfangen, etwa Unfallrentner und Unfallrentnerinnen. Ja, Herr Finanzminister, die haben verstan­den, für die sind Sie nicht da. Auch wenn ein Höchstgericht sagt, dass während zweier Jahre die Besteuerung der Unfallrenten nicht gesetzes- und verfassungskonform war, gehen Sie her und sagen: Hoppla, da ist ja noch ein drittes Jahr!, und greifen zu, und holen sich dort das Geld, so wie Sie es sich bei den kleinen Einkommen, bei den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern und – und das soll man gerade im Zusammen­hang mit der Reform der Unternehmensbesteuerung nicht vergessen! –, in zunehmen­dem Maße und in zunehmendem Verhältnis von den Klein- und Mittelbetrieben holen. Eine Klein- und Mittelunternehmen-Roadshow hilft nichts, wenn es letzten Endes eine Roadshow zu jenen ist, die neben den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern von Ihren Reformen am wenigsten haben.

Jetzt gibt es welche, die profitieren – und die machen ein gutes Geschäft! Wenn Ihnen die Industriellenvereinigung – und der Verein ist nur vorgeschoben, alle wissen das – 200 000 € überweist und sich dafür im Gegenzug darüber freuen kann, dass sich die Unternehmen, insbesondere die größten unter ihnen, mindestens 700 Millionen € an Körperschaftsteuer sparen, dann ist das ein exzellentes Geschäft. (Abg. Mag. Molte­rer: Jetzt ist er wieder dort! – Abg. Scheibner: Das ist wieder die unterste Lade!) Es gibt wenig politische Geschäfte mit einem Finanzminister, die so aufgegangen sind. Eine persönliche Leihgabe als Sekretär ins Kabinett, 200 000 € auf ein Konto, 10 000 € davon weiter auf ein privates Konto des Finanzministers, aber das ist wieder eine andere Geschichte, und 700 Millionen KöSt-Entlastung. (Abg. Mag. Molterer: Typisch Pilz! Jetzt ist er wieder beim Patzlwerfen!)

Wie sagt der Generalsekretär der Industriellenvereinigung, Herr Lorenz Fritz? – Die Zahlungen der Industriellenvereinigung für die Homepage vom Finanzminister Karl-Heinz Grasser wären eine gute Investition. – Dem ist nichts hinzuzufügen! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Sie sind aber nicht nur der erste Finanzminister, der ausschließlich die Interessen der kleinen Gruppe einer vermögenden Minderheit vertritt, sondern Sie sind auch der erste Finanzminister, der in dieser Republik offen signalisiert: Ich als Finanzminister bin nicht bereit, für einen Teil meiner Einkünfte oder Einkommen Steuer zu zahlen. Und da wird


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es am Problematischsten. Es gibt Überweisungen von einer großen österreichischen Bank, auf denen steht: Karl-Heinz Grasser-Stiftung – eine Stiftung, die es nie gegeben hat. Es hat immer nur ein Privatkonto, ein Treuhandkonto des Finanzministers ge­geben. 7 500 €, und der Finanzminister sagt: Ich zahle für dieses Einkommen keine Steuer, weil mir nämlich mein Staatssekretär einen seiner wöchentlichen Persilscheine ausgestellt hat und weil alles stimmt, was auf einem Finz-Schein steht.

Sie müssten einmal hineinhören in diese Republik, was dieser Umgang mit der Steuer­moral durch den Finanzminister bereits ausgelöst hat. Ich habe gestern meinen Steuer­berater gefragt, und der hat gesagt, er habe neue, zusätzliche Arbeit, mit der er nicht gerechnet hat, weil immer öfter Klienten und Klientinnen zu ihm kommen und sagen: Herr Doktor, ich habe mir überlegt, ich könnte einen Verein gründen, in den ein Teil meines Einkommens fließt, mit dem dann die Ausbildung meiner Kinder finanziert wird, und ich brauche dann dafür keine Einkommensteuer zu zahlen. Stimmt das? Mein Steuerberater sagt darauf immer: Nein, das stimmt nicht! – Und die fragen dann ganz ratlos: Warum stimmt das nicht? Er könnte ihnen die einzig richtige Antwort geben: Weil Sie ein ganz normaler Bürger oder eine ganz normale Bürgerin dieser Republik und nicht Finanzminister sind, deswegen haben Sie Einkommensteuer zu zahlen. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Abg. Mag. Molterer: Das ist halt eine Budget­debatte à la Pilz! – Abg. Scheibner: Tiefer geht es nicht!)

Wie, Herr Finanzminister, wollen Sie Steuervermeidung, Steuerschonung und Steuer­hinterziehung bekämpfen, wenn Sie selber zu genau dem Gegenteil ermuntern? (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.)

Meine Damen und Herren! (Abg. Zweytick: Redezeit! – Abg. Scheibner: Was ist mit der Redezeit? So geht das nicht!) Das Vertreten einer Minderheit in dieser Republik gegen die Interessen der Republik selbst, das Bevorzugen von Freunden gegenüber allen anderen in Form einer Freunderlwirtschaft (Präsidentin Mag. Prammer gibt neu­erlich das Glockenzeichen) und letzen Endes auch das Untergraben der Steuermoral, das alles ist eines Finanzministers der Republik Österreich nicht würdig! – Danke. (Bei­fall bei den Grünen und der SPÖ.)

12.07

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt der Herr Finanzminister zu Wort. Herr Minister, auch Sie haben 7 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


12.07

Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Geschätzte Frau Präsi­dentin! Herr Vizekanzler! Lieber Alfred Finz! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Ich hoffe, Sie verstehen, wenn ich zur gehaltvollen und vertiefenden Budgetrede des Abgeordneten Pilz nicht wirklich kommentierend beitragen will, weil ich denke, wir sollten an dieser Stelle eine seriöse Debatte über das Budget führen. (Bei­fall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Die Frage, die am Vormittag gestellt worden ist, lautet: Wie gut ist denn Österreichs Finanz- und Budgetpolitik tatsächlich? – Die Opposition hat gesagt, es sei eine schlechte Politik, die wir machen. Die Regierung hat nicht sehr überraschend gesagt, dass es eine gute Politik ist, die wir machen.

Ich meine, es ist einfach fair, wenn wir das, was in Österreich erreicht wird, was die Daten und Fakten zeigen, in einen internationalen Zusammenhang stellen. Man sieht dann, wo Österreich im Vergleich zu vielen anderen Ländern liegt. (Abg. Dr. Glawisch­nig: Da suchen Sie sich doch einfach raus, was für Sie am besten aussieht!) Wenn man sich das letzte Jahr anschaut, 2003, kommt man darauf, dass Österreich ein dop­pelt so großes Wirtschaftswachstum hat wie die Eurozone. Österreich hat weniger als


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das halbe Budgetdefizit der Eurozone. Österreich hat weniger als die halbe Arbeits­losigkeit im Verhältnis zur Eurozone, also zu jenen zwölf Ländern, die die Wirtschafts- und Währungsunion bilden.

Wenn wir uns das nächste Jahr anschauen, meine Damen und Herren, das Jahr 2005, dann sagen Sie von der Opposition: Das Defizit von 1,9 Prozent sei zu hoch. Die Euro­zone wird im nächsten Jahr 2,8 Prozent Defizit haben. Wir sind die Fünftbesten in der Eurozone, wir sind die Neuntbesten jener 25 Länder, die jetzt Mitglieder der Europäi­schen Union sind. Das heißt, wir sind im vorderen Drittel, wir sind im guten Mittelfeld und ich denke, das zeigt ausreichend, welch gute Finanz- und Budgetpolitik in Öster­reich gemacht wird. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Das zeigt es vor allem dann, meine Damen und Herren, wenn man weiß, dass wir in Österreich von all diesen Mitgliedsländern gleichzeitig die Steuerbelastung am stärks­ten gesenkt haben. Es hat noch keine Regierung gegeben, die die Bevölkerung und die Wirtschaft so stark entlastet hat, wie das unter dieser Bundesregierung der Fall ist. Wir haben viel für die Bezieher niedriger Einkommen getan, 1,5 Milliarden Entlastung, durchschnittlich 500 € für jeden Steuerzahler im nächsten Jahr an Entlastung, weniger Steuern, also mehr Einkommen, mehr Kaufkraft, mehr Geld für den Privatkonsum. Wir haben viel getan für die breite Masse der Klein- und Mittelbetriebe, weil wir wissen, dass sie das Rückgrat unserer Wirtschaft sind, weil wir wissen, dass sie den Großteil der Arbeitnehmer beschäftigen, zum Wachstum beitragen und auch den Großteil der Steuern zahlen. Daher ist es wichtig, dass wir diese Entlastungen durchgeführt haben: Von fast 45 Prozent Abgabenquote kommen wir damit auf 40,6 Prozent. Das ist die größte Senkung in der Europäischen Union, und das wird uns Beschäftigung, das wird uns den Wirtschaftsaufschwung in Österreich bringen, und zwar stärker als in den an­deren Ländern der Europäischen Union. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Zur Kritik der Opposition: Eine Alternative ist nicht präsen­tiert worden, das ist nicht neu. Nun aber zur Kritik von Alfred Gusenbauer und zur Kritik des Professors Van der Bellen:

Die erste Kritik war, das Defizit sei zu hoch. – Meine Damen und Herren! Ganz einfach und sachlich gesprochen: Wenn man sagt, das Defizit sei zu hoch, dann soll man auch sagen, es gibt zwei Wege: Entweder wir senken die Ausgaben, dann reduzieren wir das Defizit, oder wir erhöhen die Steuern, dann können wir über mehr Einnahmen das Defizit reduzieren. Daher frage ich Herrn Gusenbauer und ich frage Herrn Professor Van der Bellen: Hätten Sie bei den Pensionen eingespart? Hätten Sie weniger in Bil­dung investiert? Hätten Sie weniger für den Arbeitsmarkt ausgegeben? Hätten Sie das Kindergeld gekürzt, was Sie angedeutet haben? Hätten Sie weniger in die Forschung investiert? Hätten Sie nichts gegen die Kriminalität getan? Oder hätten Sie ganz ein­fach, wie das schon öfter gesagt worden ist, die Steuern erhöht? Was wäre die Alterna­tive gewesen, meine Damen und Herren?

Und daher sage ich Ihnen: Wir haben die richtige Balance aus Defizit auf der einen Seite, aus Entlastung und Wirtschaftsaufschwung auf der anderen Seite gefunden! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Herr Abgeordneter Gusenbauer sagt: Die Steuerreform ist „minimini“ – so hat er es ausgedrückt. Sie ist ihm also viel zu klein. – Herr Abgeordneter Gusenbauer, wenn Sie damit indizieren wollen, Sie hätten eine viel größere Steuerreform gemacht, dann darf ich Ihnen sagen, das Defizit wäre dann nicht bei 1,9 Prozent gewesen, sondern wahr­scheinlich über 3 Prozent gegangen, das wäre die Konsequenz gewesen. (Abg. Dr. Gusenbauer: Vielleicht hätte man auch wo sparen können?)

Es geht aber auch um Ihre Glaubwürdigkeit, denn Sie haben gegen eine Entlastung von 3 Milliarden € gestimmt. Sie haben dagegen gestimmt, dass die Wirtschaft entlas-


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tet wird. Sie haben dagegen gestimmt, dass viele Millionen der österreichischen Bevöl­kerung – Arbeitnehmer, Pensionisten, Bauern und viele andere – mehr entlastet wer­den. Das heißt, Sie sind gegen die Entlastung, sagen aber gleichzeitig, dass das nur eine Minimini-Geschichte sei. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Zickzack!)

Auch in Richtung Professor Van der Bellen, der gemeint hat, es sei nicht nachvollzieh­bar, dass es das Defizit deswegen gebe, weil wir die Steuern gesenkt haben, möchte ich sagen: Sie haben erwähnt, dass der Effekt dieser Steuerreform 1,3 bis 1,4 Mil­liarden € sei. (Abg. Dr. Van der Bellen: Für den Bund!) – Für den Bund!

Herr Professor, für den Bund haben wir im Jahr 2005 einen Effekt durch die Steuer­reform 2004 von 291 Millionen €, der ja weiter wirkt, und einen Effekt der Steuer­reform 2005 von 1 Milliarde 765 Millionen €. Wenn Sie dann noch – nur um jetzt die Debatte im Ausschuss anzuregen, in dem Sie sich dann vertieft damit beschäftigen werden – das Konjunkturbelebungspaket I, das Konjunkturbelebungspaket II, das Wachstums- und Standortpaket und die Senkung der Lohnnebenkosten für ältere Ar­beitnehmer dazurechnen, dann kommen Sie darauf, dass wir im Jahr 2005 eine nach­haltige Entlastung von 3 Milliarden 606 Millionen € erreichen und im Jahr 2006 4 Mil­liarden 546 Millionen €.

Wenn Sie also sagen, Sie verlangen die Wahrheit, dann sage ich, obwohl ich Ihre Dis­kussionsbeiträge normalerweise sehr schätze: Heute war es nicht der Professor Van der Bellen, der gesprochen hat, sondern heute war es der Parteiobmann.

Ich denke, wir haben ein gutes Budget vorgelegt, wir haben eine gute Balance gefun­den, Steuersenkung auf der einen Seite, Wirtschaftsaufschwung und ein vernünftiges, im internationalen Vergleich sehr gut herzeigbares Budgetdefizit auf der anderen. (Bei­fall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

12.13

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster ist Herr Abgeordneter Dr. Spindel­egger zu Wort gemeldet. In der nun beginnende Runde hat jeder Redner/jede Redne­rin 5 Minuten Redezeit. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Dr. Spindelegger begibt sich zum Rednerpult und platziert dort eine Tafel mit einer aufgedruckten Graphik.)

 


12.14

Abgeordneter Dr. Michael Spindelegger (ÖVP): Frau Präsidentin! Geschätzte Mit­glieder der Bundesregierung! Meine Damen und Herren! Der Herr Bundesminister für Finanzen hat sehr überzeugend dargelegt, warum wir in Österreich mit dem österrei­chischen Weg im internationalen Vergleich heute gut dastehen. Ich meine, das können wir uns alle auch ein bisschen als Erfolg für unsere Politik – die wir gemacht haben – auf die Fahnen schreiben. Ich freue mich, dass es im internationalen Vergleich für Österreich gut läuft, und ich würde Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, einladen, dem auch einmal ein bisschen etwas Positives abzugewinnen.

Ich möchte die Debatte jetzt dazu verwenden, die Unterschiede klarzulegen. Sie haben uns ja heute in einigen Ansätzen mitgeteilt, was Sie gerne tun würden, und wir werden dem entgegenhalten, was wir gerne tun wollen. Wenn Sie diese Tafel betrachten, dann sehen Sie ja, dass wir für eine Entlastung stehen. Und wenn man sich den Verlauf dieser Kurve nach unten ansieht, ist das ein sehr glaubwürdiger Beweis dafür, dass Entlastung in Österreich stattfindet. Und Entlastung heißt, mehr Geld in der Tasche für den Bürger, Entlastung heißt, mehr Möglichkeiten zu Investitionen und damit für mehr Arbeit in Österreich.

Meine Damen und Herren! Das ist doch ein sehr guter Weg! Es ist unser Weg, und wir identifizieren uns voll und ganz damit. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)


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Geschätzte Damen und Herren der Sozialdemokratie! Sie zeigen uns immer einen anderen Weg. Herr Kollege Gusenbauer ist sicherlich in einer Tradition der SPÖ verankert, in der immer eine hohe Staatsquote und viel Umverteilung Gegenstand der Politik war. Was hätten wir zu erwarten, wenn die SPÖ die Budgetpolitik der Zukunft zu bestimmen hätte? – Wir hätten eine hohe Staatsquote zu erwarten, die Kurve würde steil nach oben steigen, wir hätten wieder viel Umverteilung durch den Staat und damit wenig Investitionen, wenig Arbeitsplätze und wenig Geld in der eigenen Tasche für die Bürger.

Das wäre sicher der falsche Weg! Kollege Gusenbauer würde sich bei all dem, was er jetzt verspricht, sicherlich zu einem neuen Kaiser der Abgabenquote in Österreich auf­schwingen. Das brauchen wir nicht, dem setzen wir einen anderen Weg entgegen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Dr. Gusenbauer: Wir haben doch schon einen! Grasser!)

Meine Damen und Herren! Wir stehen dafür ein, dem Bürger in Zukunft spürbar weni­ger Steuern zuzumuten. Die Steuerreform hat Wirkungen gerade für die Bezieher klei­ner und mittlerer Einkommen. Dazu bekennen wir uns, weil wir glauben, dass im rauen Wettbewerbsklima, dem wir alle in Europa ausgesetzt sind, gerade die kleinen und mittleren Verdiener in Österreich unsere volle Solidarität brauchen. Darum machen wir auch eine Steuerreform, die dieser Personengruppe besondere Vorteile bringt, und das nicht verbunden mit einer Gegenfinanzierung, sondern mit einer Entlastung für alle. Besonders bevorteilt sind jedoch Personen, die es dringend notwendig haben.

Ich erinnere: Eine allein erziehende Mutter mit einem monatlichen Bruttoeinkommen von 1 300 € bezahlte bisher pro Jahr 862 € Steuer. Nach unserer Steuerreform bezahlt Sie keine Steuer mehr, sondern sie bekommt noch 14 € vom Finanzminister ausbe­zahlt. – Das ist eine konkrete Politik, mit der Bezieher kleiner und mittlerer Einkommen entlastet werden. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Das ist unsere Politik. Sie haben heute auch wieder erzählt – im Übrigen auch Kollege Pilz; da sind sich die Grünen mit der SPÖ einig –, dass Sie einen anderen Steuerkurs fahren würden. Das berühmte Wirtschaftspro­gramm von Matznetter zeigt: Neue Steuern erfinden, höhere Steuern erfinden, Grund­steuer erhöhen, Schenkungssteuer erhöhen, Erbschaftsteuer erhöhen. (Abg. Dr. Matz­netter: Alles gelogen!) Kollege Pilz hat jetzt noch die Vermögensteuer eingebracht. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.)

Meine Damen und Herren! Matznetter wäre ein neuer Staatsmeister in neuen Steuern. Das brauchen wir nicht, meine Damen und Herren! Wir brauchen weniger Steuern in Österreich, denn das hilft auch dabei, der Bevölkerung Arbeit zu bieten. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir haben auch auf einem dritten Gebiet einen ganz unterschiedlichen Weg, meine Damen und Herren: wir stehen als Arbeitnehmervertreter der Volkspartei auch dazu, dass wir durch geringere Körperschaftsteuersätze, durch eine Gruppenbesteuerung In­vestitionen ermöglichen, neue Betriebe ansiedeln und damit Arbeitsplätze in Österreich schaffen. – Ja! Wir stehen dazu! Sie wollen das nicht, Sie haben das ein für alle Mal gesagt.

Meine Damen und Herren! Auf Ihrem Weg Arbeitsplätze zu schaffen, sie nämlich durch Schulden zu finanzieren, damit müssen wir einmal aufhören! Die rote Laterne des Kollegen Edlinger, die kennen wir, die wird im ewig bleiben für das größte Defizit, das es je gegeben hat. (Abg. Dr. Matznetter: Sie haben 21,6 Milliarden € Schulden!) Das brauchen wir nicht in Österreich! Ganz im Gegenteil: Wir brauchen Investitionen, damit es mehr Arbeit in diesem Land gibt! Dann können wir mit unserer Wirtschafts- und Budgetpolitik, so wie wir sie uns denken, vor die Wähler hintreten und sagen: Mit Ent-


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lastung, mit geringeren Steuern, mit einem Standortvorteil für Österreich ist es allemal besser als mit höheren Steuern, einer hohen Staatsquote und dem, was Sie sich vorstellen, nämlich Schulden machen. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glocken­zeichen.) – Nein, danke! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

12.19

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste ist Frau Abgeordnete Heinisch-Hosek zu Wort gemeldet. Redezeit: 5 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


12.19

Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ): Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Herr Dr. Spindelegger, hätten Sie unser Wirtschaftspro­gramm gelesen, dann hätten Sie jetzt nicht hier stehen und solche Unwahrheiten ver­breiten können. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Dem Herrn Finanzminister war gestern offensichtlich nicht bewusst, dass er mit seiner Budgetrede Zigtausende Österreicherinnen und Österrei­cher zutiefst enttäuscht hat. Sie haben gestern gesagt, Herr Finanzminister – ich zitiere aus Ihrer Budgetrede –: Wo Arbeit fehlt, da gibt es Frustration und Verzweiflung. – Ja! Viele verzweifelte Frauen und Männer in Österreich, die arbeitslos sind, haben nämlich nichts davon, Herr Finanzminister, wenn Sie sie pausenlos mit den Arbeitslosen der EU vergleichen und irgendetwas loben, wo es nichts zu loben gibt. Wir werden nämlich auch diesen zweiten Platz verlieren, wir werden auf den sechsten Platz abrutschen, Herr Finanzminister, und das ist alles andere als löblich.

Bleiben Sie zu Hause! Vergleichen Sie uns nicht dauernd mit der Eurozone! (Beifall bei der SPÖ.)

Vergleichen Sie lieber die Zahlen hier in Österreich: vor Schwarz-Blau und seit Schwarz-Blau. Seit Schwarz-Blau haben wir nämlich leider um 50 000 arbeitslose Menschen – Männer und Frauen – mehr in Österreich. Insgesamt sind das über 200 000 Schicksale, meine Damen und Herren, das sind Menschen, denen Sie die Hoffnung auf eine sichere Zukunft nehmen. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Das ist doch an den Haaren herbeigezogen!)

Was tun Sie für arbeitslose Frauen, Herr Finanzminister? – Kein Wort in Ihrer Budget­rede.

Was tun Sie dagegen, Herr Finanzminister, dass Frauen durch die Pensionsharmoni­sierung sehr ungerecht behandelt werden? – Kein Wort in der Budgetrede.

Was bieten Sie an in Ihrem Budget, Herr Finanzminister? – Die bessere Aufwertung der Kindererziehungszeiten macht nie und nimmer den Verlust wett, den Frauen durch die Lebensdurchrechnung erfahren, und das wissen Sie genau. Sie haben viel verspro­chen, aber nichts gehalten! (Beifall bei der SPÖ.)

Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten brauchen und fordern Geld von Ihnen Herr Finanzminister, Geld für den Wiedereinstieg von Frauen. – Warum lachen Sie, Kollegin Partik-Pablé? Wollen Sie kein Geld einsetzen für den Wiedereinstieg arbeits­loser Frauen? Das richtet sich von selbst. Lachen Sie nur weiter! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Wir machen es besser, denn Frauen müssen die Gelegen­heit haben, nach einer Pause gut qualifiziert und gut vorbereitet wieder in ihren Beruf einsteigen zu können. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Da muss man ja lachen!)

Wir machen es besser, meine Damen und Herren, denn verpflichtende Frauenförder­pläne in den Betrieben – das geht auch Sie an, meine Herren da oben (die Rednerin weist in die letzten Bankreihen von ÖVP und Freiheitlichen) –, würden nämlich Arbeits­plätze schaffen. Wir wollen und müssen die Frauen auf dem Arbeitsmarkt wieder gut etablieren. Uns ist das ein Anliegen, Ihnen nicht! (Beifall bei der SPÖ.)


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Eine von Kollegin Prammer in Auftrag gegebene Befragung hat ergeben, dass junge Frauen ihr eigenes Geld verdienen wollen und finanziell unabhängig sein wollen. (Abg. Scheibner: Sie sind ja nicht gezwungen zur Kinderbetreuung!) Arbeit gehört zum Leben. Frauen arbeiten gerne, wenn sie Arbeit haben. Sie nehmen den Frauen die Arbeit! (Beifall bei der SPÖ.)

Wir machen es besser, meine Damen und Herren, denn wir wollen, dass Beruf und Kind für Frauen möglich sein müssen. (Abg. Rossmann: Genau das machen wir!) – Sie machen es nicht. Wir fordern: Kinderbetreuungsplätze für unter Dreijährige und für über Sechsjährige in ausreichender Anzahl, gut erreichbar für die Mütter und mit Öff­nungszeiten, die sich auch an den Arbeitsplatz anpassen, wo man nicht zu Mittag das Kind herausnehmen muss und es nicht einmal ein Mittagessen gibt. (Abg. Rossmann: So wie Sie es schildern, ist es in Wien der Fall!)

Ich darf außerdem mit Bedauern festhalten und darauf hinweisen, dass diese Wieder­einstiegsmilliarde – es sind 75 Millionen € – von Ihnen leider für Luxusdienstautos, für Eigenwerbung, für Beratung ausgegeben wurden, und ich sage Ihnen: Für diese Prasserei sollten Sie sich eigentlich schämen! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich darf weiters darauf hinweisen, meine Damen und Herren, dass Ihnen, Herr Finanz­minister, Männer offensichtlich viel mehr am Herzen liegen als Frauen (Oh-Rufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen), so wie den Regierungsfraktionen im Allgemeinen. Ich bin die erste Frau, die hier am Rednerpult steht. Schämen Sie sich dafür! Nicht einmal eine Frau von der ÖVP oder eine Frau von der FPÖ ist hier herausgetreten und hat zur ersten Lesung des Budgets etwas zu sagen gehabt, weil Sie das nicht wollten. (Beifall bei der SPÖ.)

Sie, Herr Finanzminister, bedanken sich in Ihrer gesamten Budgetrede mit keinem ein­zigen Wort bei der Frauenministerin. Wie kann ich das nun deuten? Arbeitet sie so im Verborgenen, dass Sie darauf vergessen haben, oder sind Sie einfach frauenfeindlich, was ich nicht glauben will. (Zwischenruf von Bundesminister Mag. Grasser.) Gender Budgeting. Sie haben uns überhaupt nicht erklärt, was das ist. Wissen Sie es, Herr Fi­nanzminister? (Abg. Mag. Molterer: Mein Gott, nein!) Dann erklären Sie uns das bitte! (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.) – Ich komme zum Schlusssatz, Frau Präsidentin. (Demonstrativer Beifall bei der ÖVP.)

Ich möchte Ihnen zum Abschluss eines mitgeben (Abg. Mag. Molterer: Nein!) – ich darf den Schlusssatz noch sprechen (Widerspruch bei der ÖVP), natürlich darf ich –, und ich zitiere in Abwandlung des Herrn Finanzministers, meine Damen und Herren: Ein guter Tag beginnt ohne Grasser! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

12.25

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Walch zu Wort. 5 Minuten Redezeit. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


12.25

Abgeordneter Maximilian Walch (Freiheitliche): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Werter Herr Finanzminister! Werter Herr Staatssekretär! Ich verstehe schon meine Vorrednerin. So eine Nervosität ist klar. (Abg. Pfeffer: Nervös sind Sie!) Ihr hättet ja 30 Jahre Zeit gehabt, das zu erledigen.

Und eines verbiete ich mir: Familienpolitik habt ihr in Österreich nie gemacht. (Abg. Mag. Wurm: Ach nein!) Ihr habt die Familienbeihilfen gekürzt (Abg. Mag. Wurm: Ein­geführt!), ihr habt das Karenzgeld gekürzt und vieles mehr. Ihr habt die Zuverdienst­grenze eingeführt, aber nur geringfügig. Wir haben die Wahlfreiheit für die Familien in Österreich eingeführt, wir haben ein Kindergeld eingeführt, wir haben das Karenzgeld bis zu drei Jahre erhöht, wir haben eine Zuverdienstgrenze von 200 000 S eingeführt


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und vieles mehr. Ihr habt nicht Familienpolitik gemacht, ihr habt gegen die Familien gearbeitet. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Wir haben uns heute die Kollegen Gusenbauer, Cap und Matznetter, der das arbeit­nehmerfeindliche Wirtschaftsprogramm der SPÖ erfunden hat, angehört. Aber es ist schon wieder verschwunden. Ihr müsst euch einen neuen Computer kaufen oder ein neues Programm. Ich habe nämlich heute gesucht, ich habe nichts gefunden. Es ist verschwunden. (Abg. Broukal: Das liegt an euch! Ihr wisst nicht, wie man im Internet surft!) Oder ist vielleicht heute Kollege Verzetnitsch nicht da, weil er jetzt ein neues Programm sucht. (Abg. Silhavy: Ihr braucht einen Computerkurs!) – Ja, ich weiß schon, euer Wirtschaftsprogramm, das habt ihr nicht können, und ihr habt natürlich einen dementsprechenden Neid.

Kollege Matznetter ist heute richtig adjustiert. Er hat eine rote Krawatte. Unter SPÖ-Regierungen und SPÖ-Finanzministern wurden immer rote Zahlen geschrieben. Schaut euch den Finanzminister (der Redner deutet auf den auf der Regierungsbank sitzenden Bundesminister Mag. Grasser) an: Schwarze Krawatte, oder nein, jedenfalls schwarze Zahlen. Seid doch froh bei diesem Schuldenhaufen, bei diesem Chaos, das ihr in Österreich hinterlassen habt, bei diesem Privilegienstadl, den ihr hinterlassen habt!

Wenn ich mir nur das Pensionssystem anschaue, das ihr gemacht habt. Drei verschie­dene Pensionssysteme. Den ASVGlern habt ihr immer mehr weggenommen, gewissen hohen Beamten habt ihr immer mehr gegeben, und Politikern, zum Beispiel eurem Seniorenchef von der SPÖ, habt ihr 172 000 S pro Monat zugesagt. Jetzt gehört das einmal der Vergangenheit an. Darum seid ihr auch gegen die Pensionsharmonisierung. Ihr sagt: Armer, hilf mir, damit es mir nicht auch so geht wie dir!

Kollege Edlinger war ja auch nicht der Beste, das muss ich ganz ehrlich sagen, denn er hat 1999 eine Steuerreform von 1,2 Milliarden gemacht. Wir haben jetzt gemeinsam – der Finanzminister mit unseren Regierungsmitgliedern – eine Steuerentlastung für 2004 und 2005 für alle Bürger mit einer Gesamtsumme von 3 Milliarden € gemacht. (Abg. Riepl: Das stimmt ja gar nicht!) Gell, Kollege Matznetter, da schaust! Das musst du einmal zusammenbringen! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) Bei diesem Schuldenstand, bei diesem abgewirtschafteten Haus Österreich haben wir wieder einen Aufschwung zusammengebracht: mehr Geld für die Familien, mehr Geld für Bil­dung und Ausbildung, mehr Geld für Forschung!

Wir haben einen Vizekanzler und Infrastrukturminister, der in die Bauwirtschaft ent­sprechend investiert. Die Bauwirtschaft ... (Abg. Dr. Wittmann: Das ist die falsche Rede! Die passt nicht zum Budget!) – Werdet nicht so nervös! Wer schreit, ist schuldig. Die Bauwirtschaft ist der Motor der Wirtschaft. Wenn die Bauwirtschaft entsprechend punktet, haben alle eine Arbeit.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Passt ein bissel auf! Erzählt nicht immer die Unwahr­heit in der Öffentlichkeit, es glaubt euch sowieso niemand mehr. Mich rufen rote Be­triebsräte an und fragen: He du, Max, wie ist das wirklich bei der Pensionsreform? (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.) Wie ist das? Den Unseren glauben wir nichts mehr, denn da wird die Unwahrheit gesagt, dass sich die Balken dementsprechend biegen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Silhavy: Weil der Walch sich so gut auskennt vor allem!)

Das Nächste, die zweite Etappe der Steuerreform, das muss man wirklich einmal sa­gen: Für jeden arbeitenden Menschen und auch für Pensionisten gibt es ab 2005 500 € mehr im Geldtaschel. Auf Druck der Freiheitlichen haben wir eine vorgezogene Steuer­reform gemacht. Was haben wir gemacht? – Die Pendlerpauschale haben wir um 15 Prozent erhöht.


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Was habt Ihr gemacht? – Ihr habt immer genommen, nicht gegeben. Wir sind die Ge­berfraktionen, ihr seid die Nehmerfraktion. Ihr sollt euch nicht mehr Sozialdemokraten nennen, sondern „Unsozialdemokraten“ müsstet ihr euch nennen. (Beifall bei den Frei­heitlichen und der ÖVP.)

Das ist schon das Schönste, und das ärgert mich persönlich, wenn sich ein Kollege Gusenbauer, ein Kollege Cap da herausstellt und Kritik an dieser Regierung übt. Ihr habt das ja alles verursacht! Ihr wart diejenigen, die Privilegien geschaffen haben, ihr wart ja die, die den hohen Schuldenstand verursacht haben. Ihr seid halt keine Wirt­schaftspartei in Österreich (Abg. Dr. Gusenbauer: „Portei“?), und ich hoffe auch, dass die Bevölkerung noch weiß, wie 60 000 Arbeitnehmer in der Verstaatlichten unter eurer Regierung den Arbeitsplatz verloren haben, wie eure Partei mit dem „Konsum“ – ihr habt einen eigenen Betrieb gehabt – umgegangen ist und vieles andere mehr. (Abg. Bures: Die Redezeit ist zu Ende!)

Also ich kann euch nur sagen: Wir sichern Arbeitsplätze! Wir werden die Wirtschaft an­kurbeln! Mit dieser Regierung, kann man nur sagen, geht es aufwärts – bei euch ist es abwärts gegangen. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

12.31

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Mag. Kogler zu Wort. Ebenfalls 5 Minuten Redezeit. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


12.31

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Frau Präsidentin! Meine Herren auf der Regierungsbank! Damen und Herren! Eine klassische „Apothekerrede“ war das. Da hat man es nachher gar nicht so leicht, ich gebe es zu. „Apothekerrede“ deshalb, denn da braucht man immer mindestens zwei Aspirin, damit man so etwas aushält.

Ich glaube, es sollte auch einmal gesagt werden, dass es offensichtlich erkennbar ist, dass der Vorredner Walch und der Herr Finanzminister zumindest irgendwann einmal in einer gleichen oder ähnlichen Partei waren, weil die ökonomischen Erkenntnisse ungefähr – wenn man die Sprache einmal gleichsetzt – gleich klingen. (Beifall bei den Grünen. – Bundesminister Mag. Grasser: ..., das war ein Kompliment!) Das machen Sie sich selbst aus, wer sich beleidigt fühlen muss, aber ich sage Ihnen nur: Zu den zentralen Fragen, die hier gestellt wurden, haben Sie – zugegeben, Sie haben nur 7 Minuten Zeit gehabt – eigentlich nichts gesagt. Wenn man sich dann noch an die gestrige Budgetrede erinnert, die eigentlich ein Wald-und-Wiesen-Referat mit sehr blumigen Ausdrücken war, kann man eine gewisse Enttäuschung nicht verhehlen.

Wenn man versucht, aus Ihrer Botschaft irgendetwas herauszudestillieren, dann kommt man drauf, dass die Marketingmaschinerie – auch die von der ÖVP – sich zu vermitteln bemüht hat: Aufschwung und Entlastung und irgendwo Wachstum, für das man angeblich jetzt etwas tun kann, das muss man irgendwie zusammenbringen.

Jetzt heißt es: „Aufschwung durch Entlastung“. Daran, hier einen Zusammenhang kon­struieren zu wollen, was die Ursächlichkeit Ihrer Politik betrifft, sind Sie, glaube ich, ge­scheitert. Ja, Sie machen sich nicht einmal die Mühe, den Beweis antreten zu wollen.

Ich beginne jetzt noch einmal bei den drei Fragen des Klubobmannes Van der Bellen, die Sie aus meiner Sicht völlig offen gelassen haben. Noch einmal zur Erinnerung:

Erstens: Wie hoch ist das Bundesdefizit wirklich?

Zweitens: Was ist der Anteil dieser undifferenzierten Steuersenkung, die wir da eben als besondere Reform verkauft bekommen?

Und drittens eben: Wie ist das jetzt mit Wachstum durch Entlastung?


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Zum Ersten: Das Defizit, über das wir hier verhandeln, ist viel höher als die 1,9 Pro­zent, es geht eben bis zu 6 Milliarden. Kein Einwand bis jetzt, kein Widerspruch. (Bun­desminister Mag. Grasser: Wo nehmen Sie das her?) Es ist deutlich über fünf. Wir haben ein administratives Defizit des Bundes von 2,3 Prozent. Dann kommt noch die Sozialversicherung mit mindestens 0,1 Prozent hinzu. Und Sie wissen ganz genau, dass diese Prognose auf tönernen Füßen steht, weil Sie diese Sache mit dem FLAF nicht in den Griff bekommen – die Kosten explodieren, da haben wir ein großes Pro­blem –, und was bei der Krankenversicherung sein wird, steht in den Sternen. Oder sa­gen Sie doch gleich, dass Sie demnächst exorbitante Selbstbehalte eintreiben wollen. Aber diese Rechnung werden Sie ja dann selbst begründen müssen. Jetzt reden wir hier jedenfalls über ein administratives Defizit, das deutlich höher ist.

Zweitens – viel, viel interessanter –: Was ist der Anteil der Steuerentlastung? Ich habe jetzt noch einmal nachgeschaut in Ihren eigenen Unterlagen, im Budgetbericht 2005, wobei ich jetzt wirklich löblich erwähnen möchte, dass der den Abgeordneten ein paar Tage früher als notwendig zugestellt wurde. Ich meine das wirklich nicht ironisch, son­dern ernst. Allerdings schreiben Sie beziehungsweise Ihre Beamten hier, dass der Ef­fekt der Steuerreform 2004/2005, alles zusammen, also schon kumuliert, zirka 2 Milliar­den € im Jahre 2005 sein wird. (Zwischenbemerkung von Bundesminister Mag. Gras­ser.) – Ja, Moment, Bund, Länder und Gemeinden, und wir reden jetzt über das Bun­desdefizit. Davon sind ja Länder und Gemeinden zirka zu einem Drittel betroffen. Das heißt, dass wir ja nur mehr auf 1,4 oder 1,3 Milliarden kommen können. Das war die Zahl, die Ihnen präsentiert wurde, Sie haben dann wieder eine andere ausgegraben. Ich würde Ihnen vorschlagen: Einigen Sie sich mit Ihren Beamten, damit wir, wenn wir wieder das Glück haben sollten, vorzeitige Budgetberichte zu bekommen, dann auch entsprechend authentische Erklärungen des Finanzministers dazu erhalten.

Wachstum durch Entlastung, das war das Nächste und Letzte. In Wahrheit musste man bis vorgestern annehmen, dass die Regierung der Meinung ist, dass mit beson­deren steuerlichen Maßnahmen das Wachstum in Österreich nicht zu beeinflussen ist, sonst hätten Sie ja den vielen Vorschlägen der Opposition in den Jahren davor Recht gegeben, dort, wo es wirklich notwendig gewesen wäre, das Binnenwachstum, die Binnennachfrage zu stimulieren durch geringere – wie wir sagen – Steuersenkungen, als Sie sie jetzt vornehmen, aber gezieltere, nämlich für die, die sie wirklich brauchen.

Was Sie heute hier verhehlen – und das ist das nächste Schmähtandlertum, das Sie hier verbreiten ist, denn „Entlastung für alle“, das stimmt einfach nicht! –: Die meisten Leute haben nichts von dieser so genannten Steuerentlastung. Es ist im Wesentlichen ein Geschenk für Großunternehmer.

Damit darf ich auch zum Schluss kommen. Ich muss es leider diagnostizieren: Es dominiert die ordinäre Klientelpolitik und nicht wirklich eine umsichtige und zukunfts­orientierte Budgetpolitik. Das ist kein Wunder, denn es gibt eben doch bestimmte Abhängigkeiten des Finanzministers. – So weit ist es in der Republik gekommen. (Bei­fall bei den Grünen und der SPÖ.)

12.37

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort gelangt nun Herr Staatssekretär Dr. Finz. Herr Staatssekretär, Sie haben dieselbe Redezeit wie Ihre Kollegen auf der Regierungsbank: 7 Minuten. – Bitte. (Abg. Dr. Cap: Gibt es wieder etwas zum Weißwa­schen?)

 


12.37

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Alfred Finz: Sehr verehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Nochmals, Herr Abgeordneter Kogler, die Ziffern: Das Maastricht-Defizit des Bundessektors beträgt im Jahr 2005 minus 2,29. Das entspricht


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einer Summe von 5,5 Milliarden €. Das ist ein wesentlich niedrigerer Betrag als der, den es zum Beispiel zu Zeiten von Minister Edlinger gegeben hat.

Nehmen wir zum Beispiel das Jahr 1998 her. Da hat das Maastricht-Defizit des Bundes minus 3 Prozent betragen und die entsprechende Zahl 5,794 Milliarden. Ich weiß nicht, wie Herr Abgeordneter Van der Bellen zu dem Betrag von 6 Milliarden gekommen ist, ich weiß nicht, wo er das herausgelesen hat. (Abg. Dr. Matznetter: Sozialversiche­rung!)

Meine Damen und Herren! Mit dem Budget 2005 wird ein erfolgreicher Reformprozess in der öffentlichen Verwaltung fortgesetzt. (Abg. Öllinger: Was war das bis jetzt, Herr Staatssekretär?) Wir brauchen diese Reformen, um den neuen Herausforderungen ge­recht zu werden. Hätten wir seit dem Jahr 2000 keine Reformen gemacht, so hätten wir im Budget 2005 um 1,5 Milliarden höhere Ausgaben. Diese 1,5 Milliarden stehen für die Entlastung und somit für den Aufschwung in Form einer Steuersenkung zur Verfü­gung.

Aber wir haben bei diesen Maßnahmen darauf geachtet, dass die Qualität der öffent­lichen Dienstleistung nicht gesenkt wird, sondern noch gehoben wird. Sie können das heute, wenn Sie einen Pass benötigen, sehen. Da können Sie das schon in Minuten messen. Oder auch wenn Sie einen Führerschein benötigen. Wenn Sie eine Steuer­erklärung über Internet abgeben, dann bekommen Sie die am nächsten Tag zurück. Daran können Sie messen, inwieweit diese Zusage wirklich zutrifft.

Wir haben die Steuerreform auch dazu benützt, gleichzeitig Maßnahmen zu setzen, dass der Steuerbetrug zurückgesetzt wird, denn zu einer Fair-and-easy-Steuer (Abg. Dr. Matznetter: Was für eine Steuer?) gehört auch dazu, dass alle in gleicher Form dazu beitragen. Wir schaffen damit gleiche Bedingungen für die Unternehmungen, und wir schaffen damit einen fairen Wettbewerb zwischen den Unternehmungen mit der Reduzierung des Steuerbetruges.

Klubobmann Molterer hat schon darauf hingewiesen, dass wir in dem nächsten Budget bewusst einen Schwerpunkt für die äußere und innere Sicherheit setzen.

Jahrzehntelang wurde davon gesprochen, dass die Exekutive zusammengeführt wird – eine jahrelange Forderung des Rechnungshofes! Damit diese auch wirksam durchge­setzt werden kann, wird es im Innenministerium um 163 Millionen € mehr geben. Damit kann die Exekutive technisch besser ausgerüstet werden, es kann mehr Personal aufgenommen werden als bisher, und es können damit wirksame Maßnahmen gesetzt werden, damit die Verbrechensbekämpfung und die Verbrechensvorbeugung verbes­sert werden. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ein einheitlicher Wachkörper schafft schlankere, straffere Strukturen (Abg. Dr. Gusen­bauer: Ach ja!) und bringt wesentlich mehr Leute auf die Straße, wo wir sie auch wirklich benötigen. (Abg. Dr. Gusenbauer: Ach, Sie wollen die Leute auf der Straße haben?) – Wollen Sie nicht die Exekutive auf der Straße haben? Wollen Sie sie im Büro haben, Herr Abgeordneter? – Das müssen Sie mir schon erklären, wie Sie dann Sicherheit schaffen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Auch das Verteidigungsministerium erhält zur Umsetzung der Heeresreform mehr Mit­tel. Neben 70 Millionen € mehr erhält das Bundesheer auch entsprechende Erlöse aus den Grundstücksveräußerungen dazu, damit diese Reform entsprechend den Reform­vorschlägen umgesetzt werden kann.

Aber nicht nur für die äußere Sicherheit, auch für die innere Sicherheit beim Justiz­ministerium gibt es mehr Mittel: Das Justizministerium bekommt über 100 Millionen € mehr, damit vor allem den gesteigerten Häftlingszahlen mit vermehrtem Personal bei


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der Justizwache Rechnung getragen werden kann; weitere Verbesserungen werden sich aus der Justizreform ergeben.

Ich weise aber auch auf den gesteigerten Komfort für die Bürgerinnen und Bürger hin, indem zum Beispiel heute Videozuschaltungen bei Zeugeneinvernahmen möglich sind, wobei sich der Bürger dann die entsprechende Reise zum Gericht erspart, oder digitale Protokolle von Prozessen möglich sind, wodurch heute eine Verfahrensverkürzung gegeben ist. (Abg. Mag. Johann Maier: Verfahrensverkürzung? Eine Verfahrensverkür­zung?)

Diese Bundesregierung stellt für das nächste Jahr 4,7 Milliarden € für die äußere und innere Sicherheit zur Verfügung – das sind um 334 Millionen € mehr als im Jahr 2004. Diese Regierung zeigt damit, dass ihr die äußere und innere Sicherheit wichtig sind, und sie zeigt auch die Reformkraft dieser Bundesregierung! – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

12.42

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir kommen zur letzten Rednerrunde vor 13 Uhr. Es wurde vereinbart, die Redner- und Rednerinnenzeit auf 4 Minuten festzu­legen.

Herr Abgeordneter Grillitsch, Sie gelangen als Nächster zu Wort. Redezeit: wie gesagt, 4 Minuten. – Bitte.

(Abg. Grillitsch begibt sich zum Rednerpult und platziert dort eine rot-weiß-rote Tafel mit der Aufschrift „Aufschwung durch Entlastung“.)

 


12.43

Abgeordneter Fritz Grillitsch (ÖVP): Frau Präsidentin! Meine verehrten Herren Bun­desminister! Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herbstzeit ist Ernte­zeit, und ich möchte einmal beginnen bei jenen Menschen (Zwischenruf des Abg. Dr. Puswald) – auch Sie leben davon! –, bei denen ich mich jetzt bedanken möchte, und da verlange ich Respekt und Akzeptanz für unsere Bäuerinnen und Bauern, Herr Abgeordneter Puswald! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wenn Sie es nicht der Mühe wert finden, sich dem anzuschließen, was ich jetzt tun will, nämlich den Bauern zu danken für ihre tagtäglichen Leistungen, damit wir sichere Lebensmittel in Österreich haben (Abg. Dr. Puswald: Leere Worte!), damit wir eine umweltgerechte Produktion vorfinden, damit wir eine tierschutzkompetente Produktion vorfinden (Abg. Dr. Glawischnig: Reden Sie zum Budget?), dann melden Sie sich hier zu Wort und sagen Sie, was Sie darüber denken, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Dr. Van der Bellen: Budgetrede!)

Meine lieben Bäuerinnen, liebe Bauern, die Sie uns heute zusehen und zuhören: Danke für Ihre Leistungen! Es sind großartige Leistungen, sodass wir heute in Öster­reich diese Landschaft, diese hervorragenden Qualitätslebensmittel vorfinden.

Das ist aber auch nur dadurch möglich, weil wir in Österreich seit Jahrzehnten eine konsequente nachhaltige Politik machen. So bedanke ich mich auch bei der Bundesre­gierung (Abg. Öllinger: „Danke! Danke! Danke!“), dass es wiederum möglich war, das 3-Milliarden-€-Paket für die Bauern sicherzustellen, weil sie diese Stabilität und Sicher­heit im Budget und für ihre tägliche Arbeit und ihre Planungen für Investitionen auch für die Zukunft brauchen werden: damit wir letztlich auch alle kofinanzierten Programme sicherstellen können, damit es ein Umweltprogramm gibt (Abg. Dr. Glawischnig: Ein Umweltprogramm, das Gentechnik fördert!), damit es eine Ausgleichszulage gibt, damit es Investitionsförderungen gibt, damit wir entsprechende Marktorientierungen vorneh­men können. Gerade auch in dieser erweiterten EU ist das, glaube ich, ein Gebot der


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Stunde. Wir können sagen, dass wir durch diese unsere Agrarpolitik und durch diese stabile Politik dieser österreichischen Bundesregierung Spitzenreiter sind, Europameis­ter sind: beim Umweltprogramm, im Biolandbau, und wir haben jetzt auch ein Öko­stromgesetz verabschiedet (Abg. Dr. Glawischnig: Und jetzt machen Sie es hin!), das viele neue Chancen für die Bäuerinnen und Bauern im Bereich der Stromproduktion aus Biomasse und Biogas bietet. (Abg. Dr. Glawischnig: Und jetzt machen Sie es hin!)

Es gibt nun eine neue Biotreibstoffrichtlinie, wo wir vorbildhaft in Europa unterwegs sind: beginnend mit 2,75 Prozent, bis 2008 auf 5,75 Prozent! Es gibt auch neue Ab­satzchancen für die Bauern, es erfolgt aber auch die Schaffung von Arbeitsplätzen durch die Nutzung heimischer Potentiale und neuer Technologien. Das ist, glaube ich, wirklich ein nachhaltiger, richtiger Weg, der auch im Budget entsprechend berücksich­tigt wird. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Aufschwung durch Ent­lastung – und nicht Abschwung durch Belastung, sondern Aufschwung durch Entlas­tung, meine Damen und Herren (Beifall bei der ÖVP) –: um die Wettbewerbsfähigkeit unserer österreichischen Unternehmen sicherzustellen, beispielsweise für unsere bäu­erlichen Unternehmer mit dem Agrardiesel internationale Wettbewerbsfähigkeit herzu­stellen, Entlastung für die Familien, Entlastung für die Pendler, Standortsicherung durch Senkung der KöSt – BMW, Magna und viele andere Beispiele sind genannt worden.

Ich sage das als jemand, der aus einer Region kommt, wo Sie, meine Damen und Her­ren von der SPÖ, jahrzehntelang Arbeitsplätze vernichtet haben, nämlich in der Ober­steiermark, in einer Krisenregion, die heute eine Zukunftsregion wird durch die Sen­kung der KöSt (Abg. Dr. Gusenbauer: Reden Sie doch nicht so einen Unsinn!) – Bei­spiel: Pöls, Herr Kollege Gusenbauer. (Abg. Dr. Gusenbauer: Reden Sie nicht so einen Blödsinn!) – Schauen Sie es sich an, wenn Sie das nicht glauben: Sicherung von 300 Arbeitsplätzen, Schaffung von 60 neuen Arbeitsplätzen durch Neuinvestitionen, die der neue Eigentümer in Pöls tätigt, und für die heimische Forstwirtschaft ab nächstem Jahr 500 000 Festmeter mehr Absatz an Industrieholz (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen) – und insgesamt eine Auswirkung für 5 000 bis 6 000 Menschen in dieser nun Zukunftsregion, wo Sie lange Jahre dafür Verantwortung ge­tragen haben, dass es eine Krisenregion war, meine Damen und Herren von der SPÖ!

Eines ist klar: Wir entlasten – Sie belasten. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glo­ckenzeichen.) – Ich komme schon zum Schlusssatz, Frau Präsidentin. – Wir stehen für belebte Regionen, wir stehen für volle Fabrikshallen, wo Menschen Arbeit finden – Sie stehen für leere Fabrikshallen mit einer hohen Arbeitslosenzahl! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

12.47

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Brou­kal zu Wort. 4 Minuten Redezeit. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Grillitsch – die Tafel mit der Aufschrift „Aufschwung durch Entlastung“ vom Rednerpult, an welches Abg. Broukal tritt, entfernend –: Das müssen wir jetzt wegtun, denn da stünde jetzt „Ab­schwung“ oben!)

 


12.47

Abgeordneter Josef Broukal (SPÖ): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich verstehe, dass Kollege Grillitsch sich freut: die ÖVP hat ja immer ein sehr offenes Herz für die Bauern gehabt. (Demonstrativer Beifall und Bravorufe bei der ÖVP.) – Wir würden uns wünschen, dass auch andere Bevölkerungsgruppen gleicher­maßen gut bedient würden.


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In der Budgetrede Ihres Finanzministers – ich darf ihn ja schon „Ihren“ Finanzminister nennen – ist eine ganze Seite den Bauern beziehungsweise der Landwirtschaft gewid­met, und ich frage Sie jetzt: Wie viele Seiten wohl der Universität und der Forschung? Eine Seite? Eine halbe Seite? Eine Viertelseite? – Sieben Zeilen von 800 Zeilen Budgetrede beschäftigen sich mit den Universitäten! Das ist der Stellenwert, den Sie der Forschung und den Universitäten dieses Landes geben! (Abg. Dr. Lopatka – die gedruckte Fassung der Budgetrede in die Höhe haltend und auf eine aufgeschlagene Seite weisend –: Seite 17! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Aber es ist ja auch klar: Sie haben keine guten Nachrichten für die Universitäten – aber die Redlichkeit, ihnen reinen Wein einzuschenken (weitere Zwischenrufe bei der ÖVP – Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen), die haben Sie auch nicht.

Meine Damen und Herren! Auch wenn Sie noch so schreien (anhaltende Zwischenrufe bei der ÖVP – Präsidentin Mag. Prammer gibt neuerlich das Glockenzeichen): Auch Sie lesen jeden Tag Zeitung, auch Sie hören jeden Tag Radio, auch Sie sehen jeden Tag fern, und Sie sehen, in welcher existentiellen Krise sich Österreichs Universitäten befinden. Die Universitäten, ihre Rektoren schreien um Hilfe: Sie können einfach nicht mehr weiter.

Tausende Studenten warten in diesen Tagen darauf, dass sie ihre Prüfungen ablegen können, weil es zu wenige Lehrerinnen und Lehrer gibt. (Zwischenrufe der Abgeord­neten Hornek und Schöls. – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP. – Präsidentin Mag. Prammer gibt neuerlich das Glockenzeichen.) Tausende Studenten zahlen Studiengebühren, obwohl die Universität für sie kein Angebot bereit hält. (Abg. Jakob Auer – die gedruckte Fassung der Budgetrede in die Höhe haltend –: Eineinhalb Seiten! – Abg. Amon: Eineinhalb Seiten!) Tausende Studenten finden in überfüllten Hörsälen keinen Platz. Universitätslehrer mieten auf eigene Kosten Räume in Volks­hochschulen! (Weitere anhaltende Zwischenrufe.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich ersuche um Ruhe! Es geht ansonsten auf Kosten der Zeit auch der Redner und Rednerinnen, die noch vor 13 Uhr zu Wort kom­men möchten.

 


Abgeordneter Josef Broukal (fortsetzend): Frau Präsidentin! Es hätte mich nicht gestört, es ist eine ewige Wiederholung desselben. Ich meine, ich habe stundenlange Sondersendungen gemacht, ich werde auch mit Ihrer Schreierei zurechtkommen. (Zwischenbemerkung von der Regierungsbank: Aber wir sind hier im Parlament und nicht im ORF!) Ja, wir sind im Parlament, und der Unterschied ist wohl, dass man hier länger ungestraft Halbwahrheiten sagen kann als in einer Nachrichtensendung. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Scheibner: Ja, Sie! Sie!)

Die Rektoren der Universitäten – damit wir Ihnen wieder ein paar Wahrheiten präsen­tieren – sagen uns allen: 100 Millionen € fehlen ihnen für neue Forschungsgeräte, die benötigt werden, denn sonst fallen wir in der Forschung noch weiter zurück.

Ich habe heute Vormittag mit dem Rektor der Technischen Universität in Wien, Herrn Professor Skalicky, gesprochen, der nach einem Herzinfarkt wieder in Genesung begriffen ist – ich möchte ihn an dieser Stelle herzlich grüßen und ihm alles Gute wün­schen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Neudeck: Wer hat noch Geburtstag? Wen lassen Sie noch grüßen?)

Seine Nachrichten, was die Universität betroffen hat, waren freilich ernüchternde: Eine Spitzenprofessorin aus den USA, Frau Professor Diebold, hat nach einem Monat gekündigt und ist wieder zurückgefahren, weil die TU in Wien nicht imstande war, ihr jene Laborausrüstung zur Verfügung zu stellen, die sie für ihre Spitzenforschung ge­braucht hätte. Ein anderer Professor aus Heidelberg konnte bleiben – und wissen Sie,


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warum? – Weil zwei private Sponsoren die halbe Million € aufgebracht haben, die er brauchte, um wissenschaftlich weiterarbeiten zu können. (Abg. Kopf: Ja super!) Ich nenne Ihnen die Namen gerne: Es waren Siemens Österreich mit Generaldirektor Hochleitner, und es war die Stadt Wien mit Bürgermeister Häupl. (Abg. Mag. Molterer: Was ist da schlecht?) – Aber so weit ist es heute gekommen: dass die Universitäten betteln gehen müssen, wenn sie Professoren Arbeitsmöglichkeiten bieten wollen! (Bei­fall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Sie haben in der Uni-Politik, wie in so vielen Bereichen, viel versprochen und nichts gehalten. – Die SPÖ richtet an die Studierenden, an die UniversitätslehrerInnen und an die Angestellten der Hohen Schulen heute eine klare Botschaft:

Wir versprechen hier und heute: Wir geben den Universitäten das Geld wieder zurück, das Sie ihnen zu Unrecht genommen haben, das Geld, das sie brauchen, um ordent­lich arbeiten zu können. Wir geben den Studenten wieder eine Uni zurück (Abg. Dr. Partik-Pablé: Redezeit!), an der sie mit Freude studieren können, und wir geben den akademischen Lehrerinnen und Lehrern wieder eine Berufsperspektive in Lehre und Forschung. (Präsidentin Dr. Prammer gibt das Glockenzeichen.) – Danke für Ihre Aufmerksamkeit! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

12.52

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Dr. Par­tik-Pablé zu Wort. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


12.52

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Meine Damen und Herren! Es gibt ein Zitat von einem sehr berühmten Dichter – Bert Brecht –, das scheint mir wirk­lich sehr geeignet zu sein für diese Situation. Ich muss es ein bisschen abwandeln, und zwar:

„Die Kritiker dieser Epoche“ – ich sage: Die Kritiker dieser Bundesregierung – „gleichen Essern mit verdorbenen Mägen. Sie beschränken sich auf das Schlürfen von Details.“

Und das passt: Verdorbene Mägen haben Sie von der SPÖ – im übertragenen Sinn –, weil Sie nicht darüber hinwegkommen, dass Sie nicht mehr in der Regierung sind (Abg. Dr. Cap: Ewald Stadler!), und die Grünen sind frustriert deshalb, weil sie noch nicht in der Regierung sind – das zehrt an ihren Nerven. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Dr. Glawischnig: ... überhaupt nicht frustriert! – Abg. Dr. Gusenbauer: Die Bundesregierung wird von der Frau Abgeordneten mit dem Kom­munismus verglichen!)

Was Ihre Kritik anlangt, meine sehr geehrten Damen und Herren: Sie sehen nicht das Ganze, Sie sehen nicht die umfassende Reform, den Reformprozess, der notwendig war – den Sie nämlich nicht gemacht haben, als Sie 30 Jahre lang in der Regierung waren. Der Reformprozess ist notwendig, um den Wohlstand zu sichern, um unser Gesundheitssystem zu sichern! (Abg. Dr. Gusenbauer: Die Frau Abgeordnete setzt die Bundesregierung mit dem Kommunismus gleich! Sehr interessant!)

Ihre Kritik beschränkt sich nämlich nur auf allgemeines Miesmachen und ein „Haxelbei­ßen“ – nichts anderes ist es! –, oder Sie vertiefen sich in Details, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Folgendes möchte ich Ihnen auch noch sagen: Diese Bundesregierung denkt nicht nur in Legislaturperioden (Rufe bei der SPÖ: „Nein!“) und schaut nicht nur, wie man am besten bis zur nächsten Wahl über die Runden kommen kann, sondern sie denkt in größeren Zeitspannen (Abg. Scheibner: Wir denken in Dekaden!) – im Interesse der Österreicher (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP): um die Pensionen zu sichern, um der Jugend eine Chance zu geben. Das sind die wichtigen Aspekte, Lang-


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zeitaspekte, dieser Bundesregierung – während Sie in Ihrer „Haxelbeißerei“ es immer auch mit der Wahrheit nicht so genau nehmen:

Beispielsweise hat Herr Abgeordneter Gusenbauer behauptet, die Steuerentlastung für die Unternehmer hätte mehr gekostet als jene für die Arbeitnehmer. – Das stimmt über­haupt nicht! 1,5 Milliarden für die Unternehmer – 1,5 Milliarden für die Arbeitnehmer (Abg. Mag. Wurm: Wie viele Personen sind Arbeitnehmer – und wie viele Unterneh­mer?), und zusätzlich 230 Millionen für die Familien, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Dr. Gusenbauer: Wo steht das? – Nicht in diesem Bezirk!)

Herr Abgeordneter Broukal! Halbwahrheiten, haben Sie heute gesagt, ließen sich hier so leicht sagen. – Ja, von Ihnen! Sie sagen ununterbrochen Halbwahrheiten! (Beifall bei Abgeordneten der Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Dr. Gusenbauer: Zeigen Sie nicht mit dem Finger da her!)

Gestern haben Sie Taferln hochgehalten, meine sehr geehrten Damen und Herren, auf denen gestanden ist: „Höchste Staatsverschuldung“. – Ich bewundere Ihre Kühnheit beziehungsweise Ihre Selbstverleugnung, denn vergessen Sie, welchen Schulden­stand Sie uns hinterlassen haben? – 133 Milliarden, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die SPÖ unter einem sozialistischen Finanzminister hat täglich 140 Millionen Schilling Schulden gemacht! (Abg. Dr. Glawischnig: Seien Sie fair!) Die Zinsenlast war unerträglich! (Ruf bei der SPÖ: Unerträglich: Halbe Wahrheit!)

Herr Gusenbauer hat heute gesagt, jeder, von der Wiege bis zum Großpapa, ist mit 15 000 € belastet. – Denken Sie doch einmal daran, wer uns diesen Schuldenstand hinterlassen hat, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Abg. Dr. Gusenbauer: Jetzt sind es schon 19 000!) Als wir in die Regierung gekommen sind, waren wir Schlusslicht in der EU, was das Budget betrifft; jetzt haben wir uns in das Mittelfeld vorgearbeitet. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Das Ziel dieser Regierung ist: Weniger Schulden (Abg. Dr. Gusenbauer: Schulden-Karli“! „Schulden-Karli“!), weniger Zinsendienst, Stärkung des Unternehmertums, Stär­kung der Einkommen, insbesondere der Bezieher niedriger Einkommen – und das alles bei stabilen Staatsfinanzen, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Abg. Dr. Gusenbauer: Rekord-Defizit!)

Ich verstehe es nicht: Warum fällt es Ihnen so schwer, all diese positiven Dinge, die im Interesse der Österreicher sind, auch anzuerkennen? (Abg. Dr. Gusenbauer: Weil das alles nicht stimmt! Alles falsch!) – Sie müssten doch eigentlich mit uns froh sein, dass es den Österreichern gut geht, dass wir so gute Daten haben. Bekehren Sie sich ein­mal zu einer positiven Aussicht! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

12.56

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Sburny zu Wort. 4 Minuten Redezeit. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


12.56

Abgeordnete Michaela Sburny (Grüne): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Sehr geehrte Herren auf der Ministerbank! Eine zentrale Beschwörungsformel dieser Regierung ist die Frage nach der Senkung der Abgabenquote – bei jeder Rede kommt das vor. Das Einzige, worum es geht, ist die Senkung der Abgabenquote (Abg. Mag. Molterer: Nicht das Einzige!), um angeblich das Wirtschaftswachstum zu fördern und damit alle mehr zum Leben haben.

Faktum ist nur leider, dass die Senkung der Abgabenquote oder die Höhe per se ein­mal mit Wirtschaftswachstum überhaupt nichts zu tun haben: Es ist nicht gesagt, dass,


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wenn man weniger Steuern zahlt, a) der Rest besser verteilt ist und b) die Wirtschaft deswegen wächst. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenruf des Abg. Kopf.)

Es gibt dazu ein paar ganz interessante Beispiele aus Skandinavien, die Sie sicher kennen, die Sie nur hier – wie so viele Dinge – einfach nicht sagen, weil es Ihnen nicht in den Kram passt.

Am Beispiel Schweden: Schweden hat eine Abgabenquote von – man höre und stau­ne – 50,7 Prozent (Abg. Mag. Molterer: Wollen Sie das?) und 2,8 Prozent Wachstum – das heißt: 1 Prozent mehr. (Abg. Mag. Molterer: Wollen Sie das? – Sie wollen eine höhere Abgabenquote, und Van der Bellen macht ...!) Ich sage nur, dass es nichts mit Wirtschaftswachstum zu tun hat. – Ich will, dass es ein höheres Wirtschaftswachstum gibt, und das hat ganz offensichtlich nichts mit der Höhe der Abgabenquote zu tun, weil es nämlich auch bei hohen Abgabenquoten hohes Wachstum gibt. (Beifall bei den Grü­nen.)

Schweden hat darüber hinaus, und das ist mir noch viel wichtiger, höhere Bildungsaus­gaben – das sind Investitionen in die Zukunft –, Schweden hat eine wesentlich höhere Frauenbeschäftigung, und Schweden hat ein flächendeckendes Kinderbetreuungssys­tem (Abg. Dr. Glawischnig: ... höhere Geburtenrate! – Ruf bei der SPÖ: Die Frauen arbeiten!) – und das ist das, was Sie, Herr Kollege Kopf, als „moderne Sklaverei“ be­zeichnen. Diese Zustände bezeichnen Sie als „moderne Sklaverei“: eine hohe Abga­benquote (Abg. Kopf: Der Staat nimmt mir und gibt mir das, was er glaubt, dass ich brauche!), die allerdings zu flächendeckenden Kinderbetreuungseinrichtungen führt – diese sind aus Ihrer Sicht „moderne Sklaverei“ –, eine hohe Frauenarbeitsquote ist „moderne Sklaverei“, wenn es nach Ihnen geht, hohe Bildungsausgaben sind „mo­derne Sklaverei“. – Das ist das, was Sie gesagt haben. (Abg. Kopf: Das habe ich nicht gesagt!)

Ich werde Ihnen sagen, was „moderne Sklaverei“ ist, wenn es nach mir geht: Das ist nämlich Ihre Politik, die Frauen wieder zurück an den Herd zwingt (Beifall bei den Grü­nen und bei Abgeordneten der SPÖ), die Rahmenbedingungen schafft, unter denen Frauen nicht genug Einkommen haben, weil sie nämlich keine Vollzeit-Arbeitsplätze mehr bekommen und daher ihre Pensionen auch nicht entsprechend finanzieren kön­nen. Ihre Politik führt dazu, dass Frauen wieder in zunehmende Abhängigkeit geführt werden – und das nenne ich „moderne Sklaverei“! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Es ist also völlig unsinnig, die Höhe der Abgabenquote quasi heilig zu stellen (Abg. Dr. Cap: Selig! Heilig kommt später!) – Sie machen hier dasselbe, wie Sie es mit dem Nulldefizit gemacht haben. Sie haben gesagt: Nulldefizit ist heilig, dann wird alles wie­der besser werden. Dasselbe machen Sie jetzt mit der Abgabenquote. Und Sie werden in ein paar Jahren draufkommen, dass es auch mit der Abgabenquote nicht stimmt: dass es nämlich durchaus Sinn haben kann, eine gewisse Abgabenquote in einer gewissen Höhe zu haben. Die Frage ist nämlich nur, wie Sie sie verwenden. – Und das ist der große Streitpunkt zwischen uns: Wie verteilen Sie denn die Einnahmen, die Sie hereinbekommen, um?

Was Sie machen, ist Folgendes: Sie senken die Abgabenquote, „entlasten“ – unter Anführungszeichen – zum Beispiel in sehr hohem Ausmaß Kapitalgesellschaften, aber Sie schauen nicht: Wer leidet darunter? (Abg. Dr. Cap: Alle Arbeitnehmer!)

Leiden tut in Österreich momentan in erster Linie die Bildung, die Universität. Und wenn Sie sich – was Sie ja vermutlich getan haben – das Budget anschauen (Abg. Dr. Cap: Tantalos!), dann werden Sie sehen, dass 2005 nicht mehr, sondern weniger Ausgaben sowohl für das Kapitel „Bildung und Kultur“ als auch für das Kapitel „Univer­sitäten“ vorgesehen sind.


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Sie könnten weiters feststellen, dass die Entlastung zum Beispiel der kleinen Betriebe gegenüber den Kapitalgesellschaften ein wirklicher Mini-Mini-Mini-Punkt ist. (Abg. Kopf: 80 Prozent der GesmbHs haben weniger als 20 Beschäftigte!)

Wenn Sie mit den Leuten reden, dann werden Sie merken, dass die das ganz genau wissen und nicht auf Ihre großartigen Reden hereinfallen. Was man sicher sagen kann, ist, dass Sie mit diesem Budget vielleicht gute Klientel-Politik machen, aber ganz sicher nicht eine gerechte und wachstumsfördernde Politik fördern. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

13.01

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Dr. Lo­patka zu Wort. Herr Abgeordneter, Ihre freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

 


13.01

Abgeordneter Dr. Reinhold Lopatka (ÖVP): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bei meiner Vorrednerin ist wieder einmal sehr klar geworden, dass es große Auffassungsunterschiede darüber gibt, welche Position der Staat haben soll und welche der einzelne Staatsbürger. Wir sind der Auffassung, dass der einzelne Staatsbürger in seiner Geldtasche möglichst viel haben soll, und der Staat nur das Notwendige. Wir wollen keine Taschengeldgesellschaft, in der der Staat bestimmt, was wir machen dürfen. Das ist der große Unterschied! (Beifall bei der ÖVP und bei Abge­ordneten der Freiheitlichen. – Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn übernimmt den Vorsitz.)

Je höher die Abgabenquote, Herr Professor Van der Bellen, umso mehr Geld ist in der Verfügungsgewalt des Staates und umso weniger kann der Einzelne bestimmen. (Abg. Sburny: Die Frage ist nur, wie Sie es verwenden! Wenn Sie es für Kinderbetreuung und Arbeitsplätze verwenden, ist es ja ...!) Wir wollen nicht auf dem Weg zu einer Taschengeldgesellschaft sein. Wir wollen den selbstbestimmten, den eigenbestimmten Menschen. Das sind eben ideologische Unterschiede! Und das ist der Grund dafür, warum für uns eine Senkung der Abgabenquote der richtige Weg ist und wir nichts Gutes daran finden, die Abgabenquote zu steigern. (Beifall bei der ÖVP und bei Abge­ordneten der Freiheitlichen.)

Was mir aber vor allem bei der SPÖ aufgefallen ist, ist – und das ist heute wieder ganz klar zum Vorschein gekommen –, dass sie überhaupt kein Konzept hat, nicht einmal ansatzweise, weder ein finanz- noch ein wirtschaftspolitisches. Und wenn man sich die Reden von Cap – heute in der Früh – über Gusenbauer bis zu Matznetter angehört hat, dann merkte man natürlich schon sehr deutlich, dass Sie von der SPÖ sehr, sehr stark verunsichert sind, denn noch im Sommer klang das, was Budget- und Wirtschaftsspre­cher Matznetter auf den Tisch gelegt hat, sehr vollmundig. Heute aber wollte er – wenn man genau hingehört hat! – zuerst gar nicht zum Budget reden, sondern er hat die Heizkostendebatte von gestern fortgesetzt, so unangenehm war es ihm in Wirklichkeit, hier zum Budget Stellung nehmen zu müssen.

Was hat nämlich Matznetter für die SPÖ – und ich nehme an, dass er, wenn er Budget- und Wirtschaftssprecher ist, für die SPÖ spricht – der „Kronen Zeitung“ gegenüber sehr klar gemacht? – Dass er für eine neue Belastungswelle ist! Dass er für neue Steuern ist! Und wieder einmal musste ein Finanzminister, der ebenfalls dafür bekannt war, dass er nicht zimperlich war, wenn es um Steuererhöhungen gegangen ist, nämlich Hannes Androsch, ausrücken, um seine SPÖ zu warnen. Er hat schon im Sommer vor einem Putsch gewarnt, vor einem Putsch von Vranitzky und anderen gegen Gusen­bauer. Er war auch jetzt derjenige, der – ich zitiere ihn wortwörtlich – gemeint hat:


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„Ich kann die Kollegen“ der SPÖ „nur warnen vor Ideen wie der Wiedereinführung der Gewerbekapital- oder der Vermögenssteuer. Das trifft auch Sparer und Häuslbauer.“ – Zitatende. (Abg. Mag. Molterer: Recht hat er! – Abg. Kopf: Da hat er Recht!)

Das waren Ihre Ideen im Sommer. Danach ist Matznetter dazu befragt worden, und was sagte er dazu in „NEWS“? – Es gebe unterschiedliche Auffassungen darüber, wie klar er, Matznetter, in der Opposition aussprechen solle, was er in der Regierung vor­habe. (Abg. Mag. Molterer: Ah! Ah so? – Ruf bei der ÖVP: Aber er kommt nicht in die Regierung! – Abg. Kopf: Das ist ja eine Gefahr ..., aber die Gefahr ist real nicht so groß!)

Also: Es ist ganz klar, dass er etwas vorhat in der Regierung – und das ist der große Unterschied zwischen uns und der SPÖ!

Meine Vorredner haben schon deutlich gemacht: Unser oberstes Ziel ist es, zu ent­lasten, bei Ihnen von der SPÖ sind natürlich, wenn auch in der Schublade versteckt, immer wieder Belastungen zumindest im Hinterkopf. Klar wird das, und Klubobmann Molterer hat das heute schon zitiert, durch Ihre Ausdrucksweise, wenn Ihr Parteivorsit­zender Gusenbauer das große Ziel, in die Nähe eines Nulldefizits zu kommen, dieses Nulldefizit sogar zu erreichen, als etwas Absurdes, als etwas völlig Abstruses hinstellt.

Ihre Widersprüchlichkeit zeigt sich ja in den verschiedensten Bereichen. Gestern ha­ben Sie noch beklagt, dass unsere Familien, vor allem Mehrkinderfamilien, armutsge­fährdet seien. Gleichzeitig beschwert sich Ihr Wiener Bürgermeister – und er ist ja nicht irgendwer in der SPÖ! – über die zu hohe Familienförderung, die wir seines Erachtens in Österreich haben. Ich darf ihn zitieren, er sagte:

Wenn man sich die Familienförderung in Österreich anschaut, dann ist das mit Abstand die größte, die es in Europa gibt. – Bravo! Sehr gut!, kann ich nur sagen. (Beifall bei der ÖVP.)

Aber sein nächster Satz lautete: Man muss aber überlegen, ob man die hohe Familien­förderung in Österreich beibehalten soll oder nicht damit aufhört und stattdessen eine Steuersenkung macht. – Zitatende.

Meine Damen und Herren! Wir machen beides: Wir haben die hohe Familienförderung, und wir senken die Steuern. Das ist der große Unterschied zu Ihnen. Sie können noch so lautstark schreien, Frau Kollegin Hosek, das laute Schreien bringt den Frauen nichts. Das aber, was wir hier mit der Steuerreform machen, bringt den Frauen sehr viel. (Zwischenruf der Abg. Csörgits.)

Ihnen sei abschließend gesagt – Sie kommen ja nachher noch zu Wort –: Wenn eine allein erziehende Mutter mit zwei Kindern und einem Durchschnittseinkommen von 1 300 € brutto in Hinkunft 862 € weniger an Steuern zahlt, dann ist das etwas Messba­res, dann ist das etwas, woran auch wir und unsere Politik gemessen werden können. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Csörgits: Dann vergesst ihr, was ihr zusätzlich an Belastungen gemacht habt!)

13.06

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner ist Herr Abgeordneter Eder zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


13.07

Abgeordneter Kurt Eder (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Herren auf der Regierungsbank! Kollege Lopatka, ich glaube, wir brauchen nicht zu schreien, wir können ohne weiteres in einen normalen Dialog eintreten. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Es war interessant – Sie brauchen auch nicht zu schreien, auch wir können, glaube ich, normal reden –, dass Sie zum Budget selbst nicht allzu viel gesagt haben.


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Was für mich sehr interessant war, Kollege Lopatka, ist, dass Sie sich sehr mit den Programmen der Sozialdemokraten beschäftigen, denn gerade zu diesen haben Sie heute Ihre Rede gehalten. Wenn Sie meinen, es gibt zu wenig oder keine Programme, dann kann ich Ihnen sagen: Es gibt ein Wirtschaftsprogramm, es gibt ein Infrastruktur­programm, es gibt ein Gesundheitskonzept, es gibt ein Pensionsprogramm, es gibt bei uns Programme für alle Politikfelder. Und es freut mich, wenn sich Herr Lopatka mit diesen Programmen beschäftigt.

Wenn Sie, Kollege Lopatka, aber sagen, die ÖVP sei die Partei, die die Bevölkerung entlastet, dann muss man schon auch einmal die Wahrheit sagen und festhalten, dass allein zwischen 2000 und 2002 mehr als 40 Steuern und Gebühren erhöht wurden und seit 2003 weitere 13 zusätzliche Belastungen über die Bevölkerung hereingebrochen sind, sodass das, was man jetzt hier als Steuerreform verkaufen will, indem man ver­kündet, was alles die Leute zurückbekommen würden, nicht einmal ein Klacks im Vergleich zu dem ist, was sie vorher belastet wurden. Also im Saldo sind die Leute wesentlich mehr belastet, als sie das jemals während einer anderen Regierung in Österreich waren.

Ich darf auch zu Herrn Vizekanzler Gorbach eine Anmerkung machen. – Herr Vize­kanzler, mir ist da etwas aufgefallen. Sie haben gemeint, seit 1999 gebe es um 50 000 Unternehmen mehr als vorher, und das freue Sie sehr. (Abg. Kopf: Das ist richtig!) – Man muss das aber hinterfragen. Ich hoffe nicht, dass da auch einzelne Chauffeure als Unternehmer geführt werden, die nicht einmal selbst wissen, dass sie LKW-Chauffeure sind, und ebenfalls bei diesen 50 000 enthalten sind.

Mit diesen Zahlen sollte man also vorsichtig sein. Wenn das Unternehmen sind, stim­me ich mit Ihnen überein! Wenn es aber solche Dinge sind, sollte man das einmal aus den 50 000 herausrechnen. Ich schätze, da sind einige Hundert oder Tausend schon dabei.

Zu dem, was Minister Bartenstein hier gesagt hat, nämlich dass es 55 Kilometer neue Autobahnen gibt, dass die Semmering-Querung jetzt eröffnet worden ist – dazu sage ich dann noch etwas –, die Pyhrn Autobahn und die A 6 Spange Kittsee fertig gestellt werden. – Das ist alles okay! Aber über die Bundesbahn hat der Herr Wirtschaftsminis­ter kein Wort verloren, und das ist auch bezeichnend. Ich will das nur einmal so als ein Schlaglicht hier feststellen.

Ich darf aber auch daran erinnern, dass diese Regierung mit allen möglichen Verspre­chen angetreten ist. Ich denke da an die Plakate der Freiheitlichen: Mieten senken! habe ich da gelesen; die Strompreise würden gesenkt, die Heizkosten würden gesenkt, keine neuen Schulden würden gemacht et cetera. All das ist nur Schimäre. In Wirklich­keit stimmt das nicht! Das Problem, das diese Regierung hat, ist: Sie spricht von dem einen und handelt anders. – Das muss sie sich einfach sagen lassen, weil es so ist.

Ich darf zum Budget noch einige Bemerkungen in der Richtung machen, dass zum Beispiel außerbudgetäre Schulden bisher überhaupt nicht erwähnt wurden. Allein wenn ich an die ASFINAG denke, die in etwa 8,5 Milliarden € Schulden hat, oder an die Ös­terreichischen Bundesbahnen, wo zwar jetzt herumstrukturiert wird und sehr viele neue Positionen geschaffen werden, wo es aber deswegen nicht weniger Schulden gibt – für all diese Schulden haftet natürlich die Republik! Das heißt, man muss sie zumindest auch in das Gesamtschuldensystem einbeziehen, dann wäre das gut.

Lassen Sie mich auch zur Verkehrspolitik noch eine Anmerkung machen, da vor­gestern – und ich freue mich auch darüber – der Semmering-Straßentunnel eröffnet wurde. Man muss aber auch dazusagen, dass die Bahn am Semmering sehr in den Hintergrund getreten ist. Ich höre aus der Direktion der Bundesbahnen, dass die Züge über den Semmering in Zukunft langsamer fahren müssen und weniger Tonnage über-


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nehmen können, weil die Viadukte immer brüchiger werden, aber derzeit keine Sanie­rungen vorgesehen sind, weil man nicht weiß, ob der Tunnel nicht doch kommt. (Zwi­schenrufe bei der ÖVP. – Ruf bei der ÖVP: Das sind ja Märchen, Herr Kollege! Das stimmt doch gar nicht!) Das heißt im Klartext: Es geschieht dort einmal nichts!

Und die Verkehrspolitik, wonach – und alle, die hier im Raum sitzen, betonen dies in allen Reden immer wieder – wir die zusätzlichen Güterbelastungen weg von der Straße hin zur Schiene bringen wollen, die ist Ihnen beim Semmering nicht gelungen! Da machen wir zurzeit eine völlig kontraproduktive Verkehrspolitik. (Zwischenrufe der Ab­geordneten Rädler, Dipl.-Ing. Missethon und Zweytick.) Ich hoffe aber, dass wir das gemeinsam wieder umpolen werden, und freue mich, wenn Sie da mithelfen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

13.11

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster ist Herr Abgeordneter Bösch zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


13.11

Abgeordneter Dr. Reinhard Eugen Bösch (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Vize­kanzler! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Eder, der Eintritt der FPÖ in die Bundesregierung im Jahre 2000 hat einen klaren Paradigmenwechsel in der Finanz-, Budget- und Wirtschaftspolitik erst möglich gemacht (Abg. Eder: Ja, das spüren die Leute!), nämlich den Paradigmenwechsel: Schluss mit der rot-schwarzen Schuldenpolitik! Dieser Paradigmenwechsel ist realisiert worden, meine Damen und Herren von der Opposition! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Dieser Paradigmenwechsel hat auch dazu geführt, dass sich diese Bundesregierung klare Prioritäten gesetzt hat. Die Priorität lautet: Wir sanieren – erstens – das Budget und entlasten – zweitens – den Bürger!

Beide Schwerpunkte, meine Damen und Herren, sind bereits umgesetzt worden. Wenn ich daran erinnern darf, dass diese Regierung im Jahre 2000 unter schwierigen Vor­aussetzungen ihre Arbeit beginnen hat müssen, nämlich Ihren Schuldenberg zu über­nehmen, ihn abzubauen und eine neue Politik zu machen, so ist diese Leistung bemer­kenswert. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wenn ich mir, meine Damen und Herren von der SPÖ, im Besonderen Ihre Wirt­schaftsprogramme ansehe, dann bin ich zuversichtlich, dass diese Bundesregierung so lange im Amt sein wird, dass es ihr auch noch gelingen wird, einen Budgetüberschuss zu erwirtschaften. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Diese Bundesregierung macht mit diesem Budget für das kommende Jahr, für das Jahr 2005, wieder klare Schritte in die richtige Richtung. Es wird ein über einen Kon­junkturzyklus hinweg ausgeglichener Haushalt sein. Wir senken die Steuer- und Ab­gabenquote bis zum Jahre 2010 auf 40 Prozent. Wir erhöhen die Ausgaben für For­schung, Bildung und Infrastruktur. Der Herr Vizekanzler konnte das ja schon in seinem Redebeitrag beeindruckend darlegen. Wir setzen die Reformen im Bereich der öffent­lichen Verwaltung fort, Strukturreformen und Einsparungen. Wir sichern die Pensionen, und wir machen Investitionen in die Infrastruktur unserer Republik.

Meine Damen und Herren! Gerade die Priorität in Forschung und Entwicklung ist eine sehr wichtige in dieser Bundesregierung. Und die Angriffe von Seiten der SPÖ, vor allem vom Kollegen Broukal, treffen hier sicherlich ins Leere. Die Entwicklung an den Universitäten ist eine immer wieder zu verfolgende, aber die Situation, die wir dort vor­finden, ist nicht in den letzten fünf Jahren entstanden, sondern über Jahrzehnte hinweg gewachsen. Und diese Bundesregierung hat gerade im Hinblick auf die Universitäten wichtige Schritte gesetzt, aber es werden nicht die letzten sein.


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Die Regierung erhöht das Pflegegeld ab 1. Jänner 2005 um 2 Prozent. Die Bildungs­ausgaben bleiben auf einem hohen Niveau. Pensionsreform und Harmonisierung wer­den umgesetzt, meine Damen und Herren. Wir führen die Verwaltungsreform weiter, und wir investieren in die Infrastruktur.

Auch mehr Geld für die Sicherheit im Gesamten wird es geben. Wir werden mehr als 4 Milliarden € für die innere und äußere Sicherheit einsetzen. Es wird eine Reform des gesamten Polizeiwesens geben, die mehr Sicherheit für die Bürger bringen wird, drau­ßen in den ländlichen Bereichen, aber auch in den Städten. Und wir investieren auch mehr in die Landsverteidigung, sodass dieses Budget ein Budget ist, das in die richtige Richtung weist. – Danke sehr. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.15

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Haidlmayr zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


13.15

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Da­men und Herren! Es ist irgendwie erstaunlich, dass Ihnen von den Koalitionsparteien schön langsam nichts mehr wirklich zu blöd ist (Ruf bei der ÖVP: Was, was, was?), dass die Grenze, dass Ihnen etwas zu blöd ist, anscheinend noch lange nicht erreicht wurde. (Zwischenruf des Abg. Wittauer.)

Ich kann mich erinnern, 2001 sind Sie mit dem Schutzschild der Behindertenmilliarde durch ganz Österreich gezogen und haben gesagt: Wir sind so gut, wir machen die Behindertenmilliarde! – Heute wissen wir, es hat nie eine Milliarde gegeben, sondern das waren einige hundert Millionen Schilling, aber von der Milliarde hat keiner etwas gesehen.

Dieses Versprechen, Herr Minister – und ich bitte Sie, dass Sie mir zuhören –, wurde nicht eingehalten. Es hat niemals eine Behindertenmilliarde gegeben. Und jetzt, heuer, ziehen Sie durch die Lande und sagen: Wir sind so gut, wir erhöhen das Pflegegeld um 2 Prozent! So gut sind wir!

Wissen Sie, wie viel das in Euro ist? Haben Sie sich das schon einmal durchgerech­net? Das sind 2,8 € im Monat (Rufe bei den Grünen: Wow!) für 60 Prozent der Pflege­geldbezieherInnen. (Abg. Sburny: Da geht sich für Frau Fuhrmann schon eine Wurst­semmel aus!) Das muss man einmal sagen, damit wir wissen, wovon wir reden. (Abg. Öllinger: Das ist eine Fuhrmann-Wurstsemmel! – Rufe bei den Grünen: Weniger!) – Nein, das ist eine halbe Fuhrmann-Wurstsemmel. (Heiterkeit bei den Grünen und der SPÖ. – Ruf bei der ÖVP: Seit der SPÖ nicht erhöht worden!)

Angesichts dessen trauen Sie sich, sich hinzustellen und zu sagen, wie gut und wie super Sie sind? – Also dass Ihnen das nicht zu blöd ist, das verstehe ich schön lang­sam nicht mehr! Ich verstehe es nicht mehr, und die behinderten Menschen in Öster­reich auch nicht. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich habe noch etwas läuten gehört, und zwar, dass Sie jetzt die Absetzbarkeit von Hilfsmitteln als außergewöhnliche Belastung planen und als Fortschritt darstellen. Also wenn man heute behindert ist und Hilfsmittel braucht, dann kann man das als außerge­wöhnliche Belastung in der Steuererklärung absetzen.

Wissen Sie, was das ist, Herr Minister? – Das ist eine Drohung, die Sie da für uns aus­sprechen. Erstens einmal sind 80 Prozent der Pflegegeldbezieher in der Einkommens­grenze so weit darunter, dass sie nie eine außergewöhnliche Belastung in der Steuer geltend machen können (Bundesminister Mag. Grasser: Also Sie wollen es nicht!?), und zweitens, Herr Minister: Was hieße denn das? – Es würde nichts anderes bedeu­ten, als dass uns gedroht wird: Freunde, macht euch darauf gefasst, zieht euch warm


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an, denn wir werden die Hilfsmittelpreise erhöhen, aber einen Teil könnt ihr euch ja über die Steuer wieder zurückholen – was aber wiederum im Endeffekt nicht möglich ist, wenn man keine Steuer zahlt!

Herr Minister, wir haben schon so oft – über parlamentarische Anfragen – korrespon­diert. (Bundesminister Mag. Grasser: Das stimmt!) Wenn Ihnen das Kapitel der Ab­setzbarkeit von behinderungsbedingten Aufwendungen wirklich ein Anliegen wäre, dann müssten Sie die Negativsteuer einführen, denn dann würden auch jene, die keine Steuer zahlen, die sich aber auch Prothesen um Tausende von Euro kaufen müssen, das Geld zurückkriegen! (Beifall bei den Grünen.)

Aber das über die außergewöhnliche Belastung zu machen, halte ich für absolut zynisch. Herr Minister, da kann ich Ihnen nicht helfen, so ist das einfach!

Herr Minister, wissen Sie, was ich für ein Gefühl habe? Ich komme ja selber aus der Buchhaltung – ich habe natürlich nicht so eine hohe Bildung wie Sie, aber das ist in diesem Fall kein Nachteil. Manchmal habe ich, wenn ich mir Ihre Budgetzahlen an­sehe, das Gefühl, dass das so ist, wie wenn sich da jemand am Freitag hinsetzte und seine Lottozahlen schriebe. Da schreibe ich nämlich etwas hin, von dem ich mir vom Gefühl her denke, dass es passen könnte. Ob es wirklich passt, sehe ich in diesem Fall zwei, drei Tage später. Bei Ihnen sieht man es – unter Umständen – ein Jahr später.

Herr Minister, das ist kein Budget! (Abg. Dr. Partik-Pablé: Das ist keine Analyse!) Ich erwarte mir, dass Sie Zahlen vorweisen, die absolut der Realität entsprechen, und nicht irgendwelche Phantasiezahlen, und dass Sie dann nicht wieder draufkommen: Mir fehlt ja eine Milliarde! Kann mir jemand sagen, wo die geblieben ist? (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Das ist peinlich!)

13.19

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Brinek zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


13.20

Abgeordnete Dr. Gertrude Brinek (ÖVP): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Herr Bun­desminister! Meine geschätzten Damen und Herren des Hohen Hauses! Ich möchte ein paar Klarstellungen treffen, weil ich den Eindruck habe, dass einige meiner Vorred­ner weder die Budgetrede gehört noch die Budgetunterlagen studiert haben, und zwar Klarstellungen im Hinblick auf Schule, Fachhochschule, Universität.

Die Herausforderungen liegen in der Wissensgesellschaft. Darüber sind wir uns einig. Die Bundesregierung verfolgt dieses Ziel. Dies sehen Sie auch, wenn Sie die Bud­getzahlen nachlesen. Ich bringe gleich eine Universitätszahl: Im Schnitt 6 Prozent Steigerung 2004, für die Uni Wien 11 Prozent. Das kann man nicht als Rückschritt be­zeichnen. Das sind empirische Fakten und Zahlen, die man berücksichtigen muss. In vielerlei Hinsicht ist das Universitätsgesetz 2002, wie schon vom Herrn Vizekanzler für die Gesamtbudgetpolitik zitiert, ein Showcase. Das heißt, europäische Universitäten schauen auf das österreichische Gesetz und sagen, es ist strukturell und in vielerlei Hinsicht ein Vorbild.

Es gelingt einigen Leuten immer wieder, den Eindruck zu vermitteln, als würden wir nicht in diese Richtung unterwegs sein. Ich sage es von hier aus auch in Richtung des Kollegen Broukal, dass es ihm nicht gelingen wird, die Universitäten schlecht zu reden. Mit einer nur bedingten Glaubwürdigkeit, weil in der Sache offenbar nicht wirklich zu Hause, macht es nicht sehr viel Sinn, in negativen Superlativen hier Menetekel an die Wand zu malen. Vielleicht ist es einmal angemessen, wissenschaftlich redlich zu argu­mentieren, wenn wirklich einmal die Alarmzeichen auf Rot stehen. Dann müsste ich mit


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strengen Worten, mit massiven Zahlen und massiven Vokabeln kommen. Dann wird keiner mehr hören.

Die Tatsache, dass wir im Voranschlag 2005 und 2006 weitere Steigerungen für die Universitäten vorgesehen haben, dass wir jetzt schon für Forschungsinfrastruktur 18 Milliarden zusätzliche Mittel vergeben haben, heißt: Möglicherweise waren die von ihm angesprochenen Beispiele nicht im Prioritätenkatalog. Das gilt für einzelne Fakul­täten, das gilt für einzelne Studienrichtungen, die sich schon Jahre hindurch in negati­ven Superlativen üben und offenbar in dem Bereich, wo sie selbst handeln hätten können, nicht gehandelt haben.

Ich bringe Ihnen ein positives Beispiel – ich habe mich sehr gefreut –: die UNI-Beilage der „Kleinen Zeitung“. Jetzt geht es los! Fünf steirische Universitäten strengen sich an, stellen sich auf die Hinterfüße, jammern nicht, sondern formulieren ein Ziel: Und wann gibt es wieder den Nobelpreis? Initiativen können auf ein und derselben strukturellen, gesetzlichen und budgetären Basis gesetzt werden. Ich bin für das positiv motivierte Handeln, so wie es die Bundesregierung mit dem Voranschlag auch tut.

Ich komme zu weiteren erfreulichen Zahlen. Der Bundesvoranschlag 2005 und 2006 sieht auch für die Schulen eine massive Steigerung vor, etwa – familienfreundlich, frau­enfreundlich – Nachmittagsbetreuungsangebote, 20 Prozent Steigerung. Die Geldmittel für 8 000 Schüler in maturaführenden Schulen werden gesteigert. Für den Bereich Kul­tur stehen 2005 rund 5,9 Milliarden € zur Verfügung. Das ist eine Steigerung um 2 Pro­zent gegenüber 2004. Das mag bescheiden anmuten, in anderen Bereichen wird dies nicht erreicht. Von Sondermitteln möchte ich gar nicht reden.

Ich verweise noch einmal auf den Fachhochschulentwicklungsplan III. Hier hat sich die Bundesregierung zusammen mit dem Hohen Haus – denn wir haben die Verabschie­dung schon vorgenommen – das Ziel gesetzt, die Zahl von 30 000 Studienplätzen zu erreichen. Wir liegen jetzt bei etwa 22 000. – Das ist eine erfolgreiche Bilanz, die mit der Reservierung, mit der Disponierung von weiteren Mitteln zur Finanzierung von Stu­dienplätzen eine weitere Sicherstellung erfährt.

Sicher ist anzusetzen in Sondersituationen im Bereich der Universität: Gerichtsmedizin, Chemie, Wirtschaftsuniversität. Es werden auch im Zusammenhang mit den europäi­schen Entwicklungen etwa für das 7. Rahmenprogramm Forschungsinfrastrukturmittel lukriert werden können, um weiter – nach einer Prioritätenliste und nicht nach dem Prinzip der Gießkanne – dort zu helfen und zu investieren, wo zu investieren ist. Viele Universitäten – ich kenne das aus eigenen Gesprächen und Erfahrungen – haben gesagt: Erst mit der Eröffnungsbilanz haben wir gesehen, was an Infrastrukturdefiziten da ist und wo investiert werden muss.

Meine Damen und Herren! Nicht schlecht reden, sondern gut handeln, gut disponieren, sorgfältig planen und budgetieren und dann gut kommunizieren und sich nicht in Schlechtrederei üben – das ist mein Ansatz, und damit werden wir sicher Erfolg ha­ben. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Öllinger: Der Ansatz wäre ja vernünftig!)

13.24

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer tatsächlichen Berichtigung zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Brosz. – Bitte.

 


13.25

Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne): Herr Präsident! Herr Finanzminister! Herr Vize­kanzler! Frau Kollegin Brinek hat soeben behauptet, dass das Budget für die Univer­sitäten im Jahr 2005 steigen würde. – Das ist unrichtig!


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Ich zitiere und berichtige tatsächlich aus der Übersicht 17 der Budgetrede des Finanz­ministers, Kapitel 14 Wissenschaft. Budgetvoranschlag im Jahr 2004: 3 160 Millio­nen €, im Jahr 2005: 3 120 Millionen €. Das sind 40 Millionen € weniger als im Jahr 2004. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Öllinger: Das sind die Realitäten!)

13.25

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Csörgits. – Bitte.

 


13.25

Abgeordnete Renate Csörgits (SPÖ): Herr Präsident! Meine Herren der Bundes­regierung! Sehr geehrte Damen und Herren! Sie, Herr Finanzminister, stellen sich gestern hier her und preisen vor allem einmal sich selber mit einem Budget, in dem bei veranschlagten Ausgaben in Höhe von mehr als 64 Milliarden € im Rahmen des allge­meinen Haushaltes für das Jahr 2005 weniger als 0,26 Milliarden € – das ist weniger als ein Prozent, nämlich lausige 0,97 Prozent – für das Kapitel Gesundheit und Frauen vorgesehen sind.

Wenn man sich dann diese Zahl von 623 Millionen anschaut, Herr Finanzminister, dann stellt man fest, dass für Frauenförderung im Jahr 2005 lediglich 3,55 Millionen € zur Verfügung gestellt werden. Da reden Sie von einem Gender Budget, und dazu hat die Frauenministerin ihre Zustimmung gegeben? Das frage ich Sie wirklich. (Zwischen­ruf der Abg. Dr. Brinek.) Wenn man sich das anschaut, was das im Zusammenhang mit Frauenförderung bedeutet, so darf ich Ihnen sagen, dass es pro Frau in Österreich 88 Cent beträgt. Das ist gemessen am Gesamtbudget nicht einmal ein Hundertstel. Und wir stellen in Österreich mehr als die Hälfte der Bevölkerung dar. Da reden Sie von Gender Budget? Das ist ja zum Schämen, bitte! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Bundesminister Mag. Grasser: Das ist ein Blödsinn!)

Erzählen Sie mir nicht, dass das ein Blödsinn ist! Erstens einmal: Wie reden Sie mit mir?! Und zweitens einmal möchte ich auch feststellen: Es ist interessant, im Zu­sammenhang mit Subventionen von Frauenprojekten waren im Jahre 2004 noch 23,247 Millionen vorbudgetiert. Die sind auf einmal weg, die gibt es nicht mehr! Und da reden Sie von Gender Mainstreaming in der Politik? – Grüß Gott, kann ich da nur sagen. Schlecht schaut es mit der Frauenpolitik in diesem Lande aus! Sie haben über­haupt kein Interesse daran, eine aktive Frauenpolitik zu machen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Sie, Herr Finanzminister, sagen, dass im Zuge der Steuerreform die Zeit des Erntens gekommen ist. Was Sie verschweigen, sehr dezent verschweigen, ist, dass 2,1 Millio­nen ArbeitnehmerInnen und PensionistInnen durch Ihre kalte, herzlose, sozial unaus­gewogene Belastungspolitik in die Armut gedrängt werden. Sie haben diese Leute ganz einfach der Armut preisgegeben und werden es noch weiter tun. Sie haben viel versprochen und nichts, ja überhaupt nichts gehalten! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Neudeck: Wer hat Ihnen das aufgeschrieben?)

Sie sagen, dass diese 2,1 Millionen Menschen zwar keine Lohnsteuer zahlen müssen, aber Sie verschweigen – und Sie wissen ohnehin, warum –, dass auf Grund der vielen Belastungen – es sind nämlich mehr als 40, es sind zum Beispiel die Passgebühren erhöht worden, der Preis der Autobahnvignette, auch die Heizkosten sind gestiegen (Abg. Jakob Auer: Dafür ist in Wien alles erhöht worden!) – die Leute ganz einfach wirklich arm werden und sich das alles nicht mehr leisten können. (Abg. Neudeck: Hätten Sie mehr gespart in den letzten Jahrzehnten, dann hätten wir mehr Geld!) Da hätten Sie sehr viel tun können, wenn Sie nämlich genau für diesen Bereich die Nega­tivsteuer von 100 € auf 220 € erhöht hätten. Das hätten nämlich zum Beispiel wir ge­macht. Wir machen das schon besser, keine Sorge! (Beifall bei der SPÖ.)


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Wenn ich mir jetzt das Kapitel Gesundheit anschaue, dann, meine Damen und Herren, kann ich schlichtweg feststellen: Das haben Sie schon „gesund gespart“. Da ist nicht mehr viel zum Sparen, das Kapitel Gesundheit ist schon kaputt! Zwei Drittel der für den Gesundheitsbereich veranschlagten Ausgaben sind auf Grund gesetzlicher Vorschrif­ten gebunden. (Abg. Wittauer: Die Negativsteuer ist um 30 Millionen erhöht worden!) Das hat nichts mit einer aktiven Gesundheitspolitik zu tun, aber davon haben Sie natür­lich keine Ahnung, Herr Kollege. Denken Sie zuerst einmal nach, bevor Sie dazwi­schen reden! (Beifall bei der SPÖ.)

Genau diese Mittel sind gebunden im Zusammenhang mit der Rückgabe der Umsatz­steueranteile für die Krankenkassenanstalten. Herr Bundesminister! Im Zusammen­hang mit den Abgaben in der Sozialversicherung für das Jahr 2005 – wir rechnen da­mit, dass es mindestens 400 Millionen € sein werden, das entspricht einem Anteil von 0,2 Prozent des Bruttoinlandsproduktes – haben Sie in Ihrem Budget interessanter­weise nur 0,1 Prozent veranschlagt.

Das, meine Damen und Herren von ÖVP und Freiheitlichen, ist schlicht und ergreifend Schönfärberei, denn Ihr Defizit wird mindestens 2 Prozent betragen! Oder haben Sie schon im Hinterköpfchen, dass Sie neue Selbstbehalte einführen oder vielleicht zusätz­liche „Strafsteuern“ für kranke Menschen? (Abg. Wittauer: Die meisten Selbstbehalte sind ja von Ihnen eingeführt worden!)

Meine Damen und Herren! Das Budget ist die in Zahlen gegossene Politik. Frauen­politik und Gesundheitspolitik liegen Ihnen von ÖVP und FPÖ nicht am Herzen (Zwi­schenrufe bei den Freiheitlichen), und zwar gar nicht, denn das ignorieren Sie ganz einfach! Sie haben viel versprochen – und nichts gehalten!

Ich verspreche Ihnen: Wir machen es viel, viel besser! (Beifall bei der SPÖ. – Ruf: Ja, natürlich! – Ironische Heiterkeit und Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

13.31

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Wittauer. – Bitte.

 


13.31

Abgeordneter Klaus Wittauer (Freiheitliche): Herr Präsident! Werte Regierungsmit­glieder! Frau Abgeordnete Csörgits, Sie haben offensichtlich die 30 Jahre Regierungs­politik der SPÖ vergessen, wo Sie es hätten besser machen können, aber es nicht besser gemacht haben! (Abg. Neudeck: Da ist es ihr nicht eingefallen!) Außer Schul­den – auch für die Frauen, weil da jetzt so großartig darüber geredet wird – haben Sie gar nichts gemacht! Für die Frauen haben Sie auch gar nichts gemacht! (Zwischenruf der Abg. Csörgits.) Wir hingegen machen Familienpolitik, und wir machen auch eine ordentliche Familienpolitik! Was aber tun Sie von der SPÖ? – Sie machen dieser Regierung einen Vorwurf! (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Csörgits.)

Sie von der SPÖ propagieren, dass wir angeblich die Frauen zurück zum Herd drän­gen wollen! – Das stimmt doch nicht! (Widerspruch bei der SPÖ.) Wir geben den Frau­en die Entscheidungsfreiheit, geben aber auch Jugendlichen und Kindern Sicherheit! Das ist unsere Art von Politik! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenrufe der Abg. Csörgits.) – Die Gewerkschafter schreien da so, dass mir das direkt in den Ohren wehtut. Hoffentlich muss ich so etwas nicht oft hier erleben.

Zum Herrn Abgeordneten Broukal, der die Frechheit hatte, hier auf die Bauern loszu­gehen. Jeder von Ihnen muss doch wissen – ich glaube, die Grünen wissen das sehr wohl –, und jeder Spaziergänger, jeder Tourist kann sehen, was die Bauern alles für die Landschaft tun.


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Diese Regierung hat es geschafft, unseren Bauern, unseren großteils Biobauern eine Existenzsicherung zu geben. (Abg. Dr. Glawischnig: Ihr seid „so super“!) Ich erinnere Sie nur an die nicht unbeträchtliche Summe von 3 Milliarden €! Und ich erinnere Sie weiters daran, wie sehr wir, als wir Freiheitlichen in diese Bundesregierung eingetreten sind, für diese 3 Milliarden € gekämpft haben! Heute gilt das geradezu als festgeschrie­ben in dieser Regierung, und das ist etwas, was wirklich viel wert ist. Die Bauern werden sich bei den Sozialdemokraten „bedanken“, denn sie wissen ganz genau: Wenn ihr von der SPÖ an der Regierung seid, geht es den Bauern an den Kragen – und damit geht es der ganzen Gesellschaft an den Kragen, denn in Österreich würde ohne Bauern vieles nicht so sein! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Die Abgabenquote, sagte Frau Abgeordnete Sburny, habe nichts mit Wachstum zu tun. Da muss ich schon auf den Einheitssteuersatz von 19 Prozent in der Slowakei hinwei­sen. Mir ist schon klar, dass das in Schweden anders ist, denn Schweden hat andere Rahmenbedingungen, liegt aber auch viel nördlicher. Aber: Österreich liegt mitten in Europa, wir sind umgeben von immenser Konkurrenz, wobei es da auch um Arbeits­plätze in Österreich geht.

Gerade mit der Senkung der KöSt ist es gelungen, zur Sicherung von Arbeitsplätzen beizutragen. Ich darf nur darauf hinweisen, dass über 2 Millionen Arbeitnehmer in Kapi­talgesellschaften tätig sind. – Aber da wird von Ihnen von den Oppositionsparteien so drübergefahren und gesagt: Das ist doch gar nichts, das ist ja nur für einige wenige Unternehmen! – Nein, meine Damen und Herren, das ist Arbeitsplatzsicherung! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Dr. Glawischnig: Das sagt das Wifo aber nicht! Das Wifo sagt, das ist ein ganz bescheidener Beitrag zum Arbeitsmarkt!)

Nachweislich hat unsere Politik aber nicht nur zur Arbeitsplatzsicherung, sondern auch zur Arbeitsplatzschaffung beigetragen. Ein gutes Beispiel hiefür ist da zum Beispiel die Oststeiermark. In der Oststeiermark wurden Arbeitsplätze geschaffen und werden Arbeitsplätze gesichert, weil eben entsprechende Maßnahmen seitens dieser Bundes­regierung gesetzt wurden. (Abg. Silhavy: So ein Blödsinn!)

Es tut mir Leid, wenn in Wien eine solch erfolgreiche Politik nicht betrieben wird und Wien sozusagen auf einem Minusposten steht. Das tut mir Leid, aber nochmals: Ange­sichts dieser Tatsachen sollten Sie hier herausgehen und etwas anderes sagen.

Gerade für Landwirtschaft und Umwelt wurde seitens dieser Bundesregierung sehr viel getan; 30 Millionen gibt es hiefür zusätzlich. Was Agrardiesel beziehungsweise Bio­diesel anlangt, haben wir gleichfalls die richtigen Schritte gesetzt, um nachhaltige Zu­kunftssicherung zu betreiben.

Zum Ökostromgesetz, das Sie so kritisieren, Frau Abgeordnete: 17 Millionen € jedes Jahr, fortgeschrieben bis zum Jahre 2010. (Abg. Dr. Glawischnig: Das ist ein abso­luter Albtraum, was Sie da machen!) Das bedeutet, auf zwölf Jahre umgerechnet, 1,3 Milliarden € für zukunftssichernde Maßnahmen! Und das ist bei Ihnen von den Oppositionsparteien gar nichts?!

Sie versuchen es und beschäftigen sich halt immer nur mit wirklich kleinen Dingen – wir hingegen leisten großen Aufgaben, und zwar für die Bevölkerung und deren Ge­sundheit! Das ist unsere Art von Politik! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Für Wissenschaft und Forschung – wir haben das ja schon zuvor gehört – stehen in den Jahren 2004 bis 2006 mehr als 1,2 Milliarden € zusätzlich zur Verfügung. Das be­deutet gegenüber dem Vergleichszeitraum 1995 bis 1999 eine Steigerung um mehr als 47 Prozent. – Angesichts dieser Fakten haben hier aber manche von der Sozialdemo­kratie sogar noch die Frechheit, hier herauszugehen und wirklich nur mit Halbwahr­heiten zu agieren und zu behaupten, dass es unter dieser Bundesregierung keine


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Steigerung der Mittel für Forschung und Wissenschaft gäbe! Über so viel Frechheit, die da hier heraußen von Ihnen andauernd passiert, lachen doch nur noch die Hühner! (Zwischenruf bei der SPÖ.)

Zur Infrastruktur im Gesamten: Mit unserem Verkehrsminister Vizekanzler Hubert Gor­bach wird erstmals gewährleistet, dass künftig in den Bereichen Wissenschaft und Forschung eine Steigerung festgeschrieben wird. Das Dilemma aber, dass manche Verkehrsprobleme nicht ganz gelöst werden können, haben wir jemand anderem zu „verdanken“, aber: Wir werden alle Kraft daransetzen, Lösungen zu erarbeiten und diese auch umzusetzen. Deshalb stehen ja auch für diesen Bereich nicht unbeträcht­liche finanzielle Mittel zur Verfügung. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

13.36

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Öllinger. Ich erteile es ihm. (Abg. Hagenhofer spricht mit Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Was machen Sie? – Vernadern! Sagen Sie einmal!)

 


13.36

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Bundesminister Grasser, Sie lieben Zitate. Jede Budgetrede von Ihnen wird von Zitaten begleitet. Das ist ja kein unangenehmer oder unsympathischer Zug. Der Punkt ist nur: Die Zitate sollten stimmen! Sie haben nämlich zitiert:

„Es gibt keine rechte Wirtschaftspolitik, keine linke Wirtschaftspolitik, sondern es gibt nur eine richtige Wirtschaftspolitik“, und Sie, Herr Bundesminister Grasser, schreiben das Lothar Späth zu. – Falsch! Interessant ist, von wem das wirklich stammt; Millionen­quiz-Frage sozusagen an Sie: Es hat das nicht Lothar Späth, sondern Gerhard Schrö­der gesagt. (Heiterkeit bei den Grünen.)

Da stelle ich mir natürlich schon auch die Frage: Warum zitiert Bundesminister Grasser ausgerechnet zur Bestätigung seiner Politik, beziehungsweise um das argumentativ zu untermauern, Gerhard Schröder?! Warum zitiert Minister Grasser ausgerechnet Ger­hard Schröder, der ja sonst immer als Buhmann für Rot-Grün versus Schwarz-Blau herhalten muss?! (Bundesminister Mag. Grasser: Schröder kam nach Späth!) – Nein!

Herr Bundesminister, fangen Sie jetzt nicht an, mit mir darüber zu streiten, wer das vorher gesagt hat. Ich könnte Ihnen das Zitat von Lothar Späth bringen, wo er aus­drücklich sagt, dass Gerhard Schröder das gesagt hat. Das kann ich Ihnen bringen. – Herr Bundesminister Grasser, Sie haben das falsch aus Ihrem Fundus geholt! (Abg. Dr. Glawischnig: Das ist ein bisschen unseriös!)

Aber der Punkt ist, es finden sich in Ihrer Rede auch noch andere köstliche Sätze, so zum Beispiel die für ein Budget wirklich erhellende Erkenntnis: „Wir wissen, was wir wollen!“ – Na hoffentlich!, kann ich dazu nur sagen.

Wenn es weiters in Ihrer Rede heißt, wir wollen „handeln und proaktiv“ sein, dann fragt man sich natürlich schon: Ist Müsli, sind Joghurtbestandteile elementarer Bestandteil Ihrer Budgetpolitik? – Ich hoffe das nicht!

Was „proaktiv“ anlangt – Sie wissen das –: Da gibt es einige Joghurtsorten in Öster­reich, und es kommt das, sozusagen als Residuum, in der amerikanischen Manage­mentsprache vor. Dann, wenn man Krisenmanagement macht, will man auch gerne „proaktiv“ sein, zur Aufmunterung eben.

Der Punkt ist der: Sie, Herr Bundesminister Grasser, haben noch vor wenigen Jahren mit Vehemenz – darauf wurde heute schon mehrmals hingewiesen –, mit viel Wer­bung, die von den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern bezahlt werden musste, dar-


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auf hingewiesen, dass wir das Nulldefizit brauchen. – Jetzt ist es erledigt. (Zwischen­rufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Jetzt antworte ich Ihnen, Herr Bundesminister – die Konsequenz des Ausrufens des Nulldefizits zum „absoluten Gott“ haben Sie ja schon erlebt –, mit einem schottischen Sprichwort:

„Du bist der Herr deiner Worte, aber einmal ausgesprochen beherrschen sie dich!“

Sie dürfen sich also nicht wundern, Herr Bundesminister, wenn Ihnen das verfehlte Nulldefizit heute schon mehrmals um die Ohren geflogen ist.

Ich könnte Ihnen auch noch ein anderes Sprichwort sagen, weil Sie, Herr Bundes­minister, ja gerne das, was Sie tun, was Sie tun wollen, in viele Worte kleiden, ja auch verkleiden:

„Beherrsche die Sache, dann werden die Worte schon folgen!“ – Das ist diesmal von Cato, und Sie können es gerne überprüfen. (Beifall bei den Grünen.)

Aber zum Inhaltlichen, Herr Bundesminister. Ich würde Sie bitten, dass Sie mir jetzt wirklich noch einmal folgen. Sie brauchen nicht die Zitate aufzuschreiben, aber eine Frage hätte ich gerne geklärt.

Übersicht 19 und auch Übersicht 20 aus Ihrer Budgetrede: Dort finden sich Zahlen zum Familienlastenausgleichsfonds, oben unter 1.4 und auch unten. Interessant ist, dass die Zahlen unten, die Ausgabensummen beim Familienlastenausgleichsfonds, nicht mit denen oben übereinstimmen.

Noch interessanter ist es, wenn ich etwa das Jahr 2005 hernehme. Herr Bundesminis­ter, da bitte ich Sie, mir einfach zu folgen: Dienstgeberbeiträge und sonstige Beiträge, also Einnahmen des Fonds: 4,7 Milliarden; dann der Abgang des Fonds: 425 Millionen. Das ergibt dann die Ausgabensumme, die unten auch ausgewiesen ist, von 5,168 Mil­liarden. Oben stehen aber 5,593 Milliarden als Ausgaben des Fonds. Wenn man das, was unten als Abgang ausgewiesen ist, diese 425 Millionen hernimmt und sie noch einmal dazurechnet, also den Abgang doppelt rechnet, dann kommt man auf die Zah­len, die oben stehen.

Da sage ich Ihnen: Das kann nicht ein Budgetvoranschlag sein, sondern das ist Voodoo-Ökonomie. Ich kann doch den Abgang nicht zweimal im Budget verbuchen. Ich würde Sie doch ersuchen, zumal sich das konsequent vom Jahr 2003 bis zum Jahr 2005 durchzieht, dass Sie uns hier einmal erklären, wie Sie zu diesen Berechnun­gen und Doppelverrechnungen von Defiziten kommen, die noch dazu mit dem realen Defizit nichts zu tun haben – auch das wissen Sie.

Ich muss Ihnen ehrlich sagen: Abgesehen von den falsch zitierten Zitaten, wäre dann, wenn sich das bestätigen würde, das, was da an Zahlenmaterial enthalten ist und in den Teilkapiteln steht, völlig unbrauchbar. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeord­neten der SPÖ.)

13.42

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Auer. – Bitte.

 


13.42

Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Da­men und Herren! Herr Bundesminister, zuerst Ihnen, dem Staatssekretär und auch den Spitzenbeamten und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Finanzministeriums ein Danke für die Neugestaltung der Budgetunterlagen, ein Danke für die graphische Darstellung und letztlich auch ein besonderes Danke dem Herrn Sektionschef Dr. Ste-


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ger, der vorige Woche im Budgetausschuss bereit war, nach der Sitzung die neuen Unterlagen entsprechend zu erläutern. Das Ganze ist sehr ansprechend und könnte durchaus etwas sein, was auch anderen Ministerien zur Empfehlung gereichen würde.

Meine Damen und Herren! Heute Vormittag hatten wir nicht nur ein klares Signal von der Regierungsbank aus, wo der Herr Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Rede und Antwort gestanden ist, sondern es waren anschließend dann sowohl mit unserem Herrn Finanzminister Mag. Karl-Heinz Grasser und seinem Staatssekretär als auch mit Herrn Vizekanzler und Bundesminister für Infrastruktur Hubert Gorbach und Herrn Staatssekretär Mag. Mainoni, für die Forschung zuständig, die für die wichtigsten Schwerpunkte Verantwortlichen auch persönlich vertreten. Diese Schwerpunkte sind: Forschung, Entwicklung, letztlich Infrastruktur und ein ausbalanciertes Budget, das sich sehen lassen kann.

Meine Damen und Herren! Es liegt in der Natur der Sache, dass die Regierungsfrak­tionen die Arbeit, die Zahlen und die Konzepte loben. Ich verstehe auch – das habe ich auch schon getan, als wir in der Opposition waren –, dass die Opposition die Dinge naturgemäß etwas anders sieht. Das ist ihr gutes Recht, es sollte auch so sein.

Befassen wir uns nun tatsächlich mit dem, was uns die Opposition ständig vorhält! Wie liegt sie denn im Wahrheitsgehalt, in den Prognosen? Wie war denn die Prognose zur Privatisierung der Voest? Wie war denn die Prognose in der Frage des Budgets? – Das Budgetdefizit des letzten Jahres ist geringer als prognostiziert, als von Ihnen be­fürchtet.

Wie war denn die Prognose über das Aufgabengebiet unserer Kommissarin Ferrero-Waldner? – Sie würde in der EU nichts bekommen, wurde hier gesagt. Man hat ihr auch die Zustimmung verweigert. Sie wäre ein Leichtgewicht. – Interessant, ich freue mich, ich gebe es zu: Sie war Klassenbeste bei der Anhörung vor dem EU-Parlament, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Dolinschek.)

Dazu darf man doch gratulieren! Und Sie sollten herauskommen und sich für das, was vorher dargestellt wurde, entschuldigen.

Die Realität ist: Dieses Budget sichert die höchste Forschungsquote, sichert Beschäfti­gung; noch nie so viel wie bisher! Dieses Budget verstärkt den Aufschwung und sichert die Rahmenbedingungen für unsere investitionsfreudige Wirtschaft: Steuerreform, KöSt, das sind notwendige Maßnahmen. (Abg. Mag. Kogler: Herr Kollege Auer! ...!)

Meine Damen und Herren! Sie halten uns den Vergleich mit besten Ländern in der EU vor; Finnland und Schweden werden ständig gepredigt. Sie sollten aber auch dazu­sagen, dass dort das Pensionsantrittsalter von Frau und Mann mit 65 Jahren gleich ist.

Sie beklagen sich bitter über eine sehr moderate Pensionssicherungsreform. Sie sei zu extrem, sei nicht verträglich. (Zwischenruf der Abg. Silhavy.) Meine Damen und Her­ren! Wenn, wenn Sie das tun, dann sollten Sie schon alles auf den Tisch legen, nicht nur Teile davon. (Abg. Sburny: Dann bringen Sie es dorthin! – Abg. Mag. Kogler: Sie sind doch sonst so seriös!)

Streiten wir uns nicht, meine Damen und Herren von der Opposition, über die Beur­teilung der Regierungspolitik! Nicht unser Lob, nicht Ihre Kritik. Lassen wir einen der erfolgreichsten Manager, die Österreich hat, Herrn OMV-Generaldirektor Ruttenstorfer sprechen! (Abg. Mag. Kogler: Erklären Sie Ihre Pyjamastrategie!)

Meine Damen und Herren! Ich zitiere ihn – Zitat Ruttenstorfer vom 12. September im „Kurier“ zur Harmonisierung –:

„Ich kenne die Schwierigkeiten, aber es ist absolut richtig und notwendig, dass das geschieht.“


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Zum Wirtschaftsstandort Österreich sagt er, er glaube, dass Österreich sehr gut liegt. Reformen „müssen kommen. Und sie werden auch bleiben.“

Abschließend sagt er:

„Es gibt Zeiten, wo man diskutiert, und Zeiten, wo man entscheidet.“

Ich sage Ihnen von der Opposition: Diskutieren Sie weiter! Diese Regierung, diese Par­lamentsmehrheit hat sich entschieden: für eine nachhaltige Politik, für eine Wirtschafts­stärkung, für eine Steuerreform, vor allem im unteren und mittleren Bereich der Ein­kommen, für Forschung und für Infrastruktur!

Herr Bundesminister Grasser! Ich hätte mich natürlich heute noch wesentlich mehr gefreut – das ist aber nicht Ihre Schuld, sondern ich mache hier den Gemeinde- und Städtebund mit verantwortlich –, wenn es möglich gewesen wäre, dass ein fertiger Finanzausgleich zur Stärkung der Probleme der kleineren und finanzschwachen Ge­meinden bereits auf dem Tisch liegen könnte.

Ich lese heute in den „Oberösterreichischen Nachrichten“, dass bereits 200 Gemeinden in finanziellen Schwierigkeiten sind. (Abg. Mag. Trunk: Warum?) Es ist das einge­treten, was ich seit langem prognostiziert habe. Ich bitte daher nachzudenken, wie man gerade den finanzschwächeren, den benachteiligten Gemeinden, die für Wasser, für Naturschutz und derartige Dinge zu sorgen haben, helfen kann, damit gerade auch die regionale Wirtschaft vor Ort die Chance für Investitionen hat, denn letztlich sichern viele Gemeinden Tausende Arbeitsplätze.

Ich glaube, gerade in diesen Gemeinden und in diesen Regionen wäre es wichtig nachzudenken, wie eine Stärkung der Wirtschaftskraft möglich wäre, wie eine Siche­rung der Arbeitskräfte möglich wäre, denn das ist notwendig im Interesse aller.

Meine Damen und Herren! Insgesamt ist dieses Budget, das hier und heute vorliegt und diskutiert wird und gestern vom Herrn Bundesminister dargestellt wurde, ein positi­ves Budget! (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Dolinschek.)

13.48

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Moser. – Bitte.

 


13.48

Abgeordneter Mag. Johann Moser (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Mein Vorredner Auer hat sehr viel Lobhudelei betrieben und ist erst im letzten Punkt zu einem Problem gekommen, das sich quer durch das Budget zieht: Das ist eigentlich das Aushungern der Gemeinden. Die Gemeinden sind aber natürlich ein wichtiger Nachfrager.

Sie selbst, Herr Auer, sind Bürgermeister und haben diese Kritik sehr dezent vorgetra­gen. Eigentlich sollte der Leitspruch nicht „Aufschwung durch Entlastung“ heißen, son­dern: Aufschwung durch Nachfrage. Das haben Sie auch gemeint, aber genau das ist in diesem Budget nicht erkennbar. Genau dieser Punkt wird hier verschwiegen.

Ich möchte noch ein paar Zahlen nennen, weil wir ja eine Budgetdebatte haben. Seit 9 Uhr wird heute permanent davon gesprochen, wie gut wir im Wirtschaftswachstum liegen. Gestern ist der World Competitiveness Report herausgekommen. Da liegt Österreich im Jahr 2004 an 17. Stelle, hinter Deutschland.

Herr Minister, schauen Sie sich den Bericht an, dann werden Sie sehen, wie die Lage international ist! Darin geht es um das Wachstumspotential für die Zukunft. Österreich hat sich diesbezüglich nicht verbessert, sondern wir sind gleich geblieben und liegen innerhalb der EU an siebenter Stelle. Das möchte ich hier nur einmal festhalten. (Abg.


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Parnigoni: 17.!) – An 17. Stelle generell, innerhalb der EU-Länder sind wir an sieben­ter Stelle.

Aber es gibt noch ein zweites Problem, das man hier diskutieren muss. Wenn man im Jahr 2000 arbeitslos wurde, dann hat man leichter eine Arbeit gefunden als heute. Im Jahr 2000 kamen fünf Arbeitslose auf eine offene Stelle. Das war schon genug, aber wenn man heute arbeitslos wird, kommen 13 Arbeitslose auf eine offene Stelle. Es ist fast dreimal so schwer geworden für die Jugend, für ältere Arbeitnehmer, für alle, eine Arbeit zu finden. Das ist Ihre Politik, Herr Minister, die Sie zu verantworten haben!

Die dritte Zahl, die man vielleicht noch heranziehen kann, ist die Pro-Kopf-Verschul­dung. Sie wurde am Vormittag schon diskutiert. Inzwischen hat jeder Österreicher und jede Österreicherin 19 000 € Schulden. Das ist ein historischer Höchststand, Herr Minister! Dafür sind Sie verantwortlich, und das entgegen Ihrer ursprünglichen Ankün­digung. Sie haben alles versprochen, Sie haben aber bis jetzt nichts gehalten. (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn Sie immer den Slogan „Aufschwung durch Entlastung“ bringen, dann müssen Sie uns diesen Zusammenhang einmal näher erklären. In Wirklichkeit geht es darum, dass wenigen viel mehr gegeben wird. Es sind Großkonzerne, es sind die großen Bauern, es sind Großgrundbesitzer und es sind die sehr gut Verdienenden, die etwas bekommen. Was erwartet man von dieser Politik? Lesen Sie in der Ausgabe vom 7. Oktober in der „Zeit“ nach! Dort steht: „Und sie schwimmen in Milliarden“. (Abg. Kopf: Welche?) – Die Unternehmen.

„Doch statt zu investieren, kaufen sie lieber eigene Aktien zurück. Der Aufschwung ist bedroht.“ 

Das ist eine ganz normale Politik, wenn man die großen, gut verdienenden Konzerne, die an der Börse notieren ... (Abg. Kopf: Welche Firmen? In Deutschland?) – In Deutschland. Sie werden das Gleiche auch in Österreich erwarten können, in Japan, in den USA, weil es völlig klar ist, dass dieser Zusammenhang besteht. (Zwischenruf des Abg. Grillitsch.) Diese Unternehmen investieren nur dann, wenn die Leute Geld für die Nachfrage haben.

Genau das ist das Problem in Österreich: dass eben immer mehr Leute weniger in den Taschen haben (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Das ist Klassenkampf!), dass man den Klein- und Mittelbetrieben kein Geld zur Verfügung stellt. Diese können nicht investie­ren. (Abg. Grillitsch: ...! Haben Sie das noch immer nicht kapiert?) Sie können nichts produzieren. Diesen Zusammenhang müssen Sie klar erkennen. (Abg. Kopf: 80 Pro­zent der GesmbHs haben weniger als 20 Beschäftigte!)

Wenn Sie dann diese Politik verfolgen und auf Tabelle 22 der Budgetrede schauen, dann kommt eines ganz deutlich zu Tage: Die Förderungsmaßnahme für die Wirtschaft ist zurückgegangen. Sie ist besonders bei Förderungsmaßnahmen für Industrie und Gewerbe zurückgegangen. Sie ist gleich geblieben ... (Abg. Kopf: 1 Milliarde Steuer­senkung!) – Hören Sie zu! – Sie ist gleich geblieben bei der Arbeitsmarktpolitik, und sie ist interessanterweise gestiegen bei den Förderungsmaßnahmen für die Landwirt­schaft.

Schauen Sie sich Tabelle 22 an, dann werden Sie diesen Zusammenhang klar erken­nen! (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Betreiben Sie nicht immer Klassenkampf vom Redner­pult aus!) Sie machen hier klare Klientelpolitik. Das Motto „Aufschwung durch Entlas­tung“ funktioniert nicht! (Abg. Grillitsch: Klassenkämpfer! Klassenkämpfer!)


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Unser Leitspruch ist: Aufschwung durch Nachfrage. – Das ist der Weg für die Zukunft, der Weg der Sozialdemokraten. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Das ist ein „toller“ Leitspruch!)

13.53

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Von der Regierungsbank aus zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Mag. Grasser. Ich erteile es ihm.

 


13.53

Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich kann die Ausführungen des Herrn Abgeordneten Öllinger natürlich nicht so stehen lassen. Damit Sie das Vertrauen ins unsere Zahlen wiedergewinnen können, darf ich Folgendes erläutern, aber zuerst vorausschicken, dass ich mich auch gerne belehren lasse, was Zitate betrifft. Daher: Danke für Ihre Korrektur. Ich sage aber dazu, ich hätte es auch dann gebracht, wenn es von Schröder ist, weil die Hauptsache ist, es ist ein gutes Zitat. (Abg. Öllinger: Über das könnte man noch streiten!) Und daher meine ich, es geht nicht um links und rechts, sondern es geht um die richtige Wirtschaftspolitik! (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Dr. Partik-Pablé.)

Nun zu den Budgetzahlen. Es ist wichtig, dass wir keine Fehler machen und Sie uns natürlich voll und ganz vertrauen können, dass wir keine Fehler machen. Sie haben diese 5,168 Milliarden € hinterfragt. Das sind die Kosten der Leistungen des FLAF, das heißt, die tatsächlichen Ausgaben des FLAF im Jahr 2005. Dann haben Sie diese 425 Millionen € erwähnt. Das ist der Abgang der zweckgebundenen Gebarung. Die Grünen mit Professor Van der Bellen sind offenbar, so kommt es mir vor, seit dem letzten Jahr auf Bilanzverlängerungen spezialisiert.

In Ihrer Argumentation, Herr Abgeordneter Öllinger, ist Ihnen Folgendes zum Verhäng­nis geworden – oder ich darf das aufklären –: die zweckgebundene Gebarung. Wenn Sie eine zweckgebundene Gebarung haben, dann müssen Sie diese 425 Millionen € des Abgangs eben auch aus dem Budget finanzieren. Daher sind die 5,168 Milliar­den € die Mittel des FLAF ohne den Reservefonds, und die 5,593 Milliarden € sind die Mittel mit dem Reservefonds, also jene Mittel, um die die Finanzierung aus dem Budget zu erhöhen ist.

Wenn Sie sich dazu Seite 78 im BVA anschauen, dann finden Sie diese 425 Millio­nen € als Reservefonds ausgewiesen, und auf Seite 80 im BVA finden Sie die Leistun­gen des FLAF eben mit diesen 5,168 Milliarden €. Das ist also ganz normal die zweck­gebundene Gebarung, die rein technisch zu einer Bilanzverlängerung führen muss; diese Bilanzverlängerung haben Sie angesprochen.

Unter dem Strich bleibt übrig: Die Zahlen stimmen, das darf ich Ihnen versichern. Wir sind gerne bereit dazu, das auch in einer Detailanalyse privat weiter auszuführen. (Abg. Öllinger: Wunderbar!)

Zu Herrn Abgeordnetem Moser möchte ich gleich Folgendes festhalten: Ich meine, Sie können natürlich dauernd sagen, die Schulden steigen. Schauen Sie, Faktum ist, dass die Schulden sinken und dass wir die Finanzschuld der Republik Österreich zurückfüh­ren! Sie können weiter auf der einen Seite permanent mit absoluten Zahlen argumen­tieren, auf der anderen Seite sagen Sie aber: Natürlich braucht man einen Inflations­ausgleich, natürlich braucht man Gehaltserhöhungen!

Es war Professor Felderer gestern in der „Zeit im Bild 2“, den Sie vielleicht gesehen haben, der gesagt hat: Alles ist zu inflationieren. – Und selbstverständlich ist, wenn die gesamte Wertschöpfung in Österreich steigt, also das Bruttoinlandsprodukt steigt, und


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die Schulden schwächer steigen als das Bruttoinlandsprodukt, eine zurückgehende Finanzschuld gegeben.

Ich darf Ihnen sagen, andere überholen uns in der Finanzschuld. Wir sind als die Viert­schlechtesten angetreten, jetzt haben uns zum Beispiel die Deutschen überholt, weil deren Finanzschuld in Prozent des BIP höher geworden ist als unsere. Unsere Finanz­schuld sinkt! Ich habe es gestern schon gesagt: Die Größenordnung, die wir übernom­men haben, war 67 Prozent, jetzt geht sie in Richtung 63 Prozent. Und Sie werden sehen, wir schaffen es, unter 60 Prozent zu kommen. Das ist unsere erfolgreiche Finanzpolitik! (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Dr. Partik-Pablé. – Abg. Jakob Auer: Die SPÖ wird wieder daneben liegen!)

13.56

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Hofmann. – Bitte.

 


13.56

Abgeordneter Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ein wesentlicher Punkt dieses Bud­gets hinsichtlich der Wirksamkeit ist die Steuerentlastung, eine Stärkung des Eigen­kapitals der österreichischen Betriebe und, wie ich meine, ein Sicherungsprogramm und Ausbauprogramm für Arbeitsplätze. Österreich kann sich im internationalen Wett­bewerb sehen lassen. Österreich hat sich hier gut positioniert. Österreich ist wettbe­werbsfähig, soll es bleiben und wird es auch künftig bleiben. Österreich hat einen Zu­wachs an Exporten, einen Rekordwert. Dieser Wert ist mit plus 11 Prozent zu beziffern. Österreich ist attraktiv als Standort für Investments.

Geschätzte Damen und Herren! Sie wissen, dass die Ausgangsbasis im Jahre 2000 sicherlich eine sehr schwierige war, nämlich eine, wie ich meine, verfehlte Finanz- und Budgetpolitik der vergangenen dreißig Jahre. Das war ein jahrzehntelanger Reform­stau, eine Reformunwilligkeit. Wir haben im Zuge so mancher Debatten schon darüber gesprochen, dass beispielsweise Ihr Sozialminister Dallinger genauso wie Ihr Klubob­mann Sepp Wille in den achtziger Jahren die Notwendigkeit erkannt haben, beispiels­weise eine Pensionsreform durchzuführen. Nur: Getan haben sie es nicht.

Aber was zu verzeichnen ist, ist eine Durchgängigkeit des Schuldenmachens während Ihrer Regierungszeit. Ich meine, Sie haben damit Perspektiven geraubt – Perspektiven für die unselbständig Erwerbstätigen, also für Angestellte und Arbeiter, aber auch Perspektiven für die österreichischen Betriebe und für selbständig Erwerbstätige. Und was noch viel schlimmer ist: Sie haben der Jugend die Perspektiven geraubt, jener Generation, die die künftige Gestaltung macht. Hier haben Sie Zukunft verspielt! (Abg. Mag. Trunk: Das ist die Generation des Herrn Finanzministers!)

Geschätzte Damen und Herren! Es wurde mehrmals angesprochen, was diese Bun­desregierung zur Belebung der Konjunktur gemacht hat. Gehen wir einmal davon aus, dass es weltweit eine Konjunkturerholung gibt. Hier erhebt niemand den Anspruch, dass dies durch das Zutun der Bundesregierung geschieht. Aber was sehr entschei­dend ist, ist, dass dieser Konjunkturaufschwung, den wir zu erwarten haben bezie­hungsweise wie er jetzt stattfindet, in entsprechendem Maße verstärkt wird. Und da setzt diese Bundesregierung von ÖVP und FPÖ entsprechende Maßnahmen. Es gibt immerhin einen zusätzlichen Anstieg in der Größenordnung von in etwa 0,5 Prozent.

Das heißt, trotz der Maßnahmen, die in der Vergangenheit gesetzt wurden – Steuer­reformschritt 1, Konjunkturpakete, Wachstumspaket –, oder gerade deswegen ist die Konjunktursituation für Österreich verbessert worden. Und ganz entscheidend – von


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Ihnen wurde das früher anders gehandhabt – ist, dass es sich dabei um Veränderun­gen, um Reformen handelt, die ohne entsprechende Gegenfinanzierungen erfolgen.

Wir wissen alle, dass ein Wachstum von in etwa 2,5 Prozent erforderlich ist, um zusätzlich wieder Arbeitsplätze in entsprechendem Ausmaß schaffen zu können. Dies wird passieren.

Es wird investiert in Universitäten und in die Bildung. Es wird investiert in die Infrastruk­tur. Diese Weichenstellung, die hier erfolgt, geht sicher in die richtige Richtung. Die internationalen Vergleiche können sich sehen lassen.

Lassen Sie mich abschließend noch ein Wort zur so genannten Drohung eines Belas­tungspaketes nach der Wahl, wie das Herr Kollege Matznetter angesprochen bezie­hungsweise beschworen hat, sagen, geschätzte Damen und Herren! Die Darstellung war so, als wäre dies unumstößlich. Ich sage Ihnen, ich glaube auch an dieses Belas­tungspaket. Ich glaube an dieses Belastungspaket nach einer Wahl, wenn es dieser Bundesregierung einfiele, wieder in die Budget- und Finanzpolitik vergangener Zeiten, also jener sozialistischer Prägung, zu verfallen. Anderenfalls wird es mit dieser Bun­desregierung, mit den Freiheitlichen in der Bundesregierung sicherlich kein Belas­tungspaket nach der Wahl geben. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Die andere Möglichkeit wäre, dass die SPÖ wieder Regierungsverantwortung über­nimmt, die Budget- und Finanzgestaltung und damit natürlich auch den wirtschaftlichen Rahmen, den wir hier in Österreich vorfinden, übernimmt, doch ich denke, das ist eine Wählerentscheidung. Also insofern nützt es Ihnen nichts, geschätzte Damen und Herren, wenn Sie den Nebelwerfer einschalten – was Sie immer wieder machen –, um den Bürgern den Blick auf diese Reformen, auf diese zukunftssichernde und zukunfts­orientierte Politik zu verstellen, und Birnen und Äpfel miteinander vergleichen. Es nützt Ihnen nichts, wenn Sie sich scheuen, internationale Maßstäbe und internationale Ver­gleiche anzustellen, um der Regierung ja kein gutes Zeugnis ausstellen zu müssen.

Ich bin froh darüber, geschätzte Damen und Herren, dass diese Bundesregierung längst überfällige Reformen umsetzt, Pensionen sichert, Betriebe und die Bevölkerung entlastet, in Infrastruktur, also in die Zukunft investiert, Verwaltung vereinfacht, eine ak­tive Familienpolitik betreibt, damit sich in Österreich Leistung wieder lohnt. Ich bin froh darüber, dass es eine Bundesregierung in dieser Konstellation, nämlich ÖVP und Frei­heitliche, gibt. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

14.03

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Grünewald. – Bitte.

 


14.03

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Hohes Haus! Geschätzte Gäste auf der Galerie! Kollegin Brinek hat heute die Frage gestellt: Wann gibt es den ersten Nobelpreisträger – die weibliche Form haben wir bereits, aber diese ist vielleicht nicht genehm –? Interessant ist natürlich, dass man meint, das Resultat einer Budgetpolitik im Wissenschaftsbereich soll in einem heiteren Ratespiel ermittelt werden. Ich halte das nicht für sinnvoll.

Herr Bundesminister Grasser, Sie haben versucht, die Kritik von Abgeordnetem Van der Bellen als unglaubwürdig hinzustellen, indem Sie gesagt haben: Er spricht diesmal nicht als Professor, sondern als Parteivorsitzender. Ich werde es Ihnen ein bisschen schwerer machen. Sie wissen, ich bin kein Parteivorsitzender, und ich spreche als Uni-Angehöriger, der dort arbeitet, der dort auch heute noch forscht, der dort gelehrt hat und der von sich behaupten kann, zu wissen, wovon er spricht.


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Sie werden mir nicht beweisen können, dass die Budgets, die Sie mit einem Schwer­punkt Forschung und Bildung als Zukunftschancen für unsere Jugend darstellen, das sind, was sich Jugend, junge Forscherinnen und Forscher und auch die Eltern von Stu­dierenden erwarten. Wenn man Schwerpunkte setzt – bin ich der vermessenen Auffas­sung –, müssen sich Schwerpunkte auch im Budget abzeichnen, sonst ähnelt das alles einer Art Waschmittelreklame, und ich halte es nicht aus, alles weißer als weiß gewaschen zu sehen. Wenn dann alle Universitätsangehörigen bleich, verkocht, ge­schrumpft aus dieser budgetären Waschmaschine heraussteigen und dann auch noch irgendwo an einer Leine aufgeknüpft werden, um im Winter Konkurrenz zu trocknen, das kann es nicht sein. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Sie, Herr Bundesminister, jonglieren mit Zahlen. Ich finde jetzt sicher zehn Beispiele, wo einmal ein Plus zu finden ist, einmal ein Minus, Tatsache ist aber: Das Global­budget der Universitäten ist um 8 Millionen € gesunken! Das steht so in Ihren Papieren. Nimmt man noch die gesetzlichen Verpflichtungen und alles, was sich zusammenkrat­zen lässt, hinzu, könnten wir – wenn wir positiv gesinnt sind und fair bleiben wollen – ein Plus von 21,9 Millionen € ausmachen. Dividieren Sie das durch 21 Universitäten, so ergibt das 1 Million € pro Universität!

Ich sage Ihnen wiederum, was die Tatsachen in der Realität sind: Nicht nur die Rekto­ren, wir selbst und die Sozialdemokraten haben bereits vor einem Jahr gesagt: Die Universitäten bräuchten ein Notprogramm von 100 Millionen €, nur um das abzude­cken, was ihnen im Budget der letzten Jahre entzogen wurde, was an Investitionen nicht gemacht werden konnte, was durch frühere Einstellungsstopps an guter qualitati­ver Lehre verhindert wurde. All das fehlt noch. Alle Maßnahmen, die Sie setzen, sind nicht in der Lage, diese Defizite zu egalisieren, geschweige denn, weil sie auch die Mehrkosten der Ausgliederung der Universitäten tragen müssen, forschungsrelevant und lehrrelevant zu werden.

Wenn in Ihrer Budgetrede gesagt wird – ich muss jetzt fast zitieren –, Gehrer, Gorbach, Mainoni haben diese Herausforderung angenommen und den Weg geebnet, so fällt mir schon eine Darstellung von Gehrer in einer „ZiB 2“ ein, in der sie betreffend den Skandal, dass Studierende in Wien keine Betreuung für Diplomarbeiten in einzelnen Fächern mehr bekommen können, sagt: Dann sollen die Studierenden halt nach Linz gehen. – Das verstehe ich nicht unter „einen Weg in der Forschung ebnen“. Das ist Forschungspolitik mit der Schubraupe oder mit dem Caterpillar, und das kann es nicht sein. (Beifall bei den Grünen.)

Wenn der von der Bundesregierung bestellte Präsident des Rates für Forschung und Technologieentwicklung sagt, es bräuchte eine Erhöhung der Bundesmittel von min­destens 6 bis 8 Prozent jährlich – das entspräche im nächstem Jahr 100 Millionen € – direkt für Universitäten und Forschung, um überhaupt noch etwas an Investitionen und etwas Neues leisten zu können, dann frage ich mich schon: Wo in diesem Voranschlag finden sich diese Zahlen? – Das kann es nicht sein.

Zu guter Letzt – gerade jetzt erst wieder forderte Gehrer in einer Presseaussendung Eliteuniversitäten. Ich sage Ihnen: Eliteuniversitäten sind eine Forderung einzelner Leute, die immer dann, wenn sie sich im Spiegel erblicken, statt sich selbst nur mehr eine Eliteuniversität sehen, und das nenne ich kein Forschungsförderungsprogramm. In Anbetracht der Zustände an den Universitäten käme mir das so vor, als würden Sie einen Gourmettempel in einem Land der Mangelernährten errichten. Das kommt nicht gut an, sage ich Ihnen. Das ist auch eine äußerst mechanistische Forschungspolitik, wenn man meint, man könnte einfach 20, 30 Professoren international zusammenkau­fen wie bei einer Fußballmannschaft und am Ende der Maschinerie würden nur mehr Nobelpreisträgerinnen und Nobelpreisträger herauspurzeln.


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Das heißt: Was in diesem Budget steht, ist nicht nur unglaubwürdig, ähnelt einer Reklamesendung, sondern ist eine schwere Täuschung. Sie können nicht alle Betroffe­nen – und das bin nicht nur ich; ich bin Ihnen egal, das kann ich schon verstehen –, nicht all die Rektoren und Studierenden allesamt als „Austrokoffer“ darstellen. Die wis­sen, wovon sie reden, die wissen, woran sie leiden.

Noch so schöne Jongleurakte und Kunststücke mit Budgetzahlen werden durch die Realität einfach konterkariert, und ich meine, Budgetpolitik, egal ob links oder rechts, muss realitätsnah und fair sein – und das vermisse ich! – Danke. (Beifall bei den Grü­nen.)

14.09

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Steibl. – Bitte.

 


14.09

Abgeordnete Ridi Steibl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Werte Kollegin­nen und Kollegen! Herr Professor Grünewald, Veränderungen entstehen nur dann, wenn man an die Zukunft glaubt, aber nicht, wenn man immer nur rückwärts schaut. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich möchte einiges, was heute zwar schon gesagt wurde, aber noch einmal in Erinne­rung rufen, weil ich glaube, dass es notwendig ist, um das auch in die Köpfe der Oppo­sition zu bringen.

Erstens: Aufschwung schafft Arbeit, und Arbeit bedeutet Lebensgrundlage (Abg. Öllin­ger: Oje!) – nix oje! – für Familien, bedeutet Zukunft für unsere Kinder, für unsere Jugend – ich weiß nicht, ob Sie Kinder haben –, bedeutet soziale Sicherheit für alle Menschen in unserem Land. Wir machen Gesellschaftspolitik, wir machen Generatio­nenpolitik, und wir machen diese bedarfsgerecht und nicht nach dem Gießkannenprin­zip, wie das die Opposition immer will. (Zwischenruf der Abg. Silhavy.)

Heidrun Silhavy, du hättest vor mir reden können, du stehst ja auf der Liste, aber du hast dich leider von einem Mann verdrängen lassen. Also bitte jetzt nicht aus der Bank heraus reden, sondern hierher an das Rednerpult kommen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Silhavy: Mach dir keine Sorgen, ich lasse mich nicht von Männern verdrängen!)

Immerhin, und das wird auch von einigen Zeitungen in Glossen berichtet, waren die Finanzen 30 Jahre lang die Domäne der SPÖ, weshalb es ja für euch bitter sein muss, nun zum x-ten Mal vor Augen geführt zu bekommen, dass es Aufschwung gibt, einen spürbaren Wachstumseffekt und unser Defizit weit unter jenen Abgängen liegt, welche die SPÖ-Minister zu verantworten hatten, Gott sei Dank hatten.

Meine Damen und Herren! Diese Debatte wäre eine Chance, sich seriös mit dem Bud­get auseinander zu setzen, mit den getroffenen Maßnahmen, sei es die Steuerreform oder die Pensionssicherungsreform, seien es auch viele andere Dinge – aber es gelingt uns nicht! Ich denke, die SPÖ und auch die Grünen sind wirklich auf dem Weg ins Jammertal. Ich möchte nur zwei Beispiele dafür bringen.

Beispiel Nummer eins – meine Kollegin Grossmann hört hoffentlich auch zu – zeigt, wie man Angst machen kann, wie man mit den Menschen vor Ort, wie man mit Infor­mationen umgeht, die man nicht hinterfragt. Meine Kollegin Grossmann hat vor kurzem behauptet, dass die berühmtesten Pferde dieses Landes, Europas, nämlich die Lipiz­zaner, von Piber abgezogen werden und nach Niederösterreich wandern. Ich möchte meinen, dass das schlichtweg unwahr ist, und möchte das auch hier in diese Budget­debatte einbringen. Wenn ein Ministerium 1 Million € investiert und auch noch Förde­rungen für die Spanische Hofreitschule in beträchtlichem Ausmaß bereitstellt, dann


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kann das keinen Abzug bedeuten, sondern ist eine wichtige Förderung für die Region. Und das bedeutet Wachstum, denn dadurch werden auch Arbeitsplätze geschaffen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.)

Jetzt habt ihr endlich etwas zum Lachen. Aber was da passiert und was da an Falsch­informationen verbreitet wird, ist einfach nicht mehr nachvollziehbar.

Ebenfalls nicht nachvollziehbar ist eine Aussage von Herrn Professor Van der Bellen, der heute behauptet hat, dass eigentlich viel zu viel Geld in die Familien hineinfließt, dann aber nur der Konsum gefördert wird. – Na, na! Auf der einen Seite gibt es Um­fragen: Wie kann man den Konsum fördern und versuchen, die Wirtschaftskraft zu stei­gern?, und auf der anderen Seite soll es keine Leistungen geben?! Familienleistungen sind ja dazu da, um den Familien eine auch nach unserem Bild lebensgerechte Lebensgestaltung zu ermöglichen.

Ich denke, genau das sind jene Punkte, die Sie nicht wahrhaben wollen. Wir schaffen Aufschwung und Wachstum, wir haben einen Kurs, wir entlasten die Familien – und das wollen Sie nicht wahrhaben! Schade darum. (Beifall bei der ÖVP und den Frei­heitlichen.)

14.14

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Silhavy. Ich erteile es ihr.

 


14.14

Abgeordnete Heidrun Silhavy (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Kollegin Steibl, ich möchte nur an Folgendes erinnern: Diese Vorlagen müssen in der Bundesregierung üblicherweise beschlossen werden, damit sie dem Parlament zugeleitet werden können. Ich weiß jetzt nicht, wie vielen solchen Vorlagen einer SPÖ/ÖVP-Regierung du in diesem Haus zugestimmt hast – weil du hier über Defizite redest, die von der großen Koalition gemacht worden sind! Du solltest dazu stehen! Du solltest dazu stehen, dass du in deiner politischen Verantwortung dafür gestimmt hast, und dich nicht heute hier herstellen und etwas anderes behaupten! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Auf weitere Details von Kollegin Steibl einzugehen erspare ich mir jetzt. (Abg. Steibl: Weil sie inhaltlich gut waren, und du hast keine Antwort dar­auf!) Ich glaube, ihr Beitrag hat sich von selbst geordnet.

FLAF, keine Gießkanne, Kinderbetreuungsgeld, ungedeckte Schecks, euer gestriges Verhalten in Sachen Heizkostenzuschuss – also eure Widersprüche braucht man nur an Hand des Protokolls nachzulesen, dann weiß man die Qualität eurer Politik einzu­schätzen. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Bundesminister! Wenn man sich mit diesem Bundesfinanzgesetz, mit dem Budget auseinander setzt und wenn man die Erläuterungen dazu liest, dann tauchen da einige Fragen auf.

Der Finanzausgleich ist offensichtlich noch nicht abgeschlossen. – Wo finde ich etwas über die Auswirkungen des Finanzausgleichs im vorliegenden Budget?

Die Pensionsharmonisierung ist in diesem Haus noch nicht beschlossen, soll aber ab 1. Jänner 2005 in Kraft treten. – Wo finde ich das beschlossen, wenn ich im Kapitel „Sozialversicherung“ lese, die Werte 2004/2005 (Bundesminister Mag. Grasser: Die jetzige Gesetzeslage sagt, wir dürfen das nicht!) – das ist mir schon klar! – basieren auf Schätzungen? Natürlich dürfen Sie das nicht, aber Sie sitzen ja auch in der Bundesregierung. (Zwischenruf des Abg. Donabauer.) Die Pensionsharmonisierung ist


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schon vor mehr als einem Jahr angekündigt worden, Herr Kollege Donabauer. Sie haben es nicht einmal geschafft, sie rechtzeitig ins Haus zu bringen, damit man sie im Budget auch berücksichtigen könnte.

Wir haben ein Budgetbegleitgesetz, auch dort findet sie keinen Niederschlag.

Das heißt, wir diskutieren über Auswirkungen auf die Sozialversicherung, wir diskutie­ren über Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt – alles elementare Dinge, die die Men­schen in diesem Land interessieren, das werden nicht einmal Sie uns absprechen, Herr Kollege Donabauer. (Abg. Donabauer: Nein!) – Gut, das ist sehr zufrieden stel­lend. Aber man kann dazu eigentlich nichts sagen, denn in den entsprechenden Unter­lagen steht nichts darüber. Das heißt, ich könnte genauso gut eine Glaskugel befragen oder der Vorhersage einer Zauberin, einer Hexe oder sonst etwas entgegensehen.

So ähnlich ist das auch mit Ihrer Budgetrede gestern gewesen, Herr Finanzminister!

Der nächste Punkt – es ist heute schon ein paar Mal darüber gesprochen worden –: Zukunft sichern und so weiter. Im vergangenen Jahr haben Sie großmündig eine Pen­sionssicherungsreform – wie Sie sie auch noch überheblich genannt haben – be­schlossen. Diese war nicht so schlimm, haben wir heute gehört. Aber dann frage ich mich: Warum müssen Sie sie mit einer 62. Novelle nachjustieren?

Warum haben Sie den Leuten versprochen, es gibt keine weiteren Abschläge? Wenn ich im Allgemeinen Pensionsgesetz, das ja auch zur Beschlussfassung hier im Haus vorliegt, nachlese, bleibt mir nur zu sagen: Natürlich gibt es weitere Abschläge!

Sie haben auch da viel versprochen und nichts gehalten – wie halt üblich in Ihrer Politik! (Beifall bei der SPÖ.)

Besonders interessant, Herr Minister, ist auch das Kapitel „Gesundheit“. Wenn ich dort nachlese, sehe ich, dass wir in diesem Budget 5,7 Millionen € mehr für Personalaus­gaben für die Umstrukturierung – dankenswerter Weise, damit Frau Rauch-Kallat ein Ressort hat – aufwenden müssen (Abg. Steibl: Was soll das heißen: damit die Rauch-Kallat ein Ressort hat!? Ist euch die Gesundheit nicht wichtig?), aber für die Kranken­anstaltenfinanzierung haben wir nur 3,5 Millionen € mehr. Das finde ich schon beacht­lich, wo doch in der Regierung der Spargedanke im Vordergrund steht. Das finde ich skandalös, meine Damen und Herren, noch dazu, wenn ich daran denke, dass Sie gestern einen geringfügigen Beitrag für einen allgemeinen Heizkostenzuschuss für jene Menschen, die es wirklich brauchen und wo kein Gießkannenprinzip dahinter ge­steckt wäre, abgelehnt haben. Das ist Ihre Kälte, Ihre sozialpolitische Kälte, die Sie an den Tag legen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Scheibner: In Wien keinen Euro zusätz­lich! – Abg. Grillitsch: Fragen Sie einmal Ihre Landeshauptleute!)

Meine Damen und Herren! Ich möchte meine Ausführungen schließen mit einer Be­merkung, die nicht ich gemacht habe, sondern die „Kleine Zeitung“, und die ist nicht unbedingt sozialdemokratisch gefärbt. Die „Kleine Zeitung“ schreibt:

„Eine prozyklische und keine antizyklische Budgetpolitik. Seine Meilensteine“ – und das sind die des Herrn Minister Grasser – „sind die Wahltermine. Die Steuersenkung, mit der die schon vor drei Jahren eingebrochene Nachfrage belebt hätte werden kön­nen, erfolgt verspätet im Vorfeld der kommenden Wahlen.“

Das, meine ich, kommentiert sich von selbst! (Beifall bei der SPÖ.)

14.19

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Rossmann. – Bitte.

 



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79. Sitzung / Seite 93

14.19

Abgeordnete Mares Rossmann (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Frau Kollegin Silhavy! Sie haben von Qualität der Politik gesprochen. Erst heute Vormittag hat Ihr Parteivorsitzender vom Abgehen vom Nulldefizit gesprochen und das auch vehement kritisiert. Jetzt frage ich mich schon: Welche Qualität hat diese Aussage, welche Glaubwürdigkeit, nämlich wenn man eben diesen Parteivorsitzenden zitiert aus einer „Pressestunde“ am 29. April 2001: Das Nulldefizit – wie es von der Regierung schon für 2002 angestrebt wird – hält Gusenbauer für einen ökonomischen Unsinn!?

Also: Welche Qualität? (Abg. Gradwohl: Karl-Heinz Grasser hat zwei Jahre gebraucht, bis er es gelernt hat! Gestern hat er es ähnlich gesagt!) Heute stellte sich Gusenbauer hier her und kritisierte das Abgehen vom Nulldefizit, damals sprach er von „ökonomi­schem Unsinn“.

Aber es geht noch weiter: Auch im „Sommergespräch“ hat Ihr Parteivorsitzender ge­sagt, das Nulldefizit als Dogma in einer Zeit wirtschaftlicher Rezession sei ein Zeichen von Verantwortungslosigkeit. – Wir haben die Verantwortung wahrgenommen und haben innerhalb eines Zyklus kurzfristig ein höheres Budgetdefizit in Kauf genommen, um eben diesen Forderungen nachzukommen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Es geht noch weiter: Das Nulldefizit sei nur einnahmenseitig erreicht worden – nur ein­nahmenseitig! Die SPÖ wolle eine Steuerreform für kleinere und mittlere Einkommen. – Gerade das machen wir ja. (Abg. Gradwohl: Wo? Wo, Frau Rossmann? Zeigen Sie mir den Ansatz!) Ihr Parteivorsitzender hat das am 18. Jänner 2002 gefordert – und wir machen es.

Ich könnte Ihnen jetzt noch eine Reihe von Zitaten darüber bringen, was wir noch alles machen, aber die Redezeit ist zu kurz, deshalb werde ich mich auf etwas anderes beschränken.

Ich habe mir die Mühe gemacht, mir das Wirtschaftsprogramm näher anzuschauen, nämlich nicht das Wirtschaftsprogramm von Herrn Matznetter, das wir nicht ernst neh­men, weil es nicht ernst zu nehmen ist – hoffentlich nicht einmal für Sie (Abg. Grad­wohl: Das ist aber Ihr Fehler!) –, sondern das neue Wirtschaftsprogramm Ihres Partei­vorsitzenden, mit dem er jetzt auf Tour ist.

Er spricht darin von einer aktiven Wachstumspolitik. Er hat Überschriften drinnen, No-na-Forderungen (Abg. Mag. Wurm: Was zum Beispiel?) und Forderungen, die schon längst umgesetzt sind, und zwar durch diese Bundesregierung und von uns beschlos­sen.

Zum Beispiel als kurzfristig wirksame Maßnahmen sind gefordert: „Sofortmaßnahmen für Infrastrukturinvestitionen“. – Ich kann sagen, wir haben hier drei Konjunkturbele­bungspakete verabschiedet. (Abg. Mag. Wurm: Wo denn?) Sie haben dagegen ge­stimmt, deshalb fordern Sie es wahrscheinlich noch immer. (Abg. Mag. Trunk: Genau! 1 Million für die Seebühne in Kärnten, das war die ganze Konjunkturbelebung!)

„Althaussanierungsprogramm mit Schwerpunkt Energiesparen“. – Ihnen scheint ent­gangen zu sein, dass einzig die Stadt Wien das nicht in diesem Ausmaß hat, die ande­ren Bundesländer haben es. Sie fordern es noch.

„Steuerliche und monetäre Maßnahmen zur Belebung von Investitionen“. – Sie haben wahrscheinlich vergessen – weil Sie nicht mitgestimmt haben (Abg. Mag. Wurm: Die Gemeinden hungern Sie aus!) –, dass wir gerade den Halbsteuersatz für nicht entnom­mene Gewinne dafür geschaffen haben. Sie fordern es, wir machen es.


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Weiters: „Stabilitäts- und Wachstumsfonds für Klein- und Mittelbetriebe“. – Die gibt es bereits. (Abg. Gradwohl: Wo, Frau Kollegin Rossmann?)

„Einführung einer steuerlichen Investitionsbegünstigung“. – Das gibt es.

„Exportoffensive“. – Haben Sie noch nicht gelesen, dass es diese Exportmilliarde aus dem Wirtschaftsministerium zur Belebung des Exportes gibt? (Abg. Gradwohl: Weiß das die kleine Wirtschaft auch?)

Noch etwas: Auch die Inlandsnachfrage, sagen Sie, soll belebt werden. – Das wird sie gerade mit dieser Steuerreform; das geht aus der Budgetrede des Finanzministers ganz klar hervor. Während der österreichische Bürger bisher 160 Tage für die Steuern in diesem Land arbeiten musste, ist durch die Steuerreform gewährleistet, dass es nur noch – das sind immer noch viel zu viele, keine Frage, aber immerhin – 148 Tage sind. Das heißt, der Bürger muss zwölf Tage weniger für den Staat arbeiten, und das ist ein schönes Zeichen, das wir für den Bürger setzen.

Abschließend – und das ist eigentlich der Gipfel dieses Papiers, mit dem Ihr Parteivor­sitzender auf Tour ist – wird gefordert – und da schaue ich Sie an, Frau Kollegin Sil­havy, denn Sie sind hier gestanden und haben die Reduzierung der Körperschaftsteuer vehement kritisiert und gesagt, das sei Schwachsinn, das bringe nichts, das bringe den Kleinen nichts; aber die folgende Forderung steht wörtlich im Papier Ihres Parteivorsit­zenden –: „Damit das Aufkommen an Körperschaftssteuer weiterhin einen Beitrag zur Finanzierung staatlicher Aufgaben leistet, sind ... Schlupflöcher und Privilegien zu be­seitigen.“ (Abg. Reheis: Das habt ihr eh schon gemacht, oder?) – Das ist klar, das ist die höchste Aufgabe des Finanzministers. (Abg. Krainer: Bei der Schenkungssteuer oder wo?) – Aber: „unter Beibehaltung des Körperschaftssteuersatzes von 25 %“.

Das steht in Ihrem Wirtschaftspapier, und hier heraußen haben Sie das kritisiert und bei der Steuerreform war das mit ein Grund dafür, dass Sie nicht zugestimmt haben!

Jetzt sagen Sie mir noch einmal, was von der Qualität Ihrer Politik zu halten ist. Ich glaube, diesbezüglich bildet sich jeder selbst ein Urteil. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

14.24

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Weinzinger. Ich erteile es ihr.

 


14.24

Abgeordnete Mag. Brigid Weinzinger (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Ich rätsle gerade, ob Frau Abgeordnete Rossmann mit dem Aufruf, die höchste Aufgabe des Finanzministers sei es, Schlupflöcher zu beseitigen, dem Finanzminister eine indirekte Rücktrittsaufforderung übermittelt hat. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Zum Budget selbst, da ich nicht annehme, dass er meiner Interpretation der Rücktritts­aufforderung gleich nachkommt: Wir haben heute in zahlreichen Ausführungen, also schon sehr durchgängig ein Prinzip erkennen können, das in diesem Budget dieses Finanzministers – so wie in seinen letzten Budgets – eben erkennbar ist, nämlich eine ganz gezielte Klientelpolitik (Abg. Kopf: Für alle drei Millionen Arbeitnehmer!), die nicht einmal makroökonomisch besonders Sinn macht, nämlich ein Budget, das gezielt unausgewogen ist in Richtung der Interessen nahe stehender Verbände und Zugänge des Finanzministers, der nicht zufällig in dieser Regierung damit Politik macht.

Es ist das eine Unausgewogenheit, die konsequent durchgezogen wird bis hinein ins Geschlechterverhältnis. Das hat natürlich logische Gründe. Die meisten Reichen in die­sem Land sind nicht ganz zufällig Männer, und die meisten Armen in diesem Land sind


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auch nicht ganz zufällig Frauen. So gesehen hat allein schon die leichte Neigung, mehr mit der Großindustrie als mit den kleinen Nahversorgern Politik zu machen, zur Folge, dass man mehr Politik für Männer als für Frauen macht.

Es gibt allerdings auch Ankündigungen, wobei ich mir gedacht habe, dass es vielleicht doch einen Ansatz des Umdenkens gibt. Ich habe mich gefreut, von der Frauenministe­rin in einer informellen Gesprächsrunde zu hören, dass man sich diesmal dem Gender Budgeting ein wenig angenähert habe. Der Herr Finanzminister hat gestern dieses Wort sogar in einem Nebensatz verwendet, auch wenn das seine einzige Annäherung an geschlechtsspezifische Fragestellungen war, denen er sich sonst in seiner Rede sprachlich konsequent verweigert hat. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich habe daher mit ziemlichem Interesse die Budgetteilhefte, Erläuterungen, Vor­anschläge, diesen Papierberg durchwühlt, fündig geworden bin ich in den Erläuterun­gen, also nicht im zentralen Bestandteil, sondern eben in den Erläuterungen. Es war nämlich jedes Ressort angehalten, zu zumindest einem Punkt der eigenen Gebarung die Gender-Aspekte aufzuarbeiten und in Richtung Gender Budgeting zu gehen.

Da haben wir schon das erste Missverständnis. Offensichtlich hat niemand dazu­gesagt, was Gender Budgeting eigentlich ist. Gender Budgeting ist nämlich nicht der Betriebskindergarten, sorry. Es ist eine nette, familienfreundliche Maßnahme, wenn es im Ministerium einen Betriebskindergarten gibt, aber das ist nicht Gender Budgeting.

Gender Budgeting wäre – und das hat ein einziges Ressort gemacht, wenn ich mich jetzt nach der groben Durchsicht richtig erinnere –, zu sagen: In der Landwirtschaft gibt es geförderte Kurse, wir merken, der größte Teil davon kommt Männern zugute (Abg. Grillitsch: Das ist ja ein Blödsinn!), selbst finanziell aufgerechnet, also nicht nur nach Teilnehmern und Teilnehmerinnen. Der nächste Schritt fehlt allerdings noch – ich hoffe, dass diesbezüglich Lernfähigkeit gegeben ist –: dass man eine korrigierende Maß­nahme setzt, um sicherzustellen, dass Männer und Frauen gleichermaßen von den Kursen profitieren. (Abg. Grillitsch: Sie sprechen wie der Blinde von der Farbe!)

Wie skurril dieser Gender-Ansatz umgesetzt wurde, zeigt jedoch auch das Landwirt­schaftsministerium, das das Beispiel der ländlichen Entwicklung gewählt hat, um Gen­der-Aspekte zu bearbeiten, und uns erfreulicherweise mitteilt, dass es im Programm der ländlichen Entwicklung eine Generalklausel gibt, die besagt, dass alle, unabhängig vom Geschlecht, Zugang zu diesen Maßnahmen der Förderung haben. – Ich bin wirklich gerührt, ein Verfassungsgrundsatz wird eingehalten. (Zwischenruf der Abg. Sil­havy.) Der Gleichheitssatz, dass niemand diskriminiert werden darf auf Grund des Geschlechts, wird sogar im Bereich der ländlichen Entwicklung im Landwirtschafts­ministerium eingehalten. Dazu brauchen wir Gender Budgeting?

Ich werde jetzt nicht alle Ressorts durchgehen, sondern nur noch einen Aspekt heraus­greifen, der besondere Beachtung verdient. Ein einziges Ressort hat nicht einmal eine Silbe dazu abgegeben. Das Wirtschaftsministerium hat einen Satz geschafft, immerhin, aber ein Ressort hat keine einzige Silbe zu Gender-Fragen verloren: das Außenminis­terium, dem noch immer exakt jene Ministerin vorsteht, die in einem Wahlkampf ge­glaubt hat, mit ihrer Politik große Sympathien bei Frauen erlangen zu können. – So wichtig ist es ihr wirklich! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

14.29

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Donabauer. – Bitte.

 


14.29

Abgeordneter Karl Donabauer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Nicht eine schöngefärbte Rede, aber auch nicht ein


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schlechter Vortrag helfen diesem Land, sondern ausnahmslos gute Arbeit. Und solche haben Sie, Herr Minister, in hervorragender Weise geleistet. (Beifall bei der ÖVP.)

Herr Finanzminister! Sie haben ein Budget in einer Zeit vorgelegt, in der wir viele wirt­schaftliche Probleme und Schwierigkeiten zu bewältigen haben. Sie haben das Budget in einer beeindruckenden Darstellung präsentiert. Und Sie haben das Budget auch zeitgerecht vorgelegt. – Danke! All das ist etwas Neues, etwas Besonderes, und auch darüber soll und muss man reden.

Natürlich ist das Budget eine wirtschaftliche Kurssetzung, natürlich hat jedes Budget, egal in welcher Zeit und von welcher Regierung vorgelegt, eine ideologische Ausrich­tung, ein Budget ist aber keinesfalls ein Wunschprogramm für Gutdenker. Das ist ein Budget mit Sicherheit nicht!

Grundsätzlich ist es gut, wenn es viele unterschiedliche Betrachtungen, Zugänge gibt. Man erwartet sich die verschiedenen Standpunkte der einzelnen Parteien, das ist etwas ganz Normales, man erwartet sich auch kritische Bemerkungen – nur: Leere Vorhaltungen und sinnlose, haltlose Kritik bringen uns nicht weiter.

Da heute sehr oft davon gesprochen wurde, dass uns die Schulden so quälen, dann frage ich schon: Auf welcher Spur ist unsere größte Oppositionspartei unterwegs? Zum einen bezichtigen Sie uns des Kaputtsparens – alles schon gehört! –, zum anderen verlangen Sie das Nulldefizit. – Sie wissen ja nicht, was Sie wollen! Sie haben jeden Tag einen anderen Kommentar zu Ihren Vorstellungen – das ist nicht Staatspolitik, das ist abzulehnen und bringt uns auch nicht weiter. (Beifall bei der ÖVP.)

Es gibt natürlich ein Papier eines Herrn Dr. Matznetter, Abgeordneten zum Nationalrat, der sagt, er habe ein tolles Programm, dort heißt es: „Sofortprogramm für Infrastruktur­investitionen“. – Das ist schon lange gemacht, da sind wir gut unterwegs.

„Althaussanierungsprogramm mit Schwerpunkt Energiesparen“ – da sind wir mit unse­ren Bundesländern hervorragend unterwegs. Da haben wir Wohnbauförderungen her­zuzeigen, die sonst wo in Europa kaum zu finden sind. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

„Steuerliche und monetäre Maßnahmen zur Belebung von Investitionen“ – auch schon gemacht. Ich denke, da hat er sich bei uns eine Anleihe genommen.

„Steuerliche Maßnahmen zur Förderung von Kaufkraft und Inlandsnachfrage“ – genau das ist das, was wir mit der Steuerreform auch transportieren wollen, was wir umset­zen, was wir zur Politik erklärt haben!

Er schreibt weiter: „Stabilitäts- und Wachstumsfonds für Klein- und Mittelbetriebe“ – da haben wir, Herr Kollege, mehr gemacht, da ist uns mehr eingefallen. Das ist der Unter­schied!

Wenn Sie sich die Zeit nehmen und diesen Bundesvoranschlag lesen, werden Sie sehen: Dieses Budget hat ein sehr klares Bekenntnis zur Familienpolitik – etwas Gutes für dieses Land. Dieses Budget hat auch eine soziale Ausstrahlung – auch wenn Sie es noch so oft verneinen, das ist ganz klar herauszulesen!

Wenn Sie vielleicht einen Beweis dafür haben wollen: Anhebung des Pflegegeldes – seit dem Jahr 1997 ist das nicht gelungen, wir machen es! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.) Wir sehen darin eine Notwendigkeit, daher machen wir es, obwohl wir in einer schwierigen Situation sind. – Ja, es gäbe noch mehr.

Unser Ziel ist dahin gehend ausgerichtet, dass wir heute nicht nur verteilen wollen, sondern auch an morgen denken.


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Winston Churchill sagte einmal – weil heute schon so viele Zitate vorgetragen wur­den – zum Unterschied zwischen Politiker und Staatsmann: Politiker denken vorerst an die nächste Wahl (Zwischenruf des Abg. Mag. Posch) – du kannst nachschauen! –, Staatsmänner an die Zukunft des Landes. – Ich freue mich, dass Staatsmänner in der Regierung sind!

Wir werden dieses Budget nicht nur annehmen und unterstützen, sondern auch zu den Bürgern hinaustragen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

14.34

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Ab­geordnete Mag. Muttonen. – Bitte. (Abg. Mag. Posch: Dass der Churchill an den Herrn Donabauer gedacht hat!)

 


14.34

Abgeordnete Mag. Christine Muttonen (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Hohes Haus! Finanzminister Grasser hat in seiner gestrigen Budgetrede die Kultur kurz angesprochen – sehr kurz angesprochen: Zwei ganze Sätze war sie ihm wert. Das ist nicht viel, aber immerhin!

Allerdings drängt sich der Verdacht auf, dass der Finanzminister gar nicht weiß, wovon er spricht, wenn er zur Kultur Stellung nimmt. In seinem Kurzbeitrag hat er nämlich erklärt, dass Österreich zu Recht eine weltweit berühmte Kunst- und Kulturnation sei und wie erfolgreich Staatssekretär Morak verhandelt habe und erreicht habe, dass für die Kunst 224,5 Millionen € vorgesehen sind.

Interessant ist, dass Sie, Herr Finanzminister, von der Höhe des Kunstbudgets gleich auf den Stellenwert, den Kunst und Kultur in der derzeitigen Regierung haben, schlie­ßen und direkt zur Kulturnation Österreich überleiten. Das ist ein mutiger Ansatz, meine Damen und Herren – oder vielleicht doch eher ein entlarvender Ansatz, ist doch die Höhe des Kunstbudgets alles andere als berauschend.

Wenn wir in der Wirklichkeit bleiben und die Entwicklung der Kulturausgaben des Bun­des in Relation zu den Gesamtausgaben betrachten, dann zeigt sich Folgendes ganz deutlich: Der Anteil der Kulturausgaben an den Gesamtausgaben des Bundes sinkt seit Jahren permanent und ist deutlich geringer als in den neunziger Jahren.

Übrigens: Für ein Land, das sich selbst als Kulturnation versteht, ist es nicht gerade besonders schmeichelhaft, dass die Kulturausgaben 2002 nicht einmal 0,8 Prozent der Gesamtausgaben des Bundes betragen haben.

Weiters darf ich daran erinnern, dass Herr Kunststaatssekretär Morak – von „seinem“ Budget war ja gestern die Rede – gerade einmal für 10 bis 12 Prozent der Gesamt­kulturausgaben zuständig ist. Und selbst in diesem kleinen Bereich sind Sonderfinan­zierungen enthalten, wie uns Herr Morak gestern via APA wissen ließ. So wird die Erhöhung des operativ zur Verfügung stehenden Budgets vor allem der baulichen Finanzierung des Bregenzer Festspielhauses zugute kommen. Dieser Investitionszu­schuss an die Bregenzer Festspiele beträgt 6,7 Millionen €.

Ganz interessant ist, dass 2,2 Millionen € dieser Summe aus Mitteln aufgebracht wur­den, die ursprünglich für die Künstlersozialversicherung reserviert waren. Der Gedan­ke, dass man die Künstlersozialversicherung erweitern sollte, ist Ihnen anscheinend nicht gekommen.

Das heißt also kurz gesagt: Morak zieht den Ausbau von Gebäuden dem Ausbau der Künstlersozialversicherung vor, statt sich für mehr Mittel einzusetzen oder andere Ministerien für solch bauliche Sonderfinanzierungen zu gewinnen.


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Für die Kunst- und Kulturschaffenden bedeutet das Kunstbudget 2005 also im Wesent­lichen eine Fortschreibung des Zustandes, und den kann man ja leider nicht wirklich als rosig bezeichnen.

Ein weiterer beachtlicher Teil der Mittel wird in die Feierlichkeiten rund um das Jubilä­umsjahr 2005 gehen – das haben Sie gestern selbst erwähnt, Herr Finanzminister. Ich befürchte, dass das chaotische Vorgehen, wie es bereits rund um den „Austrokoffer“ zu bemerken war, weitergehen wird – das heißt, Kosten, Chaos und letztendlich Verstim­mung sind geblieben.

Meine Damen und Herren! Das Budget für Kunst und Kultur dümpelt also weiter vor sich hin, und an den wahren kulturpolitischen Fragen wird vorbeibudgetiert. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

14.38

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Lichtenegger. – Bitte.

 


14.38

Abgeordneter Elmar Lichtenegger (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekre­tär! Hohes Haus! Was mich heute den ganzen Tag ein bisschen enttäuscht hat, war (Abg. Dr. Niederwieser: Der Grasser hat dich enttäuscht, gell?), dass es sich da wirk­lich um grundsätzliche Diskussionen, um Grundsatzdiskussionen gehandelt hat. Ich meine, der wichtigste Grundsatz einer Budgetpolitik, einer Finanzpolitik oder einer Wirt­schaftspolitik sollte sein, dass man immer rechtzeitig die sich ändernden Situationen erkennt und entsprechend handelt (Abg. Reheis: Und zurücktritt, wenn es notwendig ist!) – das weiß ich als Jungunternehmer. Ich glaube, dieser Grundsatz ist das Wich­tigste.

Mit diesem Budget geschieht das, denn dieses Budget gibt uns Perspektiven für die Zukunft.

Ich habe mich natürlich insbesondere mit dem Budget für den Sport – no na! – be­schäftigt und muss sagen: Da merkt man deutliche Veränderungen gegenüber früher. Ich habe mir Budgets angeschaut, die zehn, zwölf, 13 Jahre zurückliegen, und da hat man tatsächlich das Gefühl, dass man damals wirklich mit der Gießkanne gearbeitet hat. Man hat oft in Sportorte oder Sportarten investiert, bei denen man das Gefühl hatte, da sind noch einige Wählerstimmen zu holen, aber von wirklich gezielten Förde­rungsmaßnahmen war man weit weg.

Heute ist das anders, ein Beispiel: Gestern, glaube ich, ist der Vertrag mit der BSO be­schlossen worden. Wir investieren ganz gezielt in Präventionsprogramme für Jugend­liche mit „Fit für Österreich“. Ich denke, das ist Politik, die Zukunft hat und auch Sinn macht, und das ist ein Budget, das wirklich sehr viel Sinn macht.

Was mir natürlich besonders gefallen hat, ist, dass die Sportförderung ab 2005 – das ist eine Neuerung – nach oben hin nicht mehr gedeckelt ist. Das heißt, 3 Prozent der Umsätze der österreichischen Lotterien fließen in den Sport, Minimum 40 Millionen € jährlich. Das ist ein deutlicher Erfolg, das ist ein großer Fortschritt gegenüber Budgets vergangener Jahrzehnte. Das muss man auch dazu sagen. In Zahlen ausgesprochen sind es 2,5 Millionen € mehr als im Vorjahr, die für den österreichischen Sport zur Ver­fügung gestellt werden, wodurch wichtige Strukturreformen angegangen werden können.

Wir versuchen auch in den Fachverbänden, innovative Strukturprojekte zu unterstüt­zen. Gestern ist es eigentlich ein bisschen untergegangen, aber wir haben ein Gesetz dergestalt verändert, dass das erste Mal sportwissenschaftlich aktive Leute ihren eigenständigen Beruf anmelden und selbständig arbeiten können. Das ist ein großer


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Fortschritt für den österreichischen Sport, was ja bis jetzt nicht so selbstverständlich war.

Ich habe mir alte Reden vom früheren Nationalratsabgeordneten Grabner, den ich per­sönlich sehr schätze und sehr mag, angeschaut; er hat gesagt, wir haben in Österreich eine großartige Trainerausbildung. Das hat mich auch immer gestört, alle haben sich immer herausgestellt und gesagt, der Sport ist eh so super, für alle so wichtig, alle Kinder machen Sport, und da werden alle gesund und blabla, aber es hat nie wirklich eine richtige Diskussion gegeben. Fakt ist, dass die Trainerausbildung in Österreich mehr als bedenklich ist, und da gehört genau in solche innovative Projekte investiert, und wir sind auf dem besten Weg dahin.

Vielleicht mache ich mir jetzt keine Freunde, aber wenn man sich gestern das Fußball­spiel angesehen hat, denkt man sich schon etwas; ich habe teilweise nur Ausschnitte gesehen. Wenn wir Geld dafür ausgeben, dass eine Nationalmannschaft antritt, und der Trainer nach einem solchen Spiel sagt, na ja, meine Buam waren eh gut, dann sollte man einmal jemanden zur Verantwortung ziehen. In den letzten Jahrzehnten hat sich das so eingebürgert, dass vielmehr Politik im Sport im Spiel war, als dass Struktu­ren geschaffen worden sind, und wir versuchen schon vehement, diese etwas in Rich­tung mehr Effizienz aufzubrechen. Aber das ist leider nicht so einfach, wie Sie wissen.

Insofern, muss ich sagen, bietet gerade das Sportbudget Perspektiven. Wir werden weiterhin in die richtige Richtung arbeiten. Eines möchte ich noch sagen: Es wird immer wieder gesagt, für den Behindertensport werde sehr wenig getan. Ich habe mir natürlich auch die Zahlen angeschaut: Zu Zeiten, als ein Herr Schlögl oder ein Herr Wittmann verantwortlich waren, hat es überhaupt kein Geld für die Behindertensportler gegeben. Wir haben aber jetzt ein tolles Budget dafür vorgesehen, das auch immer wieder erhöht wird. Also da kann uns wirklich keiner etwas vorwerfen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

14.43

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Lunacek. Ich erteile es ihr.

 


14.43

Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Der Minister ist nicht mehr da. Meine Damen und Herren, auch auf der Galerie! Es ist heute schon öfter der Satz bemüht worden, dass das Budget der in Zahlen gegossene poli­tische Wille ist. Wenn ich mir das Budget der Außenpolitik anschaue, dann spricht das eine ganz klare Sprache, nämlich eine, die leider, muss ich sagen, der Beweis dafür ist, dass diese Bundesregierung der Außenpolitik einen äußerst geringen Stellenwert gibt.

Wenn Sie gestern bei der Rede des Finanzministers zugehört haben, haben Sie ja er­lebt, wie er das Thema Außenpolitik angegangen ist. Der Titel dieses Kapitels hat näm­lich gelautet: „Standortsicherung durch eine aktive Außenpolitik!“. Ich habe das schon sehr interessant gefunden, dass Außenpolitik quasi nur mehr dazu da ist, um den österreichischen Standort und Standort der Firmen zu sichern, und nicht mehr dazu, um ein sonstiges Interesse, auch österreichisches Interesse an einer internationalen Debatte zu festigen. Nichts davon – nur mehr die Standortsicherung!

Als Beweis der aktiven Außenpolitik wird angeführt, dass es hervorragende Export­daten mit den neuen EU-Partnerstaaten gibt. Ist schon recht so, aber, Herr Staatssek­retär, das als einen wichtigen Aspekt oder den wichtigsten Aspekt der österreichischen Außenpolitik im Budget zu verkaufen ist doch sehr mager. Noch dazu, wenn ich mir


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anschaue, was Sie tatsächlich im Bereich der Außenpolitik gemacht oder eben nicht gemacht haben.

Da es gestern Lob für die Außenministerin dafür gab, wie sehr sie sich für dieses Bud­get eingesetzt hat, kann ich nur sagen: An der Tatsache, wie dieses Budget aussieht, ist zu sehen, dass die Außenministerin hier schon längst ihre Abschiedsrede gehalten hat und dass es leider noch keine Nachfolgerin oder keinen Nachfolger gibt, die oder der sich massiv gegenüber dem Finanzministerium für die Interessen dieses Ministe­riums eingesetzt hätte. Das Budget spricht nämlich eine Sprache, die alles andere als ein Erfolg oder eine Möglichkeit zu größeren Erfolgen in der österreichischen Außen­politik in der Zukunft ist.

Lassen Sie mich einige Beispiele dafür bringen – zum einen die Vorbereitung der österreichischen EU-Präsidentschaft. Wie Sie wissen, in etwas mehr als einem Jahr übernimmt Österreich wieder einmal die Präsidentschaft, und dafür ist im Zentralbud­get zwar einiges vorgesehen, doch im Außenamtsbudget ein äußerst geringer Betrag. Es ist für mich nicht erkennbar, wie die großen Arbeiten, die Vorbereitungen, sowohl auf inhaltlicher wie auf Ressourcenebene, die getätigt werden müssen, mit so einem niedrigen Budget machbar sein sollen. Soll es da vielleicht nur darum gehen, von wegen Zentralbudget, dass die großen Feierlichkeiten und die großen Feste finanziert werden? Das ist schon okay, das soll es schon auch geben im Rahmen der Präsident­schaft, aber die Arbeit muss getan werden, und die muss auch schon 2005 getan werden! Die Beschäftigten, die Beamten und Beamtinnen im Außenministerium haben keine leichte Arbeit.

Das Gleiche gilt für die Vertretungsbehörden, wo es weitere Personalkürzungen gibt. Zwei neue Botschaften werden eröffnet, in Malta und in Zypern. Aber nichts ist vorge­sehen, sondern es werden noch einmal an die 30 Posten gekürzt werden müssen. Wie die Leute das schaffen sollen, das steht in den Sternen – vielleicht noch mehr arbeiten, noch mehr, als sie jetzt sowieso schon arbeiten.

Ein weiterer Punkt: das Budget für die Entwicklungszusammenarbeit. Es ist schon ein bisschen makaber, muss ich sogar sagen, wenn der Minister gestern gesagt hat: „Der BVA 2005 sieht weitere Steigerungen bei den Ausgaben für die Entwicklungszusam­menarbeit vor, so dass wir das Ziel von 0,33 % des BIP im Jahr 2006 auch erreichen werden.“

Wissen Sie, wie viel das sein müsste? Laut Dreijahresprogramm der Bundesregierung 226 Millionen € aufgeteilt auf 2005 und 2006. Für das heurige Jahr ist es – über die Agentur, die jetzt gegründet wird – gerade ein bisschen mehr als 1 Million. Dann gibt es ungefähr 14 Millionen mehr an Pflichtbeiträgen für die internationalen Organisatio­nen. Weiters sind, nicht im Außenamtsbudget, sondern im Budget des Finanzministe­riums, für die Entschuldungen 100 Millionen € vorgesehen. Ob die tatsächlich eintreten oder nicht, ist offen. Aus dem Jahr 2003 wissen wir, dass diese nicht eingetreten sind und dann auch nicht angerechnet wurden.

Herr Staatssekretär! Diese Vorgabe ist eine reine Worthülse. Sie sagen, bis 2006 wer­den Sie das erreichen – es ist völlig unmöglich, das mit diesem geringen Prozentsatz, den Sie jetzt im Budget drinnen haben, zu erreichen. Das ist ein Hohn, denn Entwick­lungszusammenarbeit ist kein Luxus, sondern ist etwas, was auch außenpolitisches Interesse Österreichs sein soll.

Lassen Sie mich schließen mit dem Punkt, den auch schon meine Vorrednerin Brigid Weinzinger angeführt hat: Es ist schon erstaunlich, jene Ministerin, die in ihrem Präsi­dentschaftswahlkampf so oft gesagt hat, wie wichtig ihr die Frauen sind, die die Rolle der Frauen immer wieder betont hat, die gesagt hat, sie selbst wird die erste Frau im Land sein und so weiter, sie ist die Einzige, die im Budgetvoranschlag für ihr Ministe-


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rium null zum Gender Budgeting vorgesehen hat. Ich hoffe, dass es bald eine Nach­folgerin oder einen Nachfolger geben wird, der mit mehr Druck gegenüber dem Rest der Regierung die Interessen Österreichs im Bereich der Außenpolitik vertritt. Sonst sehe ich da schwarz für die nächste Zeit. (Beifall bei den Grünen.)

14.49

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Hakl. – Bitte.

 


14.49

Abgeordnete Mag. Karin Hakl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staats­sekretär Finz! Hohes Haus! Ich darf einleitend gleich auf die Ausführungen von Abge­ordneter Lunacek replizieren, insbesondere zum Budget für Entwicklungspolitik. Wir haben im heurigen Jahr die größte Steigerung des Budgets für Entwicklungshilfe, Gott sei Dank, bekommen, und wir setzen im Jahr 2005 einen weiteren Zwischenschritt auf dem Weg zu den 0,33 Prozent des Bruttoinlandsproduktes, die im Jahr 2006 zu er­reichen wir uns verpflichtet haben. Ich bin darüber glücklich. Wie überall könnte es auch dort ein bisschen mehr sein, aber das Problem haben wir in allen Bereichen, und ich bin der festen Überzeugung, dass wir den großen Schritt im Jahr 2006 machen werden.

In Summe ist die Debatte aber heute einigermaßen verblüffend, denn die SPÖ schreit die ganze Zeit eigentlich deutlich nach Steuererhöhungen. Ich glaube, den Vogel abge­schossen hat aber heute die grüne Abgeordnete Sburny, als sie sagte, dass eine Steuerquote von über 50 Prozent (Abg. Sburny: Abgabenquote!) etwas absolut Wün­schenswertes, Erstrebenswertes wäre. (Abg. Sburny: Das habe ich nicht gesagt!) Dass jeder Österreicher mehr als ein halbes Jahr nur noch für den Staat arbeitet, soll etwas Positives sein? (Abg. Sburny: Das habe ich nicht gesagt! Vielleicht hören Sie mir einmal zu!)

Sie, Frau Abgeordnete Sburny, haben Schweden als positives Beispiel genannt, wie gut diese Quote für den Wirtschaftsstandort sei. Zuvor, vor wenigen Minuten, ist über die APA eine Nachricht gekommen, mit der aufgezeigt wird, was die Resultate einer derart verfehlten Politik sind. Ich darf aus dieser APA-Meldung zitieren:

„Die Lage auf dem Arbeitsmarkt in Schweden hat sich im September deutlich ver­schlechtert. Im vergangenen Monat ist die Arbeitslosenquote von 5,5 auf 5,8 Prozent gestiegen, teilte das schwedische Statistikamt am Donnerstag in Stockholm mit. Im September 2003 hatte die Quote noch bei 4,8 Prozent gelegen.“ – Also auch weit höher als derzeit in Österreich.

Und ich zitiere weiter aus dieser APA-Meldung:

„Im vergangenen Monat waren den Statistikern zufolge 257 000 Menschen ohne Job. Dies waren 41 000 mehr als vor einem Jahr. Gleichzeitig sank die Zahl der Erwerbs­tätigen um 46 000 auf 4,2 Millionen.“ – So sieht die Situation, die Sie von den Grünen so gelobt haben, in Schweden aus.

Dem gegenüber haben wir in Österreich eine Arbeitslosenquote, die geringer ist, und die Quote – was mir besonders wichtig erscheint – hinsichtlich Langzeitarbeitslosen liegt bei 1,1 Prozent. Das ist die niedrigste Quote in ganz Europa. (Abg. Öllinger: Das stimmt ja nicht!) Im Gegensatz zu Schweden, wo die Zahl der Beschäftigten permanent sinkt, haben wir in Österreich einen Beschäftigungsrekord, haben wir in Österreich ebenso einen Unternehmensgründungsrekord. (Abg. Öllinger: Auch das stimmt nicht!) – Das sind also die Unterschiede! Daher: Diese Politik wollen und werden wir auch fortführen. (Beifall bei der ÖVP.)


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Ganz besonders wichtig ist es auch, aufzuzeigen, dass sich neben der 47-prozentigen Steigerung des Budgets für Wissenschaft und Forschung seit 1999 auch dieses Jahr wieder zusätzliche Effekte für Wissenschaft und Forschung ergeben, Effekte, die sich vielleicht nicht ganz unmittelbar am Budget ablesen lassen. Ich verweise in diesem Zusammenhang beispielsweise auf die neue Konzernbesteuerung, nach der es eben möglich ist, dass Unternehmen, die Töchter haben, die sich ausschließlich mit For­schung befassen, in Österreich Verluste – und es ist ein Verlustgeschäft, reine Grund­lagenforschung zu betreiben – steuerlich geltend machen können, was natürlich auch eine öffentliche Förderung der Forschungsfinanzierung bedeutet, die in einem großen Ausmaß auch von den österreichischen Unternehmen, wie ich hoffe, genutzt wird.

Nicht umsonst gründen ja Konzerne, die hier ihre Muttergesellschaft haben, auch ihre Forschungstöchter hier. Und das sind genau jene Arbeitsplätze, die wir brauchen, die wir haben wollen, auf denen gut ausgebildete junge Menschen tätig sein können, Tätig­keitsfelder also mit zukunftsfähiger und zukunftssicherer Beschäftigung, wo Spin-Offs entstehen – und in Folge weitere Top-Arbeitsplätze in Österreich. Und da werden wir weitermachen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

14.53

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Abgeordnete Sburny zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihr.

 


14.53

Abgeordnete Michaela Sburny (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Frau Abgeordnete Hakl hat soeben behauptet, ich hätte eine Steuerquote von über 50 Prozent verlangt. – Das ist natürlich falsch, und Sie wissen das auch.

Richtig ist vielmehr, dass ich festgestellt habe, dass eine Abgabenquote – nicht Steuer­quote – von über 50 Prozent, wie es sie in Schweden gibt, tatsächlich zu mehr Wachs­tum als in Österreich geführt hat und tatsächlich eine höhere Frauenbeschäftigung, flächendeckende Kinderbetreuung und ein hervorragendes Sozialsystem hervorge­bracht hat. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

14.54

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Öllinger zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.

 


14.54

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Frau Abgeordnete Hakl hat in ihrer Rede be­hauptet, dass wir in Österreich einen Beschäftigungsrekord hätten. – Ich berichtige: Das ist falsch!

Tatsächlich ist es so, dass es in Österreich im Jahre 2001 3,78 Millionen Beschäftigte gab. Im Jahre 2003, im letzten Bezugsjahr sozusagen, waren es 3,70 Millionen Be­schäftigte, was also einem Minus von 8 000 Beschäftigten entspricht.

Wir haben in Österreich also nicht einen Beschäftigungsrekord, sondern ein Beschäfti­gungsminus, und zwar allein in den letzten Jahren. (Beifall bei den Grünen.)

14.55

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Wurm. – Bitte.

 


14.55

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! – Der Herr Finanzminister ist uns ja abhanden gekommen. – Hohes Haus! Da von einer Vorrednerin die Beschäftigungszahlen angesprochen wurden, möchte ich schon sagen, dass man sich genau anschauen soll, was sich hinter diesem Zahlen-


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material versteckt. Es gibt darunter sehr viele atypisch Beschäftigte, auch sehr viele halbtags Beschäftigte, und nicht zu vergessen: Die Arbeitslosenquote der Frauen in Österreich – vor allem bei uns in Tirol: plus 8,1 Prozent im vergangenen September – ist wirklich beschämend. Die Erwerbsquote der Frauen in Österreich ist beschämend, auch das muss gesagt werden! (Beifall bei der SPÖ.)

Doch nun zu einem anderen Bereich, der heute noch kaum angesprochen wurde – ja, einmal kurz vom Bundesminister für Finanzen –, obwohl ja sonst seitens der Regie­rungsparteien stets sehr blumig ausgeführt wird, wie wichtig das Thema Sicherheit in Österreich dieser Bundesregierung sei. – Die Daten sehen allerdings anders aus!

Was das Thema Sicherheit anlangt, hat der Finanzminister über die innere Sicherheit zwei Sätze und über die Justiz einen Satz verloren. Ich zitiere:

„Justizministerin Karin Miklautsch entwickelt eine große Justizreform, um sowohl Ge­richtsbarkeit als auch Strafvollzug den Erfordernissen des 21. Jahrhunderts anzupas­sen.“ – Das war es dann aber auch schon zum Thema Justiz.

Ich möchte Sie jetzt an Folgendes erinnern, Herr Finanzstaatssekretär Finz, sehr geehrte Damen und Herren: Vor zirka einem Jahr, genau im November vergangenen Jahres, war es, als mehr als 2 000 Richter, Staatsanwälte und Bedienstete der Justiz hier in unserer Nachbarschaft, und zwar im Justizpalast, demonstrierten und auf die Zustände in der Justiz hinwiesen, dass nämlich viel zu wenig Personal vorhanden ist. – Viel mehr Personal wird es nach diesen Budgetzahlen auch nicht geben; das geht gar nicht. Das Gegenteil ist der Fall: Es sind wieder weniger Personalplanstellen ausge­wiesen. Lediglich 10 926 Planstellen sind ausgewiesen, 11 064 waren es noch im Jahre 2003. (Zwischenbemerkung des auf der Regierungsbank sitzenden Staatssek­retärs Dr. Finz.)

Das ist ein Problem, Herr Staatssekretär, denn dahinter stehen doch Menschen, Men­schen, die Verfahren erledigt haben wollen. Verfahren dauern jedoch immer länger, und das ist ein Problem für jene in unserem Lande, die Rechtssicherheit haben wollen. Jeder Tag, den ein Verfahren länger dauert, kostet denjenigen, der das Verfahren führt, viel Geld. Das wissen Sie doch.

Zum Thema Justiz sei auch noch gesagt, dass in vielen Bereichen Probleme eine hausgemachte Sache sind, denn wie erklären Sie sich denn das, Herr Staatssekretär, dass zum Beispiel die Häftlingszahlen vom Jahre 2002 bis zum Jahre 2004 auf 8 500 gestiegen sind?! Das ist eine Steigerung um 20 Prozent! Was ist denn da passiert in unserem Land? Sind auf einmal alle kriminell geworden? Was ist denn da geschehen? (Abg. Scheibner: Dass einmal die Straftaten aufgeklärt werden!)

Die Aufklärungsquote, Herr Klubobmann Scheibner, ist massiv gesunken! Und auch das liegt in Ihrer Verantwortung, in der Verantwortung des Herrn Bundesministers Strasser in diesem Falle. (Abg. Scheibner: Das ist falsch! Die sinkt nur in Wien!)

Die Aufklärungsrate ist gesunken, und zwar auf unter 40 Prozent, das ist Niedrigst­stand in der Zweiten Republik! Schauen Sie sich das doch an! Das müsste Sie doch zum Stirnrunzeln bringen! (Abg. Scheibner: Ich runzle gar nichts!) Immer wieder mokiert sich auch der Landeshauptmann von Kärnten über die Zustände, die sich im Innenministerium abspielen, wie Sie ja wissen. (Abg. Scheibner: Das ist wieder etwas anderes!) – Das ist das Gleiche!

Zum Kapitel Justiz werden Gesetze beschlossen, so auch gestern ein wichtiges und notwendiges Gesetz, nämlich das Strafrechtliche Entschädigungsgesetz. Man braucht Personal, um dieses Gesetz exekutieren zu können, nur: Eine personelle Bedeckung ist auch da nicht gegeben! Wenn man Gesetze beschließt, die personalintensive Maß­nahmen erfordern, dann hat man dafür zu sorgen, dass Gesetze auch durchgesetzt


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werden können. Und das ist bei diesem Gesetz sicherlich nicht der Fall. (Präsident Dr. Khol übernimmt wieder den Vorsitz.)

Ich komme zum Schluss, sehr geehrte Damen und Herren. – Herr Innenminister Stras­ser, der verantwortlich ist für die höchsten Zahlen in der Kriminalstatistik und für die niedrigste Aufklärungsquote, ist in diesem Kapitel auch erwähnt. (Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.) Hier steht, dass es darum geht, die Wachekörper zusam­menzulegen. Das ist sozusagen der große Beitrag für die Sicherheit. Was wir seit vier Jahren hier in Österreich erleben, ist das Gegenteil davon. Die Städte überlegen sich sogar schon, eigene Wachekörper zu installieren.

 


Präsident Dr. Andreas Khol (neuerlich das Glockenzeichen gebend): Frau Abgeord­nete, ich muss Sie nach der Geschäftsordnung um 15 Uhr unterbrechen. Sie können dann nach den Kurzdebatten weitermachen, oder Sie formulieren einen Schlusssatz. Die Wahl liegt bei Ihnen.

 


Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (fortsetzend): Herr Wittauer hat zur Einrichtung der städtischen Polizei gesagt: Die Stadt soll selber zahlen! – Das werden wir weder in Innsbruck noch in Wien leisten können. Der Innenminister ist hier gefordert, also die Kompetenz des Bundes. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

15.01

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich unterbreche nunmehr die Verhandlungen über die Tagesordnung.

Kurze Debatte über die Anfragebeantwortung 1954/AB

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen zur kurzen Debatte über die Anfrage­beantwortung des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit mit der Ordnungs­zahl 1954/AB.

Die erwähnte Anfragebeantwortung ist bereits verteilt worden, sodass sich eine Verle­sung durch den Schriftführer erübrigt. Der Herr Bundesminister ist auch eingetroffen.

Wir gehen sofort in die Debatte ein. Ich mache darauf aufmerksam, dass entsprechend § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung kein Redner länger als 5 Minuten sprechen darf, wobei dem Erstredner zur Begründung eine Redezeit von 10 Minuten zukommt. Stel­lungnahmen von Mitgliedern der Bundesregierung sollen nicht länger als 10 Minuten dauern.

Ich bitte nun Herrn Abgeordneten Mag. Kogler, die Anfragebesprechung einzuleiten. Redezeit: 10 Minuten.

 


15.02

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Jawohl, meine Entscheidung, diese Anfragebesprechung durchführen zu lassen, bezog sich nicht so sehr und primär darauf, das hier bekannte und reguläre Spiel Opposi­tion – Regierung durchzuführen, sondern sich einmal in Erinnerung zu rufen, was denn diese Gegengeschäfte, diese so genannten Gegengeschäfte, für einen Status bei der Abwicklung von Rüstungsgeschäften haben, was vorher festgelegt wird, versprochen wird und was dann droht einzutreten.

Herr Bundesminister! Ich sage nicht in allen Punkten, dass das Schlimmste passieren muss, und ich stelle noch einmal ausdrücklich fest, dass man differenzieren muss zwi­schen dem, wie sich das Ministerium verhält, und dem, was in diesem Falle die ver­pflichtete Firma EADS alles tun zu dürfen glaubt.


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Von vorne. – Sie, Herr Bundesminister, haben immerhin noch am 23. Mai des Vorjah­res anlässlich der bevorstehenden Vertragsunterzeichnung mit EADS erklärt, dass die Gegengeschäfte an sich sehr transparent ablaufen werden. Da ist nicht der Gegen­geschäftsvertrag gemeint, nämlich jener mit EADS, also der Rahmenvertrag, nicht die vielen Verträge, wenn sie es überhaupt gibt, mit den jeweiligen Firmen, die Gegen­geschäfte bestätigen, sondern der Rahmenvertrag, Bestandteil und Anhängsel des Grundgeschäfts, wenn man so will.

Sie sagen jetzt immer wieder, erst letzthin im Ausschuss: Leider, leider – EADS hat sich Vertrauen ausgebeten! Also: Der zentrale Rahmenvertrag, an Hand dessen man überhaupt einmal genau sehen würde, was die konkreten festgeschriebenen Kriterien sind, an denen man nachvollziehen könnte, was denn gegebenenfalls ein konkretes Gegengeschäft ist, wird nicht offen gelegt.

Dieser Vertrag sollte doch ein paar Kriterien definieren, sonst ist er ja abstrakt. Dort steht ja kein Geschäft drinnen, sondern nur die Verpflichtung von EADS gegenüber der Republik. – Das wird nicht offen gelegt! Warum, Herr Bundesminister? Warum stellen Sie sich am 23. Mai des Vorjahres vor die Bühne – in diesem Fall im Übrigen bezeich­nenderweise in der Maria-Theresien-Kaserne; ich weiß nicht, ob das ein günstiger Standort ist, um diese angeblichen Gegengeschäfte zu verkünden –, sagen dort: Das wird offen gelegt!, und im Nachhinein müssen wir feststellen, dass Sie sich damit recht­fertigen, dass EADS das unter dem Vertrauenshinweis nicht zulassen will?

Es ist Ihnen, Herr Minister, der Vorwurf zu machen, dass Sie hier offensichtlich klein beigegeben haben, weil es keine vernünftige Begründung gibt, warum das nicht offen gelegt werden kann, und die simple Frage ist zunächst: Was steckt dahinter, wenn nicht einmal die Gegengeschäftskriterien offen gelegt werden dürfen? – Die erste Frage, die unbeantwortet blieb.

Da kommen wir zu dem, was immer wieder die wirtschaftspolitische Debatte bei Ge­gengeschäften geprägt hat, nämlich eine – ich will jetzt nicht sagen: Vodoo-Ökonomie, weil man den Begriff Vodoo nicht ständig schlecht machen sollte; nur aus diesem Grund. (Heiterkeit und Beifall bei den Grünen.) Das ist eigentlich ein Anachronismus. Herr Klubobmann Scheibner weiß das. Klubobmann Scheibner – weil er mich gerade anschaut (Abg. Scheibner: Ich kann auch woanders hinschauen!), fällt mir das ein – hat ja bei einem kleinen Untersuchungsausschuss in der vorvorletzten Legislatur­periode seine Unterschrift unter einen Ausschussbericht gesetzt, in welchem eindeutig festgehalten wurde, dass die Abwicklung der damaligen Gegengeschäfte mit der Firma  Thompson haarsträubend war und dass, wenn dort überhaupt ein Geschäft stattgefun­den hat, der Verdacht auf Provisionszahlungen gegeben war.

Also, Provisionszahlungen war das Einzige, was dort noch am ehesten herausgekom­men ist, und er hat zu Recht diesen Untersuchungsbericht mitunterschrieben. Vor allem hat er damals gesagt: Entscheidend ist eigentlich das Rüstungsgeschäft! Man soll nicht so tun, als ob man mit Gegengeschäften die Sache im Wesentlichen verbes­sern könnte!

Ich sage es noch einmal: Wenn das so wäre, warum kaufen wir dann nicht 40, 80, 100 Abfangjäger, und wir hätten uns saniert? Wachstum durch Abfangjäger! Kommen Sie heraus mit Ihrem Taferl! Ich wiederhole: Wachstum durch Abfangjäger! – Das ist Ihre Philosophie, die sich dahinter verbirgt.

Jetzt stellt sich die Frage, wenn Sie schon mit diesem Vorverdacht ausgestattet waren: Wie schaffen Sie nun die konkrete Abwicklung?

Diesbezüglich haben wir vor dem Sommer eine Anfrage mit 20 Fragen gestellt, wovon de facto 17 überhaupt nicht beantwortet wurden, eine mit Ach und Krach, und zu zwei


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Fragen wurde wenigstens irgendetwas gesagt. – Das ist also die Bilanz, die quantita­tive Bilanz dieser Anfragebeantwortung, und ich sage das auch deshalb dazu, weil ich es schon für richtig halte, dass, wenn es ein Fragerecht der Abgeordneten gibt, die Minister die Fragen dann auch beantworten. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Was steht hier möglicherweise dahinter? – Wir haben uns ja trotzdem Informationen besorgt, nämlich jene, die über die von Ernst & Young hinausgehen. Das muss man sich vorstellen: Wieder ein Beratervertrag im Kontext der Gegengeschäfte! Steigen Sie mit mir ein bisschen in die Materie ein: Im Sommerloch veranstaltet EADS Journalis­ten-Heurige, die Kampagne wird aufgebaut, und irgendwie hat sich da schon etwas abgezeichnet. Journalisten haben zu uns gesagt: Gegen Ende August wird dann etwas bekannt gegeben!

Ich habe wirklich den Eindruck gehabt, dass Sie, Herr Minister, dann geradezu unter Druck gestanden sind, sei es vom Kanzler, sei es von EADS, da irgendetwas zu verkünden. Entsprechend haben Ihre Auftritte in der „ZiB 2“ jeweils ausgeschaut. Sie waren unsicher in dieser Sache, und das völlig zu Recht, weil es da hinten und vorne nicht mehr zusammenstimmte. Ursprünglich wurde von einem so genannten Meilen­stein von 1 Milliarde € avisierter Gegengeschäfte gesprochen – nicht wirkliche, meine Damen und Herren, sondern in Aussicht genommene, irgendwelche Memoranda of Understanding, die unterschrieben werden, dass irgendwer mit irgendwem vielleicht irgendwann ein Geschäft machen könnte. Das sind die so genannten Milestones, also ein „Wunschkonzert“ von Leuten, die da unterschreiben, die nachher aber gut beraten sind, wenn sie schnell wieder ihre Unterschrift zurückziehen. Es rennen ja genug Leute in der Gegend herum, die sich jetzt von diesem ganzen abenteuerlichen Unsinn distan­zieren, der da in die Welt gesetzt wurde.

Das sind Ihre Milestones beziehungsweise – dazu können Sie sich erklären – jene Dinge, die von EADS zumindest in die Welt gesetzt wurden und die Sie auf Ihre Home­page der Transparenz wegen einfach übernehmen. (Abg. Ellmauer: Das sind alles alte Hüte!)

Das ist Ihre Transparenz: EADS kündigt irgendetwas an, irgendein Geschäft, und Sie stellen das auf die Homepage! Nachher – und jetzt geht die Geschichte weiter – müs­sen Sie selber zugeben, indem Sie Ihre Homepage umgestalten, dass von den wirklich anerkannten Gegengeschäften nicht einmal eine Spur übrig bleibt von den ursprüng­lichen 1,8 Milliarden. Mittlerweile halten wir – laut Auskunft von Bundesminister Barten­stein – bei 160 Millionen € Gegengeschäft.

Jetzt können Sie sagen: Da sieht man ja, wie streng wir eigentlich zu Werke gehen! – Könnte man meinen, ist aber leider nicht so.

Es wurde zunächst wieder ein Beratervertrag um sehr viel Geld vergeben, damit Ernst & Young wissen Sie was testieren soll: dass es die Geschäfte gibt? – nein, keinesfalls! –, sondern dass es die Firmen wenigstens im Firmenbuch gibt, die da unterschreiben, und dass die Summen richtig zusammengezählt wurden. Aber was sich hinter den Summen verbirgt, haben Sie nicht gesagt, und das sage ich Ihnen jetzt.

Sie haben mit Stand 31. August 259 Geschäfte mit einem Volumen von 122 Millionen angegeben. Am 5. Oktober waren es nur mehr 219 Geschäfte mit 160 Millionen. – Das heißt ja nichts anders, als dass da nach der Einreichfrist, die schon längst vorbei war, ständig herumjongliert wird. Nicht nur, dass die Firmen und Geschäfte wieder raus­kippen, sondern es haben diejenigen, die drinnen geblieben sind – das sind ja jetzt viel weniger –, plötzlich ein viel höheres Geschäftsvolumen.


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Das heißt, es wird da unentwegt bis zum Schluss herumjongliert, und ich darf deshalb einen Manager von EADS zitieren, der da sagte – und ich finde das abenteuerlich –: Wir wollen das jetzt durchziehen! Es ist letztlich völlig egal, was das für eine Summe ist, wir werden jetzt handeln, es ist ja ohnehin alles nur fiktiv! – Meine Damen und Her­ren, ein wahres Wort von der Rüstungsindustrie! (Heiterkeit und Beifall bei den Grü­nen.)

Genauso wie Kollege Aloysius Rauen anlässlich Ihrer großartigen Verkündigungen ge­sagt hat: Na ja, eh schon wissen, nirgends wird so viel gelogen wie bei Grabreden und eben bei Gegengeschäften! – Wörtliches Zitat. – Und Sie treten den Wahrheitsbeweis für diese Behauptung an, und das mit großem Erfolg!

Das wollen wir uns aber nicht gefallen lassen, aber nicht nur wir, sondern auch der Rechnungshof bemängelt die äußerst oberflächliche Projektführung schon in der ganzen Vorphase. – Auch diesen Bericht habe ich mitgebracht, damit man sich nicht nur auf Ihre dürre Anfragebeantwortung stützen muss, die diesen Namen nicht einmal verdient. (Beifall bei den Grünen.)

Deshalb haben wir uns die Mühe gemacht, uns jetzt hier zu unterhalten, damit das Par­lament wenigstens an irgendeinem Ort noch seiner Kontrolltätigkeit, seiner Kontroll­funktion nachkommen kann. Letztlich werden Sie jetzt die Aufgabe haben, diese Sache hier zu beantworten. Kommen Sie mir nicht mit irgendwelchen Schmähs – wir haben heute schon genug Grasser gehabt! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

15.12

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu einer Stellungnahme hat sich Herr Bundesminister Bartenstein zu Wort gemeldet. Seine Redezeit soll 10 Minuten nicht überschreiten. – Bitte.

 


15.13

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrter Herr Abgeordneter Kogler, ich bin Ihnen dankbar dafür, dass Sie mir heute Gelegenheit geben, zum Thema Gegengeschäfte vor dem Hohen Haus zu referieren und eine Äußerung abzugeben.

Ich durfte heute Vormittag im Rahmen der Aktuellen Stunde schon über das sehr, sehr bemerkenswerte Geschäft von MAN mit dem britischen Verteidigungsministerium im Gesamtvolumen von 1,6 Milliarden € berichten. Ich sage dann später noch etwas dazu.

Zu Ihren Vorwürfen und zu Ihren Kritikpunkten, wie „Wachstum durch Abfangjäger“: Es steht Ihnen frei, polemisch zu sein, aber ich sage: Luftraumüberwachung durch Ab­fangjäger! Um nicht mehr und nicht weniger geht es. (Beifall bei der ÖVP und den Frei­heitlichen.)

Aber dass wir selbstverständlich auch bei einem Volumen von deutlich unter 2 Milliar­den € versuchen, im Wege der Gegengeschäfte ein Maximum für Österreichs Wirt­schaft, für die Volkswirtschaft, für Arbeitsplätze herauszuholen, das halte ich für durch­aus angemessen.

Niemand – weder ich noch sonst jemand –, der in diesem Lande politische Verantwor­tung trägt, hat jemals behauptet, dass der Abfangjägerkauf, die Beschaffung, durch die Gegengeschäfte zum Geschäft an sich wird, aber wir machen das Beste daraus und machen recht viel daraus, gemeinsam mit großen oder kleinen Unternehmungen der österreichischen Wirtschaft.

Was Sie hier mit „Meilenstein“ bezeichnen, ist Bestandteil des Gegengeschäfts-Ver­trages. Ich darf Ihnen dazu sagen: Es ist nicht richtig, dass dieser Gegengeschäfts-Vertrag der Öffentlichkeit nicht zur Verfügung stünde, bloß ist es nicht die Langversion,


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sondern eine Zusammenfassung, die publiziert wurde – und da besteht Einvernehmen mit EADS, im Übrigen Europas größtem Luft- und Raumfahrtkonzern; Sie wissen das mittlerweile wahrscheinlich bereits: Airbus, Ariane und andere –, eine Zusammenfas­sung, in der die substantiellen und materiellen Elemente des Gegengeschäfts-Vertra­ges drinnenstehen.

Das, was Sie interessiert, nämlich Details des Vertrages, ist deshalb nicht in voller Länge veröffentlicht worden, weil für Österreich und unsere Seite so günstig verhandelt wurde und weil EADS wahrscheinlich auch deswegen nicht wollte, dass das der Öffent­lichkeit mitgeteilt wird. Das ist aus meiner Sicht nachvollziehbar, und ich bitte, das zur Kenntnis zu nehmen. Anders wurde das auch nie gesagt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren und geschätzter Herr Kogler! Meilenstein 1 Milliarde €. – Tatsächlich waren es dann zum 22. August, innerhalb des ersten Jah­res der Gültigkeit des Gegengeschäftsvertrages, 1,66 Milliarden €. Natürlich sind und waren diese Beträge, die an Vertragsvolumen vorgelegen haben, Vertragsvolumen ab­geschlossener Verträge von EADS-Unternehmungen im weiteren Sinne des Wortes im Zuge des Abfangjägerkaufes. Das größte Gegengeschäft, das uns im Rahmen dieser Start-Milliarde, dieses Meilensteins zur Kenntnis gebracht wurde, war der 700-Millio­nen-€-Gesamtauftrag der oberösterreichischen Flugzeugzulieferfirma FACC. Insge­samt sind es 732 Millionen €, die uns hier namhaft gemacht wurden.

Ich weiß nicht, wen Sie da zitieren oder nicht zitieren, aber ich zitiere jetzt am besten den Geschäftsführer von FACC, Herrn Stephan , in einer APA-Meldung vom 23. April 2002. Auf die Frage, ob sein Unternehmen den Airbus-Auftrag auch dann bekommen würde, wenn die Entscheidung gegen den Eurofighter ausfällt, antwortete er: Das ist schwierig zu beantworten! Nein!

Das hat er im April 2002 gesagt. Nach der Typenentscheidung durch die Bundes­regierung war es dann möglich, diesen großartigen Gesamtauftrag, bestehend aus mehreren Detailaufträgen, an Land zu ziehen, und Ihr Parteifreund Dr. Androsch, sehr geehrter Herr Kräuter, hat sich erst gestern in einer Runde hochmögender Business-Leute sehr anerkennend über diese Gegengeschäftsmöglichkeit geäußert und hat dort nach meinen Informationen zu erkennen gegeben, dass auch er der Auffassung ist, dass ohne Gegengeschäftsunterlage diese Airbus-, diese EADS-Aufträge wohl nicht für FACC an Land gezogen hätten werden können. Sagen Sie das einmal den Arbeit­nehmern der FACC, wie Sie sich dazu verhalten, Herr Kräuter! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich sehe niemanden, der sich da distanziert. Ein abenteuerlicher Unsinn – das ist Ihre Diktion, Herr Kogler, aber nicht die ernsthafter österreichischer Unternehmer und Ar­beitnehmervertreter. Tatsächlich ist es so, dass sich diese 160 Millionen und einige 100 000 € anerkannte Gegengeschäfte auf eingereichte, bereits abgewickelte Gegen­geschäfte in einem Gesamtvolumen von 360 Millionen € beziehen – das ist richtig –, per 31. Mai ein Volumen von insgesamt 360 Millionen € bei uns eingereicht wurde, da­von bis zum heutigen Zeitpunkt anerkannt 160,6 Millionen €, 219 Projekte von 85 Fir­men; insgesamt waren eingereicht 259 Projekte von 102 Firmen.

Die Größenordnung von 1,8 Milliarden € beinhaltet das so genannte Startpaket, von dem ich schon gesprochen habe, und das sind Geschäfte, die, wie zum Beispiel der Airbus-Auftrag von FACC, nach meiner Kenntnis über die nächsten zehn oder 12 Jahre über Lieferungen abgewickelt werden und wo dann vermutlich jährlich ein Teil dieses Gesamtauftrages auch bei uns zur Anerkennung als abgewickeltes Gegengeschäft eingereicht wird.


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Ich habe im Ausschuss schon ein halbes Dutzend Mal versucht, Ihnen zu sagen: Bitte merken Sie sich, es besteht ein Unterschied zwischen Vertragsabschlüssen und der nachfolgenden Geschäfts- und Auftragsabwicklung. Darum geht es!

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe eingangs schon gesagt, ich bin froh, dass ich ausgerechnet heute Gelegenheit habe, zum Thema Gegengeschäfte Stellung zu nehmen, weil über diesen 730 Millionen-Auftragskuchen von FACC hinaus jetzt auch ein zweites, sehr großes Gegengeschäft spruchreif geworden ist. Herr Krainz, der Vorstandsvorsitzende von MAN in diesem Land, hat formuliert, das sei zu 99,5 Prozent unter Dach und Fach.

Ich freue mich, dass es der Bundesregierung möglich war, massiv auch bei unseren englischen Freunden mit dazu beizutragen, dass dieser Auftrag nicht etwa in die USA gegangen ist, sondern nach Österreich.

Von diesen 1,6 Milliarden Gesamtvolumen für – meines Wissens – 5 000 Militär-LKW bleiben 700 Millionen € als Wertschöpfung in Österreich hängen, und, Herr Kogler, es wird Sie interessieren, dass dadurch nicht weniger als 800 Arbeitsplätze gesichert und vermutlich etwa 300 neu geschaffen werden können, über einen Zeitraum, der bis ins Jahr 2012 und vielleicht auch danach reicht.

Auch da – ich zitiere Herrn Krainz, den Vorstandsvorsitzenden – die Aussage des Ver­antwortlichen in Bezug auf die Bedeutung des Eurofighter-Geschäftes; Herr Krainz im O-Ton:

„Wir haben durch dieses Eurofighter-Geschäft sicherlich einen nicht unerheblichen Rückenwind bekommen. Wir müssen natürlich trotzdem allen technischen Bedingun­gen und kommerziellen Bedingungen entsprechen bei der gegebenen Wettbewerbs­situation, also ist uns deswegen nichts geschenkt worden. Aber es sind die Türen schon etwas leichter aufgegangen, als es ohne dieses Projekt gewesen wäre.“ – ORF-„Abendjournal“, 12. Oktober dieses Jahres.

Krainz weiter in einer APA-Meldung vom 12. Oktober 2004: „Wenn der sonstige Auf­tragsbestand so bleibt, wie er ist, werden wir sicher zusätzliches Personal brauchen. Ob das 250 oder 350 Leute sind, kann ich heute nicht sagen.“ – Zitatende.

Es wird jedenfalls nicht unerheblich sein – daraus meine Ableitung –, rund 300 zusätz­liche Jobs. Ich hoffe, Sie freuen sich ähnlich, wie ich mich darüber freue, und auch die Abgeordneten dieses Hohen Hauses, sehr geehrter Herr Abgeordneter Kogler! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

So gesehen sind Gegengeschäfte ein wichtiger Teil der Abfangjägerbeschaffung. Ge­gengeschäfte sind auch etwas, was uns nach dem Originalzitat einer französischen Journalistin in „Le Monde“ ein Vier-Milliarden-Ticket zur europäischen Hochtechnologie besorgt. Gegengeschäfte bestehen nicht nur aus solchen Großaufträgen, sondern kommen auch dem Mittelstand zugute.

Herr Kräuter hat in einer seiner vielen Falschinformationen auch behauptet, es gäbe keine Gegengeschäfte, die in die Steiermark gegangen sind. 19 sind es bis zum heuti­gen Tage, die als Gegengeschäfte bereits anerkannt sind.

Ich darf Ihnen auch für die Firma FACC mitteilen – das sind Informationen aus diesem Unternehmen –, dass dieser 700-Millionen-€-Vertrag mit etwa 50 Zulieferbetrieben ab­gewickelt werden wird. Ich könnte Ihnen jetzt auch eine Reihe von Zulieferern nennen, wie zum Beispiel die Firma List Components in Aspang in Niederösterreich; auch ein Unternehmen wie HTP Fohnsdorf gehört dazu, und viele andere mehr. Es sind große Aufträge, die in Wirklichkeit aber vielen Mittelständlern in Österreich zugute kommen, nicht nur in St. Martin im Innkreis, nicht nur in Steyr und in Wien bei MAN, sondern in


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vielen anderen Orten Österreichs, in Niederösterreich, in der Steiermark, in Oberöster­reich, aber auch im Westen, und auf diese regionale Verteilung legen wir großen Wert.

Sehr geehrter Herr Abgeordnete Kogler, ich hoffe, Ihnen ergänzend zu meiner Anfra­gebeantwortung jetzt einige weitere wertvolle Informationen gegeben zu haben, und rechne damit, dass in Zukunft die Unterscheidung zwischen abgeschlossenen Verträ­gen sowie abgewickelten und damit anerkennungsfähigen Gegengeschäften ein wenig leichter fallen wird. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Molterer: Optimist!)

15.22

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gemeldet hat sich nunmehr Herr Abgeordneter Dr. Fasslabend. Redezeit: 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


15.23

Abgeordneter Dr. Werner Fasslabend (ÖVP): Sehr geehrte Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bei der Frage, was man auf das Vorbringen der Grünen heute antworten sollte, ist mir sehr deutlich bewusst gewor­den, dass der Ablauf der Beschaffungsvorgänge im Verteidigungsministerium von der grünen, von der linken Seite dieses Hauses fast immer nach einem gewissen Schema begleitet wird, und dieses lautet so: Wenn es um die Beschaffung eines militärischen Gerätes geht, dann heißt es zuerst einmal: Das brauchen wir nicht!, wenn aber die Grundsatzentscheidung gefallen ist und nichts mehr dagegen zu tun ist, dann heißt es: Die Typenentscheidung ist vollkommen falsch! Entweder das Gerät ist nach Ihrem Da­fürhalten zu alt oder es ist zu neu, in jedem Fall ist es Ihrer Meinung nach unbrauchbar und in jedem Fall ist es zu teuer.

Ich erinnere mich noch an meine Anfangszeit hier im Hohen Haus – das war etliche Zeit, bevor ich Verteidigungsminister wurde –, daran, dass damals schon der Herr Abgeordnete Kollege Pilz klargemacht hat – sogar mit Expertenaussagen wollte er das beweisen –, dass der Draken längstens eine Flugdauer von ein oder zwei Jahren hätte und dass es nur eine Frage von Wochen oder Monaten wäre, bis der erste herunter­fallen würde. In der Zwischenzeit ist diese Type ausgelaufen, und kein einziger Draken ist hinuntergefallen!

Ich wollte das nur deshalb sagen, weil es haargenau das gleiche Schauspiel auch bei allen anderen Typenentscheidungen gegeben hat, ob bei Panzern, beim Artilleriegerät oder was immer. (Abg. Schieder: Es hat ja auch gestimmt!) Es hat nie gestimmt! Es hat nie gestimmt, was er behauptet hat, aber es erfolgte immer nach dem gleichen Schema, das da hieß: Es funktioniert nichts, und letztendlich ist es zu teuer! (Rufe und Gegenrufe bei ÖVP und SPÖ.)

Wenn auch da eindeutig bewiesen ist, dass es anders ist, dann geht es letztendlich noch um die Gegengeschäfte, und man versucht, dort einen Konflikt aufzubauen, in­dem man sagt: Das bringt ja gar nichts, und das Ganze wird auch nicht ehrlich gehand­habt!

Jetzt ist es für mich die Frage – und ich möchte das ganz objektiv sagen –: Was ist für einen Beobachter von außen wirklich der Wert eines Gegengeschäfts? – Nach meiner Einschätzung und nach meiner ganz konkreten Erfahrung auch als langjähriger ehe­maliger Verteidigungsminister gibt es zwei wesentliche Gründe. Der erste ist, dass mit den Gegengeschäften sehr häufig ganz neue Geschäftsfelder aufgemacht werden, dass österreichische Firmen Aufträge erhalten, in Hochtechnologie hineingehen kön­nen, und zwar auf Feldern, auf denen es das bisher nicht gegeben hat, weil sie direkt zuliefern oder auf andere Weise. Das ist für jeden eindeutig erkennbar.


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Schwieriger erkennbar ist es dann, wenn es darum geht, ein bestimmtes Auftragsvolu­men abzusichern. Das ist nicht so eindeutig und nicht so leicht erkennbar, weil man mit den Firmen teilweise auch vorher schon Umsätze gemacht hat, Verträge gehabt hat et cetera. Das ist aber genau der Punkt, von dem Ihnen jeder, der in der Privatwirtschaft tätig war oder ist, sagen kann, wie wichtig das ist. Ich komme aus der Privatwirtschaft, ich war jahrelang auch Verkaufsleiter eines großen, im Wettbewerb stehenden Unter­nehmens, und ich weiß, dass es selbst dann, wenn Sie mit einem großen Handels­unternehmen Jahr für Jahr einen Umsatz in einem bestimmten Volumen haben, jedes Jahr aufs Neue ungeheuer schwierig ist, wieder auf ein derartiges Volumen zu kom­men. Sie müssen alles einsetzen und dort um jeden Auftrag, um jede Aktion oder was immer kämpfen et cetera. In derartigen Fällen ist die Absicherung durch Gegenge­schäfte ein ungeheuer wertvolles Moment!

Ich kann Ihnen aus eigener Erfahrung nur sagen, wie oft ich es in Österreich erlebt ha­be – auch in der Zeit, als ich nicht mehr Verteidigungsminister war, sondern in meiner Eigenschaft als ÖAAB-Obmann irgendwo hingekommen bin –, dass mir die Leute erzählt haben: Gott sei Dank, wir haben damals diesen Auftrag bekommen, das war im Rahmen der Gegengeschäfte, und wir haben damit noch auf Jahre hinaus eine ge­wisse Garantie, dass dieses Geschäftsvolumen erreicht wird!

Daher sollten Sie sich, meine Herren, diese Vorgangsweise überlegen! Ich glaube, dass Oppositionspolitik hart sein soll, dass sie aber nicht darauf hinauslaufen sollte, einfach einen ganzen Bereich zu diskriminieren und zu skandalisieren. Für Skandali­sierung und Diskriminierung gibt es wahrlich keinen Grund! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

In diesem Sinne möchte ich auch Herrn Minister Bartenstein mein persönliches Kompli­ment für die Art und Weise, wie ernsthaft und gewissenhaft er gerade die Abwicklung der Gegengeschäfte verfolgt und überprüft, aussprechen. Meine Kompliment für das, was ich hier durchaus fachkundig beurteilen kann, ich muss sagen: Das ist erstklassig!

Wenn Sie wissen, dass in den ganzen Beurteilungsprozess nicht nur internationale Un­ternehmen wie Ernst & Young und so weiter eingeschaltet sind (Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen), sondern dass auch die Wirtschaftskammer, die Arbeiterkammer und verschiedene andere mit dabei sind, dann sollten auch Sie das anders beurteilen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

15.28

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Kräuter. Auch seine Redezeit beträgt 5 Minuten. – Bitte.

 


15.28

Abgeordneter Dr. Günther Kräuter (SPÖ): Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Im Wirtschaftsministerium muss es Leute geben, die einen Blödsinn nach dem anderen machen. (Zwischenruf der Abg. Dr. Baumgartner-Gabitzer.) – Frau Baumgartner, das würde ich nie behaupten! Das sagt die steirische ÖVP-Landesrätin Kristina Edlinger-Ploder. Sie sieht das ein bisschen anders als Kollege Fasslabend, und sie sagt zu den Gegengeschäften auch, dass der Skandal – der „Skandal“, Herr Minister! – nicht in Graz, sondern in Wien zu Hause ist. (Zwischenbemerkung von Bundesminis­ter Dr. Bartenstein.)

Was sagt der Rektor der Grazer Technischen Universität, Herr Bartenstein? – Er sagt:

„Es ist einfach unglaublich, ungeheuerlich“. „‚Ich kenne das Gegengeschäftspapier gar nicht‘, wehrt sich Sünkel gegen die Aussage des Wirtschaftsministeriums, auch die Technische Universität Graz habe um Eurofighter-Gegengeschäfte ... angesucht.“


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Meine Damen und Herren! Was soll man als Oppositionspolitiker dann noch draufset­zen, wenn es heißt: „Skandal“, „Blödsinn“ und „Ungeheuerlichkeit“? (Abg. Scheibner: Ihnen wird schon noch was einfallen!) Mir fällt ganz bestimmt was ein.

Herr Minister! Auf Ehre und Gewissen – es waren im letzten Rechnungshofausschuss 25 Zeugen dabei –: Sie haben behauptet, Sie hätten nie gesagt, dass es Eurofighter-Gegengeschäfte um 5,5 Milliarden gäbe. Stimmt das? (Bundesminister Dr. Barten­stein: Geben Sie Ihren Zeigefinger weg!) – Das haben Sie gesagt, Herr Minister!

Jetzt werde ich Ihnen vorlesen, was Sie wirklich gesagt haben: „Seitens Eurofighter lie­gen 5,5 Milliarden Geschäftsvolumina auf dem Tisch, das ist alles plausibel. Ich“ – Bar­tenstein – „werde persönlich darauf achten, dass zum Zeitpunkt des Abschlusses mit Eurofighter und EADS Gegengeschäfte schon auch konkret unterschrieben werden.“ Das ist sehr, sehr konkret! – „Zeit im Bild 2“, Runder Tisch, 2. Juli 2002.

Herr Minister, können Sie Ihren eigenen Worten eigentlich noch trauen? – Sie haben behauptet, bei der Abwicklung der Geschäfte gebe es maximale Transparenz. Es heißt: Transparenz ist uns sehr wichtig, und wir werden das Thema laufend begleiten, betonte der Herr Minister.

Herr Minister, Sie haben auch mir auf eine Anfrage nicht geantwortet. (Der Redner hält ein Schriftstück in die Höhe.) Am 7. Oktober 2004 ist das eingelangt, da sagten Sie zu den Eurofighter-Gegengeschäften für die Steiermark:

„Es können daher zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch keine definitiven Aussagen hin­sichtlich des Volumens der Anrechnung beziehungsweise dessen Verteilung ... getätigt werden.“

Es ist unglaublich! Sie reden zuerst von Gegengeschäften, Sie setzen dann eine Jubel­meldung über steirische Firmen ab, aber dem Parlament gegenüber? – Herr Präsident, ich muss mich schon wundern, dass Sie solche Anfragebeantwortungen überhaupt dulden, wenn drei Tage später öffentlich das Gegenteil davon behauptet wird. Das ist unglaublich: Hier wird einfach behauptet, dass es kein Gegengeschäft gibt, und drei Tage später gibt es eine Jubelmeldung über Gegengeschäfte. Unglaublich! (Bundes­minister Dr. Bartenstein: Große Enttäuschung für Sie!)

Herr Minister! Apropos Enttäuschung, große Enttäuschung – die Zurufe von Ihnen von der Regierungsbank haben so die Qualität Ihres Benehmens beim Schuhkauf. Das möchte ich Ihnen auch einmal gesagt haben! (Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei der ÖVP: Eine Frechheit! – Abg. Steibl: Das ist aber so billig! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! 78 500 € für eine einzige Unterrichtsstunde zu verrechnen, ist eine Unglaublichkeit. Ich habe diese Gegengeschäftsbestätigung hier schriftlich vor mir. Was der Herr Minister im Ausschuss geleugnet hat, meine Damen und Herren, ist Folgendes: Es gibt ein Schreiben des Bundesministeriums, aus dem ganz klar hervorgeht, worauf es wirklich ankommt. Ich zitiere aus diesem Schrei­ben vom 26. August 2004 – der Herr Minister hat behauptet, dass es dieses Schreiben nicht gibt –:

„Für das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit ist dabei wichtig, dass die Fach­hochschule Joanneum den Umfang der Leistung und deren tatsächliche Durchführung bestätigt.“ – Zitatende.

Darauf kommt es an: dass einfach bestätigt wird! Auch dann, wenn abenteuerliche 78 500 € für eine einzige Unterrichtsstunde verrechnet werden.

Herr Minister, Sie reden von Ernst & Young, davon, dass das ein unabhängiges Unter­nehmen sei, das hier prüft. Ich werde Ihnen eine Stellungnahme von Ernst & Young


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vorlesen. (Abg. Grillitsch: Es ist die Zeit für Sie aus, Herr Kräuter!) Substanzielle Prüfungshandlungen, sagen Ernst & Young, können auftragsgemäß nicht durchgeführt werden.

Meine Damen und Herren, das Wirtschaftsministerium hat doch tatsächlich selbst den Auftrag gegeben, keine substanziellen Prüfungen durchzuführen!

Herr Minister, ich fordere Sie auf: Schauen Sie, dass es eine unabhängige Kommission unter dem Vorsitz des ehemaligen Rechnungshofpräsidenten Fiedler gibt! Dann kann hier Licht ins Dunkel kommen. (Abg. Steibl: Vielleicht unter dem Vorsitz von Herrn Kräuter! – Abg. Grillitsch: Die Zeit ist aus, Herr Kräuter!)

Ein Letztes, Kollege Grillitsch, weil der Herr Minister so salopp von FACC und von tollen Geschäften gesprochen hat: Wissen Sie, was EADS dazu sagt? – EADS gab schon am 23. April 2002, 40 Tage vor dem Stichtag, offiziell bekannt: „FACC wird A380 Entwicklungspartner“ – nachzulesen im „trend“ –, ein Geschäft, das schon lange vor der Typenentscheidung abgeschlossen war.

Herr Minister, das ist einfach unglaublich! (Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzei­chen.) Schminken Sie sich diesen FACC-Schmäh ab! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

15.33

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Fauland. Rede­zeit: 5 Minuten. – Bitte. (Abg. Silhavy: Schon eine peinliche Geschichte! – Abg. Fau­land – auf dem Weg zum Rednerpult –: Nein, das ist keine peinliche Geschichte!)

 


15.33

Abgeordneter Markus Fauland (Freiheitliche): Es ist teilweise schon sehr seltsam, was man hier hört. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Silhavy.) Ja, das passt schon, Frau Kollegin.

Wenn ich vom Kollegen Kräuter die andauernden Wiederholungen, die wir ja im Aus­schuss schon zur Genüge erlebt haben, jetzt auch hier im Plenum höre, dann, glaube ich, dass wir irgendwann einmal zu dem Punkt kommen, an dem wir wieder in medias res gehen sollten, statt diese seltsamen Anschuldigungen von möglichen anerkannten Gegengeschäften – über die seitens des Herrn Bundesministers schon klargestellt worden ist, dass sie nicht anerkannt wurden – hier wieder zu verbreiten. Das ist ent­behrlich.

Nun einmal zum Grundsätzlichen: Es ist äußerst verwunderlich, dass vor allem die Opposition immer wieder versucht, wenn es um Rüstungsgeschäfte geht, zuerst einmal die Notwendigkeit zu hinterfragen; dann, wenn Ihnen die Notwendigkeit vor Augen ge­führt wird, zu hinterfragen, ob im Verfahren alles rechtens war, ob die Typenwahl rich­tig war; und im Anschluss daran andauernd zu monieren, dass irgendetwas im Ablauf von Gegengeschäften nicht funktioniert. Ich stelle jetzt einmal klar, dass der Eurofighter sicherlich nicht wegen der Gegengeschäfte gekauft wurde, sondern zur Sicherung einer Luftraumüberwachung zur Sicherheit Österreichs und auch zur Sicherheit der österreichischen Bürgerinnen und Bürger! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Aber wenn man das einzige Land in Europa ist, das nicht in der Lage ist, den Konsens im Bereich der Sicherheit der eigenen Bürgerinnen und Bürger zu finden, und wenn al­le anderen Länder, so auch ein rot-grün regiertes Deutschland, sich sehr wohl zu einer aktiven Luftraumüberwachung bekennen, dann ist es eigentlich sehr traurig, dass Sie nicht in der Lage und nicht willens sind, einen Fehler einzugestehen und einmal über Ihren Schatten zu springen. (Abg. Öllinger: Dann sind Sie eben ein bisschen traurig!)


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Was Sie weiters mit Ihrer andauernden Nörgelei an diesem Kauf bewirken, ist eine Schwächung des Wirtschaftsstandorts Österreich. Wie sieht denn das aus, wenn man einen rechtskräftigen Vertrag (Zwischenruf der Abg. Silhavy) – danke! –, einen rechts­wirksamen Vertrag mit einer Firma wie EADS abschließt, wenn man von EADS ver­langt, Gegengeschäfte abzuschließen, Gegengeschäfte auf den Tisch zu legen, und auf der anderen Seite andauernd verlangt, das Geschäft zu beenden! Das ist eine Frage einer sehr bedauerlichen Glaubwürdigkeit, die hier an den Tag gelegt wird. Denn: Wenn ich mich zu einem Geschäft entschließe, wenn ich hier im Plenum Gegen­geschäfte einfordere und dann auf der anderen Seite versuche, das Geschäft abzu­drehen, dann ist das, würde ich sagen, eine etwas unprofessionelle Vorgangsweise. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich bin der Auffassung, und auch die Freiheitliche Partei ist der Auffassung, dass wir selbstverständlich dem Minister Bartenstein zutrauen, diese Gegengeschäfte in der vorgegebenen Art abzuwickeln. Ich bin überzeugt davon, dass diese Gegengeschäfte auch den Rahmen, der vereinbart wurde, erreichen werden, und ich bin auch über­zeugt davon, dass wir spätestens 2007 den ersten fliegenden Eurofighter in Österreich erleben dürfen. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

15.38

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu einer weiteren Stellungnahme hat sich Herr Bundes­minister Bartenstein zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


15.38

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Herr Präsident! Hohes Haus! In aller Kürze zu den drei untergriffigsten Unterstellungen des Herrn Ab­geordneten Kräuter. (Abg. Dr. Kräuter: Keine Polemik von der Regierungsbank!) Zwei dieser Unterstellungen habe ich im Ausschuss schon beantwortet, aber es soll auch im Plenum so sein.

In der ersten Anbotsphase, das heißt letztlich gemeinsam mit dem Angebot für die Flugzeuge und vor der Typenentscheidung, haben alle drei möglichen Anbieter ein Projektvolumen für Gegengeschäfte eingereicht: Lockheed Martin 1,8 Milliarden €; EADS 5,5 Milliarden € – da haben Sie Ihre 5,5 Milliarden €; wenn Sie mir wenigstens zuhören würden, Herr Kräuter –; SAAB 6,5 Milliarden €. Nach der Typenentscheidung durch die Bundesregierung ist es zu den Gegengeschäftsverhandlungen gekommen und sind Gegengeschäfte im Volumen von mehr als 200 Prozent abgeschlossen wor­den, das heißt im Wert von 4 Milliarden €, die zu erfüllen sind. – Das dazu.

Zum Zweiten: Ernst & Young wurden von mir und von uns beauftragt, im Zuge der Prü­fung des Startpakets die vorgelegten Firmen auf Firmenbucheintragung zu checken, die festgestellten Vertragssummen zu überprüfen und die richtigen Daten der Vertrags­abschlüsse zu prüfen – nicht mehr und nicht weniger. Diese Untersuchung von Ernst & Young hat 10 000 € gekostet.

Zum Dritten: Wenn ich Ihre parlamentarische Anfrage beantworte vor der Arbeit der Plattform Gegengeschäfte, vor deren Empfehlung, die am 30. September dieses Jah­res erfolgt ist, und vor der Beschlussfassung meines Hauses und von mir auf Anerken­nung als Gegengeschäfte, das heißt letztlich vor dem vorläufig finalen Akt, dann steht es mir wohl frei und ist es wohl gute Courtoisie, Ihnen noch nicht sagen zu können, welche Geschäfte zum Beispiel auch in der Steiermark zur Anrechnung kommen. Sowohl die Empfehlung der Plattform als auch die Entscheidung meines Hauses ist erst einige Tage nach Beantwortung Ihrer parlamentarischen Anfrage erfolgt. (Abg. Dr. Kräuter: Sie haben am 7. Oktober diese Beantwortung zugestellt!) Ich gehe davon aus, dass Sie als angeblich steirischer Abgeordneter sich unter dem Strich darüber


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freuen werden, dass 19 der anerkannten Gegengeschäfte für die Steiermark anerkannt werden konnten. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

15.40

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Letzter Redner in dieser Kurzdebatte ist Herr Abgeord­neter Dr. Pilz. Seine Redezeit beträgt 5 Minuten.

 


15.40

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Meine Damen und Herren! Nur wenige kurze Feststellungen. Zum Ersten: Am 21. Juli 2004 hat das Bundesministerium für wirt­schaftliche Angelegenheiten der Firma Ernst & Young eine Liste der Gegengeschäfte und Kopien der Firmenbestätigungen für die Gegengeschäfte übergeben, sonst nichts.

Herr Bundesminister, wenn Sie erklären, die Firma Ernst & Young hätte Vertragsab­schlüsse überprüft, dann ist das schon deswegen falsch und die Unwahrheit, weil sie dazu nicht die Voraussetzungen hatte. Es wurden ausschließlich Eintragungen ... (Bun­desminister Dr. Bartenstein: Das habe ich nicht behauptet!) Ich habe mitgeschrieben! Schauen Sie dann im Protokoll nach. Ich möchte Ihnen nicht unterstellen, absichtlich die Unwahrheit gesagt zu haben, das ist auch nicht notwendig. Ich möchte nur etwas richtig stellen, damit das Parlament nicht falsch informiert wird.

Zweiter Punkt: Es wurden Ernst & Young verweigert der Gegengeschäftsvertrag, die Einsicht in die Akten und Gespräche mit den zuständigen Beamten. (Bundesminister Dr. Bartenstein: Das stimmt nicht!) Ich habe mich im Detail erkundigt, und Sie haben sicherlich die Möglichkeit, Herr Bundesminister, das klarzustellen.

Weiters: Der Prüfungsauftrag umfasste nicht die Richtigkeit der Daten, die sachliche Entsprechung zum Gegengeschäftsvertrag, die Zulässigkeit der Geschäftspartner, die Erreichung der sonstigen Ziele des Gegengeschäftsvertrags, die – und das ist wichtig – Zusätzlichkeit des Geschäfts und die Klärung, ob der Gegengeschäftsvertrag der Grund für das Zustandekommen war, und die inländische Wertschöpfung. Also alles, was wichtig ist, durfte nicht überprüft werden. Für etwas, was Ihre Beamten in einer Stunde hätten überprüfen können – nämlich: Sind die Zettel da und existieren die Firmen? –, wurde ein externer Prüfungsauftrag vergeben. Das, Herr Bundesminister, können Sie nicht erklären. (Abg. Gaál: Das ist ja unerhört!) Wenn Sie sagen, das sei billig gewesen, dann sage ich: Jeder Cent dafür war zu viel! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Nächster Punkt: Bitte unterlassen Sie es, dieses Parlament in der Frage des MAN-Auf­trags an der Nase herumzuführen. Ich werde Ihnen dazu ein paar Details sagen. Wenn Sie nachweisen können – und nur dann ist es ein Gegengeschäft –, dass eine Inter­vention von EADS ausschlaggebend war, dass die britische Regierung beziehungs­weise die britische Armee bei der österreichischen Firma kauften, dann ist das von Seiten der Firma Anstiftung zum Amtsmissbrauch und von Seiten der britischen Be­hörden vollzogener Amtsmissbrauch. Ich denke nicht, dass Sie das EADS auf der einen Seite und den britischen Behörden auf der anderen Seite unterstellen. In den Kategorien, welche Partner für Gegengeschäfte in Frage kommen – und ich kenne diese Passagen des Gegengeschäftsvertrags –, gibt es aus gutem Grund keine Regierungsstellen, weil bei Regierungsstellen genau diese Probleme auftreten. Es ist das volle Recht von EADS, bei einer anderen Firma zu intervenieren. Das sind private Verhältnisse. Es ist verboten für EADS, bei einer Regierung zu intervenieren und Wettbewerbe, Ausschreibungen und Vergaben zu verzerren. Was Sie hier behaupten und womit Sie sich schmücken, ist eine erfolgreiche Beeinflussung einer öffentlichen Vergabe in Großbritannien. Ja, möglicherweise sind Sie das von Österreich gewohnt, aber Sie sollten österreichische Verhältnisse nicht den britischen Stellen unterstellen. Da gilt nach wie vor, zumindest für die britischen Behörden, die Unschuldsvermutung.


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Drittens – und damit wende ich mich an Sie, meine Damen und Herren von den Regie­rungsfraktionen –: Ich persönlich bin froh, dass angesichts der Weigerung der Abge­ordneten, vieler der ÖVP und aller der FPÖ, das alles im Rechnungshofausschuss ordentlich nachzufragen und endlich kompetente Auskunftspersonen zu bekommen, da das von Ihnen abgewürgt worden ist und das Parlament an seiner Arbeit gehindert wurde und die Mehrheit immer wieder, und zwar nicht nur im Rechnungshofausschuss, ihre Macht missbraucht, die Mehrheit in diesem Nationalrat auf eine unverschämte Art und Weise ihre Macht missbraucht und das geduldet wird, mein Kollege Werner Kogler dem Nationalrat noch eine Chance gegeben hat – und ich bedanke mich bei ihm dafür – und als Vorsitzender des Rechnungshofausschusses in Erfüllung seiner parla­mentarischen Pflichten die Sitzung unterbrochen hat und Ihnen eine Chance gegeben hat, wieder zu parlamentarischem Verhalten zu finden. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Scheibner: Das ist ja ungeheuerlich!)

15.45

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ein Antrag wurde nicht gestellt. Die Debatte ist geschlossen.

Kurze Debatte über einen Fristsetzungsantrag

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir kommen nunmehr zur Kurzdebatte betreffend den Antrag der Frau Abgeordneten Mag. Muttonen, Kolleginnen und Kollegen, dem Kul­turausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 456/A (E) der Abgeordneten Mag. Muttonen, Kolleginnen und Kollegen betreffend vorzeitige Abberufung des Ge­schäftsführers des Kunsthistorischen Museums eine Frist bis 8. November 2004 zu setzen.

Nach Schluss dieser Debatte wird die Abstimmung über den gegenständlichen Frist­setzungsantrag stattfinden.

Wir gehen in die Debatte ein.

Ich bitte Frau Mag. Muttonen, die Debatte zu eröffnen. Ihre Redezeit beträgt 10 Minu­ten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


15.46

Abgeordnete Mag. Christine Muttonen (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär? (Staatssekretär Dr. Finz verlässt die Regierungsbank.) Meine Damen und Herren! Eigentlich wollte ich die Frau Ministerin Gehrer hier begrüßen, die zuständige Kulturmi­nisterin, aber sie zieht es offensichtlich vor, nicht nur zu schweigen, sondern auch ganz einfach nicht zu kommen. Es ist praktisch jetzt niemand mehr auf der Regierungs­bank – sehr interessant! So sehr interessiert das also die Regierung. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Es handelt sich um einen Fristsetzungsantrag! – Abg. Scheibner: Laut Ge­schäftsordnung ist das eine parlamentarische Angelegenheit!)

Meine Damen und Herren! Es geht um einen Dauerbrenner. Es geht um das Kunst­historische Museum und um Direktor Seipel, der ja mittlerweile ein Garant für negative Schlagzeilen, sozusagen ein Quotenrenner geworden ist. Leider beeinträchtigt dies sowohl den Ruf des Kunsthistorischen Museums als auch jenen der österreichischen Kulturpolitik.

Direktor Seipel hat in seiner Amtszeit den größten Kulturraub der Zweiten Republik, den Raub der „Saliera“ zu verantworten, und er hat auch schwere Sicherheitsmängel zu verantworten. (Abg. Mag. Molterer: Sie hat gesagt, er hat den Raub zu verant­worten! Das ist ungeheuerlich!) Schwere Sicherheitsmängel zu verantworten! (Abg.


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Mag. Molterer: Nehmen Sie das zurück!) Zusätzlich wurden die Öffentlichkeit und das Parlament ...

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Frau Magistra! Sie haben sicherlich nicht dem Herrn Seipel einen Raub unterstellt.

 


Abgeordnete Mag. Christine Muttonen (fortsetzend): Durch die Sicherheitsmängel ist es zu diesem Raub gekommen. (Neuerliche Zwischenrufe bei der ÖVP und Gegenrufe bei der SPÖ.) Durch massive Sicherheitsmängel, wie sie auch immer wieder von ver­schiedenen Seiten aufgezeigt wurden, wurde er möglich.

Zusätzlich wurde dann die Öffentlichkeit und das Parlament selektiv und zum Teil falsch informiert, wie wir in unserem Entschließungsantrag ausführlich dokumentiert haben. Sie können das dort nachlesen.

Seit dem Frühjahr heurigen Jahres ist nun ein durch die Medien veröffentlichter Roh­bericht des Rechnungshofes bekannt. Dieser weist auf verschiedenste Punkte hin, er zeigt fragwürdige Geschäftspraktiken auf, er zeigt eine unverantwortliche wirtschaft­liche Gebarung auf und belastet den Geschäftsführer des Kunsthistorischen Museums schwer. In diesem Rohbericht ist aber auch die Rede davon, dass es explodierende Personalkosten, explodierende Repräsentationskosten gäbe, und es wird darin auch kritisiert, dass es zu zweifelhaften Vorgängen rund um den Ankauf von Kunstobjekten gekommen wäre.

Auch die von Generaldirektor Seipel betriebene Eingliederung des Völkerkunde- und des Theatermuseums in das KHM, die mit dem Erzielen von Synergieeffekten und Kosteneinsparungen begründet worden ist, soll nach Aussagen des Rechnungshofs keinen wesentlichen wirtschaftlichen Vorteil gebracht haben.

Es entsteht also der Eindruck, als ob das Kunsthistorische Museum eine private Spiel­wiese des Herrn Direktor Seipel wäre: Da werden Bilder verliehen, die eigentlich nicht hätten verliehen werden sollen, da kauft Wilfried Seipel von seinem Museum zwei alt­ägyptische Grabbeigaben, obwohl sie unveräußerliches Gut waren. Da ging Seipel Nebenbeschäftigungen nach, die er sich nicht hatte genehmigen lassen. Zusätzlich wurden Gelder, die nach Auffassung des Rechnungshofs dem Kunsthistorischen Mu­seum beziehungsweise dem Bund zugestanden hätten, auf ein Subkonto überwiesen, und ganz im Sinne – Sie wissen es alle – der Freundschaftspflege gibt Seipel auf Kosten der SteuerzahlerInnen ein Fest für Staatssekretär Morak.

Zuletzt fand dann im Kunsthistorischen Museum noch eine Buchpräsentation statt, bei welcher Herr Direktor Seipel vor laufenden Kameras seine monarchistischen Sympa­thien auslebte, und das als hoher Funktionär der Republik Österreich am Vorabend der Feiern dieser Zweiten Republik. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Bürgermeister Häupl hat zur Königin von Norwegen auch „Königliche Hoheit“ gesagt!)

Was dem Fass den Boden ausschlägt, meine Damen und Herren, sind Vorkommnisse, die gestern im „NEWS“ veröffentlicht worden sind: Die Causa Museums Collection erhärtet den Eindruck der unsauberen Geschäfte. Es ist das Ganze wirklich ein Filz, man kann schon sagen ein Museumsfilz. Alles ist ineinander verwoben, es ist alles ineinander verschachtelt, es wird getarnt, es wird nicht aufgeklärt, es ist intransparent, man kauft und verkauft an sich selbst. Der von Ministerin Gehrer so oft gelobte Muse­umsdirektor Seipel kauft also eine marode Firma, nämlich die Museums Collection vom Geschäftsführer Seipel. Er saniert diese Firma auf Staatskosten, was die Steuerzahle­rInnen rund eine halbe Million € kostet.

Diese Missstände, meine Damen und Herren, haben uns veranlasst, den Entschlie­ßungsantrag und den Fristsetzungsantrag einzubringen und heute diese Debatte zu führen.


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Interessant sind natürlich auch die Reaktionen der zuständigen Ministerin und des Direktors Seipel. Direktor Seipel ist gelassen. Er ist ein viel beschäftigter Mann. Wie unlängst zu lesen war, konnte er zu den intransparenten Reiserechnungen keine Stel­lung beziehen, weil er auf Reisen war.

Doch wie reagiert die Bildungs- und Kulturministerin auf all diese Vorwürfe? – Gar nicht! Da frage ich mich, ob die Ministerin noch immer der Meinung ist, dass die „böse“ Opposition und die „bösen“ Medien Direktor Seipel grundlos kritisieren. Wir fragen uns vermutlich mittlerweile alle, warum die Ministerin völlig immun ist gegenüber jeder Kritik an Generaldirektor Seipel. Warum stellt sie sich vorbehaltlos vor ihn, obwohl die Kritik mittlerweile so massiv geworden ist, und zwar von allen Seiten?

Ministerin Gehrer hat sich einen Museumsfürsten aufgebaut, über dessen Museums­führung ihr die Kontrolle entglitten ist. Die SteuerzahlerInnen schauen sich seine Führung im Bereich des Kunsthistorischen Museums, die einer barocken Machtentfal­tung gleichkommt, jedenfalls fassungslos an. Ich kann nur sagen: Bei einem derart katastrophalen Management, bei einer derartigen Misswirtschaft würde in der Privat­wirtschaft ein Manager, der so agiert, nicht nur gefeuert, sondern auch belangt werden, meine Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Die Opposition hat in den letzten Jahren nicht nur einmal, sondern öfter und immer wieder auf die offenen Probleme im Kunsthistorischen Museum hingewiesen. Wir haben eine Unzahl von Anfragen gestellt, wir haben das im Kulturausschuss debattiert, und trotzdem wird dazu nicht wirklich Stellung bezogen. Die Rufe sind ungehört ver­hallt. Statt für mehr Kontrolle zu sorgen, statt für mehr Transparenz zu sorgen, wird geschwiegen. Es werden keine Aussagen getätigt, und der Vertrag von Direktor Seipel wird bis 2008 verlängert. (Ruf bei der ÖVP: Gott sei Dank!)

Was wir wollen, das ist, mehr Transparenz in diese Sache zu bekommen. Wir wollen, dass Sie Stellung beziehen zu den Vorwürfen, die im Rohbericht erhoben werden, die mittlerweile ja nicht mehr geheim sind, sondern praktisch in allen Zeitungen des Lan­des nachzulesen sind. Dennoch passiert in dieser Angelegenheit von Seiten der Regie­rung überhaupt nichts.

Wir fordern daher Ministerin Gehrer auf, endlich die Konsequenzen zu ziehen. Wir for­dern sie auf, den Geschäftsführer des Kunsthistorischen Museums, Dr. Wilfried Seipel, vorzeitig abzuberufen, das Museumsgesetz gibt ihr die Möglichkeit dazu. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

15.55

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zum Wort gelangt nunmehr Frau Abgeordnete Dr. Wolf­mayr. Ihre Redezeit, wie die Redezeit aller anderen in der Debatte, ist 5 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


15.55

Abgeordnete Dr. Andrea Wolfmayr (ÖVP): Herr Präsident! Meine Damen und Her­ren! Es kommt ja überhaupt nicht in Frage, dass ich eine parlamentarische Unsitte, die schon im Sommer erste Blüten getrieben hat, mit meiner Wortmeldung verstärke und auf die Vorwürfe der Opposition gegen die Person von Generaldirektor Seipel eingehe. Ich lasse mich ganz sicher nicht provozieren und dazu verleiten, inhaltlich auf Ihre Skandalisierungsshow einzusteigen. (Beifall bei der ÖVP.)

Für mich gilt noch immer – und das habe ich nicht einmal gesagt, sondern viele Male in Ausschüssen, und auch in Aussendungen habe ich es betont, und ich wiederhole es hier im Plenum des Nationalrats noch einmal –: Solange der Endbericht des Rech­nungshofs nicht vorliegt, so lange können unbewiesene Vorwürfe nicht zum Thema


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einer parlamentarischen Debatte gemacht werden. Es geht da nämlich wirklich grund­sätzlich um eine Sache der Rechtsstaatlichkeit.

Was du, Kollege Zinggl, seit Wochen inszenierst, und woran Sie, Kollegin Muttonen, sich gleich anhängen – und ich bin enttäuscht, dass Sie auf diesen Diffamierungszug gleich aufspringen, und ich nenne Sie bewusst in dieser Reihenfolge –, das ist für mich parlamentarische Unkultur, zugunsten kurzfristiger politischer Vorteile, ja Gags. Zu­gunsten einer Profilierungskampagne in den Medien veranstaltet die Opposition ein Scherbengericht. (Abg. Dr. Glawischnig: Und was wäre dann parlamentarische Kultur: verschweigen und vertuschen?) Was haben Sie wirklich in der Hand – außer bis heute unbewiesenen, unwiderlegten Vorwürfen? (Abg. Dr. Glawischnig: Begründen Sie das einmal!) Die Stellungnahme von Seiten des Kunsthistorischen Museums plus Kura­toriumsvertretern kennen wir alle noch nicht. (Abg. Mag. Wurm: Wie lange noch?) Sie wurde dem Rechnungshof zur weiteren Behandlung übermittelt und wird in den Endbericht einfließen. (Abg. Mag. Wurm: Wie lange dauert das noch?) Das sage ich jetzt gleich, nicht so ungeduldig, bitte, Frau Kollegin! (Abg. Dr. Cap: Wer hat Ihnen diesen Text geschrieben?)

Ein Kommentar des Rechnungshofs zur Stellungnahme des Kunsthistorischen Muse­ums ist für Ende November geplant, und der Endbericht wird voraussichtlich erst im Februar vorliegen. Leider! Das dauert auch mir zu lange. In dieser Sache hätte auch ich es gerne gehabt, dass es schneller geht, aber das ist nun einmal so. Bei einem der fünf größten, international renommiertesten Museen ist es selbstverständlich wichtig, dass es ein genaues und differenziertes Abwägen und Darstellen gibt. (Abg. Mag. Kogler: Dann müssen Sie einem Untersuchungsausschuss zustimmen!) Auf kei­nen Fall darf es – wie wir das jetzt haben – Vorverurteilungen, Desavouierungen oder gar Kriminalisierungen geben.

Ich möchte darauf jetzt näher eingehen, weil es mich wirklich ärgert. Auch lächerlich machen, meine Damen und Herren, ist eine Form der Desavouierung, und sie dient letztendlich – und Sie wissen das genau – der Kriminalisierung und Vorverurteilung. (Abg. Dr. Cap: Lesen Sie nicht so schnell!) In jedem Fall – und auch das habe ich schon einmal gesagt, und Journalisten haben das ebenfalls geäußert – ist einer der wichtigsten Rechtsgrundsätze noch immer: audiatur et altera pars. (Abg. Dr. Cap: Sie lesen zu schnell!) Es ist immer auch die Gegenseite, die andere Seite zu hören! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Kogler: Er sagt ja nichts!)

Drehen wir den Spieß um! Kollege Zinggl, drehen wir den Spieß um! Versetze dich ein­mal in die Lage des von dir aufs Korn Genommenen. Du selber hättest dich sicherlich auch dagegen verwahrt, dass die Ausgaben, die du zum Beispiel als Kurator der Biennale 1999 getätigt hast oder auch vorher als österreichischer Kurator im Kabinett des damaligen Kunststaatssekretärs Wittmann, Thema eines Untersuchungsausschus­ses würden. Du selbst hättest dich dagegen gewehrt, Zielscheibe von Angriffen in den Medien zu sein, von Politikern anderer Couleurs, Ziel von Verdächtigungen und An­schüttungen, ohne offiziell die Gelegenheit zur Gegendarstellung bekommen zu haben.

Es ärgert mich auch, und zwar aus folgendem Grund: Wir haben einander getroffen – und ich erinnere mich noch gut daran – und haben darüber gesprochen und waren beide der Meinung, Rohbericht ist Rohbericht, und der Endbericht wird dann behandelt (Abg. Dr. Glawischnig: Seipel selbst hat den Rohbericht an die Medien weitergelei­tet!), darüber waren wir uns einig, und das war ein sehr ruhiges und sehr angenehmes Gespräch, aber offiziell wird dann ein anderer Kurs gefahren, ein Kurs der Vorverur­teilung. (Abg. Mag. Kogler: Seipel selbst ist an die Öffentlichkeit gegangen!)

Ich scheue genauso wenig wie meine Kollegen und Kolleginnen die Diskussion. Abso­lut nicht! Wir werden das auch im Ausschuss beweisen. Wenn etwas nicht in Ordnung


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ist, dann werden wir das nicht vertuschen, sondern wir werden das Thema offensiv und gründlich angehen (Abg. Dr. Cap: Reden Sie nicht so lustlos!), und wir werden alle Kritikpunkte behandeln (Abg. Mag. Kogler: Und wieder verhindern, dass Seipel als Auskunftsperson zur Verfügung steht!) – Wieso? Wir haben einen Rohbericht, Herr Kogler! –, das aber immer auch in Relation zu den Verdiensten; das möchte ich auch sagen dürfen.

Ich will vor allem beide Seiten hören, denn ich will Gerechtigkeit. Dass ich das ausge­rechnet Ihnen sagen muss, kommt mir beinahe komisch vor. Es wird nämlich hier anscheinend eine unfaire Vorgehensweise vorgezogen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Es wird nach Stecknadeln im Heuhaufen gesucht, nach dem Motto: Es wäre ja gelacht, wenn wir da nichts fänden! Öffentlich anschütten, das hat ja immer geholfen. (Abg. Mag. Kogler: Sie werden schon wieder dafür sorgen, dass Seipel nicht als Auskunfts­person geladen wird!) Wir werden im Ausschuss nach Vorliegen des Endberichts des Rechnungshofs ganz bestimmt Punkt für Punkt das Thema durchdiskutieren. Bis dahin ist das nicht Thema der parlamentarischen Debatte, kann es nicht sein. Daher lehnen wir Ihren Antrag selbstverständlich ab. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

16.00

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Reheis. 5 Minu­ten Redezeit. – Bitte, Herr Kollege. (Abg. Mag. Molterer – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Reheis –: Was sagst du zur Aussage der Muttonen?)

 


16.00

Abgeordneter Gerhard Reheis (SPÖ): Herr Präsident! Teure, nicht anwesende Bundesregierung und Bundesministerin! Ich meine, das ist einmal in erster Linie eine Unsitte, dass die Frau Bundesministerin es nicht der Mühe wert findet, sich hierher zu setzen und sich die Anklagen und Beschwerden der Oppositionsparteien und der Öffentlichkeit, was den Generaldirektor Seipel betrifft, anzuhören. (Abg. Kopf: Das ist eine Fristsetzung! – Abg. Dr. Partik-Pablé: Kennen Sie die Geschäftsordnung?) Das nenne ich eine Missachtung und eine parlamentarische Unsitte und Unkultur. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Molterer: Was haben Sie für ein parlamentarisches Selbst­verständnis? Was ist das für eine Auslegung der Geschäftsordnung?)

Nun etwas zur Kollegin Wolfmayr. Frau Kollegin, in den Ausschüssen haben die Frau Bundesministerin, aber auch der Herr Generaldirektor Seipel schon des Öfteren Gele­genheit gehabt, Stellung zu nehmen. Was hat man gemacht? Mit Ihrer Mehrheit hat man das immer angelehnt und abgewürgt. Von wegen Stellung nehmen. Ihre Mehrheit setzen Sie beinhart ein, und kein Mensch kann mehr Stellung nehmen. (Abg. Scheib­ner: Kennen Sie die Geschäftsordnung?) Das ist in Wirklichkeit die Skandalisierung in dieser Angelegenheit.

Wenn Sie hier von Skandalisierungsversuchen der Opposition gegen Generaldirektor Seipel sprechen, meine Damen und Herren, dann muss ich schon eines sagen: Tatsache ist, dass es hier keiner Skandalisierung bedarf, denn das Verhalten und das Herrschertum des Herrn Generaldirektors ist allein schon Skandal genug, meine Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ.)

Es muss erlaubt sein, ja es ist eine Verpflichtung der Abgeordneten und des Rech­nungshofes, auf die Machenschaften des Herrn Generaldirektors hinzuweisen. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Was soll das?)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Kollege Reheis! „Machenschaften“ ist ein Wort, das für jemanden, der hier nicht im Raum ist, nicht verwendet werden soll. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Entschuldigen Sie sich!)

 



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Abgeordneter Gerhard Reheis (fortsetzend): Herr Präsident! Da fällt mir allerdings nichts anderes dazu ein. Aber auf Unzulänglichkeiten des Herrn Generaldirektors muss man auf jeden Fall hinweisen. Beginnen wir mit dem Raub der Saliera – das ist unbe­stritten der größte Kunstraub aller Zeiten –, den hat der Herr Generaldirektor als „klei­nen Betriebsunfall“ bezeichnet, meine Damen und Herren. (Abg. Großruck: Haben Sie die „Saliera“ gekannt?) Aber man muss auch darauf hinweisen, was der Rechnungshof sagt. Meine Damen und Herren, passen Sie einmal auf! Ich zitiere: 

„Darüber hinaus verlieh der Generaldirektor Bilder, die nicht verliehen werden dürfen, kaufte von seinem Museum altägyptische Grabbeilagen, obwohl diese bereits ,unver­äußerliches Gut‘ geworden waren, und ging Nebenbeschäftigungen nach, die er sich nicht hatte genehmigen lassen. Ausstellungen in Japan wurden ohne Durchführungs­genehmigung des zuständigen Ministeriums gezeigt, das dafür vereinbarte Entgelt wurde nur zum Teil überwiesen.“ (Abg. Scheibner: Das haben wir jetzt nicht verstan­den!)

Da sind Unmengen von aufklärungsbedürftigen Zitaten und Sätzen hier in diesem Rechnungshofbericht.

„Die Beträge für die Bewirtungen und Repräsentationen stiegen zwischen 1998 und 2002 von 48 119 Euro auf 64 717 Euro, wobei auf den Rechnungen vielfach Angaben über die betriebliche Veranlassung fehlten.“

Es ist auch schon erwähnt worden, dass auf Kosten des Kunsthistorischen Museums eine Geburtstagsfeier für den Herrn Kunststaatssekretär Morak ausgerichtet wurde.

Man braucht sich daher nicht zu wundern, dass auch die Medien ihre Schlagzeilen und ihre Artikel entsprechend formulieren: „Seipels Doppelrolle. Als Museumschef kaufte er um viel Geld eine defizitäre Firma, deren Geschäftsführer er selbst war.“ – Ungeheuer­lich! Das ist aufklärungsbedürftig! Ein Mann, der solche Dinge macht, gehört abberu­fen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

„Vergessene Reisen und unvollständige Bilanzen“. (Der Redner hält eine kopierte Zei­tungsseite in die Höhe.) Man braucht nicht ganzseitige Artikel in den Medien zu lesen, die sich mit dem Herrn Generalsekretär Seipel beschäftigen. Die Titelseite alleine spricht für diese Unzulänglichkeiten, durch die der Herr Generaldirektor dem Kunsthis­torischen Museum Schäden zufügt. Da ist es auch kein Wunder, dass die Reputation angeschlagen ist, meine Damen und Herren. Es ist nicht nur die Reputation des Kunst­historischen Museums angeschlagen, es ist die Kulturpolitik in Österreich insgesamt angeschlagen, wenn Menschen wie dieser Generaldirektor so gedeckt werden.

Ich denke auch – um das vielleicht noch abschließend hinzuzufügen –, wenn man um die Begrüßung des Herrn Habsburg als „Kaiserliche Hoheit“ weiß, dann muss man sagen: Das spricht auch für den Herrn Generaldirektor, der vielleicht ein Möchtegern-Baron der österreichischen Museen sein möchte. Aber er ist es nicht, und die kaiser­lichen Hoheiten haben in Österreich Gott sei Dank auch ausgedient. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Der Häupl hat auch von Hoheit gesprochen!)

Bitte, schauen Sie darauf, was dieser Herr aufführt – und decken Sie nicht mit Ihren Mehrheiten diese Unzulänglichkeiten! (Beifall bei der SPÖ.)

16.05

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Neudeck. Auch seine Redezeit beträgt 5 Minuten. – Bitte, Herr Kollege.

 


16.05

Abgeordneter Detlev Neudeck (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es wäre, glaube ich, hoch an der Zeit, den Kollegen Cap und den Kollegen


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79. Sitzung / Seite 122

Van der Bellen einmal zu bitten, eine Geschäftsordnungsklausur für ihre Fraktion zu machen (Abg. Dr. Partik-Pablé: Genau!), damit nicht der Ordner der SPÖ verlangt, dass bei einer derartigen Debatte ein Regierungsmitglied anwesend ist. Schauen Sie doch in die Geschäftsordnung! Das ist nicht vorgesehen und auch nicht notwendig.

Frau Kollegin Muttonen! Wir haben darüber im Kulturausschuss geredet, wir haben im Rechnungshofausschuss schon darüber geredet, also ganz so kann es nicht sein. Ihr kennt nicht die Geschäftsordnung hinsichtlich der Gepflogenheit der Anwesenheit von Regierungsmitgliedern, die Kollegen von den Grünen wissen nicht, was sie als Vorsit­zende eines Ausschusses machen sollen. Es ist halt ein Rechnungshofausschuss und kein Untersuchungsausschuss, ein Rohbericht ist ein Rohbericht und keine Anklage­schrift.

Aber ich weiß, was Sie stört. Sie stört, dass Direktor Seipel mit seinem Museum ... Ich möchte jetzt keine Verteidigungsrede für ihn halten (Abg. Bures: Das können Sie auch nicht!), weil in dem Rohbericht Vorwürfe drinnen sind, die man sich durchaus anschau­en muss, aber bitte auf eine Art und Weise, die dem Parlamentarismus entspricht. Auch in der österreichischen Justizordnung ist es so, dass die Anklage nicht das Urteil ist. Das hätten Sie vielleicht gern, aber das spielt es mit uns sicher nicht, meine Damen und Herren. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die Opposition reagiert, aber sie agiert niemals. Das sind zum Teil alte Hüte, und ich glaube, Sie haben ein bisschen ein Problem. Seipel ist für mich der Kultur-Pechlaner. Das Museum funktioniert, er bringt 40 Prozent der Mittel durch Sponsoring und durch eigene Aktionen auf.

Meine Damen und Herren! Ich glaube, die Kollegin Muttonen hat jetzt einmal nachge­schaut. Monatelang war es bei den Sozialdemokraten en vouge: Wir hauen KHG! Das Kürzel gibt es schon, jetzt hauen wir KHM. Das ist das Kunsthistorische Museum. Das ist nicht sehr einfallsreich, aber, bitte, das erwartet man ja nicht. (Abg. Bures: Der Eintritt ist doppelt so hoch, und das Defizit ist doppelt so hoch!) Das ist nicht sehr einfallsreich von euch, Kollegin Bures, aber das erwarte ich von euch nicht. Ihr macht keine gute Oppositionspolitik.

Wissen Sie, ich war jetzt einmal in der Zieglergasse bei einer Firma, und ich kann Ihnen einen Tipp geben. Gehen Sie einmal dorthin zur Silberschmiede Vaugoin, dort steht die Saliera herum. Die können Sie dort kaufen. Vielleicht könnten Sie das Ge­rücht noch erweitern, dass mit der gestohlenen Saliera die Geiseln aus der Wüste befreit wurden, wie ich es in einer Zeitung gelesen habe. Vielleicht ist es die echte, schauen Sie einmal hin. Wir werden dann einen Antrag machen und werden das über­prüfen, meine Damen und Herren.

Das ist eine Art und Weise der Vorverurteilung, die Sie mit uns sicher nicht machen können. Es ist ein Rohbericht, Kritikpunkte sind drinnen, es gibt eine Antwort von Direktor Seipel, doch Sie können mit dieser Aktion eine Person und eine Institution wirklich schwer beschädigen und vernichten. Der Endbericht des Rechnungshofes ist derzeit nicht bekannt und kann ganz anders aussehen und die gesamte Angelegenheit in ein anderes Licht rücken. (Abg. Mag. Kogler: Genau das soll passieren!)

Meine Damen und Herren! Es ist für mich als Demokrat unmöglich, jetzt hier ein Urteil zu fällen. Wir werden das im Rechnungshofausschuss behandeln, und es wird daher von unserer Seite zu Ihren Anträgen keine Zustimmung geben. (Beifall bei den Frei­heitlichen.)

16.09

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Letzter Redner in dieser Kurzdebatte ist Herr Abgeord­neter Mag. Dr. Zinggl. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 



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79. Sitzung / Seite 123

16.09

Abgeordneter Mag. Dr. Wolfgang Zinggl (Grüne): Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte, ehrlich gesagt, nicht in der Haut des Herrn Neudeck stecken (Abg. Walch: Die wäre Ihnen auch zu groß! – Heiterkeit bei den Freiheitlichen), in jemandes Haut, der eigentlich aus einer Partei kommt, die immer wieder für Ordnung und Rechtschaffenheit eingetreten ist. Ich möchte auch nicht in deiner Haut stecken, liebe Kollegin Wolfmayr. Du bist sicher guten Willens, musst aber jetzt irgendwie je­manden decken und weißt genau, dass das sehr schwer wird. Also du hast eine Aufga­be bekommen, die ich nicht haben möchte.

Ich habe jetzt den besagten Rechnungshof-Rohbericht hier. (Abg. Scheibner: Wo haben Sie den her?) Den habe ich mir sehr gut durchgelesen, und Sie könnten mir jetzt irgendeine Seite sagen, die ich aufschlagen soll – die können Sie ganz frei wählen –, und ich lese Ihnen dann dementsprechend entweder irgendeine Unregelmäßigkeit in der wirtschaftlichen Abwicklung vor oder eine Gesetzesverletzung oder irgendeine Ausgabe jenseits von Gut und Böse. (Abg. Scheibner: Woher haben Sie den Roh­bericht?) Also irgendwelche Unappetitlichkeiten finden sich haufenweise, in Hundert­schaft.

Aber ich habe für Sie da drei oder vier Beispiele herausgesucht, und ich habe ganz absichtlich keine spekulativen oder spektakulären Beispiele gewählt, sondern solche, die die Zeitungen gar nicht haben wollen, einfach deshalb, weil ich Ihnen auch dar­stellen möchte, dass hier System dahinter ist. (Abg. Scheibner: Wo haben Sie den Rohbericht her?) Es ist ja nicht so, dass es da irgendwelche Spitzen gibt, und wenn man die korrigieren kann, dann ist alles in Ordnung. Da wimmelt es wirklich, da sind so viele Beispiele von Unregelmäßigkeiten dicht beisammen. Da können Sie jetzt selbst urteilen.

„Der Rechnungshof stellt fest, dass für“ eine bestimmte „Ausstellung eine Genehmi­gung des Bundesministeriums erforderlich und die Gebarung als Bundesgebarung zu verrechnen gewesen wäre. Der noch offene Betrag von 22 000 Dollar ist in der Bilanz des Kunsthistorischen Museums nicht enthalten.

In dem dem Nationalrat und dem Bundesrat vorgelegten Kulturbericht der Bundesre­gierung über das Jahr 1999 wurde diese Ausstellung nicht erwähnt.“

Was sollen wir denn da noch auf einen Endbericht warten? – Ich bin überzeugt davon, dass das im Endbericht gar nicht korrigiert werden kann. Sie können selbst nach­schauen, ob diese Ausstellung im Kulturbericht des Nationalrates und des Bundesrates erwähnt ist.

Das heißt für mich: Wir können natürlich einiges an versuchter Konstruktion der Glät­tung erwarten, man kann hier wahrscheinlich auch bügeln, aber man kann diese tiefen Falten, diese Furchen, diese Risse, die da eigentlich vorhanden sind, nicht mehr korri­gieren. Da bin ich ganz sicher.

Ein zweites Beispiel: „Vom Kunsthistorischen Museum wurde kein Arbeits- und Budget­programm für vier Jahre, beginnend mit dem Jahr 1999, ausgearbeitet und in weiterer Folge weder vom Kuratorium noch vom Bundesminister für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten genehmigt.

Der Rechnungshof bemängelt, dass die Bestimmungen des § 8 Abs. 1 des Bundes­museen-Gesetzes ... nicht eingehalten wurden.“ – Auch eigentlich relativ „harmlos“. „Nur“ eine Gesetzesverletzung.

Oder ein drittes Beispiel: Im „Kunsthistorischen Museum wurde ... ein Betrag von 92 145 € gebucht. Trotz mehrfacher Urgenzen des Rechnungshofes konnten vom Kunsthistorischen Museum keine Belege über diesen Betrag vorgelegt werden.“ 


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79. Sitzung / Seite 124

Also da geht es jetzt wirklich so dahin. Wir können uns das, wie gesagt, nachher auch noch gemeinsam anschauen, wenn Sie wollen.

Meine Damen und Herren! Seipel ist mit dem Rohbericht selbst an die Öffentlichkeit gegangen, indem er das zwei Zeitungen angeboten hat. Also das heißt, es ist ja nicht so, dass er da irgendetwas verheimlichen wollte, glaube ich, er glaubt nur nach wie vor, dass er das korrigieren kann. Er mag ja durchaus sympathisch sein als Person, aber ich glaube, dass er spätestens jetzt als unprofessionell und als schlampig gelten darf – das zumindest –, und ich glaube, dass spätestens jetzt auch die Konsequenzen gezogen werden müssen, denn er allein kostet jeden Monat 20 000 €. Da sind seine Nebenverdienste noch gar nicht dabei, die er eigentlich vom Bundesministerium hätte genehmigen lassen müssen und es nicht getan hat.

Jetzt kann man aber noch etwas sagen: Ein Mann wie Seipel ist ja nicht nur Direktor und Geschäftsführer des Kunsthistorischen Museums (Abg. Dr. Fasslabend: Ein guter Direktor!), sondern er ist auch Universitätsrat, er ist Publikumsrat, er ist Stiftungsrat, er ist Archäologierat, er ist auch Hofrat, und ich frage mich: Was rät uns der denn in all diesen Institutionen? Diese Rats-Stellung ist mir eigentlich völlig unklar. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Scheibner: Und Sie sind Nationalrat!)

Also, ich würde sagen, passen Sie auf, Sie haben jetzt noch die Gelegenheit, mit die­sem Fristsetzungsantrag nur den Direktor in Frage zu stellen (Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen), und ich glaube, dass der letzten Endes nicht mehr haltbar ist. In zwei, drei Stunden gibt es dann meinen Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungs­ausschusses. (Präsident Dr. Khol gibt neuerlich das Glockenzeichen), Dieser betrifft die mangelnden Konsequenzen der Ministerin. Das können Sie natürlich auch abblo­cken ...

16.15

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Abgeordneter! Ihre Redezeit ist seit langem abge­laufen. Der Schlusssatz ist zu lange.

(Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ für den das Rednerpult verlas­senden Abg. Dr. Zinggl.)

Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Mag. Mut­tonen, Kolleginnen und Kollegen, dem Kulturausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 456/A (E) der Abgeordneten Mag. Muttonen, Kolleginnen und Kollegen, betref­fend vorzeitige Abberufung des Geschäftsführers des Kunsthistorischen Museums eine Frist bis 8. November 2004 zu setzen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Fristsetzungsantrag eintreten, um Zei­chen der Zustimmung. – Der Antrag bleibt in der Minderheit und ist daher abgelehnt.

Fortsetzung der Tagesordnung

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich nehme die Verhandlungen über die Tagesordnung wieder auf.

Der Nächste, der sich zu Wort gemeldet hat, ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Scheuch. Seine Redezeit beträgt 4 Minuten, so wie die Redezeit aller anderen Redner. (Abg. Mag. Hakl: Ich habe eine tatsächliche Berichtigung!)

 


Am Wort ist der Redner. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch – auf dem Weg zum Rednerpult –: Pech gehabt!) Frau Abgeordnete, melden Sie sich bei der zuständigen Stelle. Ich habe das Wort bereits erteilt.


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79. Sitzung / Seite 125

16.17

Abgeordneter Dipl.-Ing. Uwe Scheuch (Freiheitliche): Herr Staatssekretär! Herr Prä­sident! Frau Dr. Hakl, Sie können Ihre tatsächliche Berichtigung gerne im Anschluss machen, momentan bin ich am Wort.

Meine geschätzten Damen und Herren! Ich wollte nur ein paar Worte zum Thema Bud­get und Landwirtschaft sagen, weil das landwirtschaftliche Budget einer der wichtigsten Bereiche ist. Wir haben ja heute bereits gehört – Minister Bartenstein hat es gesagt –, dass die Klein- und Mittelbetriebe das Rückgrat der Wirtschaft sind, und ich glaube, das lässt sich auch auf die Landwirtschaft ummünzen. Es gibt über 200 000 bäuerliche Familienbetriebe, und ich glaube, dass sie das Rückgrat der bäuerlichen Landwirt­schaft und der Agrarpolitik dieses Landes sind. Sie bewirtschaften über 3 Millionen Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche. Auch 4 Millionen Hektar Wald werden von die­sen bäuerlichen Betrieben regelmäßig bewirtschaftet. Damit schaffen sie eine Grund­lage des Lebensraumes, der nicht nur für uns Österreicher, sondern auch für die Touristen und für alle anderen Menschen, die zu uns kommen, genutzt werden kann.

Es wurde heute von Seiten der SPÖ von irgendeinem Redner auch bereits einmal Kri­tik daran geübt, dass die Regierung solch ein Lobbying für die bäuerliche Bevölkerung macht und dass sie sich so stark für die Bauern einsetzt. – Ich muss sagen, ich habe mich selten so gefreut über eine Kritik der SPÖ, weil das der Beweis dafür ist, dass wir eine gute Agrarpolitik machen, und ich glaube auch, dass die SPÖ angehalten wäre, ihren Klassenkampf, der immer wieder hier stilisiert wird, aufzugeben. Speziell in Anbe­tracht dessen, dass, wie ich heute in den Medien lesen konnte, unsere ehemalige Kol­legin, Frau Sima, die jetzt in Wien Landesrätin wurde, einen großen Bauernempfang gegeben hat und einen großen Erntedank auf Wiener Ebene feiert, möchte ich sagen, dass man sich, glaube ich, auch in der SPÖ dessen bewusst werden sollte, dass es gut wäre, wenn auch in der SPÖ der Stellenwert der Landwirtschaft entsprechend hochgehalten wird und nicht immer auf Basis des Klassenkampfes und Ständekamp­fes – Arbeitgeber, Arbeitnehmer, Landwirtschaft – weitergearbeitet wird. (Beifall bei den Freiheitlichen sowie des Abg. Jakob Auer. – Zwischenruf des Abg. Gradwohl.)

Lieber Heinz, das ist eine ernste Sache! Ich bin auch immer wieder fasziniert, wenn ich miterlebe, wie ernst und wie emotional du im Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft für die Anliegen der Bauern kämpfst, aber dann immer wieder mitklatscht, wenn deine Kollegen, die die Bauern und Bäuerinnen eben als nicht so wichtig erachten, was sagen. Dann bist du immer der oberste Klatscher, wenn es darum geht, hier Klassen­kampf zu betreiben. (Abg. Gradwohl: Man muss immer das Gesamte sehen!) Also ich glaube einfach, man sollte hier nie – nie! – auf dem Rücken der bäuerlichen Bevölke­rung Wasser predigen und Wein trinken. Das ist eine gefährliche Sache!

Das gilt umso mehr, als es in diesem Budget in den nächsten zwei Jahren auch darum gehen wird, Grundlagen zu schaffen. Es sind wichtige Bereiche, die anstehen. Ich denke nur an die Umsetzung der Agrarreform, ich denke an die Umsetzung des bun­deseinheitlichen Tierschutzgesetzes, ich denke an die Umsetzung und Durchführung der EU-Erweiterung.

Wir als Vertreter der Regierungsparteien sind hier heraußen gestanden und haben gerade im Bereich des Tierschutzgesetzes den Bauern einiges versprochen. Es wurde von unserer Seite aus hier vieles als Grundlage gelegt, damit gewisse Schritte in Gang gesetzt werden, damit auch die bäuerliche Bevölkerung bereit ist, Tierschutzgesetze und Umweltmaßnahmen umzusetzen.

Hier geht es darum, finanzielle Umstiegshilfen zu schaffen, hier geht es darum, Investi­tionsförderungen festzuschreiben, und hier geht es darum, bei der Umsetzung der Agrarreform die entsprechenden Maßnahmen zu setzen. Es geht aber auch darum,


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Kofinanzierungen sicherzustellen und vor allen Dingen im Zuge der Entkoppelung und der Neuordnung der Agrarreform dafür zu sorgen, dass diese Grundlage, dass dieses Rückgrat für die ländliche Bevölkerung – und damit immer noch für einen Großteil der Bevölkerung von Österreich – erhalten bleibt.

Deshalb werden wir von Seiten der Freiheitlichen und vor allem von Seiten der freiheit­lichen Bauernschaft dieses Budget in den Ausschüssen sehr intensiv diskutieren. Wir werden ausführlichste Diskussionen führen, um sicherzustellen, dass in all jenen Berei­chen, in denen es uns wichtig erscheint – bis hin zu Forstwirtschaft, Biomasse, erneu­erbaren Energieträgern und dergleichen –, die nötigen Grundlagen gesichert sind.

Abschließend noch einmal mein Appell auch an die Vertreter von den Grünen und von der SPÖ, diesen Klassenkampf zwischen Landwirtschaft, Forstwirtschaft und den rest­lichen Berufsgruppen wirklich aufzugeben. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abge­ordneten der ÖVP.)

16.21

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Abgeordnete Mag. Hakl zu Wort gemeldet. Sie kennt die Geschäftsordnung. – Bitte.

 


16.21

Abgeordnete Mag. Karin Hakl (ÖVP): Herr Präsident! Frau Abgeordnete Wurm hat noch vor der Unterbrechung gesagt, die Politik der ÖVP schade der Frauenbeschäfti­gungsquote. (Abg. Dr. Glawischnig: Das ist keine tatsächliche Berichtigung!)

Ich möchte tatsächlich berichtigen, dass Österreich bei der Frauenbeschäftigungsquote mit über 63 Prozent bereits ... (Beifall bei der ÖVP.)

16.21

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Frau Abgeordnete, das ist ein Redebeitrag und keine tatsächliche Berichtigung. (Rufe bei der SPÖ: Sehr peinlich!)

Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Moser. – Bitte.

 


16.22

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrter Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Da wir heute über das Budget reden, lese ich das „WirtschaftsBlatt“.

Im „WirtschaftsBlatt“ war gestern zu lesen: „Grasser jongliert mit vergänglichen Zah­len.“ (Abg. Ellmauer: Alles ist vergänglich!) – Wir sollten uns, wie bei jeder Budget­debatte, vor Augen halten, dass die Zahlen, die uns heute vorliegen, leider nicht die Zahlen sind, mit denen wir endgültig rechnen können. Herr Staatssekretär, das ist wahrscheinlich auch Ihr tägliches Brot, mit dem Sie zu leben haben. Meistens sind die Umstände – unter denen Sie auch zu leiden haben – so, dass das, was man sich vorstellt, nicht eintrifft, dass also faktisch die Einnahmen- und die Ausgabensituation in einem Jahr anders sein wird, als sie uns jetzt zum Beispiel für das Jahr 2005 vorliegen. (Staatssekretär Dr. Finz: Ja, aber bisher haben wir eine sehr hohe Rate ...!) – Sie haben vielleicht eine hohe Trefferrate in der Annäherung gehabt, aber auch nicht immer. Ich kann es gerne für Sie wiederholen. (Zwischenbemerkung von Staatssekre­tär Dr. Finz.)

„Von Grassers bisherigen vier Budgets sind drei abgerechnet. Und jedes weicht mehr oder minder stark vom Plan ab.“ – Das steht im „WirtschaftsBlatt“. (Abg. Ellmauer: Jedes Jahr besser!) Besonders gravierend seien die Rechenfehler 2002 gewesen, da ist es „völlig aus dem Ruder“ gelaufen, und für das vergangene Jahr – wir haben es ja vormittags schon gehört – sind die Einnahmen aus der Umsatzsteuer um 700 Millio-


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79. Sitzung / Seite 127

nen € geringer als erwartet und als budgetiert. (Staatssekretär Dr. Finz: Ende des Jahres werden wir sehen!)

Jetzt komme ich zu meinem heutigen Hauptdiskussionspunkt: Diese Mindereinnahmen haben ja bereits ganz konkrete Auswirkungen nicht nur auf das Bundesbudget, son­dern auch auf die Landesbudgets – Herr Kollege Scheuch, auch in Kärnten! – und vor allem auf die Gemeindebudgets. Herr Kollege Auer hat heute Vormittag ein „hohes Lied“ auf die Situation in Oberösterreich angestimmt. Ich möchte schon hinzufügen, dass die Bundesbudgetpolitik gerade auch für Oberösterreich für das laufende Jahr teilweise verheerend ist.

Herr Kollege Großruck, Sie wissen es ja selber aus der Gemeindeperspektive. Wir haben auf Landesebene von heute auf morgen Einsparungsmaßnahmen von sage und schreibe 30 Millionen € innerhalb von 14 Tagen zu bewältigen, und Sie haben auf Ge­meindeebene – ich glaube Grießkirchen ist nicht viel anders dran als Vöcklabruck – teilweise Rückgänge von bis zu 25 Prozent bei den Ertragsanteilen. (Abg. Großruck: Da kennen Sie sich nicht aus!)

Ich möchte nicht in Ihrer Haut stecken und mit dieser Situation dann zurechtkommen müssen. Ich bewundere Sie, Ihren Kollegen Auer und manche anderen Bürgermeister von der ÖVP psychologisch fast grenzenlos dafür, wie Sie das jedes Mal schaffen, in Ihrer Seele Ordnung und Einklang herzustellen, wenn Sie hier im Plenum des National­rates eine Bundesbudgetpolitik vertreten müssen, die Ihnen zu Hause in der Gemeinde das Budget völlig über den Haufen wirft und auf den Kopf stellt.

Sie haben an Einnahmenkonstellationen herumzuarbeiten, die Sie nie verkraften kön­nen, und bekommen praktisch weniger an Ertragsanteilen. Sie haben Gemeindebud­gets in eine Defizitrichtung zu verantworten, bei denen vor Ort für die Kinderbetreuung, für Gemeindeprojekte, für Schulbauten und für die Aufträge an die kommunale Wirt­schaft immer wieder zu wenig Mittel zur Verfügung stehen. Herr Kollege Ellmauer, ich glaube, es ist in Ihrer Gemeinde nicht anders.

Auf der anderen Seite müssen Sie hier im Plenum stets für eine Budgetpolitik die Hand hochheben, die Ihnen zu Hause die Mittel raubt. Auf dieses Problem ist heute noch viel zu wenig hingewiesen worden. Da ja derzeit auch die Finanzausgleichsverhandlungen laufen, ist es, glaube ich, wert, auch einmal die Hand in diese Wunde zu legen und Sie darauf hinzuweisen, bitte auch auf Bundesebene eine Budgetpolitik zu betreiben, die vor Ort in den Gemeinden und in den Ländern Handlungsspielräume zulässt. (Beifall bei den Grünen.)

Ich glaube, das sollten wir uns – gerade wenn es um nachhaltige Ausgaben geht – schon sehr deutlich vor Augen halten. Zum Stichwort „nachhaltige Ausgaben“: Heute Vormittag war der Herr Vizekanzler hier, und er hat darauf hingewiesen, dass in seinem Ressort in den letzten Jahren gerade bei der Infrastruktur sehr massiv inves­tiert worden ist. Ich kann nur darauf aufmerksam machen, dass wir in den konkreten Unterlagen des Budgets, in den konkreten Zahlenübersichten, die Ihnen ja zur Verfü­gung stehen, leider vergeblich zum Beispiel die 300 Millionen für die ÖBB-Infrastruktur suchen. Ich bin neugierig, wo sie sind. Jetzt sind sie nicht da.

Die Spezialdebatte wird uns dann noch Gelegenheit geben – und deswegen freue ich mich schon auf die einzelnen Spezialdebatten –, Ihre Budgetpolitik wirklich auf den Prüfstein zu stellen und noch systematisch abzuklopfen. – Danke einstweilen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

16.27

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Tancsits. 4 Minuten Redezeit. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 



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79. Sitzung / Seite 128

16.27

Abgeordneter Mag. Walter Tancsits (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Ich möchte zum Bundesfinanzgesetz in Zusammenhang mit der Arbeitsmarktpolitik sprechen.

Aufschwung schafft Arbeit – das ist das zentrale Anliegen der Wirtschaftspolitik dieser Bundesregierung! Das ist der Kernimpuls dieses Budgets und der damit verbundenen Arbeitsmarktpolitik.

Ich möchte dazu auf den arbeitsmarktpolitischen Ansatz selbst kurz eingehen und ihn dann auch der Spezialdebatte vorbehalten lassen. Er betrifft 4,5 Milliarden €, von denen 1,9 Milliarden € alleine den Maßnahmen zur aktiven Arbeitsmarktpolitik dienen. (Abg. Öllinger: Das stimmt nicht!) Ich halte das für beachtenswert, und ich betone das deshalb, weil Sie sicherlich wieder behaupten werden, dass die Mittel für die aktive Arbeitsmarktpolitik sinken. – Das Gegenteil ist der Fall! Dieser Wert war noch nie so hoch. 1,9 Milliarden € ist fast doppelt so viel wie die Mittel, die im Jahr 1999 für aktive Arbeitsmarktpolitik ausgegeben wurden. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Der große Impuls geht aber von der Steuersenkung – vom zentralen Punkt des Budgets – aus, und zwar in zweierlei Hinsicht:

Wir entlasten die Haushalte und die einzelnen Einkommen. Das ist sozial gerecht. 2,5 Millionen Menschen genießen eine hundertprozentige Entlastung. Das hebt die individuelle Gestaltungsfreiheit und stärkt die Kaufkraft.

Die andere Hälfte der Entlastung fließt direkt in die Arbeitsplätze, und zwar über den Weg der Körperschaftsteuersenkung. Ich möchte nämlich eine unsaubere Formulie­rung, wie sie immer wieder von der Opposition verwendet wird, klarstellen. Es heißt da, die Senkung der Körperschaftsteuer sei für die Unternehmer. – Das ist natürlich falsch, weil der Unternehmer bei der Privatentnahme oder im Falle einer Anstellung als Gesellschafter natürlich den gleichen Einkommensteuersätzen unterliegt wie jeder andere Steuerpflichtige auch.

Die Körperschaftsteuersenkung dient dem Erhalt und der Stärkung der österreichi­schen Arbeitsplätze! (Beifall bei der ÖVP.)

Einige meiner Kolleginnen und Kollegen haben schon darauf hingewiesen, warum das im internationalen Vergleich so ist. Ich möchte auf einen anderen Gesichtspunkt ein­gehen, und zwar auf den Vergleich mit der Kapitalertragsteuer. Wir – Ökonomen, auch der Arbeiterkammer – haben seit Jahren verlangt, dass die Investition in Produktion nicht höher besteuert werden soll als die Investition in Vermögen. Das ist mit dem gleichen Satz von 25 Prozent sichergestellt.

Ich weiß schon, die SPÖ seit Matznetter hat es wahrscheinlich anders geplant, nämlich die Sparbuchsteuer auf die 34 Prozent der Körperschaftsteuer anzuheben. (Abg. Neu­gebauer: Na bravo!) Das ist nicht unser Weg! Wir wollen mit Steuersenkung Arbeits­plätze, Aufschwung und Wachstum sicherstellen. (Beifall bei der ÖVP.)

16.30

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Hoscher. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


16.31

Abgeordneter Mag. Dietmar Hoscher (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Auch von mir ein paar Bemerkungen zu diesem Budget beziehungsweise zur Budgetrede: Wirtschaftspolitisch ist ja alles beim


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Alten geblieben, das Einzige, was neu ist, ist die äußere Erscheinungsform, aber das mag ja schon als Fortschritt gefeiert werden.

Inhaltlich ist es im Wesentlichen nichts anderes als ein Festhalten an den klassischen Positionen des Wirtschaftsliberalismus des 19. Jahrhunderts – Kollege Kopf hat das ja heute Vormittag sehr schön erläutert –, und auch dieser ist bereits im 19. Jahrhundert sehr kräftig gescheitert.

Aussagen wie, in Österreich soll die Wirtschaft sozialer sein als in den USA, machen das Ganze auch nicht wirklich besser, denn sich am sozialen Niveau der USA zu orien­tieren heißt, die Latte nicht besonders hoch zu legen. Ich glaube, da müssen wir durch­aus andere Dinge tun.

Kollege Kopf hat ja heute bereits angedeutet, wie das Motto dieser Wirtschaftspolitik in Wahrheit lautet, und zwar: Spare in der Not, dann hast du bei der Wahl!

Finanzminister Grasser bestätigt diese Maxime ja, denn er betont, ein Ziel seiner Politik liege darin, dass auch die Regierung etwas von der Steuersenkung hat. Ein Schelm ist, wer da Böses denkt! Ich war immer der Meinung, dass Wirtschaftspolitik und Budget­politik in erster Linie den Menschen dieses Landes helfen soll und ihnen dienen soll und nicht unbedingt der Regierung, aber bitte, Sie werden schon wissen, was Sie damit meinen.

Es wurde unter anderem auch der Lissabon-Prozess angesprochen. Auch da ist viel versprochen worden, aber nichts gehalten worden. Ein ganz klares Ziel des Lissabon-Prozesses ist die Vollbeschäftigung. Was erreicht die Regierung? – Die höchste Ar­beitslosigkeit in der Zweiten Republik, insbesondere auch die höchste Jugendarbeits­losigkeit. (Abg. Dr. Baumgartner-Gabitzer: Und die meisten Jobs!) Wenn Ihnen die Jugendarbeitslosen egal sind und Sie die Zehntausenden Jugendlichen, die keine Ar­beit haben, mit den Jobs, die geschaffen werden, beruhigen, dann ist das Ihr Problem. (Ruf bei der ÖVP: Schauen Sie sich Wien an!) Das entlarvt das Budget einmal mehr. (Abg. Ellmauer – ein Exemplar der Budgetrede in die Höhe haltend –: Habt ihr euch das angeschaut?)

Den Faktor Arbeit zu entlasten, haben Sie in diesem Budget auch wieder verabsäumt. Davon ist nichts zu merken. Wir schlagen zum Beispiel eine Umbasierung der Kommu­nalsteuer vor, mit einem Senken des Kommunalsteuersatzes. Das bringt Arbeitsplätze, insbesondere im Dienstleistungsbereich, etwa im Tourismus, der – so nebenbei be­merkt – in der Budgetrede mit keinem einzigen Wort erwähnt wurde. Das schafft Arbeitsplätze und Aufschwung!

Auch die öffentlichen Investitionen sind diesbezüglich wichtig. Ein Ziel des Lissabon-Prozesses ist es, die öffentlichen Investitionen zu stärken. Was passiert in Öster­reich? – 2003 sind wir bei den öffentlichen Investitionen bereits Schlusslicht in der Europäischen Union, mit 50 Prozent unter dem Schnitt der EU. (Abg. Bucher: Zu­wachsprämie 10 Prozent!)

Wenn daher am Beginn der Budgetrede ausgeführt wurde, man hätte mutige Reformen gesetzt, dann muss ich da in einem Bereich tatsächlich zustimmen: Für ein derartiges wirtschaftspolitisches Chaos braucht man wirklich viel Mut! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

16.34

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dipl.-Ing. Ach­leitner. 3 Minuten Redezeit. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


16.34

Abgeordnete Dipl.-Ing. Elke Achleitner (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Besuchertribüne! Herr


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79. Sitzung / Seite 130

Kollege Hoscher, es ist mit der Zeit schon wirklich mühsam mitanzusehen, mit wie viel Kampf und Krampf Sie versuchen, negative Aspekte in diesem Budget zu finden. Dadurch sehen Sie einfach die vielen nachhaltigen und positiven Maßnahmen nicht.

Eine sei zuerst erwähnt: Gerade der Schwerpunkt in der Förderung der Forschung und Entwicklung, den sich diese Bundesregierung in diesem Budget gesetzt hat, bringt gute Investitionen für die Wirtschaft, denn Forschung und Entwicklung sind ein Motor für unsere Wirtschaft und tragen dazu bei, dass nachhaltig Arbeitsplätze gesichert werden und auch neue Arbeitsplätze geschaffen werden. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Die Forschungs- und Entwicklungsquote ist in Österreich im Durchschnitt höher als die der Europäischen Union, seit die schwarz-blaue Regierung an der Macht ist. Die Statis­tik Austria hat berechnet, dass im Jahr 2004 fast 2,26 Prozent des BIP für Forschung und Entwicklung zur Verfügung stehen. (Abg. Reheis: Haben Sie das nicht gelesen?)

Ich weiß, Kollege Niederwieser, der jetzt gerade hereinkommt, und Kollege Broukal wollen diese Zahlen nicht glauben, aber ich kann Ihnen mathematisch mit Hilfe der Sta­tistik Austria beweisen, dass diese Zahl sehr wohl Faktum ist und auch die tatsächliche Forschung und Entwicklung in Österreich darstellt. (Abg. Reheis: Sie hat es nicht gelesen! – Abg. Mag. Wurm: Die haben Sie uns vorenthalten!)

Es ist schon klar, dass es Ihnen von der SPÖ weh tut, wenn man die Forschung und Entwicklung aus dem Zeitraum 1995 bis 1999 mit jener aus dem Zeitraum 2000 bis 2004 vergleicht, denn im letzteren wurden die Forschungsausgaben um über 47 Pro­zent gesteigert. Vor zehn Jahren lag die Forschungsquote bei 1,5 Prozent, jetzt liegt sie bei fast 2,3 Prozent, wodurch wir in der EU an fünfter Stelle stehen.

Bis 2006 werden durch das Offensivprogramm Forschung und Entwicklung, durch die Nationalstiftung, durch die Forschungsbeiträge und durch die Forschungsprämien über 1,2 Milliarden € in Forschung und Entwicklung investiert. Es sind aber nicht nur die finanziellen Förderungen, die die Forschung und Entwicklung ankurbeln, sondern auch die Reformen. So wurde heuer beschlossen, dass die Forschungsförderungsgesell­schaft die Forschungsförderung vereinheitlicht. Dadurch wird für alle Forschungsarbei­ten auch in den Betrieben eine bessere Voraussetzung für Vereinheitlichung geschaf­fen.

Ich möchte auch noch darauf hinweisen, dass es der Regierung wichtig ist, dass auch insbesondere Frauen in Wissenschaft und Forschung gefördert werden. Ich spreche da das Programm FEMtech an, das außeruniversitäre Forschung unterstützt und er­möglicht und die Karrieren von Frauen auch in technologischen Berufen fördert.

Sehr geehrte Damen und Herren! Wir werden auch in Zukunft unsere gezielte Politik für Frauen weiterführen, und auch in Zukunft ist durch das Budget gesichert, dass es keine Zweiklassengesellschaft von Frauen mehr gibt, dass alle Frauen Kindergeld be­kommen können, dass es kein Arbeitsverbot geben wird – wie früher zu Zeiten sozia­listischer Frauenministerinnen, wo während des Karenzgeldes quasi Arbeitsverbot geherrscht hat – und dass auch im Rahmen der Pensionsharmonisierung Kindererzie­hung als Leistung anerkannt wird.

Auch wenn Kollege Öllinger gemeint hat, Kindererziehung sei keine Beschäftigung, finde ich es gut, dass unsere Regierungsmitglieder darauf achten, dass Kindererzie­hung als Leistung auch im Bereich der Pensionsharmonisierung einen wichtigen Stel­lenwert hat. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Brosz: Was hat das mit den Arbeitslosenzahlen zu tun?)

Sehr geehrte Damen und Herren! Das vorliegende Budget bietet gute Perspektiven für alle Österreicherinnen und Österreicher und ist eine ausgezeichnete Alternative zu der


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ständigen Angstmacherei und Verunsicherungspolitik, die Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, immerzu betreiben. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

16.39

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mandak. Rede­zeit: 4 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


16.39

Abgeordnete Sabine Mandak (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Staatssekretär! Ich habe mir die gestrige Rede des Finanzministers einmal dahin­gehend angeschaut, wofür er überall Geld ausgibt. Es ist wirklich sensationell: Er gibt mehr Geld aus für private Haushalte, für Forschung und Entwicklung, für Bildung und Ausbildung, für Infrastruktur, mehr Geld für Sicherheit, mehr Geld für Familien, mehr Geld für Wirtschaft, mehr Geld für Arbeitnehmer und Selbständige, Erwerbstätige und Pensionisten, Klein- und Mittelbetriebe, Großbetriebe, Alleinverdiener, Pendler, Land­wirte, Einzelunternehmen und Personengesellschaften, GesmbHs und Aktiengesell­schaften. (Die Rednerin atmet geräuschvoll aus. – Abg. Mag. Molterer: Wie schreibt man das? Was tun da die Stenographen?)

Also irrsinnig viel mehr Geld für irrsinnig viele Personen. Frauen sind nicht erwähnt. Sie kommen wie immer beim Finanzminister und auch bei dieser Regierung nicht vor. Wie ich annehme, sind sie wie üblich immer auch mitgemeint. Also sollen alle in diesem Staat mehr Geld kriegen. Diesmal gibt er ja auch die Verschuldung, die er damit verur­sachen wird, im Vorhinein zu und sagt, dass all diese Mehrausgaben nicht gedeckt sind.

Ich frage mich jetzt: Was ist denn eigentlich Ihr Ziel? Welche politische Steuerung neh­men Sie mit dieser Finanzpolitik vor? Sie setzen überhaupt keine Schwerpunkte! Sie verteilen das Geld gießkannenförmig, und der einzige Zweck, den Sie damit verfolgen, ist, bei den nächsten Wahlen etwas weniger schlecht auszusteigen, als Sie es sonst machen würden! Das ist der einzige Zweck Ihrer Finanzpolitik! Sonst haben Sie keinen! (Beifall bei den Grünen.)

Wenn man verfolgt, was die Rednerinnen und Redner von den Regierungsparteien und von der Opposition sagen, dann kann man sehr stark das Muster beobachten, dass von Seiten der Regierungsparteien immer wieder irgendwelche Statistiken genannt werden und gesagt wird, welchen Platz Österreich in irgendeiner Statistik einnimmt, und dass unser Zugang hingegen der ist, dass wir immer wieder sagen: Wie schaut denn die Realität all jener aus, die diese Statistik betrifft? (Zwischenruf der Abg. Dr. Brinek.) Kollegin Brinek hat heute die Ausgaben für Bildung und Forschung wieder hoch gelobt, aber wenn man sich die Zustände an den Universitäten anschaut, dann zeigt sich einfach ein anderes Bild, davor kann man die Augen einfach nicht verschlie­ßen.

Der Finanzminister hat in seiner Absichtserklärung davon gesprochen, dass er die Stärkung der Kaufkraft der Familien und die Armutsbekämpfung als sehr wichtige Ziele ansieht. Er hat auch ein Beispiel gebracht, nämlich, dass eine allein erziehende Mutter jetzt plötzliche eine Verbesserung von 876 € monatlich hat. – Das werden wir uns noch anschauen! Tatsache ist aber auf jeden Fall, dass eine allein erziehende Mutter, die schon bisher keine Steuern gezahlt hat, weil ihr Verdienst unter der Grenze von 1 300 € lag, durch die Steuerreform nicht dazu gewonnen hat. (Abg. Ellmauer: Kinder­absetzbetrag nicht vergessen!)

Insgesamt sind es 2,1 Millionen Personen in Österreich, die durch die Steuerreform nicht profitieren, und zwar sind das paradoxerweise genau jene Menschen, die am


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ärgsten von Armut betroffen beziehungsweise gefährdet sind. Genau diese Menschen steigen bei Ihrer Steuerreform am allerschlechtesten aus. (Abg. Freund: Die zahlen keine Steuer!)

Ein zweiter wichtiger Punkt ist die Frage, wie Familien gefördert werden. Kollegin Steibl hat das heute sehr offen gesagt, sie hat nämlich gesagt – ich zitiere –, dass gefördert wird, um „Familien nach unserem Bild das Leben lebenswert beziehungsweise leichter zu machen“. Sie hat gesagt „Familien nach unserem Bild“. Und genau das tun Sie! Sie fördern Familien, in welchen der Mann der überwiegende Erhalter der Familien und die Frau teilzeiterwerbstätig ist, sie bestrafen beziehungsweise benachteiligen aber all jene Familien, die sich die Familien- und Erwerbsarbeit zu gleichen Teilen aufteilen.

Der Minister hat die Anhebung des Pflegegelds gelobt. Kollegin Haidlmayr hat ihn dafür schon kritisiert, weil es um lächerliche Beträge geht. Es geht aber auch um lächerliche Prozentzahlen. Es handelt sich nämlich um Steigerungen von 2 Prozent in acht Jahren! Herr Minister! Herr Staatssekretär! Unsere und Ihre Gehälter sind in sieben Jahren um 4,8 Prozent gestiegen, und wir haben bei Gott andere Einkommen. All jenen aber, die es am notwendigsten brauchen, verweigern sie sogar diese Steigerung, die sie selber haben. So schaut Ihre Politik aus! Leider! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordne­ten der SPÖ.)

Als letzten Punkt möchte ich noch die Einführung des Kinderbetreuungsgeldes anspre­chen: Auch diesbezüglich wird argumentiert, dass dies zur Armutsvermeidung beige­tragen hat. Das stimmt auf kurze Sicht, und zwar so lange das Kinderbetreuungsgeld ausbezahlt wird, aber in dem Moment, in dem das Kinderbetreuungsgeld ausläuft, wird das Ganze, wie wir aus der letzten Wifo-Studie wissen, zu einer verstärkten Armuts­falle.

Ich bitte Sie, diese Fakten einfach einmal anzunehmen beziehungsweise hinzuneh­men, wenn Sie Finanzpolitik und Budgetpolitik für Österreich machen! – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

16.44

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Für eine tatsächliche Berichtigung kommt Frau Ab­geordnete Stadlbauer zu Wort. Redezeit: 2 Minuten. – Frau Abgeordnete, Sie kennen die Geschäftsordnung. Bitte.

 


16.44

Abgeordnete Bettina Stadlbauer (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Kollegin Achleitner hat behauptet, dass unter sozialdemokratischer Regierung Karenz­geldbezieherinnen Arbeitsverbot hatten.

Ich berichtige tatsächlich: Berufstätige Frauen konnten wählen zwischen Vollkarenz und Teilkarenz, und sie hatten bei der Teilkarenz noch dazu die schöne Möglichkeit, dass sie arbeitsrechtlich abgesichert waren. Von einem Arbeitsverbot kann keine Rede sein! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

16.45

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr gelangt Herr Abgeordneter Freund für 4 Minu­ten ans Rednerpult. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


16.45

Abgeordneter Karl Freund (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Herr Finanzminister! Herr Staatssekretär! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Zum Budgetentwurf des Finanzministers möchte ich feststellen, dass es sich um einen sehr ambitionierten und ausgewogenen Voranschlag handelt: Zum einen wird das Defizit um 1,9 Prozent im europäischen Vergleich sehr niedrig gehalten, und zum anderen profitieren Arbeit-


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nehmer und Unternehmer von der Steuerreform 2004 und 2005. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Einsparen und dazu noch die Steuern senken und investieren ist eine doppelte, ja sogar eine dreifache Leistung, wie sie die SPÖ-Finanzminister in 30 Jahren nicht zu­stande gebracht haben!

Die deutliche Senkung der Abgabenquote erhöht die Kaufkraft, bringt Wachstum und Beschäftigung und macht Österreich als Wirtschaftsstandort attraktiv. Nicht umsonst gibt es viele Anfragen von deutschen Betrieben, die in Österreich investieren wollen und es zum Teil bereits auch tun, und das ist ein Beweis dafür, dass unsere Politik stimmt! Der Aufschwung hat bereits begonnen, und für 2005 wird ein weiteres Wirt­schaftswachstum von 2,5 Prozent prognostiziert. Das zeigt mir, dass der Kurs unserer Bundesregierung der richtige ist. Die Zahlen, die hier vorzuweisen sind, sprechen für sich, und ich bin davon überzeugt, dass ab dem nächsten Jahr auch die Arbeitslosen­rate wieder sinken wird.

Das Budgetdefizit wird bei einem nominellen Wirtschaftswachstum von 4,3 Prozent nur 1,9 Prozent betragen – in der EU liegt der Durchschnitt bei 2,7 Prozent –, und die Ver­schuldensquote sinkt trotz eines Budgetdefizits. Die SPÖ hat der Wirtschafts- und Sicherheitspolitik der Regierung Schüssel nichts entgegenzusetzen. Diese Bundesre­gierung geht einen klaren Weg im Gegensatz zum Zickzackkurs der Opposition. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Die Sicherheit, die für die österreichische Bevölkerung von höchster Bedeutung ist, möchte ich noch konkreter ansprechen, und zwar die Sicher­heit in vielen Bereichen. Dazu gehört vor allem auch die Landesverteidigung. Öster­reich gehört zu den sichersten Ländern der Welt, dennoch ist es notwendig, ständig wachsam zu sein. Die Regierung sorgt mit dem Budget für 2005 für unser aller Sicher­heit. Für das kommende Jahr wurde für die Sicherheit – und zwar für die innere als auch für die äußere – und für die Justiz ein Budget von 4,7 Milliarden € veranschlagt. Das Budget für die Landesverteidigung wird um 70 Millionen € erhöht, und zwar auf 1,8 Milliarden. Mit diesen Geldern werden auch Auslandseinsätze finanziert, zu denen sich Österreich im Rahmen der GASP verpflichtet hat. Die Sicherheit der Soldaten wird durch die Beschaffung von Schutzausrüstungen, Truppenfunksystemen, Aufklärungs­systemen und Fahrzeugen gewährleistet.

Durch den Budgetvoranschlag wird außerdem der Weg frei für die Bundesheerreform gemacht. Dieses neue Bundesheer wird Bedrohungen und Herausforderungen des 21. Jahrhunderts gerecht werden. Es wird moderner, zeitgemäßer strukturiert und si­cherer. Grenzschutz und Katastropheneinsätze stehen natürlich auch weiterhin im Vor­dergrund.

Sicherheit kostet natürlich Geld, und ich bin der Meinung, dass diese uns das auch wert sein sollte. Auch die Luftraumüberwachung gehört zu den Sicherheitsmaßnahmen für unsere Bürgerinnen und Bürger. Man muss es immer wieder betonen: Der Euro­fighter kostet zwar 1,9 Milliarden €, dem stehen aber Gegengeschäfte in der Höhe von 4 Milliarden für heimische Unternehmen gegenüber, und das ist mehr als das Dop­pelte. Bereits im Jahr 2004 wurden Gegengeschäfte mit einem Volumen von mehr als 360 Millionen € umgesetzt, und mehr als 100 österreichische Firmen haben davon pro­fitiert.

Ich kann Ihnen ein Beispiel aus meinem Wahlkreis nennen, geschätzter Herr Abgeord­neter Niederwieser, und zwar jenes des Flugzeugkomponentenherstellers FACC aus Ried: Das Unternehmen konnte mit der Firma EADS Aufträge mit einem Volumen von mehr als 730 Millionen € lukrieren. Geschäftsführer Walter Stephan berichtet, dass der Eurofighterkauf Türöffner zur Lieferung von Teilen für den Airbus A380 und A320 war.


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Diese Aufträge wären sonst nach Spanien oder China gegangen. Derzeit entsteht in Reichersberg ein neues Firmengebäude, und mehr als 200 Arbeitsplätze konnten dort neu entstehen. Es sind dies Arbeitsplätze für Frauen und natürlich auch für jungen Menschen, und deshalb ist das letzten Endes zu befürworten. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Sie haben gestern hier Taferln mit der Aufschrift „Milliardengrab Eurofighter“ gezeigt. – Ich möchte Ihnen entgegenhalten: Der Eurofighter ist Türöffner für viele Tausende Arbeitsplätze und Sicherheitsfaktor für unsere Bürger.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Diese Entwicklungen und diese Zahlen belegen einmal mehr, dass bei uns in den letzten Jahren die Arbeitslosenzahlen deut­lich zurückgegangen sind. Die Arbeitslosenrate in meinem Wahlkreis beträgt um die 3,6 Prozent, und das bedeutet so viel wie Vollbeschäftigung.

Dafür bedanke ich mich bei der Bundesregierung. Ich unterstütze gerne den weiteren konsequenten Weg in der Wirtschafts- und Sicherheitspolitik. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

16.51

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Kuntzl. 3 Minuten Wunschredezeit. Wollen Sie weniger? (Abg. Mag. Kuntzl – auf dem Weg zum Rednerpult –: Wir werden sehen, Herr Präsident!) – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


16.51

Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl (SPÖ): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch in der Familienpolitik wurde im vorliegenden Budget, in der Budgetrede des Finanzministers, die allgemeine Leitlinie, nämlich sehr viel versprechen und wenig ein­halten, durchgezogen. (Abg. Ellmauer: Da irren Sie, Frau Kollegin!)

Aufs Erste schaut das natürlich ganz anders aus: Sie nehmen viel Geld in die Hand für die Familienpolitik und setzen so die Politik der letzten Jahre fort, dass Österreich ein Land mit hohen Familienleistungen bleibt. Die Fragen, die in diesem Zusammenhang zu diskutieren sind, lauten einerseits: Welche Schwerpunkte setzen Sie? Wofür neh­men Sie sehr viel Geld in die Hand und wofür gar keines?, und andererseits: Woher nehmen Sie das viele Geld?

Beginnen wir einmal mit folgendem Faktum: Im Familienlastenausgleichsfonds klafft ein großes Loch. Diese Loch wird sich deutlich vergrößern von 280 Millionen € auf 425 Millionen € Abgang im Familienlastenausgleichsfonds. Es gibt jedoch von Ihrer Seite nicht die geringste Bestrebung, neue Finanzierungsformen anzudenken, sondern Sie wollen durchtauchen, aus dem allgemeinen Budget finanzieren, Sie warten einfach darauf, bis sich das irgendwann von selbst regelt. Ich denke, dass man hier grund­sätzliche Überlegungen anstellen müsste!

Zweiter Punkt: Wofür nehmen Sie viel Geld in die Hand und wofür gar nichts? – Sie wenden sehr viel Geld für das Kinderbetreuungsgeld auf. Ich will jetzt gar nicht darüber reden, dass man das Kinderbetreuungsgeld verbessern könnte und wie man das machen sollte, sondern ich will einmal darüber reden, dass Sie Ihre eigenen Verspre­chungen bei weitem nicht einhalten.

Der Finanzminister hat in seiner Budgetrede gesagt: Wir haben damit viel für Verein­barkeit von Beruf und Familie getan. – Zwei Versprechen, die Sie mit dem Kinderbe­treuungsgeld immer wieder darstellen, werden jedoch nicht eingelöst. Ich nenne zunächst Ihr Versprechen betreffend die Verbesserung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Das trifft überhaupt nicht zu! Im Gegenteil: Nachdem man beziehungs­weise frau nach der langen Pause aus dem Arbeitsleben hinauskatapultiert ist, konstru­ieren Sie jetzt einen Entscheidungszwang zwischen Beruf und Familie. Aber das wird


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schon Absicht sein! Klubobmann Molterer hat das heute in seiner Rede sehr nobel formuliert, indem er von Familienpolitik sprach, die sich „an unseren Wertvorstellungen orientiert“. (Abg. Mag. Molterer: Selbstverständlich!)

Es entspricht allerdings offensichtlich Ihren Wertvorstellungen, dass die Frauen zu Hause bleiben und nach dieser langen Zeit auch nicht mehr die Chance bekommen, in ihren Beruf ... (Abg. Dr. Partik-Pablé: Man wird doch Wertvorstellungen haben dürfen!) Ja, ja! Aber ich darf auch über Ihre Wertvorstellungen reden und wie sich diese aus­wirken! (Abg. Mag. Molterer: Sie haben doch auch Wertvorstellungen!) Ich werfe Ihnen nicht vor, dass Sie Wertvorstellungen haben, ich sage nur, dass ich diese nicht teile, wie sie sich offensichtlich darstellen!

Der nächste Punkt ist die Frage der Armutsbekämpfung: Auch diesbezüglich treffen Ihre Versprechungen nicht zu! In der ersten Zeit, während Kindergeld bezogen wird, mag das der Fall sein. Nachher jedoch nicht mehr, im Gegenteil: Wir wissen nämlich aus den Studien, dass jene Familien armutsgefährdet sind, in denen es mehrere Kin­der gibt und nur ein Einkommen vorhanden ist. Das heißt: Die wichtigste Maßnahme gegen Kinderarmut ist, die Frauenberufstätigkeit zu fördern, weil zwei Einkommen in der Familie wichtig und notwendig sind. (Beifall bei der SPÖ.)

Damit kurz zur Kinderbetreuung, zu der es sehr viel zu sagen gäbe, aber meine Rede­zeit geht leider zu Ende: Betreffend Kinderbetreuung erfahren wir nur, dass die Statis­tiken sich ändern. Wundersame Änderungen der Statistiken gehen vor sich, ohne dass entsprechende Maßnahmen gesetzt werden. Ich fordere Sie auf, diesbezüglich die Nuancen zu verschieben!

Herr Finanzminister, machen Sie das doch bitte jetzt während der Finanzausgleichs­verhandlungen zum Thema! Wenn Sie sagen, das sei Ländersache, dann machen Sie das in diesem Zusammenhang zum Thema! Ich meine, man sollte die Mittel von Bun­desebene durchaus verstärken und auch zweckbinden – hier braucht das Geld offen­sichtlich ein Mascherl – und auch von Bundesebene entsprechende Initiativen setzen.

Die Kindergartenmilliarde war wichtig und hat Impulse gesetzt. Ich denke, die realen Zahlen dazu, wie viele Plätze fehlen, zeigen, dass es dringend notwendig wäre, auch von Bundesseite her für die bessere Vereinbarkeit für Beruf und Familie und auch für das Recht des Kindes, diese wichtige pädagogische Betreuung zu bekommen, mehr Geld in die Hand zu nehmen, um entsprechende Anreize zu geben. (Beifall bei der SPÖ.)

16.55

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Fauland. Wunschredezeit 3 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


16.55

Abgeordneter Markus Fauland (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! (Zwischenruf bei der SPÖ.) Man lernt ja. Ich bin lernfähig, im Gegensatz zu manchen anderen hier im Haus. (Abg. Dr. Jarolim: Was haben Sie jetzt gelernt?)

Zum vorliegenden Budget: Aus unserer Sicht ist dieses Budget, wenn man die vergan­genen Jahrzehnte auch einmal ganz kurz Revue passieren lässt, ein Budget, das in Generationen denkt und nicht in Legislaturperioden. (Abg. Reheis: Denn sie wissen nicht, was sie tun!) Es ist dies ein Budget, das sehr wohl in Dezennien denkt und auf zehn Jahre organisiert ist, und wenn man sagt, dass wir heute ein Defizit von 1,9 Pro­zent haben ... (Abg. Öllinger: Sie wissen doch nicht einmal die Zahlen von 2006!) Danke!


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Wir haben heute ein Defizit von 1,9 Prozent, da sind wir immer noch weit unter dem EU-Durchschnitt, und wenn angestrebt wird, wieder ein Nulldefizit bis 2010 zu errei­chen, dann ist das ein sehr guter Ansatz und ein sehr gutes Budget.

Wenn man zurückschaut, was die SPÖ in Zeiten der Hochkonjunktur an Budgetüber­schüssen erwirtschaftet hat, dann wird man leere Bücher finden, denn es wurden keine erwirtschaftet, sondern man hat das gemeinsame Gehaltskonto, das jeder Österreicher und jede Österreicherin mit dem Staat hat, maßlos überzogen. Man hatte allerdings den Eindruck, dass es den damaligen Verantwortlichen egal war, was sich da an Schulden für die neuen Generationen auftürmte! (Zwischenruf des Abg. Öllinger.)

Jetzt aber ein kurzer Exkurs: Für mich ganz wesentlich ist der Bereich Sicherheit. Im Bereich Sicherheit zeigt diese Bundesregierung, dass die Bedürfnisse der Bevölkerung nach mehr Sicherheit sich auch in den Budgets ausdrücken und dass sich die Budgets auszeichnen durch die diesbezüglichen Erhöhungen im Bereich Justiz, im Bereich Inneres und auch im Bereich Landesverteidigung. Im Bereich Landesverteidigung lie­gen wir derzeit sicherlich noch nicht im europäischen Durchschnitt, aber man kann in diese Richtung arbeiten. (Abg. Öllinger: Aha! Wo wollen Sie hin?) Wir werden schon schauen!

Es geht um die Frage der Grundversorgung der Bevölkerung mit Sicherheit. Diese Bundesregierung ist sich dieser Verantwortung bewusst, und die Mehrausgaben wer­den sich auch in ein sichereres Österreich niederschlagen. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

16.59

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr kommt Herr Abgeordneter Brosz zu Wort. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


16.59

Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne): Herr Präsident! Herr Finanzminister! Es ist eine Freude, Sie hier wieder zu sehen! Jetzt kann man das Spiel von Kollegen Öllinger fort­setzen. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: „Spiel“ ist die richtige Bezeichnung!) Ich hätte näm­lich auch eine konkrete Frage, wie sich da im Budget etwas ausgehen soll.

Über verschiedene Punkte wurden schon gesprochen, unter anderem über die Bedeu­tung der Bildung und die Frage der notwendigen Investitionen im Bildungsbereich. Wenn ich mir Ihr Budget anschaue, dann finde ich insbesondere ganz interessant, dass man in den Erklärungen lesen kann, dass es Mehrausgaben bei den höheren Schulen und mehr Lehrer im höheren Schulbereich geben wird. Was man nicht liest, ist, dass es weniger Lehrer und geringere Ausgaben im Pflichtschulbereich geben wird. Wenn man sich dann allerdings die Zahlen anschaut, dann muss man sich schon die Frage stellen, ob sich das, was da steht, wirklich ausgehen kann oder – anders ausge­drückt – welche Pläne dahinter stehen, um zu den Zahlen zu kommen. Wenn man in der Übersicht 18 nachblättert, dann findet man, dass die allgemein bildenden Pflicht­schulen von der Dotierung her um 56 Millionen niedriger dotiert sind als im letzten Jahr.

Das sind die Landeslehrer. Das ist ja nicht wenig! Wenn man sich dann die Entwick­lung ansieht, dann stellt man fest, dass das seit 2000 relativ konstant geblieben ist, und zwar unter anderem dadurch, dass es eine Erhöhung der Lehrverpflichtung gegeben hat und dass die Schülerzahlen auch von den letzten Jahren zurückgegangen sind. Aber selbst mit diesen Maßnahmen ist man nicht zu einer Kostensenkung gekommen. (Präsidentin Mag. Prammer übernimmt den Vorsitz.)

Jetzt haben wir zum ersten Mal einen Rückgang von 56 Millionen enthalten, und das, obwohl zumindest ich noch nichts davon gehört habe, dass die Lehrverpflichtung weiter erhöht werden soll oder dass es keine Gehaltserhöhung geben soll. – Vielleicht


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hört man das erst nach gewissen Ereignissen wie den Personalvertretungswahlen, die demnächst stattfinden sollen.

Mich würde einfach interessieren: Wie kommen Sie zu diesem Ansatz? – Es gibt nur zwei Erklärungen, glaube ich: Entweder es ist geplant, rund um den Finanzausgleich – und deswegen ist das vielleicht auch aus aktueller Sicht nicht uninteressant – zu einer weiteren, und zwar massiven Verschärfung der Verhältniszahlen im Pflichtschulbereich zu kommen. Da müssten wir dann aber davon reden, dass die Schülerzahlen noch einmal um einiges raufgehen. Oder es gibt Maßnahmen im Bereich des Lehrer-Dienst­rechtes. Nachdem davon noch nicht die Rede war, finde ich es zumindest einmal höchst aufklärungsbedürftig, wie man bei der Tendenz, die es in den letzten Jahren gegeben hat, zu so einem Rückgang der Kosten bei den Landeslehrern kommen soll.

Das sind mehr als 2 Prozent weniger Budget! Kollege Neugebauer kennt sich da wahr­scheinlich auch genauer aus, was das bedeutet: 2 Prozent weniger budgetiert für die Landeslehrer als im Vorjahr – bei einem Struktureffekt, der in etwa 2 Prozent aus­machen wird, die man eigentlich dazubudgetieren müsste! – Angeblich sollen es heuer 1 Prozent weniger Schüler gewesen sein. Also da fehlen irgendwie einige Prozente bei der Dotierung der Landeslehrer, und es scheint, dass es noch notwendig ist, zu klären, wo sie hingekommen sind. Vielleicht können Sie das auch entsprechend beantworten. (Beifall bei den Grünen.)

Was das Allgemeine betrifft, so ist immer wieder die Diskussion darüber geführt wor­den, was denn eigentlich der Unterschied zwischen den oppositionellen Ansichten, ins­besondere denen der Grünen, und jenen der Regierung ist, und immer wieder auch die Diskussion über die Frage, was man eigentlich anfangen kann mit diesem Mehr, das man potentiell in den Geldbörsen behält, und ob da nicht ein Widerspruch besteht, wenn man auf der anderen Seite für diverse öffentliche Ausgaben dann viel mehr zah­len muss. Ich glaube, das ist eigentlich die zentrale Frage. Das ist auch das, was mich immer wieder nervt, Herr Finanzminister – wenn diese Anmerkung erlaubt ist –, in dem, wie Sie es darstellen, weil Sie ja genau wissen, dass da ganz andere Dinge dahinter stehen.

Ich meine, man kann diese Politik ja vertreten – da spricht ja nichts dagegen – und sa­gen: Ja selbstverständlich, wenn man die Steuerbelastung senkt – nämlich so, wie Sie sie senken –, dann gibt es Profiteure. Das ist eine legitime Politik, die man macht. Was man aber nicht sagen sollte, ist: Das hilft allen, davon profitieren alle, insbesondere die, die bis jetzt keine Steuer bezahlt haben! – Das wissen Sie natürlich genau, dass die von der Steuerreform nichts haben.

Wenn man es zumindest seriöser abheben könnte, dann könnte man ja eine Ausein­andersetzung darüber führen, welche Politik sinnvoller ist. Da verweigern Sie sich aber. Sie tun so, als gäbe es die große Gießkanne, die für alle da ist: am Ende kommt für alle mehr raus. – Sie wissen natürlich genauso wie wir, dass es nicht so ist.

Ich finde, die Auseinandersetzung lohnt: Sie vertreten einen völlig anderen Ansatz dabei; Sie wissen natürlich, wer davon profitiert. Und wir sagen, dass es uns wichtig ist, Investitionen zu tätigen im Bereich der Universitäten, wo die Zustände ja momentan, glaube ich, niemand mehr verteidigen kann. Wenn man dafür etwas weniger an Steu­erentlastungen durchführen kann, dann wird man darüber diskutieren müssen, was Ihnen in der Politik mehr wert ist.

Ich sage Ihnen, dass für uns Bildung, Universitäten, Forschung mehr Gewicht haben als der große Jubel über eine Abgabenquote, die vielleicht noch um 0,2 oder 0,3 Pro­zent gesenkt werden konnte. (Beifall bei den Grünen.)

 


17.03


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79. Sitzung / Seite 138

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Groß­ruck zu Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. (Abg. Neudeck – in Rich­tung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Großruck –: Stimmt das, dass du für den Literatur-Nobelpreis vorgeschlagen bist ...?)

 


17.04

Abgeordneter Wolfgang Großruck (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätz­ter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich stelle gleich am Anfang eine rhetorische Frage an alle Abgeordneten: Heute um 10.15 Uhr hat der Herr Parteivorsitzende Gusenbauer seine Rede zum Budget gehalten. Erinnern Sie sich, was er gesagt hat? – Niemand erinnert sich. Ich auch nicht, meine Damen und Herren!

Wenn man sich anschaut, was hängen geblieben ist – und man braucht sich nur die Reden der vergangenen Jahre, die der Vorsitzende Gusenbauer hier in diesem Saal gehalten hat, anzuschauen –, so stellt man fest, dass seine Reden faktisch im Maß­stab 1 : 1 jedes Jahr die gleichen sind. In Erinnerung bleibt: die soziale Kälte, die Politik der Regierung, heute ist noch die Armut dazugekommen und dass die Leute verhun­gern und erfrieren müssen – und dann die bekannten Stehsätze. Das glaubt Ihnen doch niemand mehr! Diese Leier, die Sie permanent herunterleiern, die Frau Bures, der Herr Gusenbauer und alle anderen, das hängt doch den Leuten schon zum Hals heraus! Das glaubt niemand! (Abg. Mag. Wurm: Machen Sie einen Reim! Reimen!) Sie haben nur nicht die Möglichkeit – und Sie werden sie lange nicht haben –, das, was Sie kritisieren, auch realisieren zu können. Aber, meine Damen und Herren, es gibt ein Sprichwort: An ihren Taten werdet ihr sie erkennen! (Abg. Mag. Wurm: Nein, das ist ein Bibelzitat!)

Die Schlagzeilen in den Zeitungen sind heute voll mit: Bank Austria – Machtkampf um neues Dienstrecht. Es wird zwar von der Budgetrede des Bundesministers auch berichtet, das ist die zweite Schlagzeile, aber die Hauptschlagzeile ist: Bank Austria. – Meine Damen und Herren, das ist ein Zeichen, wie die rote Bank Austria mit ihren Mit­arbeitern umgeht. Das ist SPÖ-Politik!

Jetzt möchte ich Ihnen schon eines sagen: Die Entscheidung, sparen zu müssen, mag legitim sein. Aber hier in einem Handstreich, über Nacht einfach das Dienstrecht zu än­dern, wie es der Vorstand und der Aufsichtsrat – der sozialistisch dominierte – gemacht haben, die ganzen Mitarbeiter auszusperren, Dienstrechte abzuändern, erworbene Rechte über den Haufen zu werfen, definitive Dienststellungen, Pensionszusagen nicht mehr in der bisherigen Qualität zuzulassen, das ist Marke SPÖ! Ich würde mich fürch­ten, wenn diese auch hier in der Politik mehr zu sagen hätte. Da lobe ich mir die Sensi­bilität, mit der die Regierung Reformen gemacht hat. (Ironische Heiterkeit der Abg. Hagenhofer.) Das ist Qualität – und nicht das, was Sie bei der Bank Austria jetzt Ihren Mitarbeitern gegenüber unter Beweis gestellt haben. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Ich vermisse die Demonstranten irgendwo in der Löwel­straße. Hätte das die Regierung gemacht, dann wäre um das ganze Parlament herum schon eine Menschenkette oder weiß Gott was gewesen. – So ist Ihre Politik. Das müssen Sie aber selbst wissen (Abg. Dr. Jarolim: Eine Großruck-Kette!), wie Sie da­mit fertig werden. – Herr ... – Wie heißt der Herr Abgeordnete, der jetzt hereingerufen hat? (Ruf bei der ÖVP: „Eurolim“!) Der Herr Jarolim, ja. Entschuldigung, ich kenne Sie zwar, aber Ihr Name ist mir momentan nicht eingefallen. (Abg. Dr. Jarolim: Da muss ich wieder öfter ...!)

Ich komme zur generellen Kritik über die Steuerreform: Tatsache ist, meine Damen und Herren, dass die Steuerreform von allen Fachleuten als ganz hervorragend und als großer Wurf bezeichnet wird: Die Hälfte der erwerbstätigen Österreicher wird keine


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79. Sitzung / Seite 139

Steuern mehr zahlen, die Betriebe werden entlastet, die Familien gefördert, der Wirt­schaftsstandort abgesichert.

Lieber Kollege Kogler! – Ist er da? – Nein. Aber es hat zuerst auch Kollege Brosz ge­sagt, dass mit der Steuerreform die Großunternehmer gefördert werden. Habe ich da richtig gehört? Stimmt das? (Abg. Brosz: Ja, ja!) Jetzt nehmen wir einmal die Großun­ternehmer her. Ich nehme einmal den „Herrn BMW“ her. (Ruf bei der SPÖ: Was?) Das ist ein Großunternehmer. – Den „Herrn BMW“ gibt es nicht, das wissen wir, das ist ein Großunternehmen (Abg. Dr. Puswald – zwischen den vorderen Bankreihen stehend –: Ein „Großruck-Unternehmen“!), das durch die Steuerreform gefördert wird, um den Wirtschaftsstandort Österreich attraktiv zu machen, um hier Betriebe anzusiedeln, um hier Arbeitsplätze zu schaffen!

Dasselbe ist der Fall bei Magna, bei MAN, bei der Voest, wo das größte Investment in der Geschichte der Voest stattfinden soll – nicht, weil sie es so gut gemacht haben, sondern weil die kommende Steuerreform die Betriebe anreizt, das zu tun, und damit Arbeitsplätze geschaffen werden! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Frei­heitlichen.)

Meine Damen und Herren! Ich komme zur Zickzackpolitik der SPÖ. Wir haben ja das Wirtschaftsprogramm heute schon einige Male gehört: einmal auf, einmal ab. Da wird zuerst die Grundsteuer erhöht, die Sparbuchsteuer erhöht, die Erbschaftssteuer wird erhöht, die Erträge werden erhöht, die Beiträge werden erhöht – und dann gilt alles nicht mehr. Es kennt sich also niemand mehr aus. (Abg. Mag. Wurm: ... Grasser heißt er!) Es wird zu Recht von einer Zickzackpolitik gesprochen. Inzwischen schreiben auch die Zeitungen schon darüber.

Ich darf Ihnen, meine Damen und Herren, da meine Redezeit zu Ende ist, noch resü­mierend einen eineinhalbfachen Vierzeiler bringen. (Abg. Dr. Puswald: Die Zeit ist aus, Herr Kollege!) – Hören Sie zu, Herr Puswald! Sie kommen dann ohnehin noch heraus ans Rednerpult. – An und für sich haben wir vereinbart, Frau Präsidentin, dass es nicht sein sollte, dass jemand vorne steht und dazwischenruft. Aber es ist sehr amüsant, wenn wir Ihre qualifizierten Beiträge hören, Herr Puswald. Danke schön!

Meine Schlussbemerkung:

Die rote Wirtschaftspolitik

zeugt nicht gerade von Geschick.

Sie gleicht, wenn man’s genauer sieht,

vielmehr einem Kinderlied:

Einmal hin, einmal her,

rundherum, das ist nicht schwer.

Das ist Ihre Politik, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordne­ten der Freiheitlichen. – Abg. Neudeck – zu dem auf seinen Sitzplatz zurückkehrenden Abg. Großruck –: Was gibt Stockholm her?)

17.09

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Puswald! Es ist vollkommen richtig, was Herr Abgeordneter Großruck gesagt hat: Zwischenrufe, die nicht vom Platz aus erfolgen, werden nicht gestattet. (Abg. Dr. Puswald: Ich bitte um Vergebung! – Abg. Neudeck: Aber der Herr Kollege Puswald kennt sich nicht aus bei der Geschäfts­ordnung! – Gegenrufe bei der SPÖ. – Abg. Neudeck: Aber das ist quasi die Ge­schäftsordnung! Eine Interpretation der Geschäftsordnung! – Man muss auch die Ur­teile kennen!)


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Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Einem zu Wort gemeldet. Die Geschäftsordnung ist bekannt: 2 Minuten; zunächst den zu berichtigen­den, dann den berichtigten Sachverhalt. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


17.10

Abgeordneter Dr. Caspar Einem (SPÖ): Frau Präsidentin! Der Vorredner, Herr Abge­ordneter Großruck, hat behauptet, es handle sich bei der Bank Austria um ein sozial­demokratisches oder sozialistisches Institut mit sozialistischen Mehrheiten im Vorstand und im Aufsichtsrat. – Herr Abgeordneter Großruck! Diese Tatsachenbehauptung ist falsch!

Richtig ist, dass es im Aufsichtsrat und im Vorstand jeweils einen Sozialdemokraten gibt, dass dort sonst eine schwarze Mehrheit besteht und dass das daher ein Beispiel für konservative Personalpolitik ist! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Puswald – auf die ÖVP weisend, zu dem auf seinen Sitzplatz zurückkehrenden Abg. Dr. Einem –: Herr Abgeordneter, das ist eine Wirtshauspartei und keine Wirtschaftspartei! Darum wissen sie das nicht!)

17.11

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster ist Herr Abgeordneter Dr. Nieder­wieser zu Wort gemeldet. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


17.11

Abgeordneter DDr. Erwin Niederwieser (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminis­ter! – Möglicherweise ist er irgendwo. – Hohes Haus! Mit meinem unmittelbaren Vor­redner Großruck muss ich mich nicht auseinander setzen. Er hat es vermieden, irgend­etwas zum Budget zu sagen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Wurm: Als Bürger­meister!)

Wahrscheinlich wollten Sie sich ersparen, über dieses Trauerspiel-Budget etwas zu reden, und haben sich stattdessen mit uns und unserem Wirtschaftsprogramm be­schäftigt – sicher ein lohnendes Unternehmen! (Abg. Ellmauer: Da liegen Sie falsch, Herr Kollege! Völlig falsch!) Lesen Sie es erst einmal, dann können Sie das nächste Mal sicher noch viel kompetenter darüber reden!

Kollege Fauland hat gemeint, diese Regierung denkt in Jahrzehnten, denkt in Genera­tionen. Ich habe mir dabei gedacht: Ja, wahrscheinlich denkt sich diese Regierung auch: Nach uns die Sintflut!, denn was hier an Budgetdesaster hinterlassen wird, sucht sicher seinesgleichen.

Kommen wir zum Bildungsbudget; zunächst noch ein paar Sätze zu den Universitäten. Kollege Bucher hat heute in seiner Rede gemeint, Sie hätten desolate Universitäten übernehmen müssen. – Ich bitte Sie, diese Aussage auch zu treffen, wenn dann Minis­terin Gehrer hier sitzt, denn als Sie im Jahr 2000 an die Regierung gekommen sind, hat Ministerin Gehrer schon fünf Jahre ihr Amt ausgeübt. Sagen Sie ihr, dass sie Ihnen desolate Universitäten hinterlassen hat, und sagen Sie das nicht uns! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Wenn Universitäten desolat sind, dann sind sie es jetzt. Im Folgenden ein gutes Bei­spiel dafür, wie kurz Ihre Argumentation und deren Wahrheit währen: Kollegin Brinek hat heute mit der Frau Bundesministerin eine Pressekonferenz gegeben und die Uni­versitäten belehrt, sie sollen doch, wenn es um Räumlichkeiten geht, auch auf Räume anderer Universitäten schauen. – Sie hat sich postwendend von Rektor Badelt von der Wirtschaftsuniversität belehren lassen müssen. Der Rektor fordert Kollegin Brinek auf, sich über die reale Hörsaalbenützung an der WU zunächst zu informieren, bevor sie dazu öffentliche Aussagen macht.


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Und so sieht es rundherum aus: Sie behaupten Dinge, die mit der Wirklichkeit absolut nichts zu tun haben. Das Bildungsbudget steigt nicht einmal um jenes Ausmaß, das für die Abgeltung der Struktureffekte notwendig wäre. Das Erwachsenenbildungsbudget sinkt real, wenn wir die Streichung der Förderungsstellen berücksichtigen. Und die Zahl der Lehrerinnen und Lehrer ist vom Jahr 2002 bis zum heurigen Schuljahr um 12 000 zurückgegangen. – Das ist die Bildungspolitik, die diese Bundesregierung zu ver­antworten hat! Das hat nicht nur mit dem Schülerrückgang zu tun, Kollege Bucher, sondern Sie wissen genau: Es hat eine Entlastungsverordnung gegeben, wo Fächer gekürzt worden sind. Es werden Zusatzangebote gestrichen. Es müssen die Lehrer größere Klassen unterrichten. – Das sind die wirklichen Gründe dafür, dass wir heute über 10 000 Lehrerinnen und Lehrer weniger haben.

Schauen wir uns, wenn wir nun zu den Zukunftsthemen kommen, beispielsweise die BDG-Novelle an. Kollege Neugebauer, ich bitte Sie, sich das wirklich genau anzu­schauen! BDG-Novelle 2004: Was ist da vorgesehen? – Es ist vorgesehen, dass die künftigen akademisch ausgebildeten Lehrerinnen und Lehrer im Dienstrecht selbstver­ständlich nicht als Akademiker anerkannt werden. Und es ist sogar vorgesehen, dass auch die Fachhochschulabsolventinnen und -absolventen künftig garantiert nicht als Akademikerinnen und Akademiker angesehen werden. – Das ist die Politik, mit der Sie unseren Hochschulabsolventen sagen, was sie von Ihnen zu halten haben.

Das Budget enthält keine innovativen Ansätze. Es enthält in der Bildungspolitik eine Fortschreibung der bisherigen Politik auf niedrigstem Niveau. Es gibt nichts für die sprachliche Frühförderung, die unbedingt notwendig wäre. Es gibt nichts für den Aus­bau ganztägiger Schulformen. Es gibt kein zusätzliches Geld für die Qualitätssiche­rung – nur große Qualitätsmemoranden, die im Budget überhaupt nicht dotiert sind. Ich frage mich: Wie will die Bildungsministerin das umsetzen, was sie mit der „klasse:zu­kunft“ groß angekündigt hat und wofür sie bei der Umsetzung unsere Unterstützung gehabt hätte? Das Budget sieht dafür nichts vor!

Oder kommen wir zu so wichtigen Dingen wie dem Schulklima, wo es auch darum ginge, etwa Supervisionsangebote für Lehrerinnen und Lehrer zu verbessern.

Herr Finanzminister, Sie haben es ja mit den Rankings, und Sie sagen immer wieder, wie toll wir in den verschiedenen Rankings in Europa und auf der Welt liegen. Ich darf Ihnen auch ein Ranking vortragen, nämlich das Ranking, das uns die OECD im Bil­dungsbereich gibt. Die neue OECD-Studie 2004 „Bildung auf einen Blick“ vergleicht die Bildungsinvestitionen der Mitgliedsländer der OECD je Schülerin und je Schüler. Und da sind wir zwischen 2000 und 2002 – neuere Daten gibt es dazu nicht, das sind die neuesten – im Primärbereich, bei den Volksschulen, vom dritten auf den siebenten Platz zurückgefallen. Wir sind bei den Hauptschulen und bei der Unterstufe der AHS vom zweiten auf den fünften Platz zurückgefallen. Und wir sind im Tertiärbereich von Platz sechs auf Platz acht zurückgefallen.

Herr Bundesminister für Finanzen! Auch das sind Rankings – und es sind Rankings, über die sich eigentlich niemand hier im Saal freuen kann. Und die Zahl der Menschen, die das Ende dieser bildungsfeindlichen Regierung herbeisehnen, wird von Tag zu Tag größer. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

17.17

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesminister Mag. Grasser. – Bitte, Herr Bundesminister.

 


17.17

Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Ich wollte nur, da wir Fragen auch zu beant­worten versuchen, wenn sie konkret gestellt werden, Folgendes festhalten:


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Herr Abgeordneter Brosz hat die Frage gestellt, wie wir auf unsere Budgetansätze kommen, was die Pflichtschulen betrifft, dieses Minus von 56 Millionen €. Sie haben hinterfragt, ob wir im Finanzausgleich Verhältniszahlen ändern wollen und ob wir in das Lehrerdienstrecht eingreifen wollen. – Beide Maßnahmen sind nicht geplant, sondern ganz konkret haben wir, wie Sie ja gesehen haben, bei den Bundeslehrern ein Plus von 3,4 Prozent bei den Ausgaben budgetiert, bei den Landeslehrern ein Minus von 1,9 Prozent. Dieses Minus geht alleine auf das Weniger an Schülern zurück. Wir haben 2003/2004 in diesem Bereich eine Schüleranzahl von 677 000. Die Prognosen, die uns vorliegen, laufen darauf hinaus, dass es 2009/2010 607 000 Schüler, also um 70 000 Schüler weniger geben sollte. Und das war der Punkt, der in diese Zahlen ein­geflossen ist.

Das heißt, das Mehr an Schülern im Bundesbereich führt zu einem deutlichen Plus von 3,4 Prozent, das Weniger an Schülern im Landeslehrerbereich zu einem geringfügige­ren Minus als im Bundesbereich deswegen, weil ein Weniger an Schülern nicht auto­matisch bedeutet, dass man diese Einsparungen voll und ganz erreichen kann, aber zumindest teilweise erreichen kann.

Ich kann Ihnen also die Sorge nehmen: Wir planen hier keine anderen Maßnahmen, sondern wir machen das, was ich auch gestern ausführen konnte, nämlich eine offen­sive Bildungspolitik.

In Bezug auf den Vorredner darf ich sagen, meine Damen und Herren: Das Budget der Frau Bundesminister Gehrer steigt. Auch wenn Sie es um die Bilanzverlängerung be­reinigen, steigt es an, weil wir natürlich im Bereich der Forschung, im Bereich der Bil­dung einen Schwerpunkt gesetzt haben. Und wir sind uns sicher, dass sich das auch in guter Qualität bei unseren Schulen und vor allem dann auch bei den Schülerinnen und Schülern positiv für die Zukunft auswirken wird. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

17.19

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dolinschek zu Wort gemeldet. Herr Abgeordneter, Ihre freiwillige Redezeit habe ich auf 3 Minuten eingestellt. – Bitte. (Ruf – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Dolinschek –: Sag was G’scheites!)

 


17.19

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (Freiheitliche): Geschätzte Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! „Sag was G’scheites!“ – keine Frage! Das Bundesfinanzgesetz 2005 beziehungsweise das Budget 2005 ist geprägt durch die Steuerreform 2004 und 2005 und sichert im Prinzip den Wirtschaftsstandort Österreich, schafft Rahmenbedingungen für die Zukunft und hat damit natürlich auch entsprechend positive Auswirkungen auf die Beschäftigung in Österreich.

Gerade für uns in Österreich besteht das Ziel darin – und ich glaube, das muss für alle Fraktionen, die hier im Hohen Haus vertreten sind, ein Ziel sein –, die Vollbeschäfti­gung aufrechtzuerhalten, denn Arbeit und Einkommen sind die wirksamsten Mittel gegen Armut und soziale Ausgrenzung. Eine aktive Arbeitsmarktpolitik, wie sie jetzt in den vergangenen Jahren betrieben und forciert worden ist, schlägt sich in den Zahlen nieder, sodass wir heute einen Beschäftigungsrekord verzeichnen. Wir hatten noch nie so viele Beschäftigte wie im letzten Jahr – und die Zahl steigt.

Die Effizienz der Arbeitsmarktvermittlung ist ebenfalls gesteigert worden, dies schlägt sich auch in einer kürzeren Verweildauer in der Arbeitslosigkeit nieder. Die individuel­len Betreuungspläne für jeden Arbeitssuchenden, die jetzt erstellt werden, sind dahin gehend positiv zu bewerten, dass die Verweildauer in der Arbeitslosigkeit wesentlich


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79. Sitzung / Seite 143

kürzer ist, weil für jeden einzelnen Arbeitssuchenden ein Betreuungsplan durch das AMS erstellt wird.

Die Qualifikationsoffensive für jüngere und ältere Arbeitslose, Arbeitssuchende wird vorangetrieben und weiter verbessert. All das sind Dinge, die sich in diesem Bundes­finanzgesetz niederschlagen, und durch diese Politik können rund 50 000 zusätzliche neue Arbeitsplätze geschaffen werden.

Ich möchte noch erwähnen, dass das Pflegegeld ebenfalls erstmals seit langem – ich glaube, seit 1995 – erhöht wird, und zwar um plus 2 Prozent. Dies ist für die Pflege­bedürftigen in Österreich ein wichtiger Schritt. Aber auch bei der Steuerreform mit einer Gesamtentlastung von 3 Millionen €, die zu gleichen Teilen auf Betriebe und Arbeitneh­mer aufgeteilt ist, ist ein ganz wichtiger Punkt, dass die Familien entlastet worden sind: 230 Millionen kommen vor allem den Familien zugute. (Beifall der Abgeordneten Bucher und Neudeck.)

Ich muss sagen: In der Vergangenheit hat es keine Bundesregierung gegeben, die so viel in die Zukunft unseres Landes investiert hat wie diese! (Beifall bei den Freiheit­lichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

17.22

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächste Rednerin kommt Frau Abgeordnete Rest-Hinterseer zu Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


17.22

Abgeordnete Heidemarie Rest-Hinterseer (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Staats­sekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen des Hohen Hauses! Ich möchte einen unverdächtigen Zeugen (Ruf bei der ÖVP: Oje!) sozusagen anrufen, und zwar den Rechnungshof, der in den letzten Jahren die Maßnahmen des Bundes überprüft hat. (Abg. Neudeck: Sie dürfen aber nicht telefonieren da herinnen!)

Zitat aus dem Rechnungshofbericht: „Der RH überprüfte für den Zeitraum 2000 bis 2002 die Maßnahmen des Bundes, der Länder und Gemeinden, die ab dem Jahr 2002 zu einem ausgeglichenen Haushalt für den Gesamtstaat führen sollten. Die Budgetkon­solidierung sollte nach den Zielsetzungen des Bundesministers für Finanzen zu rund zwei Drittel über die Ausgabenseite erfolgen.“

Der Bundesrechnungshof sagt dazu weiters: „Aus volkswirtschaftlicher Sicht war die Entwicklung der Finanzierungssalden des Gesamtstaates im Jahr 2001 überwiegend auf einnahmenseitige und im Jahr 2002 überwiegend auf ausgabenseitige Maßnahmen zurückzuführen.“ (Ruf bei der ÖVP: ... Mischung!)

Ja, das haben wir gemerkt, dass das zuerst einnahmenseitig war, denn es gab eine enorme Steigerung der Abgaben, die Sie zuerst so kritisiert haben. Der Finanzminister hat sich von den Einwohnerinnen und Einwohnern dieses Landes all das geholt, was er zur Konsolidierung gebraucht hat. Es hat aber zu eben dieser hohen Abgabenquote geführt! Damit hat den Leuten, uns allen, das Geld für die Ausgaben des täglichen Lebens zunehmend gefehlt, die Nachfrage ist dramatisch eingebrochen. (Abg. Kopf: Ach, so war das!) Immer noch ist das so, aber seit 2000 hören wir: Aufschwung ist in Sicht, Herr Kopf! Aufschwung ist in Sicht – ganz lang schon. Es muss ein langer Auf­schwung sein, der so lang braucht, bis er bei uns ist.

Dann hat sich Herr Mag. Grasser gedacht, dass er jetzt zurückrudern muss, es müsse bei den Ausgaben gespart werden – was er eigentlich schon vorher vorgehabt hat. Das hat sich aber in erster Linie auf die Länder und die Gemeinden ausgewirkt. (Abg. Ell­mauer: So viel Unsinn auf einmal ist schwer zu verkraften!)


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Dazu noch ein Zitat aus dem Rechnungshofbericht: „Die Länder (einschließlich Wien) verpflichteten sich im Österreichischen Stabilitätspakt 2001 für die Jahre 2001 bis ein­schließlich 2004, einen Haushaltsüberschuss von zumindest 0,75 Prozent des Brutto­inlandsproduktes zu erzielen. Dieses Ziel wurde in den Jahren 2001 und 2002 mit Überschüssen von 0,77 Prozent beziehungsweise von 0,83 Prozent des Bruttoinlands­produktes erreicht.“

Die Länder und Gemeinden haben also gespart. Die Auswirkungen davon spüren die Bürgerinnen und Bürger täglich. Wir spüren es bei der Verschlechterung des öffentli­chen Nahverkehrs, wir leben mit randvollen Klassen in den öffentlichen Schulen. (Abg. Kopf: Ich spüre es auch zu Hause, wenn ich spare!) Ja! Nahversorger sperren zu. Vielleicht haben Sie auch gar keinen Krämer mehr ums Eck. Beratungseinrichtungen werden ausgehungert, und die Gemeinden haben in einem hohen Ausmaß Aufgaben übernommen, für die sie gar nicht bezahlt werden.

Zum anderen ist es – das ist in diesem Fall ein Zitat eines CDU-Bürgermeisters – eine Folge einer falschen Steuerpolitik, die fast ausschließlich große Kapitalgesellschaften begünstigt. (Abg. Kopf: ... CDU haben Sie gesagt!) – In Deutschland, ja! Sie zitieren ja immer Deutschland. (Abg. Kopf: Wir sind im österreichischen Nationalrat!) – Ja, ja, aber Sie zitieren ja immer die rot-grüne Politik. (Abg. Neudeck: Ah, doch!) Die sind also auch schon darauf gekommen: Es ist ganz schlecht, wenn man ausschließlich große Kapitalgesellschaften begünstigt. (Ruf bei der ÖVP: Wie schaut das in der Schweiz aus?) Dieser Bürgermeister befürchtet, dass die Kommunen über kurz oder lang in diesem desaströsen Steuerwettbewerb nicht bestehen werden können.

Dazu neuerlich ein Zitat des österreichischen Rechnungshofs: Konzerne zahlen im Vergleich zu Klein- und Mittelbetrieben fast keine Steuern mehr, im Gegenteil, über Förderungen und die so genannte kreative Bilanzierung saugen sie öffentliche Gelder ab in einem hohen Ausmaß. – Er ist wieder gerudert, der Herr Mag. Grasser.

Grasser rudert weiter und sagt: Gut, was machen wir im Jahr 2005? – Erstens: eine Rückkehr zur altbekannten Schuldenmacherei, das kennt man schon, wie das geht. (Zwischenruf des Abg. Dr. Mitterlehner.) Das Blöde ist nur, dass jetzt schon fast das ganze Familiensilber verhökert ist, und das heißt: Es steigt neuerlich die Belastung im Budget! Was haben wir dann zu erwarten? – Wir haben eine neue Auswahl von flotten Sprüchen zu erwarten. (Beifall bei den Grünen.)

Ich möchte nun zitieren, vielleicht fällt Ihnen auf, was von wem sein könnte:

„Leistung aus Leidenschaft!“ (Abg. Dr. Niederwieser: Finz!), „Das ist die erfolgreiche Finanzpolitik!“ (Rufe bei der ÖVP: Van der Bellen!), „Im Mittelpunkt: Wert steigern!“ (Abg. Öllinger: Grasser! – Rufe bei der ÖVP: Gusenbauer!), „Sozial ist, was Arbeit schafft!“ (Rufe: Wieder Gusenbauer! – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Nein, das ist Haider!), „Nichts ist unmöglich!“ (Ruf: Gusenbauer! – Abg. Öllinger: Grasser!), „Nachhaltig den­ken, verantwortungsvoll handeln, dauerhaft erfolgreich sein!“ (Abg. Dr. Glawischnig: Molterer!), „Zukunft aktiv gestalten!“. (Ruf: Scheuch!)

Fast alles ist falsch! Die Zitate sind von der Deutschen Bank, von Continental, von adi­das-Salomon und von BMW. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Kopf: Na schlecht?) – Nein! Aber mich wundert es nicht mehr, dass Dr. Schüssel und Mag. Grasser allein schon (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: So hell sind!) 22 Millionen und 16 Millionen € nur für Beratung und Werbung ausgeben müssen. Das ist klar, denn sie haben ja auch dann solche Berater. (Zwischenruf des Abg. Brosz.)

Das Schwierige ist bloß: Der Staat ist kein Konzern! Das Hin- und Herrudern in einem Konzern ist für den Konzern dramatisch, aber in einem Staat ist es für die gesamte Bevölkerung und für dieses Staatswesen dramatisch! (Abg. Dr. Mitterlehner: Von wem


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ist der Spruch: „Ich will so bleiben, wie ich bin!“?) Daran kann man auch erkennen, dass Mag. Grasser leider die Kunst der Politik noch nicht verstanden hat. Er ist für mich ein Konzernmanager in Ausbildung, aber kein Politiker mit Zukunft. – Danke. (Bei­fall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

17.28

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Mai­er. Herr Abgeordneter, Sie haben sich eine Redezeit von 5 Minuten einstellen lassen. – Bitte. (Abg. Dr. Niederwieser – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Dr. Ferdinand Maier –: Bitte keinen Spruch! Das haben wir jetzt ...!)

 


17.29

Abgeordneter Dr. Ferdinand Maier (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe mich deshalb zu Wort gemeldet, weil ich an sich an die Ausführungen von Jakob Auer beziehungsweise auch von Wer­ner Tancsits (Abg. Neugebauer: Walter!) – Walter Tancsits, danke! – anschließen möchte.

Da ich weiß, dass sich der Bürgermeister von Wien, Herr Häupl, dann und wann die Protokolle kommen lässt, um nachzulesen, was denn hier gesprochen wird, und un­längst gemeint hat, ich sei immer so kritisch in Bezug auf Wien, denke ich mir, dass ich ihm wieder einmal ein bisschen Lektüre zukommen lasse, damit er wieder einmal hört, was man in dieser Stadt verbessern oder verändern kann. (Abg. Mag. Trunk: Na so viel Zeit hat er nicht!)

Ich habe schon einmal über den waff gesprochen. Das ist jene Organisation, in der zirka 44 Prozent der Mittel nur für die Verwaltung aufgehen. (Zwischenruf des Abg. Dr. Jarolim.) Aber ich habe natürlich auch über den Schwarzenbergplatz gesprochen, weil ich glaube, dass das nicht wirklich ein Bilderbuchplatz ist.

Heute jedoch will ich angesichts der Arbeitslosigkeit in Wien über das Arbeitsmarkt­service Wien reden. (Abg. Dr. Einem: Das ist eine Wiener Behörde?) – Ja, das sage ich Ihnen gleich. Da haben Sie ja ein bisschen Einfluss, und wenn Sie aufpassen, kann ich Ihnen das auch erklären. (Zwischenruf des Abg. Reheis.)

Sie werden zunächst einmal sagen: Warum? Die Arbeitslosigkeit in Wien ist ja verbes­sert worden: minus 2,2 Prozent im letzten September. Das ist richtig. Wir sollten uns das jetzt aber ein bisschen im Detail anschauen.

Sie wissen vielleicht, dass es innerhalb des Wiener Arbeitsmarktservice elf verschie­dene regionale Stellen gibt. Ich verweise auf eine Stelle, nämlich auf das AMS Dresd­ner Straße, wo sich die Arbeitslosigkeit im Vergleich zum September des vergangenen Jahres um 15 Prozent gebessert hat. Und jetzt lade ich Sie ein, dass wir uns gemein­sam anschauen, warum das eigentlich so ist.

Das Wiener Arbeitsmarktservice stellt die Forderung an die Bundesverwaltung, dass es mehr Leute braucht, und verlangt quasi eine Art Personalausgleich, weil die anderen Bundesländer weniger Leute bräuchten und Wien mehr. Das führt aber dazu, dass die Performance dieses Wiener Arbeitsmarktservice jetzt etwas genauer unter die Lupe genommen wird. Man schaut sich an, ob die eigentlich effizient arbeiten. So weit, so gut!

Ganz erfreulich ist, dass Mitarbeiter des oberösterreichischen Arbeitsmarktservice für Wien abgestellt wurden und im AMS Dresdner Straße ein Test- und Projektlauf ge­macht wurde. Durch den Einsatz dieser Mitarbeiter aus der oberösterreichischen Arbeitsmarktverwaltung kam es dort zu einer sprunghaften Verbesserung um 15,7 Pro­zent oder, in absoluten Zahlen: 1 412 früher arbeitslose Menschen sind nicht mehr arbeitslos. (Abg. Öllinger: Aber nicht durch Vermittlung, sondern ...!)


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79. Sitzung / Seite 146

Das erklärte Ziel dieses Projekts, Herr Kollege, ist ja zunächst einmal die Verkürzung der Vormerkdauer. Man hat versucht, längere Arbeitslosigkeit zu vermeiden, die Leute stärker zu integrieren. In den drei Monaten, in denen diese Leute in Wien waren, gab es an sich einen wirklich sprunghaften Erfolg, wobei das in Wirklichkeit unbegrenzt ist. Ich werde Ihnen dann auch sagen, warum.

Es gibt ein Ranking in Wien. Das Arbeitsmarktservice in der Dresdner Straße lag bis­her auf dem 11. Platz und ist auf Grund dieser Beratung und Hilfe der oberösterreichi­schen Kollegen auf den 3. Platz vorgestoßen. (Zwischenruf des Abg. Gaál.) Wenn Sie sich anschauen, wie sich die Langzeitarbeitslosigkeit in Wien im ersten Halbjahr 2004 entwickelt hat, so gibt es dort im Schnitt um 7 Prozent mehr Langzeitarbeitslose, im AMS Dresdner Straße hingegen um 8 Prozent weniger.

Das hat dazu geführt, dass das Wiener Arbeitsmarktservice meint, man könnte das eigentlich flächendeckend machen, um so in allen Bereichen Wiens effizienter zu wir­ken. Und ich glaube – und darauf sollten wir jetzt unser Augenmerk legen –, wenn das Ziel dieses Projekts tatsächlich erfolgreich realisiert wird, haben wir nur mehr 159 Tage Vormerkdauer, das heißt: ein Vielfaches dessen, was dieser Versuch kostet, wird in Wirklichkeit bei der Arbeitslosenversicherung eingespart. (Abg. Dr. Mitterlehner: Was lernen wir daraus?)

Jetzt sollten wir überlegen, wie man es bewerkstelligen kann, dass es auch tatsächlich dazu kommt. Darüber gibt es heftige Diskussionen. Und dabei wird auch weggescho­ben, dass dieser Versuch von den Mitarbeitern des Wiener Arbeitsmarktservice akzep­tiert wird.

Daher glaube ich, wir sollten darüber nachdenken, ob diese Konstruktion in der der­zeitigen Form mit dem gemischten Vorstand tatsächlich das effizienzsteigernde Instru­ment ist. Ich erhoffe mir vom Wiener Bürgermeister, dass er diese Zeilen liest und dies­bezüglich einwirkt. (Abg. Gaál: Immer der Wiener Bürgermeister!) Er hat ja dazu die besten Möglichkeiten, wie er seinen Kollegen und Kolleginnen, die dort sitzen ... (Abg. Dr. Niederwieser: Welche?) – Selbstverständlich! Ich sage Ihnen dann die Namen, Herr Kollege, bei denen er das machen kann. (Abg. Dr. Einem: Sagen Sie es gleich!)

Die Kosten, die entstehen ... (Abg. Dr. Einem: Also reine Polemik!) Ich sage Ihnen nur die Kosten: Der oberösterreichische Schnitt für den Langzeitarbeitslosen liegt bei 9 900, der österreichische Schnitt beträgt das Doppelte, nämlich 20 000. Und das könnten wir einsparen! Man kann auch darüber nachdenken, ob nicht dieser Ausgleich unter den Bundesländern auf diese Art geschafft wird. Wenn nämlich diese Effizienz­steigerung zustande kommt, braucht man nicht die Arbeitskräfte aus den anderen Bundesländern.

Zusammenfassend für die Arbeitsmarktverwaltung, Herr Kollege: Nicht parken und warten, sondern (Abg. Dr. Einem: Bartenstein!) Schulung und Vermittlung sind ange­sagt! Und das können Sie anhand der oberösterreichischen Beispiele lernen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

17.34

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Reheis zu Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte, Herr Abgeord­neter.

 


17.35

Abgeordneter Gerhard Reheis (SPÖ): Frau Präsidentin! Teures Mitglied der Bundes­regierung! Das, was mein Vorredner soeben gesagt hat, gehört bitte in das Ressort Bartenstein. Bitte die Botschaft an ihn zu richten und nicht an den Wiener Bürgermeis­ter, der ist nämlich dafür zuständig!


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79. Sitzung / Seite 147

Aber nun zum Budget. Liebe Kolleginnen und Kollegen! (Die Abgeordneten Auer und Neugebauer: Kein Applaus!) Ich möchte heute eine Frau zitieren, die bekanntermaßen das Ohr am Mund der Bevölkerung hat, und zwar „Amanda Klachl“ von der „Kleinen Zeitung“. Sie schreibt:

In der Budgetrede hat der Grasser die Pensionsreform als großen Wurf gelobt. Stimmt! Die meisten fühlen sich aufs Kreuz gelegt. – Also die „Amanda Klachl“ hat vollkommen Recht! (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Der Bundesvoranschlag 2005 unterstellt, dass, obwohl eigentlich die Finanzausgleichsverhandlungen noch nicht abgeschlossen sind, die Länder zumindest einen Überschuss von 0,5 Prozent des BIP erwirtschaften sollen und dass die Gemeinden und Städte einen ausgeglichenen Haushalt erreichen werden. Sie nehmen den Gemeinden aber immer mehr Möglichkeiten und vor allem finanzielle Mit­tel, um dieses von Ihnen vorgegebene und gewünschte Ziel auch erreichen zu können.

Laut einer APA-Aussendung von heute sagte Grasser, dass er diese „0,5 Prozent bereits als Entgegenkommen“ seinerseits an die Länder und an die Gemeinden sehe, denn: „Nach dem derzeit geltenden Stabilitätspakt“ seien die Bundesländer zu einem noch höheren Überschuss „verpflichtet“. – Verpflichtet!

Meine Damen und Herren! Die Bundesregierung und Sie geben Geld aus, schmeißen es – wenn ich nur an die Beratungskosten denke – beim Fenster hinaus, und die Län­der und die Gemeinden sollen es zahlen. Grasser verschwendet, die Bundesregierung verscherbelt, belastet und sitzt in Weihrauchschwaden ob ihres glorreichen Budgets. Die Gemeinden und die Länder sollen zahlen!

Meine Damen und Herren! Wie soll das möglich sein? Nur ein Beispiel aus meiner Ge­meinde dazu, was die Steuerreform 2005 kostet: 2005 kostet die Stadt Imst 298 000 €, das dann jährlich. Das kriegen wir durch die Steuerreform als Gemeinde nie wieder herein! Nie! Und das sind Investitionen, die unserer Gemeinde abgehen, die wir ein­fach nicht tätigen können, weil wir dieses Geld nicht mehr zur Verfügung haben. (Zwi­schenruf des Abg. Dipl.-Ing. Scheuch.)

Andererseits belasten Sie die Gemeinden mit immer mehr Aufgaben, immer mehr zu­sätzlichen Aufgaben, nehmen ihnen immer mehr Geld weg und schauen, dass sie nicht mehr die entsprechenden Mittel haben. Das gilt ganz besonders für die kleinen Ge­meinden.

Ich möchte, weil Herr Großruck hier immer so glorreiche Gedichte präsentiert, auch einmal versuchen, ein Gedicht anzuschließen:

Minister Grasser präsentiert voll Weihrauchschwaden ein Märchenbuch, das Budget er nennt.

Lobhudelei und Floskeln beheben nicht den Schaden, der in den kalten Herzen der Regierung brennt.

Protz und Prunk, so hat’s den Schein, sollte dieses Werk wohl sein.

Doch übrig bleiben hohle Worte – und leider nur Design!

Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

17.38

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Neu­deck. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


17.38

Abgeordneter Detlev Neudeck (Freiheitliche): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Ich habe so das Gefühl, seit man weiß, was ein Literatur-


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nobelpreis an Euro bringt, ist das Dichten modern. Wenn sich Stockholm jetzt die Pro­tokolle kommen lässt, wird man der Jelinek vielleicht noch im Nachhinein den Literatur­nobelpreis aberkennen. (Abg. Dr. Glawischnig: Das tät’ euch so passen, gell?) – Ich habe nichts davon, mich interessiert nur, ob das Geld, das mit dem Literaturnobelpreis verbunden ist, steuerpflichtig wäre, Herr Staatssekretär. (Abg. Krainer: Das ist schwie­rig! – Rufe bei der SPÖ: Das wird ein Verein!) Sonst haben wir dann vielleicht wieder so eine Vereins- und Homepage-Geschichte, und das auch noch aus dem Ausland.

Meine Damen und Herren! Es war heute so interessant. Klubobmann Gusenbauer ist ja wenig im Saal. Im Plenarsaal sieht man ihn sehr selten. Heute ist während der Zeit der Fernsehübertragung Kollege Matznetter heruntergekommen – ich habe zuerst ge­glaubt, es ist die Zunge, aber es war die rote Krawatte, mit der er dann hier gestanden ist –, und innerhalb einer halben Minute war Gusenbauer da! Er wollte anscheinend verhindern, dass während der Fernsehübertragung im Redebeitrag von Matznetter so etwas passiert wie mit dem Wirtschaftsprogramm (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Er hat ihm ja die Rede vorher geschrieben!), das ja in Wirklichkeit ein Steuererhöhungs- und Arbeitsplatzvernichtungsprogramm war. Aber keine Angst, Matznetter hat nichts Neues und Eigenes gebracht, er hat nur in oppositioneller Tradition das Budget zu zerpflücken versucht. (Abg. Krainer: Könnten wir bitte die vorbereitete Rede hören? Die ist viel­leicht ein bisschen spannender!)

Meine Damen und Herren von der SPÖ! Ich habe schon das Gefühl – Kollege Groß­ruck hat es auch gesagt –, dass Sie sich nicht wirklich Gedanken über den aktuellen Budgetentwurf gemacht haben, sondern Ihre Reden, die Sie in den vergangenen Jahren gehalten haben, einfach wiederholt haben. Das nennt man Zeitmanagement der Abgeordneten von der SPÖ.

Hätten Sie sich nämlich mit dem Budgetentwurf ehrlich auseinander gesetzt, hätten Sie – das hoffe ich zumindest – nicht den Mut, ständig Halb- und Unwahrheiten zu verbreiten und die Menschen in unserem Lande zu verunsichern. Ich verstehe schon, wie können Sie die Arbeit dieser Bundesregierung loben? – Das ist nicht oppositionelle Aufgabe. Aber Sie tun sich dann besonders schwer, wenn Sie vielleicht in wenigen ehrlichen Momenten an die eigene Finanzpolitik zurückdenken.

Denken wir an die Jahre 1997, 1998. Österreich konnte damals ein Wirtschaftswachs­tum verzeichnen, gleichzeitig gab es zwei Sparpakete, die höchste Arbeitslosigkeit und das höchste Defizit. Das war die Finanzpolitik à la Edlinger, als die SPÖ noch regierte.

Wir haben Österreich mit einem Schuldenstand von 133 Milliarden übernommen. Es tut mir Leid, das wiederholen zu müssen, aber das sind 140 Millionen Schilling Schulden. (Abg. Dr. Glawischnig: Wie viel sind es jetzt?) – Es sind im Verhältnis zum Bruttoin­landsprodukt wesentlich weniger, Frau Kollegin. Wenn Sie das verantwortungsvolle Budgetpolitik nennen, dann haben Sie Recht, da können wir nicht mit. Wir sehen unsere Arbeit für Österreich nicht nur in Legislaturperioden, wir blicken über den Teller­rand der SPÖ hinaus und machen Zukunftspolitik. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Die Reformen, die wir in Angriff genommen haben, sind notwendig. Natürlich, Kollege Reheis, sind sie unpopulär. Und wenn uns die nächsten Wahlen nicht Recht geben, dass sie notwendig waren, so doch die Geschichte. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Bitte, sei nicht so pessimistisch!)

Meine Damen und Herren! Österreich lag in vielen Rankings am Ende der Liste und steht heute vorne und im Mittelfeld. Wir haben nach vier Jahren das Budget rechtzeitig in Ordnung gebracht, obwohl wir mit 9 Milliarden € belastet sind, die wir allein für die Finanzierungskosten aufzubringen haben. Das ist so viel, wie für Erziehung, Unterricht, Forschung und Wissenschaft in diesem Budget vorgesehen ist.


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Meine Damen und Herren! Das sind Altlasten, die von dieser Regierung bereinigt und erledigt werden müssen. Natürlich gibt es ein Defizit, aber es gibt auch eine Steuerre­form, die auf Sicht Österreich als Wirtschaftsstandort wieder attraktiver macht und die Menschen entlastet.

Ich stimme mit dem Finanzminister und dem Staatssekretär überein, wenn er sagt: sozial verträgliches Wachstum, Steuern runter, Österreich rauf. (Beifall bei den Frei­heitlichen und der ÖVP.)

17.43

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste am Wort ist Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


17.43

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Poštovane dame i gospodo! Sehr ge­ehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Dies ist wahrlich eine inter­essante Lektüre (die Rednerin verweist auf die Unterlagen zur „Budgetrede des Bun­desministers Karl-Heinz Grasser vor dem Nationalrat“), vor allem wenn man gestern vielleicht ein bisschen abgelenkt war während der Budgetrede des Ministers und sich dann diese Worte noch einmal – jetzt lesend – zu Gemüte führt. Da wirken sie – ich sage es Ihnen – noch viel intensiver.

Ich habe gestern manchmal nicht aufgepasst und musste jetzt in Vorbereitung das heute lesen. Ich bin wirklich beeindruckt von dieser Art von Prosa, die hier niederge­schrieben wurde. Ich trage Ihnen einen der Sätze, der vielleicht auch nicht mehr ganz in Ihrer Erinnerung ist, vor:

„Unsere Eltern und Großeltern haben Österreich zu einem reichen Land gemacht. Einem Land, in dem innerer Zusammenhalt und Solidarität wichtig sind. Dieser Bun­desregierung ist soziale Gerechtigkeit ein großes Anliegen.“

Die ersten beiden Sätze sind wahrlich wahre und richtige Aussagen: „Unsere Eltern und Großeltern haben Österreich zu einem reichen Land gemacht.“ Der Satz: „Dieser Bundesregierung ist soziale Gerechtigkeit ein großes Anliegen“, ist verglichen mit dem, was wir heute gehört haben, eine – kann man sagen – krasse Fehlinterpretation, um es noch vornehm auszudrücken. Ich denke daran, dass Österreich ein Land ist, wo die Vermögensteuern so niedrig sind wie kaum woanders.

Ich weiß nicht, wer dem Herrn Bundesminister Mag. Grasser das so zusammen­schreibt, und ich weiß vor allem nicht, ob er sich das tatsächlich vorher ganz genau durchliest und überlegt, was das bedeutet – ich könnte einige andere Passagen auch noch zitieren –, denn sonst könnte man das nicht einfach so ungeschützt hier vortra­gen.

Ich möchte zwei Bemerkungen zu dem machen, was ich heute vom Herrn Minister selber gehört habe, auch als Replik auf die Ausführungen meines Kollegen Brosz, in denen es um die Bildungsausgaben ging.

Herr Minister, wenn Sie schon ein Schulkind hätten (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Er ist ja nicht da!) – ich weiß, das macht ja nichts, so wie ich lesen kann, kann er auch lesen und alles nachlesen, was er ganz bestimmt tun wird (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Das wird er sicher machen!) –, dann wüssten Sie, dass wir heute im Schulbereich – jetzt rede ich nicht vom universitären Bereich, sondern vom Pflichtschulbereich – in einer Situation sind, die wirklich einmalig ist, zumindest einmalig im Hinblick auf mein Le­bensalter. Er ist noch jünger, für ihn ist es dann noch einmaliger. Es wird nämlich erst­mals wirklich brutal gekürzt. (Staatssekretär Dr. Finz: Stimmt nicht!)


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Haben Sie ein Kind in der Volksschule, Herr Staatssekretär? (Staatssekretär Dr. Finz: Ein Enkelkind!) – Ein Enkelkind. Dann sagen Sie mir, in welche Volksschule es geht, und dann werde ich Ihnen wahrscheinlich nachweisen können, wo gekürzt wird – aller­dings nur für den Fall, dass es sich um keine private Volksschule handelt, denn da ha­be ich keinen Einblick. Ich rede vom öffentlichen Schulwesen, und dort wird überall ge­kürzt, ob es auf dem Land ist, etwa im Burgenland, beispielsweise bei den Kleinstschu­len, auch beim zweisprachigen Unterricht, oder in Wien. Das passiert nämlich immer dort, wo dieser Satz so unwahr wird: „Dieser Bundesregierung ist soziale Gerechtigkeit ein großes Anliegen.“

An diesem kleinen, aber in Wahrheit großen Beispiel Schule zeigt sich, wie falsch und unwahr dieser Satz in einer Budgetrede ist, denn gekürzt kann nicht werden, indem man einem Erstklassler die Lehrerin wegnimmt und die 18 Wochenstunden, die sein müssen, nicht mehr unterrichtet werden. Gekürzt wird immer dort, wo es wirklich die sozial Schwachen am meisten trifft: beim Förderunterricht, beim Muttersprachenunter­richt für Kinder, die eine oder auch zwei Muttersprachen haben. Gekürzt wird dort, wo es das Ganztagsschulwesen angeht. Davon sind eben in den öffentlichen Schulen die sozial Schwachen am allermeisten betroffen, und zwar in zweierlei Hinsicht: einerseits durch die Kürzungen, andererseits aber auch dadurch, dass sie nicht das Privileg haben, etwas im privaten Schulwesen kompensieren zu können. – Das ist meine erste Bemerkung.

Die zweite Bemerkung, auch diesem Prosawerk zu entnehmen: „Justizministerin Karin Miklautsch entwickelt eine große Justizreform, um sowohl Gerichtsbarkeit als auch Strafvollzug den Erfordernissen des 21. Jahrhunderts anzupassen.“ (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Ist das schlecht?)

Ich frage mich nur: Womit wird sie das tun, meine Damen und Herren? Wenn man die Zahlen aus dem Budget kennt, dann muss man feststellen – das verschweige ich nicht: Erhöhung jetzt nur im Justizbudget im Vergleich zum Rumpfbudget und Schrumpf- und Kürzungsbudget vom letzten Jahr –, dass das nicht einmal ausreicht, um die Versäum­nisse, die es gibt, auch nur teilweise nachzuholen, geschweige denn dafür, um den In­halt eines Satzes zu realisieren, der so einfach ungeschützt in der Öffentlichkeit gesagt wurde: „Justizministerin Karin Miklautsch entwickelt eine große Justizreform, um so­wohl Gerichtsbarkeit als auch Strafvollzug den Erfordernissen des 21. Jahrhunderts anzupassen.“

Das wird sie ganz bestimmt nicht tun können. Dafür wird der Herr Bundesminister, assistiert vom Herrn Staatssekretär, leider sorgen. Deshalb mache ich mir, sehr ge­ehrter Herr Staatssekretär, wirklich Sorgen um die Justizreform und den Strafvollzug in Österreich. (Beifall bei den Grünen.)

17.49

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Krainer zu Wort gemeldet. Herr Abgeordneter, Sie kennen die Regel: 2 Minuten, zunächst den zu berichtigenden und dann den berichtigten Sachver­halt. – Bitte.

 


17.49

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Kollege Neudeck hat soeben gemeint, dass es gegen Ende der rot-schwarzen Bundesregierung in Österreich eine Rekordarbeitslosig­keit gegeben hätte.

Ich berichtige tatsächlich: Jetzt, im Jahre 2004, gibt es um 50 000 Arbeitslose mehr als am Ende der rot-schwarzen Koalition. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Dr. Mitterlehner: Na geh!)

 


17.50


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Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Keuschnigg. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeord­neter.

 


17.50

Abgeordneter Georg Keuschnigg (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Kollege Krainer, trotz dieses Instrumentes der tatsächlichen Berichtigung werden Sie nicht wegreden können, dass Österreich, was das Ausmaß an Arbeitslosig­keit anlangt, eine führende Position in Europa einnimmt, nämlich hinsichtlich der geringsten Arbeitslosenrate in Europa. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich möchte die paar Minuten Redezeit, die mir zur Verfügung stehen, dem Thema länd­licher Raum widmen und auch einige wichtige Budgetpositionen in diesem Zusammen­hang ansprechen. Immerhin 60 Prozent der Bevölkerung Österreichs leben im länd­lichen Raum. Während in Osteuropa – erlauben Sie mir diesen kurzen Ausflug –, von Russland bis Bulgarien, und zwar auf Tausenden Quadratkilometern, die ländlichen Räume zusammenbrechen, in Wahrheit eine staats- und gesellschaftspolitische Tragö­die, hat Österreich ein reiches Erbe zu bewahren und zu sichern.

Der Unterschied zu Osteuropa ist, dass dort landwirtschaftliche Monostrukturen zu­sammenbrechen, während wir in Österreich einen klassischen Mix im ländlichen Raum haben, und zwar bestehend aus Landwirtschaft, Gewerbe, Tourismus, Industrie und Dienstleistungen. Und diesen Mix werden wir auch weiterhin fördern und weiterentwi­ckeln, und zwar so weiterentwickeln, dass er auch in Zukunft gewahrt sein wird. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Unsere Politik ist es, den ländlichen Raum gezielt zu stärken und zu vitalisieren. Als Beispiel hiefür möchte ich etwa die Breitband-Offensive dieser Bundesregierung anfüh­ren, die das Ziel hat, bis zum Jahre 2007 die Vollversorgung sozusagen bis in den letz­ten Winkel des ländlichen Raumes hinein sicherzustellen. Wir alle wissen, dass eine digitale Versorgung die Grundvoraussetzung für jeden Wirtschaftsstandort ist – egal, ob Gewerbe, Tourismus oder Industrie.

Wir fördern – um zum zweiten Beispiel zu kommen – die Öko-Energie in sinnvollem Maße; Stichwort: Ökostromgesetz. Dabei geht es um den Aufbau von Wertschöpfungs­ketten und um Standortpolitik, was zudem gut für die Wertschöpfung, gut für die Arbeitsplätze und gut für die Umwelt ist. Weiters investieren wir in Infrastrukturen, und zwar nachhaltig und dauerhaft.

Eine der zentralen Fragen dieser Politik stellt selbstverständlich der Finanzausgleich dar, der uns ja demnächst hier im Hohen Haus beschäftigen wird. Ich betone ausdrück­lich, dass das keine parteipolitische Frage ist. Wir alle wissen, wie die „Farbenlehre“ ausschaut: von den größten Städten in Österreich bis zu den kleinen, vom Städtebund bis zum Gemeindebund und so weiter.

Nochmals: Der Finanzausgleich ist keine parteipolitische Frage, sondern vielmehr stellt sich dabei die Frage, ob zumindest eine gewisse Solidarität zwischen Stärkeren und Schwächeren besteht und ob das auch politisch realisierbar ist, ob eine gewisse Transfermenge in Richtung finanzschwacher Gemeinden durchsetzbar ist. – Darüber zu diskutieren, werden wir ja noch die Möglichkeit haben.

Wir brauchen jedenfalls eine Politik – und dieses Budget gießt sie in die richtigen Zah­len –, die zukunftsfähig und regional ausgewogen ist. Das ist bei diesem Budget der Fall, und dafür bedanke ich mich auch sehr herzlich bei den Verantwortlichen dieser Bundesregierung. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

 


17.54


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Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Öllinger zu Wort gemeldet. Herr Abgeordneter, die Geschäftsord­nung ist bekannt; ich wiederhole diese Bestimmung daher nicht. Redezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


17.54

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Maier – Ferry Maier von der ÖVP – hat in seiner Rede behauptet, dass es durch den erfolgreichen Einsatz von Arbeitsvermittlern aus Oberösterreich in Wien gelungen sei, erstens Kosten zu sparen, zweitens die Zahl Langzeitarbeitsloser zu reduzieren und drittens generell damit ein Beispiel für ganz Wien beziehungsweise ganz Österreich zu geben.

Ich stelle tatsächlich richtig: Durch den Einsatz von Arbeitsmarkt-Betreuern aus Ober­österreich in Wien ist es nicht gelungen, Kosten zu sparen, sondern es ist nur gelun­gen, Kosten zu verlagern. In Wien, im Besonderen im AMS Dresdner Straße, hat sich die Zahl von Schulungsteilnehmern stark erhöht. In Wien ist als einzigem Bundesland der Einsatz von Schulungsteilnehmern extrem gestiegen, was gut und nicht unbedingt schlecht ist, aber es stellt das nur eine Kostenverlagerung und keine Reduktion der Zahl von Arbeitslosen dar.

Zweiter Punkt: Reduktion von Langzeitarbeitslosigkeit war und ist kein erklärtes ar­beitsmarktpolitisches Ziel auf Bundesebene, allerdings: Der Einsatz von oberösterrei­chischen Arbeitsmarktvermittlern hat dies im AMS Dresdner Straße im Besonderen betrieben.

Mittel dazu war, wie schon gesagt: Erhöhung der Zahl der Schulungsteilnehmer und Erhöhung der Zahl von Personen, die Pensionsvorschuss beziehen. (Rufe bei der ÖVP: Was ist das für eine tatsächliche Berichtigung, Frau Präsidentin?) Pensionsvor­schuss ist eine Leistung aus der Arbeitslosenversicherung und keine Leistung aus der Pensionsversicherung. (Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Herr Abgeordneter Maier, es geht hier also nur um Kostenverlagerung und nicht um die tatsächliche Reduktion von Kosten! – Das hat Herr Abgeordneter Maier von der ÖVP falsch dargestellt! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Abg. Schöls: Er soll einen Redebeitrag machen! Skandalös!)

17.56

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abge­ordnete Stadlbauer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte. (Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von ÖVP, Freiheitlichen und Grünen.)

 


17.56

Abgeordnete Bettina Stadlbauer (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! – Wenn sich die Herren dann wieder beruhigt haben, kann ich anfangen. – In der gestri­gen Budgetrede hat Herr Bundesminister Grasser in einem Halbsatz erwähnt, dass die Budgetunterlagen um einen eigenen Abschnitt, nämlich um Gender Budgeting, ergänzt wurden. – Nun, das klingt ja grundsätzlich sehr vielversprechend. Endlich will der Herr Finanzminister die Auswirkungen des Budgets auf Frauen und Männer über­prüfen und gegebenenfalls gegensteuern.

So, ich habe mir das Ganze angesehen und kann nur sagen – wie bei so vielen ande­ren Dingen –: Sie haben viel versprochen und nichts gehalten! (Beifall bei der SPÖ.)

Aber mehr noch: Sie von den Koalitionsparteien verkaufen die Frauen für dumm, und das ist sehr verwerflich! Es geht doch nicht darum, nur einen Abschnitt Gender Budge­ting anzuhängen und gleichzeitig dann ein Budget zu präsentieren, mit dem die Situa-


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tion von Frauen nachweislich verschlechtert wird! – Aber sehen wir uns doch ein paar solcher Gender Budgeting-Abschnitte an.

Zuerst einmal möchte ich auf zwei Druckfehler aufmerksam machen, die doch ziemlich bezeichnend sind: Beim Gender-Anhang des Bundeskanzleramtes wird bezeichnen­derweise vom „Gender-Aspeckt“ gesprochen, Aspekt also mit „ck“ geschrieben. Das erinnert mich an einen Satz, den der Herr Minister beim vorigen Budget gesagt hat: „Weg mit dem Speck!“ – Ich denke, das ist wahrscheinlich das Synonym für den Stellenwert der Frauenpolitik in dieser Regierung.

Dann hat sich ein ganz netter Freud’scher Fehler ausgerechnet beim Frauenminis­terium eingeschlichen, und zwar steht hier „das Bundesmisterium für Frauen und Gesundheit“. – Also auch hier sehen wir wieder: Frauenpolitik ist für Sie ein Mysterium. (Beifall bei der SPÖ.)

Aber nun zu den inhaltlichen Gender-Aspekten; zunächst zum Gender-Aspekt im In­nenministerium. Da werden die Interventionsstellen als Beispiel angegeben. – Nun, nicht wirklich ein gutes Beispiel, wissen wir doch alle, dass die Interventionsstellen viel, viel mehr Ressourcen benötigen würden. In Wien können die Betreuungen gar nicht mehr so, wie sie sein sollten, durchgeführt werden, weil zu wenig Geld da ist, aber diese Regierung macht genau das Gegenteil.

Zum Gender-Aspekt im Sozialministerium. Nicht die so genannte Pensionsharmo­nisierung und die Auswirkung auf die Frauen werden da unter die Lupe genommen, sondern als Beispiel wird einzig und allein eine Veranstaltung, eine Familienkonferenz, herangezogen. – Da wird wieder einmal deutlich, wo Sie die Frauen sehen: in der Familie, und zwar ausschließlich dort! (Widerspruch bei der ÖVP.)

Zum Gender-Aspekt im Frauenministerium. Das ist ja überhaupt mein Lieblingsbei­spiel, denn dort werden Maßnahmen zur Bekämpfung des Drogenmissbrauchs ange­geben. – Dabei gäbe es für eine echte Frauenministerin wahrlich viel mehr zu themati­sieren und zu durchleuchten, so zum Beispiel die hohen Einkommensunterschiede zwi­schen Frauen und Männern, die hohe Arbeitslosenrate bei Frauen, die Steuerreform, bei der berufstätige Frauen klar benachteiligt werden, eine ausreichende Finanzierung von Frauenorganisationen und -vereinen, fehlende Kinderbetreuungseinrichtungen und, und, und.

Zum Gender-Aspekt im Justizministerium. Da wird die Prozessbegleitung von Ge­waltopfern erwähnt, dabei wurde auch da den Opferschutz-Einrichtungen eindeutig Geld entzogen, und parallel dazu wurden teure Strukturen, die dem Ministerium unter­stehen, aufgebaut.

Zum Gender-Aspekt im Wirtschafts- und Arbeitsministerium. Da finden wir über­haupt nur den Hinweis, dass sich Gender Budgeting ohnehin durch das ganze Ministe­rium zieht. – Ha, ha! Wie erklären Sie dann die hohe Frauenarbeitslosigkeit und Ihr Nichtstun? Wie erklären Sie die schwierige Vereinbarkeit von Familie und Beruf?, und vor allem: Was tun Sie dann dagegen? (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Wir sehen also: Gender Budgeting ist in Ihrem Budget kein durchgängiges Prinzip, sondern ein Marketing-Gag! Frauenpolitik wird von Ihnen – wieder einmal – ignoriert! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen.)

18.00

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Böhmdorfer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

 



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79. Sitzung / Seite 154

18.00

Abgeordneter Dr. Dieter Böhmdorfer (Freiheitliche): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Hau­ses! Es trifft sich ganz gut, Herr Staatssekretär Finz, dass Sie hier sind, denn wir beide haben das vorletzte Budget verhandelt und mit einer gewissen Vereinbarung abge­schlossen, die ich ganz gerne in Erinnerung rufen würde. Bei aller Anerkennung dessen, was hier wirtschaftspolitisch geschieht, was budgetpolitisch geschehen muss, muss nämlich doch auch erwähnt werden, dass ich große Sorge um die Justiz habe. Das sage ich ganz offen.

Die Justiz kann ohne ausreichendes Personal vor allem ihre Aufgaben nicht wirklich erfüllen. Die Sorge, die ich jetzt anzubringen habe, ist jene, Herr Staatssekretär, dass einerseits in den nächsten beiden Jahren insgesamt 740 Planstellen von der Justiz weggespart werden sollen – bitte, korrigieren Sie mich, wenn das falsch ist! –, anderer­seits aber nächstes Jahr 438 Planstellen dazugegeben werden. Da bleibt noch immer ein beträchtlicher Saldo übrig, nämlich von 302 Planstellen, von denen wir beide, so glaube ich, nicht so ohne weiteres wissen, wo sie herkommen sollen und wie dieses Manko aufgefangen werden soll.

Ich darf darauf hinweisen, dass wir im Jahre 2003 vereinbart haben, Herr Staatssek­retär, dass nur dann weitere Einsparungen von der Justiz wirklich verkraftet werden können, wenn sich die Situation im Häftlingsbereich bessert.

Das Schreiben wurde vor der endgültigen Vereinbarung verfasst, und zwar am 8. April um 16.36 Uhr. Das muss ich jetzt einmal ganz deutlich sagen, damit nicht das Gerücht entsteht, es wäre nachträglich von mir ein frommer Wunsch geäußert worden. Das war Grundlage unserer Vereinbarung.

Die Häftlingssituation hat sich nicht verbessert. Der Herr Abgeordnete weiß es genau, alle anderen wissen es auch, weil es oft genug öffentlich gesagt wurde. Statt 7 000 Häftlingen, die wir üblicherweise hatten, haben wir jetzt 8 900 zu verwahren. Diese Steigerung erfolgte nicht bei den Strafhäftlingen – das ist der ewige Irrtum der Oppo­sition –, sondern bei den Untersuchungshäftlingen, die man nicht „bedingt entlassen“ kann. Also dieser Ansatz ist nicht ganz richtig. (Abg. Dr. Wittmann: Das ist ja noch ärger!)

Für 1 500 zusätzliche Strafhäftlinge braucht man nach einem europäischen Schlüssel zirka 750 Justizwachebeamte. Gegeben oder besser gesagt gewährt werden aber nur 300. Zum Teil, nämlich 200 davon, werden sie vom Bundesheer umgeschult.

Ich kann ganz offen sagen: Das wird kaum ausreichend sein! – Ich bin sehr dankbar gewesen, als ich gehört habe, dass der Herr Bundeskanzler im Einvernehmen mit dem Herrn Finanzminister der Frau Justizministerin zugesichert hat, dass diesbezüglich in der nächsten Zeit, in den nächsten Jahren weitere Verhandlungen stattfinden werden.

Wenn ich etwas Falsches gesagt habe, Herr Staatssekretär, sagen Sie es mir bitte gleich ins Ohr, damit ich es korrigieren kann. Ich werde sofort darauf Bezug nehmen. Habe ich etwas Falsches gesagt? Habe ich eine falsche Zahl genannt? – Also bitte. Es ist natürlich eine Frage der Fairness, mir das jetzt zu sagen, damit ich gleich darauf antworten kann. (Abg. Broukal: Fairness ist kein Regierungsziel! Das wissen Sie!) Aber ich sage, ich habe keine falsche Zahl genannt, auch bezüglich des vorhin ge­nannten Briefes keine falsche Uhrzeit, sondern ich möchte schon darum bitten, im Interesse der Justiz in diesem Bereich das notwendige Personal zur Verfügung zu stellen.

Die Justiz selbst ist bereit, alles zu geben, um mitzusparen. Die Justiz anerkennt auch das erfolgreiche Bemühen der Bundesregierung, diesen Staatshaushalt zu sanieren.


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Aber, eines muss ich schon sagen: Wohlstand gibt es nicht ohne Rechtsstaatlichkeit. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Diese Sorge hat uns zu erfüllen, auch in der Diskussion über den Beitritt der Türkei zur EU. – Ich zitiere sonst nicht aus Zeitungen, aber lesen Sie nach in der Ausgabe des „Kurier“ vom 10. Oktober 2002! Als der Fortschrittsbericht über die zehn neuen Mit­gliedstaaten veröffentlicht wurde, hat es dort geheißen: „Korruption als Landplage bei 6 der 10 EU-Kandidaten.“

Das heißt, in diesen Ländern wurden zwar die Gesetze beschlossen, die ein Rechts­staat braucht, aber sie können nicht umgesetzt werden, sie können nicht verwirklicht werden (Abg. Mag. Wurm: So wie gestern das Strafrechtliche Entschädigungsgesetz!), weil es dort keine korruptionsfreie Gesellschaft gibt. – Bedenken Sie das auch, wenn Sie über die Türkei sprechen! Das sage ich Ihnen ganz deutlich.

Bei der EU hat man dieses Problem erkannt. Wir werden es zu erleiden haben, dass unser Level an Rechtsstaatlichkeit von den Neuen noch nicht erreicht wurde. Aber wir dürfen auch den österreichischen Level nicht durch zu weit gehende Sparmaßnahmen riskieren. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Dr. Jarolim: Das erste Mal, dass ich zu einer Böhmdorfer-Rede klatschen konnte!)

18.05

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Maier zu Wort gemeldet.

Herr Abgeordneter, auch für Sie gilt die Regelung von 2 Minuten. – Bitte.

 


18.05

Abgeordneter Dr. Ferdinand Maier (ÖVP): Herr Staatssekretär! Ich habe mich zu einer tatsächlichen Berichtigung gemeldet, weil Herr Kollege Öllinger gemeint hat, bei meinen Ausführungen hätte ich irgendwelche falschen Zahlen verwendet. (Zwischenruf des Abg. Brosz. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ich möchte nur auf Folgendes hinweisen: Ich glaube, in der Betrachtungsweise sollte man die Gesamtkosten sehen und diese Gesamtkosten sollte man ... (Ruf bei der SPÖ: Lernen Sie die Geschäftsordnung!)

18.06

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter! Es kann keine tatsächliche Berichtung zu einer tatsächlichen Berichtigung geben. Da müssten Sie sich noch ein­mal zu Wort melden. Tut mir Leid! (Abg. Krainer: Eine tatsächliche Berichtigung darf man nicht berichtigen! Geschäftsordnung lesen!)

Als Nächster hat sich Herr Staatssekretär Dr. Finz zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Staatssekretär.

 


18.06

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Alfred Finz: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Zur Entwicklung des Stellenplanes der Justizwachebe­diensteten möchte ich Folgendes festhalten: Natürlich ist das im Bundeskanzleramt – der Bundeskanzler ist ja für die Stellenpläne verantwortlich – und auch im Finanzminis­terium bekannt.

Der Stellenplan für die Justizwachebediensteten hat im Jahr 2003 2 994 betragen, im Jahr 2004 3 007 und jetzt, im neuen Budget, 3 130. Wir haben also trotz knapper Res­sourcen den Stellenplan um immerhin 123 Bedienstete aufgestockt. (Abg. Scheibner: Aber 600 sind gefordert, Herr Staatssekretär!) Wir erkennen also den Schwerpunkt.


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Allerdings muss ich sagen, ich würde mir schon seit längerem – und ich hoffe, dass das auch der Konvent entsprechend unterstützt – eine Gesamtreform des Gerichtswe­sens erwarten. Hier haben wir noch immer eine Organisationsform aus dem 19. Jahr­hundert. Das sollte geschehen, damit die Personalnöte insgesamt effektiver gelöst werden können. Es gibt ja schon seit jeher den Plan, eine Gerichtsebene einzusparen und größere Eingangsgerichte zu schaffen. Das würde natürlich ebenfalls die Perso­nalnot lindern. – Danke. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Jarolim: Die Böhmdorfer-Rede war aber plausibler! – Abg. Jakob Auer: „Eurolim“!)

18.07

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Abgeordneter Dr. Zinggl zu Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


18.08

Abgeordneter Mag. Dr. Wolfgang Zinggl (Grüne): Verehrte Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ich freue mich, dass ich zum Kunstbudget ein paar Worte verlieren darf, und möchte gleich am Anfang sagen, wir freuen uns über jede Erhöhung des Kunstbudgets. Wenn wir sehen, dass jetzt der Budgetvoranschlag um 4,5 Millio­nen € erhöht wird, dann stehen wir nicht an, zu sagen: Gut so!

Allerdings muss man sich diese Zahl natürlich ein wenig genauer ansehen. Wenn man da hineinschaut, dann sieht man sofort, dass mit dem Geld etwas gemacht wird, das uns weniger freudig stimmt. Es wird nämlich nicht um 4,5 Millionen, sondern um 6,7 Millionen € das Bregenzer Festspielhaus saniert. Das ist natürlich eine wichtige Sache, jedoch muss man sich die Regierungserklärung anschauen. In der Regierungs­erklärung finden wir zum Bereich Kunst und Kultur:

„Ein Schwerpunkt liegt in der Erhaltung der Breite und Vielfalt von Kunst und Kultur sowie in der Förderung des Nachwuchses.“

In diesem Punkt, würde ich einmal sagen, kann man nicht sehr viel ernten. Nach Vor­arlberg werden vom Bundeskunstbudget im Jahr 2005 etwa 11 Millionen € gehen, mehr als 10 Millionen € davon werden für die Bregenzer Festspiele verwendet.

Wenn man diese 800 000 €, die genau genommen als Rest bleiben, ins Verhältnis zum Budget setzt, dann sieht man, dass nur 9 Prozent für den Rest der Kunst und Kultur da sind und fast 92 Prozent für die Festspiele. Man sieht also, dass für die „Breite und Vielfalt von Kunst und Kultur“ nicht so viel getan wird.

Herr Abgeordneter Broukal hat ja im Zusammenhang mit den Universitäten darauf hin­gewiesen, dass nur neun Zeilen (Abg. Broukal: Sieben Zeilen!), sieben Zeilen zu die­sem Bereich in der Budgetrede des Finanzministers vorhanden sind. Für Kultur sind zwei Zeilen vorgesehen. Eine Zeile lautet: „Österreich ist eine weltweit zu Recht be­rühmte Kulturnation.“ Die andere Zeile lautet, Staatssekretär Morak habe erfolgreich für die Budgetmittel 2005, also fürs Jubiläumsjahr verhandelt. 

Da der Herr Finanzminister zuerst gesagt hat, er gebe bereitwillig Auskunft, frage ich Sie, Herr Staatssekretär: Wie hoch ist denn das für diese Feiern vorgesehene Budget aus dem Kultur- und Kunstbudget? – Das würde mich deshalb brennend interessieren, weil die „Ernte“ in der Kunst im Allgemeinen – da habe ich jetzt schon Erfahrungen ge­macht – so aussieht: Ich erinnere an die „Diagonale“. Da wurde von Staatssekretär Morak ein Filmfestival, das gut funktioniert hat, so gekippt, dass er einfach bestimmen wollte, was dieses Filmfestival sein soll und wer es leiten soll. Nachdem das alles nichts geworden ist, haben die beiden Intendanten das Handtuch geworfen und 400 000 € in Rechnung gestellt. Somit wurden also 400 000 € in den Sand gesetzt.

Ich kann mir vorstellen, dass auch für den „Austrokoffer“ oder die „Landvermessung“, wie das jetzt heißt – auch kein besserer Name –, ein ähnlich hoher Betrag vorgesehen


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ist. Ich würde zumindest im Zusammenhang mit dem Kulturbudget doch vorschlagen, in Zukunft bei Erhöhungen der Mittel weniger ein Festspielhaus zu sanieren, als einen Bereich einzurichten, der für diverse Flops des Staatssekretärs herhalten kann. Das Geld mag für Sie irgendwie sehr lieb sein, für uns ist es jedenfalls zu teuer. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

18.12

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Pendl zu Wort gemeldet. 2 Minuten Redezeit. Zunächst den zu berichtigenden und dann den berichtigten Sachverhalt. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


18.12

Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Herr Abge­ordneter Böhmdorfer hat gemeint, dass die Opposition den Unterschied der Klassifizie­rung von Gefängnisinsassen oft nicht kennt.

Ich stelle tatsächlich richtig: Die sozialdemokratische Fraktion und ich wissen genau, was Strafgefangene sind, was U-Häftlinge sind (Abg. Mag. Molterer: Frau Präsidentin! Was ist das?) und was Untergebrachte sind. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Das ist keine tatsächliche Berichtigung! – Abg. Krainer: Besser als Mol­terer gestern auf jeden Fall!)

18.12

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Das war keine tatsächliche Berichtigung, Herr Abgeordneter! Ich stelle das ausdrücklich fest.

Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Ing. Kapeller zu Wort. Freiwillige Redezeitbe­schränkung: 5 Minuten. – Bitte.

 


18.12

Abgeordneter Ing. Norbert Kapeller (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Es gibt drei Parameter zur erfolgreichen Bekämpfung der Kriminalität und zur Gewährleistung des Grundbedürfnisses Sicherheit. Es geht zum ersten Mal in der heutigen Debatte um das Innenressort, das von Seiten der SPÖ bis jetzt nicht kritisiert wurde. Darüber bin ich sehr froh.

Es gibt, wie gesagt, drei Parameter, die notwendig sind, diese Sicherheit zu erfüllen: das ist erstens ein ordentliches Budget, also das notwendige Geld zu haben, das ist zweitens, das notwendige Personal stellen zu können, und das ist drittens, eine moder­nisierte Exekutive zu schaffen. – Diese Parameter hat diese Regierung erfüllt, und wird sie noch erfüllen.

So wird im vorliegenden Budget diese Sicherheit in Zahlen gegossen. Es wird diesen drei Notwendigkeiten Rechnung getragen. Daher hat der künftige Haushalt 2005/2006 vor allem auf dem Sektor der inneren Sicherheit einen Sieger, nämlich die österrei­chische Bevölkerung. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Ironische Heiterkeit der Abg. Mag. Wurm.) – Na sicher.

Mit diesem Budget ist es nun möglich, Hunderte von Polizisten und Gendarmen neu auszubilden und gleichzeitig die technische Ausrüstung innovativ zu verbessern. Im Detail werden im nächsten Jahr über 500 Exekutivbeamte auch für Ihre Sicherheit aus­gebildet werden. (Zwischenruf der Abg. Mag. Wurm.) Das ist doch sensationell, Frau Kollegin. Ich freue mich, dass Sie da zustimmen werden müssen oder können. (Beifall bei der ÖVP.)

Aber nicht nur mehr Personal wird für mehr Sicherheit in Österreich sorgen, auch der Sachaufwand für unsere Sicherheit steigt. Im nächsten Jahr stehen dem Innenressort über 100 Millionen € mehr zur Verfügung. Das ist kein Einfrieren von Mitteln, sondern


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das ist eine Aufstockung zur Kriminalitätsbekämpfung. So ist sichergestellt, dass ein umfangreiches Investitionsprogramm für die technische Ausstattung der Exekutive erfolgen kann. – Das war ein Blick auf die Zahlen im Budget.

Ich will aber noch kurz auf die Verwaltungsreform im Innenressort eingehen. Der Um­bau des Innenressorts, die zeitgemäße Adaptierung von polizeilichen Arbeitsvorgän­gen und schlussendlich die Zusammenlegung von Gendarmerie und Polizei, all das wird Strukturen schaffen, die kompakter sind, Informationen schneller und Wege kürzer machen, und es erlaubt, Mitarbeiter effizienter und zielgerichteter einzusetzen. (Abg. Mag. Wurm: ...! Das ist die Gefahr!)

Kein Gendarmerieposten und kein Wachzimmer weniger, dafür aber Hunderte Beamte mehr im exekutiven Außendienst für unser aller Sicherheit! (Beifall des Abg. Murauer.)

Mehr Geld, mehr Reformen, vor allem kluges Einsetzen von Ressourcen zeichnet unsere Politik aus. (Beifall des Abg. Ing. Schultes.)

Daher hoffe ich, dass diesmal auch die Abgeordneten der SPÖ zustimmen werden, weil der Aufstockung des Sicherheitsbudgets um 36 Millionen € für das laufende Jahr konnten Sie ja die Zustimmung nicht geben. Ich hoffe, dass das diesmal anders sein wird. (Abg. Mag. Wurm: ...! Sie werden sich noch wundern!)

Als Kriminalist ist mir nun nicht mehr bange, dass auf Grund dieses Budgets, auf Grund dieser Politik unserer Bundesregierung und der nun zu finalisierenden Reformen das Produkt Sicherheit für unsere Mitbürger gewährleistet werden kann. Dieses Budget macht meinen Kolleginnen und Kollegen Mut. Die Menschen in Österreich dürfen sich zu Recht in Sicherheit wiegen. Ich danke den Handelnden und den Regierenden.

Zum Abschluss möchte ich aus der morgigen Ausgabe der „Kronen Zeitung“ zitieren betreffend die ÖVP legt trotz Pensionsharmonisierung gute Werte vor:

„Dazu Meinungsforscher Ulram: ,Die Menschen wissen nur zu gut, dass die Reform nötig ist. Die Regierung tut wenigstens etwas.“

Das bedeutet vice versa, die Menschen wissen auch, dass Sie nichts tun. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Scheibner.)

18.16

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Gaál zu Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordne­ter.

 


18.17

Abgeordneter Anton Gaál (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Kollege Kapeller, bei allem Verständnis für dein sehr ehrliches Engagement – ich kenne und schätze dich ja als Exekutivbeamten –: Wenn man sich das Budget sehr genau anschaut, dann ist es zwar etwas mehr, als es in der Vergangenheit, im vorigen Jahr der Fall war, aber insgesamt gesehen, liegt es weit unter den Budgets von 1999 und davor.

Wenn du es genau anschaust, fließt alles in den Zivildienst und Asylbereich. Für die Exekutive bleibt leider nichts übrig. (Abg. Dr. Fekter: Das stimmt ja nicht!) Aber ich glaube, Kollege Parnigoni wird dazu dann im Detail noch einiges sagen.

Meine Damen und Herren! Es wurden heute wiederholt, vor allem von Rednern der Regierungsfraktionen, immer wieder Vergleiche mit den Budgets früherer Jahre ange­stellt. Kein Einwand, aber der Wahrheit die Ehre gebend, möchte ich schon festhalten: 2005 wird Österreich das höchste Budgetdefizit seit 1996 haben, also ein höheres Budgetdefizit als in den Jahren 1997 bis 1999 (Abg. Mag. Molterer: Das stimmt ein-


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fach nicht!) – ich habe mir das heute noch genau angeschaut – unter Finanzminister Edlinger.

Dafür gibt es aber wesentlich mehr Arbeitslose und ein schwächeres Wirtschafts­wachstum. Wir haben, das muss man immer wieder betonen, wesentlich mehr Arbeits­lose als das in der Vergangenheit der Fall war. Kollege Keuschnigg, du hattest nicht Recht mit dem, was du gesagt hast, die Berichtigung durch Kollegen Krainer erfolgte hier zu Recht: Laut AMS gab es im September 2004 um rund 41 500 Arbeitslose mehr als fünf Jahre zuvor im September 1999.

Herr Staatssekretär! Da hilft die Schönfärberei des Herrn Finanzministers nichts. Da sind auch Sie nicht in der Lage, ihm diesmal einen Persilschein auszustellen. Damit ist erwiesen, dass das Kaputtsparen, diese Kaputtsparpolitik der letzten Jahre nichts außer viel menschliches Leid gebracht hat. Es waren fünf verlorene Jahre für Öster­reich, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Mit diesem Budget hat die Bundesregierung den letzten Rest an Glaubwürdigkeit verlo­ren. Das gilt leider auch für den Bereich der Sicherheits- und Verteidigungspolitik, die dem Herrn Finanzminister nur wenige Zeilen wert waren. (Widerspruch bei der ÖVP.) Dabei hat er sich mit Überschriften, Schlagworten und Worthülsen begnügt. Er hat sehr wenig übrig für die Sicherheits- und Verteidigungspolitik, sehr wenig übrig für eine leistungsfähige Sicherheitspolitik, sehr wenig übrig für eine zukunftsorientierte Politik.

Ich denke, dass wir mit jenem Budget, das der Landesverteidigung zur Verfügung steht, sicher nicht imstande sein werden, die notwendige Bundesheer-Reform, die wir gemeinsam, über Parteigrenzen hinweg, beschlossen haben, auch tatsächlich durch­zuführen.

Schlussendlich: Auch die Entscheidung zum Kauf der Eurofighter wird sich negativ auswirken, denn schon allein das ist, finanziell gesehen, eine Katastrophe für Öster­reich. (Beifall bei der SPÖ.)

18.20

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Klubobmann Scheibner zu Wort gemeldet.

Herr Klubobmann, für Sie wiederhole ich die Bestimmungen der Geschäftsordnung jetzt nicht. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


18.21

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Hohes Haus! Herr Abgeordneter Gaál hat die Behauptung aufgestellt, dass das Budgetdefizit im Jahr 2005 das höchste seit dem Jahr 1997 gewesen sei. (Abg. Gaál: 1996!)

Diese Behauptung – das gilt auch für 1996 – ist unrichtig! Es hat im Jahr 1998 ein Bud­getdefizit von 2,4 Prozent gegeben (Abg. Schieder: Nicht prozentuell! Absolut!), im Jahr 1999 eines von 2,3 Prozent und im Jahr 2005 eines von 1,9 Prozent.

Daran sieht man, dass diese Bundesregierung trotz steuerlicher Entlastung ein niedri­geres Budgetdefizit hat als frühere Regierungen vor dem Jahr 2000. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

18.21

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Klubobmann, ich hätte vielleicht doch die Bestimmungen wiederholen sollen. Der letzte Satz hat natürlich nichts mit einer tat­sächlichen Berichtigung zu tun. (Abg. Scheibner: Das war Beiwerk!)

 


Neuerlich zu Wort gemeldet hat sich Herr Staatssekretär Dr. Finz. Ich erteile es ihm.


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18.22

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Alfred Finz: Herr Abgeord­neter Schieder! Herr Abgeordneter Gaál! Ich werde die effektiven Zahlen, die absoluten Zahlen nachliefern.

Im Jahr 2005 beträgt das Defizit, gesamtstaatlich gerechnet, nach Maastricht gerech­net, 1,9 Prozent. Das entspricht einem Betrag von 4,708 Milliarden €.

Im Jahr 1996 hat das Defizit 3,7 Prozent betragen. Das entspricht einem Betrag von 6,813 Milliarden €. (Abg. Dr. Einem: Wir reden hier über das Bundesbudget!) – Wir können auch über das Bundesbudget reden, da stimmt es auch nicht. (Abg. Öllinger: Ja, bitte! Darum geht es jetzt!)

Wie auch immer: Die Beträge sind falsch. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Schieder: Machen Sie jetzt eine tatsächliche Berichtigung von der Regierungsbank?)

Ich kann Ihnen auch die Beträge für das Bundesbudget nennen. Bundesbudget im Jahr 2005: 2,29 Prozent, das entspricht einem Betrag von 5,553 Milliarden €; Bun­desbudget im Jahr 1996: minus 4 Prozent Defizit, das entspricht einem Betrag von 7,409 Milliarden. – Bitte schön. (Beifall bei der ÖVP.)

18.23

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Pirklhuber zu Wort gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


18.23

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Galerie – viele Zuhörer haben wir ja heute nicht mehr! Lassen Sie mich noch einmal kurz auf die Thematik des ländlichen Raums eingehen und bei der Gele­genheit auch gleich den Bäuerinnen und Bauern in Österreich für ihre Arbeit danken (allgemeiner Beifall); danken dafür, dass sie diese österreichische Kulturlandschaft erhalten, dass sie diese wichtigen sensiblen Zonen der Alpen weiter bewirtschaften – trotz einer unsozialen Agrarpolitik, meine Damen und Herren! (Abg. Murauer: Das ist eine sehr selektive Sicht!)

Das ist nämlich die Herausforderung, Kollege Murauer: trotz einer Agrarpolitik, die 800 Betriebe eindeutig massiv begünstigt. Diese 800 Betriebe erhalten in diesem Land gleich viel Förderung wie die 50 000 kleinsten Landwirtschaftsbetriebe. (Abg. Jakob Auer: Das wäre dasselbe, wenn ich jetzt sage, dass die Voest ...!) 800 Betriebe, Kol­lege Auer! Wo bleibt da die soziale Gerechtigkeit? Wo bleibt da Ihr soziales Gewissen? (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Ihre Steuerreform, meine Damen und Herren, dient sicher nicht dem ländlichen Raum, denn den Gemeinden und Ländern geht das Geld massiv ab. Das spüren wir draußen in den Dörfern jetzt schon, und das wissen auch gerade Sie, Kollege Auer. Sie sind ja, so nehme ich an, noch immer Bürgermeister (Abg. Jakob Auer: Das haben die Grünen nicht ändern können!), daher werden Sie von dieser Steuerreform genauso betroffen sein und in Ihrem Heimatort erklären müssen, wieso diese Reform gut sein soll für die Gemeinde, für den ländlichen Raum, für den Standort und für die Bäuerinnen und Bauern in diesem ländlichen Raum.

Ihre Agrarpolitik, meine Damen und Herren, hat eine einzige Perspektive gehabt, aber die verschweigen Sie in dieser Budgetdebatte, nämlich die Umsetzung der EU-Agrar­reform. – Kein Wort davon, Kollege Auer! Kein Wort davon in der Budgetrede des Finanzministers! (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Der Vertrag ist in Brüssel beschlossen


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worden!) Er spricht von einer konsequenten Umsetzung des 3-Milliarden-Paketes, aber verschweigt, dass im Jahr 2005 712 Millionen € nach neuen Kriterien verteilt werden, nämlich nach unsozialen Kriterien (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Wolfgang, der Vertrag ist in Brüssel beschlossen worden!), nach dem historischen Bewirtschaftungsmodell.

Kollege Scheuch, du weißt ganz genau, dass es verschiedene Umsetzungsstrategien gäbe. Es wäre zweckdienlich gewesen, hier ein soziales Modell zu wählen, nämlich ein einheitliches regionales Flächenmodell. Das wäre interessant gewesen, das wäre auch erwähnenswert gewesen. – Sie haben all das hier verschwiegen.

Es ist die Rede von einer „Förderung des Biodiesels“, dadurch „sinken die Kosten für die Bauern.“ – Auch das ist eine Maßnahme, die wir in dieser Form, wie sie durchge­führt wird, nicht goutieren. Sie hätten stattdessen erneuerbare Energieträger steuerlich deutlich begünstigen müssen, damit die Bäuerinnen und Bauern die Entwicklung dieser Produkte ernst nehmen und sich selbst stärker in diese Richtung orientieren.

Stattdessen kommt es zu einem Ungleichgewicht, und das führt dazu, dass sich einer­seits zu Recht viele Leute fragen: Wie gibt es das? Die Bauern bekommen ihren Diesel billiger, und ich muss immer mehr dafür zahlen? Das ist keine nachhaltige Strategie, meine Damen und Herren, da hätten wir uns etwas ganz anderes erwartet.

Schauen wir uns schlussendlich die Plattitüden an, die der Herr Finanzminister am Ende seiner Budgetrede uns hier zu Gemüte geführt hat.

„Österreich ist das Land zum Arbeiten!“, „Österreich ist das Land zum Investieren!“ – Dass Österreich das Land ist, in dem wir leben, ist schlechthin eine Plattitüde, würde ich einmal sagen. Das ist völlig redundant, das kann man streichen. – Aber, meine Da­men und Herren, daran sieht man, welche Perspektive Sie haben. Arbeiten, investie­ren – aber wo bleiben die wichtigen Kernfragen? Wo bleibt die soziale Gerechtigkeit? Wo bleibt die soziale Sicherheit in Ihrem Österreich, wie Sie es sich vorstellen? Aus unserer Sicht zeigt das deutlich Ihren Fokus, Ihre Ideologie auf.

Es ist schon eigenartig, in welchen visionären Verkürzungen und Plattitüden der Fi­nanzminister hier von den „großartigen“ Zielen seiner Politik spricht: Investoren, kommt nach Österreich, ihr seid uns in hohem Maße willkommen! Gründet euer Headquarter in Österreich!, und so fort. – Das sind alles Slogans aus der Werbebranche, aber wirk­lich keine politischen Maßstäbe.

Schlussendlich hat sich der Finanzminister erdreistet, hier auch ein altes philosophi­sches Problem zu lösen. Er hat gemeint, die Quadratur des Kreises sei endlich gelöst – ein philosophisch-euklidisches Problem, das bisher niemand gelöst hat! Damit hat dieser Finanzminister seine eigene Selbstüberschätzung sichtbar gemacht und gleich­zeitig auch sein eigenes Scheitern eingestanden.

Der Nulldefizit-Minister, meine Damen und Herren, ist zum „Schulden-Karli“ geworden, das ist das Faktum! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

18.29

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster ist Herr Abgeordneter Ellmauer zu Wort gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordne­ter.

 


18.29

Abgeordneter Matthias Ellmauer (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Staats­sekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Das Budget 2005 steht ganz im Zei­chen unseres Einsatzes für eine Politik, die mit verantwortungsvollem Blick in die Zu­kunft Österreichs gestaltet wird. Einen besseren Dienst können wir unseren nachfol­genden Generationen, unseren Kindern und Jugendlichen gar nicht erweisen.


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Meine sehr geschätzten Kolleginnen und Kollegen! Das gestern von Bundesminister Grasser hier im Hohen Haus vorgestellte Budget 2005 ist durch die größte Steuer­reform der Zweiten Republik geprägt. Durch diese große Steuerreform, die vor allem den Beziehern niedriger Einkommen, aber auch den Unternehmungen zugute kommt, kommen wir dem Ziel, die Steuer- und Abgabenquote in Österreich bis zum Jahr 2010 auf unter 40 Prozent zu senken, viel früher, nämlich bereits im Jahr 2006, näher.

Durch diese Steuerreform kommt es vorübergehend auch zu einem Anstieg des Bud­getdefizits.

Da jedoch durch die Steuerreform unseren Mitbürgerinnen und Mitbürgern mehr Geld zur Verfügung steht, werden die Binnennachfrage und der Konsum gestärkt und somit der wirtschaftliche Aufschwung zusätzlich verbessert. Dadurch finanziert sich die Steu­erreform in Zukunft zu einem gewissen Teil selbst.

Die Feststellung „Aufschwung durch Entlastung“ ist also richtig!

Außerdem kann sich das Budgetdefizit des Jahres 2005 im internationalen Vergleich durchaus sehen lassen. Im EU-Vergleich hat Österreich weiterhin eine der niedrigsten Defizitquoten. Sehr wesentlich ist meiner Ansicht nach auch, dass die Ausgaben im Bundesvoranschlag 2005 im Vergleich zum Bundesvoranschlag 2004 nur halb so hoch steigen wie das Bruttoinlandsprodukt. Mit dem Budget 2005 erreichen wir unser Ziel eines ausgeglichenen Haushaltes über den Konjunkturzyklus. Die Konjunktur springt jetzt an; 2008 sollte wieder ein Nulldefizit möglich sein.

Weiters wird mit dem Budget 2005 eine Erhöhung der Mittel für Zukunftsinvestitionen ermöglicht. Das heißt, es wird mehr ausgegeben werden für Forschung, für Bildung und Infrastruktur. Zusätzlich werden die erfolgreichen Reformen in den Bereichen der öffentlichen Verwaltung, der Pensionen und der Bundesbetriebe fortgesetzt.

Ein kurzer Blick zur Opposition (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Überflüssig!), und da möchte ich schon Folgendes klarstellen: Die Denkansätze der Sozialdemokraten in ihrem vor­gelegten Wirtschaftsprogramm sind weder wissenschaftlich haltbar noch mit politi­schem Verantwortungsbewusstsein zu vereinbaren. Sie unterstreichen damit vielmehr aufs Neue die wirtschaftliche Inkompetenz und die Steuererhöhungspolitik der SPÖ.

Angesichts der positiven Entwicklung seit dem Jahr 2000 ist die heutige Kritik der Op­position nicht nachvollziehbar. Diese Bundesregierung hat die Staatsfinanzen konsoli­diert und mit der größten Steuerreform der Zweiten Republik die Bevölkerung und die Wirtschaft zusätzlich nachhaltig entlastet. Offensichtlich werden diese Errungenschaf­ten von der Opposition nicht zur Kenntnis genommen, von maßgeblichen Stellen hin­gegen sehr wohl. So haben wir zum Beispiel vom Internationalen Währungsfonds, aber auch von der OECD für dieses Budget und für die Steuerreform großes Lob erhalten. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Da mir vor allem die Sicherheit der Men­schen in unserem Lande auf dem Herzen liegt, freut es mich auch als ÖVP-Menschen­rechtssprecher besonders, dass im Bundesvoranschlag für das Innenressort ein Mehr an 162,7 Millionen € aufscheint, was einer Steigerung von fast 10 Prozent gleich­kommt. Damit hat unser Land mehr Ressourcen, um noch sicherer zu werden.

Eines ist gewiss: Sicherheit ist nicht alles, aber ohne Sicherheit ist alles nichts! Ein Mehr an Sicherheit stellt auch die Grundlage für ein Mehr an Wachstum, ein Mehr an Arbeitsplätzen und somit ein Mehr an Wohlbefinden unserer Bevölkerung dar.

Dank der verantwortungsbewussten Politik dieser Bundesregierung können wir der Zu­kunft positiv entgegenblicken. Die Erfolgsstory unseres Landes wird eine Fortsetzung


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haben, und Österreich wird weiterhin mit seinen ökonomischen und Umweltdaten, ebenso im Hinblick auf Lebensqualität weltweit im Spitzenfeld liegen.

„Aufschwung durch Entlastung“ ist auch weiterhin der richtige Weg. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

18.33

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste ist Frau Abgeordnete Mag. Trunk zu Wort gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte, Frau Abge­ordnete.

 


18.34

Abgeordnete Mag. Melitta Trunk (SPÖ): Wirklich geschätzte Frau Präsidentin! Ich denke, die Rede des Herrn Kollegen Ellmauer von der ÖVP war eine bemühte ÖVP-Verteidigungsrede – und so etwas ist mir wesentlich lieber als die letzte Wortmeldung des Herrn Staatssekretärs Finz, der sich hier als Zahlenjongleur betätigt hat, indem er total Unterschiedliches und überhaupt nicht Vergleichbares miteinander verglichen hat (Abg. Murauer: Also bitte!), und dass er, wenn es ihm passt, vom Gesamtstaatshaus­halt redet und dann – peinlich! – zum eigentlichen Bundesbudget kommt. – Danke für Ihre Wortmeldung, Herr Kollege Ellmauer! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Selbstkritik ist jedenfalls keine Qualität dieser beiden Koalitionsparteien. Sie haben auch wenig Respekt vor Nachdenkarbeit, vor Kritik, aber ich denke, Sie haben zumin­dest Respekt vor einem Zitat von Erich Fried, und das widme ich ganz besonders dem Herrn Finanzminister, dem Herrn Staatssekretär, aber auch dem „Rest“ dieser Bundes­regierung:

„Ein gebrochenes Versprechen ist ein gesprochenes Verbrechen.“

Ich denke, darüber sollten Sie von ÖVP und FPÖ nachdenken (Beifall bei der SPÖ – Zwischenrufe bei der ÖVP), denn wie Ihre Rhetorik im krassen Gegensatz zur Realität der Lebenswirklichkeit der Menschen in Österreich steht, spricht aus diesem Zitat.

Kein einziger Abgeordneter/keine einzige Abgeordnete der beiden Regierungsparteien hat heute gesprochen von den 6 000 Unternehmern, die in diesem Jahr vor den Kon­kursrichter treten mussten. Niemand von Ihnen hat hier gesprochen von den 250 000 Menschen, die auf Arbeitsuche sind, die keine Hoffnung haben! Das sind Menschenschicksale und nicht irgendwelche statistischen Zahlen, die man beliebig austauschen kann, wie das Finz und Grasser so gerne tun. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Sie von den Koalitionsparteien verschweigen und verstecken den Armutsbericht. Das sind die Menschen, von denen diese Bundesregierung nicht spricht – und für die von Ihnen auch nicht in Ihrem Budget politisch agiert wird. Die Diskrepanz zwischen Ihrem Erfolgsjubel, Ihrer Weihrauch-Rhetorik und dem Schicksal der wirklich betroffenen Menschen kann entweder geboren sein aus blankem Zynismus, aus Blenderei oder aber – und davon bin ich persönlich eigentlich überzeugt – aus ausschließlich kapital­orientierter Ideologie, gepaart mit dem Spiel von Schein und Sein und Lug und Trug.

Herr Staatssekretär Finz, Sie wissen, dass Sie die Gemeinden und Länder in den Würgegriff nehmen (Staatssekretär Dr. Finz: Nein!), und Sie nicken lustvoll, wenn noch mehr aus ihnen herausgepresst werden kann. Sie wissen ganz genau, dass Sie dort, wo es um Aufgabenverteilung geht, nur eine Adresse kennen, nämlich jene der Länder und der Gemeinden – egal, ob im Sozialbereich oder im Bereich des Arbeitsmarkt­service. Kollege Maier von der ÖVP hat nämlich in seiner langatmigen Rede hier ganz vergessen, die realen Budgetkürzungen für das AMS zu erwähnen.


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Was den von uns beantragten Heizkostenzuschusses und Ihr gestriges Verhalten dazu betrifft, das war ja sehr, sehr typisch: 400 Millionen € Mehreinnahmen auf Grund des erhöhten Ölpreises! Ich betone: Mehreinnahmen! – Und die Länder sollen den Heiz­kostenzuschuss bezahlen! (Ruf bei der ÖVP: Na sicher! Ihr Häupl!) Das haben Sie mit Ihrem Antrag beschlossen.

Wir von der SPÖ wollten und verlangen: 150 Millionen von diesen 400 Millionen € für die Menschen in Österreich, und der Bund hat es zu zahlen – und nicht die mittlerweile ausgehungerten Länder und Gemeinden! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. – Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

18.37

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Murauer zu Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

 


18.37

Abgeordneter Walter Murauer (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Liebe Frau Kollegin Trunk, wenn Sie sich wieder beruhigt haben, können wir ver­nünftig über das Budget und die Situation Österreichs reden. (Abg. Mag. Trunk: Sie werden nicht definieren, was Vernunft ist und was nicht Vernunft ist! – Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.) – Lassen Sie das Definieren darüber mir über, da richte ich mich sicher nicht nach Ihnen! (Abg. Rädler: Die Dame hat ein Pro­blem!)

Über „Lug und Trug“ haben Sie, Frau Kollegin Trunk, in diesem Zusammenhang ge­sprochen. Und das finde ich unpassend, und zwar für Sie als Frau und auch als Abge­ordnete. (Abg. Heinisch-Hosek: Was heißt das?) Deswegen möchte ich darauf auch gar nicht weiter eingehen.

Es ist überhaupt hoch interessant – ich habe mich den ganzen Tag über bemüht, zuzu­hören –, zu sehen, welche Schwierigkeiten Sie von der linken Seite dieses Hauses, also Grüne und Sozialdemokraten, damit haben, zur Kenntnis zu nehmen, dass das Budget ein Defizit aufweist, von dem sozialistische Finanzminister nur träumen konn­ten. (Abg. Mag. Darabos: 5 Milliarden!) Das hat keiner von Ihnen zustande gebracht, aber jetzt heißt es: „Schulden-Karli“. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Mit Worthülsen, mit verbalen Verrenkungen versuchen Sie von SPÖ und Grüne den ganzen Tag über abzulenken – Kollege Kummerer, ich hoffe, du kommst noch dran, du kannst dann zur Sicherheitspolitik reden –, jedenfalls wollen und können Sie nicht zur Kenntnis nehmen, dass wir ein kalkulierbares Defizit wegen Steuererhöhung haben, dass wir eine Beschäftigungsrate haben, die Österreich an die Spitze aller europäi­schen Länder gebracht hat, und dass wir die Jugendarbeitslosigkeit weitgehend in den Griff bekommen haben. (Abg. Heinisch-Hosek: Nein, das gibt es ja nicht!)

Frau Kollegin, wenn Sie behaupten, uns seien Arbeitslose egal, so empfinde ich das wirklich als Zumutung! Ich weise das aufs Schärfste zurück! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir bemühen uns persönlich und mit unseren politischen Maßnahmen, eine hohe, ja höchste Beschäftigungsrate in unserem Lande zu haben – und wir haben auch fast 96 Prozent Beschäftigung! (Abg. Mag. Trunk: Kürzen des Budgets!) Nehmen auch Sie von der SPÖ das zur Kenntnis! Wir werden alles daran setzen, dass wir alle Österrei­cherinnen und Österreicher, die arbeiten können und wollen, beschäftigen können.

Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich noch zur Sicherheitspolitik kommen! Neben der Bedeutung des Aufschwungs, neben der Bedeutung der Steuerentlastung und nicht -belastung, wie Matznetter uns das vorgeträumt hat – mittlerweile hat es ihm


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ja sein Wirtschafts- und Finanzkonzept „zerbröselt“ –, setzt diese Regierung auf die Sicherheit. Nur in einem sicheren Land sind Wirtschaftsentwicklung und Arbeitsplatz­sicherung möglich. Das hat diese Regierung besonders hervorgestrichen. Mit den 4,7 Milliarden, die sich sehen lassen können, mit einer Aufstockung des Personalstan­des der Exekutive und mit einer Aufstockung des Personalstandes für die Justizwache werden deutliche Akzente gesetzt. – Lieber Kollege Gaál, du hast ja bereits darauf hingewiesen, allerdings von einer anderen Seite.

Meine Damen und Herren! Dem österreichischen Bundesheer steht nach diesem Bun­desvoranschlag mehr Geld zur Verfügung, wie das alle gefordert haben, auch die Sozi­aldemokraten, nämlich um 70 Millionen € mehr. Das ist eine zusätzliche – in Schilling – Milliarde für die Ausrüstung, für die Ausstattung. (Abg. Gaál: Tatsächliche Berichti­gung!) Das ermöglicht es unserem Bundesheer, die Aufgaben zu erfüllen, und zwar sowohl im Inland als auch international.

All jenen, die Schwierigkeiten mit den Offset- beziehungsweise Gegengeschäften haben, möchte ich Folgendes sagen – Herrn Kräuter und anderen, die immer wieder versuchen, die Gegengeschäfte schlecht zu machen; dann lässt man sich auch hin­reißen und meint wie Herr Öllinger, ich glaube, er hat das gesagt, dass wir Flugzeuge kaufen, damit wir Gegengeschäfte machen –: Noch ungeschickter – ich sage mit Ab­sicht nicht „blöder“, sondern „ungeschickter“ – kann man ja nicht mehr argumentieren. Wir brauchen für unsere Sicherheit eine entsprechende Luftraumüberwachung. Punkt.

Dafür hat sich die Bundesregierung entschieden – eine entsprechende Begleiterschei­nung sind die Nebengeschäfte. (Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Kummerer.) Und die Nebengeschäfte laufen transparent ab, auch wenn du es nicht glaubst.

Ich bin stolz darauf, dass wir heute erfahren können – Herr Kollege Einem, Sie werden sicher auch dafür sein –, dass der MAN-Konzern ... (Zwischenruf des Abg. Dr. Ei­nem.) – Nicht. Wir werden unseren Arbeitern und Angestellten in Steyr mitteilen, wie Sie dazu stehen, dass zusätzliche Geschäfte (Abg. Dr. Einem: Nebengeschäfte will ich keine! „Gschaftl“ will ich keine!) erwirkt werden, eben die Gegengeschäfte aus der Kombination EADS und Ankauf der Flugzeuge.

Meine Damen und Herren! In Summe steht unser Land gut da, und jeder, der das nicht glauben will, möge mir mitteilen, wo es um so viel besser ist, welche besseren Maß­nahmen in anderen europäischen Ländern gesetzt werden, damit wir diese auch set­zen können und damit wir auch so gut sind wie die anderen.

Im Moment zeigt uns der internationale Vergleich, dass wir an der Spitze Europas unterwegs sind – und mit dieser Bundesregierung wird es auch so bleiben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

18.43

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster ist Herr Abgeordneter Prähauser zu Wort gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

 


18.43

Abgeordneter Stefan Prähauser (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Ge­schätzte Damen und Herren! Wissen Sie, was das ist? (Der Redner zeigt ein Exemplar der schriftlichen Ausgabe der Budgetrede zum Budget 2005. – Rufe bei der ÖVP: Ja!) – Die Quadratur des Kreises, allerdings mit – nach Maastricht – fast 6 Milliarden Defizit. Wenn das die Quadratur des Kreises ist, meine Damen und Herren, dann habe ich ein Unbehagen. Und wenn ich gleichzeitig weiß, dass der Hauptverantwortliche dafür vor einem halben Jahr noch 1 Milliarde aus dem heurigen Budget gesucht und selbst gesagt hat, er habe keine Ahnung, wohin sie gekommen sei, dann habe ich


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sogar schwere Bedenken, wie das umzusetzen ist. (Zwischenruf des Abg. Dr. Mitter­lehner.)

Meine Damen und Herren! Ich habe weitere Bedenken, wenn ein Finanzminister keine Probleme in der Anschaffung von Kampfflugzeugen sieht, wovon zuerst 24 Stück 1,9 Milliarden kosten. Dann haben die Betreiber mitgeteilt, es wäre doch vielleicht bes­ser – weil die Flugzeuge so effizient in der Kampfkraft sind –, nur 20 Stück zu nehmen, da könnte man sich Geld sparen. Dabei darf allerdings nicht vergessen werden, dass die ... (Abg. Amon: Das hat mit dem Hochwasser zu tun gehabt!) – Hören Sie auf, Herr Kollege Amon, hören Sie einfach zu! Der Rechnungshof hat das ja berichtet.

Die 20 Flugzeuge, die angeboten wurden, waren dann teurer als 24. Und dann ist man auf die „gute“ Idee gekommen (Abg. Dr. Mitterlehner: Das ist nicht einmal die Quadra­tur des Kreises, sondern schlichtweg fad!), die Hochwasserprobleme voranzustellen und hat 18 gekauft. Die 18 Stück kosten allerdings mehr als die ursprünglich 24. (Abg. Dr. Mitterlehner: Das haben wir schon zehn Mal gehört, habt ihr nichts Neues?) Dann frage ich mich, meine Damen und Herren: Was ist die Grundlage für solche Maßnah­men? Und wenn jene die Quadratur des Kreises für erledigt sehen, habe ich hier sehr, sehr schwere Bedenken.

Kollege Kapeller hat sich so gefreut, dass die ÖVP unter 40 Prozent ist. – Meine Da­men und Herren von der ÖVP! Wenn das Ihre ganze Freude ist, dass Sie zusammen mit Ihrem Koalitionspartner bei 45, 46 Prozent „dahindümpeln“, ist das Ihre Sache. Wir werden dazu beitragen und dafür sorgen, dass Sie darüber nicht mehr hinauskommen, weil die Wählerinnen und Wähler wissen, was sie beim nächsten Wahlgang zu tun haben.

Meine Damen und Herren! Herr Professor Van der Bellen hat heute „Schulden-Karli“ gesagt. Das ist mir zu despektierlich. Ich würde sagen: Herr Karl mit den Schulden – sonst nichts! (Beifall bei der SPÖ.)

18.45

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster ist Herr Abgeordneter Amon zu Wort gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

 


18.46

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Die Bundesregierung und die Regierungsparteien verfolgen in der Budget- und Wirtschaftspolitik eine klare Drei-Säu­len-Strategie, nämlich erstens einen ausgeglichenen Haushalt über den Konjunkturzyk­lus, zweitens eine Aufschwungpolitik durch Entlastung und drittens eine Wachstums­politik durch ein Investment in die Bereiche Forschung und Infrastruktur.

Eigentlich geben alle namhaften Institutionen dieser Bundesregierung Recht. Wenn Sie die Wachstumsprognosen anschauen, dann stellen Sie fest, dass das Wifo ein Wachs­tum von 2,5 Prozent vorhersagt, das IHS ebenso ein Wachstum von 2,5 Prozent, die OECD ein Wachstum von 2,4 Prozent und der IMF, der Internationale Währungsfonds, auch ein Wachstum von 2,4 Prozent.

Meine Damen und Herren! Darum haben wir allen Grund zu Optimismus. Ich verstehe nicht, warum Sie in einer derart pessimistischen Haltung verharren. Freuen Sie sich doch darüber, dass es mit der Wirtschaft in unserem Lande bergauf geht! (Beifall bei der ÖVP.)

Ich meine, wer selbst im Glashaus sitzt, sollte nicht derart mit Budgetzahlen um sich werfen. Wenn Sie das prognostizierte gesamtstaatliche Defizit von 1,9 Prozent hier kritisieren, muss ich sagen: Es ist fast lachhaft, wenn das die SPÖ tut, insbesondere,


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wenn man sich die Defizite anschaut, die es in ihrer Regierungszeit gab. (Zwischenruf der Abg. Mag. Wurm.)

Ich habe mir das sehr genau angeschaut, und zwar die elf Jahre vor 1999, meine Da­men und Herren! (Abg. Heinisch-Hosek: Mit der ÖVP!) – Ja, das ist vollkommen richtig. Die ÖVP war dabei, das ist richtig (Zwischenrufe bei der SPÖ), aber die ÖVP ist jetzt auch dabei – und plötzlich haben wir andere Zahlen. Vielleicht hängt das auch damit zusammen, dass es damals einen SPÖ-Bundeskanzler und einen SPÖ-Finanz­minister gab, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Schauen wir uns das doch ganz genau an! (Der Redner zeigt eine Graphik.) Wenn wir hier ein Blatt anlegen, am höchsten Defizit, das die schwarz-blaue Bundesregierung in ihrer Amtszeit je hatte (Abg. Dipl.-Ing. Kummerer: „Wir haben ja das alles nicht ge­wusst!“), und das vergleichen mit den Zahlen Ihrer Regierungszeit, dann sehen wir, dass vom Defizit der schwarz-blauen Bundesregierung überhaupt nichts zu sehen ist, aber die SPÖ-Balken überall drüberschauen. Die Defizite, die Sie von der SPÖ gebaut haben, werden noch manche Generationen zahlen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Brou­kal: Wo waren Sie denn, Herr Amon, damals?)

Ich war auch überrascht über die Tafeln, die Sie gestern in die Höhe gehalten haben. Auf einem stand zum Beispiel: „Rekordarbeitslosigkeit“. (Abg. Heinisch-Hosek: Stimmt ja auch!) Sie negieren völlig, dass wir den höchsten Beschäftigtenstand seit 1945 haben. Ein Erfolg dieser Bundesregierung, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ich bin weit davon entfernt, es nicht ernst zu nehmen, wenn jemand arbeitslos ist – da ist alles zu tun, um diesem Menschen zu helfen, um eine entsprechende Jobvermitt­lung sicherzustellen –, darf aber trotzdem hier ins Treffen führen, dass 24 Staaten in der EU jene Zahlen nicht zustande bringen, die wir in Österreich erreicht haben, dass 24 Regierungen Europas offenbar eine schlechtere Arbeitsmarktpolitik machen als diese Bundesregierung. Das sollte man auch einmal sagen, und das dürfen auch Sie als Opposition einmal anerkennen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Einem: Sie haben die besten Daten übernommen!)

Eine Partei, die die größte Insolvenz in der Geschichte der Republik Österreich, näm­lich die des „Konsum“ zu verantworten hat, eine Partei, die letztlich auch wesentlich Verantwortung trägt in der Bank Austria, wo es zu einem drastischen Personalabbau gekommen – seit 1997 sind unter sozialdemokratischer Verantwortung 4 000 Jobs dort abgebaut worden –, eine solche Partei braucht uns über Arbeitsmarktpolitik nicht wirklich viel sagen. (Beifall bei der ÖVP.)

Ein sehr sympathischer Sozialdemokrat hat heute im Laufe der Debatte gesagt, die SPÖ hat viele Programme: Sie hat ein Wirtschaftsprogramm, sie hat ein Bildungspro­gramm, sie hat ein Pensionsprogramm, sie hat ein Familienprogramm. (Abg. Kopf: Und ein Fernsehprogramm!) Ich gratuliere Ihnen von der SPÖ! Ja, Sie haben Pro­gramme, aber leider haben Sie nirgends ein Konzept. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von SPÖ und ÖVP.)

18.50

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Parni­goni. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


18.51

Abgeordneter Rudolf Parnigoni (SPÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Meine Da­men und Herren! Dem Kollegen Murauer sei schon ganz klar und deutlich gesagt: Wir haben Schwierigkeiten mit diesem Budget des Jahres 2005, überhaupt keine Frage,


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denn bei 70 Milliarden Schilling, also 5 Milliarden €, an Schulden sowie bei insgesamt 23 Milliarden € beziehungsweise 315 Milliarden Schilling (Abg. Dr. Mitterlehner: Gibt es nicht mehr!) an neuen Schulden ist das auch kein Wunder.

Das bedeutet, meine Damen und Herren von ÖVP und FPÖ, dass Sie in nur fünf Jahren eine gewaltige zusätzliche Verschuldung in unserem Lande verursacht haben. (Abg. Murauer: Parnigoni, weißt du, was wir an Zinsendienst zahlen?) Darüber, Kollege Murauer, sind wir sichtlich erregt und empört, wir haben selbstverständlich Schwierigkeiten damit! Das ist doch überhaupt keine Frage! (Abg. Murauer: 35 Milliar­den zahlen wir allein an Zinsen!)

Auch das, Kollege Amon, ist ganz klar: Wir Sozialdemokraten haben natürlich auch ganz große Schwierigkeiten damit, wenn Sie versuchen, die größte Arbeitslosigkeit seit 1945 ganz einfach herunterzuspielen, Ihnen das Schicksal Arbeitsloser völlig egal ist und Sie hier versuchen, mit Zahlenspielereien den Menschen Sand in die Augen zu streuen. (Ruf bei der ÖVP: Eine Unterstellung!)

Nun, meine Damen und Herren, ein paar Sätze zur Sicherheitspolitik. Viel kann man nicht dazu sagen, meine Damen und Herren, denn ich möchte nur aus der Budgetrede des Herrn Finanzministers Grasser zitieren. Auf 800 Zeilen hat er seine Budgetrede niedergeschrieben, und darin heißt es – ich zitiere –:

„Innenminister Strasser treibt eine grundlegende Exekutivreform voran.“ (Zwischenruf bei der ÖVP.) – Hören Sie ganz genau zu!

Weiter schreibt Bundesminister Grasser: „Polizei, Gendarmerie und Zollwache werden zu einem exekutiven Wachkörper, dem Team 04, zusammengelegt.“

So stand das auf dreieinhalb Zeilen. Und jetzt erklären Sie mir bitte, was das heißt! Ich kann ja nur annehmen, dass Innenminister Strasser diese Rede vorher nicht gelesen hat (Zwischenrufe bei der ÖVP), denn eines steht wohl fest: Endlich wissen die Tau­senden Exekutivbeamtinnen und -beamten, die immer schon rätseln, wie dieser neue Körper, zusammengelegt aus Polizei, Gendarmerie und Kriminalpolizei, heißen soll. – Jetzt wissen wir es, der Finanzminister hat es verkündet. Neu heißen diese Kollegen dann „Team 04“. – Ein größerer Unsinn ist in keiner Budgetrede seit 1945 gestanden! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Wir wissen jetzt, welchen Stellenwert die innere Sicherheit in Wirklichkeit bei dieser Regierung, bei diesem Finanzminister hat. Dreieinhalb Zeilen zu diesem Thema – und das noch dazu grundfalsch! Sie brauchen hier über innere Sicherheit hier wirklich nichts mehr zu sagen!

Kollege Kapeller, bei aller Freundschaft und bei aller Sympathie für Sie – er ist jetzt gar nicht im Saal –: Faktum ist, dass es in einer Zeit, in der die Kriminalitätsrate geradezu explodiert, in der es rund 700 000 Strafdelikte gibt, in einer Zeit, in der die Aufklärungs­rate von über 50 auf 37 Prozent gesunken ist, einen prozentuell geringeren Budgetan­satz für den Sicherheitsbereich gibt als etwa im Jahr 1999. Im Jahr 1999 gab es dafür deutlich über 3 Prozent des Gesamtbudgets, dieses Mal sind es deutlich unter 3 Pro­zent. Das soll auch einmal auf den Tisch gelegt werden!

Zum Abschluss einen Satz zur Glaubwürdigkeit des Finanzministers, dazu, wie er seine Versprechen nicht einhält. Herr Finanzminister Grasser hat vor der Wahl an die Zollwachebediensteten geschrieben – ich zitiere –:

Wie ich wiederholt Gelegenheit hatte zu versichern, besteht keine Veranlassung, die Zollwache in das Innenressort zu verlagern. Vielmehr halte ich es auf Grund der auf Österreich zukommenden Veränderungen mit dem Beitritt der osteuropäischen Länder zur EU für geboten, Sie auch vermehrt in der Bekämpfung des allgemeinen Steuer-


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betruges unterstützend einzubinden und die Zollwache zu einer Zoll- und Finanzwache weiterzuentwickeln. – Zitatende.

Das war also vor der Wahl. Fünf Monate nach der Wahl waren die Kolleginnen und Kollegen bereits im Innenministerium. – So viel also zur Glaubwürdigkeit Ihres Finanz­ministers (Abg. Kopf: Wieso? Er darf doch eine andere Meinung haben als der Innen­minister!), Ihres Budgets und zur Glaubwürdigkeit der Regierungsparteien. Sie haben hier wirklich keine guten Leistungen erbracht; das steht fest. Mit diesem Budget scha­den Sie der Bevölkerung unseres Landes. (Beifall bei der SPÖ.)

18.56

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Dr. Wittmann. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

 


18.56

Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Halten wir fest: Das ist der höchste Schuldenstand in dieser Republik seit 1945! (Ruf bei der ÖVP: Solch ein Blödsinn!) Der höchste Schuldenstand in dieser Republik! (Ruf bei der ÖVP: Wenn Sie es noch öfter wiederholen, wird es auch nicht wahrer!) In absoluten Zahlen gesprochen ist es der höchste Schuldenstand – nicht prozentuell gesehen, sondern in absoluten Zahlen. Und es ist, wieder in absoluten Zahlen gesprochen, der höchste Arbeitslosen­stand, den es in dieser Republik jemals gegeben hat. Es geht nicht nur um die Prozent­zahlen, sondern auch um die absoluten Zahlen, die man hier erwähnen muss. (Abg. Dr. Mitterlehner: Selbstverständlich geht es um die Prozentsätze!)

Unter Ihrer Regierung gibt es eines der höchsten Defizite in den letzten Jahren. In absoluten Zahlen, brauchen wir gar nicht mehr darüber zu reden.

Was ist noch alles passiert? – Sie haben mit Ihren letzten Budgets – mit diesem setzen Sie es fort – ein Chaos an den Universitäten hervorgerufen, haben die Bildungspolitik in Grund und Boden gefahren. Es gibt eine total verunsicherte Exekutive, weil die Mit­arbeiterInnen nicht einmal wissen, in welchen Wachekörper sie zusammengefasst wer­den. (Abg. Großruck: Und vier Wirbelstürme in Amerika, das ist auch Chaos!)

In Wirklichkeit haben Sie überall, wo Sie hineingeschnitten haben, Chaos hinterlassen, und mit diesem Budget werden Sie wieder nur Chaos hinterlassen! Sie haben nichts vorgesehen für die Universitäten (Zwischenruf des Abg. Dr. Mitterlehner), Sie haben nichts vorgesehen für den Bildungsbereich, Sie haben auch in den anderen Bereichen nichts vorgesehen! Das heißt, in Wirklichkeit sind Sie von einem Nulldefizit weit weg. Mit diesem Budget haben Sie all Ihre Ziele über Bord geworfen – und haben die Re­publik ausgehungert, indem Sie das Familiensilber verkauft haben. (Abg. Kopf: Be­schäftigungs-Europameister sind wir!) Sie sind nicht einmal mehr manövrierfähig und nicht mehr in der Lage, irgendetwas Sinnvolles zu investieren, weil Sie sich bis ganz hinauf auf die Schuldendecke begeben haben.

Zum Bundeskanzleramt und zu den Ausgaben. Im Bundeskanzleramt allein sind unter dem Ansatz „Ausgaben für Information und Repräsentation“ 34 Millionen € vorge­sehen – und das nur, damit Sie Werbekampagnen machen können und den Bundes­kanzler positiv darstellen können.

In den Ermächtigungen, genau unter Ziffer 12, haben Sie sich noch einmal 10 Millio­nen € für Werbung für die EU-Präsidentschaft zuerkannt. Unter Ziffer 13 sieht man: Weitere 6 Millionen € genehmigt! All das nur zum besseren Verkaufen des Bundes­kanzlers! Das ist doch pure Verschwendung, ein Hinausschmeißen von Geld! Das ist abgehobene Politik, liebe Freunde! Hochmut kommt vor dem Fall! (Beifall bei der SPÖ.)


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Kollege Zinggl, unter Ziffer 20 im Kunstbudget kann man sehen: 2,5 Millionen €, die Sie sich für Feiern reserviert haben. Da gehen sich, glaube ich, schon ein paar Geburts­tagsfeiern für Herrn Staatssekretär Morak aus. Da wird wieder losgelegt werden im Jahre 2005; da wird man sicherlich wieder im Kunsthistorischen Museum feiern – oder wo immer. (Abg. Kopf: Wirst eingeladen dazu, Peter! Reg dich nicht auf, du wirst eh eingeladen!) Kosten spielen ja keine Rolle. Wir feiern das nächste Jahr, wir feiern alles! Wir stehen zwar einen Schritt vor dem Abgrund, aber wir feiern! (Abg. Wittauer: Jetzt kommt gleich Schaum vor den Mund!)

In Wirklichkeit ermächtigen Sie sich zu 20 Millionen € zusätzlich zu 34 Millionen, nur um sich zu verkaufen, nur um sich gut darzustellen. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Wittauer.) – An Ihrer Stelle, der Stelle der FPÖ, würde ich Acht geben. Das ist ein Vor­wahlkampf, für den 50 Millionen € ausgegeben werden; 700 Millionen hat sich der Kanzler genehmigt. Und da sind Sie von der FPÖ nicht dabei; das ist nur für den Bun­deskanzler und nicht für Sie.

In Wirklichkeit also ein desaströses Budget. Nur Mittel zur Selbstvermarktung in die­sem Budget, alle anderen Budgetkapitel zurückgeschnitten. Früher waren es ja noch liebevolle Namen wie „Susi und Strolchi“; geblieben sind Ihnen jetzt „Schulden-Karli“ und „Persilschein-Fredi“. (Beifall bei der SPÖ.)

19.00

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Schasching. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

 


19.00

Abgeordnete Beate Schasching (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! In Sonntagsreden und in der Regierungserklärung, aber auch in der Budgetrede des Finanzministers haben Sie großartig Ihre Investitionen in die Bildung gelobt. Sie loben diese Investitionen in die Bildung, obwohl es tatsächlich in Österreich für die Schüler, für die Eltern und auch für die Lehrer seit Jahren ganz anders aussieht. Die Situation, die wir hier erleben, schaut nicht so aus, wie Sie sie in den Sonntagsreden schildern, sondern sie zeigt uns das gegenteilige Bild: Schulstun­den und Zusatzunterrichtsmaßnahmen wurden brutal heruntergekürzt. Klassenschüler­höchstzahlen sind gestiegen. Das heißt, die Schulqualität insgesamt ging verloren. JunglehrerInnen stehen massenweise auf der Straße. Auf der anderen Seite stiegen die Ausgaben der österreichischen Eltern für Nachhilfeunterricht im letzten Jahr auf die Horrorzahl von sage und schreibe 100 Millionen €.

Das alles, sehr verehrte Damen und Herren, ist kein Ausdruck dafür, dass Sie in Bil­dung investieren, ganz im Gegenteil, Sie haben sie niedergespart in den letzten Jah­ren, und jetzt mit diesem Budget sparen Sie sie noch einmal nieder. (Abg. Wittauer: Warum sind wir dann in der Welt so gut?)

Ich weise nur darauf hin: Die vorgesehene Erhöhung um 70 Millionen € fließt in die Verwaltungsausgaben und deckt nicht einmal den Mehrbedarf für die normalen Ge­haltserhöhungen und -vorrückungen des Lehrpersonals.

Die Bildungsministerin hat uns zugesagt, dass sie für Nachmittagsbetreuung zusätz­liche Betreuungsplätze vorsehen wird. Da ist mir ein Betrag aufgefallen; Herr Staats­sekretär Finz, ich würde Sie sehr herzlich bitten, sich das genau anzuschauen. Da gibt es einen Betreuungsbeitrag für ganztägige Schulformen. Betreuungsbeiträge werden in Bundesschulen eingehoben, dafür gibt es Verordnungen, also sind sie als Erfolg ausgewiesen. Dafür haben wir im Jahr 2003 3,28 Millionen ausgewiesen, für das Jahr 2004 3,1 Millionen und jetzt, da die Frau Bundesministerin 8 100 Plätze mehr zu-


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gesagt hat, auch wieder 3,1 Millionen. (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn übernimmt den Vorsitz.)

Jetzt frage ich Sie, Herr Finz: Was passiert tatsächlich? – Da gibt es drei Möglichkei­ten: Entweder das Budget stimmt nicht; das haben schon einige vor mir behauptet, und ich bin geneigt, das auch zu glauben. Da stimmt ja etwas nicht! (Abg. Dr. Partik-Pablé: Ich habe nichts anderes von Ihnen erwartet!) Oder zweite mögliche Antwort: Frau Bundesministerin Gehrer hat etwas versprochen, was es tatsächlich nicht geben wird, sonst täte es ja im Budget stehen. Auch eine Möglichkeit, würde ich sehr schade fin­den. Dritte Möglichkeit: Vielleicht deckt sie das mit ehrenamtlich Tätigen ab oder macht das auf Vereinsbasis? Das wäre großartig, würde ich meinen, das wäre einzigartig. Da wäre sie wahrscheinlich die Siegerin des von Bundesminister Haupt ausgeschriebenen Bewerbs für die Ehrenamtliche des Jahres.

Irgendetwas, sehr geehrte Damen und Herren, stimmt hier nicht, und ich bitte dringend, das zu überprüfen, denn was wir tatsächlich brauchen, sind mehr ganztägige Plätze für Kinder in Österreichs Schulen. Was wir tatsächlich brauchen, ist mehr Schulqualität und mehr Bildungsqualität, denn das ist wohl das wertvollste Zukunftskapital, das wir hier in Österreich haben, nämlich die Ausbildung und die Zukunft unserer Kinder. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

19.04

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Fleckl. – Bitte.

 


19.04

Abgeordnete Anita Fleckl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Mehr Schein als Sein charakterisiert das vorliegende Budget und die dazu gehaltene Budgetrede. (Abg. Wittauer: Haben wir jetzt eine sozialdemokratische Offensive?) Ein Bereich, wo Schein und Sein besonders arg auseinander klaffen, ist der Bereich Jugend. Der Kanzler wollte einmal dafür sorgen, dass jeder Jugendliche einen Ausbildungsplatz in Österreich bekommt. Was ist geblieben? – Die Zahl der Lehr- und Ausbildungsplätze geht sukzessive zurück. (Rufe bei der ÖVP: Nein! Nein!) Der Zuwachs an arbeitslosen Jugendlichen beträgt seit den letzten vier Jahren fast 50 Prozent, und immer mehr Jugendliche stehen auf der Straße. Viel versprochen, nichts gehalten, Herr Kollege Mitterlehner! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Wittauer: Stimmt nicht!)

Dieses Budget ist schlimmer als das letzte und wird sich noch drastischer auf unsere Jugend auswirken. Investitionen in Ausbildungsplätze werden gekürzt oder gänzlich gestrichen. Mehr als 5 000 LehrerInnen wurden schon abgebaut, der Abbau von weite­ren 3 400 steht noch ins Haus durch dieses Budget. Es gibt keinen einzigen Schulplatz zusätzlich an berufsbildenden Schulen. Universitäten pfeifen aus den letzten Löchern.

Sie haben doch zu Beginn Ihrer Regierungszeit behauptet, dass es bei Bildung keine Einsparungen geben wird. (Abg. Wittauer: Ihre eigenen Leute tun nur Zeitung lesen, die interessieren sich gar nicht dafür, was Sie sagen!) Klingt gut, ist aber nicht so! Viel versprochen, nichts gehalten, Herr Kollege Wittauer! (Beifall bei der SPÖ.)

Die Situation an Österreichs Universitäten ist zum heutigen Tag mehr als bedenklich. 2,5 Prozent des BIP wollten Sie in Forschung, Entwicklung und Technologie investie­ren – was ist davon geblieben? Nichts! Dieses Ziel haben Sie letztes Jahr kurzerhand auf 2006 verschoben. Pech gehabt, können da Studierende und Universitäten nur sa­gen. Die Fakten sprechen für sich: Die Rektorenkonferenz fordert 100 Millionen €, Dip­lomanden können nicht mehr betreut werden, Assistentenplätze werden gekürzt, Hör­säle platzen aus allen Nähten. Diese Liste ließe sich noch unendlich fortsetzen.


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Mit der Erstellung dieses Budgets haben Sie die große Chance verpasst, die Qualität an unseren Bildungseinrichtungen zu verbessern. Wo bleiben Maßnahmen, um den Universitäten überhaupt den laufenden Betrieb zu sichern? Oder wollen Ministerin und Kanzler mit Querflöte, Gitarre und Hut auf der Mariahilfer Straße für unsere Universitä­ten sammeln? So nach dem Motto: Löcher stopfen mit schrägen Tönen. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Glawischnig: Mit so etwas lassen sich keine Löcher stopfen! Die kriegen kein Geld!)

Klar ist, dass in diesem Budget das nächste Sparpaket in Wirklichkeit schon versteckt ist. Sie sagen, die Steuerreform verleiht Flügel. Die Österreicherinnen und Österreicher wissen, dass Sie die Einzigen sind, die Flügel haben werden, wenn Sie, sehr geehrte Damen und Herren von den Regierungsparteien, nach der nächsten Wahl den Abflug machen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Wittauer: Das haben wir schon vor fünf Jahren gehört!)

19.07

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Von der Regierungsbank aus zu Wort ge­meldet hat sich Herr Staatssekretär Dr. Finz. – Bitte.

 


19.07

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Alfred Finz: Liebe Frau Ab­geordnete! Es stimmt einfach nicht, was Sie hier erzählen! Im Kapitel 12 haben wir 658 zusätzliche Planstellen für Lehrerinnen und Lehrer an Bundesschulen vorgesehen, ent­sprechend dem Anstieg der Schülerzahlen. An allgemein- und berufsbildenden höhe­ren Schulen werden ab dem Schuljahr 2004/2005 zusätzlich 658 Planstellen für Lehre­rinnen und Lehrer zur Verfügung gestellt; selbstverständlich wird auch budgetär dafür vorgesorgt. Wo ein Schülerzuwachs ist, gibt es mehr Lehrer! Bei einem Minus ergibt sich aus der Verhältniszahl, dass es weniger Lehrer gibt oder keine neuen Lehrer auf­genommen werden können.

Es stimmt auch nicht, dass den Universitäten weniger Mittel zur Verfügung stehen. Die Grundvergütung, die die Universitäten erhalten – das kann man ja aus dem entspre­chenden Ansatz herauslesen –, ist um 20 Millionen erhöht, entsprechend den Vor­gaben, als sie im Rahmen der Ausgliederung in die Universitätsautonomie entlassen worden sind. Es stimmt einfach nicht, dass weniger Geld vorhanden ist, sondern es ist mehr vorhanden! – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

19.08

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Hagenhofer. – Bitte.

 


19.09

Abgeordnete Marianne Hagenhofer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Ich würde die gestrige Rede des Finanzministers übertiteln mit „zwischen zwei Welten“. Warum? – Da gibt es die eine Welt, in der der Finanzmi­nister und die Regierung offensichtlich leben, und die zweite reale, die aber verdrängt wird.

Der Finanzminister hat gestern gemeint: Wohlstand führt in einer globalisierten Welt zu Standortnachteilen. – Ich habe mir gedacht, ich höre nicht richtig. Wenn Wohlstand gegeben ist, sind die Arbeitskräfte motiviert, und das kann nur ein Standortvorteil sein, kein Standortnachteil! Und gesellschaftspolitische oder sozialpolitische Zustände wie in China und überhaupt in Asien wollen die Österreicher sicher nicht und wir auch nicht. (Abg. Kopf: Das hat er sicher nicht gesagt!) – Das hat der Herr Finanzminister gesagt, ich habe mitgeschrieben!


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Weiters hat er gesagt: Wir haben Rekordbeschäftigung. – Was er nicht gesagt hat: Wir haben Rekordarbeitslosigkeit, und das ist schon ein wesentlicher Punkt, wenn mehr als eine Viertelmillion Menschen arbeitslos sind und diese im Budget nicht so eine Beach­tung finden, wie Sie vorgeben, denn die Budgetmittel des Arbeitsmarktservice bleiben konstant. Sogar im Gegenteil: Im Jahr 2005 und im Jahr 2006 muss das AMS Rück­lagen auflösen und jeweils 228 Millionen € dem Bundeshaushalt zuführen, um zum einem die Aktivitäten der Arbeitsmarktpolitik aufrechtzuerhalten und zum Zweiten die Pensionsvorschussleistungen abzudecken, die für die vorzeitige Alterspension zur Ver­fügung gestellt werden. – So weit zur aktiven Arbeitsmarktpolitik und zur Budgetauslas­tung.

Der Finanzminister hat gemeint: Weniger Regulierung, mehr Chancen für Jugendliche.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben mehr Jugendarbeitslosigkeit und mehr junge arbeitslose Akademiker, als wir je hatten! Seit vier Jahren tun wir deregulie­ren, und die Arbeitslosigkeit steigt.

50 000 neue Unternehmen in Österreich – der Kreditschutzverband sagt: So viele Plei­ten wie noch nie, und: mehr Privatkonkurse. (Zwischenruf des Abg. Wittauer.) – Dann ist es ein Betrug, dann seid aber ihr daran, dass ihr es ändert, dafür zu sorgen, dass das so nicht gemacht werden kann!

Und dann gibt es noch diese Ansage: Nulldefizit. Wir haben alles verkauft, was wir ver­kaufen konnten. Wir haben die höchste Abgabenquote. Die OECD schreibt in ihrer Kritik: höchster Defizitanstieg innerhalb der Europäischen Union. (Abg. Wittauer: Man muss die ganze Wahrheit sehen und nicht nur die halbe!)

Zum wissensbasierten Standort. Da fehlt mir ganz klar die Erwachsenenbildung, denn die 11 Milliarden € für Erwachsenenbildung, die im Budget ausgewiesen sind, sind ein­deutig zu wenig, weil Arbeitsplätze abwandern, weil die Nachfrage nach qualifizierten Arbeitsplätzen gegeben ist und keine Existenz sichernde finanzielle Umstiegshilfe für Berufswechsler vorgesehen ist. Es gibt Menschen, die mit 30, 35 Jahren den Beruf wechseln möchten, aber können nicht, weil es keine entsprechende Umstiegshilfe, wie es in der Landwirtschaft der Fall ist, wo es eine Umstiegshilfe gibt, für die Arbeitnehmer gibt. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Das ist ein Klassenkampf!) – Das ist kein Klassen­kampf, das ist nur ein Gleichstellen der Menschen, die in Österreich leben. (Abg. Witt­auer: Das ist schon ein Unterschied, was die Landwirte jeden Tag leisten!) Auch für diese Menschen soll es Umstiegshilfen geben, wie in der Industrie, wie im Gewerbe und in der Landwirtschaft. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

19.12

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Kummerer. – Bitte. (Abg. Wittauer: Jetzt kommt der Kum­mer!)

 


19.12

Abgeordneter Dipl.-Ing. Werner Kummerer (SPÖ): Fallen dir keine intelligenteren Vergleiche ein? – Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Her­ren! Wenn ich mir so die Taferln anschaue, welche die ÖVP uns hier präsentiert, dann verstärkt sich immer mehr der Eindruck, ihr könnt euch wirklich nicht mehr daran erin­nern, was ihr alles mitbeschlossen habt. Ich habe so das Gefühl, das hat sich seit 1999 nicht wesentlich geändert. Ihr dürftet auch jetzt nicht wissen, was ihr eigentlich mit diesem Budget beschließt.

Das Langzeitgedächtnis fehlt. Mit uns nie wieder Schulden! Mit uns nie wieder eine Steuerreform auf Pump! – Kommt euch das vielleicht noch irgendwie bekannt vor? Der beste Rhetoriker des Hohen Hauses, Stummvoll, hat uns das mehrmals wissen lassen.


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Er geniert sich dafür so, dass er heute nicht einmal da ist. (Abg. Großruck: Der hat eine Bandscheibenoperation! – Abg. Kopf: Der liegt im Spital!)

Kollege Parnigoni hat schon über die Schludrigkeit des Finanzministers gesprochen. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Für was geniert sich denn der Gusenbauer, dass er nicht da ist?) – Lieber Kollege Scheuch, berühmter Landwirt, erklär mir das Zitat des Finanz­ministers, deines ehemaligen Freundes: Mit der Förderung des Biodiesels sinken die Kosten für die Bauern! – Biodiesel oder Agrardiesel? Kennt euer Finanzminister nicht einmal den Unterschied zwischen Biodiesel und Agrardiesel? (Abg. Kopf: Da hat er sich verredet!) – Was heißt, verredet? Das hat er drucken lassen! Das steht in der schriftlichen Unterlage zum Budget 2005! Wie viele Dummheiten steht auch das hier drinnen. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Und auch wieder zur Erinnerung; ihr wollt keine absoluten Zahlen hören, ihr wollt Prozentsätze hören, bitte, gerne: Agrarbudget: 2000 0,93 Prozent vom BIP, 2005 0,85 Prozent vom BIP. Mehr oder weniger? Wie ist denn die Entwicklung?

Es hat einmal einen ganz grauslichen „Bauernfresser“ gegeben, der hat Edlinger ge­heißen. Unter ihm war der Anteil am BIP für die Landwirtschaft 0,88 Prozent – höher, als er heute ist. Und die Landwirte unter euch sind stolz auf dieses Budget, das ihr hier vorlegt.

Ähnlich ist es bei der Sicherheit, bei der Landesverteidigung. Murauer hat mich zwar angesprochen, ist aber dann davongelaufen. Wie schaut es bei der Landesverteidi­gung aus? Im Jahr 2000 angetreten mit 1 Prozent vom BIP. Es waren dann im Jahr 2000 0,82 Prozent. Jetzt sind es 0,75 Prozent vom BIP. – Mehr oder weniger, Herr Ex-Minister Fasslabend? Wie schaut es denn aus? Was hat das Bundesheer unter Edlinger zur Verfügung gehabt? 0,80 Prozent! – Mehr oder weniger, Herr Bun­desminister? Also so schlecht können die Edlinger-Budgets beileibe nicht gewesen sein. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Wenn wir dieses 1 Prozent für die Landesverteidigung, für die Sicherheit erreichen wol­len, was Scheibner nie geschafft hat – wenn man sich die Reihe anschaut, sieht man, es ist nur hinuntergegangen unter ihm, es hat sich nie geändert –, dann fehlen dem Bundesheer 453 Millionen €. – Damit ihr seht, was ihr alles versprochen und nicht ge­halten habt! (Beifall bei der SPÖ.)

19.16

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Rada. – Bitte.

 


19.16

Abgeordneter Dr. Robert Rada (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Hohes Haus! Eigentlich ist im Laufe des Tages ja so ziemlich alles gesagt worden, was Abgeordnete und vor allem Oppositionsabgeordnete zu diesem Budget denken. Ich glaube, am treffendsten auf den Punkt gebracht hat es die Karikatur in der morgigen Ausgabe des „Kurier“, in der unser Finanzminister sagt: „ Ich mach meine Schmäh und verkauf die Leut’ für deppert.“ – Und so soll es ja bei Gott wirklich nicht in Österreich sein!

Weil ich gerade den Abgeordneten Bucher vor mir sehe: Es ist schon eine kühne An­nahme, dass für unsere Universitäten so viel gemacht wird. Schauen Sie ins Budget! Lesen Sie nach, was für die Universitäten tatsächlich gemacht wird! Und wenn Sie das behaupten, dann behaupte ich, Sie waren schon lange nicht oder noch nie in einer Uni­versität in Österreich und wissen nicht, wie diese tatsächlich ausschauen im Hinblick auf ihren baulichen Zustand. Da ist Handlungsbedarf gegeben, und dieses Budget gibt das wirklich nicht her.


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Wir haben heute vom Klubobmann der ÖVP gehört: Hohe Bildung schafft Arbeit! – Da hat er grundsätzlich Recht. Was ist aber die Realität? – Wir erleben seit 2001 einen Bildungsabbau sondergleichen, einen Qualitätsabbau in den Schulen, und ich spreche vornehmlich von den Pflichtschulen. Seit 2001 gibt es neue Kennzahlen für die Zutei­lung von Lehrerstunden, diese reichen aber nicht mehr aus. Und was war der Weisheit letzter Schluss dieser Koalitionsregierung? Man hat einfach die Stundentafeln gekürzt. Das heißt, es wird den Schülerinnen und Schülern weniger Unterricht pro Woche zuge­mutet, um überhaupt noch einigermaßen Unterricht anbieten zu können.

Der Herr Finanzminister hat in seiner Budgetrede gesagt: „Frau Bundesministerin Eli­sabeth Gehrer, Herr Vizekanzler Hubert Gorbach und Staatssekretär Eduard Mainoni haben diese Herausforderung angenommen und ebnen den Weg zum Ausbildungs-, Forschungs- und Wissensstandort Österreich.“ – Ich fürchte, der Herr Staatssekretär und der Herr Vizekanzler haben sich durchgesetzt, denn im Bereich des Bildungsminis­teriums sind für Qualitätssicherung eigentlich keinerlei sichtbare Maßnahmen gesetzt worden.

Es wurde heute schon von anderen Rednern betont, und ich möchte es am Beispiel Niederösterreich festmachen: Es sind nicht bloß sinkende Schülerzahlen dafür verant­wortlich, dass es weniger Lehrerdienstposten gibt, es sind ganz einfach diese neuen höheren Kennzahlen daran schuld. Allein in Niederösterreich haben wir seit dem Jahr 2001 um 700 Lehrerdienstposten weniger (Abg. Bucher: Auch weniger Schüler! Ein Lehrer, 14 Schüler!), nur auf Grund dieser Kennzahlen, nicht wegen der geringe­ren Anzahl an Schülern! Es beruft sich zwar die Frau Ministerin gerne auf die Schüler­zahlen in diesem Zusammenhang, es sind aber diese Kennzahlen! (Staatssekretär Dr. Finz: Die sind ja vereinbart worden!)

Ich zitiere ein letztes Mal unseren Finanzminister: „Wir wissen, wie notwendig Ausbil­dung für alle Bürger dieses Landes ist. Denn: Lernen ist wie Rudern gegen den Strom. Sobald man aufhört, treibt man zurück.“

Der Herr Finanzminister hat den Lernenden, also den Schülern, die Ruder, das heißt die Lehrer, weggenommen: Die Schulqualität treibt zurück. (Beifall bei der SPÖ.)

19.20

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ing. Gartlehner. – Bitte.

 


19.20

Abgeordneter Ing. Kurt Gartlehner (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrter Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Natürlich sind die Vertreter der Bundesregierung ein bisschen „schmähstad“, geht es doch darum, die Propaganda-, Marketing- und PR-Schiene auf Grund dieser Entwicklungen im österrei­chischen Bundeshaushalt neu zu überdenken.

Es ist doch wirklich ein geradezu sensationeller Eklat, dass hier mit 2,3 Prozent Neu­verschuldung im Bundeshaushalt eine dramatische Abweichung von der bisherigen – jedenfalls gesprochenen – Politik stattfindet. Dementsprechend sind auch die Kom­mentare, und ich darf hier ganz kurz nach der Budgetrede Grassers einige Kommen­tare in Erinnerung rufen:

„Unglaubwürdiger Finanzminister“, „Hohle Phrasen“, „Keep it simple and stupid“, „Pe­netrantes Selbstlob der Regierung“, „Vergleich der Budgetzahlen mit 1999 und auch weiter zurück ist sehr erhellend“ oder „Grasser übertreibt schamlos in seinem Eigen­lob“.

Meine Damen und Herren! Die Realität der Budgetpolitik, die Sie machen, ist wirklich ernüchternd. Trotz des gewaltigen Sozialabbaus, trotz großer Ausverkaufsaktivitäten


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sind die operativen Haushaltsdaten wirklich schlecht geworden, und das in Zeiten, von denen Sie ständig behaupten, es gäbe ein konjunkturelles Hoch und die Wirtschafts­politik dieser Regierung wäre doch so toll.

Jetzt kommt noch dazu, dass Sie dieses Budget für die nächsten zwei Jahre konzipiert und dabei einen sehr optimistischen Ansatz gewählt haben: 2,5 Prozent Wirtschafts­wachstum. Es kann durchaus sein, dass diese 2,5 Prozent Wirtschaftswachstum tat­sächlich eintreten. Ich glaube, dass auf Grund der Wachstumsraten in den ehemaligen osteuropäischen Ländern dort ein sehr starkes, weit über dem Durchschnitt liegendes Wachstum stattfinden wird, von dem auch unsere Betriebe stark profitieren werden.

Ich glaube aber nicht, dass dieses Wachstum vergleichbar ist mit den Wirtschafts­wachstumsraten der letzten Jahre. Diese haben sozusagen im Inland „stattgefunden“, und diesmal findet dieses Wachstum überwiegend im Ausland statt.

Das heißt, dass sich wahrscheinlich die Wachstumsentwicklung anders verhalten wird und anderes zu bewerten sein wird, was die Beschäftigungspolitik betrifft, und auch anders zu sehen sein wird, weil das Konsumentenverhalten nicht entsprechend mit­reagieren wird.

Daher glaube ich, dass wir in den nächsten zwei Jahren wirklich vor einem großen Pro­blem stehen, dass nämlich dieses Budgetdefizit, das Sie jetzt prognostizieren, noch wesentlich höher ausfallen wird, als jetzt darzustellen versucht wird. Ich vermute, dass die Bundesregierung darüber natürlich klar Bescheid weiß und auch entsprechende strategische Überlegungen anstellt. Ich bin fast sicher, dass diese Regierungsperiode vorzeitig beendet werden wird (ironische Heiterkeit bei der ÖVP und den Freiheit­lichen), weil man sich aus der Verantwortung drücken wird müssen, um das halbwegs schadlos zu überstehen.

In diesem Sinne, glaube ich, ist das ein sehr problematisches Budget. Wir werden die­sem Budget natürlich nicht zustimmen, sondern ihm die Zustimmung verweigern. (Bei­fall bei der SPÖ.)

19.23

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Hlavac. – Bitte.

 


19.24

Abgeordnete Dr. Elisabeth Hlavac (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Gartlehner hat jetzt sehr vornehm von einem optimistischen Ansatz gesprochen. Ich würde meinen, dass es eine Reihe von Zahlen in diesem Voranschlag gibt, die äußerst fragwürdig sind und von denen ich nicht glaube, dass sie der Realität standhalten werden. (Ruf bei der ÖVP: Sie glauben es, aber Sie wissen es nicht!)

Unter anderem entnehme ich dem Budgetbericht eine Zahl, nämlich dass die Personal­ausgaben des Bundes von 10 000 429 000 € auf 10 000 290 000 € absinken werden, obwohl nur 1 680 Dienstposten eingespart worden sind. Wenn ich bedenke, dass auch nur 1 Prozent Gehaltserhöhung für die Beamtinnen und Beamten 170 Millionen € kos­ten wird, dann kann ich mir nicht vorstellen, dass diese Zahl halten wird. Und so ist das leider in vielen Bereichen.

Ich möchte noch einmal ganz kurz auf die Jugend eingehen, weil auch da die Zahlen nicht so sind, wie wir uns das erwarten würden, weil wir wissen, dass es gerade im Be­reich der Ausbildung, seien es Schulen, seien es Universitäten, große Probleme gibt.

Österreichweit gesehen gibt es heuer an den Pflichtschulen 5 000 Lehrerdienstposten weniger als im Vorjahr. Das sind 120 000 Wochenstunden weniger, in denen sich die


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LehrerInnen den SchülerInnen widmen können. Diese Stunden fehlen vor allem den Kindern, deren Eltern nicht Leistungen wie Nachhilfe, Sprach-, Sport-, Kreativunterricht und anderes zukaufen können.

Allein in Wien fehlen fast 700 LehrerInnen, davon 600 im Bereich der Integration. Ex­perten sehen dadurch das vorbildliche System der Integrationsklassen und ambulanten Betreuungslehrer in Gefahr. Dadurch können lernschwache, verhaltensauffällige oder behinderte Kinder nicht ausreichend gestützt werden. Experten befürchten, dass solche Kinder wieder verstärkt in Sonderschulen abgeschoben werden.

Dasselbe gilt auch für Kinder, deren Muttersprache nicht Deutsch ist und die Sprach­schwierigkeiten haben. Diese Schwierigkeiten sind durchaus zu überwinden, aber da bedarf es der Förderlehrer, und die kosten Geld; Geld, das der Staat im Interesse aller Kinder aufbringen sollte.

Hier zeigt sich an einem wichtigen Detail die ganze Problematik der Integrationspolitik der Bundesregierung. Sie kürzen einerseits die Quote für die Familienzusammenfüh­rung, was bedeutet, dass Kinder oft jahrelang warten müssen, bis sie nach Österreich kommen können, und dann geben Sie keine Unterstützung beim Spracherwerb und der Integration in unser Schulsystem.

Ich spreche aber nicht nur von der Integration von Migrantenkindern, sondern auch von verhaltensauffälligen Kindern, die einer besonderen Unterstützung bedürfen.

Ich möchte hier nur eine Person zitieren, eine sehr wichtige Stimme, die Sie nicht ein­fach ignorieren können. Professor Max Friedrich, der Kinderpsychiater, sagt: Verkürzte Unterrichtsstunden, hohe Klassenschülerzahlen und Einsparungen bei Kultur- und Sportstunden erzeugen bei den Kindern Stress. Die Kinder brauchen Psychagogen, Begleitlehrer und Psychologen, die ihnen helfen. Sparmaßnahmen an unseren Kindern hält er für verfehlt. – Dem ist, so glaube ich, nichts hinzuzufügen. Professor Friedrich ist eine anerkannte Kapazität.

Das heißt, auch für den Schulbereich gilt das, was für das ganze Budget und für Ihre gesamte Politik gilt: Viel versprochen, aber nichts gehalten. (Beifall bei der SPÖ.)

19.28

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Königsberger-Ludwig. – Bitte.

 


19.28

Abgeordnete Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssek­retär! Hohes Haus! Man sagt, das Budget ist in Zahlen gegossene Politik. (Ruf bei der ÖVP: Das haben wir schon gehört!) – Aber es stimmt trotzdem.

Wenn man sich nun Ihr Budget anschaut, findet man diesen Satz auch tatsächlich wie­der. Das ist aber leider gar kein Grund zur Freunde, es ist vielmehr Klientel-Politik, die man da entdeckt. Es ist vor allem eine Gesellschaftspolitik, die in einem wirklich kras­sen Gegensatz zu dem steht, was die Menschen in Österreich wollen. (Beifall bei der SPÖ.)

Die schönen Worte, die gestern in der Budgetrede zu hören gewesen sind, stehen in einem noch krasseren Gegensatz zu dem, was die Menschen in Österreich tatsächlich vorfinden. Wenn man sich zum Beispiel den Arbeitsmarkt anschaut, sieht man, dass wir zurzeit die höchste Arbeitslosigkeit seit zehn Jahren haben. Das ist bewiesen! Es sind zurzeit um 50 000 Menschen mehr arbeitslos als im Vorjahr, und da sind die 45 000 Menschen noch gar nicht inkludiert, die in Kursen sind, und auch nicht jene zirka 30 000 Menschen, die zurzeit ihren Pensionsvorschuss bekommen.


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Ihre Antwort darauf ist aber nicht, wie man vielleicht meinen könnte, die Mittel für aktive Arbeitsmarktpolitik aufzustocken. Nein, da wird bestenfalls umgeschichtet, es werden andere Löcher aufgemacht. Und es kommt noch krasser: Laut Budget wird es sogar weniger Geld für aktive Arbeitsmarktpolitik geben als im Jahr 2003. Ihnen fällt nichts anderes dazu ein, als mit Taferln zu kommen, auf denen zu lesen steht „Aufschwung schafft Arbeit“. Ich finde das gelinde gesagt vor allem den arbeitslosen Menschen gegenüber sehr zynisch. (Beifall bei der SPÖ.)

Sie von den Koalitionsparteien sprechen auch immer so gerne vom höchsten Be­schäftigungsstand, den es angeblich je gab. Auch das stimmt nicht, meine sehr geehr­ten Damen und Herren, denn in den 3,2 Millionen Beschäftigten verstecken sich zirka 125 000 Kindergeldbezieherinnen und Präsenzdiener, und ich hoffe, dass Sie jene Menschen nicht zu den reell Beschäftigten zählen.

Außerdem ist auch die Zahl der voll versicherten DienstnehmerInnen in den letzten Jahren gesunken: Rund ein Fünftel bis ein Viertel aller unselbständig Beschäftigten sind zurzeit schon in atypische Dienstverhältnisse verdrängt. Die Nachteile daraus sind vielfältig, und ich hoffe, dass Ihnen diese alle bekannt sind. – Die Flexibilität, von der man in diesem Zusammenhang immer wieder hört, dient vor allem den DienstgeberIn­nen – und hundertprozentig nicht den DienstnehmerInnen.

Diese Menschen können von diesem Einkommen fast nicht mehr leben, und auch in ihrer Pension werden sie – dank Ihrer „Pensionssicherungsreform“ – noch finanzielle Nachteile haben. Privat vorsorgen werden sie nicht können bei dem geringen Ver­dienst, den sie haben, denn es ist erwiesen, dass die Menschen in atypischen Dienst­verhältnissen am allermeisten von Armut betroffen sind. Und ich frage mich da: Wie weit sind Sie eigentlich von den Lebensrealitäten der Menschen tatsächlich entfernt?

Ganz kurz noch zum Schluss: Sie sind so stolz darauf, dass 2,5 Millionen Menschen nächstes Jahr keine Steuern zahlen. – Wissen Sie eigentlich, wie viel diese Menschen im Monat zum Leben haben? – Das sind nicht einmal 920 € netto! Und darauf sind Sie stolz?! Und so wollen Sie weitermachen?! – Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemo­kraten wollen das nicht, denn sozial ist, was Arbeit schafft, von der die Menschen auch leben können. (Beifall bei der SPÖ.)

19.31

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Schöls zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


19.32

Abgeordneter Alfred Schöls (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Der Herr Landesschulinspektor, Abgeordneter zum Nationalrat Kollege Rada hat behauptet, dass allein in Niederösterreich im heurigen Schuljahr durch die Kennziffern-Änderung ein Minus von 700 Dienstposten gegeben sei. – Das ist falsch!

Im Schuljahr 2004/2005 gibt es in Niederösterreich 292 Dienstposten weniger, davon 153 durch sinkende Schülerzahlen und 139 durch die Änderung.

Lügen haben kurze Beine – so viel zur Seriosität der Zahlen. (Widerspruch bei der SPÖ. – Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Ich würde Ihnen empfehlen, Ihre Dienststelle wieder zu besuchen!

19.32

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Dobnigg. – Bitte.

 



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19.33

Abgeordneter Karl Dobnigg (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Werte Kolle­ginnen und Kollegen! „Es ist Zeit zur Ernte“, wurde heute mehrmals von Rednerinnen und Rednern von ÖVP und FPÖ in ihren Debattenbeiträgen ausgeführt. Sie, so Ihre Aussage, haben in den letzten Jahren gesät, um nun die Ernte einfahren zu können.

Dazu stelle ich aber doch fest und richtig: Sie von ÖVP und FPÖ und vor allem der Herr Finanzminister haben in den letzten Jahren nur sehr tief umgeackert – aber nicht, um zu säen, sondern Sie haben von den Menschen in Österreich nur genommen, in ihre Taschen gegriffen, sie „ausgesackelt“ und somit die Kaufkraft äußerst negativ be­einflusst. Darüber hinaus haben Sie die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die Pensionistinnen und Pensionisten und auch die Unfallrentner herzlos behandelt.

Es ist Tatsache und sehr gut nachvollziehbar: Seit dem Regierungsantritt von ÖVP und FPÖ wurden die Einkommen der Pensionistinnen und Pensionisten in Österreich schamlos abgewertet. Bei einer 1 000 € brutto Monatspension beträgt die Wertminde­rung bereits 808,61 € im Jahr oder rund 5,5 Prozent.

Welche Aufschreie gab es am 4. Dezember des Vorjahres von Ihnen, als ich von den bevorstehenden Pensionskürzungen sprach! Leider sind diese Kürzungen dann auch eingetroffen. Und was war Ende Jänner dieses Jahres? – Es gab Landeshauptleute, die diese Pensionistinnen und Pensionisten, die Österreich unter schwierigsten Bedin­gungen nach dem Krieg aufgebaut haben, als Pensions-Bittsteller und Almosenemp­fänger degradiert haben – sie haben persönlich ausbezahlt, weil Landtagswahlen vor der Tür standen.

Außerdem hat diese Bundesregierung für heuer und für das kommende Jahr beschlos­sen, dass alle Pensionen, die über der Armutsgrenze – also von 670 € monatlich – lie­gen, keine Teuerungsabgeltung erhalten; sie werden somit weiter gekürzt. (Abg. Kopf: Sie haben es gleich ganz abgeschafft in Ihrem Betrieb!)

Diese Herzlosigkeit von ÖVP und FPÖ hat sich gestern leider weiter fortgesetzt: Sie haben einen bundeseinheitlichen Heizkostenzuschuss für die Ärmsten der Armen abgelehnt! (Abg. Scheibner: Sagt er schon wieder diesen Blödsinn! Das stimmt nicht!) Und nach Ihrer von Ihnen so bejubelten Steuerreform zeigt sich schon heute sehr, sehr deutlich: Gerade wieder die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die Pensionistinnen und Pensionisten mit den kleinen Einkommen bekommen davon gar nichts – und die mittleren Einkommensbezieher nur sehr, sehr wenig.

Werte Damen und Herren von ÖVP und FPÖ, Sie haben in den letzten Jahren auch vielfach den Vertrauensgrundsatz gebrochen und überaus unsozial gehandelt. Heute so zu tun, als hätte es in den letzten Jahren keine Belastungen gegeben und wäre alles bestens, ist eine reine Verhöhnung aller Österreicherinnen und Österreicher. Die entsprechende Antwort werden Sie spätestens in zwei Jahren erhalten! Dann werden Sie auch Zeit haben, über Ihre Fehler und unsozialen Maßnahmen nachzudenken.

Die SPÖ jedenfalls ist startklar: startklar für eine gerechte und sozialere Politik in unse­rem Lande. (Beifall bei der SPÖ.)

19.36

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Heinzl. – Bitte.

 


19.36

Abgeordneter Anton Heinzl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssek­retär! Der Reichtum der Österreicher wächst, aber nur für sehr wenige – kleinere und mittlere Einkommensbezieher sind Verlierer der Politik von Schwarz-Blau. Während einige wenige immer reicher werden und ihr Vermögen mehren, driften immer breitere


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Gesellschaftsschichten in die Armut ab. Es ist ein erheblicher Umverteilungsprozess im Gange, der vor allem kleinere und mittlere Einkommensbezieher belastet.

Hohes Haus! Das sind die Kernaussagen des heute schon oft zitierten und hochaktuel­len Armuts- und Reichtumsberichtes der Österreichischen Gesellschaft für Politikent­wicklung: Ohnehin Wohlhabende konnten ihr Vermögen maßgeblich vermehren, die Netto-Einkommen der Arbeitnehmer und PensionistInnen sind dagegen geringer ge­worden. Insgesamt sind in Österreich 930 000 Menschen arm oder armutsgefährdet. Das ist, wie ich meine, eine dramatische Entwicklung mit negativen Auswirkungen auf die Gesellschaft und auf das soziale Gefüge in Österreich. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Falsche Rede! – Abg. Wittauer: Wer hat denn die Rede geschrieben?)

23 Prozent aller Alleinverdiener, 23 Prozent aller Arbeitslosen, 35 Prozent aller allein stehenden Pensionistinnen ab 65 werden bereits als arm klassifiziert. – Diese Ent­wicklung birgt im Großen und Ganzen gesellschaftspolitischen Sprengstoff. (Abg. Witt­auer: Herr Abgeordneter Heinzl! Wer hat denn diese Rede geschrieben?)

Herr Wittauer, genießen Sie die Zeit, die Sie noch hier im Hohen Haus verbringen dür­fen! (Heiterkeit bei der SPÖ.) Ich bin der festen Überzeugung: Nach der nächsten Wahl werden Sie nicht mehr hier sein – und auch niemand sonst von Ihrer Partei, denn das österreichische Volk wird Sie aus diesem Haus hinauswählen, sehr geehrte Damen und Herren von der FPÖ! Davon bin ich überzeugt. (Beifall bei der SPÖ.)

Noch kurz zum Budget. – Die gestrige Budgetrede des Herrn Ministers war – das ist heute schon öfter gesagt worden, ich möchte es nur wiederholen – eine Schönfärberei, voll mit unzähligen Marketing-Blasen. Rekord-Arbeitslosigkeit, weniger Pension, wer krank ist, soll zahlen, Steuerlast und kein Ende, Wachstum unter dem EU-Schnitt – das alles ist kein Thema für den Herrn Finanzminister, und auch für Sie nicht, Herr Staats­sekretär Finz. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Ist das die Abschiedsrede?)

Der unsoziale Umverteilungskurs der Regierung gefährdet auch die Städte und die Gemeinden dramatisch. Und heute wurde schon so oft von der „Zeit der Ernte“ gespro­chen: Herr Wittauer! Herr Scheuch! Sehr geehrte Damen und Herren von den Regie­rungsparteien! Die Zeit der Ernte gilt aber nur für wenige Konzerne, die unter Mithilfe von Grasser und Schüssel die Brieftaschen der Österreicher abernten. Und die Ernte­zeit für uns Sozialdemokraten – ich möchte sogar sagen: für die Opposition – wird der nächste Wahltag sein, der gleichzeitig für Sie der Zahltag sein wird. (Beifall bei der SPÖ. – Ironische Heiterkeit bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

19.39

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Walther. – Bitte. (Ruf bei der ÖVP: Jetzt kommt wieder eine Vernünftige! Eine Bürgermeisterin!)

 


19.39

Abgeordnete Heidrun Walther (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssek­retär! Viel ist heute über die Auswirkungen Ihrer Politik beziehungsweise auch der Bud­getpolitik des Herrn Bundesministers für Finanzen dargestellt worden. Ich möchte das jetzt zusammenfassen. Die Auswirkungen auf die Menschen sind gegeißelt, sind kriti­siert worden, ich möchte aber sagen, dass das alles auch ein Zahlenspiel ist und dass dieses Zahlenspiel hinterfragt werden muss.

Herr Minister Grasser hat von 1,9 Prozent an Maastricht-relevantem Defizit gespro­chen. Dabei nicht berücksichtigt hat er jedoch die Lohnrunde der Beamten, die mit 2 Prozent zu veranschlagen ist, also mit ungefähr 400 Millionen €. (Abg. Neugebauer: Haben Sie schon einen Abschluss getätigt?) Oder wollen Sie das niedriger ansetzen, Herr Kollege? (Abg. Neugebauer: ... setzen Sie 3 Prozent ein! – Weitere Zwischenrufe


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bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Es bleibt dabei, dass es nicht berücksichtigt wurde; dann ist es noch mehr. (Staatssekretär Dr. Finz: Das ist aber noch nie veran­schlagt worden, auch unter Ihrem Minister nicht! – Abg. Kopf: Das darf er gar nicht!)

Hinzu kommt der Abgang bei den Sozialversicherungen mit 0,1 Prozent, wahrschein­lich werden es 0,2 Prozent werden. Außerdem rechnet der Herr Finanzminister mit dem Überschuss der Länder und Gemeinden, vor allem der Länder. Aber der Chefver­handler, Landesrat Rieder, hat dargestellt, dass man damit nicht rechnen kann, denn wo ist dieser Überschuss? Woher soll er kommen?

Also rechnen wir zusammen: 1,9 Prozent Maastricht-relevantes Defizit, 0,5 Prozent fehlender Überschuss der Länder, 0,1 Prozent Lohnrunde der Beamten und 0,1 Pro­zent – vielleicht auch 0,2 Prozent – Sozialversicherungsabgang: Das ergibt 2,6 Pro­zent. Das ist in der Nähe der Maastricht-Budgetgrenze. Es ist also ein Budget-Desas­ter!

Herr Bundesminister, Sie haben viel versprochen und wenig gehalten. Herr Bundesmi­nister, Sie werden Ihrem neuen Spitznamen „Schulden-Karli“ schon jetzt gerecht. (Bei­fall bei der SPÖ und den Grünen.)

19.42

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Eine weitere Wortmeldung liegt von Herrn Abgeordnetem Dr. Rada vor. Die restliche Redezeit beträgt 1 Minute. – Bitte.

 


19.42

Abgeordneter Dr. Robert Rada (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Abgeord­neter Schöls hat wie immer nicht zugehört und hat mir in seiner tatsächlichen Berichti­gung „Lügen“ vorgeworfen. Herr Präsident, daher beantrage ich einen Ordnungsruf.

Herr Abgeordneter Schöls hat nicht zugehört. Ich sagte: Seit 2001 gibt es neue Kenn­zahlen. Hätte es diese neuen Kennzahlen nicht gegeben, dann hätten wir heute um 700 Dienstposten mehr.

So ist die Tatsache: von 2001 bis heute die Steigerung. Das war es. (Beifall bei der SPÖ.)

19.43

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Gemäß § 69 Abs. 6 der Geschäftsordnung weise ich die Regierungsvorlage 650 der Beilagen dem Budgetausschuss zu.

*****

Die Tagesordnung ist erschöpft.

Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen nunmehr zur Verhandlung über den Antrag des Abgeordneten Dr. Zinggl auf Einsetzung eines Untersuchungs­ausschusses zur Untersuchung der Verantwortung von Bundesminister Gehrer für feh­lende Konsequenzen aus den offenkundigen Missständen im Kunsthistorischen Mu­seum.

Dieser Antrag wurde inzwischen an alle Abgeordneten verteilt.


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Der Antrag hat folgenden Wortlaut:

Antrag

der Abgeordneten Zinggl, Kolleginnen und Kollegen auf Einsetzung eines Unter­suchungsausschusses gemäß § 33 GOG zur Untersuchung der Verantwortung von BM Gehrer für fehlende Konsequenzen aus den offenkundigen Missständen im Kunsthisto­rischen Museum

Der Nationalrat wolle beschließen:

Zu folgender Untersuchung wird ein Untersuchungsausschuss eingesetzt:

Untersuchungsgegenstand:

Die politische Verantwortung der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kul­tur für die Missachtung der Aufsichtspflicht gegenüber dem Direktor des Kunsthistori­schen Museums trotz nachweislicher Information über dort herrschende Missstände.

Untersuchungsauftrag:

Der Untersuchungsausschuss soll durch Erhebung von mündlichen und schriftlichen Auskünften und durch Einsicht in die Akten des Kunsthistorischen Museums Klarheit über seine Gebarung und die damit verbundene Verantwortung der BM für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer als Aufsichtsorgan der Bundesmuseen er­halten.

Zusammensetzung:

5 ÖVP, 4 SPÖ, 1 FPÖ, 1 Grüne

Begründung:

1998 hat der Rechnungshof kritisch auf das Fehlen eines zweiten, kaufmännischen Geschäftsführers neben dem wissenschaftlichen Direktor Seipel und damit auf das Fehlen einer finanziellen Kontrolle des Generaldirektors hingewiesen. Die Grünen haben seit 1992 viele parlamentarische Anfragen eingebracht, deren Beantwortungen widersprüchlich waren und daher kein Licht ins Dunkel bringen konnten. Weder konnte der Verdacht auf Bilanzbeschönigung ausgeräumt werden, noch die Vorfälle rund um den mysteriösen Diebstahl der Saliera, der nicht zuletzt aufgrund gravierender Mängel im Sicherheitssystem begangen werden konnte.

Zumindest seither ist die zuständige Bundesministerin über Ungereimtheiten, aufklä­rungsbedürftige Vorfälle und offensichtliche Missstände im Kunsthistorischen Museum jedenfalls informiert. Auf Anregung der Grünen hat mittlerweile auch der Rechnungshof die vollrechtsfähige, wissenschaftliche Anstalt Kunsthistorisches Museum geprüft und stellt der Institution und ihrem Generaldirektor in seinem Rohbericht wahrlich kein gutes Zeugnis aus.

Im Mai 2004 wurden Teile des Berichts in der Öffentlichkeit bekannt und aufgrund der darin enthaltenen weiteren Vorwürfe haben die Grünen einen parlamentarischen Unter­suchungsausschuss beantragt. Die Vorwürfe betrafen Ungereimtheiten rund um den Ankauf von Uschebtis, um den Verkauf eines Dienstwagens vom Privatmann Seipel an


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den Direktor, um weit überzogene Spesenkonten und unzureichende Belege für diese Spesen, über hohe Repräsentationskosten, die unbotmäßige Steigerung seines Gehal­tes und Unregelmäßigkeiten in den Bilanzen. Der Rechnungshof bemängelt außerdem Behinderungen beim Zugang zu Unterlagen im Zuge der Prüfung und den dubiosen Ankauf einer Sphinx um 3,8 Mio €.

Der Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses erhielt im Hohen Haus keine Mehrheit. Doch werden die Vorwürfe seither nicht leiser und nicht weniger. Mitt­lerweile werfen weitere, aus dem Rohbericht bekannt gewordenen Details neuerlich und immer vehementer die Frage auf, warum die BM diese Vorwürfe einfach ignoriert, nichts unternimmt und auch nichts zu ihrer völligen Aufklärung beiträgt.

Die nun zusätzlich bekannt gewordenen weiteren Beanstandungen im Rohbericht des Rechnungshofs beinhalten schwere, grundsätzliche Mängel in der kaufmännischen Gebarung aber auch zahlreiche undurchsichtige und höchst aufklärungsbedürftige Ge­schäftspraktiken. Auch diese neuen Vorwürfe lassen mit gutem Grund darauf schlie­ßen, dass Misswirtschaft und Unfähigkeit mit dem Wissen und der Unterstützung der Bundesministerin einen wirtschaftlichen und kulturellen Niedergang der wichtigen österreichischen Institution begleiten. Ihnen zufolge hätte Direktor Seipel die wirtschaft­liche und personelle Kontrolle im eigenen Betrieb offensichtlich vernachlässigt. Laut Rohbericht des RH hat der Geschäftsführer des KHM nicht alle Erlöse des Museums ausgewiesen. Er hat 276 000 € als Abfindung bezahlt, ohne dass dafür eine Notwen­digkeit bestand. Er hat mysteriöse Gegenstände in der Höhe von 254 000 € angekauft, ohne Auskunft darüber geben zu können, um welche Gegenstände es sich handelt. Er hat erwirtschaftete Gelder, die auf Bundeskonten gebucht werden hätten müssen, auf Subkonten eines privaten Vereins zahlen lassen. Er hat Honorare in der Höhe von 55 000 € ausbezahlt, ohne auszuweisen wofür. Er hat Bezüge aus freien Dienstverträ­gen für Angestellte genehmigt (ein Beamter erhielt zu seinem Gehalt noch zusätzliche 26 000 € im Jahr). Er hat dem Bericht nach Gesetze missachtet, jährliche Reisespesen in der Höhe von durchschnittlich 50 000 € anfallen lassen, die nie belegt wurden und so weiter. Trotz rückläufiger Einnahmen und sinkender Besucherzahlen wurden die Personalkosten um 70 Prozent erhöht und auch die Ankäufe gewaltig gesteigert.

Der Direktor des KHM hat mittlerweile eine zu lange Liste an äußerst fragwürdigen Geschäftsgebarungen vorzuweisen. Weil die immer umfangreicher werdende Kritik sei­tens der Bundesministerin ignoriert wird und seitens des Bundesministerin keine An­stalten getroffen werden, Konsequenzen zu ziehen, ist zu erwarten, dass der Schaden, der dem Haus bereits erwachsen ist, nicht kleiner sondern größer wird. Der internatio­nale Ruf des Museums und damit des kulturellen Österreich steht auf dem Spiel.

*****

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gehen in die Debatte ein.

Im Sinne des § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung beträgt die Redezeit in dieser De­batte 5 Minuten, wobei der Erstredner zur Begründung über eine Redezeit von 10 Mi­nuten verfügt. Stellungnahmen von Mitgliedern der Bundesregierung oder zu Wort gemeldeten Staatssekretären sollen nicht länger als 10 Minuten dauern.

Das Wort erhält zunächst der Antragsteller. Herr Abgeordneter Dr. Zinggl, Sie sind am Wort. (Abg. Dr. Wittmann: Wird „Lüge“ nicht mehr bestraft, Herr Präsident? Wird „Lüge“ nicht mehr bestraft?)

 


19.44

Abgeordneter Mag. Dr. Wolfgang Zinggl (Grüne): Herr Präsident! Hohes Haus! (Un­ruhe im Saal. – Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn gibt das Glockenzeichen.) Dieser Nach-


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mittag ist wieder weit vorgeschritten, aber die Konzentration ist, wie ich sehe, ungebro­chen. Ich bitte Sie, noch einmal zuzuhören – zuzuhören, wenn es um die Zustände im Kulturland Österreich geht.

Es tut mir ehrlich Leid, aber wir müssen uns leider noch einmal mit dieser unappetit­lichen Geschichte im Kunsthistorischen Museum befassen. Dieses Mal bitte ich Sie, einer Kontrolle zuzustimmen. Es ist doch eine der wichtigen Aufgaben des Parlaments, zu kontrollieren – und das ist sicher keine „Kampagne“, Frau Wolfmayr. Wir haben ein­fach die Verpflichtung, dort, wo Dinge im Argen liegen, einzugreifen. Mittlerweile spricht ganz Österreich davon, dass da – was wir Grüne eigentlich schon lange geahnt haben – irgendetwas nicht stimmen kann, dass irgendetwas im Kunsthistorischen Museum nicht in Ordnung ist, dass Misswirtschaft herrscht, vielleicht sogar Sodom und Gomorrha.

Ich kann Ihnen versichern, da verstehe ich wirklich nicht, dass Ministerin Gehrer über­haupt nicht tätig wird und dass sie nichts unternommen hat, nachdem wir bereits über hundert parlamentarische Anfragen an sie gerichtet haben (Abg. Scheibner: Da würde ich auch nichts mehr sagen, wenn Sie hundert Mal fragen!) und letzten Endes, nach­dem auch die ersten Veröffentlichungen zum Rohbericht über den „Standard“ und die „Presse“ bekannt geworden sind, im Juni einen Untersuchungsausschuss verlangt haben. – Mittlerweile sind fünf Monate vergangen, und es ist überhaupt nichts gesche­hen!

Bundesministerin Gehrer hätte ja dem Geschäftsführer und Generaldirektor einen kauf­männischen Geschäftsführer an die Seite stellen können, der zumindest präventiv ver­hindert hätte, dass weitere Dinge passieren, die so ähnlich sein könnten wie die Dinge, die schon passiert sind, nämlich dass zum Beispiel ein privater PKW ans Museum ver­kauft worden ist. Das heißt, Seipel hat seinen eigene Personenkraftwagen, wie Sie ja wissen, ans Museum verkauft – und das hat er in der Zwischenzeit auch zugegeben. So etwas muss doch nicht unbedingt sein!

Oder diese leidige Geschichte mit der Sphinx um 3,8 Millionen €, die er bei irgendei­nem kleinen Händler in Mallorca gekauft hat: Ein Händler, der einen jährlichen Umsatz von 50 000 € hat, meine Damen und Herren, verkauft dem Direktor oder dem Kunst­historischen Museum eine Sphinx um 3,8 Millionen € – und der Direktor führt diese Sphinx nicht, wie alle glauben, mit dem „Kunsttrans“, also mit einem professionellen Kunsttransport, nach Wien, sondern mit einem privaten PKW, und er lässt diese Sphinx nicht einmal versichern. Da frage ich mich: Woher kommt so eine Sphinx wirklich? Das würde mich interessieren: Stehen die irgendwo am Meer herum, so ähnlich wie irgendwelche „Salieras“? – Das sind ja Exponate, die es nur ganz selten gibt, daher ist das äußerst mysteriös. (Abg. Scheibner: Herr Kollege, stellen Sie den Antrag ...!) So etwas kann ein Rechnungshofbericht einfach nicht nachvollziehen, da muss das Parlament tätig werden.

Seit kurzem wissen wir noch mehr. Wir wissen, dass Direktor Seipel überhaupt kein inneres Controlling zulässt. Wenn jemand 400 Angestellte in seinem Betrieb hat und jahrelang keine Personalleitung braucht (Abg. Scheibner: Frau Kollegin Glawischnig hat das plastischer dargestellt, mit Hammer und Taschenlampe!), zwei Jahre nieman­den für die Verwaltung braucht (Abg. Scheibner: Das war besser! Das merken wir uns heute noch!), keine Innenrevision, wenn jedes Jahr ein anderer Finanzmanager da ist, dieser also ständig gewechselt wird, entlassen wird, dann ist es natürlich sehr leicht, mysteriöse Kaufgeschäfte zu verbergen, wie sie der Rohbericht des Rechnungshofs ja mehrfach aufzeigt.

Das sind Dinge, die sich im Nachhinein einfach nicht mehr korrigieren lassen. Darauf brauchen wir überhaupt nicht zu spekulieren. Deshalb braucht die Ministerin meiner


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Meinung nach jetzt, da uns der Rechnungshof eindeutig darauf aufmerksam gemacht hat, auch gar nicht mehr zu warten! Sie kann sofort handeln! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Die Fakten können wir auch alle selbstständig nachrecherchieren und teilweise im Mu­seum abfragen. Das Ministerium ist dazu jedoch offensichtlich nicht in der Lage. Im Rohbericht wird zum Beispiel an mehreren Stellen deutlich darauf hingewiesen, dass dem Ministerium seitens des Kunsthistorischen Museums die Auskunft verweigert wurde. Ich zitiere Seite 52 des Rechnungshof-Rohberichts:

Trotz einer weiteren Aufforderung des Bundesministeriums wurden vom Kunsthistori­schen Museum keine Auskünfte bezüglich der Erhöhung des Personalaufwandes ge­geben. – Zitatende.

Oder Seite 53: Auch das Bundesministerium für Finanzen stellt in einer Einsichtsbe­merkung fest, dass die Darstellung der Personalaufwendungen und ihrer Entwicklung vollkommen unzureichend und die Erhöhungen nicht nachvollziehbar seien. – Zitat­ende.

Nun gut, der Rechnungshof hat seine Arbeit offensichtlich gemacht. Ganz konnte er sie nicht machen, weil ihm ja der Zugang zu den Daten verwehrt worden ist. Da sage ich, irgendetwas stimmt da nicht. Wenn jemand die Kontrolle von innen und von außen meidet, dann dürfen wir doch berechtigterweise Verdacht hegen. Dann dürfen wir ver­muten, der hat irgendetwas zu verbergen. Dann sind wir aufgefordert, etwas zu tun. Ich frage mich ganz ehrlich, wozu es denn sonst dieses Instrument des Untersuchungs­ausschusses gibt. Wir bräuchten es ja überhaupt nicht, wenn wir da jetzt nicht tätig werden.

Das Museengesetz wurde mit der Überzeugung eingerichtet, dass die DirektorInnen dann, wenn sie unabhängig arbeiten, wirtschaftlich sind, dass sie dem Staat Geld ersparen, dass alles weniger kostet. Genau das Gegenteil ist der Fall! Zitat aus dem Rohbericht:

Nach Ansicht des Rechnungshofs sollten Maßnahmen zur Senkung der Aufwendungen getroffen werden, oder es wird eines der Ziele des Bundesmuseengesetzes, durch die Schaffung einer bedarfsgerechten Organisationsform eine Effizienzsteigerung bei zu­mindest gleich bleibenden Kosten für den Bund zu erreichen, verfehlt werden. – Zitat­ende.

Wollen wir weiter warten? Wollen wir, dass weiterhin Beträge, die eigentlich dem Bund hätten zugestanden werden sollen, auf dubiosen Subkonten von privaten Vereinen lan­den, dass Bilanzen offensichtlich frisiert worden sind, dass die Personalkosten explo­dieren, und so weiter?

Wir können das so belassen, und wir können beschließen, nichts zu machen. (Abg. Scheibner: Nein, wir wollen endlich wissen, woher kommt diese Sphinx?) Aber dann passiert Folgendes: Es werden, wenn wir den Dingen nicht auf den Grund gehen, die anderen Museen erkennen, dass man es genau so machen muss und dass man gera­dezu dumm ist, wenn man spart, dass man also mit den anvertrauten Geldern auch so umgehen kann, wie im Kunsthistorischen Museum damit umgegangen wird, nämlich dass zum Beispiel ein Zehntel für die Repräsentationskosten, die normalerweise aus­gegeben werden, viel zu wenig ist und dass diese Repräsentationskosten nicht einmal ordentlich abgerechnet werden, dass für die Reisen keine Zwecke angegeben werden und so weiter. Ich möchte Sie jetzt mit diesen Dingen nicht mehr weiter befassen, Sie haben das ja in den Medien gelesen – und werden es in Zukunft weiter lesen.


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Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bitte Sie einfach als Parlamentarier, hier diese Verantwortung wahrzunehmen, und ich garantiere Ihnen: Da kommt etwas heraus! Sollte bei dieser Kontrolle gar nichts herauskommen, dann verspreche ich Ihnen, dass ich persönlich zu Herrn Seipel gehe, um mich zu entschuldigen. Ich bringe ihm auch noch ein paar Uschebtis mit, ein paar Skarabäen, und eine Sphinx aus Mallorca nehme ich auch im Gepäck mit. – Aber das wird nicht notwendig sein. – Danke. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

19.52

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Die Redezeit der nunmehr zu Wort gemel­deten Abgeordneten beträgt 5 Minuten.

Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Dr. Sonnberger zu Wort. – Bitte.

 


19.52

Abgeordneter Dr. Peter Sonnberger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Es liegt nach wie vor und noch immer erst ein Rechnungshof-Rohbericht vor, aus dem bereits im Sommer zitiert wurde. Ich sage Ihnen, es ist undemokratisch und rechtsstaatlich bedenklich, wenn diese Berichte schon in diesem Stadium öffentlich dis­kutiert werden! (Beifall bei der ÖVP. – Ruf bei der ÖVP: So ist es!)

Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, beweisen, dass Sie nicht bereit sind, den Endbericht abzuwarten. Rohbericht, was heißt das? – „Roh“ ist ein unfertiger Zustand, das müssten sogar Sie verstehen. Oder etwas akademischer: Auch der andere Teil ist zu hören! (Zwischenruf der Abg. Dr. Glawischnig.) Es gibt ein Recht auf Abgabe einer Stellungnahme, bevor der Rechnungshofbericht fertig gestellt wird. Rechnungshofberichte sind kein Gegenstand öffentlicher Diskussion. (Abg. Dr. Gusen­bauer: Ach so? Aha!)

Zuerst ist der Endbericht des Rechnungshofes abzuwarten, und das wird Anfang des Jahres 2005, im Februar, der Fall sein. Das wird noch rechtzeitig sein. Dieser wird dann der Öffentlichkeit zugänglich gemacht und im Parlament öffentlich diskutiert. Natürlich wird dann vom Kuratorium und vom Kulturministerium dafür gesorgt, dass die Anregungen des Rechnungshof-Endberichtes nach Möglichkeit umgesetzt werden. Wichtig ist uns eine sachlich geführte Diskussion – und keine Kopfjagd.

Sie, Frau Abgeordnete Muttonen, sprechen von einem „Sittenbild unprofessioneller Ge­schäftsführung“. Ich sage Ihnen: Wie Sie mit Generaldirektor Seipel und seinem beruf­lichen Lebenswerk umgehen, diese Art von Vorverurteilungen, das ist ein Sittenbild unprofessioneller Oppositionspolitik und einer Kulturpolitikerin nicht würdig! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Herr Abgeordneter Zinggl, eine Frage an Sie: Wer war es denn, der in seiner Funktion als Kurator dem Depot Mittel zuführte und dort später eine Position übernommen hat? Wer war denn dieser Herr? – Das gehört diskutiert!

Schauen Sie sich nur die Entwicklung der Besucherzahlen, die Anzahl der Ausstellun­gen und vor allem die Qualität der Ausstellungen an! Sie werden zur Kenntnis nehmen müssen – auch wenn es Ihnen nicht „schmeckt“ –, dass da ein Quantensprung in der Museumspolitik gemacht wurde: weg von staatlich gelenkter Ausstellungspolitik, hin zu zukunftsweisender Museumsarbeit! Als Beispiele seien angeführt: über 300 Sonder­ausstellungen, wahre Publikumsmagneten wie „Breughel“, „Das Gold der Pharaonen“ und „El Greco“. 1,4 bis 1,6 Millionen Besucher pro Jahr, 800 000 aus dem Ausland – für den Städtetourismus, der sich im Aufwind befindet, ein beachtlicher Beitrag! (Beifall bei der ÖVP.) Tausende Leihgaben ans In- und Ausland, 3 000 Exponate aus dem Ausland für das KHM – das alles sind Zeichen eines funktionierenden Kulturaustau­sches!


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Die Teilrechtsfähigkeit, die Mitarbeit bei der Umsetzung des Bundesmuseengesetzes und damit die Vollrechtsfähigkeit sind Beispiele dafür, was alles unter der Federführung Seipels ermöglicht wurde. Die nächsten Highlights, „Rubens in Wien“ und „Francisco de Goya“, werden das Kunsthistorische Museum und seine Verantwortlichen wieder in das internationale Licht rücken, das sie sich verdient haben.

Seipel hat auch in Oberösterreich hervorragende Museumspolitik gemacht. „Kunst der Azteken“ und „Mensch und Kosmos“ waren Ausstellungen, die Menschen aus der gan­zen Welt besuchten. Wir haben diesen Experten nicht gerne nach Wien ziehen lassen. (Abg. Gaál: Diese Wortmeldung ...!) Moderne Museumspolitik mit Bundesministerin Gehrer und Seipel heißt gesicherte jährliche Dotierung in Form einer Basisabgeltung, und die ist seit 1998 gleich geblieben.

Was brachte die Vollrechtsfähigkeit? – Die wirtschaftliche Autonomie brachte eine beträchtliche Steigerung der Eigenleistung der Museen. Der selbst erwirtschaftete Teil des Gesamtbudgets – und bitte hören Sie von der Opposition jetzt ganz genau zu! – beträgt beachtliche 40 Prozent! Was war unter sozialistischen Kulturministern der Fall? Wie hoch war damals der Anteil? – Das ist eine gewaltige Leistung, die in dieser Muse­umslandschaft in den letzten zehn, vierzehn Jahren erbracht wurde! (Beifall bei der ÖVP.)

Abschließend ist es mir ein Anliegen, mich bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Bundesmuseen zu bedanken, die diesen Aufschwung und die Neuorientierung der Museumspolitik erfolgreich umgesetzt haben. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Neugebauer: Bravo!)

Wir sehen derzeit keinen Handlungsbedarf und keinen Grund, einen Untersuchungs­ausschuss zur Untersuchung der Verantwortung der Bundesministerin in Angelegen­heit Kopfjagd auf Seipel einzusetzen. Die Kulturpolitik der Opposition beschränkt sich aufs Schlechtmachen. – Wir hingegen konzentrieren uns auf eine erfolgreiche Fort­schreibung einer modernen Museumspolitik, und wenn dann der Rechnungshof-End­bericht vorliegt, werden wir auch die notwendigen Konsequenzen ziehen. – Danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

19.57

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Muttonen. – Bitte.

 


19.57

Abgeordnete Mag. Christine Muttonen (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Sonnberger, die Ausstellungen sind das eine paar Schuhe, die Darstellung und die Durchleuchtung der Missstände ist ein anderes paar Schuhe. (Abg. Kopf: Der behaupteten Missstände!) Das Kunsthistorische Museum mit seinem Direk­tor Seipel ist in den letzten Wochen, in den letzten Monaten – und jetzt können wir bald von letzten Jahren sprechen – ständig mit Negativ-Schlagzeilen in der Öffentlichkeit und sorgt für diese Negativ-Schlagzeilen.

Es ist dies keineswegs das Begleichen politischer Rechnungen, denn man würde sich als Kulturpolitikerin sehr wohl wünschen, dass das Kunsthistorische Museum mit ande­ren Schlagzeilen in der Öffentlichkeit wäre. Daher unterstützt die SPÖ diesen Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses in der Causa Kunsthistorisches Museum und Direktor Seipel.

Ich bin der Meinung, dass es höchst an der Zeit ist, dass diese Missstände, dieser Filz – ineinander verschachtelt und verwoben – endlich entflochten wird. Es soll endlich Klarheit über die Unregelmäßigkeiten in diese Angelegenheit kommen. Aber auch die Gründe dafür wollen wir erfahren, warum Ministerin Gehrer Direktor Seipel deckt und


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dabei ihre Kontrollfunktion missachtet. Es steht doch im Bundesmuseengesetz – und Sie können das auch im Kulturbericht 2002 noch einmal nachlesen –:

Das Bildungsministerium sieht „die staatliche Einflussnahme“ nach der Ausgliederung der Museen „auf das Beteiligungscontrolling und auf die Kontrolle der Erfüllung der ge­setzlichen Pflichten der Museen beschränkt“. – Zitatende.

Ich frage Sie: Wo bleibt diese Kontrolle? (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Meine Damen und Herren! Je mehr Zeit vergeht, desto schwieriger wird diese Aufgabe werden, denn es kommen ja ständig neue Dinge hinzu. Ein Untersuchungsausschuss wäre eine Hilfestellung des Parlaments, um die Wahrheit zu finden – und daher höchst wünschenswert.

Ein kleines Postskriptum noch: Ich weiß wohl, dass Ministerin Gehrer nicht gesetzlich verpflichtet ist, hier anwesend zu sein, aber es gibt vielleicht doch so etwas wie eine moralische Verpflichtung und ein politisches Interesse. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

20.00

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé. – Bitte.

 


20.00

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Sehr geehrte Damen und Her­ren! Herr Abgeordneter Zinggl, Sie waren der Antragsteller. Also zwei Behauptungen muss ich gleich einmal vorweg zurückweisen, bevor ich mich mit Ihrem Antrag direkt beschäftige, und zwar behaupteten Sie, dass das Kunsthistorische Museum wirtschaft­lich und kulturell einem Niedergang entgegengehe, beziehungsweise Sie sagten sogar, dass es einen solchen erlebe. (Zwischenruf des Abg. Dr. Zinggl.)

Das stimmt nicht! Ganz im Gegenteil! Man muss schon die Kirche im Dorf lassen. Egal, wie man zu Herrn Direktor Seipel steht, aber: Die Kirche muss man im Dorf lassen! So viele Besucher hat es noch nie gegeben, so viele Sonderausstellungen hat es noch nie gegeben und so viele potente Sponsoren hat es auch noch nicht gegeben. Das möchte ich schon sagen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Natürlich muss man Unregelmäßigkeiten prüfen.

Die zweite Behauptung, Herr Abgeordneter Zinggl, ist die, dass die behauptete Miss­wirtschaft mit Willen und Wissen von Frau Minister Gehrer ablaufe. – Es ist ganz einfach lächerlich, so etwas zu behaupten. Das ist an den Haaren herbeigezogen, und trotz all Ihres Engagements ist es nicht richtig, finde ich, dass Sie der Frau Ministerin eigentlich in Wirklichkeit Amtsmissbrauch vorwerfen, wenn Sie sagen, dass das unter ihren Augen und mit ihrem Wissen geschieht. Das würde ich zurücknehmen, Herr Abgeordneter. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Was nun Ihren Antrag betrifft: Natürlich ist es wichtig, dass es eine parlamentarische Kontrolle gibt, und die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses ist natürlich ein wichtiges Mittel der Kontrolle. Wir wollen auch überhaupt nichts verschleiern oder unter den Teppich kehren oder sonst irgendetwas, aber es wäre doch sinnlos, würden wir jetzt einen Untersuchungsausschuss einsetzen, da wir nicht einmal den Rechnungs­hofbericht vor uns auf dem Tisch liegen haben. Was Sie aus den Zeitungen oder auch aus anderen Quellen haben, ist ein Rohbericht, und Sie wissen ja, dass auf den Roh­bericht eine Antwort oder eine Erläuterung desjenigen, der kritisiert wird, folgt, und die, eine Aufklärung sozusagen, fehlt uns ja völlig.


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Ich meine also, wir würden da doppelgleisig fahren. Wir wissen ganz genau, dass der Rechnungshof akribisch alle Vorwürfe untersucht, und deshalb bin ich der Meinung, wir sollten auf alle Fälle einmal das Vorliegen des Rechnungshofberichts abwarten – das wird im Februar kommenden Jahres sein – und jetzt einmal noch keine Maßnahmen setzen. Dann werden wir uns alles genau anschauen, und dann wird auch sicherlich die Frau Ministerin Maßnahmen setzen, wenn dies notwendig sein sollte. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

20.03

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Kogler. – Bitte.

 


20.03

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Geschätzte Vorrednerin! Wenn Sie aus dem Konglomerat der Vorwürfe ver­meinen, dass die Frau Bundesministerin des Amtsmissbrauchs geziehen werden müsste, dann wäre das eigentlich nur ein weiteres Argument für diesen Untersu­chungsausschuss. Wenn Sie den Untersuchungsauftrag gelesen hätten, dann hätten Sie auch gesehen, dass es in dieser Causa vor allem um die Verantwortung des Minis­teriums geht.

Ich komme nunmehr auf die Vorwürfe gegen das Kunsthistorische Museum respektive seinen Direktor und auf das eigenartige Spiel zu sprechen, das im Wesentlichen die Mehrheitsfraktionen in dieser Angelegenheit immer wieder darbieten. Ich gebe einfach einmal eine Prognose ab, für den Fall, dass dieser Rechnungshofbericht nächstes Frühjahr käme zum Beispiel. Wissen Sie, was sein kann? – Der Herr Seipel ist mög­licherweise schon in Pension geschickt worden. Es wird Ihre Mehrheit sein, die dann sagt: Einer, der in Pension ist, braucht nicht mehr zu kommen. Das ist immer Ihr Argu­ment. Jetzt auch. Und im Rechnungshofausschuss heißt es, das ist kein Untersu­chungsausschuss. Und jetzt heißt es, warten wir auf den Rechnungshofausschuss, und wenn Rechnungshofausschuss ist, heißt es: Machen Sie aus diesem Gremium keinen Kontrollausschuss, sondern ein Versenkungsgremium! – Das ist Ihre Mehrheits­linie! Das muss einmal gesagt werden, auch hier im Plenum. Es tut mir ja Leid, dass es so ist, es ist aber die Wahrheit. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Sie müssen sich einmal über die Konstellation Rechnungshof – Untersuchungsaus­schuss einigen, und ich schließe mich ja in vielen Punkten tatsächlich Ihrer Argumen­tation an. Sie sagen immer: Rohbericht, das Ganze nennt sich aber: Prüfergebnis des Rechnungshofes, und das weitere Verfahren eröffnet dem Überprüften die Möglichkeit, eine Darstellung abzugeben. Das ist richtig. Deshalb heißt es aber trotzdem Prüf­ergebnis, also nicht „vorläufiges Ergebnis des Rechnungshofes“. Es heißt Prüfergeb­nis, und der Rechnungshof – damit komme ich schon auf etwas zu sprechen, das einen gewissen Unterschied zu sonst ausmacht – wird in vielen Punkten gar nicht mehr zurückkönnen. Warum? Ich gehe da gar nicht in die Sache, in die Materie ein, aber der Rechnungshof kritisiert vehement für seinen Überprüfungszeitraum in dieser konkreten Causa, dass das Kunsthistorische Museum, namentlich Seipel, wenn man die Funktio­nen übersetzt, dass also er mehrmals aufgefordert wurde, die entsprechenden Unterla­gen beizubringen. Tat er aber nicht, er hat immer wieder vertröstet und neue Termine in Aussicht gestellt. Der Rechnungshof stellt fest, dass erst nach mehreren Urgenzen – das habe ich gerade gesagt – ein paar Konten vorgelegt wurden, die jedoch unvoll­ständig und ungeordnet waren. Bis Februar 2003 – da ist schon viel Zeit vergangen – wurde der größere Teil der Konten dem RH übergeben. Es fehlten aber die wesent­lichen Konten! – Das ist nicht mehr sanierbar, auch wenn im Nachhinein 300 Seiten abgegeben worden sind.


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Meine Damen und Herren! Dem Rechnungshof, einem Organ des Parlaments, werden nicht einmal die notwendigen Unterlagen herausgerückt! Ja wo sind wir denn?! Alleine das – ohne in die Materie einzugehen – würde einen Untersuchungsausschuss recht­fertigen. Wir brauchen im Übrigen auch nicht in die Debatte einzusteigen, die der neue Herr Rechnungshofpräsident aufmacht – ich will ihn nicht daran hindern –, welchen Status das hat, was Sie Rohbericht nennen, und welchen das Endergebnis. Das geht nicht von uns aus. Man kann sich da an bestimmte Dinge halten, wir machen das so im Ausschuss. Wir diskutieren nur die Dinge im Endbericht, und niemals wird irgendein Rechnungshofpräsident oder sonst jemand angehalten, etwas über laufende Prüfun­gen zu sagen. Das wird strikt getrennt. (Abg. Mag. Molterer: Und was tut ihr jetzt?) Jetzt rede ich über Vorgänge, die mir zur Kenntnis gebracht wurden aus einem Prüf­ergebnis. Im Übrigen war es Seipel selbst, der zunächst, und zwar schon im Frühjahr, Journalisten mit Details und Teilen von diesem Prüfergebnis konfrontiert hat. Was ihn da geritten hat, weiß ich nicht, das soll er selber erklären, aber er schweigt ja mittler­weile.

Ich komme auf das andere zurück. Es geht hier um die Vorgangsweise. Das ist kein Hofrat, das ist ein Kellerrat, ein Kellerhofrat. Wenn man sich das noch einmal an­schaut, worum es hier geht, dann ist es das, dass ständig Zeit verstreicht, die offen­sichtlich dazu genutzt wird, im Nachhinein bestimmte Belege zu konstruieren, die vor­her entweder nicht da waren oder in irgendeiner Art und Weise zusammengetragen werden müssen. Da brennt ja schon längst der Hut!

Es geht nicht mehr um den Endbericht, sondern es geht um die Zustände, die dort herrschen. Die sind wirklich so, dass man vermuten muss, dass der Herr Direktor im Keller mit ein paar letzten Getreuen noch irgendetwas zu retten versucht. Und da gehört Licht hinein! Licht in diese Kelleraffäre! Das hat ja schon lange nichts mehr mit Kunst- und Kulturpolitik zu tun, wie die ÖVP das hier vermitteln wollte.

Da geht es um fundamentale Missstände, sodass man überhaupt auf keinen Endbe­richt mehr warten muss. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.) Das sollten Sie ein­sehen! (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn gibt das Glockenzeichen.) Sie können Ihre Mehrheit wieder dazu verwenden, den Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungs­ausschusses hier abzulehnen. Helfen wird es Ihnen langfristig nichts. Auch diese Wahrheit wird ans Licht kommen. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Abg. Dr. Gu­senbauer: Genau so ist es!)

20.09

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die De­batte ist geschlossen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag des Abgeordneten Dr. Zinggl auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, dies durch ein Zei­chen zu bekunden. – Es ist dies die Minderheit und damit abgelehnt.

Einlauf

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Ich gebe noch bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 459/A und 460/A eingebracht wurden.

Ferner sind die Anfragen 2204/ bis 2215/J eingelangt.

*****


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Die nächste Sitzung des Nationalrates, die geschäftsordnungsmäßige Mitteilungen und Zuweisungen betreffen wird, berufe ich für heute, 20.09 Uhr ein; das ist gleich im Anschluss an diese Sitzung.

Diese Sitzung ist geschlossen.

Schluss der Sitzung: 20.09 Uhr

Impressum:

Parlamentsdirektion

1017 Wien